Johann Georg Fellinger's Herausgegeben von Gedichte. Zwepter Theil. Klagenfurt, 1821. Gedrucktbex A. Gelb, mit v.Klcinmapr'schen Schriften. < Anton Gelb im Jnlande. In Coiniffionbep^ i. Jos. Sigmund im Auslande. Johann Gottfried Kumpf, kl. v. Z w e p^e r n d. Erinnerung an J. G. Fellinger. Es sinkt die Sonne scheidend schon hinab, Leis zitternd schwebet ihre Rosengluth Dort auf des Murstroms wildbewegter Fluch, Der hinbraust durch der Thaler stilles Grab. Und was den Fluren reges Leben gab, Im Schooß der moosbedeckten Hütte ruht; Der müde Wand'rcr keucht am Wanderstab, Und forschend sucht sein Äug' des Dorfes Huth. Und durch die Blatter rauscht's mit Geisterschwingen, Und Wundersaiten hör' ich lieblich klingen, Es ist sein Geist, der grüßend mich umgiebt, Der hier., von allem Erdenwahn entbunden, Das stille Glück der Einsamkeit empfunden, Der hier gelebt, getraumet und geliebt! — Im Parke bey Frohnleiten, am 26. Map 1 8 2 0. Johann Langer. V erz e ichniß der im zrvepten Bande enthaltenen Gedichte. Seite Kampflust. i8lZ.. 3 St. Hemma. 1812. .... 8 Marsch für die steiermärkische Landwehre. 1808. 18 Husaren - Marsch. ,8i3. ... rr An die Deutschen. 1.813. ... 23 Schlachtgesang für Dsterreicher. l8,S. . 26 Die Nacht des 19. Oktobers i8<3. i8,3. 29 Trinklied am Friedensfeste. 1814. . . 33 In den Ruinen von Rabenstein. 1802. . 36 Des Greises Schwanenlied. 1804. . . 3? Nadine. §812.. 40 Weiblicher Frohsinn. »8i3. ... 43 Entsagung.. i8«3. . . . . . 45 Freundschaft und Liebe. i8i3. . . . 47 Die Grotte bey Adelsberg in Krain. 1816. 4g Empfindungen der Krainer bey der Ankunft ihres allgeliebten Kaisers , Franz I. 1816. S8 Volkslied der befrepten Krainer. 1816. . 62 An das Jahr 1814. — i8i3. ... 65 Blick in die Zukunft. ,8i4- . . . 68 Zukunft und Hoffnung. 18 iS. . . 72 Das Augenspiel. 181S. 76 Der Verrath. >8i5. . . . . 78 Des Auges Schmerz. ,8iS. . . . 80 Das stille Glück. i8i5. . . . . 84 An die Nacht. l8>4« . . « » 86 Die Tonkunst. 1812. 88 Das deutsche Wort. 1816. . - » gr Siegeslicd nach der Schlacht von Leipzig. i8i3. 94 Andreas Hofer's Entsühnung. ,814. « 97 An Frau Josephine Gräfin« von Egger. 18,4. 98 Der Abend am Werdersee bey Klagens. ,812. gg Charade I. — Glückwunsch. — ,8i5. 107 Charade II. — Aufruhr. — 1812. ivg Charade Hl. — Dichtkunst. — 1812. 110 Charade IV. — Schwermuth. — 1812. m Charade V. — Klagenfurt. — 1812. 112 Charade VI. — Vaterland. — 1812. 1,4 Charade VII. — Heyrath. — 1812. i,s Marsch für die Dürgerkorps in Gratz. 180S. 116 An Julius Schneller. ,8n. . . . ,,8 An Anselm Hüttenbrenner. 18,4. . . ,,9 Serenade. 1810. 120 Die Wiederholungen der Liebe. 1810. . 122 Klage. i8,3. ...... 124 Die Blüthe der Liebe. l8>i. . . . 127 Die Erinnerung. ... 128 „Dem hohen Kaiserpaare. JnLaybach. 1816. 129 Distichen. 1804. . . . . . ,33 Schneller^ Genesungsfeyer. 1811. . . ,37 Epilog. Vor dem hohen Kaiserpaare gespro¬ chen auf dem Theater zu Laybach. 1816. 147 Lieder, nach dem SlovenischenJarnik's. !. Der Morgenstern. >812. . . . ,5l II. Der Herbst. 1812. ,63 III. Die Harfe. >8,3. i5S IV. Dämon an Melite. ,8,3. . . 166 Der Jungfrausprung. Eine Dolkssage. 181S. - 1S8 Prolog. Bey Eröffnung des Theaters zu Klagenfurt. >814. . . . 169 Epilog. Dey einer dramatischen Vorstellung durch Kunstfreunde zu Klagenfurt, zum Vortheile einer abgebrannten Nachbarstadk. ,8,3. . . . 172 Der Landmann im Theater. 1804. . . 176 Anmerkungen zum zweyten Thcile der Gedichte iLZ Gedichte. Z w e yt e r T h e i l. Kampflust. ein gutes Schwert klirrt an der Wand, Cs zuckt die kampfgewohnte Hand, Die Pulse stürmen heftig; Was soll ich hier im Friedensschooß? Warum ward ich in Deutschland groß, Warum so kühn und kräftig? Soll ich verschlummern Kampf und Sieg Den Tag, wo unser Adler stieg? Soll rosten meine Wehre? Was hältst du mich, du schwere Pflicht! Bin ich des Todes würdig nicht, Des schönen Tod's der Ehre? D ruft mich fort! Entfesselt mich , Ihr Führer! stolz und frey bin ich, Und will es freudig wagen; Noch einmahl komm, mein gutes Schwert! Noch einmahl sep durch dich bewährt, Wie Bardensöhne schlagen. r * 4 i"Ein Körner fiel für's Vaterland Mit Schwert und Leyer in der Hand, Mir winkt sein hehrer Schatten; . Er winkt hinaus in's Heiligthum, Dort glanzt der unverwelkte Ruhm, Dort leben seine Thaten. Was rauscht die Harfe laut und wild, Die sonst so liebend und so mild Im Abendhauch verklungen? — Sie rauscht wie Sturm am Felscnborn, Wie unsers Heermann's Schlachtenhorn, Den Sieg mit tausend Zungen» Und darf ich nicht hinaus in Kampf, Versiegt mein .Blut im dumpfen Krampf, Muß ich den Lag verzahnen: So komm herab, du Trösterinn! Umsausle meinen düstern Sinn, Und sänstige mein Sehnen. Herab! daß ich mein Kampsgefühl In deines Busens Tongewühl Mit stillen Thranen singe, Und über Fluth und Zeit und Wahn Mich im Gedankenflug hinan Zu meinem Körner schwinge! — 6 Da breitet es mit Sturm und Graus, Ein weiter Plan, vor mir sich aus, Da fechten meine Brüder; Und finster wird es rings umher, Die Donner Gottes rollen schwer, Geschlechter stürzen nieder. Und hin und her, und hier und dort, Mit Wetterstimmen brüllt es fort, Und tausend Tode fliegen; Der Boden dröhnt, es bebt die Welk, Da schallt es laut durch's Leichenseld: „Viktoria! wir siegen!" Ein Blitz aus dunkler Mitternacht^ Lenkt Blücher dort die Riesenschlacht, Und wirft sich in die Massen; Die Schlange, die sich um den Thron Geringelt hat, weiß Wellington Mit schlauer Kraft zu fassen. Der Racher schlagt, der Racher trifft, Die Schlange wälzet sich im Gift, Es trümmern ihre Kronen; Entflohen ist sie, scheu und schwach, Ihr hallt der Fluch der Menschheit nach, Der Fluch von Millionen. 6 Und jetzt, als Gott sie niederschlug, Erjauchzt der freye Athemzug, Verstaubt der Wvlkenschleyer; Die Völker lächeln der Gefahr, Sie schmücken ihren Hausaltar Zur nahen Friedensseper. O war' ich dort! D gönnte doch Die strenge Pflicht mir einmahl noch Zu steh'n im Streitgedränge! Das Grab kann mir nicht schreckend seyn: Der Sehnsucht ist die Welt zu klein. Und jeder Kreis zu enge. e>Für meinen Kaiser, groß und gut, Entglüht der rege Jugendmuth, Für Vaterland und Ehre; Herab, du treues Schwert, Herab! Ich springe muthig über's Grab, Was auch die Zeit gebäre. Noch zischt das Thier—zertreten muß Den Drachenkopf der Eisenfuß, Muß lahmen seine Glieder; Wo sich die Menschheit selbst entehrt, Gilt nicht der Güte zarter Werth, Und—sterben muß die Hyder. Nur dann, wenn sie verendet hat, Ergrünt des Friedens junge Saat, Erblüht ein frisches Leben.— Wohlauf! Wohlan! rasch hinter ihm! Gott hat das grause Ungethüm In unsre Hand gegeben.— L wär' ich dort! O zähmte nicht Den starken Arm die harte Pflicht, Wär' ich in jenen Reihen! Wie wunderherrlich blinkte dann Mein gutes Schwert dem Zug voran, Um es in Blut zu weihen! Komm, traute Harfe! lulle du Das aufgeregte Herz zur Ruh', Ich muß der Pflicht mich neigen. Doch singen will ich, bis die Gruft, Wohl früher noch die Ehre ruft, Dann, Harfe! darfst du schweigen! — 8 St. Hemma. Eine Legende aus Kärntens Vorwelt. /verschlossen im einsamen Kämmerlein harrt Die Herrinn von Zelt sch ach des Gatten; Es sumset die Spindel, das Webeschiff knarrt, Es hat sich die Andacht mit Arbeit gepaart, Und wirket in stilleren Thaten. Die Tage verstreichen, es nahet kein Both' , Wohl schauet Frau Hemma die Aeuglein sich roth ; Wohl wandern viel' Pilger und Knechte, Doch keiner, der Kundschaft ihr brächte. Schon hat sie vollendet das flimmernde Band Zum Schmucke der reifenden Söhne, Schon hat sie gewebet das reine Gewand, Damit auch der Mutter besorgliche Hand Die Feyer der Jünglinge kröne; Der Vater war eben nach Friesach geeilt, Wo friedlich das liebende Brüderpaar weilt, Und sollte nach Wi p p ach sie bringen, Damit sie die Sporen empfangen. 9 Und immer noch harret die herrliche Frau Der Sprossen des freundlichen Lebens; Cs sinket das Licht in erstorbenes Krau, Es hebet sich wieder aus blinkendem Thau, Doch harret die Gute vergebens; Da sprengt in der Dämmerung duftigem Schein Ein einsamer Reiter zur Pforte herein, Und reichet mit bänglichem Sträuben Der zitternden Gräfinn ein Schreiben. Sie löset das Siegel, und schaudert zurück, Es wird ihr so drängend und schwüle, Sie ahnet das nahende Trauergeschick, Es tanzen ihr vor dem umdüsterten Blick Die Zeichen im dumpfen Gewühle; Und als sie es liefet, und als sic es faßt, Da drückt der Verzweiflung zermalmende Last Die weichen gebrochenen Glieder In tvdtender Ohnmacht darnieder. Verhülle dich, Gattinn! in Boy und in Flor; — So stand es im Briese geschrieben — Dieß ziemet der Mutter, die Alles verlor, Die Hoffnung, sie keimet uns nimmer empor, Uns ist nur die Rache geblieben. Es liegen die Söhne von Zeltschach in Blut, Gemordet von einer rebellischen Brut; Mir stocket die Sprache durch Klagen, Mein Albin wird Alles dir sagen. — ;o —- So schrieb es der Graf voll Erbitterung hin, So warf es die Arme zur Erde, Und als sich erhellet ihr schwindelnder Sinn, Da ruft sie den Bothen, da schreyt sie um ihn Mit wüthender rascher Geberde- Sie ringt von den helfenden Frauen sich los, Und rennt durch die Sale, und rennt durch das Schloß: Noch hangt ihre Hoffnung an Faden, Doch zwingt sie den Alten zu reden. Der Wappner beginnet, von Thränen gehemmt, Die Kunde der Grauelgeschichte: O wäre mir ewig die Zunge gelähmt, Die schaudernd der Wahrheit entgegen sich stemmt, Womit ich die Freude zernichte. Ja! Wahrheit besaget der traurige Brief, Schon schlummern die Knaben so kühlig und tief; Ihr werdet durch rächende Schrecken Die Blutenden nimmer erwecken. Im Werke zu Zelt sch ach, wo güldenes Erz Die Knappschaft aus Gruben euch hauet, Da hatte das, Laster manch' üppiges Herz Verführet zu Trunk und zu sündigem Scherz, Und wuchernden Samen erbauet. Hanns Grünwald, ein Hutmann, der schwär¬ zeste Wicht, Entzog sich vor allen der strengeren Wicht; II Er hatte das Weib eines jungen Frcysaffen zu Willen gezwungen. Er hielt sie noch immer in heimlicher Haft, Das hörten die Junker vom Gatten; Sie handelten würdig mit Raschheit und Kraft, Es wurde der Lüstling am Leben gestraft, Zum Lohne der bübischen Thaten. Deß murrten die Knappen im tückischen Wahn; Als Wilhelm und Hartwig die Stollen besah'n, Beschwuren zusammen die Frechen Das dunkel erdachte Verbrechen. Tief unten im Walde bep'm Wassergebau Verbergen sich Grünwald's Gesellen; Die Grafen ergiengen sich kosend und frep, Als plötzlich die Meuchler mit wildem Geschrey Den Beyden die Wege verstellen; Sie schwingen die Dolche zum scheußlichen Mord', Es fielen die Grafen, von ihnen durchbohrt, Und hielten als treue Genossen Sich sterbend noch traulich umschlossen. Die Leichen versteckte das Schurkengezücht In niedergesunkene Halden; Doch Gottes Gerechtigkeit zögerte nicht, Sie rufet die Sünder hervor zu Gericht, Kaum daß noch die Körper erkalten. Ein redlicher Knappe verrieth es dem Herrn, 12 Er hatte die Unthat gewahret von fern, Und war dem rebellischen Haufen Zur Rettung nach Friesach entlaufen. Mit furchtbarer Rache bewaffnet erschien * Der Graf an den Passen des Thales, Ihm folgte Herr M a i n h a rd von Burg M a l e tyn, Sie zogen mit drohender Geisel dahin, Und brannten, und mordeten Alles ; Wohl wehrten die Meuter sich blutig und heiß, Es galt ja den Siegern das Leben zum Preis, Doch wurde, was Waffen getragen, Vom Adel erbärmlich erschlagen. Bey einem.Bankett', das der Ritterverein Zu Friesach am Markte gegeben, Da mischte sich Blut in den perlenden Wein, Da tönten die Pfeifen zum Heulen der Pein, Äa würfelten Henker um's Leben; Wohl zwanzig gefangene Aufrührer ließ Der Rächer verwinseln am schneidigen Spieß, Es wurden die Glieder der Tobten Den Hunden zum Fräße geboten. Die Rache verheeret das eigene Land, Und machet die Fluren zur Wüste, Es liegen die faulenden Leichen im Sand, Zersprengt ist der Rechtlichkeit eherne Wand, Es thürmen sich Henkergerüste; -- i3 Geschlachtet als Dpfer sind Hunderte schon. Es würgen sich Bruder und Vater und Sohn, Und obenan sieht der Gebieter Wie flammender Bliß im Gewitter, — Halt ein — rief die Gräfinn — mich schaudert vor dir! D laß mich, o laß mich von hinnen! Mich treibt es hinüber, mich ängstet es hier, Ich muß in das blutige Kämpsergewirr, Wo Menschheit und Größe verrinnen! Ihr Zofen! verhüllt mich in Trauer und" Flor! Der Stallmeister führe den Zelter mir vor! Verschließet die frauliche Kammer, Ich will an die Statte voll Jammer! Nun schallt es im Schlosse; hinaus und herein Erklingen geschäftige Tritte, Bald klappern die Hufe durch Felder und Hain, Frau Hemma verlaßt nun das friedliche Krain In ihrer Befreundeten Mitte; Still wallet der Zug an den Bergen hinab , Die Flöre sie flattern im schnelleren Trab, Die Fackeln bezeichnen im Schweifen Die Pfade mit sprühenden Streifen. So geht es in rastloser Eile bei Nacht, Thalein und bergauf und berguntcr, Die Zinnen erglühen in rosiger Pracht, — — Die Nebel verstäuben, der Morgen erwacht, Es trillert die Lerche so munter; Und immerfort geht es im matteren Lauf, Schon ziehet das Haustein am Loibel herauf, Schon mindern sich ihre Begleiter, Doch reitet die Sinnende weiter. Die Sonne verkündet den heißen Mittag, Es dürsten die Menschen und Saaten, Die Pferde verkeuchen mit leiserem Schlag, Und suchen den Schatten am buschigen Hag, Da fühlet sich Albin ermatten; Er wendet die Zügel zum Ufer der Drau, Er wecket die schmerzenversunkene Frau, Und bittet mit bebenden Tönen, Den Lechzenden Ruhe zu gönnen. Es öffnet sich dorten ein reizendes Thal , Voll freundlicher Dörfer und Flecken , Schon blinken die Thürme , schon leuchtet das Mahl Von F e rlachund G l e i n ach im röthlichen Strahl Hervor aus den grünenden Hecken: Da schiffen die Pilger, vom Strome gewiegt, Hinüber wo ewige Dunkelheit liegt, Und suchen in kühlen Gehägen Der labenden Ruhe zu pflegen. iS — Da fährt sie aus dumpfer Betäubung empor, Es dehnet sich jegliche Fiber, Ihr schlagen die Wellen so klagend an's Ohr, Es drängen sich Bilder so mächtig hervor, Und gleiten am Auge vorüber; Da sieht sie, die Holde, von Schmerzen gebeugt, Mit quellenden Zähren in Blicken, und neigt, Vom grausendem Wahnsinn gezogen, Sich über die murrenden Wogen. Es raget am jähen Gesiade der Drau Ein Fels in das Wolken gebiete, Hoch trägt er die grünende Krone zur Schau, Ihm zieret den Scheitel mit röthlichem Blau Des Thymians duftende Vlüthe; Hier wandelte Hemma den schlängelnden Pfad, Und als sie den Gipfel erklimmet schon hat, Da wirst sie, voll wilder Gedanken, Sich unter die blühenden Ranken. Der Schlummer ergreift sie mit sanfter Gewalt, Sie kreist in verworrenen Träumen, Es lispelt so seltsam, es wehet so kalt, Es formet sich eine bekannte Gestalt, Und tritt aus den nächtlichen Raumen; Die Mutter des Heilands erscheinet im Glanz, Ihr folgen, geschmücket mit bräutlichem Kranz, In hoher elysischer Schone Der Gräfin« verewigte Söhne. — i6 —- Wie Flötengesausel und Harsengesang Ertönen die tröstenden Worte: Verzage nicht, Hemma! im stürmenden Drang, Das Leben ist kurz, und die Ewigkeit lang, Bald öffnet auch dir sich die Pforte; Die Pforte der Seligkeit öffnet sich dir, Dann bist du geläutert, dann wirst du mit mir Im Meere der Reinigkeit schweben; D'rum sollst du den Feinden vergeben! Es schweben die Knaben mit freundlichem Gruß Der staunenden Seherinn naher, Sie bieten die Kranze , sie bieten den Kuß , Sie winken der Mutter zum Himmclsgenuß, Und schwingen sich höher und höher: Doch plötzlich verstoben wie Nebel und Schaum, Verstoben ist alles, so Schlummer wie Traum; Die Frau mit erhabener Stärke Erwachet zum schöneren Werke. Die mildere Wehmuth erhebet den Geist Der Gräfinn zu reinen Ideen, Und als.sie den göttlichen Menschensohn preist, Erkennt sie den Finger, der liebend ihr weist, Die Bahne der Duldung zu gehen; Der Vorsatz erhält in dem Busen sich fest, Und als sie die seltsame Stelle verlaßt, Befiehlt auf den sandigen Schichten Die Fromme rin Kreuz zu errichten. I? Sie pilgert hinan, wo die silberne Fluch Der Gurk in den Auen sich windet, Dort lodert in heiliger Sehnsucht ihr Muth, Es wird von der Edlen gesammeltem Gut Ein prächtiges Münster gegründet; Sie saget von irdischen Banden sich los, Und wirft sich Mariens Verehrung in Schooß: Dort bethet die würdige Nonne Zu Gottes umschimmcrtem Throne. Und als es der Ritter von Zelt sch ach erfahrt, Durchbebet ihn heimliches Grauen, Er fühlet der Menschlichkeit besseren Werth, Er schleudert zur Seite das rächende Schwert, Und folget der Besten der Frauen; Als Einsiedler hat er durch stilles Gcbeth JmLavanterthale Versöhnung erfleht, Und Grebersberg's Marmorgesieine Umschließen des Stifters Gebeine. St. Hemma verklärte der Lenker der Welt Als Vorbild der herzlichsten Milde; Was traulich die Sage von selber erzählt, Das hat sich der Enkel zum Muster erwählt Im seltenen lieblichen Bilde. Die Asche der Heiligen ruhet nun dort, Wo einst auf ihr schaffendes fürstliches Wort Zu einsamen geistlichem Walten Das Kloster sein Dasepn erhalten. s Mars ch für die steiermärkische Landwehre. — Ha! sie weh'n , von Himmelsglanz umflossen, Schweigend sammelt sich ein Todtenheer, Keine Farbe scheidet die Genossen, In den Händen blinket keine Wehr', Liebend halten alle sich umschlungen, Was die Waffen rächend einst geschwungen, Gallier und Deutsche, Freund und Feind, Hat der Friede Gottes nun vereint. Harmonien tönen durch das Dunkel, Friedenshymnen rauschen durch das Feld, Gottes Auge blickt im Sternenfunkel Segnend auf die ausgesöhnte Welt, Schönem Anfang winkt ein schönes Ende, Völkerstamme reichen §ch die Hande, Und der Zeiten neugcstärkter Lauf Bringt ein neues Kraftgeschlecht heraus. Weilet, weilet, dämmernde Gestalten! Laßt das hohe liebliche Gesicht, Laßt die Riesenbilder fest mich halten, Bis das Frühroth sich am Berge bricht! Weilet noch auf dieser Ehrensiätte, Wo, zerschlagen, Deutschlands Eisenkette Von den wundgedrückten Gliedern sank, Hört der Söhne lauten Jubeldank! 3r Darf ich einzeln euch, ihr Helden! nennen? Nichts rvar einzeln in der Gottesschlacht! Darf ich Theile von dem Ganzen trennen? Nur das Ganze hat uns groß gemacht! Alle, alle, die für Freyheit sanken, Leben fort im glühenden Gedanken, Ja des Fcldherrn Gluth und' Sinn und Hauch Glomm in des Geringsten Busen auch. Großer Tag , entschwinde nicht so eilig! Süße Nacht der Waffenruhe, sieh! Jegliche Minute sey uns heilig, Das Gedächtniß tilge jedes Weh! Selbst die Thräne, die den Tobten fließet, Sey durch jenen edlen Stolz versüßet, .Daß der Jüngling, der im Sturme fiel, Nur gestorben für das schönste Ziel! Wie sie wallen, wehen und verschwinden, Die Phantome jener Geisierwelt! Wie sie sich im Dufte höher winden, Hoch hinan zum blauen Himmelszelt! Stimmen lispeln aus der Ferne nieder: „Friede sey mit euch, ihr Erdenbrüder!" Friede träufelt, wie ein Frühlingsthau, Über Städte, Dörfer, Feld und Au. — 32 — Holdes Traumbild! — Nein, nicht Bild der Traume, Wiederstrahl der frohen Wirklichkeit! Friede webet durch die öden Raume, Wiederkehrt die iunge Rosenzeit, Leben kreiset durch Europa's Adern, Nimmer wird der wilde Ehrgeiß hadern, Hinter Grabern glänzt das Morgenlicht, Und das blut'ge Racherschwert zerbricht. 33 — Trinklied am Friedensfeste. 2bas säuselt im Thale, was flüstert im Hain, Was wieget den ruhenden Wanderer ein? Was flötet im Wehen der Lüfte so mild, Was kränzet mit Blüthen den Hangenden Schild, Was träumen die schlummernden Müden? Den Frieden. Es schauet der Landmann aus wirthlichem Haus So hoffend auf wogende Saaten hinaus, Es trillert die Lerche den Freudengesang, Es findet sich wieder, was grausam und lang Die tückische Zwietracht geschieden, Im Frieden. Was sudelt in Städten und Dörfern so laut? Wohl jubelt die Mutter, die Gattinn, die Braut, Es kehrt der Verlorengeglaubte zurück, Er findet die Seinen, er findet das Glück, Das feindlich den Kämpfer gemieden, Im Frieden. 3 - 34 - Da nahen die Sieger, die Retter heran, Es schmücken so Wunden als Kranze den Mayn, Es wirbeln die Trommeln so fröhlich einher, Es flattern die Fahnen, cs blinket die Wehr, Da bringen die Sieger vom Süden - Den Frieden. Zum LeHtenmahl donnert der eherne Schlund, Es kündet den Frieden sein flammender Mund, Bald wird aus dem Schwerte die Sichel gekrümmt; Wo Starkmuth und Milde die Granzen bestimmt, Da darf man kein Mordgcwehr schmieden, Im Frieden. Hinweg mit der Lanze, den Becher herbey! Nun wollen wir trinken, nun sind wir ja frey! Nun drücket den Deutschen kein schmählicher Zoll, Die fühlenden Herzen, die Becher sind voll, Es leben die Völker hienieden Im Frieden. Es leben die Fürsten, die muthig das Schwert Gezücket für Vaterland, Freyheit und Herd, Sie lcben vereinet für's höhere Ziel! Es lebe der Streuer, der siegend noch fiel, Er schlafe, bis alles entschieden, Im Frieden! ZS Herüber die Reihe, den Decher zum Mund! Die Hande verschlungen zum freundlichen .Bund! Was wünschen wir Alle, wenn Abend uns winkt, Die Jugend verdämmert, die Kraft uns entsinkt, Wenn Blut und Gefühl nicht mehr sieden? Den Frieden. 3 — 36 In den Ruinen von Rabenstein. ^Zn schauerliche Dämmerung gehüllt Ruht nun die graue Veste, Und faules Felsenmoos umschwillt Der Trümmer lose Reste. t Ach, einst so groß, so hehr, Nun schmucklos, öd' und freudenleer: Sv, Freunde! wallt das Leden auch, Voll Hoffnungen im Lenze. Doch ach! die Frühlingskranzc Zerstäubt des Schicksals Hauch; Man kö,mmt und fühlt und geht. Zu klein sind diese Stunden, Man hat sie kaum empfunden, So sind sie schon verweht. Des Greises Schwauenlied. wallt die Saat so voll und reich Im leisen Westgekose! Wie schwillt das Gras so seidenweich, Wie wogt so sanft der Erlentcich, Wie glüht die Purpurrose! O, alles ist so schön und groß Auf Gottes weitem Runde! Wohl mir! wohl mir, daß ich das Loos, Ein Mensch zu seyn, so ganz genoß, Wohl mir in dieser Stunde! Mir hat die Zeit das Haar gebleicht, .Den Ausblick mir verdüstert; Und dennoch eil' ich froh und leicht, Vis mir die Hand mein Schutzgeist reicht, Wenn Todesahnung flüstert. 38 Noch blüht mir jener Rosenstrauch, Mir weh'n noch seine Düfte; Noch labet mich der Morgenhauch, Für mich schwirrt jene Lerche auch Lautjubelnd in die Lüfte^ Noch bin ich hier, und freue mich Der wundervollen Erde; Mir ist der Tod nicht fürchterlich, Denn alles bürgt mir hier, daß ich Dort wieder besser werde. Dort find' ich meine Lieben all', Die mir voraus gegangen; Der Hoffnung holder Frühlingsstrahl Erhellt das grause Schattenthal, Und lächelt Trost dem Bangen. Leb' wohl, leb' wohl, Naturgefild! Dem ich geformt entkeimte, Das bald auch meinen Staub umhüllt, Und die verglühte Stirne kühlt, Die einst so lieblich träumte. Am Erlenteich, in grüner Nacht, Wie Rousseau will ich liegen; — Z9 Im Hain, wo nur Aedi wacht, Soll sich der Wellchen Silberpra-cht Um meinen Hügel schmiegen. Und auf den simpel» Leichensiem Sep diese Schrift geätzet: „Hier schlaft ein Mensch, der nur allein Im Hochgefühle, Mensch zu scpn, Des Dasepns Werth gesenkt." Nadine. >^s glüht ein Etwas in der dunkeln Seele, Doch Niemand weiß es, was ich da verhehle, Und selbst die Zarte ahnt es nicht; Daß mich der Liebe weiche Sehnsucht quäle, Verrieth ihr weder Klage noch Gedicht, Und dennoch ist das Traumbild meiner Sinne Nadine. In Nachten, wenn der Mond herangeschwommen, Umschleich' ich oft, verschlossen und beklommen, Der holden Schläferinn Gemach; Sie hört mich nicht, das Lämpchen ist verglommen, Da weicht die Scheu, es wird dis Liebe wach, Und leise rufet dich der Allzukühne: N a d i n e I Vielleicht, vielleicht hast du mich doch errathen, Wenn ich, gelehnt an jene Marmorplatten, Ein sclbsterdachtes Liedchen sang; -u — Vielleicht, daß freundlich durch die tiefen Schatten Ein halber Laut zu deinem Herzen drang! Darf ich entrathseln deine sanfte Miene? Nadine! Ich sehe dich im nie gestillten Sehnen Umsonst verthauen jene süßen Thranen, Die uns ein Gott nur einmal gibt; Ich sehe dich vergeh'« im dumpfen Wahnen, Ich weiß, du fühlest wie ein Edler liebt; Und dennoch bebst du vor dem Lustbeginne, Nadine! Ich selbst vermag cs nicht den Blick zu heben, Ein trüber Zauber übergoß mein Leben Mit kindlich banger Schüchternheit; Doch auf den Wellen des Gedankens schweben Die Dustgestalten einer schönern Zeit: O schöpfe schnell, daß nicht der Quell verrinne, Nadine! Weih' dieses Sehnen mir, du Stillgeliebte! Gib mir die Thrane, die dein Auge trübte. Ich fasse froh die Perlen auf; Und alles, was mein stolzer Geist einst übte In seines Daseyns buntem Wechsellauf, Ich biete dir das Gute zum Gewinne, Nadine! — 42 — Komm an dm Busen, laß das stille Weinen! Der Schmerz kann unsre Wesen nur vereinen, .Denn süßer Schmerz ist unser Seyn; Des Lebens Formen, die uns hier erscheinen, Die hüllet stets der Schwermuth Nebel ein; Doch lächelnd steht auf alternder Ruine Nadine. — Weiblicher Frohsinn. »vlein Sinn ist leicht, mein Herz ist frey, Mein Leben sorgenlrer, Mich tauscht die lose Zauberey Der Liebe nimmermehr; Ich rvand're froh zum Ziele hin, Ein Sträußchen nur ist mein Gewinn, Das ich mir so ganz allgemach Am kurzen Wege brach. Die Welt, die sich im Tanze dreht, Ist mir ein Frühlingsthal, Und Gottes reiner Odem weht Den Frieden durch das All; Mir haucht die Rose Balsamdust, Mir^singt der Vogel in der Lust, Der Welle Flüstern tönet Lust In diese weiche Brust. — 44 — Hier bin ich nun, hier will ich thun, Was mir Natur gebot, Und flicht der Tag, so will ich ruh'n Im leisen Schlummertod'; Da schlaf' ich denn im Abendglanz, Mein Liebling windet mir den Kranz, Und spricht in stiller Lhranenfluth: „Sie war so hold und gut! " Mich kümmert nicht der Jahre Flucht, Mir blüht die Gegenwart, Wer Zweifel träumt und Sorgen sucht, Wird auch durch sie genarrt; Der Augenblick, der uns erfreut, Gilt eine stolze Ewigkeit, Und wer sich selbst das Gute webt, Hat lang genug gelebt. 45 Entsagung. -^^er Kindheit süße Zauberbilder Umschwärmen meinen Thränenblick, Und sieh! die Tage gleiten milder Zum Ozean der Zeit zurück; In ihren Formen darf ich lesen, Was einst mein Heller Sinn gebar, Was ich geträumt, was ich gewesen, Und was doch leider Täuschung war. Doch selbst die Täuschung macht mich reicher, Ich fordre von der Welt nichts mehr, Die grellen Farben werden bleicher, Die Leiden pressen nicht so schwer; Ich wandle sinnig durch das Leben, Das mir die stille Freude schmückt, Mir ward kein Vlüthenkranz gegeben, Doch manches Blümchen ward gepflückt. 46 Mein Herz ist reich, so arm der Wille Auch diese stolze Welt durchschwcist, In meinem Busen ist es stille, Wenn auch die Kraft nach Thaten greift; Ich fürchte nichts, und will nichts hoffen, Ms einst ein kleines enges Grab, Was mich umhüllet und getroffen, Das sinket ruhig mit hinab. 47 Freundschaft und Liebe. -A-eie Freundschaft und die Liebe sind Ein holdes Schwestern - Paar, Die Liebe noch ein frohes Kind Mit frisch bekränztem Haar; Die Freundschaft in weiblicher Schöne Umwallet ein glanzender Flor, Sie lockt uns die friedlichen Töne Der süßeren Wehmuth hervor. Die Liebe spielt mit leichter Hand Am schweren Schicksalsrad, Doch reißt sie auch so manches Band, Das sie geschlungen hat; Die Freundschaft erhaschet Minuten» Und knüpfet das Band wieder an, Sie ebnet die brausenden Fluchen, Und scheuchet den nächtlichen Wahn. 48 Die Liebe lacht, und weinet dann Im launenhaften Spiel, Sie denket nie das wie noch wann, And fürchtet doch so viel; And sey es auch dunkel und trübe, Die Freundschaft erhalt, was sie gab, Sie leitet die schüchterne Liebe, Und trocknet die Thranen ihr ab. So will ich denn die Rosenzeit Der süßen Liebe weih'n, Und jedem, der auch ihr sich weiht, / Die trunk'ne Lust verzeih'»; Doch wenn es am Abende dunkelt, Wenn nimmer die Liebe mir lacht, Dann, traute Gefährtin»! dann funkelt Dein Stern aus der trauernden Nacht. §9 Die Grotte bey Adelsberg in Kram. Unbekannten töne meine Leyer, Der sich verherrlichet in hoher Kraft,' Der um die Schrecken webt den zarten Schleyer, Vor dem der Menschheit Forschbegier erschlafft, Denn mich ergreift des Augenblickes Feper,, Die Seele schwingt sich auf aus enger Haft, Und singen muß ich, was ich staunend schaue, Von seiner Allmacht kühnem Wunderbaue. D thut euch auf, ihr glanzende Geklüfte! Wo sich das Unbegreifliche gebiert, Umschließet mich, ihr siochgewölbte Grüfte! Wo zögernd nur der Schritt des Wallers irrt, Wo Schwaden qualmen statt der süßen Lüfte, Wo der Vampyr im salben Nebel schwirrt; O nehmt mich auf in eure Düsternisse, Daß ich der Gnomen dunkles Reich begrüße. 4 — 5o — Da öffnet sich in einem Wiesenthale Mit weitem Gähnen eine schwarze Kluft, Das Licht verdämmert hier mit mattem Strahle, Und aus der Tiefe modert Leichenduft, Der Strom zerschlägt sich an der Kieselschale, Die Woge toset wild hinab zur Gruft, Und alternd scheinen diese Schieferflachen Im leichten Druck sich selber zu zerbrechen. Kein Bäumchen grünt auf den Verwitterungen, Kein Blümchen schillert auf dem kahlen Grund, Ein stilles Dangen hält den Berg umschlungen, Und Schauder frösteln über seinem Schlund, Das Thor der Unterwelt ist aufgesprungen, Und gibt das Innerste dem Forscher kund: Wohlan! ich will hinab zur Statte steigen, Wo sich enthüllt der Mutter Werke zeigen. Wie still, wie kühl isi's in dem Erdengange, Wie schallt mein leiser Fußtritt hier so laut! Die Fackeln sprühen loh' im Kreiselschwange, Wo schüchtern noch das Auge vorwärts schaut, Im Abgrund rauscht es fort im wilden Drange, Wenn sich den Wellen dort der Weg verbaut, Und finster, immer finsterer verschmelzen Die Schatten sich, die sich entgegen wälzen. — Sl — So dehnt es sich hinein in leisen Krümmen, Allmählich nur gewöhnt das Auge sich, Und die Gestaltungen des Erzes glimmen In wunderlichen Bildern rings um dich, Du fassest nicht, und kannst cs nicht bestimmen, Was dir erschien, und wieder jäh' erblich; Die Phantasie ermüdet in Gefilden, Wo sich so schnell die neuen Formen bilden. Jetzt hebt der ungeheure Felsenrücken Sich aufwärts in die graue Dunkelheit, Hier zeigt sich ein Altar den scheuen Blicken, Dem stillen Geist der Unterwelt geweiht, Und kühngesormte Riesensaulen schmücken Die Halle, seltsam ab und an gereiht, Geheime Schauder rieseln an der Stelle, Und rasch enteilt dein Fuß der Bergkapclle. Da spannet sich im kolossalen Bogett Die Brücke leicht hinüber zum Gestad , Im finstern Abhang rauschen dumpf die Wogen, Und immer enger wird der schmale Pfad; Doch wunderbar vom Großen angezogen, Vertrauend, steigt der Mensch von Grad zu Grad, Und in der Erde dröhnenden Gewinden Muß er durch seinen Muth das Hohe finden. .. ' L * 62 O weile noch auf dieser Felsenbrücke, Du Schüchterner! den diese Höhe schreckt; Schau dort hinab, wo sich dem wirren Blicke Das weite Labyrinth entgegen streckt! Der Fackelstrahl durchblitzt das Steingestricke, Und trügerisch wird jeder Sinn geneckt; Die Stimme donnert nieder durch die Massen, Und kein Gebilde laßt sich ganz erfassen. Der Kiesel rollt verhallend in die Tiefen , Umsonst erwartet seinen Fall das Ohr, Nur Leichenhühner, die hier lange schliefen, Scheucht sein Gerassel aus dem Grab empor, Wohl Mancher, den umsonst die Lieben riefen, Verweset unten in dem faulen Moor, Und sein Geripp , vom Träufelstoff durchdrungen, Halt flehend noch den kalten Tod umschlungen. Hinauf, hinab, in tausend Schlangenwegen Durchirrest du die zauberische Schlucht, Krystalle schimmern dir ringsum entgegen, Wo sich Natur in Bildungen versucht, In magischen, phantastischen Geprägen, In Blumen hier, und dort in rolher Frucht, Ein luftiges Gewimmel von Gestalten, Die sich zur Schau allmählich nur entfalten. 53 Da sickern die Gewässer schaffend nieder, Der Himmelsbronnen geistige Gewalt, Zum Körper wird das Aufgelößte wieder, Und in dem Festen zeigt sich der Gehalt, Die Schöpfung regt die sanft durchströmten Glieder Und in das Leben drangt sich die Gestalt, Wie sich das Blut, das in den Adern steiget, Im losen Wechselspiel der Thaten zeiget. Die Tritte seufzen durch die weiten Hallen, Und aufwärts drehet sich der steile Gang, Kein Laut ertönt, nur wenn die Tropfen fallen, Erlispelt es, wie leiser Grabgcsang, Der Fackel Dämpfe, die vorüber wallen, Durchqualmen röthlichgrau den Felsenhang, Und aus den Höhlen scheint cs sich zu regen, Und die Gebilde dräuend zu bewegen. Ist hier der Thron der finstern Fabelgötter Wer spreitete den losen Baldachin? Das Auge schwelgt im Glanz der Silberblätter, Die leicht und zierlich an den Kanten glüh'n; Hier schweigt die Kunst der kenntnißoollen Städter Kein Meise! schafft so herrlich und so kühn, Hier, wo die Kräfte der Natur sich zeigen, Muß sich des Menschen stolzer Kunstsinn beugen. — KL — Und hier, und dort auf Hangender Mane, Und überall in diesem Prunkgemach Entsagt er furchtsam einem Schöpferwahne, Der-trotzig seiner Menschheit Schranken brach; Verfolgend die Natur auf ihrer Bahne Schaut er nur schwindelnd ihrem Fluge nach, Und lernt erkennen in den kalten Raumen, Was ex geahnt in seinen Jünglingstraumen. Was scheut der Mensch wohl mehr als dieß Ver¬ schwinden? Was krankt ihn herber, als Vergessenseyn? Er sucht sich dem Gedanken zu entwinden, Und hascht nach Trost und trügerischem Schein , Und ätzet selbst in diesen Schauergründen Den unbekannten Namen in den Stein. Vergebens! Wenn Jahrhunderte verbleichen, Erlischt auch seines Daseyns letztes Zeichen. Wohl schimmert dort ein Name auf den Steinen, Der nie verlischt, wenn auch der Berg zerbricht, Der Große steht vertraulich bey den Kleinen , Im Felsengrab, wie an des Tages Licht, Dem Wand'rer wird sein Namenszug erscheinen, Wie einer Hoffnung stilles Traumgesicht, Und wenn Aeone sich ins Meer versenken, Wird segnend er an Franz den Guten denken. —55 Nicht weiter, Pilger! wandle dort nicht weiter, Wo sich das Hangende Gewölbe schließt, Gefährlich ist die morsche, schwanke Leiter, Und mancher hat die Kühnheit schwer gebüßt, Zurück ins Leben, wo das Blau so heiter, Und frey der setzt beklemmte Odem ist, Laß dort die kleine, schwarzuniwölkte Pforte, Und kehre schnell aus diesem Schreckensorte. Denn drohend senken sich die Klippenwände Hernieder auf den wildempörten Fluß, Zertrümmert liegt das schirmende Gelände, Und ringsum säuselt es wie Geistergruß; Der Muth verschmilzt am grausen Wegesende, Die Seele lechzt nach freudigern Genuß , Und unwillkührlich wenden sich die Schritte Zurück nach einem lieblichem Gebiete. Dahin, dahin, wo ferne Lichter schimmern, Dort haucht es uns entgegen sanft und lau, Hinaus, hinaus! mir bangt es in den Trümmern, Und mich verlangt es nach dem reinen Blau; Wo mir die Sterne süße Hoffnung flimmern, Wo sich das Herz erlabt im Abendthan, Dort will ich mich an Lcbensbluthen stärken, Der Geist erlahmt an diesen Riesenwerken. 56 Es ist so drückend in den Finsternissen Der unbekannten öden Schattenrvelt, Und furchtbar ist es sich so klein zu wissen, Als unbemerkter Punkt dahin gestellt, Don Ahnungen wird jede Lust zerrissen, Die Anfangs noch den stolzen Dusen schwellt; Wohl kann der Mensch das Ungeheure wagen, Doch wird er niemals den Begriff ertragen. Willkommen, Tag! du blinkst mir hold entgegen, Willkommen, Licht, du Strahl der Ewigkeit! Dir pocht die Brust in sehnsuchtsvollen Schlagen, Und wieder wird das Herz so reich und weit, Ich darf nicht mehr die bangen Schritte wagen, Und gaukle lustig auf der Fluth der Zeit; Das Ungewisse, das die Wünsche hassen, Ich hab' es fröhlich hinter mir gelassen. Der zarte Proteus aus schwarzen Seen Stöhnt leidend auf im milden Tagesglanz, Und »krümmt sich ächzend in den scharfen Wehen, Denn Schmerz ist ihm der Horen Rosentanz, Er sucht voll Angst dem Strahle zu entgehen, In dumpfer Öde fühlt er sich so ganz, Der Nacht gehört sein Wirken und sein Weben, Und stumm verfließt sein wonneloscs Leben. — 67 — O Zweifler! willst du diesem Thiere gleichen , Ist dir die Welt so ganz an Freuden leer? Was gräbst du in des Todes dunkeln Reichen? Die Fluren blühen freundlich um uns her , Der Glaube lacht aus Gottes Wunderzeichen, Der Glückliche erkennt kein Ungefähr; Allein die Schuld verfinstert uns so gerne Den heitern Ausblick in die Zeitenferne. Auch in der Nacht, in der Geklüfte Schweigen, Blieb mir der schöne Kinderglaube treu: Es muß ein Morgen sich der Seele zeigen, Und etwas kömmt, es sep auch was es sey! Hinab in die Verwesung muß ich steigen, Nur durch Umstaltung wird das Wesen frey, Ich werde seyn in ew'ger Stufenreihe, Und höher steigen nach der Tobesweihe. Du Berg mit deinen Wundern wirst versinken Mein I ch wird schweben über dem Ruin, Und aus dem Born des Lichts Vollendung trinken, Und jubelnd fassen, was ihm Wunder schien; Dann, wenn die Tiefen aufgehellt mir winken, Wenn ich begreife, was ich war und bin, Dann soll mein Sang dem Schöpfer jedes Schönen Den Preis in himmlischen Akkorden tönen! S8 Empfindungen der Krainer bey der Ankunft ihres allgeliebten Kaisers Franz I. x-xin frohes Volk darf laut und ehrlich sagen, Was ihm das aufgeregte Herz gebeut, Denn es vermag auch frey und kühn zu wagen Den schönsten Kampf im wilden Drang der Zeit; Der treue Sinn darf hoch empor sich tragen, Er ist dem Vater ja, dem Herrscher nur geweiht, Und aus den Freuden eines Tages keimet Der Menschheit oft, was kaum die Lust erträumet. H laß Dein Volk des Wonnetags sich freuen, Dir hallt der Jubel durch das weite K r a in, Laß uns den Schwur Dir feyerlich erneuen, Und einen Schmuck in Deiner Krone seyn; Kein Sturm soll je die Kinderschaar zerstreuen, Uns festet jetzt ein liebender Verein, Und weh der Hand, die keine Rechte achtet, Und aus dem Kranz ein Blatt zu reissen trachtet. Z9 —< Blick auf! wie wogt es munter durch die Hallen, Zu Dir, zu Dir drangt Kind und Mann und Greis, Und leise Segen, laute Jubel schallen Durch jener Menge bunten Menschenkreis; D laß Dein Auge freundlich niederfallen, Die Liebe ja verdient der Liebe Preis, Schau hier Dein Volk in freudiger Verwirrung » Doch übersieh nicht jene stille Rührung. Willkommen denn in dem Japydenlande, Willkommen Herr in dieser Heimathstadt! Es schlingen wieder sich die alten Bande, Die einst die strenge Zeit zerrissen hat, Zerbrochen liegt die Fessel in dem Sande, Und frisch erblüht des Friedens gold'ne Saat; Den» was der Schmerz bethaut, muß Wurzel greifen, Und hoch in Deinem Sonnenblicke reisen. Wir schauten Dich im Sturme dunkler Zetten Dom Feinde selbst gewürdigt und geehrt, Wir sahen Dich für Recht und Freyheit streiten, Und fühlten höher Deinen Fürstenwerth, Nur für die Tage, die sich erst bereiten, Erhobst Du Habsburgs altes Racherschwert ; Was gegen Dich das Schicksal auch begonnen, Mit Manneskraft hast Du den Sieg gewonnen. 6o Md selbst das Schicksal, dem die Götter weichen, Hast Du bezwungen durch das starke Herz, Denn kein Verrather schlich in deinen Reichen Und jeder ehrte Deinen Heldenschmerz; Da riefen Dich des Nordens Flammenzeichen, ' Und rasch erklang des deutschen Schildes Erz, Du kamst das Unentschiedene zu schlichten, Denn nur der Große kann das Große richten. Dck sah'n wir Dich an uns jvorübergehen, Und der geheime Wunsch ward wieder laut, Um einen Vater schrie des Volkes Flehen, Nur Krieger hatten wir so lang geschaut, Was sich der Stolz erthürmt, muß untergehen, Nur das besteht, was weise Milde baut; Wir flehten nicht umsonst zur Himmelsferne , Wir sind nun wieder Dein, und sind es gerne. Willkommen denn, Du edleflFürst, willkommen! Wir grüßen so nach alter Sitte Dich; Ein neues Morgenlicht ist uns entglommen, Das einst in banger Wetternacht erblich, Was auch der Strom der Zeit hinweggenommen , In treuer Seele, da bewahrt es sich, Und aus der Liebe sittlich frommen Streben Erquillt ein neues, wunderbares Leben. 6i Willkommen uns, den langverwaisten Kindern, Wir jubeln Dir voll stiller Hoffnung zu, Du wirst der Vorzeit rohe Wunden lindern , Sey nun der Menschheit erste Stütze Du! Nichts soll des Herrschers reinen Willen hindern, Er wirke fort in unbewegter Ruh', Und, so wie Du, wird er mit festem Willen Die Wünsche seiner Folgezeit erfüllen. Sieh auf! Sieh auf! ich darf nicht langer sprechen, Der lang verhalt'ne Jubel schweigt nicht mehr; Wie an sich selbst sich rächet das Verbrechen, So quillt aus Tugend jede Tugend her, Und keine Folge kann die Liebe schwachen, Sie stammet nicht aus leichtem Ungefähr! In Deiner Huld ruh'n ihre schönen Keime, Die fröhlich sproßen in die heitern Raume. So nahet euch, ihr jauchzenden Vasallen! Er liebt Euch so, wie ihr Ihn liebt und ehrt, Ihr dürfet frey zum Vatersitze wallen, Wo keine Wache mehr den Zutritt wehrt; Wo Liebe waltet, sind die Fürstcnhallen Der Menschheit Frepstatt und der Freyheit Herd, So nahet denn, und rufet froh Willkommen Dem guten Vater, der euch aufgenommen! 6r Volkslied der befreyten Krainer. >»^ey willkommen, Freyheitsretter! Froh willkommen, Vater Franz! Dich umschwebten gute Götter In dem grausen Waffentanz, Als du mit der Kraft der Vater Rasch ergriffst den Siegeskranz; Sey willkommen, Freyheitsretter, Unser guter Vater Franz! Dunkle Jahre find vergangen, Seufzend sah das Vaterland, Als die Ketten es umschlangen, Nach des Vaters milder Hand, Fremder Willkühr Diener zwangen Frevelnd nieder, was einst stand; Doch die Zeiten sind vergangen, Frey ist unser Vaterland. 63 Was wir fröhlich einst empfunden, Darf nun wieder Sprache seyn. Von des Bösen Macht umwunden Sank die hohe Mutter K r a in Doch die Fesseln sind verschwunden, Lieblich flammt der Morgenschein, Neu mit Dsierreich verbunden, Dürfen wir auch Krainer sepn. Friede folgt des Vaters Schritten, Segen träufelt Gott herab, Liebe schmücket unsre Hütten, Wie uns Franz das Vorbild gab, Alle Zeiten, alte Sitten Kehren aus dem Weltengrab, Und des Frühlings reiche Blüthcn Schüttelt Gott auf uns herab. Wo die edle Einfalt wohnet, Kehrt die Tugend froh zurück, Wo die Lieb' und Güte thronet. Weilet auch das Erdenglück, Und ein guter Gott belohnet Jeden hohen Augenblick; Bey dem guten Fürsten wohnet Jedes schöne Crdcnglück. 64 — Nur durch Liebe schmückt das Leben Sich mit einem neuen Glanz, Unserm großen Kaiser geben Wir uns liebevoll und ganz, Und des Mannes heißes Streben Gilt dem guten Vater Franz; Eintracht schmücke unser Leben, Nur durch Eintracht sind wir ganz. Heil dem hohen Kaiserpaare, Ewig grüne Habsburgs Stamm, Vor dem stillen Hausaltare Fliehe jeder bleiche Gram, Friedlich sep der Weg zur Bahre, Den ein jeder gieng und kam, Doch das starke Volk bewahre Seine Treue Habsburgs Stamm! Sey uns noch einmal willkommen Inder Volker schönem Kranz! Hoffnungssterne sind entglommen, Winken uns mit stillem Glanz, Wetter sind hinabgeschwommen, Und der Tag erhellt sich ganz; ' Freudenbringer, sey willkommen, Froh willkommen, Vater Franz! 65 An das Jahr 1814» Zerronnen ist ein Jahr mit seinen Schrecken, Doch sterbend war sein Auge mild und klar, Die Thräne kann die Tobten nimmer wecken, Doch hohe Namen wird kein Grab bedecken, Sie leben ewig fort von Jahr zu Jahr; Das nied're Daseyn nur hat enge Granzen, Wo Götterfunken aus den Thaten glanzen, Da bleibt die Zeit so blühend als sie war. Des Jünglings Liebe wie des Mädchens Sehnen, Des Mannes Plane wie des Greises Ziel, Der Freude Jubel wie des Kummers Thränen, Und alles, was wir unvergänglich wähnen, Ist eines leichten Augenblickes Spiel; Das Gute nur durchzuckt den Puls der Zeiten, Die kleine Folge muß zur größern schreiten , Der Tropfe wuchert, der um Gutes sielj s 66 In tausend Wünschen wird das Seyn entfliehen, In tausend Formen sich das Ganze dreh'n, Doch Eines nur kann nimmer uns verblühen, Es muß die Kraft in schönen Herzen glühen, Und ewig muß die große Wahrheit steh'n: Geschlechter sinken mit dem kurzen Leben, Doch Eines wird sich aus der Masse heben, Und sieh I sein Volk wird niemals untergeh'n. Sie geh'» nicht unter die erweckten Keime, Der deutsche Sinn erwacht am Grabesrand , In neuer Starke glüht er durch die Raume, Was auch die Herrschwuth sich dagegen bäume, Ein milder Geist durchweht das Vaterland; Das schöne Recht hat Helden uns erschaffen , Es weiht dem Jünglinge die ersten Waffen, Und hebt den Fürsten in den Vaterstand. So wandle denn hinunter in die Hallen, Du greises Jahr, erstirb in Heller Nacht! Der Menschheit Wunsch , des Säuglings erstes Lallen, Darf nicht auf deinen harten Boden fallen, Wenn ferne schon ein weicher Frühling lacht; So schwinde denn! du bist uns nicht verloren, Die schöne Zukunft hast du uns geboren, Im Tode noch gegründet deine Macht. — g? — Willkommen, junges Jahr! mit deinen Freuden , Mit deinen Schmerzen sey willkommen mir I Mein Geist darf sich an Wonnebildern weiden, Er darf von seinen Hoffnungen nicht scheiden. Und webt ein frisches Leben sich in dir; Die Blüthe der Vergangenheit wird reisen, Kein Riese mehr in's Rad des Schicksals greifen, Und Friede lächelt aus dem Blutgewirr. —-88 —> Blick in die Zukunft. Nach dem Friedensschlüsse 1814. Gegenwart Triumphgestalten schwimmen Verworren nur am Staunenden vorbep, Das Große darf die Nachwelt nur bestimmen. Des Zeitgenossen Augen sind nicht frey, Er schaut geblendet, wo die Lichter stimmen , Den Sinn betäubt das wirbelnde Geschrep; Das Große wird auf Erden nie vergessen, Doch in der Ferne richtend nur gemessen. Wir sahen schrecklich die Vergeltung walten, Und laut erscholl der Spruch des Weltgerichts , Enthüllet standen vor uns die Gestalten Des Guten, Großen, und des Bösewichts, Der Stolz, er konnte nicht die Probe halten, Und sein Gebäude sank in's alte Nichts ; Wir sahen aufgehellt der Vorsicht Wege, Und hörten ahnend ihre Donnerschläge. «s Es ist ein Gott! so sprach die bange Menge, Der frohe Deutsche rief: Es ist mein Gott! Er warf sich jubelnd in das Schlachtgedränge, Und rächte blutig seiner Drücker Spott, Cs hallten rings der Frepheit Festgesänge, Der Kampf des Rechtes war der Zeit Gcboth, Die Kronenträger fühlten ihre Würde, Und Schwert und Panzer wurden Fürsienzierde. In Eins geschmolzen, Brüder einer Kaste, Both Deutschland wieder jenes Urgeschlecht, Das jeden Wahn und jedes Trugbild haßte, Und jauchzend schlug im Kriege für das Recht, Das Kraftgcsühl, das jeden einzeln faßte, War seiner würdig, mackellos und echt; Verlieren muß der Deutsche Alles können, Um siegend Alles wieder sein zu nennen. Der Stolze sah erstarrend aus die Trümmer Der einst erträumten Weltenherrschast hin, Der Glanz der Selbstsucht schwand wieJrrlichtsflimmer, Der Fluch der Völker ward sein Schlachtgewinn, Es heult ihm nach der Sterbenden Gewimmer, Und vor des Richters Stimme muß er flieh'n, Ja! selbst das Große, das er streng erzwungen. Ist in dem Fluche ungehört verklungen. 7v Das ist die Strafe für den Ungerechten, Dem nur das Glück die höchste Gottheit ist, Daß ihn die Folgen böser That umflechten, Und daß die Menschheit seines Glücks vergißt, Sie wirft ihn schonungslos hinab zum Schlechten, Wo seinen Namen die Gemeinheit frißt, Er sieht entehrt sich unter jenem Hausen, Und möchte nun Vergessenheit erkaufen. So stirbt er ab; doch jene treuen Vater, Die furchtlos kämpften in des Heeres Reih'n, Die trug in der Geschichte gold'ne Blatter Der stille Genius der Wahrheit ein; Sie waren Fürsten, waren Freyheitsretter, Und durften freyer Völker Erste seyn; Die haben jetzt das Vorrecht ausgeglichen, Das einst der Wahn sich listig hat erschlichen. Wohl ihnen , und wohl uns und unfern Söhnen! Schon schließen Herzen sich an Herzen an, Vertrauen wird die Zukunft uns verschönen, Denn auf dem Trone wacht ein edler Mann, Die Liebe wird den Herrscher freundlich krönen, Zum Kinde wird ihm jeder Unterkhan; Denn wo Vertrauen alle Stande bindet, Da hat der Friede seinen Sitz gegründet. 7' Was auch der Eigennutz im Dunkel brüte, Bescheidenheit und Mäßigung sind groß, Es wirket ja im rechtlichen Gemüche Das Selbstgefühl der guten Sache bloß! Wohl süße Folgen webt die zarte Güte, Und schont des Blutes, das zu sehr schon floß; Kennt ihr die Helden, heilig und erhaben, Die siegend ihren Feinden Friede gaben? Triumph! Triumph den Großen wie den Kleinen! Triumph und Friede dieser schönen Welt! Es wird kein Auge künftig trostlos weinen, Kein Freudenbecher wird uns mehr vergällt; Die Vlüthenzeiten werden jetzt erscheinen, Von denen uns die Liederkunst erzählt, Allmählich wird es Tag.in Herz und Sinnen, Gott war mit uns im herrlichen Beginnen. 72 Zukunft und Hoffnung- Zum Antritte des Jahres i8i6. «^^unkelt es noch, du Mutter der Jahre? Ewige Zeit, die Alles begrabt! Ziehst du den Schleyer nicht weg vom Altäre , Wo sich die sonnige Wahrheit erhebt ? Willst du noch nicht die Hoffnungen stillen, Nimmer die Zweifel des Träumers enthüllen, Der nach dem Schönen, Unendlichen strebt? Schaurige Mutter! lüste den Schleyer, Laß mich die Werkstatt der Schöpfungen seh'n ! Laß mich erwärmen am göttlichen Feuer, Und durch den Strom des Lebens mich geh'n! Q nur. auf kurze, hohe Momente Reich' mir die milden, mächtigen Hände, Hauche mich an mit prophetischem Weh'n! 73 Horch! wie es saußt aus weichenden Fernen , Horch! wie es spricht im Wetter herab: Sterblicher! willst du begreifen mich lernen, Steig' in das furchtbar gähnende Grab! Schüttle den Staub ab, du kleinlicher Meister! Meine Gespräche versteh'n nur die Geister, Denen die Erde kein Nebelkleid gab. Immer noch dröhnt die gewaltige Stimme, Ach! es versinken die Bilder um mich, Und in den Busen mit, zerrendem Grimme Drängt der gespenstische Fieberwahn sich; Rings in den Höhen , die nächtlich erblaffeir-, Suchet der Blick Gestalten zu fassen, Suchet die Gottheit, die zürnend entwich. Sich! da dämmert es freundlich'von oben, Still erscheinet ein Sternchen im Blau, Nicket dem Auge, das bang sich erhoben, Süß wie der Blick einer liebenden Frau; Hoffnung, so heißt das Sternchen im Dunkel, Hellt dir die Pfad? mit trautem Gesunkel Auf dieses Lebens verdüsterter Au- — 74 — Lieblicher Schimmer der höheren Welten, Lächeln der Gottheit, erhelle mein Seyn! Blicke dem Einsamen nicht mehr so selten, Träufle hernieder den leitenden Schein! Ach! auf der Erde verfinsterter) Wegen Sehen dir Alle so sehnend entgegen, Thränen und Träume dir freudig zu weih'n. Trauliches Licht auf der wolkigen Heide! Willst du erleuchten der Zukunft Gefild? Weh! du verdämmerst auf bläulicher Weide, Und an den Gräbern raschelt es wild; Kehre doch wieder, Gefährtinn voll Treue! Daß ich nur einmahl, noch einmahl mich freue, Zeig' mir der Kindheit rosiges Bild! Herrlich! da schwebt es mit stillem Geflimmer, Weg ist das Grauen der dumpfigen Nacht, Wallt auch der Fuß durch hallende Trümmer, Bald ist es Morgen, und alles erwacht; Dort werd' ich lächelnd auf Blumen mich wiegen, Wohl kann der Blick der Liebe nicht trügen, Was er versprochen, das wird auch vollbracht. Sey denn willkommen, du Kind der Aeonen! Blühendes Jahr, komm endlich herauf ! All' meine Leiden, all' meine Wonnen Bieth' ich der freundlichen Hoffnung zum Kauf: Ach! ich verlange ja nichts von dem Leben, Willst du die Liebe des Edlen mir geben, Endet im Spatroth ruhig mein Lauf. 76 Das A u g e n s p i e l. kenne mir ein leises Spiel , Das spiel' ich gar so gerne, Gewinn dabey ist nicht das Ziel, Die Habsucht sey mir ferne; Denn allezeit, ich sag' es euch, Verlor ich Herz und Sinn zugleich. Es wird nur unter zwep' gespielt, Und nie ein Wort gesprochen, Man wechselt hin und her, und füllt Die Zeit ununterbrochen; Man wird in diesem Spiel nicht matt , Noch von der langen Weile satt. Zwar kömmt wohl öfters der Gewinn, Doch meistens muß man borgen, Es hofft der glutherfüllte Sinn 77 Nur immerdar auf morgen; Denn was der Gegner da versprach, Zahlt er in süßer Stunde nach. Es ist zwar Mode ohne Kraft, Mit Mehrern es zu spielen, Doch wird der Spieler oft gestraft. Ich lieb' cs nicht mit Vielen; Nur unter zweyen, stumm und still, Gefällt das liebe Augenspiel. 78 Der Verrath. <^)ch wollte klüger werden, Und wählte zum Gefährten Die zarte Freundschaft mir; Doch als ich lustig reise, Da schleichet leise, leise, Die Liebe hinter ihr. Ich that mir da so gütlich, Und schlendre ganz gemüthlich Die kleine Strecke hin; Ich fasse den Begleiter, Und weiter, immer weiter, Geht es mit frohem Sinn. Auf einmahl wird mir schwüle, Ich sehe euch im Spiele Nach dem Gefährten um, 79 Und sehe einen andern Mit mir ganz traulich wandern, Doch friedlich noch und stumm. Was? dacht' ich recht verdrossen, Die Freundschaft spielt mir Possen, Wem hab' ich mich vertraut? Ich habe dann der Liebe, So recht wie einem Diebe, Jn's Auge fest geschaut. Wie ward mir da so sinnig! Es faßte mich so innig Mit ungewohnter Gluth; Ich wollte zwar nicht trauen, Doch ward ich bald dem blauen, Dem Schelmenauge gut. Ich fragte sie vertraulich, Und war ganz auferbaulich In meiner Sicherheit; Als ich es endlich fühle, Wie Amor mit mir spisie, Da war cs nicht mehr Zeit. 8c> Des Auges Schmerz. Klarer Spiegel unsers innern Lebens, Stilles Auge! warum dunkelst du? Jede Freude lächelt mir vergebens, Schließet dich das strenge Schicksal zu, Einsam muß der wonnelose Blinde Durch die schöne Blüthenerde geh'n, Einsam steht er in dem Jrrgewinde, Weinen kann sein Auge, doch nicht seh'n. Jeder Reiz des Dasepns bleibt verschlossen, Und gereizet nur ist sein Gefühl, Nur die Bürde seiner Zeitgenossen, Wird er oft des Spöttlers leichtes Ziel, Keine Blumen sind für ihn geboren, Die Natur ist ihm ein stummes Grab, Lauschend weilt er an des Lebens Thoren, Langsam und verlassen stirbt er ab. Ach! er kann sich nie im Auge spiegeln, Das die Liebesthräne sanft beglänzt, Kann die hohe Phantasie nicht zügeln, Weil kein Ziel die dunkle Fluth begränzt; Immer muß er aus sich selber fassen, Selbst bevölkern seine stille Welt, Und die Wirklichkeit verströmen lassen, Weil kein Bild sich ihm cntgegenstcllt. Nie erschauet er die Zauberszenen Einer reichen, heiligen Natur, Selbst der Freude, wie der Wehmuth Thränen Brennen auf der schlaffen Wimper nur; Ewig liegt die Nacht vor seinen Sinnen, Ewig sehnt er sich umsonst nach Licht, Im Entsagen kann er nur gewinnen, Eig'ne Bilder schaffen kann er nicht. Was denn auch die Täuschung ausgesonnen, Ihm zu lindern den empörten Schmerz, Vor der Wirklichkeit ist es zerronnen, Unbefriedigt schlagt das warme Herz; Laßt das Melos ihm entgegen tönen, Laßt ihm Valsamhauch entgegen weh'», Ach! er trauert; denn das Bild des Schönen Kann er nicht empfangen, nicht vcrstch'n. 6 82 Süßes Auge! willst du mir verdunkeln? Soll ich einsam in der Schöpfung seyn? Hüllet denn des Forschcrblickes Funkeln Unerbittlich schon das Schicksal ein? Weltenspiegel! deine kleine Flache Hat des Kampfes Wuth schon halb zerstöre, Nächtlich birgst du dich in deiner Schwäche, Dis mein Tag zu schimmern aufgehört. Nur mich selber hab' ich noch erhalten, Und aus mir erzeugt sich eine Welt, Aus dem Leben nehm' ich die Gestalten, Bilde wieder, was das Glück zerschellt, Webe liebend in den Idealen, Abgcfunden mit der Wirklichkeit Will ich mir den Himmel wieder mahlen, Den der Mensch durch wilde Gier entweiht. Jenen Himmel, wo der Kinderglaube Singend kränzet seinen Weihaltar, Wo kein Sklave wimmert in dem Staube, Wo der Wahrheit stiller Wohnsitz war; Ganz vergessen will ich dieser Erde, Die sich neidisch meinem Blick entzog, Wo ich sank in drückender Beschwerde, Und wo tückisch mich die Hoffnung trog. 83 Wenn dann einst dem früh ergrauten Blinden Dort herüber Licht und Klarheit strahlt, Soll sein Schwanensang der Nachwelt künden, Daß er fröhlich seine Schuld gezahlt; Im Bewußtsepn will ich heiter tragen, Was das Loos mir feindlich aufgelegt, Nie ganz elend ist, bei dessen Klagen Mitleidsvoll ein zarter Busen schlägt. Süßes Auge! magst du dann dich schließen, Bis dir jenseits neu der Tag erwacht; In des Daseyns öden Finsternissen Waltet freundlich eine stille Macht, Blinden reicht sie ihre Silberleper, Einen Vruderarm dem Krüppel dar, Deckt die Mangel mit der Liebe Schleyer, Und vergessen ist, was schmerzlich war. 6 r 84 Das stille Glück. ^^)as ich auch durch Kampf und Zeit verloren, Wieder ward es freundlich mir geboren Durch der Freundschaft ungemeßne Kraft; Liebe sog ich gierig aus den Blüthen, Welche mir die stillen Musen bieten, Solche Liebe ist nicht Leidenschaft. Leidenschaft zerrüttet Herz und Sinne, Und verzehrt im stürmenden Beginne, Jedes Höhere, voll wilder Gluth; Aber Liebe webt in reinen Kreisen, Sie durchglüht den Helden wie den Weisen, Stille Liebe macht uns groß und gut. Leidenschaft zerknickt im düstern Neide Ihres Lieblings kaum erblühte Freude, Sich nur sucht sie in des Andern Bild; — 85 Liebe achtet nicht die eig'nen Leiden, Wie das Veilchen birgt sie sich bescheiden, Stille Liebe waltet sanft und mild. Leidenschaft erkennet keine Granzen, Nur genießen will sie, will nur glanzen, Ihr Gefährte ist die Eifersucht; Doch die Liebe wandelt mit Vertrauen, Zaubert Wüsten uns in Blumenauen , Stille Liebe bietet süße Frucht. Meine Liebe soll dich nie betrüben, Und so, Frcundinn! darf ich dich ja lieben,. In der Ferne, so wie Blick an Blick; Dich im Stillen innig zu verehren, Diese Liebe kannst du mir nicht wehren, Stille Liebe gibt mir stilles Glück. 86 — i An die Nacht. ^/eilige Nacht I Nimm mich in deinen duftenden Schooß, Der schon den Werdenden freundlich umschloß, Laß mich versinken in schwellende Träume, Laß mich durchwandeln die endlosen Raume ; Einsam fühlt sich die Seele nur groß, Schmerzend entflieht ihr das süße Geheime, Wenn sie erwacht. Schaurige Nacht! Hast du verschmolzen das Chaos der Welt? Schweigen umlagert das Sternengezelt, Aber die lieblichen Ahnungen wehen Tröstend herab aus himmlischen Höhen, Kräftig ersteht, was am Glauben sich hält, Und aus den Zeiten, die dunkelnd vergehen. Hebt sich die Macht. — v? Freundliche Nacht! Lüfte durchflirren das weite Gefild, Lösen die matten Glieder so mild, Kühlen den Busen des schlummernden Müden, Hauchen in's Herz ihm den seligen Frieden, Magisch erhebt sich Gebild an Gebild, Mählich erstirbt, was die Gierde hienieden Wild angefacht. Trauliche Nacht ! Willig umfassen die Nickenden sich, Weil von aussen das Störende wich; Feinde vergessen die wechselnden Kampfe, Leiden vergehen in leisere Krampfe, Alles versinkt, wie der Abend erblich, Thal und Gebirg hüllt sich in der Dampfe Grauliche Tracht. Liebliche Nacht! Ruhiger pocht in den Pulsen das Blut, Und in den Ahnungen schwelget der Muth, Bildet aus Wolken verklarte Gestalten, Schaut in den Fernen das göttliche Walten, Fühlet den Funken, der tief in ihm ruht, Und es verdämmern der Erde Gewalten Mählich und sacht. 88 — Die Tonkunst. die hohe Tonkunst waltet. Dort entfaltet Sich die Schöpfung hehr und groß ; Schneller drehen sich die Erden, Monde werden Heller, wo die Fluch der Klänge Sich in magischem Gedränge Sanft ergoß. Laute formten sich zur Sprache, Und der schwache, Trübe Mensch genas durch sie; Freude quoll aus tausend Kehlen Durch die Seelen, Von der Wolga bis zum Ganges Drang des lieblichen Gesanges Harmonie. «9 Wo aus zarten Silbersaiten Lieder gleiten, Da versiegt der bleiche Gram, Und auf leisen Athcmzügen Weh'n und wiegen Sich des Edlen Hochgefühle, Leicht vergißt er, was die schwüle Laune nahm. , Wie David vor Saul Die Harfe durchgriff, Als trüglicher Wahnsinn Im Könige schlief, Wie mächtig und voll Ersaßt es den Dösen! Sein Wissen, sein Wesen Schwellt Bangen und Groll; Er hascht nach dem Speere, Der Sanger entfleucht, Er hat seinen Engel Auf immer verscheucht. Vom Aether flieg die Gottheit nieder, Sie wohnet in des Menschen Herz, Sie lehret uns die Zauberlieder, Und führt die Seele himmelwärts. — go — Sie saust in Wellen und in Lüften, Sie rollt im Sturm und Wiederhall, Sie wieget sich auf Dlumendüften, Und flötet aus der Nachtigall. Sie weint in schmelzenden Akkorden, Sie lächelt still und inniglich, Und alle Herzen, alle Pforten Eröffnen froh der Göttinn sich. 6- Das deutsche Wort. süßer Laut, der in der Schaukelwiege Den Neugebornen freundlich hat gegrüßt, Mit dem ich in der Liede erstem Siege Des Mädchens leises Ja hinwcggeküßt; H holde Sprache meines Heimathlandcs, Die mir die Keime reifenden Verstandes Zur Pflege liebend in den Busen goß! Dir dankt mein Herz, was trunken es genoß. Mein deutsches Wort, das edel ist und kräftig, Ich singe hoch in deinem Harfenklang, Du wandelst da gesellig und geschäftig Das weite Reich der Biederkeit entlang. Und einest dich in rauhen Vardentoncn An jenes Land, das Meere rings bekrönen. Und bindest dich an Nordens Fclsenthal Im kindlichen, bekannten Wiederhall. 92 Des Parsen Licht glimmt auch in deinen Lauten , Und mächtiger ersteht der Urbegriff, Dein Wink belohnt den forschenden Vertrauten Durch reichen Fund, der in den Runen schlief ; Der Vater Wort muß rasch den Sohn erheben, Der alte Ton das alte Wissen geben, Denn nur im Worte, das die That gebar, Wird dir die Wirkung und die Folge klar. Wie lieblich säuselt es in deinen Klängen, Wie donnert es in deinem Wogenfall , Wie rauscht es auf, wenn sich die Sylben drängen, Und rieselt wieder fort im leisen Schall! Du hast die Töne der Natur entrissen, Als in der Urzeit wirren Finsternissen Das Wort aus Lust und Schmerzen sich entwand, Und den Begriff zuerst an Laute band. Mein deutsches Wort! du Echo stolzer Massen, Das aus der Felsen Wiederhall entsprang, Als sich das Kind, dem Zufall überlassen, Zum ersten Ruf in's weite Leben zwang, Du hast in sreyen Höhen dich gebildet, Wo ew'ger Morgen Länder übergüldet, Zur Sprache wuchsest du so riesenhaft In stolzer Fülle deiner wilden Kraft. SZ Die Liebe lehrte dich so klagend singen, Die Liebe milderte den Schlachtenton, Das Wort erhob sich auf den leichten Schwingen, Und Melos ward die süße Klage schon; Der Silberharfe Rauschen wurde milder, Aus säßen Tönen quollen süße Bilder, Und ungefefselt durch den fremden Laut, Wardst du mit Südens Grazien vertraut. Und ewig, ewig wirst du Sprache bleiben, Dein Volk so wie dein Wesen sind sich treu, In deinen Zeichen wird die Wahrheit schreiben, Dein Waffenruf macht die Geschlechter frcp; Und wenn Jahrtausende vorüber wallen, Wirst du wie Geisterten der Helden hallen, Und schläft die Kraft im weichen Enkel ein, Wirst du der Wecker seines Geistes sepn. L deutsches Wort! dich ehrt die Völkersage, Dein Ausspruch bindet fest, wie Gottes Eid, EinMann, ein Wort! war auf die.Herzenssrage Das Siegel heiliger Verbindlichkeit; Noch glaubt der Fremdling fest an deutsche Treue, Wie auch die Zeit den bösen Samen streue, Der Vater Sinn, er pflanzt sich ewig fort, Durch Einfachheit und altgeehrles Wort. 94 S t e g e s l i e d. Nach der Schlacht von Leipzig. *^eil dem Fürsten, der die Schlachten Der gerechten Sache schlagt, Der, wenn Schrecken uns umnachten, Keinen bangen Zweifel hegt! Freudig hebt er seine Fahne, Trotzend sedem dunkeln Wahne Eilt er muthig in den Krieg. Chor. Heil dem Fürsten, dem Gerechten! Muthig steht er in Gefechten, Und sein schönes Loos ist Sieg. Deutscher Freyheit gilt das Ringen, Deutscher Ehre gilt der Kampf, Deutsche.Siegeslieder klingen Durch den blauen Pulverdampf; Knirschend liegt der Feind darnieder, Österreich erhob sich wieder, Als sein Stolz das Ziel erstieg. Chor. Heil dem Kaiser, Heil dem Kühnen, Dem die schönsten Lorber grünen, Heil dem Kaiser, Heil und Sieg! Nordens Fürsten sind verbündet, Alles fühlt sich groß und gleich, Und ein großer Tag verkündet Glück und Ruhm für Österreich; Wo der Deutsche, Ruß' und Schwede Schlagen in gerechter Fehde, Da vermag der Feind nichts mehr. Chor. Heil dem Herrscher aller Reußen, Heil den Schweden, Heil den Preußen Und dem ganzen Brüdcrheer! Leipzig sah den Kampf der Deutschen, Und des Feindes Sturz und Schmach, Sah den Stolz zu Grabe peitschen, — S6 — Äls der Sieg das Joch zerbrach; Leipzig sah die Fürstenvater, Und begrüßte sie als Retter Aus des Fremdlings Txranney. , Chor. Heil dem Kaiser! Heil dem Retter! Schützend stand er in dem Wetter, Deutschland ist nun wieder frey. Franz! du Guter, Großer, Weiser- Völker jubeln laut dir zu, Unser Vater, unser Kaiser, Unser höchster Stolz bist du! Sieg begleite deine Thaten, Kehre dann in deine Staaten Wieder bald und froh zurück! Chor. Heil dem Vater! Heil dem Sieger! Ehre jedem braven Krieger! Heil den Waffen, Heil und Glück! 97 -- Andreas Hofer'S Entsühnung. ^)ch sollte modern in des Auslands Schooße, Mein Schatten einsam um den Hügel irren, Dis sich die Zeitenrathsel still entwirren, Und aufgehüllet würden Deutschlands Loose» So schwebt' ich klagend ob dem blut'gen Moose, Mich konnte selbst kein Gott zur Ruhe führen, Vom Schlummer weckte mich der Fessel Klirrest, Mich wiegte nicht der Geisterlust Gekose. Ha steh! da dammert's in der Heimath Thale, Und Freyheitsruf ertönt aus deutschen Auen, Der Riese dehnet sich zum Lctztenmahle. Der Deutsche siegt, mir schmilzt des Bannes Grauen, Mein Geist entschwebt zur lichten Sternenhalle; Ein Fre per darf ich'erst die Wahrheit schauen. 7 98 An Frau Josephine Grafinn von Egger, als sie Weissenbach's „Zurückkunft des Kaisers" deklamirte. u gabst dem Worte die erhöhten Schwingen, Und Leben weht aus keimenden Gedanken; Wo zart des Kunstsinns holde Blüthen ranken, Da muß gewiß das Herrliche gelingen. Wenn sich die Künste brüderlich umschlingen, Erhebt der Geisi sich aus der Erde Schranken, Und auf der Töne Silberleiter schwanken Die schönen Formen von erdachten Dingen. Du hast das Wort zum hohen Bild umstaltet, Dir horcht die ganze, zartbewegte Menge, In jedem Busen liegt ein Hochgefühl entfaltet. Du wirkest hier, dein Genius nur waltet, In d einem Munde schmilzt des Lautes Strenge, Des Dichters Sprüche werden jetzt Gesänge. 99 Der Abend am Werdersee bey Klagenfurt. ^m Hügel saß ich auf weichem Moose, und sah lM- aus in die gekräuselten Wogen des murrenden Wer- dsrsees. Es schwieg die blühende Gegend um mich, längere Schatten flogen über die Heide, nur zuweilen stahl sich ein leiser Glockenton aus der fernen Stadt herüber, und mahnte den Träumer zur Heimkehr. Zeiten und Thaten gaukelten an mir vorüber; Kärntens Größe sah ich cmporschwellen und sin¬ ken, königliche Gestalten schwebten im Abendgrau da¬ hin, wie die Geister Dssia n's, und aus den Düsten -es Sees formten sich die Riesenmassen der Vorzeit. Des Lebens Bilder breiteten sich aus, Entfaltet lag das mag sche Gewimmel, Ein neuer Erdball und ein neuer Himmel Stieg langsam aus der dunkeln Fluth heraus; 7 rov Auf Hellem Wasserspiegel schwamm die Zeit In losen, schnell sich wandelnden Gebilden, Und leise klang es, wie Geräusch von Schilden, Wie Harfenton, in banger Lieblichkeit. Und rasch ergriff es mich mit süßer Macht, In Traumen war das Daseyn mir zerronnen, Was ich dereinst gefühlt, gehofft, begonnen, Verlor sich in der Täuschung Wundernacht. Versunken im Gewirre der beschäftigten Phantasie, war ich hinweggeeilt aus der drückenden Wirklichkeit, und die freyen, unermeßlichen Weiten der Dichtung nahmen mich auf. Losgerissen von allen Verhältnissen, ward ich mir wiedergegeben, und tief athmend sog ich der Freu¬ de reine Luft in mich. Wie lebendig ward es um mich in diesem Reiche der Ideale! Alles, was die Fabel je geboren, schwebte, flatterte, stieg im wallenden Meere des Lichts: Da schwinden und kommen, Sylphiden und Gnomen, Da schäkern die losen, Gefälligen Scherze Auf nickenden Rosen; INI Es wallen die Helden Im schimmernden Erze Durch staunende Welten Zu Schlacht und zu Kampf; Da knistern die Reste Gestürzter Pallaste Im qualmenden Dampf. In Felsen, in Klüften, In Wellen, in Lüften, Auf Blumen und Wipfeln, Auf sonnigen Gipfeln, Auf hallenden Triften, In düsterer Halle, Im mondlichen Strahle Sind luftige Wesen, Die alles durchfliegen, Auf Halmen sich wiegen Im flüchtigen Tanz; Die lichten, die bösen, Die stillen Dämonen, Die strafen und lohnen, Sie streifen und weben Durch's freundliche Leben Den lockenden Glanz; Sie zeigen in grauen, Umnebelten Auen Ein liebliches Ziel: Wir stürmen und wagen, ic>2 Das Ziel zu erjagen , Wir können nicht rasten, Und wollen nicht klagen; Uns werden die Lasten Der Erde nur Spiel. Von seinen Hoffnungen, den schönen Kindern seiner Jugend umspielt, vergißt der Mensch der gäh¬ nenden Gegenwart und der verhüllten Zukunft, und kühner schwingt er sich hinaus über den mephitischen Dunstkreis der Gemeinheit, d. - cheilt die Sternenbah¬ nen des Raumes, und pflückt sich an Grabern die reizendsten Vlüthen zum Kranze des höheren Daseyns. ''Stolzer stand ich am Abhang, und schaute stol¬ zer in die schwarze Tiefe, welche das lockere Erdreich spottend vor meinem Fuße wegspülte. Ein Gedanke faßte mich, der Gedanke, mich da hineinzuwerfen in den weiten Wasserschlund , und dem Zufälle zu trotzen, der mich hiehergeführt. Naher trat ich an das User; über mir segelten goldbesaumte Wolken, unter mir schwammen die Wolken vorüber; die blitzenden Lich¬ ter des Aethers flimmerten im Zenith und Nadir, und ich sah mich jetzt wie herausgerissen aus dem schweren Moder des Planeten, dahingeschleudert, gleich¬ sam srey schwebend im unendlichen All: — rc>3 — Und sinnend Hieng mein Blick an jenen Tiefen, Wo eine unbekannte Erde liegt, Ich sah die Lander, die im Abgrund schliefen, Wo sich der ungeheure Roche wiegt, Ich las der Mutter Isis Hieroglyphen, Die ewig mit Verwesung kämpft, und siegt; Die Wasser schwollen und die Damme rissen, Der wüste Grund trat aus den Finsternissen. Wo Menschen hausten, sah ich Fische schlagen, Wo Fische schlugen, hebt sich eine Stadt, Die Felsen müssen Welschlands Früchte tragen, Wo einst der Steuermann geankert hat, Aus Wasserwirbeln sicht man Thürme ragen, Und wo die Kahne tanzten, grünt die Saat; Und wie die Raupe stets zur Tagesfalter, So kehrt zur Kindheit auch das Weltenaltcr. Ja! zerschellt erblickte mein forschender Geist die morschen Damme, hochbrausend die Wogen, eine wei¬ te Wasserwüste die fruchtbaren Felder des herrlichen Thales um Klagenfurt, an den Bergen hinab walzte sich der furchtbare Strom, und ängstlich bar¬ gen die Bewohner der Hauptstadt sich in ihre crhöhe- ten Mauern. Jahrhunderte verrieseltcn wie leichte Tro¬ pfen vor den aufgeregten Sinnen, Jahrhunderte ver¬ strömten, und ein neues Bette umschlang den zürnen- — kvL — den Gott des Werder; —Menschen siedelten sich an in den vertrockneten Gründen, Fluren keimten empor, Zinnen erhoben sich, Künsie blühten im neuen Kreise der Bürger, und—horch! eine Nachtigall rveint im Gebüsche; zerstoben ist der umfassende Traum; neue Bilder drängensich hervor; neue Gefühle, neue Wünsche füllen das sehnende ^Aerz. Wo zieht ihr mich hin, lispelnde Töne! Was regt ihr in mir so mächtig und laut? Wo find' ich das Ziel, das ewige Schöne? Es reiht mich dahin wie den Jüngling zur Braut! Soll ich hinab in die Fluthen, Dampfen die wüthenden Gluthen? Soll ich hinauf in die lauen, Lichtumflossenen Auen, Wo d.'r Gottheit Odem herniederthaut? Umsonst! umsonst! es starren die Flügel, Schmerzende Wehmuth lahmet den Sinn, Und am friedlichen Afchenhügel Sinkt die ermüdete Psyche hin. Unwillkührlich schließet sich das wandernde Auge, eine stille Thräne fallt in die unzählbaren Tropfen des nächtlichen Sees, und verliert sich in der Unendlichkeit ihr gleicher Wesen. Sie war doch so rein, diese Thrä- ne, so wahr und warm I warum mußte sie sich ver- -- iv5 — lieren in diesen Größen, wo sie nichts ist und nichts wirkt?—Wie? nichts wäre sie?—Nichts wirkte die¬ se einzelne?—Sie wird vielleicht das letzte Wasser¬ kügelchen , welches zur Überfüllung gemangelt; dieses einzige noch, und die Myriaden erhalten eine andere Richtung, als sie ohne dasselbe gehabt haben würden. So rinne denn, du liebe Thrane! rinne dahin; auch ich vergehe ja unter der unaussprechlichen We- senreihe, und doch bin ich da, und doch werd' ich nützen! Mir ist so wohl, So wohl und weh! Mich drangt ein leises Sehnen; Der Mond erblinkt Auf stillem See, Er blinkt in meinen Thranen. L kommt, o kommt, Ihr Wesen all', An diese Brust voll Sehnen! Umsonst, es höhnt Der Wiederhall Die zarten, weichen Thranen. Ich bin allein! — Wie ein bedeutungsloses Wesen steh' ich hier auf dem weiten Gefilde der lebenleeren — ro6 — Mitternacht; kein Geschöpf an meiner Seite, das mir zur Erklärung naher träte! — Die Menschen werden mich kaum verstehen; denn meine Gefühle verhallen in sich selbst, und meine Gedanken stehen ohne Wieder¬ schein auf der dunkeln Fläche meines Bewußtsepns. Wohl! so will ich denn Heimwandeln, und dich verlassen, du treuer Spiegel meiner Ideale, freundli¬ cher See! Die Mitternacht senke sich liebend über dich herab, und: Wenn erröthend am Morgen die hehre Göttinn des Tages Wiederkehret im Glanz, und an den Dusen dich drückt, Dann hat vielleicht auch mich die holde liebliche Täu¬ schung Für Entbehrung und Harm doch wohl im Traume beglückt ! — rv7 — Charade I. Erste, unendlich verschieden In Form, in Bedeutung und Ziel, Genießt man so selten hienieden, Und wünschet sich dennoch so viel; Es wandelt sich täglich und stündlich, Und tauschet den Suchenden gern, Der Gute nur hoffet es kindlich. Doch bleibt es von aussen ihm fern. Das Zweyte verweht mit dem Hauche, Vergeht mit dem schönen Gefühl, Und bleibet doch stets im Gebrauche, Im edlen und niedrigen Styl; Der Heuchler versucht es zu schmücken, Stumm liegt es in liebender Brust, Und ist, wenn's auch scheitert an Tücken, Doch nur ein geringer Verlust. — io8 — Mißbraucht man auch öfters das Ganze Als Sitte der freundlichen Wicht, Doch biethet es Blüthen zum Kranze, Den uns die Geselligkeit flicht. Ich werde dir immer es geben, Und geb' es im Augenblick dir, Es wird dich auch ferne umschweben, Und ruht unverändert in mir. roA LharadeH. Schläfer soll die Erste wecken, Den Krieger ruft sie rasch empor; Als Krankheit dringt das bleiche Schrecken Der Zweyten aus der Lust hervor, Und für des Abends Kühlung müssen Wir dann mit unserm Blute büßen. Das Ganze ist ein Ungethüm, Mit tausend Köpfen, tausend Armen; Es würgt, gercizet, ohn' Erbarmen, Die Unschuld mit der Schuld sein Grimm. HO Charade III. »2^ eine Tropfen, keine Strahlen Laßt mein Erstes durch sich fallen. Ms die Griechen einst vergeßen Ihre Eicheln auszuessen, Trat mein Zweytes unter sie; L^ben haucht' es in die Klöße, Formte Menschen und Gesetze, Und ein neues Volk gedieh. ^Selten lohnt mein Ganzes denen, Die sich seine Söhne nennen, Mit Gewalt und Gut und Geld; Denn ihr Reich des ewig Schönen Lst wohl nicht von dieser Welt. Charade IV. - ^-^o drückend auch des Ersten Eigenschaft, So leicht macht unser Herz des Zweyten Kraft; Und wie der Körper durch das Erste fallt, So schwingt der Geist sich auf des Zwepten Flügel Hoch über Furcht und Tod, selbst über Leichenhügel, Hinauf zum Damme jener bessern Welt. Das Ganze füllt die Brust mit süßer Trauer, Die Seele hebt sich durch die Wolkenschauer, Und sieht getrost und hoffend in das Grab; Doch wehe Jenem, dem die lange Dauer Der Spannung auch Erschlaffung gab! Er stürzt verzweifelnd in die Gruft hinab. 112 C h a r a d e V. -»4-^er Schwache nur wird jenes thun, Was uns die beyden Ersten lehren, Und, um den Trotzkopf zu bekehren, Wird manches Weibchen nimmer ruh'n, Ais sie durch dieser beyden Macht Den Gatten zum Entschluß gebracht. Ein ganzer Stand zieht vollen Nutzen Aus ihnen, stch'n sie schwarz auf weiß ; Und öfters, im gelehrten Kreis, Sieht man für sie die Federn stutzen; Der Erbinn List hat ihre Tracht Sogar als neuen Reiz erdacht. Die Drütte sucht der schlaue Krieger Zum Übergange zu erspah'n, Wo stromumschanzt die Feinde steh'n; Und durch die Raschheit wird er Sieger, Wenn er die dritte Sxlbe findet, — riZ — Durch die der Wogen Kraft verschwindet. Das Ganze wirst du leicht erkennen, Das dich in seine Arme schließt, In dessen Schooß man froh genießt. Was uns des Schicksals Launen gönnen. Sieh rings um dich — dann hast du ja Das ganze Splbenräthsel da! — i-4 -- E h a r a d e VI. schönste Name liegt in ersten Veyden, Der Bürge für des Alters reine Freuden, Die Hoffnung der Unsterblichkeit; Das Dritte hat uns freundlich stets getragen, Der Schiffer nur weiß seinen Werth zu sagen, Der nach dem Sturm ihm laut entgegen schreyt. Das Ganze liebt der Lappe, wie der Dritte, Doch kennt es niemals der Cosmopolite: Und dennoch ist des Mannes Stolz so rein, Wenn er bekennt des Ganzen Sohn zu sepn. -- ii5 C h a rade VII. »Vs-ein brste s zeigt des Landmanns ersten Lohn , Den höchsten Wunsch für unser liebes Vieh, Das Surrogat für Hirn und Phantasie Von manchem aufgeblähten Erdensohn. Das Zwepte hat man immerdar bereit. Denn seht! es kostet uns das Ding so wenig; Doch mangelt es daran wohl manchem König, Er halt sich Diener, höflich und gescheidt, Und diese geben es ganz unterthänig, Für Hof und Land, für jetzt und allezeit. Das Ganze ist ein Mittel gegen Sünden, Die bey den Mädchen stets Verzeihung finden, Es ist ein Gegengift für jeden Herzensschlag, Und manches armen Herrchens—jüngster Tag, , Marsch für die Bürgercorps in Gratz. -<5iiuf! sammelt euch in Waffenruhen, Ihr Bürger! aus, zu Fuß und Roß! Laßt uns den schönen Bund erneuen, Denn nur durch Eintracht sind wir groß^ Auf! aus! schort glüht die Purpurröthe Des Morgens siill im grauen Thal, Schon schmettert weit hin die Trompete, Und Feldmusik tönt überall. l Des Friedens Aussaat zu beschützen, Verband uns Liebe, Muth und Pflicht; Und wenn auch ferne Wetter blitzen, Wir zittern nicht, wir zagen nicht! Wir standen trotzend in Gefahren, Den Bürger ebrke selbst der Feind, Denn unsre kleinen Knegerschaaren Hal gleiches Schicksal eng vereint* --7 f Heran, ihr Männer, Vater, Söhne! Wem deutsches Blut in Pulsen wühlt! Horcht nicht auf spottendes Gehöhne, Mit dem der seile Witzling spielt!s Wir bleiben unserm Bürgereide, Und unserm guten Herrscher treu, Und fühlen uns im Friedensklcide, So wie im Panzer stolz und frey. Wenn einst des Krieges Fackel lodert, So steh'n wir muthig Mann für Mann; Wir heben, wenn der Ruf uns fodcrt, Die Schwerter jauchzend himmelan; Wir wachen ja für uns're Saaten, Für Weib und Kind und Eigenthum! Der Menschheit anspruchslose Tbaten Sind unser Glück und unser Ruhm. Heran! Heran! zu euren Fahnen! Hier sep des Bürgers stolzer Stand! Hier schwört als biedre Unterthanen Ergebenheit dem Vaterland! Schließt euch in kunstgeübte Glieder, Gewohnt zum rauhen Waffenspiel, Und unsre lauten Jubellieder Ertönen hoch im Frohgefühl! — ii8 — An Julius Schneller. Impromptu. ^in hohes Ziel hast du dir selbst gegeben: Du wandelst an der Hand der Menschlichkeit, Du gießest Schimmer in das dunkle Leben, Veredelst selbst der innem Machte Streit I Wo sich des Rhythmus Zauberlispel heben. Erhellt sich Zukunft und Vergangenheit; Das Gute paart sich freundlich mit dem Schönen, Und wahre Kunst darf nur das Gute krönen. "S An Anselm HütLenbrenner. In sein Stammbuch. ^in leises Band umschlingt die Söhne Der Dichtung und der Harmonie, Sie leben in dem Reich der Töne, Im Himmel ihrer Phantasie, Für sie nur blüht das wahre Schöne, Der niedre Mensch genießt es nie; Es müssen sich die edleren Gestalten Zuerst in unserm reinen Sinn entfalten. 120 Serenade. Dunkel Deckt das Gefild, Sterncngefunkel Blinket so mild, Blinket so traulich Über mich her, Rings ist es graulich, Einsam und leer. Friedlicher Schlummer Säuselt im Thal, Freuden und Kummer Ruhen nun all'; Geistcrgewehe Flüstert im Hain, Aber ich gehe Sinnend allein. — irr Sinnig und immer Denk' ich nur dein, Duftiger Flimmer Hüllet mich ein; Doch aus dem matten Flimmerdust wallt, Leicht wie ein Schatten, Deine Gestalt. Überall webet, Gute! dein Bild, Überall schwebet, Was mich erfüllt; Was ich auch übe, Übst du durch mich, Leben und Liebe Glühen für dich. 122 Die Wiederholungen der Liebe. ^<üße Tandeley, Holdes Spiel der Liebe? Wenn es doch so bliebe, L dann wär' die Liebe Ewig jung und neu; Holdes Spiel der Liebe, Süße Tandeley! Blick und Liebe glüh'», Und die Sprache zittert; Was mich so erschüttert, Wasim Odem zitttert, Hat so leisen Sinn; Ach! die Lippe zittert, Und die Blicke glüh'n- Schüchtern naht die Hand, Deine Hand zu drücken; Schauder und Entzücken Fühl' ich bep dem Drücken, Wie ich's nie empfand; Doch muß ich sie drücken, Diese liebe Hand? 123 — Stärker wird die Gluth Aus des Mädchens Wangen, Und ich seh' im bangen Hoffen ihre Wangen; Liebe reizt den Muth: Schöner sind die Wangen In der schönen Gluth. Und die Liebe wagt, Dir sie zu gestehen, Diese zarten Wehen, Die du zu gestehen Mir so lang versagt; Und du mußt gestehen, Was die Liebe wagt. L des süßen Spiels! Zeit und Welt verschwinden, Wo sich Herzen finden, Und wie Träume schwinden Stunden des Gefühls; H warum entschwinden Stunden des Gefühls, D warum entschwinden Jahre dieses Spiels! — r L4 — Klage. seyd ihr, meine frohen Jahre, Ms mir der Hoffnung Licht geglanzt, Ms ich mir froh die Lockenhaare Mit dunklem Rcbenlaub umkranzt? Wo seyd ihr hin, o Wonnestunden! Da Lust und Liebe mir gelacht, Wo ich , von Liebchens Arm umwunden , An nichts als Kuß und Spiel gedacht? Dahin, dahin, wie leichtes Wehen Der sanft bewegten Fruhlingsluft, Dahin, wie-Nebcl auf den Höhen, Wie welkes Laub an stiller Gruft, Dahin ist alles, was die Kindheit Mir einst so voll und reichlich gab , Mich fasset nun des Zufalls Blindheit, Vielleicht auch bald ein frühes Grab. 125 Wie froh war ich so oft als Knabe, Wenn ich den .Blick zum Himmel schlug, Dem Engel mit dem Lilienstabe Bin ich gefolgt im raschen Flug, Mein Geist durchwanderte die Strassen Durch Sonnenbahnen, Meer und Gluth, Nicht grollen kennt' ich, und nicht hassen, Und alles schien so lieb und gut. Doch frühe schon erhob die graue. Die schreckenschwere Wolke sich, Mir wuchs kein Blümchen auf der Aue, Der Hoffnung stilles Licht erblich. Verkannt, getauscht und mißverstanden Ward meine Rede, meine Lust, Und giftcrfüllte Nattern wanden Sich um des heitern Jünglings Brust. Zum Mann gereist im Drang der Leiden, Hab' ich den Kampf umsonst gewagt. Und sieh! so hab' ich meinen Freuden Und meinen Hoffnungen entsagt; Der dunkle Blick ins öde Leben Regt nur die alten Schmerzen auf, Ich darf mein Auge nicht erheben, Nicht heiter enden darf mein Lauf. 126 Wohlan denn, sep es auch geschrieben Zm großen Buche der Natur, So will ich treu die Pflichten üben, Erfüllen meinen Wiegenschwur: Ich will mein Lied und meine Leyer Der Menschheit froh und freundlich weih'n! Dann ruhet einst in stiller Feyer Des Sängers moderndes Gebein. 127 Die Blüthe der Liebe. frag' ich meine düst're Seele, Was mich jage durch des Lebens Fluchen , Was ich suche mit der Sehnsucht Gluthen, Und doch selber mir so bang verhehle ? Ahnend steh' ich an des Tempels Schwelle, Hoch im Äther glanzt das Bild der Guten, Und das Herz, es will mir fast verbluten, Wenn ich weinend mich ins Dunkel stehle. Ach! da stimmt dein Äug' in stiller Trauer, Und sein Strahl ist durch die Nacht geflossen, Näher rieseln schon des Morgens Schauer; Heller wird es, und dein frühlingslauer Odem hat die Knospe aufgeschlossen; Pflücke denn, was nur durch dich entsprossen! 128 Die Erinnerung. ^)ierig wühlt die Zeit in unfern Kränzen, Und im Sturme flattert Blatt für Blatt; Was die Kindheit uns gegeben hat, Lassen wir an dieses Daseyns Granzen: Aber für die Zukunft grünt die Saat, Um das Weltenschicksal zu ergänzen; An der Nachwelt fernem Himmel glänzen Erst die Folgen unsrer stillen That. Für den Edlen sammelt aus den Wogen Frühlingsblüthen die Erinnerung, Welche sonst die Fluth hinabgezogen; Um den Raub hat ste das Grab betrogen, Und in ahnender Begeisterung Wird das Herz des Greises wieder jung. 129 Dem hohen Kaiserpaare In Lapbach. -«»-willkommen! hallt es in den Auen, Willkommen! jubelt es im Thal, Und aus des Alpenlandes Gauen Enteilt der Völker bunter Schwall; Schon naht das wimmelnde Gedränge, Willkommen! ruft die frohe Menge, Und Freude lächelt überall. Auch mich ergreift die seltne Feyer Mit nie gefühltem Wonnedrang, Und rascher säuselt durch die Leper Der Liebe hoher Festgesang; O blicket huldreich auf den Sänger, Der einst im Schlachtgewühl mit strenger Ergebenheit die Waffen schwang! 9 r3o — Ich singe nur des Volkes Freude, Und Liebe, Liebe tönt mein Lied, Die stets für Euch, erhabne Beyde, Im Dusen jedes Edlen glüht; Die Wahrheit muß den Kranz erringen! Mein Lied wird noch der Enkel singen, Und ein Jahrhundert jauchzt es mit. Willkommen, Vater Deiner Reiche! Willkommen, sanfte Herrscherin«! Wir reichen Euch den Schmuck der Eiche, Den Bürgerkranz der Deutschen hin: Euch ist der schönste Sieg gelungen, Ihr habt des Schicksals Trotz bezwungen, Erkämpft der Mitwelt Herz und Sinn! Des Friedens süße Frühlingsblüthen Sind Eurer Milde holde Saat, Versöhnet schweigt des Sturmes Wüthen, Und Leben strömet durch den Staat; Ihr habt geopfert, was Euch theuer, Doch ein geheimnißvoller Schleyer Hüllt Eures Daseyns schönste That. O — i3i — Auch auf dem stolzen Throne waltet Die häusliche Zufriedenheit, Und aus dem langen Kamps entfaltet Sich zauberisch die Folgezeit; Die Herrliche aus Habsburgs Stamme Besiegt den Feind mit reiner Flamme, Und zur Umarmung wird der Streit. Wohl uns! wohl uns! wir seh'n Euch wieder! Erblassend flieht die trübe Nacht, Wenn auf der Hoffnung Goldgeffeder Der junge Tag aus Osten lacht; Wir seh'n Euch froh in unsrer Mitte, Nach Eurer Ahnen trauter Sitte, Von treuen Kindern nur bewacht. Heil Dir, du allgeliebter Kaiser! D i r rufet Heil mein Vaterland, Du bist es, der als achter Weiser Im Sturme unerschüttert stand, Als Menschenfreund bist D u den langen, Bedornten Pfad des Kriegs gegangen, Und hast den Weg zum Ziel gebahnt. l32 Schon blüh'n des Friedens Veilchenkranze, Der Landmann tanzt auf reicher Flur, Kein Feind bedroht die sichre Granze, Ringsum herrscht Liebe und Natur; Und soll ein Feind zu drohen wagen , Wir sind bereit für Dich zu schlagen, Wir sind entschlossen! Winke nur! Heil Dir! Du Gütige! Du Milde! D i r gab ein Gott der Sanftmuth Preis, An Deinem liebevollen Bilde Erwärmet sich der welke Greis; Dem Jüngling hauchst D u Gluth der Musen , Dem Mädchen Tugend in den Busen, Der Mann wirkt stolz in seinem Kreis. Heil uns! Ein Loos ward uns beschiedcn,. Kein Volk empfand es noch so ganz! Wir sonnen uns so froh hienieden In Eurer Größe stillem Glanz; Wir sind noch deutsch, und wahre Freye, Und opfern Herz und Blut und Treue Louisen und dem Vater Franz! r33 Distichen. Wünsche. 28ünsche gleichen den Wellen des immer eilenden Stromes, Immer gleitet ein Wunsch, welchen der folgende drängt; Zeiten, Wellen und Wünsche verrinnen , bis endlich den letzten, Höchsten Wunsch ein Hauch mit in die Ewigkeit reißt. Größe. Größer zu seyn, als seine Brüder, wünschet so mancher; Sep du besser als Mensch, dann bist du größer als sie. Lasier. Laster ist Täuschung seiner selbst im Wirbel der Triebe, Und die Scheidewand schwach zwischen der Tugend und ihm. -- i3L — Tugend. Die Verneinung des Lasters nennen die Sterblichen Tugend; Nein! Gerechtigkeit ist's, Tugend ist wirkende Kraft. Liebe. Wahre Liebe heißt die reinste, glühendste Freundschaft; Doch der sinnliche Mensch trübet die Quelle mit Schlack. Wahre Liebe schmieget sich traulich an höhere Formen, Weckt den Funken des Lichts in der Verkörperung auf. Ruhm. Ruhm ist wie der farbige Bogen des strömenden Himmels, Wenn die Sonne des Glücks fallende Tropfen bestrahlt; Jeder ersieht den Schimmer des wechsellaunigen Ruhmes, Jener erblicket ihn so, anders erschauet ihn der. Wahrheit. Wahrheit suchet der flache Mensch im mystischen Dunkel, Und, vom Irrlicht getauscht, stürzt er die Tiefen hinab; Aber der Weise blicket um sich her, forschend und freudig, Denn im All' der Natur webet die Wahrheit allein. i3Z Freunds chaft. Jenes Etwas, welches verwandte, edlere Seelen Sv harmonisch umschlingt, hat man die Freund¬ schaft genannt. Auch der .Bösewicht selbst erkießt sich nähere Freunde, Doch er kennet sie nicht, Eigennutz knüpfte das Band; Denn die Göttinn verscheucht das lüstern gleißende Laster, Und in festerem Schritt wallet die Tugend mit ihr. Stolz. Stolz ist jene eherne Rüstung, welche den Hohen Vor dem Anfalle schützt, den ihm den Niedrige droht; Aberschwer und lächerlich wird sie bey friedlichen Reigen, Und beenget den Gang jenes Gerüsteten selbst. A r m u t h. Armuth bleibet des Universums einzige Fabel, Alles lebet und fühlt, selbst der verachtete Wurm! Auch der Bettler hat Schatze, welche dem Sultane mangeln; Mensch! du bist nicht arm, wenn deine Wesenheit wirkt. i36 Billigkeit. Was ist Billigkeit? werbestimmthier die schwankende Granze? Freund' die Billigkeit ist, nie diese Frage zu Lhun. T h o r h e i t. Mit der Thorheit Ncbelgestalten hüpset der Weltmensch: Aber auch er wird so mählich nur leere Gestalt. Weisheit. Weisheit veredelt das Daseyn, um jenseits höher zu wandeln; Dasepn gilt ihr nichts, weil sie das Jenseits erkannt. Rache. Rache zertritt den krümmenden Wurm, und badet im Blute: Aber das klebende Blut schaffet zum Scheusal sie um. '37 Schireller's Genesimgsfeyer. (Eine Scene aus dem Gebirgslandc. ) Erhaben ist des Jugendlehrers Bestimmung, schwer und mannigfaltig seine Pflicht, selten der Lohn seiner Mühen; aber unendlich glücklich wird dann sein Loos, wenn überall die reichen, duftigen Blüthcn ihm ent¬ gegen wehen, deren Keim er gelegt. Ein schönes Beyspiel dieser Art sah man vor Kur¬ zem in Steie rmarks Hauptstadt, in Gr atz. Der bekannte Professor der Weltgeschichte am hiesigen Lyce- um, Julius Franz Schneller, war durch ge¬ raume Zeit krank gewesen, und sehnsüchtig harrten die trauernden Schüler ihres Leiters, ihres Freundes, der mit sanfter Gewalt den Funken ihres höheren Ge¬ fühles zur edleren Bildung hervor gelockt. ,33 — Endlich genas er, und schnell verbanden sich die Jünglinge zu einer Feyer, deren Wahl und sinnige Ausführung eben so viel Ehre ihrem Geiste, als ih¬ rem Herzen macht, und jenen Vertrauten der Kunst auf das angenehmste überraschte. Am 20. July i8n wurde in einer der reißendsten Parthien von Grätz, im gräflich Wurmbrand'- schen Garten, eine große Vocal-und Instrumen¬ tal - Akademie veranstaltet, deren vorzüglichster Theil aus der hier noch unbekannten Pastoral-Symphonie Beethovens bestand. Inder schönen Rotunde des Gartenfaales ward alles zu diesem Zwecke Nöthige mit so viel Geschmack bereitet, daß nichts zu wünschen übrig blieb. Der Saal wurde durch die an denselben stos¬ sende Kastanien-Allee verlängert, und freundlich neig¬ ten sich die Kronen der alten Bäume über die glän¬ zenden Tapeten der festlichen Halle. Am frischen Morgenhimmel glänzte Ein sanftes, leicht gewebtes Blau, Die weite Gegend schwamm im Lhau, Und blasses Rosenlicht umkränzte Die stille, ferne Blüthenau. Ein leises Lüstchen trieb die düstern, Gestaltenlosen Nebel fort, Und Luft und Hain und Woge flüstern Der Liebe heimlich Zauberwort. — i3g — Lebendig ward es in den Gangen, die Künstler sammelten sich in traulichen Gesprächen, Arm in Arm wandelten die Männer hcrbey, reißende Formen wan¬ den sich durch das dunkle Laub der Hecken, allmählich füllte sich der Saal mit frohen Menschen; die süße Erwartung, der reine Morgen, die weiche Empfindung des Tages umschlang die bunte Gesellschaft zum trau¬ ten Verein. Da schlugen die ersten Laute an, und stille ward es im Kreise, wie im Tempel der Gottheit. Schneller trat ein, begleitet von seinen Freunden und Schülern, und die meisterhafte Pastoral-Sym¬ phonie begann mit vollem Orchester. Melodisch wechselnde Töne Durchzittcrn die horchende Flur, Es wiegt sich auf lieblichen Stanzen Das frohe Gewirre des Ganzen, Das wirkende Schöne Der freyen Natur. In süßes Schweigen versunken horchte die Ver¬ sammlung noch lang den verhallenden Klängen, und Ein Gefühl nur schien jeden Busen zu bewegen , als der eben anwesende ?. k.Hof - Schauspieler, Hr. W. Z ieg- ler, die Bühne bestieg , und Bür g e r' s Ballade: Dis Pfarrerstochter von Taubenhayn, mit all dem düstern Tone, mit jener innigen Wemuth vortrug, die ihm so ganz eigen ist, und jedes Herz mächtig ergreift. — i4c> — Manches Auge wurde naß, mancher Blick ernst, und steh da! Mit siegender Gewalt Trat eine himmlische Gestalt Aus tiefer Mitternacht hervor; Die Tugend war's, sie ries den Schmerz, Und hob das weiche Menschenherz Voll milder Huld zu sich empor; Der Thränen stiller Th au Ward Labung für den Keim des Guten, Des Schmerzes Hand ist rasch und rauh , Doch fest und sicher leitet sie Den regen Sinn voll wilder Gluthen, Und irret nie, Guter Bürger! dein einfacher Sang hat oft schon da genützt, wo Klügler vieles verdarben. Ein Quintett von Beethoven endigte mit stol¬ zem Gange die erste Abtheilung, und laut auf athme- ten die Hörer aus der süßen Betäubung zum Leben. Nach einer kurzen Erhohlung eröffnete man die zweyte Abtheilung mit der Fortsetzung der genannten Symphonie. Neue unbekannte Töne goßen sich über die schweigende Menge. Beethoven mahlt uns die Freuden des ländlichen Lebens: — i4i - Murmelnd rieseln Über Kieseln Dort die Hellen Gaukelwellen; Blatter säuseln, Vlüthen kräuseln Sich hernieder; Mädchen gürten Sich mit Kränzen Zu den Tänzen; Die Schalmeye Lockt der Hirten Muntre Reihe, Und sie singen Jubellieder, Und sie schlingen Sich im Ringen Wie Mäander Durch einander, Jauchzen, schweigen, Kehren wieder, Und der Klänge Lusigemenge Wird vertrauter, Hebt den Sinn, Strömet endlich Raich in lauter Freude hin. 142 Da donnert es aus der dunkeln Ferne, die Ju¬ bel ersterben, die Hirten entflicht, und heraus aus dem Gebirge brüllt es im tobenden Sturme. Dies? sind nicht mehr Paukenwirbcl, nicht mehr die murren¬ den Basse, nicht mehr die klagenden Violinen. Nein! dieß ist der Aufruhr kriegender Elemente, und Nacht wird es vor den Sinnen. Es rauschen die Wasser des Himmels nieder, Es dehnet der Strom die nassen Glieder, Und brauset am User im gelben Schaum; Cs rollen die Donner, die Stürme sausen, Und in des Gewitters kurzen Pausen Durchzucket cs bläulich den schwarzen Raum. Aber unschädlich und wohlthatig zieht die entla¬ dene Wvlkenmasse vorüber; der erschrockene Landmann tritt aus seiner Hütte. Kühlung und Erquickung hat sich über die Erde gebreitet, und zum Lobe des Schö¬ pfers ruft ihn des Hornes heimathlicher Schall. Ihm ist sowohl, so leicht, Die bange Ahnung weicht, Er schauet froh nach oben; Und oben strahlet wieder Das stille Licht hernieder. Das seinen Blick gehoben. Das Thal ist ihm ein Eden, — I/.3 Aus zarten leisen Fäden Der Hoffnung hat der Gute Sein Lebensglück gewoben. Ein Hymnus rauscht empor, und verliert sich allmählich in den abgebrochenen Splbenfällen der Lust; die wiederhohlten Schwingungen des Horns klingen nach, und hallen und enden. Allgemein war die Rührung, allgemein der En¬ thusiasmus , mit welchem das Meisterwerk empfangen wurde; der Kenner vergaß zu urtheilen, der Uneinge¬ weihte faßte durstig die letzten Töne auf, und sein Herz empfand, was sein Geist noch nicht ganz um- fi"g. Lauter Bepfall ward den vollbringenden Künst¬ lern. Jetzt trat Hr. Moreau, Mitglied des hiesigen ständischen Theaters hervor, und in die vorbereiteten Gemüther ergoß sich aus dem schönen Gedichte des un¬ sterblichen S chill er: Der Taucher, ein neuer Strom von Gefühlen. Hr. Moreau erreichte ganz seine Ab¬ sicht , seine Deklamation war tiefwirkend, und Des Lebens Träume gleiteten vorüber, Das hohe Schöne wurde zur Gestalt, Der Zweifel schwieg, der gerne sich in trüber Erschöpfter Seele so verworren mahlt; Die Kraste rangen lüstern dort hinüber, Mo uns ein seltsam Licht entgegen strahlt, Und was als Wunsch im Innersten geschwiegen, War durch das Wort als Bild empor gestiegen. Aus stiller Ferne lispelten die Laute, Wie Geisterwehen flirrt' es durch den Saal, Und als er stürzt', und als sie sank, die Braut, Starb jedes Auge hin in süßer Oual. Die Thrane, die des Hörers Blick bethaute. War unsers Dichters hohes Todtenmahl, Unsichtbar in des Daseyns Dunkelheiten Umschwebt er uns im Nachklang seiner Saiten. Das verhallende Getane des unvergeßlichen Sän¬ gers schwam in einem Chor aus V o g el' s Demophon dahin, der diese hehre Feyer würdig schloß. In freundlicher Traumerey zerstreute sich die zahl- peiche Versammlung ; manches holde Köpfchen sah sinnig auf die fallenden Dlüthen der Hecke, manches Jüng¬ lings Busen schwoll von höheren Entschlüssen, beiterer sah der Mann in das geschaftvolle Leben des Tages, und Schneller ging muthiger im Kreise seiner Schüler dem schönen Berufe entgegen; denn er sah in der Vollendung des Ganzen das Emporstrebcn der Jünglinge zur Wahrheit, zur Selbstbildung, und der ,45 — löbliche Genius der Kunst umschlang inniger die schüch¬ terne Dankbarkeit. Schneller rückte, dankbar begeistert, in die öffentlichen Blätter folgende Zeilen: Meinen Wahl¬ verwandten und Schülern zuGrätz! Schön ist, Mut¬ ter Natur, deiner Erfindung Pracht, auf die Fluren verstreut; schöner ein froh Gesicht, das den großen Gedanken deiner Schöpfung noch ein Mahl denkt. Ähn- -ich diesem Klop stock'sehen Worte möchte ich aus¬ rufen : Süß ist das Wiedererstarken gesunkener Kräf¬ te, süß das Gefühl der Genesung; süßer der frohe Gedanke, daß eine größere Menge mitfül lend sie fest¬ lich begehet. Sie, meine Herren! erregten so mein tiefstes Gemüth durch ein Fest, einfach, erhaben, Ihrer würdig und meiner, einzig in Geist und Kraft und Erfindung. Die sinnige Auswahl des Raumes, die morgendliche Frische der Stunde, der liebliche Anblick des schönen Vereins, die Vollendung in Sprache und Ton, der Einklang tausendfältiger Accorde — Alles stimmte zusammen, Sinne und Sinn, Geist und Herz zu entzücken. Ich seh' in Geschmack und Vollendung ein glückliches Zeichen der Zeit. L möge bald die schöne Zeit kommen, wo die Natur mit der Kunst eng verschwistert die Genüsse veredelt: se» — i/i6 — Dann glüht in Dsien milderer Schimmer auf, Der Tag erwachet, höherer Thaten werth. Der Thorheit letzte Pfeiler fallen, Hoch auf den Trümmern ersieht die Menschheit. E p r l o g. Vor dem hohen Kaiserpaare gesprochen auf dem Theater zu Laybach. >^>)as sammelt sich die bunte Menschenmenge? Was rieselt freudig durch die Hallen hin? Ein leiser Jubel woget im Gedränge, Kaum zwingt sich noch der froh empörte Sinn, Mit Blumen schmücken sich die Hellen Gange, Die Säulen ziert das junge Frühlingsgrün, Und Alles regt sich munter in den Gaffen, Die kaum die frohen Menschenschwarme fassen. Wem gilt der Jubel in Aemona's Mauern? Wohin denn walzet sich die rege Schaar? Wer rief der Freude nach so langem Trauern, Die uns Verwaisten schon entscbwunden war? Die Sonne lacht nach wilden Regenschauern, Und mit dem Ruhme lohnet die Gefahr; Wie auch der Schmerz in dunkeln Tagen wüthe, Im Thränenthau entwickelt sich die Blüthe. io * i48 Er ist's! Er ist's! der Hohe, Langentbchrte! Sein Sonnenauge kreiset über euch, Das Unglück floh vor seinem Richterschwerte, Den Unterdrücker traf der Rachcstreich; Als dort den Dsten Morgenroth verklarte, Da ward der Strahl im Westen matt und bleich, Und wieder fand der Gute seine Kinder, Der Menschheit erster, sanfter Überwinder. Sie ist's! Sie ist's! die unbeschreiblich Milde! Die Güte lacht von ihren Lippen nur, Der Mütter Würdigste im hohen Bilde, Der holde Stern der Hoffnung im Azur; Ihr jauchzt der Krieger im Geräusch der Schilde, Und sterbend wiederholt er seinen Schwur: Kein Feind soll mehr die Liebliche verdrängen, Ihr Name lebt in deutschen Hochgesängen. Willkommen, Fürst! o Mutter, sep willkommen! Willkommen uns im Felsenlande Krain! Der Hoffnung Licht ist freundlich uns entglommen, Denn Franz ist unser, wir sind wieder sein! Ein Gott hat jenen Schmerz von uns genommen. Und jedes Selbstgefühl wird stolz und rein; Der Zeiten Schmach, die Wunden sind vergessen, Und Krain wird stolz sich qüt den Völkern messen. — i§9 — Nun wird die Willkühr keine Rechte schänden, Denn rechtlich ist dein Wille, wie dein Reich; Der fromme Schuß, den die Gesetze spenden, Gilt Jedem heilig, und gilt Jedem gleich, Der Zepter ruht in unentwcihten Händen, Die Starke waltet mild ob -Österreich, Und »»ergriffen von des Aufruhrs Lohe Fühlt seinen Werth der Niedre wie der Hohe. Willkommen uns im Lande der J a py d e n! Der Sprache Laut ist unserm Dan? zu schwach, Denn vor Dir her geht Heiterkeit und Frieden, Und Glück und Liebe folgt Dir freundlich nach; Dir huldigt jubelnd Ost und Nord und Süden, Wo deine Kraft die schweren Fesseln brach; Willkommen denn in deiner Söhne Mitte, Die laut Dich grüßen nach der alten Sitte. Sieh rings um Dich verstohl'ne Thranen fließen, Im trunknen Auge spricht das Herz sich aus, Horch aus! wie tausend Herzen Dich begrüßen, Der lang verhalt'ne Jubel füllt das Haus, Die Kinder, die man einst von Dir gerissen, Die wieder Du gewannst in Schlacht und Graus, Die treuen Kinder drangen an den Stufen Sich liebend vorwärts, um Dir Heil zu rufen. . — iSc» — Willkommen ! rauscht es fort in tausend Stimmen, Willkommen, Vater, in der Hcimathsiadt! Sieh' unsre Seelen in den Augen schwimmen, O ruf' uns auf zur schönen Probethat, Und unter uns soll bald dein Feind sich krümmen, Der sich an deinem Haupt verschuldet hat! An diesem Fels zerschellt des Bösen Tücke; Willkommen Franz! Willkommen Ludovike! — rZl — Lieder nach dem Slavischen Jarnik 's. Der Morgenstern. stilles Licht erscheine, Des Morgens holder Stern! Dich Jungfrau! Schöne! Reine! Besingen wir so gern. Durchwandle deinen Himmel, Zerstäub' das Dunstgewimmel, Gebier das Frühroth uns! D Trösterinn! des Kranken Gewimmer minderst du, Du flüsterst den Gedanken Des Lehrers Hoffnung zu; Auf Blüthen thaust du nieder, Zer Morgen wachset wieder I» reicher Kraft durch dich. ' —- ib2 - . Du flimmsi zu Gottes Ruhme, D Sternen - Königinn! Du spendest jede Blume, Du Lustgebarerinn! Der Volker Hymnen klingen, Die Lüste selbst besingen Dich Hochgepriesene! O Mensch! steh' im Gesunkel Der Tugend Huldgestcht! Schon flieht das scheue Dunkel, Weil Unschuld sie umflicht; Geheiligt ist ihr Glanzen, Sie segelt um die Granzen Der Welt im Himmelsschiff. Sie trinkt den reinen Schimmer, Den ihr die Sonne gab, Und gießt ihn, liebend immer, Der Erde dann herab; O trinket nach Genügen, Ihr Dürstenden, in Zügen Das hohe Sonnenlicht! i53 — Der Herbst. «Wühler wehet schon der Aether, Südlich lenkt Apollo's Gluth, Traurig fallen falbe Blatter, Schwalben wandern mit der Brut; Frohe Vögelchen verstummen, Wünschen nur den Lenz herbep, Schwärmend, gleich den Dienen, summen . Brechlerinnen, kummerfrex. Schwer mit Trauben schmunzeln Reben Durch die reiche Pflanzung hin, Goldsastvolle Beeren geben Reichen Segen dem Bemüh'n; Süßer kömmt der Wein zur Reife, Gibt dem Winzer muntern Lohn, Scheucht hinweg der Glieder Steife, Spricht der Kälte Trotz und Hohn. — iSL — Überall aus vollen Scheunen Tönt nach Takt der Drischelschall - Süße Ruhe folgt mit reinen Freuden auf des Müden Mahl; Rebenhügel sieh'n gelichtet, Düsterer wird schon die Zeit, Zn die warmen Stuben flüchtet Trauliche Geselligkeit. Gartenbaume nicken nieder, Müde von des Obstes Wucht, Zecher schwelgen froh im Cider, Für den Wmter reift die Frucht'; Vögel fängt der Knab' im Thale, Jager ziehen nach dem Wild', Donnernd rollt das Schußgeknalle Durch der Haine Lustgefild. Hin dem Winter froh entgegen Reiten wir im muntern Trab', Dis wir, reifend, sanft uns legen In dex Erde kühles Grab; Wohl uns I wenn an unserm Baume Früchte achter Tugend sind, Prüfend folgt im Himmelsraume Vaterslohn dem guten Kind'! >65 Die Harfe. -^Veiche Wehmuth gießt bey Nacht und Kühle Mir der Harfe Silberton in's Herz, Sie erhöht so kräftig die Gefühle, Mischet süße Trauer in den Schmerz. Sie erinnert an die frühen Zeiten, An der Freude schnell versiegte Fluth; Durch des Haines grüne Locken gleiten Ihre Laute, wo der Vogel ruht. Horchend scheint der Mond im Blau zu hangen, Spendet reichlich uns die Schimmersaat, Sauget Honig aus den Harfenklangen, Und erhellt dem Wanderer den Pfad. Schlürf' die Wollust süßer Harsentöne, Horche nur, du sterblich dumpfes Ohr I Jenseits blühet erst des Lebens Schöne, In die Harfen singt ein Engel-Chor, — ,56 — Dämon an Melite. ist Lünens Schein und traurig, Wolken bergen ihren Strahl, Und zum Herzen, bang und schaurig, Dringt der Zither leiser Hall. Ach! es bohren diese Töne . Neue Wunden mir in's Herz, In der Nacht nur fällt die Thrane, Ihr vertraut sich gern der Schmerz. Weit entfernet ist Melite, Meines Lebens theures Blut; Süß ist stiller liebe Blüthe, Die auf Blumenkränzen ruht. Wiesen sind mir Wüstencyen, Voll den Menschen eil' ich fort, Nimmer kann mein Geist sich freuen, Einsam ist mein Lieblingsort. 2 - iZ7 — Ohne dich lacht keine Freude, Du nur spendest Glück für mich! Deinem Trauten an der Seite, Sag! für rren erklärst du dich? 5 Winde! wenn der Schlaf sie zecket, Tragt die Töne hin zu ihr! Lispelt, daß ihr sanft sie wecket: „Dein Geliebter lebt nur dir!" iA8 Der Jungfrau-Sprung. Eine Volkssage. -^^rey Nachte hatte Gilda einsam geharrt, drcp lange angstvolle Nachte, und noch kam der wilde R os- win nicht zurück zur ivirthlichcn Hütte im Felsenge¬ birge. Er war hinabgezogen mit seinen Umwohnern in die Ebene, wo die Manner Tauris kum s sich gesam¬ melt hatten zum Kampfe für Vaterland und Heerd ; das Getöse der Feldschlacht war herübergedrungen in die friedlichen Thaler , und nur einzelne Flüchtlinge hatten der Trauernden erzählt, wie A ribo der Herzog geschlagen worden von den Hunnen mit der Schärfe des Schwertes, und die Freyen den Tod der Ebre ge¬ storben seyeü aus den Ebenen vor Muroela; kein Mensch wußte ihr Gewisses über den mutl igen Gatten zu sagen , der ein Schrecken der Feldschlacht war, und ein Hort seiner Brüder. So saß die Weinende still in der öden Halle, der Wind spielte mit den lockeren Schilden an der Wand, — IZ9 — und brach das tiefe Schweigen der Mitternacht mit selt¬ samem Geflüster. Der Mur ström erbrauste am steilen Abhang, und leichte Nebel streiften in wechselnden Ge¬ stalten über die Schluchten; der aufgeschreckte Rüde bellte an der Thüre hinaus in die düstere Dde, und Ahnungen stiegen wie die Gespenster der Wüste in Gilda's Busen empor. Da ergriff sie der Wehmuth bangstes Gefühl; sie trat hinaus, und schwcigke den knurrenden Wächter mit freundlichem Schelten; ihr war es so weit und so leer, und doch schienen die Lichter des Himmels ihr so nah' und so vertraut; mit den Blumen sprach sie, und mit den Lüften, und ihre Klage löste sich endlich in harmonisches Weinen auf. Hingesunken am Fels erhob Gilda die flötende Stimme, und sang das Lied ihrer Mütter: „Wo weilt mein geliebter Ddi lo? „Wo trotzet sein glanzender Speer? „Wo wandelt in bräunlicher Schöne „Der Jüngling einher? „Ihm wehen die Lüste ,,So kosend, so lau! „Ihm nicken die Blumen „Auf sonniger Au', „Ihm lispelt die Quelle , „Ihm murmelt der Bach, — i6o — „Ihm säuseln die Seufzer „Der Liebenden nach! „O wie freundlich ist mein Jüngling! „Die Gespielen neiden mich, „Stolz ist meine Seele; „Denn vor Allen kor er mich, „Und ich ward das Weih des Jünglings, „Der dem Eres glich. „Er stand „Ein Fels in heißer Schlacht; „Ihn ehrt das Vaterland, „Ihn ehrt der scheue Feinb, „Und fürchtet in den Kämpfen „Odrlo's Macht. „Wo weilt mein geliebter Odilo? „Wo wüthet sein furchtbarer Speer? „Wo schreitet in männlicher Schöne „Der Sieger einher? „O schützet ihn, Götter! „Valkyrien! zeichnet „Auf welkende Blätter „Den Helden, den Retter „Zum Opfer nicht auf!" — i6i — Die letzten Töne starben im sanfteren Schmerze, und der Wiederhall spielte noch mit den fliehenden Lau¬ ten; Gilda versank in wehmüthigem Sinnen, als plötzlich der eiserne Fußtritt eines eilenden Kriegers durch Gebüsche hallte. Naher und näher rauscht es herauf an den Wan¬ den, aber Gilda höret nicht; schon reißt es sich durch das Dickicht, Gilda sinnet noch immer; der treue Hund bellt dem Unbekannten entgegen, und Gilda erwacht. Eine riesenförmige Gestalt erscheint am Thore des Hofraums, fremde Waffen von seltsa¬ mer Arbeit decken die kräftigen Glieder, den hochge¬ wölbten Helm zieret ein Aar mit weitgespreiteten Flü¬ geln, und aus dem gehobenen Visiere starrt eine dü¬ stere Bildung hervor. Gilda erschrack ob dem An¬ blicke , der Hund streckte sich knurrend gegen den Fremd¬ ling, der mir düsterem Tone die Erschrockene fragte: „Hast du gelungen, einsame Schöne? Laß mich noch „einmahl hören das liebliche Lied !" — Schüchtern ent- gegnete Gilda dem Krieger: „Wohl hab' ich „gesungen, den Schmerz zu stillen, der meine Brust „beengt, und ich darf mein einfaches Lied nicht vor „den Ohren des Fremdlings wiederholen, der nur „Erheiterung sucht." Fremder. Bist du die Herrinn dieses Ge- diethes? 11 ll)2 Gilda. Mein tapferer Gatte Roswin be¬ wohnt diese Hütte. Fremder (nachdenkend). Roswin? — Ros- win! der Name scheint mir bekannt. Gilda (feurig). Oh! ihn kennet der Arme, und segnet ihn; ihn kennen die Führer der Volker, und geitzcn um seinen Handschlag; seinen Namen kennt und ehret Tauriskum. Fremder (auffahrend). Ich kenne den Stol¬ zen! R o swin, ja! so hieß er, der im Murth a- le sich durchschlug, ein rvüthender Wolf im Geme¬ tzel; — doch er ist der Rache heimgefallen. Gilda (schaudernd). Bey Lada's Macht be¬ schwöre ich dich! was weißt du von meinem Gatten? Fremder (grinst sie an). Roswin ist geblie¬ ben im Kampfe, und du—bist meine schöne Deute. Der Milde faßte gierig das reihende Weib, bleich wie eine zerknickte Lilie sank Gilda in seinen Arm; aber grimmig fuhr der ausgebrachte Hund dem Feind an das Genick, und riß ihn zu Boden, daß es wie¬ der tönte in den Gewölben des Berges; der Hunne ,63 rang mit dem starken Thiere, das ihm tiefe Wunden ver¬ setzte, und Hülfe rufend entfloh die geängstete Hausfrau. Endlich gelang es dem Krieger, seinen Dolch zu erhaschen; er stieß ihn dem Vielgetreuen in die Rippen, und sterbend noch verwundete der Hund seinen Mörder. Mühsam erhob sich Bogo (so nannte sich der Hun¬ ne), und schaute durch das Grauen des Morgens, der langsam und bleich an dem Gebirge heraufschlich ; er schaute lüstern über die Hangenden Nebel und such¬ te die liebliche Beute. Horch! da drang der Angst¬ schrei) der Fliehenden aus dem schwarzen Forste herüber, und rasch, wie der raubende Tieger, eilte Bogo die schmalen Pfade hindurch. Dort, wo die schaumende Mur sich in eine enge Thalschlucht drangt, ein Stünd¬ chen oberhalb dem einstigen Sitze der Montfort's, setzt Peckau genannt, dort, wo der scheue Blick vor den himmelangethürmten Marmormassen zurückbebt, dort erhebt sich rechts am Ufer des schwarzen Flusses eine steile Felsenkuppe über den Wasserspiegel zur schwindelnden Höhe; kein Strauch ragt an der schroffen Klippe hervor, keine Pflanze grünt zwischen diesen Steinen, nur fahles Moos decket stellenweise die glatte Flache. Weit hinaus über die Fluthen strebet der Fels, die Wellen haben ihn tief untergraben, aber er stürzet nichs; denn fest steht sein höhnender Fuß. Gegenüber im Grunde des Thales hat sich im ver- — >64 — laffenen Bette der Mur weißer Sand gehaust, und silberne Wachen spielen mit den bunten Kieseln; rings¬ um starren Klippen, und zwischen ihnen zieht sich das schmale Band der Heerstrasse am gähen Abhange des Ufers hinaus bis zu dem freundlichen Flecken , der mich gebar. — Ost hörte ich, ein tändelnder Knabe, die Sage des Landmanns , und vor den cntglühten Sin¬ nen gaukelten dunkle Bilder der Vorwelt. Ich erzähle hier ein Mährchen friedlicher Kindheit, und gebe es kindlich wieder dem Leser. — Dorthin floh die bangen¬ de Gilda, und weckte die schlummernden Nachbarn; keuchend erstieg sie die Einsturz drohende Kuppe, und wähnte sich aus diesen Höhen in Sicherheit. Steine rollten in den Abgrund, und herabgestürztc Tannen sperrten ihr den gefährlichen Pfad, aber rastlos drang die Gescheuchte vorwärts; Steinadler und Raben um¬ kreisten im niedrigen Fluge ihr Haupt, aber furcht¬ los klomm sie höher; Alpenluft wehte sie an, Wol¬ kenzüge flirrten an Gilda vorüber, keine Stütze both sich ihr dar, aber eilend strebte sie zum Gipfel hinauf, wo der ewige Schrecken haust; denn dort wußte sie sich allein im Schutz ihrer Unschuld. Athemlos sank sie endlich am letzten Absätze nieder, und schaute fle¬ hend zum Morgenhimmel empor, und schaute still in die Tiefen der Fluth; No sw ins Geist schien auf den Wogen zu schweben, und leise Schauder kräusel- ,65 ten das aufgelösete Haar.— Gilda! flieh Gilda! noch bist du nicht geborgen; schnaubend nahet der Un¬ hold , und fluchet den Göllern der Heimalh. — Lo¬ go hatte beym Schimmer des Morgens die Fliehende erspäht, und folgle rasch ihr auf der Ferse nach. Einzelne Ta uri s ker zogen bewaffnet die Heer¬ strasse hinab, und starrten, aufgeschreckten Rehen gleich , die ungewöhnlichen Erscheinungen auf deni Fel¬ sen an; doch zu Helsen vermochte Niemand, denn es schied sie der Strom. Laut auf schrie Gilda, als sie den Hunnen heranklimmen sah, und raufte ver¬ zweifelnd ihr seidenes Haar; das weiße Gewand flat¬ terte zerrissen im Winde, und Blut träufelte von der Schwanenhand über den Sand hin. Nicht vorwärts konnte sie mehr, denn wie abgeschnitten stand der ein¬ same Fels; sie konnte rückwärts nicht wieder, denn dort stieg her Räuber herauf — überall lauerte Tod oder Schmach. „Mein bist du!"—keuchte Bogo der Armen zn — „mein bist du! verrätherische Schöne!" und faßte nach ihr; da schwindelt es ihr vor dem Au¬ ge, sie hat entschieden, und hebt sich weiter hinaus auf den Hangenden Stein. „R o swin!" — ruft sie gen Himmel, und breitet die Arme nach den erblei¬ chenden Sternen— „Roswin! ich folge dir in den . Lod!"—und stürzt sich hinab in die Fluth. i66 Bogo starti mit blassem Entsetzen ihr nach, die Wanderer springen erschrocken zur Mur, und weihen den Schrey des mitleidigen Schreckens der unbekannten Verfolgten. Die Wogen rauschen auf, eine Schaum- faule spritzt in die Lüfte, die zurückfallenden Tropfen schimmern im Frühroth; und wie von göttlichem Glan¬ ze übcrschleyert hebt sich die jungfräuliche Gestalt aus den blauen Wellen des Stroms, und sinkt, und he¬ bet sich wieder. Sie ist es! sie ist es, die liebliche Gi ld a; Al¬ fen haben ausgehalten ihren Fall mit mächtigem Fit- tig, sie haben sie unsichtbar umflattert im schwin¬ delnden Sturze, und freundlich nahm sie der vater¬ ländische Strom in seine weichen, beweglichen Arme. Gilda lebt, und ist gerettet. Da schritt sie herauf aus den seichten spielenden Flächen der Mur, wie Lada aus dem Bade des duf¬ tenden Sees, und warf sich bethend aus den blumigen Ufergrund in der Fülle der Andacht, und muthig das Auge zur schützenden Gottheit erhoben. Keine Furcht war mehr in der jubelnden Seele, und jetzt hätte sie kühn selbst dem wüthenden Vogo den Dolch zum Kampfe geboten. Bogo, der Hunne, sah sie wandeln im Thale, und fluchte dem Himmel und seinen Göttern; denn' — 167 —- ihn reihte des Weibes Schöne und ihr Widerstand. Er fluchte dem Zufall; aber an diesem Felsensprung erlahmte sein Muth: mühsam wand er sich in die Ge¬ büsche zurück, und barg dort seine Scham und sei¬ nen Grimm. Am andern Tage sanden ihn die Hir¬ ten, sterbend an den Wunden, die ihm G il d a' s treuer Wachter gerissen; sein Schwert lag zerbrochen neben ihm: er hatte es an der Klippe zerstauchk, damit kein T a ur i s k er der Waffe froh werde. Sein stieres Au¬ ge höhnte noch. Kein Freund begrub sein Gebein. Aber Gilda empsiengen die lockigen Töchter des Landes mit Staunen und Jubel; die Bergbewohner hatten ihre Frauen in die Veste des Hochlandes ge¬ führt , und bewachten sorgsam die Passe. Da kam der irrende R 0 sw i n auf unbetrctenen Pfaden hinauf in die Wälder von Ave lanz, wo Gilda saß im Kreise der Gespielen ; das tausendzüngige Gerücht hat¬ te dem Verwundeten seines Weibes wunderbare Ret¬ tung erzählt; er drängte durch die lauschenden Feinde sich durch, und fand sie, die Holde, im Schuhe des Freundes. An seinem Buten vergaß sie des furchtbaren Er¬ eignisses bald, aber nicht vergessen, ward sic m den Sagen der Heimath; die Lieder der Barden priesen ihre Treue und ihren Heldenmuth, fort lebte die Wa¬ gethal in dem Munde der Enkel, und noch heute heißr >68 der Absturz des Felsens, wo sie dem Tode sich weihte, wo sie der Genius jungfräulicher Reinheit schwebend über den Abgrund trug, noch heute heißt die grause Stelle der Jungfrausprung. Begeistert erhob sich nach sinnigen Tagen Ros- win der Starke; er sammelte die Söhne der Walder um sich her, zog hinab in die Auen von Gradez, und schlug die Verwüster. — Tauriskum ward frey, Gilda war glücklich. ,«9 — Prolog. Bey Eröffnung des Theaters zu Klagenfurt, 18,4. »vtit stiller Scheu betret' ich diesen Platz, Um Euch, Verehrte! meine leisen Wünsche Und meine schönste Hoffnung auszusprechen; Denn schwer und müh'voll ist mein Amt, Und doch so hehr in seinem Hehrem Zweck: Der Dichtung Blumen Euch zum Kranz zu winden, Und Wahrheit Euch im Spiele zu verkünden. Vergebt, ihr Edle! wenn die That dem Willen Nicht immerdar entspricht; denn weit umfassend Ist das Gebiet der Kunst in seinen Formen, Und oft verwirren sich im Gegenstreite Der Kräfte die Gestaltungen der Schönheit; Nicht stets vermag der Mensch in seinen Schwachen, Das hohe Wort der Gottheit auszusprechen. k 70 Ich werde, reger Thatkrast voll, das Gute, Das Blühendste des deutschen Genius Am Abende der arbeitschweren Tage Dem wertsten Gönner darzubringen suchen, Und wenn ein frohes Lächeln, eine leise Thräne Der Täuschung uns'rem Spiele Ihr gezollt. So bin ich wahrlich überreich belohnt; Der Künstler findet ja im Hochgefühle, Das er entflammt, sich selbst am stolzen Ziele. Das Amt ist schwer, doch angenehm die Pflicht, Durch zarten Zauber Sorgen zu verscheuchen , Und wie der Tag in Abendroth versinkt, So sinke jeder Sinn in stilles Ahnen, Wenn in des Musentempels weiter Runde Die wahre Kunst den Iokuszepter schwingt. Doch oft tritt in den Kreis der Zauberbilder Die graue Sorge und der wache Kummer, Und vor den Larven flieh'n die leichten Wesen, Die sich der Augenblick der Lust erschaffen; Das Wilde wie das Döse sieht im Streit Mit eines Mimen weicher Seligkeit. D dann vergebt, ihr Gönner! unsre Fehler, Und aus des niedern Lebens dunkelm Flor Tritt wieder frey und groß die Kunst hervor. — i7l — Zwar rein und hell ist unsre Gegenwart, Der Doppeladler schwingt sich auf zur Sonne, Das Recht hat seine alte Macht erhalten, Und aus dem Siege blüht der süße Friede; Wer sollte nicht mit Kraft und Muth beginnen . Wo überall der Sieg entgcgenleuchtet? Der Zeiten Gang, er gibt auch mir die Kraft, Und hier in Hst reich's hochbeglückten Fluren Beginn' ich fröhlich meine neue Bahn; Des Fürsten gute Sterne schirmen Jeden, Der sich vertrauend ihrem Schutze gibt. Verehrte! laßt die schöne Hoffnung nicht Im schweren Drang der Zeiten untergehen; Mir lächle freundlich stets die süße Pflicht, Euch zu vergnügen von der Bühne Höhen, Die Mängel decke liebend Eure Güte, Dann webt die Kunst im heiteren Gemüthe, Und reihender wird jegliche Gestalt, Die sich auf reiner Spiegelfläche mahlt! Epilog. Bep einer dramatischen Vorstellung durch Kunstfreunde zu Klagenfurt, zum Vortheile einer abgebrannten Nachbarstadt. ^l)ie freudig steh' ich in der Edeln Mitte, Die freundlich sich zu schönem Zweck versammelt! Wohin ich schaue, überall begegnet Ein frohes Auge meinem frohen Auge, Des Wohlthuns Genius schwebet durch das Haus, Und sanfte Rührung füllet jede Brust. Des schönen Mitleids zarte Regung hat Des Spielers, wie des Hörers Geist ergriffen, Und was. der Kunst, der bildenden, gemangelt, Hat liebend euer schöner Sinn ersetzt; Wir stehen hier, nicht Künstler und nicht Seher, Der schöne Zweck, er bringt uns traulich näher. — 173 — L, wohl uns allen, wenn es uns gelang, Für eure milde Liebe diesen Abend In euren Herzen sinnig zu verschönen! D, nehmt ihn gütig auf den Blüthenkranz, Den wir zur Gegengabe Euch gereicht; Denn Euch, wie uns, beweget die Empfindung, Die, wie des Stromes glanzend Silbcrband, Um Stadt und Land, um Herz und Sinn sich wand. In unserm Leben rauscht kein Tag vorüber, Den nicht die Zeit auf ihre Blatter schriebe; Nicht große Lhaten bloß sind ausgezeichnet, Nicht das nur, was die Nachwelt mag bestaunen; Das Gute, ja das Beste, keimt im Stillen, Es wird von guten Menschen still vollendet, Doch beiter blüht es vor der Gottheit Auge, Und auf der Zeiten eh'rner Tafel steht Der Edelthaten reine Zahl verewigt. Auch dieser Tag wird jene Zahl erhöhen, Und glanzend in dem Buch der Zeiten stehen. Das freundliche Geschenk des frommen Sinnes Wird stets gewogen von der Hand der Liebe Und Dankbarkeit, die seinen Werth bestimmt; Des Armen Freude wandelt alle Gaben In reines Gold; was guter Wille spendet, 174 — Darf sich mit jedem Köstlichen vergleichen, Das uns die bexdcn Indien gesendet. D, könntet ihr den Dank der Brüder hören, Die ihr gelabt, die ihr mit treuer Liebe Getröstet in des Elends wüster Tiefe, Ihr fandet dann den schönsten Lohn des Guten In dem Vereine, den das Unglück schafft. Des Elementes unbezahmter Funke Verzehrte, was der rege Geist erbaut, Und Menschenwerk verstob durch Flammenwuth; Doch wieder bauet, was dahingesunkcn, Die milde Liebe aus den Trümmern auf: Der Funke, der,in Menschenherzen waltet, Muß wiedergeben seines Bruders Raub, Durch Elemente wird die Welt gestaltet, Und Gärten blühen auf der Lava Staub. t 175 Der Landmann im Theater. HIonira mixta uu^iz. ^ch kam aus meiner öden Stille Das crstemahl zur großen Stadt, Wo in dem tobenden Gcwühle Der Thor so manches Spielzeug hat, Wo unter tausend Gaukelepen Die Langeweile schwerer drückt, Und statt des Daseyns sich zu freuen Der Müssiggänger schläfrig nickt. Zwar fand auch dort die Weisheit Tempel, Zwar reifet dort der Künste Frucht, Doch trägt so vieles auch den Stempel Der affengleichen Autorsucht; — Und kurz gesagt! es gleicht das Ganze Dem schönsten bunten Quodlibet, Wo unter einem.Blumenkränze Sich auch die Distelkrone bläht. 176 An einem Pfeiler aufgekleckset, Rief eine Schrill der Neubegier, Und jeder Stadter, wie behexet, Stand wohl ein Diertelstündchen hier; Da ward gelesen, buchstabiret, Das Avertissement besch'n, Und erst, nachdem man lang glossiret, Sich angeschickt zym Weitetgeh'n. Ich eilte hin, und las den Dogen ; Man kündigte Spektakel an, Und — von der Neuheit Reitz betrogen, Wünscht' ich den Abend schon heran. Er kam,—ich gieng zum Schauspielhause, Doch traf ich kaum ein Plätzchen leer, Und bald erscholl ein Windgesaufe Zm dichten Dunkel ringsumher. Ich glaubte mich, erschreckt und schüchtern, Umringt von einer Wespenschaar, Doch sah ich dann bep kargen Lichtern, Daß dieß ein Heer von Stutzern war; Sie kicherten Matrvsenspaßchen, Und meistens plagte sic der Staar, Denn auf den hochgerümpften Naschen Stack, mächtig groß, ein Drillenpaar. — 177 Ich sah von meinem Winkelsitze Dem seltnen Wirrwar lächelnd zu, Und labte mich am Spinnen - Witze Der Männchen all' en Lacsäou, Bis mich aus meinen Phantasieen Das lärmende Orchester zog, Und nach drep alten Symphonieen Der Vorhang in die Höhe flog. Ein Mensch erschien mit Hahncnschritten, Er blies sich beyde Backen voll, Und unter seinen schweren Tritten Erknarrt die Bühne des Apoll, Er stellt sich steif an eine Stelle, Kein Zug , kein Antrieb bringt ihn fort, Nur aus der hohlgestimmten Kehle Entdonnert ein Commandowort. Ihm folgen zwey belebte Klötze, Und bleiben eingewurzelt steh'n, Es war in ihrem Kunstgesetze, Die Köpfchen ja nicht zu verdreh'«, Ein halber Laut ist ihre Sprache, Mit Knixen trollen sie sich weg, Und eine halbzerfetzte Wache Begleitet unfern Scanderbeg. 12 — 178 — Ich wandte mich nun sehr verlegen, Und fragte meinen Nebenmann: „Wer ist der Vursch mit Stock und Degen, „Der so gewaltig fluchen kann? „Ich bitte Sie doch unterthänig! „Ich bin kein Mann, der dich versteht." Er sprach „Mein Freund! das war der Körrig „Mit seiner Generalität!" Nach kurzen Zwischenpausen kamen In langgeschleiftem Geistcrtrab Zwey ganz in Lieb' versunk'ne Damen Die Treppengallerie herab; Des Goldes abgeprallte Strahlen Verblendeten mein Angesicht, Ich sah vor lauter Glanzmetallen Dey meiner Treu! die Damen nicht. Sie zwitscherten ein langes Thema Von Liebesschmerz und Seligkeit, Entvölkerten das ganze Schema Der greisen Staats - und Heldenzeit, Da war kein Fürst, kein Held, kein Weiser, Der ibrem Cicisbeo glich, Sie krächzten odemlos und heiser Am Lobe ihres Prinzen sich. — 129 — Die Junge war voll trockner Possen, Und schnatterte unsäglich viel, Die Alte aber, ganz verdrossen, Verhielt sich immer mäuschenstill; Da wurde denn die erste böse, Und zankte sie gewaltig aus; Mir wurde bep dem Weibsgetöse Schon alles wirblicht, gelb und krautz. Zum Glücke trat ein junges Manchen Durch eine Seilenwand herein, Nun mußte unser tolles Gretchen Der Hexe gleich gehorsam sepn; Die bepden küßten jetzt die Hands Des Mädchens, ehrfurchtsvoll und stumm, Und, wie der Blitz, »n- Wände Entlief das Weibergremium. Ich fragte wieder, und erstaunte, Denn ich erfuhr so mancherlei,: Daß jene alte Mißgelaunte Die liebliche Prinzessin» sey; Die zweyte war die Kammerzofe, Die ich für ihre Schwester hielt, Denn in dem reichen Putz und Stoffe War sie fürwahr ihr Ebenbild. t 12 * — i8o — Das Mädchen, das nach meiner Meinung Der Sache in die Quere kam, Und das ich wegen der Erscheinung Für eine junge Fepe nahm, Dieß war nun gar der Alten Mutter Und eine stolze Königin», Doch stack im Kleid und Unterfutter Nur eine kleine Bäuerinn. Nun dehnte sich das Fürstenzimmrr, Und ward zu einem Felsenthal, Doch standen an den Baumen immer Noch Stuhl und Tisch vom Marmorsaal, Bis endlich vier Lakeyen kamen, Und aus der wilden Müsteney Die schön versierten tm-l-rn nahmen, Damit die Täuschung größer sep. Es donnerte von nah und ferne, Es blitzte Kolophonium, Und doch erhellten tausend Sterne Das regnerische Tbal ringsum; Ein Bauernmädchen stürzt im Wetter Lautschreyend in das nasse Gras, Doch schützten wahrlich sie die Götter, Denn nicht ein Fädchen würd' ihr naß. ic-i Frisirt, garnirt mit Vrüßlerspitzen, Gierig sie heraus, um Gras zu mah'n, Ein Atlaß - Hütchen soll sie schützen , Wenn Sturm und Hagelschauer weh'n, Der Seidenrock mit leichten Falten Verräth, wie sich der Fuß bewegt, Des Lüsens wankende Gestalten Sind sichtbarlich zur Schau gelegt. Sic seufzet daß sich Gott erbarme, Liebäugelt aber nebenher Mit einem Favoritenschwarme Im Logencircus und Parterr'; Ihr Schmerz ist nimmer zu ertragen, Das Schnupftuch zeigt mit echter Kraft Den Ausbruch ihrer süßen Klagen, Den Ausdruck jeder Leidenschaft. Nun führte durch die Felsenmassen Ein altes Weib, mit Schmuck behängt, Mit koquettirenden Grimassen, In eine Schnürbrust eingeengt, Ein Herrchen mit zerzausten Haaren Und einem kurzen Stutzerkl id, Durch alle hölzernen Gefahren In die gewählte Einsamkeit. ,82 Das Weib macht' ich nach meinem Wahne Zur Edelfrau der Wallachey, Und forschte bey dem Stuhlgespanne Nach dieser hübschen Mummerey; Ich Hörte nun, die Maske wäre Ein armes deutsches Bauernweib, Und, guogä csulsm ihrer Ehre, Erschien Madam mit schlankem Leib. Der schöne Herr erhob die Stimme, Und klatschte viel von Lieb und Ruhm, Er focht in seinem barschen Grimme Mit Tannen, Weib und Publikum; Fast immer war er in Ekstase, Und seine kleine Faust geballt, So schrie nicht meine alte Baase, Wenn sie mich armen Jungen schalt. Den Fechter wähnt' ich doch zu kennen Nach meinem schlichten Weltverstand, Er sey nach seines Spieles Szenen Ein irrender Komödiant; Ach! da erklärt mit leisen Reden Mein Traumausleger - Compagnon: Er sey der Feldherr von den Schweden, Und der Prinzeffinn Seladon.^ ,83 Es schlug bald stiller und bald lauter Ein Echo schneidend an mein Ohr, Und ein verzweifeltes Geplauder Drang gleichsam aus der Erd' empor; In einem engen Loche hockte Ein Menschlein unter'm Bretterdach, Das, wenn der Redner ängstlich stockte, Sogleich sein Zauberwbrtlcin sprach. Ich wußte nicht, was dieß bedeute Und zürnte bas des Schwätzers schon; „Der Mensch verwirrt ja nur die Leute „Mit seiner Proklamation!" So dacht' ich, als mein Freund entdeckte, Dieß sep der Künstler Weischeitsgeist, ' Der ihre Seclenkrafte weckte, Und der sie geh'n und kommen heißt. O weh! wie mußt'ich jetzt mich schämen? Mein erster Angstgedanke war, Nur möglich schnell Reißaus zu nehmen Aus dieser geistigen Gefahr; Ich eilte weg von meinem Sitze, Den Gang hinab, das Thor hinaus , Und kam in einer Fieberhitze Von nstinem Ungemach nach Haus. ,84 Noch gleiteten vor meinen Sinnen Die lächerlichen Wesen hin, Die Feldherrn und die Königinnen , Die Mutter und die Bauerinn. D Kunst! wie hoch bist du gestiegen! Du hast den höchsten Grad erreicht, Weil nun der Seher vor Vergnügen Verwirrt und gähnend heimwärts schleicht! Die Pracht, die Täuschung auf der Bühne Ist unbeschreiblich hehr und groß, Das Ungenirte, Freye, Kühne Stößt allgewaltig auf uns los! Wir fühlen nimmer, was wir hören, Wir wissen nimmer, was wir seh'n; Drum sang ich auch, um euch zu ehren, Dieß Liedchen, so erbaulich schön! Anmerkungen. Zum zweyten Theile der Gedichte, — i"7 — SL. Hemma. Eine Legende aus Kärntens Vor welk. Treu nach der Geschichte bearbeitet. — Man sehe Megiser's Ehronik von Kärnten, Theil l., Seite 737 u. f. — Seite 8. — „Und sollte nach wippach sie bringen." Auch Wipp ach in Kram war ein Allodialbe- sitz Hemma' s, wo sie während der unglücklichen Ka¬ tastrophe des Mordes ihrer Söhne weilte. Seite g.—„Der Sprossen des freund¬ lichen Lebens." — Wilhelm, Graf von Zeltschach und Friesach, hatte mit seiner Gemahlinn Hemma zwey Söhne von 16 bis 17 Jahren: Wilhelm und Hartwig. Seite ro.— „Im Werke zu Zeltschach, wo güldenes Erz." Die Friesacher Grafen hatten zu Z eltschach, auch bey Hüttenberg, Goldbergwerkc, in welchen über 700 Änappen arbeiteten/ Seite 12. — „Ihm folgte Herr Mein¬ hard von Burg Maletpn." — Ma le t pn oder M a le n t ei n , ein Schwager des Zeltschacher Grafen. — Er hatte Kunigun¬ den, H e m m a' s Schwester, zur Ehe; bepde Grä- — »88 sinnen gelten für Töchter Marquard's, Herzogs zu Kärnten. — Freyherr von Hormayr und der .Benediktiner Eichhorn haben späterhin über Hem¬ ma' s Genealogie ein helleres Licht verbreitet. — Seite i2.—„B ey einem Bankett', das der Ritterverein Zu Friesach am Markte gegeben." Marquard hatte alle Edeln wider die Mörder aufbietcn lassen. Vorzüglich werden unter den Feh¬ degenossen der Kollnitzer und Rembert von Di e trich st e in genannt. Das Blutbankctt ist um¬ ständlich wahr. Seite 12. — „D ie Rache verheeret das eigene Land, Und machet die Fluren zur Wüste." Die Gegend um Friesach, Zeltschach, Althofen und Hüttenberg wurde damals fürch¬ terlich verwüstet. Seite iz.— „Schon blinken dieThürme, schon leuchtet das Mahl Von Ferlach und Glernach im rökh- lichen Strahl." Mahlzeichen, Granzsaule des Gebiethes, w-ar vor Alters unverletzlich und heilig; man pflegte dasselbe meistens mit auffallenden Zeichen zu schmücken, um es sogleich bemerkbar zu machen, und so jeden Eingriff in den Burgfrieden abzuhalten. Seite 16. —„Befiehlt auf den sandigen Schichten Die Fromme ein Kreuz zu errichten." — »6g -- Noch sicht das Kreuz am hohen Fels, und noch erzählen die Landleute sich den wunderbaren Traum. Seite 17. —-„Ein prächtiges Münster gegründet." Das Benediktiner - Nonnenstift Gurk hat Hem¬ ma zur Gründerinn. Cs wurde im Fabre > 04s er¬ bauet, und erst im Fahre 1071, nach Erlöschung des Disthums von Maria Sal, wurde hier der Sitz eines neuen Bisthums durch Gebhard, Erzbischof von Salzburg, bestimmt. Seite 17. — „Und Greb ersberg's Mar¬ morgesteine Umschließen des Stifters Gebeine." Grebersberg, oder St. Laurentiuskirche zu Grabern, wurde von Wilhelm, Grafen zu Z e lt s chach, im Fahre io5Z gegründet, und er liegt dort begraben. Seite 17. —„Die Asche der Heiligen ruhet nun dort." St. Hemma ruhet in Gurk, und der Wun¬ derglaube zieht noch immer eine Menge Wallfahrer zu ihrer Gruft. — Igo — Die Grotte bey Adelsberg in Krain. Seite So. — „Da öffnet sich in einem Wiesenthale Mit weitem Gähnen eine schwarze Kluft." Eine kleine Viertelstunde vom Flecken Adels¬ berg erhebt sich eine kahle .Bergkuppe, deren Öff¬ nung den Eingang in das unterirdische Gefilde dar¬ bietet; fedoch scheint die Höhle weit unter diesem Ber¬ ge fort zu reichen, und sich auch unter die benachbar¬ ten Felshöhen hinaus zu dehnen. Seite So. — „D er Strom zerschlägt sich an der Kiesel schale." Der Waldbach, die Poigk, welche hier sich unter die Erde stürzt, und bep Planina wieder her- vorsirömt. Sie ist hier 3 — 4 Klafter, tief, und 6— 7 Klafter breit, und mächtig; scheint aber im Innern des Berges viel in Seen zu verlieren, weil sie viel schwächer wieder aus der Grotte Meßt. Seite So. — „Und alternd scheinen die¬ se Schieferflächen." Sehr lockerer Kalkschiefer ist die Decke des Gebirges. Seite So. — „W o si ch e n t hüll t d e r M ut- ter Werke zeigen." Der Eingang ist geräumig, aber durch die Hohe, durch die Verwitterungen, und durch das Brausen des Stromes sehr schauerlich. — X191 Seite So.,— „Und finster, immer feste¬ ster er verschmelzen Die Schatten sich, die sich entgegen w ä lzen." Der Fluß begleitet den Wanderer eine große Strecke im Innern der Grotte, sein Lauf ist furcht¬ bar , und nur mit Gewalt drangt er sich durch die seit Jahrhunderten ausgewaschenen Rinnen. Wenn der Tropfstein sich ihm einst vordämmen sollte, würde die Gegend zum weiten See werden müssen. Seite 5i. — „So dehnt es sich hinein in leisen Krümmen." Man wandelt gemächlich aufwärts bis zur sogenannten Brücke, ungefähr So Klafter weit; über¬ all begegnen dem neugierigen Bliche seltsame Formen , und die Feder würde vergebens ein Ganzes davon zu entwerfen versuchen , weil sich jährlich, ja täglich, diese Gestaltungen verändern. Seite 5i. — „Hier zeigt sich ein Altar den sch e ne n B li cken." Gleich vor der Brücke rechts in einer Sei¬ tengrotte hat sich diese Kapelle aus graulichen Stalak¬ titen gebildet; der Altar ist jetzt aber eingebrochcn, weil die Geldsucht der umherwohncndcn Siedler man ches schöne Stück zerschlug , um dem neugierigen Salti- ler ein Trinkgeld abzulocken. Seite S,. — „D a spannet sich im kolos¬ salen Bogen Die Brücke leicht hinüber zum Ge¬ sta d." Die Brücke ruht über einem ,4 — 18 Klaf¬ ter tiefen Abstürze frcp auf einem einzigen Bogen; — IZ2 hier theiltsich der Weg; links gelangt man in die tiefere große Halle, oder in das Labyrinth, worüber sich eine ungeheure, silberblitzen.de Decke wölbt; rechts gebt man zum sogenannten Altane höher aufwärts. Alles besteht aus Stalaktitenmassen. Seite Si.— „Undimmer enger wirdder schmale Pfad." Hier bedarf man der Leiter sehr, und vor¬ züglich tiefer links, n o ein schrccklicherAbgrund neben dem fußbreiten Pfade thurmhoch abschießt. Seite 52. — „Der Fackelstrahl durch¬ blitzt dasSteinge stricke." Wenn man auf diesem Standpunkte links in die erstbenannte Halle hinabsieht, so strahlen dem Auge überall io— >5 auch aci Klafter hvheTropsstein- faulen entgegen; die Colonnade endigt sich in einige schmale Dffnunqen zu kleinern Grotten, und am oben beschriebenen Abgrunde. Seite Sa. — „Die Stimme donner! nie¬ der durch die Massen." Das Echo ist hier vielfach und furchtbar; die Wellen des Schalles kehren aus hundert Winkeln wieder verstärkt zurück. Seite Sa. — „Der Kiesel rollt verhal¬ lend in die Tiefen." Der ofterwahnke Abgrund. Man vernimmt hier den Auffall eines hinabaeworfenen Steines nicht, noch einen Wellenschlag. Ein Beweis der gräßlichen Tieft. Die Klippe wird von Eulen und Fledermäu¬ sen bewohnt. — ig3 — Seite 62. — „Und sein Geripp, vom Träuselsioff durchdrungen, Hält flehend noch den kalten Tod umschlunge n." In einer kleinern Abthcilung dieses Labyrinthes, ganz unten im Grunde, hat man viele Menschenkno- rhen aufgesunden, und noch überdieß ein ganzes kal- cinirtes Skelett, das sich wie hülseheischend mit der Hand um eine Säule schlingt, und von einem einge- gangencn Steinbruche niedergedrückt scheint. Das Ganze ist mit einer Tropfstein - Kruste überzogen, aber sonst ziemlich wohl erhalten. Seite 62. — „In Blumen hier, und dort in rolher Frucht." Die schönsten Formen zeigen sich hier in silber¬ gleichen, wie Blüthen gestalteten, Krystallen, theils in Trauben, theils in (vcrmuthlich durch Dcker gefärb¬ ten) Klumpen, wie Blumenkohl und Blätterrosen. Seite 63. — ,,Zum Körper wird d a s A uf- gelößte wieder." Der chemische Prozeß der Natur, in ewiger Auf¬ lösung und Umstaltung. Seite 63. — „Und in dem Festen zeigt sich der Gehalt." Der Ursprung aller Metalle, nach den Grund¬ sätzen der berühmtesten Gelehrten. Seite 53.— „Wie sich das Blut, das in den Adern steiget, Im losen Wechselspiel der Thate» zeige t." iS >94 — Materialismus in seiner reinsten Anschauung. Man verschmelze Mirabeau mit Villaume, und Kant mit Mendelssohn; die Resultate großer Erfahrungen bleiben dieselben. Seite 63.— „Und aufwärts drehet sich der steile Gang." Vom Absturze herauf windet sich ein sehr gefahr¬ voller Pfad über Klippensiürze und Leitern, bis man wieder zur Brücke gelangt, welche eigentlich den Ccn- tralpunkt dieser Ansichten giebt. Seite53. —„U n d aus denHvhlen scheint es sich zu regen, Und die Gebilde dräuend zu bewe¬ gen." Die Täuschung wird bei der Anstrengung aller Augenfibern in dem zitternden Lichtkreise der Fackeln so leicht, und ich habe sie selbst wahigcnommen. Seite 53. — „Ist hier der Thron der finstern Fa-belgötter?" Links an dem Wege bergan hangt dieser Balda¬ chin wie schwebend in der weilen Bergzeche. Die Far¬ be ist hell silberweiß, und die feinsten Zacken bilden die Fransen des Thronhimmels. Dieses Gewebe von Master - Kristallen ist über alle Beschreibung schön. Stile 5/„ — „Und hier, und dort auf Hangender Altane." Gerade von der Brücke hinan ist eine Altane, oder ein Vorsprung von Stalaktit, sehr schön gele¬ gen ; rund umher grinsen allerley Larven und Zerr¬ bilder aus dem Dunkel. Hier ist das Gewölbe sehr hoch. ig5 — Seite 54-— „Verfolgend die Natur auf ihrer Bahne, Schaut er nur schwindelnd ihrem Fluge nach." Wer denkt an Bode's Weltsysteme in der Milch¬ sti affe, und schwindelt nicht? Wer sah den Vesuv, und ward nicht ergriffen ? Seite 54.—„Und atzet selbst in diesen Schauergründen Den unbekannten Namen in den S tei n." An diesem Platze finden sich, wie in der, einige Stunden entfernten, Magdalenen - Grotte, sehr viele Namen cingegraben. Aus vielen» zum Theile mit Rothsifft gezeichneten, Inschriften mögen folgende hier einen Platz finden: ,2,3. 6 -f k t. i323. Kircheimcr. iL > 2. Michael Hauser. (Zunächst bey dem, oben erwähnten, Skelette in der Tiefe.) ,5i 6. Philipp Wenger. Gnad dir Gott. iS34. Kircheimer. 1678. Der mit Herrn Joseph Holla. Gnad dir Golt. ,S8e>. Franz Anton Herzog zu Cromau und Fürst zu Eggenperg. 1606. ö. ?. 164«. Herr Jacob Rauwer. 16/,2. Johann Melchior Ott. 1648. Marco Zernich, Pildhauer,deni2. 6 e n a l 0. -Stephanus Kanzianer. -Johann Paul Sarcher, den 6. Jun y. -Franz Himer, Lisch le r g e seil aus Bayern. — ig6 — Seite 5^. — „W ohl schimmert dort ein Name auf den Steinen, Der nie verlischt,wenn auch derBerg zerbrich t." Mitten unter diesen und andern Namen steht an der Wand, gleich neben der Brücke, auch jener Franz I., unseres geliebten Monarchen, welcher diese Grotte am 17. Mai 1816 besuchte; nahe an seiner Inschrift hat sichL 0 uise, seine Tochter, eingegrabcn. Seite 55. — „Nicht weiter, Pilger! wandle dort nicht weiter." Die Grotte hat noch verschiedene, doch schwer zu betretende, Seitenkammern und vermukhliche Ausgänge. Eine derselben lauft wohl eine Viertelstunde seitwärts der Brücke weg, und eine andere Dffnung ist rechts über dem Wasser gegen die alte Veste Adelsberg zu, kann aber der starken Verschlemmungen wegen nicht befahren werden. Adelsberg war einst der Hauptsitz einer eigenen Grafschaft, die späterhin den Fürsten von Eggenberg eigen war , jetzt aber kameralisch ist. Seite 55. —> „Zertrümmert liegt das schirmende Gelände." Auf Unkosten des Ärariums sind fast überall sichernde Treppen und Stützen angebracht worden, und man kann bis zu einigen Stellen ohne Furcht dahin wandeln; nur ganz in der Höhe gähnt den Achtlosen eine schreckliche Tiefe an, die noch ungesi¬ chert ist. Seite 55.— „Dort haucht es uns entge¬ gen sanft und lau." Die Temperatur in der Höhle ist zwar nicht sehr kalt, doch drückt die Moderluft sehr auf die Brust, weil kein Zug der Winde den Oualm der Fackeln, den Dust der Leichen u. s. w. mit hinweg nimmt. 'S7 Seite SS. — „D ort will i ch mich an Le» bensblülhen stärken." Unaussprechlich erquickend ist an einem heitern Abende der Austritt aus der dumpfen Höhle in die srepe reine Gottesluft, und das entwöhnte Licht malt jeden Gegenstand mit warmen himmlischen Reizen. Seite S6. — „V on Ahnungen wird jede Lust zerrissen, Die Anfangs noch den stolzen Busen schwell t." Eine seltsame Erscheinung für den Psychologen, doch wahr! Wir wagen oft, was wir hernach als Unmöglichkeit belachen, oder als Großthat bestaunen. Seite 56.— „Das Ungewisse, das die Wünsche hassen. Ich ha b' es fröhlich hinter mir gclas- s e n." Schon Plato gesteht, daß die pcinigendste Em¬ pfindung Ungewißheit sey. Selbst das schauerlichste Dunkel solcher Grotten reizt die Seele nur für den ersten Augenblick; aber alle Pracht ihrer ungeheuren Marmorsale, alle Wunder ihrer Liefen, vermögen nicht die nach Licht strebende Psyche zurück zu halten. Das Ungewisse kann das Erkenntnißvermögen nicht befrie¬ digen , weil die Phantasie stets die Vollendung hinzu¬ setzen muß, um ein Ganzes sich darzustellen, und dadurch ermüdet. Seite 56. — „Der zarte Proteus aus schwarzen Seen." Der k>rotei» suZumi», ein Eidexen ähnliches Amphibien, wird zwar bis nun allein in derMagda- lcnenhöhle gefunden ; allein wahrscheinlich lebt er auch IZZ hier in den unterirdischen Sümpfen, welche wie die Wasserwerke eines Getriebes mit einander in Verbin¬ dung stehen. Er ist von schönem Jncarnate, hat pur- purrothe Flossen und fingerähnliche Füßchen, sein Wau ist sehr zart und durchsichtig; doch verliert er in der Gefangenschaft seine Helle Farbe, und wird blei¬ cher. Das Auge ist fast unbemerkbar , und sein Laut ein leises Gezische. Er ist äußerst selten, und fast nur hier zu Hause. Seite 56. — „Denn Schmerz ist ihm der Horen Rosentanz." Er flieht das'Licht, und scheint sehr zu leiden, stirbt auch wohl, wenn man ihn demselben ausseßet. Seite 56. — „Und stumm verfließt sein wonneloses Leben." Man hat ihn, ungeachtet man mehrere L-okei in mehrjähriger Hast beobachtete, nie lebhaft gesehen, noch eine Wegattung gewahrt. Seite 67. — „Ich werde seyn in ew'ger Stufen reihe, Und höher steigen nach der Todes¬ weih e." Pythagoras' Lehre und jene der Palinge- nesie der Brahmanen, scheinen die Grundlage man¬ cher philosophischen Systeme zu seyn. Große Geister begegnen sich, und der Eingang der Zend a Vesta gleicht dem Logos der Griechen. o