*6. d 4S~£ BRAUMULLER'S BADE-BIBLIOTHEK Nr. 26. .QUELLENSTUDIEN.“ ALTE UND NEUE CDLTURBILDER VON OESTERREICHS ALPENBÄDERN ÜND ALPENSEEN. VON P. y. RADICS. WIEN, 1881. WILHELM BRAU MÜLLER K. K. HOF- UND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER. Balneologische Werke aus dom Verlage von Wilhelm Braumttller, k. k. Hof- und Universitälslmcliliändlcr in Wien. Iliirdtl, l)r. Aug. Freiherr von, Badearzt zu Bad Gastein. Die Heilquellen und Curorte des österreichischen Kaiser-staatos und Ober-Italiens. Mit einem Vorworte von den Vorständen des balneologisclien Comites, Hofrath Professor Dr. Job. Oppolzer und Hofrath Professor Dr. C. L. Sigmund Ritter von Ilanor. Nach amtlichen Mittheilungen, gr. 8. 1862. ___________________________________6 fl. — 12 M. Heilquellen und Curorte Mittel-Europa’s. Wegweiser zu den bekannteren Quellen und Curorten nebst Angabe ihrer Höhenlage, sowie der Temperatur und des Charakters der Quellen. (Rade-Bibliothek Nr. 100.) Mit einer Karte der Heilquellen und Curorte in Farbendruck. 8. 1881. 80 Jcr. — 1 AI. HO Hirscllfeld, Dl*. J. Des eaux minerales los plus fre-quenteos de la Hongrio. (Rade-Bibliothek Nr. 72.) 8. 1876. 1 //. 20 Jcr. — 2 Al. 40 Pf. Jahrbuch für Balneologie, Hydrologio und Klimatologie, herausgegeben von Dr. E. II. Kisch, Medio,inalrath, Docent an der Prager Universität und Brunnenarzt in Marienbad. I.—VI. Jahrg., 1871 —1876 ä 2 Bde. gr. 8. 1871 —1877. 22 fl. — 44 AI. ------VII.—X. Jahrgang, 1877—1880 (ii 1 Band), gr. 8. 1878—1881. h 2 fl. — 4 AI. Herabgesetzter Preis für den I. — VI. Jahrg. (12 Rde.) 10/Z. — 20 AI. für einzelne dieser Bände 1 fl. — 2 AI. Ivfllldi, Dr. A., Badearzt in Gleichenberg. Ueber Curorte und Curmittel im Allgemeinen und spcciell über Gleichenberg. Balneologische Skizzen. (Bade-Bibliothek Nr. 08.) 8. 1880._______________________,___________________1 fl. — 2 AI. Kisch, Dr. E. Hcinr., Medicinalrath, Docent an der k. k. Universität in Prag. Handbuch der allgemeinen und speeiellen Balneotherapie. Zweite mit einem allgemeinen Theile vermehrte Auflage. Nebst einer Karte der Heilquellen und Curorte Mittel-Europa’s. gr. 8. 1875. 6 fl. — 12 AI. — — Die Heilquellen und Curorte Böhmon’s in historischer, topographischer, physikalisch-chemischer und medicinischer Hinsicht. Unter Mitwirkung von Fachmännern geschildert. (Bade-Bibliothek Nr. 03.) Mit einer Karte. 8. 1879. 2 fl. 50 kr. —5 AI. „QUELLENSTUDIEN.1 ALTE ÜND NEUE CULTDRBILDER VON OESTERREICHS ALPENBÄDERN ÜND ALPENSEEN. P. v. RADICS. (liraumiiller'H llaric-lithliotluik Nr. *2G.) WIEN, 1881. W I L II E L M 15 It A ü M Ü L L E 11 K. K. HOF- UND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER. £ W VORWORT. Quellenstudien! Warum ich dies Buch so nenne? Zum Ersten sind es „Studien“, die ich ab und zu am Ursprünge der und jener der so zahlreichen heilkräftigen und lustbringenden „Quellen“ in don herrlichen Alpenlanden unseres schönen Oesterreich anstellen konnte; zum Zweiten sind es „Studien“, die ich aus da und dort aufgelesenen geschriebenen und gedruckten alten Geschichtsquellen geschöpft habe, eben auch — über die vielberühm-ten österreichischen Alpenbäder und Alpenseen! So erklärt sich der doppeldeutige Titel dieser Schrift; ich hoffe, er hält, was er verspricht. Und es ist in der That ein doppelter Reiz der lustig sprudelnden Quelle, in der — sei ihre Natur nun heiss oder kalt — unser kranker Leib gesundet, an der unsere müden Glieder sich erfrischt und gestärkt, auch in den vergilbten und verschollenen Quellen der Archive und Bibliotheken nachzuforschen und zu erfahren, seit wann sie von der menschlichen Hand „erfasst“ und dem Wohle der Menschheit dienend gemacht ward, was sich Denkwürdiges in ihrem Bannkreise zugetragen, welch’ bedeutende Besucher ihr Ansehen gesteigert, was ältere Analytiker an „Bestandteilen“ in ihr nachgowiescn ü. s. w. u. s. w. Die überraschend reicho Erschliessung von Wasser-und Geschichts-„Quellcn“, wie sie die letzten Jahrzehnte in Oesterreich mit sich gebracht, cröffncte ein reiches Feld zu solcher Doppelforschung. Aber selbst die sogenannten alten Bäder Oesterreichs, sie wurden, was Weitläufigkeit betrifft, in un-sern Tagen neu erschlossen, und die bisher nur spärlich über sie bekannt gewesenen geschichtlichen Daten erscheinen heute, durch die liberalo Erschliessung öffentlicher und privater Sammlungen, in Zusammenhang gebracht und anschauliche Genrebilder bietend, von dom Leben und Treiben in diesen Bädern aus längstverklungenen— wie sagt man doch so gerne — aus „besseren Zeiten“. Nein! Die „besseren Zeiten“ auch dieser „alten Bäder“ sind doch erst jetzt, denn auch ihnen bringt die moderne, so sehr gesteigerte Lust am Badeleben um so Vieles reichlicher die Gästo als ehedem, auch zu ihnen gelangt man heute — Dank der rascheren und bequemeren Communication der Eisenbahnen — um so Vieles schneller und annehmlicher, als ehedem, auch sie vereinigen in den freskcngcschmückton, Ba-rocco und Roccoco athmenden Räumen ihrer Cur- und Prunksälo den ganzen Comfort der Neuzeit, auch sie knüpft der elektrische Draht an die „Welt“, und ihr Zeitungstisch verbindet sie mit der „Tafelrunde“ der „Ritter vom Geiste“. Also nicht nur die neuerschlossenen „neuen Quellen“, auch die neuerschlossenen „alten Bäder“, sie gehen uns heute Anlass zu den mannigfachsten „Studien“. Und solche „Quellenstudien“ — aus alter und neuer Zeit — will ich in diesem meinem Buche anoin-anderreihen und damit ein neues „Gelbbuch“ der bal-neologischen Grossmacht Br aumü 11er den vielen Tausend und Tausend Besuchern unserer romantischen Alpenhäder und Alpenseen in der „Badesaison ltjgl“ zur „verfassungsmässigen“ Behandlung vorlegen. Auf die entschiedene Majorität günstiger Leser und — wir haben ein Doppelparlament vor uns — noch günstigerem Leserinnen bauend und hoffend, rechnet auf die sofortige „Annahme in erster Lesung“ und ohne „Zuweisung an den — Ausschuss“ der berichterstattende Verfasser. Inhalt. Seite Vorwort. Einer Wienerin Bailefahrt 1573 .............................. 1 Der Bischof im Damenbad 1613 — 1627 ........................... 6 Der Gebrauch des „Badner Bad“ 1658 ........................... 16 Die Coniferen von Reichenau (Villa Wartholz)...................26 Heber den Semmering............................................33 Oesterreichs Alpenbäder und Alpenseen im Liede.................42 Nach Graz „anno 1“.............................................59 Eine Princcss Liechtenstein als Medicinae Doctor 1697 • • • 70 Alte Geschichten aus Tobelbad..................................77 „Hochlandsloreley“ — an den Kärntner Seen......................91 Eine alte Reclame für Bad Leonhard in Kärnten 1649 • • ■ • 99 Die Cottage Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin in Ischl 107 „Rohitscher“, Füllung: 1685 ................................. 115 Ein alpiner Gruss von Bad Neuhaus 1878 ...................... 131 Grillparzer in Römerbad.......................................127 „Occupirte“ Bäder.............................................148 Badeleben der Pfahlbauern.....................................165 Medicinalia im Laibacher „Fürstenhof“.........................161 Karstbäder....................................................174 Das Seebad Veldes in Oberkrain................................182 „Fliegende Brathühner“........................................195 „Zur Nachcur“ — nach Tirol....................................202 Einer Wienerin Badefahrt 1573. Das Baden liebte der Wiener von jeher, mehr noch die — Wienerin. AYie schon zu Römerzeiten, gab es auch im Mittel-alter zahlreiche „Badestuben“ in Vindobona = Wien. Der Luxus des 16. Jahrhunderts, was Badefahrten von Wien aus belangt, tritt uns aber mit aller Drastik der Schilderung in dem Gedichte des ehrsamen Seilermeisters Hans Weitenfelder entgegen, der 1573 seinen „schönen Lobspruch und Ileiratsabend zu Wien — — gebreuchig“ dichtete und darin die Wienerin von dazumal mit freilich grellen Farben abconterfeite. Das culturgeschichtlich hochinteressante Reimwerk, das sich als eine grosse Seltenheit im Besitze weiland des bekannten Bibliophilen Franz Haydinger — Gast-wirthes in Margarethen — befand, edirte der genannte Besitzer in 150 Exemplaren als Geschenk für Freunde, auf welche Weise denn auch ich in den Besitz eines solchen Exemplares gelangte, hatte doch mein unvergesslicher College, der für die Wissenschaft leider allzu früh geschiedene Julius Feifalik dazu die gelehrte Einleitung und den Apparat der Anmerkungen geliefert. Doch begleiten wir die Wienerin von 1573 auf ihrer „Badefahrt“. v. Ra dies, „Quellenstudien“. Sie hat es schon zu Haus in Wien gleich vom Hochzeitstag an mit dom „Siman“ (ihrem Ehegemahl) ausgemacht, dass sie zweimal in der Wochen baden könne, und zwar in einem Schwitzbad (römischen Bad). Unser Dichter = Seilormeister „singt“ diesbezüglich: Darnach wann sie die Hochzeit han Soll er vor gemelter Siman Gut acht haben vor allen Sachen All wochen ir zwey schweissbad machen, Vngfahrlich auff den Mitwoch eins Vnd auff den Sambstag auch ein kleins Oder ein Vollbad wie sie will Das er jr setz kein mass noch zil. Vnd wann sie sitzt inns Bad hinein Das Bie versehen sey mit Wein, Ein weissen oder rodt darfiir Oder ein Kandel mit Trigler Bier') Zu demselben thut auch noch not Ein wol gebäte Schnitten Brot Mit Saltz, Kümmel oder Aueiss Durchausz im Bad kein ander speysz. Vnd nach dem Bad soll sie sich laben All mal jr fertig Jausen haben: Ein Thona Höchteia), gebachne Strauben3) Oder will sie was anders klauben4). *) Bier aus Iglau in Mähren; dieses Bier war nicht nur von Alters her berühmt und ward weit verführt, sondern es zählte auch geradezu zu den besten Bieren von Deutschland, es galt als würdiges Geschenk für Fürsten und Kaiser. s) Einen Hecht aus der Donau. s) Eine noch heutzutage in Oesterreich beliebte Mehlspeise. 4) Kleinigkeiten, die man mit dem Finger auflesen kann (naschen). Zur abkülung ein guten Triet1) Bald sie auss bad, das vor jr steht Oder sunsten zwey frische Eyer Ein richtel2 3 4) Kreps, wann zeit da wer Gebacline Saluey ktlchlin8) darfür Damit das Nachtmal erwarten wir. So refraichesirte sich unsere Wienerin in Wien im Bade und nach dem Bade. Aber um wie Vieles mehr bekam sie mit in ihren beliebten Badeort, nach welchem sie der „Siman“ alljährlich musste ziehen lassen nach Mannersdorf bei Laxenburg oder nach Baden! Hören wir darüber wieder unsern biedern Hansen Weitenfelder. Er sagt: Wann sich aber begeh die stundt, Das von wollusts wegen vnd Gesund Gen Mänrsdorf'1) vnd Baden5 * *) wolt fahren, Da soll man auch kein Gelt nit sparen, *) Le tresinet, gebähte Semmeln mit Zucker und Gewürz überstreut und mit rotliem Wein übergossen; eine noch heute namentlich bei Reconvalescenten beliebte Speise. ’) Gericht. 3) Salbeikuchen (in der Art, wie heute der gebackene Holler). 4) Männersdorf, ein Flecken im Viertel unter dem Wiener- wald Niederösterreichs am Leithagebirge, drei Meilen von Wien gelegen, galt als leicht lösendes Bad und als besonders empfeh-lenswertli bei hysterischen Zuständen und Frauenkrankheiten (gründ- liche Beschreibung des Wildbads zu Mannersdorf von Philippo Flo-riano Prosky. Wien 1734). s) Eine Abbildung in Vischer’s Topographie von Niederösterreich (Wien 1672) zeigt uns das Innere des Herzogsbades zu Das sie hab ein verhonkten Wagen Man nutzt ihn auch zu den lcirchtagen Zu frewd vnd Hochzeit, zu Pancketen; Auch noch zum Wagen thut von nöten Zwey schoene gleiche gefärbte Ross Wies offt ein Herr hat auff seim Schlosz. Wann sie dann will gen Baden hinausz, Soll er (der Siman) betrachten fein zu Hausz Das sie mit nimpt vnd nicht darff warten Jr Bethgwandt vnd zwey dutzet Karten Sechs aimer Wein, vier aimer Bier Ein grosse Flasch mit Malvasier') Ein läogl* 2 *) Wibacher*), Rainfal4) darbey Hundert Pomrantzen, all Specerei Was sonst mer abgeht, schickt man nauss Siman soll auch mit baden drauss Ein Dirne di ihr drauss thut kochen Vnd aine zum ausschicken d Wochen Baden (ein Jahrhundert später als unsere Badefahrt), wo es allerdings ungenirt und primitiv genug zuging. ‘) War auch von Alters her in Oesterreich berühmt; Rasch in seinem Weinbuch sagt von ihm: Ein Malvasier der edelst wein Kundt stärker nit, noch besser sein Der gibt mit seiner eigenschafft Den gsunden freud, den kranken krafft. 2) Ein kleines Fässchen. *) Der Wein von Wippach (Ort in Innerkrain unweit Görz) schon im Mittelalter sehr beliebt: Valvasor nennt in der „Ehre des Herzogthums Krain“ den weissen Wippacher den „Kindermacher“; Rasch im Weinbuch sagt: Der Widpacher wird auch gepreist Der eim (einem) mit stärk ein Tuck beweist. 4) Weinsorte von Prossecco bei Triest — sehr süss. Auch soll ir zu gelassen weren Johannes Colman, hat sie geren Mann soll jhr auch nit setzen zil Wie lang sie bleyben vnd baden will. Wagen und Pferde also, viel Wein und Bier — unter den Weinen notabene die besten und kräftigsten — ihr eigenes feines Bett, alle möglichen Süssigkeiten und Gewürze, was man überhaupt unter dem Sammelnamen Specerei nur immer verstehen konnte und mochte, die goldigen Früchte des Südens aus „dem dunklen Laub die Goldorangen“, gleich ein ganzes Hundert, zwei Mägde, eine Köchin und ein Stubenmädchen zu den Botengängen; Spielkarten und — den Hausfreund (Johannes Colman hiess er in dem bestimmten Fall; so lernen wir einen Roud des 16. Jahrhunderts vom Wiener Pflaster, wenigstens dem Namen nach, kennen); — o Herz unserer Wienerin was konntest du noch mehr begehren ? Ja sogar kein Ziel durfte man dir stecken in deiner Badelust, du konntest in Mannersdorf oder Baden bleiben und baden, so lang du wolltest, jedenfalls bis die Kälte dich zurück trieb nach den Schweissbädern der Residenz. Und gutmüthig warst du auch, durfte ja doch neben Johannes Colman, den du „gern hattest“, sogar dein Siman mit draussen baden! Ob diesem nicht früher die Lust mag angewandelt haben, nach Wien zurückzukehren — Das verschweigt discret Der edle Seiler und Poet. Der Bischof im Damenbad. "Wie Wenige von den Tausend und aber Tausend Reisenden, die jeden Sommer auf der „länderverknüpfenden“ Schienenstrasse der Südbahn die Claudia Celeja der Römer, das Stammhaus der im Mittelalter so mächtigen Grafen von Cilli — eines der ältesten deutschen Dynastengeschlechte — das heute in industrieller Beziehung gewaltig aufstrebende Cilli passiron, wie Wenige von ihnen haben wohl dessen Kenntniss, welch’ reizende Erdenwinkel sich zu Seiten des lieblichen Städtchens — des Eldorado’s unseres gemütvollen J. G. Seidl1) — aufsuchen und finden lassen. So sehr bekannt und durchwandert das Obersteyr, so wenig im Verhältnisse besucht und gesucht war bis vor Kurzem noch Untersteyr und doch bietet auch dieses und namentlich in der Umgebung von Cilli an den Lehnen des Bachorngobirges und in den herrlichen Sann-und Sulzbachthälern eine Hülle und Fülle von Natur-schönheitcn und von Merkwürdigkeiten aus alten Zeiten. ') Vergl. verschiedene Stellen in J. G. Seidl’s gesammelten Werken. Wien, W. Braumüller. Entschieden der schönste Punkt aber, den wir nach kurzer Fahrt oder Wanderung von Cilli in die Berge hinein erreichen können, ist das Damonbad Neuhaus. An dem netten gelegenen Schlosse Weixelstätten und der alten, auf vorspringendem bewaldeten Berge thronenden Felsenburg Lemberg vorüber — heute Eigen des liebenswürdigen Dr. Langer aus. Cilli — erreichen wir das freundliche Schloss_NeuHJjus und dann durch ein liebliches, saftig grünendes, von Waldbergen begleitetes Thal durch den Ort Doberna und an dem stattlichen Anwesen des Bad-Neuhauser Rentmeisters Brauner vorbei und vorbei an der reizend am Waldessaum gelegenen Milchmariandl, vorbei an der tiefschattigen Promenade-Avenue der domartig gewölbten dichten Kastanienallee, die „Töplitz von Neuhaus“ selbst. Ringsum weidet sich das Auge an den Segnungen einer tüchtig betriebenen Landwirthschaft, wir sehen mit reichlichen Früchten prangende Felder, fette Wiesen und „goldig blinkt die Rebe“. Was Wunder, dass diese Stätte von den Frauen so gerne aufgesucht wird, seitdem sie mehr und mehr bekannt geworden, zudem die Nymphe von Neuhaus Gesundung bringt in schweren Leiden. Schon 1518 finden wir die Thermen von Neuhaus als von besonderer Wirkung genannt in Krankheiten, deren Grund die Lebensschwäche, dann bei Fieber- und Nervenleiden. Markte Hoheneck, dem malerisch Im 17. Jahrhundert war diese Töplitz (Warmbad) im besten Schwünge und wurde sie in dieser Zeit ganz vorzüglich von den Damen der steyrischen, krainischen und croatischen Aristokratie benutzt, aber auch Männer kamen als „raro nantos“ — wie heute — hioher, um hier Stärkung und Erholung zu suchen! So auch der Laibacher Bischof Thomas Chrön — der „Ketzerhammer Krams“, der wüthendste Gegner der „Lutherischen“, der eigenhändig einen evangelischen Prediger in der St. Elisabethkirche in Laibach von der Kanzel herabstiess, der protestantische Kirchen und Kapellen in Krain und Steiermark — sein District der „Gegenreformation“ erstreckte sich bis an die Drave bei Marburg — mit Pulver in die Luft sprengte, der in einer eisigen Decembernacht auf offenem Platze in Laibach ganze Ballen noch uneingebundener lutherischer Bibeln und Postillen verbrannte, Thomas Chrön, der mit den der „neuen Lohre“ ergebenen Cavalieron Krain’s in der Landtagsstube gar manchen harten Strauss bestehen musste und in der leidenschaftlichsten Weise zu debattiren pflegte, so dass einmal einer der „Herren und Landleute“, in höchste Wuth gerathend, das mit Türkenblut gefärbte Schwert von der Scheide riss und damit gegen den Bischof „losging“ ! War aber das Geschäft vorüber — so war dieser Bischof der leutseligste Mann der Gesellschaft, ein Causeur der vollendetsten Art. Am erzherzoglichen Hofe in Graz immer gerne gesehen — er war auch Statthalter von Innerösterreich durch einige Jahre — war er in freundschaftlichen Beziehungen zu den hohen Damen der Hauptstadt und ihr „Seelenarzt“! Und Tag für Tag zeichnete Chrön in seine Kalender, darunter mehrere von Kepler, die Ereignisse seines vielbewegten Lebens in lakonischer Kürze, doch nicht ohne die drastischesten Bemerkungen ein und diese Aufzeichnungen von des Bischofs eigener Hand — wie sie das Domcapitelarchiv in Laibach und das Nationalmuseum daselbst bewahrt — sie eröffnen uns einen vollen und klaren Einblick in Denken und Fühlen, in Thun und Lassen dieses Kirchenfürsten, der von 1599 bis 1G30 „auf dem bischöflichen Stuhle von Laibach sass“. Diese Aufzeichnungen Chrön’s, sie erzählen uns auch von seinen Tafelfreuden, von seinen Krankheiten und von seinen — Badereisen. Bald nach seiner Präconisirung verschrieb sich Bischof Thomas einen französischen „Kuchelbuben“ und begann opulente Diners und Soupers zu geben, bei denen Alles, was Gutes und Seltenes im Lande und in den benachbarten Seestädten Triest und Fiume zu haben war, auf seinem Menu stand. Bei der von ihm vorgenommenen Einweihung eines Triester Bischofs gab Chrön, wie der getreue Chronist Freiherr von Yalvasor schreibt, „ein verwunderliches Tractament, in dem er bei der anderen Richte (beim zweiten Gange), bei denen Confitüren allerlei Früchte des ganzen Jahres, so insgesammt frisch, aufsetzen lassen. Die Fürnehmsten, so zugegen waren, erstaunten und erhielten bittlich, dass sie nach Haus etliche Erdbeeren und Kirschen (es war August!) schicken dürften, damit auch ihre Weiber sich mit dieser Seltenheit belustigen mögten,“ Chrön war ein vollendeter Gourmand und setzte seine lucullischen Gastmahlo auch dann nicht aus, wenn der Zustand seines Körpers es erfordert hätte. Schon im Jahre 1613 begann er ernstlich zu kranken und seine Loibesschwachhoit, das beginnende Podagra und wiederholte Eieberanfälle nöthigten ihn, schon im April dieses ebengonannten Jahres die Thermen von Neuhaus aufzusuchen (IG 13, April 25, fuimus in Thonnis propo Neuhaus). Doch kaum aus dem Bade zurückgekehrt in seine im Sannthale gelegene Residenz Oberburg, verfiel er wieder in Fieberhitze. Dann kamen ein paar Jahre der Ruhe, d. h. dass seine Krankheit pausirte, aber es währt nicht lange und wir troffen ihn 1617 wieder im Bade, doch er verlässt es schon nach achttägigem Gebrauche, diesmal freilich wohl, um seinen Amtspflichten als Statthalter in Graz nachzugehen. Es muss ihm aber dieser Diensteifer übel bekommen haben, denn wir lesen gleich unterhalb der früheren Notiz die Bemerkung (lateinisch): „Der durchlauchtigste Erzherzog Ferdinand hat uns durch den Landeshauptmann von Krain, Herrn Johann Ulrich von Eggenberg, die Erlaubniss ertheilt, in’s Bad abzureisen.“ Also eine zweite Badecur im selben Jahre! Yom Jahre 1618 liegen nur sehr spärliche Notizen vom Privatleben des Bischofs vor, daher nicht behauptet werden kann, ob er in diesem Jahre krank gewesen, ob nicht, ob er das Bad gebraucht, ob nicht. Wohl aber erhält er unterm 12. März 1619 vom Kaiser Ferdinand durch die Hand eines gewissen Eustach Rehn die Erlaubniss, zu Ostern nach Hause und in’s Bad zu reisen. Das „hitzige Fieber“ hat ihn wieder ergriffen und er träumt von Feuer und Schlangen einen gar erschrecklichen Traum. Kaum aus dem Bade zurück nach Graz, wohnt er hohen kirchlichen Feieidichkeiten bei, die mit opulenten Zweckessen schliossen. Ein grosses Diner hebt er besonders hervor — am 14. Juli — beim Bischof von Seccau, wo auch der Nuntius und die Bischöfe von Gurk und Lavant zugegen waren. Gleich darauf verfiel er wieder in seine gewöhnliche Krankheit. Sein Zustand verschlimmerte sich derart, dass er beim Kaiser um die Demission als Statthalter von InneiÖsterreich nachsuchen musste und diese auch erhielt (1621, 11. August). Yon da an ging es mit unserem Bischof rapid abwärts. Am 8. Juni 1622 vor Tisch reist er von Oberburg in’s Bad Neuhaus, wo er jetzt drei Wochen bleibt in Gesellschaft der dort um diese Zeit zahlreich versammelten Badegäste. Das Bad schlägt ihm gut an und schreibt er, heimgekehrt, in seinen Kalender: „Lob unserem Herrn Jesu Christo und der gottähnlichen Jungfrau Maria und allen Heiligen Amen!“ Kaum besser geworden, gibt er sich aber den anstrengendsten oberhirtlichen und reformatorischen Arbeiten hin, firmt an einem Tage 1000 Personen, legt steinige und schwer passirbare Wege zu hochgelegenen Capellen zurück und geniesst zudem den ganzen Tag nichts. Was Wunder, dass er nach diesen Strapazen ganz gebrochen an Kraft in sein Haus in Altenburg, zwischen Cilli und Oberburg gelegen, einzieht. Und schon im November erkrankt er zu Tode; er sieht sein „climac-terisches Jahr“ kommen! Aber die Reagenz seiner starken Natur ist mächtig. Er erholt sich wieder. Die Jahre 1G23 und 1624 verbringt der Bischof ziemlich wohl. Da wirft ihn sein altes Uebel am 1. Jänner 1625 wioder aufs Krankenbett. Trotzdem erblicken wir ihn aber 14 Tage darnach bei dem anlässlich der Landtagseröffnung in Laibach stattgehabten Festessen. Was ist die Folge? — Am 10. Februar ergreift ihn neuerdings das Fieber und er ist davon 14 Tage und Nächte gepeinigt und nicht gewitzigt — verzeichnet er doch unterm 4. November desselben Jahres eine besondere Schwachheit seines Körpers — geht er Tags darauf in den Landtag und am nächstfolgenden Tage (6. November) zum öffentlichen Gastmahl. Zu den beliebtesten Delicatessen Laibachs zählen die Maurachen (Morcheln). Am 6. April 1626 speist Bischof Chrön von diesen Schwämmen und augenblicklich erkrankt er an seinem alten Uebel, dem Fieber und Podagra. Sechs Tage später eilt er aber nach dem Karthäuserstifte Freudenthal — unweit Laibach — um einer Primiz beizuwohnen, bei welcher gewiss die schönsten Fische aus dem Zirknitz-See, dessen Fischerei die Mönche hesassen, die Tafel zierten, und am nächsten Tage liegt Chrön krank im benachbarten Ober-Laibach. Und jetzt hielt der krankhafte Zustand an und steigerte sich. Der Bischof gibt alle Schuld seinem Ordinarius, dem landschaftlichen Physikus Dr. Wesiak, den er „nicht bei Trost“ nennt (male sanus!). Am 22. Mai versagen Haupt und Arme den Dienst, er kann nicht sprechen und sich nicht bewegen, er sieht die Stunde seines Todes nahen. Da nimmt der Bischof das „so kostbare Bezoar“ mit dem „Horn des Einhorns“ (cum cornu Unicornis) — ein damals sehr beliebtes Heilmittel — das hilft ihm!!! Er reist wieder in’s Bad Neuhaus und verbleibt dort mehrere Wochen. Desgleichen 1628—1629, dabei aber immer wieder die günstigen Folgen der Curen durch Ausschreitungen in der Diät zu Nichte machend, indem er selbst grosse Tractaments veranstaltete oder solchen bei Freunden, dem Fürsten Eggenberg, Grafen Auersperg u. A., beiwohnte. Auch konnte der glaubenseifrige und pflichtgetreue Oberhirt es nicht unterlassen, seinen schwierigen kirch- liehen Functionen, den „gegonreformatorischen“ Arbeiten, den Pedigten, den solennen Kirchenfesten, die manchmal von Früh bis 2 Uhr Nachmittags währten, nach wie vor nachzukommen. Der Februar 1G30 ergriff endlich den schon ganz Abgeschwächten neuerdings in heftiger Weise, und Thomas Chrön erlag diesem Anstürme des Sensenmannes am 10. desselben Monats. Nicht mehr sahen die Cui’gästo von Neuhaus die wohlgepolsterte Sänfte dahertragen, die in dem Gezäume von vier Maulthieren hieng und der der joviale Gesellschafter Bischof Chrön zu entsteigen pflegte. An dem sogenannten Fremdenbade in Neuhaus erinnert jedoch noch heute eine Steininschrift an die Anwesenheit Chrön’s in Neuhaus. „Arma Domum Tautscher 1626“ liest man da neben dom Wappen dos Laibacher Bischofs Tautscher, des Amtsvorgängers unseres Thomas Chrön. Da Tautscher schon 1597 starb, konnte man sich bisher diese Inschrift nicht erklären. Von meinem liebwerthen Freunde, dem landschaftlichen Apotheker Paul Weszther daselbst — der zugleich die „Chronik“ von Neuhaus für den historischen Verein von Steiermark führt — über dieses Räthsel interpellirt, war ich in der angenehmen Lage, die Lösung zu bringen. Bischof Chrön liebte es, hervorragende Thaten und feierliche Acte seiner Vorgänger in Denkmälern zu fixiren — wir finden dafür unzählige Belege in ganz Innerösterreich — setzte aber neben den Namen des also von ihm „Verewigten“ oft nur seine eigene Chiffre oder wie hier nur die Angabe des Jahres, in dem er (Chrön) das Denkmal errichtet. So hat Chrön 1626 während seines eigenen Bade-sejours auf dom Fremdenbade in Neuhaus die Legende angebracht, dass Bischof Tautscher dasselbe geweiht habe, was aus dem Texte der Inschrift (Gott schütze das Haus) deutlich hervorgeht. Der Gebrauch des „Badner Bad“ um 1658. Die altberühmten Scbwefelthermen von Baden bei "Wien, die schon von den Römern gekannt und benützt waren, sie wurden im Laufe des Mittelalters von den Landesfürsten mit aller Aufmerksamkeit, mit allem Wohlwollen umgeben und von den Aerzton besonders hoch gehalten. Namentlich in den gelehrten medicini-schen Werken des 16. und 17. Jahrhunderts, wird des „Badner Bades“, als besonders heilkräftig, wiederholt gedacht. Doch über den Gebrauch speciell dieser Thermen ist in diesen allgemein gehaltenen Werken nichts zu finden, wenigstens nichts Ausführliches. Um so dankenswerther musste es erscheinen, und bildet die betreffende Publication heute ein doppeltes Interesse, dass in einer Zeit, wo man populär gehaltene Badebroschüren noch nicht kannte, wo weder ein Amsterdamer noch ein Yenetianer Yerleger die unserem Jahrhundert und unserem Wien Vorbehalten gebliebene glückliche Idee eines Braumüller gefasst haben konnte, eine Badebibliothek zu begründen, dass, sagon wir, in jenen Tagen ein Kalon-dermacher auf den Gedanken kam, statt der sonst beliebten historischen, astronomischen, medicinischen und andern Bemerkungen seinem Schreibkalender die Beschreibung der vorzüglichsten „Wildwässer“ einzuverleiben. Joannes Michael Linus, Philosophiae et Medicinae Doctor, edirte zu Augsburg im Verlage des Andreas Aperger „auff vnser lieben Prawen Thor“ seinen „Newer vnd Alter Schreib-Calender“ „mit Fleiss zum gemainen gebrauch der Kayserlichen Erblanden auff den Steyri-schen Meridianum calculiret und neben Beschreibung der Wildwässer continuirt“. Die an literarischen Curiositäten so reiche Fürst Carlos Auersperg’sche Haus- und Fideicommiss-Biblio-thek im Laibacher Fürstenhofe bewahrt in der ansehnlichen Suite von Kalendern dos 17. Jahrhunderts auch die Schreibkalender des Dr. Linus. Der Kalender auf das Jahr 1G58 enthält die ausführliche Schilderung des Gebrauches der Schwefelquellen von Baden in Niederösterreich. Es mag für die Collegen vom Fache und für die Laien von gleich hohem Interesse sein, die balneo-1 o g i s ch-diäte tischen Ausführungen von vor zwei Jahrhunderten mit ihrer Anwendung auf unser weltbekanntes Badner Bad des Näheren kennen zu lernen. Der populär schreibende Autor Med. Dr. Linus beginnt seine „Gebrauchsanweisung“ mit dem wohl distin-guirenden Satze: „In dieses Badswasser gebrauch ist zu unterscheiden, ob derselbe, so diess Bad gebraucht, sey ein t. Iiadi os, „Quellenstudien“. 2 gesunde, starke Person oder ein alter und kranker Mensch. Die Gesunden gebrauchen es nach (Verschiedenheit) der Zeit des Jahres zur Leibs-Ergötzlich-keit und Ahtrockung der Haut, beschwärlichen Schwitzens und anderer Säuberung.“ Doch massig und wenig dürfe der Gesunde diese Thermen benützen, „denn des Bads zu viler Gebrauch und gar zu lang darin Verbleibung bringet J-Ierzsch wachhciten.“ Wenn der zu lange badende gosunde Mensch herauskommt, so wird er „gern ohnmächtig, matt und schwach“, „auch beweget solches Ueborbaden den Magen, zu übergeben und die ruhigen Feuchtigkeiten (die bei den damaligen Aerzten so beliebten Humores!) werden im Leib hin und wider bewegt oder gar zur Verfaulung boreitet, welche Feuchten hernach die schwachen Glieder an sich nehmen und ziehen, dass endlich Geschwür und Apostemen inn- und ausser des Leibs erwachsen“. Seine volle Wirkung aber habe und den besten Erfolg das Badner Bad für kranke und alte Leute, welche es „zur Notdurft“, „wol und recht“ „und neben andern angewendten Arzneymittein nach jedessen Zustands Beförderung“ gebrauchen. Im richtigen Zusammenhänge „mit den gebührenden Arzneymitteln“ heilet das Badner Wasser die „Schmerzen der Augen“, wodurch die Ursachen solcher Schmerzen „aussgekocht und aussgetrieben werden“. Derjenige, „der mit dem Podagra behaftet, im Leib geschwollen, oder aufgeblasen ist, kan nach verflossener zweier Stunden nach dom Bad etwas schlafen vnd endlich den Lehm der Badstufen auf die geschwollenen Glieder auflegen und diess eine Zeit lang darauf behalten“. Nach „Verdauung der Speisen im Leib“ soll sich der Kranke wieder in’s Bad begeben. Der Autor übergeht dann zur Trinkcur, die in ausgedehntem Masse und für die Mehrzahl der Krankheiten, zu deren Heilung das Badner Bad ausersehen war, zur Anwendung kam. Dr. Linus sagt: „Denjenigen, so dieses Badwasser zu Baden trincken wollen, gibt man tolerantiam für ein Mass, das ist so viel zu trinken, wie viel der Magen ertragen kann. Ist derowegen die intention und Meinung, Denjenigen, so dieses Wasser trinken, dass man die Glieder des Leibs und den Leib selbsten trücknet und stärket, sonderlich aber Diejenige Theil des Leibs durch welche es geht und durchläuft, also heilet es den verstopfften und verschleimten Magen, das Ingeweid, die Leber, Nieren, Blasen, die Gebärmutter der Frawen.“ Auch andere Zustände „dess Haupts, Augen, der Haut und etlicher anderer Gelenkglieder“ werden durch Vermittlung des Badner Wassers in der Trinkcur vertrieben, dessen „Experienz“ man wol habe. Daher räth Dr. Linus diesen Gebrauch des Badner Wassers für genannte Leiden und zieht dieses Schwefelwasser, das zu trinken nicht „angonehmb“, den „Sauerbrunwassern“, welche „weit lieblicher und zu trinken angenehmer“ um Vieles vor. Dreierlei Dinge seien es, die nach Andreas Baccius (lib. 2, de thermis cap. 11) beim Baden in solchen mineralischen Wässern wohl zu beobachten sind. Erstens „erwähle man fleissig die Beschaffenheit des Wassers, ob es solche Mineralien in sich und solche Qualitäten habe, dass sie dem Zustand und der Natur tauglich und bequem seien, sintemahl in der Ex-perienz wahr ist, dass zu Zeiten ein Jahr das andere die Wasser gesunder und reichlicher an den Mineralien seynd, in andere Zeit und Jahren seynd sie ungesunderer und an ihren Mineralien nit so reichlich“. Für’s zweite „befleisse man sich, dass bei denjenigen, so solches Wasser als eine Arzney trinken, solches alles, sovil man trunken hat, wieder durch den Leib durchgehe“. Drittens soll man „vnder währender Bad Cur“ keinen Fehler in der Diät begehen, sondern vielmehr „gut Regiment der Gesundheit pflegen“. Es werden nun mit aller „Vorsichtigkeit“ die Diätregeln aufgeführt. Erstlich soll man niemals essen, es sey denn der natürliche Hunger vorhanden und sobald derselbe kommt, soll man alsbald essen; vor der Verdauung, die 4—5 Stunden brauche, solle man keine neuerliche Speise zu sich nehmen. Zweitens soll man „nie ganz satt vom Tisch aufstehen, sondern ein solches Mass gebrauchen, dass dem Magen noch immer einiger Appetit überbleibe, dieweilen die Reliquien dess Hungers nach einer Stund vergehen; ja die Speiss, so den Magen beschwärt ist viel ärger und der Trunk schädlicher so das Temperament überschreitet und im Magen schwemmet“. Drittens soll man zu Tisch nit gar zu lang sitzen „gleich wie hei manchen vornehmen Personen und grossen Herrn gebräuchlich“, „dann wann die letzte Speisen zum Leib genommen werden, haben die ersten schon angefangen sich zu verdauen desswegen die nähere Theil in Yerkochung ungleich seynd“. Viertens hüte man sich zu viel und zu heterogene Speisen zugleich zu verzehren; wann auff einer Tafel „faiste (fette), magere, scharfe, süsse, saure Speisen, Fisch, Fleisch, Milch oder zugleich Kalbfleisch, Castraunen, Ziegen, Lämmernes, Hasenfleisch“ erschiene und „man essen thät“, dann „auss erfüllung solcher Speisen geschieht dasjenige, so eben kurtz angedeut, auff dass die kochende Theil ihre würkung nit erlangen können vnd eines das andre zur Verderb und Verfaulung bereiten thut“. Fünftens: Wenn der Magen aus vorher genommenen groben Speisen „Unlust emp fängt“, soll man nicht weiter essen, weil die darüber verzehrten Speisen „etliche Krankheiten verursachen ingleichen der Nierenschmerzen, Sand, Griess vnd Stein, Podagra, verschlagene Wind vnd andre viel vnleidenliche Zuständ, welche den Gelehrten wol bekandt seynd“. Sechstens: man esse die „linden vor den groben Speisen“ und bei Magenschwachheit theile man das Essen auf mehrere Male. „Nach solchen Vorsichtigkeiten“ — fährt unser balneologisch-diätetischer Publicist fort — „die den recht Badenden als eine trewe Warnung wol bekommen möge, sollen alle ihre Speisen gesund, von leichter Verdaulichkeit und „temperirter Natur“ sein, „dio wenig Ueberflüssigkeit haben“; „dann wann die wärmb des Magens etwas resoluirt ist, wirdt er die Speisen, so hart verdaulich gar nicht oder schwer digeriren vnd verkochen können, wie dann das Brod vom Semmelmehl frisch, nicht aber also, wie das Brod, so kurz zuvor gebacken aus dem Ofen gezogen vnd ganz warm ist, sintemahl solches in dem Magen schwemmet, und böse Zufällen und Dämpfung einzuführen pflegt.“ Von Fleisch empfiehlt Dr. Linus seinen Patienten Kalbfleisch von über (i Wochen alten Kälbern, Lämmernes, so die Lämmer 1 Jahr alt gewesen, Kapaunen, Fasanen, Roh- und junge Hühner, kleine Waldvögel, „die eines guten Saftes und Nahrung“ sind; dagegen sind Gänse und Enten, da sie hartes Fleisch haben, sowie „in Pfannen gebackene Speisen“ (Mehlspeisen) zu vermeiden, „davon nur innerliche Verstopfungen kommen“. „Die Häupter, Ingewaid und Füss der Thier e vnd derleichen, dieweil sie viel Schleimb haben sind hart zu verdauen und verstopfen, gleicher-masson dio Milch, dieweil sie loichtlich cor-rumpirt wird (also schon im XVII. Jahrhundert Milchpantscherei!!!) vnd von Käss bereitete Gerichte sind beim Baden nicht tauglich.“ Die Fische sollen sein aus den fliessenden Wässern, nicht aber von den Teichen und stehendem Wasser, „gesalzeno Fische (Meerfische) und andere so vil Schuppen haben, sind den Badenden nicht dienlich“. Yon „Kräutern“ kann man geniessen: „Lattich, Borrag, Spinath, Fenchel vnd Petersilg, Spargel, junge Hopfen.“ Von Früchten und Obst soll man sich aber enthalten, denn nichts ist also Dämpfig, als das Obst, zudem haben sie auch viel rauhe und wässerige Feuchtigkeiten, die durch die Hitz der warmen Bäder zur Aufwallung kommen und sich nachdem diess geschehen, zu den vornehmsten Gliedern ziohen, welche sie wie ein Gift anstecken und tödten. Die Podagristen sollen sich von Quitten und Aepfeln enthalten, desgleichen sollen diese Kranken, dann die Contracten und die „Muttersichtigen“ (Damen mit Frauenkrankheiten) so viel möglich den puren Essig meiden. Gegen Appetitlosigkeit empfiehlt übrigens Dr. Linus andern Patienten die Speisen mit wenig Essig präpa-riren zu lassen, wenn aber dioser „wegen Blödigkeit des Magens“ nicht taugt, so mit dem Saft von unzeitigen Weinbeeren „so nit also zäh und herb, sondern mit einer lindern Znsammenziehung den Magen stärkt“, in Ermanglung dieser Beeren könne auch „Zimmetrinde in Essig genetzt“, Limonien- oder Citronensaft verwendet werden. Als unendlich schädlich erklärt der Autor „in Eiswasser gekälteten Wein“, „dann auss demselben wird ein Schaden zugefügt, so nit aus andern kalten Sachen geschieht namentlich auch wegen des Contrastes zu der Erhitzung durch das Bad“. „Ebenmässig ist den Badenden — fährt er fort — nicht ein sehr starker und geschwebelter Wein sondern nur ein mittelmässiger, abgelegener klarer und an der Färb beständiger Wein in notdürftiger Mässigung zu trinken erlaubt.“ An diese, wie man sieht, mit richtigem Verständnisse in grösserer Ausführlichkeit behandelten Diätregeln schliesst Dr. Linus noch einige Bemerkungen über den Gebrauch des Bades und das Verhalten während der Curzeit. „Nach vollendtem Bad,“ sagt er, „da die Runtzeln an Füssen, der Zäer oder der Schweiss an der Stirn erscheinet, soll man heraussteigen, sich warm halten wol abtrocknen, und etwa ein Weil liegen und ruhen, aber nicht alsbald schlafen, dass sich die Kräfte erholen; hernach eine Stunde oder so was hin und wider gehen, den Leib bewegen bis der Appetit zu essen kommt, dann aber alsbald essen, ehe der Magen andere Feuchtigkeiten an sich zieht.“ Zu Nacht soll man in einem wohlverschlossenen Zimmer und mit wohlbedecktem Leib schlafen, „dann die abgematteten Kräfften welche auss dem (durch das) Bad geschwächt (sind) im Schlaf sich wieder vereinigen und gestärkt werden, indem das übrige, was noch im Leib serosisch ist, durch im Schlaf ausgegossenen Schweiss, welchen die Natur für sich selber würlcot, von sich getrieben wird“. Aus letztgenanntem Grunde soll der Curgast auch jedesmal, wenn er aus dem Bade nach Hause kommt, zur Beförderung des Schweisses ein „lindes Schwitzbad anstellen“, dann den Schweiss mit reinen Tüchlein abtrocknen, das Haupt und den ganzen Leib säubern und reinigen. Mit diesen Rathschlägen schliesst die Gebrauchsanweisung des Dr. Linus für das „Badner Bad“, welche kraft der damaligen Publicität der Kalender die möglichst weiteste Verbreitung fand, namentlich in jenen hohen Kreisen, auf die damals noch mehr minder das Badereisen beschränkt war. Die Kalenderverleger versahen ihye Publicationen mit Dedicationseinbänden an die verschiedenen hohen Cavaliere, ja sie Hessen für einzelne Personen, für einzelne Länder separate Titelblätter und Widmungszeilen drucken, um ja recht grosse Verbreitung zu erzielen! Die Conifercn von Reichenau. % „Der immergrüne Fichtenbaum enthält Stoffe und gibt sie von sich, die am heilsamsten wirken in Krankheiten der Athmungsorgane und des Nervensystems.“ — Dieser Ausspruch der hervorragendsten Capacitäten der modernen Medicin, er bewahrheitet sich nicht bald an einem zweiten Orte so „kräftig“, als in der Thalidylle von Reichenau, am Fusse dos Semmering. Die Coniferen von Reichenau, sie haben schon frühzeitig „einzelne Schwalben“ der Naturheilkunde zu sich gelockt „aus den Strassen quetschender Enge“, und heute — da Reichenau zur beliebtesten Villegiatur der Wiener geworden, umsäumen sie zahlreiche Villen und Landhäuser und entsenden durch die weitgeöffneten Fenster der luxuriösen Behausungen zu Kranken und Gesunden den balsamisch wirkenden, heilbringenden Waldduft. Und das herrliche Wasser hier „entströmend verwandten Quellen des heute die Residenz durch die Gnade Kaiser Franz Josef I. mit Trinkwasser bester Qualität versorgenden „Kaiserbrunnen“, das Wasser, es dient seit Längerem schon zur Wassercur und die Kalt- Wasserheilanstalt in Reichenau geniesst beroits einen - Weltruf! Frischer Waldduft und frisches Wasser, das sind die Ileilfactoren von Reichenau, und dazu als dritte im Bunde: Bittn er’s Apotheke, die wir zum Unterschiede von ihren Schwestern den „lateinischen Küchen“, die „Natur heil-Küche“ nennen möchten. Den Mittelpunkt dos Reichenauer Badelehens bildet aber das Curhaus der Gebrüder Waisnix und das denselben Eigenthümern gehörige, mit allem Comfort und der grössten Eleganz ausgestattete Badehötel „Thalhof“ mit einem prächtigen Barke. Hier im „Thalhof“ wird auch ein köstlicher Zwieback erzeugt, der unter dem Namen „Reichenauer Zwieback“ sich einer weitreichenden Verbreitung und grosser Beliebtheit erfreut. Zu Seiten des Thalhof erblickt man unter andern reizenden Villen auch die des Componisten der „Martha“, nahe dem Ausgange des Thaies (in der Richtung gegen Payerbach zurück) erbaute sich ein Graf Szechenyi mit grossem Aufwande ein herrliches Landhaus. Jenseits auf doininirendem Hügel thront die Villa „Wartholz“, das reizende Eigen Sr. k. und k. Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Carl Ludwig, das wir weiter unten für sich abgesondert und eingehender betrachten wollen. Wie das Thal von Reichenau selbst, so sind auch dessen Environs von besonderer Schöne; da gibt es der entzückendsten Ausflüge in Hülle und Fülle, ein em-barras de richesse an Naturschönheiten, wie man sie in so kleinem Umkreise wol selten finden mag. Yon Reichenau, dem Laufe der Schwarza entgegen, kommt mau über das Gewerk Hirschwang nach dem schon genannten „Kaiserbrunnen“, der vielberühmten Alpenquelle, die im Jahre 1732 von Kaiser Karl VI. auf einer Jagd entdeckt, von seinem Leibarzt Heraus geprüft und von demselben dem Kaiser zu täglichem Gebrauche empfohlen, nun durch das vollendete Riesenwerk der Wiener Wasserleitung in die „Allgemeine Topographie“ aufgenommen erscheint. Uebor den „Kaiserbrunnen“ hinaus — eine der romantischesten Partien der österreichischen Alpenwelt, die wir kennen, — gelangt man nach dem Höllenthal, zur Singerin, in den „Nasswald“, wo sich eine Colonie emsiger Holzknechte befindet, Nachkommen jener protestantischen Flüchtlinge, die, einst aus dem Salzburgischen vertrieben, in aller Welt Zuflucht suchten, weiterhin nach Schloss Guttenstein, in die Schwarzau u. s. f. Eine äusserst liebliche Partie ist der Weg längs dem Waldberge zur Linken des Reichenauer Thaies (ab Payerbach) und knapp hinter der obengenannten „Villa Wartholz“ vorbei, über das Gewerk Edlach hin nach der Prein, eine Art „Graben“, wie man es dazulande nennt, eine idyllische Schlucht, wo das mässig hohe Nadolgehölz zu beiden Seiten der Strasse enger und immer enger sich schliesst und wo endlich am gewöhnlichen Zielpunkte ein allerliebst gelegenes gutes Landgasthaus mit einem schönen Naturgarten, einem ewig plätschernden Wasserfalle und dichtbeschatteten Ruheplätzchen zur Einkehr ladet. Von hier ist auch der Aufstieg zu der bei den Touristen so äusserst beliebten „Raxalpe“, auf welcher das comfortable Touristen-Asyl, das „Carl Ludwigs-Haus“ — nach dem erlauchten Gönner und Förderer der alpinen Vereine so genannt — Zuflucht und Unterstand bietet. Im Reichenauer Thal, da weilten in ihrer zartesten Jugend mit Vorliebe die „kaiserlichen Kinder“, Se. k. und k. Hoheit der durchlauchtigste Kronprinz Erzherzog Rudolf und Ihre k. und k. Hoheit die Frau Erzherzogin Gisela — heute Prinzessin Leopold in Bayern — und es wurden, wie erinnerlich, alljährlich hier den erlauchten Sommergästen zu Ehren die grossartigsten Kinderfeste in ländlicher Tracht veranstaltet. Im Jahre 1873 — während der Weltausstellungs-saison — bewohnten Ihre Majestät unsere allgeliebte Kaiserin und Königin mit Ihrer k. und k. Hoheit der durchlauchtigsten Frau Erzherzogin Marie Valerie, die nach dem früheren Besitzer sog. „Villa Warrens“ in Payerbach am Eingänge in das Reichenauer Thal, welches ausnehmend schöne waldumhegto buen retiro ich eben aus Anlass der Anwesenheit Ihrer Majestät daselbst in der meistgelesenen und tüchtigsten Damenzeitschrift, im Berliner „Bazar“ (Nr. 46 vom Jahre 1873) ausführlich geschildert habe. * * * Die „Villa Wartholz“, die sich Se. k. und k. Hoheit der durchlauchtigste Herr Erzherzog Carl Ludwig in besonderer Gunst für das Reichenauer Thal auf einen dasselbe weithin überschauenden Hügel und Waldvorsprung mitten in die Coniferen hinein erbaut hat, sie grüsst den in der Richtung von Payerbach kommenden Besucher des Thaies schon beim Eintritte in dasselbe von Weitem, vom Ausgange desselben her. Die rothen Ziegelwände der Yilla mit ihren weissen Zeichnungen, mit Sockeln, Fenstorsäulen und Balcon-trägern aus woissem Stein, heben sich recht lebhaft von dem tiefen Waldcsgrün ab, welches den Hintergrund desselben bildet; zierliches Gitterwerk am richtigen Orte angebracht, erhöht noch die Schönheit des schmucken Baues. Die Hauptfront der Yilla, wie sie mit dem unbestreitbar schönsten Ausblick von ganz Reichenau in das Thal schaut, hat eine im Yerhältnisse zum Gesammt-raume nur massige Ausdehnung, denn einer der Haupttheile des Baues, der grosse Thurm, der das Gebäude um zwei Stockwerke überragt, steht von der Prontlinie ziemlich nach rückwärts hineingerückt und bildet mit der Seitenfront, an welche er angobaut ist, einen scharfen Winkel, in welchen sich ein Balcon traulich einschmiegt. Durch den im rückwärtigen Tracte befindlichen Haupteingang tritt man in das Yestibul, das in grossen Dimensionen angelegt ist und dessen Gewölbe von mächtigen Säulen getragen wird; der Hof neben dem Vestibül erhält Oberlicht durch ein Glasdach, welches in der Höhe zugleich einen weiten freien Raum erhellt, auf welchem man hin und wieder promeniren kann. Aus dem Vestibül tritt man in die Parterregemächer, von denen das mittelste ein grosser Salon mit hohen breiten Fenstern ist, welche das volle Licht einströmen lassen. Die eigentlichen Wohngemächer und Salons befinden sich im ersten Stock; zur Seiten und unterhalb ist reichlicher Kaum für das Gefolge und die Dienerschaft vorhanden; die Küche befindet sich im Souterrain. Was an dom Baue besonders wolthuend auffällt, ist die treffliche Vertlieilung an Wänden und Fenstern, denn gibt es der letzteren fast in mehr als genügender Anzahl, so ist doch auch der genügenden Ausdehnung der Räume Rechnung getragen. Und Alles ist an dem prächtigen Gebäude — mit dem Meister Ferstel in der That ein Cabinetstück in die reiche Schatzkammer unserer modernen Villenwelt lieferte — so leicht, so zierlich und doch so fest, so dauerhaft. Es ist da der Charakter des temporären Sommersitzes mit dem eines auch dem längeren Aufenthalte dienlichen Schlossbaues sinnig und geschickt vereinigt. „Villa Wartholz“ ist durch den gewöhnlich ziemlich langen Sejour Sr. k. und k. Hoheit und Iiöchst-dessen erlauchter Familie ausgezeichnet, und hier waltet der „Engel von Reichenau“, wie das Volk der Gegend in schuldigster Dankbarkeit die in Uebung von Wohl-thaten und Spenden an die Armen unermüdliche Frau Erzherzogin Maria Theresia, die durchlauchtigste Gemalin des Herrn Erzherzogs Carl Ludwig nennet. Und die Familienfeste im Hause Sr. k. und lc. Hoheit, sie gestalten sich denn auch stets zu wahren Volksfesten für das ganze Thal von Reichenau und noch weit darüber hinaus; die „Tage“ selbst zu „Festtagen“ im wahrsten Sinne des Wortes. * * * Die Coniferen von Reichenau, wer einmal in dem Bannkreise ihres Duftes gewandelt, er trägt das herzinnigste Verlangen im Busen, dieser beseligendsten Frische dieses erquickendsten Ozons nimmer zu ont-rathen. Und siehe da, der glücklichen Erfindungsgabe des „Naturheilkoches“ Bittner ist es gelungen, don alten Witz „Waldluft in Flaschen abzuziehen“, zu Schanden zu machen, er hat der leidenden und der gesunden Menschheit den Coniferen-Sprit erfunden, der, in Flaschen gefüllt, mit Zerstäubungsapparaten versehen, thatsächlich und buchstäblich den Duft und die Würze der „Coniferen von Reichenau“ in unser städtisches Heim hineinbläst und unsere Lungen weit aufathmen lässt mitten im Dunst und Qualm unserer städtischen Quartiere! Heber den Semmering: .... mir ist nur dann so wohl, wenn ich über den Semmering gesetzt, meine Berge wiedersehe, die reine Luft athme .... Erzherzog Johann. Schon in den frühesten Zeiten galt die Strasse über den schwer zu gewinnenden und noch schwerer zu überwindenden Semmering als die Hauptverbindung aus dem Norden unserer österreichischen Länder nach dem Süden, nach dem Ufer der „blauen Adria“. Die Römer kannten und benützten zwar diesen Uebergang, aber seine besondere Bedeutung gewann er doch erst im Mittelalter in den häufigen Kriegszügen der Dynasten von Oesterreich, Steier und Kärnten, sowie als Haupthandelsweg zwischen Wien und den Seestädten an den Küsten des adriatischen Meeres. Da wimmelte es von Fahrenden, Reitenden und Fussgängern auf dieser in der That „länderverknüpfenden Strasse“; doch der rauhe Charakter der Gebirgswelt und das Unwirkliche, das ihr anhaftete, machte die Reise übor den Semmering zu einer äusserst beschwerlichen. Deshalb stiftete Markgraf Otaker von Steiermark, der zum Wohle v. Radies, „Quellenstudien“. 3 der Reisenden eine Reihe von Raubnestern in der Umgegend zerstörte, im Jahre 1160 an der Stelle des heutigen „Spital am Semmering“ ein Hospital (daher der heutige Name) für die Wanderer und namentlich für die Armen, welches „Hospital am Cerwald“ sich rasch die Gunst mächtiger Beförderer, des Kaisers Friedrich I. und des Erzbischofs Eberhard von Salzburg, gewann, welche diese Stiftung bestätigten und ansehnlich vermehrten. An das „Spital“ schloss sich bald ein klosterartiges Heim für die Barmherzigen Brüder — wenngleich sie selbst sich noch nicht so nannten — die in der Zwölfzahl, einen Rector an der Spitze, im Sinne Christi die Hungrigen speisten, die Durstigen tränkten, die Kranken pflegten und wie die Mönche von St. Bernhard in feindlicher Winterszeit nach den durch Schneestürze Verunglückten auf rettende Suche ausgingen. An das „Spital“ schloss sich auch bald ein kleiner Flecken, und Urkunden aus dem 13. Jahrhunderte sprechen schon von einem Richter und zwei Rathsherren im Spital. In den Tagen des blühenden Minnesangs, dem besonders die sangesfreudige, grüne Steiermark hold war, pilgerte eine Reihe ausgezeichneter Minnesänger nach dem kunstsinnigen Hofe der Babenberger Fürsten. Von den Liedern eines Ulrich von Lichtenstein, eines Herrant von Wildon, eines Stadecker’s, eines Oberbur-ger’s und mancher anderer Sangesbrüder aus der Mark von Steyer widerhallten denn auch die echoreichen Felswände des Semmering. Ulrich von Lichtenstein erzählt in seinem um 1225 gedichteten Frauendienst seine Fahrt über den Semmering, der bei ihm noch die slaviache Form „Semernik“ führt, was so viel bedeutet, als Fichtenberg, „tjostierend“ zog er als „Frau Venus“ gekleidet die weissschimmernde Strasse daher, in der Richtung von Schottwien nach Spital und dann weiter durch das Mürzthal nach Kindberg und über Leoben nach Kärnten hin, nach Friesach, wo es ein stattlich Turney gab und wo ein Auersperg riters tat da tet. Mit dem allmälig sich hebenden und erstarkenden Bürgerthum in den Landen um den Semmering mehrte sich der Verkehr auf der Strasse über den Semmering und es riss nach und nach der Missbrauch ein, dass nicht nur dürftige Reisende und Pilger (die zudem an Zahl immer geringer wurden), sondern auch die wohlhabendsten Kaufherren, die am „Spital“ vorbeikamen, sich da gratis verpflegen liessen. Zudem steigerte sich allmälig die Bevölkerung des Mürzthaies; dieses ward mehr und mehr cultivirt; Schänken und Gasthäuser entstanden und somit verschwand der Zweck, aus dem die Stiftung des Hospitals am Cerwald hervorgegangen war. Die selbstverständliche Folge war, dass Herzog Otto der Fröhliche seiner Klosterstiftung Neuberg bei Mürzzuschlag das Hospiz von Spital am Semmering sammt allen Gütern und Privilegien schenkte (1331), die nun bald von den neuen Herren an sich genommen wurden. Das fehdereiche 15. Jahrhundert und die sich daran schliessenden Türkenvisiten durch Krain und Steier herauf gen Oesterreich machten den Weg über den Sem- a* mering ab und zu unsicher und gaben den Ortsflecken zu dessen Füssen wieder erhöhte Bedeutung; so erwies sich Schottwien im Kampfe mit Mathias Corvinus 1485 als „vest und fein gebaut“ und noch in unserem Jahrhunderte wies man an der Kirchenthüre von Spital die Spuren von den Hieben türkischer Streitkolben, die jedoch abprallten, so dass der ergrimmte Moslim die ganze Kirche in Brand steckte. Als die Wehrhaft-machung der croatischen und Meergrenzen, der Steiermark und des Kronlandes häufigere Zuzüge von „Reichstruppen“, von „teutschen Knechten“ und der Ritterschaft aus des Kaisers Landen nöthig machte und diese Zuzüge ihren Marsch über den Semmering machen mussten, da war man auch von regierungswegen darauf bedacht, diesen Strassenzug practicabler zu gestalten. Unter Kaiser Maximilian I., der seine Sorgfalt allen Details seines „Regiments“ zuwendete, wurde die Strasse über den Semmering derart verbessert, dass Abt Rumpler in seiner trefflichen, von unserem gelehrten Topographen M. A. Becker jüngsthin reproducirten, Schilderung von Gloggnitz (1504) über den Berg „Semme-rin“ schreiben kann: „Wenn auch die Höhe des Joches nicht unbeträchtlich ist, so führt der Weg doch nicht immer steil hinan, sondern hat ebene Stellen.“ Als Handelsstrasse war der Semmering um diese Zeit ein Monopol der Wiener Bürger. Dies geht aus einem auf der k. k. Hofbibliothek in Wien befindlichen Briefe Kaiser Maximilian II. hervor (1573). Dieser Brief des Kaisers schlichtet nämlich einen Streit zwischen mehreren Handelsleuten von Triest, welche „wel- lische Weine, Früchte und dergleichen Waaren“ gegen „die althabende Freiheit“ der Wiener Bürger über den Semmering führen wollten, und diesen Wiener Bürgern, welche den Triestern ihre Waaren „arrestirt“ und theils „als Controbant“ eingezogen hatten. Der Kaiser entscheidet unter ausdrücklicher neuerlicher Bestätigung des Monopols der Wiener „Dieselb Strassen (über den Semmering) allein mit ihren Wahren zu gebrauchen“, diesmal insoferne zu Gunsten der Triester, dass denselben zwei Theile der „arrestirten“ Waaren wieder zugesprochen, aber der dritte Theil den an ihrer Freiheit beschädigten Wiener Bürgern überlassen wird; „doch“ — heisst es am Schlüsse des kaiserlichen Briefes nochmals — „ihnen (den Wienern) solle es künftig an ihrer Freyheit der Strassen halber über den Semmering unnachtheilig seyn“. Die Schönheit der Natur, wie sie sich rings um das Eden des Semmering wunderprächtig ausbreitet, hat schon einen lateinischen Dichter des 16. Jahrhunderts, den nachherigen Laibacher Bischof Thomas Chrön, da er noch ein lustiger Bruder Studio der Alma mater in Wien gewesen, zu einer sapphischen Ode begeistert, in welcher der feurige Poet dialogisirend einen Wanderer, die Verlobten, zu deren Ehren er eben in die Saiten griff, und den Ort Schottwien die Reize des „Semmering“ preisen lässt, der bescheiden ablehnend den Preis auf die Braut lenkt. Als Zierde der Erde (mons decus terrae) apostrophirt der Wanderer den Semmering, die „schneeige Spitze der Steiermark“, auf der doch die „schönsten“, die „lieblichsten“ der Blumen gedeihen. Die im 17. Jahrhundert erhöhte Reiselust der Cavaliere und ihrer Nachahmer, die Huldigungsfahrten der Herrscher belebten auch die Strassen über den Semmering in „vornehmer Weise“, Kaleschen und fürstliche Prachtwagen mussten die Höhe gewinnen und die „Zehrgärfcen“ (die Küchen- und Vorrathswagen) der Fürstlichkeiten sah man in langen Zügen das Joch des Semmering übersetzen. Interessant ist in dieser Beziehung die italienische Schilderung des Curelich über die Reise des Kaisers Leopold I. im Jahre 1660 zur Huldigung nach Innerösterreich, auf welchem Zuge der Kaiser von dreissig der höchsten Cavaliere des Reiches, den Portia, Auersperg, Lobkowitz, Starhemberg, Nostiz, Herberstein, Colloredo, Dietrichstein, Kinsky, Lodron, Weissenwolff, Paar u. s. w. u. s. w., begleitet war. Vom 17. bis 21. Juni dauerte die Fahrt von Baden nach Mürzzuschlag; die Hitze war so „excessiv“, dass man von Schottwien bis in’s Mürzthal nur ruckweise ziehen konnte. 3000 Ochsen waren aufgeboten, um die schwereren Wagen des Hofes über den Semmering hinüberzubringen; der Kaiser machte auf einer Höhe einen halben Tag Rast, bis sämmtliche Wagen und auch die Kaleschen mit den „Hofleuten“ den Punkt passirt hatten und ihm nach Mürzzuschlag vorausgezogen waren, wo er dann am 21. Abends eintraf und das für ihn bereitete Nachtquartier bezog. Kaiser Leopold muss die Beschwerlichkeit dieser Semmeringfahrt lebhaft im Gedächtniss gehabt haben, die namentlich durch den notorischen schlechten Zustand der Strasse noch vermehrt war, da er 1666 seiner Braut, der Infantin Margaretha von Spanien, die über Italien, Kärnten, durch das Mürzthal und über den Semmering in einem fortlaufenden Triumphzuge in ihre neue Ileimath kam, nur bis Schottwien entgegenging, über welche Einholung der Infantin und das daran sich schliessende Ceremoniel in Schottwien eine gleichzeitige Beschreibung, Wien 1666, erschien, die mir in der hochfürstlich Auorsperg’-schen Bibliothek vorliegt. Dieser Beschreibung ist zu entnehmen, dass die Infantin, welcher der kaiserliche Bräutigam eine Reihe Würdenträger in alle Stationen entgegenschickte, auf ihrer Fahrt über den Semmering prächtig gallonirte und livrirte Postillone des Reichsund Erblandpostmeisters Grafen Paar ihrem reichgeschmückten Reisewagen vorreiten sah. Diese Postillone trugen rothe Tuchröcke mit schwarz und weiss „ausgemacht“ (ausgeschlagen), schwarze Hüte mit weiss-roth-schwarzen Federbüschen und silberne Posthörner mit Schnüren aus Seide (gleichfalls in den Farben des Grafen Paar: weiss-roth-schwarz), Graf Carl Paar selbst trug ein goldenes Posthorn. Die um Beginn des 18. Jahrhunderts fast ganz verfallene Strasse über den Semmering Hess Kaiser Karl VI., der im Allgemeinen dem Strassenbau ein aufmerksames Auge zuwendote, in 48 Tagen herstellen (1728), als es galt, die Huldigungsfahrt nach Innerösterreich anzutreten, und noch heute gemahnt das Denkmal, das die Stände Steiermarks dem Kaiser dess- halb auf der Höhe des Semmering (neben dem Gasthause „zum Erzherzog Johann“) errichten Hessen, an diese „That“ Karl’s YI. Von den erlauchten Nachkommen passirten Maria Theresia und Josef II., dann Leopold, Franz und Ferdinand und in unseren Tagen Kaiser Franz Josef und seine erlauchte allverehrte hohe Gemahlin, Kaiserin Elisabeth, wiederholt den Semmering zu Fahrten in die allzeit getreuen innerösterreichischen Lande. Radetzky’s Leichenzug ging „vom Lombardenfeld“ her, „durch Krain und Steier dann“, über den Semmering und ihm entgegen singt Anastasius Grün: Aus den metalfnen Gleisen Und aus den Bergen klang der Tapfren Lust, das Eisen. Wer zählt aber die Festzüge froher Art, die seit der Eröffnung der Semmeringbahn die keuchende Loco-motive aus dem Thal von Gloggnitz hinauf über Via-ducte und durch Tunnels an dem altehrwürdigen Hospiz Spital vorbei nach dem Perron von Mürzzuschlag geleitet, wo in der Regel ein opulentes gastliches Mal die Festgäste in die „gehobenste Stimmung“ versetzte. Da tafelten nach den Genüssen der Naturreize Juristen und Journalisten, Architekten und Ingenieure, Naturforscher und Sangesbrüder, Angehörige aller Berufsclassen und Bevölkerungsschichten, und meistens mischte sich in den Chor freudiger Tafelrunde das Lied der wackeren Mürzthaler Sänger, hier ward toastirt in infinitum, hier wurden Festgedichte in allen Sprachen roc itir Eines der allerersten Gedichte aber hat der Semmeringbahn bei ihrer Eröffnung ein österreichischer Dichter, L. A. Frankl, gewidmet. Er sang damals: „Hier hat durch Urgebirge für das Leben Der freie Geist geschaffen eine Bahn, Verbindend Völker und versöhnend, heben Des Wissens und Verkehrs Triumphe an.“ Oesterreichs Alpenbäder und Alpenseen im Liede. In einem alten deutschen Volksliede, das uns Uhland mittheilte, halten „Sommer“ und „Winter“ eine Gegenrede, und es hebt an einer Stelle der „Sommer“ rühmend hervor: Wir ziehen daher aus Oesterreich und da eB sieht dem Sommer gleich. Wer unterschriebe nach den Erfahrungen der letzten Jahre dieses Lob? Naturfreunde und Badereisende kaum; mussten sie doch in dem vergangenen und vorvergangenen Sommer oft genug seufzend einstimmen in den Ausruf desselben alten Volksliedes an anderer Stelle, der da lautet: 0 Winter, wir haben dein genug nun heb dich aus dem Land mit Fug. Doch nicht lassen wir uns durch vorübergehende „Körner schaurigen Eises“ einschüchtern und halten an dem alten Lobe von Oesterreichs Sommerpracht fest und versuchen die bösen Geister, die uns diesen Glauben etwa rauben wollten, zu bannen, indem wir das „hohe Lied“ citiren, das uns im Chore begeistert, Vorsingen die Dichter von „Sonnenlicht“ und „Himmelsbläue“, von „würz’ger Luft“ und „Waldesduft“, von „spiegelnden Wellen“ und „Mondnachtschöne“ in Oesterreichs Alpenbädern und auf Oesterreichs Alpenseen! Das altehrwürdigo Gaste in — seit den frühesten Zeiten das enfant gäte der hohen Häupter, heute des greisen Kaiser Wilhelm — es ward schon im 16. Jahrhunderte im Liede gefeiert. Als der prachtliebende Erzbischof Adolf Dietrich Graf von Raitenau von Salzburg, 1591 (31. Juli), mit 240 Personen Gefolge und 139 Pferden angerückt kam und von der Gasteinei Bürgerschaft, die millionenreichen Goldfinder Weitmoser an der Spitze, im staatlichen Gegenzuge mit 600 Bergknappen empfangen wurde, da widmete der Sänger der .fürstlichen Badefahrt“ der weiblichen Badegesellschaft die Dithyrambe: Ich lob die zarten Jungfräulein In Zuchten und Ehren Wer woldt Ihnen doch Feind sein Sie thun uns Freude meren. Von den modernen Lyrikern, welchen die „Natur“ öfters mehr gilt als die Menschen darin, wird der Ort selbst mit seinem Tobel besungen. Von welchem aber bildreicher als von unserem Anastasius Grün! Es ist ein Cyclus von fünf Liedern, in denen der gottbegnadete Sänger dieses Gebirgs-eden feiert. „Nur wer der Geister Liebling, den umweht Entschleiernd sich, des Berggeists Majestät.“ 44 Oesterreichs Alpenbäder und Alpenseen im Liede. » Am bezeichnendsten ist die Schilderung, die Grün-Auersperg von dem ersten Eindrücke im Wildbade entwirft: „Es wäre Schlafenszeit: — doch das ist schlimm Nicht schlafen lässt mich hier der Ache Grimm Grad unterm Fenster schlägt ihr Katarakt Auf Felsenpulte dröhnend seinen Takt, Musik zur Unzeit! Was zu thun da sei? Zu horchen nach der Räthselmelodei! — Einförmig tost’s und doch so wechselvoll, Wie Harfen jetzt und jetzt wie Donnergroll! Ist’s Wagenrasseln, das die Stadt durchrollt? Ist’s Mühlgestampf, das täglich Brod dir zollt! Sind’s Eisenhämmer, schmiedend Waffenerz, Ist’s Orgelton jetzt, der dir schmilzt das Herz, Nun Posthornklang, der dich zur Ferne reisst, Nun Waldesrauschen, das dich bleiben heisst, Nun Glockenschall, der fromm die Gläub’gen ruft, Nun Trauermarsch, geleitend in die Gruft! — Dem Leben gleich! Und alles Staub und Schaum Doch sang’s dich unbewusst in Schlaf und Traum. Und wie treffend bei aller Kürze charakterisirt unser Sänger die heilkräftige Wirkung des altberühmten Bades im letzten Lied: Einem Gesunden gewidmet. Im Posthornschall „lang wiederhallend von Fels und Wasserfall“ klingt dem Scheidenden noch des alten Berggeists Sang, ein Lebewohl dir — du mein lieber Gast Der, was ich bieten kann, du selbst schon hast. „Gastuna tantum una“ — es gibt nur ein Gastein; diesen Yers aus einer lateinischen Hymne nimmt sich H. Stieglitz zum Motto seines „Preisses“ auf Gastein und variirt es mit den Worten: Mit Recht wohl heisst’s: „Hienieden Findst du nur ein Gastein“; Denn solch umwallten Frieden Vom Lebenssturm gemieden Wo schliesst ein andres Thal ihn ein ? Diesen „umwallten“ Frieden, wo der Mensch trotz „rings starrender Gletscher“ „dennoch freier athmet zwischen Eis und Stein“ möchte K. G. v. Leitner immer gemessen „Im Nassfelde hinter Gastein“. Und gerne wollt’ ich bleiben So einsam immerdar, Könnt’ ich es nur vergessen Dass ich es einst nicht war. Den vieljährigen erlauchten Freund von Gastein, König Wilhelm von Preussen, apostrophirte, als er zum ersten Male als „Deutscher Kaiser“ im August 1871 wieder hereinkam und dessen Entrevue mit unserem erlauchten Monarchen Kaiser Franz Josef bevorstand, der zu früh geschiedene gemüthvolle Dichter M o r i z Schleifer mit dem schönen Grusse: Und heute, wo der Ileld so grosser Thaten, Louisen’s Sohn, zu uns den Schritt gelenkt Und sich in uus’rer Thäler frischen Schatteu In’s heit’re Leben der Natur versenkt, Bewillkommt an des Alpenlandes Marken Mit Ehrfurcht ihn die alte Stadt II all ein Und wünscht ihm Heil und kräftiges Erstarken Im warmen Quellenstrudel von Gast ein.“ Und in directem Bezüge auf das dann in Salzburg erfolgte Zusammentreffen der beiden Kaiser schliesst Schleifer: 0 welch ein Paar! Auf zwei gewalt’gen Thronen Im Mittelpunkte Europa’s Hand in Hand, Zwei Fürsten mit dem Schmuck der Kaiserkrone Vereinigt durch geheiligten Verband, Wen scheuen sie? — Von ihren hohen Posten Späh’n sie, dem Doppelaar im Wappen gleich, Und hüten siegsgewiss gen West und Osten Der deutschen Brudervölker mächtig Reich. Neben dem altehrwürdigen Gastein, das noch so jugendliche und doch so vollkräftig entwickelte Ischl— so vollkräftig entwickelt, Dank der hohen Patronanz unserer allverehrten Majestäten Franz Josef und Elisabeth, im Vereine mit den höchstseligen Eltern Sr. Majestät, Erzherzog Franz Carl und Erzherzogin Sophie — das rasch zum Weltbade gewordene Ischl es findet sich gepriesen im Munde von Sängern sonder Zahl! Zarter und inniger hat aber keiner aus ihnen Ischl’s wundervolle Reize perlengleich gefasst als Friedrich Marx, der sein Loblied austönen lässt: Ala des Thaies Zauberring, Wie ein Traumbild mich umling, Blühte mir aus seinem Schoosse Auf der Liebe Alpenrose. Und den balneologischen ITochworth von Ischl kennzeichnet K. A. Kaltenbrunner am besten! Gesegnet sei mit deines Salzes Soolen' Mit deiner Kraft die Leidenden zu heilen! 0 seht, wie sie von allen Landen eilen Um deiner Göttin Huldgeschenk zu holen! Im selben Sonettencyclus: Das Salzkammergut betitelt, besingt K. A. Kaltenb runncr auch die romantischen, heute zu ihrer vollsten Geltung gekommenen Seen dieses wunderherrlichon Erdenwinkels, den Traun-und Laudach-, den Atter- und Wolfgang-, den Lang-bath- und Hallstädter See und jedes einzelnen Eigenart in poetischer Phototypie; scharf treffend fasst er aller Lob und Preis in einem wahrwortreichen Weihelied zusammen, das also lautet: Was rühmest du, Schotte, deiner Berge Seen? Was preisest du dein Land so hoch vor allen? Was soll auch stets das Ferne nur gefallen? Was wollt ihr ewig nach der Schweiz nur gehen? Sind fester denn die Berge, die dort stehen? Die Alpenlieder froher, die dort schallen? Die Echo schöner, die dort wiederhallen? Die Lüfte reiner, die dort niederwehen? Wo Oherösterreichs Seenspiegel glänzen, Wo uns’res Landes Berge sich erheben, Wo uns’res Traunsteins freie Zinnen ragen; Da schmückte sich Natur mit gleichen Kränzen Da findet ihr der Schönheit gleiches Lehen, Den gleichen Zauber aus der Welt der Sagen. Den Hallstädter See — nach so Mancher Geschmack den schönsten darunter, den wir heute bequem auf eiserner Strasse umfahren — frägt K. E. Ebert: Du stiller See mit deinem weiten Bogen, Sag’, wie beginnst du’s, immer grün zu bleiben, Ob, wühlend auch in deinen glatten Scheiben Manch schwarzer Bergstrom rasend kommt geflogen. Gosauthal und Gosausee fanden ihre begeisterten Lobredner, ersteres an dem Humoristen Saphir, letzterer an dem Freiherrn v. Zedlitz; Saphir ruft dem Gosauthal zu: Um dich geht Schmerz und Weh und Pest und Tod, Das macht nicht blass dein Früh- und Abendroth, Wer ohne Mitgefühl durch’s Leben so kann gehen, Kann leicht wie du stets frisch und jung bestehen! Und Zedlitz, indem er die Geliebte lädt zum Gosausee „hinanzuklimmen die unbekannten Pfade“, um „belohnt zu werden mit nie geahnten Herrlichkeiten“, malt, ein Gauermann im Liede, diese Herrlichkeiten mit naturgetreuem Pinsel: Noch windet sich der Weg eng durch die Klause, Wo über Steingeröll die weissen Schäume Des Waldbachs niederstürzen mit Gebrause; Bis endlich sich aufthun verschloss’ne Räume Und zu verborg’non Wundern wir gelangen, Als zögen wir durch’s Zauberland der Träume. — Sieh hier, wo wild die Felsen überhangen, Hoch oben in der Lüfte Regionen De,, dunkelgrünen Wasserspiegel prangen, Den Donnerkogel ihm zur Seite thronen, Die kahle graue Wand, langhingestreckt, Die seltsam wunderlichen Zackenkronen Gleich Minareten in die Wolken streckt? — Hier wohnten einst, mit Ketten angeschlossen Unbänd’ge Riesen, von Granit bedeckt, Gewaltsam rüttelnd au den Fels verschlossen; Wenn Nachts im See auftauchten die Najaden, Den weissen Leib, von Mondesglanz umflossen, Im klaren Edelstein der Fluth zu baden Und lockend sehnend riefen die Gebannten Zu seliger Umarmung einzuladen! — Sieh einen einzigen lichten Diamanten, In seiner Herrlichkeit den Dachstein ragen Den eisgekrönten, mächt’gen Nekromanten. Aussee, das schon in den ersten Decennien unseres Jahrhunderts durch des Prinzen Johann „Freit“ um des Postmeisters schöne Tochter — die heutige Gräfin von Meran — sich ausser der angebomen Natur-, auch einer Personalromantik erfreute, von weitostreichendem Nimbus, Aussee, das uns heute, Dank der Kronprinz Rudolf-Bahn, den weltverbindenden „Eisenarm entgegenstreckt“, es ward vor Jahren auf stillem Wanderwege von Lenau besucht und — besungen. Der unglückliche Dichter-Freund Anastasius Grün’s, er schrieb in’s Fremdenbuch zu Aussee „auf See und Wasserfall“ die Yerse: Die Felsen schroff und wild, Der See, die Waldumnachtung, Sind Dir ein schönes Bild Tiefsinniger Betrachtung. Und dort mit Donnerhall Hineilend zwischen Steinen, Lässt dir der Wasserfall Die kühne That erscheinen. Du sollst gleich jenem Teich Betrachtend dich verschliessen, Dann kühn, dem Bache gleich, Zur That hinunterschiessen. y. Kadlc«, „Quellenstudien1*. 4 Aussee als Expositus in der nördlichen Ecke, zählt dann die grüne Steiermark in ihren südlichen rebenum-rankten Berghängen bekanntlich eine Reihe heilkräftiger Bäder, das Römerbad, Franz Josefsbad bei Markt Tüffer, Neuhaus, Rohitsch (Sauerbrunn) und GMeichenb erg, die alle ab und zu von Dichtern, in freier Wahl oder bemüssigt, besucht und — besungen wurden. Grillparzer, J. G. Seidl, Graf Albrecht von Wickenburg, Hans Max u. A. haben auf Stammbuchblätter und in Albums „bezügliche“ Verso auf das eine und das andere dieser Bäder „gedichtet“. Von reizendem Humor erfüllt ist der Cyclus von zwanzig Gedichten, die Faust Pachler der „Rohit-scher Brunnencur“ in einem der letzten Jahrgänge der von Hofrath Baron Falko begründeten und trefflichst. redigirten „Dioskuren“ gewidmet hat. Beim „letzten Brunnenbesuch“ findet der Dichter: Liebe, freundliche Gesichter, Von der Genesung rothgekiisste Strahlende Augen, lächelnde Lippen, Wo der Frohsinn mich begriisste. — Ehrenwerthe alte Dame, Höflicher Jüngling, würdiger Greis, Liebliches Fräulein, jauchzender Knabe Guten Morgen eurem Kreis. 0 wie freut mich eure Frische! Selbst an den Kleidern freut sie mich Rauschen wie Bächlein, knistern wie Funken Freu’n beinahe selber sich. Oesterreichs Alpenbüder und Alpenseen im Liede. 51 Das frohe fröhliche Treiben — das im Salon von Rohitsch trotz aller neubeliebten Draconismen durchbricht — cs ist hier mit Vollendung gezeichnet! „An Neuhaus“ richtete Hans Max (Baron Paü-mann) — von meiner Frau dazu aufgefordert — freundliche Worte; es heisst da u. a.: Aus der Erde räthselhaftem Grunde Perlet eines Bades Wunderquell, Dass der kranke Körper uns gesunde Düsterer Geist sich kläre und erhell’. Aus Steiermark den Blick nach Krain! Da liegt der „krystall’ne See“ von Veldes, seit Kurzem erst und namentlich durch die Besuche der durchlauchtigsten Erzherzoge Carl Ludwig, Ludwig Victor und Albrecht, durch die Ausied-lung und Nachbarschaft der Grafen Ai che Iburg und Thurn, der Barone Lazarini und Schwegel und Andere mehr, in Ruf gekommen, ein Seebad von vorzüglicher Wirkung. Anastasius Grün hat ihn mit vollem Meistersänge „In der Veranda“ besungen; es zählt das „Seebild“ mit der Hymne auf den „Schwan“ zu dem Schönsten, was Grün-Auersperg je gesungen. Auf den Höhen die Burg, im Thal die Hütte, Neben dem Römerstein der schimmernde Kirchthurm. Altes und Neues, sowie die Menschlein dazwischen Alles zerschwaukend, zerbröckelnd, zerfliessend! Aber feierlich über den Bildertrümmern Ueber dem Schwankenden ziehst du, einsamer Lootse, 4* Deine Bahnen dahin, in beseeligter Ruhe, Blank und rein, wie die schimmernde Wasserlilie, Leuchtend wie im Azur die Silberwolke, Blume der Erde zugleich und Bote des Himmels. In Krain liegt aber auch noch der Zirknitz-See, den Torquato Tasso gefeiert, und dessen Eigenthümlich-keit: jetzt zum Bade zu dienen, und zum Fischfang, jetzt zur Jagd und dann wieder zur Ernte, schon im 16. Jahrhunderte der Laibacher Rector Nicodemus Fr ischlin pries, dessen Loblied auf den Zirknitz-See in die Verse ausklingt: „Preise nur der den Nil und preise nur der den Inopus, Welcher des Zirknitz-See’s einziges Wunder nicht kennt.“ Populär mit einem Schlage, wie durch Herb eck und Thom. Koschat die Lieder Kärntens, wurden die Kärntner Seen. Rasch erfüllte sich der Wunsch des Dichters Friedrich Marx, den er am Fusse des Grossglock-ners ausgesprochen: Von deiner Seen Spiegeln, Gleich Perlen eingefasst, 0 Alpenbraut, so lade Dir auf dem Eisenpfade Du Buch mit sieben Siegeln Die Welt dir nun zu Gast. Dank den „Eisonpfaden“ der Südbahn und der Kronprinz Rudolfbahn ist heute Kärnten mit seinen See-Spiegeln kein Buch mehr mit sieben Siogeln und „die Welt“ im engsten und im woiteren Sinne ist heute Oesterreiehs Alpenbäder und Alpenseen im Liede. 53 zu Gast an den Ufern des Wörther-, des Millstätter-, des Raibler-See’s. An den Ufern des Wörther-See’s da glänzen mit weithin leuchtenden Namen die Villen Tschabuschnigg’s, Teschenberg’s, Jäger’s und jene von Rosen, dem Lustspieldichter. Pörtschach ist aus einem unscheinbaren Dorfe eine Villenstadt geworden, die schöner vor Kurzem noch kein Traum hätte träumen lassen! Der Wörther-See, er fand an J. Holzer, der Raibler-See an dem leider allzufrüh verstorbenen B o-gensberger den begeisterten Troubadour. Und im Lavantthal, diesem Paradiese Kärntens, das dem Weltverkehre jungst erst durch die Staatsbahn Unterdrauburg-Wolfsberg erschlossen ward, da gibt es ein uralt Bad St. Leonhard und Preblau, und die Lavant, die sich herabschlängelt durch das Thal am alten Bischofssitz St. Andrä (heute Jesuitonconvict) und an der Benedictiner ehrwürdigem Klosterbau von St. Paul vorbei, sie wird an ihren Ufern eine Reihe heilkräftiger Kaltwasser-Bäder erstehen sehen. Schon ist in St. Gertraud, dom Heim der ebenso schönen als liebenswürdigen Frau Postmeisterin Schmitt, solch ein Bad entstanden ; andere werden folgen. Was Gallisch vom Lavantthal singt, es hat volle Geltung: Ich kenn ein Thal von Gärten voll und Auen Der Alpen Arme halten es umfangen, In ihrem Schooss ein Kind mit frischen Wangen Liegt’s warm gehegt, ein Tempel anzuschauen. Und in dem zum Volksliede gewordenen Lobliede Gal-lenstein’s auf des „Kärntners Vaterland“ erklingt dio letzte Strophe also: Dort, wo von Alpenluft umweht Pomonas schönster Tempel steht, Wo durch die Ufer, reich umblliht Der Lavant Welle rauschend zieht, Im grünen Kleid ein Silberband — Dort schliesst mein lieblich Vaterland. Nicht minder wie die Seen von Oberösterreicli und Steiermark, von Krain und Kärnten, haben die Seen von Tirol ihre Lobsinger gefunden, der Achen-thaler- und der Fern-, der Brenner- und der Garda-See. Was der Südbahn auf dem einen ihrer Kunstwege zur Vollendung gigantischer Romantik, was ihr auf dem Semmering fehlte, das hat sie bei der Tracirung des zweiten Kunstweges über den Brenner gefunden — einen See! Den Brenner-See, Angelica von Hörmann hat ihn im Liede gefeiert, wie es kaum herrlicher gedacht werden kann. Möge das ganze schöne Gedicht hier seinen wohlverdienten Platz finden. Die selbst viel gefeierte Sängerin singt: „Du schaust so klar aus waldbewachs’nen Borden Ein blaues Aug’ aus dunkler Wimpernfranze. Du spiegelst in deinem ruhigen Glanze Jahrtausende und bist nicht matt gewordeu. Du sahst des Cimbernvolks befellte Horden, Den Römeraar, die Hohenstaufeulanze, Kreuzfahrer, Schützenvolk — wer nennt das ganze Gewühl auf dieser Mark von Süd und Norden? Als letzter Stürmer braust durch diese Räume Dämonisch wild das Dampfross, dass ein Schüttern Zucket durch den Grund; — die stillen Wasser zittern Als wär’s ein Lächeln über all’ die Träume, Die hier der Mensch geträumt; dann ruh’n die Fluthen In stolzer Glätte, wie sie früher ruhten.“ Wie Vogt, Zettel, Weller die Seen, so haben Müller und Zingerle, Tiek und Scheffel die Schönheiten und Reize der sog. „klimatischen Cur-orte“ Südtirols, Bozen mit dem Sarnthal und dem all-mälig verfallenden Bunkelstein, Obermais, Meran und Schloss Tirol im Hochgesang verherrlicht. Von hinreissender Wirkung, wie Alles, was Schelfe l’s begeisternder Leier entströmt, ist die Apostrophe, die dieser gottbegnadete Sänger an den Runkelstein richtet, die da anhebt: Noch heute freut’s mich, o Ruuklstein, Dass einstmals zu guter Stunden ln der Talfer felsenges Thal hinein Zu dir den Weg ich gefunden. Und die schliesst: Im Rittersaale am hohen Kamin Sass lang ich in Sinnen versunken Und habe im feurigen Wein von Tramin Des Vintler’s Gedächtniss getrunken. Wer immer in’s sonnige Etschland fährt Halt Einkehr in diesen Räumen Und ist ihm eine Isolde bescheert, Mag er von ihr hier träumen. „Von Roveredo nach Riva“ pilgernd, greift Yogt in die Saiten: Wo wir Arco's Burg erblickten rechts in dem Thale Träger begegneten uns, beladen mit goldenen Früchten, Seid mit Jubel hochwillkommen, ihr Boten des Südens 1 Jetzt um die Ecke herum und ein Laut des freudigsten Staunens War der Hymnus, den wir dem reizenden Anblicke brachten : Garda’s lichtblauer See, von himmelan strebenden Bergen Rings umragt, dehnt sich in unabsehbare Ferne, Deren goldener Schein Ausonien ahnen uns machte. Mit dem Garda-Sec an Italien grenzend, mit „dem deutschen Meer“, dem Bodensee, an Deutschland und die Schweiz, hat Oesterreich, das mit Schönheiten der Natur reichgesegnete, auch für die lächelnden Ufer am Bodensee, wo ein gefeierter österreichischer Dichter, Alfred Meissner, sein Dichterheim aufgeschlagen, der Lobredner gar Manche gefunden: Platen und Gustav Schwab, Levin Schücking, Castelli u. A. Platen, scheiden müssend, der Liebe wegen, ruft Schwelle die Segel, günstiger Wind, Wenn ich auch hier im Entzücken verweile, Drüben knüpfen mich liebende Seile, Schwelle die Segel, günstiger Wind. Die Alpenbäder und Alpenseen Oesterreichs, sie haben — unser flüchtiger Ueberblick hat davon überzeugt — im Liede ihre Yerherrlichung gefunden, ihre bestverdiente Verherrlichung, so dass sie vielseitiger und begeisterter kaum gewünscht werden kann! Und die Dichter, die Sänger des Lobes, sie haben zumeist, ja fast durchwegs, in ihren Hymnen und Dithyramben nur die Natur im Auge; was könnten sie erst, wenn sie aus der Wolkenhöhe niederstiegen, zum irdischen Beiwerk des Comforts und der leiblichen Behaglichkeit, zum Geschmack in den Anlagen unserer Bäder, zu Art und Sitte im Verkehre der Badegesellschaften, was könnten sie da — neben manch’ tadelnswerthem Auswüchse — Lob- und Preiswürdiges finden, und namentlich der Geschmack, er ist Dank dem allgemeinen Fortschritte in den Anlagen unserer Bäder an den reizenden Gebirgsseen Oesterreichs so entwickelt, dass auch Heros Schiller, kehrte er heute wieder, gewiss nimmer sein bekanntes böses Xenion dichten würde: „Seltsames Land! Hier haben die Flüsse Geschmack und die Quellen, Bei den Bewohnern allein hab’ ich noch keinen verspürt.“ Zu Schiller’s Zeit mag sein — die Modenbilder allein lassen’s schon glauben — heute nicht mehr, denn heute sind wir auch nicht mehr das „Volk derPhäaken“; heute ist’s nicht mehr alle Tag’ Sonntag, und „der tägliche Braten am Spiess“ ist schon längst zur Märe geworden! 58 Oesterreichs Alpenbäder und Alpenseeu im Liede. „Geschmack“ aber, entschieden Geschmack, haben die „Forelle n“ unserer Gebirgsseen und Geschmack bezeugen auch wir, die wir sie vertilgen und feiern, im Liede feiern mit unserm unvergesslichen trefflichen Schubert! Nach Graz „anno 1“. Tagebücher und jegliche Aufzeichnungen von Reisenden geführt, haben aus allen Zeiten wenn nichts Anderes, so unleugbar den einen Vorzug vor „autoch-thonen“ Schilderungen — wenn man so sagen darf — voraus, den Vorzug nämlich der Ursprünglichkeit und einer gewissen Unbefangenheit dos Urtheils, deren sich immer und überall die Fremden eher berühmen dürfen, als die Einheimischen. Es mag daher nicht ohne Interesse sein, zu erfahren, wie ein Reisender — heute sagen wir ein Tourist — von 1801, sich die Steiermark und deren reizende Hauptstadt besehen und was er dem Lande und der Stadt in Roproduction seiner Reise-Eindrücke „nachgesagt“. Der deutsche Schriftsteller C. F. Benkowitz — ein Preusse — unternahm nämlich im Jahre 1801 eine grosse „Bildungsreise“ von Glogau nach Sorrent und es führte ihn sein Weg über Breslau, Wien, Graz, Triest, Venedig, Bologna, Florenz, Rom und Neapel. Diese Reise beschrieb der „Verfasser des Natalis“, der — nebenbei bemerkt — später in seine Heimat zurückgekehrt, durch einen Sturz aus dem Fenster unglücklich endete — in drei Bänden (Berlin 1803). Für uns beginnt die Schilderung ihre ganz besondere Bedeutung zu beanspruchen in dem Momente, da unser Reisender sich der Grenze der schönen grünen Steiermark nähert. Durch den Engpass von Schottwien daherkommend, sieht er den Semmering vor sich. „Der Sömmering — ruft er aus — ist ein ungeschliffener Berg. Von allen Borgen in Oesterreich und Steiermark, auf einer Strecke von zwanzig Meilen, ist er der gröbste, denn er hat sich gerade in den Weg gelagert. Bis Schottwien kann man, trotz der ungeheuren Gebirge an den Seiten, in einem ebenen Thale fahren, hier auf einmal muss man auf eine ansehnliche Höhe hinauf und diese Höhe heisst der Sömmering. Anstatt dass alle anderen Berge, und zwar mitunter weit höhere, bescheiden an den Seiten liegen, sperrt er auf einmal den Weg. Ist das nicht ungeschliffen? Ich wollte, Blumauer hätte ein Gedicht auf ihn gemacht, wie auf den Wind und auf die Sonne; er hätte es weit eher verdient. Dass er dieser Ungeschliffenheit seinen Ruf verdankt, das ist das Aergerliche bei der Sache. Läge er an der Seite, er würde ebenso wenig genannt werden, als die übrigen Berge; die Unverschämtheit macht ihm einen Namen. Es soll Menschen geben, die etwas Aehnliches mit ihm haben.“ Der gute Preusse von anno 1, wenn er heute auf einem Brak der Südbahn den vielgefeierten Semmering befahren könnte, er dürfte über ihn wohl anders urthei-len als in den Zeiten der „Vorspann“. „Des Abends spät“ kam Benkowitz nach Spital, wo er Nachtlager hielt. „Als ich am anderen Morgen wieder ausfuhr, befand ich mich im Mürzthal. Dies Thal ist berühmt wegen seiner Schönheit. Doch leider war es anfänglich in dichte Nebel gehüllt.“ „Endlich gegen Mittag zerflossen die Nebel und die Natur um mich her trat allmälig aus ihrem Schleier hervor. Da sah ich an beiden Seiten hohe Berge mit Wald bedeckt und Ruinen von Ritterschlössern und bewohnte Landhäuser, die an den Absätzen der Berge lagen. Lange noch zog sich der Nebel in Wolken um die Berge herum und dies bildete einige seltsame Erscheinungen. Oft war die Spitze der Berge mit Wolken bedeckt, oft die Mitte, oft der Fuss. Wenn der ganze untere Thcil derselben bedeckt war, so gewährte dies einen vorzüglich schönen Anblick. Es hat etwas Ueber-irdisches, wenn Bergspitzen aus den Wolken hervorragen, während der untere Theil gänzlich dem Blicke entzogen ist. Es erinnert so lebhaft an jene Welt, wo auch unser irdischer Theil mit der Hülle des Grabes bedeckt sein wird.“ Auf die sogenannto „Kaiserstrasso“, auf der er dahin fuhr, ist er schlecht zu sprechen; er nennt sie einen Morast oder eigentlich, sagt er, sollte sie der Styx heissen. „In den Dörfern und Marktflecken ist dieser Morast am tiefsten.“ Als er des Abends nach mühevollster Fahrt in einem einsam liegenden Wirthshause dem Wirthe seine schlechte Tagreise klagte, tröstete ihn dieser mit der Mittheilung: „Der spanische Gesandte, der von Wien nach Rom ging, sei vor vierzehn Tagen hier durchgekommen und habe mit Extrapost in einem Tage nicht mehr als vier Meilen gemacht“. Yon der Fahrt aus Bruck heraus in’s Murthal ist Benkowitz hoch entzückt. Er widmet ihr ein ganzes Capitol, das er „Naturgemälde“ betitelt. Was ist es, das ihn hier so fesselte? Hören wir! „Ich sah — sagt er begeistert — mir gegenüber eine steile Bergwand, dicht mit Bäumen bewachsen, deren Laub in dieser herbstlichen Jahreszeit nicht mit Grün allein, nein, mit allen Abstufungen von grün, gelb, braun oder dunkelroth. Ich erinnere mich nie in meinem Leben eine solche warme, reiche und erhabene Verschmelzung von Farben in der Natur gesehen zu haben und ward anfangs davon so überrascht, dass ich nicht wusste, was ich eigentlich sah. Denn weil man diesen erhabenen Gegenstand erblickt, indem man eben um eine Ecke herumkommt, so ist er um so unerwarteter. Wenn viele tausend Regenbogen sieh unter einander verschlängen und bunt durcheinander wänden, so würde etwas Aehnliches entstehen. Koin Pinsel vermag dergleichen nachzuahmon. Hier hat die Natur einen Felsen gleichsam tapeziert und von einer solchen Tapete im grossen Zimmer der Natur lässt sich in den kleinen Zimmern der Menschen nur eine ferne Nachbildung anbringen.“ Besondere Beachtung schenkt unser Tourist dem heute als Badeort schon weithin bekannten Frohn-leiten, „über welchem ein hoher und steiler Felsen hervorragt. Auf der Spitze dieses Felsens liegt ein Schloss, in welchem der Besitzer nur selten wohnt und das allmälig zu verfallen anfangt. Nach einigen Jahren wird er gar nicht mehr darin wohnen, und das Schloss wird ganz verfallen. Hier kann man also recht anschaulich wahrnehmen, wie allmälig die Ruinen von den alten Ritterschlössern entstanden sind.“ „Von Frohnleiten an wird das Thal allmälig breiter und angenehmer, wenn auch minder erhaben.“ Als er so dahin fuhr, hatte er des Abends eine „seltsame Erscheinung“. Was denn?, frägst Du, wissbegierige Leserin. „Ich sah — schreibt er — auf einem Felde eine Menge aufgerichtoter Wesen stehen, die mit Tanzbären, mit Affen, auch mit einer Reihe vermummter Menschen etwas Aehnliches hatten. Aber es war nichts von allem diesen, es war — wer sollte es errathen ? — eine Reihe von Buchweizengarben, die man nebeneinander gestellt hatte und die allerhand Gestalten annahmen. Eine schreckhafte Einbildungskraft würde hier Gelegenheit gefunden haben, die fürchterlichsten Erscheinungen zu sehen.“ Nachdem er die Einsamkeit von „Badei“ mit der rauschenden Mur zwischen hohen Felsen als ein Stück, „Romantik auf vier Wochen“ für ein Liebespaar, genügsam gekennzeichnet und dann über die „Mur“, durch die man mehrere Male hindurchfahren und an der man auch vielen „Brückenzoll“ bezahlen müsse, weidlich „gemurrt“ (welches Wortspiel sein eigenstes Eigenthum) trifft er in Graz ein. „G rät z“. „Wie freut man sich — ruft Benkowitz angesichts von Graz aus — wenn man endlich Grätz (wie er nach der Schreibart der damaligen Zoit consequent schreibt) in einer solchen Ebene erblickt und die Borge sich demselben gleichsam nur von fern nähern sieht.“ Nun beginnt er die Schilderung seines ersten Eintrittes in die Stadt, in der er, wie wir später sehen werden, so ausserordentlich zuvorkommend, ja freundschaftlich aufgenommen wurde, so dass sich auch an ihm der noch heute aufrechte Ruf der besonderen Gastlichkeit der reizenden Murstadt glänzend bewährte! „In der Vorstadt dieses Ortes — schreibt unser Tourist — die von dieser Seite (Lend) sehr lang ist, fand ich vielen militärischen Train von Kanonen, Bagagewagen und Pferden, die aus Italien zurückkamen. Ueberhaupt war an vielen Orten die Kaiserstrasse damit bedeckt. Ich fuhr in die Stadt hinein, hatte aber vorher noch einen merkwürdigen Anblick. Ich kam über eine Brücke (an der Stelle der heutigen Kettenbrücke), der es niemand ansah, dass es eine Brücke sei, wenn man vorher nicht ihre Lago beobachtet hatte. Sie war oben bedeckt und bildete das Stadtthor. An beiden Seiten derselben sah ich eine Mengo von Buden, worin alle möglichen Galanterie- und andere nothwendigen Waaren feilgoboten wurden, so dass man plötzlich in einen grossen und gedrängten Jahrmarkt zu kommen glaubte. Diese Brücke ist sehr lang, da sie aber an beiden Seiten Fenster hat, so gewährt sie hinlängliches Licht zum Handel und Wandel. Man sagte mir, dass sie jährlich dem Magistrat eine Miethe von 2000 fl. eintrüge. Ich habe auf meiner ganzen Reise nichts Aehnliches gesehen. „Grätz scheint“ — fährt unser Reisender in seiner anschaulichen Beschreibung fort — eine angenehme und lebhafte Stadt zu sein. Sie hat 40.000 Einwohner, ein Theater, eine politische Zeitung und eine Bergfestung, worin viele Gefangene sind. Zwischen der Stadt und den Vorstädten sind nach Art von Wien grosse Räume, die man zu öffentlichen Spaziergängen bestimmt hat u. s. w.“ Sein Urtheil über das Leben in Graz, das ihm „sehr angenehm“ erscheint, fasst er kurz und treffend in den Satz zusammen: „Sie hat nicht das Ungeheure und Beschwerliche grosser Städte, in denen man erst eine Reise zur Natur machen muss und nicht das Aongstliche der kleinen, in welchen jeder Schritt beobachtet wird. Die goldene Mittelstrasse ist auch bei Städten angenehm.“ Der freundlichen Aufnahme in „Grätz“ widmet er ein ganzes Capitel. Er war an einen Fabrikanten Herrn Xaver Sartori empfohlen, der sich nun ihm gegenüber in Aufmerksamkeiten aller Art unerschöpflich zeigte, bei dem er logiren musste, der sein Cicerone war, der ihn in’s Schauspiel und zweimal zum Arzt führte (da Ben-kowitz kränklich war) und der ihn schliesslich so reich mit Speise und Trank auf die Weiterreise versah, dass v. K u d i c s , „Quellenstudien“. 5 er „bis tief in Italien noch von dem Gebackenen“ aus Graz hatte. Herr Sartori war Besitzer einer Seidenfabrik in Graz, die er natürlich seinen Gast im Detail besichtigen liess, der hier „zum ersten Mal das wichtige Product des Seidenwurmes im Grossen behandelt sah“. „Herr Sartori beschäftigt 120 Menschen — schreibt er darüber — und in einer langen Reihe von Zimmern sah ich weben, spulen, haspeln, färben u. s. w.“ „Diese vielen Menschen arbeiten überdies gleichsam concentrirt, indem mehrere von ihnen durch künstliche Maschinen in den Stand gesetzt sind, bei weitem mehr zu verrichten, als sonst mit zwei Menschenhänden möglich ist. So sah ich einen Knaben einen grossen Haspel drehen, durch welchen 700 Spulen auf einmal in Bewegung gesetzt wurden, und auf jede von ihnen zwirnte sich die Seide zusammen. Es war bei dieser künstlichen Maschine nur noch ein Mensch nöthig, der um sie her-umging und die abgerissenen Fäden wieder anknüpfte.“ ..... „Diese Fabrik beschäftigte sich vorzüglich, farbige, auch schwarze Tücher zu weben und man verfertigt die Woche ungefähr 70 Dutzend davon, so dass jährlich, auch wenn man die Feiertage abrechnet, 40.000 Stück gewirkt werden, und also auf jeden Einwohner — ein Stück kommt! Indessen wird sich wohl niemand einbilden, dass alle diese Tücher in Grätz bleiben. Nichts weniger! Im Gegentheile, werden sie weit umher versandt und es kann sein, dass viele meiner Leserinnen gerade eines tragen, indem sie dies lesen.“ „Es sind meistens Frauenzimmer — erklärt Ben-kowitz weiter — welche diese Tücher weben, und sie werden nicht nach dem Tage, sondern nach der Anzahl der Tücher, welche sie die Woche über verfertigen, bezahlt. So erspart sich der Besitzer unstreitig vielen Verdruss und die Unfleissigen bestrafen sich selbst.“ Diese Frauenzimmer konnten aber nicht allein weben, sie konnten auch singen und mitunter recht hübsch. Ich hörte es sehr gern, wenn sie ein volltönendes Concert anhoben und die Stimmen kamen überdies aus manchem niedlichen Munde.“ Diese Bemerkung über die „singenden Fabriksmädeln“ führt ihn zum Capitel Theater und er consta-tirt, dass in Grätz eine „Vergötterung der Schauspieler“ herrsche, die er nicht theilen könne und er ist hocherfreut, dass er im Hause seines Gastfreundes „eine gleichgestimmte Seele“ fand, die über diesen Punkt eines Sinnes mit ihm sich zeigte. „Am Nachmittage (wahrscheinlich also in die damals so übliche Kaffeevisite) kam, sagt er, eine „Frau v. Mayer“ zu meinem freundschaftlichen Wirthe. In den Grätzer Zeitungen hatte gerade gestanden, dass Iffland eine goldene Dose zum Geschenk bekommen habe und da dieser berühmte Künstler bei seiner Reise nach Wien auch hierher gekommen war und einige Vorstellungen gegeben hatte, so lenkte sich unser Gespräch auf das Theater. Ich hatte kaum die Bemerkung gemacht, dass es jetzt Ton wäre, nicht allein Männer wie Iffland, der als Schriftsteller und Künstler, sowie als Mensch gleiche Verdienste hat, sondern auch gewöhnliche Schauspieler 6* öffentlich zu vergöttern, als die Frau von Mayer mit ungewöhnlicher Wärme in diese Materie einstimmte und mit mir ganz gleicher Meinung war. Ich wunderte mich nicht wenig, als sie über den Punkt: wie man nicht sowohl von Kriegs- als von Theaterhelden in den Zeitungen rede; wie man das Schauspielertalent jetzt weit mehr erhebe, als alle anderen wesentlichen Verdienste um die Menschheit u. s. w. eine Menge Bemerkungen machte, die ganz aus meiner Seele gesprochen waren.“ Benkowitz weilte gerade am 15. October, dem Geburtstage der damals „regierenden Kaiserin“ von Oesterreich in Graz und findet es in hohem Grade unpassend, dass eben an diesem Tage im Grazer Theater Kotzebue’s: „Das Dorf im Gebirge“ (sonst wohl ein sehr patriotisches Stück) gegeben wurde, das „durch Scenen zwischen Besoffenen“ eingeleitet wurde. Die Grätzer theilten seinen Unwillen und gaben „ihren Widerwillen gegen diese Scenen — wie er schreibt— laut durch Trommein und Murren zu erkennen.“ In der Fortsetzung seiner Reise nach dem Süden kam unser Tourist, der so rasch für Graz eine entschiedene Vorliebe gewonnen, nach Leb ring. Hier begann es wieder recht theuer zn werden, auch der Weg ward wieder um vieles schlechter und „noch ein anderes Uebel gesellte sich dazu: die Sprache veränderte sich gänzlich und wurde — wie Benkowitz das Slovenische charak-terisirt — ein verdorbenes Böhmisch, das mit dem Polnischen einige Aehnlichkoit hat. “ Einen angenehmen Anblick gewährten ihm die Weinberge bei Ehren hausen; in Feistritz hatten die Franzosen allen Wein ausgetrunken und das Pfund Zucker galt hier einen Reichsthaler zwei Silbergroschen. In dem Dörflein Tepina, das er eben an einem Sonntag berührte, sah er eine prächtig geputzte „win-dische“ Bauernwirthin. Er schildert sie also: „Das Weib trug ein rothseidenes Mieder, einen weissen mousselinenen Rock, eine blaue seidene Schürze, kurz, sie sah aus, wie die französische Cocarde (weiss-blau-roth). Dabei hatte sie eine Menge Ketten um den Hals, viele rothe Bänder auf dom Kopfe, ein Halstuch mit feinen Spitzen und Ringe auf dem Finger. Zu dem allen aber — welch’ Contrast — ein Paar Klotz- (Holz-) Pantoffeln.“ Bei den Bauernmädchen, die er recht hübsch fand, traf er zumeist an der Seite, an einem langen Bande hängend, eine Scheere, was ihm ein Zeichen war, dass sie sich sämintlich auf’s Nähen verständen. Cilli erschien ihm als ein todtes Städtchen und der letzte steiermärkische Ort, den er erwähnt und wo er über das gute Leben der Fuhrleute seine Betrachtungen anstellte, ist Sachsenfeld. Er musste da mit den Fuhrleuten die table d’höte theilen und sie ver-raassen sich gar arg bei ihm mit der — Schmähung des schlesischen Bieres! Eine Princess Liechtenstein als Medicinae Poctor 1697. Die reizende Hauptstadt der grünen Steiermark, das schöne „Graz11, wurde im Laufe des XVII. Jahrhunderts vielfach von der greulichen Epidemie, der „Pest“, heimgesucht, welche bösartige Seuche einen wahrhaft panischen Schrecken verbreitete, wenn sie eintrat, in Palast und Hütte gleichmässig die Hilfe aufrufend, die Abwehr herausfordernd. Der schwerste von diesen „Pestanfällen“ war der des Jahres 1680, anlässlich dessen bei einer Bevölkerung von damals etwa 17.000 Menschen im Durchschnitte täglich sechs Personen starben. Die Chronik verzeichnet uns aber auch aus Steier-rnarks Schreckenstagen dieser Art auf goldenen Blättern das Wirken der Cavaliere und Damen zum Besten der leidenden Menschheit, sie berichtet, wie auch in Graz in erster Reihe der Adel und namentlich die edlen Frauen darin wetteiferten, den armen bedrängten „Mitchristen“ in aufopferndster Nächstenliebe beizuspringen, in den Stunden der höchsten Gefahr, das eigene Leben auf das Spiel zu setzen, um den Mitmenschen Hilfe und Rettung zu bringen! Auch die Grazer Pestkranken wurden von samari-tanisch Gesinnten aus den Kreisen der hohen und höchsten Gesellschaft, wie sie damals in der altmerkwürdigen Murstadt versammelt war, besucht, gepflegt, getröstet, unterstützt. Doch mehr noch! Mitten in den Drangsalen der verheerenden Seuchen tritt eine Dame der höchsten Aristokratie der Steiermark auf, die sich Zeitlebens viel und eifrig mit der Wissenschaft der Me di ein beschäftigt hat und schreibt — ein umfangreiches — Arzneibuch, in welchem sie nicht nur die Erfahrungen berühmter Aerzte, sondern auch die Erfahrungen ihrer eigenen „Praxis“ niederlegt. Diese hohe Dame ist Eleonore Herzogin von Kru-mau, Fürstin von Eggenberg, geborne Fürstin Liechtenstein. Es ist ein stattlicher Folioband, der vor mir liegt und in welchem in deutscher Sprache die Fürstin ihre Recepte zum Besten der „armen Kranken“ verzeichnet hat; oft finden wir am Schlüsse des mitgetheil-ten Heilmittels das einfache, aber vielsagende Wort: „Probatum“ beigesetzt, das auf vielfache Bewährung des Medicaments in ihrer eigenen Praxis hinweist. Die Fürstin, ein coeur d’ange in vollendetem Sinne, brachte nämlich in gewöhnlichen Tagen im Kreise ihrer Verwandten und Bekannten, bei ihren Untergebenen, im Haushalte und bei den vielen Armen und Bedrängten, die in ihrem Palais Hilfe suchten, ihre „Kunst“ und „Wissenschaft“ in Anwendung, in ausgedehntestem Masse aber in den Tagen allgemeiner Bedrängniss, in den „Pesttagen“, wo sie nicht selten mit ihren trefflichen Mitteln als „rettender Engel“ erschien. Das uns vorliegende „Artzneybuch“ erstreckt sich demnach über das ganze Gebiet des medicinischen Heilverfahrens und theilt alle Vorzüge und Mängel, alle Eigentümlichkeiten der Berufsheilkunde jener Zeit, selbst das „Wunderbare“ und „Geheimnissvolle“ derselben. Der Titel des Werkes lautet: „Freiwill ig-aufgesprungener Granat-Apf-fel dess Christlichen Samaritaners oder auss Christlicher Liebe des Nächsten eröffne te Gehoimbnus Viler, Vil er vo r t r e ffli ch er sonders bewährten Mitteln vnd Wunder-heylsamen Artzneyen wider undterschidliche Zuständ vnd Uebcl dess Menschlichen Leibs und Lebens; welche mit sonderbarem Fleiss und auff das Heyl des Nächsten allzeit nachdrücklichen Sorg auch viler Artzney-Erfahrener vnd berühmter Leibärzten oder Medicin-Doctorn lang gepflogenen Erfahrenheit von der Durchlauchtigsten Herzogin Hochgebornen Fürstin und Frauen, Frauen Eleonora, Maria Rosalia Hertzogin zu Krumau und Fürstin zu Eckenberg, Dess Heil. Röm. Reichs Gefürstcn Gräfin zu Gradisca und Gräfin zu Adelsberg geborne Fürstin von Liechtenstein, Hertzogin zu Troppau und Jägorndorff, Zusammengetragen in öffentlichen Druck verfertigt vnd zu allgemeinen Trost, Nutz, Hülff aller Beschwör vnd sowol Rath als mittellosen armen Kranken in Erinnerung dessen, der für uns die geheimben Artzneyen seiner Liebe in der zu unserer Seelenheyl eröffneten Seiten aller Welt entdeckt, allen Kranken gemein gemacht vnd eröffnet worden. Cum licentia et f'acultate Superiorum. Erstlich in Wien anjctzo zu Gratz bey denen Widmanstetterischen Erben 1697.“ Es kann nicht die Rede davon sein, die einzelnen Abschnitte des umfangreichen Werkes einen um den andern durchzugehen. Ich will nur die meist charakteristischen „Titel“ herausheben und am Schlüsse ein paar Recepte als Probe mittheilen, ein paar Heilmittel gegen die heute so gefürchtete Diphteritis (oder Bräune). Unser „Artzneybuch“ beginnt mit den „Wässern“, da finden wir: „ein trefflich Wasser vor die Augen“, „Ein köstlich Wasser zu denen Gliedern, wann man gantz contrakt wollt werden“, das „Kayser Karl Wasser“, „Ein gutes Wasser zur Hertzstärkung“, „das köstliche Pes ti-1 ent z-Wa sser“, „Das Schlagwasser, wie ich es mache.“ Probatum. Der nächste Abschnitt handelt von „allerley Spiri-tibus, so auch Blumen, Blüthen, Schollen, Früchten, Kräutern und Wurzeln zu destilliren.“ Unter den „Brandtweinen“ begegnen wir einem ,.Pomeranzen-Rosolie“ für Kolliken. Der „Bezoar Essig“ war für die Pest und ficbrische Alterationen. Zur „Herzstärkung“ diente auch Himbeersaft. In der Abtheilung: „Latwergen zu machen“ wird das Recept zur Bereitung des „güldenen Ei“ mitgetheilt. Man nehme: Safran, weissen Senf, Nägel (Nelken), weisseu Diptam, Cardobenedict, Rapontica, Rhabarbara, gebrennt Hirschhorn, lindene Kohlen, jedes ein Loth, dann Theriak soviel als das ganze Pulver schwer,' daraus mache man eine dicke Masse, die sich 3—4 Jahre in Büchsen aufbewahren lässt. „Wer alle Tage diess nimmt, ist befreit vor der Pest, auch wann man zu solchen Leuten gehet (also zugleich ein Mittel vor Ansteckung!) Von Salben ist der Königin von Ungarn grüne Salbe probat! Die Fürstin kennt ein „gutes Pulver“, wann einen ein „winnigor“ (wüthender) Hund beisst und auch ein Universalpulver für alle Zustände. Gegen die Pest ist auch der „Rauch“, aber auch gegen die gewöhnlichen Blättern wird ein „Rauch“ gemacht. Die „Tugend“ der „Cronabeth-Beeren“ wird besonders hervorgehoben. Zahlreich sind die Mittel gegen Aposteme, „Affel“ (Geschwülste mit Entzündung) gegen die Angina u. s. w. Für das Nasenbluten sind allein 17 Recepte aufgeführt. „Catharr“ und Husten sind gleichfalls bestens bedacht. Sehr ausführlich und umständlich sind die Frauenkrankheiten behandelt, wie nicht minder die sogenannten „schweren Krankheiten“ überhaupt, die hitzigen F i e b e r, Wa s s e r s u c h t, K r e b s-leiden u. s. w., u. s. w. Die Kinderkrankheiten nehmen einen ganz ansehnlichen Raum in Anspruch. Die in Steiermark landesüblichen „Kröpfe“ worden gleichfalls in das Bereich der Cur gezogen. Dem „Zeitgeiste“ entsprechend befasst sich auch die Fürstin mit dem Präpariren dos Extractes von Menschen - Hirnschalon oder Cranio gegen die Fraiss, sowie mit dem Recept dagegen „wan eine Atter in einen Menschen kriecht“ (man giesse ihm süsse Milch in den Mund, da kommt die „Atter“ wieder herauf, weil sie der Milch nachgeht; wenn sie aber schon zu tief unten im Körper, so müsse eine Milch-Klystier ap-plicirt werden). Den Beschluss des dickleibigen Folianten bildet eine Anleitung zum „Kräutersammeln“ und zur Kennt-niss der Gewichte, welche die Apotheker gebrauchen. Ich habe oben versprochen, Recepte gegen die Bräune mitzutheilen, vollinhaltlich, wie sie in dem Buche der Frau Fürstin zu lesen sind. Hier folgen sie: a) „Brein Z eltl zu präpariren“ (Pag. 130, Nr. 4). „Nimb Saliter 1 Pfund, leg denselben in Schmeltz-Tügl den setzt man ins Kohl-Feuer, dass er zergehet, alsdann gestossenen Schwefel darunter gemischt, wann der Schwefel aufhört zu brennen mischt man darunter Sal Armonicum vnd foumbt den unsauberen Foumb herab, giess in die Gwichtl, so seynd sie fertig, man kan über ein Pfund nicht machen und wann wass am Schmeltz-Tügl bleibt, zerlast man in Feuer vnd giesst es, wie oben ge-meldt ist.“ b) „Pulver für die Brein“ (Pag. 101, Nr. 5). „Nimb Pfersich Kern zu Kohlen gebrennt 8 Loth, lindene Kohlen 1 Loth, gebrannt Hirschhorn 2 Loth, Album Graecum 1 Quintl, alles fein gepulvert, davon ein halben Löffel in ein kühletes Wasser eingeben.“ 76 Eine Princess Liechtenateiu als Med -Doctor 1G97. So hätten wir in flüchtigem Ueberblick ein Buch mit unseren liebenswürdigen Leserinnen und freundlichen Lesern durchgenommen, welches in mehrfacher Beziehung und gerade heutzutage geeignet ist, unsere Aufmerksamkeit besonders zu erregen. Es zeigt uns dieses Buch, wie die Sprosse eines hochberühmten uralten Geschlechtes, die Gattin des ersten Cavaliers der Steiermark, in jenen Tagen die Frage der Frauen-Eman-cipation, die heute so vielfach ventilirt, leider aber auch so vielfach outrirt und dadurch ad absurdum geführt wird, in mit Hinblick auf die Zeit, in der die hohe Dame lebte und wirkte, wahrhaft glänzender und dem Wohle der Gesellschaft erspriesslichster Weise gelöst hat, es zeigt uns aber auch dieses Buch andererseits die hohe Befähigung der Dame für eine der schwierigsten Dis-ciplinen, die der Menschengeist seit undenklichen Zeiten cultivirt und wir stehen nicht an die Frau Fürstin, ohne dass sie als „Studentin“ „bebrillt“ eine moderne Hochschule besucht hat, zum Doctor Medicinae zu graduiren, denn mit den Doctoren ihrer Tage stand die Frau Fürstin, die ihre Recepte auch aus der „lang gepflogenen Erfahrenheit“ „vieler Artzney-Erfahrener und berühmter Leibärzte oder Medicin-Doctoren“ schöpfte, auf derselben Höhe wissenschaftlicher Bildung. Alte Geschichten aus Tobelbad 1). Schöne Leserin, freundlicher Leser, zittert nicht etwa für Eure Ahnen, die vielleicht einmal in der reizenden Waldeinsamkeit von Tobelbad geweilt, dass der Chronist aus vergilbten Memoiren und Tagebüchern etwa galante Abenteuer derselben an’s Licht der Sonne fördere, dass er alte Geschichten aus dem freskengeschmückten herrlichen Cursalon erzählen oder gar die Waldgötter hinter der reizend geschnitzten Wandelbahn um Traditionen über Mutter und Yater, die einst als Curgäste hier geweilt, hochnothpeinlich vernehmen und dann deren „classische“ Aussagen nach getreuen Stenogrammen publiciren wolle. All’ dies sei ferne von mir! Weder die Ruhe der Alten, noch die Unternehmungslust der Jungen will ich mit meinem Geplauder hier stören; verdiente es doch das lieblichste buen retiro, das idyllische Tobelbad zum Wenigsten unter allen mir bekannten und unbekannten Bädern, dass ich mit der Sonde unerbittlicher Historiographie in die Herzenswundmale griffe, die auch diese Therme seit Jahrhun- *) In der Steiermark, 1 Stunde von Graz. Anmerk, d, Verfassers. derten auf ihr Gewissen geladen. Ist doch Tobelbad seit grauer Vorzeit als liebenswürdiger Aufenthalt bekannt, was man nicht von allen Bädern in Nah’ und Fern sagen mag, kann es sich doch vor Allem der liebenswürdigsten Leitung rühmen, was man auch wieder nicht von allen Collegen dieses Warmbades (Toplice) sagen darf. Ohne fürchten zu müssen, dass ich damit vielleicht ein „slavisches Zeitalter der Geschichte“ inauguriren wollte, muss ich doch der Wahrheit, der „historischen Gründlichkeit“ — wie der Deutsche sie besonders liebt — ihr Recht lassen und gleich zu Beginn meiner „alten Geschichten aus Tobelbad“ constatiren, dass auch der Name ^Tobel“ und Tobelbad’s aus dem Slavischen Toplo (warm) stammen. Auch Bad Neu haus heisst ja Toplice, wie die dortigen „Leute“ sagen . . .; doch ich will ja von Tobelbad sprechen und kann da füglich nochmalsauf die „liebenswürdige Leitung“ zurückkommen. Dr. Alexander Blumauer (der treffliche Sohn eines trefflichen Vaters, des Regenerators von Tobelbad, des Dir. Ernst Blumauer), er hat in seinem vorzüglich abgefassten „Vademecum von Tobelbad“, und zwar in der succinten, übersichtlichen Chronik dieser altberühmten Therme mir den angenehmen Anlass geboten, meine Forschungen namentlich über die ältere Zeit weiter auszudehnen und so kam ich — die liebliche Müsse der dortigen Waldeinsamkeit auf einige Tage unterbrechend — mit Hilfe der ausgezeichneten Vorarbeiten des mustergiltigen Herrn steierm. Landesarchivs- Directors Professor v. Zahn in die Lage, dem weitverbreiteten P. T. Lesepublicum dieser in der bal-neologischen Welt allbekannt und hochbeliebt gewordenen Badebibliothek einige —■ „alte Geschichten von Tobelbad“ erzählen zu können. Die ersten Spuren, dass in Tobel (und Tobelbad) ein regeres sociales Leben geherrscht, gehen bis in das 12. Jahrhundert zurück; finden wir doch schon in einer Urkunde um 1165 für das Stift Admont einen adeligen Herrn Chunradus Topolstein, der in einer Urkunde von 1185 mit seiner Gemahlin Richiza, einem Sohne Stephan und zwei Töchtern Wolfhild und Chunigunt wiederkehrt, und auch 1192 wird er nochmals genannt und zwar in einer Urkunde des Herzogs Ulrich von Kärnten für das von den benachbarten Thälern nur durch die Koralpe getrennte Stift St. Paul (in Kärnten). Und neben dieser Familie Topolstein erscheint um dieselbe Zeit noch ein Adeliger, der den Kamen Tobel in seinem Namen führt, Herr Wichman de Tobole, dem wir in der Urkunde begegnen, durch die Otto von Kulm 1172 dem Kloster Admont verschiedene Liegenschaften „zu Sawist und Krotendorf bei St. Florian an der Lassnitz“, also alles in der Nähe von Tobelbad, widmet. Treten wir aus dem 12. in das 13. Jahrhundert, so sehen wir die Kirche in Tobel 1219 vom Erzbischof Eberhard II. von Salzburg dem von ihm gegründeten Bisthum Seckau unter anderen Pfarren und Kirchen als Stiftungsvermögen zugewioseu. Drei Jahre später tauscht aber Herzog Leopold VI. von Oesterreich, als Herzog von Steiermark der Dritte, mit Heinrich von Prixen die Capelle St. Paul zu Hornberg in Kärnten gegen die Capelle zu Tobel. Ein besonderer Freund und Gönner dem Orte Tobel und dem Bade Tobel erwuchs aber in Herzog Friedrich II. von Oesterreich und I. von Steiermark, den wir oft und oft in Tobel und Tobelbad (apud Tobel) antreffen, an welch’ letzterer Stätte er ein Jagdschloss besass, das in späterem Umbau (des 15. Jahrhunderts) noch heute erhalten ist und mit seinen offenen Gängen ein gut’ Stück Mittelalter repräsentirt — ein stummer und doch so beredter Zeuge alter Geschichten! Zum ersten Male — soweit die Schriftdenkmale erhalten sind — weilt Herzog Friedrich im August 1232 in Tobel, er bestätigt unter’m 18. August des genannten Jahres nämlich von hier aus den schiedsrichterlichen Ausgleich des Streites zwischen dem Johanniter-Orden und der Pfarre Riegersburg bei Gleichenberg, betreffend die Kirche zu Füratenfeld. Im Jahre 1240 ist Friedrich wieder in Tobel und schenkt von hier aus (15. Juli) dem Bischof Heinrich von Seckau zu eigen did Kunigund, Tochter des Albrecht von Purchstall, mit allen ihren Nachkommen; die Urkunde datirt „apud Tobel“ (bei Tobel), also wohl von Tobelbad. Noch existirte um diose Zeit dio Familio derer von Tobel, denn 1240 erscheinen als „Zeugen“ Chun- radus de Tobel und Heinricus de Tobel, letzterer wahrscheinlich Geistlicher des Cisterzienser-Stiftes Rein bei Gratwein. Herzog Friedrich, der. wie wir gesehen, 1240 wiedergekommen, erscheint auch in der „Hochsaison“ von 1241 und 1242 in Tobel und Tobelbad; unterm 12. August 1241 (Tobel) tritt er dem Bisthum Seckau sein Patronatrecht der Kirche zu Tobel ab und als Zeuge erscheint in der betreffenden Urkunde Gottfried „ple-banus de Tobel“ und eine weitere Urkunde desselben Herzogs für den Paulus-Altar in der Kirche zu St. Peter ob Judenburg datirt „apud Tobel“ (in Tobelbad) 12. Juli 1242. Machen wir aus dem 13. Jahrhundert einen raschen Sprung in das 16. Jahrhundert, in das Zeitalter der Reformation! Arglos sass der wohlehrsame Buchdrucker und Bürger von Graz, Herr Schmidt, in der Wanne zu Tobelbad und ergötzte seine Glieder an dem wohligen Warm der Tobelbader Therme, da schwebte das Damoklesschwert der Grazer Justiz ober seinem Haupte. Es war nämlich am 13. Juli 1598 in des Herrn Schmidt Buchladen im Landhause — wie uns Regierungsrath Peinlich in seiner hochverdienstvollen Schrift über den Grazer Buchdruck erzählt — ein Schmähbild auf den damaligen Papst ausgehängt worden. Die Regierung, davon in Keniitniss gesetzt, forderte die Landschaft auf, die Bilder zu confisciren und den Verkäufer zur Strafe zu ziehen; diese verbot zwar den Verkauf der Bilder, liess aber den Buchhändler geruhig in dem T* Radio«, „Quellenstudien“. 6 ihr gehörigen Tobelbad. Erst als Schmidt nach Beendigung seiner Badecur nach Graz zurückkehrte, wurde er am 29. Juli in das Haus des Stadtrichters geladen und hier im Namen der Regierung arrctirt. Diese unangenehme „Nachcur“ dauerte einige Wochen und es gelang ihm nur mit Mühe, die Schuld von sich ab- und auf einen inzwischen entlaufenen Diener zu wälzen. Schmidt wurde endlich mit der Drohung aus der Haft entlassen, er möge sich hüten und sich nichts mehr zu Schulden kommen lassen, sonst würde man schärfer gegen ihn verfahren. Doch nicht allein einem Bürgersmanne störten die Wirrnisse der Reformation den Eindruck und die Wirkung einer Badecur, auch vom Erzherzog-Regenten der Steiermark, von Herzog K arl wissen wir, dass er einmal, und zwar unmittelbar vor seinem Tode, eine Badecur (jn Mannersdorf bei Laxenburg) plötzlich abbrechen und wegen entstandener Unruhen nach Graz zurückkehren musste; wie oft der Erzherzog in dem von ihm garsehr geliebten Tobel, wo er so gerne zur Jagd und auch der Therme wegen geweilt, von „bösen Nachrichten“ „in religiosis“ gestört und geplagt worden, darüber fehlen wohl die näheren und genauen Aufzeichnungen! Zum Schlüsse unserer „alten Geschichten“ ein Blick auf ein Kunstdenkmal Tobelbad’s aus älteren Tagen! Wie das 1629 im Renaissancestyl erbaute liebliche Kirchlein von Tobelbad, dessen Kuppeldach mit aufgesetzter Laterne sich reizend vom Waldesgrün des dahinter ansteigenden Berges abhebt, mit Wapponfresken geschmückt erscheint, so ist auch der imposante Cur- salon an seiner Decke mit einem vorzüglich schönen Frescobild ausgestattet, das an die besten Zeiten ständischer Herrlichkeit erinnert. Es stellt in trefflich con-cipirter und mit Geschick und Fleiss ausgeführter Allegorie die Landesschätze der Steiermark dar: Wasser und Eisen, Salz und Wein, Jagd und Feldfrüchte werden durch die Göttorgestalten der griechischen Mythe, durch Genien mit den Attributen: Salzstock, Rebe, Anker etc. symbolisirt, daneben spielt namentlich in den Darstellungen der Genien der noch derbe Humor der Zeit (erste Hälfte des 18. Jahrhunderts), doch auf den ersten Blick versteckt, seine Rolle. Eingerahmt erscheint das Frescobild durch die Wappen der „Yerordneten Einer Ehrsamen Landschaft“ von 1737 (in diesem Jahre malte Franz lg. Flu rer das Bild). Wir finden die Wappen der Herren: Sigmund Rudolf Graf Wagensberg, Franz Leopold Herr von und zu Stadl, Franz Bernh. Graf Saurau und Maria Ludwig Graf Saur au, Sigmund Albrecht Graf Rindtsmaul und Abt Kilian zu St. Lu mb recht. — Dieser prächtige Saal, der zur Zeit seiner Erbauung wohl nur exclusiven Zwecken gedient haben mag, er repräsentirt heute glanzvoll den Cursalon und vereinigt als solcher die stets zahlreiche Badegesellschaft zu Spiel und Con-veisation, Abends zum Souper, und dient zugleich als Parquet der unter der jährlichen Badegesellschaft wie nicht minder unter der Grazer Bevölkerung beliebten Kränzchen und Bälle, die sich durch Eleganz und Gemüthlichkeit gleich vortheilhaft auszeichnen und bei denen die Herren und Damen des Hauses Blumauer, o* Allen voran der joviale Director E. Blumauer, dann die Söhne Dr. Alexander Blumauer und der unermüdliche Verwalter Herr Anton Blumauer, sowie die gleich schönen als liebenswürdigen Fräuleins Töchter Anna und Julie Blumauer in der gewinnendsten Weise die Honneurs machen! Ein Tag auf Burg Hollenegg. Dieses Hollenegg ist ein Juwel in dem zahlreichen Schlösserschatze der Liechtenstein’schen Familie, ein Unicum eines Schlosses, was den Reichthum und die Seltenheit der darin angesammelten Kunstschätze und Alterthümer anbelangt. Eine halbe Stunde Weges von dem netten und freundlichen Städtchen Deutsch-Landsberg (im Westen der Steiermark) gelegen ragt der mit festen gewaltigen Rundthürmen und breiten offenen Gängen versehene altehrwürdige Burgbau auf mächtiger Höhe mitten aus dichtem Waldesgrün empor, von dem Söller des Rittersaales die entzückendste Umsicht, besonders über das reizende Sulinthal, gewährend. Den trefflich eingerichteten Marstall zur Rechten lassend, treten wir auf den Vorplatz, den äussern Burghof, der heute sammt dem ehemaligen, nun ausgefüllten Burggraben in den schönsten Park umgewandelt erscheint. Gleich hundert gothischen Thürmlein weisen die ringsum mit ihren schlanken, tiefgrünen Spitzen hochaufgeschossenen Tannen und Fichten zum blauon Aether hinauf, eine Waldlandschaft, wie sie stimmungsvoller kaum gedacht werden kann. Das Schlossthor mit seinem alten Wappen der Holleneggor ist mit den schönsten Schlinggewächsen wie mit Festons umschmückt, die durch den breiten Thorweg hin nach dem innern Burghof weisen, wo „von Wand und Decken quillt“ gleiches Naturgeschmeide in allen Tinten des Grün prangend und die Sinne bestrickend; dieser innere Burghof ist in einen Garten umgewandelt und mitten aus dem grünenden und blühenden Leben ragt ein Denkmal der Beständigkeit des Erzes gegenüber der Vergänglichkeit des mit jedem jungen Jahre neu werdenden Pflanzenseins, ein prachtvoller eiserner Ziehbrunnen hervor — ein Meisterwerk der Schmiedekunst längstverklungener Zeiten — der zudem auch der heutigen Generation noch das köstlichste Wasser bietet. Rechts vom Schlossthore ist ein traulich Warte-und Ruheplätzchen in alterthümlichem Style etablirt und mit Jagdtrophäen ausgeschmückt, wo der Besucher, der sich melden lässt, des Empfanges harrt. Und dieser ist der liebenswürdigste, den man sich denken mag. Der Schlossherr, Se. Durchlaucht Fürst Franz Liechtenstein und seine beiden erlauchten Söhne, Fürst Alfred, der mit seiner ebenso geistreichen als liebenswürdigen Gemahlin Fürstin Henriette geb. Fürstin Liechtenstein und Familie die herrliche Burg mitbewohnt, sowie Fürst Alois Liechtenstein, der bekanntlich erst vor Kurzem Witwer geworden und ab und zu von dem benachbarten Schlosse Limberg hieher kommt, wo seine Kleinen bei Grosspapa, bei Onkel und Tante weilen, — die genannten Fürstlichkeiten überbieten sich in Freundlichkeit und Liebenswürdigkeit bei Empfang von Gästen und in der Gestattung des freien Besuches ihres wunderbaren Heims. Das Auge und der Griffel eines Walter Scott oder Goethe gehörte dazu, die unendliche Fülle von seltenen und merkwürdigen Schätzen, von Kunstwerken aller Art im Detail zu fassen und zu beschreiben, die sich „in der Flucht der Gemächer“ hier dem erstaunten Auge präsentiren. „Wo fass ich Euch“ — ruft man unwillkürlich mit dem Altmeister aus. Nachdem unser erster Blick vom innern Burghofe aus der Kirche zu St. Egyd gegolten, wo jener Abel von Hollenegg die ewige Ruhestätte gefunden, der bei der Türkenbelagerung Wiens 1529 mit seinen tapfern steirischen Mannen an der Seite Salm’s wacker gestritten und gesiegt, betreten wir, aus dem offenen Wartestübchen abgeholt, das Innere der feenhaft ausgestatteten Burg. Man verlange nicht, dass ich in strenger „chronologischer Reihenfolge“ das Geschaute und Bewunderte aufzähle, auch mag es die Rücksicht für die genossene Freundlichkeit nicht gestatten, die Wohnräume des erlauchten Schlossherrn und seiner Familie mit photographischer Genauigkeit wiederzugeben. Doch mag mir gestattet sein, zu constatiren, dass zum Oeftern ein einziges Gemach mit seinem Inhalte an Möbeln, Bildern, Statuetten, Cassetten, Nippes etc. etc. hinreichen würde, ganze Wohnungen mit Seltenheiten und Kostbarkeiten zu versehen. Empfangs- und Spielsalon, wie nicht minder Schlafgemächer und Rauchzimmer, Bibliothek und Ahnensaal sind namentlich mit Stickereien orientalischer Provenienz auf Sophas und Tabourets, auf Stühlen und Portiören u. s. w. reichlichst ausgestattet. Und welche Pracht an Gobelins! Da ist ein Saal, in welchem drei grosse Wände mit den schönsten Decorationen dieser Art verkleidet sind, Darstellungen aus der biblischen Geschichte enthaltend: den Uebergang der Israeliten durch das rotbe Meer, den Tanz um das goldene Kalb und die Auffindung Moses u. s. w. — Die Schönheit der Arbeit ringt mit der Frische und Harmonie der Farben um die Palme. Und zu Seiten lenkt schon wieder die superbe Arbeit der eingelegten Thüren mit breitüberragender Verschalung — wie sie durchgängig alle Gemächer schmücken — unsere Blicke auf sich; diese Thüren, aus dem fürstlichen Schlosse Riegersburg (bei Gleichenberg) hieher übertragen, zählen mit unter das Schönste, was ich je in diesem Genre gesehen. Allgemein von den Besuchern bewundert, sind diese Thüren in ihrer trefflichen Conservirung und vollendeten Technik der ursprünglichen Herstellung, in der Mannigfaltigkeit der Ausführung wirklich einzig in ihrer Art. Harmonisch mit ihnen wirkt der Anblick der gleichfalls besterhaltenen Riesenkachelöfen aus dem 15. und 16. Jahrhundert, die noch heute die besten Dienste leisten, und insbesondere ist es der grüne, aus Schloss Limberg hieher versetzte Ofen, der unsere vollste Aufmerksamkeit verdient. Auch alterthümlichen Uhren aus dem 16. und 17. Jahrhundert begegnen wir da und dort in Gemächern manch einer der seltensten Form und Herkunft. Und die Services aus Gold und Silber mit eingelegten Münzen und Medaillen, die Filigranarbeit an Diesem und Jenem, die japanesischen und chinesischen Vasen von ausgezeichneter Schönheit und colossalen Dimensionen, die Tische und Stühle mit Schnitzarbeit auf den Platten und an den Lehnen, die Lederpressungen und Gold- und Farbentingirungen an Wappen, auf Polstern und Bettlehnen u. s. w.: ein ganzes Kunstindustrie-Museum einer Provinzstadt könnte man mit diesem embarras de richesse füllen, wie es sich uns hier bietet. Spiegel und Luster und Bilder zusammengenommen repräsentiren nicht minder eine eigene Schatzkammer des Schönen und Seltenen; vor Allem sind es die hohen Glasrahmen-Spiegel im Roccoco-Geschmack, die, wie immer, wo wir ihnen begegnen, unser besonderes Gefallen erregen. Von Bildern ist es in erster Reihe ein kleines Gemälde, das wir als die „Perle“ der in die einzelnen Gemächer vertheilten Kunstsammlung bezeichnen möchten; es ist die Darstellung eines in Anbetung versunkenen „weissen Mönches“, der auf seinem Betschemel vor einem Bilde kniet, das Haupt auf das Pult und die Hände gelegt; das Licht, das durch ein breitgeöffnetes Bogenfenster einströmt, Blau in Blau Alles tauchend, ist die vollendetste Lichteffectwirkung, die man sich denken mag; das Bild fesselt und bezaubert. Soviel von den „Schätzen“ — obschon ich kaum begonnen mit der Aufzählung; doch ich wollte ja nur charakterisiren; eine erschöpfende, ja selbst nur eine annähernde Detaillirung erforderte selbst ein ganzes Buch. Nun zu den „Erinnerungen“. Auch daran ist die Burg Hollenegg durch die gegenwärtigen erlauchten Besitzer reich an den interessantesten Einzelheiten. Da sehen wir zu Füssen der Statuetten Sr. Majestät des Kaisers Franz Joseph I. (als lBjähriger Jüngling) und der Generale Radetzky, Windischgrätz, Haynau und JellaciC den prachtvollen goldenen Ehrendegen, den Czar Nikolaus dem Fürsten Franz Liechtenstein verliehen; da finden wir ein schönes Aquarell: Fürst Franz und Jellaüiö im Feldlager, umgeben von der Leibwache der Seressaner, dort wieder ein von Richter ausgezeichnet gemaltes Bild einer Reiter-Attaque aus dem schleswig-holstein’schen Kriege, die Fürst Alfred Liechtenstein, der superb getroffen, als junger Dra-goner-Officier mitgemacht. Im Waffensaal aber, der in dem einen Runu-thurm mit ebensoviel Geschmack als Accuratesse arran-girt ist, fällt uns auf den ersten Blick der Attila in die Augen, den Fürst Alfred als Hussar bei Königgrätz getragen und der die Spuren der erhaltenen Lanzenstiche weist. In einem netten Tableau sind die vom Fürsten Franz im ungarischen Feldzuge erbeuteten Trophäen: das reiche, mit Gold verschnürte rothe Leibchen des Adjutanten General Bem’s und dergleichen mehr, Trophäen von Custozza etc. etc. zu sehen. Hier imWaffen-saal ist auch die Kanone zu schauen, die Maria The-resia’s berühmter Artillerie-Director Fürst Wenzel Liechtenstein erfand, dann eine „eiserne Jungfrau“, eine Unzahl der schönsten und seltensten Waffen aller Zeiten und Völker, ein riesiger Mammuthzahn, Fisch-stosszähne, ausgestopfto Thiere, ein Prachtexemplar eines Wolfes, dem der Humor Augengläser gab, und dergleichen mehr, das die Scenerie belebt und erheitert. Wir müssen aus dem Schlosse scheiden — pardon, noch mag eines vortrefflichen Porträts des Kaisers Wilhelm gedacht sein, das wir in einem der Säle fanden; Lebensgrösse, rothe Ilussarenuniform, mild lächelnd wie immer, so auch hier, und nun nach beendigtem Cultur-kampfe noch milder! Jetzt erst — nachdom das geistige Auge so Vieles und so Ueherwältigendes geschaut und in sich aufgenommen — jetzt erst nehmen wir uns die Zeit und gönnen dem physischen Auge die Erholung, möchte man fast sagen, in dem Ausblicke aus den Nischen und durch die Bogenfenster der im italienischen Style gehaltenen, nach innen offenen, nach aussen geschlossenen Burggänge auf die unten liegende, entzückend schöne paradiesische Landschaft, jetzt erst gönnen wir uns einen Gang durch den Park, in das Warmhaus und zur weihe-vollst stimmenden „Andacht“, einer Nische in der Burgmauer mit Bild und Betstuhl, grünumrankt in heiligem Gottesfrieden! „Hochlandsloreley.“ — An den Kärntner Seen. „Einst im Wonnemond sassen an der Tafelrond“ wir im HStel de France, wir „Bergfexe“, wie „das Volk“, keinen Unterschied kennend, „die vom Alpenverein“ und „die vom Touristenclub“ gemeinsam zu benennen pflegt, und erbauten uns höchlich an den Kunstgenüssen des geselligen Abends der „Section Austria“ und am höch-lichsten an dem eben so frisch als innig gebrachten Chor: „Hochlandsloreley“, in welchem der liebenswürdige zartbesaitete Wiener Dichter Ferdinand Lentner in den herzwärmsten Worten und der vom Hochland ins Wiener Becken herabgestiegene Musikus Khoin in seelenvollen Tönen eine Loreley der Alpen, die vielgepriesene Blume: „Edelweiss“ gar meisterlich besungen haben. Es gibt .aber noch eine „Loreley“ der Alpen, das sind die Alpenseen und also auch die Seen im blaugrünen Alpenlande Kärnten. Diese kärntischen Seen, die mit der Allgewalt ihrer Romantik die Besucher anziehen und fesseln, sie sind es, die nebst der Originalität der kärntischen Tracht und Sitte, nebst der Gemüthlichkeit der Bewohner und Bewohnerinen, nebst dem frischen, freien Leben in den sonnig prächtigen Thälern, sie sind es, die neben den innigen Tönen des kärntisch-deutschen Sprachdialekts und den fascinirenden Accorden des urwüchsigen Volksliedes, das im Kerne rein Herbeck und Koschat in die grosse Welt und bis jenseits des Oceans geführt, die Kärntner Seen sind es, die durch die Lieblichkeit ihres Aeussern und das Schwärmerische ihres Wesens Jahr um Jahr mehr und mehr fremde Gäste in die Marken des Landes locken und da zu möglichst langem Verweilen festbannen; — Loreleys im wahrsten, doch aber auch zumeist im besten Sinne. Im besten Sinne! Sie geben den Gefangenen wieder frei, freilich nur unter der Bedingung, dass er wiederkomme. Und er kommt wieder! Der Ossiacher- und der Millstädter-, der Facker- und der Längsee, der Raiblor- und der Arnoldsteiner- u. s. w., und allen voran der Wörth er-Seo, das sind die echten und rechten „Hochlands-loreleys“, denen man sich so gerne auf Gnade und Ungnade gefangen gibt! Aber wenn auch heute kraft der so gesteigerten und erleichterten Coinmunication, die uns zu ihnen hinführt — ja wie beim Ossiacher-See ihre Reize vom Brek aus im Fluge gemessen lässt — der Andrang zu ihnen immer stärker und stärker wird und eine Ville-giatur an ihren Ufern fast nur unter der Devise: ote toi, que je m’y mette möglich wird, wenn auch heute die Kärntner Seen auf dem Zenith ihrer Weitberühmtheit angelangt zu sein scheinen und es namentlich in Wien zur Mode geworden, in Pörtschach oderVel- den1) die saison morte der Residenz zur saison vivante umzugestalten, so hatten diese Seen doch schon in viel früheren Zeiten einen weit über die Grenzen der „engeren Heimat“ hinausgehenden Ruf. Besonders im 17. Jahrhunderte, wo nicht blos von Cavalieren, sondern auch von reichen Bürgern und Gelehrten so viel gereist wurde, lenkte sich die Aufmerksamkeit der „Touristen“ auf die Kärntner Seen. Her Engländer Brown, der von 1668 bis 1673 auf Veranlassung der „Königlich Engelländischen Medi-cinischeu Gesellschaft in London“ eine grosse Studienreise durch Niederland, Teutschland, Oesterreich u. s. w. unternahm, er schildert uns auch an mehreren Stellen seines interessanten Buches seine Besuche dieses oder jenes der Kärntner Seen. Von seinem Aufenthalte in der Hauptstadt Klagen-furt schreibt Brown: Klagenfurt lag zu dieser Zeit voller Soldaten, allwo ich die Ehre hatte, dem Herrn Graf Lesley, Commandanten daselbst, aufzuwarten, wie auch dem Herrn Baron la Hay und Monsieur Peasly, welcher eine Compagnie in dor Stadt hatte, dessen sonderbare Höflichkeiten und Ehrenbezeugungen ich nicht genugsam zu erkennen vermag. Sie wollton mich, so lang ich daselbst war, allzeit bei ihnen zur Tafel haben. Und einsmals führte mich dor Herr Graf Lesley mit sich in seinem Schiffe durch einen bequemen Canal, welcher gradzu in die Werd- *) In den jüngsten Tagen niedergebranut, doch bald wieder als „Phönix“ erstehend. see oder denSeevon Klagenfurt lieffaufein Lust-Haus genannt Loretto, welches sehr artig und wolgelegen war. In demselben stund eine Kapelle, auf dieselbe Weise gebaut, wie die zu Loretto in Italien, und weil ich diese vorhin gesehen hatte, konnte ich desto besser bekräftigen, wie weit sie mit derselben übereinkam oder nicht.“ Vom 0 s si ach er-See weiss Brown zu erzählen, dass er einer „von den berühmtesten Seen in Kärnthen“. „Dieser See — sagt er — gibt nicht allein grossen Ueberfluss von Fischen, sondern es wachsen auch daselbst in einer grossen Menge die 0 ss iacher Nüsse, welche das Volk isset, so dass etliche gar Brod draus machen. Nichts destoweniger als ich die Sache genau untersuchte, befand ich, dass es nichts anders wären, als sehr breite und grosse Wasser-Nüsse, zu Latein genannt Tribulus aquaticus. “ Vom Ossiacher - See aus besuchte Brown die „feine Stadt Villach“, wie er sich ausdrückt, und vorher noch das vor derselben befindliche warme Bad, „darvon sie ziemlich viel halten“ — „Bad Villach“. „Daselbst sind — schreibt unser Engländer — zwey klare und hello Schwefelbäder, aber von einer gelinden angenehmen Wärme, und haben einen sauren gar nicht unangenehmen Geschmack. Der Grund ist nicht bebrettert noch gepflastert, sondern hat seinen eigenen natürlichen Quell und Sitze darneben; gleichwol lässt man in das eine Bad einen heissen Quell hineinlaufen, welcher in dem andern entspringet. Sie sind geraum und breit und haben Stiegen, daran man hinabsteigen kann, nebst einigen kleinen von Holz gebauten Kämmerlein, die man um der Gemächlichkeit willen dahin geführt; dieselben sind oben gedeckt, und man badet sich allhier im Hemde und Unterhosen, wie man in Oesterreich pfleget.“ Ganz ausführlich und systematisch hat aber ein zweiter Schriftsteller des 17. Jahrhunderts über die Kärntner Seen und ihre Umgebungen gehandelt, ich meine den vielverdienstlichen Freiherrn von Yalvasor, der 1688 eine seiner Ehre des Herzogthums Krain nachgebildete „Topographie von Kärnthen“ herausgab, einen mit prächtigen Kupferstichen geschmückten Folianten, den soeben der Verleger des neuen kraini-schen Yalvasor, der so ausnehmend strebsame Buchdrucker Herr J. Krajec in Rudolfswerth (Unterkrain), in getreuer Copie des Originals wieder herauszugeben sich anschickt. Schon in der allgemeinen Beschreibung des Landes Kärnten spricht Valvasor ausführlich von den Seen. Er führt sie einzeln an und sagt: „Das Land, es hat auch viel Seen und Bäche, so alle fischreich sind'1 und auch „auf hohen Alben viel kleine Seen“. Mit köstlicher Naivetät verzeichnet der freiherrliche Chronist bei der Erzählung von der Gründung des ehemaligen Benedictinerinenstiftes St. Georg am Längsee die „Wunder“, welche am Grabe des Stifters, eines Orafen von Görz und Herzogs von Kärnten, mit Kranken geschehen, ja auch „drei todte Kinder seien daselbst wieder lebendig geworden“. Glaublicher ist jedenfalls die Notiz, „dass die Türken, als sie 1473 bis hieher „gestreift“, „gleich vor dem Kloster eine Klosterfrau gefangen und gebunden mit sich geführt.“ Brillant ist die Abbildung von Maria Loretto am Wörther-See, wie sie Yalvasor „von zwei Seiten gibt“. „Diese Insel — schreibt er — ist erhaben und der See geht um und um. Von Klagenfurt gehet ein grosser und tiefer Canal, darauf mit grossen Schiffen bis in die See gefahren wird.“ (Wir sehen ein solches Schiff vor uns vollangepfropft mit Lustfahrenden, die freudig erregt in die Hände paschen, einer der fröhlichsten sitzt am Schiffsschnabel und lässt die Püsse in das Wasser schlenkern.) „Bey dem See ist ein schöner Eingang von einer hohen Mauer und zwei runden, wie auch zwei schönen viereckigen Thürmen, „dazwischen ein hohes Thor, dardurch man mit Schiffen führet, dar-nebon ist eine hölzerne Brücken, darüber man reiten und fahren kann, ganz in die Insel, darauf ein überaus schöner Palast auf die italienische Art gebaut. Auswendig hat es schöne Galerien, Höfe, Stiegen und viele Thürme, auch zierliche und grosse Gärten. Summa: es kann nichts lustigeres sein als dieses Ort, so von denen Grafen von Rosenberg erbauet worden.“ Nicht minder schön ist bei Valvasor die Abbildung des Millstädter Sees und „Klosters“, gleichwie auch recht anziehend die Beschreibung davon zu losen, wie Herzog Domitian von Kärnthen, der Gründer des ehemaligen Klosters von Millstadt, den einst hier gostan- denen „heidnischen Tempel, in dem auf 1000 Säulen 1000 Götzenbilder zu sehen gewesen, habe abreissen, zerschlagen und in den See versenken lassen.“ Von Ossiach, — dessen aus dem Jahre 1187 stammendes Benedictinerkloster heute nicht mehr dem ursprünglichen Zwecke dient — bringt uns Yalvasor gleichfalls zwei Ansichten, die eine, auf der sich der melancholische See nahozu in seiner ganzen Ausdehnung präsentirt, die andere die Waldseite hinter dem weissen Klosterbaue weisend. „Auf den Bäumen dieses schönen Wäldleins — schreibt der Chronist — nisten häufig die Raiger (Reiher) doch von undenklichen Jahren in gleicher Zahl indem sie einmal soviel Jungen als andermal haben und von diesen werden sie gleichsam zur Dankbarkeit des genossenen Waldes allezeit einen herunter.“ Die ziemlich lange Darstellung der klösterlichen Verhältnisse schliesst Valvasor mit den Worten: „Sonst ist dieses bemerkt worden, dass, so offt ein fremder fürnehmer Herr oder Potentat in dieses Kloster gekommen, in selbigem See ein extraordin ari grosser Fisch jederzeit gefangen worden, welches Glück aber — fügt er boshaft bei — zu anderen Zeiten sich niemaln begibt.“ Von dem schon erwähnten Warmbad Villach, das Valvasor mit dem landesüblichen slovenischenNamen: Töplitz (toplice = Warmbad) bezeichnet, bringt er das interessante Conterfei, das uns vor dem sog. Herrnhause, auch Wirthshause, die zwei in Quadrat erbauten,von drei Seiten mit Holzgitterwän- Ka d i c g , „Quellenstudien“. 7 den eingerahmten und mit in Spitzen zusammenlaufenden Dächern überdeckten Baderäume weiset. „Dahin — wie er erklärend beisetzt — fast täglich aus Yillach Leut zu baden mehr aus Fürwitz als aus Noth kommen.“ Diese zweihundert Jahre alten Notizen über Kärntens Seen und Bäder (— vom Bade St. Leonhard im Lavantthal, wie es im 17. Jahrhundert aussah, sprechen wir unter einer eigenen Rubrik —) schliessen wir mit der gleichfalls aus dieser Zeit stammenden Angabe einer Handschrift der Klagenfurter k. k. Studienbibliothek, dass nämlich im 17. Jahrhunderte die „Väter der Gesellschaft Jesu“ in dem heute so beliebten Pörtschach eine grosse Bierbrauerei errichtet hatten, deren köstliches Gebräu nicht allein in Kärnten, sondern auch ausserhalb des Landes mit Vorliebe getrunken ward. So wollen wir denn, im Geiste Abschied nehmend von einem Besuche auf Loretto im 17. Jahrhundert, mit Jesuiten-Braunbier ein Prosit bringen den allzeit reizenden Seen des Kärntnerlandes, die schon in früher Zeit — Beweis dessen die vielen Klostergründungen an ihren Ufern — das waren, was sie heute, nur in anderem Sinne, sind: echte und rechte Ilochlandsloreleys. Eine alte Reclame für Bad Leonhard in Kärnteu 1649. Der heutige, Jahr um Jahr sich steigernde zahlreiche Besuch der alle Reize des Gebirgslebens in sich schliessenden Berge und Thäler des schönen Kärntuer-landes, welcher ganz vorzüglich als das Verdienst wackerer touristischer Schriftsteller, wie nicht minder der mit Lied und Wort die Fremde für die Heimatsgaue gewinnenden »Söhne Kärntens“ erscheint und durch die länder- und völkerverknüpfenden Eisenstrassen der Süd- und Rudolfs-Bahn so mächtig gefördert wird, solch’ Besuch hatte seinen Vorläufer schon vor Jahrhunderten, als eben auch einerseits die Communicationsmittel des grossen Handelsweges zwischen Deutsch- und Wälschland auch „andere Reisende“ nach Kärnten führte und anderseits patriotisch gesinnte Männer in Büchern, Schriften und in Briefen die Vorzüge des Landes, dem sie durch Geburt oder Stellung nahestanden, priesen und laut hin verkündeten in alle Welt! So der bekannte Chronist Freiherr von Valvasor, in seiner Topographie von Kärnten'), so Medicinae ’) Krajec neue Auflage. 100 Eine alte Reclame für Bad Leonhard in Kärnten 1649. Doctor Zusner in seiner weit ausgebreiteten Corre-spondenz mit Patienten und Collegen. Es war zu Beginn des Jahres 1649, dass Wolf Engelbert Graf Auersperg (geboren 1610)—der „Vater des Vaterlandes“, wie ihn die krainischo Geschichte nennt, der munificente Mäcen von Kunst und Wissen, wie seines Gleichen bis auf Zois Krain keinen gesehen — dem Fürsten Joh. Anton von Eggenberg in der „herrlichen Dignität“ der Landeshauptmannschaft in Krain und der „windischen Mark“ folgte, mit welch’ hervorragender Stelle damals noch die oberste Leitung der Grenzvertheidigung gegen die Türken verbunden war. Wolf Engelbert Graf Auersperg, der zugleich mit seinen Brüdern, dem nachherigen ersten Fürsten Johann Weikhard und Herbard, eine ausgezeichnete Erziehung und Bildung auf den Prinzenschulen zu München und Wien und auf den Universitäten Graz und Padua genossen, blieb auch später dem Studium aller Disciplinen treu und sammelte eine Bibliothek von circa 7000 Bänden in einem Zeitraum von zwanzig Jahren, welche heute — seit 1679 nicht mehr augmentirt — ein Unicum für Literaturfreundo darstellt und als fürstlich Auersperg’sche Haus- und Fideicommiss-Bibliothek im Fürstenhofe zu Laibach bewahrt wird. Wolf Engelbert Graf Auersperg, der von Jugend auf eine mehr sitzende Lebensweise geführt, ward frühzeitig — in seinem 39. Lebensjahre — von den Folgen solcher Lebensart, von Leiden heimgesucht, die wir im Verlaufe dieser Zeilen anführen werden. Sein Leibmedicus war der „landschaftliche Physicus und Medicinae Doctor“ Franz von Co pp in i, der auch als raedicinischer Schriftsteller seiner Zeit sich eines Namens erfreute1). Dieser Hausarzt des Grafen-Landeshauptmanns nahm es, wie uns ein an ihn gerichteter im Archiv des Fürstenhofes bewahrter Brief bezeugt, mit dem Zustande seines hohen Patienten sehr gewissenhaft, denn es genügte dem wackeren Manne nicht allein seine Wissenschaft, sondern er zog — wenngleich zu einem Consilium kein zwingender Anlass vorlag, — doch den Rath eines bewährten Collegen im Nachbarlande Kärnten mit in die Combination seiner Behandlung. In Kla-genfurt wirkte zur Zeit als gesuchter Arzt Dr. A. Zus-ner, gleichfalls aus krainischer Familie stammend, und wahrscheinlich ein Vorfahre des vor wenigen Jahren in Graz verstorbenen Dichters Vincenz Zusner. An seinen Collegen Zusner hatte sich also Dr. v. Coppini gewendet und dieser theilte ihm in einem Schreiben, ddto. Klagenfurt 19. April 1G49, seine Meinung über die Krankheit des Grafen Wolf Engelbert Auersperg, sowie über den Werth des kärntischen Sauerbrunnen bei St. Leonhard mit. Dieser Brief, in lateinischer Sprache geschrieben, ist es, welcher namentlich in Bezug auf St. Leonhard das volle Interesse der Balneologen verdient. Den Eingang der Epistel bildet die Wiederholung der Krankengeschichte. ') Bibliotheca Carnioliae von P. Marcus Pochlin. Laibach, 1862. p. 14. 102 Eine alte Reclame für Bad Leonhard in Kärnten 1649. „Ich habe — heisst es da — gelesen, dass der Herr Graf Auersperg seit einigen Monaten an einer Congestion im Kopfe in der Gegend der Kopfnaht (su-pra suturam coronalem) im Zusammenhänge mit Beschwerden im Unterleibe leide. Der Graf habe „heisse Säfte“, eine angeschwollene Leber, einen empfindlichen Unterleib und habe, wie er (Zusner) in Erinnerung rufe, vor zehn Jahren an heftigen Ohrensausen gelitten; er komme — schreibt er weiters, die Diagnose des Col-legen billigend — mit ihm über die Ursachen des gegenwärtigen Leidens überein.“ Auch er halte den Gebrauch von Sauerbrunn für sehr nützlich, da die Säuerlinge durch die Wohlthat des Eisens auflösend und anziehend zugleich wirken, die heissen scharfen Säfte (calidos acres humores) mässigen, die Absonderung von Schleim und Excrementen, sowie den Schweiss befördern und den Unterleib, sowie die anderen Körper-theile zu stärken im Stande sind. Zusner kommt nun auf die Frage, welche Sauerbrunnen zu gebrauchen wären, und indem er dem Säuerling von „Zornstorff“ (Zorndorf) in Ungarn, der Eisen und Kupfer (Venus = Cyprium als = Kupfer) und Goldantimon (Antimonium auriferrum) führt, alle Gerechtigkeit widerfahren lässt, so verfehlt er doch nicht, dem Collegen, und indirect dem hohen Patienten, das vielbesuchte St. Leonhard mit seinem Sauerbrunn angelegentlich zu empfehlen, denn dieser kärntische Sauerbrunn führt eine Menge Eisenvitriol und Goldschwefel (abundant sale Yitriolato ex Marte cum portione Sulphuris etiam aurati), wodurch das Seröse aus dem Körper durch den Schweiss abgeleitet werde. Doch wäre im Augenblick (April) weder für den Kurgast (diversorio) noch für die Kur (pharmacopae) der geeignete Zeitpunkt, da die Gebirge „noch rauh“ (mit Schnee bedeckt) und die Luft kalt sei. Wenn aber der hohe Patient, dem natürlich zwischen dem ungarischen „Zornstorffer“ und dem kärntischen Sauerbrunnen die Wahl unbenommen sei, für letzteren sich entscheide, dann möge der Herr Graf die Stadt St. Leonhard, welche eine halbe Stunde vom Sauerbrunnen entfernt sei, als Wohnort während der Kur wählen; die beste Zeit zum Trinken des Sauerbrunnen seiaber nach Pfingsten (tempus potandi post Pente costes aptissimum erit). „Er (Coppini) rathe, berede (Sua Ex-cellentia consulet, suadeat), der Herr Graf befehle (Illu-strissimus Dominus, Dominus Comes jubeat imperet). Mit diesen Worten welche darauf schliessen lassen, dass Zusner etwa der Badearzt von St. Leonhard Sauerbrunnen gewesen, schliesst das Schreiben des Klagenfurter Arztes an seinen Laibacher Collegen. Graf Auersperg gebrauchte, wie aus einer anderen Handschrift, einer Reiseroute (ohne Jahrzahl) hervorgeht, die nach St. Leonhard führt, dieses Bad und mit gutem Erfolg, denn er erfreute sich späterhin eines langen und von keiner grossen Krankheit heimgesuchten Lebens noch bis zum Jahre 1673, in welchem er — am 28. April — das Zeitliche segnete. Sein Leichen- begängniss, bei welchem ein Katafalk durch erste Künstler, Maler und Bildhauer hergestellt wurde, kostete an 6000 fl. Anknüpfend an die obige „alte Iteclame“ für St. Leonhard und dieselbe ergänzend, will ich, weil ohnedies weiteren Kreisen weniger oder gar nicht bekannt, hier anfügen, was Freiherr v. Yalvasor über St. Leonhard und das benachbarte Bad 1688 geschrieben hat *). Wir lesen da über St. Leonhard wie folgt: „Das Schloss und Stadt St. Leonhard liegt im Lavant-Viertheil zwischen Wolffsberg und Reichenfels an dem Fluss Lavant an einem schönen, luftigen und ziemlich ebenen Boden (nicht weit vom Sauerbrunnen), zu beiden Seiten aber hat es ein hohes Gebirg. Die Stadt ist zwar nicht gross, das Schloss aber desto schöner und grösser, welches von Herrn Georgen Grafen von Nageroll (Nogaroll), gewesten Landeshauptmann in Kärnten erbaut worden. Jetzt gehört Schloss und Stadt dem Bisthum Bamberg. Unweit davon liegt das Schloss Ehrn-fels insgemein „in der Höll“ genannt.“ Ueber den Sauerbrunn selbst aber schreibt Yalvasor ausführlicher: „Der Sauerbrunn liegt im Lavant-Viertheil zwischen Wolffsberg und St. Lienhard hoch im Gebirg auf einem luftigen Berglein, hat überall herum Wälder. „Dieser ist ein trefflich guter und gesunder ‘) Topographia Archiducatus Carinthiae. Nürnberg, 1688, pag. 112. (Mit Abbildung.) Sauerbrunn und lieblich zu trinken, er wird wegen seiner Güte auf Bamberg und andere weit entlegene Oerter verschickt.“ Dieser Sauerbrunnen ist umgemauert, gleich einer kleinen Kapelle, inwendig aber von schönen Quaderstücken vierecket ungefähr fünff Werkschuh tief ausgefüttert. Unten im Grund hat es einen Canal, welcher aus der Erden gehet: „Wann der Canal eröffnet wird, so rinnt alles Wasser hinaus; so man ihn aber sperrt, so läufft er gleich wieder mit frischen Sauerwasser an: Kann also dieser Brunn allezeit sauber ausgeputzt werden. Es hat vor wenig Jahren1) Eine Löbliche Landschaft des Erzherzogthums (sic!) Kärnten ein grosses wolbequemes Haus mit vielen Zimmern dabei erbauen lassen, sammt einer schönen Kapellen neben einem grossen Saal; darunter auch ein grosser Pferdstall ist. In diesem Haus ist allzeit ein guter Wirth von der Löbl. Landschaft, der dieser Brunnen zugehört, bestellt, bey welchen ein jeder, wess Stands er auch seye, nach Belieben wol traktirt wird und versehen ist“ 2). Das beigefügte Bild von „Sauerbrunn“ zeigt uns knapp an der Strasse das Kurhaus, mitten im Wald gelegen, mit einem wohlummauerten Vorplatz, auf welchem Kurgäste sitzend, gehend, mit Hunden spielend, abgebildet sind; auch im Walde promeniren Gäste, im- ') Zur Zeit Wolff Engelberts von Auersperg musste man noch in Leonhard bleiben (siehe oben). s) Valvasor a. a. 0. pag. 192. 106 Eine alte Reclame für Bad Leonhard in Kärnten 1649. posant nimmt sich das von der Landschaft erbaute Wohnhaus mit Kirche und Stallung aus; es hat ein Hochparterre und ersten Stock, ober dom grossen Einfahrts-thore Doppelfenster, einen schönen Kirchthurm, ringsum Wald. Das Ganze macht den Eindruck des Wohligen, Comfortablen! Die Cottage Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin in Ischl. (1871.) Der schönste Punkt in der reizenden Umgebung von Ischl ist unstreitig und allgemein anerkannt der Park hinter der kaiserlichen Villa; an sich schon eine der schönsten Anlagen, bietet diese an verschiedenen Stellen die wunderbarste Aussicht auf die herrlichen Environs von Ischl; zudem erscheinen die Villa und die Cottage mit jenem exquisiten feinfühligen Geschmacke eingerichtet, durch den alle Besitzungen der Allerhöchsten kaiserlichen Familie ausgezeichnet sind. Unter strömendem Regen wanderten wir den Park in seinen vorzüglichsten Partien ab, und gedachten besonders in dem schattigen Laubgange, der zur „Aussicht“ führt, wie eines Märchens eines vergangenen heissen Sommers, in welchem die Kühle dieses Ganges uns so wohlthätig gewesen; heute fröstelte uns, als wir raschen Schrittes hindurch eilten. Wir machten bei der Aussicht eine kleine Rast und fanden, wie trotz des vollständig verdüsterten Himmels und des Nebelgehänges an den Bergeskuppen die Gegend doch in einem eigenthümlich hellen Lichte erschien. 108 Die Cottage Ihrer Majestät der Kaiserin in Ischl. Wir stiegen dann zur Cottage, jenem lieblichen, ganz aus Ischler Marmor aufgeführten gothischen Bau mit seinen Thürmen und Thürmchen, Vorsprüngen und Laubengängen hinab. Letztere nahmen uns auf und geleiteten uns rings um das feenhafte Schiösslein. Dicht ranken sich die Schlingpflanzen um die Marmorsäulen und das Eisengitterwerk, die diesen (dang bilden, sowie um jene kunstvoll construirten eisernen Stiegenhäuser, in denen mit aller Grazie und Kühnheit gebaute Wendeltreppen nach Oben führen, und Marmorsäulen und Gitterwerk und Stiegenhäuschen spiegeln sich, immer ein Stück vom Ischler Panorama umrahmend, in den hohen Glastafeln der eichouverschallton Thüren und Fenster der im Parterre gelegenen kaiserlichen Gemächer. Im grossen Salon (mit rothen Tapeten) sieht man, und zwar inmitten prachtvoller Garnituren roth-brauner Sammtmöbel, die Tische mit Holzschnitzereien von der vorgeschrittensten Kunstindustrie, zu beiden Seiten derselben, je an einem Fenster, stehen kleine Tischchen und Sessel für die „kaiserlichen Kinder“, auf beiden Tischchen stehen Gypsabgüsse von Geflügelwild; unter den grossen Tischen sind Teppiche aus rothem Tuch mit darauf ausgespannten Schwänen ausgebreitet; im Fond des Salons steht ein Kamin aus arabischem Marmor, ein Meisterwerk ersten Ranges, dessen Platte eine Roccoco-Uhr und bronzene Statuetten schmücken, und über dem ein Riesenspiegel bis zur getäfelten Decke hinaufreicht. Der Fussboden dieses Salons ist mit lichten und dunklen Parquetten eingelegt. Das Arbeitszimmer Ihrer Majestät der Kaiserin, ebenfalls mit rothen Tapeten und Getäfel an Thüren und Fenstern, ist mittelgross und mit eleganter Einfachheit eingerichtet. Im Hintergründe ein runder Tisch mit prachtvollem Teppich darauf (in türkischem Geschmack), ein rothbrauner Sammtdivan und Sesseln ringsum, und vorne am Fenster ein Schreibtisch aus Palisanderholz und ein Rohrlehnstuhl mit Sammt-polstern auf den Armlehnen — dies die ganze Einrichtung dieses Gemaches. Ausser den eben genannten beiden Piecen hat die Cottage, in welcher Ihre Majestäten besonders des Morgens gerne weilen, noch eine Anzahl anderer Gemächer — im ersten Stocke Schlafzimmer, Salon u. s.w. Wir traten, an der kaiserlichen Villa, dem ersten Bau auf der „Schmalenau“, vorbei, den Rückweg an, doch konnten wir es uns nicht versagen, wenn auch nur einen flüchtigen Blick in jenen Glasgang der Villa zu werfen, wo die bekannte ausnehmend schöne und reichhaltige Collection von Waldthieren aufgestellt ist, welche Sammlung sich rasch vermehrt durch das meist vom glücklichsten Erfolge begleitete Jagd-Vergnügen des „ersten Schützen des Reiches“, sowie durch den Wetteifer aller Jagdfreunde von Nah und Fern, die prachtvollsten zum Schüsse gekommenen Exemplare in dieses kaiserliche Cabinet abzulioforn. Eben wollten wir den Park verlassen, da schlugen die Töne schwerer Zimmermannsarbeit an unser Ohr, wir blickten in’s Gebüsch, und da sahen wir ein ragend Holzdach im Schweizorstyl und die Vorderseite eines HO Die Cottage Ihrer Majestät der Kaiserin in Ischl. netten Riegelbaues und ein Vorgärtchen in der ersten Anlage — und knapp an unserem Wege eine kleine Holztreppe, die in diese Anlage hinunterführt. Wir wagten den Abstieg. Das Gehämmer und Ge-säge wurde immer lauter, wir standen mitten unter den Arbeitsleuten, die uns auf unsere Frage, was hier im Baue begriffen, die Antwort gaben — eine Schwimmschule. Dies fehlte in der That diesem Eden eines Parkes noch, um es ganz vollkommen zu machen. Wir traten ein! Vermutheten wir gleich etwas Besonderes zu finden, so ist unsere Erwartung doch weit übertroffen! Der Anblick, welcher sich uns darbietet, verkündet es laut, wir stehen auch hier auf kaiserlichem Boden. Uebereinstimmend mit der Aussenseite ist auch das Innere des mit eleganter Leichtigkeit ausgeführten Baues. Die ganze Anlage dieser wahrhaft prächtigen Schwimmschule, vielleicht einzig dastehend in ihrer Art, kann mit Recht ein Meisterwerk genannt werden. Bei jedem Blick fällt uns Neues, Ueberraschendes in’s Auge. Bewundern wir in dem schön geformten, ovalrunden Wasserbecken eino angenehme, die Grenze des Schönen nicht überschreitende Grösse, so ziehen im nächsten Augenblicke die Riegolwände, welche die an den Längenseiten des Bassins angebrachten Gänge begrenzen und je vier Cabinen in sich bergen, unsere ganze Aufmerksamkeit auf sich. Und bei jedem ferneren Schritte begegnen wir einem neuen Gegenstand, jeder Die Cottage Ihrer Majestät der Kaiserin in Ischl. m in seiner Art schön und zugleich, wie es sich für solch’ einen Zweck geziemt, bequem und praktisch. Vorwärts schreitend in einem der ziemlich breiten offenen Gänge, für welche man als schönste Decke das Blau des Himmels gewählt, wenden wir uns plötzlich um und erblicken den, an der Breitseite des Beckens unter einem Schweizerhäuschen zartester Art angebrachten „ersten Stock“ und unterhalb desselben schwingt sich das Tramboulin. Wir haben nun den ersten Eindruck in uns auf-genommon und gehen daran, uns die Ausschmückung, sowie alle Einzelnheiten der wirklich exquisiten Schwimmschule etwas genauer zu betrachten. Trotz der ungünstigsten Witterung ist es, Dank der energischen Bauleitung, gelungen, dieselbe so ziemlich ihrer Vollendung entgegenzuführen. Fehlen wohl noch das Arrangement im Innern der Gänge und verschiedene andere Kleinigkeiten, so hat der Beschauer doch schon jetzt den Totaleindruck und freut sich, dass dieser Ort binnen Kurzem in Stand gesetzt sein wird, Ihre Majestät, unsere geliebte Landesmutter, würdig zu empfangen. Mehr als zweihundert Hände sind seit Anfang Jänner dieses Jahres eifrig am Baue beschäftigt, und wurde trotz aller widrigen Elementarereignisse stets fleissig fortgearbeitet. Jedoch nicht nur die Menschen, auch all’ die lieblichen Gegenden an den Gestaden der stillen oberösterreichischen Seen haben mitgeholfen an dem neuen Werke und haben ihre Erzeugnisse geliefert, um das Ihrige an 112 Die Cottage Ihrer Majestät der Kaiserin in Ischl. Wasser, Marmor und Holz beizutragen zu dem Gelingen desselben. Das Wasserbecken, 8 Fuss tief, 15 Klafter lang, 6 Klafter breit, ist aus hydraulischem Kalk, und rings umgeben von einer massiven Steineinfassung aus dem Fludergraben bei Altaussee. Um den Bassin, beiläufig in der halben Höhe, leitet die Badenden ein Laufbrett, ober demselben eine runde Holzstange. Gespeist wird das Becken aus der Ischl, welche am unteren Ende dem Eingänge vis-ä-vis ihre schäumenden, sprudelnden Wellen über oine geschmackvolle Muschel aus Ischler Marmor in den Bassin ergiesst. — Bei unserem Besuche fanden wir das Becken noch leer, und einige Arbeiter vollauf beschäftigt, die grosse Treppe, welche links in den Bassin hinabführt, sowie ein kleines Bad für Kinder zu vollenden. Rechts wurden Douche-Ap parate neuester Construction hergestellt. Haben wir den mit Bienonfleiss arbeitenden Handwerksleuten eine Weile zugesehen, so wenden wir doch bald wieder unsere Aufmerksamkeit den reizend im feinsten Geschmacke ausgeführten Riegelwänden zu, welche gewiss jeden Fachmann, sowie jeden Laien in gleicher Weise entzücken werden. Die Wände sind in zarter Tinte röthlich chamois gemalt, und längs der ziemlich starken, kreuzweis gelegten, in Holzfarbe lackirten Balken mit blauen und rothen Streifen versehen, was einen malerisch brillanten Effect hervorbringt. Die beiden Längenseiten des Riegelbaues sind regelmässig abgetheilt, so dass an jeder Seite vier An-kleidecabinete mit superber Einrichtung angebracht sind. Oberhalb der Seitenwände laufen niedrige Fensteröffnungen, welche statt mit Glas, mit einfachem Holzgitterwerk versehen sind. Zu beiden Seiten des Haupteinganges befindet sich je ein Salon für die Majestäten, welche Gemächer mit den feinsten Parquetten, sowie mit kostbaren Glasmalereien in zartester Ausführung ausgestattet werden sollen. Wieder heraustretend an den Rand des Beckens, gewahren wir etwas, das bisher unserem Forscherblicke entgangen war, das einfache Grün der Umfriedung, welche die beiden Längenseiten der Gänge am unteren Ende, analog der Gestaltung des Wasserbeckens, in ovaler Form verbindet. War das Auge fast wie geblendet von den hellen Farben der Malerei und des Sparrenwerkes, so ruht es nun aus und erquickt sich doppelt an dem frischen saftigen Grün dieses Rasenteppichs. Und oberhalb der Umfriedung nicken die alten Bäume des kaiserlichen Parkes und schütteln unwillig ihre grünen Wipfel, „dass es doch heuer gar nicht Sommer werden will, und auch sie des Glückes, die geliebte Herrscherin begrüssen zu können, so lange entbehren müssen.“ Da fliesst der Regen wieder stärker, es wird fast finster, und wir rüsten uns zum Aufbruch, beim Scheiden den heissesten Wunsch im Herzen: y. Kadi cs, „Quellenstudien“. 8 114 Die Cottage Ihrer Majestät der Kaiserin in Ischl. Möchten die klaren Wellen des kleinen Gebirg-flüsschens stets Erfrischung und Gesundheit beuen allen Allerhöchsten und hohen Besuchern dieses Ortes, ganz vornehmlich aber der Allerhöchsten Frau, die ja den grössten Theil des Sommers auf dieser kaiserlichen Villa zuzubringen pflegt, unserer allgeliebten Kaiserin und Königin Elisabeth! „Rohitsclier“, Füllung: 1GS5. „Moussirt nicht mehr“, rufst du holde Leserin. „ Schon ausgeraucht“, brummst du hämorrhoidaler Leser. Nicht richtig! Versuch’ nur die 1685er Füllung und du wirst sehen, „er“ „effervescirt“ heute noch wie damals. Ein „chimischer Künstler“ des 17. Jahrhunderts hat uns ein Extract des „Brunnen“ in einer Wunderflasche aufbewahrt, auf deren Etikette die Devise steht: Er ist ein Schatz im Land, der Steiermark ein Zier, Ein Kleinod der Natur, drum trink und solch’a probier. Besagter „chimischer Künstler“ war der Doctor Johann Benedict Gründel, der kaiserl. Academia Naturae Curiosorum Collega und Badearzt von Ro-hitscli, doch mit dem Sitzo in dem über vier Stunden entfernten Marburg, wo er als Einer hochlöblichen Landschaft in Steyer Physicus Ordinarius „angestellt“ vielleicht nicht selten auf die „Ordination in brieflichem Wege“ angewiesen war. Und besagtes sein „Extractum“ aus dem Rohit-scher Sauerbrunnen ist seine 1685 in Wien lateinisch, 1687 in „Grätz“ „in unserer deutschen Mutter- 8* spräche“ herausgegebene Badeschrift: „Roitschocrene“, welcher der dermalige Rector Dr. Illmer der Wiener Universität und kaiserl. Leibmodicus das „Imprimatur“ verlieh, da in derselben nichts gegen den Glauben, gegen den Landesfürsten und gegen die guten Sitten enthalten war (quandoque, heisst es im Original, nihil contra fidem, principem et bonos mores con-tineat) und dessen Erscheinen als „eines der öffentlichen Wohlfahrt in deutscher Sprache dienenden Buches“ der Kanzler der Grazer Universität, ein Jesuit, in letzter Instanz zu genehmigen hatte und auch genehmigte. Die „Roitschocrene“ geöffnet, lässt uns in den „rasch aufschiessenden“ „Perlen“ ihres Inhalts den „Sauerbrunnen“ kennen lernen in der Gestalt, wie er kurz nach seiner Entdeckung in seiner vollsten Ursprünglichkeit und Natürlichkeit sich gab, desgleichen Alles kennen lernen, was ihn umgab, und aus der „beigebogenen“ Gebrauchsanweisung ersehen wir, was die hochgelehrten „Medici“ damals von ihm hielten, was sie in „währender Cur“ verschrieben, wie es in Rohitsch „tune temporis“ aussah, was man essen und trinken durfte oder vielmehr nicht durfte, wohin das „Wasser“ versendet wurde, wer das Privilegium darauf hatte u. s. w. Es ist eine „Badeschrift“ in wahrster und bester Form, wenn sie gleich nicht einer „Badebibliothek“ xten Theil bildet, war ja der sie verlegte, der „Buchführer“ Erhärt in Graz und nicht der circa 200 Jahre später lebende Nährvater unserer Balneologen „Papa Braumüller“. Dass sie aber eine echte und rechte Badeschrift, Grundel’s Koitschocrene, dafür ist der Beweis sogar in Reimen zu erbringen, lesen wir doch in der Lobeshymne auf den Kreuzbrunnen die der Concurrenz geltenden Yerse: Auch weicht ihr ander Brünn allhie in disem Land, Weil diser Roitsche Brunn ist mehr als ihr bekaudt. Für dieses Bekanntwerden des Rohitscher Brunnen hatten — wie dies bei neu auftauchenden oder gar auftauchen „müssenden“ Bädern und Brunnen auch heute noch Vorkommen soll — am meisten die Wiener Aerzte „gewirkt“, darunter in erster Linie die beiden Hofmedici, der schon genannte Illmer und Paulus de Sorbait, der Leibarzt der Kaiserin Eleonore, von denen wie von Andern Grundel sich auch Zeugnisse für seine „Untersuchungen“ ausstellen liess, die er „hier im Anhänge“ zum Abdrucke brachte. Das Meiste, um in der hohen Gesellschaft von Wien den „Rohitscher“ in Aufnahme zu bringen, mag wohl die Wundercur Sorbait’s beigetragen haben, der einen Jahre alten Starhemberg damit von der Kolik befreite und das „zarte Patientl“ völlig „resti-tuirte“. Wie gesagt, es hatte nicht lange gebraucht, dass der Rohitscher, kaum entdeckt, schon der weitesten Verbreitung sich erfreute; in einem Zeitraum von wenigen Decennien eilten die „Kranken“ — die Gesun- den damals noch weniger — an seine Quelle und wurden die „Füllungen“ weit und breit versendet, ausser in Oesterreich, auch schon nach Wälschland, Polen, in’s „H. Römische Reich“ und „mehr entlegene Oerter“. Die Entdeckung des Rohitscher Sauerbrunn versetzt Gründel in das Jahr 1640 und nennt als Entdecker den als Krieger und Dichter gleich berühmt gewordenen Grafen Niklas Zriny, einen Enkel des „Helden von Sigeth“ ; die Entdeckung geschah auf einer Jagd; das zufällig gefundene Wasser erquickte den Grafen so sehr, dass er sich entschloss, dasselbe fortgesetzt zu gebrauchen, welche Cur ihn denn schliesslich von einem langjährigen Milz- und Leberleiden völlig befreite. Und 40 Jahre später noch sah unser Gründel den Sauerbrunn aus einem hohlen Weiden- oder Felberstock hervorquillen, „dessen Diameter- oder Zwerchlinie“ „fast einer Wienerischen Ellen gleichet“; der Brunnen lag offen, ohne Gebäude oder Mauerwerk darüber „dem freien Himmel im Regen und Sonnenschein jederzeit unterworffen“, denn die Inwohner der Gegend scheuten sich durch Graben vielleicht „die Operation der Natur zu turbiren“, daher sie die Quelle nur mit einem hölzernen Zaun umgaben, „damit er von den vorbeigehenden Yiech, so über die massen gern dise sauere Wasser trinket, nicht etwan getrübt und verderbt würde“. Kannten doch gleich unsere „braven Landleute* die heilsamen Wirkungen der „Roitschocrene“, denn als die „Pest“ um jene Zeit so viele Länder ringsum devastirte, diese Gegend blieb frei davon und jene Einwohner, die täglich diesen Trunk gebrauchten, sie waren selten krank. „Aber“ und jetzt wird unser alter Marburger Kreis-physikus humoristisch, die Bauern Hessen nachgerade ab vom Trinken des Rohitscher, da er sie zu hun-gerig machte und bei den damaligen theuren Zeiten wollten sie den Appetit mit dem säuern Wasser nicht noch mehr wecken. Bei all dem geschilderten primitiven Zustande der Quelle war doch gleichwohl schon um 1685 für die Unterkunft und den Comfort (natürlich nach damaligen Begriffen) für die fremden Curgäste bestens gesorgt. Es hatte „unlängst“ Herr Baron Curti daselbst ein „Gast- oder Wirthshauss für bessere accomo-ditet der Frembden auf bauen vnnd mit victualien auch andern notwendigkeiten versehen lassen“. Da aber dieses eine Gasthaus schon zurZeit nicht ausreichte, so empfiehlt Gründel, wenn dort „alle Zimmer angefüllt sind“, dass die Fremden nach den benachbarten Städten Marburg und Pettau ziehen sollen, wo sie den Sauerbrunn „täglich frisch haben können“ und nebenbei Apotheken und Medici finden. Denjenigen Curbedürftigen hingegen, denen es „zur Quell zu reisen vnmöglich“ räth er sehr einfach, den Brunnen daheim zu trinken und er beeilt sich, die einzige und allainige, weil „privilegirte“ Bezugsquelle anzugeben. Damit weiter kein Betrug mit der Roitscho-crene unterlaufen kann, „wie es leyder schon offt zu Wienn geschehen“, dass man ihn verfälschte oder gar einen andern Sauerbrunnen für ihn als Ro-hitscher verkaufte, so verlieh „die Kaiserliche Majestät“ dem Wiener Gastgeber in der „neuen Welt“ Herrn Ambrosio Frank für seine patriotische Haltung in der „83er Türken b oläger ung von Wien“, „wo er eine Freycompagnie von 335 Mann als Hauptmann gantz löblich commandirt und für das Vaterland ritterlich gestritten“ ein „besonderes Privilegium“, dass ihm „allein-disen Sauerbrunn zu führen“ und zu verkaufen erlaubt sei. Diese Nachricht, wo der Rohitscher ausserhalb des Ortes unverfälscht zu bekommen, wie sie im Texte erscheint, wiederholt sich auf einem leeren, dem letzten Blatte des Buches, wo sie allein steht und in der Ausstattung einem gezahlten „Inserat“ auf’s Haar gleicht. Heisst es doch da: „Erinnerung an die Sauerbrunntrinker“ (fett gedruckt) und im Verlaufe der Anpreisung wird der Brunnen nach guter Inseratenmanier als der „edle“ und „heylsame“ hochgelobt. Mag immerhin Dr. Gründol bei „Ambrosio Frank“ die Rechnung beglichen gefunden haben, wird er doch für sein „kürzlich“ beschriebenes Buch von sage 400 Seiten ohnedies vom Verleger gewiss kärglich genug bedacht worden sein ! Mais passons lä dessus! Trotz etwaiger „Geschäftsverbindung“ mit dem Gastgeber in der „neuen Welt“ zu Wien kommt Gründel doch immer darauf zurück, „dass er den Rohitscher Sauerbrunn piemals so gar kräftig gefunden als bei dem Ursprung“, entsprechend dem uralten Yers: Dulcius ex ipso fonte bibuntur aquae. wie er übersetzt: Das beste Wasser, so man trinkt, Ist das, welches auss dem Quell entspringt. Demgemäss ertheilt er denn auch seine ärztlichen Rathschläge über den Gebrauch der „Roitschocrene“ stets mit Bezug auf das Trinken an der Quelle. Folgen wir nun dieser seiner Ordination in ihren Details. Wie alt darf man sein, um Rohitsch zu bosuchen? wirft Gründel u. A. als Cardinalfrage auf und antwortet: nicht zu alt, ausser die Alten sind ansonsten kräftig und haben in ihren besten Jahren „ein Hülff bey disem Mittel gefunden“. Was für „Complexion“ hier tauglich sei? Antwort: Jede, wann nur was zu halten ist, gehalten wird! (Ein grosses Wort gelassen ausgesprochen.) „Geschlechts halber kann dieser Brunn sowohl von den Frauen als von den Männern gebraucht werden.“ Auf die Frage: „ob auch die Gesunden unsern Rohitscher Brunnen trinken dürfen“, was viele widerrathen wollen, indem sie auf die heilige Schrift verweisen, welche lehret, dass die Gesunden nicht des Arztes und folglich auch nicht der Arzney nöthig haben, weiss unser Physikus, der auch ein Pfiffikus, gleich gute Auskunft, indem er sagt: man kann „zur Zeit der Gesundheit die Sauerbrunn-Chur mit Nutzen anstellen, damit die bösen Feuchtigkeiten, als frembde Gäste, die „auf künfftige Rebellion schon speculiren“ bei Zeiten aus dem Leib kommen vnd dadurch vil Kranckheiten verhindert werden“. Wann ist die beste Zeit, um Rohitsch zu besuchen? Antwort: Yon Mai bis September und namentlich wird dieser Brunnen meistentheils getrunken in den H u n d s t a g e n, „wo er mit seiner annehmblichen Säuere die vnerträgliche Hitze temperiret, den Durst löschet, den dazumahl für ordinär schwachen Appetit widerumb ersetzet, die Gail corrigirt vnd auff solche Weiss die Trinkenden bey guten Knifften erhaltet, wann herent-gegen andere wegen so grosser Ilitz die Lebensgeister verlieren vnd verschmachten wollen“. Im Herbst lässt die Kraft des Sauerbrunnen nach und im Jahre 1685 habe der Planet Mars wie die Astronomen sagen etliche böse Aspect gemacht, „von dem nicht allein die Schwachheit der Sauerbrunnen, sondern auch der in sovil Ländern wüttende Krieg soll entstanden sein“. Soll sagt Gründel und leugnet solchen Einfluss des Mars. „Denn der Krieg scheinet mehr seinen Ursprung zu nehmen auss dem freyen Willen der Landesfürsten, als auss Influentz des Gestirns“; was den Sauerbrunn anbelange, so sei der ausnehmend kalte und feuchte Sommer des Jahres 1685 daran schuld, dass er in diesem Jahre so schwach gewesen. Wie und zu welchen Stunden soll man trinken? Nach aller „hydrographorum“ Meinung ist nichts besseres als der „Morgen, „weilen dazumahl die Speisen nicht allein verkocht, sondern auch schon mei-stentheils aus dem Leib geführet und vertheilet worden“. Man fange ein oder zwei Stund nach der Sonnen-Aufgang zu trinken an, „wann der Lufft noch temperiret und zum spatzieren gehen am bequemsten ist“. Aber man soll „mit sanfften spatzier-gehn nicht mit starken Lauffen über Berg und Thal, wie es etliche zu Zeiten machen, den Leib bewegen, sonst wird die Natur wegen der mit dem Schweiss entgangener Geister dergestalten geschwächet, dass sie das übrige saure Wasser nicht genügsamb ertragen kann“. Wenn man auch Nachmittag den Brunnen gebrauchen wollte, so müsste es 6 oder 7 Stunden nach dem Mittagmahl geschehen und könnte dann das Nachtmahl vor 10 oder 11 Uhr nicht eingenommen werden oder es fiele gänzlich aus. Wie viel von dem Brunnen soll man trinken? „Bey vns“ (in Rohitsch) — sagt Gründel — „ist die ordinär Gewohnheit, dass ein Gesunder selten weniger als 11/a, weder mehr als 3 und auffs höchste 4 hiesige Mass in einem Tag ausstrinket. Nichts destoweni-ger werden etliche zuZeiten gefunden, absonderlich Croaten und andere starke Leut, welche grosse Excess im Sauerbrunn trinken begehen.“ So erzählt er von einem Pfarrer, der an einem Morgen 7 Maas getrunken und von einem noch grösseren „Sauerbrunn-Sauffer“ — einem Canonicus— welcher an einem Vormittag 15—16 steirische Mass, welche 720 oder 768 medicinische Unzen machen, ausgetrunken habe und zwar „mit gutem Effect“; drei küchenlateinische Strophen „verewigten“ diese That an der Mauer des Pfarrhofs beim heil. Kreutz, Gründel theilt sie im Anschlüsse an die Geschichts-Anecdote mit. Ja diese „That“ des croatischen Domherrn regt ihn zu Vergleichen an und er citirt einen Vasser-Trinker von Karlsbad, der 1664 in 64 Tagen 2689 Mässl oder medicinische Pfund, welche über 16 österr. Eimer oder U/s steirische Startin ausmachen, getrunken haben soll. Wie lang ist die Cur zu gebrauchen? „Bei uns ist die Gowohnheit, dass man dise Chur durch 14 oder 20 Tag bissweilen auch vier Wochen continuirt“, doch meint Dr. Gründel, man müsse den Sauerbrunn in langwierigen und sehr eingewurzelten Krankheiten etwas länger gebrauchen. Ein Aussetzen der Cur auf ein paar Tage wegen Regenwetter, das die Quelle trübt und deren Kräfte schwächt, will er nicht angehen lassen, und ihm „gefallen diejenigen am besten, die zu besserer Vorsehung bei schönem Wetter etliche Flaschen damit anfüllen, so nachmahlen bey Regenwetter können getrunken werden“. „Von der Diät.“ — Unser wohlerfahrener Prac-ticus adoptirt des Oralenus Lehre, dass mehr durch die Diät als durch die Arzney curiret werde. „Was hilffi.“ — ruft er aus — „der Sauerbrunnen, ob schon man in der Frühe die Wasser-Götter vnd ihre Nymphen mit Gläsern auf billiche Weiss verehret, so man aber Nachmittag mit grossen Bechern dem Bacccho in völligem Rausch ein sonderliches Freudenfest anstellet?“ Diät im Essen und Trinken und im Gemüths-leben, das ist die erste Bedingung zu einer erfolgreichen Cur. Sonst wäre es kein Wunder, dass dieser weit berühmte Rohitscher Sauerbrunnen, der schon so vielen tausend Patienten genützet, nachmals den Credit verlöre und wegen im Essen und Trinken, Bewegung, Zorn und dergleichen bei der Cur begangener Fehler dasjenige zuwege zu bringen nicht vermöchte, was man von ihm zuvor gehofft. Was darf man essen, was darf man trinken? Ehevor „Medicus Ordinarius“ darauf in specie antwortet, stellt er in genere zwei Hauptsätze zur Dar-nachachtung auf; sie lauten: Wo wenig Speyss vnd Tranck Wird selten Jemands krank und: Damit Du vil trinkest, trink wenig, So wirst Du lange Zeit vnd vil trinken. Letztere Lehre gab er seinen männlichen Patienten, wie man sieht, noch mit nach Hause als weise Lebensregel ! Welche Speisen erlaubte Gründel in „währender Cur“? Antwort: Brod aus purem Waizen gebacken, vom Fleische: Kälbernes, Lämmernes, Ca-straun (Schöpsernes), nicht zu altes Rindfleisch, vom „Federvieh“: Hennen und Kapaunen, „absonderlich die Steierischen, wenn sie nach Vaterlandsmanier gemäst und gestopfft seyn“, Turtl-und Holztauben, die Indianer, die Rebhühner, die namentlich eine gute Cur gegen „geheime Krankheiten“ sein, die Krouaw etvögel „so allhier häufig gefangen werden“. Zu meiden sein: Hirsch-, Bock-, Schwein- und altes Rindfleisch, Wildschwein, Spanferkl („Spansau“), Speck, Schinken, Würste und alles was gesalzen, geräuchert oder geselcht ist, desgleichen auch Gänse, Enten, „ausgenommen die wilden“, ferner die Füsse, Nieren, Leber und Hirn von dem Vieh, wie aueh Pasteten, Torten, und dergleichen Mehlwerk. Für die „Fasttage“ passirt er die Forellen, Hechten, die Huchen, die allhier (in Marburg) in der „Trag“ (Drau) gefangen werden, die Karpfen und Barmen, die Koppen, Rutten, Grundel und Hausen, „die in der Donau zu finden und bissweilen aus Ungarn nacher Grätz geführt werden“; zu meiden seien: die Schleien, Aale, Stockfisch, „Plateiss 1“ und der Häring. Unter dem „Grasslwork“ (Grünen) seien zu meiden: die Bohnen, Erbsen, Fisolen, Linsen; die Gerste (der Gerstenschloim) sei erlaubt, desgleichen passirt er den Spargel, die Artitscholcen, und bisweilen ein wenig Spinat; der Salat ist aber in Rohitsch absolut zu verbieten, wenngleich er einst den Kaiser Augustus von einer schweren Krankheit gerettet habe, desgleichen seien zu meiden Omurken (Gurken) und die „Melaunen“, von denen die Historiensehreiber überdies bezeugen, „dass wegen ihr vil grosse Monarchen seynd zu Grund gangen.“ Kraut und Kohl, dann Carviol und Kauli-rapi (Kohlrüben) könne er erlauben „wenn sie mit Hennen oder Kalbfleisch gekochet werden“. Dagegen seien wieder zu meiden: „die Rüben, theilweise der Rättig, die Zwiebel, Schnitt lieh, Senfft, Meer-Rättig oder Kren, Garten- und Brunn-Kress, dannAepffel, Birnen, Kirschen, Nüssen, Kästen (Kastanien) und dergleichen Baum-f'rüchte. Letztere insbesondere als Nachtisch“. Auch alle Sorten von Schwämmen „sie mögen nun Herrn Pülzling, König oder Kayserling titulirt werden“ sind ausgeschlossen. Wann und wie viel soll man essen? Man fülle den Leib nicht mit neuen Speisen an, ehe die vorigen verdaut worden, dies der langen Rede Gründers über dieses Thema kurzer Sinn. Was soll man in währender Cur trinken? Wein sei erlaubt, wenn ihn der Curgast vorher gewohnt sei. Doch will Gründel den Luttenberger schon gar nicht gewählt wissen, da er zu stark sei, auch trübe, süsse und saure Weine solle man meiden und statt des Rohitscher Weines empfiehlt der Marburger Arzt die Weine der Marburger Umgebung, die er näher zu kennen Gelegenheit hat: den Pikerer und Lembacher. Bier betreffend gibt er aber dem „Gratzer“ vor dem Marburger den entschiedensten Vorzug. Das Mischen von Sauerbrunn mit Wein, gegen das er nichts einwenden kann, weiss er vielmehr als äusserst angenehm zu schildern, da „die Vermählung des Weins mit dem Sauerbrunn dem Mund wegen der lieblichen Schärfe ebenso wol thuen wie den Augen wegen des lustigen Wasserspils, wo die Bläslein in Gestalt der schönen Perl in die Höhe vnd auch ausserhalb dess Glas steigen“. Wir haben bisher unsern Doctor Gründel als einen ziemlich conciliatorischen Charakter kennen gelernt, auf den höchstens die enragirten Pasteten- und Giardinetto-Preunde unter unseren P. T. Lesern böse geworden, dass er aber gegen das schöne Geschlecht grausam, ein Barbar sein konnte, das erfahren wir erst auf den letzten Blättern seines Buches. Als allerletzte Diätregeln, als ob er sich ahnungsvoll gefürchtet vor den Massenvorwürfen der Pilgerinnen von Sauerbrunn — vielleicht schon seiner Zeit, gewiss aber unserer Tage — verbietet der Unmensch in Rohitsch das Tanzen und alle und jede Liebesaffairen. Man höre und entsetze sich. Nicht tanzen in Sauerbrunn, dessen Ballsaal zu den schönsten, dessen Annen ball zu den beliebtesten gehört in der Chronik aller Bäder. Und warum verbietet Gründel das Tanzen pur et simple? Weil er „in verflossenen Hundstagen einen gesehen, welcher die angefangene Cur unterbrochen (Carissime! Hic Rhodus hic salta!) und bei Hochzeiten ausser im Essen und Trinken auch im Tanzen unterschiedliche Excess begangen und nach Wiederaufnahme der Cur ein hitziges Fieber bekommen habe, so dass er in Lebensgefahr geschwebt!“ Aermster! Und deshalb will Gründel uns auch heute nicht tanzen lassen? Wir befolgen solche Grillen von Zeitgenossen nicht. Gründel, Deine Zeitgenossen werden Dir in diesem Punkte gewiss auch nicht gehorcht haben. Noch viel weniger aber in puncto Liebesaffairen. „Mit Liebessachen — schreibst Du — soll sich auch niomands beunruhigen, welche das Hirn turbiren, den Schlaff verkürtzen, die Geister verzehren und andere Schaden zu-wegen bri ngen.“ Und was wär’s dann mit den herrlichen Parkanlagen, mit den Promenaden, mit der Terrasse des Cur-saales? Oder glaubst Du „Amice colendissime“ — wie Dich Paul v. Sorbait so schmeichlerisch nannte — dass in Baron Curti’s erstem Gast- und Wirthshaus zu Rohitsch nicht die Liebe gewohnt, vor und nach Erscheinen Deiner Badebroschüre? Ei ja doch! Du wirst selbst, wenn Du ein Pärchen unter der breitästigen Linde am Yorthore schmachten gesehen, durch die Finger geschaut haben. Im Glauben an diese Deine Nach- y. Kadi ob, „Quellenstudien“. t) sicht, die auch bis in unser „Saeculum“ reichet, wollen wir also in Frieden und Freundschaft von Dir und Deiner schönen vielverdienstlichen Roitschocrene scheiden, die für Rohitsch immerhin gelten mag als „ein Buch der Bücher“! Ein alpiner Grus« von Bad Neuhaus 1878. Inmitten des herrlichsten Grüns gelegen, bietet Bad Neuhaus in nächster Nähe der durch Professor Frisch auf’s Bemühungen der Touristenwelt neu erschlossenen Sannthaler-Alpen, in nächster Umgebung eine Reihe der schönsten, anziehendsten alpinen Genüsse, die auch von Touristen, die momentan zu Cur-gästen degradirt sind, getheilt werden können. Solch ein Aüsflug in nächster Nähe, der uns die ganze Schönheit der reizenden Bergwelt in einem entzückenden Panorama eröffnet, ist der Aufstieg zu der Wallfahrtskirche St. Jodok auf dom Berge Kozjak (2843 ), 2l/3 Stunden nordwestlich von Cilli. An der Südseite des Bachergebirges erheben sich gewaltige Wasserscheiden der Gewässer der Sann, mächtige Kalkgebilde der Secundärformation. Eine dieser Höhen von West nach Ost abfallend und durch ihre Gestalt weithin erkennbar, liegt in der Gemeinde Kozjak und bildet die Grenze mehrerer Bezirke. Am Gipfel dieses Berges, der selbst den Namen Kozjak führt, liegt eine dom heil. Jodok geweihte Kirche, zu der man von Bad Neuhaus in drei Stunden gelangt. Der Weg ist ohne Gefahr, doch ganz 9* geeignet, dem Freunde der Touristik alle jene Beschwerden aufzuerlegen, welche inan so gerne erträgt, wenn man gewillt ist, eine Bergparthie zu unternehmen. In drei Terrassen führt die Strasse, von der man aber auf anmuthigen Bergpfaden nach rechts und links wiederholt abbiegen kann, nach oben. Man passirt herrlich duftende Nadel- und schattige Laubwälder, man schreitet auf Wiesentoppichen dahin, man erklimmt Felsensteige, mächtige Kalkeinschnitte etc., kurz, es bietet diese Tour alle erdenkliche Abwechslung. Welch’ ein Ausblick öffnet sich bald nach Ost, bald nach West auf das bewaldete Hügelland um Neuhaus und die herrliche Bachernkette. Wir streben weiter, wir erfreuen uns an lachenden Fluren, an prächtigen Aeckern; hoch droben am Berge wird emsig gemäht, da klettert lustig die Ziege (slov Koza), wir sind bald in der Alpenregion, wo knapp beim Hause das Vieh grasen kann. Noch ein steiler, sehr steiler Steig — hinter den sogenannten „zwei Bauern“ — einem wirklichen Gehöfte — und schon sieht das mächtige Pfarrhaus von St. Jodok auf uns herab und hinter demselben hervor die Spitze des Kirchthurmes; links zur Seite des Pfarr-hofes erhebt sich ein schön ausgeführter Neubau, — der Maierhof. Es ist der 13. August, wir pflücken die aromatisch schmeckenden, zuckersüssen Erdbeeren, und im Garten des hochwürdigen Pfarrers prangen die schönsten Carviolrosen, die den Tisch des Baderestaurants besorgen. Seit dem frühen Morgen, wo wir ausgegangen sind urid uns an einem von der blonden Rabenhaupt Marie credenzten superben fleur d’orange und einigen Bissen des feinsten Backwerkes unseres wackeren Conditors, dessen schöpferische Kraft der unvergleichliche Franz Pusch ist, gestärkt haben, kam nichts Trink- und Essbares über unsere Lippen; was Wunder, dass der Anblick dieses Alpencarfiols, dessen Güte uns schon bekannt war, ohne zu wissen, dass hier seine Geburtsstätte sei, doppelt mächtig auf uns wirkte. Der liebenswürdige Herr Pfarrer Lapuh, gastlich gesinnt, eilt uns entgegen und führt uns in das Innere seines Hauses, wo er, mit Plaids bewaffnet, uns nötbigt, eine Abdünstungs-Cur durchzumachen. Wir müssen ganz eingepackt nahezu eine Stunde in seiner Wohnung auf- und abgehen, erst dann erhalten wir ein Glas Wein und ein Stück Weissbrot; hierauf geht’s wieder hinaus in’s Freie, in die angenehmste Wärme, die da oben herrscht. Es ist auf diesem von der Natur eigen-thümlich geformten, nach Nord und Süd durch aufsteigende, bewaldete Kalkfelsen eingeschlossenen Plateau nie sehr heiss, und nie sehr kalt, im strengsten Winter beobachtete der Pfarrer — ein trefflicher Meteorolog— nicht über — 9° R., er sagte mir, dass sich dieser Punkt gewiss als eine lohnende Station für systematisch durchgeführte meteorologische Beobachtungen eignen würde, und dass hier stets eine etwas bewegte Luft herrsche. Letzterer Umstand brachte den unternehmenden Herrn Pfarrer auf die Idee, diesen Platz zu Wirthschaftszwecken auszunützen und daselbst eine Windmühle zu erbauen, und zufällig gerade an dem Tage, da wir so glücklich waren, seine Gäste zu sein, Ein alpiner Qruss von Bad Neuhans. ward die letzte Hand an dieses nutzbringende Werk gelegt. Die Landleute der Umgebung interessiren siel) schon seit Wochen lebhaft für die Durchführung dieser gewiss einzig im Lande dastehenden neuen Erwerbsquelle, und dürfte dieselbe bald vielseitige Nachahmung finden, da die Landleute von heute gewöhnlich auf die Müllermeister nicht am besten zu sprechen sind. Unser genialer Mentor zeigte uns der Reihe nach die Schönheiten seiner Alpenidylle. Er führte uns zur sogenannten Kanzel (slov. §pik genannt), wo wir die entzückende Aussicht auf die Westseite genossen und wo sich die Alpenkotte des Bachern und viele der an-muthigsten Orte, unter denen der bedeutendste Win-disch-Grätz, von welchem eines unserer ersten noch bestehenden Fürstenhäuser seinen Namen ableitet, vor unserem Auge ausbreiten. Wir treten dann über balsamisch duftende Abhänge den Rückweg zum Pfarrhof an und beschauen uns nun das Panorama nach Ost-Südost, wo in dem lieblichen Sannthale Cilli, das alte Celleja der Römer, die heiterste Stadt der Steiermark, sich in glänzendstem Lichte präsentirt und unser Blick weithin bis an die croatischen Grenzgebirge schweift, über welche hinaus wir, eben im ruhigen Anblick der Natur beglückt, unsere Gedanken donnoeh senden zu unsern im „goldenen Bosnien“ kämpfenden Brüdern, zu den braven Angehörigen unserer tapferen Armee! „Sehen Sie da die Linde unten auf dem Wiesenplatze, von dieser Linde erzählt das Volk“, — sagte der Pfarrer—„dass sie zur Türkenzeit gepflanzt wurde; überhaupt haben sich zahlreiche Erinnerungen an die schreckliche Zeit der türkischen Invasionen bis heute in unserem Volke erhalten“. „Ja und Ihre alte Kirche, bewahrt uns“ — warfen wir ein — „auch in ihrer weiteren Anlage und namentlich mit ihrem mächtigen, übergrossen breiten Thurme, an dessen Seiten man noch die Schiessscharten wahrnimmt, gleichfalls das Andenken an jene Tage, wo sie noch ein „Tabor“ (Volkscastell) war.“ Die Entstehung der Kirche fällt in’s XV. Jahrhundert, um welche Zeit die Grafen von Cilli hier eine Jagdcapelle erbauten und es besteht noch heute eine Stiftung von 1000 fl., die von den Grafen Hermann und Friedrich von Cilli herrührt, jenem Vater und Sohne, die schliesslich in härtester Fehde waren wegen der schönen Veronica von Desince, der steirischen „Agnes Bernauer“, welche Friedrich heimgeführt und die sein Vater Hermann entführen und in einer Badewanne ertränken liess. Der Schutzheilige der heutigen Wallfahrtskirche ist der heilige Jodok, der Patron gegen Hagel und Unwetter, und öfters pilgern ganze Proces-sionen von Feld- und Weinbauern den steilen Weg hinauf, um Schutz für ihre bedrohte Ernte zu erflehen. — Der gastliche Pfarrer und seine uns durch Vorlage einer ausgezeichnet schönen Seidegespinnst-Collection (Ausstellungsobject) erfreuende Haushälterin überbieten sich in Erweisung der Fürsorge für unsere nach Labung dürstende Kehle und Magen. Ein superb mundender Wein und ein feines köstliches Mahl erquicken uns und das Wasser, das wir credenzt erhalten, ist frisch und klar, trotzdem es nur einer Cisterne entnommen ist. Der Abend findet uns alle froh vereint bei hollem Mon-denscheine vor dem Pfarrhofe und da kehren der Rinder breitgestirnto, glatte Schaaron und mit ihnen die andern Hausbewohner und auch das kleine Gebirgspferd heim, das den hochwürdigen Pfarrer auf seinen Vorsehgängen trägt. Und die herrliche himmlische Ruhe und der herrliche himmlische Friede, die aus jedem Grashalm hier athmen, sie umwehen und umschweben uns, und wir sagen in vollster Ueboreinstimmung mit dom Pfarrer: die Welt ist wohl schön von Weitem! An Nouhaus. Aus der Erde räthselliaftem Grunde Perkt eines Bades Wunderqucll, Dass der kranke Körper uns gesunde Dtist’ier Geist sich kläre und erhell’. Durch den Tannenwald nach Oben Führt uns daun der rasche Fuss, Und von Bergen luft- und duftumwoben Schallt aus freier Luft Dir zu der Gruss: Wohl Dir, da sich zu freudigem Begegnen Mensch und Natur vereinen ihren Pfad, Es möge Gott, mein Neuhaus, d’rum Dich segnen Und in Dir segne er Dein heilsam Bad. Hans Max (Baron Päumaun). Grillparzer in IUimerbad. Einer der reizendsten und kostbarsten Edelsteine, gereiht an den prunkvollen metallenen Gürtelstreif, den gleichsam die Südbahn an der „Austria“ reicher Gewandung uns darstellt, niedergleitend vom Herzen der Hohen bis hinab an den Saum ihres farbenprächtigen Kleides, wo dann den Fuss sie taucht, die Hehre, in die Fluthen der „blauen Adria“ — ein Smaragd von seltenster Schöne, das ist: Römerbad im unvergleichlich herrlichen Sannthal! An dem freundlich gelegenen gleichnamigen Stationsgebäude angelangt, sieht man von sanftansteigender grüner Höhe am Fusse des rückwärts sich erhebenden dichtbewaldeten Senosek die Gebäude des sofort an-muthenden Curortes herüberschimmern, beinahe im Mittelpunkte jener scharfgeschnittenen, von dem Sann-flosse durchzogenen Gebirge, die das liebliche Thal umgeben, und es gleichmässig schützen vor der rauhen Faust des Nordsturmes, wie vor der erdrückenden Schwüle der Südwinde. Das Klima dieser Gegend ist daher mild und stärkend, die Luft rein und gesund. Diese trefHicho Lage und die vorzügliche Güte der Quelle Hessen den Ort schon den praktischen Rö- raern als gerne besuchte Therme erscheinen und so geht denn der Ursprung des Bades, wie es noch jetzt sein Name besagt, in das graue Alterthum zurück, wo die weltgebietende Roma die Municipalstadt Celeja gründete, aus deren Ruinen sich das heutige Cilli erhob, wo in den Thälern der Sann und Save ihre Villen prangten und die siegesstolzen römischen Legionen auch die rebenumgrenzten Gauen der südlichen Steiermark beherrschten. Schon damals war die Quelle, die in unsern Tagen, was ihre Wirkung betrifft, mit (J astein, Pfäfers in der Schweiz und Wildbad in Württemberg in einer Reihe steht, hoch im Rufe und vom besten Erfolge. Don „Nymphis Augustis“ gewidmete, hier gefundene Denksteine künden uns wohl lesbar noch heute den Dank edler Römer, die da ihre Heilung gefunden. Diese wenigen Votivsteine sind aber auch die einzigen Monumente jener dunklen Vorzeit; dann fehlen uns durch fast ein ganzes Jahrtausend alle Nachrichten über das „Römerbad“. Wahrscheinlich theilte auch diese Stätte das Loos vandalischer Verwüstung während der Völkerwanderung. Was von da noch übrig war oder später hergerichtet wurde, mag — wie der um Steiermark vielverdiente Dr. Macher in seiner tüchtigen Schrift über diesen Ort sagt — in dem fürchterlichen Erdbeben, welches im Jahre 1201 in dieser Gegend eine Reihe von Burgen, Kirchen und andere Gebäude zu Trümmern warf, vollends zu Grunde gegangen sein. Erst im Anfänge des 14. Jahrhunderts erscheint dieses Bad wieder in der Geschichte, und zwar als Eigenthum der Karthause Geirach. Nach einer Urkunde von 1328 wurde es von dom Prinr und den Con-ventualen dieses Klosters an einen gewissen Kunz Pin-der verpachtet, doch nur unter der Bedingung, „dass er sich befleissige. in demselben lauter züchtiges Gesinde und ehrbarliche Weibsleute zu halten“. Yon dieser Zeit her scheint das Bad bekannt geblieben und häufig besucht worden zu sein, wie ja im Mittelalter das Baden in den österreichischen Ländern sehr im Schwünge war. Im Jahre 1529, um die Tage herum, da Wien zum ersten Male von den Türken belagert wurde, plünderte und verwüstete ein Streifcorps der Moslims wie die Steiermark überhaupt, so auch die Umgebung von „Römerbad“. Noch lebt die Erinnerung an die grausamen Thaten der Osmanen in Volkssagen und Ortsbenennungen; so z. B. heisst die nur zwei Stunden vom Bade gelegene Gegend von St. Jacob, wo die Christen eine grosse Niederlage erlitten, noch jetzt „das C h r i stenth a 1“. Auch die Stürme der „windischen Bauernkriege“ — der stara pravda — und der „Reformation“ umtosten dieses Thal, und war der krainische Luther, der frühere Laibacher Domherr Primus Trüber, der die Bibel in’s „Windische“ (Slovenische) übertrug, nach seiner ersten Vertreibung aus Krain unter dem Schutze der protestantisch gesinnten Stände der Steiermark durch eine Zeit hindurch Inhaber der alten Pfarre in Tüffer. Nach Aufhebung der Karthause Geirach unter Kaiser Josef II. kamen die Heilquellen von Römerbad in’s Eigenthum der Besitzer der Herrschaft Tüffer. Ein Graf von Wildenstein that zu Anfang des 18. Jahrhunderts viel für den Aufschwung des Bades, doch verkaufte Graf Cajetan von Wildenstein dasselbe, das später dann öfter den Herrn wechselte, bis es an den jetzigen Besitzer kam, welcher es auf den heutigen comfortablen und allen Ansprüchen des Badelebens vollkommen entsprechenden Stand brachte. Eine über die Sann geschlagene Brücke stellt die Verbindung des Stationshauses der Eisenbahn mit dem Curorte her. Der Hügel vom rechten Sannufer zum Bade hinan ist zu einladenden, anmuthigcn, mit Springbrunnen und Blumenbeeten, Orangerien und Alleen gezierten Anlagen benützt, die den höchstens fünfhundert Schritte weiten Weg zu den Wohn- und Badegebäuden angenehm zurücklegen lassen. Zur Aufnahme der Curgäste sind vier grosse und mehrere kleinere Gebäude bestimmt. Die ersteren sind das Traiteurie-Gebäude, das Bad eh a u s und das Croatenhaus mit zahlreichen gut eingerichteten, theilweise heizbaren Zimmern versehen. Diese Gebäude stehen durch gedeckte Corridore und Treppen einerseits mit dem Badebassin, anderseits mit dom Salonge-bäude in Verbindung, welches einen grossen Gesellschafts- und Speisesaal enthält, der in modernem Style erbaut und mit Fresco-Malereien auf das Geschmackvollste verziert ist. In diesem Saale können 150 Personen gleichzeitig speisen und werden die Bälle und Concerte veranstaltet. Das Traiteurie-Gebäude ist mit den übrigen mittelst einer gedeckten Galerie verbunden, die zugleich als Promenade bei schlechtem Wetter dient und von welcher aus eine bequeme Treppe zur freundlichen Kapelle und weiter hinauf führt, zu dem erst seit 1856 vollendeten herrlichen Nebengebäude, Sophienschloss genannt. Dieses Gebäude, im neuesten Style von Meisterhand gebaut, zeichnet sich durch seine schönen Formen, durch die günstige Lage, welche nach allen Seiten hin die prachtvollste Aussicht gewährt, und durch die Gross-artigkeit seiner Räume vorteilhaft aus. Mehrere kleinere Gebäude, die nötigen Stallungen und Remisen vollenden das superbe Ensemble des namentlich von der Gesellschaft aus der Steiermark und den Nachbarländern, aber auch von den Wienern und zahllosen Fremden Jahr um Jahr in steigender Frequenz besuchten altberühmten schönen Badeortes, der, getreu seiner Herkunft aus classischer Vorzeit, den römischen Spruch: „Utile dulci“ heute wie vor einem Jahrtausend bewahrheitet. * * * Dieses reizende Eden besuchte denn auch zum Oefteren unser unvergesslicher, vielgefeierter Grillparzer, der „Herr Ilofrath“, wie er gemeiniglich von den Curgästen in „Römerbad“ genannt zu werden pflegte. Wir werden in nachstehenden Zeilen einige uns von befreundeter Seite zugegangene Mittheilungen aus dein „Badeleben“ des Poeten zu schildern versuchen, der scheinbar daselbst ganz still und zurückgezogen lebte, trotzdem aber an hervorragenden und charakteristischen Ereignissen und Vorfallenheiten stets den lebhaftesten Antheil nahm. So werden die liebenswürdigen Leserinnen und freundlichen Leser den Dichter in zwei nach Art und Wesen ganz verschiedenen Gruppen den Mittelpunkt bilden und doch Thun und Treiben beider mit gleichem Interesse theilen sehen Es war im Jahre 1858, als eine der liebenswürdigsten und geistreichsten Damen der Laibacher Gesellschaft, Frau Anna Pessiak, geb. von Schmerling, das benachbarte „Römerbad“ besuchte, wo damals eben Grillparzer weilte. Das Haus ihrer Mutter in Wion — einer echten deutschen Frau in dos Wortes vollster Bedeutung, einer der würdigsten Matronen, die ich je kennen gelernt — war ihrerzeit der Sammelpunkt der damaligen geistigen Koryphäen der Residenz gewesen; namentlich ging unsor Musikheros Beethoven daselbst als intimer Freund aus und ein und auch Grillparzer, der grosse Verehrer Beethoven’s, zählte zu dem schöngeistigen Kreise im Salon der Frau von Schmerling. Die Tochter, stets eingodenk dieser Reminiscenzen, als sie jetzt hier die Anwesenheit dos gefeierten Poeten erfährt, beschliesst sofort, den „Herrn Hofrath“ aufzusuchen und sich ihm vorzustellon. Wohl wird der Dame von den Badegästen bedeutet, der alto Herr sei ja so wortkarg und kalt, bleibe am liebsten allein, suche einsame Spaziergänge u. s. w. u. s. w.; doch dies vermag die enthusiastische; Verehrerin des unvergesslichen Dichters nicht in ihrem Entschlüsse wankend zu machen. Und wenn ihr auch eine ablehnende Haltung beschieden wäre, nun denn, so käme es vom „Grillparzer“ und wäre schon deshalb hinzunehmen. Es war an dem Abende Ball; der „Herr Hofrath“ sass ziemlich abseits und betrachtete mit dem ihm eigen-tliümlichen sanften, wohlwollenden Blick das Leben und Treiben der jungen heiteren Gesellschaft um ihn her. Da naht sich ihm die Dame und Grillparzer ist über die Erinnerung an sein geliebtes Wien, an seine Freundeskreise auf das Tiefste ergriffen; und als nicht mehr blos die schöne junge Frau, die Tochter des befreundeten Hauses, sondern die Freundin und Kenne rin der classischen Musik, die Beethoven’s Genius in der Wiege schon auf die Stirne geküsst, zu ihm spricht, da ist, um Cajetan Cerri’s herrliche Worte zu gebrauchen, „sein Vertrauen gewonnen, seine Rede wird zum frischen sprudelnden Quell und sein Gemüth offenbart sich als ein unendliches Meer, das uns gern in seine perlenreichen Tiefen senken lässt.“ Und für die Dame sind an diesem Abende in Terp-sichoren’s Rechte ganz und gar Euterpe und Mel-pomene getreten und in anregendster Wechselrede werden alle die theueren Lieblinge der Musik vorgenommen und beim Scheiden erbittet sich der „Herr Hofrath“ von der Dame das Vergnügen, am nächsten Tage schon die Interpretation der geführten Gespräche „am Clavier“ vernehmen zu dürfen. Pünktlich zur gegebenen Stunde erschien denn auch am kommenden Nachmittage Grillparzer im „Sophienschloss“ und konnte trefflichstem Spiele und reizendster Sangweise lauschen und er that es Tag um Tag, mit innigstem Behagen. Und wie an diesem ersten Tage, so auch an jedem folgenden stieg der „alte Herr“ den Pfad vom Badehaus, wo er wohnte, zum „Sophienschlosse“ empor und fühlte sich da, umwogt von den Tonfluthen der unsterblichen Meisterwerke Beethoven’s, Carl Maria von Weber’s, eingewiegt in die entzückenden Melodien M endel s s oh n’s , Taubert’s (den Grillparzer besonders lieb hatte), und Anderer so recht herzlich wohl. Hier war es auch, wo er mit dem gleichfühlenden Sohne einer anderen Muse, dem bekannten Landschaftsmaler Yan Haanen, zusammentraf und näher befreundet wurde. So hatte sich denn mitten in dem ephemeren Treiben des heiteren Curortes ein kleiner Künstlerkreis gebildet, der nicht nur auf den Dichter anregend wirkte, sondern auch, sowie die „entfesselten Geister“ hinaustönten in don grünenden Park, mittheilsam war an Jene, die ausserhalb dieses Kreises standen! * ifc * An einem sonnigen, wonnigen August-Nachmittage brachte ein „Wiener Vergnügungszug“ eine Anzahl lustiger junger Herren aus der Residenz nach „Römer-b a d“. Nachdem der Reise-Kohlenstaub den „Nymphis Aug.“ geopfert war, „wagten“, wie man dies gewöhnlich in Badeorten zu thun pflegt, die eben Angekommenen einen „weiten Ausflug“ — in die allernächste Umgebung des Curhauses! Müde von der Fahrt und noch müder durch die Kraft der ungewohnten Therme wird man nicht fruchtlos durch einen Kiosk im Garten zu erquickender Ruhe eingeladen. Unsere jungen Herren folgen gerne dem Winke und treten in die ziemlich geräumige Laube. In dieser hat aber bereits in eine Ecke geschmiegt ein „alter Herr“ Platz genommen. Nach Wiener Art grüssen die Eintretenden auf das Freundlichste und es wird ihnen ein artiger, doch ernster Gegengruss zu Theil. Man hat sich niedergelassen, dienstbare Geister tragen labenden Trank herbei, „Luttenberger gue-ten Wein“, als den ihn schon preiset das altdeutsche Lied! Neu Hinzukommende, ein paar Curgüste, die mit ihrem Grusso den noch immer stumm da sitzenden alten Herrn den Fremden als „H er rn Ho frat h“ aufführen, nöthigen bald zu engerem Zusammenrücken und rasch herrscht in der fröhlichen Runde die animir-teste Stimmung. „Wiener Blut“ und „Wiener lieben“ kommen da in ungeschminkter, in natürlichster Weise zum Ausdruck; in echtem Wiener Idiom werden Ereignisse und Yorfallenheiten der grossen und kleinen Welt in der Residenz bis zu Schilderungen aus dem „Wur- v. Radios, „Quellenstudien“. IQ stelprater“ und von der „Schönbrunner Menagerie“ in nur dem „Wiener“ eigenem Tone undurdrastischer Charakteristik durchgesprochen. Jene Wortwitze, wie sie Saphir und nach ihm Nestroy gehegt und popularisirt, sie fliegen hinüber und herüber und der alte Herr, der heim Eintritte der lustigen „Wiener Kinder“ so ernst, ja fast finster drein geschaut, er lacht jetzt herzlich über die harmlosen und zugleich treffenden Scherze und Spässe. So währt es ein paar Stunden und der „Herr Hofrath“, der in seinem Geburtsorte, in der „Wiener Stadt“, nur von einer verschwindend kleinen Zahl Menschen persönlich gekannt war, er dankte beim Aufbrechen aus dem — wie er sagte — „so äusserst ge-inüthlichen Kreise“ den Umsitzenden auf das Herzlichste, indem er sie versicherte, dass sie ihm mit ihrer Unterhaltung über Wien die köstlichste Freude bereitet. Er zog nochmals sich freundlich verabschiedend den Hut und trat aus der Laube! Als er den Parkweg langsam und wie gewöhnlich mit den Händen am Rücken dahinwandelte, da war der laute Chor plötzlich verstummt und Alles blickte ihm nach, denn — jetzt hatten es die „jungen Freunde“ von den früher erwähnten Curgästen erfahren — der „alte Herr“, der auf einmal so gemütblich und herzlich geworden, war „Grillparzer“, dessen persönliche Zurückhaltung zu Hause in Wien sprichwörtlich war! In „Römerbad“ und unter den zahlreichen Stammgästen des „steierischen Gastein“ lebt die Erinnerung an Grill parzer’s Anwesenheit so frisch und so lebhaft, dass es gewiss nur als ein glücklicher Gedanke bezeichnet werden kann, wenn der Wiener „Grillparzer -Yerein“ die Idee anregte und es zur That machte, das Andenken Grill parzer’s durch eine daselbst errichtete Votivtafel zu ehren. in* „Occupirte“ Bäder. Wir meinen unter diesem Titel nicht jene Bäder Cis- und Transleithaniens, welche in der verflossenen wässerigen Saison von Besuchern hätten occupirt sein können, wenn sie nicht — leer geblieben wären, sondern wir meinen darunter jene Bäder, welche bisher, im modernen Begriffe wenigstens, noch nie so recht occupirt waren, aber durch die von Europa im Sommer 1878 mandirte und durch unsere k. k. Truppen ausgeführte militärische Occupation nun, da sie weder zu Cis-, noch zu Transleithanien, und trotzdem doch zu Oesterreich-Ungarn gehören, zu weiterer regelrechter baineologischer Occupation dem „Merkbuche“ der Cur-bedürftigen recommandirt oder deutsch gesprochen — „eingeschrieben“ erscheinen! Wir wollen kurz sein: es handelt sich um die Bäder und Gesundbrunnen Bosniens und der Herzegowina! * * * Die von der Volksstimme „Nouösterreich“ getauften, bisher türkischen Provinzen, die so viel ungeahnte und ungehobene Schätze in ihrem Innern bergen, sind auch für den Balneologen „interessante“ Länder. Da gibt es Salz- und Schwefelquellen in Menge, nicht minder eine grössere Anzahl Sauerbrunnen und diverse, chemisch noch gar nicht analysirte Warmquellen, die man bisher benutzte, ohne zu wissen warum und wofür, und die vielleicht eben deshalb von grösserem Nutzen waren, als wenn man ihre „Heilkräfte“ genauer gekannt hätte. Denn zu fachmännisch untersuchten Thermen gehört auch der ganze Apparat, den das moderne Cur-und Badewesen wünscht, die ärztliche Behandlung, die Diät, der Comfort etc. etc. In Bosnien und der Herzegowina badet man mit geringen Ausnahmen „wild“, oder um ein Hilfswort aus der Montanistik herbeizuziehen, es wird da „Bade-Raubbau“ betrieben. Und doch datirt sich das Alter mehrerer Badeanstalten aus der Römerzeit und dem frühesten Mittel-alter; ein neuer Beweis, wie das sociale Stagniren unter der Türkenherrschaft selbst Bäder in ihrer naturgemässen Entwicklung zurückhalten konnte. Zu Banjaluka und Novibazar gibt es nämlich Schwefelquellen, welche schon von den Römern in ihrer Bedeutung gekannt und benutzt waren. Die Schwefelquelle bei Novibazar, eine halbe Stunde von der in einer äusserst schönen und freundlichen Gegend an dem Einflüsse der Joäanica in die Raöka liegenden Stadt Novibazar entfernt, zeigt noch heute deutliche und ziemlich wohlerhaltene Reste aus der Römerzeit Sie — die eine Wärme von 34—35° R. weiset — ist noch aus den Tagen der Römer durch eine von einem octogonartigen Thurm getragene Kuppel eingedeckt. Das daran sich schliessendc Badogebäude, welches mit Seitenflügeln versehen ist, sieht von Aussen ziemlich verfallen aus, ist aber im Innern gut erhalten. Das der Form des Thurmos angepasste achtseitige marmorne Bassin von circa 4 Klafter Durchmesser ist im tadellosen Zustande. Gleichfalls in früher Zeit benutzt, und noch heute ein gern aufgesuchter Badeort ist Ban ja (oder Banjani), zugleich ein berühmter Wallfahrtsort, eine Stunde östlich von der Stadt Priboj gelegen. Die Thermen zu Ban ja — gleichfalls Sch we-felthermon — drei an der Zahl (doch nur zwei nutzbare) entquellen Felsblöcken, einige hundert Fuss über dem Wasserspiegel des Lim. Der serbische Kaiser UroS (1257—1321) ward durch diese 30" R. warmen und Schwefel und Eisen enthaltenden Thermen geheilt, weshalb er knapp daran eine Kapelle erbaute, die zu erhalten er seinen Nachfolgern zur Pflicht machte. Einige derselben schienen aber dieser Verpflichtung nicht nachgekommen zu sein, da die Kapelle des Uroü heute in Trümmern liegt. Wohl aber hat eine spätere Zeit wohlberechnend eine schöne grosse, griechische Klosterkirche hieher gesetzt, die alsbald zum Wallfahrtsorte wurde, so dass sich die Orthodoxen hier von innen und aussen reinwaschen können. Drei bis vier Geistliche des griechisch-orientalischen ßitus versehen hier den Gottesdienst und sollen sich in freien Stunden auch mit der Ertheilung von ärztlichen Rathschlägen befassen, wie man übrigens gerade nicht nach Bosnien und in die Herzegowina badezureisen oder zu wallfahrten braucht, um gleichen Erscheinungen zu begegnen! Die eine der Quellen von Banja ist dem Gebrauche der Männer, die andere dem der Frauen überlassen. Beide haben einen Wasserspiegel von 4 Klafter im Quadrat und 2 Fuss Tiefe. Während blos 4—5 Fuss hohe Bretterwände den Einblick in das Innere des für Männer bestimmten Bassins verhindern und ein darüber gebautes Flugdach die Badenden vor Sonne und Regen schützt, ist — wie Major Roskiewicz schreibt — das für Frauen bestimmte Bassin durch Bretter vollständig abgeschlossen und hat in einem eigens erbauten Stockwerke einige Aus- und Ankleidezimmer. Ausser den ebengenannten „grossen“ Schwefelbädern gibt es da hinten in (pardon) — „bei“ der Türkei noch mehrere kleinere Schwefelthermen, welche vielleicht zu eben so „grossen“ heranwachsen können, ja vielleicht, weil bei ihnen mit der Bildung „von Grund aus“ begonnen werden kann, zu Höherem berufen sind, als ihre römisch-griechischen Schwestern. Wenden wir uns vom Schwefel zum — Sauerwasser. Was sich sonst in Altösterreich herüben nicht Alles schon Sauerbrunnen nennt? Bosnien und die Herzegowina besitzen aber eine solche Menge jugendfrischer Sauerbrunnen, die noch nicht „exploitirt“ sind — wie sich der mit Bosnien zugleich in weiteren Kreisen bekannt gewordene fleis-sige und liebenswürdige croatische Schriftsteller Abel Lukäic ausdrückt — eine solche Menge, dass sie in Flaschen abgezogen und exportirt, den ältesten Sauerbrunnen-Firmen erfolgreiche Concurrenz zu machen und gewiss keinen geringen Theil der „eigenen Erhaltungskosten“ der occupirten Länder zu bilden vermöchten. Die vorzüglichste dieser Quellen ist die zuKisel-jak (türkisch Ekäi Su = Sauerwasser). Sie befindet sich an der Zepenica, 7 — 8 Stunden von Sarajewo, auf der Strasse nach Travnik, in einem gegen Norden durch eine Gebirgskette geschützten Thalkessel. Nach Ari Boue enthält das Sauerwasser von Kisel-jak schwefelsaure Soda, kohlensauren Kalk und Eisen. In der Wirkung und im Geschmack gleicht das Wasser nahezu dom Rohitscher Sauerbrunn. Besonders indicirt boi Leber- und Unterleibskrankheiten trinkt es sich sehr angenehm pur und mit Wein. Es hat 8° R. und entquillt im ebenen Boden nur etwa 5 Meter vom Ufer der Zepenica entfernt, indem es stark und mächtig aufsprudelt. Die Quelle von Kiseljak erfreut sich grosser Beliebtheit nicht nur im Lande, sondern auch weiter darüber hinaus, in Dalmatien, Slavonien und Serbien. Für die Unterkunft der Gäste, die oft ziemlich zahlreich sind, ist zwar durch gute Gasthöfe gesorgt, doch ziehen es, oder besser gesagt zogen es bisher die vornehmeren Curgäste aus Sarajevo vor, unter eigens mitgebrachten Zelten zu campiren. Aermere Bewohner schlafen unter freiem Himmel im Armenbad, wie man es sich wohl primitiver kaum denken kann. Auch die „Anlagen“ — auf die bekanntlich unsere westeuropäischen Orientalen in unseren Bädern so grosses Gewicht legen — fehlen noch in Kiseljak. Dafür bieten aber die Bäche der Umgegend die köstlichsten Forellen. Die Sauerquelle bei Bretaloviö Han ist von ähnlichem Gehalte wie die von Kiseljak, scheint jedoch mehr Eisen zu enthalten und wird von Vorüberziehenden, namentlich von „Reisenden“, da sie an der Strasse liegt, gerne en passant „gekostet“. Ausser diesen beiden bisher ausgenutzten Quellen gibt es in Bosnien und der Herzegowina eine Reihe von noch jungfräulichen Sauerquellen in Bukovci, Dra-gina, Kiseljak-IIan , Klokoti, Krapina, Ma-j e vica und Slatina. Ein drittes Genre von „vielversprechendem“ Werthe sind die Salzquellen und auch deren gibt es eine grosse Zahl. Am bedeutendsten sind die von Soli dolnje (Unter-Tuzla) und Soli gornje (Ober-Tuzla). Dieser Salzquellen von Soli wird bereits in einer Urkunde des 14. Jahrhunderts gedacht. Bei Soli gornje schlug 1690 Percinlia die Türken und nahm 3000 Katholiken und mehrere Franziskaner-Mönche sie befreiend mit sich nach Slavonien. Andere Salzquellen sind zu Drienca, Na-hoince, Polizza Han, Poljane und Uäina. Als „warmes Wasser“ pur et simple bisher decla-rirt, gelten Graüania dolnja, Laktaüsi und Laä-nica, die beiden letztgenannten ziemlich stark besucht. Nicht vergessen dürfen wir, da wir von „Bädern“ sprechen, der öffentlichen Badehäuser in der Hauptstadt des „goldenen Bosnien“, in dem paradiesisch-schöngelegenen Sarajevo. Von den einfachsten bis zu den besten Badeanstalten trifft man hier und zahlt von 1/1 —15 Piaster für ein Bad. All diese genannten Cur- und Badeorte, all die Bäder Bosniens und der Herzegowina gehen nun, wie alle übrigen socialen Einrichtungen und Bedürfnisse, einer „neuen Aera“ entgegen. In nicht ferner Zeit werden die lustigen Weisen unserer k. k. Militärmusiken das Badeleben „verschönern“, es werden bei den exploitirten Sauerbrunnen Curhäuser und Badehotels sich erheben, es wird der europäische Comfort auch hier Einzug halten, es werden sich Badeärzte habilitiren — o wie froh werden manche Monopolisten cis- und transleithanischer Badeorte über diese Concurrenz-Ableitung sein! — es wird das Dampfross in der unmittelbaren Nähe des einen und andern dieser aus der Asche steigenden Curort-Phönixe vorübersausen, es werden auf den Promenaden und in den „Anlagen“ dieser interessanten“ Bäder geputzte Menschen — Männlein und Weiblein — wimmeln, mit einem Worte, sie werden in Wahrheit und in Wirklichkeit sein — „occupirte“ Bäder! Bildeleben der Pfahl bauern. Eine Humoreske zum Laibacker Antkropologentage. 1879. Das weisse Laibach am braunen Gestade des Moores versammelte soeben bei sich die gelehrten Herren Anthropologen, die da gekommen sind, zu schauen die Funde aus grauer Vorzeit, so man gemacht in den gefälligst und freundlichst wieder zu Tage getretenen Bauten der längst verschollenen Pfahlbauern! Gleichwie die Erbauer unseres nach so langjährigen und heissen Kämpfen der Stadtväter, gerade — o Hohn! — im kältesten Sommer fertig gewordenen Communalbades durchwegs keine Bauern sind, so waren auch die Erbauer unserer wiederentdeckten Pfahlbauten durchwegs keine Bauern, ja sie waren durchwegs „edle Leute“. Der edle Mensch, er liebt die Cultur, er liebt den Schmuck, er liebt vor Allem das Bad und das Badeleben. Und bei den Pfahlbauern vor 1000 und mehr Jahren war das ganze Leben ein Badeleben, denn er lebte und sie „webte“ immer und immer mitten im Wasser. Somit ist der Pfahlbauer das ausgesprochenste Ideal des Baineologen! Mitten im See standen die Villen der Pfahlbauern auf hohen Pfählen und nur eine einzige Brücke führte zu der ganzen Badecolonie, wäre diese abgebrochen worden, keine Verbindung mit der terra firma hätte es mehr gegeben. Doch nein. Sie blieb, die Brücke. Ueber sie zogen die Pfahlsportsmen zur Jagd in die umliegenden Urwaldforste und brachten den Edelhirsch und das Wildschwein, Auerochsen und Behe, Bären und Dachse heim zur tablo d’höte der patriarchalischen Hauscom-munion. Und dazu ward Brod aus dem Mehl der Wassernuss (Trapa natans) servirt und Haselnuss, Cornel-kirsche und Himbeere galten als Nachtisch. Und mit dem Fleisch der Vierfüsser wechselte als Entremet auch das Fastenfleisch der Fische. Wie sie den Fischsport trieben die Pfahlbauern? Im Rost der Pfahlbauhütten waren Fallthüren angebracht, die zum Theil der natürlichsten Kanalisation dienten — die Pfahlbauern hatten gewiss schon einen stabilen Gesundheitsrath! — zum Theil aber den Fischfang förderten. Man liess nämlich durch eine solche Fallthür an einem leeron Stricke einen leeren Korb hinab in den See; zog man den Korb wieder empor, so war er voll von Fischen. Also Körbe kannten die Pfahlbauern auch bereits? Die Damen des Hauses, pardon der Hütte, flochten sie aus Weissdorn und theilten sie aus. In der That: geschickt waren die schönen blondhaarigen, blauäugigen Pfahlbäuerinnen. Auf — von den Männern — fein polirten Röhrenknochen der verzehrten Waldbewohner wickelten sie die Fäden des Bastes, aus dem sie ihre Schnüre drehten und Fransen — sagen wir, was verschlägt’s denn — häkelten (finden sich doch häkelartige Beinnadeln vor) Fransen, die in ihrer Textur lebhaftest an die reizenden Muster südslavischer Hausindustrie von heut gemahnen. Und wie zur Arbeit, so bereiteten auch zum Schmucke ihrer Damen die galanten Herren ixn pfahlbaulichen Badeleben selbst die Geweihsprossen des Edelhirsches, die zierlich geglättet, theils spitz, theils cylindrisch und durchbohrt mit netzartig geordneten Streifen, das von uns schon gefeierte Goldhaar der Badeschönen zusammenhiolten, gewiss in natürlicher Knotenfrisur und nicht im künstlichen Chignon. Da an den durch gleichfalls sauber aus Bein gearbeiteten Gewandhaken zusammungehaltenen Leder- und Rollgewändern noch keine Uhrtäschchen angebracht waren, also demzufolge auch die Pfahlbauern noch keine selbst-leuchtenden Uhren mit sich herumtrugen und in weiterer Folge auch keine Uhrketten und keine Breloques, deshalb überliessen sie denn auch die durchbohrten Zähne der von ihren sichertreffenden Pfeilspitzen erlegten wilden Thiero ihren Danien, die sich dieselben an feine Schnüre reihten und als Colliers, stolz auf den Muth und das Geschick ihrer Herren, um den Hals wanden. Man sollte es nicht denken, wenn man die Orts-gelegenheit der heutigen Fundstätte am Laibacher Moor in’s Auge fasst und Vergleiche anstellt, dass bei den Laibacher Pfahlbauern vor tausend und soviel Jahren ausser den eben geschilderten noch eine höhere Cultur hätte allgemach ihren Einzug halten können! Und doch war’s so. Denn neben SteinwafFen und Knochengeräthen finden wir da auch schon Stein-Ambose, mit Resten von Kupfer und Bronce, das beim Bearbeiten auf der rauhen Ambosfläche zurückgeblieben; wir begegnen Kupferäxten, scharf schneidenden L an ze n s pitzen, Pfeilspitzen, Schaftzungen, ja selbst schon gegossenen Nadeln (durch Umguss aus Bronce hergestellt). Ob unsere Pfahlbauern und namentlich die Pfählbäuerinnen, und unter diesen die haute-volee des pfahlbaulichen Badelebens, immer weiterschreitend in der Verfeinerung der Sitten, mit der Bronce nach und nach auch die schon bei Plinius erwähnte Seife der Kelten kennen gelernt, wir wagen es nicht zu bestimmen. Hätten sie einen „Liebig“ unter sich besessen oder mindestens eine „Badezeitung“, wir wüssten es heute genau. Doch lassen wir diese müssige Frage unentschieden — muss doch so manche andere, minder müssige, ihr Leben betreffende Frage, wahrscheinlich auf immer der Lösung entbehren. Eines aber können wir noch über den höheren Schwung des Badelebens der Laibacher Pfahlbauern — um das die Epigonen sie heute mit Recht beneiden mögen — constatiren, das Stattfinden von Wasserfahrten auf sogenannten Einbäumlern, ausgehöhlten Baumstämmen, mit denen sie lustig den Moorsee durchkreuzten. Heute, wo die im Gedächtnisse der bekannten „ältesten Leute“ von Laibach haftenden, noch zu Beginn unseres Jahrhunderts im Schwung gewesenen brillanten Wasserfahrten der Laibacher philharmonischen Gesellschaft (gegründet 1702) zur vollständigsten Mythe geworden und kein Schiff, kein Schifflein mehr des Laibachflusses stillen Gang belebt, heute, o heute erschiene uns der Einbäumler der „Pfahlbauern“ als die kostbarste Yacht! Ad vocem philharmonische Gesellschaft! Ob zur Erhöhung „der Freude, des hehren Götterfunkens“ im Badeleben der Pfahlbauern nicht auch schon der Gesang gepflegt worden — wenn auch gerade nicht philharmonisch — wer vermag es zu behaupten, wer aber auch es zu bezweifeln oder gar zu verneinen?! Treffen wir doch sogenannte Klappertöpfe oder Schellen aus Thon, Thierfiguren darstellend und bestimmt, den Kindern als Spielzeug oder sagen wir als Beruhigungsmittel, umgehängt zu werden. Und die pfahlbäuerliche Mama, die solche Mittel ersann, hätte nicht vorher und nebenbei von dem weitaus primitiveren Mittel der eigenen Stimme in Modulation von dem Gesänge des „eia popeia“ Gebrauch gemacht, aus dem sich dann das Lied und schliesslich der Chor entwickeln musste?! Jedenfalls haben die Pfahlbauern den Gesang geübt, und der „gemischte Chor“ schallte hin über den Badeort : „Igger Pfahlbau“ bei Laibach, den wir mit diesen Zeilen in die Geschichte der Balneologie möchten eingeführt haben! „Medieinalia“ im Laibaclier „FUrstenliof“. (Ein Vortrag im Laibacher ärztlichen Vereine.) Wolf Engelbert Graf Auersperg, der Bruder des ersten Fürsten, war Landeshauptmann in Ivrain und erbaute 1642 im italienischen Geschmacke den noch heute schönsten und grössten Palast von Laibach, den r Fürstenhof“ der Auersperge in der Herrngasse. Wolf Engelbert Graf Auersperg, ein vorzüglicher Mäcen von Kunst und Wissen, gestaltete diesen seinen mit Fresken und mit anderen Kunstwerken reich geschmückten und mit einer eigenen „Raritätenkammer“ ausgestatteten Palast zu einem wahren und echten Musenhofe, in welchem die Männer der Kunst und Wissenschaft, die unsere Stadt damals in ihren Mauern vereinigte, stets frohbegrüsste Gäste waren. Zu den intimsten Freunden des grossen Gönners alles Guten und Schönen zählte aber der erste krai-nische Historiograph, der Vorläufer des unvergesslichen Valvasor, der Laibacher Domdechant Dr. Johann Ludwig Schönleben. Schönleben war es, der seinem edlen Freunde Wolf Engelbert Grafen zu Auersperg in der Einrichtung jener v. Radios, „Quellenstudien“. ] ] kostbaren Sammlung der seltensten Handschriften und Bücher eitrigst zur Seite stand, die wir heute als ein Unicum einer Hausbibliothek bewundern. Die fürstlich Auersperg’sche Bibliothek im Fürstenhofe ist ein Unicum unter den Büchersammlungen unserer österreichischen Cavaliere; im Jahre 1655 installirt, erhielt sie nur bis 1679 ihren regelmässigen Zuwachs, von da an blieb dieser Theil des fideicommissarischen Besitzes der aus Krain nach Wien und dann nach Böhmen übersiedelten fürstlichen Linie des erlauchten Hauses ohne weitere Augmentirung. Von 1655—1679, in einem Zeiträume also von nicht ganz einem Viertel Säculum, wurden hier über 3000 Werke mit circa 7000 Bänden und zwar der werthvollston und heute raresten Bücher zusammengebracht. Es kann hier nicht der Ort sein, über diese so hochinteressante Bücherei im Allgemeinen zu sprechen, es mag nur die Versicherung hingenommen werden, dass sämmtliche zur Zeit in Blüthe und im Schwünge gestandenen Disciplinen darin ihre angemessene, mehr oder minder reichliche Vertretung fanden. Ich habe es mir für diesen verehrten Kreis zur Aufgabe gestellt, freilich auch nur in skizzenhaftem Ueberblicke, auf die „Medicinalia“ hinzuweisen, wie sie diese fürstliche Büchersammlung an alten Handschriften, an Acten und Büchern in sich vereint. Unter den 18 Classen, in welche diese Bibliothek eingetheilt erscheint, nimmt die Me di ein die sechste Classe ein, zwischen der Historie als fünften und der Mathematik als siebenten Classe, und es hält diese medicinische Abtheilung 91 Werke von Nr.2427 bis Nr. 2518 des alten Cataloges'). Indem ich mir erlaube, Sie, hochverehrte Herren, einzuladen, mir bei der Detailbetrachtung der einzelnen Schätze zu folgen, wollen wir mit den Handschriften beginnen. Da ist es vor Allem ein Codex aus dem 15. Jahrhundert, der uns in die Augen fallt. Es ist ein deutsches Schachzabelspiel, worin das Schachspiel allegorisch auf alle Lebensverhältnisse und Stände gedeutet wird, und scheint eine Abschrift des von Conrad von Ammenhusen, einem Mönche und Leutpriester zu Stein am Rhein, um 1337 gedichteten Schachzabelbuches zu sein. In diesem allegorischen Buche finden wir nun eine köstliche Schilderung, wie die Aerzte beschaffen sein und wie sie Consilium halten sollen. Da heisst es: Ein rechter Arzt muss kunnen recht und gut latein reden und was loyca (Logik) befleisset, und was rhethorika wort hat (Worte hat), der Ge ometrie Punkt und Figuren, der Aritmetry Zal, der Astronomey lauff, Musik, Gesankh, der Stern Lauff, wann man Trank geben soll oder lassen zu der Ader U. 8. W. ‘) Bei der von mir eben in Durchführung begriffenen Neuaufstellung und Neuordnung erhalten die einzelnen Werke natürlich neue Signaturen. Anm. d. Verf. Wann (da) des Siechen Leben — so schliesst der Passus üher den Ordinarius — in des Ärzten Hand ist, kann er der Kunst nicht gar und ganz, so ist er mehr ein Mörder, denn ein Schacher (Schachspieler). Ueber das Consilium spricht sich aber unsere Handschrift also aus: „Wann viel Aerzt zu einem Siechen kommen, so sullen sie nicht disputieren und widerwärtig sach finden mehr denn sy achten, wie sy den Siechen gesund machen, das doch vor allen Dingen not ist.“ Ein anderes Manuscript aus dem 15. Jahrhundert behandelt das Thema des Aderlassens nach Avi-cenna und ist diese in deutscher Sprache gehaltene Abhandlung von dem Leibarzte des Herzogs Albrecht von Oesterreich, des Bruders Kaiser Friedrichs III., geschrieben; im Anhänge dazu erscheint ein Arzneybuch von den Rossen „von Albrant, Kaiser Friedrichs Arzt, erprobt an den grossen Rossen, die ihm der Kaiser anempfohlen“. Einem theologischen Werke aus dem Jahre 1462, der Summa Canonica von Joannes Gerathwol, sind auf der Innenseite des Rückdeckels zwei Recepte aus derselben Zeit inscribirt; das eine gegen den Natternbiss empfiehlt eine der in jenen Tagen beliebten Beschwörungsformeln und das Eingeben von Erde, mit Wein gemischt, was der Kranke dann erbreche und mit welcher Vomirung dann auch das Gift der Natter wieder aus dem Körper scheide. Das zweite Recept „Ist „Medicinalia“ im Laibacher „Fürstenhof“. 16 5 vor das Rissen in dem kindel bett“ und lautet wörtlich wie folgt: „Ez nem czimer rinde ii lot, negel iiij quin-tit, muescat iiij quintit, cardomomit iiij quintit, in g wir i lot, lange pfeffer ij quintit, s aff ran i quintit und stosset iss zu pulver vnd nemet es in ewer essen Aber nemet gebrannten Win ij quintit mit win und drinkhet iss nochtren (nüchtern).“ „Conservatio Curatio“ betitelt sich eine lateinische Handschrift des 17. Jahrhunderts, welche in nuce einen vollständigen „Hausarzt“ darstellt, namentlich für sogenannte „kleinere Leiden“, Kopfweh, Halsweh, Fuss-schmerzen und für Unfälle, im Kriege, auf der Jagd, auf Reisen, Verwundungen, Beinbrüche u. s. w.; dieser Hausarzt, man kann nicht sagen in der Westentasche, denn das Manuscript ist Folio, diente dem Herrn Grafen Franz Carl von Auersperg. Von mehrfachem Interesse ist weiters eine aus demselben (17.) Jahrhundert stammende Abhandlung des Dr. Alexander Columbus, Leibarzt der Kaiserin Eleonore, über die Behandlung der Blattern, worin natürlich auch das damals so beliebte Aderlässen eine grosse Rolle spielt. Als Beweis der von den Schriftstellern beigebrachten Behauptung, dass die Menschen oft zwei- und dreimal die Blattern erhalten können, führt Dr. Columbus aus seiner Praxis an, dass eine Gräfin Br an dis, welche schon zweimal geblättert hatte, noch zum drittenmal, als sie ihren 1654 an den Blattern erkrankten Sohn pflegte, von dieser Krankheit erfasst, aber wieder glücklich geheilt wurde. Um 1649 war Wolf Engelbert Graf Auersperg, der Gründer der Bibliothek, der in seiner Jugend viel gesessen und studirt, daher unterleibsleidend und mit Ohrensausen geplagt war, wieder bedenklich erkrankt. Aus dieser seiner Krankheitsperiode bewahrt die Bibliothek ein consultatives Schreiben des Klagenfurter Dr. Zus-ner an den Leibmedicus des Grafen, Dr. Coppini. Dieses Schreiben, da es die Frage, welches Bad für den Grafen zu empfehlen wäre, eingehend ventilirt, habe ich zum Gegenstände eines eigenen balnoologischen Artikels gemacht1). Se. Excellenz Graf Wolf Engelbert v. Auersperg scheint ein Freund der lateinischen Küche gewesen zu sein und sah in dieser Richtung auch sorgfältigst darauf, dass sein ganzer Hausstand, seine Beamtenschaft und seine Diener mit Arzneien wohl versehen wurden. Unter den noch vollständig erhaltenen sogenannten „Auszügln“, d. h. Rechnungen oder Contis für das Hauswesen Sr. Excellenz, finden sich auch die Auszügl der landschaftlichen Apotheker von Laibach. Um auch von solch’ einem Schriftstück eine Probe vorzuführen, greife ich die Rechnung vom Jahre 1670 heraus, welche der Apotheker Dominik Amadory am 19. Jänner 1671 mit 330 fl. bezahlt erhielt. Der Conto umfasst 411 Posten, welche in der Preisscala von 12 fl. bis 4 kr. auf- und absteigen. Die für Se. Excellenz bestimmten „Posten“ haben begreiflicher Weiso die höchsten Ansätze, was wohl auch ') Siehe: Eine alte Reclame für Bad Leonhard. erklärlich ist, da der Ordinarius darnach receptirte und auch die für die Excellenz bestimmten Medicamente hoch im Preise standen. So erhält Se. Excellenz 1 Pfd. von der besten China mit 12 fl., dann ein andermal ein köstliches Wasser distillirt mit 4 fl. 36 kr., dann wieder einen Schlag Balsam auf die Reiss mit 4 fl. 46 kr., zu wiederholten Malen prä-parirten Weinstein, „die Scatel“ (Schachtel) zu 2 fl. 18 kr. u. 8. w. u. s. w., aber auch für einen Knecht wird einmal ein köstliches Decoctum zum Schwitzen mit 2 fl. 24 kr. in Rechnung gebracht. Der Secretär, der Hausmeister, die Lakaien, Marinkha, die Köchin, und eine zweite Marinkha, die Küchendirn, der Mathiesel, der, nebenbei bemerkt, sehr viel krank war — es scheint dies der Leibkammerdiener des Grafen gewesen zu sein — der Barbier, dieser für sich und für den Grafen selbst die Arzneien holend, der Koch als Patient und als Func-tionär, die Stallburschen für sich und für ihre Pflegebefohlenen, für die Pferde und Maulesel, Alle erscheinen in dem Hauptbuche, beziehungsweise in dem Auszügl des Apothekers. Pibergall für ein Pferd kostet 2 fl. 39 kr., Cronabethöl für die Maulesel 48 kr. Aber auch, wie schon angedeutet, Küche und Keller, und Garten, ja selbst der Fischereisport, sind auf die Mithilfe des Apothekers angewiesen. Der Koch bezieht die Kapaunsulz aus der Apotheke mit 40 kr., der Kellermeister Ingredienzien zu dem Bier, wie es Herr Borri ordinirt, um 3 fl. 30 kr.; der Gärtner holt sich das gelbe Wachs zu den Pelzereien, das halbe Pfand ä 16 kr., und Se. Ex-cellenz der Herr Graf selbst tritt in die Apotheke um einen Teig zum Fischfängen für 58 kr. Man sieht, die „lateinische Küche“ war in jenen Tagen, wo sie auch in unterschiedlichen „Specereien“ machte, ein ganz unentbehrlicher Factor in der Bilanz eines grossen Hauses! Soviel von den Handschriften. Wir übergehen in natürlicher Folge von den Manuscripten zu den sogenannten Incunabeln, d. i. zu den ältesten Druckwerken. Das älteste der in diese Abtheilung rangirenden Bücher gehört zu den Hilfswissenschaften der Medicin; es ist das 1466 gedruckte Kräuterbuch „In Diosco-ridis Historiam etc.“, zu deutsch: „Der Kreuter rechte wahrhaflftige Contrafactur erkanntnuss vnd Namen Krye-chisch, Latinisch vnd Teutsch nach Beschreibung Dios-coridis“ (Kleinfolio). Es sind mit Rücksicht auf den Stand der Typographie recht nett ausgeführte Abbildungen der officinellen Pflanzen und Kräuter, im Ganzen 371 Blätter; den Anfang macht Iris illyrica. Teutsch Violwurtz. Am Schlüsse der Tafeln findet sich an die zwei Blätter Text, darunter eine Anweisung: „Sechs Stück, so die Gesundheit erhalten: 1. Luft, so ohne Mittel zu und vom Herzen geht, 2. Speiss und Trank, so in den Magen absteigen, 3. Arbeit und Ruh, so den Leib innerlich und äusserlich belangen, 4. Schlaf und Wachen rechter Mass, 5. Lax oder beschlossen sein nach ziemlicher Art, 6. Begierden, Freud, Trauer, Zorn, Forcht, Angst und dergleichen innerliche Affecte im Zaxim zu halten. Welcher in diesen sechs Neben natürlichen Dingen das Mittel halt, der besteht mit Gesundheit.“ Ein colossales Werk ist des Petri de Abano Con-ciliator Differentiarum philosophorum et praecipue medi-corum, Mantua 1472, unter der schützenden Aegide des regierenden Markgrafen Ludovico Gonzaga, Grossfolio mit zahlreichen handschriftlichen Anmerkungen eines gelehrten Lesers aus dem 16. Jahrhundert. Yon hervorragend wissenschaftlichem Werthe ist des Yertruey aus Bologna Collectorium totius fere medi-cinae (Lugduni) 1518. Das 16. Jahrhundert ist überhaupt in den besten Werken aller Länder und zahlreich vertreten; ich kann hier natürlich nur einige wenige namhaft machen. So begegnen wir dem Methodus des Tübinger Professors Dr. Leonhard Fuchs, Lugduni 1541, und desselben Autors fünf Büchern Institutionen, Basel 1566; in letzterem Werke ist bei Besprechung der Bäder auch Ga st ein ganz besonders namhaft gemacht Des Johann Agricola Ammonius, Professor der Medicin, sieben Bücher Aphorismen und Sentenzen Hip-pocratis coi Medicinae et Medicorum omnium principis, Cöln 1537, zeigen uns auf den letzten Blättern Abbildungen des geöffneten Rumpfes, dann separat des Herzens und der Athmungsorgane mit der darüber gesetzten Devise: Inevitabile fatum! Magni Hippocratis Opera omnia hat Anutius Foesius, Frankfurt 1596, edirt und darin auch der Bäder als vorzüglicher Heilmittel gedacht. Eine Elzevir-Ausgabe von besonderer Eleganz ist uns in Johann B. van Helmont’s Ortus Medicinao, Amsterdam bei Ludwig Elzevir, 1548, geboten. Aus selbem Jahre datirt der Clavis Clavennae Tarvisii (Troviso 1648). Des berühmten böhmischen Professors der Prager Universität, des Johann Marcus Marci (aus Landskron, 1595 geboren), Zclearum operatricium Idea enthält beigebunden desselben Gelehrten Abhandlung übor das Messen der Pulsbewegungen: Do proportione Motus seu Regula sphymica Ad celeritatem et tarditatem pulsuum ex illius motu ponderibus geometricis librato absque errore metiondam. Das Syntagma Anatomicum Joannis Yelsingii Min-dani, Padua 1647, zeigt uns auf dem Titelblatte einen Anatomiesaal amphitheatralisch ansteigend; um die auf dem Secirtische liegende Leiche sind die Professoren und Assistenten versammelt; die Studenten sitzen auf den Bänken ringsum und blicken und horchen herab; Professoren und Studenten sind im Hörsaal bedeckten Hauptes. Die vielen, dem Werke beigegebenen Abbildungen illustriren den gelehrten Text auf das Anschaulichste. Die fünf Bücher Institutionum Medicinae des Daniel Sennertus, Wittenberg 1611, haben für unsere Heimat Krain dadurch ein erhöhtes Interesse, dass auf dem Titelblatte es sich bemerkt findet, das Buch sei Eigenthum des Laibacher Doctors Tobias Taufrer gewesen, der, wie uns ein Act des hiesigen landschaftlichen Archivs darthut, 1624 der Religion wegen — er war ein hartnäckiger Protestant — von der Landschaft seines Amtes als landschaftlicher Physiker entsetzt wurde und aus Krain wegziehen musste. Ein „scharferProtestant“ war auch derKrainerDa vid Verbez, der gleichfalls der Religion wegen das Land verliess und dann in Ulm als Physiker thätig war. Seine Exercitationes de Peste, 1618, sowie seine Responsio pro Raymundi Minderen Disquisitione Jatrochymica, 1626, bewahrt die Auersperg’sche Bibliothek in schönen Exemplaren. Sein Enkel, Johann Baptist Verbez, ein Laibacher von Geburt, disputirte am 12. September 1661 an der Wiener Universität unter dem Vorsitze des berühmten Paul von Sorbait, Leibarzt der Kaiserin Eleonore, ül er die Natur und den Gebrauch der Sauerwässer (de natura et usu acidularum), welche Disputationsschrift sich in rother Seide gebunden als Dedications-Exemplar in der Bibliothek des Mäcens und Landeshauptmanns Wolf Engelbert Graf Auersperg vorfindet. Sie ist gewidmet den Ständen des Herzogthums Krain, seinen Gönnern und Mäcenaten; die Widmung gedenkt in schwungvoller Rede der hohen Verdienste der krainischen Landschaft um Dynastie und Wissenschaft und namentlich der hohen Verdienste des Auers-perg’schen Hauses! Hochgeehrte Herren! Ich könnte — wollte ich noch weiter in die Details der vorhandenen Schätze eingehen — noch eine grosse Menge der interessantesten Werke des 16. und 17. Jahrhunderts, die sich mit Medicin und was d’rum und d’ran hängt beschäftigen, namhaft machen, doch zur Orientirung mag das Vorerwähnte genügen. Es sei nur noch erwähnt, dass auch in einer andern, in der mathematischen Classe, und zwar in den Kalendern Beiträge für die medicinische Abtheilung enthalten sind. So popularisirt ein Newer und Alter Schreib-Kalender auf das Jahr 1658 dasBadner Bad bei Wien. Das Titelblatt zu diesem Kalender enthält, nebenbei bemerkt, auch eine zwar kleine, aber nett ausgeführte Abbildung der Stadt Laibach. Der Kalender, auf den steierischen Meridian vom Philosophie- und Medicin-Doctor Joh. Michael Linus calculirt, führt die Devise: Salz, Ertz, Eisen, Getreid und Wein Reiche Innerösterreichische Landen Schatz sein. Dieser Kalender, sowie die lange Reihe seiner Collegen in dieser Büchersammlung, die mit dem Jahre 1629 beginnen und bis in das 18. Jahrhundert herüberreichen, sie enthalten in der vorwiegenden Mehrzahl Gesundheitsregeln in deutschen Reimen, Unterricht vom Blutlassen, Schröpfen, Baden u. s. w., viele von ihnen die Abbildung des „Lassmännleins“ mit der genauen Unterweisung, an welchem Körpertheile unter diesem oder jenem Himmelszeichen zur Ader zu lassen sei. So möge denn zum Beschluss und zwar im Tone und Geschmack des 17. Jahrhunderts, aus dem die heute von mir besprochene fürstliche Bücherei stammt, aus einem solchen Kalender die Gesundheitsregol für den „Hornung“, in dem wir uns eben bewegen, hier ihren Platz finden. Sie lautet: „Hornung möcht Dir Krankheit bringen, Drumb lass eine Ader springen, Wers bedarff der brauch Artzney, Sich purgier und massig sei.“ Karstbäder. Durch einen anlässlich der auszeichnenden Einladung des k. k. Oberststallmeisteramtes zur Theilnahme an der 300jährigen Gründungsfeier des k. k. Hofgestüts in Lippiza dein Karste seit Jahren wieder abgestatteten Besuch, lenkte sich meine Aufmerksamkeit wieder auf ein baineologisches Stiefkind, auf die „Karstbäder“. Der in der oberflächlichen Reiseliteratur so übel beleumundete „Karst“ birgt bei näherer Betrachtung, bei eingehendem Studium neben einer Fülle von Eigentümlichkeiten des Natur- und Volkslebens auch eine Menge von Vortheilen für das sanitäre Wohl Derjenigen, die sich entschlossen mögen, die „Saison“ — des Sommers oder des Winters — sei es im „österreichischen Nizza“ oder an den Gestaden der „blauen Adria“, zuzubringen. Das Karstgebiet umschliesst Bäder und Kurarten aller Gattungen von den „römischen Thermen“ bis auf die modernen Luft- und Sonnenbäder. Das Karstplateau (namentlich der sogenannte Trie-stiner Karst) als „Steinmeer“, „Steinwüsto“ verrufen, es weist uns, Dank der immer mehr und mehr fortschreitenden, vom Oberststallmeisteramte inaugurirten und von den anderen betheiligten Factoren, dem Staate, den Gemeinden nachgeahmten Aufforstung des Karstes, bereits wieder und in stetiger Zunahme begriffen das Grün des Waldes in wohlthuender Abwechslung mit dem Weissgrau des verwitternden Kalksteines. Und dieser allseitig wieder hervorspriessende und sich festsetzende Wald, er übt die weitere Wirkung, dass auch die eigengearteten Wiesen und Felder des Karstes, die in den trichterförmigen Höhlungen, in den „Dolinen“ und „Ograda’s“ vor den Stürmen des Bora-Windes geschützten „Culturen“ frischer dastehen, denn früher. Und noch weiter! Es mehrt sich nun auch wieder die Menge der Niederschläge, das Wasser, bisher auf dem Karste so rar, es boginnt wieder reichlicher zu herrschen und die künstlichen Reservoirs, die „Cister-nen“ und „Tränklaken“, sie füllen sich öfter und mehr. Die Landschaft gewinnt wieder, freilich nur mälig und mälig, Leben und Farbe; die Ortschaften, die auf „Oasen“ hingestreut liegen, sie heben sich, Dank der stetigen Fürsorge des Reiches. Und soweit das Weichbild dos k. k. Hofgestüts reicht, ja in Tagen der Bedrängniss aber weit darüber hinaus, wird durch die Huld und Gnade des Allerhöchsten Hofes den Anwohnern des Hofgestüts und den Bewohnern des Karstes die ausgiebigste Hilfe aus der den Armen und Nothleidonden stets geöffneten Privatschatulle Sr. Majestät des Kaisers. Wo dem Auge des von Norden Kommenden die ersten Spuren des Karstes sichtbar werden, in dem durch seine Höhlen weltberühmten Adelsberg, da ist seit Aufführung des „A dels berger-Ho fes“, einer Pension im schönsten Style, ein Bad entstanden, das sich durch Comfort und wohlthätige Wirkungen des benützten herrlichen Poikwassers mit ähnlichen Instituten kühnlich messen kann. Das grüne Idyll der Adelsberger Umgebung, das zu Spaziergängen in dem nächsten Umkreise so traulich ladet, es ist wohl geeignet, die Alltagssorgen zu verscheuchen; zudem trifft der Badegast des „Adelsberger-Hofes“ an der Table d’höte stets gewählte Gesellschaft aller Nationen, die ab und zu zum Besuche der Grotte herbeikommen und von den Strapazen der unterirdischen Wanderung sich in dem eleganten Speisesalon ausruhen, den Blick noch aus den breiten Spiegelscheiben auf den Grotteneingang gerichtet. Unweit Adelsberg bei dem Dorfe Dornek ist eine Ortschaft, die den Namen Topolc führt; diese slovenischo Bezeichnung weist auf eine Warmquelle, auf ein Toplice (Töplitz), und man trägt sich bereits mit der Idee, hier mitten auf dem Karste ein neues Warmbad, eine neue Heilquelle zu erschliessen. Und nun die Luft- und Sonnenbäder des eigentlichen Karstgebietes, sie sind in ihren Wirkungen bereits seit Langem von dem bekannten Naturarzte Rikli in Triest erkannt und practicirt. Die „Riklianer“ der Seestadt pilgern entblössten Hauptes mit nackten Füssen und Armen, das Hemd au der Brust weitgeöffnet, mit ihren langen Bergstöcken, den Opöina, den Monte Spa- cato und andere Berghöhen empor und hin gegen Se-sana und Umgebung, der „Oase“ Lippiza und da der reizenden Doline „qua Ovid“x) einen Besuch abstattend. „YomThiere lerne der Mensch“, sagt schon der Römer, und in der That, von den auf den Felsgesteinen des Karst sich munter tummelnden, Luft-und Sonnenbäder dieser Oertlichkeit zur Genüge geniessenden und dabei eine Festigkeit, eine Ausdauer, eine Leichtigkeit in den Bewegungen gewinnenden, seit undenklichen Zeiten sich des besten Rufes erfreuenden Karstpferden, die schon bei den alten Venetiern beliebt waren, die zu Römerzeiten in den Circusspielen gebraucht wurden, die heute als „Lippizaner Race“ dem Sportsman aller Länder imponiren, von ihnen konnte der Mensch lernen, was auch dem Menschen unendlich zuträglich: die freie Bewegung in der Luft und in dem Lichte des Karstes. Die Naturbäder, die das Lippizaner Pferd in den „Tränklaken“ nimmt, zu denen es täglich Sommer und Winter geführt wird und wo es im wohligsten Gefühle zuerst mit seinen Füssen den Boden aufstampft, die Knöchel badend, um dann erst die labende Kühlung ‘) So genannt nach einer in diesem buen retiro angebrachten lateinischen Inschrift, in welcher sich s. Z. der Gesttlttmeister Radel mit Ovid im Exil (qua Ovidius in exilio) verglich. Siehe darüber das Nähere in der ausgezeichneten Festschrift „Lippiza 1580—1880“ (pag. 87), verfasst vom Hofsecretär J. Auer, herausgegeben vom k. k. Oberststallmeisteramte. Der Verf. v. Radies, „Quellenstudien“. 12 in sein Inneres aufzunehmen, diese Naturbäder im Wasser der „Tränklaken“, sie werden von den Bewohnern des Karstes in den ihnen gehörigen Wasserreservoirs nachgeahmt und nicht mit Schaden. Der Schlamm, der sich am Boden dieser Tränklaken ansammelt, er hat, wie man mich versichert, eine vielfach heilende Kraft. Dem Naturfreunde bietet die Fauna und Flora des Karstes mit ihren zahlreichen, seltenen Arten die reichlichste, frohbegrüsste Abwechslung. Der Jäger und der Fischer finden ihr Vergnügen; der schon zu Römerzeiten berühmte Prosecco, der Opöinawein (vinum Pucinum), der der Kaiserin Julia Augusta das Leben bis in das hohe Greisenalter erhielt, der Terran sind weltbekannte Etiquetten edler Weinsorten ! Man sieht, es lässt sich leben „im Steinmeere“ des Karstes, es lässt sich da leben auch als Besucher der „Karstbäder“, die immer mehr und mehr in Schwung kommen werden, je mehr die Kunde davon Verbreitung findet. Und nun zu den Karstbädern von Triest und Monfalcone und dem Winter-Sejour im „österreichischen Nizza“, im klimatischen Curorte Görz, das Baron v. Czörnig in einem wahren Prachtwerke nach allen Richtungen hin geographisch-historisch-balneologisch mit seinem Meistergriffel geschildert hat! Die Seebäder von Triest sind in ihren Wirkungen zu bekannt, als dass ich darüber der Worte viel verlieren sollte. Die Therme von Monfalcone schildert der unübertreffliche Reiseschriftsteller Kohl mit folgenden Worten: „Nahe bei Monfalcone bricht eine warme Heilquelle aus dem Karste hervor, die noch jetzt einen guten Namen geniesst und die auch schon zu Römerzeiten benützt wurde. Die Landeskinder nennen sie die „Bäder des Kaisers“. Ich weiss nicht, welches Kaisers. Vielleicht deuten hier zu Lande die Worte „Kaiser“ und „kaiserlich“ wohl nur, ohne einen bestimmten Kaiser zu bezeichnen, überhaupt auf die Römer hin. Vielleicht ist aber der Kaiser Theodorich gemeint, dem auch die Erbauung des Castells von Monfalcone (Castello di Teodorico) zugeschrieben wird. Ich besah mir die merkwürdigen Substructionen und Einfassungsmauern des Bades, die noch von den Römern ausgeführt sein sollen. Das Gebäude um die Quelle herum ist aber neu. Eine Inschrift, die man hier angebracht und einem schon älteren friaulischen Schriftsteller entnommen hat, besagt, dass den Ort „non Foro-Julienses (Furlaner) tandum sed ex remotissimis Ger-maniae partibus mortales“ frequentirten, d. h. dass das Bad von Monfalcone nicht nur die Eingeborenen, sondern Sterbliche aus den entferntesten Gegenden Deutschlands besuchen. Man kann behaupten, dass durch diese heisse Quelle, die auf der Mitte des Weges zwischen Monfalcone und Duino liegt, gerade genau der allernördlichste Punkt des adriatischen Meeres bezeichnet wird. Alle Handelsleute und Kriegsvölker, die von Osten her 12* über den Karst weg nach dem schönen Italien ziehen, mussten von jeher die Tendenz haben, hier bei Duino sich zum Meere, zu den äussersten Ausläufern der Ebene, zu den flachen Landstreifen bei Monfalcone und Duino hinabzulassen und ihre Wanderung längs der Küste zunächst auf die Gegend bei Aquileja in’s Isonzo-Delta fortzusetzen. Hier bei Monfalcone war eine Art von Thermopylon für Italien, ein westliches Eingangsthor, das schon in ältesten Zeiten den Ein- und Anfällen der alten Istrianer und Japoden (Croaten?) ausgesetzt war und durch welches später noch so viele andere Barbaren hereinkamen. Man kann, auf die warmen Bäder innerhalb des Thores blickend, sagen, es seien hier buchstäblich die italienischen Ther-mopylen (Heisswassertho re); denn auch jene thes-salischen Thermopylen hatten ja ihren Namen von einem heissen Brunnen und Bade innerhalb des Bergthores.“ Yon Görz als climatischem Wintercurort spricht, wie schon erwähnt, Baron v. Czörnig in einem eigenen, 1873 bei W. Braumüller erschienenen Werke. Die in Oesterreich und auch in Italien schon zum geflügelten Worte gewordene Bezeichnung: „Oesterreichs Nizza“, die von Baron v. Czörnig selbst herrührt, drückt nach seiner Determinirung nichts Anderes aus, als dass Görz, — gleichwie Nizza — unter den climatischen Curorten Europa’s durch seine Temperaturverhältnisse einen hervorragenden, in gewisser Beziehung den ersten Rang einnimmt und unter den climati-schen Curorten Oesterreichs (das entfernte, schwer zu- gängliche Süddalmatien ausgenommen) in erster Reihe genannt zu werden verdient. Und dieser als Winteraufenthalt so vorzüglich geeignete Ort liegt am nördlichen Abhange des Karstes, zählt also in gewissem Sinne entschieden zu den Curorten des Karstes. Den und jenen Kranken, namentlich solchen, die sich gegen die im Sommer hier herrschenden Temperaturunterschiede minder empfindlich zeigen, sind die Bäder im Isonzo und im Corno zu empfehlen, die sich durch besondere Frische des Wassers auszeichnen, deshalb denn auch Görz die Reihe der Karstbäder, die wir in flüchtiger Skizze vorführten, in gewissem Sinne abschliesst! Bas Seebad Veldes in Oberkrain. Du grünendes Thal, du kryatallener Soe, Du liobliohos Eiland mit blinkendem Kirchlein, Ihr trotzigen Felsen, ihr lauschigen Forste, Die ihr mir Aug’ und Sinne umstrickt, O löst mir das Rüthsel und nennt mir das Wunder, Womit ihr das Herz auch in Wonne beruuscht, Den Geist auch in fesselnden Zauber mir bannt? Anastasius Grün. Das wildromantische Oberkrain ist mit dem „drei-köpf’gen Bergwardein“, Triglav, mit dem tosenden „Wasserfalle der Savica“, mit den hellschimmernden, seine Wiesengelände und Auen umschlingenden Save-armen, mit den tiefblauen Seen in der Wochein bei Wei 8senfeis und Veldes, mit seinen dichten, uralten Forsten, die kostbarste Schatzkammer von Naturschätzen. Der Mittelpunkt aber, um den sich all’ die Fracht und Herrlichkeit gruppirt und von dem strahlenförmig die Wege auslaufen, die zu all’ den einzelnen „Perlen“ dieses Gebirgsstriches führen, ist das schon in ältesten Zeiten bekannte und berühmte Bad Veldes mit seinem herrlichen See und der Votivkapelle mitten auf der Insel, mit dem altertümlichen Schlosse zur Seite, das auf jäh abfallenden Berghang hingebaut, die überraschendste Fernsicht gewährt, dann rings am Ufer mit zahlreichen Villen und Landhäusern und ausserdem mit mehreren schönen und comfortablen Badehotels. Bad Veldes, dessen Ruf von Jahr zu .Jahr sich steigert und zu dem in immer helleren Schaaren Touristen und Heilbedürftige pilgern, seit die länderverknüpfende Schienenstrasse auch zwischen diese Bergesriesen den Weg sich gebahnt, seit die Kronprinz Rudolph-Bahn in der unmittelbarsten Nähe von Veldes bei Radmannsdorf Station macht, von wo aus die von Oben und Unten, vonTarvis und Laibach Kommenden, in lichten Wägelchen auf gut erhaltener Landstrasse das Ziel ihrer Fahrt, das reizende Seebad, rasch und bequem zu erreichen vermögen! Der Ruf des Veldeser Bades ist seit Jahrhunderten wohl begründet und schon der berühmte krai-nische Geschichtsschreiber und Topograph Freiherr von Valvasor, der sein Werk: „Die EhreKrains“ 1G89 schrieb, rühmt dem seit uralten Zeiten bekannten Bade eine grosse Heilkraft nach für alle Jene, „deren Krankheiten kalter Natur und Ursprungs sind.“ Die Aerzte unserer Tage haben aber die Vorzüglichkeit von Veldes für eine Reihe von Krankheiten erkannt, wobei in erster Linie: Nervenleiden und geschwächte Lebenskräfte stehen. Neben der Heilkraft des Wassers ist es jedoch ganz vorzüglich die treffliche, von den aromatischen Düften des Alpenlandes gewürzte, reine und frische Luft, die hier auf den kranken Organismus stärkend und regenerirend wirkt. Ein Tag nur fern von den Mühen und Plagen und all den schädlichen Einflüssen des Stadtlebens in dem herrlichen Veldes zugebracht und der nur auf Stunden anwesende „Vergnügungszügler“ fühlt sich nach einem Bade im See wie neugeboren, nun erst der Glückliche, dem es gegönnt ist, Wochen und Monate, nicht blos, wie Goethe sagt, „in Deinem Thau“, sondern auch in Luft und Wasser „sich gesund zu baden“ bei Dir, o unvergleichliches Veldes! Die Herrschaft Veldes mit der Burg auf dem Felsen „ein Krieger in Waffen, Zum Hüter bestellt dem geheiligten Becken; In glattem Purpur, in steinerner Rüstung, Das Haupt mit dem Ritterschloss behelmt,“ sie kam durch Kaiser Heinrich II. im Jahre 1004 an das „Gotteshus von Seben“ (Brixen) und blieb bei demselben mit geringen Unterbrechungen bis in unser Jahrhundert, wo sie der gegenwärtige Besitzer, der ebenso kunstsinnige wie liebenswürdige Herr v. Ruard, vom Bisthum Brixen käuflich erwarb. Das majestätisch thronende Bergschloss mit seiner in der That bezaubernden Fern- und Rundsicht auf die Alpen ringsum, auf Plügelketten und Thäler und gerade nach unten auf den See hinab, wie es jetzt dasteht, wurde im Jahre 1519 gebaut, nachdem 1511 das „grosse Erdbeben“, welches im ganzen Lande furchtbar gewüthet und an ein halbhundert Burgen und Schlösser niedergeworfen, den früheren Bau zu Trümmern verwandelt. Noch heute muthet uns aus der ziemlich gut bewahrten Anordnung und Einrichtung der Gemächer aus den Tagen des „letzten Ritters“ der ausgesprochen wohnliche Charakter wie Geisteswehen jener längst entschwundenen Zeiten an. Und in harmonischem Einklang dazu stehen auch die Zuthaten von der Hand des heutigen Besitzers, Herrn v. Ruard, die sämmtlich nur ein Ausdruck sind der dem trefflichen Biedermann eigenen gemüthlichen Fürsorge für treue Bewahrung des Ueberkommenen und verständnissinnige Pflege und Erhaltung desselben. Und in den lieblichen Gartenanlagen, die eine friedliche Zeit hier mitten in den Burghof gezaubert, hält der freundliche Schlossherr, in zarter Rücksicht für die vielen fremden Besucher der stets geöffneten Burg, einen eigenen eleganten Pavillon bereit, zu Schutz und Schirm bei etwa plötzlich einbrechendem Unwetter und sonst zu Rast und Ruh, und an der Brustwehr der Gartenmauer hat er eigens für die Bewunderer des vor dem staunenden Blicke ausgebreiteten Gebirgspano-rama farbige Guckgläser angebracht, durch die man den mit schaukelnden Kähnen bedeckten See und das „Kirchlein im See“, die rasch emporstrebenden Villen und die schönen Hotels knapp am Ufer und im näheren und weiteren Umkreise die Häuser und Häuschen der an den See rainenden Dörfer und Hütten und so fort die Liegenschaften all, die Felder und die Wälder, die Hügel und die Berge, nach Belieben goldig-gelb oder blutig-roth, tief-blau oder saftig-grün schauen kann, „wie farbigen Tand nürnbergischen Schnitzwerkes!“ Da fällt unser Blick auf den stark mitgenommenen verödeten Rundthurm zur Seite links der Terrasse, an den sich heute die Zweige mächtiger Bäume gar traulich anschmiegen, als wollten sie stützen den alten bröckelnden Bau. Blutig-roth, wie wir dich eben beschauen, erscheinst du uns ein Zeuge längst verwundener schwerer Kämpfe, die das Schloss und die jetzt so ruhigen Ufer des See’s umtosten bei „Bauernbund“ und Glaubenskampf uud da „Von Berg zu Berg das Feuerzeichen. Rief einst zur Wacht in Türkennoth, Der Sclaverei, die dir gedroht, Zu wehren mit des Schwertes Streichen.“ Als stummer Zuschauer aber sah derselbe Rundthurm ein paar Jahrhunderte später herab auf eine Hel-denthat, die sich an den Ufern des See’s während der französischen Zwischenherrschaft in Ulyrien (1813) abspielte, da der Fremdling seine Finger nach dem Marienschatze des Inselkirchleins ausstreckte, die „muthigen Weiber von Veldes“1) aber, ihre Männer voran, in bewaffneter Schaar der Gewaltthat der französischen „Financiers“ (Steuerbeamten), „Receveurs“ (Einnehmer) und „Gensd’armen“ wehrten, indem sie ihnen in offener Empörung die Schiffe zur Ueberfahrt über den See ’) Die Heldenthat der Weiber von Veldes hat der bekannte Schriftsteller und Dichter, Dr. Ludwig Germonilc, in einem Drama bearbeitet, das in Laibach wiederholt mit vielem Beifall gegeben wurde. Anm. d. Verf. Wegnahmen, in die Zügel ihrer Pferde fielen und sie so mit aller Entschiedenheit zum Rückzuge trieben! Das Wallfahrtskirchlein „Maria am See“, das auf grünumrankter Felsengruppe aus dem Wasser hervorragt und zu dem breite, sanft hinanführende Steintreppen geleiten, ist ein freundlicher, hellweiss-getünch-ter, ansehnlicher Bau und wurde derselbe in den letzten Jahren erst (1868) gründlich renovirt. Das Hauptinteresse darin bildet aber ein mitten in das Schiff desselben herabhängendes Seil. Es ist das jenes Seil, welches kein Wallfahrer zu ziehen verab säumt und mit dem man die sogenannte Wunschglocke in Bewegung setzt, denn: Wem vergönnt dies Seil zu schwingen Was er bei der Glocke Hallen Wünschen mag, es soll gelingen! ßuhlos tönt das Glöcklein immer, Tönt zu allen Tageszeiten, Denn die Wünsche schlummern nimmer, Pilgern ruhlos in die Weiten! — Das romantische Bergschloss mit den Hochgebirgen im Umkreise, das liebliche Inselkirchlein, der schöne blau-grüne See, was wären sie jedoch, wenn ihnen als Staffage der bunte Uferkranz fehlte, der dem Gesammt-hilde erst das eigentliche Leben verleiht. Und wie die kleinen woissen Bauernhäuschen, die ringsum aus den grünen Wiesengeländen hervorlugen, zarten Feldblümchen gleichen, denen man beim Glitzern des Morgenthaues gerne einen Besuch abstattet, um da frische Milch zu schlürfen, so gleichen die Jahr um Jahr neu aus der Erde schiessenden Villen und Landhäuser den schönsten Zierpflanzen, wie sie unser verwöhntes Auge von den modernsten Curorten her nur kennen und nirgends mehr missen mag. Sie umstehen in näherer und weiterer Entfernung an wohlgewählten Punkten den See und die Heilquelle; meist Privaten (Baron Zois, Baron Lazzarini, Herrn Pongratz u. s. w.) gehörig, dienen einzelne aus ihnen auch dem öffentlichen Gebrauche, wie z. B. die von einem reizenden kleinen Parke umgebene Villa Aichelburg (Louisenbad) u. a. m. Die Centifolie unter Letzteren, den Badehotels“, ist aber Villa Mallner, das einzige grosse, allen Ansprüchen modernen Badelebens vollkommen entsprechende Badehotel in Veldes. Von der ausgezeichnetsten Lage, mit dem schönsten Ausblick auf den See und inmitten des gesummten Lebens und Treibens des Curortes, bildet die Villa Mallner den Sammelpunkt der Creme der Badegesellschaft. Nicht blos, dass dieses Hotel mit seiner beträchtlichen Anzahl von sehr wohnlichen Zimmern die beliebteste Unterkunft in Veldes bietet, so vereinigt es auch in seinem wahrhaft grossstädtisch angelegten Speisesalon zu Mittag und Abend fast die gosammte übrige, nicht bei Mallner wohnende elegante Welt von Veldes! Eine vorzügliche Küche ermöglicht hier dem feinsten Gour-mand alle erdenklichen culinarischen Genüsse und schliesst die reichhaltige und abwechslungsvolle Karte eine der grössten Delicatessen in der Rubrik: Fische in sich. Die köstlichsten Forellen aus der „Roth-wein“ nämlich, deren Fischerei dem Besitzer des Hotels, Herrn Mallner, zusteht. Die ausgedehnte, zur Mallner’schen Realität gehörige Jagdbarkeit setzt ferner diese Küche in den Stand, immer auch den edelsten Wildbraten „auf den Tisch des Hauses“ niederzulegen. Die schmackhaften, unverfälschten heimischen und Ausländer-Weine, sowie ein köstlich mundendes frisches Bier begleiten das Mahl. Im Salon, wo man den ganzen Tag über Gesellschaft trifft, ist auch ein wohlbestellter Lesetisch mit den meistgelesenen politischen, belletristischen und illu-strirten Zeitungen und Zeitschriften und auch ein gutes Clavier zu finden; auch vereinigt dieser Salon im Laufe der Saison, die mit Mai beginnt und mit Octo-ber endet, nicht selten die junge Welt zum Tanzvergnügen, namentlich an Festtagen, wo die Vergnügungszüge Gäste von Nah und Fern herbeibringen. Eine wahre Perle des Hotel Mallner ist aber die zu Seiten des Hauptgebäudes situirte schattenreiche, einer einzigen Riesenlaube gleichende Allee, in welcher ein Pavillon, mit der freien Aussicht auf den See, die Gesellschaft zur Einnahme des Morgen- und Abendbro-des vereinigt. Die Brise frisch vom See her würzt uns wo möglich noch mehr den ohnedies kostbar schmeckenden, von freundlichen, in ihrer Nationaltracht schmuck aussehenden Landmädchen credenzten Morgenkaffee, den wir hier in voller Gemüthsruhe schlürfen und nicht minder das Abendmahl, das wohl meist in Form von blau- gesottenen Forellen auftritt, zu denen der röth-lich-gelbe, feurige Krainerwein gar sehr mundet und den österreichische Ritter des Mittelalters sogar auf Kriegszügen bis in’s „heidnische Preussenland“ mitführten ! Die Tagesordnung in Bad Veldes ist folgende: Zeitlich früh ein Bad, entweder im See oder im netten geräumigen Bassin des Badehauses (Vollbad) — doch gibt es auch Wannenbäder — oder aber Luft-, Sonnen- oder Dampfbäder beim Naturdoctor Rikli. Nach dem Bade eine kleine Ruhe, dann Frühstück und Promenade in den reizenden Gartenanlagen (beim Vollbad, beim Louisenbad oder bei Mallner), wohl auch eine kleine Fahrt auf dem See, oder einer der vielen kleineren Ausflüge in der nächsten Umgebung, deren es unzählige gibt. Nach dem Diner bei Mallner folgt eine Siesta, insbesondere in der vorgerückteren Saison, in den Monaten Juli und August, wo oft ziemliche Hitze in den Stunden zwischen 2— 5 Uhr herrscht. Gegen den Abend nimmt man gewöhnlich das zweite Bad, woran sich wieder eine Promenade, oder eine Fahrt auf dem See, ein Aufstieg zum Schloss, um da das Untergehen der Sonne zu beobachten, empfiehlt. Zurückgekehrt, treffen wir uns in dem vorerwähnten Pavillon bei Mallner zum Abendbrod. Da sitzen wir vom dichtesten Grün im Hintergründe, zu Häupten und zu Seiten umschlossen, an wohlbesetzter langer Tafel mit schönen Damen aller Typen und schenken des „perlenden Wippachers“, und der Falter flattert um die Glastulpen der mattschimmernden Leuchter und verbrennt sich schliesslich seine bunten Flügel; wir scherzen im friedlichen Chor! Da schallen plötzlich in später Stunde, da der Mond schon in voller Scheibe am tiefblauen Himmel steht und Schloss und Kirchlein und Ufer gar magisch beleuchtet und mit ihnen um die Wette sich in den Wolken spiegelt, vom See her die Molltöne eines melancholisch süssen Krainerliedes schmeichelnd, rührend, an unser Ohr. Der Schiffer im Kahne ist der Sänger, drüben am Ufer antworten sie ihm und so geht’s fort, im reizenden Sängerkampfe. Die munteren Bursche der Berge, sie machen uns Lust zu einer nächtlichen Fahrt auf der glitzernden Fläche, wir verlassen den Pavillon und steigen durch den lieblichen Vorgarten des Hotels zum Miniaturhafen hinab, lösen eine „Gondel“ oder „Barke“ oder einen heimatlich construirten Kahn — wir können ja wählen — und bald stösst unser Fahrzeug in den See hinaus und unsere „kunstvollen Lieder“ mengen sich über den Wellen hin mit den einfachen Weisen des Volkes! Da fliegt pfeilschnell ein kleiner Seelentränker an uns vorbei, so rasch, dass wir den Insassen nur errathen können; es ist jener reiche fremde Jüngling, der hier seit Wochen „Naturstudien“ obliegt und die Seebäder nur nebenbei gebraucht. Still und verschlossen und abwehrend gegen die Blicke der vielen Stadtschönen, hat er sich drüben am andern Ufer in der Nähe des „nationalen“ Gasthauses „zum Petran“ in die Rehaugen eines rothwangigen drallen Bauernmädchens so tief verschaut, dass ihn die „slovenische Loreley“ unablässig und unwiderstehlich zu sich zieht — und wer mag es ihm verargen, solch eine Mondnacht am Seeufer zu durchwachen, bis die Sterne erbleichen und der holde Morgen grüsst. Wimmelt es ja oft ganze Nächte hindurch auf dem See von Schiffen und Schiff lein mit schwärmerischen Paaren und ganzen, lautscherzenden und jubelnden Gesellschaften. Und das Alles stört die Nachtruhe der Ruhebedürftigen nicht, denn die „Wohnungen der Menschen“ an den Ufern sind so prächtig situirt, dass kein Lärmen und kein Getöse vom See zu ihnen dringen kann! Wer Bad Yeldes nicht zum strengen Curge-brauche besucht, oder wer in der Nachcur noch da zu bleiben vorzieht (was wir nebenbei bemerkt Jedem rathen möchten), der hat ausser den bereits angedeuteten vielen kleineren Ausflügen, die man in der kurzen Spanne eines halben Tages machen kann, hier auch eine grosse Auswahl weiterer, höchst lohnender Touren in das ringsumliegende, leider noch immer nicht genugsam bekannte oberkrainischo Hochgebirge zur Disposition. Bewährte Stammgäste dieser Gegend und deren Zahl wächst mit jedem jungen Jahre— denn wer einen Sommer in Yeldes verlebt, kehrt immer gerne wieder — zählen an die zwanzig und mehr derartige grössere und kleinere Ausflüge. Die beliebtesten derselben sind: Zum „Wocheiner See“, der an Naturschönheit dem Hallstädter und Gmundner nicht nachsteht, und zum „Wasserfall der Savica“, den der slo-venische Dichter Franz Preäern (— Anastasius Grün’s „Lehrer“, wie ihn dieser selbst mit Stolz genannt —) in einem herrlichen Epos besang1), welcher „Fall“ aus einer kahlen hohen Felswand mit wildem Getöse 35 Klafter tief in ein Becken herabstürzt, so dass das Wasser schäumend über 30 Klafter weit umher zerstiebt und mit wildem Gebrause von Felsen zu Felsen sich wälzt „Bis die Fluth, auf weichem Moos beschwichtet, In des See’s dunklen Sckooss sich flüchtet.“ Andere grössere Excursionen sind: „indieKerma“, „in die Urata“, „zum Wasserfall Perifinik“, der uns lebhaft an den „Schleierfall bei Gastein“ erinnert, nach den „Weissenfelser Seen“, auf die Alpe „Stol“, auf die „Selenica“, auf die „Ribäica“, auf die „Lipanca-Alp e“, auf den „Monte Kuk“ u. s. w. Ein nur von Wenigen bisher ganz und völlig erreichtes Ideal bleibt aber die Ersteigung des „Tri-glav“, des uralten Bergriesen „mit weithin leuchtender Zackenkrone“, ‘) Dieses sloveuische Epos hat der in weiteren Kreisen wohlbekannte Dichter und Journalist, Heinrich P e n n, in’s Deutsche übertragen. Anm. d. Verf. v. Radies, „Quellenstudien“. 194 Das Seebad Veldes iu Oberkrain. „Der Erste, der Morgens den Purpur trägt, Der Letzte, der Abends ihn fallen lässt, Der Urahn’ eines Geschlechts von Giganten, Vom Silberbart die athletische Brust, Von eisigen Locken die Schultern umwallt, Die Stirne getaucht in sonnige Glorie! „Fliegende Brathühner“. Eine Freske von 1534. Wir hatten an der fashionablen Table d’höte des Hotel Mahner in Veldes eine liebenswürdig-geistreiche Gesellschaft gefunden. Da gab es ein paar Engländer, die zur Abwechslung sehr aufgeräumt waren, einen renommirten Wiener Arzt, und den in aller Welt bekannten Vertheidiger Dr. Neuda, eine preussische Familie, deren Töchterchen, die „Susi“, der Augapfel von Vater und Mutter, tagüber wohl an die Tausendmal bei ihrem Namen genannt, zur „Parole“ von Veldes geworden, eine croatische Gräfin voll Esprit und Humor mit ihrer rosenwangigen hellblonden Tochter, deren Typus im Uebrigen der der vollendeten Südslavin, unsern armen, schwer kranken, inzwischen abgeschiedenen Col-legen Oscar Welten, den wir, seine geistreiche und witzige Gemahlin und ich im Rededuett seine Leiden vergessen machten, daneben einige Ungarn und Italiener, der Rest waren ab und zu „geputzte Menschen“ von nah und fern, darunter zum Entsetzen Vieler eine dicke Verseschmiedin, die, wie unsere böse 13* blonde Croatin zu sagen pflegte, zwar „nicht ungenannt sein -wollend“, aber „ungenannt sein bleibend“ behandelt zu werden verdient. Auszeichnender Weise beehrte unsere Tafelrunde öfters Se. Durchlaucht der tüchtige Prähistoriker und Numismatiker Fürst Ernst Windischgrätz — heute Abgeordneter aus Krain — der zum Zwecke seiner prähistorischen Forschungen auch die Umgegend von Veldes, wo diesbezüglich noch reiches Materiale in der Erde Tiefen schlummert, zu durchsuchen begann. Die Table d’höte-Gesellschaft von Bad Veldes liebt es, in kleineren Gruppen Ausflüge in die nächsten und ferneren Umgebungen zu unternehmen, woran dieses reizende Seebad so reich ist, und an denen der im Auslande gebildete junge Hotelier Herr J. Mallner, sowie seine gleich liebenswürdige, als vielseitig gebildete Schwester Frl. Hedwig Mallner auf das com-plaisanteste Theil zu nehmen pflegen. Zu den kürzesten und annehmlichsten Ausflügen zählt aber der nach dem benachbarten Vodesiö und zu den „fliegenden Brathühnern“ daselbst! Auf denn nach Vodesiö! Nachdem man das Plateau von Auriz erreicht hat, schlägt man rechts den Feldweg ein, der uns eine gute Weile durch die Felder dahinführt. Frei athmet die Brust die kühlen Abendlüfte — es ist ein Abondspa-zicrgang die Promenade nach Vodesiö — und das Auge erlabt sich an dem lieblichen Landschaftsbild. Ein Bienenstock, den wir links am Wege treffen, ist uns das Wahrzeichen, dass wir in der Richtung rechts abzubiegen haben, um zunächst in das untere Dorf Vodesiü zu gelangen. Dieses Dörflein liegt mit seinen alten Häusern — das eine weist die Jahrzahl 1755 auf dem Thürstocke — zwischen Obstbäumen malerisch ausgestreut; auch sehen wir gleich am Eingänge einen Buchsbaum von ganz ungewöhnlicher Grösse und Schönheit. Ein roth gemaltes Haus rechts lassend, lenken wir in die Strasse ein, die zur Kirche führt. Auch dieses Kirchlein, auf dessen Alter und Sehenswürdigkeit uns der hochw. Herr Pfarrer vonYeldes besonders aufmerksam machte, entzückt uns schon, von Ferne gesehen, durch seine poetische Lage inmitten von Baumgruppen, und erinnert uns unwillkürlich an Maria Grün bei Graz! Der greise Messner, den wir im Dorfe getroffen, öffnet das unter einem Hallenvorbau gelegene Portal und geleitet uns in das Innere des dem heil. Leonhard geweihten Gotteshauses. Das Presbyterium weist Spätgothik und es war, wie uns unser Cicerone versichert, früher das nun ge- wölbte Schiff der Kirche mit einer platten geschnitzten und bemalten Holzdecke versehen, auf welcher Heiligenfiguren und andere Darstellungen zu sehen waren. Aus der Kirche tretend, bemerken wir im erwähnten Hallenvorbau zu Seiten des Portals in der Nähe der Aussenkanzel, inmitten der grellen, stellenweise abgesprungenen Kalktünche, farbige Flecken, die uns augenblicklich an überweisste Fresken denken lassen. Eine kleine Untersuchung mit unserem Taschenmesser bestätigt diese Vermuthung, und das Haupt einer Figur wird bloss und ihre Rechte, die eine Kugel hält. Die Ausführungen des Messners bestätigen weiters, dass noch in seinen jüngeren Jahren die ganze Fagade der Kirche bemalt gewesen, was sich auch noch in der Höhe in dem geschlossenen Raume des Hallenvorbaues weise. Die Fallthüre dieses nun als Scheune benützten Raumes wird geöffnet, eine Leiter angelegt und wir überzeugen uns von dem Vorhandensein der Fresken, die wir jedoch wegen herrschender Dunkelheit, und da Stroh vorliegt, bei diesem unserm ersten Besuche nicht näher untersuchen können. Wir sind schon am Scheiden, da umschreiten wir noch das Kirchlein in der Runde. Welche Ueberraschung! An der Nordseite erfreut und entzückt unser forschendes Auge zunächst eine Trias von Fresken in voller Farbenschöne und Frische. Sie stammen aus dem 15. und 16. Jahrhundert und verdienen entschieden durch Abbildung weiteren, dafür sich interessirenden Kreisen zugänglich gemacht zu werden. Die erste Freske, fast die ganze Höhe der Kirchenwand einnehmend, stellt den heil. Christoph vor, wie er das Jesuskind durch die Wogen trägt; Rock mit herabhängendem Gürtel, Mantel und Fussbokloidung des Heiligen sind „rittermässig“ gehalten und mit dem sorgfältigsten Detail ausgeführt. Daneben weist eine kleinere Freske — ein Querbild — den heil. Leonhard, wie er eine Mannsfigur aus einer Burg befreit, indem er dieselbe aus dem Burg-thore mit Gewalt herauszieht; Auffassung und Darstellung sind mittelalterlich naiv. Von grossem Interesse für jeden Beschauer ist aber die nächste Freske, wieder ein Langbild, Christus unter dem Kreuze und rings von einer Reihe von allegorischen Darstellungen umgeben, die auf all’ das hindeuten, was der fromme Christ an einem Feiertage unterlassen solle. Durch die Abbildung der Ackerwerkzeuge wird das Ruhen der Feldarbeit; durch Scheere, Hammer, Spindel das Feiern des Handwerkes; durch Musikinstrumente, durch eine Majolika, sowie durch ein dampfendes, von einem Frauenzimmer gehaltenes Gefäss die Enthaltsamkeit von Festgelagen, von Frass und Völlerei angedeutet; ja selbst ein Bett finden wir hier angemalt, zur Mahnung, dass man am Tage des Herrn nicht zu lange schlafen solle. Indem wir uns — bei unserm ersten Besuche dieser so interessanten alten Kirche — in das Studium dieser Freske vertieft hatten, war zu unserm ersten Mentor, dem alten Messner, noch ein älterer Mann, ein Greis von nahezu neunzig Jahren, hinzugetreten, der unsere Aufmerksamkeit auf noch eine vierte, an derselben Wand befindliche, weiter nach rechts gerückte Freske lenkte, und auch alsbald dieselbe zu erklären begann. Die Freske, ein Querbild in zwei Felder getheilt, zeigt in dem ersten (links vom Beschauer) kleineren Felde einen Galgen, darunter einen Delinquenten, der jedoch nicht am Galgen hängt, sondern von einer Mannsperson, einem Heiligen, auf der ausgestreckten Rechten frei in der Luft gehalten wird. Eine in scharfer Perspective gezeichnete Pforte, die von einer Mannsgestalt mehr als ausgefüllt wird, scheidet das kleinere von dem rechts daranstossenden grösseren Felde. Oberhalb dieser eingezwängten, nach dem letzteren Felde hereinsehenden Mannsfigur sucht eine flatternde Henne das Weite. Das zweite Feld zeigt uns eine Tischgesellschaft, Mann, Frau und Sohn; auf der mit einem geränderten Tischtuche bedeckten Speisetafel stehen Majoliken, und ein Teller, von dem eben eine Henne auffliegt. Unter der Freske entziffern wir die Jahreszahl 1534. Die Erklärung dieses Bildes ist nach der uns von dem genannten Greise mitgetheilten Sage kurz folgende: Durch ein Dorf kamen eines Tages zwei junge Wallfahrer, von denen besonders einer das Wohlgefallen der Wirtli8tochter iu ihrer Herberge erregte. Der Jüngling blieb jedoch spröde. Aus Rache verschmähter Liebe verbarg das Mädchen in dem Ranzen des Burschen einen goldenen Apfel, zugleich — als die zwei Wallfahrer abgezogen waren — der Gerichtsperson des Ortes davon Mittheilung machend, es sei ihr ein goldener Apfel von einem der Jünglinge gestohlen worden. Es wird auf den angeblichen Räuber Jagd gemacht, er wird entdeckt, der Apfel bei ihm gefunden, und da er nochmals die Liebe des Wirthstöchterleins zurückweist, von ihr als der Räuber — „erkannt“. Die Strafe ist der Galgen; er wird gerichtet! Alsbald ist der Vater des erbarmungswürdigen Jünglings, der seinen keuschen Sinn so grausam büssen musste, dahergekommen und hat aus dem Munde des Scharfrichters erfahren, wo sich der Galgen befinde; vom Schmerz gebrochen, wankt der Greis dahin, aber welch’ staunendes Entzücken, er findet den Galgen leer, und den Sohn befreit von der Hand des Heiligen. Erstes Feld! Der hochbeglückte Vater, er eilt, dem Scharfrichter die Kunde davon zu bringen, und bleibt — unter der Thüre zu dem Wohnzimmer des „Ehrlosen“ stehen. Scharfrichter und Familie sitzen an wohlbestellter Tafel, die gebratenen Hühner vor sich. Zweites Feld! Der Freimann lacht bei der Märe des Alten. „Ich habe ihn doch,“ sagt er, „mit eigener Hand gerichtet. “ „Und doch ist er frei,“ erwiedert der Vater, „so wahr als Eure Hühner, die hier gebraten vor Euch liegen, wenn Du es noch bezweifelst, auf- und davonfliegen werden.“ Der Freimann lacht noch lauter, da erhebt sich das eine Huhn, und fliegt zur Thüre hinaus, und auch das zweite, noch auf dem Teller, schickt sich an zu gleichem Thun! Und sie gingen Alle hinaus und fanden den Galgen leer. — Reich beladen mit einer Fülle neuer und dabei aus „grauer Vorzeit“ stammender Eindrücke kehren wir nach Heim. „Zur Naehcur“ — nacli Tirol. „Durch der Talfer felsenges Thal............“ Es war ein unvergleichlich schöner Frühlingsmor-gen, der am Ostersonntag des Jahres 1872 zu den Glasthüren meines Balconzimmers in der „Kaiserkrone“ zu Bozen mit dem reizenden Farbenspiel der gegenüberliegenden Buntziegelbedachung der Pfarrkirche um die Wette hereinglitzerte und hereinschimmerte, den wissbegierigen Fremden in frühester Stunde lockend und ladend hinaus in’s Freie! Auf zum „Runkelstein“ —so scholl die Losung und „mehr als willig“ folgten wir der Devise. Vom St. Heinrichshofe aus ist man bald jeglicher städtischen Umgebung ganz und gar entrückt, und auch, um Schiller zu paraphrasiren, der „drückenden Enge“ der von Jahr zu Jahr sich mehrenden Villen glücklich entronnen und mitten auf dem stellenweise ziemlich schmalen Pfade, der sich „in der Talfer felsenges Thal“ hineinschlängelt, zur Rechten die vielfach von Epheu bekränzten und umzogenen Porphyrwände, links die den Wanderer gegen jähen Absturz in die wild rauschenden Torrente sichernden, durch Ineinanderwachsen der Gesträuche erstandenen Naturscarpen und oft unterbrochen von reizenden Stegen, unter denen die kleinen Gebirgswässer im eifrigsten Wettstreite zum Flusse hinabeilen, dem wilden, ungeberdigen Gesellen stets neue Kräfte zum Kampfe mit dem Felsgesteine zuzuführen. Wir sind angelangt an dem Bergcoloss, dessen Krone Schloss Runkelstein und der das Talferthal nach drei Seiten steil ansteigend abschliesst, vom jenseits gelegenen Sarnthal nur eine ganz enge Schlucht der Talfer selbst gönnend, die da in urdenklicher Vorzeit schlangenförmig mit Müh’ und Noth sich herausgewunden. Der Aufstieg zur Burg, der nach der Seite des Talferthales zu noch am besten erhalten erscheint, ist ziemlich steil und wir ruhen ab und zu gerne aus, um „am Wego“ südliche Pflanzen verbascum orientale, hedera helix, liearia italica, celtis australis etc. etc. zu sammeln. Zur Römerzeit war Runkelstein schon ein „Castell“, und im frühen Mittelalter 1237 erhielten die Btüder von Wange vom Bischof Ulrich von Trient die Erlaubnis, auf dem Runkelstein ein befestigtes Schloss zu erbauen. Im Jahre 1391 kauften die Brüder Nicolaus und Franz Vintler das Schloss, Nicolaus war es, der dasselbe neu hersteilen, Vorwerke, zwei Thürme aufrichten, die Schlosskapelle renovireu, und die mehrerwähnten Gemälde aus der deutschen Sage und dem duetschen Liede an die Wände seines Hauses malen liess. Hier dichtete Hans der Vintler sein bekanntes „Tugendbuch“, und der Meister Sendlinge schrieb hier seine Reimchronik, hier war eine grosse Bibliothek aufgestellt, mic einem Worte, die Burg der Vintler war zur Zeit der „Musenhof“ Tirols! Unter den späteren Besitzern treffen wir die Namen der Grafen Brandis, der Grafen von Liechtenstein u. s. w. u. s. w., in der zweiten Hülfto des vorigen Jahrhunderts ward es „Mensalgut“ der Trionter Bischöfe, was es bis zu der That des Wiener Reichsraths vom Jahre 1874 blieb, der dessen Yeräusserung beschloss. Der letzte Ritter „Kaiser Maximilian I.“ hatte zwischen 1504 und 1508 — wie wir in seinem „Memoirenbuche“ lesen— „das Sloss Runkelstein mit dem gemel lassen zu vernewen von wegen der guten alten Istory und dieselben Istory in schrift zu wegen bringen.“ Seitdem aber, also durch mehr denn vierthalbhun-dert Jahren, geschah nicht nur nichts zur Erneuerung, ja es geschah nicht einmal etwas zur blossen Erhaltung, ja mehr noch, man wusste es nicht zu verhüten, dass 1868 zur Herstellung der neuen Sarnthaler Strasse ganz gegen alle Vorschriften der Bautechnik Sprengungen knapp am Pusse des Borges in einer Weise vorgenommen wurden, welche naturnothwendig den Einsturz der unmittelbar oberhalb des Sprengobjectes situirten Burgpartie zur Folge haben mussten — eine ganze Wand des Festsaales stürzte zur Tiefe und damit ein gut Theil der herrlichsten Fresken. Treten wir in das Innere des Schlosses! Da finden wir im weitgedehuton Ilofraum auf den Brombeerhecken Epheu und andere Pflanzen in üppigem und wildem Wechsel grünen, sich an den Ruinen und dem zu Haufen liegenden Schutt hinranken und ihn zum Theil bedecken, ein fröhliches Sonntagsleben einer lustigen Volksmenge, Bürger aus Bozen und Fremde mit Kind und Kegel, die in mehr minder lustigem Gelage theils auf dem Rasen ringsum, theils in den riesigen, dunkellauschigen und kühlen Fensternischen oder aber drinnen in den alten Sälen und Stuben des besterhaltenen Theiles der Burg den Tag der Ruhe verbringen. Auch wir folgten später diesem Beispiele und „Im Rittersaale am hohen Kamin Sass lang ich in Sinnen versunken Und habe im feurigen Wein von Tramiu Des Vintlers Gedftchtniss getrunken.“ Vorerst aber machen wir uns, nur ein „Stehseitel“ Rothwein hinabstürzend, in ein hastiges Beschauen all des Schönen, das trotz Unbill der Zeiten und Unkenntnis und Indolenz der Menschen noch sich erhalten. Nach flüchtigem Besuche der zur Rechten vom Eintritte in den Hofraum gelegenen hohen, zerklüfteten und hohlen Mauern der Kaiserzimmer, die nur noch schwache Spuren ehemaliger Pracht an sich tragen, gucken wir in die fast gänzlich zerstörte Kapelle, in welcher Christus gemalt ist, in einer Wanne liegend und aus seinen Wunden fliesst durch Seitenröhrchen der Wanne sein Blut ab zur Heilung der rings um dieselbe herum gruppirten Bresthaften, Lahmen, Blinden u. s. w. u. s. w. Wir eilen von diesem Denkmal mittelalterlichen Glaubens hinweg zum westlichen Theilo der Burg, der jetzt als Restauration dient, und in dessen einzelnen Etagen in alten Tagen Rittersäle und „Frauenzimmer“, das Bad und andere Gelasse vertheilt waren; noch sieht man da Wandgemälde, die uns das Ballwerfen der berühmten Margarethe Maultasche mit ihrem ersten untüchtigen Gemahl Heinrich von Böhmen, einen höfischen Tanz, Treib- und Hochjagden versinnlichen und für die Costumekunde des Mittelalters viel Ausbeute gewähren. Doch es treibt uns, trotz des vielen Interesses, das wir hier schon gefunden, gar mächtig hinaus nach jenem Theile, der uns gleich beim Betreten des Hofraumes von Norden her grüsste, zum offenen Gange hin, an dessen freskenbedeckter Wand die Thüren in den Prunksaal führen. Diese Fresken, sie bieten uns schon einen Vorgeschmack dessen, was wir drinnen im Saale selbst zu schauen bekommen. Hier aussen hin hat des Vintler’s Geheiss die damals so beliebten Triaden malen lassen. Wir sehen da der Reihe nach : Ilektor, Alexander M., Julius Caesar, dann Josue, David und Judas, dann die drei besten christlichen Könige, den sagengefeierten Artus, Karl M. und Gottfried von Bouillon, weiters die drei besten Ritter Parcival, Gowan und Iwein, von dem bekanntlich TIartmann von Aue sang: Und kehrte unser Here Gott Allen seinen Fleiss daran Nimmer schuf er einen werthern Mann. Es folgt eine Dreizahl der „edelsten Liebespaare“, Herzog Wilhelm von Oesterreich mit seiner Geliebten Aglei, Tristan und Isolde, Wilhelm von Orleans und die ihn umarmende Amlei, hierauf eine Gruppe der „drei besten Schwerter“, Dietrich von Bern mit dem Schicksalsschwert Sachs, Siegfried mit dem Balamung und Dietleib von Steyer mit dem Wolsung, weiters die „drei stärksten Riesen“, Asperan der „Teufelsmann“, König Otnit, von dessen Schwerte es heisst: Es ist geziert mit Golde und lauter wie ein Glas Ich schuf’s in einem Berge, der heisset Kaukasus und Struthahn, „dem,“ nach einem alten Liede, „die wilden Preussen bis an’s Meer sind unterthan.“ Mit der Aufschrift: „Ynder allen Ungeheuern mag man sie für die ungeheurigsten schreiben,“ schliessen drei Riesenweiber diese Triaden, die erste ist Hilde mit dem Schwert Nagelring, ihr Mann Grimm konnte es mit zwölf Männern aufnohmen, dennoch übertraf ihn sein Weib an Stärke, beide aber wurden von Dietrich von Bern erschlagen, die zweite ist Yodelgart, die, als sie durch den Wald eilte, alle Bäume niederbrechen machte, die dritte ist Ranhin. Oberhalb der Thüro, am Ende des Söllers, sind ausserdem noch drei gekrönte Reiter dargestellt, und zwar auf einem weissen Hirschen König Artus, rechts Gowan, links Iwein. Wir treten durch das mit Vintler’s Wappen geschmückte Thor in den Saal: „Tristan und Isolde“, wo der von unten herauf gestützte Boden beim leisesten Betreten gewaltig sich schwingt, das gerade Fortschreiten in die Mitte hin nicht zulassend und die Vorsicht gebietend, knapp an den noch erhaltenen Wandresten hinzutappen, um so von unten hinauf die Bilder zu besehen, die „Grau in Grau“ den Saal entlang zu schauen sind Tristan und Isolde auf weitem Meer Isolde und Tristan im Walde — Brangäne lächelt — betrüblich sehr Steht König Marke der Alte . . . Da sehen wir den Zweikampf Tristan’s mit Morolt, den verwundeten Tristan, der die heilkundige Isolde aufsucht, Tristan als Brautwerber für seinen Oheim Marke, dann im Kampfe mit dem Drachen und die Pflege, die er von Isolden’s Hand empfangt, Tristan und Isolde auf der Fahrt nach Kurewal zum alten Bräutigam und die verhängnissvolle Wirkung des von Brangäne so übel gehüteten Liebestrankes. Köstlich und mit aller Naivetät mittelalterlicher Darstellungsgabe ist die Scene zu Gesicht gebracht, wie Marke der Alte und der Zwerg Molot die Liebenden von einem Baume herab belauschen, und nicht minder drastisch und zugleich derb natürlich ist die Ausführung jener Proben, die Moriodo und Molot auf Marke’s Befehl Tristan und Isolden gestellt, da sie in Isolden’s Schlafgemache Mehl aufstreuten, um Tristan’s Fusstapfen zu erhalten, welche Mehlstreu der „kühne“ Tristan aber mit einem beherzten Sprung übersetzte, wobei ihm die Ader borst. Wir schaudern über die „Ordalie“ mit dem glühenden Eisen, die Isolde nach Marke’s Entscheidung bestehen musste, und auch bestand; Tristan trug sie als „Waller“ (Pilger) verkleidet durch die Pluth und sie schwor dann, dass sie in Niemands Armen gelegen, als in denen Marke’s und des „Wallers“. Tristan lernt schliesslich Isolde Weisshand kennen, deren Namen ihn schon allein entzückt, und er verliebt sich in sie. Damit schliesst bekanntlich des Gottfried von Strassburg Gedicht. Simrock erzählt uns das Endo der Sago! Tristan’s Wunde brach wieder auf, und er sandte um die Königin Isolde, damit sie ihn heile. Das Schilf, das sie zu bringen hatte, sollte weisse oder schwarze Segel führen, je nachdem es sic trüge oder nicht. Isolde Woisshand täuschte den Tristan, als das Schiff in Sicht kam, und sagte, cs führe schwarzo Segel. Darüber brach dem Tristan das Herz, und Königin Isolde, als sie eintrat, sank sterbend an sein Lager hin. Man legte Beide in ein Grab, aus Tristan’s Grabe wuchs eine Weinrebe, aus dem Isolden’s ein Rosenstrauch, und Rebe und Rose wuchsen immer höher und schlangen sich schliesslich ineinander. Wir stehen, Sage und Lied lebendig vor unserem geistigen Auge vorbeiführend, und damit die Fresken vor uns commentirend — freilich auch, wo die abgestürzte Nordwand sie barbarisch unterbricht, gezwungen sie zu ergänzen — vor diesen Bildern, die eine Lebendig- ▼. Radios, „Quellenstudien*4. 14 keit in der Composition und eine Charakteristik in der Zeichnung bieten, wie man sie aus den Tagen ihrer Entstehung kaum irgendwo besser und vollendeter antreffen mag. Nachdem wir noch einen Blick in den Nebensaal mit den weniger werthvollen Gemälden zu des Pleiers Gedichte „Garol vom blühenden Thal“ und in die Säulenhalle mit den Kaiserbildern gethan, treten wir hinaus in den freien Hofraum zu den Menschenkindern von heute, die da in Freude und Fröhlichkeit ihr „Osterfest“ feiern, um dann im Rittersaale den Manen der Yintler die versprochene Libation zu weihen. Und heimkehrend auf dem engen Pfad des Talferthales und rückschauend auf das culturgeschichtlich so vielfach merkwürdige Denkmal recitirte ich Scheffel’s: „Wer immer iu’s sonnige Etschland fährt Halt’ Einkehr in diesen Räumen Und ist ihm eine Isolde besclieert Mag er von ihr hier träumen.“ Und das schöne muntere Wiener Kind neben mir, die Braut eines Andern, sie erinnerte mich ein Jahr später, da sie schon Frau und wieder an meiner Seite von einer Burg im Norden Oesterreichs auf einen breiten Strom und auf eine vielthürmige Stadt niederschaute, an unsern Besuch auf Runkelstein, und lispelte wieder unsern „Freund Scheffel“ citirend: „Noch heute freut’s mich, o Runkelstein, Dass einstmals zu guter Stunden In der Talfer felsenges Thal hinein Zu Dir den Weg ich gefunden.“ „Dem Andenken Walther’s von der Vogelweide.“ „— — — — — und blte si nihtes mer mtrz dnz 8i mich grüezen schone.“ Der genialste, phantasievollste und in der poetischen Gestaltung gewandteste Herold der Minne, wie Rudolf Menzel in seinem trefflichen Buche über „das Leben Walther’s von der Vogelweide“ „diesen berühmtesten Tiroler“ charakterisirt, hat in seinen unvergleichlich zarten und sinnigen Minneliedern des ganzen weiblichen Geschlechtes, insbesondere aber der deutschen Frauen, die „bezzer sint danne ander frowen“ Lob und Preis gesungen und sich dafür keinen andern Lohn erbeten, als dass die „Hehren“ ihn freundlich grüssen mögen. Und einen recht freundlichen Gruss haben dem Herrn Walther von der Vogelweide jetzt, da gelehrte deutsche Männer und gründliche Forscher in deutscher Art und Sitte seine Heimstätte im schönen Lande Tirol entdeckt haben, die Frauen, die deutschen Frauen und zunächst die Frauen Tirols entboten und sein Andenken hochgeehrt, indem sie zahlreich aus Nah und Fern hinaufpilgerten zum reizend gelegenen Vogelweid eh of am Layener Ried, unweit der altberühmten Handelsstadt Bozen. War das ein herrliches Fest, das sich da am 3. October 1874 auf grünendem Bergeshang inmitten segenvoller Weingelände unter dem schattigen Dache echter Riesenkastanien in frischem, freiem Gebirgsodem abspielte zu Ehren, zum Andenken an den grössten Lyriker der ersten Blütlie-Epoche deutscher Dichtung. Welch buntes Bild bot der schier unabsehbare Zug von Festtheilnehmern, der sich am frühen Morgen des genannten Tages von der Brennerbahnstation Waidbruck unter dem von der Trostburg Oswald’s von Wolkenstein gekrönten Waldberge, auf der in’s Thal der Grödener Bildschnitzer führenden Strasse nach dem Layener Riede hinbewegte. Vorauf dem Zuge wehte der Bozcner Turnerschaft deutsches Banner, den waokern Männern von Bozens Frauen gespendet und vom „schmucke-sten Junker“ mit Kraft und Ausdauer bis zur Fest-stätto hinaufgetragen und da erst vor Walther’s Geburtshaus gesenkt. Und paarweise folgten die frohge-mutheten Festgäste, je ein Männlein und ein Weiblein, Arm in Arm, denn alsbald ging’s ziemlich steil empor und „tiusche man sint wol gezogen“ und wissen, was sich schickt und gebührt. Bozens und der „frommen Bischofsstadt“ Bri-xen schönste Frauen und Fräulein waren da erschienen, die Feier mit ihrer Anwesenheit zu verschönen, — „diu reinen, diu lieben, diu guoten“ und auch gar manche „maget wol getan“, wie Walthor in der „Tanzweise“ sein Landmädchen nannte, war hier in vollem Sonntagsstaate anwesend, umgeben von den Ihrigen, Vater, Mutter, Brüdern, Schwestern, Alt und Jung, Gross und Klein, die Allo sich gar festtäglich herausgeputzt, um — die Tiroler Bauern halten fest zusammen — des heutigen bäuerlichen Besitzers vom Vogelweidehof schönsten „Ehrentag“ mitzufeiern, da dessen Hause so urplötzlich und ungeahnt so viel Ruhm und Ehr widerfahren sei und soviel „Herrn“ auf einem Fleck der Layener Ried seit Anbeginn der Schöpfung nicht beisammen gesehen. Wie neugierig und wie klug schauten die Landdirnen drein, als der singende und jubelnde Chor der Gäste vom Thale zu ihnen herauf und an ihnen vorüberzog; und halb galt der frischen Mädchen Blick den jungen Stadtherren, die in elastischem Turnerschritt den stark ansteigenden Pfad hinaneilten, und halb den feinen, zarten Damen, die munter an ihrer Seite dahinwandelten, wie auf dem Parquet des Tanzsaales drunten in den „Casinos“ der Städte, und deren modern-praktische Toiletten zu Bergpartien, leicht geschürzt und die kleinen Füsschen weisend, den Neid der Landschönen in nicht geringem Masse herausforderten. Zur Versöhnung reichten wir da und dort den Kindern der Alpe die Hand zur freundlichen Begrüs-sung, die Dame am Arme daran erinnernd, dass Wal-ther’s Grüsse ja auch allen Frauen gegolten — Hoch und Nieder! So mancher „tiusche man“ im Zuge vor uns und hinter uns that’s ebenso, und so Mancher, dessen „frowe“ trotz dieser Beschwichtigung noch zu grollen Miene machte, begrüsste doppelt freudig das kleine bescheidene Bauernhaus, das Ziel der Fahrt, indem er, an der Wand desselben des Spruches unseres Walther gewrahr werdend : „Minne ist zweier herzen wünne: teilent sie geliche, sost diu minne da,“ das holdo Fräulein, die „vil geliebte“ an der Seite, mit vielsagendem Blicke darauf hinweisend, vollends zur Ruhe brachte. Welch Gewimmel war da vor dem niedern Go-höfte, an das sich mit einem Mal an die tausend Besucher herandrängten, und Jeder und Jedes wollte zunächst der festlich geschmückten Front des Häuschens stehen und wollte den in die Mauer gefügten Denkstein sehen, wollte den Worten des gelehrten Festredners Professor Zingerle lauschen, der so ganz aus echtem biedern Tiroler Herzen zum Herzen des Volkes sprach, wollte hinoilen zu dem „Stammbuche“, das auf schlichtem Bauerntische zu Seiten der Pforte aufgelegt war, damit die Anwesenden ihre Namen zum ewigen Gedächtnis darin einzeichnen konnten, bunt durcheinander, ohne Wahl, ohne Bevorzugung, wie Jeden die Reihe traf. Dies „Stammbuch“ verdient, dass wir ihm einige Worte eigens widmen, denn wer hat es gespendet? — Die „Frauen von Bozen und Brixen!“ Und wie prächtig es aussieht! Der Einband schon — die Frauen legen ja immer auf die äussere Form ein gross Gewicht — er fesselt unsern Blick; da bietet sich der Deckel als ein vollendetes Kunstwerk der Holzschnitzerei; wir sehen in blendend weissem Holze fein geschnitzt inmitten eine Lyra als Symbol des Sängers und ringsum, dies sinnige Mittelbild umrahmend, in gewählter Allegorie „Vöglein klein“ an üppigen Weintrauben pickend, also Nahrung findend, wofür bekanntlich der Minnesänger im Sterben noch gesorgt, im Klosterliof zu Würzburg, die Stiftung zum Füttern der kleinen Waldessänger hinterlassend, wie denn, nebenbei bemerkt, auch beute ein edler Mann aus Bozen hier auf dem Vogelweidehof eine gleiche Stiftung „zum Andenken an Walther“ eingesetzt hat. Doch lassen wir unser Stammbuch nicht aus den Augen; müssen wir uns ja sputen, da uns in unserer Betrachtung schon wieder ein Festgenosse stört, der ebenfalls seinen Namen darin verewigen will. Der Mann hat mit der Ausdauer und peinlichen Sorgfalt eines mittelalterlichen Klosterbruders seine Handschrift hingemalt und tritt uns wieder den Platz an dem Album ab, dessen Inneres, dessen Widmung wir nun rasch lesen wollen. Nachdem Eingangs des Näheren die Geschichte der Festvorbereitungen erzählt worden, heisst cs gegen den Schluss wörtlich: „Da dachten die minniglichen Frauen und Fräulein von Bozen, der alten Handelsstadt, so an der Tal-fer gelegen, und jene von Brixen: „Herr Walter hat von uns Frauen und Maiden gar lustsam gesungen, es ist billig und recht, dass wir ihm dankend einen Ehrensold reichen.“ — Das haben die lobsamen Frauen auch geworben und haben dies schöne Buch alliier zum Feste gebracht, auf dass es hier auf der Vogelweide als kostbares Kleinod bleibe, so lange Fels und Eiche steht. Die wohledlen Frauen von Bozen und Brixen thaten damit offenbar, dass sie wahre Kunst und Lust gar wohl zu schätzen wüssten, wie schon zu desselben Wal-thcr’s Zeiten, als der edle Herr Ulrich von Lichtenstein so an der Merre bei Brixen verwundet worden anno 1225 nach Bozen kam und ihm auch eine Frau ein Büchlein zur Kurzweil sandte. Da musste er ihr danken und so danken wir auch den wonniglichen Frauen und Jungfräulein von Bozen ihres Buches halber. Dies Buch ist aber von den Frauen hierher gestiftet worden am dritten Tage Octobris anno Domini 1874, da man Walther’s Gedächtniss feierlich beging. Dessen sind Gezcugen.“ — Nun folgen die Unterschriften, und eino der ersten ist die der Witwe des gemüth-vollen vaterländischen Dichters Hermann von Gilm, die dem Feste beiwohnte, das Herz getheilt in Lust und Schmerz, denn neben Walther’s Namen wurde Tag-über wiederholt der Name ihres den Seinen unvergesslichen, leider zu früh dahingegangenen Gatten mit aller Liebe und Begeisterung genannt. Dies schöne Buch wird eine bleibende Zierde des Vogelweidehofes sein und wird Jahr um Jahr — denn die Stätte wird nun ein Wallfahrtsort für alle Verehrer Walther’s werden — neue berühmte Namen in sich aufnehmen; schade, dass die Germanisten-Versammlung von Innsbruck mehrere Tage früher schloss, als das Fest stattfindon konnte; wie viele Namen, die im Reiche der deutschen Wissenschaft ruhmglänzend dastehen, wären mit einem Male den Blättern des Stammbuches einverleibt worden, darunter wohl auch der Name meines einstigen Lehrers Woin ho 1 d, den die deutschen Frauen für sein herrliches Buch: „Die deutschen Frauen im Mittelalter“ nicht minder „schöne gruozen“ mögen, als Herrn Walther von der Vogel weide! Inzwischen, da wir uns das Stammbuch so genau besehen, hat Prof. Zingerle seine Festrede begonnen und darin u. A. auch der Frauen, der edlen Förderinnen des Festes, in der anerkennendsten Weise gedacht. Rauschender Beifall begleitete namentlich diesen Passus seiner gediegen gelehrten und doch zugleich allgemein verständlichen und Alles begeisternden Ansprache. Die Hülle des Denksteins lüftet sich und die Inschrift wird sichtbar. „Dem Andenken Walther’s von der Vogelweide“, so lautet der einfache, sinnige Spruch, und darunter liest man weiter die schönen Verse H. v. Trimberg’s: „Her Walther von der Vogelweide Swer der. vergaeze tat mir leide.“ Da fällt der brave Brixener Männerchor mit dem unvergleichlich schönen Liede Walther’s: „Deutschlands Lob“ ein, das Meister Herbe ck eigens zu dem Feste in Musik gesetzt, wie auch das nächste Lied, das folgt: Walther’s „Maienlust“. „Ei, wer war nicht froh?“ — so klingt’s aus diesem gar mächtig und prächtig heraus und findet in unserer augenblicklichen Stimmung ein so vielfaches Echo, wie die Böllerschüsse, die, in den allgemeinen Jubel sich mischend, von den Bergeswänden ringsum, aus den Thälern heraus an die Dutzend Male zurückkommen. Unter den lustigsten Weisen der Grödener und Brixener Musik ging’s nun, nachdem man im Vogelweidehofe beim 85jährigen Bauer Schrott, dem heutigen Besitzer, eine kleine Labung von köstlichen Trauben, Zwetschken, Aepfeln (wer kennt nicht das Aroma der Tiroler-Aepfel?) und schwarzem Wein „vom Tramin“ zu sich genommen, hinab auf halbe Höhe, wo das alte Katharinenkirchlein steht und wo der bekannte Münchner Dichter Dr. Johannes Schrott die zweite Festrede „über Walther’s Bedeutung und sittigenden Einfluss auch für die Gegenwart“ zu halten hatte und hielt. Diese Rede hat die Augsburger Allgemeine Zeitung dem Wortlaute nach (und zwar schon Tags darauf, am 4. October) gebracht. Viel Beifall fand daraus bei den versammelten Frauen die Stelle von Walther’s Anschauung über die Rinderzucht. „Tief in die Seele des Kindes,“ sagte Redner, „muss der Mann geblickt haben, der jenes unvergleichliche Lied: „Nieman kan mit gerten Kindeszucht bohertcn“ gedichtet hat, in welchem die reizendste Naivetät hinter der grössten Kunstfertigkeit verborgen ist. Man muss diesen Spruch selbst von lächelndem Kindermunde gehört haben, um zu bemerken, wie sehr hier Walther den Ton der Kinder getroffen hat, die sich selber so gern in liebenswürdiger Selbstironie die Wahrheit sagen.“ Nach den Worten Schrott’s, ja wohl auch schon während derselben, da die sonore Stimme des Redners weithin vernehmbar war, hatte sich am grünenden Wiesenhange und auf dem terrassenförmigen Mauorwerke der Weinberge die Zuhörerschaft in malerischen Gruppen volksfestähnlich gelagert, und während das Ohr am Sprecher hing und das Auge in die paradiesisch schöne Landschaft ringsum, nach der Trostburg unten, gen Yelthurns über, oder hinauf gen Silben schweifte, da war auch der Mund geschäftig, getreu dem alten Wahr-worte : Wenn Aug’ und Ohr sich thun erlabeu, Der Mund für sich will auch was haben — und als der begeisterte Verehrer Walther’s seine Lobrede auf den Gefeierten schloss, da streckten die hocherhobenen Rechten von Männern und minnigliclien Frauen die wohlgefüllten Gläser des improvisirten Jausentrunkes ihm entgegen und war dies der erste Toast auf freier, lichter Bergeshöhe, dem Andenken Walther’s von der Vogelweide nach guter alter deutscher Sitte in offener Volksversammlung dargebracht; und die Bauern und Bäuerinnen, sie stimmten mit ein in die Hochrufe und schwenkten die Hüte und Tücher und die Musikbanden spielten das „deutsche Lied“. Es ward stiller .... Von unten herauf hörte man ein Wasser rauschen, dasselbe das einst Walther gehört, und bald sah man nichts mehr von den Gehöften, denn die „Abfahrt“ über das Mittelgebirge ward eben „angetreten“, nichts Anderes auf lange, lange hin als „velt, walt, laup, ror unde gras.“ An ein paar Stunden ging’s jetzt über Stock und Stein einen jener merkwürdigen gepflasterten Abstiege der Tiroler Berge hinunter nach dem gastlichen Klausen, wo unser das Mittagsbrod harrte. Trotz strömenden Regens, der an der Brücke in Klausen die Pestgenossen überraschte, lauschten wir hier doch gerne dem humorvollen Empfange, den der bayerische Tiroler oder tirolische Bayer (Beides gleich recht) Ludwig Steub uns hier bereitete, und enthusiastische Zurufe fand die Pointe seines Speech, in der er die liebwerthen Gäste einlud, von der „Vogelweide“ zur „Schnab el w eid e“ überzugehen. ln raschestem Tempo drängte man nun unter Musik und Böllerschallen durch die engen Strassen der uralten Stadt — dem Sabiona der Römer — und freudig regten sich die Herzen beim Anblick des „weis-sen Lammes“. Und gar erst, da man die Devise über dem Thore las: „Hier ist derWünnc vil“ und den freundlichen Wirth in der Hausflur gastlich winkend erblickte, und neben ihm das holde Töchterlein mit vierzehn Sommern, die in italischer Luft zeitig erblühte deutsche Jungfrau, der, als sie die frohgemutheten Turner und Sänger anrücken sah, die „wangen wurden rot same diu röse, da si hi der liljen stät!'1 Im „weiten Saale“, dreigetheilt und mit kernigen Sprüchen Walther’s: „ezzet liuener und trinket win“, „er hat nicht wol getrunken, der sich übertrinket“ u. s. w. geschmückt, nimmt uns die festliche Tafel in ihre Mitte auf. Nun beginnt die Prosa, und selbst die Frauen und „Maidlein“, die bisher nur in Citaten aus Walther’s Minneliedern geschwelgt, sie folgen dem Beispiele der Männer und lassen vorläufig jede andere Betrachtung als die von Speis’ und Trank bei Seite. Erst nachdem daran Genüge gethan, kommt der Rede Fluth von Neuem und gar bald ist auch wieder „diu minne da“; Prof. Zingerle bringt „ihr“, „die selbst Walthern bezwungen“, ein Hoch, dasselbe Hoch auch allen anwesenden Frauen und Fräulein. Den Dank der „frowen“ bringt Bürgermeister Fischer von Augsburg, dem Steub’s blondgelocktes Töchterlein (heute seine Frau) die trefflichste Illustration zu Walther’s Spruch, dass in deutschen Landen „rechte als engel sint diu wip getan“, zur Seite sass. Und der „vielgewiegte Parlamentarier“, er sprach als der Frauen Dank an die Männer im Sinne des — „Politikers“ Walther von Deutschlands Grösse und Herrlichkeit! Und dann Rede auf Rede, Toast auf Toast, Musik und „Männergesang“ und schliesslich Schnadahüpfel’n und Tanz, plötzlich aber der schrille Pfiff der Locomo-tiven, welche die Festgäste, in zwei Lager getrennt, von Nord und Süd, die Eisack hinauf und hinunter, nach Bozen und Innsbruck entführten; für uns noch ein kleines Symposion in der wackorn Frau Ivräutner anheimelnder Bierhalle in Bozen und dann eine wohlige Ruhestätte in der Bel-Etago des „Hotel Kräutner“! „D6 ich so wünnecliche was in troume riche (16 taget ez und muos ich wachen!“ Das Fenster geöffnet und der volle lichte Morgen sieht in die Stube herein, und der „Rosengarten“ und der „Schiern“, sie haben über Nacht weisse Mützen sich aufs Haupt gesetzt, und die Luft weht kühl, aber die Sonne wärmt bald mit stärkeren Strahlen, und magisch schimmert das bunte Dach der alten Pfarrkirche drüben, — wie wird erst inmitten auf diesem Platze in kurzer Zeit das Erz-Denkmal schimmern und glitzern, das das wackere Pestcomitd heute schon in Gedanken hieher stellt und das Walther den fernsten Geschlechtern zeigen soll, wie jene berühmte Pariser Handschrift ihn weis’t: „Ich saz ftf eime steine und dahte hein mit beine dar \T A W ATI» A und Pojana-Negri in der Bukowina von Dr. Carl 24. lA/lUl A" IV 1 11A Denarowski, k. k. Bezirks- und Strafhausarzt in Czernowitz. 1868. 50 kr. — 1 M. ÜD\TC!TV\D1A Curort in Oestorr.-Schlesien von Dr. M. Kaufmann. 1877. so. EI iJN bl Am r, so kr. - 60 pj. nn \ V7 [Ttvru I> \ T 1 hei Eger, sein Klima und seine Heilmittel. Nach 36. X' IalVIN/jDjIN iNIjIVX/ Beobachtungen und Erfahrungen von Dr. l’aul Car-- tellieri. 1870. 80 kr. — 1 M. 60 IJ. rin A \Tr/h'\TQTl ATI und seine Heilmittel in den Krankheiten des Weibes. 38. I J X/V IN/J1J IN I.J .A i / |,-ur uebildeto Frauen von Dr. Leopold Fellner. 1871. lfl.-2M. IA -\T7T7\TQU A I V Bes eaux et les hains de hone minörale de Franzens-47. I- HAli /illli iJllAll. bad et lenr action dans les maladies des femmes par le Dr. Leopold Fellner, Mfsdecin des eaux de Franzensbad. 1872. lfl. — 2 M. ijAi) ,A ]\T7 l^NJkJ IT A TI neue Stahlquelle in historischer, physilcalisch-45. r I t A. IN h I j IN * ' I A Z\ 1 '. ehemisclier und therapeutischer Beziehung von Dr. Paul Cartollinri. 1872. 30 kr. — 60 Pf. i.AI) A \T7 IPMVJIT A I 1 Die Heilmittel von Franzensbad mit besonderer Be-60. I- XXiVlN /J CllN D DAX /. njeksiohtigung ihrer Wirksamkeit in chronischen Frauenkrankheiten von Dr. Carl Klein, Brunnenarzt in Franzensbad. 1874. 60 kr. — 1 M. 20 Pf. LUTTi j.vi \ am Plattensee (Balaton-Fiired) in historischer, physikalisob-eheinischer, 19. I UXXljXX medicinischer, ökonomischer und socialer Beziehung. Für Aerzte und Curbediirftige von Dr. Heinr. Mangold, prakt. Curarzt in Fiirod. Dritte Aulluge. 1878. 80 kr. — 1 M. 60 PJ. C Erfahrungen und Studien von Dr. Gustav Prüll, prakt. Arzt 5. UAu 1 lrllN. in Bad Gastein und Nizza. Dritte Auflage. Mit einer Ansicht, einem Plane und einem Kärtchen der Koise-Kotrt.cn. 1881. 1 Jl. 50 kr. — 3 M. 44. 17. 7 ' A VJT L11 Vf Naelt den neuesten Hilfsquellen bearbeitet von Dr. Em. Bunzel, «Aü I DUN. Badearzt, in Gastein. Dritte Auflage. 1880. Iß. — 2 M. i i ■ i.ui 11 | Id \T I> JA l)t d und seine Umgebungen. Ein Führer für Curgäste von U D1VRA 1 1NJN DDIXU I)r. W. W. Priiäil. 1865. 2/80 kr. - - 4 M.MPf. Nr. 34. j I?TPTJT?\Tm Steiermark, sein Klima und seine Quellen. U 1 j 1 j I \J 11 XblAl DlillU Balneologische Skizze, zur Anleitung für Cureäste von Dr. Josef Haus von Hausen, dirigirender Brunnenarzt in Gleichenberg. Zweite Auflage. 1875. Ifl.— 2 M. (11 |p H 11 I l?\rRFPI i Ueber Curorte und Curmittel im Allgemeinen und 98. UHL H 1 11 jli I ) 1JI . specioll über Gleichenberg. Balneologische Skizzen von Dr. A. I v ä n d i, Badearzt in G leichenberg. 1880. 1 fl. — 2 M. (1 P X P P\TRPl?fi! Beschreibung der Heilanstalt und ihrer Umgehung, 53. UliiVI Bill 1) H 11V<. liebst einer Anleitung für don dortigen Curgebraucli von Dr. C. Kutschera. Mit 2 Karten. 1873. Iß. — 2 M. Von Dr. Carl Anjel, Curarzt an der Gräfenberger GRAFENBERC HAL X. von ur. i.;ari Anjel, uurarzt an aer ur; Wasserheilanstalt. Zweite Auflage. 1878. 60 kr. — 1 M. 20 Pf. | in Ober-Oesterreich. Aerztliche Beobachtungen und Erfahrungen von Dr. J. Rabl, kais. Rath, Landes-Badearzt, k. k. Bezirksarzt, ord. Arzt in Hall. Zweite Auflage. Mit einer Karte. 1879. 80 kr. — 1 M. 60 Pf. HAI J i-LES-BAINS ^?au^ukrielie. Bar leDocteur J. Rabl, möde- cin-inspectour. 1878. 40 kr. — 80 Pf. II a I | in Ober-Oesterreich. Fremdenführer von Carl Richter. Mit einer Skizze 25. H/lLlJ der von Hall aus sichtbaren Gebirgsgruppen. 1868. 50 kr. — 1 M. TATJA\T\TTQn ATA im Riesengebirge, in topographischer, geschichtlicher 99. "lliVlN li iijDaly und medicmischer Beziehung von Dr. B. Bauer, Curarzt in Johannisbad. Mit einer Karte. 1880. Iß. — 2 M. [üpn I sous le rapport medical, topographique et pittoresque par le Dr. Jos. 4. lOvIllJ Pollak. Kouveile öditiou. Avec une carte. 1862. 1 fl. 50 kr. — 3 M. n. ISCHL ISCHLses onv*rons par 95. 30. und Umgebung von Dr. Heinr. Kaan, kais. Rath, Curarzt in Ischl. Dritte vermehrte und vorbesserte Auflage. 1875. 60 kr. — 1 M. 20 Pf. Dr. Henri Kaan, conseiller imperial. 1879. 80 kr. — 1 M. 60 P/\ T7 * I Sauerbrunnen zu Grosssulz in Steiermark in «1er Uni' iVniJOi/Ultr Jjlli gebung von Graz. Historisch-topographisch beschrieben von Josef Karnor. 1873. 40 kr, — 80 Pf. \ I rpL^M |> I >| TXTXr m Rainfarn nächst Vöslau bei Wien. Eine.hydria-IV 1J .1 Pj li 1) I i lJ UN 1a tische Skizze von Dr. Sigmund F r i e d m a n n, Arzt in Vöslau. 1864. 30 kr. — 60 Pf. J7 A I rpiBXTI PITMVlPirPM und meine Wasserheil-Anstalt, nebst einem 1\ /V IJ 1 XjiN lJ I J U 1UIH)1 HM statistischen Berichte über die in den Jahren 1865—1868 daselbst und im Kaiserbade in Wien behandelten Kmnken und erzielten Erfolge von Dr. Wilhelm Winternitz, Docent für Wasserheilkunde an der Wiener Universität. 1869. 80 kr. — 1 M. 60 Pf. in Oestorreichisch-Schlesien von Dr. Ignaz Steinschneider, Badearzt daselbst. 1875. 40 kr. — 80 Pf. bei Pocatek in Böhmen von Carl Bach-mann. 1872. 30 kr. —- 60 Pf. r l\ Ö\TI( \ l^T dessen Stahlquellen und übrige Heilpotenzen, geschil- 51. IVUli IUI' \\ iVlbl5 dort in topograpbisohor, physikalisch-chemischer, inodi-einisch-therapeutischor und geschichtlicher Beziehung von Dr. A. Kohn. 1873. 1 fl. 20 kr. — 2 M. 40 Ff. ir/ ll^YTNTPA Der Karpathen-Curort Korytnica mit besonderer Berück - 75. IvV/Ii .I 1 IM sichtigung der Interessen des Cur-Publicums dargestellt von Dr. G. Vrogel, dirig. Badearzt. 1876. 80 kr. 1 M. 60 Pf. Ir I > V 1)1 \T V rp/\T>f VVT/ Mineralbad in Croatien von Dr. Anton Rak, 73. I\ lw\ I l.lMlY.” I v/X Dl I /J9 Badearzt daselbst. 1876. 70 kr. I MAO Pf. Die Wasserheilanstalt Kreuzen bei Grein an der Donau in der Sommersaison 1872 von Dr. F. Krischke. 1873. 50 kr. — 1 M. 43. KARLSBRUNN ST. K AT H AI MN EN BAD 51. KREUZ KN. JfO]?TT71?Xr Wasserheil-Anstalt in Ober-Oesterreich, von T)r. Felix Urba-Gj. IVIilJl achek, leitender Arzt der Anstalt. Mit einem Anhänge: Die Burgeu und Schlösser der Umgebung von Kreuzen. 1875. 70 kr, — 1 AL 40 Pf. 1/ I?YNT( i V *n ^a^z’ün und soino Entwickelungsperiode irn letzten Decennium 23. I\ li L Vi \ \ i\ von i)r Michael Zieleniowsky, k. k. Brunnenarzt in Kryniea. 1868. 40 kr, — 80 Pf. T \ i*n Trientinischen und Bericht über die Badosaison des Jahres 1872 Sl. XjIj V L\J\ ' von l)r. Joseph Pachor. 1873. 50 kr. — 1 AL I I pT ]/" Das Jodbad Lipik und seine warme Quelle, von Dr. Heinrich Kern, oj. lJil 11\. Badearzt in Lipik. Zweite Auflage. 1881. 70 kr.— 1 AL 40 Pf, 1 IT1I Arl1(4Pi rnWlT7 Curort in Mahren, seino Trink-, Bado- und IjU I lxV 1 O VJ IT v / YY 1 1 Molkenanstalten, in historischer, topographischer, chemischer und therapeutischer Hinsicht dargoatellt von Dr. Küchler. 1875. 00 kr. — 1 AL 20 Pf. M A RiFNR AT) ^imGn topographischer, historischer, physikalisch-lualil 1 lAIWJ chemischer Hinsicht und seine physiologischen und therapeutischen Wirkungen von I)r. E. II. Kisch, Medicinalrath. 1870. 1 fl. 50 Ar. — 3 AL. 1YT V PTI?\TR \ 7 \ its mineral wators and baths by Leop. Herzig, M. D. IVliiUirjLM L)ii.U, Third edition. 1873. 60 kr. 60 M \ TTTP R A I \ in Oberösterreich, geschildert von Dr. i\ X HUI)x\.l/ uud j)p§ Tllt Wiedemann. 1880. 1 AL 20 Pf. C. Staininger 50 kr. — 1 AL als Klimatischer Curort, mit Rücksicht auf dossen Curmittel von Dr. Josef Pi roher, praktischer Arzt und Curvorsteher in Meran. Dritte vermehrte Auflage. 1875. 80 kr. — 1 AL 60 Pf. 2. MERAN l\rT?P V \T Pt® Curmittel von Meran von Dr. Ed. Kuhn, praktischer Arzt in 50. iYirjlWYrN . Meran. 1875. 60 kr. — 1 AL 20 Pf. Tlyffi l Qfll A rivp Seebad in Ober-Kärnten, von Dr. Fritz Pichler, k. k. 91. lHl. 111 JOl iil a.o. Universitäts-Professor in Graz. 1878. 60 kr. — 1 AI.2üPf. AI 1\TQ I TIVT 1\/T A ATA in Italien, die natürliche Dampfgrotte bei, von Dr. M 171M OU1VI1Y12YIN U Ferd. Daubrawa. 1877. 40 kr. — 80 Jf. 81. NFRVI und sein Klima, verglichen mit San Remo, 64. IVljli Y 1 Nizza und Cannes. Eino klimatologische Skizze Ienius in Stuttgart. 1875. 77 NF UDORF ^uror^ ¥jes i“ Böhmen, (Conslantinsbad) und seine Um- Bordighera, Montone, :e von Dr. Moriz Thi-50 kr. — 1 AI. 1 fl. — 2 AL 1 III IIUIIII1CII, ^VUIIOI'IVII 1 5 gebung von Dr. R. J. Dlauhy. 1876. 6. N Fl HAUS, 2)r Max jog gchüler, Badearzt und Director zu Neuhaus. 1862. 50 kr. — 1 AL VTTAI 7 LT A TTQ das landschaftliche Mineralbad bei Cilli von Dr. C. S. Palt.auf, 39. LN 1 J l. 1 lzY l J IO? Badearzt und Director in Neuhaus. 1871. 60 kr. — 1 AL 20 Pf. p A I I ATSJ7 A am maggiore als klimatischer Curort. Beitrag zur 83. X xYl Jl Jrii-N /JlY Klimatologie der oberitalienischen Seen, von Dr. C. Scharrenbroich, praktischer Arzt in rallanza. 1877. 80 kr. — 1 AL 60 Pf. Die indifferente Thormo von Pfäfers Ragaz in der Schweiz. Von Dr. F. Daffner, kön. bayr. io. PFÄFERS-RAGrAZ. Militär-Arzt. Mit 2 Ansichten. 1876. 50 kr 1 AL I>[c i als klimatischer Curort. Für Amte und Heilbedürftige von Dr. Carl 49. jl lkja V Schandein, prakt. Arzt in Kaiserslautern. 1872. 1 jl. 20 kr. — 2 At.\0 J*f. IJ Y I ) \ W A T?rP I I voni Phy»ikal5scll*chemi«cl*en ,,n1IITSCH-SAUERBRUNN, SStSttSÄ!» schaftliclier Brunnenarzt in Rohitseh-Sauerbrunn. Zweite Auflage. 1881. 1 fl. 20 kr. — 2 M. 40 Pf. RÖMFRRAn das steierische Gastein, von Dr. Hermann Mayrhofer, ltUlUultl)nl/j Badearzt in Römerbad. Zweite Auflage. 1881. 70 kr. — 1 M. 4() Pf. D/ vy \T l TT Curort in Mahren. Führer für Curgüste von Dr. Fr. Koblovsky. IV' ’/jL\ Ja 1 l, Mit einer Karte. 1875. 70 kr. — 1 M. 40 Pf. T?nr>\rATTtT'T? Führer- Im Auftrag des Cur-Comitö’s herausgegeben von Dr. ^ kV L IjIV Polansky. Dritte Auflage, vermehrt und verbessert bis auf die neueste Zeit von Jos. Bayor. Mit einer Karte. 1874. 50 kr. — 1 M. •7 K \ 1 7I»[T|>( 1 D;" Heilquellen und Torfbader des Her/ogtlmins Salzburg 7. HU. von Dr. ][. Wallmann, k. k. Oberarzt und Docent an der Universität in Wien. 1862. 2 fl. — 4 M. SANGERBERG bei Marienbad und seine Umgebungen, von Dr. Heinrich Penn. 1877. 60 kr. — 1 M. 20 Pf. 15. 29. SGH WET7ER klimatische Curorte von Dr. Aug. Feierabend, Sanitüts-k.. V II \V 1 Jl/jl jli rath un(j Arzt in Luzern. Neue durch einen Nachtrag vermehrte Ausgabe. 1876. 2 fl. — 4 M. Ol L11)L' VIII ' I)7 ' L'\T Uebersicht der bekanntesten zu Bade- und Trink-U1U UUi> D U It GJjl\ . curanstalten benützten Mineralwasser Siebenbürgens, nach den neuesten geologischen Aufnahmen, chemischen Analysen und amtlichen Erhebungen von Dr. C. Sigmund Ritter von Ilanor, Professor an der k. k. Universität und Primararzt am k. k. allgemeinen Krankenhause in Wien. Zweite durchgehende umgearbeitete Auflage. 1868. lfl, 80 kr. — 3 M. 60 Pf. 1 Kl 1)1 | ( ' 11 |<’ klimatische Curorte. Mit Einschluss der Uebergangsstationen, ■ ' ^ Beobachtungen und Rathschlage aus eigener Anschauung von Dr. Carl Sigmund Ritter von Ilanor, Professor an der k. k. Universität und Primararzt am k. k. allgemeinen Krankenhause in Wien. Dritte umgearbeiteto Auflage. 1875. 3 fl. — 6 M. S/l I \(^S4 michst Neusohl in Ungarn in topographischer, historischer, physi-A ‘ kalisch-chemischer Hinsicht, seine physiologischen und therapeu- tischen Wirkungen. Für Aerzte und Laien, von Dr. Eman. Hasenfeld, Docent an der k. k. Universität in Wien, ord. Badearzt in Szliflcs. Dritte Auflage. Mit 3 Ansichten und 2 lithogr. Tafeln. 1878. 1/. 30 kr. — 2 M. 60 Ff. TAT7M (Tarcsa.) Balneologische Skizze vom geologi- " -I/Jl lxlli k ly IVI . physikalisch-chemischon und therapeu- tischen Standpunkte dargestellt von Dr. Ludwig Thomas. 1870. 50 kr. — 1 AI. ff | Q J [ (Mineralbad und Wasserheilanstalt) im Wurtembor^ischon Schwarz- Wurm, Badearzt, in Teinnch. Vierte urngearfLitete Auflage. Mit 4 Holzschnitten und 1 Karte. 1878. 50 kr. — 1 M. THITT?! VCIAT\ Bade- und Curorte und Sommerfrischen. Im Auftrage 1 tlii UUli O des ärztlichen Vereines von Thüringen und unter Mitwirkung von Professor E. Reichardt in Jena und Medicinalrath Dr. Sturm in f.w».;*,. i—-------------r jn \yejmar> ^eue, durch ejnen 1 fl. 50 kr. — 3 AI. Bad Köstritz herausgegeben von Dr. L. Pfeiffer Nachtrag vermehrte Auflage. Mit 1 Karte. 1875. mADLM I> V T \ der landschaftliche Curort bei Graz in Steiermark von 1L. _L wlJl j 1 j)r. Max Jos. Schüler, Badearzt und Director zu Neuhaus. Zweite Auflage. 1864. 50 kr.— 1 M. TORT?I DA der landschaftliche Curort bei Graz und seine Heilquellen' 3*j. .1 vJi)I jLiDrii/j von ])r Gust. v. Kottowitz. 1870. 80 kr. — 1 jlf. 60 Pf. rp/ iUhM D A T\ der steierische Curort, von Einst und Jetzt, von Dr. Ign. 8.). -1. v/J>I j 1 jDrVly, v Waldhäusl. Mit 4 Holzschnitten und 2 Plänen. 1877. 1//. 20 kr. — 2 M. 40 Pf. riiApi I p|/i Schwofoltherme bei Varasdin in Croatien. Von Br. A. Kakovec, 8. IUI 1 Badearzt. 1863. \ fl. 20 kr. — 2 M 40 Pf. ^88 J()PJ I ^'üera^ftd; in Unterkrain und seine Umgobungon. Von P.v. R a di cs. rpAT)| TUI.A i die Thermal- und Schlammbäder und der Natron-Säuerling in 10. I ' l U MIVV7, fjasinja von l)r. RudolfHinterberger, Badearzt zu Topusko. Mit einer xylographirten Ansicht und einem Plano. 1861. 1 fl. 80 kr. — 3 M. 60 Pf. rn f) l/i \T/1|| [ VT rn DPI 1 rivy I/i D Schwefelthermen in Ungarn. Von Dr. 37. I Iu jIN vlJliN-l IjL lil 1 /JiJlX geb. Ventura, Badearzt, königl. preussischer Sanitätsrath. Viorte Auflage. Mit einer Karto. 1880. 1 fl. — 2 M. T D 1?\TP1-1 I \T riipp i I rPr/ in Ungarn und seine Schwefelthermen, hl. J IiIjA vl 1 ll> 1 Iji XJL 1 /J Besclmobon von Dr. Ed. Nagel, Badearzt daselbst und praktischer Arzt in Wien. Mit 6 Abbildungen und einem Kärtchen. 1874. Ifl. — 2 M. 7 |J ^ ^ J.) ^ ^ eaux ,nin^rfti°H ies pin« fröquentöes de la Hongrio par le Dr. J. Hirschfeld. 1876. 1 fl. 20 kr. — 2 M. 40 Pf. 46. 96. 27. TTp I 7\UO Das krainische Grälenberg. Für curbodürftige gebildete Frauen, > LlilJliO. Alpentouristen, Freunde der Natur und Naturheilkundo von Dr. Ludw. Germonik. Zweite verbesserte Auflage. 1878. VIIINYF 'n ^n£al11' Von Dr. Stof. v. Boioman 1 fl. — 2 M. Comitals-Physikus iu Scheinnitz. Mit einem Situationsplane. 1879. 60 kr. — 1 M. 20 Pf. \TÄQl i i t von Dr. Sigmund Fried mann, Badearzt in Vöslau. Mit einem V UO1JÜ U i‘ianü. 1868. 60 kr. — 1 M. 20 Pf. \T(\U 1 ATT et sos sources thermales par le Dr. Sigm. Fried mann. 1871. V UO JUA U 60 kr. — 1 M. 20 Pf. 21. Allgemeine Curdiätetik. Leitfaden für Heilsuchende von Dr. Heinr. Mangold, praktischer Badearzt in Füred. 1867. Ifl. — 2 M. 26. „Quellenstudien“. Alte und neue Culturbilder von Oesterreichs Alpenbädern und Alpenseen von P. v. Radies. (Unter der Presse.) 40. Anleitung zur Wahl der Curorte. Praktische Rathschläge für Aorzte und Curbedürftige von Dr. Ignaz Meyr, kais. Rath, k. k. Bezirnsarzt in Gmunden. Zweite umgearbeiteto Auflage. Mit einer Karto. 1880. .2/. -- 4 M. 66. Ueber den Gebrauch der Bäder im Kindesalter. Eine hygienische Studie von Dr. Adolf Stössl, Kinderarzt. 1875. %fl- — 4 M. 74. lieber das Wesen klimatischer Curen bei Lungenkranken. Eine Studie von Dr. Josef Schreiber, Docent an der k. k. Universität in Wien, Curarzt in Aussoe und Arco. 1876. 80 kr. 1 M. 60 Pf. 78. Wintercuren an Schwefel-Thermen von Dr. Alex. Reumont, Geheimer Sanitäts-Rath, Arzt in Aachen. 1877. 40 kr. — 80 J). 98. Ueber Curorte und Curmittel im Allgemeinen und speoiell über Gleichenberg. Balneologische Skizzen von Dr. A. Ivttndi, Badoarzt dasolbst. 1880. 1 fl. — 2 M 100. Heilquellen und Curorte Mittel-Europa’s. Wegweiser zu den bekannteren Quellen und Curorten nebst Angabe ihrer Höhenlage, sowie der Temporatur und des Charakters der Quellen. Mit einer Kurte in Farbendruck. 1881. 80 kr. — 1 M. 60 ,/jf*. Balneologische Werke aus dem Vorlage von Wilhelm Braumüller, k. k. Hof- und liniversitätsbocbbändlcr in Wien. Physiologie des Wasserheilverfahrens. Nach dem heutigen Standpunkte der Wissenschaft. Von Dr. Andreas Pleniger Operateur, Primararzt im k. k. TliereHianuin. 8. 1803. Preis: 1 fl. 50 kr. — 3 M. Der Verfasser hat sich in dom vorliegenden Werke die Aufgabe gestellt, die Wirkungen des kalten Wassers auf den menschlichen Organismus physiologisch, dem heutigen Standpunkte der Wissenschaft entsprechend, zu erörtern und die wissenschaftliche Berechtigung des Wasserheilverfahrens dem ärztlichen Publikum klar darzulegen. Kr hat seinen tief in den organischen Stoffwechsel greifenden Einfluss bewiesen, indem er gezeigt hat, wie der Arzt durch einen zweckmässigen Gebrauch die thermischen und electrischen Bewegungen im Organismus beherrschen, neue electrische Ströme und durch diese wieder Wärme erzeugon kann, wie es vorzüglich das Nervensystem ist. dessen Function unter seinem Einflusso geregelt wird. Er hat seine Einwirkung auf die Horzbewegung, Respiration und auf die Vorgänge in den Capillaren, wo die An- und Rückbildung stattfindet, nach zahlreichen fremden und eigenen Untersuchungen klar dargethan und seine Herrschaft über den Stoffwechsel im gesunden und kranken Zustande ins klarste Licht gestellt. Von demselben Vorfasser: Specielle Pathologie und Hydrotherapie. Nach dem heutigen Standpunkte. 8. 1866. Preis: 3 fl. — 6 M. Nachdem der Verfasser durch seine „Physiologie des Wasser heil verfahre ns“ der Anwendung der Wasserheilmethode eine physiologische Basis gesichert, hat er derselben in dem vorstehenden eine wissenschaftlich praktische Richtung gegeben. Während das ersto Werk eine wissenschaftliche Begründung des Wasserheil-verfahrens darstellt, ist dieses die praktische Dacsto 11 ung und Anwendung desselben in den verschiedenen krankhaften Zuständen, wobei die constitutionellen und die No rv en kra n k h oi ton mit oiner besonderen Ausführlichkeit behandelt erscheinen. Es worden zuerst die physiologischen Vorgänge in den verschiedenen Krankheiten erörtert, die zu ihrer Heilung führenden Indicationen aufgestellt, dann die Art und Weise der gewöhnlichen Therapie, endlich die Methodendes Wasserheilverfahrens besprochen, und es wird gezeigt, wie uurch dieso den wissenschaftlichen Anforderungen iu jedem speciellon Falle entsprochen wird. MAN DBUOI L der allgemeinen und speciolleu Heilquellenlehre. Von Dr. Josef Seegen o. ü. Profefttor an