7 7 V 4?/f J- Inaugural*Dissertation y) Liber cancell. Stan. Ciolek, p. 377. *) ibid. p. 388. s) Dlugosch XI, p. 275 f. Dogiel I, p. 542 f. 4) Windecke p. 117. 5) Altmann nr. 4612. a) 1377 Nov. 23. Krones, Die Freien von Saneck II, p. 205 n. 6. Der letzte des Geschlechts, Friedrich, hatte ausserdem noch Hermanns dritten Sohn Ludwig als Sohn und Erben eingesetzt1), Dieser Ludwig starb jedoch früh, und wahrscheinlich Anfang 1418 folgte ihm Graf Friedrich von Ottenburg2). Hermann nahm nun die ortenburgischen Güter in Besitz und erhielt auf seine Bitten von Sigmund die Erlaubnis, sie bis auf weiteres behalten zu dürfen3). (1418 Juni 26.). Auf dem Reichstag zu Breslau erfolgte am 29. Februar und 2. März 1420 die endgültige Übertragung: „Da er Uns und dem heiligen römischen Reich oft und dick köstlich getan hat", verlieh Sigmund die Grafschaft mit allen Herrschaften, Schlössern, Städten etc. dem Grafen Hermann zu rechtem Mannslehen, mit Zustimmung der Kurfürsten 4). Es war dies eine ganz erhebliche Steigerung der Macht und Bedeutung des Geschlechts, ein Gebietszuwachs, welcher die Blicke der Cillier naturgemäss auf noch höhere Ziele lenken musste. Graf Hermann wich jetzt nur noch selten von der Seite seines Schwiegersohnes. Auch in Reichsangelegenheiten leistete er ihm seine Dienste. Im Jahre 1422 versprach Sigmund, gedrängt von den Kurfürsten, einen Reichstag nach Regensburg einzuberufen und ins Reich zu kommen. Die Kurfürsten beriefen jedoch, da sie der Sache nicht recht trauten, einen Reichstag nach Nürnberg. Sigmund zog wirklich ins Reich, und, über das eigenmächtige Vorgehen der Fürsten erzürnt, schickte er den Grafen von Cilli und Nicolaus von Gara nach Nürnberg, die sich beide im Reiche grossen Ansehens erfreuten. Sie trafen am 15. Juli in Nürnberg ein und versuchten die Kurfürsten zu bewegen, nach Regensburg zu kommen, wohin der König den Reichstag berufen ') Cillier Chronik p. 73 cap. 8. Es war also vorgesehen, dass Friedrich, der älteste Sohn, die Grafschaft Cilli, Hermann, der mittlere, die Grafschaft Seger, Ludwig, der jüngste, die Grafschaft Ortenburg erben sollte, s. o. p. 12 f. 2) Krones setzt den Tod des Ortenburgers in das Jahr 1422 (Allg. Dt. Biogr. Cilli, Hermann II) oder 1420 (Die Freien von Saneck p. 209). Das Regest bei Altmann nr. 3287 vom 26. Juni 1418 erwähnt jedoch bereits den Tod des Grafen. ®) Altmann nr. 3287. *) Altmann nr. 4040. Göth, p. 267 nr. 329, Muchar, VII, p. 157. hatte1). Es war vergebens, und Sigmund musste sich schliesslich bequemen, nach Nürnberg zu gehen. Nebenher sei erwähnt, dass der Luxemburger den Grafen zu den wichtigsten Verträgen als Zeugen zuzog, dass er ihm die Entscheidung von Streitigkeiten zwischen ungarischen und österreichischen Untertanen übertrug2). Anfang Dezember 1422 betraute er seinen Schwiegervater zum zweiten Male mit der Banalgewalt über Slavonien, und diesmal blieb Hermann in dieser Würde bis an sein Ende3). Auch das Verhältnis zwischen Sigmund und Barbara ist in dieser Zeit das beste. Barbara war ständig in Sigmunds Begleitung, im Reich sowohl wie im Felde4), und der König spricht mehrfach die Hoffnung auf Nachwuchs aus5). Im März 1424 reiste das Königspaar gemeinsam nach Krakau und wurde von Wladislaus und seiner Gemahlin feierlich empfangen6). Sigmund legte offenbar grossen Wert darauf, am polnischen Hofe stets mit seiner Gemahlin zu erscheinen; er musste ihren Einfluss auf den König nicht gering anschlagen. Bei allen Zusammenkünften (ausser bei der von 1419) war Barbara anwesend. Der Zweck des Besuches, die Hintertreibung der geplanten Verbindung von Jagiellos Tochter Hedwig mit Friedrich dem jüngeren von Brandenburg, wurde nicht erreicht. In dieser Zeit spielte sich innerhalb der Familie der Cillier eine Tragödie ab, die mit ihrer Romantik und ihrem Gefühlsreichtum in grellem Gegensatz zu dem nüchternen, habsüchtig egoistischen Grundcharakter des Geschlechts steht7). Friedrich, Hermanns ältester Sohn, ein verschlossener Charakter, der bisher ') RTA Bd. VIII, p. 131. ") Altmann nr. 5433. ») XII. Kai. Dec. ist das Banat noch vakant. Fejer X, VI, p. 468—73. Am 31. Dezember urkundet Hermann schon als „Ban in windischen Landen". Göth. p. 268 nr. 333. 4) Altmann nr. 4889b; Scr. rer. Siles. VI. (1871) herausg. v. Grün- hagen, p. 19. 6) Altmann nr. 4612, 5470, 5621. 6) Windecke p. 175. Dlugosch XI, p. 318. ') Drei von einander unabhängige Quellen geben, allerdings in verworrener Weise und mit widerspruchsvoller Chronologie, die folgende Erzählung: Windecke p. 191, der einzelne Abschnitte des Romans als Augenzeuge miterlebte, die Cillier Chronik p. 78 cap. 10. und der am wenigsten zuverlässige Aeneas Silvius, Hist. Friderici (Helmstedt 1700) p. 105 f. hur wenig im öffentlichen Leben hervorgetreten war, führte mit seiner Gemahlin eine nicht gerade glückliche Ehe. Die beiden Gatten lebten lange Zeit getrennt von einander, bis endlich die beiderseitigen Verwandten eine Art Versöhnung zustande brachten. Bald darauf fand man die Gräfin eines Morgens ermordet im Bett. Dies geschah etwa Ende 1423 oder Anfang 14241). „Und warn landt offen maer, wie er (Friedrich) sy des nachts . . . hett erstecht und ertodt, von wegen einer huepschen jungfrau, genanndt Veronica, die er gern zu einer gemahl genommen hett"2). Bis vor Sigmund drang das Gerücht; und als Graf Friedrich im Frühling 1424 in Ofen erschien, wurde er von einem Verwandten der Ermordeten, Graf Hans von Signia (Zengge)8) heftig geschmäht als Bettmörder, es entstand Tumult und Geschrei, Barbara legte sich ins Mittel, und auf ihre Bitte stiftete Sigmund durch Machtspruch Ruhe. Nun ward den beiden ein Tag gesetzt, Friedrich sollte sich verantworten, Hans von Signia die Schuld erweisen. Wieder erging sich letzterer in Schmähungen, wieder trat die Königin für ihren Bruder ein und veranlasste Sigmund und den anwesenden König von Dänemark „es zu richten". Der Ausgang des Spruches ist nicht bekannt, scheint aber zu Friedrichs Gunsten ausgefallen zu sein, denn wir finden ihn in der Folgezeit auf freiem Fusse, sogar als Feldherr im Kampf gegen Venedig4), Er lebte weiter mit Veronica zusammen, und niemand hätte ihn gestört, wenn er nicht drei Jahre nach dem Tode Elisabeths, also wohl 1427®), seine Geliebte, ein Fräulein von nur rittermässiger Herkunft, zur legitimen Gemahlin erhoben hätte. Hatte ihm der stolze, auf die Erhöhung des Geschlechts bedachte >) Windecke 1. c. gibt allein einen brauchbaren Anhalt für die Chronologie, indem er als Augenzeuge den Zusammenstoss Friedrichs mit dem Grafen von Segnia erzählt, der im Februar oder Mai-Juni 1424 stattgefunden haben muss. 2) Cillier Chronik 1. c. ') Altmanns Angabe (Windecke p. 101 n. 3), Graf Hans von Zengge sei 1422 gestorben, ist unrichtig. Noch 1426 weist die Liste der Reichstagsbesucher einen „comes Joh. fil. com. Nicholai de Signa" auf. RTA Bd. VIII, p. 446 f. RTA Bd. X, p. 12 n. 4. cf. die Urkunde von 1426 August 24. bei Muchar VII, p. 187. Auf den Reichstag von Wien 1426 wird ein Conte de Zile il giovane erwähnt, vielleicht Friedrich. RTA Bd. VIII, p. 447. 5) Cillier Chronik cap. 11. Vater den Verdacht des Mordes verzeihen können, diese Missheirat konnte er ihm nie nachsehen. Es war in der Familie üblich gewesen, nur in vorteilhafte Verbindungen einzugehen. Erst vor wenigen Jahren hatte der gleichnamige mittlere Sohn des Altgrafen Beatrix, die Tochter des Herzogs Ernst von Baiern, geheiratet 1). Gefühlsseligkeit konnte Hermann in seiner Hauspolitik nicht brauchen, der unerhörte Schritt musste rückgängig gemacht werden. Mit brutaler Entschlossenheit griff der Vater ein. Er setzte bei Sigmund durch, dass Friedrich vorgeladen wurde, weil er Veronica „ohne seines Vaters und des Königs Rat genommen habe". Der Sohn wurde zuerst in Osterwitz, dann in der Burg von Cilli interniert, und des Grafen ganzer Grimm richtete sich gegen das unglückliche Weib. Man konnte ihr nichts nachsagen, deswegen wurde sie der Zauberei beschuldigt. Obwohl man sie freisprechen musste, wurde sie doch im Kerker gehalten, durch Hunger und Durst geplagt und schliesslich auf Befehl Hermanns von zwei Rittern ertränkt2). Wie lange Friedrich gefangen sass, ist unbekannt. Die Cillier Chronik erzählt, er sei krank geworden vor grossem Herzeleid. Darauf wurde er freigelassen und es erfolgte eine Scheinaussöhnung mit seinem Vater, der ihm Radtmannsdorf zum Sitz anwies. Bei Lebzeiten des Vaters trat Friedrich in der Politik nicht mehr hervor3). Siegmund verlieh ihm 1429 „wegen seiner vielen Verdienste" eine Burg in Slavonien4). ') Veit Arenpeck, Chron. Bajoar. in Pez, Thes. anecd. noviss. III pars III, p. 438 f. s) Cillier Chronik cap. 12. *) Die Cillier Chronik berichtet (cap. 13), Sigmund habe Friedrich nach dessen Entlassung nach Kronstadt berufen, um ihm die Hauptmannschaft über Siebenbürgen zu übertragen. Friedrich sei jedoch zu spät gekommen, so habe Sigmund dieses Amt an einen andern vergeben. Nun weilte Sigmund im Sommer 1427 in Kronstadt, und im selben Jahre fand ein Wechsel in der Wojwodschaft von Siebenbürgen statt, Umstände, die den Bericht der Chronik stützen. Dann wäre allerdings die Gefangenschaft Friedrichs sehr kurz gewesen, kürzer, als sie gewöhnlich angenommen wird. Jedenfalls muss man seine Freilassung vor 1429 setzen, da aus dem April dieses Jahres eine Schenkungsurkunde Sigmunds für ihn vorliegt, cf. folg. Anm. Obige Darstellung des Konflikts weicht von den bisherigen in wesentlichen Punkten ab. 4) Muchar VII, p. 130. Diese Familienepisode hatte Hermanns Tätigkeit als rechte Hand Sigmunds nicht unterbrochen. Mehrere Urkunden dieser Jahre nennen seinen Namen *), wir finden ihn einige Male als Beisitzer im Hofgericht2). Als Schiedsrichter war er vorgesehen 1424 in dem Erbstreit zwischen König Erich von Dänemark und den Herzögen von Schleswig-Holstein. Herzog Heinrich von Gross-Glogau hatte in Sigmunds Auftrag den Fall untersucht, im Februar des genannten Jahres sandte der König zwei italienische Juristen nach dem Norden, um an Ort und Stelle eine Prüfung der Ansprüche vorzunehmen8). Die beiden streitenden Parteien wurden vorgeladen. Nach der Rückkehr der Gesandten sollten auf Grund deren Untersuchung Hermann von Cilli und Nicolaus von Gara den Streit nach dänischem Recht entscheiden, an seiner Statt, falls er nicht in Ofen wäre4). Die Vollmacht trat nicht in Kraft. Sigmund fällte, als im Sommer desselben Jahres König Erich in Ofen erschien, persönlich den Spruch, und zwar zu Gunsten des Dänen, dem Schleswig zugesprochen wurde6). Doch wussten die Herzöge von Holstein mit Hilfe der Hansestädte Schleswig zu behaupten. Als die Entscheidung fiel, war Hermann wahrscheinlich nicht mehr in Ofen: er rüstete zu einem Hilfszuge nach Bosnien gegen die Türken. So erreichte ihn auch nicht mehr ein höchst ehrenvoller Antrag der Kurfürsten, der beweist, welcher Hochschätzung sich der Graf im Reich rühmen konnte. Das Verhältnis Sigmunds zu den Wahlfürsten war ein gespanntes geworden. Letztere hatten sich im Januar 1424 zum Binger Kurverein zusammengeschlossen. Als der König einen Reichstag nach Wien anberaumte, versprachen sie zuerst, zu erscheinen, lehnten dann aber den Besuch ab und erklärten sich bereit, einen Reichstag zu besuchen, den der König persönlich in Regensburg hielte, oder auf den er nach Nürnberg den Herzog Albrecht von Österreich, den Grossgrafen Nicolaus von Gara und den Grafen von Cilli als ') Altmann nr. 6199, 6247, 6311, 7398. 2) Altmann nr. 7322, 7344. *) Altmann nr. 5804. *) Altmann nr. 5805, 5806. 6) Altmann nr. 5894. seine Gesandte schicke1). Im August trugen die Boten der Kurfürsten dem Könige ihr Anliegen vor, erhielten jedoch einen abschlägigen Bescheid: er, Sigmund, traue den genannten drei Freunden viel Liebes und Gutes zu, aber die Sachlage erfordere unbedingt seine Gegenwart. Ausserdem seien alle drei beschäftigt: Albrecht stehe gegen die Ketzer im Felde, Nicolaus Gara müsse Ungarn verwalten, den Cillier habe er gegen die Türken gesandt2). So wurde, Anfang 1425, der Reichstag, schwach besucht, in Wien abgehalten. Indes entsprachen die Leistungen Hermanns für das Reich, besonders wo es sich um materiellen Aufwand handelte, doch nicht ganz dem Ansehen, das er im Reiche genoss. Sein Interessenkreis war der Osten, und er war säumig, wenn es galt, für Reichszwecke, die ihn nicht unmittelbar berührten, in den Beutel zu greifen. Dies zeigte sich, als im Jahre 1427 der „gemeine Pfennig" in Frankfurt beschlossen wurde. Bis Ende Februar 1428 sollte diese Steuer eingeliefert sein, doch in der Liste derer, die das Geld nach der Salzburger Sammelstätte nicht abgeführt haben, befindet sich auch „der von Cili"3). Im Mai wurde er vom Markgrafen Friedrich von Brandenburg gemahnt4), im November erklärte er, dass er zahlen wolle6), doch noch im März des folgenden Jahres wartete man auf seinen Beitrag6). Allerdings waren Hermanns Mittel durch mancherlei Fehden wohl etwas angegriffen; auch war er in Oberitalien und Ungarn so beschäftigt, dass ihm nicht viel Zeit blieb, sich um Reichsverhältnisse zu kümmern. Mit der verunglückten Friedensaktion von 1412/13 waren die früher freundschaftlichen Beziehungen zwischen Venedig und Cilli erloschen. Die Grafen hatten keine Ursache mehr, sich von Unternehmungen gegen die Republik zurückzuhalten, und so sehen wir sie in den zwanziger Jahren in Oberitalien tätig. Venedig hatte, nachdem die Feindseligkeiten von neuem ausge- ») RTA Bd. VIII, p. 367. 2) RTA Bd. VIII, p. 375. ») RTA Bd. IX, p. 151. 4) ibid. p. I69. B) ibid. p. 242. «) ibid. p. 255. brachen waren, immer grössere Fortschritte gemacht. Der grösste Teil Dalmatiens war allmählich in seine Hände gefallen, ohne dass Sigmund es ernstlich hindern konnte. Sigmunds Verbündeter, der Patriarch Ludwig von Aquileia, hatte Anfang 1425 aus seinem Bischofssitz weichen müssen und war zu seinem Lehensmann, dem Cillier, geflohen *). Es half ihm wenig, dass Sigmund am 10. März 1425 die Kirche von Aquileia in des Reiches Schutz nahm und diesen seinem Schwiegervater übertrug'2). Der Krieg war allmählich eingeschlafen, dafür geriet Venedig mit dem Herzog Philipp Maria von Mailand zusammen, der als Glied des Reiches sich an Sigmund wandte. Schon 1425 hatte er sich um die Gunst des einflussreichen Cilliers bemüht; er hatte ihm einige wertvolle Jagdhunde übersandt, und darauf war ein höflicher Briefwechsel erfolgt8). Anfang des folgenden Jahres drang Venedigs Feldhauptmann, Graf Carmagnola, siegreich in mailändisches Gebiet ein, und nun werden die Briefe des Visconti häufiger. Er unterrichtet den Grafen Hermann und dessen Schützling, den Patriarchen Ludwig, über den Stand der Dinge und spricht seine Hoffnung auf Hilfe aus4). Im Frühjahr plante man engeren Anschluss. Ein Rechtsgelehrter im Dienste des Herzogs machte den Vermittler. Er sandte mit Zustimmung Philipp Marias einen Unterhändler an Graf und Patriarch, der mit der Antwort zurückkam5): die beiden erböten sich zunächst zur Behebung der Missstimmung, die zwischen Sigmund und dem Herzog bestände. Letzterer solle zu diesem Behufe Gesandte an die beiden schicken und sie um Intervention ersuchen; dieselben Gesandten sollten mit Vollmachten zur Weiterreise und zur Unterhandlung mit dem König ausgestattet werden, dann würden sie darauf hinwirken, dass Sigmund und der Graf von Slavonien aus, der Patriarch von Friaul aus gegen Venedig vorgingen. Ausserdem benachrichtigten der Cillier und Ludwig den römischen König vom Angriff 1) Im Mai belehnt er Hermann mit den durch des Ortenburgers Tod erledigten Aquileier Lehen. Mitth d. hist. Ver. f. Steierm. VIII (Göth) p. 173 nr. 349—351. 2) Altmann nr. 6182. s) L. Osio, Documenti diplomatici tratti dagli Archivi Milanesi II (1869) p. 141. 1425 Juli 13. *) Osio II, p. 176t. 1426 März 23. 5) Osio II, p. 184 ff. Venedigs und drangen auf Sendung eines Heeres nach Dalmatien. Doch verlief die Angelegenheit vorläufig im Sande. Der Visconti schickte zwar einen Gesandten an Sigmund, dieser hatte aber nur Worte übrig. Erst im September hören wir von energischeren Schritten. Der König verhängte die Handelssperre über Venedig und rüstete. Der Bischof von Vesprim wurde zum Kommissar in Italien ernannt, an der Spitze von 3000 Ungarn nahmen der Patriarch von Aquileia, Graf Friedrich von Cilli und Peter Zriny an der Grenze von Friaul Aufstellung1). Doch bald sah man sich genötigt, vor einer grossen venezianischen Heeresabteilung zurückzuweichen, auch blieb das Hauptheer aus. Der Herzog von Mailand machte Ende des Jahres seinen Frieden mit der Republik, und bald verhandelte man auch von Sigmunds Seite wegen eines Waffenstillstandes. Doch schon im folgenden Frühjahr gabs von neuem zu tun. Sigmund dachte ernstlich an seinen Romzug. Er sandte seinen Schwiegervater nach Friaul, um entsprechende Massnahmen zu treffen2). Wieder blieb's beim Vorsatz, die Türkengefahr rief ihn dringend nach dem Osten. Inzwischen wurde der Mailänder, der zur selben Zeit wiederum Krieg mit der Republik angefangen hatte, von den Venezianern arg bedrängt. Sigmund und Hermann versprachen, auf Ansuchen ihm zu Hilfe zu ziehen8), und der Herzog suchte durch dringende Gesandtschaften die Beschleunigung der Hilfeleistung zu erreichen. Durch einen Brief an den Grafen verleiht er dieser Bitte Nachdruck4): von Tag zu Tag werde seine Lage schlimmer, und deshalb bitte er ihn dringend, wenn ihm etwas an Kaiser und Reich liege, unverzüglich, mit Hintansetzung alles anderen, mit möglichst grosser Macht nach Italien zu eilen; die Sache dulde durchaus nicht das übliche Hinausschleppen; wenn er zögere, falle auf ihn alle Schuld, und er könne nicht sagen, er sei nicht gewarnt; jetzt seien nicht Worte, sondern Taten nötig; nur wenn schnelle Hilfe kommt, kann noch alles gut werden. Eine Expedition des Cilliers nach Italien ist nicht erfolgt. Im April 1428 sah sich 1) RTA Bd. X, p. 12 n. 4 aus Briefen Philipp Marias an die Führer der Ungarn vom 8. Sept. aus dem Mailand. Staatsarchiv. 2) Altmann nr. 6904. 1427 Mai 14. 8) cf. den Brief des Herzogs an Hermann. Osio II, p. 350 f. <■) ibid. Philipp Maria zum zweiten Male zum Frieden genötigt, der neue Gebietsabtretungen an Venedig brachte. Das Verhältnis zu Hermann blieb ungetrübt; der Briefwechsel geht weiter1), seine Gesandten, die wegen der Romzugsfrage an den Ofener Hof gehen, werden, ausser bei Sigmund und Barbara, stets auch bei Hermann und mitunter bei Friedrich von Cilli beglaubigt2) und verhandeln in seinem Auftrage mündlich mit dem Grafen über die schwebenden Fragen8). Des letzteren Einfluss auf Sigmunds Romzugspolitik ist sicher nicht gering anzuschlagen, wenn er sich im Einzelnen auch nicht feststellen lässt. Auch seine Stellung als Ban eines der wichtigsten ungarischen Kronländer, die er seit Ende 1422 wieder inne hatte, nahm des Grafen Kraft stark in Anspruch. Die Fehde eines steirischen Edeln, Sigmund Wolfsauer, gegen das Erzbistum Salzburg zog bis nach Slavonien ihre Kreise. Wolfsauer erhielt aus ungarischen Landesteilen Zuzug und schonte auf seinen Kriegsfahrten auch fremdes Gebiet nicht. Nun schritt Sigmund, der stets eine gewisse Vorliebe für die Salzburger Kirche zeigte, ein. Er erliess einen Befehl an den Bischof von Agram und den Ban von Slavonien, jede Hilfeleistung für Wolfsauer und Komplizen unmöglich zu machen4). Nicht lange darauf sah sich letzterer genötigt, den Herzog von Österreich als Schiedsrichter anzurufen, durch dessen Vermittlung auf einige Zeit der Friede mit Salzburg hergestellt wurde. Beliebt war die Herrschaft des Cilliers in Slavonien nicht. Sein Regiment mochte manche Härten und Ungerechtigkeiten aufweisen. So bildete sich eine starke Partei, an ihrer Spitze das mächtige Geschlecht derer von Blagay, die auf den Sturz des Grafen hinarbeitete. Es kam sogar zu Gewalttätigkeiten. Hermann konnte zwar die Blagays zwingen, ihn um Verzeihung zu bitten6), von Dauer aber war dieser Friede nicht. Immer mehr häuften sich die Klagen, und schliesslich sah sich der Ban veranlasst, Sigmund um Schutz anzugehen, den der König reich- ') Osio II, p. 370. 2) 1428 Juni i. RTA Bd. X, p. 19. 1429 Nov. 28. ibid. p. 21. a) Brief bei Osio II, p. 370: „qui (der Gesandte) vobiscum viva voce nostri parte loquetur." *) Fejer X, VI, p. 794. 5) Februar 1427. Horväth, p. 139 nr. XCVIII. lieh gewährte. Er sprach seinen Schwiegervater von allen Anschuldigungen frei, selbst wenn er Taten verübt hätte, welche die Würde des Königs und der Krone verletzt hätten1). Die Klagen und Beschuldigungen verstummten für einige Zeit. Dasselbe Jahr 1427, in welchem sich diese unerquicklichen Streitigkeiten abspielten, brachte noch ein Ereignis, das, in seinen Folgen unbedeutend, doch als ein Glanzpunkt in der Geschichte der Cillier angesehen werden muss. Der bosnische König Tvrtko II. hatte unter wiederholten Türkeneinfällen zu leiden, denen allein erfolgreich Widerstand zu leisten er zu schwach war. Er wandte sich 1424 an Sigmund mit der Bitte um Hilfe. Bosnien hatte stets in einem gewissen Abhängigkeitsverhältnis zu Ungarn gestanden, und Sigmund ergriff gern die Gelegenheit, diese Abhängigkeit durch Hilfeleistung wieder hervorzuheben. Er sandte also dem König seinen Schwiegervater Hermann mit 1500 Spiessen2). Mit dessen Unterstützung konnte sich Tvrtko eine Zeitlang behaupten. Doch die Türkeneinfälle erneuerten sich 1426, und der Bosnier musste einsehen, dass er ohne dauernde Hilfe nicht werde bestehen können. Er konnte unmöglich Sigmund persönlich in Anspruch nehmen; dazu war dieser zu vielbeschäftigt. Er musste also versuchen, seinen mächtigen Nachbarn, den Ban von Slavonien, enger mit den Interessen seines Königreiches zu verknüpfen. Das alte Verwandtschaftsverhältnis mit den Cilliern wurde hervorgesucht: Hermann war ja ein Sohn jener Catharina, der Tochter des ersten Tvrtko, seiner Schwester, er war also sein Neffe8); so fasste er den Plan, für den Fall seines kinderlosen Todes den Grafen als Nachfolger einzusetzen. Sigmund gab auf Ansuchen seine Zustimmung zu diesem Schritt4), und am 2. September 1427 wurde die Urkunde in Bobawetz, der Residenz Tvrtkos, ausgestellt6): In Anbetracht der besonderen Freundschaft, Liebe und Treue, die Hermann, sein „consanguineus et frater dilectus" gegen ») Horväth p. 139 nr. XCIX. ») RTA Bd. VIII, p. 375- ») Nach V. Klaic, Geschichte Bosniens, übers, von Bojnicic', 1885, p. 345 ist Tvrtko II., ebenso wie Catharina, das legitime Kind Tvrtkos I. Gewöhnlich wird er nur als Bastard angesehen. Wie bereits oben p. 8 n. 3 bemerkt, ist die Genealogie unsicher. 4) Pray III, p. 293. 6) Pray III, p. 293 f., Fejer X, VI, p. 900. ihn und sein Land bewiesen, insonderheit wegen der Dienste, die er ihm bei Sigmund geleistet, vor allem aber wegen der natürlichen Verwandtschaft, die zwischen ihnen besteht, übertrage er sein Königreich mit allem Zubehör dem Grafen und seinen männlichen Nachkommen für den Fall, dass er ohne legitime Erben stürbe, „was Gott verhüten möge". Welchen tatsächlichen Wert dieser Wechsel auf die Zukunft, diese Anwartschaft auf ein von aussen stark bedrohtes, von inneren Kämpfen durchwühltes Königreich hatte, zeigte sich 1443, nach Tvrtkos kinderlosem Tode. Die Magnaten, die nach wie vor ihr Wahlrecht in Anspruch nahmen, dachten gar nicht daran, sich an die Abmachung des Verstorbenen zu halten. Und die Cillier schätzten die wahre Bedeutung des Stückes Papier wohl richtig ein, wenn sie gar keine Anstrengungen machten, um ihre Ansprüche durchzusetzen. Dagegen hatte Tvrtkos Schenkung die Folge, dass der Despot von Rascien, der wohl selbst Hoffnungen auf Bosnien hegte, sich mit den Türken verband und so im Jahre 1428 einen Kriegszug Sigmunds gegen Serbien nötig machte, der mit einer Niederlage der Ungarn vor der Feste Galambocz endete. Barbara hatte in diesen Jahren eine Finanzpolitik grossen Stils getrieben. Von einem Einfluss auf Sigmund oder von einer Teilnahme an seinen politischen Unternehmungen bemerkt man nicht viel Spuren; dagegen versteht sie es meisterhaft, immer neuen Besitz zusammenzuraffen. Im Jahre 1424 erhielt sie von Sigmund eine grosse Anzahl von Gütern und Städten auf Lebenszeit als Versorgung für ihr Witwentum'); bald darauf wurden ihr, ausser einigen Burgen, Dörfern etc., sämtliche Dreissigsten in ganz Ungarn verschrieben2). Dass ihre Beamten bei der Eintreibung dieser Steuer, die besonders von Märkten erhoben wurde, nicht sehr vorsichtig umgingen, beweisst ein Prozess, den die Kaufleute von Szakolcza bei Sigmund anstrengten und der damit endigte, dass ihnen die lange bestätigte Freiheit von dieser Steuer auch weiterhin gesichert wurde3). Nun folgen fast Jahr für Jahr neue Schenkungen: 1425 erhielt sie die Jahressteuer der Stadt ») Horvath p. 53 nr. 133. 2) ibid. nr. 132. 3) Fejer XI, p. 307. Frankfurt1), ein Jahr später eine Anzahl Herrschaften in Mähren'2); 1427 überwies ihr Sigmund einige Bergstädte, aus denen ihr eine Einnahme von 28000 Gulden jährlich garantiert wurde3). Wieder zwei Jahre später schenkte ihr Sigmund zunächst die Reichssteuer Frankfurts von 1430, dann diese Steuer von den Jahren 1431 bis 1440, dann auf Lebenszeit. Die Urkunden sind innerhalb dreier Tage ausgestellt, ein Beweis, wie rasch und gründlich Barbara für sich zu sorgen verstand4). Im Ausland kannte man die Schwäche der Königin für Geld und Gut wohl und suchte sie sich gelegentlich zunutze zu machen. So stellt Venedig seinem Gesandten bei Sigmund, Marco Dandolo, im Jahre 1427 eine Summe Geldes zur Verfügung, „weil es vonnöten sein könnte, Ausgaben zu machen an Personen aus der Umgebung des Königs zur Erreichung unseres Zweckes"5). Die Königin ist hier noch nicht ausdrücklich genannt, doch dachte man auch an sie, wie aus einer Erweiterung der Vollmacht vom 26. Januar 1428 hervorgeht: es werden dem Marco Dandolo weitere 5000 Dukaten zur Verfügung gestellt, um gegebenenfalls die Königin und angesehene Barone zu gewinnen8). Den grossen Einnahmen Barbaras entsprachen die Ausgaben. Was nicht zum Unterhalt des grossen Hofstaates daraufging7), wurde zu Bauten verwendet8); ausserdem unterstützte sie ihren Gemahl und auch Reichsfürsten, wie den Herzog von Sachsen, durch Darlehen9). Dagegen sind eigentliche Regierungshandlungen Barbaras wenig zu nennen und von geringer Bedeutung10). *) Frankfurts Reichskorr. I, p. 343 nr. 619, 620. s) Altmann nr. 6666. s) Pray III, p. 292. Die Ansichten Prays über eheliche Zwistig-keiten in diesen Jahren sind irrig. Schon die vielen Schenkungen beweisen das Gegenteil. Auch jetzt hoffte Sigmund noch auf Nachwuchs. Altmann nr. 6588. 4) 1429 Juli 6. und 8. Altmann nr. 7326—36, 7338. s) RTA Bd. X, p. 112 n. I. «) ibid. ') Von dem zahlreichen Hofgesinde der Königin gibt uns eine Geschenkliste Nürnbergs aus dem Jahre 1414 eine Vorstellung. RTA Bd. VII, p. 218. 220 f. 8) Altmann 6187 a. 9) Altmann 4595, 6360 a, b. 10) Ich kann darauf verzichten, auf diese Vorgänge näher einzugehen, da Chilian p. 23 sie ausführlich bespricht. Chilian übersieht oder unterschätzt dagegen die oben besprochenen Geldgeschäfte Barbaras. So war das Jahr 1429 herangekommen, und wieder einmal nahm der Norden, das Verhältnis zu Polen-Litthauen, die erste Stelle im politischen Interesse ein. Sigmunds Bemühen war, besonders seit Kesmark, darauf gerichtet, Polen von jeder Einmischung in Böhmen, mochte sie auch ketzerfeindlich sein, abzuhalten. Die beiden slavischen Nationen sympathisierten stark miteinander, und der römische König hätte sich bald vor den polnischen „Freunden" nicht mehr sicher gefühlt. Daneben war es schon seit 1410 sein sehnlicher Wunsch, Litthauen von Polen zu trennen, ihm durch die Erhebung des Grossfürsten Witold zum Könige eine selbständige Stellung zu verleihen. Die Rechtsfrage war ihm nicht zweifelhaft: als Träger der ersten Krone der Christenheit fühlte er sich befugt, „die Königskrone aus kaiserlicher Autorität zu verleihen und Königreiche zu schaffen"1). Als er im Januar 1429 einer Einladung des Grossfürsten nach Luck in Wolhynien folgte, benutzte er die Gelegenheit und kam wieder auf seinen Plan zu sprechen. Und Witold, der das Anerbieten mehrmals abgelehnt hatte, zeigte sich willfährig; nur sollte noch die Zustimmung des Polenkönigs, der ebenfalls in Luck anwesend war, gewonnen werden. Da kam Sigmund die Vertraulichkeit, die zwischen Jagiello und seiner Gemahlin Barbara bestand, zugute. Beim Empfang des ungarischen Königspaares hatte Wladis-laus die Königin zu sich in den Wagen geladen, und sie waren gemeinsam in Luck eingefahren2). Er begab sich also in Begleitung seiner Gemahlin zu Wladislaus, und ihrer gemeinsamen Überredung gelang es, den schwächlichen Greis zur Zustimmung zu bewegen 3). Doch die polnischen Barone versagten dem Schritt ihre Einwilligung, und Wladislaus verliess fluchtartig die Stadt. Es herrschte Krisenstimmung. Witold beharrte auf der einmal gegebenen Zustimmung seines Vetters, Barbara befestigte durch einen freundschaftlichen Briefwechsel und durch Geschenke die in Luck geknüpften Beziehungen4). Dazu kamen andere Streitig- ') Brief Sigmunds an Witold 1430 Juli 4. Codex epistolaris Vi-toldi (Monum. medii aevi res gestas Pol. illustr. VI, 1882) p. 912. ») Dlugosch XI, p. 366. s) ibid. p. 370. Cod. epist. Vitoldi p. 811, 815, Scr. rer. Siles. (Grün-hagen) VI, p. 84. 4) Cod. epist. Vitoldi p. 859. keiten. Man überlief sich mit Gesandtschaften. Jagiello nahm seine Zustimmung zu Witolds Erhebung gegenüber Sigmund zurück, Sigmund verspricht Witold Beschleunigung der Krönung, Witold bittet um Übersendung der Krone. Im Winter 1429/30 wandte sich der Polenkönig in einem Schreiben an den Grafen Hermann und Nicolaus Gara: er berief sich darauf, dass sie die Abmachungen von Kesmark als Friedensbürgen mit unterzeichnet hätten und forderte ihre Hilfe in dieser Angelegenheit. Auch durch seinen Gesandten bei Sigmund, Grotko, wirkte er in seinem Sinne auf die Genannten ein *). Die beiden Vertrauten Sigmunds nahmen natürlich für ihren Herrn Partei und Hessen Wladislaus auffordern „ad manutenenda huiusmodi federa", Auch setzten sie ihre Namen unter ein offizielles Schreiben des Königs an Jagiello, das von den üblichen Beteuerungen der Friedensliebe trieft und letzterem den Vorwurf des Störenfrieds macht2). Indes gab auch jetzt noch der Cillier eine friedliche Einigung nicht auf. Er und wohl unter seinem Einfluss der Palatin und der Kardinalbischof von Fünfkirchen wandten sich brieflich an Witold und baten ihn, in den Streitigkeiten zwischen den beiden Königen zu vermitteln, ein Vorschlag, der bei der gespannten Stimmung zwischen Polen und Litthauen aussichtslos sein uiusste3). Die Erregung wuchs; eine Gesandtschaft Sigmunds an Witold wird von den Polen gefangen genommen. Eine Zusammenkunft zwischen den beiden Vettern bringt eine Wendung zum Bessern, da macht der Tod Witolds im Oktober 1430 den Krönungsstreit gegenstandslos. Am Anfang des vierten Jahrzehnts steht eine merkwürdige Urkunde: Am 1. Mai 1430 erhebt Sigmund zu Pressburg den Grafen Hermann, seinen Sohn Friedrich und Enkel Ulrich in den Reichsfürstenstand, ihre Graf- und Herrschaften zu einem Fürstentum4). Da die allgemein bekannte, folgenschwere Fürstung der Cillier im Jahre 1436 erfolgte, so musste dies Diplom Befremden erregen. Tatsächlich sehen wir nirgends eine Wirkung desselben. ») Brief Sigmunds an Witold. Cod. epist. Vitoldi p. 912 ff. 2) ibid. *) Brief Witolds an den Hochmeister. Cod. epist. Vit. p. 898 f. *) Reg. bei J. Chmel, Materialien zur österr. Gesch. I x (1837) nr. 64 aus dem K. K. Archive. Die Urkunde selbst ist nicht gedruckt. Die Cillier erscheinen nach wie vor als Magnaten, sie sind „specta-biles et magnifici", nicht „illustres", „edel wolgeborn", nicht „hochgeborn". Auch haben sie in ihren Ländern nicht alle Hoheitsrechte. Erst 1431 verleiht Sigmund seinem Schwiegervater das Bergregal in seiner Grafschaft Sternberg1). Man hat daher versucht, die Urkunde von 1430 zu erklären.. Krones nimmt eine Erhebung in den Stand der ungarischen Reichsbarone an2). Das waren die Cillier längst, wie oben ausgeführt3). Muchar (Geschichte der Steiermark VII, p. 215) glaubt, dass die Erhebung vorläufig und insgeheim erfolgt sei, während Chmel (Geschichte Kaiser Friedrichs IV I, p. 23) von einer versuchten Fürstung spricht, die aber „an dem kräftigen Widerstande Herzog Friedrichs des Älteren damals gescheitert zu sein" scheint. Eine Erhebung ohne rechtliche Folgen, die streng geheim bleiben musste, hätte für die Grafen wenig Wert gehabt; auch hätte dann wenigstens Sigmund in seinen Schreiben an die Cillier die den Reichsfürsten zukommende Anrede gebraucht, was nicht der Fall war4). Von einem Widerstand der österreichischen Herzöge ist nichts bekannt. Wir finden sie noch in den folgenden Jahren in den besten Beziehungen zu Hermann. Wir werden also die fragliche Urkunde nur als den Plan einer Fürstung aufzufassen haben, die besonderer Umstände halber wohl verschoben wurde. In die Öffentlichkeit drang dieser Plan jedenfalls nicht. Es dauerte noch einige Jahre, bis die Cillier sich mit der Fürstenkrone schmücken konnten. Um diese Zeit beginnt der Enkel des alten Grafen Hermann, Ulrich, der Sohn Friedrichs und der ermordeten Elisabeth, eine selbständige politische Rolle zu spielen. Bald nach 1400 geboren6), hatte er in den Jahren 1429 und 1430 seine Fahrt „umb ritterschafft" gemacht und war dabei bis Granada einerseits, bis ») 1431 März 27. Chmel I 1, nr. 74. 2) Mittheilungen des hist. Ver. f. Steierm. XXI, p. 130. — Die Freien von Saneck etc. II, p. 211. s) s. o. p. 14 n. 2. *) cf. den Brief Sigmunds an Ulrich von Cilli RTA Bd. X, p. 313 f. 8) Nicht erst nach 1406, wie gewöhnlich angenommen wird, da Ulrich schon 1424 Mai 7. selbständig urkundet. Mitth. des hist. Ver. f. Steierm. VIII, p. 173 nr. 344. Preussen und Nowgorod andererseits gekommen -1). Der strenge Grossvater, der jede freie Regung des Sohnes unterdrückte, scheint den Enkel besonders ins Herz geschlossen zu haben: er verwandte sich bei dem Hochmeister Paul von Russdorf für ihn und erbat ihm Geleit für seine weitere Reise2). Nun, im Jahre 1431, befand sich Ulrich auf dem Reichstag zu Nürnberg, und die Stadt liess es sich nicht nehmen, den jüngsten Spross des einflussreichen Geschlechts durch Festlichkeiten und Geschenke zu ehren3). Sigmund rüstete inzwischen zum Romzuge. Er gedachte von Bayern aus über Tirol in mailändisches Gebiet zu gehen, musste aber auch, einem Bündnis mit Mailand gemäss, von Nord-Osten her seine alten Feinde, die Venezianer, beschäftigen. Er betraute mit dieser Aufgabe Ulrich von Cilli. Am 17. Juni 1431 ernennt er ihn zum Stellvertreter und Kommissar über die in Friaul und den Nachbargebieten operierenden Truppen und gebietet allen Heeresangehörigen, ihm zu gehorchen. Der Schluss des Schreibens, einer Bibelstelle entlehnt, ist hier doch wohl mehr als die übliche Floskel und zeigt, dass Sigmund auf den jüngsten Cillier manche Hoffnungen setzte. Es heisst da nach einer Ermahnung: „ut . . . nos te tanquam servum bonum inantea merito super multa constituere habeamus"4). Ulrich hatte nicht viel zu tun; von irgendwelchen Aktionen der ungarischen Streitmacht ist nichts bekannt. Man zog es beiderseits vor, zu verhandeln. Auch als 1433 die Königin mit Verstärkungen heranzog5), kam es nicht zum Schlagen. Barbara war, als Sigmund 1430 ins Reich zog, zusammen mit ihrem Vater, dem Grossgrafen und dem Bischof von Fünfkirchen als Statthalterin in Ungarn zurückgeblieben6). Als im folgenden Jahre der grosse Feldzug gegen die Hussiten unternommen wurde, derselbe, in dem das Reichsheer unter Kardinal *) Bericht des Ordensgesandten an den Hochmeister. 1430 Mai 14. Cod epist. Vitoldi p. 901. *) ibid. 3) RTA Bd. IX, p. 605, 609, 611. *) RTA Bd. X, p. 313 f. B) RTA Bd. X, p. 610 n. 4. 6) Monum. spectantia hist. Slav. merid. XXI, p. 44. Fesslers Behauptung (Gesch. Ungarns II p. 380) Barbara sei ohne Einfluss zurückgelassen worden, ist also unrichtig. Julian und Markgraf Friedrich bei Tauss in schmählicher Flucht auseinanderlief, stellte sich Barbara mit ihrem Schwiegersohne an die Spitze des Heerhaufens, der von Süden aus gegen die Ketzer vorstossen sollte1). Bei Laa, südwestlich von Nikolsburg, sammelten sich die Scharen, unter denen sich auch die 40 Gleven befanden, die der Graf von Cilli auf Beschluss des Reichstages zu stellen hatte2). Hermann selbst zog nicht mit zu Felde, obwohl es der Reichstag eigentlich beschlossen hatte8). Auch in Ungarn eiferte Barbara gegen die Hussiten, allerdings, soweit bekannt, erst, als sie ihrem Privatbesitz gefährlich wurden4). Das Ergebnis dieser Rüstungen war nicht gerade glänzend. Man durchzog sengend und plündernd Mähren, wich aber vor Prokops siegreichen Scharen bis über die Donau zurück. Nur Uneinigkeit der Feinde ermöglichte einige Erfolge der vereinigten Österreicher und Ungarn gegen die Waisen. Währenddem weilte Sigmund schon in Italien, und auch seine Gemahlin sollte ihm nachkommen, um bei der Kaiserkrönung zugegen zu sein5). Doch der König änderte seinen Entschluss, die Königin unterstützte, wie bereits erwähnt, die Operationen ihres Neffen in Oberitalien. Lebhaft ging es hier auch jetzt nicht zu; bald kam, durch des Papstes Eugen Vermittlung, ein Friede zustande. Nach vierjähriger Abwesenheit kehrte Sigmund im Herbst 1434 als Kaiser nach Ungarn zurück. Hier war sein greiser Schwiegervater, bereits ein hoher Achtziger, immer noch als Ban von Slavonien tätig, und gerade diese Jahre brachten Arbeit genug. Als der König 1430 eine Finanzreform einführte, blieben einige Gespanschaften Slavoniens bei der alten Münze. Hermann erhielt als Ban den Auftrag, sie zum Gehorsam zu bringen6). Eine Verteidigungsordnung, die bald darauf erlassen wurde, veranschlagte den Ban von Slavonien mit einem Banderium, das er ') Frankfurts Reichskorr. I p. 375 ff. 2) RTA Bd. IX, p. 524 ff. >) RTA Bd. IX, p. 544 f. *) Fejer X, VII, p. 350 fordert Barbara zur Rückgewinnung ihres Castrum Likwa auf. Überhaupt scheiden viele von Barbaras Urkunden als Regierungsakten aus, da es sich bei ihnen um persönlichen Besitz der Königin handelt. 5) RTA Bd. X, p. 505. 6) Fejer X, VII, p. 207. gegen die Türken zu stellen hätte1). Hermann erlebte keinen Türkenfeldzug mehr, wohl aber musste er einige Jahre später gegen die Hussiten. rüsten. Das Baseler Konzil hatte eine Steuer gegen die Häretiker ausgeschrieben. Obwohl Ungarn selbst durch Böhmen und Türken stark mitgenommen war, wollte sich Sigmund der Steuer doch nicht entziehen und erliess eine Verordnung nach Slavonien: man solle Einnehmer einsetzen und mit dem Gelde zusammen mit Hermann von Cilli oder seinem Vizeban Söldner ausrüsten; im Sommer des Jahres 1433 solle das Aufgebot, dem die Landesversammlung selbst den Führer wählen dürfe, zum Zuge gegen die Türken oder andere Ketzer bereit sein2). Inwieweit die Anordnungen Sigmunds zur Ausführung kamen, lässt sich nicht feststellen. Auch in die Fehde zwischen Salzburg und Sigmund Wolfsauer musste Hermann in seiner Eigenschaft als Ban wieder eingreifen. Der alte Streit war im Jahre 1430 von neuem ausgebrochen. Erzbischof Johann wandte sich an Sigmund, der schon früher alle Besitzungen des Hochstiftes in seinen Schutz genommen hatte. Wolfsauer schien eine Zeitlang nicht abgeneigt, die Angelegenheit auf rechtlichem Wege durch einen Schiedsspruch Sigmunds austragen zu lassen und wandte sich deshalb an den König, der auch einen Tag zu Wien ansetzte. Wolfsauer erschien nicht, offenbar war ihm die Sache nicht recht geheuer. Er kannte die Vorliebe Sigmunds für Salzburg und liess es auf eine Fehde ankommen. Mit Hilfe seiner Anhänger in Ungarn ging er gegen die Salzburgischen Besitzungen vor, so dass sich Sigmund im Sommer 1432 genötigt sah, von Lucca aus seine slavonischen Edlen, besonders Hermann zur Unterstützung des Erzbischofs mit ganzer Macht aufzufordern3). Dieses Gebot hinderte jedoch weiteren Zuzug für Wolfsauer nicht, und erst als dieser auch österreichisches Gebiet verletzte, zogen Herzog Friedrich und Erzbischof Johann gemeinsam gegen ihn und eroberten seine Burg Kapfenstein. Er selbst entkam auf ungarisches Gebiet, wo er, gestützt auf alte Geleitsbriefe Sigmunds, freundliche Aufnahme fand. Der König wandte sich daher nochmals an Hermann, Friedrich und Ulrich von Cilli und befahl ihnen, Wolfsauer in l) ibid. p. 243 if. *) Kukuljevic, Jura etc. I, p. 192 ff. ») Feier X, VII, p. 419 Ungarn nicht zu schützen, noch zu hausen und zu hofen; frühere Geleitsbriefe seien ungültig1). Viele Jahre später erst wurde ein Ausgleich zustande gebracht. In die Zeit der Wolfsauerschen Fehde fällt ein Schreiben Sigmunds an Hermann, welches auf die Tätigkeit des letzteren als Ban von Slavonien ein eigenartiges Licht wirft. Der Cillier hatte wieder einmal durch Willkürlichkeiten seiner Verwaltung höchsten, allgemeinsten Unmut erregt. Diese Willkürlichkeiten bezogen sich hauptsächlich auf ungesetzliche Ausschreibung und Eintreibung von gewissen Steuern, die weit über das gewöhnliche Mass hinausgingen, und auf drückende Einquartierungen. Hatte er früher nur einzelne Barone gegen sich, so erhob sich jetzt, wo es an den Geldbeutel ging, ganz Slavonien und richtete eine dringende Petition an Sigmund um Abhilfe2). Und der König sorgte für Abhilfe. In ungewöhnlich scharfen Ausdrücken hielt er seinem Schwiegervater seine Sünden vor: Wenn es so weiter ginge, wäre das der Gipfel der Schuld für beide, den König und seinen Stellvertreter; eine Ausrede, er habe es nicht gewusst, gebe es nicht, da er sich an Nicolaus Gara und andere hätte wenden können, die auch die Würde des Banats bekleidet und weder persönlich noch durch ihre Steuererheber die Grenze der Billigkeit überschritten hätten. Er, der König, und Hermann stünden doch beide schon in einem Alter, wo sie bald an die Rechenschaft vor Gottes Thron denken sollten. Zum Schluss befahl er dem Grafen, sofort, mit Hintansetzung anderer Geschäfte, Erkundigungen einzuziehen und die Beschwerden abzustellen3). In der Tat scheint die eigensüchtige Wirtschaft für die eigene Tasche in Slavonien aufgehört zu haben: wir hören in der Folgezeit keine Klagen mehr, und Sigmunds Verhältnis zum Cillier war bald wieder ein ungetrübtes. Nach seiner Rückkehr hatte Sigmund einen Streit seiner Verwandten mit dem Geschlechte der Frangepani zu schlichten. Die Grafen von Modrusch-Veglia, mit den Cilliern verwandt, waren allmählich zu erbitterten Feinden derselben geworden. Die ') J. Chmel, Geschichte Friedrichs IV I Beil. VHId, p. 532. *) cf. über diese Vorgänge das Schreiben Sigmunds an Hermann von Anfang Februar 1432 bei Kukuljevic, Jura etc. I, p. 190 ff. ') ibid. geheimnisvolle Ermordung Elisabeths, der Gattin Friedrichs von Cilli, gab wohl den Anstoss. Dazu kamen Reibungen anderer Art. Die Familien waren Nachbarn; Hermann war Ban von Slavonien, die Gebrüder von Modrusch-Veglia bekleideten das Banat von Kroatien und Dalmatien. Schon 1430 kam es zum ZusammenstossNicolaus von Modrusch hatte Sigmund eine Summe Geldes gegeben, um das Banat von Slavonien zu erhalten — offenbar wollte Graf Hermann aus seinem Amte scheiden. Der König übertrug aber die Banalgewalt wieder dem Cillier und beauftragte, während er selbst Ungarn verliess, seine Stellvertreter, die Königin, Gara und Hermann, dem Grafen Nicolaus die gezahlte Summe zurückzuerstatten, ihn auch zur Zurückgabe einiger Grenzplätze zwischen Slavonien und Dalmatien, die er bereits in Besitz genommen hatte, zu veranlassen, nötigenfalls mit Gewalt. Um im Besitz dieser Plätze zu bleiben, schreckte Nicolaus nicht vor Hochverrat zurück: er wandte sich an Venedig, fand jedoch eine ziemlich kühle Aufnahme; er wurde auf den Weg mündlicher Verhandlung verwiesen. Um die Republik seinen Wünschen geneigter zu machen, Hess er dem Rate durch einen Boten erzählen, der Cillier strebe mit allen Kräften nach dem Banat von Dalmatien ; das bedeute bei der Gesinnung Hermanns eine grosse Gefahr für Venedig2). Diese Behauptung des Grafen scheint völlig aus der Luft gegriffen, es ist uns anderweitig nichts von einem derartigen Streben des Altgrafen bekannt. Der Rat verspürte wenig Lust, sich für die Familienpolitik der Frangepani ins Zeug zu legen, und die Verhandlungnn hörten bald auf. Nicolaus von Modrusch blieb Ban von Dalmatien. Bald gab es neue Reibungen. Die Cillier hatten die Insel Veglia an der kroatischen Küste in Besitz, die ihnen als Heiratsgut für Elisabeth verpfändet worden war. Diesen 'Besitz machten ihnen die Grafen von Modrusch jetzt streitig. Es kam zu Kämpfen, in denen die Cillier den Kürzeren zogen, ohne jedoch ganz verdrängt werden zu können. Schliesslich wandten sich beide Parteien an Sigmund, der am 4. April 1435 die Insel Ulrich von Cilli zusprach und ein freundschaftliches Verhältnis zwischen den beiden Familien herzustellen *) cf. über das Folgende die Verhandlung in Venedig vom 6. Juli 1430. Mon. spect. hist. Slav. meridion. XXI, p. 44. s) Verhandlung vom 5. Sept. 1430. Mon. spect. XXI, p. 46. versuchte1). Letzteres gelang allerdings nicht; auch später noch finden wir die Frangepani stets in Opposition gegenüber den Gilliern. Alle diese Streitigkeiten hatten den in hohem Greisenalter stehenden Hermann stark angegriffen. Er legte im August 1435 das Banat von Slavonien nieder2) und begab sich in seine Grafschaft. Noch einmal wurde er von Sigmund nach Pressburg gerufen. Der Kaiser beabsichtigte seinen Getreuen und dessen Familie nun endlich in den Reichsfürstenstand zu erheben3). Schon war die Urkunde, datiert vom 27. September 1435, fertig gestellt4), doch wieder wurde die öffentliche Verkündigung hinausgeschoben. Da starb Hermann zu Pressburg am 13. Oktober 14358). Seine Leiche wurde nach der Karthause Plettriach, seiner Stiftung, überführt. Der Gedanke an die Erhebung trat bis auf weiteres in den Hintergrund. Ehe wir an eine Beurteilung der politischen Bedeutung Hermanns gehen, ist noch seine Stellung zu Österreich in den letzten Jahren seines Lebens zu erörtern, eine Untersuchung, die zum Verständnis der späteren Beziehungen des Geschlechts zu den Habsburgern von einiger Bedeutung ist. Mit Albrecht war ein gutes Einvernehmen schon durch die beiderseitige Verwandtschaft mit Sigmund gegeben. Beide nahmen neben Nicolaus von Gara die erste Stelle in des Kaisers Vertrauen ein. Doch stand Albrecht von der eigentlichen österreichischen Familienpolitik etwas abseits; auch fehlten direkte lehensrechtliche Beziehungen zwischen ') Kukuljevic I, p. 194 ff. Bemerkenswert ist folgender Passus der Urkunde: „Tarnen eadem domina Elizabeth (Friedrichs Gattin), prout domino placuisset, ab hac vita sublata . . Man könnte daraus schliessen, dass die Gerüchte, die Friedrich als Mörder bezeichneten, für widerlegt galten. 2) fer. V. p. Assumpt. erscheint Matko von Tallocz als Ban. Fejer X, VII, p. 666. ') Cillier Chronik p. 81, cap. 14. 4) Altmann nr. 11199. Altmann glaubt mit Hinweis auf die Fürstung von 1436 diese Urk. als wahrscheinliche Fälschung hinstellen zu dürfen. Doch liegt hier ebensowenig ein Grund zu dieser Annahme vor wie bei der früheren Urkunde von 1430. Auch die Unregelmässigkeit der Kanzleiunterfertigung kann sie nicht rechtfertigen. 5) Cillier Chronik, p. 82 cap. 14. Die Chronik gibt fälschlich 1434 als Todesjahr an. beiden. Wichtiger in dieser Hinsicht war für den Cillier sein Verhältnis zu den Brüdern Ernst und Friedrich. Mit ersterem hatte er in der letzten Zeit vor dessen Tode (1424) auf bestem Fusse gestanden. Ernst hatte ihn sogar zum Gerhab seiner Kinder, Friedrichs des Jüngeren, des späteren Kaisers, und Albrechts ernannt'). Nicht so günstig stand Hermann mit Friedrich, der als Vormund der Söhne seines Bruders auch Steiermark verwaltete. Bei Gelegenheit einer Fehde mit Bamberg hatte der Graf einen Zug durch des Herzogs Land gemacht, wobei es nicht ohne Gewalttätigkeiten abgegangen war. Friedrich entrüstete sich gewaltig, dass „sein Helffer und diener ... an sein als ains landsfiirsten willen und haissen" sich solches erlaubt habe, und es kam 1429 auf 1430 zu Zwist und „Stössen", bis man sich an Albrecht um einen Schiedsspruch wandte. Dieser wurde am 24. Februar des letztgenannten Jahres gefällt"). Bedeutsam ist die Begründung, mit der Albrecht seinem Oheim zum Verzeihen rät: Friedrich soll um Sigmunds willen den Zug in sein Land nicht weiter nachtragen und bedenken, dass die Einigung mit dem Könige einst mit Hilfe des Cilliers geschehen sei, dass er ihm auch in Zukunft bei Sigmund von Nutzen sein könne, „daraus Im (dem Herzoge) und seim land und leuten grosser nucz und frumen mag kumen". Die „fürdrung" Friedrichs durch den Grafen ist in die Zeit des Konstanzer Konzils, zwischen 1417 und 1418, zu setzen. Jedenfalls ist diese Stelle ein Beweis für Hermanns bedeutenden Einfluss. Einige kleinere Besitzstreitigkeiten finden ausserdem durch den Spruch ihre Beilegung. Von nun an waren Herzog und Graf gute Freunde. Schon im folgenden Jahre übertrug Friedrich dem Cillier einige Dörfer und „Suppen" (Gerichtsbezirke), die er durch seines Neffen Spruch im Jahr vorher erhalten hatte3). Vorher hatte der Altgraf eine Anzahl Plätze aus der Ortenburgischen Erbschaft dem Herzog überlassen. Auch fernerhin suchte sich Graf Hermann die Gunst der Habsburger zu sichern. Am 20. Juni 1432 verschrieb er den Söhnen Emsts einige Pfandschaften4). Am 1. Juli 1433 vermachte er >) cf. die Verschreibung Hermanns für Friedrich und Albrecht von 1432 Juni 20. Chmel, Materialien I 1 nr. 88. *) Chmel I 2 p. 21 ff. nr. III. ») Chmel I 1 nr. 79. I 2 p. 25 nr. IV. *) Chmel I 1 nr. 88. die Herrschaft Ortnitz dem Haus Österreichj). Da Hermann im allgemeinen (ausser der Kirche gegenüber) auf dem Standpunkt stand, dass Nehmen seliger als Geben sei, so wird man wohl annehmen dürfen, dass er ganz bestimmte Zwecke mit dieser Freigebigkeit verband. Wahrscheinlich wollte er im Hinblick auf die geplante Erhebung in den Reichsfürstenstand sich die Zustimmung des Landesherrn auf diese Weise sichern. Tatsächlich stand der Graf jetzt schon den Habsburgern fast unabhängig gegenüber. Er wurde von ihnen auch in Familienangelegenheiten fast als gleichberechtigter Ratgeber betrachtet. So, als im Jahre 1434 der jüngere Friedrich sich der Vormundschaft seines Oheims entledigen wollte. Der ältere Friedrich wandte sich an Albrecht, der die Angelegenheit dem Altgrafen und Sigmund vortrug. Beide waren mit der Entlassung des jungen Herzogs aus der Vormundschaft einverstanden2). Darauf erklärte der jüngere Friedrich, sein Oheim gehe noch nicht darauf ein, ihm eigene Räte zu gestatten, doch wolle er sich freundschaftlich mit ihm auseinandersetzen nach Albrechts und Hermanns Rate3). Erst im folgenden Sommer wurde dem Sohne Emsts die Selbständigkeit zugestanden. In der letzten Periode seines Lebens bestand also zwischen Hermann und Österreich ein durchaus freundschaftliches Verhältnis. Bald nach seinem Tode sollte es anders werden. Gehen wir nun zu einer Würdigung der politischen Persönlichkeit des Grafen über — die ethische Betrachtung soll später, bei der Gesamtcharakteristik der Cillier dieser Epoche folgen — so finden wir, dass er es vorzüglich verstanden hat, zwischen den Parteien zu lavieren, die Gegensätze auszugleichen, gefährliche Klippen zu vermeiden. Während seines langen Lebens kam es fast nie zu ernsthaften Zusammenstössen mit den Habsburgern, obwohl ein Konflikt mit ihnen bei dem engen Anschluss an Ungarn mehrfach gleichsam in der Luft lag. Dieser Anschluss an Sigmund war entschieden der politisch wichtigste und geschickteste Schritt des Cilliers. Durch ihn erlangte er Zuwachs an Macht, durch ihn ein Ansehen in ganz Mittel- und Osteuropa, 5) Chmel I x nr. 99. 2) Chmel I 1 p. 37 nr. I. ') Chmel I 1 p. 37 f. nr. II. dem seine Bedeutung nicht ganz entsprach. Denn als grossen politischen Faktor haben wir uns den Grafen doch nicht vorzustellen. Er stand da hinter seinem Schwiegersohn, dem Grossgrafen von Ungarn, zurück. Von selbständiger Initiative in der grossen Politik ist nur wenig zu merken. Wenn wir nach grösseren Leitgedanken suchen, unter die seine Tätigkeit subsumiert werden kann, so werden wir, neben dem Streben nach Vergrösserung seiner Hausmacht, seine Friedenspolitik feststellen können. Ungezählt sind die Fälle, in denen er als Vermittler, meist erfolgreich, auftrat. Zwischen Sigmund und den Baronen, Venedig, Mailand, Österreich, Polen, teidingte er, von den zahlreichen kleineren Vermittlungen abgesehen. Die Cillier Chronik hat vollkommen Recht, wenn sie von ihm sagt „ ... er was . . . ein rechter sühner und friedtmacher, wo er mocht, zwischen armen und reichen"1). Dass er mit Albrecht von Österreich und Nicolaus von Gara zu den ersten Ratgebern Sigmunds zählte, ist mehrfach gesagt worden. Man wusste seine Unterstützung demgemäss einzuschätzen. Im Reich, für das er eigentlich am wenigsten übrig hatte, suchten die Städte seine Gunst, die Kurfürsten wollten mit ihm als Stellvertreter Sigmunds unterhandeln. Venedig überschüttete ihn zuerst mit Freundschaftsversicherungen, hatte dann allen Anlass, seine Feindschaft zu fürchten2). Der Herzog von Mailand, der Grossfürst von Litthauen, der König von Polen, sie alle standen in Korrespondenz mit ihm und wandten sich an ihn, wenn sie den Kaiser beeinflussen wollten. Auch der Deutsche Orden, der nach Hermanns Stellung zum Breslauer Schiedsspruch und bei seiner offenbaren Hinneigung zu Polen eigentlich wenig Anlass gehabt hätte, sich viel von ihm zu versprechen, stellt ihm ein günstiges Zeugnis aus. In einem Bericht an den Hochmeister heisst es: „Auch wisse euwer gnaden, das er ein ganzer ge-trewer furderer ist unsers ordens3)." Die Festsetzung in Ungarn ist von den ungarischen Historikern meist scharf kritisiert worden. ') Cillier Chronik cap. 14, p. 82. 2) cf. die Sitzung des Rats von 1430 Sept. 5.: „ . . . dominatio nostra bene intelligere potest, qualis esset ista mutatio (d. i. die Übertragung des Banats von Dalmatien an Hermann) considerata conditione et voluntate dicti comitis Cilie contra nostrum dominium." Monum. Spect. XXT, p. 46. •) Codex epist. Vitoldi p. 901 f. Fessler nennt die Cillier „einen Fluch für die ungarische Nation"1). Dieses Urteil ist in seiner ganzen Schroffheit auf Hermann nicht anzuwenden. Man muss wohl zugeben, dass er das ungarische Reich und speziell Slavonien nur als Gegenstand der Ausbeutung ansah und dass diese Tendenz gerade in den letzten Jahren besonders scharf hervortrat. Dabei ist jedoch nicht zu vergessen, dass er auch Sicherheit und Ordnung in seinem Verwaltungsgebiet erheblich gefördert hat. Fassen wir das Gesagte zusammen: Im grossen politischen Leben trat Hermann nicht häufig in voller Selbständigkeit hervor, dagegen spielte er eine bedeutende Rolle als Ratgeber Sigmunds und hatte als solcher Anteil an allen wichtigeren Ereignissen der Zeit, selbst da, wo dieser Anteil heut im Einzelnen nicht mehr nachzuweisen ist. ') Geschichte Ungarns II, p. 427. IV. Ulrich und Barbara in den Jahren 1436 bis 1439. Der Erbe der politischen Stellung des Altgrafen wurde, wie vorauszusehen, nicht der Sohn1), sondern der Enkel. Während der alternde Friedrich sich auf seinen Gütern und in seiner Grafschaft aufhielt und Reichtümer sammelte, stürzte sich Ulrich, die bedeutendste und interessanteste Erscheinung des Geschlechts, in den Strom des politischen Lebens und suchte gierig nach Betätigung seiner unsteten, rastlosen Natur. Soweit verschwindet der Vater aus dem öffentlichen Gesichtskreis, dass den Fernerstehenden der jüngste Cillier als Sohn des verstorbenen Hermann und Bruder Barbaras galt2). Gleichwie der Grossvater trat der Enkel in engste Verbindung mit dem Kaiser, entschlossen, sich nach Kräften zur Geltung zu bringen. Gelegenheit dazu war vorhanden. Im Vordergrunde der allgemeinen Anteilnahme stand die böhmische Frage, die Versöhnung und Beruhigung der verschiedenen Richtungen der wirtschaftlichen, nationalen, religiösen Bewegung des Hussitentums. Es war dies ein Gebiet, das ganz abseits von dem bisherigen Interessenkreis der Cillier lag, wo demgemäss Anknüpfungspunkte nicht leicht zu finden waren. Um so anerkennenswerter sind die Erfolge, die Ulrich in kurzer Zeit in Böhmen verzeichnen konnte. Die Erkenntnis, dass man der „Ketzer" im Felde nicht Herr werden konnte, dazu die Erschöpfung auf beiden Seiten, liess den Friedensgedanken erstarken. Man war zum Nachgeben bereit; die Compactaten wurden auf dem Landtage zu Iglau 1436 bestätigt, Sigmund als König anerkannt. Am 23. August konnte Die beiden jüngeren Söhne, Hermann und Ludwig, waren vor dem Vater gestorben. s) Mehrfach wird Ulrich „frater imperatricis" genannt. So in einem Bericht des mailänd, Gesandten von 1437. RTA Bd, XII, p. 165. er mit Barbara in Prag einziehen *). Noch umfasste die Einigung nur die Herren und Städte, die gemässigten Utraquisten; die Gemeinden vom Berge Tabor unter Führung Bedrichs von Straznic standen noch abseits. Hier setzte Ulrich von Cilli ein. Schon in Iglau war er mit den böhmischen Verhältnissen vertraut geworden, dann war er mit Sigmund nach Prag gezogen und stand dem Kaiser bei der Neuordnung mit Rat und Tat zur Seite2). Zusammen mit dem Führer der Katholiken, Ulrich von Rosenberg, und des Herrenstandes, Alesch von Sternberg, trat er mit Bedfich, Niklas von Pilgram und Wenzel Koranda in Verhandlung; frühere Versuche waren an Unnachgibigkeit beiderseits gescheitert. Nun wurde, hauptsächlich durch Ulrichs Verdienst, endlich eine Formel geschaffen, auf deren Grundlage man sich einigen konnte: die Taboriten sollen nicht mit Gewalt von ihrem Gottesdienst abgebracht werden, sie sollen sich der Entscheidung von vier Magistern in den Streitfragen des Glaubens unterwerfen; vollständige Amnestie wird ihnen zugesichert. Am 18. November 1436 wurde ihnen unter goldener Bulle die Urkunde über diese Abmachungen ausgestellt, mitbesiegelt vom Cillier8). Die Folge dieser vermittelnden Tätigkeit Ulrichs, seiner unbefangenen und unparteiischen Behandlung der verschiedenen Richtungen, war, dass er sich bald einer grossen Beliebtheit in Böhmen erfreuen konnte, ein Umstand, der ihm bei seinen weiteren Plänen sehr vorteilhaft war. Von geringerer Bedeutung war die Anteilnahme des Grafen an den italienischen Ereignissen dieser Jahre. Sigmund hatte 1435 mit seinem alten Feinde, Venedig, ein Bündnis gegen den aufsässigen Herzog Philipp Maria von Mailand geschlossen. Die gespannten Beziehungen zwischen den Cilliern und der Republik bestanden weiter fort. Dem Kaiser kam diese Feindschaft ungelegen ; er äusserte dem venezianischen Gesandten gegenüber, dass er eine Verständigung sehr gern sehen würde4). Die Re- Altmann nr. 11390 b. 2) Bartoss, Chronicon bei Dobner, Mon. hist. Boh. I, p. 195. Pray III, p. 322. s) Chronicon Thaboritarum bei Höfler, Geschichtsschreiber der huss. Bewegung II, p. 726 cap. 7. *) Sitzung des Rats von 1436 Jan. 5. RTA Bd. XII, p. 156. publik zeigte sich entgegenkommend und ersuchte den Cillier schriftlich, Gesandte nach Venedig zu schickenx). Der Erfolg dieses Angebots scheint zweifelhaft; jedenfalls finden wir noch im folgenden Jahre Ulrich wie auch Barbara auf Seiten des Mailänders. Der herzogliche Gesandte kann im März 1437 berichten, dass der Graf „ein guter Patron" seiner Sache sei; er wolle mit ihm, dem Grafen, gute Freundschaft schliessen, damit dieser sein möglichstes für den Herzog tue2). Sigmund hatte inzwischen seinen alten Plan, das Haus Cilli in den Fürstenstand zu erheben, nicht aufgegeben. Zwei Versuche waren gescheitert. Jetzt, im Herbst 1436, bot sich günstige Gelegenheit. Die meisten Fürsten waren für den Schritt gewonnen, Herzog Friedrich der Jüngere von (Inner-) Österreich befand sich auf einer Fahrt ins heilige Land. Für die Besitzungen, die Cilli vom Agleyer Stuhl zu Lehen trug, hatte Patriarch Ludwig dem Grafen Friedrich im August 1436 Lehensurlaub erteilt3). So erhob Sigmund am 30. November auf dem Markte der Prager Altstadt, in feierlicher Versammlung von Fürsten und böhmischen Herren die Grafen von Cilli in den Fürstenstand, ihre Grafschaften Cilli, Ortenburg und Sternberg zu einem Fürstentum4). Da der Altgraf Friedrich nicht persönlich anwesend war, empfing Ulrich an seiner Statt die Belehnung. Zur Begründung der Erhebung führt die Urkunde an: einmal den tatsächlichen Machtzuwachs des Geschlechts in den letzten Dezennien, dass es nämlich „von gnaden . . . gottes und durch fürderung und unser besonder Steuer und hulff, nachdem als wir die durchleuchtige fürstin frau Barbara zu unser gemahl gerucht haben zu nehmen, sonderlich erhöcht und gewürdiget worden ist, auch an landen, leuthen und mechtigen herrschaften, nemblich die graffschafft Ordtenburgk", die er ihm verliehen. Ferner werden die „Treu, willigk und angenehme dienste" erwähnt, die sie und ihre Vorfahren dem Reich erwiesen haben, und schliesslich noch die „sondere lieb und Zuneigung" angeführt, „die wir zu demselben hauß haben". Friedrich •) ibid. 2) Bericht des mailänd. Gesandten. RTA XII, p. 163 — 165. s) Mitth. d. hist. Ver. f. Steierm. (Göth.) VIII, p. 181 nr. 430. 4) Czechische Annalen bei Palacky, scr. rer. Boh. III zu 1436. Urkunde bei Lünig Cod. germ. dipl. II, p. 547 ff. und Krones, die Freien von Saneck II, p. 163. und Ulrich und alle ihre Nachkommen werden also „von Rom. Khayserl. Mayt. Vollkommenheit" zu „gefürsteten graffen ge-schöpfft, erhoben, gesetzt und gemacht", und alle ihre Lehen und Herrschaften „zu einem rechten und wahren fiirstenthumb", das sie von den römischen Kaisern „zu rechten fürsten lehen . . . mit aufgeregten paniern gleich andren unßere und des Reichs fürsten" empfangen und ruhig besitzen sollen. Es folgt die Aufzählung der Herrschaftsrechte: Gericht, Münz- und Bergregel. Zum Schluss gebietet Sigmund allen Ständen des Reichs, die Cillier als Reichsfürsten anzusehen und zu behandeln bei Strafe von 200 Mark lötigen Goldes. Spätmittelalterliche Schriftsteller haben behauptet1) — und neuere Historiker haben es nachgeschrieben 2) —, dass Barbaras Einfluss die Erhebung der Cillier bewirkt habe. Nun wird man wohl die Möglichkeit zugeben können, dass die Kaiserin für ihr Haus eingetreten sei, entscheidend war jedoch ihre Stimme nicht. Die Fürstung war schon lange beschlossene Sache, und Hermanns Tätigkeit hatte sie veranlasst. Die Urkunde spricht auch nur von „dem wohlbedachten muth, gutten rath, unser und des h. römischen reichs churfürsten, fürsten, graffen, freyen, herrn und edlen", nicht von den Bitten der Kaiserin, und sicherlich hätte man die Nennung ihres Namens nicht unterlassen, wenn sie den Anstoss zur Standeserhöhung gegeben hätte. Nur der Umstand, dass auf Sigmunds Vermählung mit Barbara eine Machtsteigerung des Geschlechts gefolgt sei, wird erwähnt. Dass man von Österreichs Seite die Erhebung der Cillier nicht ruhig hinnehmen werde, war vorauszusehen. In der Tat erhob Herzog Friedrich Einspruch, als er um die Jahreswende von seiner Jerusalemfahrt zurückgekehrt, war. In mehreren Schreiben wandte er sich an Sigmund3): der Kaiser hätte ohne seine, des Landesherrn Zustimmung die Erhebung vorgenommen, während doch sein Vater, Kaiser Karl, die von Saneck mit Willen ') Baibin, Epitome rer. Bohemicarum 1. V. c. 1, p. 496. 2) H. Hermann, Handbuch der Gesch. des Herzogthumes Kärnthen I (1843), P. 140. 8) Dies geht aus dem Schreiben des Kaisers an den Herzog vom 31. Mai 1437 hervor. Chemel I, 2, p. 45. Über den Inhalt der Beschwerden cf. Cillier Chronik p. 84 cap. 15. der österreichischen Herzöge zu Grafen gemacht habe; ausserdem hätten die Cillier Ortenburg und Sternberg unbillig besessen, da diese Gebiete nach dem kinderlosen Tode des Grafen Friedrich „dem landtsfürsten billig ledig worden"; jedenfalls seien die Cillier ihm, dem Herzog, und dem Haus Österreich „pflichtig". Soweit sich diese Begründung auf den Besitz des ortenburgischen Erbes bezog, stand sie auf schwachen Füssen. Die Grafen von Ortenburg hatten, ebenso wie die von Görz, eine von Habsburg ziemlich unabhängige Stellung. Sie werden mit letzteren in den österreichischen Urkunden als „spectabiles et generosi avunculi nostri dilecti" bezeichnet, nicht, wie die Cillier, als „fideles" 1). Hatten die Herzöge dem Erbvertrage zwischen den beiden Geschlechtern auch ihre Zustimmung nicht erteilt, so war doch die Belehnung von 1420 erfolgt, ohne dass sich Ernst oder Friedrich gerührt hatten, ohne dass sich das Verhältnis zu den Grafen getrübt hätte. Dagegen konnte sich Herzog Friedrich mit Recht auf österreichische Privilegien berufen. Das Privilegium minus von 1156 besagte zum Beispiel „ut nulla magna vel parva persona in eiusdem Ducatus regimine sine ducis consensu vel permissione aliquam iusticiam presumat exercere"2). Damit waren offenbar Exemptionen irgend welcher Art rechtlich nur mit Erlaubnis des Herzogs möglich. Die Einwilligung war von Karl IV. 1372 eingeholt worden. Sigmund hatte darauf verzichtet; es war wohl kaum Aussicht vorhanden, sie zu erhalten. Jetzt wies der Kaiser den Protest des Habsburgers zurück: er behauptete, nie etwas von einer Pflichtigkeit seiner „lieben sweger und Fürsten" gehört zu haben und forderte den Herzog energisch auf, die Cillier „mit allen eren und schrifften" als Fürsten zu behandeln; sein vermeintliches Recht auf sie werde ihm dadurch nicht benommen, das würde noch zum Austrag kommen; widersetze er sich, so würde Sigmund das als Eingriff in seine Kaiserliche Gewalt betrachten und dementsprechend handeln8). Erfolglos, wie der Protest Friedrichs, war auch die Drohung des Kaisers. Die Cillier ') Urkunde von 1360. Pusch und Froelich, Diplomataria sacra Ducatus Styriae II, p. 148 ff. Urk. v. 1362 Dogiel I, p. 152. 2) MGH. LL S. IV Bd. I, p. 221 ff. 3) cf. das erwähnte Schreiben Sigmunds vom 31. Mai. Chrnel I 2. p. 45 nr. XXVI. waren nun Fürsten „von Gottes Gnaden" und hatten Anspruch auf das Prädikat „hochgeborn". Der Habsburger ignorierte diesen Anspruch nach wie vor1). Es ist ergötzlich, den Notenwechsel zwischen den beiden Parteien in dieser Zeit zu verfolgen. Graf Friedrich, der hauptsächlich diesen Streit durchkämpft, betont, dass er die gefürstete Grafschaft Cilli „vom heil. Rom. Reich und von nymand andern" zu Lehen trage2), der Herzog hält alle Hoheitsrechte über den „Edlen und lieben getreuen von Cilli" aufrecht3). Doch wurde ein ernstlicher Konflikt jetzt noch vermieden. Die gereizte Stimmung machte sich in kleineren Reibungen Luft. So forderte Herzog Friedrich den Grafen mehrfach auf, in gewissen Streitigkeiten vor ihm Recht zu suchen, ein Ansinnen, das der Cillier natürlich mit Entrüstung zurückwies4). Beide Parteien suchten Anhänger5), auch kam es schon zu Lebzeiten Sigmunds zu kleineren Explosionen6), die in ihren Wirkungen bis in die Regierungszeit Albrechts hinabreichten. In der zweiten Hälfte des Jahres 1437 lenkten die Vorgänge in Sigmunds letzten Tagen die allgemeine Aufmerksamkeit nach Böhmen. Barbara hatte in der letzten Zeit ihre Finanzpolitik der früheren Jahre fortgesetzt. Am 31. März 1436 verschrieb ihr der Kaiser die noch fällige Krönungssteuer der Juden „zu einer erung und gutwilligkeit"7), und die Kaiserin gab sich redlich Mühe, das Geld ihrem Säckel nicht entgehen zu lassen. Sogar an den Papst wandte sie sich mit der Bitte, die Juden des Kirchenstaats zum Zahlen anzuhalten8). Wo sie mit ihrem Bemühen wenig Erfolg hatte, wie beim Herzog Amadeus von Savoyen, nahm sie die Hilfe ihres Gemahls in Anspruch, der gegen den Säumigen ') Cillier Chronik p. 84: „das verdroß die von Cilli also, das von desselben tituls wegen mancherley schreiben . . geschach". 2) Chmel I2, p. 46 nr. XXVIII. ') Chmel I 2, p. 7 nr. 188. *) Chmel I 2, p. 7 nr. 188, I 2, p. 46 nr. XXV111. 6) Chmel Ii nr. 184, I 2, p. 46 nr. XXV11, I 1 nr. 175; Habsburg verbündet sich mit den Grafen von Modrusch! e) Da die Gurker Fehde Anfang 1438 bereits auf ihrem Höhepunkt steht, müssen ihre Anfänge, wie auch die Chroniken berichten, in das Jahr 1437 fallen. ') RTA Bd. XI, p. 323, Altmann nr. 11295—11302, 11305. 8) Altmann 11776a. vorgehen musste1). Daneben erhielt sie nach ihrer Krönung zur Königin von Böhmen (n. Februar 1437) die übliche Krönungsgabe der böhmischen Königinnen, die Städte Königgrätz, Melnik, Trautenau u. a.2) und benutzte den chronischen Geldmangel Sigmunds zu Pfandgeschäftens). Trotz alledem war sie verschuldet4), und die Dürftigkeit des Prager Hofes erregte bei fremden Gesandten Aufsehen6). Inzwischen war in Böhmen ganz allmählich eine Reaktion zu Gunsten des Katholizismus eingetreten. Sigmund begünstigte die Neugründung von aufgehobenen Klöstern, er verstand es nicht, sich mit dem erwählten utraquistischen Erzbischof von Prag, Johannes Rokyczana, zu verständigen, so dass dieser aus der böhmischen Hauptstadt floh, kurz, er verletzte das religiöse Empfinden seiner neu gewonnenen Untertanen. Auf der anderen Seite wachten die Abgesandten des Konzils eifersüchtig darüber, dass die Ketzer nicht zuviel zugestanden erhielten. Seine Lage war schwierig. Unruhen brachen in Prag aus. Anfang Juli begab sich Sigmund nach Eger zum Landtag; seine Gemahlin liess er im Lande zurück®). Barbara scheint sich in diesen Jahren eingehender mit den böhmischen Angelegenheiten beschäftigt zu haben. Wir finden sie in Briefwechsel mit Ulrich von Rosenberg, dem Führer der böhmischen Katholiken7). Während Sigmunds Abwesenheit kamen ihr briefliche Weisungen ihres Gemahls in reichem Masse zu Hilfe8). Doch ihr Vertrauter und Ratgeber ist nicht mehr Ulrich von Rosenberg, der Katholik, sondern der Führer der Herren, der Utraquist Alesch von Sternberg. Ihm übersendet sie Sigmunds Schreiben, ihn unterrichtet sie über eigene Unternehmungen und über des Kaisers Pläne, ihm teilt sie die Absichten des neben Rosenberg führenden Katholiken 1) RTA Bd. XI, p. 312 n. 2. 2) Altrnann nr. 11670. s) Altmann nr. 11747. Archiv cesky herausg. v. Fr. Palacky II (1842), p. 188. *) Altmann nr. 11315. 6) Bericht des mailänd. Gesandten RTA Bd. XII, p. 164. «) RTA Bd. XII, p. 132, 136. ') cf. ihr Schreiben an den Genannten vom 23. Okt. 1436 bei Fr. Palacky, Urkundl. Beiträge z. Gesch. der Hussitenkr. II. (1873), p. 471. 8) Dies geht aus dem Schreiben Barbaras an Alesch von Sternberg vom 11. Aug. 1437 hervor. Archiv cesk^ II, p. 4. Meinhart von Neuhaus mit1). Um die Mitte des August kehrte Sigmund aus Eger nach Prag zurück. Er hatte die Absicht, nach kurzem Verweilen in der böhmischen Hauptstadt nach Ungarn zu gehen. Die immer noch unruhigen Zustände im Lande und eine Krankheit, der Vorbote des nahenden Todes, Hessen ihn daran denken, seinem Schwiegersohne die Nachfolge zu sichern. So brach er Anfang November von Prag auf, um mit Albrecht zusammenzutreffen. Die folgenden Ereignisse, die sich um Sigmunds Tod gruppieren, sind häufig und meist mit verschiedenem Ergebnis zum Gegenstand der Erörterung gemacht worden. Ohne uns auf Mutmassungen über Pläne und Motive der Kaiserin vorerst einzulassen, wollen wir zunächst nur die Tatsachen an uns vorüberziehen lassen, wie sie sich ergeben auf Grund kritischer Betrachtung gleichzeitiger Akten, in zweiter Linie auch der Berichte der Quellenschriftsteller. Die Abreise aus Prag war „auf Anstiften der Königin, der Ungarn und einiger Czechen" erfolgt, wie die sehr zuverlässigen czechischen Annalen berichten2). Der Kaiser kam bis Znaym, wo ihn Albrecht und Elisabeth erwarteten. Von hier aus liess er einen Wagenzug, den Barbara nach Ungarn schickte, aufheben und nach Pressburg bringen; den Dienern der Kaiserin sollte der Zutritt zu den Wagen verwehrt werden3). Am 9. Dezember starb Sigmund. Kurz vor seinem Tode liess er seine Gemahlin durch seinen Schwiegersohn in Haft nehmen4). Mit ihr wurden ') ibid. 2) Zu 1437. Palacky, scr. rer. Boh. III. s) Nach Wostry, Prager Studien XII (1906), p. 34, der das Schreiben aus Szilagyi Sandor, a magyar nemzet töotenete 3. Beil. Bd. 3. p. 566 zitiert. *) Noch Wostry 1. c. p. 34 lässt die Frage offen, ob die Verhaftung vor oder nach dem Tode des Kaisers erfolgte. Chilian p. 49 ff. hat sich mit Recht für das erstere entschieden. Im Gegensatz zu ihm möchte ich behaupten, dass überhaupt kein Widerspruch zwischen den Angaben der wichtigsten Quellen besteht. Die meisten Quellen berichten, dass der Kaiser noch vor Barbara warnte und ihre Verhaftung verfügte: Brief K. Schicks an e. Fürsten (Wostry, Prager Studien XIII 1907, p. 150) „das ist auch des Kaisers gebot gewesen bei sinem lebin"; Antwort Albrechts auf die „Werbung" der Polen in Breslau Jan. 1439: Mon. medii aevi XII, p. 373ff.; dazu Windecke p. 447, Chroniken der dt. Städte I, p. 399; X, p. 22 und auch Aeneas Silvius Hist. Boh. cap. 53. Dagegen scheint zu sprechen ihre Diener und Anhänger festgenommen, darunter besonders Michael Orcszag, der Kammermeister Sigmunds, der sie über des Kaisers Absichten zu unterrichten pflegte1). Die Verhaftete wurde mitsamt ihrem Hofstaat unter dem Geleit ungarischer Herren nach Pressburg überführt und hier eine Zeitlang festgehalten 2). Albrecht wurde von den Praelaten und Baronen Ungarns zum Könige gewählt und Anfang Januar 1438 in Stuhlweissenburg gekrönt. Barbara war inzwischen von Pressburg nach Kommorn gebracht worden; hierher zog ihr der neue König bald nach seiner Krönung entgegen und geleitete sie nach Ofen8). Es kam eine Einigung zwischen beiden zustande: die Kaiserin wurde auf freien Fuss gesetzt und ihr -eine jährliche Rente zugesichert; dafür musste sie ihre Kastelle in Ungarn, besonders die an der polnischen Grenze liegenden, abtreten, mit Ausnahme von fünf Plätzen. Die Burggrafen dieser fünf Plätze mussten schwören, Albrecht und den ungarischen Baronen treu und gewärtig zu sein, die Burgen ohne des Königs und der Herren Willen niemand abzutreten; die Kaiserin hatte nur das Nutzniessungsrecht4). Barbara machte der Brief Hans Kürzls an Eger (Wostry, Prag. Stud. XIII, p. 144): „die (sc. Barbara und ihre Anhänger) hat gefangen unser genediger herre, der herzog von Osterreich", ferner Chron. vet. Coli. Prag, bei Höfler, Gesch. sehr. d. huss. Bew. I, p. 97 f. Der Widerspruch löst sich auf, wenn wir annehmen, dass Herzog Albrecht als Markgraf von Mähren — wir befinden uns in Znaym — die von Sigmund angeratene Verhaftung vollzog. Für diese Annahme scheinen auch die czechischen Annalen zu 1437 zu sprechen: „Um dieselbe Zeit, vor dem Tode des Kaisers, wurde die Königin Barbara durch den Herzog von Österreich und die ungarischen Herren in Znaym gefangen gesetzt." ») S. den zitierten Brief Kürzls bei Wostry 1. c. Über die Vertrauensstellung Orcszags gegenüber Barbara cf. das Schreiben der Kaiserin an A. v. Sternberg (Archiv cesky II, p. 4): „Auf gleiche Weise schreibt uns Michel Orsak, dass Seine Majestät bald nach Ungarn wolle." *) Brief Kaspar Schlicks an e. Fürsten, Wostry 1. c. ») Bericht Diprands von Reibnitz an den Rat von Breslau, Wostry, Prag. Stud. XIII, p. 161 f.; Antwort Albrechts von 1439. Mon. medii aevi XII, p. 373 ff. *) ibid., bes. Diprands Bericht gibt die einzelnen Bedingungen; cf. auch Aeneas Silvius Hist. Boh. c. 55, der die jährliche Rente mit 12000 fl. angibt. Da die Krönung Albrechts im Januar stattfand, der Bericht Diprands vom 4. April datiert ist, muss die Einigung im Februar oder März stattgefunden haben, nicht erst Ende Mai, wie Chilian p. 46 n. 5 Versuche, diese unbequemen Abmachungen zu widerrufen1), fügte sich jedoch bald und stand, wenigstens äusserlich, mit ihrem Schwiegersohne auf gutern Fusse3), bis sie im Sommer 1438, jedenfalls vor Ende September, nach Polen floh3). Albrecht liess ihr nachsetzen, konnte aber nur noch einige Leute ihres Gefolges erreichen, auch fiel ihm der ungeheure Schatz, den die Kaiserin mit sich führte, in die Hände4). Gehen wir nun zu der Frage über: Welches waren die Gründe für Barbaras Verhaftung? Hatte die Kaiserin Pläne, betrieb sie eine Politik, die den Interessen ihres Gemahls oder ihres Schwiegersohnes gefährlich werden konnte? Auch hier wollen wir, um nicht in bodenlose Hypothesen zu geraten, zunächst nur angibt. Auch erwähnt ein undatierter, aber in den Februar-März gehöriger Bericht bei Wostry, Prag. Stud. XIII, p. 158 f., dass Albrecht „mit unser frauwen, der Kaiserin, gutlich geeint" sei. ') cf. den mehrfach zitierten Bericht Diprands: „do si ken Ofen quam, widerrufte si alles, das sie verwilt hatte." 2) Brief Barbaras an Ptacek von Pirkstein bei Palacky, Geschichte Böhmens III, 3 p. 305: Sie fordert Adressaten auf, Albrecht, ihrem „lieben Sohne", beizustehen. *) Am 19. Oktober weiss man bereits in Nürnberg, dass Barbara in Krakau ist. Janssen, Frankfurts Reichskorr. I, p. 463 nr. 830. Wenn wir einem Berichte des Chron. vet. Coli. Prag. (Höfler I, p. 98) glauben dürfen, dann war Barbara allerdings schon bald nach Albrechts Ankunft in Böhmen, also Mitte Juni, in Polen. *) Albrecht selbst spielt auf diese Beute an in dem Projekt eines Friedensschlusses mit Polen (Mai 1439), da Barbara offenbar ihre Schätze reklamierte: „De certis autem rebus hincinde distractis et alienatis . , . nolumus esse penitus obligati, ymmo ipsa domina regina nos . . . quit-tare . . debet . . . Captivos eciam, qui occasione et in parte domine regine capti, liberari faciemus". Mon. medii aevi Xll, p. 392ÎÏ. Windecke p. 471 berichtet ähnlich über diese Verhandlungen, cf. auch Dlugosch tom. IV. lib. Xll, p. 595 und Aeneas Silvius de Barbara impératrice: „Barbara post mortem Sigismundi ad Polonos cum ingenti anro argentoque proficisci voluit, sed intercepta spoliataque est." Silvio redet hier fälschlich von einer Gefangennahme Barbaras; das hat Chilian verleitet, diese Stelle auf Barbaras Gefangennahme nach Sigmunds Tode zu deuten. Ein Lied, das in der zweiten Hälfte des Jahres 1438 in der Umgebung Albrechts entstand, erzählt von edlen Falken aus Ungarland, die der „alten Kro", Barbara, einen grossen Schatz abnahmen. Lilienkron, Historische Volkslieder I, p. 363 ff. Der Bericht an Frankfurt bei Janssen, Frankfurts Reichskorr. I, p. 463 nr. 830 spricht von 200000 Gulden „und auch fast kleynod". das vorliegende Material der Akten und Schriftsteller nüchtern prüfen. Die Festnahme der Kaiserin erregte natürlich allgemeines Aufsehen, gab zu den sonderbarsten Gerüchten Anlass. Ihnen trat bald nach Sigmunds Hinscheiden ein Mann entgegen, der vermöge seiner Stellung am besten über die fraglichen Vorgänge Bescheid wissen musste. Der Kanzler Kaspar Schlick schrieb am 23. Februar einem Fürsten, wahrscheinlich dem Herzog von Sachsen1): „mine frauwe, die Kuniginne, ist nit also gefangen worden, als man sagit; danne als die Hungern meinen, ir gnade habe in die sloss gein Polan werts ligende ver-warlosen wollen, wollen sie ein Sicherheit von ir haben und ir an irem lipgedinge keinen Schaden tun." Darauf habe man sie nach Pressburg geführt, „solich Sicherheit zu machen". Ein Jahr später, bei den Verhandlungen mit den Polen in Breslau, wird die Angelegenheit von Albrechts Seite folgendermassen dargestellt2): Barbara sei zu Lebzeiten Sigmunds festgenommen worden, „wenne der Keyszer seliger wüste, was sy in erer mey-nunge hatte, und derselbige vorsatcz nu genug, clar unde leyder offinbar ist worden." Nun die Schriftsteller. Zwei ziemlich gleichzeitige Städtechroniken berichten über die Ereignisse. Das Tucher-sche Memorialbuch erzählt8): „an sant Niclaus obent (5. Dez.) wart die Kaiserin gefangen und den Ungerischen geant-wortt, die fürten sie gen Pressburgk; darnach kom sie gen Polan und wolt die lant übergeben haben etc." In einer Chronik aus Sigmunds Zeit heisst es4): „die Kaiserin was . . . zu Pressburg geschickt auf das schloss des hertzogen gefangen, dass sie aufgebedieschloss imlant." Ähnlich berichtet auch Windecke5). Nach ihm empfiehlt der Kaiser auf dem Sterbebette seinen Tochtermann zum Nachfolger als rechten Erben; wollten sie ohne Krieg sein, so sollten sie die Kaiserin festhalten, „biß das herzog Albrecht in das Königreich (Ungarn) kerne, oder sie würde den Konig von Polant nemen und in das Königreich ziehen . . Also do er verschiet, do hielt man die Kaiserin uf, daz. sie niergen 1) Wostry, Prag. Stud. Xlll, p. 150. 2) Mon. medii aevi Xll, p. 373 s. 3) Chroniken der dt. Städte X, p. 22. 4) Chroniken der dt. Städte I, p. 399. 6) P- 447- durst rieten, biß daz die Ungerschen herren und das ganz lant herzog Albrechten koren zu eim Konige". — Aeneas Silvius und die Schar seiner Nachbeter wissen von einer Verschwörung Barbaras in Böhmen vor Sigmunds Tode zu berichten1): die Kaiserin habe die böhmischen Führer Ptacek, Sternberg, Podiebrad u. a. zu sich berufen und mit ihnen „de retinendo imperio" verhandelt ; dabei sei auch eine Heirat mit dem polnischen König Wladislaus in Aussicht genommen worden. Dem Kaiser blieben diese Pläne nicht verborgen, er verliess das unsichere Böhmen und ordnete die Verhaftung seiner Gemahlin an. Hier sei noch eine von Aeneas unabhängige Stelle des Dlugosch erwähnt, welche die Stimmung gegen Barbara in Ungarn kennzeichnet. Er schreibt zur Ächtung der Kaiserin, die er in das Jahr 1438 setzt (in Wirklichkeit fand sie 1439 statt)2): „Barbara wurde auf Drängen und durch die Bemühungen der ungarischen Barone, die sie zu Lebzeiten ihres Gatten vielfach mit Schmach und Schimpf bedeckt hatte, von allen ihren Besitzungen . . . vertrieben." Mag man auch in die Behauptung von der Beleidigung der Baronie Zweifel setzen, die Tatsache bleibt bestehen, und bei der noch zu berichtenden Ächtung Barbaras tritt es klar zu Tage, dass die Kaiserin in Ungarn nichts weniger als beliebt war8). Alle Nachrichten ohne Ausnahme stimmen darin überein, dass Barbara aus der Haft entlassen wurde, nachdem sie ihre Besitzungen in Ungarn ausgeliefert hatte. Man kann das angeführte Material in zwei Gruppen scheiden. Die eine, an der Spitze der Brief Schlicks, dann die beiden Chroniken und zum Teil auch Windecke sehen in den ungarischen Vorgängen den Anlass zur Verhaftung: Barbara soll ihre Castelle ausliefern. Demgegenüber erzählt die von Aeneas abhängige Geschichtsschreibung von einer böhmischen Verschwörung. Die ') Aeneas Silvius, Hist. Boh. cap. 53; Dlugosch torn IV. lib Xll, p. 584; Bonfin, Rer. Hungaricarum decades, dec. Ill 1.111, p. 431; Dubrav, Hist. Boh. p. 227; Balbin, Epit. rer. Boh. lib. V, cap. 1, p. 496; Theobald, Hussitenkrieg II, p. 9 ff. s) Dlugosch I. Xll, p. 595. ') Es ist daher unrichtig, wenn Chilian p. 54 behauptet, dass Barbara in Ungarn zahlreiche Anhänger besass, und dass ihre Herrschaft in Ungarn willkommener gewesen sei als die Albrechts. offizielle, wohl etwas tendenziöse Darstellung in Breslau 1439 umgeht vorsichtig die Frage nach dem Grunde der Verhaftung. Betrachten wir zunächst den Bericht der zweiten Gruppe. Darnach waren unter den Vertrauensmännern Barbaras, ausser Sternberg, Ptacek von Pirkstein und Georg Podiebrad, die Kaiserin betreibt die Heirat mit dem Polenkönig, die Hilfe der Grafen von Cilli wird in Aussicht gestellt. In allen diesen Punkten ist der Bericht höchst unglaubwürdig. Der junge Podiebrad spielte damals, um 1436/37, noch gar nicht eine Rolle, die ein Heranziehen zu solchen Plänen gerechtfertigt hätte; Ptacek schloss sich erst nach Sigmunds Tode der Richtung Sternbergs an. Ulrich von Cilli dachte nicht daran, gegen Albrechts Thronfolge zu arbeiten, wie aus seiner späteren Stellung zum König deutlich hervorgeht. Er konnte es schon wegen seiner Hausinteressen nicht, die ihn zwangen, wenigstens einen Habsburger zum guten Freunde zu haben. Völlig absurd ist die Behauptung von dem Plan einer Ehe zwischen Barbara und Wladislaus. Barbara stand nahe dem 50. Lebensjahre, selbst Aeneas nennt sie „mulier iam anus", ein politisches Lied spricht von ihr als der „alten Kro"1). Der königliche Knabe war 14 Jahre alt. Unter diesen Umständen redet der Sienese von der „inexhausta foeminae libido", von den „novi concubitus gaudia", nach denen die Kaiserin gestrebt haben soll! Das wichtigste aber ist, dass die massgebendste Quelle, das Schreiben Schlicks, mit keinem Worte etwas von einer böhmischen Verschwörung sagt. Und gerade ein Mann an leitender Stelle hätte ein Interesse daran gehabt, dass die deutschen Fürsten in der Nachbarschaft Böhmens über die Gefährlichkeit des Treibens der Kaiserin genau unterrichtet waren. Auch der den Ereignissen näher als Silvio stehende Windecke weiss nichts von einer solchen Konspiration, ebensowenig wie die Städtechroniken. Wir werden also in der Erzählung Eneas eine Konstruktion nach späteren Vorgängen sehen dürfen, eine Annahme, die durch die Tatsache gestützt wird, dass der Sienese einen ganz ausgeprägten Hass gegen die Cillier zur Schau trägt und ihnen gern alles Böse nachsagt. Man wusste, dass Barbara und der spätere Führer der Opposition, Sternberg, in freundlichen Beziehungen standen, man sah, wie letzterer für die Gefangene ') Das p. 78 n. 4 erwähnte Volkslied. eintrat, man kannte der Kaiserin zweifelhaftes Spiel in Ungarn, man wusste, dass sie nach Polen geflohen war zu einer Zeit, wo dieses mit Albrecht um die Krone Böhmens rang — also musste doch eine Verschwörung der Kaiserin mit den oppositionellen Böhmen vorliegen. Was hätte auch Barbara bei einer solchen Verschwörung für sich herausschlagen können? An ein selbständiges Weiterführen der Regierung war nach den Traditionen des Landes nicht zu denken. Überlieferte sie das Land den Polen, so war für sie nicht mehr Aussicht auf Einfluss als unter ihres Schwiegersohnes Herrschaft. Auch von persönlicher Feindschaft gegen Albrecht wissen wir nichts, wenigstens nicht von einer so heftigen, dass sich aus ihr ein so bedeutendes politisches Wagestück erklären könnte. Was gab nun den Anlass zu Barbaras Verhaftung? Wir müssen uns an die Angaben der ersten Gruppe halten. Ubereinstimmend berichtet sie, dass die Festnahme von den ungarischen Herren betrieben wurde und zwar wegen ihrer in Ungarn befindlichen „Schlösser". Barbara wollte sie, besonders die an der polnischen Grenze liegenden, „verwahrlosen", wie Schlick sich ausdrückt, und die ungarischen Herren wollten „ein Sicherheit von ihr haben" *). Welches waren nun hier in Ungarn die Pläne der Kaiserin? Glaubte sie, hier ihren Schwiegersohn durch einen jagiellonischen Prinzen verdrängen zu können? Wenn wir dies annehmen, geraten wir in noch grössere Schwierigkeiten und Widersprüche als in Böhmen. Es bestanden hier nicht, wie dort, starke Gegensätze in der Baronie oder im Volke, sodass ein solches Unterfangen auch nur einiger-massen Aussicht auf Erfolg hätte haben können. Zudem war Barbara, wie erwähnt, durchaus nicht beliebt, sie hatte keinen Anhang. Und schliesslich hätte man eine Hochverräterin nicht gleich nach der Übergabe der Kastelle entlassen, sondern wäre, wie es später bei der Ächtung tatsächlich geschah, energischer gegen sie vorgegangen. Die Achturkunde weiss auch nichts von einem solchen Vergehen Barbaras2). Am wahrscheinlichsten ist ') Nur Windecke spricht etwas unklar von einer Verbindung Barbaras mit dem polnischen Könige zur Einnahme des Landes. Dieser Bericht steht wohl auch schon unter dem Einfluss späterer Ereignisse. 2) Es ist doch sehr bezeichnend, dass auch Enea Silvio in seiner aus den vierziger Jahren stammenden Biographie Barbaras noch nichts mir folgende Lösung: Barbara hatte grosse Besitzungen in Ungarn, von denen sie ein Teil, das dotalicium, wie es mehrfach genannt wird, nur als Königin von Ungarn besass. Bei dem bevorstehenden Tode ihres Gemahls fürchtete sie nun, ihr Anrecht auf dieses Heiratsgut an die künftige Königin abtreten zu müssen und suchte es daher zu veräussern, wobei sie, da es sich zum Teil um Grenzplätze handelte, besonders Polen als Käufer im Auge hatte. Habgier und Ränkesucht, das waren die Triebfedern ihres Handelns; von einem grossen, weit angelegten und konsequent durchgeführten Plan findet sich nicht die Spur, und alle diejenigen geraten in Widersprüche zu durchaus zuverlässigen Angaben, wie Schlicks Brief, oder in innerlich unhaltbare Hypothesen, die, der aposteriorischen Konstruktion des Sienesen folgend, an die grosse Verschwörung Barbaras glauben Wie bereits bemerkt, erregte die Verhaftung der Kaiserin grosses Aufsehen, besonders in Böhmen, wo sie unter den utra-quistischen Herren politische Freunde besass. Auf dem Landtag zu Prag Ende Dezember 1437, der sich mit der Nachfolgefrage beschäftigte, trat eine Spaltung ein. Die österreichische Partei, die Katholiken und eine Anzahl Städte, wählte Albrecht; die nationale Partei, die Herren unter Alesch von Sternberg und die Radikalen, machte ihre Zustimmung von der Annahme gewisser Bedingungen abhängig; darunter befand sich, nächst den Kom-paktaten, die Forderung: „Die Königin, unsere gnädigste Herrin, soll er aus der Haft entlassen ohne alle und jede Bedrückung von einer böhmischen oder ungarischen Verschwörung der Kaiserin weiss, cf. die oben p. 78 n. 4 zitierte Stelle. ') Dies tun, soweit ich sehe, alle Historiker, die dieses Thema behandeln. Sie fühlen meist die Widersprüche, die sich bei der Annahme einer grossen Verschwörung Barbaras ergeben und suchen sich mehr oder weniger glücklich mit ihnen abzufinden, ohne zufriedenstellend angeben zu können, was Barbara eigentlich bezweckte. Auch Chilian kann dies nicht. Nach ihm war Barbaras Plan die Bekämpfung Albrechts, um selbständigen Einfluss zu gewinnen. Will man sich die Bedingungen dieses Einflusses klar machen, so gerät man auch hier ins Gedränge. Schon das späte, schwächliche und im eigenen Lande vielfach gemissbilligte Eingreifen Polens in Böhmen beweist, dass von einem langvorbereiteten Einvernehmen mit Barbara zum Zwecke der Besitzergreifung Ungarns und Böhmens — ein Plan, wie ihn noch Wostry, Prag. Stud. Xlll, p. 34, der Kaiserin zuschreibt — nicht die Rede sein kann. und Schätzung"*). Man hatte in dieser Partei überhaupt wenig Neigung, den Österreicher, der als starrer Verfechter des Katholizismus bekannt war, als Herrn anzuerkennen. Noch ehe sich Albrecht zu den Bedingungen äussern konnte, knüpfte man mit Polen an. Man wollte Wladislaus oder seinen jüngeren Bruder Kasimir zum König haben. Spätestens Mitte Januar fanden Verhandlungen statt. Inzwischen bot die Gefangenhaltung Barbaras durch Albrecht gute Gelegenheit, die Anerkennung des Habsburgers hinauszuschieben. Man legte sich für die Kaiserin ins Zeug, man forderte ihre Freilassung, nur um Zeit zu gewinnen zu den Abmachungen mit Polen. Besonders ist es Barbaras früherer Vertrauter, Alesch von Sternberg, der in einer Reihe von Briefen an Ulrich von Rosenberg aus dem Februar 1438 sich als eifrigster Vertreter der Gefangenen geberdeta). Albrecht solle Barbara nicht gefangen halten und schätzen, sondern soll sich an die Prager Punkte halten; handle er dawider, dann errege er sich selbst Unruhen, dann werde man den König von Polen ins Land rufen. Das ist der stehende Inhalt seiner Schreiben. Da entzog der Habsburger allen diesen Klagen den Boden dadurch, dass er Barbara im März freiliess3). Einer Gesandschaft der Böhmen, an der auch Sternberg teilnahm und die ihn im April in Wien aufsuchte, konnte er bereits erklären, dass er sich mit der Königin geeinigt habe4). Bald holten sich die eifrigen Anhänger Barbaras bei dieser selbst eine gründliche Abfuhr. Am 23. Mai 1438 schrieb sie von Altsohl aus an Ptacek, den Führer der Opposition, Albrecht, ihr „lieber Sohn", habe ihr mitgeteilt, dass Adressat gegen ihn agitiere um ihretwillen; sie ermahne ihn, dem Könige beizustehen6). Nun musste man wohl oder übel die Rolle des ritterlichen Beschützers fallen lassen und Farbe bekennen. Ende Mai erklärte man sich offen für Kasimir, Wladislaus' Bruder, und bald nachdem der Habsburger Mitte Juni in Prag ') Aus Archiv cesky 111, p. 459 f. übers, von Palacky, Gesch. Böhmens 111, 3, p. 300. *) Archiv cesky 11 nr. 4 p. 5, nr. 6 p. 8, nr. 7 p. 9. Die Schreiben sind datiert vom 1. und 12. Febr. und Febr. s. d. s) s. O. p. 77. Enea Silvio, Hist. Boh. cap. 54; Palacky, Gesch. Böhmens 111, 3, p, 305 f., Wostry, Prag. Stud. Xll, p. 127 f. 6) Palacky, Gesch. Böhmens 111, 3, p. 305. gekrönt worden war, fiel ein polnisches Heer in Böhmen ein. Um dieselbe Zeit erfolgte die Flucht Barbaras nach Polen1). Ihre Leibgedingstädte Melnik, Königgrätz etc. waren die ersten Plätze, welche den Feinden die Tore öffneten2). Es muss sich in der Zeit von Ende Mai bis Ende Juni wieder ein Wandel in Barbaras Gesinnung vollzogen haben. Die Abtretung ihrer Besitzungen, die man von ihr erzwungen hatte und die sie schon früher zu widerrufen versucht hatte, mochte sie gereuen; vielleicht kamen auch Bedrückungen von Seiten Albrechts hinzu; sie sah, wie in Böhmen eine starke Partei gegen ihren Schwiegersohn aufstand, und so knüpfte sie Beziehungen zu Polen an und suchte den Besitz, den sie in Ungarn noch hatte, in polnische Hände zu spielen3). Von Albrechts Seite behauptete man später, Barbaras böhmische Städte seien mit ihrem Wissen und Willen abgefallen4). Der König traute ihr nicht recht und hatte ein wachsames Auge auf sie; es wurden Briefe aufgefangen, die sie blossstellten6), da wurde ihr der Boden zu heiss unter den Füssen, sie ging an den polnischen Hof. Die Wachsamkeit Albrechts hinderte, wie erwähnt, dass ihre Reichtümer mit ihr ins Ausland wanderten. In Krakau wurde sie freundlich aufgenommen und erhielt von Wladislaus die Einkünfte von Sendomir zugewiesen6). Sie scheint in der Tat einigen Einfluss auf die Albrecht feindliche Politik der Jagiellonen ausgeübt zu haben, wenigstens behauptete man von ihr in Ungarn, sie habe sich nicht gescheut, „plurima RegnO nostro detrimenta procurare"7). ») s. o. p. 78 n. 3. 2) Antwort Albrechts vom Jan. 1439. Mon. medii aevi Xll, p. 373 ff. 3) In der Achturkunde (J. Teleki, Hunyadiak Kora X, p. 43 ff.) heisst es: «... relictis huiusmodi bonis, que ipsa (Barbara) Regno in eodem possidebat, atque in manus infidelium, nobisque et regnicolis nostris nocivorum hominum traditis . . s. auch n. 5. *) Antwort Albrechts vom Jan. 1439 1. c. 5) ibid.: „unde als man denne auch mancherley ewir brieffe begriffen hat, in den denne die Konigynne nicht vil unszers hern des Koniges Sachen czu guthen furderte ..." ') Dies hat Chilian p. 47 n. 6 und p. 57 nr. 3 richtig gegenüber Caro, Gesch. Polens IV, p. 167 n. 1 festgestellt. ') Achturkunde bei Teleki 1. c. Antwort Albrechts 1. c.: „bisz das si vil leichte ir meynunge czu Volbringen selbis unbetwunglichen ist hinweg geczogen." Doch ist es Übertreibung, wenn Chilian p, 47 n. 5. den Poleneinfall auf ihre Tätigkeit zurückführen will. Die polnische Invasion verlief erfolglos, das Heer löste sich vor Tabor auf, der polnische König selbst, der Schlesien furchtbar verheerend durchzog, musste im Oktober vor Deutsch-Neukirch umkehren, nachdem er noch das Gebiet von Ratibor in eine Wüste verwandelt hatte1). Albrecht zog nach Breslau, und hier kam es im Januar 1439 zu Verhandlungen mit den böhmischen Herren und den Polen. In den Forderungen der ersteren taucht wieder der alte Punkt der Prager Abmachungen auf, Albrecht solle Barbara „in ihr Recht" wieder einsetzen, d. h. die ihr abgenommenen Güter sollten ihr zurückerstattet werden2). Der römische König liess in ausführlicher Rede seine Beschwerden gegen die Kaiserin darlegen, alle ihre Vergehen von Sigmunds Tode bis jetzt werden angedeutet. Die Abtretung der Besitzungen sei verbrieft und besiegelt, daran sei nicht zu rühren. Den Polen, die als Vertreter ihres Schützlings eine ähnliche Forderung stellten, wurde die kurze und bündige Antwort, die ganze Angelegenheit ginge sie nicht an, noch weniger als die böhmischen Herren. Fast wären die Verhandlungen ganz ergebnislos verlaufen, da vermittelten Anfang Februar die Gesandten von Papst und Konzil einen Waffenstillstand. Man muss es den Polen lassen, dass sie sich ihrer Klientin mit Eifer annahmen. Als, wohl Anfang Mai, nochmals eine Gesandtschaft mit Albrecht über den Frieden unterhandelte, erklärte sich dieser bereit, der Kaiserin ein Jahrgeld von 1000 Goldgulden auszusetzen; auch das Heiratsgut in Böhmen wolle er ihr herausgeben gegen eine schriftliche Erklärung, es nicht zu seinem Schaden zu verwenden; dagegen müsse sie auf die Herausgabe alles dessen, was ihr sonst noch abgenommen sei, verzichten; auf nähere Verhandlungen über die einzelnen Punkte wolle er gern eingehen3). Es wurde nur eine Verlängerung des Waffenstillstandes erreicht. Barbara blieb in Polen; offenbar genügte ihr das Angebot nicht. Im Mai 1439 betrat Albrecht nach langer Abwesenheit ungarischen Boden. Hier war die Stimmung gegen Barbara begreiflicherweise sehr erbittert. Der ]) Alle diese Greueltaten auf das Konto Barbaras zu setzen, wie Chilian p. 55. tut, heisst der Cillierin eine Bedeutung zuschreiben, die sie in Wirklichkeit keineswegs hatte. 2) cf. über diese Verhandlungen in Breslau die schon oft zitierte Antwort Albrechts vom Jan. 1439. Mon. medii aevi Xll, p. 373 ff. s) Mön. medii aevi Xll, p. 392 ff. Windecke p. 471. Landtag zu Ofen im Juni 1439 beschloss, ihr jede Möglichkeit zu entziehen, in Ungarn wieder Fuss zu fassen. Es wurde festgestellt, Barbara habe die dem Könige schuldige Treue verletzt und sei zu den Feinden übergegangen; deshalb sei sie für eine Landesfeindin zu erklären, ihre Güter seien einzuziehen, der König solle gebeten werden, dieselben an Elisabeth zu übertragen*). Am 11. Juni fällte Albrecht den Spruch: Barbaras Vergehen, die (versuchte) Überlieferung von ungarischen Besitzungen und ihre Flucht zum Feinde werden öffentlich verkündigt, sie selbst für unwürdig und unfähig erklärt, Gerechtsame und Güter in Ungarn zu besitzen, ihr gesamter, noch sehr stattlicher Besitz Elisabeth zugesprochen2). Damit war der Kaiserin Ungarn für immer verschlossen. Sie hat das Land nie wieder betreten. Wie man in weiten Kreisen des Volkes ihr Verhältnis zu Albrecht auffasste, zeigt der Umstand, dass, als Albrecht im Oktober 1439 an der Ruhr starb, es allgemein hiess, Barbara habe ihn vergiftet8), eine Annahme, mit der man damals ja schnell bei der Hand war. Barbaras politische Rolle war ausgespielt. Sie kehrte 1441 von Polen nach Böhmen zurück und führte noch ein Jahrzehnt hindurch in Melnik ein politisches Scheindasein als dekorativer Hintergrund für die Bestrebungen der böhmischen Herren, besonders Podiebrads, dessen „Ratgeberin" sie war. Ihre Bedeutung und ihr Einfluss auf die Ereignisse in den Jahren 1437—39 wurden und werden dank der historischen Stilübungen ihres Feindes Silvio weit überschätzt. Kurz bevor der Kaiserin in Ungarn die Tür gewiesen wurde, schied auch ihr regsamer Neffe in Böhmen für einige Zeit aus der grossen Politik. Ulrich war im letzten Lebensjahre Sigmunds fast stets in dessen Umgebung4). Einer im allgemeinen zuverlässigen Quelle zufolge begleitete er ihn auch auf der Reise von ') Pray III, p. 336. Das späte Vorgehen gegen die Königin erklärt sich sehr einfach daraus, dass Albrecht bis jetzt von Ungarn abwesend war. Erst jetzt fand ein Generalkonvent Zeit, sich mit der Sache zu beschäftigen. Man sieht auch hier wieder, die ganze „Verschwörung" Barbaras ist eine rein ungarische Angelegenheit. 2) Teleki, Hunyadiak Kora X, p. 43ff., 47 ff., soff., 53«. ') Drei von einander unabhängige Quellen erzählen davon: Windecke p. 455; Chronik des Appenwiler bei Bernoulli, Basler Chroniken IV (1896) p. 251; Kölner Jahrbücher in Chron. d. dt. Städte Xlll, p. 182. *) Altmann nr. 12168. Prag nach Znaym 1). Wie steht es nun mit der von Enea Silvio verbreiteten Behauptung, Ulrich habe an Barbaras Verschwörung teilgenommen und habe sich, gewarnt, der Verhaftung in Znaym durch die Flucht entzogen2)? Wir haben oben bemerkt, dass das angebliche Einverständnis zwischen der Kaiserin und ihrem Neffen ein schweres Verdachtsmoment gegen die ganze Erzählung des Sienesen bildet. Selbst wenn man eine böhmische Konspiration zugeben könnte, wäre doch eine Beteiligung des Cilliers gänzlich ausgeschlossen. Zunächst ist festzustellen, dass einzig und allein Enea Silvio von dieser Verschwörung des Grafen berichtet, derselbe Silvio, der sich nicht genugtun kann in Angriffen und Schmähungen gegen das Geschlecht. Dann aber steht diese Behauptung in grellem Widerspruch zu folgenden Tatsachen, die völlig einwandfrei feststehen: i. Albrecht überträgt noch im Februar oder März 1438 die Barbara abgenommenen Güter an — den entflohenen Verschwörer Ulrich von Cilli. 2. An den Kämpfen um Tabor gegen die polnischen Eindringlinge beteiligt sich — Ulrich von Cilli. 3. Als der böhmische König im Herbst 1438 nach Breslau zieht, lässt er im unruhigen Böhmen als Statthalter zurück — Ulrich von Cilli, eine Tatsache, die selbst Silvio unbefangen berichtet. Man miisste also den römischen König, dem allgemein eine grosse Tatkraft zugeschrieben wird, für so — gutmütig halten, dass er denselben Mann, der eben erst mit einer gefährlichen Hochverräterin sich verband und nur durch die Flucht ihrem Schicksal entging, dafür mit den der Hochverräterin abgenommenen Gütern belohnte und ihn gar zum Statthalter des Landes einsetzte, das er an den drohenden Feind bringen wollte3)! 6J Czech. Ann. zu 1437; Bartoss p. 199, hier von Silvio unabhängig, gibt an, dass mit Sigmund und Barbara der Graf von Cilli eingeritten sei „habens bene mille equites et currus ultra centum et pedites aliquot centena". s) Hist. Boh. cap. 53. Enea schreiben in dieser Angabe z. T. wörtlich ab Dlugosch, Bonfin, Theobald etc. s) Trotzdem gibt es einige Historiker, die ein Einverständnis zwischen der Kaiserin und Ulrich annehmen. So Aschbach, Gesch. K. Sigmunds IV., p. 39off.; Palacky, Gesch. Böhmens III, 3, p. 281 f.; dagegen verhalten sich Wostry, Prag. Stud, Xlll und Huber, Gesch. Österreichs II mit Recht skeptischer. Chilian, der übrigens p. 54 das Verhältnis Ulrichs zu Albrecht völlig falsch auffasst, scheint der Ansicht zu sein, dass sich Ulrich erst später Barbara anschloss. Doch ist auch dies unmöglich, schon weil keine bestimmten „Pläne" der Kaiserin vorlagen. Wir werden auch hier neben persönlichen Motiven spätere Ereignisse zur Erklärung der Konstruktion heranziehen müssen. Enea sah, dass der Graf im Frühjahr 1439 ziemlich plötzlich und scheinbar unmotiviert aus Böhmen verschwand und baute auf dieser Tatsache die ganze Geschichte vom Streben nach der Königsherrschaft und weiter der Verbindung mit Barbara auf, zufrieden, dem verhassten Geschlecht einen Hieb versetzen zu können. Ob Ulrich in Znaym bei Sigmunds Tod zugegen war, ist unsicher. Wir finden seine Spur im Februar oder März 1438 wieder, zur Zeit der Einigung Albrechts mit Barbara. Der König übertrug ihm, wie erwähnt, einen Teil der Besitzungen der Kaiserin, zur geringen Freude der Ungarn, deren Nationalgefühl sich damals mächtig regte und welche die Cillier als Ausländer zu betrachten anfingen1). In den Kämpfen in Böhmen im Juli und August desselben Jahres fand Ulrich Gelegenheit, dem Könige seine Dankbarkeit und Freundschaft zu erweisen. Er zog mit Albrecht gegen das polnische Heer und machte die langwierige Belagerung von Tabor mit, wobei er durch seine Tapferkeit und Ritterlichkeit auch im feindlichen Lager nachhaltigen Eindruck hinterliess2). Mitte September hob Albrecht die unfruchtbare Belagerung auf und kehrte nach Prag zurück. Er hatte Eile, nach dem bedrängten Schlesien zu gelangen und sah sich nach einem Manne um, dem er in seiner Abwesenheit die Leitung der verworrenen ') Diprands von Reibnitz Bericht vom 2. April Wostry 1. c. XIII, p. 161 f.: „und die hewser am Wog mit alle ir zugehorunge hot sein genod eingegeben grof Ulrich vom Czil; is ist ganz widir di Unger ge-west, idach wolt is der Konig alzo haben." Auch hier zeigt sich deutlich das gute Einvernehmen zwischen Albrecht und Ulrich. Die Stellung der Cillier in Ungarn beleuchtet ein Beschluss desselben Landtags, der gegen Barbara vorging. Darnach musste sich Albrecht verpflichten, darauf hinzuwirken, das der Despot von Serbien und der Graf von Cilli auf ihren Besitzungen im Lande nur Ungarn, keine Ausländer, zu Vögten etc. einsetzen sollten. Fejer, XI, 244 Art. XXV. 2) Noch im Jahre 1452 bittet der polnische Ritter Derslaus Ritwinski den Grafen, in seine Dienste treten zu dürfen und beruft sich auf ihre Bekanntschaft „in bello Bohemico, in quo ante Thabor aciebus stetimus adversis". Mon. medii aevi II, p. 128 f. Diese bisher ziemlich übersehene Tatsache der Beteiligung Ulrichs am Kampfe gegen die polnische Invasion wird auch von Dlugosch tom IV. Hb. XII, p. 585 kurz erwähnt. böhmischen Verhältnisse anvertrauen konnte. In Ulrich glaubte er einen solchen Mann gefunden zu haben. Der Cillier war im Lande beliebt, er verband Tatkraft mit diplomatischem Geschick. Zwar verstiess seine Ernennung zum Gubernator gegen die von dem Könige angenommenen Prager Abmachungen, die besagten, dass „Angelegenheiten des Landes nur von Landeskindern besorgt werden sollten"*). Auch hatte er noch in Iglau am 8. Juli den Ständen zugesagt, dass „kein Ausländer Ämter bekleiden solle, sondern ein Böhme, wie es Kaiser Karl schon angeordnet"2). Doch halfen ihm die auf dem Prager Landtag Versammelteu über diese Schwierigkeit hinweg, indem sie ihn einmütig baten, den Grafen zum Hauptmann einzusetzen3). Es wurde ihm ein Rat von Herren an die Seite gestellt, natürlich führende Katholiken, wie Meinhart von Neuhaus und Hanus Kolowrat; in den einzelnen Kreisen wurden ihm Hauptleute untergeordnet4). Es war vorauszusehen, dass die Opposition diese Erhebung Ulrichs ausnutzen würde, und in der Tat erscheint bei den Verhandlungen in Breslau auch die Beschwerde, Albrecht habe Ausländer zu Amtleuten gemacht. Diese Behauptung konnte der König in ihrer Allgemeinheit als unrichtig zurückweisen; sie war natürlich auf den Cillier gemünzt, und hier machte Albrecht darauf aufmerksam, dass die gesamten Stände dessen Ernennung gewünscht hätten und dass er sich ganz vorzüglich bewährt habe6). Die Stellung Ulrichs in Böhmen war keine leichte. Uberall herrschten noch Kampf und Unfrieden. Die Gegenpartei war noch keineswegs unterworfen. Der neue Statthalter gab sich redlich Mühe, das Land dem Könige zu gewinnen, nicht immer mit Erfolg. So machte er den Versuch, den Hauptsitz des Widerstandes, Tabor, durch einen Handstreich zu nehmen. Schon waren die Sturmleitern angelegt, da gelang es den Einwohnern, den Feind abzuschlagen6). Die Unruhen nahmen nicht ab. Ulrich ») Archiv cesk^ III, p. 459, übers, bei Wostry, Prag. Stud. XII, p. 108 f. i) Lichnowsky V, p. CCCXCI—III Beil. V. ») Antwort Albrechts vom Jan. 1439. Uber Ulrichs Einsetzung berichten ausserdem Silvio, Hist. Boh. cap. 55 und czech. Ann. zu 1438. *) Czech. Ann. zu 1438. r') Antwort Albrechts vom Jan. 1439. 6) Czech. Annalen zu 1438. sah, dass seine Vollmachten zur Befriedigung des Landes nicht ausreichten. Er begab sich also im Februar 1439 persönlich zu Albrecht nach Breslau, wo ihm der König das Recht übertrug, „in allen und jeden Dingen im Königreich zu handeln und zu walten wie der König selbst, um des guten Friedens willen"*). Kurz nach seiner Rückkehr, Ende Februar, gelang es ihm, eine Unterredung zwischen Vertretern der beiden Parteien, den nationalen Herren und Taboriten einerseits und den Anhängern Albrechts andererseits, herbeizuführen und einen Waffenstillstand bis zum 24. Juni zustande zu bringen 2). Nicht lange nach diesem schönen Erfolg, im April oder Anfang Mai 1439, hat Ulrich Böhmen verlassen8). Was war die Ursache dieses ziemlich plötzlichen Rücktritts? Erfolgte derselbe freiwillig oder gezwungen ? Die Quellen geben keine ausreichende Antwort auf diese Fragen. Die meisten erwähnen den Regierungswechsel in Böhmen überhaupt nicht. Nur Enea Silvio (nebst Anhang) berichtet von ihm und motiviert ihn — in seiner Art. Ulrich habe mit den böhmischen Baronen wegen der Übertragung des Landes an ihn unterhandelt. Albrecht habe es gemerkt und habe ihm die festgesetzten Regierungsgelder entzogen. Darauf sei Ulrich, da er nun keine Bestechungsmittel gehabt hätte, aus Böhmen entwichen4). Es erübrigt sich nach früheren Ausführungen, näher auf diese Darstellung einzugehen. Es wird hier Albrecht wieder jene Gutmütigkeit zugeschrieben: der gefährliche Feind wird nur durch Entziehung der Gelder unschädlich gemacht. Als ob der reiche Cillier das Nötige nicht zehnfach aus eigenen Mitteln hätte beschaffen können! Auch bei den neueren Historikern hat diese Erzählung Silvios keinen Glauben gefunden. Man verzichtete teils auf eine Erklärung5), teils brachte man den Rücktritt in Zusammenhang mit polnischen Umtrieben des Gubernators8). Ich halte auch letzteres für aus- ') ibid. zu 1439. 2) Archiv cesky III, p. 521. 3) Am 23. März urkundet er noch in Prag. Archiv cesky III, p. 521 f. Am 10. Mai überträgt Albrecht die Hauptmannschaft von Böhmen an Ulrich von Rosenberg und Meinhart v. Neuhaus. Wostry, Prag. Stud.' Xlll, p. 194 ff. 4) Hist. Boh. cap. 55, nach ihm Dlugosch, Bonfin u. a. 5) Bachmann, Gesch. Böhmens II (1905), p. 365 ; Wostry 1. c. Xlll, p. 115. 6) Palacky, Gesch. Böhmens III, 3, p. 327 n. 295. geschlossen. Die polnische Kandidatur war damals schon aussichtslos geworden. Ihre Parteigänger standen noch in Breslau dem Grafen nicht gerade freundlich gegenüber, das beweist die Beschwerde über die Ernennung des „Ausländers". Auch hätte er dann die Sympathie der Anhänger Albrechts verloren. Dagegen beweisen Schriftstücke aus den Kreisen der österreichisch Gesinnten, dass der Cillier noch in den Jahren 1440 und 1441 in freundschaftlicher Berührung mit ihnen und mit Böhmen stand1). Auch verfolgte er nach dem Tode des Königs in Ungarn eine polenfeindliche Politik zugunsten von Albrechts Witwe. Bei dem völligen Mangel an glaubwürdigen Nachrichten wird man mit Erklärungsversuchen sehr vorsichtig sein müssen. Doch ist es mir ziemlich wahrscheinlich, dass die Ereignisse in Innerösterreich, die Interessen der Hauspolitik es waren, die den Grafen zur Aufgabe seiner Stellung in Böhmen veranlassten. Wir müssen auf diese Verhältnisse, soweit sie in den Rahmen unseres Themas fallen, zum Schluss noch kurz eingehen. „Des krieges (zwischen den Herzögen Friedrich und Albrecht und den Grafen von Cilli) anfangk was ein pischoff Johannes Scholdermann" (von Gurk), so berichtet die Cillier Chronik2). Was zu einem Zusammenstosse der Cillier mit dem Bischöfe führte, ist unbekannt. Jedenfalls war es ein offenes Geheimnis, dass er von den Herzögen nachdrücklich unterstützt wurde8). Die beiderseitigen Verbündeten schlugen aufeinander los4). Es ist sehr wahrscheinlich, dass im Frühjahr 1438 auch die Herzöge selbst in den Kampf eingiffen. Wenigstens ist im Mai des Jahres bereits ein Kompromiss nötig wegen der „Misshellung, zwitrecht, Irrung, Ingriff, beswerung"; Albrecht soll entscheiden5). Am selben 1. Mai erklärte auch der Bischof von Gurk, sich in seinem Streit mit den Cilliern dem Urteilsspruch des Königs unterwerfen zu wollen8). Albrecht war anderweitig zu sehr beschäftigt, als *) Archiv cesky 11, p. 12: Ulrich wird von den Ständen erwartet, ibid. 111, p. 18 f. 2) p. 84 cap. 15. ») ibid. l) Chmel I, 2, p. 48 nr. XXX. 5) Chmel I, 1, nr. 206, I, 2, p. 50 nr. XXX11. Chmel, Gesch. Kaiser Friedrichs IV, 1, p. 292 glaubt, dass es zu Lebzeiten Albrechts noch nicht zum offenen Krieg gekommen sei. 6) Archiv für vaterl. Gesch. (Kärnthen) VII, p. 104, nr. 357, dass er sich jetzt diesen Angelegenheiten hätte zuwenden können, und so ging der Kampf weiter, den die Grafen im allgemeinen glücklich führten*). Im Februar des folgenden Jahres ist die Entscheidung des Königs noch nicht gefällt. Er versprach dem Bischof, um Pfingsten, wenn er nach Österreich kommen werde, die Angelegenheit zu Ende zu bringen2). Ob dies geschehen, ist unbekannt; Urkunden liegen darüber nicht vor. Ich halte es, wie bemerkt, für wahrscheinlich, dass Ulrich dieser Streitfragen wegen Böhmen verliess. Der Kampf mit Österreich lohte nach Albrechts Tode noch mächtiger auf. Erst 1443 kam es zum Frieden, wobei, zur Wahrung der österreichischen Privilegien, die Grafen von Cilli von Kaiser Friedrich III. nochmals in den Fürstenstand erhoben wurden. In der Folgezeit kam die Eigenart des letzten Cilliers erst recht zur Entfaltung. In den ungarischen Thronwirren, in den österreichischen Verwicklungen, bei den Emanzipationsbestrebungen des jungen Ladislaus Postumus, kurz bei allen wichtigeren Ereignissen des Ostens hat dieser merkwürdige Mann seine Hand im Spiele; auch ins Reich hinaus trieb ihn seine Unrast zur Beteiligung am Markgrafenkrieg. Zwei Söhne waren ihm gestorben, er sah den Untergang seines Geschlechts vor Augen, immer hochfliegender wurden trotzdem seine Pläne, da traf ihn im Jahre 1456 das Schwert des Mörders, eines Bruders jenes Matthias Hunyady (Corvinus), der sich später die Stephanskrone errang. Eine Biographie Ulrichs wäre keine undankbare Aufgabe3). 1) Cillier Chronik p. 85 ff. 2) Chmel I 1, nr. 219. ') Die Jahre 1452—1456 sind behandelt von G. Supan, Die letzten vier Lebensjahre des Grafen Ulrich von Cilli. Wien 1868. Zur Charakteristik der Cillier. Unsere Darstellung hat sich mit vier Gliedern des Geschlechts im wesentlichen befasst. Bei dreien von ihnen, Hermann, Barbara und Friedrich, liegt uns das ganze Leben oder dessen wichtigste Abschnitte vor Augen. Ulrichs Wirksamkeit erreichte erst unter Friedrich III. ihren Höhepunkt. Wir werden deshalb an den Versuch einer Charakteristik jener drei herantreten dürfen, während uns dieser Versuch für den interessantesten und fähigsten des Geschlechts versagt bleiben muss. Doch soll auch sein Wesen, soweit dies möglich, kurz skizziert werden. Fragen wir zunächst nach den Quellen, die uns Zusammenhängendes über Eigenart und ethische Beschaffenheit der Cillier berichten. Wir sind da ausschliesslich auf Enea Silvio angewiesen *); die Cillier Chronik und Windecke bringen nur gelegentlich eine kurze Notiz. Wir haben früher des öfteren gesehen, welcher Wert den Angaben des Sienesen über das Geschlecht beizumessen ist und werden auch bei der Beurteilung seiner Charakteristiken zweierlei nicht vergessen dürfen. Einmal hegte Silvio eine lebhafte Abneigung gegen die Grafen. Er bezog seine Nachrichten aus den Kreisen des Hofes und der Kanzlei in Wien, wo man naturgemäss auf sie nicht gut zu sprechen war, beson ders seit 1452, wo Ulrich und Friedrich die Partei des jungen Ladislaus gegen Friedrich III. ergriffen hatten. An Klatsch und Verleumdung wird es also nicht gefehlt haben. Sodann ist Enea Humanist, d. h. Mann der rhetorischen Pose. Die Form ist ihm 1 Die Hauptangaben finden sich in der Hist. Friderici (Helmstedt 1700) p. 81 f. 104'ff., über Barbara speziell Hist. Boh. cap. 59 und eine besondere Biographie in der Sammlung De viris illustribus (Bibliothek d. liter. Ver. Stuttgart 1842 p. 46). In den Briefen finden sich vereinzelte Bemerkungen über Ulrich: Fontes rer. Austriac. Abt. 11, Bd. 61; über Barbara: Ausgabe der Opera Basel 1571 p. 663 nr. 130. die Hauptsache, die historische Materie wird ihr angepasst. So werden seine Charakteristiken dadurch nicht glaubwürdiger, dass er sie antiken Autoren teils entlehnt, teils sie nach ihrem Muster zurecht macht1). In den Briefen, die den vierziger Jahren entstammen, finden die Cillier eine günstige Beurteilung. Ulrich ist da scharfsichtig, reif im Rat, ein Meister der Kriegsführung; wie er, wird auch Barbara beherzt genannt. Nur vom Hörensagen weiss er von ihm, dass er seine Frau schlecht behandelt, von ihr, dass sie nicht so recht an das Jenseits glaubt; doch sei sie christlich gestorben. In der vor 1451 entstandenen Biographie Barbaras fehlen noch die späteren Angriffe wie auch die böhmische Verschwörung. Die körperliche Schönheit der Kaiserin wird gerühmt, daneben allerdings ihrer Fehler gedacht: der Eitelkeit und des leichtfertigen Lebenswandels. In den späteren Schriften, der Geschichte Friedrichs III. und der Böhmischen Geschichte, hat sich dieses Bild wesentlich verändert. Nur Hermann, der schon lange tot ist, findet Gnade vor Silvios Augen. Seiner Selbstbeherrschung wird gedacht, doch nur, um die Zügellosigkeit des Sohnes hervorzuheben. Friedrich war nach dieser Darstellung ein Ungeheuer; hart, blutgierig, grausam, habgierig, ein Feind der Kirche, von unbändiger Sinnlichkeit, deren Opfer Frauen und Mädchen seiner Grafschaft wurden. Nicht viel besser kommt Ulrich weg, nur dass seine den Vater weit überragende Begabung anerkannt wird. Er ist unermüdlich in Arbeit und Genuss, untreu, in heuchlerischer Verstellung wohl erfahren, mit Eigenem verschwenderisch, lüstern nach fremdem Gut, und vor allem, wie der Vater, ausschweifend im Geschlechts-genuss. Letztere Eigenschaft wird nun auch bei Barbara dick unterstrichen und mit antiken Redewendungen breit ausgemalt. Dazu kommt hier noch der Vorwurf einer grob materiellen Lebensauffassung, die nur den Genuss als Wert anerkennt und alles Transzendente leugnet. Wie stellt sich die historische Kritik zu diesen Angaben? Ganz allgemein wird man annehmen müssen, dass infolge der oben angedeuteten Abneigung ein Übertreiben und eine Steigerung vorhandener Fehler ins Masslose stattgefunden hat. Im Einzelnen J) Besonders den Charakteristiken in Sallusts Bellum Catilinae sind einzelne Wendungen nachgebildet. fehlt für viele der Behauptungen ein Prüfstein. Die stark betonte unkirchliche Gesinnung Friedrichs dürfte durch die Tatsache widerlegt sein, dass gerade dieser Cillier Klöster und Kirchen überreichlich mit Gaben bedachte und sich päpstliche Privilegien auswirkte1). Auch werden die Einzelangaben über Barbaras „Materialismus" dadurch verdächtig, dass sie zum Teil wörtlich auch auf den Herzog Bolko von Oppeln angewendet werden2). Silvio scheint also bei derartigen Beschuldigungen ein gewisses Schema angewandt zu haben. Dagegen muss man wohl ein gewisses Hervortreten der sexuellen Veranlagung bei allen diesen Cilliern zugeben, und die neueren Versuche, besonders Barbara von Ver-irrungen auf diesem Gebiet freizusprechen, bedeuten eine Mohrenwäsche. Von Hermann und Friedrich wissen wir, dass sie uneheliche Söhne hatten3), letzterer hatte ausserdem seine Liebestragödie mit Veronica, Barbara wird keine Ausnahme gemacht haben, berichten doch auch andere Schriftsteller von ihrer laxen Moral4). Freilich betrachtete auch hier der leichte Italiener, für den selbst die Zeiten fröhlichen Venuskultes vorbei waren und der nun — bei anderen wenigstens — verfluchte, was er früher angebetet hatte, fremde Lasterchen unter dem Vergrösserungs-glase. Dagegen hat Enea einen Zug nur gestreift, der bei Friedrich und Barbara ganz wesentlich ist: die Habgier. Es ist doch sehr bezeichnend, wenn die Cillier Chronik berichtet: „und zu Sannegk fand er (Ulrich) nach seinem vatter einen grossen mechtigen schätz"6). Barbaras Geldgeschäfte haben wir oben geschildert ; bei ihrer Flucht nach Polen wurden ihr gewaltige Reichtümer abgenommen, ihre Intriguen sind zum guten Teil auf diese Eigenschaft zurückzuführen. Nach alledem können wir zu folgendem Gesamtbild kommen: Sie waren ein kraftvolles Geschlecht, die Cillier. Körperlich hervorragend durch majestätischen Wuchs (Silvio hebt ihn bei jedem von ihnen hervor), besassen sie über den Durchschnitt Krones, Die Freien von Saneck II, p. 214 n. 35 hat eine Zusammenstellung der Stiftungen gegeben, die sich noch erweitern Hesse. *) In Europam cap. 24. 3) cf. die Stammtafeln bei Krones, Die Freien von Saneck II. *) Windecke p.455: „est mala mulier et tota putena." Widemann, Chron. Curiae bei Mencken, scr. rer. Germ. III, p. 713. 8) Cap. 30 p. 115. hinausgehende geistige Fähigkeiten. Der Hang zur Sinnlichkeit ist ihnen gemeinsam. Durchweg Utilitaristen, hatten sie lediglich die Interessen ihres Hauses beziehungsweise ihre persönlichen im Auge. Ihre Neigung zum Erwerben barg den Keim zur Habsucht einerseits, zur Verschwendung andererseits in sich. Als typischer Vertreter dieser Familieneigenschaften kann Hermann gelten. Er war „gar ein frommer herr", wie die Cillier Chronik von ihm rühmt, fromm im Sinne der damaligen Zeit: er zeigte sich Klöstern und Kirchen gegenüber freigebig und trieb alle Juden aus seinen Gebieten „durch Gottes lieb willen" 1j. Nur ein Ziel kannte er, den Glanz und die Macht seines Hauses. Um dieses Zieles willen wird er zum Fürstendiener und hält unerschütterlich treu an Sigmund fest. Um dieses Zieles willen geht er rücksichtslos und eisenhart gegen den eigenen Sohn vor, als dieser den Namen der Familie durch die Missheirat gefährdet, und schreckt selbst vor Grausamkeiten nicht zurück. Sein selbstherrliches Wesen machte freie Regungen anderer Familienmitglieder unmöglich. — So kommt's, dass der Sohn bei Lebzeiten des Vaters völlig in den Hintergrund tritt. Ein schüchterner Versuch, selbständig aufzutreten (1412), wird vereitelt. Die kräftige cillische Eigenart, die auch in Friedrich schlummerte, musste unter dem schweren äusseren Druck in Extreme ausarten. Das Streben nach Besitz wurde zur Habgier, die eingedämmte Leidenschaft tobte sich auf sexuellem Gebiete aus. — Dieselben Verzerrungen können wir bei Barbara feststellen, hier vielleicht hervorgerufen durch das Gegenteil, die Machtfülle, die ihr ihre Stellung bot. Zwar kann man auch dieser Frau Intelligenz und Tatkraft nicht absprechen, doch ist von irgendwelcher grösseren Bedeutung nicht die Spur. Sie wird von Hermann und besonders von Ulrich weit überragt. — Im letzten Cillier schien die Natur die potenzierten Eigenschaften des Geschlechts im Guten und Schlechten zeigen zu wollen. Tatkraft und Tatenlust bis zur rastlosen Vielgeschäftigkeit, zähes Festhalten an gefassten Entschlüssen und rasches Aufgeben von Personen und Plänen, Streben nach Macht und Besitz auf der einen, Verschwendung auf der andern Seite — ') Cillier Chronik cap. 14. p. 82. cap. 8 p. 75. — Uber die Stiftungen s. o. p. 96 n. 1. das sind die Gegensätze, die dieser Mann in sich vereinigte1). Er nahm seine Hoffnungen mit ins Grab. Dauernde Spuren hat das Geschlecht der Cillier in der Weltgeschichte nicht hinterlassen. Es verschwand plötzlich, wie es aufgetaucht war, wie ein glänzendes Meteor, oder wie ein ßergstrom des Karstes, der nach kurzem Brausen in unterirdischen Höhlungen versinkt. An Kraft und Befähigung fehlte es ihm nicht, und wenn ihm nicht die belgrader Tragödie von 1456 ein gewaltsames Ende gemacht hätte, wer weiss, wie es dann heute im Osten Europas aussähe! l) Enea Silvio, der, in den Grundzügen richtig, das Wesen Ulrichs charakterisiert, gibt auch eine Beschreibung der äusseren Persönlichkeit. Hist. Frid. p. 104. Lebenslauf. Als Sohn des Kgl. Eisenbahnbetriebssekretärs Max Zawadzky wurde ich, Max Zawadzky, katholischer Konfession, am 13. September 1887 zu Ratibor in Schlesien geboren. Vier Jahre besuchte ich die Volksschule meiner Heimatstadt, von Ostern 1897 an das Kgl. Gymnasium daselbst, das ich Ostern 1906 mit dem Zeugnis der Reife verliess. An den Universitäten München, Breslau und Halle widmete ich mich dem Studium der Geschichte und klassischen Philologie und hörte Vorlesungen bei folgenden Herren Dozenten: in München: v. Bissing, Crusius, Drerup, Otto, Pöhlmann; in Breslau: Cichorius, Hoffmann, Skutsch, Wendland; in Halle: Consbruch, Ebbinghaus, Fester, Fries, Goldschmidt, Hasenclever, Heldmann, Ihm, Kern, Levy, Lindner, Menzer, Niese, Prächter, Robert, Saran, Sommerlad, Stammler, Steuernagel, Walter, Wissowa. Allen diesen Herren bin ich zu dauerndem Danke verpflichtet.