^N »4. »84» Der König und der Sänger. <^Dm Norden ward, im kalten Land der Schweden, Die Kunde laut von einem hohen Sänger, Dem solcher Zauber ward im Neich der Töne, Daß «r der Menschen Herzen, die ihn hörten, Nach seinem Willen allgewaltig lenkte, Wenn er zur Harfe absang seine Lieder. Der Trauernde ward froh, wenn Olaf wollte; Wenn Olaf wollte, schmolz die Lust in Klagen; DaS eis'ge Her;, wenn er von Liebe harfte. Empfand ein neues, warmes Liebcsehnen; Der Arm deß Feigen zuckte nach dem Schwerte. Wenn seine Saiten wild von Schlachten brausten; Der Haß ward mild, wenn sie von Eintracht tönten; Den Bösen packte ungekaontes Wehe, Wenn er das sel'ge Los des Guten malte; Den Gotteslaugner griff in heil'gen Schauern DeS Gw'gen Hand und seine dunkle Ahnung, Wenn er den Schöpfer pries und seine Werke. Und auf dem Thron oer Schweden saß ein König, Ein schlimmer Mann und Quäler seines VolkeS, Der keinln Puleschlag Lieb' in seinem Herzen. Und keinen fand im Herzen seines Volkes. Hu ihm gelangle auch die Wmiderkunde Vom Sängerkönig, wie man Olaf nannte. Und er vernahm, daß dieser hohe Meister Durch des Gesanges zaubervolle Kräfte Mit Herzen nach Gefallen schalten könne. Und Wunderthaten bloß mit Liedern wirke. Darob empfand der König Grimm dem Sänger, Er neidet' ihm die allgewalt'ge Herrschaft, Nach der er fruchtlos rang mit Schwert und Scepter, Und ein geheimes Grauen vor dem Mächt'gen Aegt' ihm den Willen auf, ihn zu verderben. So saß er einst bei einem Lustgelage, AIs wieder auf den Sänger kam die Nede, Auf seine Siege ohne Wehr und Waffe. Und mächt'ger regte sich sein Grimm im Herzen, Ui,d das Verderben, so er ihm geschworen, Sollt' ihm dieselbe schwarze Stunde bringen. .Ein Gaukler!" rief er höhnend, „ein Verrückter! Neu aufgestützt das alle Mährlein Orpheus! Ich will ihn hören, bringt den Saitenschläger. Erproben will ich selber seine Künste, Und fällt er durch, so soll er mir's bezahlen, Daß er in unverdientem Ruhme schwelget, Von Blödsinn an die Gaukelei gespendet. Ich will ihn haben, bringt den Saitenschläger!" Und ehe das Gelage noch geendet, Bringt man den Sänger in des Königs Halle. Die Pforten rauschen auf, und festen Trittes, Die Harf' im Arm, das Haupt in langen Locken, Das Aug' in heil'ger Gluth, in allen Zügen Begeisterung, die hehre Himmelstochter, Den hohen Leib in faltigem Gewände, Erscheint der Sänger in der Zecher Mitte. Und Alles schaut, und Keiner ist im Kreise, Den nicht ein räthselhaft geheimer Schauder Ergreift ob der erhabenen Erscheinung; Den König selbst erfaßt ein seltsam Bangen. Und flüchtig senkt sein Blick sich vor dem Sänger. Doch schnell entgegen herrscht er ihm die Worte: »Ei. Meister Olaf. großer Tausendkünstler! Ich bin bei Laune, einen Schwank zu mache». Den nord'schen Orpheus lässest du dich schelten, Machst Herzen tanzen, so wie Jener Steine, Und schaltest mit den armen Menschenkinder», Kraft deiner Saiten wunderlichen Tönen, Als wären sie so viele Zaubersiäbe. Sag', ist das wahr, und bist du probehältig?* Und ruhig d'lauf erwiederte der Sänger: «»Durch mich wirkt Gott, ich aber bin sein Werkzeug " ,Vcsche>d'ne Größe!" höhnte ihn der König. »Doch weil du so viel kannst mit deinen Liedern, Daß man dich gar den Sängerkönig nennet. Dein Lied den Pfeil, der nie vom Ziel verirret, Ei, so laß seh'n. ob du mit dein«r Waffe Vermagst auch, was ein König mit der seinen: Geh', todte mich mit einem Liederpfelle, Wo nicht, so todt' ich dich mit dielem Schwerte. Geh' ein die Wette, oder zieh' von hinnen. Und schäme dich der Ohnmacht, du Allmächt'ger!' Und wieder ruhig sprach darauf der Sänger: »«Ich stelle mich, o Herr! wi» du befohlen."" — Als ob der Tod die Kreise seiner Schwingen Gezogen hätte durch den N-aum der Halle, Sitzt Alles stumm und bleich und ohnt Regung, - 66 So selt'nen Zweikampfs, solcher grausen Wette Unscl'gcn Ausgang, athmend kaum, erwartend. Nur — den wie eine dunkle Grabeöahnung Mit flücht'gem Griff erfaßt' ein kalt Gnt'etze», — Der König nur erzwingt, kaum halb gelungen, Eiu freches Lachen spottender Verachtung. Und vorwärts mit zwei Schritten tritt der Sänger, Und stellt sich auf, dem König gegenüber, Die Harf' im Arm, das Auge auf den König. Und von des Herrschers heiliger Bestimmung, Von seinen Pflichten, von der Völker Glückt/ Die unter sanftem Scepter blühend leben; Von des Gekrönten übersel'gem Lose, Der treu das Amt, das gottgegcb'ne, übet, Singt er in paradiesischen Accorden (3in ew'ges Lied aus gotterfülltem Munde. Sie Alle trifft's; gewalt'ger trifft's den König, Und wilden Blick's gebiethet er i.hm Schweigen. Der Sänger aber braust in seine Saiten, Und stellt dem Himmel, den er erst gesungen, Ein grauscs Bild der Hölle gegenüber. Dämonisch dröhnt's und schmettert wie Verdammniß. Den bösen Herrscher läßt er grimmig walten: — Da ächzen Menschen und die Fluren stöhnen. Die Städte rauchen und die Henker würgen, Die Saat verdorrt, die Geier halten Mahlzeit, Der Pflug verrostet, pesterfüllte Dämpfe Entqualmen dem gequälten Schooß der Erde; Die Engel fiieh'n, und nachtgezeugte Geister Erfüllen rings die Luft mit wildem Kreischen- Erbleicht gebleihet ihm der König Schweigen, Doch Olaf hört den Geist nur^ der ihn treibet. Der König herrscht: ,Man jagc ihn von hinnenj" Nicht Einer wagt's den Aufruf zu vollstrecken; Der König wirft, vom Vusen rasch gezogen. Den blanken Dolch nach dem dämon'schen Sänger: — Er streift vorbei und bohrt sich in die Mauer, Und fort ertönt das Lied in grausem Schwünge. Da faßt den König nie gefühlt Entsetzen, Als wäre, der da singt, der Todesengel; Vom Sitz lre'lbi's ihn empor und aus der Halle-Der Sänger folgt mit festem Niesentritte, Und singt das grause Lied vom schlimmen König. Der Flücht'ge flieht, von Saal zu Saal entweichend. Der Sänger singt, von Saal zu Saal ihm folgend» Vis sie erreicht das letzte der Gemächer, Wo vom Balkon die Blick' in's Schrankenlose» Aus's blaue Meer, das drunten fiuthet, gleiten- Und eben sang 0er Sänger von dem Jenseits, Das zürnend auf den bösen Herrscher harret; Da stürzte sich der König in die Flulhen , Und ward nicht mehr gesch'n im Schwedenlande. Franz v- Hermanusthal. Vaterländisches. Ruhwerthshof. Aus dem Verfalle der Veste und Herrschaft May-hau entstand Nuhwerthshof, dessen Vau im Jahre 1641 Graf Johann Ernst Paradeiser zuerst begann, und den stin Bruder Graf Georg Signnmd Paradeiser 1657 vollbrachte. Beide einstimmig bauten sich am Fuße des Mayhauerbergs, in einer düstern Wal-düng, die zur Cultur Winke gab, und dazu gar vo!> tresslich schien, ihren Hof und Sitz, welchen sie ihrer Nuhe werth und jederBcquemlichkcit angemessener fanden, als die ihnen die Bergvesic Mayhau auf dem steilen Hügel gewährte. Wortforscher finden daher an dü'ftr Stätte den Namen Hof der Nuhc werth, welcher nachher jn einer verfälschten Aussprache in Rupertshof, Nuprcchtshof, Nuperzhe oder Ruperz-verch überging. Mayhau war vor Alters eine Veste in der win-bischen Mark, gegen die ostwärts eindringenden Feinde aufgethürmet, aus deren weitschichtigem Gebiete von Zeit zu Zcit beträchtliche Edelsitze und Landhäuser^ entstanden, die sich davon sonderten, unabhängig, und endlich selbstständig wurden. Von dem Orte erborgte sich eine ausgebreitete Familie, die öfter in dc^ ältesten Urkunden vorkömmt, den Namen, und wähnet*), daß die Grasen von Meggau, die jetzt noch in ihrem Glanz und N,uhme bestehen, vc,n da her Mstammen. So weit als dle von Mayhau ihre Macht verbreiteten, so muthig war im Jahre 1198 Albrecht von Mayhau, sein Gebiet noch wehr auszudehnen; allem er war unter der Ncgicrung des Königs Bcla des Dritten von den Ungarn daran gehindert^'). Die Geschlcchtsfolge und das Wappen derer von Mayhau ließ sich aus bewährten Urkunden von 1238 bis 1554 ausweisen, welches hier der Naum nicht gestattet und diesem Beitrage gar nicht anpassend ist. Seitdem der Herrschaftssitz von May.-hau nach Ruhwerthshof, aus der steilgcbirgigen in die flache Waldgegend am Fuße der Bergkette näher zur Stadt (das ist kaum ein Stündchen ferne von Neustadtl, welches man ehevorNudolphswerth nannte) verlegt wurde, ist das zerfallene Mayhau, auf seinem spitzen unwirchbaren Hügel, in seinen Ruinen den Wild. tauben, Eulen und Fledermäusen zum Wohnplatze überlassen worden; hier nistet jetzt der Falkengeier, l?«!«, butco; der Berguhu, 3li-ix budo; die Ohreneulc, 8lrix uw3; hier haben ihren Anstug viele Schaaren von Tauben: die <ÜoIuinI)3 ^lumb«, die (ü. mu-ßiens, die 6. tell-2vicll?s; der Fuchs und der Dachs sind hier, zu Hause, und die Wölfe sind zur Winters, zeit gar nicht seltsam. Im Jahre 1765 jagte man hier einem Wolfluchsen, ^upus auieuz (I^inno), nach, der auf das Menschenblut sehr erpicht war, und in der Pfarr Obernassenfuß vom Anton Grabner, einem Hopfenbachcr'schen Jäger, erschossen, sein schöner Balg ') M. Sl. Schönlcben im St. Archiv. ") Schöiileben, Gen. Ursma, ,md M. St. in Misscnstci!,. 67 aber nach Wicn in das Naturalien-Cabinctt verschickt wurde. Ruhwerthshof und Mayhau (welches in den alten Documcnten bald Mayhau, bald Maygau, auch Mi'chau und Michovo geschrieben wird) machten eine Cameral-Herrschaft aus, welche seit dcm Jänner 1786 in Folge der Auslassung des Cistcrcicnserstiftcs bei Landcstrost dem Neligionssond zugeeignet wurde. Nirgends findet man Kunden, wie diese einstens sehr ausgebreitete Herrschaft von der Mayhau'schen Familie an den Landesfürsten überging. Nur im l^pei-torio ^ustriaco ?2lte II. Fol. 446 findet man, daß, nachdem Ottokar an Kaiser Rudolph den Ersten im Jahre 1276 die windifche Mark abtrat, der Kaiser an Albert den Zweiten, Grafen zu Görz, der in der windischen Mark ein mächtiger Herr und Gebieter war, Mayhau mit dem dahin gehörigen Marktflecken Zerndtle (jetzt das Dorf Groß- und Klein-Zierowze) im Jahre 1277 zum Pfande weg gab. Im Jahre 1376 kam Mayhau, durch Verträge von Mainhard dcm Dritten, Grasen zu Görz, an Hermann den Ersten, Grafen zu Cilli "). Ihm und seinen Erben blieb cs eigen, bis nach 1456 erfolgtem Abgang der Cillier, Mayhau, so wie alle ihre Güter, dem Hause Oesterreich zufiel. Daher ist Mayhau — jetzt Ruhwerthshof — eine Pfandschillings-Herrschaft. Im Jahre 1472 war Ludwig von Kossiach, österreichischer Pfleger oder Hauptmann zu Mayhau, und 1490 warcs Caspar v. Kraig. BalthaserMündnrfer war 1510 Pfandinhaber von Mayhau; sein Bruder, Sigmund v. Mündorf, hat sich an dem Bug am Ecke, das ist auf der Stätte, wo jetzt Poganitz, Poga-nize, steht, eine Wohnung erbaut; er war der erste Stifter dieses Guts, das von Mayhau getrennt, zu einem besondern und sehr angenehmen Landgute erwuchs. Merkwürdig sind die Jahre 1530 und 1537, in welchen aus Serbien und Bosnien einige türkische Unterthanen in's Land einwanderten, denen bei May' hau, Kostcl und Sichclburg (Sicherberg) Ansied^-lungsplätze angewiesen wurden "*). Sie uiUerscheidcn sich noch jetzt unter dem Namen Uskoken, welches Wort Uebcrläufer bedeutet; sie bewohrun das Gebirge, das von ihnen den Namen Uskokenberg trägt, und ehevor Gertrudenbcrg oder Gosianze hieß. Im Jahre 1540 überkam, Mayhau Hermann Puechler'**) pfandwcis; er staib 1548. Seine Witwe Apollonia, eine gcborne v. Auersperg, hat es gegen ') c^n-nnic. (7,1, __ und Repert, /vnztr. p,rle II., ") S. ^:- Archivs-Acten vom Jahre i53i — i5/jo. "") Pueyler - das ist Vuchlcr, welches Wort dic Alten P u ech, ler aufsprachen und schnebc»; ihr Wappen hat Valrasor in seiner (5- d. ^». K. ^ B. »icht so richlig bezeichnet, als ma» cs a»f >,cn anhangenden SiMen in Urtundcn schen »ann. In, l'lauen Feld« «»,, A^ einer Nuch« v«ll von Hl,chcnt«!Ml. angenommener Pfandsumme von 24,068 fl. 3. W. dem Obristfeldherrn in Croatien, Hrn. Johann Len-kovitsch, welcher auch 1547 Poganitz durch Kauf an sich gebracht hat, übellassen, laut Urkunde 15. Mai 1549. Nach des Herrn von Lenkovitsch erfolgtem Tod, dessen Denkmal durch eine prächtige Grabschrift in Marmor vom 22. Juni 1569 in der Franziskanerkirche zu Neustadt! verewigt wird, erhandelte es von der Lenkovitsch'schen Witwe Margareth, geb. Freiinn v. Egg, mittels Pfand und einer Zugabe im Geld, Hr. Carl v. Juritsch im Jahre 1587, der sich dann nach zwei Jahren an der Gurk, in einer angenehmen Lage, Strugg von Grund aus erbaute, und dieses Landhaus mit einträglichen Realitäten ausschmückte. Dann kam Mayhau von der Juritsch'schcn Familie im Jahre 1619 durch Pfandschaften und Barschaft an Freiherrn Ernst Paradeiser, Hauptmann und Commandanten zu Szluin und Sichelburg; sein Sohn, GrafNudolph Paradeiser, Hauptmann zu Eichclburg und Lehenträger der Herrschaft Lübeck, hat noch dazu Poganitz vom Hrn. Srgmnnd Gussich erkauft, und fo gestalten war Poganitz und Mayhau wieder in den Händen eines einzigen Herrn, wie es zur Zeit der Lenkovitsch'schen Inhabung gewesen ist; aber es blieb wieder nicht lange beisammen, denn nach- dem Tode dieses Grafen war, kraft Theillibell, 6c!o. Laibach 10. Christm. 1659, Poganitz als ein Drittel der Herrfchaft Mayhau der Frau Eva Franzlska, verehelichten und gcbornen Paradtisennn, zugetheilt, wodurch ihren zwei Brüdern, nämlich Grafen Joh. Ernst und Grafen Georg Sigmund Paradeiser, jenem zu Sichelburg, und diesem zu Ottoschatz, Hauptmann und Commandanten, die übrigen zwei Drittel von Mayhau gemeinschaftlich verblieben, diese drei Geschwister! aber sich dahin einverstanden, ihre Schwester Kuni-gunde, die Ehegattinn dcs Grafen Mathias Stras-foldo zu Klingenfcls, mit klingender Barschaft für ihr Erdtheil zu befriedigen. Während der Inhabung dieser zwei Brüder war, wie Anfangs gemeldet worden, das Mayhau unbewohnt verlassen, und aus dessen Ruinen Ruhwerthshos, sohin wie zu einem neuen Wohnsitze, mitnebens auch zur Herrschaft umgestaltet. Die anlockende Gegend, die erleichterte Anfahrt, die leutselige Nachbarschaft, die Sicherheit des Ortes bewog sie, sich da ihren Sitz zu stiften, wo es ihnen besser behagte. Die Ortsgegend gewann gar bald auch eine schönere und freundlichere Gestalt; nach und nach kamen, da> wo chevor unbeurbartcs Ge« strüpp wüste umher lag, faatrciche Fluren empor, angenehmes Fruchtland verbreitete sich von Jahr zu Jahr; hier entstanden Gärten, dort Wieswachs, rings umh«Reihen von Dbstbäumen, Teiche, wohl- 63 gepflegte Triften zur Viehweide', und viele öcono. mische Anstalten, welche diese Gegend paradiesisch schmückten. Nachdem Gras Georg Sigmund Paradeiser mit Tode abgegangen, zwischen dem und seinem Bruder Johann Ernst schon lange vorhin, kraft eines Thei-lungs-Vertrages äcla. Laibach den 8.Oct.1651, Mayhau, Nuhwerthshof und die Obernassenfußer Gült in zwei gleiche Theile gesondert wurden, hat sich nachher die Georg Sigmund Paradeiser'sche Witwe Katha» rina Elisabeth, geb. Gräfinn Urssni v. Blagay, an Johann Gottfried Freiherrn v. Egg zum Hungersbach verehelicht. Auf diese Art überging Mayhau, Nuhwcrths-Hof und die Gült zu Obernassenfuß, theils durch Heirathssprüche, theils durch Ucbergabs - Verträge und Vermächtnisse, von den Grafen Paradeisern, die in ihrem Geschlechtszweige ausstarben', an die Freiherrn v. Egg zum Hungersbach, bei denen es bis 1726 verblieb, als in welchem Jahre es durch Span-nungsrecht nach vielen, binnen vierzehn Tagen angewachsenen Nechtskosten dem (Zistercicnser-Stifte Marienbrunn nächst Landcstrost *) gerichtlich zugefallen ist. Bei diesem Stifte ist es durch 60 Jahre verblieben, und endlich, wie schon oben erwähnt worden, mit Anfang des Jahres 1786 dem Religions-fondc zugeeignet worden. Zu den Herrlichkeiten dieser wohl qualisizirten Herrschaft rechnet man den großen Wildbahn, und __ im Vicariate Mayhau __ das ReisgeMd, dann die beinahe unermeßliche Wald- und Forstgcrechtig-keit, wie nicht minder das Landgericht, welches bei St. Gertrud, auf dem Berge Koth, mit dem Landgericht von Landestrost, Sichelburg und Möttling angränzet, und sich auf dem Platze von selbem sondert, von bannen es sich über den Traunik nach dem QucUbrunnen Klapuzhi zu dem Dorfe Maline hin, zum Bache Stara-Schaga, dem Dorfe Ogorelitz bis auf St. Pet^'r, dem Gurkflusse abwärts, gegen der Mühle Nadazizh auf Suchadol, in die Höhe des Berges Krivitz gegen St. Gertrud erstrecket; es ist eine Strecke von sechs deutschen Meilen, die nach der Brcite nur zwei ein halb Meilen beträgt, die aber in der Gebirgskette mit jenen Bergen zusammenhängt, welchem derReiheweiter nach Dalmatien, Bosnien u. s. w., Hinansireichen, von woher die türkischen Räuber sich manchmal in die Nähe um Nuhwerthshof herein verlaufen, und wenn schon NuhwetthZhof das Unglück ihres Besuches noch nicht traf, so hatte es doch die ") Diöseö cinst landesfiirsiliche, Vtzt muoicipalc Städtchen wird gcmäsi den älteste» Urkunden m dcr Duchersprache Landes' tröst geschrieben und gesprochen, undiiicht Lanüüstrasi oder Landötrasi, wie man eü zu Folqc der pöbelhafte» Auöspra-clie schreiben n»d lesen will. 6, I'^iück .-^-cliuiNoi. <_!ul1n-liiiuo ünd Vuschings Erdbcschrcil'lüig. traurigen Beispiele vor Augen, daß nicht weit von hier der Suppan von St. Iobst, deßgleichen auch Weinitz und Polland ausgeplündert wurden. Diese Banditen haben zedesmal einen Befehlshaber ihrer Rotte bei sich, den sie Haram Bascha nennen. Ein solcher war auch der veüchtigte Radovan Bulics, welcher einstens unter dem Trenkischen Freicorps in k. k. Diensten gegen die Preußen stand, vor welcl'em eben Ruhwerthshof nicht wenig in Furcht und Schrecken gerieth, da er mit stinrr Rotte umher streifte. Nuhwerthshof zählt 147'/-, urbarshuldigeHuben, diemitRusticalgiften und Noboth über 1500fi.D.W. der Herrschaft zinsen, und in folgenden Dorsschaften verlegt sind: Brußnitz, Dolfche, Verchc, Germ bei Gaberje und Germ bei Mayhau, Groß- und Klein-Zierovze oder Ziernig (einstens ein Marktflecken, Zerndlle gcnannt) , Konz, Oglenig, Mihovaß, Stranskavaß, Ober- und Unter-Lakovnitz, Verche bei Lubno, Stcindorf, Wirschendorf, Lcrchendorf, Karncrdorf, Oberschwarenbach, dann im Herzogthume Gottschee das Dorf Amhaag oder Läse, Haschlitz, Wuschnitz, Wiederzug, Ober- und Unter-Nügel. Das weitläufige Dominica!-Vaufcld, mehr ein Werk des Fleißes und der Kunst, als der Natur? ist mühsam und kostspielig zu einem der tragbarsten Fruchtboden erschaffen worden. Nebst den gewöhnlichen Getrcidearten werden auch Hülsenfrüchte, Flachs und Hanf vorzüglich im Wohlgcdeihen erfcchset. Hier ist vortrefflicher Wieswachs, eine gute Vichweide, Weingärten, beinahe unermeßliche Eichen- und Buch-Waldungen, Berg- und Weidrechte, Wein- und Getreidzehente, auch Fischereien und anders mehr, woraus eine jährliche Erträgniß, mit Abzug der Ausgabsposten, wenn anders die Schätzung oder der Anschlag dieser Herrschaft eines vormaligen Ver« Walters von Nuhwcrthshof (F. Y. L.) verläßlich entworfen ward, von 6- bis 7000 fl. D. W. dcm Eigenthümer zufließt. Bei Ruhwerthshof werden Ziegen gehalten; es scheint, daß Schafe auch gar wohl gedeihen, und eine verbesserte Zucht und feinere Wolle erzielt werden könnte. Unter den Weinen ist der, so in Nugel und Nebro eingekcltett wird, der beste in dieser Gegend, und recht köstlich, und von diesen beiden Orten her ist auch das Obst recht schmackhaft, wornach vorzüglich die Badegäste in der Töplitz bei Ainöd sehr lüstern sind ; denn das Fürst Auersperg'jche Warmbad ist in dieser Nachbarschaft, und von Nuhwerthshof kaum eine Meile Weges entfernt. In der obangcführten Veranschlagung dieser Herrschaft wird mit 9 fi. das Billichrecht rubncirt; eine ausbedungene Abgift, welche diejenigen Unter- 69 thanen trifft, die sich in den Dominica!-Waldungen mit dem Billichfange abgeben. Die Billiche, I),pu5 jaculu5, graben sich im Herbste in die Erde, wo sie ihren Winter aushallen. Sie werden in eine Tonne, wie in eine Mausfalle gelockt, und auf einmal auf diese Art zu fünfzig, und sohln viele Tausende des Jahres gefangen. Der Landmann hat von diesem Fange vielfachen Nutzen; das aufgesammelte Fett dient ihm anstatt des Specks und Schmalzes zu Speisen; der Balg wird verhandelt, er gibt für Frauenzimmer-Kleider ein feines, leichtes Winterfutter, und das Fleisch wird in Fäßchen eingesalzen, und auf den Winter zur Nahrung verwahret, oder sonst auch uneingesalzen verspeiset; die gebratene Leber ist auch einem leckern Gaumen ein angenehmes Bißchen, und wer fette Speisen liebt, dem sind Nilliche, lrn Reis gelocht oder gebraten, ein schmackhaftes Gericht. Diesen Thicrchen stellen der Marder, der Iltis und die große Ohreneule, Ltrix olus, unaufhörlich nach; sie sind äußerst furchtsam, und laufen bei jedem Geräusche davon; wcnn nun diese Eule nach ihrer Gewohnheit mit dem Schnabel schnalzt, so werden sie flüchtig; dieß gab zu dem abcrgläubigen Wahne Anlaß, daß ein Waldteufel mit dcr Pritsche diese Thierchen verfolge und herum jage. Valvasor erzählt dieses Gespenster-Mährchcn im 3. B., S. 438, recht possirlich, und vcrsinnlichet es mit einem artigen Kupferstiche. Philosophie des Hutes. Der Hut ist offenbar das ausdrucksvollste und beredteste Stück der menschlichen Kleidung. Er ist ein Hauptclcment derjenigen Physiognomik, welche Jeder unwillkührlich im Verkehr mit seinen Neben-menschen practisch übt. Was sagt er nicht Alles, dieser die männliche Figur krönende und das Gesicht oben einrahmende Filz! Durch tausend feine, unmöglich zu clasiisizirende Nüanzen der Form, aber nicht der Form, welche vom Model des Hutmachers kommt, sondern derjenigen, welche das Anschmiegen an den Schädel dem Hute eindrückt, wird er eine Art von phrenologischem Multiplicator; denn sonderbarerweise sieht man, oft wenigstens, "m Hut mehr von der Gestaltung des Kopfs, als am ^opf selbst. Durch seinen Abstand vom Ohr, durch stine Neigungswinkel gegen die Ebene des Horizonts, deren Verschiedenheit zu fein ist für die Mcßkunst, deren Werthe aber das Auge mit instinc-tiver Sicherheit auffaßt, verkündet er ganze Gas. stn und Stande, ganze Reihen von Leidenschaft tcn und Gcmüthsstimmungen, unendlich mehr, als man felbst glaubt, wenn man sich in diesem Puncte von seinen unbewußten Urtheilen noch nicht Rechen, sthaft gegeben hat. Von den gröbern, stehenden Zü-gm dieser Filzmimik sprechen wir dabei gar nicht, wie vom Hutsatz des Coketten, des Leichtsinnigen, des Liederlichen, des Zornigen, des Betrunkenen, des Frömmlers, des Frommen __ dieß sind zwei verschiedene Huttypen — des Soldaten im Eivilrock, des gemeinen Juden, des gebildeten Israelitcn :c. Und all dieß spricht und telegraphirt ein Cylind er oder ein oben oder unten abgestutzter Kegel mit einem breitem oder schmälern, so oder so ausgekrämpten Rande. Die äußern, von der Mode bedingten Ab--ä'nderungen dcr Form, die Frische oder der Verfall des Huts sind freilich auch sprechend genug, aber nicht mehr als dieselben Phasen an jedem andern Theil der Tracht, und Jeder weiß, wie wenig in dieser Zeit allgemeiner äußerer Uniformität aus der Form und Qualität eines Kleidungsstücks an sich zu schließen ist. Der ganz zerfallene und der von der gemeinen modischen Form auffallend abweichende Hut bilden nur gleichsam einen niedrigen Dialect oder Jargon in dcr universellen Hutsprachc. — Der »nun-tcre dreikantige Hut des vorigen Jahrhunderts, der nur uns in seiner Altersschwäche als Militär- und Dicnsthut so albern und steif vorkommt, war freilich schon durch seine eigenthümliche Form ein viel weiter tragender Telegraph, als der moderne runde, und seine Mimik eine höchst eindringliche und aufdringliche. Der Träger selbst konnte, namentlich durch die Neigung und seitliche Abweichung, die er der charakteristischen Vorderspitze gab, bequem alle seine Humore und Leidenschaften signalifircn, und Zeichner und Schauspieler jener Zeit zogen daraus große Vortheile. Uns dünkt aber doch, als ob der Hut durch seine Arrondirung an Beredsamkeit nichts verloren und an Feinheit der Mimik nur gewonnen hätte. Den Freund derjenigen Physiognomik, welche den bekleideten, unter Seinesgleichen sich bewegende,» und gleichsam in Scene gesetzten Menschen zum Gegenstand hat, könnte es fast verdrießen, wcnn ihm Bestrebungen zu Ohren kommen, wie die des philosophischen Pariser Hutmachers I ay. Der Mann möchte gerne seiner Kunst eine rationelle Grundlage geben. Er geht darauf aus, nach festen, wissenschaftlichen Gründen zu bestimmen, was für ein Hut nach Form und Größe für einen gegebenen Mann nach seinem ganzen Bau, besonders aber nach der Form seines Gesichts, zu construiren sey. Noch einmal, man könnte sich über diese Hutmacherphilosophie ärgern und meinen, der Philosophie des Hures geschehe dadurch Abbruch, wenn man nicht so gut wüßte, daß all dergleichen, wcnn es auch nicht bloßer theoretischer Esprit bleibt, höchstens die Beobachtung complicirt und damit lohnender macht. — Iay schreibt Artikel über jeine Kunst in den Pariser Journalen, und wir können uns das Vergnügen nicht versagen, seinen letzten Aufsatz der Hauptsache nach mitzutheilen. Seine Sprache ist weder sehr ccrrcct, 70 noch sehr klar; die Franzosen werden aber, nach ihrem stehenden Spaße, behaupten, desto sicherer sey ihm ein Platz in der Academie. »Die Verbesserung, nach der ich strebe, ist auf den ersten Blick so gar wichtig nicht; sie ist aber in Wahrheit bedeutend genug, denn sie stellt etwas fest, was nicht feststand: sie führt das gegenseitige Verhältniß, das zwischen dem gutgekleidcten Mann und seinem Hut, zwischen dem Hut und den Gesetzen des gesellschaftlichen Anstandcs bestehen soll, auf Grundsatze zurück." „Für jeden Kopf gibt es eine nur für ihn passende Form, und eine Anzahl von Hüten mag sich noch so sehr gleichen, sie unterscheiden sich durch Nüanzen, die nur ein geschickter Hutmacher aufzufassen weiß; dieß steht einmal fest, als unumstößli-l-iche Basis meiner Theorie.^ »Der Hut muß mit dem gewöhnlichen Gesichts ausdruck in Harmonie stehen, er muß ein Abbild der Physiognomie seyn. — Um Form und Maß des Kopfes aufzufassen, betrachtet der Künstler das Ge» sicht 6liN5 le 6eZi-6 supLi-ieur cle äon lüalnötre; (was heißt dieß eigentlich?). Er streift von unten nach oben hinauf und faßt Zug für Zug, hält sich aber nur an den gewöhnlichen, natürlichen Ausdruck. Dieß ist ein Hauptpunct,, und diesen Ausdruck auf^ zufassen, fallt dem Hutmacher in seinem Magazin eben nicht sehr schwer, well sich hier das Gesicht so ziemlich in seine natl'klichen Falten legt.' »Der Hut muß auch mit dem Wuchs des Mannes in Proportion stehen, und dieser Grundsatz ist von großem Gewicht. __ Ist die Person hoch gewachsen^ so muß auch der Hut im Verhältniß groß seyn, und umgekehrt, wenn die Person klem ist. Cuvier, der nicht nur nicht groß, sondern untersetzt war und einen unverhältnißmäßig großen Kopf halte, hätte einen Hut haben müssen, der lctztern Fehler bedeckte; doch hier gehe ich vielleicht zu weit, wenn ich voraussetze,, daß Cuvier sich könnte um Toilette gekümmert haben. Warum sollte er aber nicht? Heutzutage sind die ausgezeichnetsten Staatsmänner in Europa keine übelgekleideten Personen mehr, etwa Herrn v. Cancrin ausgenommen, der in seinem Cadinet immer eine an den Ellbogen durchlöcherte Jacke tragt; sie kleiden sich mit Geschmack, mit edler Ele» ganz. In der heutigen Welt darf ein hochstehender Mann nicht mehr schlecht oder ungehörig gekleidet seyn, so Großes und Wichtiges er auch im Kopf haben möge; im Gegentheil, er ist eine gutgeklei-dete, äußerst anständige, selbst elegante, ganz verführerische Persönlichkeit. Doch, ich komme von meinem Gegenstand ab." „Ist der Kops iiu Verhältniß zum Körper sehr groß, so muß ihn der Hut scheinbar verkleinern. In diesem Falle werden die Ränder breiter, um das Auge über das Mißverhältniß zu täuschen, — Ist im Gegentheil der Kopf zu klcin, so muß der Hut ihn vergrößern. Aus einem vor mir licgcnden Kupferstich von Drcve' 7rsehe ich, daß der Kopf Laro-chefoucaulds, dieses feinen, kaustischen Sittenmalers, diesen Fehler hatte. Wäre ich zur Ehre ausersehen gewesen, den geistreichen Herzog zu bedienen, so hätte ich diesen Fehler verdeckt. Denselben Typus, wie der Herzog, nur mit Abstufungen, tragen mehrere unserer liebenden Berühmtheiten, wie Rossini, Odilon Barrot, Lablache, Arags, Thiers, Berryer tt. — Ich habe Voltaires Hut nicht gesehen, aber hätte ich ihn zu machen gehabt, so hätte er hoch seyn müssen, und gewiß mit Glück, denn das scu-kastische Gesicht des Fürsten der Spötter war lang; auch dle Ränder hätte ich breit gemacht; doch zu sehr durften diese beweglichen Züge, in deren Spiel man herrliche Gedanken und unbarmherzige Epip gramme einander jagen sah,, auch nicht beschattet werden." „Durch die Veotzachttmg dieser Verhältnisse ver«, sündigt man sich nie gegen die Mode, gegen die wahre Mode, wider welche der Geschmack nie Ein-spräche einlegen kann,, denn Mode ist nur »uno ma-dilitL 6u. Aoüt." Ich weiß nicht so recht, wer dieß ausgesprochen hat; wenn aber ja ein Hutmacher Montesquieu citiren darf, so meine ich, der Ausdruck sey von ihm. Unsere französischen Hüte sind die ersten in der Welt, die leichtesten, geschmeidigsten, besonders aber die proportionirtesten; sie lassen die Stirne frei,, und deßhalb sind sie einer Menge kleiner Modisicationen fähig. — So muß für ein Gesicht mit sehr langem Gesichtswinkel der Vordertheil des Huts merkbar oval geschnitten seyn; dieß ist unumgänglich nothwendig. Diesem Typus gehören an die Kopse von Orsila, Lamartine, Lamennais,, Garnier-Pages, VilI6le u. s. w.» „Das Publikum weiß recht wohl, welche Bedeutung auch dann dem Hut zukommt, wenn man ihn graziöser Weise in der Hand führt, dem Hut in Actualität, wie man ihn im Salon gerade vor sich hin hält, so recht unter den Augen der Person, wel'-cher man eine Bitte vortragt, oder der schönen Dame,, der man ein Compliment macht. Hier gibt der Hut in der Gesellschaft den Händen Beschäftigung und Unterhaltung und diese Eigenschaft des Huts ist im Winter zu cul< twiren. — Im Sommer dagegen muß sich alle Sorge dem Hut als Abschluß des Gesichts zuwenden. Ich habe sehr oft die Bemerkung gemacht, daß lebendige, feurige Geister sich gegen den Zwang einer schweren Kopfbedeckung empören. Dergleichen Leute sieht man auf der Straße mit dem Hut in der Hand, und dieß hat seine großen Nachtheile, nur vom Schnupfen und dergleichen zu reden. Mirabeau ging beständig mit bloßem Kopf, und ich habe Royer Col-lard, Lasitte und Sauzet so gehen sehen. — In der 71 bösen Revolutionszeit, unter der Herrschaft der trau-ngcn, asscctirten Sittcnrohheit, sah man Deputirte mit dcm Hut auf dem Kopf den Sitzungen des Con-vents anwohnen, z. B. Bourdon de l'Oise, Lejeune, Legendre u. a. Als aber die Trümmer der anständigen Gesellschaft sich unter dcm Consulat wieder zusammenfanden, als die natürlichen Züge des französischen NaiionalcharMcrs wieder zum Vorschein ka« men, da nahm man auch den Hut wieder ab, und er rahmte fortan das Gesicht nur auf der Straße und auf dcm Spaziergang ein." „Mein nach Anleitung der von mir aufgestellten Theorie verbesserter Hut steht somit einerseits durch seine Lanze Form mit dcm Gesicht in Proportion; andererseits ist er leicht, weich, elegant gebaut und macht erforderlichen Falls, wenn man ihn in -derHand führt, Line ganz graziöse Figur- Diese Paar Ideen? für so richtig ich sie halte, haben freilich nicht den Werth, als ob der Hut von neucm erfunden worden wäre; man wird mir aber hoffentlich die Anerkennung nicht versagen, daß er dadurch veredelt worden ist. Hat es denn so gar nichts auf sich, wenn man einem Gewerbe, daß,nachgerade alt und stumpf wird, wenn man cm Geschäft, dem man sich von Jugend auf gewidmet, mit Umsicht ein wenig vorwärts dringt? Hat es gar nichts auf sich, wenn man Gesichter ein Büschen hübscher macht, die nichts weniger als ganz hübsch sind?" Iay, Hutmacher. Iay, Hutmachcr! Wie großartig einfach! Wie .ganz französisch dcr philosophische .Excurs, und wie ehrlich deutsch die Unterschrift! Hunderte seiner Lands-leute und Collcgcn hätten gesetzt: «Begründer der Theorie der rationellen Hutccmstruclion.« Abcr dem Mann scheint die Veredlung dcr Kopfbedeckung seiner Mitmenschen ernstlich am Herzen zu liegen, und jeder Ernst in der Kunst macht bescheiden. Die Ideen des Mannes habcn übrigens manche Erinnerung in mir geweckt. — Zu Anfang seines Aufsatzes sagt er: In dcr unendlichen Mannigfaltigkeit von Gesichtern seyen doch gewisse feste Typen herauszugreifen; er führt deren drei auf. — »Ein Hut für einen Engländer," sagt er, „jung odcr alt, ist gewöhnlich mit cincm langgezogenen Gesicht in Proportion zu setzen; dieß ist wenigstens das Princip. Bei cincm Hut für einen Deutschen geht man vom munden Typus aus; im Allgemeinen abcr gehören die Gesichter auf dem Festlande der ovalen Form an." Was er vom deutschen Typus sagt, ist nicht unrichtig; an den germanischen Köpfen ist in dee 0»cgcl der obere vordere Theil bedeutend entwickelter, der Durchmesser von cinem Iochbogcn zum andern großcr als bel den celtisch, gallischen; hiedurch wird nothwendig das Gesicht oben in die Breite gezogen "nd das Oval gestört. Diese Eigenthümlichkeit des "Naucs bringt es aber ferner mit sich, daß auch der horizontale Querdurchschnl'tt des Schädels über den Augen sich weiter vom Oval entfernt und von vorn) eckigter ist, als bei Schädeln mit kleinerem Quer--durchmcsscr der obern Gesichspartie. Da nun die Hüte durchgängig gleichmäßig oval gebildet werden, so folgt aus jenem Verhältniß, daß der Deutsche in der Regel weit länger als dcr Franzose zu suchen und zu probiren hat, bis er einen passenden Hut findet; und dcr passende zwängt ihn am Ende doch an den Schläfen, und er muß sich erst in den Filz hineinleben, ihm seinen phrcnologischcn Charakter eindrücken, wodurch zwar der Hut endlich ein Theil seines Wesens, aber auch aus seiner ursprünglichen graziösen Form naturalistisch in diejenige gebogen wird, welche ihm ein nach Iay gebildeter wissenschaftlicher Hutmacher ü priori gegeben und mit eigenthümlichem, unverwüstlichem Reiz bekleidet hätte. Daraus folgt ferner von selbst, daß der Franzose weit eher als der Deutsche seinen Hut nonalialam-inent so oder so aufsetzen kann, wie er ihm in die Hände kommt, während dcr Deutsche die Marke der Vorderseite suchen muß. Ich erinnere mich, daß ich in Paris ein ganzes Hutmagazin durchprobirte; Aehnliches war mir zwar früher auch ^n Deutschland begegnet; ich wunderte mich abcr damals, denn so jung ich war, wußte ich doch, daß Paris gegen unsere transscendentale Philosophie die Philosophie der Toilette mit Glück in die Wagschale legt, und ich meinte, cs müßte einem Pariser Hutmacher ein Spiel seyn, einem barbarischen Schädel einen Hut zu im-provisircn, zumal sie kurz vorher beim Einfall der alliirten Heere den TypuV genugsam kennen gelernt und wohl auch mit Hüten bedient. Ich erhielt aber damals vom Hutmachcr auch nicht die leiseste rationelle Andeutung: freilich wählte ich meinen Hut, was mir jetzt nicht einfallen könnte, in dcr Straße St. Jacques, im Revier dcr eigentlichen Wissen-schaft, und man muß über die Brücken gehen, um die Professoren der Toilette zu finden. Die oben angedeutete Eigenthümlichkeit unserer Gesichter macht nothwendig, daß manche in die Mode kommende Hutform, welche auf den französischen Durchschnittstypus berechnet ist, vielen unter uns recht sehr übcl stcht. Mir schweben dabei namentlich jene Hüte vor, welche durch die vorne und hinten nicht breite und seitlich rasch , fast anliegend aufgebogene Krampe sehr schmal erscheinen. Es gibt derbe deutsche Gesichter, welche unter einem solchen neckischen, leicht und verwegen aufgcstürzrcn Hütchen wie ausgcquollcn aussehen oder wie in cinem Hohl-spiegcl in die Breite gezogen. Man könnte wünschen, daß Iay mit seinen Reformldccn durchdränge, wo denn auch bci uns die Disciplin der Kopfbedeckung wer, liberaler und mehr »ä Iiominein sich gcstal. ten könnte. 72 ^ Französische Eulenspiegelei. Der „Corsaire" gibt nachstehende Anecdote zum Besten: Ein Richter sagte ein Mal: Beschuldigte man mich, die Thürme von Notre-Dame (zu Paris) gestohlen zu haben, so würde ich vor Allem Reißaus nehmen, um nicht der Gerechtigkeit in die Hände zu gerathen. — Bis vorgestern hat mir das immer ein herrlicher Spaß geschienen. Aber seit ich weiß, daß es gar nicht unmöglich ist, die Thürme von Notre-Dame zu stehlen, hat der Spaß für mich alles Pikante verloren. Ein Engländer tourisirte letzthin im südlichen Frankreich, in der Umgegend von Aix, und bemerkte im Schlosse Grignan eine präch-tlge steinerne Treppe, breit, schwerfällig, massiv, wie man sie vor 200 Jahren zu bauen pflegte. Wie alle seine Landsleute, wollle er aus den von ihm besuchten Gegenden irgend etwas Interessantes mit sich nehmen. Schon hatte er einen.Stein vom Mün» sier in Straßbmg, einen solchen vom Dom zu Wien, andere von den Hauptkirchen von Sevilla, Toledo, Genua, Florenz, von der Peterskirche zu Rom, von der chinesischen Mauer u. s. w. » einen ganzen Wa» gen voll Steine, die alle sorgfältig etikettirt, nume-rirt und einregistirt waren. Danach wird es Niemand wundern, daß sein Gepäck über 20,000 Pfund schwer war, der bedeutenden Verluste ungeachtet, die er durch den Prosaismus seines Kammerdieners erlitten, der, um die Last etwas zu erleichtern, bereits mehr als dreißig Centner Merkwürdigkeiten, die sän Herr theuer bezahlt, unterwegs über Bord geworfen, der geschmolzenen Bruchstücke von der Mör de Glace, den Bossons- und Grindelwaldglctschcrn, der ebenfalls zerronnenen frischen Butter von Interlachen und der anderen Seltenheiten nicht zu gedenken. Beim Anblick der obenerwähruen Rlesentreppe ward unser Engländer von einer sonderbaren Idee heimgesucht. Er sah ein, wie kleinlich seine Steinsammlung von allen den Prachtgebäuden sey, die er gesehen. Dar» uns wendete er sich rasch gegen den Schloßverwalter mit dcr Frage: „Ist Frau v. Sevigno wirklich auf dieser Treppe auf- und abgegangen?« — Ja, mein Herr Mylord. — »Und hat sie in der That ihre Hand aul dieß Treppengeländer gestützt?« ___ Sie hätte Unrecht gehabt, es nicht zu thun, mein Herr Mylord, weil sie sich sonst der Gefahr ausgesetzt haben würde, zu fällen. — »Ist dle Treppe zu verkaufen?" — Die Treppe, wie das ganze Schloß, mein Herr Mylord. __»Was verlangt man dafür?" __ Für das Schloß? — „Nein, bloß für die Treppe." — 18,000 Francs. — «Ich kaufe sie. Wilhelm, nehmt die Treppe, und tragt sie in den Gasthof." — Der Lakai schnitt ein Gesicht und beeilte sich nicht, den Befehl so schnell zu vollstrecken, als die- ser verlangte. Die Treppe war fest gebaut; man brauchte 14 Tage zu ihrer Demolirung. Während dem machte der Eigenthümer von Grignan dem rei» senden Curiositä'ten-Sammler den Vorschlag, ihm stückweise, und zu resonnabeln Preisen das ganze Schloß zu verkaufn, weil kein Zimmer, kein Punct darin sey, so nicht von Frau v. Sevignö oftmals berührt und betreten worden. Der Lord lehnte das Erbieten ab, unter dem Vorwand der Schwierigkeit des Transports. Er hatte schon eine Kirche gekauft, die durch irgend eine theologische Discussion berühmt geworden; eine Wiese, wo ein großer Mann eine große Schlacht gewonnen; eine Brücke, wo ein entsetzliches Verbrechen Stattgefunden, und einen See, den ein Bergsturz zur Hälfte ausgefüllt. Und man glaube nicht etwa, die Anekdote von der Treppe jey erdichtet. Sie hat sich viclmehr buchstablich in neuester Zeit ereignet. Aas Lachen. Das Lachen kann in folgende Arten eingetheilt werden: 1. Das Lachen aus vollem Halse oder das unanständige Lachen.z 2. Das anmuthige Lachen oder das Lächeln. 3 Das standesmäßige Lachen oder das gnädige Lächeln. 4. Das einfältige Lachen, welches man" von dcm aufgeweckten Lachen unterscheiden muß. 5- Das einbildliche Lachen oder das Lachen einfältiger Personen. 6. Das höfliche Lächeln, welches die Mode eingeführt hat. 7. Das verächtliche Lächeln. 8. Das freie, aufrichtige und heitere Lachen, we> ches sich auf der ganzen Gefichtsbildung aus. breitet. 9. Das heuchlerische Lachen oder das verstellte, boshafte Lachen. 10. Das verbissene Lachen, welches man mit Gewalt zurückhält. 11. Das erzwungene oder mechanische Lachen, das durch das Kitzeln erzeugt wird. 12. Das bittere Lachen oder Hohngelächter, wel« ches durch Verdruß, Nache, Widerwille erregt wird, mit einem heimlichen Vergnügen verbun-bunden ist und seinen Grund im Stolze hat. 13. Das anhaltende Lachen, wovon Homer redet, und dem man keinen Einhalt thun kann. ^Dieses und das erzwungene Lachen sind unter dem Namen des sardonischen Gelächters bekannt. Ein italienischer Sternfther wollte sogar die Ge-' müthsneigungen aus dem Lachen entdecken. Nach seiner Meinung lachen die sangu nischen Personen mit hi, hi, hi, die von cholerischem Temperamente mit he, he, he, die von phlegmatischem mit ha, ha, ha, und die melancholischen mit ho, ho, ho. Verleger: Ignaz Alois Vdler v. Kleinmayr.