10V340 - - - _s, edichte s> für die reifere Jugend Vvn nl N'lOi Alexander Äurnx k. k. Gyrmmsinl-Lehrer Lilli, ^892. Druck und Verlag von Dragotin Hribar. 109340 Dem hochwohlgebornen !)errn Hofratb D' L Wolf ehrfurchtsvollst gewidmet vom Verfasser Lin Rnabentraum. Wie oft bin ich gestanden in Heller Sternennncht, Die Büchse in den Händen, des Lagers treue Wacht, — Im duft'gen Palmenhaine — dort, an der Wüste Saum — Ob ich es auch nur träumte, war's doch ein schöner Traum! Ringsum, welch' tiefes Schweigen — nur schwach vom fernen Quell Ertönt des Schakal's Heulen, des Wüstenwvlf's Gebell; Nie hab' ich d'rauf geachtet, hab' halb nur d'rauf gehört, Schakale — feig's Gesindel, nicht eines Schusses werb Und fortan tiefes Schweigen — da dumpfer Donner dröhnt, — Furchtsam zerstiebt die Meute - des Löwen Stimme tönt, — Und weithin in der Steppe flieht jegliches Gethier — Der Wüste Herr und König betritt sein Jagdrevier. i s Und näher grollt sein Donner — „Die Waffen in die Hand!" „Es kommt ein stolzer Gegner, ein Held euch wohl¬ bekannt;" „Vorn Lager auf, Genossen, zur Gegenwehr bereit," „Der Lowe wittert Beute, der Lowe wittert Streit!" „Nicht scheucht ihn blindes Drohen — es flieht nur der Schakal" - „Zu ringen und zu kämpfen, das ist des Helden Wahl." „Nicht hat er je im Streite sein eigen Blut gespart, „Die Berite zu ertrotzen, das ist des Leuen Art." „Vom Lager auf, Genossen" - - umsonst! man hört mich nicht! Kein rauher Schrei, kein Jngdrnf die Stille gellend bricht! Nicht tönt des Leuen Stimme von Blutgier angefacht, Kein Schuss zerreißt das Schweigen der Hellen Trvpen- nacht. „Vom Lager auf, Genossen" — umsonst, es ist ein Traum! So schöner Traum, dass selber ich fassen kann es kaum, Wie nur in knabenhaften entzückten Phantasien Gebilde jener Laude mich märchenhaft umziehn! Die Garde. Schvn sinkt die Svnne nieder, geschlagen ist die Schlacht; Die Deutschen brachen wieder des großen Kaisers Macht; Es flieht das Heer der Franken, die Feinde drängen nach, Die besten Truppen wanken, verloren ist der Tag. Verstummet ist schvn lauge das stolze vivs I' empsrsnr, Die Kühnsten irren bange entmuthigt hin und her, — Und Frankreichs Adler liegen, der Hilf' und Rettung bar, Nach mehr als hundert Siegen gestürzt für immerdar. Da — mitten unter Leichen am blutgedrängten Feld, Wo schon die Bravsten weichen, noch eine Schaar sich hält: Des Kaisers alte Garde will fliehen nimmermehr, Steht fest um die Standarte im Arme das Gewehr. Die sonngebräunten Krieger, die alle Welt bekriegt, — In allen Schlachten Sieger, sie sind nun auch besiegt; Und wieder sind die Farben von Frankreichs Heldensvhn, Für die viel tausend starben, gestürzt von Albion. 4 Ihr Kaiser ist geflohen; wo tausend Feinde nah', Wo tausend Feinde drohen, stch'n Sie verlassen da; In Reihen eng geschlossen und wohl auf ihrer Hut, Die Blicke trüb, verdrossen, voll ernsten Todesmut. Da stürmen Kürassreiter in dichten Reih'n heran, Durch all' die tobten Streiter führt ihre breite Bahn, In wildverwegnem Ritte, in tollem Rvsseslauf, Doch wenig hundert Schritte, — die Garde hält sic auf. Als dann den Sturmeswellen die Krieger schlachtergrant Sich kühn entgegcnstellen — die Waffen klirren laut: Hier, hoch auf mut'gen Rossen Alt-Englands Heldenblut, Die Garde dort, entschlossen, voll stolzem Todcsmut. „Ergebt euch," hört mnn's schreien hell aus der Rciter- schaar, „Es flieh'n der euren Reihen, ihr seid der Hilfe bar," „Der Sieg ist uns zu eigen, kein Widerstand nicht mehr," „Ihr müsst euch endlich beugen und strecken das Gewehr." „Es sind nur wenig Schritte von euch zu uns heran," So ruft laut ans der Mitte der Gard' ein wackrer Mann, „Und wollt' ihr's euch erwerben, holt selber euch's Gewehr," „Die Garde kann wohl sterben — sich geben nimmer¬ mehr!" — s — Da sprengen an die Rosse, da klingt es Hieb ans Hieb, Bon tvdtlichen Geschossen, getroffen mancher blieb; Zerstampft von Pferdehufen noch einmal „vivs 1' vrnpsrsnr!" Die alten Krieger rufen — die Garde ist nicht mehr! Frankreichs ^olm! Anr Berg zu Bujukdere stand ich an Freundes Seit', Bor mir die beiden Meere; in strahl'ndcr Herrlichkeit Drückt auf die Silberwellen des schönen Bosporus Die Sonne ihren Hellen und letzten Abendkuss. Wie himmlisch schon die Lande, zu beiden Seiten grün, Wie gleich dem Silberbandc hindurch die Wellen ziehn; Klar ist die Luft, und Helle erglüht das Firmament — Gegrüßt aus voller Seele sei mir, du, Orient! Mein Freund steht still daneben, schaut schweigend auf die Flut, Und seine Pulse lebeu, sein Blick am Boden ruht, Sein Auge seltsam funkelt, so feucht und thränenschwer, Als ob es längst nmdunkelt von tiefer Sorge wär! Die Mutter hat geschrieben vom fernen Rhonestrand, Gab Kunde ihm vom lieben, so theuren Vaterland; Ob dies auch Lust und Freude dem Sohne sonst gebracht, Jetzt hat mit tiefem Leide der Heimat er gedacht. Sie schrieb von schweren Tagen, von Kümmernis und Not, Es fehlt nach ihren Klagen dein Volke selbst an Brati Es liegen brach die Fluren, Verkehr und Handel bricht, Man kann des Elends Spuren fast schon verbergen nicht. Die Straßen voll von Armen, von Bettlern klein und groß, Und niemand hat Erbarmen, jedweden drückt sein Los; Wird Friede nicht geschlossen, beendigt bald der Krieg, Erliegt das Land dein großen, unseligen Geschick. Wie traf den Freund die Kunde! Er senkt das stolze Haupt; Es hat ihn diese Stunde der Fassung ganz beraubt; Der Kriegsruhm ist vergessen, der Frankreichs Fahnen schmückt, Und kaum kanu er ermessen das Leid, das ihn bedrückt. Da weithin in die Ferne der Abendschuss erdröhnt, Und stolz auf zn den Sternen die Marseillaise ertönt, Der Freiheit Hyninen zucken elektrisch an das Ohr Des Freund's, mit stolzen Blicken hebt er das Haupt empor. Und sieht die schone Szene, die sich dein Blick enthüllt! Dort an der Bergeslehne im grünenden Gefild, Dort lagern Frankreichs Heere, gefürchtet und gerühmt, Und draußen auf dein Meere die Flotte Frankreichs schwimmt. — 8 — Aus langen Kriegen siegreich sind sie zurückgekehrt, Die Zahl von Frankreichs Siegen unzählbar sich ver¬ mehrt, Dreifarbig weht am Strande die Flagge unbefleckt, Die über weite Lande sich herrschend jetzt erstreckt. Da zuckt es ihm zum Herzen — sein Baterlad ist groß! Vergessen sind die Schmerzen, der Heimat traurig Los; Es schwillt in hoher Freude die Brust, nicht seufzt er mehr, Laut ruft er in die Weite: „Hoch Frankreich! vivs I' sinpsrsur!" Die Wüste. In meinen Träumen seh' ich's oftmals winken Aus fernen Landen wie mit Geisterhand, Von meinen Augen dann die Schleier sinken, Und wieder steh' ich dort im Dattelland. Und wieder steh' ich unter schlanken Palmen, Die ich twn ferne einstens schon begrüßte, Und an der Gräser hochgespross'nen Halmen Kenn' ich die Nähe schon der großen Wüste. Die Wüste! o! wie drängt bei diesem Worte Zum Herzen ahnungsvoll sich mein Geblüt, Als ob — dort an des ewigen Schweigens Pforte Entschwund'ner Zeiten Glück mir wieder blüht! Die Wüste! Endlos liegt sie ausgebrcitet Zu meinen Füßen wie ein glühend Meer, So weit der Blick zum Horizonte gleitet Bis hier zu der Oasenguclle her. — 1» Ein Chaos dort, vo» mächt'gen Felseublvcken, Zerklüftet, von der Sonne rothgeglüht, Und zwischen durch auf unermess'ne Strecken Der Flugsand sich in Wellenforincn zieht. Versengend brennt der Sonnenstrahl hernieder, Entflammt die zitternd glutgesüllte Luft, Und bricht verstärkt das Auge blendend wieder Zurück sich dort an jener Felsenkluft. Kein Baum, kein Strauch lässt seinen Schatten fallen Dort auf die Flüche, wo iu Heller Mut Sich glänzend all' die Steingelünde malen, Auf denen ungebroch'nes Schweigen ruht. Da stürmt's heran mit hexenhaftcm Brausen, Es beugt sich tief erschüttert jeder Halm, Die Luft ertönt von geisterhaftem Sausen, Vom Himmel senkt herab sich Heist der Qualm; Ein fahler Schein, nicht Nebel ist's zu nennen, Der jetzt empor am Horizonte steigt, In seinem Glanz die Felsen Heist erbrennen. Die Palme zagend ihre Krone neigt. Und Stoß auf Stost pfeift's durch die stillen Lüfte — Die Erde zittert und der Felsen- bebt In jene Wand dort reißt es neue Klüfte, In düstern Massen sich der Sand erhebt. — — Den Wüsten-Samuin siehst du auferstehn, Er tobt in gräßlich ungezähmter Wut, Treibt vor sich her in nebelhaftem Drehn Des leichtbewegten Sandes wilde Flut. — Ilm Mittag fast ist Mitternacht geworden, Und Dunkelheit die Wüste rings umfängt, Versengend über kaum belebten Orten Der Todesengel seinen Flügel hängt. Du kleiner Mensch! was nützt dir alles Streben, Auf dass du herrschest auf der weiten Welt, Nur einmal darf die Erde wild erbeben, Und hilflos ist auch deine straft zerschellt! Heimweh. Am Fenstercisengitter, die Thüre wohlverwahrt, Die Wände und der Estrich sind Stein an Stein ge paart — Und auf dem dürft'gen Lager ein Mann liegt hin- gestreckt, Dem wunderholde Träume der Schlummergott erweckt. Die festen Mauern schwinden, die Kette bricht und fällt; Nicht hält ihn mehr das Gitter, — er tritt hinaus zur Welt, Durchschreitet Wald und Felder, am klaren Bach vorbei: Nicht hält ihn mehr die Zelle, er ist jetzt — endlich — frei! Es liegt vor seinen Blicken ein freundlich stilles Thal, Vom dunklen Forst umschlossen, — die Heimat seiner Wahl, Ist dort das kleine Häuschen, vom Rebenstock umrankt, Wie heiß im Wiedersehen sein Herzschlag pocht und bangt! Ig Dort spielt am grünen Rasen die frohe Kinderschar, Die Augen blau und sinnig und lockicht blond das Haar; Mit sorgsam ernsten Mienen die Mutter sie bewacht, Man kennt, dass sie seit Langem viel öfter weint als lacht. Run tritt er an die Pforte — jetzt hat sie ihn erblickt — Sein Weib hält er umschlungen, er weint und küsst entzückt Die abgehärmten Wangen, fasst ihre treue Hand — Da klirrt die Eisenkette, der Traum, sein Glück ent¬ schwand. Nicht steht er bei den Seinen in seiner Heimat Schoss, Durch Jahre schon gewaltsam man ihm dies Glück verschloss; Und manche bittre Thräne, manch' banges Jahr ver¬ fließt , Bis er die thcucrn Kinder, sein treues Weib umschließt. Da rüttelt er am Gitter — er will, er muss hinaus Zum stillen grünen Thale, zum rebumrankten Haus; Umsonst! die Stäbe halten, nicht bricht sie Stoß und Schlag, Nicht winkt ihm noch die Freiheit, vbs Herz auch brechen mag! Der heimatlose. Es läge» im schattigen Walde Zwei wandernde Barsche in Ruh' Und horchten dem Sange der Vögel, Dem Rauschen der Wipfel zu; Und sprachen von Städten und Ländern, Die sie auf der Reise geschaut, lind habeu sich Freuden und Leiden Und Hoffen und Sehnen vertraut. Der Eine erzählt von der Heimat, Erzählt von der herrlichen Zeit, Mo emsig die Eltern verwahrten Den Liebling vor jeglichem Leid. Wie freudig die Kinder da spielten, Vom Mütterchen sorgsam bewacht, Wie herzlich die Schwänke der Kleinen Großväterchen oftmals belacht. — tü — Wie segnend der Vater zum Guten Den scheidenden Svhn wohl verwies, Wie sorgenvoll weinend hie Mutter Ihr Kind in die Fremde entließ. „Und kehre ich heim, welche Freude!" „Unmöglich zu schildern ist's mir;" „Du wirst es in eigener Heimat" „Wohl selber erleben an dir." Der andre sah still gegen Himmel, Nachdenklich zu Boden darauf, Es stieg nur ein schmerzlicher Seufzer Zum leuchtenden Äthermeer auf. Und es hat eine einzige Thräne Das brennende Lid ihm gelabt: Der Ärmste hat niemals im Leben Eine freundliche Heimat gehabt, Der Waisenknabe. Im dunklen Wnld an einem Bach Ruht aus ein armes, müdes Kind, Und seufzet schmerzlich weinend: „Ach! Wo wohl die lieben Eltern sind?" Die Welt durchstreift's, sein täglich Brod Zu holen sich von Haus zu Haus; „Äch! rief mich doch von hier der Tod, Mit meinem Leiden wär' es aus." „Ich würde meine Mutter seh'n, Die mich unendlich hat geliebt; Ich dürft' zu meinem Vater geh'n, Dess' Tod mich gar so sehr betrübt!" Die Theuren ruhen lange schon Im tiefen, kühlen Erdengrab, Indessen ihr verlass'ner Sohn Den Wald durchstreift am Wanderstab, 17 „Ich dürste hungern nicht wie heut', Die Füßchen würden nicht mehr wund, Zu sterben bin ich schnell bereit, Ich folgte gern' dem Ruf zur Stund'." So klagte er im tiefsten Schmerz Und schlief im Moos ermattet ein: Gebrochen war des Knaben Herz; Nun wird er bei den Eltern sein. 2 Elfen Neigen. Mit lieblichem Sange auf Wiesen und Feld Hinschweben die Elfen im Tanze, Die Ballnacht der lustigen Wesen erhellt Das Mondlicht mit magischem Glanze. Sie singen so lockend, melodisch und leis Von treuer, herzinniger Minne, Sie spielen und schlickern so fröhlich im Kreis, Berücken des Wanderers Sinne. Ihn fesselt das Schaubild im düsteren Wald Er kann sich davon nimmer trennen, Wohl fasst's ihn wie Schauer und Bangen so kalt, Doch hält ihn ein mächtiges Sehnen. Sie nahen allmälig im lustigen Tanz, Es schwindet vor ihnen der Schauer, — Er schaut in die leuchtenden Augen voll Glanz, Voll Sehnsucht, Verlangen und Trauer; — IS — Sie singen von Liebe und Liebeslust, Und schließen um ihn ihren Reigen, Vorcihnend schwellt höher die glühende Brust, — Er gibt sich den Geistern zu eigen! Weihnacht. Draußen bläst der Sturm so eisig Sich ein schaurig Schlummerlied, Braust vorbei an Hellen Fenstern, Wirbelnd treibt den Schnee er mit. D'rinncn kniet die Mutter betend An des Kindes Schmerzensbett, Schickt zum Schöpfer ob den Sternen Dort zum Vater manch Gebet. „Schlumm're Herzchen, schlumm're süßer, „Besser ist es über Nacht, — „Vater schirm' mein liebes Herzchen, „Schutzengl, nimms in deine Wacht!" Müde schließen sich die Augen, Die gewacht so lange Zeit, Und entschlummert war die Mutter An des theuren Kindes Seit'. — 2L „Mutter!" ruft es schmerzvoll leise, Sie aus kummervollem Traum, „Mütterchen, Christkindlein ruft mich Jetzt zu seinem Weihnachtsbnum." „Ach wie schon, wie schon, — ich komme „Mutter, warum weinest Du? — „Sieh die lieben Englein lachen „Freundlich grüßend all mir zu." Und ein letztes sanftes Lächeln, Und ein letzter süßer Gruß — Und das ganze Glück der Mutter Scheidet mit dem letzten Kuss. Bettlerkindes Lhristnacht. Ein Knäblein schaut an einem Fenster Entzückt und sehnsuchtsvoll hinein, Doch bcbt's vor Frost am ganzen Leibe, Möcht' auch im marinen Stübchen sein; Im Stübchen, das im Strahlenmcer Der Lichter wundervoll erglänzt, Im Stübchen, wo die grünne Tanne Mit Gaben reichlich ist bekränzt. Der Schnee knarrt unter seinen Füßchen, Der Nordwind peitscht sein Lockcnhaar, lind feuchter Nebel trübt die Augen, Und seine Fingcrchen sind starr. D'rum sehnt es sich in's warme Stübchen Und in den frohen Kinderkreis, Mvcht' sich mit ihnen herzlich freuen Und auch empfangen seinen Preis. 23 Allein so sehr es sich mag sehnen, Meibt's ihm doch nur ein süßer Traum, Denn ihm, den: armen Bettlerkinde, Schmückt niemand einen Tannenbaunr So sinkt es an den: Fenster nieder Und schläft ermattet, ruhig ein, Der Himmel dienet ihm zur Decke, Sein Ruhekissen ist ein Stein. Und milde Träume es umschweben: Christkindlein nahm es an der Hand lind führet es in lichte Räume, Wo es den schönsten Christbaum fand. — Bleib' an Bord! Jünger Neptuns! willst du wirklich Treulos werden deinem Schwur? Willst die weite Meeresfläche Tauschen gegen Wald und Flur?! Willst die Lämmer friedlich hüten An des Baches grünem Rand, Statt vom Bord des Orlogschiffes Stolz zu schaun auf's flache Land! Sieh — es braust die Bö gewaltig Und es flutet hoch die See, Schäumend brechen sich die Wogen An der Düne dort im Lee; Dicht gerafft die Segel liegen Hart am Wind, es stöhnt der Mast, Wenn der Sturm mit kräft'gem Drucke Voll die breiten Linnen fasst. 25 Dunkle, weißbekämmte Wogen Bäumen sich zum Himmel auf, — Horch — es ruft die Bvtsmanuspfeife: „Alle Mann auf's Deck herauf!" Unheildrohend schlägt die Brandung Schäumend an den Steuerbord, Gischend am geschweiften Buge Bricht die See sich fort und fort. „Refft die Marse, los den Klüver," „Frisch, die Hände flink gerührt," „Dass das Schiff des Sturmes Wüten" „Minder in den Linnen spürt;" „Steuerbord gehalten, Mate —" „Steuerbord, sonst treibt die Flut uns" „Dinars ab auf den Dünensand." Kreischend ziehen weiße Möven Um das sturmbedrohte Schiss, Und mit perlengleichem Schaume Schlägt die Brandung an das Riff — „Steuerbord — beschlagt die Brame," „Auch das Oberbram herab — " Und von kund'ger Hand geleitet Fällt das Schiff vom Lande ab. Sieh! im Kampf der Elemente Fühlt der Mann sich fast ein Gott, Scheut, der eignen Kraft vertrauend, Fährnis nicht und Sturmesnot. 26 Und Du willst uns jetzt verlassen? Bleib' an Bord! Schiffsmatte bleib — Auf der See nur wohnen Männer, Wer am Land wohnt, ist ein Weib. Wer am Land stirbt, o! den gibt man Nur ein wurmzernagtes Grab; Hei, den braven Seemann senken Wir zum Meeresgrund hinab, Und die See ist seine Decke Von der Sonne Strahl verschont, Und die Windsbraut ist sein Grablied, Jedes Schiff sein Monument. Bleibe, Mate, bleib' an: Meere —. Keines Seemanns Freund ist's Land; Mancher liegt schon dort begraben Modernd in dem Dünensand; Nur die See ist Deiner würdig, Sie, der treu Du stets vertraut, Sei für immer Deine Heimat, Und Dein Schiff sei Deine Braut. Der Auswanderer. Leb' wohl, du Hütte, lebe wohl! Ich sehe dich nie mehr, Mein Auge ist der Thränen voll, Das Scheiden wird mir schwer, Ich ziehe in die weite Welt, Leb' wohl, hold Nachbarkind! Schon hat die Segel sanft geschwellt Ein leiser, milder Wind. Leb' wohl, o Heimatland, leb' wohl Mein theures Vaterland! Die Brandung braust, die See geht hohl, Die Flut bedeckt den Strand. Es rufet laut der Glocke Ton Am Deck zürn letzten Mal. Das Boot harrt meiner lauge schon Im grünen Wellenschwall. LS Nur wenig kurze Stunden noch, Das Meer hüllt mich dann ein, Und über mir am Himmel hoch Rur wilde Müden schrein, Und das Gestade mir entweicht, Der weiße Klippensand; Den trüben Blicken schnell entfleucht Mein schönes Vaterland! Hinab in's Meer die Sonne schied Mit ihrer Abendglut, Und durch die Raa der Ostwind zieht, Hoch geht die dunkle Flut. — Schon glänzt des Mondes bleiches Licht In stiller Abendpracht, Bald ist mein Schiff auch außer Sicht, O Heimat, gute Nacht! Hin fliegt das stolze Segelschiff Im dunklen Wellenblau, Vorbei am steilen Felsenriff, Der Wind weht kalt und rauh; Er bläst die weißen Segel voll, Unheimlich braust die See, Leb't wohl, ihr Freunde, lebet wohl! Die Trennung thut mir weh. Jetzt bin ich in der Welt allein Auf weitem Ocean, Bedroht von manchem schroffen Stein In dunkler Wasserbahn. Zunr theuren, heimatlichen Strand Seh' ich nicht mehr zurück, Such' mir ein neues Vaterland, Ein neues häuslich' Glück. Geächtet und verlassen. Kein Frühlingshauch erquickte je mein armes Leben, Gewitternacht lag auf demselben ausgebreitet, Ein friedliches Geschick vernichtete mein Streben Und hat mich grausam falsche Bahnen nur geleitet. Ich war zur Freude und zum Glücke nicht geboren, Mir blieben unbekannt der Mutter Koseworte, Nie drang des Vaters guter Rath an meine Ohren, Fern blieb mir immer jeder Freund an-jedem Orte. Mein fürchterliches Los vermocht' ich nie zu fassen: Der Menschen Gnadenbrot benetzte meine Thränen, Barfuß zog ich dahin die volkbelebten Straßen, Das bange Herz erfüllt von ungestilltem Sehnen. Ein fadenscheinig Kleid bedeckte meine Glieder, Und sank entkräftet und ermüdet ich in wilder Verzweiflung endlich auf mein hartes Lager nieder, Da quälten selbst im Traum mich schreckenhafte Bilder. — 3l — Wohin ich immer meine Augen mochte wenden, War es vergeblich, Hilfe, Mitleid, Trost zu finden, Denn auch der Himmel wollte keinen Lichtstrahl senden, Und trauernd sah ich so die letzte Hoffnung schwinden. Nur einmal ist's geschehn, da schwelgte ich im Glücke, Das lustberauschet ich für immer wollt' erfassen, Doch bin ich wieder durch des bösen Schicksalstücke Seit jener trauten Stund' geächtet und verlassen. Blumensebnsncht. Die Lotosblume wiegt am Strand Die goldgefärbte Krone, Sie hört, wie sich die Wellen dort Erzähl'n von ferner Zone; Erzähl'n vom fernen Alpcnland Und seinen reichen Feldern, Von seinen mächt'gen Bergeshöh'u Bedeckt mit dunklen Wäldern; Wo auf die höchsten Gipfel sich Der ew'ge Schnee senkt nieder, Das grüne Thal doch widerhallt Von muntrer Vögel Lieder; Wo zarte Blumen hell erblüh'n, Blauveilchen und Narzissen, Goldhelle Falter dort voll Lust Die bunten Kelche küssen; SS Erzählen, wie der Zephir dort Mit all' den Blüten kose, Erzählen von der Königin Der Blumen, von der Rose, Die weithin ohne Gleichen ist, Des Frühlings Auserkvrne, Des Blumenreiches Hcrrscherkranz Trägt sie, die Duftgeborne. Sie blüht im goldnen Sonnenstrahl, Ein herrliches Gebilde, Es huldigen in Demut ihr Die Blumen der Gefilde. Es ist ihr Kleid an Farbe gleich Den schönsten Mädchenlippen Es ist ihr Kelch an Duft so reich, Gar wundervoll zn nippen. So sprechen, so erzählen sich Die Wellen oft und lange, Die Lotosblume lauscht und 's Herz Wird ihr so schwer und bange. Sie bebt vor schmerzlich süßem Leid, Es fließen ihre Thronen, Und nach der nord'schen Rose fasst Sie unnennbares Sehnen. 3 Des D le n sebe n L)erz. Wie ein Stern, so leuchtend, Helle Oben an dem Himmelszelt', Der in seinem reinen Glanze Ewig eint in sich die Welt; Wie ein Edelstein, so herrlich Glänzt im gold'nen Sonnenlicht', Wenn sein Strahl die schönsten Farben Kränze spielend durch ihn flicht; Wie die Flamme, die verzehrend Unheil, Tod und Elend bringt, Wenn entfesselt sie im Wüten Hoch zum Himmel auf sich schwingt, So erglüht im Menschenherzen Nur ein Funke, matt und klein, Wie ein Stern, so lieblich leuchtend, Wie Demant, so hell nnd rein. Glücklich, wer in dieser Grüße Ewig ihn nur so behält, Wenn in seines Herzens Tiefe Nie ein zündend Feuer fällt. Mondnacht. Es trieb mich einst in's Freie In Heller Mondennacht, Der Himmel lachte freundlich In seiner Sternenpracht. Da lag die weite Gegend Im klaren Lichte hier, Und dort in düst'res Dunkel So dicht gehüllt vor mir. Es rauschte in den Blättern So geisterhaft und weich, Es schwebte durch die Bäume So nebelgrau uud bleich: Und näher, näher zogen Der Waldeselfen Reih'n, — Sie schwankten her so geistig Im klaren Mondenschein! — 37 — Da ward mir kalt und bange Vor diesem Zauberbild Bis es an mir vorüber So schaurig, nächtlich wild. Es hoben sich zum Himmel Gestalten geisterbleich, Verschwanden dann in Wolken Dem grauen Nebel gleich. Ihr sagt, es war nur Täuschung Ach nein, ich sah's am Blick Nein, diese Elfen waren Des Menschen, mein Geschick! Naturleben. Jin Walde rauscht's von Baum zu Baum, Und lacht so sanft und leis, Und lebt und treibt und spielt so froh Durch Blätter und durch Reis. Im Bächlein rauscht es wundersam In sanfter Melodei Und lacht aus klarem Spiegelquell Zu loser Spielerei. Und Bächlein rauscht durch Flur und Wald Die frohe, leichte Bahn, Und Zephir zieht vom Flurgeheg' Durch Wald und Wiesenplan; Und kosend neigt er nieder sich Und küsst sein Spiegelbild, Doch hat's ein neck'scher, böser Nimpf' Ihm boshaft weggespült. — 39 — Und Wellen drängen wunderbar Im tollen, kindischen Spiel Zurück und vor sich, plaudernd fort Im raschen Lauf' zum Ziel'; Und wo Vom Silberschaume frei Der Himmel lugt hervor, Drängt eine Wolke spiegelnd sich Darüber schnell empor — Im Walde wächst das Rauschen an Und rauscht von Baum zu Baum, Wie wenn ein Riese schüttelnd sich Erwacht aus bösem Traun:'! — Parabel. An blumenreicher Stelle, Des Eichenhaines Schoss, Da lächelt eine Quelle Aus grünem, dust'gen Moos! Sie rauscht so sanft und leise Durch's stille Waldcsgrün, Und kos't im Vlumenkrcise Durch das Gefilde hin. Die Bäume neigen nieder Die Äste zu dem Bach', Und lispeln hin und wieder, Und sch'n ihm freudig nach. Sie sprechen und erzählen Von seines Spiegels Glanz', Dem sich wohl mag vermählen Des Ufers Blumenkranz. — 4l — Und ruhig läuft das Büchlein Durch Wald und Wiesenflur, Ein Zug vou niunt'ren Fifchlein Folgt spielend seiner Spur. Da wirft dem frohen Leben Im freien Flurgeheg' Mit tobend Donnerbeben Ein Fels sich in den Weg. Er kam von Vergcshvh', Wo er am Abhang' schlief, Gelost vom Eis' und Schnee Hernieder zu der Tief! Und all des Büchleins Ringen, So sehr es sich auch regt, Es kann ihn nicht bezwingen — Er liegt dort unbewegt. Er hemmet seine Wellen In ihrer freien Bahn, Dass sich die Fluten schwellew Und wachsen zu ihm an. Und schwarze Wolken ziehen Im raschen, gcift-gen Lauf', Und Blitz' und Blitze glühen Am Horizont' herauf. 4S Der Himmel hat umdüstert, Verschleiert seine Pracht, Sich mit dem Bach' verschwistert Znm Kamps mit Erdenmacht. Und stärker braust es nieder Zum Fels in toller Wut, Und stau't an ihn sich wieder, Und höher wächst die Flut. Die stille, klare Quelle — Sie ward zum stürm'schen See, — Die friedlich zieh'ude Welle — Sie ward zur rächend Fee. Der Fels beginnt zu stöhnen, Er zittert, wankt und bebt. — Willst bergesfest dich wähnen, Zeig', wie man widerstrebt! Jetzt stürzt er donnernd nieder, Er bäumt sich nochmals auf, Das Wasser fasst ihn wieder Im wütend ries'gcn Lauf', Hebt ihn im kühnen Bogen Und schleudert weit hinaus Den mächt'gen Fels, die Wogen Dann nach mit Sturmgcbraus'! LS Und dort, wo plötzlich wieder Die Bergwand steilab geht, Dort schleudert es ihn nieder Zum tiefen Thnlesbett'; Da stürzt er, dass es gellet Durch's sturmerregte Thal, Und liegt zu Staub zerschellet Vom bergeshohen Fall'; Und hinterher mit Toben Wälzt sich der zürnend Bach Auch thalwärts dann von oben Dem Felsen donnernd nach. Verwäscht die letzten Spuren, Bedeckt den Trümmerhauf Und hält durch ruh'nde Fluren Dann friedlich seinen Lauf. Lrdengeschick. Wer mag das Räthsel lösen, wer ergründen, Warum nicht gleich das menschliche Geschick? Wer aus dein Labyrinth den Ausgang finden, Und wer versteh'«, was Unglück sei, was Glück? Hier trägt ein Greis nach schwer des Lebens Bürde, Jndess ein Kind dort in die Grube sinkt; Ein Bettler hier, ein and'rer reich an Würde, Und dennoch jeder um das Dasein ringt; Wer mag ergründen, dass nicht alle gleich Hingeh'n an Jahren und an Gütern reich? Der Hagestolz, so einsam und verlassen Auf dieser Erde, ohne Schmerz und Lust, Er kann nicht lieben, und er kann nicht hassen, Des Menschen Pflicht ist er sich nicht bewusst; — Begraben in den abgeschloss'nen Mauern Beweint die Jungfrau, dass sie unbedacht In voller Jugendkraft den Todesschaucrn Sich segenlos wohl selbst so nah gebracht. Wer mag versteh'», dass diese beiden nicht Theilnehmen können an der Lebenspflicht! 45 Aufs Grab des Hingeschicd'nen stürzet nieder Der Witwe und der Waisen Thrancnflut; Wer wird sie künftig trösten, immer wieder Sie schützen sammt dein kleinen Hab' und Gut? Der Liebe und der Freundschaft bitt're Klagen Durchzittcrn wehmutsvoll die weite Luft; Sie schau'n hinab mit Bangen und mit Zagen In des verblichnen Freundes kühle Gruft; Wer hat sich schon den Grund hier ausgcdacht: Warum wohl das Geschick solch Leid gebracht? Hier prangt die Flur im vollen Blütenschmucke, Dort wieder ist nur armes Heideland; Hier seufzen Volker unter schweren: Drucke, Dort wieder waltet eine milde Hand; Hier steh'n gefüllt die Scheunen und die Speicher, Dort grinst die Not aus jeden: Angesicht, Hier mehret sich der Wohlstand immer reicher, Doch dort es an dem Nötigsten gebricht. Wer zeigt den Ausweg aus dem Labyrinth? Wer mag es sein, der Hilfe hier ersinnt? Zum eben aufgeworfnen Leichenhügel Der Gatte wankt im Herzen Schmerz und Pein, Für ewig hüllen ja des Todes Flügel Die Gattin ihm, der Kinder Mutter, ein. — Der lebensmüde Greis, dem heiingcgangen Die Seinen alle schon vor langer Zeit — r« — Wischt sich die Thräucn von den hohlen Wangen Und seufzt: Gierig ich statt ihr zur Ewigkeit! Wer dieses Räthscl etwa lösen kann? Warum das Weib und nicht der Bettelmann? Im Keimen schon kann selbst die Knospe fallen, Verblüh'n die Blume, da sie blühte kaum, Im Wind das froh erklung'ne Lied verhallen, Der Sturm das Bäumchen knicken und den Baum; Doch wird die Erde wieder Knospen bringen, Für welke Blumen werden and're blüh'n, Von neuen Liedern wird die Brust erklingen, Die Sonne über jungen Baumschlag glüh'n. So löst das Räthsel sich durch das Gebot: Der Tod im Leben, Leben auch im Tod! Kreislauf Mich fröstelt; es fallen die Blätter schon Der Herbstwind schüttelt die Zweige — Ein neues Jahr verrinnt im Sand, So geht das Leben zur Neige. Ein neues, kaum begonnenes Jahr, — Es reiht sich der Tag an die Tage, Und ungelöst bringt jeder mit sich Dieselbe gewichtige Frage. Die Frage vom Wollen und Sollen, auch Vom Müssen und wieder vom Können, Und keinerlei Mächte, die uns je Der Frage Lösung vergönnen. Die Lösung der Frage: weshalb wir stets Im Wollen uns mächtig zeigen, Drauf wenige Stunden erbärmlich uns Vor unserem Sollen beugen. — ts — Das Kannen! Wer dachte an selbes nicht Mit bangem, ängstlichen Zagen, Bis dass cs zum Müssen gewachsen ist, Das ballig nicht mehr zu ertragen. Der ewige Kreislauf in dieser Wett Ist Wollen, Kannen und Müssen, — Bis wir von unerreichtem Ziel Die eigene Menschwerdung büssen. Der richtige weg. Erfasst du im Kampfe das Glück, So halt' es mit kräftiger Faust Und weich' vor dem Sturm nicht zurück, Der wider dich deshalb erbraust. Gelingt's dir für einige Zeit, Dann hast du gewonnenes Spiel, Der Weg wird dir eben und breit, Und sicher erreichst du dein Ziel. Man sieht dich, man beugt sich vor dir, Dein Name, dein Ruhm und dein Lob Erschallen bald dort und bald hier, So dass du dich wunderst darob. Für immer verloren bist du, Erlahmt dir nur einmal die Hand, Du findest nicht Rast und nicht Ruh', Hältst schwer auch im Unglücke Stand. 4 — s« — Doch wanke nicht, bleibe dir treu Und nieide selbst jeglichen Schein, Als ob du dich ärgerst dabei, Dann wirst du nie lächerlich sein. Zum Jahreswechsel. Die Trennungsstunde schlägt, bald graut der Morgen. So leb' denn wohl, du fliehend altes Jahr! Und nimm mit dir zur Ewigkeit die Sorgen, Die uns gequält und uns gebleicht das Haar, Damit wir für die Zukunft sind geborgen, Damit das Elend fern bleib' immerdar; Nimm alles hin bei Deinem heut'gen Scheiden, Nur lasse willig uns zurück die Freuden. Dann werden wir zum Abschied dir nicht grollen Des Leides wegen, das du uns gebracht; Ja unfern Dank noch müssen wir dir zollen Da du in deinem Lauf so sehr bedacht, Dass wir der eignen Kraft vertrauen sollen Der eignen Kraft, die uns verleiht die Macht, Dein Mißgeschicke kühn zu widerstehen Und miithig fort auf unsrer Bahn zu gehen. — LS — Der Zeiger hat bereits den Kreis vollendet, Und schnell ist Mitternacht herangerückt, Ein Augenblück — die Zeit hat sich gewendet, Und schon das kaum Vollbrachte rückwärts liegt Was immer uns dann auch die Zukunst sendet, Wer kann es wissen, ob es stets beglückt, Ob Glück und Wohlstand künftig werden blühen, Nicht Mord und Braud die Fluren überziehen? Fuühliugsluft und Iugendlust. Feld und Au in ihrem Blumenkränze Und der Berge Kamm und Kluft Spiegeln sich in Bächleins Wcllentanze Überstrahlt vom lichten Morgcnglnnze In des holden Frühlings milder Lust, Reich an Veilchcnduft; Durch die Fluren klingen frohe Lieder, In den Wäldern Heller Finkenschlag, Wvhlgeruch von frisch erblühtem Flieder Würzet süß den jungen Maientag; Laue Winde rauschen durch die Erlen Und im Grase glänzt der Thau wie Perlen. Grün' und goldne Käfer lustig schwirren Durch die Flur von Blatt zu Blatt, Wandertauben im Gebüsche girren, Blüten blendend weiß die Bäume zieren, Aus der Erde als ihr Festtagsstaat Üppig keimt die Saat; St Farbenprächtige Falter flatternd kosen, Wie es ja der Schmetterlinge Brauch, In den Hecken mit den jungen Rosen, Und mit andern zarten Knospen auch, Bielgeschäftig Bienenschwärme summen An den süßen Kelchen bunter Blumen. Jubelsang erschallt auf grüner Heide Im melodischen Aceord Mädchenhold im lichten Frühlingskleide Schmucke Jünglinge voll Lust und Freude Schwingen sich im muntern Reigen dort Flink von Ort zu Ort; Unter sinnigen und heitern Scherzen Tummelt sich herum die frohe Schar Und im Busen pochen laut die Herzen Vor Entzücken jedem Täuzerpaar; Denn in aller Augen glänzt die Wonne Hell und freundlich wie die junge Sonne. Gruß an's Meer. Sei mir gegrüßt im Glanz der Morgensonne, Du Quell, der nie versiegt, sei mir gegrüßt, Und deiner Ufer stolze Felsenkrone Und jede Woge, welche dir entfließt! So schon bist du, wenn alle Winde schweigen, Nur gaukelnd schwellt im West die dunkle Flut Zum grünen Strand, und bunte Perlen steigen Jin flüchtigen Kreise auf und alles ruht. Doch schöner noch, wenn sich die Wässer schwellen Und bilderreich erzitternd hiipft der Schaum Bein: sanften Spiele silbergleichen Wellen Im grünen Reich', dem ungemessnen Raum. Und herrlicher bist du in deinem Grimme, Wenn sich die Wogen schäumend thürmen auf, Dumps über dir ertönt des Donners Stimme, Und schwankt das Schiff im ungewissen Lauf. Von allen deinen Zaubern hingerissen, Die unergründlich und geheimnisvoll, Fehlt mir das rechte Wort, dich zu begrüßen, Dafür empfange der Bcwund'rung Zoll! Meinlied. Beim Weine lebt sich's wahrhaft gut, Da reifen die Gedanken. Und dass im Herzen walt das Blut, Ist ihm allein zu danken; Darum ein Hvch dem Wein, Dem Wein, dein Wein! Schleicht Trübsinn in das Herz hinein, Soll nmn sich nicht viel kränken, Mit einem guten Gläschen Wein Ist leicht er zu ertränken; Darum ein Hoch dem Wein, Dem Wein, dem Wein! Der Wein erheitert das Gemüth Und lässt den Muth nicht sinken, Sobald er in den Adern glüht, Da drängt er fort zu trinken; Darum ein Hoch dem Wein, Dein Wein, dem Wein! — S8 — Die Sorgen flieh'n, wenn golden blinkt Der Rebensaft im Humpen, Und dem kein Geld im Beutel klingt, Der soll sich eines pumpen; Darum ein Hoch dem Wein, Dem Wein, dem Wein! Die Lieder klingen froh und frei, Wenn rund die Becher kreisen, Und jedermann freut sich dabei Und wird den Wein stets preisen; Darum ein Hoch dem Wein, Dem Wein, dem Wein! Lob des Frühlings. Bereits ist vom Schlafe erwacht die Natur, Verschwunden der blendende Schnee, Schon zeigt sich des Frühlings liebreizende Spur, Schon grünen der Wald und die duftende Flur Und schimmert der wogende See. Wie singt es, wie klingt es so fröhlich herein Jn's einsame düstere Haus Vom blühenden Hain und vom buschigen Rain Da lockt uns und drangt uns der sonnige Schein Gewaltig in's Freie hinaus. Es blauen die Lüfte so leuchtend und weit, Und glänzet die Sonne wie Gold, O Frühling, dn schöne, du herrliche Zeit! Vom Himmel den Veilchen und Rosen geweiht, So blühend, so duftend und hold. — 00 — Mit dir ja erwachet in wogender Brust Der Hoffnung erwärmender Strahl Und wecket die Freude und wecket die Lust, Dass selbst sich das zagende Herz wird bewusst Der Liebe entzückender Qual. p s holder 2Nai. Im milden Sonnenglanze taucht Der junge Frühlingstag empor, Und Düfte, süß erquickend, haucht Der Wiesen Blumenflor; Entzückend schon im grünen Kleide Weckst du im Herzen Lust und Freude, Holder Mai! Weckst Freude durch der Rosen Glüh'n, Weckst Lust durch deines Himmels Blau Und durch der Veilchen lieblich Blüh'u Im Moos der lichten Au; 'rum klingen im Gefilde wieder deinem Lobe Jubellieder, Holder Mai! Zum Lobe deiner Blumenpracht Melodisch durch den weiten Raum Nur Lieder von der Liebe Macht, Des Lebens schönstem Tramu, — «2 — O, mögen sie doch nie Verhallen, Und immer nur von dir erschallen, Holder Mai! Von dir, du frohe Jugendzeit, So überreich an Thatcndraug Und von der Wonne Seligkeit, Der Liebe Hochgesang, Nus froh bewegter Brust erklingen Und tief in alle Herzen dringen Holder Mai! Abschied von der Alm. Du liebe Alm! o lebe wohl! Mit Schmerz blick' ich zurück, Weil ich von dir nun scheiden soll, Von dir und meinen: Glück. Der Alpenrosen lieblich Blüh'n Mich bald nicht mehr beglückt, lind auch der Gletscher herrlich Glüh'» Nicht mehr mein Äug' entzückt. Mich hat der Berge reine Luft, Die Sonnenherrlichkeit lind auch des Waldes süßer Duft Erquickt zu jeder Zeit. So oft ich in die Fern' geschont, Mein frohes Lied erklang, Worauf ein Jauchzer hell und laut Zu mir herüber drang. — Die Mutter. Mein Herz, o trau're länger nimmer, Mein armes Herz, o weine nicht, In weiter Ferne wird es licht, — Es kann ja werden nicht mehr schlimmer: Dort winkt ein blasser Hoffnungsschimmer, Dort lacht aus theurem Angesicht' Ein liebend Herz, so gut uud schlicht, Dem steu're zu, wohl muthig immer: Es ist die Mutter! Mutter mein, O lass mich klagen, weinen hier, O lass geschützt mich bei dir sein, Behalt', o Mutter, mich bei dir; — Gehst du zu Gott, so sag' es mir — Dann, Mutter, gehe ich mit dir. Die Schwester. Wenn Kummer meine Stirne faltet, Mein Auge sich in Thränen trübt, Wenn Leid mein armes Herz umgibt Und drinnen bange Sorge schaltet, Wenn es gefühllos daun erkaltet, So liebeleer und ungeliebt, Wenn meine Zukunft bang' sich trübt: Geb' es der Herr dann, der da waltet, Dass dein Herz mir erhalten bliebe, Dein froher Sinn, dein heit'rer Blick Nie mehr mich Armen dann verlässt; Dass deine treue Schwesterliebe Mich tröstend über mein Geschick, Mein schweres Leid vergessen lässt. Am Grabe des Vaters. So warm dein Herz, so kalt der Stein, Der auf dein stilles Grab gelegt, — So wüst die Erde, die dich deckt Im morschen öden Todtenschrein', So fromm die Engelsseele dein, Zu besserm Leben nun erweckt, In die ein Gott die Lieb' gelegt, So treu und schon, so gut und rein, So schön du, wie der Blumenkranz; Das Gold hier — deiner Augen Glanz, So engelsgut und mild warst du: So giengst du hin zu ew'ger Ruh'; Das Kreuz, das hier dein Grab nun schmückt: So hat dein Leiden dich bedrückt. — Mein Gebet. O! höre huldvoll meine Bitte, Mein Gott! du, aller Gnaden Born; O! schaue mild aus deinem Himmel Herab auf deinen ärmsten Sohn. Barmherziger, o! sei barmherzig! Ergieß' auf mich all' deinen Zorn, Nur sie, die ich so innig liebe, Nur sie von jeder Unbill schon'! Du hast des Kummers vollste Schale Ergossen über meinem Haupt, — Ich sah seit meinen ersten Tagen Nur Sorgen um mein Lager stehn, — Es hat die Ruhe aller Nächte Der Schmerz, dein Bote, mir geraubt, — Und immer hab' ich Zorn und Drohn In deinem Blicke nur gesehn; s» K8 Und immer schwerer fühlt' ich lasten Auf meinem Haupte deine Hand Und immer trug ich ohne Murren Die Leiden all' von dir gesandt; Und immer werd' ich's klaglos tragen, Sei noch so drückend, herb mein Los, Demüthig werde ich dir's danken, Was auch dein Wille je beschloss: Nur meiner Blutter lächle gnädig, Nur ihr gib Freuden du und Glück, Für sie nur wende du zum Frieden Des Lebens trügendes Geschick; O! nimm von ihrem Pfad die Dornen, Die ihr der blinde Hass gestreut, Gebiete, dass nur duftige Blumen Die Welt ihr bis zum Grabe beut! Und kann ihr Glück sich fest nur gründen Um meines eig'nen Lebens Preis: O! Herr, es bricht vhn' deinen Willen Boni grünen Bauni kein einzig Reis, Und keine Seele wird entrissen Der Erde ohne dein Gebot — In deiner Hand ja liegt das Leben, In deiner Hand nur liegt der Tod! — «g — Sv höre, Herr, auf meine Bitte, Die ich dir stelle demuthsvoll; Die Bitte die den: treusten Herzen, Der reinsten Liebe nur entquoll: Nimm alles Glück mir, allen Frieden, Und lasse alles sie nur erben; Als Opfer — Herr — nimm dir mein Leben Lass mich für meine Mutter sterben! Trost. Und du glaubtest, was sie sagten, Was sie dir von mir erzählt: Dass mir Gottesfurcht und Tugend Alle Frömmigkeit auch fehlt?! Dass ich geistig für die ew'ge Seligkeit bin gänzlich todt, Weil ich nicht an Hüll' und Himmel Glaube und auch nicht an Gott?! Und du hast in Angst und Sorgen Viel um deinen Sohn geweint, Und du hast mich schon verloren, Ewiglich verdammt gemeint?! Tröste dich, du liebe Mutter! Gar so schlimm wird's noch nicht stehn, Und ich werd' dem ew'gen Richter Ruhig einst in's Auge sehn. — 71 — Denn, o Mutter! die den größten Gottesleugner mich genannt, Hatten sicher einst den Heiland Auch zum Kreuzestod verbannt! INuttersehnen. Ob du auch stehst im reifen Maunesalter Und gegen Freud uud Leid bist längst gestählt Kann dennoch ein Gefühl dein Herz beschleichen, Dass dich mit Schmerz und süßer Wehmut quält. Am Grab' der Mutter fließen deine Thränen, Da fühlst du dich verarmt und fühlst dich schwach, Du denkest deiner heitern Kindertage, Und jener Stund', in der ihr Auge brach. Du denkst der Freuden, die sie dir bereitet, Der schweren Sorge, die allein sie trug Und in ihr treues Mutterherz verschlossen, Bis dass das schwergeprüfte nimmer schlug. Da fühlst du erst, was sie dir einst gewesen, Die dich gepflegt mit zärtlicher Geduld, Und fühlst, dass du für ihre Mutterliebe Roch immer nicht bezahlt die heil'ge Schuld. Und selbst am Ende deiner Lebenstage, Wenn du als siecher Greis zum Grabe wankst, Sähst du noch einmal gern in's Äug' der Mutter, Der du so vieles — der du alles dankst. Sonett. Wie oft nach glüh'nden, heißen Sommertagen Am Horizonte drohend steigt empor Der graue wetterdüst're Wolkenflor; Wie dann die Allnatur in lauten Klagen Erseufzt und stöhnt, vom Sturme wundgeschlagen, Bis sich erlösend leise drängt hervor Des frischen neuen Abends Purpurflor, So friedenssegnend, hoffnungsvoll getragen, In dem sich vor dem Schrecken sieht geborgen Die Allnatur bis zu dem nicht'gen Wurm', Und fröhlich neu erfrischt an ihm sich labend; So sehnt nach „einem" warmen Lebensmorgen Durch einen bangend langen Lebenssturm, Das Herz sich nach des Lebens Friedensabend'. Sonett. Der schönste Stern, der dort am Himmel geht, In seinem glänzend hehren Strahlenlicht, Er muss alsdann erblassen — leuchtet nicht, Wenn leis' der Morgenhauch die Luft durchweht, Wenn er den Purpursaum der Sonn' erfleht, Ihn küsst Uranien in's Angesicht, Und Rosen er in's dunkle Haar ihr flicht, Der junge Tag am Himmel strahlend steht: So leuchteten auch mir wohl hochgetragen Von meinem Himmel tausend Freudensterne In längst vergang'ner, zauberhafter Nacht, So war auch mir nach frohen Jünglingstagen, Wenn spät auch und in weiter, weiter Ferne Des Lebens Tag, des Lebens Glück erwacht. Traumfeen. Wir tanzen und schweben so fröhlich dahin, Durch grünende, duftende Felder, Dahin über Thäler mit heiterem Sinn' Durch Wiesen und Fluren und Walder. Wenn Heller der Mond dort am Himmel erscheint Und silberhell strahlet hernieder, Dann ziehen wir aus in den Reihen geeint, Im Klange der rauschenden Lieder. — Wir huschen so leise durch Wald und durch Flur Im graulichen Nebel dahin, Es kennt uns noch niemand, als Mutter Natur, In unserem heiteren Sinn. — Wellenspiel. Des Meeres Wellen brechen Sich an dem grünen Strand Und werfen spielend Perlen, Korallen an das Land. Und auch dem Menschenherzen Bringt manche Trübsal mit Als Trost in tiefen Leiden: Ein einfach Liebeslied. Frage. Der Himmel blau, die Erde grün, Und sonnenwarm die reine Luft, Ringsum die Bäume weiß erblühn, Zum Herzen dringt der Fliederduft. Der Lerchensang so hell ertönt, Die Quelle murmelt lockend fast — O! sagt mir: war: m unversöhnt So Mancher seinen " rüder hasst? Wellenspiel. An dem Felsen bricht die Brandung Sich wie flockig weißer Schnee, Wie am Menschenherz das Leben Sich mit seinem Leid' und Weh'. Doch die Stürme fahr'n vom Riffe Stein auf Stein zum fernen Strand, Bis die Wogen kreisend spielen, Wo einst fest der Felsen stand. So entreißt dem jungen Herzen Auch das Leben jedes Glück, Läßt ihm statt der Liebe Freuden Nur des Lebens Leid zurück. Auferstehung. Deckt auch die weite Flur mit Schnee Des nord'schen Winters Härte, Ein einz'ger Hauch von Frühlingsluft Uud wieder grünt die Erde. Und mag das Herz sich anch vor Leid Mit starrem Eis umschlingen, Oft kann ein einzigs Liebeswort Ihm neuen Frieden bringen. Gnomen. Trifft Kränkung dich, so heb' die Hand, Schreib nieder sie — doch nur in Sand; Wvhlthaten, die dir andre gaben Sollst du in cw'gcn Marmor graben, Dass zwischen Unbill und Verzeihung Verfließe keine einz'ge Stunde; Vom Grolle nur stets aufgerissen Heilt nimmer mehr die Herzenswunde. s Weit und breit. Iulimonat, heiße Sonne, Dennoch Tage voll der Wonne; Hoch das Herz im Busen schwellt, Wogt die goldne Frucht am Feld, Und im Moos der grünen Auen Bunte Blumen sind zu schauen; Auf den Fluren weit und breit Strahlt des Sommers Herrlichkeit Milde liegt die Abendsonne Auf der fernen Berge Krone, Bis sie glühend untersinkt, Ihre letzten Grüße winkt, Und am Himmelszelt, dem dunkeln, Millionen Sterne funkeln; Auf den Fluren weit und breit Strahlt des Sommers Herrlichkeit. Sprüche. Wie des Winters Eis und Schnee Jede Blüte bannt, Hat des Herzens Wintersturm Nie Gefühl gekannt. 2. Still in der Brust verschloß'ner Kummer, Der sich nur klagt, ist wahres Leid, Der nur aus träumend schwerem Schlummer Sich selbst erwachend, Hoffnung beut. 3. Du fühlst vom Schicksal dich gehoben? Nein, Jüngling, sieh dich vor: Nm tiefer dich zu stürzen Zog's hüher dich empor. <>* 84 4. Die Wunde, die geblutet, Sie heilet endlich noch, Reißt ihr sie nochmals auf — Verblutet sie dann doch. 5. Bläst der Sturm in die Spreu, Jagt er sie wirbelnd fort: Zeigt euch so leicht und zerkleint, Fasst euch ein einziges Wort. 6. Halte dem Menschen den Spiegel, Wird er sein Bildnis wol schmäh'n, — Mal' ein geschmeicheltes Bild ihm: Wird er getroffen sich seh'u. Wo eine Sonne glüht Sieht man kein Sternenlicht, — Wo eine Rose blüht, Denkt man der Knospe nicht. Erinnerung. Viele edle Männer schieden, Die des Geistes Kraft erneu't, Männer, deren Werk hiernieden Nur der Menschheit war geweiht; Deren all' ihr schönes Streben Einem Ziel nur zugeeilt, Welche durch ihr ganzes Leben Sich nur ihrem Volk geweiht; Die in Lieb und Leid gestritten, Die durchträumt ein Menschenglück: Lieder sagen'?, was sie litten, Lieder bringen's uns zurück. Träumerei. Brüstend hob die schlanke Tanne Hoch ihr Kvnigshaupt empor, Drängte sich von tausend Schwestern Überragend stolz hervor. Träumend stand die Weide neben Einfach, schmucklos, grünbelaubt, Senkte still, in Leid entschlummernd, Trauernd, sanft ihr träumend Haupt. Hab' mich an den Baum gelehnet, Habe mit dem Baum geträumt, Bis mit seinem Friedensschleier Uns der Abend Leid' umsäumt. Erinnerung. Und ist dein Leben noch so rein Und freudenvoll bewegt, Wenn jeder Morgen neue Lust Und Freude zu dir trägt: Gibt's einen Tag doch, der wohl dann An's arme Herz dir schlägt: Gibt's einen Tag, der bitterlich Dein armes Herz erregt: Bei aller Freude, die er bringt Jn's Herz, bei allem Glück', Wenn je ein Kummer dich gedrückt, — Er bringt ihn dir zurück. — Und hast gelitten du, gekämpft Den härtesten Lebenskampf, Und zuckt dein arg gequältes Herz Im letzten Odemskrampf'; — 88 — Gibt's einen Tag doch, der wohl dann An's arme Herz dir schlägt, Gibt's einen Tag, der milde dich Aus deinem Leiden weckt: Bei allem Kummer, der dich drückt, — Die eine Stund' voll Glück, Die du ein einzig Mal durchlebt, Er bringt sie dir zurück. Parabel. Die Trauerweide hat der Mai In schlichtes Grün gehüllt; Der Apfelbaum doch stand dabei Mit Blüten überfüllt. Im Sommer saß in seinem Schoß So mancher Schmetterling, Indes am Weidenzwcige bloß Der Thau wie Thronen Hieng. Im Herbste stand der Apfelbaum Mit Früchten prangend da, Indes man an der Weide kaum Noch gelbe Blätter sah. Der Winter doch hat nicht gefragt, Ob dürftig oder reich? Er kam im Sturm daher gejagt Und machte beide gleich. Abschied von den Jugendfreunden. Viele schöne Jahre schwanden Uns im heitern Jugendtanz! Freundschaft und die Liebe wanden Manchen blumenreichen Kranz, Streuten manche schöne Blüten Auf des Lebens ernst're Bahn, Und die treuen Herzen glühten, Ahnend nicht der Trennung Nah'n. Von den heitern Jugendtänzen Heißt die harte Pflicht Euch zieh'n, Bon den schönen, blum'gen Kränzen Seht Ihr lange — keine blüh'n! Doch warum denn gar so trübe, So in Thränen unser Blick? Eure Freundschaft, Eure Liebe Bleibt ja noch bei uns zurück! -si- Und was uns die Brust beschweret Bei des Abschieds herbem Schmerz, Lebt noch, wenn Ihr wiederkchret, In der treuen Freunde Herz! Darum muthig, traute Brüder! Wischt die Thräne aus dem Blick! Kehret Ihr nur einmal wieder, Lacht Euch noch viel süß'res Glück! Heimweh. (Nach einen: bekannten Motin.) Was drängt sich dort am Käfig die Menge wohl so sehr? Es schallt ihr staunend Rufen laut bis zu uns: „Hieher" „O, kommt — und schaut — ein Löwe, ein Thier von seltner Art," „Das nie in solcher Größe bei uns gesehen ward." Dort — Hinterm Eisengitter der Wüstenkönig liegt — Durch Menschentrug und Listen gefangen und besiegt, Gewaltsam seiner Freiheit, fast seiner Kraft beraubt, Senkt er in dumpfem Brüten zur Erd' sein müdes Haupt. Noch ist die alte Würde in ihm nicht ganz erstickt, lind mit dem alten Stolze er stets noch um sich blickt; Noch immer nicht gebrochen ist auch sein Heldensinn, Doch ist durch lange Knechtschaft längst seine Kraft dahin. SS Und müd' ist er und Krankheit vergiftet sein Geblüt, Und Sehnsucht nach der Freiheit durchzittert sein Ge- müth; Er streckt sich auf die Erde und schließt die Augen zu, Im Schlafe will er suchen Vergessenheit und Ruh'. Ihn stört kein Lärm uud Schreien, er schlummert jetzt, er träumt, — Bis dass ein neues Leben aus seinen Träumen keimt; Und sieh: schon bricht in Scherben die Kette, die ihn hielt, Und vor ihm schwebt der Heimat niemals vergess'nes Bild, — Mit ihren grünen Auen und ihrer Wälder Pracht, Mit ihrer gold'nen Sonne uud sternehellen Nacht — An der Oasenquelle steht er im Palmenwald, Wo mächtig seine Stimme wie lauter Donner schallt; Es fliehen die Gazellen — das gibt 'nen blut'gen Schmaus! Und wieder in die Steppe geht er auf Beute aus, Und wieder trifft Rivalen er in der Wüstenei, Und da — in heißen Kämpfen träumt er: er wäre frei! Er fühlt als Helden wieder sich frei im freien Land, Fühlt wieder an den Füßen den heißen Steppensand, — St — Er fühlt in seinen Gliedern die alte Kraft aufs neu, Springt auf und — stoßt ans Gitter — das Traumbild bricht entzwei. Nicht steht er in der Wüste, nicht an der Quelle Rand — Mit seinen: Freiheitstraume die alte Kraft auch schwand; Nur Bretterwände sieht er, kein wogend Palmenmeer, Und stöhnend sinkt er nieder — will träumen nimmer¬ mehr ! Anser Österreich. Öfter hört' ich Greise sagen Die schon manche Zeit erlebt, Wie man in der Vorzeit Tagen Edler, trefflicher gestrebt, Wie der Lieb' und Freundestreue Ganz sich einst ein Herz geweiht, Wünschte mich um alles Neue Oft in jene ferne Zeit, Wieder andre hort' ich sagen, Welche weit die Welt durchreist, Wie sich jenes Volk betragen, Wie inan jene Städte preist, Wie sich dort die Geister binden Mit der Künste gold'nem Band, Sehnte mich aus manchen Gründen Oft in jenes ferne Land. M Keiner doch soll mich bereden: Uns're ist die schön're Zeit! Unser Land ist auch ein Eden, Dessen stolz das Herz sich freut. Schön gelichtet ist der Himmel, Schoner strahlt des Friedens Licht. Ruhig in dein Weltgetümmcl Wohnt sich's hier voll Zuversicht. Ohne Glück ist keine Zone, Ohne Liebe schlägt kein Herz! Zu der „Wahrheit lichtem Throne" Blicken wir auch himmelwärts. „Edle Freunde" nah' und ferne Bieten freudig uns die Hand, Und der Künste Helle Sterne Leuchten schon dem Vaterland!