//ftj.r. /iJ-zs L A I B A C H. Bei Iohann Georg Licht. Zum Gebrauche seiner Vorlesungenl m , der medizinischen Fakultat zu Wien ordentlichem Mitgliede, ijffentlichem ordendichem Lehrer der Heilk-unde za Laibach. rast uns vereinfachen , was sich Vereinfachen last i Last uns fruchtbarer an richtigen Grundsiitzen , und vreniger ergiebig an Rezepten seyn. Dem HERRN DOCTOR I0SEPH ZIMMERMANN D e r Chirurgie adjungirten Professor auf der hohen Schule zu Wien ■\vidmet a u s Hochachtung und Freundschaft DI E S E N BAND a 2 ) der Verfasser. ‘ : &:%'/# ■ t\y- . v.Uis.,1- ■i.u. I!t& ’ V.' V. . voi.:;.'.. f : ,' ’ ’ • t ; i: •ju '• *• h s. i J-' i ■ c v. :■ . ■ . c f s V o r r e d e. C lange man allgemein annimt , die Heilkunie [eye als ein aus eimelnen Theilen zusammen ge- seztes Ganze zu betrachlen, uoelche einzelne Theile man ohne Nachtheil des Ganzen erlernen , uniauch glilcklich ausiiben kbnne, und diefs selbst Akade- mien anerkennen *) So lange man in Staaten wilrk- lich verschiedene Lehranstalten hat; wo mr derley theihneise Heilkiinstler , TVunddrtze , Gcburtshel- fer , Hebammen , Zahndrzte gebildet iverden ddr- fen ; So lange man gestattet, dafs sich der Er- Anmerk. *) Wer erinnert sich hier nieht , dec von der ehurfiirstliehen Akademie nlitzlicher Wi«senschaften zu Erfurt gekrSnnten Jugterischen Schrift ? "\Velche unter vierzehn Preisbewerbungs - Sehriften die E i n z i g e war , die gegen die Einheit der Heiikunde , mithin fiir die Nothvvendigkeit ihrer Theilung sprach. O Tem- pora! O Moreš! 6 lernung und Ausiibung dieser einzelnen abgerissenen Theile dsr Heilkunde die rolnesten Menschen, ohne aller Vorkenntnifs widm?n kom 'n ; — So lange wrden Abjiandh^ngen liber Wunden , Beinbriiche , Verrerikungen, Ge chvoiire und Geschwiilste immer- hin Bediirfhifs bleiben, Man verarge mirs daher nicht, wenn ich diese einzelnen Krankheitsformen getrenter vortrage; dieser Vortrag ist der durch die Gesetze geheiligten Lehranstalt angemessen . Weit entfernt zu glauben , elvoas Vollkomme- nes geleistet zu haben , bin ich vielmehr unendlich belohnt; wenn es mir nar hie und da gelungen ist 9 diegevobhnlichen JVunddrtzevon ihrer rohen Empirie abgebracht , und auf e in , sich auf richtige Natur - gesetze griindendes Heilverfahren hingeleitet zu haben ? Ob ich dlesen Zvoeek entsprochen ? — mugen Mdnner von Kopf und Herz entschsiden. Laibach den 3. Idner 1803* D. F. 7 Von den Wunden. §, i. Eine Wunde ist eine schnelle mechanische vollkommene meistentheiis blutige Trennung einzelner Gebilde des thierischen Organism. §. 2 . Diese mechanische Trennungen erleiden eine zerschiedene Eintheiluiig; nemlich in Hinsicht der Zalil, des Instruments, des Theils, der Figur, der Gegend, und der Gefahr. §• 3 . In Hinsicht der ZahI, heissen sie ein- zelne, oder vermehrte Wunden. 8 §• 4 * In Hins'cht des Instruments heissen ste entweder gehaute, geschnittene, oder ge- stochene Wunden, oder man nennt sie ge- rissene, gebissene, gequetsehte, geschosse- ne Wunden, je nachdeme das verletzende Instrument scharf, cd :r stumpf war. §* 5 « In Riiksielit des verlezten Tiieils heissen sie, Wunden der allgemeinen Bedeckuog , der Muskeln , dcr Gsfiisse , der Nerven , Sehnen, Knochen, Eingeweide, u. s. w. §♦ 6 . Wegen der Figur heist man sie gerade, quere , schiefe, ekkichte, Lappenwunde, und Wunden mit Substanzverlust, §• 7 * Nach der Gegend werden sie eingetheilt, jn Kopf, Gesicht, Hals, Brust, Bauchwnn- den. wie auch in Wunden der obern, und unte n Gliedmassen, der Geleuke. 9 §. 8 - In Riicksicht der Gefahr nennt man sie geringe, gefahriiche, oder todtliche, Die Todtlichkeit der Wunden ist entweder zu*i fallig, oder schlechterdings. §♦ 9 * Der Begriff von den einzelnen, vermehr- ten geschnittenen, gehautm, gequetschten, geschcssenen, vergifteten Wunden, liegt m der Benennung, so wie nicht roinder der Begrif feiner Wunde der allgemeinen Bedec- kungen, der Muskeln, der Nerven, der Vennen, Arterien, Knochen, als auch was eine langlichte. quere, Lappenwunde, und ob dieselbeeineKopf, Gesicht, Hals, Brust, Bauch, oder Gliedrnassenwunde sey, durch die Benennung schon bestimmt ist, Nur der Begriff der Gefahr der Wunden erfodert eine genaueBestimmung, theiis um den Verwun- deten seibst die gehorige Vorsage machen zu konnen, aisauchum des Urtheilswiilen, Welches wir oft dem gesetziichen Richter zu geben bemiissiget sind* 10 $• 10 . Die Grosse der Gefahr einer Venvuu- dung, liegt demnach keinesvvegs allein in dem verletzenden Instrumente, oder der Ge\valt s mit welcher es eindrang, in der Grosse der Verwundung, noch in demver- lezten Gebilde selbst. Die mdividuelle B~- schaffenheit des Verwundeten, der durch die Verwtmdung verursachte Schroek, die Etitfernung- von seiner Muslichen Gernach- lichkeit, Familie, die Abweseii !,, eit eines geschickten Heilkiinstlers, Mavtgel an War- tung und Pflege, die oft nicht schnell ge- stillte Verblutung, die oft nothige Trans- \ portirung des Verwnndeten, die Ungewifs- heit der Heilung, und noch viel andere Bedingungen, machen in Hinsicht der Ge¬ fahr die hochste Verschiedenheit aus. Wir haben haufige Beobachtungen von gliicklich geheilten betraehtlichen Verletzungen der Gehirnsmasse, der Lungen, Magen, Leber, und anderer wichtiger Organe, Zereissung der Gelenke; indefs ich selbst auf die Quet- II schnng des lezten Gliedes einer Fufszehe bey einem empfindlichen Madchen v-on 16 Jahren den Staarkratnpf und endlich denTod folgen sah. Aehnliche Beobachtungen fin- den sich in allen Werken liber Verwundun- gen. Die Besrimmung derGefahr einer Ver- wundung bleibt d-mnachimmer dieschwer- ste Aufgabe fiir den Heilkiinstler, erfodert eine vollkommene KenntnHs der ganzenNa- turlehre lebender Ofganismen, eine genaue Einsicht des Einflusses des Anorgism, auf den verwundeten Organism, und audi dami wird meines Etachtens die Bestitmiiung der Gefabr immer noch zweifelhaft, und unge- wiss bleiben. ir. Eine geringeWunde wllre denmach je¬ ne, welche mit einem scharfen, nicht ver- gifteten, Instrument verursacht, nur dieall- gemeine Bedeckung durchdrungen , und in keinen sehr erregbaren Subjekte zugegen ware: weil dadurch das Žusammenwirken 12 der gesammten Gebtlde des thierischen Or- ganisnv nicht gestort, folglich auch keine Abweichung in den Wohlbefinden verur- sacht wird. §♦ « 2 * Ddngt hingegen das mechanische In¬ strument tiefer, verlezt es Muskeln, Sehnen, Nerven, Arterien, Vennen, oder zugleich die mit dlesen Theilen bedekten Knochen, dringt es in innere Hohlen, ist das verlet- zende Instrument betriichtlich stumpf, oder unrein, vergiftet, wie beym Bifs toller Thie- re, oder das verwundete Subjekt sehr er- regbar, so ist dies sicher keine geringe, son- dern eine gefiihrliche Wunde. S. *3* Die absolute Todtiichkeit einer Wunde liegt in der Verwundung selbst, immer miissenbei derselben durch das mechanisch eingedrunge- ne Instrument solclie betrachtliche Zerstorun- gen in den zur Fortsetzung des Lebens unent-; 13 behrlichen Organen geschehen, der normal Zustand derselben, so sehr veriindert gewor- den seyn, dafs dieser auf keine Weise her- gestelt werden koline. S. 14 - Die absolute Todtlichkeit der W oni en beschrankt sich auch keineswegs auf Stun- den, oder Tage; eine Wunde einer oder der andern Herzenskatnmer todtet in wenig Minuten, die Verletzung des Milchbehalters erst nach Monaten, beyde sind aber doch absolut todtlich ; eineWunde nachwelcher der Tod in wenig Minuten erfolgt, bewei- s et noch nichts fiir die absolute Todtlichkeit, und zwar eben so wenig als der Tod, der erst nach mehreren Monaten nach geschehe- ner Verwundung eintrit, die absolute Todlfch- keit derWunde aufheben solite. Alles korrmt hiebey auf die in 13. §. festgesezte Bestim- mung einer absoluten todtlichen Wunde an, aber auch dann fin det noch sehr oft eine Aus« H liahme statt, wo nemlich wegen eitier schon ve vor der Verwundung in dem Individao zu- W de gegen gewesenen Abweichung der Norma- lic litat der Lebeiisorgane die Zerstorung der- selhen um so Ieichter geschehen komite. §. i?. Das zufallig Todtliche der Wunden liegt W entweder in der Individualitat des Verwun- tri deten selbst, oder in den Husserli Einfliissen fa' die naeli geschehener Verwundung, aufden G verwundeten Orgauism einwirken. Sokann ni z* B, eine unbedeutenie Wunde am Kopfe er auf der Stelle todtlich werden, weil eine W zu diinne Hirnschalle den Andrang der ver- tr letzenden Gewalt gar niclit wiederstehn g< komite ; So wird eine nur wenig eindrin- gende Brustwunde todtlich, welches nicht geschehen seyn wiirde, wiire die Lunge an dieser Stelle nicht so fest an das Rippenfell bi augewachsen gewesen. Ein fehlerhaftes Ver- z halten des VerwundeteninBetref seiner Nah- u rung, Bewegung &c, die Abwesenheit ei- e nes vvahren Heilkiinstters, und die dadurch 15 vernacMassigte kunstgemasse Behandlung der Wunde, vorziiglich aas leztere giebt ofc den hinreichenden G rund der zuflilligenTod- lichkeit einer Wunde. r- §• 16 ‘ Der Zweck des teclmischen Verfahrens bei t Wunden isc Vereinigung der mechaniscb ge- trenuten Theilen; der Entzweck dieses Ver- a fahrens ist Heilung der getrennt gevzesenen 11 Gebilde ! Dieser Leztere ist Werk der Natur, a nie der Kunst: er kann aber audi nur dami e erreicht werden dieser Entzweck, \venn das 3 Wirkungsvermogen in den mechanisch ge- - trenuten Gebilden nicht verlohren gegan- 1 gen ist, §. 17. t 1 Die Mittel deren sich der Heilkiiustler 1 bedient, diesen Entzweck zu erreichen,' sind - zwe3rer]ey. Man neunet sie die Vereinigung und Eyterung,- bey der Amvendung derVer- ■ einiguiig folgt der Entzweck die Heilung un- 1 l6 mittelbar; bey der Eyterung hingegen, ge- hen Zwischenzust'.inde in dt.rWr.nie vorher, die man Entziindung and Eyterung nennt, uud erst dann folgt Beriihrung der getrennten Theile, und so die Ideilung. §. 18. Das teehnische Verfahren bey derVe?- einigung der VVunden ist verschieden, und bestimmt sich nach der Verschiedenheit der Wunden; im allgemeinen nennet man es die trockene, oder biutige Nath. Die erftere begreifc in sich die Anwendung der Heft- pflaster, der Zirkelbinde, der Vereinigungs- binde, der Expulsivbinde, undallerder ver- shiedenen Bandagen, welcbe wegen Verschie- deuheit des verwundeten Ortes eine andere Benennung erhieiten. Die leztere, dafs ist dieblutige Nath schiiefst ein, die Knopfnath, die umschlungere Nath, die Zapfen, und die Schlingennath«. §♦ 17 Ehe dafs wir von den zerschiedenen Ar- ten der Vereinigung'der Wunden, dafs ist 1 ihrer Anwendung insbešondere sprechen mufs vorerst festgesezt werden, welche , Wunden liberhaupt zur Vereinigung geeig- net sind* Wunden welche mit scharfen, reinen, d. i* nicht vergifteten Werkzeugen verursacbet worden, keinen fremden Kor- d pet In sich enthalten noch nicht entziindet r sind, mid die Evterung nicht bestimm- 's ter Zweck ist, sind zur Vereinigung ge- e eignet. Einesoiche Beschaffenseit der Wun- t- de wird erfodert, um sich von der Verei- 3 ' nigung den vollen Entzweck, das ist Hei- » lung der getrennten Theile mit Sicherheit 3- versprechen zu konnen. Was von einer re Art die Wunden zu vereinigen gielt, er- st strekt sich auch auf aile iibrigen. §. 20. id Da die wirkliche Heilung.der getrenn^ en Theile nicht in cfemselben Augenblick b 18 erfolgt, vvenn sie in gegenseitige Beriihrung gebracht worden, sondern nach Versehie- denheit des in d en getrennten Gebilden in- harirenden Wirkungsverm6gen, etsd naeh mehreren Stunden, Tagen, so mufs des Heilkiinstlers hochste Sorge seyn, die ein- raal vereinigten Theile auch in den Beriih- rungspunkt zu erhalten. Die oftere Tren- nung von den Beriihrungspunkt ist der Hei- lung eben so hinderlieh, als ein in der Wunde befindlicher fremder Korper. §. 21 . Wunden welche demnach die in obigen 19. §. angefiihrte Eigenschaft nicht haben, mlissen der Eyterung iiberlassen werden. Das waren alle Wunden, wo das einge* drungene Instrument betrachtlich stumpf, oder vergiftet war, wo die Wunde nicht rein, sondern ein fremder Korper daria enthalten, oder wo die Wunde, d, i. die Rander ders^lben schon sogenannt entziin- dtt waren. Die Ursach warum bey dieser 19 zerschiedenen Beschaffenheit der Wunden, die unmittelbare Vereinigung des Heilklinst- lers Zweck niclit seyn darfe, sondern erst jene Zwischenzustande der Wunde abge- vvartet werden miissen ? liegt eben in die- ser veranuerten Beschaffenheit der Wunde selbst, Bey eitier Wunde 9 welche dnrch ein betrachtlich stumpfes Instrument bewirkc wurde, slad nemiich dureh das stumpfe Werkzeug die Urbestandtheile der Ran- der der Wunde in einen grossern, oder kleineren Umfang entweder ganzlieh ausser die Granze der phj^sischen Beruhrung ge- bracht, oder doch betrachtlich veriickt, ver- schoben, die Safte in fremde Orte geprefst ■worden, mithin das Wirk.ungsvermogen die- ser Theile ausserst vermindert, oder ganz- lich aufgehoben. Die Folge davon ist Au- haufung der Sifte in diesen Gebilden, sie ist um so betiachtlicher, je mehr das den Gebilden zukommende Wirkungsvermogeu dureh die mechanische eingewirkte Gewalt aufgehoben wurde. Die Heilung kann dem- 20 nach bey einem solcheilZustande der Wun* de, in so lange nicht erfolgen, bis diese veranderten Theile in der Wunde durch das allgemeine dem Organismus znkommen- de Wirkungsvermogen abgesondert, aufge- sogen, und die Bestandtheile naturgemafs hergestelt worden sind. §• 22 . Die Vergiftung einer Wonde ist nicht anders deukbar, als, dafs entweder, das in die Wunde gebrachte Gift die getrennten Gebilde iiberreizt, oder eine chemische Entmischung verursacht habe, nehme man das eine oder das and ere an, so mufs in beyden Fiillen erst durch das Wirkungsver_ mogen diese veranderte Beschaffenheit der Wunde wiederum abgeandert normal her¬ gestelt werden, ehe eine Heilung mog- lich ist* §• 33 Eine schon entziindete Wunde, gestat- tet die unmittelbare Vereinigung ebenfalls 21 niclit inehr, weil audi hier schon betršicht- liche Abnormitat in der Wunde zugegen, die wegeu Schwacbe in den Umfang der Wunde in grosserer Menge angesammel- ten fremden Safte, miissen ehvor sich ent- leeren , die wegen angehliuften Siiften auf> getriebenen Rander derWunde sich senken, eher die getrennten Theile in Beriihrung gebracht, undalsdann ge!iei 1 twerden konnen. §♦ 24. Fremde in der Wunde sich befindende Korper, als Knochen, Ivleidungsstiicke, Unterbindungsfaden &c., Mndern dais sich die VVundlippen an allen Stellen beriihren konnten, sie erfodern, wenn sie nicht gleich nach geschehener Verwundmig ent- fernt werden konnen, sie in einer Wun- de enthalten bleiben, das Mittel welches wir die Eyterung der Wunie nennen. §• 25 , Es ist demnach iiusserst wichtig fiir den Heilkanstler, gleich bey der ersten Unter- 2,2 suchung einer 'Wunde die Gesetze zu be- stimmen, auf welchen sein Heilverfahren beruhe, iiberlafster eine mi£ §♦ 19. angefuhr- ten Eigenschaften versehenen zur unmittel- baren Verelnigung geschickte Wunde, der Eyterung, so unterzieht er den Verwun- deten eker Jangenunnbthigen Kur. welclie durch den Safte Verlust und der unvetmeid- lichen schadliehen Eimvirkuug des Anorgism bey den oftern verbinden der Wunde be- trachtliche schadliche Folgen fiir sein iibriges Wohlbefiriden verursachen konnte* Die un- mittelbare Vereimgung bey einer nicht dazu geeigneten Wunde, wiirde die nothige Ent- leerung, und Hinwegschaffbng des Abnor¬ men hindern, die Abnormitat der Wunde bis zur vollkommenen Desorganisadon brin- gen, wie wir diefs durch haufige, in denen Schriften aufgezeichnete Beobachttingen, von unachter Behandiung der Wunden be- stattigt finden* e* ;11 r- ;1- er n- lie d- ;m e- es n- m t- >r- :le n. en a, e- V o n d e n W u n d e n insbesondere. Die geschnittene , oder gehaute TVunde ♦ §. 2 6. Tl \. -®-^a wir unter einar geschnittenen , und ge* hauteri Wunde, immer eine solche mecha* nische Trennaag der Theile«ferstehen, wo das mechani ch eingedrungene Instrument scharf, seine Gewalt auf sehr beschrankte Stallen des Organismus gewiirkt habe, mit- hia das Wirkungsvermogen in den nahgele- getien Gebilden nicht aufgehoben ist, so haben wir bey diesen Wunden nichts anders zn chun , als die getrennten Gebilde sogleich wieder zu vereinigen, versteht sich, wenn diese Wunden die oben §. 19, angefiihrte Eigenschaft haben. Man bringe den Ver- 24 wundeten sogleich in einen schiicklichen sf Ort, undzwar, wenn esmoglich, woder- g< selbe bis zur wirkliehen Heilung verbleibel \ di konne, entblosse ihn vorsichtig von Klei- ti deru, wenn der verwundete Tbeil da- W mit bsdeckt seyn solte, der Kranke 3 e- W kommt eine begueme schiickliche Lage, zi die Wunde wird mit einen Lapen bedeckt ii um das schšidliche Einwiiken der Admos-, ri phare zu verhiiten, bis die zur Vereiriguug F uothigen Stiicke in Bereitschaft geseztsind, V ist der verwundete Theil mit Haaien be* \ deckt, so miissen dieselben mit einen Scheer- s messer vorsichtig hiuweggenoinmen wer* p d en, dann reinige man die Wunde mit lau- a em Wasser d. i. man tauche einen gewohn«; c lichen Badschwam in laues Wasser, trilčke ^ dasselbe iiber der Wunde wieder heraus, i so zvzar, dafs es nur sanft dieWundeaus- £ spiilt, und alles in der Wunde sich etwa < befindliche geronnene Blut, Staub, Sand, i u* d, hinwegnehme. Man hiitte sich die ’ Wunden mit Essig, Wein, Urin, auszu- 2f m sptilen, wie es aber leider lioch haufig ;r- geschieht, und zvvar von Mannern geschieht» 21 die im allgemeinen Pmf sehr gelehrter prak¬ si- tischer Wundarzte stehen, man trockue die a- Wundrander vorsichtig, oline jedoch die 2- Wundeselbst mit der Scharpieschraube aus- zuputzeu, (ein noch heut zu Tage, sehr iibliches, aber ausserst schadlicbes Verfah- s- ren praktischer Wundarzte ) bringe mit den lg Fingern der linken Hand die Lippen der i, Wmi!esanftaneinander, und lege sodann das e- Verhaltnifsmassig lange , nur andenausser- r- sten Enden bestiichene Heft, oder Kleb- sr- pflaster, zuerst an einer Seite der Wunde u- an, und filhre dasselbe iiber die Wunde an n- die entgegengesezte Seite, je langer die fce Wunde, je mehrere Heftpflaster erfodert sie; s, ungleicn besser ist es jedoch, wenn man. is- sich nar eines einzigen Heftpflasters be¬ za dient, welches mit der Breite der Wunde d, in Verhaitnifs steht, je tiefer die Wunde iie ist, desto langer miissen die Klebpflaster u- seyn, ja sehr tiefe in die Muskeln ein- 26 dringende Wunden, erfoderen sehr Jange Heftpflaster, welche an der entgegengesez- ten Seite der Wunde angelegt, und sodami iiber die Wunde gegen riickwarts gefiihrt; werden miissen. Bedient man sich eines euizigen Heftpflasters, so mufs dasselbe in te diesem Falle an den Enden durch Einschmt- te in Sclienkel getheilt, und so iiber die Wun- ^ de gefiihrt werden. Da des Heilkiinstlers te Zweck bey der Anlegung der Heftpflaster rL kein anderer ist, als die getrennten Theilein k; Beriihrungspunkt zu bringen, und in den- (i5 se ben zu erhalten, auch die Einwirkung ' ll der Luft abzubaiten, so ist es nothig, dafs tu diese Heftpflaster aus fester Leinwand be- stehen, damic sienicht nachgeben, als aucfi weniger Porosit-it haben, dessentwegen sie audi an der Stelle, wo sie uber dieVVun- U de laufen, mit einem reinem Fett bestri- p chen werden miissen, weldies zugleicli S( noch das Anldeben derselben an die VVund- bi lippen hindert. ^ 2 7 §. »7* Ist die Wunde nicht zu tief ? oder aber an keinen sehr beweglichen Theil, so be- darfen die Heftpflaster keiner weitern Un- terstiizung, keitie Aufieguog von Korapres- sen, noch Binden! Man gebe deti venvun- deten Theil in eine bequeme Lage, erhal- te demselben in Ruhe, verhiitte jede Ver- riickung des ziveckmassig angelegten Ver- bandes, dann erfolgt der Entzweck , d. j* die Heilung der getrennten Theile in kur- zer Zeit; vielleicht ist sie bey manchen In¬ dividuum in 24 Stunden schon voilendet. §. 28. Obvvohlen bey den reinen Wunden , nach zvveckmassiger Anvvendung der Heft¬ pflaster die Heilung in kurzer Zeit eifolgt, so erfodert es doch die Vorsicht den Ver- band mehrere Tage liegen zu lassen, urn der voUkommenen Vernarbung gewifs zu s eyn’ lede VerrLickung des angelegteu Ver- 28 bandes erfodert sogleicli dieErneurung einer Fi zweckmassigen Anlegung desselben. T s ki ai Da j< de mechanische vollkommene Tretuiung der Theile als ein ortliches Ui- bel zv betrachten ist (d* h, in so weit es vollkonrmeu ortlicheUibel giebt,) so bedarf g< der Verwundete nach geschelieuer Vereini- el gnng keiner anderweitigen Mittel«. Der d Zweck ist erreicht, folglich wo kein wei J J v; terer Zweck za erreiehen ist . giebt esauch g kein Mittel, -Man lasse daher denselben k in dem vollkomraenen Genusse seiner sonst V gewohnfen Speise, und Getriliike, sowohl in Quantit3t, als Qaalitlit: die liach ge- b sehebener Venvundung fast dureligehends noch iibliclie Abweichung von der sonst ge- I vvohnten Lebensart, ist gevvifs am oftesten > der hinreichende Grund des ungliicldichen 1 Erfolgs, bey dem Heilungsverfahren eineE t Wunde. Nur die korperliche Bewegung ( muls unterbleiben; aber auch nur injenea 5 29 ier Fallen, wo dadurch leicht Vernickung oder Trennung der Vereinigten Theile geschehen konnte; alle ubrigen Wuriden erfodern selbst auch diese korperliche Ruhe nielit. ne Ji. 3 °” es Ist demnach liach zweckn:as;ig an- arf gelegten Verband nichts Ausserordentli- ni- clies eingetreten, so bleibt der Verband »er durch einige Tage liegen, bis er Ioker eb v,'ird, wo sodann die V/unde meist schon ich geheilt ist, dieofters an der Uiberfliicbe an- en klebenden Heftpflaster, werden mit lauen ist Wasser erweicht, und dan n abgenomtnen, ihl jedoch so das die Heftpflaster erst an allen le - beyden Enden lofs gemacht, und sodami vor- tds sichtig himveg genommeu werden niti sen, je- Ist die Wirade an allen Punkten geheilt, en wie es meistens der Fali ist, so bedarf es en keines iveitern Verbandes, nur dami wiri e£ er neuerdings angelegt, wenn die Rander ag der Wunde an einer oder der andern Stelle _ en etwas klaflen, diese klaffenden Stellen wer- 3 <> den sanft mit den Fingern vereinigt, eiaj Heftpflaster daiiiber gelegt, vyie oben fce- schrieben worden, nur mufs dasselbe, wo es iiber dieklaffende Stelle der Wunde lauft, mit einem reinen Fette bestricJien seyn, um das Ankleben, als auch das Eindringen der Luft zn verhiiten* 3i» Die tiefer in die Muskeln eindringen-: den Wunden, machen in teclmischen Ver- fahren keinen Unterschied, ausgenommen, dafs die Heftpflaster hier schon mir, der Zir- kelbinde unterstiizt werden miissea, weil sotist der Grund der Wunde nicht vereinigt bleiben wiirde. Die Anlegung der Zirkel- binde geschieht auf folgende Art, nachde- me dasjenige, was in 26. §. gesagt worden geschehen 5 st, ninimt man eine nach Ver- schiedenheit des venvundeten Orts verhalt- nilsmassig Jange, zwey ein halb Zoli breite auf einen Kopi aufgerolte Binde, aus wei- clier Leiftwand, faiirt zuerst an der Mitte 3i der vereinigten Sfcelle iiber dieselbe, steigt scdann nach auf - und abwarts in Zirkel- windungen 5 das Ende der Binde vvird so- dann mit einigen Stiehen angenahet, Die Anlegung der Zirkelbinde findet nut bey langlichten Wunden des Stammes, oder obern - und untern Giiedmassen statt, und darf weder zu fest, noch lofse gesehehen. § 32 - Da die Absicht bey Anlegung derZir- kelbinde keine andere ist, als die getrenn- ten Gebiide um desto -sicherer in Beriih- rungspunkt zu erhalten, so bleibt nach zwackmassiger Anwendung derselben, dafs librige Verfahren ganz dasselbe, was oben 30* angegeben worden. S* 33- Die Anwendung der Vereinigungsbin« de, ist das Mittel bey noch tiefer in die Muskeln der Lange nach eingedrungenen Wunden des Stammes, oder der Gliedmas- 3 2 sen. Nadi dem die Wunde wie sclion gesagt gehorig gereinigt worden, bringt man die Lippen der Wunde bis auf den Grund an- einander, legt die Iangen Heftpfhster von der entgegengeseiten Seite der Wuude so an, dafs die Enden derselbeu liber die Wun- de gefiihrt, und sowohl an einer, alsauch der andern Seite fest angeklebt vverden. Nadi dem diefs geschehen, werden zwey Zillinder zur Seite der AA^unde angelegt, sie miissen aus fester Leinwand bestehen, v/elche mit sehr feinem Hackerling (gesehnit- tenesStroh) ausgefiillt wird, sie miissen mit der Lange der Wunde im Verhaltnifs stehen, als auch, wenn die Wunde tiefer, dicker, diinnerhingegen seyn, wenn dieWnnde seich. ter ist, je tiefer das mechanische Instru" ment eingedrungen, in desto grosserer Ent* fernung von den Randern der Wunde wer- den diese Zillinder angelegt, in minder be- trachtlicher Eutfernung geschiehfc die Anle- gung der Zillinder, wenn die Wunde eine minder betrachtliche Tiefe hat. Der Zweck ^ 33 > £ der Airvrendung dieser Zillinder ist die ge- s trennten Theile auch in der Tiefe in Beriih- l " rungspunkt zu bringen; man lafst sie devn- 11 nach dareh einen Gehilfen an der zweck- 0 massigen Stelle fest lialten, bringt sodann die aus vier Kopfen bestehende in derMitte ^ mit Faden versehene Verelnigungsbinde an, ! * doch so, dafs die Faden gerade senkrecht J auf die vereinigte Steile der Wunde za lie- ’ gen kommen, fiihrt alsdann die obern zwey s Kopfe um das Glied, nach oben, zieht so- ■' dann die zwey untern Kopfe, die unte des- £ sen von dem Gehilfen samt den Zillindern j festgehalten worden, so stark an, als es j nothig ist, um mittelst der Zillinder die in der Tiefe getrennten Theile ebenfalis zur Vereinigung zu bringen, fiihrt die Kopfe so¬ dann um das Glied, die Enden der Verei- * nigungsbinde v/er d en wie bey der Anlegung der Zirkelbinde gesagt worden, mittelst ei- I nigerStiche mit Nadel und Faden befestiget. Statt dieser vierkopfichcen Vereinigungsbin- de, kann raan sich auch einer auf zwey e 34 Kopfen aufgerolten Binde bedienen, man fdbrt, nachdeme die Rander der Wunde nach schon angegebenen Gesetzeu gerei- nigt, aneinander gebracht, die Heftpflaster sowohl als die Zillinder gehorig angelegt ivorden sind, von der der Wunde entge- gengesezten Seite die Binde hervor, bringt den einen Kopf der Binde durch den Spait des andern, zieht sodami dieselbe massig an, um dadurch auch, wieoben gesagt, die tiefer liegenden getrennten Theile zu ver- einigen, alsdann steigt man mit dem einem Kopfe nach auf - mit dem andern nach ab- warts, und lafst dieselben in Zirkelvvindun« gen anslaufen, die Enden werden ebenfalls mit N&delstichen befestigt. Da nach zweck* miisiger Anlegung der vereinigenden Bin- den, derZweck des Heilkiinstlers erreicht, so hat derselbe nur dafiir Sorge zu tragen, dafs dieser Verband sich nicht verriicke; keine sonstige Abweichung von den ge- wohnten Einfliifsen geschehe, danil erfolgt, wenn nicht etwa durch einen bey der Ver- 3? ail wundtmg entstandenen betrachtlichen Blut- de verlurst der Normal - Zustand des Verwun- =i. deten verandert, oder schon vor der Vet¬ er wundung besondere Abnormitat in den Le- gt bensfunktionen zugegen war, der Entzvveck e . die Heilung der Theile sicherlich, ohne gt dafs ein anders Mittel zur Erreichung dieses ilt Entzwecks anzuwendeu notliig wiire. Der ig fast durcbgehends auch von beriihmten e Vfundarzten noch iibliche Gebrauch von Ui- r- bersehliigen aus warmen Wein, Aufgiisseu n sogenannter Wuiidkr'auter, Oxicrat, Gou- 3. lardisches Bleywasser, bey reinen Wunden, 1. wodurch, wie sie glauben, die Entziindung !s verhuttet, die Heilung befordert werden solite, ist zvvecklos, ja sogar scliadlich, t- weil diese Amvendung obgenannter Mittel , oft eine Veriinderung der Lage des ver- , wundeten Theils erfordert, wodurch dem- ; nach um so leichter eine Verruckung det angelegten Verbandes beglinstiget wird. , Man lasse den zuUiberschliigen bestimmten ■ Wein» Brandwein , in verhaltnifsmassiger $6 Menge den Ver\vmideten trincken, beson- ders jenen, dessen Wir ungsve f m6gen, ob. uediefs zu unth'ltig ist, der Nutzen hlevon ist sicherer, als wenn derselbe ortlich angevvendet wird. Was nach gfsJhehenei Anlegung der Vereinigungsbinden flrners zu beobachtsn sey, ist von demjenigen nichts verschieden, was schon bereits im Allgemeinen von der Behandlung derWun- de nach geschehener Ve einigung gesagt worden ist. §• 34 * Die Lappemvunden des Stammes, und der Gliedmassen erfordern, wenn diese^en nicht zu betrachtlich sind, und al’e iibrigen Eigenschaften zur schneiien Vereinigung haben, die Anlegung der Expulsivbinde: Man bringe den Verwundeten in einen schicklichen Ort, und den verwundeten Theil in eine bequeme Lage, reinige die Wunde mit lauem VVasser, wie schon be- metkt worden, dann driike man denLappen 37 i. an seine vorige Stelle, fiihre die Klebpflas- i. ter, nachdem dieselben zuerst an den Lap- n pen angeklebt worden, gegen die eutgegen- h gesezte Seite, um dieselben daselbst zu be- ;r ’ festigen. Sobald der Lappen ’ ach Ver- :s schiedenheit seiner Grosse mit Heftpflaster n h'nlftnglich unterstiizt, so Jegt man am Grun« n de de s Lappens d. i. nach aussen eina K m- pr^sse an, bringe dariiber einige Zirkelvvin- t dungen mit einer nach Verschiedenheit des verwundeten Theils verhdltnismassig langen, auf einen Kopf aufgerolten Binde, steige so- dann nach aufwarts, um die aufgelegten Kotn- 3 pressen zu bt festigen, und durch dies den Lap- i pen die gehorige Unterstiitzung zu verschaf- i fen, dieEnden die er Binde werden mitNa- ; del und Faden befestigt, Immer mufs der : verwundeteTheil schon vorAnlegungder Ex- i pulsivbinde in eine solche Lage gebracht wer- i den, dafs der Lappen aus eigener Schwere gleichsa n von selbst in seine vorige nor¬ male Lage zuriick ttitt! Eine solche Lage ist oft ganz allein hšnreichen betraclitliche 3 ? Lappemvunden in Beriihrungspunkt zu ver-f setzen, und in demselben zu ethalten, und ! zwar so, dafs man alsdann nicht einmal nothighat, die Heftpflaster durch die Ex- pulsivbinde zu unterstiitzen. In dieser Lage hat der verwundete Theil so Jange zu ver- bleiben, bis die Heilung geschehen, und Genesung ■eingetretten ist. Die iibrige Kur des Vervvundeten ist ganz dieselbe, welclie iiberhaupt schon mehrmalen angegeben worden, Nur bey der etwa eingetrettenen Nothwendigkeit vor gesehehener Heilung \ der Lappemvunden, den Verband erneuern l zu miissen, ist noch zu erinnern notbig, dafs die Hinwegnahme der Klebpflaster nicht auf einmal geschehe, auch dafs dieselben immer zuerst von den Lappen lofsgemacht, und sodann gegen den unterliegeuden Theil hingezogen werden miissen, weil im entge- gengesezten Fali der Lappen seine Unter* stiitzung verlieren, und leicht wiederun^ lofsgerissen werden konnte* Die blutigen Nathe, wozu man sich nach Verscbiedenheit derselben, auch zer- Schiedener Nadeln bedient, finden eben- falls nur bey solchen Wunden statt, wel- che die oben angegebene Eigenschaft zur schnellen Vereinigung haben. So haufig and verschieden die Anwendung der blutigen Nathe bey den Aken war, wodurch sie I sebr oft geschadet, so glaube ichdoch, dafs man in neuern Zeiten ebenfalls zu weit gegangen, indem man die blutigen Nathe zu allgemein verworfen h at, Es giebt un- streitig Wunden* wo die Anwendung der blutigen Nath wessentliches Mittel zum Zwecke ist, sie haltet die getrennt ge- vvessenen und nun vereinigteu Gebilde in gehoriger Beriihrung, gestattet nicht so leicht eine Verriickung, erftillt daher die Absicht des Heilkiinstiers, in einem weit vorziiglichern Grade, als die iibrigen Ver- einigungsmethoden, DerVorwurf, dafs die 4 ° Stiche und die darin zurdckgebliebenen Fa- den die Eyterung begiinstigen, mithin der Absicht des Heilkiinstlers entgegen laufen, trift nur die einzelnen Stellen der Wunden, wo die Stiehe geshehen sind. Diese Stellea bey den zuriickgelassenen F-aden miissen allerdings Eytern: allein bis das erfolgt, istdieWande iibrigens langst geheilt. Weim der Erfolg bey der Anwendung der bluci- gen Nath ungliicklich war, so hatte daran wohl gewifs die blutige Nath, den klein- sten Antheil, vermuthiich weil die Wun,le entweder gar nicht zur schnellen Vereini- gung geeignet war, oder weil andere schadliche Einfliisse nach geschehener Ver- einigung auf den verwundeten Organismus eingewiirkt haben, mislang der Versuch die Heilung der Wunde mittelst der blutigec Nath zu bezweeken. Wir werden dem* nach von den verschiedenen noch heut zu Tage iiblichen blutigenNlithen sprechen, d.i. die Art sie zu verrichten angeben, wo diesel- ben vvessentliches Mittel zum Zwecke sind. §♦ 3 6 * 41 Hier wird es nothig seyn, ein Ver- fahren der meisten manuellen Heilktinstler bey der Behandlung derWunden etwas ha- her zu fceleichten, welches Verfahreu selbst von angesehenen und verdienten Mannern in Schutz genommen v/ird. Allgemein hei'ern SO' ihle abet )er, vor* ; die fes! an feh' ;ern llut' 49 immer das in Verblutungen nach Ausziehung eines Zahns von vielen angepriesene Cau- terium actuale , entbahren. Eiu gleiches gilt, wenn die Blutung aus einer Erniih- rungs-Schlagader kommt, wie nach Amputa* tionen, oder bey Veiletzungen der Gefas. se an der Hand - oder Fufswurzel; hier ist die Anwendung desWachses sicher das zuverliissigste blutstillende Mittel, 4 °* Der von Brossard so sehr als blutstillendes Mittel geruhmte Agarikus (Eichenschvvamm) wirkt blos und allein durch seinen mecha- nischen Druck. Wenn man sich dessen be- dient, so bereitet man sich im voraus meh- rere grossere, und kleinere Saulen, Man nimmt nemlich mehrere einzelne Stiicke des vveichgeschlagenenEichenschavammes, legt sie liber einander, und befestigt sie in die- ser Lage durch eine Durchstechung mit Na- d g< del und Faden. *) Nun bringt man den einen Theil dieser Saule auf das geofnete Gefafs,| Ki driickt dieselbe an den utiteriiegenden Kno- p’ chen an, imterstiizC sie mit Charpie, und< oo bringt dariiber die nothigen Heftpflaster und, ni Kompressen, und die dem Orte angemes- šene Binde. Immer rnuis bey der Anwen- un w dung des Eichenschwamines der angebrach- lei te Druck durch mehrere Tage unterhal- ten werden, bis man hoffen kanu, dafs das verwundete Gefafe schon geschlossen sey t §• 4U le Zi; gu / eri iib Die Unterbindung, der verwnndeteii Schlagader ist, wie schon gesagt worden, unstreitig das zuverlassigste blutstillende j Mittel. Bey Ver.vmndungen solcher Gefkssei deren Durcbmesser betrachtlich ist ? und wel- che an keinen naligelegenen Knochen an- zu de C Anmerk. *) Die meisten Wundh‘rzte geben dem driickendM Ktirper die Geftalt eines Kegels , und bringen den spita- gen Tbeil desselben auf das blufende Gefafs. Ich sehe den Nutzen davon nicbt ein , ieh glaube vielmehr, dafs dieser Kegel ura so leichter sich veiriirkte, ich gebe des iibereinander gelegten und mit Faden befestigten Stiicke« desEichenschvammes eine gleiche Grosse,und bilde daaiii eirie ganze zillinurische Saule. lili lic de 2 \ len fs, 110 - md md ies- ^n- ch- lal- das ey, :en jn> ide .sse ci¬ an¬ id« litzi- sehe dafs dei :ken trni! gedrilckt werden konnen, oder wenn dieser Knochen zerbrochen ware, wie es bey kom- plizirtenBembruchen sicli ofters ereignet, — oder aber der Verwundete transportirt werden miiste; ist die Unterbindung schlechterdings j unentbehrlich. Diese Unterbindung der Ver- '*• wundeten Schlagader mufs aber liur an ihr al- lein unternommen, d. i. keine Meskelthei- le mit in die Unterbindung gefasst werden. Zn dem Ende sucht man sich durch Anle- gung einer Aderpresse, wenn es der Ort /erlaubt, oder durch den Druck der Finger liber der Wunde den Stamm der Schlagader zusammen zu driickeu, um sich dadurch ven den Bluten Meister zu machen. §• 42. Bey der Anlegung der Aderpresse (Turniket) mufs vorziiglich Bedacht genom- tnenwerden, dafs dieselbe so nahe als mog- lich an dem Ursprunge des Hauptstammes des blutenden Gefasses angelegt werde,und zwar, man sucht vorher mit den Fingern d a I ■ » .. * ■ «*■ ' • .. -ti • • _ ■ • H der einen Hand die Schlagader auf, deren Lage zum Theil schon a n s der Zergliede- rungskunst bekannt seyn ir.ufs, halt sie als- dann fest, und .bringt dariiber etwas schief denBaUen, driickt mit demselben die Scldag- ader nieder, und briagt sodann gerade aii der entgegengesezten Seite die Biatte an, schraubt alsdann, wenn es eine zusarrroen- gesezte Aderpresse ist, die beyden Stiicke fest, jedoch so, das Druck und Gegeiv druck sretsgerade in senkrechter Ricltung auf einarder wirken, und dadiirch den E’nflufi j des Blutes hemmen. In Mangel einer zU' sammengesezten Aderpresse kann man sick auch fest aufgerollter Binden bedienen, welcbe statt einesBa^len auf der Schlagadei festgehalten, und alsdann diese mit einer andern auf zwey Kopfen aufgerollten Bin- de, \vovon der eine Kopf durch den Spak j, des andern lauft, befestigt, dafs ist so zusar> irengedriickt wird bis aller Einflofs gehemnit ist, Uiberhaupt ist es nicht schwer eine A* derpresse zu trfinden, auch anžWendeU' 53 Mar mufs Kenntnifs von Bruck und Gegen- druck, als auch von der Lage des vervvun- deten Gefasses vorausgehen. *) § 43 - Nach gehorig angelegter Aderpresse (Turniket) reinigt man dieWunde mit lau- em Wasser, sucht sodann die vetwundete Schlagader auf; solte diese wegen denBlu- ten de Theile liicht leicht zu erkeunen seyn, wie es wirklich oft der Fail ist, so lasse man nur die Aderpresse, oder den Druck der Finger etw s nach, so wird durch das bogenweise Hervorstrommen des Blntes das verlezte Gefafs leicht erkannt werden kon- nen. Nun zieht man nach wieder zugezoge- nerAderpresse, o ler vermehrtemDruckeder Finger mitteist des Wolsteinischen Hackens die Schlagader hetvor, im Mangel dessen kann man sich auch der Pinzette, oder Korn- Anmerk. *)Die Drossel —so wie dieSckKfschlagader mli»- te unter der Wunde unferdruckt, die Schmerbauch- schlagader aber zweymal unterbunden vverden. T4 zange bedienen, ergreift alsdann die schon in Bereitschart gelegten Nadeln , welche mit gleichauslaufenden 4 bis 6fache» Faden versehen seyn miissen, welche Faden in Form eines Bandchens gewichst, und sodami mit Fett bestrichen werden; die Nadeln miissen an der gewo!bten und ausgeholten Seiteihre Rander, und zu beydenSeiten die Flachen haben. Nun sticht man die Nadel von unten nach anfwhrts neben derhervor- gezogenen Schlagader in das Zellengewebe ein, djch so, daft die eine Flache der Un- terbindungsnadel gegen die hervorgezoge- ne Schlagader geni elite t ist, man zieht sie sodann nach oben aus dem Zellengewebe hervor, fiihrt sie iiber die Schlagader und sticht dieselbe sodann auf der andern Seite neben der Schlagader von oben nach ab- warts, die Flache der Nadel gegen die Schlag¬ ader geiichtet. §• 44 * Nachdem sie unten aus dem Zellenge' webe liervorgezogea, wird dieselbe von dei vrij clr dei abi sei bit Fa wi ge na au er V. te ei d. ai c a v 1 s ichon 2 mit a d en m in dana ideln jlcen a die adel vor-j /ebe Un- 3 g e. : sie /ebe' uidi eite ■ ab- lag- ge*: /OD den Usiterbindungsfbden abgeschnitten. Nun •vvird mit den zweyEnden des Fadens ein chyrurgischer Knoten gemacht, dieSchlaga- der dadurch zusaramengepresst, zugleich aber die angelegte Aderpresse nachgelas- sen, um sich zu iiberzeugen ob die Unter- bindung hinreichend fest sey; ist dies der Fali kommt kein Blut zum Vorschein, so wird noch ein einfacher Knoten dariiber gemacht, und entweder die langen Faden nach aussen an der Wunde befestigt, oder auch einige Linien ven der Unterbindong entfernt abgeschnitten, Dies zweyfache Verfahreu ist in Bezug auf Stillnng des Blu- tens, welches wesentlicherZweck und nun erreicht ist, ganz wilktiriich. Diese Art der Unterbindung kann jedoch nur dazumal angewendet werden, wo die Wunde hinrei¬ chend grofs ist, so dafs man leichtzur Schlag- ader gelangen konne; oder wo dieSchlagader vollkommen entzwey gescanitten ist, ah nach Amputationen u.s,w* Zwarauchin die* sen Fitllen bediene ich mich einer viel ein- 56 fachern, leichteren und geschwinderen Me' thode , die eben so sicher das Bluten stillt. Ich bringe liber den bestitnmten Hacken oder Kornzange den auf oben be- schriebene Art bereiteten Unterbindungs- faden, welcher schon 2 mal umschlungen ist, Naehdem die Schlagader hervorgezo- gen worden ist, wird die Schlinge auf die Schlagader hingeschoben, uud w'ihrend dem der Gehiilfe die Schlagader hervorgezogen halt, der Faden zusammengezogen. Man iiberzeugt sich sodann. ob die Unterdrukung der Schlagader hinreichend geschehen, durch Nachlassung der Aderpresse; und wenn dreses nicht der Fali seyn solte, so zieht man die Schlinge noch fester zn, und ver- fahrt Iibrigens so, wie schon oben gemel- det wurde. Diese Unterbindung, wenn sie gehorig geschehen, schiizt eben so sicher vor einer fernern Blutung, als die Unter¬ bindung mit Nadel und Faden. DieFurcht, dafs dureh das Zuriikziehen der Schlagader die Unterbindung abglitschen, das Bluten sl sich erneueren wiirde, ist iibertriebene Aengstlichkeit, Dies Abglitschen derUnter- bindiing ist gewis nie erfolgt, wo der Fa- den um die Schlagader hinreichend. lest an- gelegt worden ist* S. 4S- Ist liingegen die Wunde nieht hinrei¬ chend grofe, oder die Schlagader nieht voll- kommen entzwey geschnitten, so verfahrt man bey der Unterbindung auf eine ganz andere Art ( zwar mufe man auch hiebey, moglichst Sorge tragen, dafs die venvun- dete Schlagader allein unterbunden wer- de, welches freylich nieht immer so leicht moglich ist.) Man bedient sich hiezu am schicklichsten einer schmalen Nadel aus Silber, welche nahe an der Spi.ze mit dem Oehre versehen ist, und die man nach der Verschiedenheit der tiefer, oder seichter liegenden Schlagader mehr, oder weniger beugt, nachdem man den Theil in eine schickliche Lage gebracht, die Schlagader 58 entdeckt, sich des weiternBlutens durch die Aderpresse Meister gemacht, so wird die^ selbe mit eiaer Sonde aus Fischbein, wel. che durch die Wunde der Schlagader ein' gefiihrt wordeu, in die Hohe gehoben; oder man zieht sie mit einer Kornzange, oder Hacken in die Hohe. Nun stieht man die siiberne Nadel von einer Seite in das Zellengewebe ein, fiihrc sie unter der Schlagader hindurch, und zur andern Seite neben der Schlagader aus dem Zellengewe. be hervor. Da diese Nadel nahe an der Spitze mit dem Oehre versehenist, so wird die Nadel nur so weit hindurch gefiihrt, bis man den in dem Oehre befindlichen Fa- den b(quem heraus nehmen kann. Sobald dies geschehen, wird die Nadel ohne Faden, wleder an der Seite des Einstiches zuriickge- z gen. Nun ergreift man dieEnden desFa- dens, machtmit denselben zwey Umschlin- gungen, oder einen sogenannten chyrurgi- ?chen Knoten, ziel^t damit die Schlaga¬ der iiber der Wunde zusammen, iiber- 59 zeugt sich von der Aechtheit der Unterbini dung, und macht sodann pinen eififachen Knoten dariiber, schneidet die Faden ab, doch nicht zu nahe, oder liifst sie aus der Wunde heraus hangen; sobald die Unterbin- dung gehorig geschehen, wirddie Aderpres- se vollkommen nachgelassen. Das nach ge- schehener Uuterbindung der Schlagadtr von einigen noch iibliche Anwenden des Eichen- schwammes, Ausstopfen der Wunden mit Charpie, Anlegen eiues festen Verbandes, um, wie sie glauben, die Unterbindung zu unterstiitzen, ist zwecklos, und schadlich. Zwecklofs, weil die Schlagader ohnehin durch die Unterbindung so weit zusammen- geprefst worden, dafs kein weiteres Bluten mehr statt finden kann; und schadlicb, \veil durch diesen Druck auf die iibrigen Theile der Wunde, als eine mechanisch eindringende Schadlichkeit gewiirkt wird, und dadurch dieseiben ihres Wirkungsvermogens beraubt werden. Die Uuterbindung wird immer sich selbst iiberlassen und fallt stets bey 6o eintretender Eyterung von selbst ab, oder um kunstgemafs zu sprechen, wird von dem, dem Individuo zukommendem Wir- kungsvermogen abgestossen. §♦ 46 . Das gdnzliche Entzweyschneiden einer halb entzweygeschnittenen Schlagader, so wie das Ablosen einer an einem Knocben angewacbsenen Schlagader als blutstillen* des Mittel zu empfehlen, wiirde ich sehr gewagt nennen. Ist die Arterie grofs, so kann derBlutflufs ohne Zusatnmendriickung der Schlagader nicht gestillt werden , dies kann aber nicht so leicht geschehen, wenn sich die verwundete Schlagader entweder unter die Muskeln oder tiefer in den Kno- chen zuriickgezogen hat, welches um so gewisser erfolgt, wenn die Entzweyschnei- dnng, oderAblosung geschehen ist. Theden rath sogar diese Ablosung, und Zuriickj schiebung als hinreichend sicher bey der Verletzung der Rippenschlagader; ein Ver- 6i fal ren welches sehr gefahrvoll ist, und ichlechterdings keine Nachahmung verdient. §• 47 * So seltea es auch geschieht, vvo das gliihende Eiseu als blutstiilendes Mittel angevvendet wird: so giebt es doch Falle, wo schlechterdings kein anderes blutstiilen¬ des Mittel, dieStelle des gliihenden Eisens vertreten kann,- als bey einer betriicht i- cheren Blutung nach der Ausschaluug einer verharteten Mandel, eines Cevvachses an der Zunge, die sich durch gelindes Reiben mit den Fingern nicht stillen liesse* Bey der Anwendung desselben darf das gliihende Ki- seu nicht roth, sondern nur schvvarz gliihend seyn, es darf nur die \Vunde der Schlag- ader berilhren, an dieser Stelle jedoch nicht zu lange fest gehalten werden, vveil sonst der durch Desoxydation erzeugte Schorf leicht wieder mitgenotr.men werden konnte, welches ja sorgfiiltig vermieden vverden mufs, vveil eben dieser Schorf es ist, der 62 durch seinen mechanischen Druck deu BTut_ = flufs stiJt, Audi dann, wenn durch fi-ie An- wendung des gliihenden Eisens, der Blut- flufs wiirklich gestillt worden, mufs ales sorgfaltig vermieden werden, was die zu friihe Absonderung des Schorfes, bevor die Schlagader nicht verwachsen ist, begiin- stigen konnte., weil dadurch, wie Ieichc eiu- zusehen, der Blutflus sich wieder erneuern \viirde. Wie das oftere Befeuchten des , Schorfes mit Weingeist das friihere Abfallen • desselben hindern solite, wie es grosse gelehrte Schriftsteller behaupten, — sehe ich wahrlich nicht ein. ocssa 63 Von den W u n d e n , bey welchen Eytemng bestimmter Zvveck ist. 2 s* 48* Hjeher gelioren unstreitig alle gerissene, gequetschte, alle Schufs-und vergiftete VVunden. Bey allen findet Abnormitat in dem Umfange der Wunde statt. Bey er- jtern hat die mechanische Gevvalt die in einem grossern Umfange wiirkte; bey ver- gifteten VVunden der giftige Saft oder Spei- chel diese Abnormitiit verursachet. Bey den Erstern griindet sich die Abnormit&t auf eine physich veriinderte Lage der Grund- theile; bey denLeztern auf eine chemisch veranderte BescbafFenheit derselben. Ui« berall mflssen daher diese abnormen Theile 64 hinweggeschaft’, neue Normale erzeugtwer. den, wenn ein voller Entzweck erreicht wer- den soli. So sicher in allen diesenWunden Eyterung bestimmter Zweck ist, so gewifj das technische Verfahren bey diesen Wun- den grostentheils dasselbe ist, so wollen wir doch jede derselben besonders abhandeln, 49 . Bey den gerissenen, gequetschten Wun. den, sind die in der Nahe der Wunde ge- lagerten Theile immer mehr, oder minder gepresst, und das Wirkungsvermogen da- durch vermindert worden, Man reinige demnach die Wunde mit lauem Wasjer> entferne alle etwa in der Wunde befindli- che fremde Korper, bringe die Wnndlippen so viel mogli eh, aneinander und belege s o- dann dieselben mit Charpie , welche mitfri- scher Butter bestrichen ist, dariiber ein Klebpflaster um d'e Charpie zu befestigen. Da die Heiiung dieser VVunden nur dann zu er^arten ist, wann die Abnormitdt in der Wunde hinwegeschaft, die in freinde 65 Orte geprefsten S&fte aufgesogen, oder aus- geLeert worden sind, welches alles bios dasWe;k des dem Organism zukommenden Wirkung3vermogens ist, so kanu nc,thwen- diger Weise, nach einer gegriindeten The" orie, die noch allgemein in solchenFallen iibliche Anwendnng der Digestiv- Salbe, Arcens Balsam, oder anderer derley Korper; nicht weiter statt finden. A!Ie diese Kor¬ per auf die orgardschen Theiie angewandt, \velche ohnebin durch die vorausgewirkte mechanische Schadlichkeit ihres Wirkungs- vermogens, mehr oder rninder beraubt worden, miissen dieselbeu um so gewisser einem chemischen Prozefs unterwerfen; mithin die Abnormi at in der Wunde ver- lncbren, welches doch nicht der Zweck ihrer Anwendung, noch jener des Heil- kiinstlers seyn darf. Mehr der Absicht ent- sprechend bey Wunden, wo Eyterung be- stimmter Zweck ist, dtirfte die Anwen- duug der warmen, aber nicht geistigen Uiberschlage seyn; welche aus gewohnli- e 66 chen Mehle mit Wasser zu einem Brey be- rcitet bestehen konnen; der in diesen Ui- betschlagen enthsltene Warmestof diirfte allerdings das den in der Kahe derWunde gelegeuen Gebilaen zuk^mmende Wirkungs» vermogen in Thatigkeit setzen, und somit schneller zur Hinwegschaflung der abnor¬ men Besch;flTenheit der Wunde beytragen, Immer r» iissen jedcch die Uiberschlage, besonders im Anfange ihrer Amvendang einen geriugen, dann aber einen starkern jedoch gleichen Grad der Warme in si h enthalten,- welches ein wesentliches Be- dingnifs ihrer Niitzlichkeit ausmacht. *) Uibrigens ist die Behandlung des Verwun- deten im ABgemeinen ganz dieselbe, wie sie bereits angegeben worden, da von der Vereinigung der Wunden gehandeit \vorden ist* Anmerk. *) Vare es vielleicht nicht noch besser auch die Brtliche Anvvendung der warmen Ereyiiberschlage zu unteriassen, und gar nichts anzuvtenden? Verdeo 6*7 §. 49. Werin nun auf oben gesagte Art, die- se zerrissene, geque£schte Wunde verbun- den, die warmen Uiberschliige angewen- det worden, so last man den ersten Ver- band bas den 3ten 4ten Tag ruhig liegen 9 wo alsdaun ein gewisser Gerueh, und et- was au 5 schwitzende, ; Feuchtigkeit die ansau- gende Eyterung darthut* Mali erneuert den Verband, befeuchtet die anklebenden Theile mit lauem Wasser, und nimmt sie vorsichtig hinweg; die einzelnen Fassern Charpie, welehe fest anhangen sollten, wer- sie nicht mehr leisfen als sie eientlich sollten? Bey der gequetjchten Wunde sind die Gebilde im Umfange geschvvacht, dadurch erhalten die nahe gelegenen Ge¬ bilde ein rekitiv hBheres VVirkungsvermogen, daram treiben sie eine griissere Menge Safte in die gesehvvach- ten Gebilde, dadurch die Ansrhwellung der Wundriin- der, Spannung u. s. w.: wird nun dureh die angevvand- te Warme ihre Thatigkeit nicht noch mehr erhoht 'i miis- sen demnach nicht auch Anhiiufung der Safte in den ge- schwa , 'hten Gebilden im Umfange der Wunde , Spannung und dergleichen grosser seyn? 68 den entweder dsran gelassen, oder mit der Scheere sbgeschnitten. Gleieh nachdem al- les liinweggenornmen, wird die Wunde neuerdings mit Charpie belegt, welche mit Butter bestrichen ist, Sorgfiltig beschleuni- ge man jeden Verband, um der admospha* rischen Luft keinen schadlichen Einflus za gestatten, sorgfaltig vermeide man das angstliche Auswisehen des Eyters aus der Wunde; esisthinreichend, wenn man dem verwundeten Theil eine soleh e Lage giebt, dafs der in der. Wunde erzeugte Eyter un- gehindert abfliessen konne. Selten \vird man nothig haben, den Verband ofters als alle 24 Stunden ein real zu erneuern. §• fo. Eben šo glaube icli nicht, dafs die am 3ten, 4ten Tag in der Wunde sich einstel- lendeRothe, Hitze, Spannung,undSchmerz, wenn sie auch betraclitlich sey, eine Ader- lafs, Ansetzung der Blutwiirmer, Laxier- mittel, und eine schvvachende Diftt, erfor- 6 9 derte. Ich bin vielmehr iiberzeugt, dafs je¬ ni ehr durch die mechanisch eingev/iirkte Schadlichkeit, das Wi r kungs v ermoge n ia den vervvundeten Gebilden vermindert worden, desto grosser wird auch die Ent- ziiudung, Geschvrulst, Spannung u. d. gl. seyn; mithin um so weniger einen schwa- chenden Heilplan fordern konnen. Man lasse sich daher durch den Eintritt dieser Erscheinungen nicht irre Ieiten, etwas an dem obangefuhrten Heilverfahren zu veran- dern. Man unterhalte das Wirkungsvermo- gen durch die der Individualitat anpassenden vorziiglich sonst gewohntenReitze in gelio- riger Thatigkeit; so wird man sehen, dafs die durch Anhaufung von Safcen aufgetrie- benen Rander sich senken, die Hohle der eyternden Wunde sich vertnindern, die ge- trenuten Theiie sich nihern, und endlich durch eine Afterorganisation sich vernar ben werden* Aile Aiiwendung der sonst gewohnlichen Eyte.run'g befordernden , Fleischmachenden oder austroknenden Mit- 7 ° tel, sie heisen wie sie immer wollen: ist schlechterdings zweckIos, und schiidlich. §• ft. Die Sch’jfswunden werden in die An- dringenden, Ei n d r i n g en d e n , und Durchdringenden abgetheilc. Unter Andringenden versteht man, wenu die Ku¬ gel nur die aussere Uiberfliiehe einesTHeils des Organism verwundet, jedoch \vieder abgeglitscht ist: unter eindringend hir.ge- gen , wenn sie mehr senkrecht aufgefalien, die Gebilde von aussen nach innen vervvun- det, und die Kugel noeh in dem von ihr selbstgebildeten Kanal enthalten ist; Durch- dringend hingegen, wenn die Kugel zu ei- ner Seite desselben wieder ausgetretten, mithin der Schufskanal mit zwey Oefnun- gen versehen ist. Hier findet sich zwar die Kugel nicht mehr in dem Schuf kanal, de- sto ofter finden sich aber in demsel- ben Kleidungstiicke , Geldstiicke, Kno- pfe, lose Kncchensplitter &c, wenn die Ku- gel, bey ihrem Durchgange den Knochen verlezt hat. §4 5 2 . Die andringenden Schufswunden sind ihrer Natur nach, von gequetschten Wun- den in nichts verschieden. Wir haben daher bey den andringenden Sehuf3wunden kein anders Heilverfahren anzugeben, als was bereits §. 46. 47. 48* angezeigt worden ist; wo demnach der nemliche Zweck erreieht werden solite, konnen keine audere Mittel statt fin den. 53 * Die eindringendenScliufsvmiden haben immer die Kugel, und nicht selten nebst riieser, noch Ivleidungssdicke, oder anlere frerade Korper, alsKnochensplitter u. d. g. in sich. Da es dem vollkommenšten Heilkiinst- ler darcli den aussern Anblick der Wunde 1 nicht zu bestimmen mogli c h ist, wie tief die Kugel eingedrungen, und welche G ,3- 73 bi Ide sie verlezt hat; so ist hier die Uti- tersucliung der Wunde, so zvvecklos, und schadlich dieselbe auch bey allen Librige« Vervvundungen ist, schlechterdings uneiit- behrlicH* Der Zweck dieser Untersuchung ist demnach kein anderer, als sich von dem Daseyn fremder Korper in demScbufs* kanal zu iiberzeugeii, und zugleieh diesel- ben, wo mbglich, herauszuschatFen, Da man aber r.ie bestimmen kann, welche Gebilde vervtrandet sind, ur ter denen sich auch oft Elutgefasse befinden, so ist immer zu erst nothvvendig, weun es der Ort gestattet, und man die Verwundung grosserer Bluttgefasse vermuthet, eine Aderpresse anzulegen, in Fali bey der Untersuchung, Herausnahme fremder Korper, eine Blutung sich zeugte, sich sogleich durch Zudrehen der Aderpresse derselben bemachtigen zu kounen, §• Dem Zwecke der Untersuchung ent- snrechend, kann, und darf die Untersu* *73 chung mit keinen andern Instrumente, als mit dem. mitFett bestrichenen Finger gesche- hen, da hingegen der Eingang des Schuft- kanals meist betrachtlich nach S ei.nwarts ge- zogen, so sehr verengert ut, dafs dieEin- fiihrung des Fingers znr Untersucbung un- mogiich geschehen kovne, so rrmfs dieser Eingang der Wunde in diesem Fali mit ei- ner Bistoune vorsichtig erweitert werden; jedoch mit Ausweichung aller betrachtli- chern Schlagadern, Nerven, und Sehnen. Der Zvveck dieser Erweiterung ist, dafs man biedurch mehr Raum gewinne, um den untersuehenden Finger einfiihren, und die fremden in der Wunde befindlichen Korper, mit grosserer Leichtigkeit heraus- nehrr.en zu konnen. *) Anmerk. *) Jede Schufsvvunde ohne Unferschied zu erwei- tern, hiefse ein grausamej Mit tel ohne Zvveck an- ■vvenden, vvelches leider! in vorigen Zeiten, und se'bsž zu unseren Zeiten, im leztem Kriege noch grbstentheils anumstosliches-Gesetz war* 74 S* ss- Diese Herausnahme fremder Korpar ge- schieht nacli Verschiedenheit derselben, entweder mit dem Finger, mit der Korn- zange; oder andern Zangen, Kugelzieher, oder demGeisfafs , wenn die Ko gel in einem nahen nicht sehr mit Muskeln bedecktea Knochen sich eingedriickt befande, welche Werkzeuge jedoch alle dem Finger nachzusetzen sind, So wichtig, und einen sichern Erfolg versprechend die Entfernung aller fremden Korper aus jeder Wun.de aucb soy, so sehrdiesauch eiti w t seliti: chesBe- dingnifs bey der Behandlung der Wunden ausmacht, so mufs dabey jedoch nicht aus- ser Aeht gelassen werden, dafs diese Her- ausschaffung der fremden Korper, ja auf keine gewaltsame Art geschehe. . Dafs wiederholte, oft gewaltsame Einfiihren verschiedeaer Instrumenten, wpdurch die fremden Korper herausgeschaft v/erden soll- ten, war nicht selten eine grossere mecha- 7f nisch eindringende Schadlichkeit, als die verwun iete Kugel seIKt. N ur jene frem- den Korper, welche lose siud, und leicht ohne Schmerz, ohne neuer Trennung der Gebilde himveggenommen werden konnen; W2rden herausgesehaft; alles iibrige, gleich- viel was es sey, was fes t sizt, wird in der Wunde zuriickgelassen. Man seye daher nicht zu angsdich, um die H rausschaffung frem ier Korper aus den Schufskanhlen be- kiimmert; was bey wiederhoIten sehr schmerzhaften Versuchen gleich naeh der Verwundung nicht gelang, wurde bey eintrettender Eyterung mit einer Leichtig- keit bewerkstelligt, § 5 6 . Die k^anhhafcen Erscheinungen, als hef- tiger Schmerz, Entziindung, Spannuug, Tris- mus&c., welche man ofters bey Schu r s- wunden beobachtete, in welchen solche fremde Korper ziiriickgeblieben sind , wur- den oft mit Unrecht als Folgen der Zurtick« 7 6 lassung dieser Korper betrachtet, sie wa- ren gewis. ungleich oftere Folgen wieder* holter, gewaltsamer, und miifslungenerVef- suclie dieselben herauszuschaften; eine Wabr- heic die Niemand laugnen wird, der in na* hererKentnifs des thierischen Organism steht. Wie viele Beyspiele kenne ich! wo die Ver- wundeten diese Wahrheit mit dem Ver- lust ihres Lebens bestattjgten. Man lasse demnach ailes, was nicht mit leichter Hand herausgeschaft werden kann, ruhig in dei Wunde, verbinde dieselbe sanft mit Char- pie, welche mit reiner Butter bestrichen ist. Ist der Schufskanal tief, so lasse man sicher laues nicht ranziges Oehl gleich viel ob Oliven, Leinsaamen, oder Mandel - Oehl oder zerlassene Butter in denselben fliesseu* Sction bey den altesten Volkern war dies gewis selit verniinftige Verfahren im Oe- brauche. Nur zu diesem Zwecke werden von aussen die Klebpflaster angelegt, um die Charpie auf der Wunde fest za halten , vvodurch zugleich der Zutritt 77 der a t m o s p h ii r i s c h e n Luft ver- hindert wird, §. n* Die bey Schufswunden voli allen be- riihmten, und gelehrten Scliriftstellern so- wohl, aJs auch allen praktischen \Vundarzten zur Verhiittung desSphacellus als unentbehr- lich empfohlenen Einschnitte in dem Um« fange der Wunde, so wie die Anwendung der digest'v Salbe, oder anderer natdrlicheni Balsame, haben gevvis immer gerade da? Gegentheil von dem gethan , was sie hat- ten leisten sollen. Sie musten dies ura so ge\visser bewerkstelligen, indem die Ein- schnkte alien Zusammenhang dieser orga- nischen Gebilde, und dadurch auch alles Wirkungsverrnogen aufheben, die Balsame hingegen dies auf eine chemiscbe Art be- wirken. Nichts von allen dem darf hin- fiibro mehr geschehen, eben so wenig die Arwendur.g von geistigen Uberschlagen, aus Wein, Brandtwein, Aufgiissen aromati- 78 scher Kratter u. d. g. Nur von der Wieder- kelir des durch die mechanisch eingevvirk- te Sch&dlichkeit aufgehobenen Wirkungs- vermogen lafst sich die Hm\vegschsffjng, des Abnormen in derWunde erwarten, und nur durch dieReproductiondcraft konnen die verlohrnen Theile -wieder ersezt wsrden ( Man belege daher auch hier den verwun- deten Theil mit jenen warmenBrey' Uiber- schliigen, wie schon oben gemeldet wor- den * sollten diese wegen zu grosser Empfind- lichkeit der Theile oder ih ’er zn groš en Schwere -vriUen nicht angewan ! t werden kon¬ nen, so bediene man sich statt derselben, in laues Oehl eingetauchter Lappen aus F.a- neiJ; den venvundeten Theil wird eine ruhige bequemeLage gegeben, und beybehaken, §• s S* Im Allgemeinen werden die Krafte des Kranken durch eine nahrhafte seiner Indi¬ vidualist angemessene Diiit, wie auch Vvein, wenn er denselben gewohnt war, au D di d< E V v E G s S c 1 I 79 aufrecht erhalten. Mag auch eke strenge Diat, Aderlasse, Laxiraiittel, iiberhaupt die sogenannte antiphlogistische schwachen- de Heilart zur Verhiitung einer zu heftigen Entzundung der Schufswunden empfehlen, wer da will, ich kan n mi eh nun einmal von ihrer Niizlichkeit nicht iiberzeugen. Die Verwyndung selbst, >vodurch so viele Gebilde ausser Wirksamkeit gesezt worderi sind , der Blutverlust, sey er auch bey Scbufswundeu unbedeutend, der Schmerz, die Ruhe des Korpers, die der Vennmdete beizubehalten gez^ungen ist, der Schrock, die Furcht liber den ungewissen Erfolg der arzlichen Behandlung, und noch viele ari- dere sclmachende Bedingnisse sprecheu laut fiir cin en der Individualist angemesse- nen reitzendeu Heilplan, und meine eige- ne Beobachtutigen, die ich allerdiugs zur Wiirde der Erfahrungen zu erheben mich erkuhhe; bestilttigen durchgangig meine Behauptung, 8o §• 59 - Selten werden wir demnach in Hin- kunft bey einer veriinderten mehr der Ka- tur der Schulswmiden angemessenen Behand. lung die sogenannten Nervenzufalle, als Schmerz, Unruhe, ibeschweriiches Schliicken> Schluchzen, beangstiges Athmen, Sehnen- hiipfen, Herzklopfen, Kalte der Gliedmas- sen, Mundspeere, Staarkrampf u. d. g. eitv tretten sehen, gegen welche in den ver* schiedenen Werken iiber Verwundungen so mancherley sich so ausserst Viedersprechen- de Mittel empfohlen worden sind; and soli- ten sie ja erscheinen, so werden dieselben nicht mehr durch auf gerade wohl gemach- te Einschnitte, nicht durch ortliche Anwen- dung des Terpentingeistes, peruvischeii Bal- sams, oder Kanipferschleims, Myrhen Es- senz, Chinadekoct noch durch haufige ohne Auswahl innerlich gereichte Gaben, Opium, Kampfer, Vitriolnaphta, fliichtiges Alkali, Bisam, Bilsenkrautextrakt, u. d. g. 8i hliiv/eggescliaft, sondern der Grad der zuge- gen seyenden Schw‘ache wird voiher, so weites moglich ist, ausgemittelt, unddann erst die, diesem Grade der Sehwache anpas- senden Reizmittel gereicht werdeu; Nar dadurch konneu obge'nannte Nervenzufalle in Verbindurg der ortlichen Anv/endang des reinen Fettes, und der warraen Brey- iiberschlage mit Sicheheit geheilt werden. Nicht die Heftigkeit dieser Zuf.ille darf uns jedoch immer zur reichiici en Gabe flucbtiger durchdringender Reize bestiirmen. Diese Heftigkeit der kiankhaften Erscheinungen kann sehr leicht Folge eines hohen Grade* eigentlicher Schwache šeyn, dann erfor- dern dieselben, einen sehr geringen Grad fliicl« tiger Reize. §. 60* Bey eintrettender Eyterung, welche bey Schufs\vunden immer etwas spiiter zu erscheinen pflegt, wird dem verwundeten Tbeile eine solehe Lage gegeben, dafs der 82 Ausflufs und die Ausleerung der abnormen in derWunde befindliclien Stoffe, wie auch fremder Korber leicht vor sich gehen koli¬ ne* Man setze die Reinigung der Wun- de mit lauem V/asser, und die Anwendung dc-r mit Fett beštrichenen Charj ie bey tag- licher Erneuerung des Verbandcs fort. Daun wird nach Verschiedenheit des vviederge* ■rehrten Wirkongsvermogens, friiher oder sphter die Tiefe und Grosse der Wunde šdch vermindern, und endiich ganzlich sich vernarben. §* 61. Oft ereignet es sich bey eindringen- den Schtifsvvunden, dafs, obngeachtet der Schmerz, Geschwulst, Spannung sich ver- 2ohren, die Eyteruhg sich ebenfalis, so wie dre Schufswunde seibst betriichtlich vermin- derthat, doch die HerausschafTung aller frem- den Kdrper, welche in dem Schufskanal sich befanden, nicht geschehen konnte: vor- ziiglich ist dies der Fali, wenn eine Kuge! 83 fest in dem Knochen eingeprefst wurde* Kine aogstliclie Sorgfalt befalit in diesen Failen nicht selten den Verwundeten, so wie den Heilkiinstler wegen der Unge.wifs- heit, was mit der in der Wunde zuriick- gebliebenen Kngel geschehen wdrde. Man imternimmt diesenvegen allerhand Ve:sa- che, die Eugel mit zerschiedenen Instru¬ menten herauszusehaffen, halt die mit Macht sich schliessen vvollende Wuude, durch taglich eingelegte Quelmeisel, Prefs- schvvam gewaltsam offen, macht tiefe be- triichtliche Einschuitte, reizende Einspritz- »ngen, und demohngeachtet bleibt die Ku- gel oft Iahre, ja lebendang an ihrer vori- gen Stelle. §. 62. Wenn demnach alle oben angefiihrten Zufalle (Erscheinungen) einer Sehufswun- de sich verliehren, die Wunde sich zu schliessen beginnt, und die Branchbarkeit des verletzt gewesenen Gliedes wieder- f a 84 kehrt, dami Iasse man siclier und getrosfc die Wunde sich schliessen. DieKugel bleibt oft. zeitlebeus rahig an ihrer St el le, ol us die Brauchbarkeit des Gliedes uur im tnin- desten zu storen. In Folge der Zait, oft erst nach Monaten, Iahren, wenn das deni Knochen zukcmmemfe Wirkuiigsver- mogen „in hinreichende Thatigkeit gesezt worden, wczu der Uibertritt des Vervninde- ten zu seiner vorher gewoftntenLebensweise schlechterdings gehort; stofst ts die Kugel von seJbst aus dem Knochen; die Warbe bricht enter einem betraehtlichen Zuflufs von Saften neuerdings anf, oder sie w rd durch die Kunst erofnet, nachdeme sich deutiich der Ort hiezu gezeigt hat. Man zieht alsdann oft mit der grosten Leichtig- keit die Kugel aus, welches vorhero unter mancbfaltigen fiir den Verwundeten nicht 'selten ilusserst sehmerzhaften Versucben sclilechterdings unmoglich war. Die Wun- de schliefst sich sodann bald darauf, und ž\var auf immer. Wie viele Beispiele komi- *>> te ich hieriiber namertlich zimi Beweiie meiaer Behauptung anfiihren, §• 63. Das technische Verfahren bey durch- dringenden Fchufstvimden ist voa dem in nichts unterschieden, was bereits bey den Eindringenden angegeben worden, sie er- hcischen demnach l^eiue besondere Behand- lung. Bevor wir jedoch die Abhandlung der Schufsvvunden enden, so miissen wir noch bemerken, dafa es sich ofcers ereig- net, besonders in der Gegend eiues Gelen- kes dafs dieSchufs'.vunden sosehr vermengt d h. so vieleGebil le zug eieh zerstort sind, dafs da iurch nnn schlechterdings alles \Vir- kungsvermogen in den getrennten GebEden aufgeboben, und jede Riickkehr de selben unmoglich gen acht worden ist. Wo alle LebenstMtigkeit in Gebilden einmal voll- konimen erloschen, unterliegen dieselben den Gesetzen der ausseren Natur, und wer- .dcn von derselben assimilirt. Hier kanu 85 dafcer mir eine schnelle Absetzung des Glie- des das Mittel zum Entzvveck d. i, zur Hei- Jung dieser Vefwundurg seyn. Ein zwar schaudervolles, jedoch einziges Mittel! Freylich ist es in viden Fiillen eben nicht so leiclit zu bestimmen, hier ist durch die eingewiirkte mecl ani che SchiidJichkeit al- les Wirkungsvermogen , ohne ailer Hofnung einer moglichen RiMkehr vollkommen auf- gehoben, mithin die Amputatinn un.vermeid- lich. Hier haben sich oft wahre Heilkiinst- ler geirt. Wenn jedoch durch das Aug, eni die Untersr.chung, die Zerstohrung so vieler GeMlde,alsNerven, Sehnen, Gcf;isse ? Knr chen entdeckt wird, wenn das vervvun- dete Glied kak, und gleichsam fiihllos ist, des verwundeten Gemeingefiihl uns sagt, als wiise er kaum, dafs er ein venvunde- tes Glied habe, dami ist unlaugbar die Am- putation das einzige Ret-ungsmittel des Kranken. Immer mufs daher diefs bey der ersten Untersuchong der Wunde ausgetnit- te:t werden. Deim ist die Amputatioii 87 us eh obangefuhrten Bedingnissen Mittel zum £weck, so ist sie es gleich — im ersten Momente der Verwundung — oder Sie ist es nie — ! Von den vergifteten Wunden. §. 64. TI 1 A err Adelung sagt, einGift Venenum , T oxi- con , sey jedes Ding, v/elches wenn es auf ir- gen.l eine Art dem Korper eines Lebenden bei- gebracht wird, den Tod desselben verursa* che, Wcllte man demnach diefs mit Adelung annehmen, so ware bey vergifteten Wuoden jedes technische Verfahren zwecklos, weil der Tod notbwend’g erfoigen miiste, so bald das Gift in die Wunde gebracht, die Vergiftung geschehen wiire. 88 ,§♦ 6 <- Ehe dafs w5r demnach von dem tecli- nischen Verfahren bey vergifteten Wunden sprechen, mufs vorher festgesezt werden, was miter Gifc, Venenum, Tox’’con, zuverste- hen sey. So schwer, ja untrogl ch e> ancb ist eine absoluteDefinition vomGifte za gebeu,. so konnen wir doch annehmen, dafs Giji derj eni ge Kiirper genannt voetde , ws:cher, wenn er auch in geringer Mengc , auf ir geni eine An dem Menschen beygebra:ht ivir d, das Leben de s- selben der grosten Gejahr aussetzen, oder auch gam zerstbren kome. §. 66 . Wir haben drey Wege, aufwelcben Gifce ihre schadliche Wirkungen auf den thiemchenOrgani.? t. aussern; nemlich durch Verschlucken, dufch Einathmung, und eud- lich aussedich angebracht, entweder ob- ne, oder nach einer vorsusgegangenen Ver- letzung der organischen Gebilde, Die lez- tere Art der schadlichen Einwirkung der 89 Gifte schliesset die vergifteten Wun- den iu sich. §• 67, Vergiftete Wunden konnen demnačh nur jene genannt werden, wo fcey der vollkommer.en mechani a eh en Trennung or- ganischer Gebilde zugleich in die Wunde ein Giftstof abgelagert worden ist. Dieses gesdiieht bey dem Bifs vershiedener Insek« ten, Wtirmer, Kroten, Grftschlangen, oder dereh den Bifs toller Thiere, vorziiglich tol'er Honde, oder wenn die Instrumente vergiftet waren. " Ein Gliick fiir uns ist, dafs Leztere in unserm Himmelstriche nicht, sondern nur in Indien zu Hanse sind. §. 68 . Ob die Stiche zerschiedeuer Insekten, alsFliegen, Miicken, Bienen, Spinnen, ei- gentlich unter die vergifteten Wunden ge- horen, oder ob das ortliche Leiden, wel- ches si 3 erregen, mehr dem in der Wunde go zuriicfegelassenen Stache!, als fremdemKor- per zuzuschreiben sey, ist zwar noch nidic entschieden, obwohlen StefFens Annahme in s'.inen Beytragen zur inneren Naturge- schichte der Erde mit vider Wahrschein lici keit far das Erstere spiicht; zu Folge welcher bey jedem Insektenstich eine Ifliis- sigkeit in dieWunde trette, die Wasserstof, oder durch VVasserstof verfliichtigten Stiick- stcf enthalten solle , mithin als eindringend inzitirendes Gift auf cen Organism wirke. Da jedoeh diese Wunden selten mehr, als ein unbedeutendes ortliches Leiden vernr- sachen, so bestebt das ganze teehnische Verf hren bey deri y Verwnndungen in der vviederliolcen Anwemlung von Uiber- schlagen aus kaltem \Vassig mit \Vasser, der Auflosung von Salmiak im Wasser, oder des goulardischen Bleywas- sers, nachdeme vorher der Stich selbst mit e’nem La p eh en bedeckt worden, vvelches mit reinem Fette bestrichen war. 9 l §. 69. Bey Vergiftungen durch KrotenGift, bey dem Bifs der Giftschlangen, tolJerThie- re, verhalt es sich gasz anders. Hier se- hen wir sehr ofc, das Oertliche in ein allgemeines Leiden libergehen, besonders wenn die Wunde im A ifange nicht KunSt- gemais behandelt worden ist* Frejiieh sber audi nur dann, wenn das Gift der Kroten, oder Giftschlangen , oder der gif- tige Geifer tolier Hunde, ’welcher leztere deli Wuthstof in sich enthalt, wirklich in die Wmide gebracht, utid seine schadliche Wirkung daselbst habe ausiiben konnen, Denn nur alsdann erhalten sie die Benen- nung eioer vergifteten Wunde. S« 7°- Die Nothwendigkeit jede dieser vergif¬ teten Wunden insbesondere za betrachten? weil man bisher jedem Thier sein specifi- sches Gift zutheilte, mithin auch eben so fiir jede Vergiftung die specifischen Mittel 93 riihmte, scheint mir wider alle Gesetze der Analogie, und Indukzion zu streiten. Ich finde mich vielmehr berechtigt alle tie- rischen Gifce unter einem Gesichtspunkte za betrachten, mitljin auch bey allen vergif¬ teten Wunden nur ein gleiches technisches V-rfahceu als zweckmassig anzunehtnen. S. 71. Bey allen vergifteten Wunden miis- sen wir zwey verschiedene Perioden beob- acht^n, und nach diesen unser Heilverfah* ren einrichten. Die Krste fingt in dem Au- genblicke der geschehenen Vergiftung an, und dauertso lange, als sich dasGifc ortlich in der VVunde aufhdlt, DieZweyte fangtda- zumal an, wenn sich das ortlicheLeiden iiber den ganzen Organism ausbreitet. Zu Folge dieser unbestreitbaren Gesetze kann und rnufs das teclmische Verfahrea in diesen zersehiedeaen Perioden der vergifteten Wun- den stets verschieden seyn. §‘ 7 ** 93 Der Zweek des Heilkunstlers katin wfthrend der ersten Periode vergi Peter Wuiiden kein anderer seyn, als dafs das Gift wieder ortlich aiisgeleert werde, da^ mit dasselbe kein allgeireines Leiden ver- iirsachen koline. Gelingt ihm diefs 5 so list er d en Verwundeten einer selit grossen Gefahr entrissen. §• 73 * Die Mittel, deren sich der HeLkihrt- ler bedient diesen Zweck zu errtichen, scheirien auf eiiie Zweyfache Art zu wk- ken. Si e zerstoren entweder das Gift ‘selbst, ckfs eš aufhort Gift zu seyn , oder sle lieben alle Empfanglichkeit fiir die scbadli- che Einwirkung des Giftes in d en getremi- ten orgaiiischen Gebilden auf. In ersterer Hiiisiclit wirken ds.s Auswaschen derWun- de mit Asclienlange, Urin, Seifenwasser und die so sehr geruhmte Auflosung des Aezsteins, DieseMttel scheinen gleichsam 94 das Glfc zu neutralisiren. In lezterer H'n- sicht hingegen vvirkt das Scarificiren der Wunde, unl das Bremien dersellen, 01) das Einreibeu des Olivenoehls in die ver- giftete \Vunde je ein zvveckmassiges Mi c tel seye, zweifle ich! lch wilide es vvenig- stens nie anwenden, eben so wenig als das Unterbindeu« 74. D» es in der Behandlinig vergifteter Wunden vorziiglich darauf ankommczu ver- hiiten, dafs die erste Periode nicht in die zweyte iibertritt, so wendet man gewo‘n- licli, und zwar init Reeht beyderley Mit- tei zugleich sn, urn auch beyde Absichten zu erreichen. Man entferne sngleicb nit Vorsicht alle Kleidungsstiicke, an welchen vielieicht uoch einiger Gifcstof a: kleten diirfce, spiile sodami die Wunde mit Urn, Seifenwasser, Aschenlauge, oder derAuf- losung des Aezsteins aus* Je schneller nach gescheliener Vergiftung dieses Ausspiiien 95 erfolgt, desto sicher&r erreicht man damit seinen Zvveck. Man Scarificire scdann die Wunde sowohl an den Riindern, als auch im Grunde, und zwar, etwas tiefer, wenn die Vergiftung vor geraumer Zeit d. L vor mehreren Stunden schon geschehen w':ire. Man wiederhole das Ausspiilen, so wie das Scarificiren mehrmaien- Ara sicher- sten diirfteinan jedoch seinen Zvveck das ist die ortliche Zerstorung, und ortliche Aus- leerung des Giftes erreichen, durch die Anvvendung des gliihenden Eisens, Nie versaume -man demnach die Anwendung desselben. Das gliifcende Eisen blelbt un- »treicig das zuverlassigste ortliche Mittel bey vergifteten Wunden. S. 7J* Der nach Anvvendung des 'gliihenden Eisens sieh erzeugte Sehorf vvird sogleich hinweggenommen » und die Wunde mit Canthariden Pulver, Pottasche bestreuet, oder mit rother Prazipitatsalbe verbuu- den. Dariiber kommt ein warmer Brey - Uiberschlag. Dieses alies wird so laoge fort- gesezt, bis die ganze Wunde in volle Ey te rang gerathen ist. §. 76 In so lange man bey einer zweckmas- sigen brtlichen Behandlung keine Erschei- nungen des Uiberganges des brtlichen Lei- dens in das Allgemeine bemerkt, bedarf der Verwundete auch keiner allgemeinen Mittel. Es streitet w'uler aile Gesetze einer reinen gesunden Logik, da ein Mit¬ tel zn wollcn, w 0 es keinen Zweck giebt. Man lasse daher den Venvundeten iibrigens in vollem Cenusse seiner sonst gewohnten Lebensart, entziehe ihm nicht das gering- ste von seinen sonst gewohnten Reizen, man gebe ihm noch eher etwas zu, damit sein Wirkungsvermogen stets in volIerTha- tigkeit eihalf.en werde. Vorziiglich suche man das Gemiith des Verwundeten zu be- 1’uhigen, ihm einen gliicklichen Erfolg des 9? des technischen Verfahrens zu versprechen: (eine wichdge, nicht zu versauraende Regel) weil sonst durch den angstlicheu Kumra er iiber seinen Zustand sem Wir* kungsvermogen betrachtiieh vermindert, und somit auch der Uibergang des ortli- chen Leidens iu eia Allgemeines ura so leichter begtinstiget wird« S* 77* Einige beriihmte Schriftsteller sagen, dafs man die vergifteten Wunden durch meh- rere Monate in Eyterung erhaiten, ja die- selben in eine Fontanelie verwandelu solle! Ob dieses Verfahren den Forderungen ei- ner auf richtige Logik gegriindeten Theo- rie der Heilkunde entspreche, z-weifle ieh! denn ist nach obiger Angabe in der ersten Periode der Vergiftung durch die ortliche Behandlung die Zerstorung des Giftes, sanirat den Theiien, in welche es schon vielieicht eingedrungen, gescheben, was den Zweck des technischen Veriahrens aus- 98 macht; durch das Eintretten der Eyterung die abnormen Theile abgesondert; durch das Zusammenstimmen der Gebilde des thierisehen Organisin die normale Textur wieder hergestellt worden; wozu nun die Fortsetzung der Eyterung? die Richtigkeit jener Beobachtungen, wo das Gifc durch Monate und Jahre der zugegen gewesenen Eyterung ohngeachtet, ruhig in der Wun- de geblieben, und dami erst ein allgemei- nes Leiden verursacht habe, bin ich, man vergebe mir! geneigt zu bezweifeln. 'S* 78. Der Uibergang der ersten Periode der Vergiftung in die Zweite, oder \vas das- selbe ist, wenn sicli dem ortiichen Leiden ein AUgemeines beygeselk, bezeichnen mehrere auffailende krankhafte Erscheinun- gen. Sie sollen nach der Verschiedenheit des eingewirkten Giftes ausserst verschie- den seyn; ich glaube jedoch nicht, dafs dieselben wegen der specifiken Einvurkung 99 der verschiedenen Gifte so verschieden sind, sondern dafs ihre Verschiedenheit blos in der, durch das Gift afficirten indi- viduellen Erregbarkeit ihren Grund habe, *) §■ 79 * WardieWunde schon geheilt, so be- merkt man an derselben eine blaulichte Rothe, einen beissenden, nagendenSchmerz, uud betrhchtliche Gesch^ulst; sie bricht auf, und ergiefst eine Menge Jauche; die Verwundeten klagen iiber Uiblichkeiten, Erbrechen, Drticken in der Magengrube, Abgeschlagenheit der Glieder, Traurigkeit^ angstliches Athemholen, aufgedunsenenKor. Anmerk. *) Ich hatte Gelegenheit vor einigen Jahren einen Mensclien an den Folgen der ausgebrochenen W'u'th sterben za sehen, welcher bis einige Stunden vor seinem Tode alle Flussigkeiten mit Leichtigkeit zu sich nahm; Varum var also die bey den meisten , ■vvelche an den Folgen der Hundsvvuth sterben, zuge- gen seyende AVasserscheue hier nicht zugegen ? wo doch alle iibrigen Erscheinungen der Vuth nicht fehl- ten? diefs hatte nicht seyn kbnnen, stiinde das Spe- zifische des Gifts, mit den Erscheinungen in unmit- telbarer Causal-Verbindung. g s jOO per, brennenden Durst, man bcobachtet einen kleinen geschvrinden Puls, kalte Gliedmassen, Zuckungen, den Tod, Die Zweyte Periode der von Wuthgift An* gesteckten zeichnet sich noch vorziig- 3ich dadurch aus, dafs die meisten die- ser Ungliicklichen nichts Fliissiges hin- abschliicken, nicht einmal ihren eigenen Speichel, sondern denselben bestandig ura- herspeyen, ja dafs sie ofc nicht einmal den Anblick gl&nzender Korper ertragen konnent sondern sobaldsie selbe erblicken, in die heftigsten Zuckungen verfallen. Viele sind mit einer heftigen Begierde alles zn beissen, was sich ihnen nahet, behaftet §. So. In dieser schaudervollen Lage solcher Ungliicklichen kann von der zveckmassig- sten ortlicken Behandlung der Wunde kei- ne Hilfe mthr erwartet werden, noch ist dieselbe in einem specifiken Mittel zu fin- den. Mcht derMaykafer, Canthariden, das Queksilber, Belladonna, Theriak, Kampfer, IOI fliichrfges Alkali, virginische Schlangen- wurz, Bisam, noch Opium, noch das gewaltsame Eintauchen in kaltes Wasser konnen hier Specifisch wirken. Des Heil- kiinstlers Absicht mufs jezt vorziiglich da- hin gerichtet seyn, deu Grad der unei- gentlichen Schwache anszumitteln, und dar- nach sein Heilverfahren einzurichten. War der Verwundete vor detn Eintritte dieser ungliicfclichen Periode schwachlich, das ist, seine Erregbarkeit angehiiuft, danil fange man zwar mit fliichtigen durchdringenden Reizen, aber in kleinen Gaben an. Der Bi- sam, der Kampfer,, das fiiichtige Laugen- saiz und Opilim dnd die Mittel, vonwelehen Hilfe, wenn noch welche moglich' zu erwar- ten isf. Kann der Patient fliissige Getrinke zu sich nehmen, so dienen hier vorziiglich ein Thee von Krausemiinze, oder Rosma- riu: war der Krauke jedoch sehon voiher auf grosse Reize ge^ohnt, dami erfode t er jezt auch reichlicbere Gaben obgenannter Mittel, Ein laues Bad miifste hier von vor- 102 ziiglichem Nutzen seyn; mir Schade, dafs man dieses so vortrefliche Mirtel so sel- ten anwendcn kann, weil es die h&us- linhen Umstaude so selten gestatten. In dem Zustande der Wuth komite dies frey- l*ch nicht geschehen. Bey den iibrigen Vergiftungen hingegen miiste esmeinesE"- achtens das vorziigliehste Mittel seyn, Dia ortlicbe Behandlung der VVunde hat bey dem nun ausgebrochenen allgemeinen Ley- den, meines Dafiirhaltens, keinen wesent- lichen Einflufs mehr; nor von der allge¬ meinen Erhohung der Erregung ist die Ret- tung solcher Ungltickiichen zu ervvarten, wenn sie noch im Kreise der Moglichkeit liegt, 103 V on den Wunden der Knochen* S* 8i. -Djese festen Gebilde des tierischen Organism konnen eben so, wie die wei- chen durch scharfe, oder stumpfe Werk' zeuge mechanisch getrennt werden. Da diese Gebilde aber uberall mit andern Ge- bilden bedeckt siiid, — die Zahne ausge- nommen, in so weit dieselben aus der Zahnliolc hervorragen, — so ist eine Kno- chenvvuude, ohne Trennung der densel- ben bedeckenden Gebilden nicht moglich. Man hat daher den vollkotnmenen Tren- nungen der Knochen, in Riicksicht des die Trennung bewirkten Instruments, die- 104 ser eine zerschiedene Benenmmg beyge- legt, und behillt šie noch heut zu Tage bey» War das Instrument scharf, so heifst die Trennung eine Knochanwunde; Bein« bruch wird sle hingegen genaunt: \vein das die Trennung bewirkte Instrument stumpf, und die Gewait hinreichend wa\ Nur von den Eistern isc hier die Rede: von den Knochenbrlichen wird besonders gehandelt w e rdeli. §. 8 '-* Dringt der mechaniseh scharfj Korper nur in die aussersten Lamellen des Kno- chens, so heifst diese Trennung Anschnict. Dringt er tiefer, Einschnitt; und Durch- schnitt, wenn die Trennuug seine ganze Dicke eingenommen bat. Nimmt dis mechanisch scharfe Instrument seine Rich’ tung nach der Flache des Knoehens, und bewirkt die Trennuug desselben, so heifst man diese Knochenvvunda Abhoblung, loj §« 83 * Da den Knochen als organischen Ge- bilden, so wie allen iibrigeri Gebilden ein verhlltnifsmassiges Wirkungsvermogen zu- kommt, so k mn die Heilung dieser ge* trennten Knochentheile auch nur von dem, dem Knochen zukommenden W'irkungsver- mogen erwartet werden. Das technische Verfahren stiitzet sich demnach ebenfalls auf die schon mehrmalen angefiihrten Crundsdtze. Man suche auch hier die mechanisch getrennten Thaile in gegen- seitige Berdkrung zu bringen, sie in der Beruhrung zu erhalten, und das schii Ili¬ che Einvzirken der atmosphhrischen Luft zu hindern, Dieses ist bey den Knochen- wunden um so nothvvendiger, weil die Knochen wegen ihrem geringern Wirkungs- vermogen, und der nahern chemischen Ver- . wandtschaft ihrer ILstofe zu den eiiiwir- kendenBestandtheilen der Luft _ cm so 'eich" ter eine nachtheiiige Vemuderung erleiden. io6 Das Untersuchen mit der Sonde, um zu erfabren, wie tief die Wunde in den Knochen eingedrungen, welches so viele Wundarz- te noch in der Gewohnheit haben, ist hočhst schadlich. Die Heilung erfolgt, die Wunde mag in dem Knochen tief, oder seicht seyn, \venn nur das Wirkungsver- mogen in den getrennten Theilen nicht aufgehaben ist, jedoch itnmer betrdchtlich spater, a!s in andern organischen Gebilden* §• 84» Von einem hochst scMdlichen Einflufs bey der Behandlung der Knochenwunden, ist die noch grostentheils herscheude Mei- nung der Wnnddrzte, jeden entblofsten Knochen mit Mastix, oder iVIyrhen - Tink¬ tur, oder einem andern geistigen Mittel belegen zu miissen, um sein Absterben zu verhiiten. Dieser Meinung tretten selbst noch angesehene Sehriftsteller bey, und warnen sehr vor dem Gebrauch ohlichter io7 fetter Salbe. *) Der Zweck des Heilkiinst- le« bey reineu mecnanischen Trermun- gen der Gebilde ist Vereinigung der ge- trennten Theile, darimi machen die Kno* clienwunden keine Ausnahme , wozu dem- nach die Anwendung geistiger Mittel? werden, und miissen diese Mittel nicht als chemisch eindringende Schiidlichkeiten vvirken ? Gev; ifs ist die nicht selten nach Amvendung dieser geistigen Mittel erfolgte Verderbnifs des Knochens blos die Folge von dieser Anwendung. Man enthalte sich demnach in Hinkunft ganz des Gebrauchs geistiger Tinkturen bey reinen Knochenwunden, befolge auch bey diesen genau die schon mehrtnalen an- geliihrten Gesetze, und ein gliicklicher Erfolg wird sicheriich nicht ausbleiben* Anmerk. *) Das reine Fett hat den Schaden woh1 nie gestiftet, -vrelchen man bey del' Anwendung desselbera beobachtete. Die Verderbnifs des Knochens, welch e jnan mit Unrechf der Anwendung des Fettes zuschrieb, beruhete in solchen Fallen sicheriich auf ganz anderen eir.gev.irk ten Schadlichkeiten, als heftige Quetfchung des Knochens, schadlicher Einvvirkung der Luft, viel- leicht auch auf der allgemein schwaehenden Behand- lung des Vervvundeten. Isthingegeti das mechanisch scharfe In¬ strument der Flache ilach in den Knochen eingedrungen, utid einen Substanz - Ver- lust erzeugt, so zwar, dafs auch die den Knochen bedeckenden weichen Ge- bilde mit hinweggenommen, so belege man sicher hier den entblofsten Knochen mit reiner Butter, welche auf Charpie aufgesttichen ist, verhiite sorgfiltig das schiidliche Einwirken der atmospharischen Luft, und erwarte ruhig den VFiederersatz des Substanzverlustes ab; welches alles blos das Resultat des den Gebilden zu- kommenden Reproduktionsvermogens ist. Auch hier wiirde die An\vendung geisti- ger Mittel auf den entblofsten Knochen hochst nachtheilig seyn. Das : reine Fett, welches den geistigen Mitteln weit vor- zuziehen ist, vertritt hier blos die Stelle der Bedeckungen, um das schadliche Ein- wirken der Luft za verhindern, utid das Wirkungsvermogea in den yerwundeten 109 Knochen nicht zu storen; weiter hat es kei- nen Zweck ! Alles tibrige, das ist die Heilung selbst, kann nur das dem Kno- chen zukommende Wirkungsve:m6gen bewerkstelligeu. llo Von den Wunden der Lymphgefasse. §. B6. ■Dje Wunden dieser Gebilde erfordern selten eine besondere Aufmerksamkeit, Da die Trennungen dieser Gefasse gevvohnlich mit den Trennungen anderer Gebilden er- folgen, so wird man die Vervvundung dersel- ben nicbt einmal gewahr, und dieHedung er- folgt dann auch im gleichen Momente mit der Heilung der iibrigen verwundeten Gebilden. §• 87 » Nur dann, wenn das verletzende In¬ strument das Iymphadsche Gefafs nur halb III getremit hat, hindert uer fortdaurende Ausflufs der Lyraphe das Vernarben des verwundeten Gefiisses. Fdn mechanischer Druck, wodurch das verwuudete Gef fs in seinem Durchmesser sich zu verschlies- sen gezwungen \vlrd, oder die Anwen- dang des Lap. infernal * oder des Lap. Caustici Ckirurg ,, wodurch ein Schorf liber der venvundeten Stelle erzeugt, und dadurch der Ausflufs der Lymphe verhiu- dert wird, sind die Mittel, die sieher- lich zum Zwecke fiihren. Der mechani- sclie Druck mufs stets durch mehrere Ta- ge auf dem verwundeten Gefafs unterhalten werden, wie nicht minder das zu friihe Abfallen des durch die Aezmittel er- zeugten Schorfes durch Unterstlitzen mit einem massigen Druck verhiitet werden mufs. §. 88 . Am oftesten ereignet sich die Ver- wundung lymphatischer Gefafse . bey dem 112 A Je Iassen am Arme, an der Vena bassi- lica. Ich bediente mich štet; des Hollen- steins, betupfte mit demselben nar die Stelle, wo die Lymphe best-andig ausflofs, den erzeugten Schorf unterstiizte ich mit einer Pasta , welche ich aus Terra Sigilata, und arabischem Cumischleim be« reitete* Nicht als glaubte ich, es wjre in dieser Pasta etwas Specifisches ent- halten: Nein! sondern blos um dadiKch alle Punkte dcs verwundeten Gefiisses genau zu verschliessen. Ich habe gar nicht Ursache dies mein Verfahren zu bereuen. Selten die Airwendung des Aezmittels zum 3tenmale nothig, •wenn der Schorf das atemal abfiel, war die Wunde meisteus schon geschlossen. il3 Von den Nerven - und Sehnen - .Wuiiden, §* 89 * e viel und mancherley auch iiber die Wanden der Nerven und Sehnen geschrie- ben worden — so manchfaltig und ge- fahrlich die Folgen dieser Wunden auch seyn sollten; so glaube ich doch, dals bey denselben keine anderen, als die gewohn- liehen Naturgesetze statt finden, mithin dasselbe technische Veifahren Platz grei- fen miisse, Es ist wohl keine Wunde ati irgend einer Gegend des thierischen Or- ganism denkbar, ohne dafs nitht mit den andern Gebilden auch zugleich Nerven, 114 oder aber liach Verschiedenheit des Ortes auch sehnichte Fasern getrennt worden seyn sollen; und doch sehen wir die mei- sten dersdben heilen, ohne dafs diese fiirchterlichen Zufalle elmretten, Ich sebe auch gar nieht ein, warum getrennte Nerven, oder Schnen, nieht eben so ge- schwind heilen sollen, wenn sie in ge- genseitige Beiiil rang gebracht worden, \vie Muskeln, und sllgetneine Bedeckun- gen! Mehrere meiner Beobachtungen haben mich himeichend hievon iiberzeugt. $♦ 90 * Die beriihmtesten Schriftsteller schrei- beu zwar diese gefihrlichen Zufalle nur den zum Theil getrennten Sehnen, oder Nerven zu, wei! die Hiilfte des getrenn- ten, Nerven , oder Sehne sich zuriickziehe, und somit wegen heftiger Zerrung des iibri- gens nieht getrennten Theils diese Zu* fSlle entstiinden. Allein da dieselben nie sogleich nach geschehener Trennung, wo >* 5 doch die Ze^rang am heftigsten seyn mlif- ste, sonderti erst nacli mehreren Tagen sieh einfitiden, so mochten sie meines Erachtens wi hl mehr* als die Folgen des ortlich fehlerhafcen teehnischen Verfahrens zu betrachten seyn, als dieselben von der befdgen Zerrung des nicht vollkom- men getrennten Nerven, oder Sehne abzuleiten. *) Nerven und Sehnen sind Anine rk, *) Wenn einst das planlose Ausstopfen det Wunde mit Charpie; das Anwenden des pe r uvischen Balsams, Kampferschleims, Therpentingeistes bey Ner- ren - und Sehnen - \Vunden aufhoren wird; wenn man den Rlutflufs aus der \Vunde, so wie den allgemein schwSehenden Heipian zur Vorbeuguug und Heilung der Entziindung nicht mehr als absolutes Mittel an* erkennen wird; \venn iiberhaupt den gewi1hnlichen Wundarzten eine niihere Kentnifs des thierischett Orgs- nism in seinem gesunden und kranken Zustande und des Causal - Verhaltnisses des Ursachlichen zur krank, haften Ericheinung nicht mehr so fremd seyn vvird; (Man vergebe mir diese harfe Bes-huidigung) dann bin ieh gevvifs, dafs das allgemeine Leiden bey me- ehanischen Trennungen der Nerven und Sehnen, vef- ches so vielen Menschei das Leben kostete, sichet auch eine šiusserst seliene Erscheinung «eyn wird. it 6 einze^ne Gebilde des thierischen Orga¬ nistu, sie untetliegen demnach deusel- ben organischen Gesetzen; folglich kanti auch bey ihrer mechanisehen T entiung ltach meiner Uiberzeugnag keiti ihnen ausschiiesslich eigenes technisches Verfah- ren zugegeben werden. Ich fcerufe mich demnach hier ganz auf diejenige kunst- gemasse Behandlung der Wunden, wie sie bereits im Allgemeinen angegeben Worden, als auch auf dasjenige insbe- sondere, was ich bey.Gelegenheit der ab- gehandelten Schufswunden von den Ner- venzufallen gesagt habe* 1T7 Von d en G el e n kswunden* §. 91. -Die Gelenks*vunde 1 werden zwar von den tneisten Schriftstellern in d e An - Ein- und Durchdringenden eingetheilt. Allein von den Erstern kann die Benennung Ge- lenkswunde nicht gebraucht werden, nachdem sie nur die mechanische Tren- nung jener Gebilde in sich begreift, vvel- cbe das Gelenke von aussen umgeben* Kur da, wo die n echaniscbe Gewalt bis in. die H dre de; Geienkes gedrungen, diese Hohle selbst erofnet ist, konnen diese Trennungen dem Begrife einer Ge- lenks\vunde uutergeordnet v/erden. u8 §• 9 3 * Diese Trennungen geschelien, so wie alle iibrgen, eimveder mit scharfen, oder stumpfen Instrumenten, sie werden erken- net durch das Gesicht, Gegend, durch eine grossere Beweglichkeit dei Gelenkes, endlich durch die Untersuchung mit de n F n er,-and durch den Ausfluis der Gelenksfeuehtigktit, §> 93 War das verleczende Instrument rein, liat die Wunde die libri gen Eigenschaf- ten zur unmittelbaren Vereinigung, so ist der Zweck des technischen Verfahrens bey Wundeu der Gelenke eben auch kein anderer, als wie bey Trennung anderer Gebiide. Man suche das verwuudete GHed jn jene Lage zu bringen, in welcher das- selbe war, wie es verlezt wurds» Ent- blofst von KHdungen reinige man das- selbe mit lauem Wasser, jedoch mit der Vorsicbt, dafs von demselben nichts in die Hohle des Gelenkes hnieinkomme. Alles Uiitersuchen und Herumfabren mit lic, der Sonde oder selbst mit dem Finger in der Gelenkshohle ist hier zvvecklos und schadiieh. Man bringe die getrennten Theile in Bstiihrang , lege dartiber ein oder mehrere Klebpflastei*, wie schon mehr- malen gesagt worden, so, dafs die gan- ze Wunde damit bedeckt ist, dann ge¬ te man dem verwundcten Gelenke eine der Wunde 'entgegengesezte Lage, in ei¬ ne gut mit Lappen ausgepolsterte Ruhe- sckiene. Diese Raheschiene mufs entwe- der gerade oder gebeugt seyn, je nach- dem das Gelenke bey der Verletzung ausgestreekt, oder g beugt \var, Si e nmfš in dieser Lage liber und unter dem ver- wundeten G lenk befestigt werden, Der Zwe ck dieser Schiene ist, die Bewegung des Gelenkes, und somit auch die ver- eirrteii Theile wider jede wilkuhr • uud unwiikUhrliche Trennung z\ sichern. Bey Wunden des Schuliergelerks vertritt das Festbinden des Oberarms an dem Leibe die Scelle einer Raheschiene, 120 §. 94 * Sind einmal auf die eben gesagte Art die getrennten Theile in BerUhrnng und Ruhe gebracht; ist durch Auflegen dec Klebpfiaster die Einwirkung der atmos- phftrischen Luft verhindert worden , so ist der Zvveck des Heilkiinstlers erreicht* Man verhindere alles, was eine neueTren- nung der schon vereinten Gebilde begiin- stigen konnte. so wird man sehen, dafs diese Geleuksvvunden, eben so leicht, und in eben so kurzer Zeit vollko^men hei- len, als die Trennungen anderer Gebilde, ol ne dafs weder ortlich n< ch im Ailge- meinen irgend ein anderes Mittel anzu- wenden nothig seye. §• 95 * Ist die Trennung der Ge’enksb : ati- der hingegen mittelst eines Istumpfeu Werkzeuges geschehen , so sind die seh- nichten Theile im Umfange der Wunde immer zugleieh mehr, ode: minder ge- 121 driickt, folglich das Wirkungsvermogen vermindert worden. Hier ist daher an eine unmittelbare Vereinigung nicht zu denken, In solcben Fiillen kann mir dtirch Eyteiung Heilung herbeygefuiirt werden. §. Fircbterlich sind bey a 1 !en Schriftstel- leru die Zufalle geschildert, we1che auf Zerreissung der Gelenksbitnder fclgen. Man- cherley iVTittel , theils zur ,Verhiitung, theils zur Hinwegscha(Fung dieser Zuf.il- le werden empfohlen. Betrachten wir hin- ge ,en diese Mittel nach einer richtigern TJie