Die SANNTHALER ALPEN von Prof. Dr. J. FRISCHAUF. Verlag des Verfassers. MECItlTHARISTEN-BUOIIDRUCKEREI (EARL SEIDL) IN WIEN. Separatabdruck aus deni VIII. Jahrbuche deg „Oesterr. touristen-Club“ 1877. 103792 Die Sannthaler Alpen, Von Prof. Dr. J. Frischauf. Allgemeiner Theil. Geografischer Ueberblick. Die osterreichischenOstalpenbildenbekanntlich drei nahezu parallel laufende Ketten: die nordlichen Kalkalpen, die Urge- birgszone und die siidliehen Kalkalpen. Der ostlicbste (in vor- liegender Scbrift behandelte) Theil der letzten Kette ist in melir- facber Beziehung hochst interessant; mit ihm endet der fast iibereinstimmende Cbarakter dieses Zuges, und die gewaltigen obne Vorberge sicb erbebenden Gebirgsmassen mit ibren stei- len Wanden und furcbtbaren Abstlirzen findet man tiefer im Osten niclit mebr. Es ist, als ob die Natur nochmals eine letzte Kraftanstrengung zur Hervorzauberung macbtiger Alpenbilder gemacht: denn vveiter sudlich und ostlich zeigen sicb bereits die Anfange der Karst-Formation, jenes merkwiirdig ausgehohlten Bodens mit seinen Grotten, Tricbtern und Dolinen und der in Letzteren iippig vvuchernden Vegetation, die jedem Besucber, welcber diese Landschaften grundlicher als durcb die Eisen- bahn-Falirt langs der Steinvnisten von Adelsberg bisTriest ken- nen lernen will, das grosste Staunen und regste Interesse ein- flossen. Andeutungen des Karstes finden sicb, wie in der Folge ausfiibrlicher erortert \verden soli, bereits in dem Plateau siid- licb vom Kamme der Ojstrica. Nun geben wir zur Scbilderung des Verlaufes des zu be- handelnden Gebirgsstockes, \velcbe wegen des Anscblusses an den Hauptstock der slidlicben Kalkalpen von Westen an begin- nen soli. Betrachtet man das Savetbal — besonders den Tbeil der Wurzner-Save—als einen Einscbnitt in den siidlicben Kalk- alpenzug, so hebt sicb die Storung der Symmetrie dieses Zuges und die geografiscben Verbaltnisse des ostlicbsten Tlieiles des- selben werden in bessere Uebereinstimrnung mit den Ergebnissen der geologischen Forscbung gebraclit. Dann kann es Niemand ■vvundern, wenn dieser ostlicbste Theil geograliscb als Fort- 1 * 4 Prof. Dr. J. Frischauf. setzung des Zuges der Karavanken erscheint, Vahrend derselbe geologisch in seinen Hauptspitzen Kočna, Grintovc, Skuta u. s. w. mehr mit dem siidlich von der Wurzner-Save gelegenen Theile der siidlicbenKalkalpen, der im Triglav seine vollendetste Repra- sentanz findet, verwandt ist. Oestlicli vom Košata Verli verz weigt sich die Kette der Karavanken in zwei Ziige. Der erste vendet sich anfangs nach Norden, verlauft dann bald wieder nacli Osten und entbalt die Spitzen Obir, Pečen etc. Der zweite vendet sicb zuerst nach Siiden, bildet bier die Masse des Storžič und ltiuft nun ostlicli gegen das Kankerthal, vo er durcli den gleichnamigen Bach ab- gegrenzt wird. Oestlich vom Kankerthale erhebt sich der slid- liche Kalkalpenzug zu einer durcli Machtigkeit derMassen, Hdhe der Gipfel und Tiefe der ausgesclinittenen Thaler gleich ausge- zeichneten Gebirgsgruppe, welche die Kette der Karavanken in den eben ervpahnten Beziehungen bei weitem iibertrifft und sich in ihren Verhaltnissen mehr dem Triglavstocke anpasst. Diese in sich ziemlich scharf abgegrenzte Gebirgsgruppe „Die Sann- thaler Alpen“ ist der Gegenstand der in dieser Schrift enthal- tenen Studien und Touren. Mit der vom Kankerthale in steilen, kaum zuganglichen Wanden sich erhebenden krainerischen Kanker-Kočna begin- nend, bat der Hauptzug der Sannthaier Alpen eine nahezugenaue Richtung nach Osten. An den vielfaeh in einzelne Gipfel zerris- senen Kamin der erwahnten Kočna schliesst sich das Massiv des Grintovc an. Von hier geht nach Siiden durch einen tiefen Sat- tel getrennt der Nebenzug des Greben, \velcher bald mit dem alpenreichen, theilwei.se mit Wald bedeckten Plateau der Kreuzer- Alpe endet. Der Hauptzug setzt sich ostlich fort als ein Grat mit einer Reihe von Erhebungen, von -welchen besonders Lang- kofel (dolgi herbet), Skuta, Mitterspitze und Rinka hervorzu- heben sind. Letztere Spitze bildet nach der Angabe der Einlieimi- schen *) die dreifache Landesgrenze von Krain, Karnten und Steiermark und begrenzt mit ihren steilen Abstiirzen die oberste Terrasse des Sannthales. An ihr findet eine z\veite Abzvpeigung statt. Der Nebenzug wendet sich anfangs nordlich und dann ostlich und markirt die Grenze von Karnten und Steiermark. Er beginntmit dem vielfaeh zerrissenen Kamme der Merzlagora, vvelche zugleich als Knotenpunkt der Scheidungsriicken derTha- ;ler Vellacher Kočna, Jezeria und Logar erscheint, bildet mit den | Hohen Ovčeva, Lepi Verh, Raduha, Travnik die Wasserscheide ; zwischen der Sann und der Miss, zieht sich von hier bis zur | Bergkirche von St. Veit fort und endet mit dem Kalkgebirge der *) Auf der Militar-Aufnalime an der Skuta. Die Sanntlialer Alpen. 5 Uršula. Der Hauptkamm streicht weiter liach Osten und enthalt die Spitzen Kotla, Brana, Planjava (Baba) und Ojstrica, das Pla- teau der Letzteren fallt gegen den Leutsch- und Sannbach ab. Durch eine einzige tiefere Einsattlung 1900 m zvvischen Brana und Planjava wird der durclischnittlich mehr als 2400 m bohe centrale Tbeil des Hauptzuges in z\vei Gruppen getrennt, welche man nacli ihren hervorragendsten und bekannteren Aussichts- punkten Grintovc und Ojstrica, die „Grintovc- und Ojstrica- Gruppe“ zu nennen pflegt. Jenseits des Leutsckbaches setzt sicb der Hauptzug mit dem felsigen Rogač und den \valdigen Plohen der Menina, Skafva fort bis zu seinem Ende an der Sann. Der physiognomische Cbarakter der Sanntbaler Alpen ist allgemein dem der Karavanken und des Triglavstockes abnlicb. Die steilen Abstiirze an der Nordseite, die von den Einivohnern als Kočna bezeicbneten Thalboden von Ober-Seeland und Vellach, erinnern lebhaft an die Schluchten des Biiren- und Boden- thales in den Karavanken. Die leicbtere Zuganglichkeit der Siid- seite verstarkt diese Analogie, vvahrend die hoheren Felsmassen der Gestalt und Formation nacli vvieder mehr dem Triglavstocke gleichen. An Contrasten ist die liier zu bebandelnde Gruppe sebr reich. Die beivaldeten Vorberge, die griinen Terrassen, die Felsabstiirze des Gebirgšstockes, die ebenen Felder gegen Laibach im Siiden und die schiinen mit Reben bepflanzten Hiigel des Sannthales im Osten sind Reize, die mr bei keiner anderen Gruppe der siidlicben Kalkalpen finden. Nicht mit Unrecbt riihmt man die Schonheit der Aussicht mancher niederen Punkte bei Laibacb und Cilli, als deren Glanzpartie eben dieser ost- licbste Tbeil der siidlicben Kalkalpen g-ilt. Wabrend an Grossartigkeit und landscbaftlicber Scbiinbeit der Kette der siidlicben Kalkalpen vor der nordlichen der Vor- rang gebiibrt, feblen in ersterer die liebliclien Seen und berr- lichen Quellen, an denen unsere Nordalpen so reicb sind. Diese Wasserarmuth tritt besonders an der Siidseite bervor. Die Schneefelder sind liier fast durcligiingig inTricbtern eingelagert, das zerschrundene, mit Hdblen durchzogene Gestein nimmt das fliessende Wasser alsogleich auf und bringt es erst in einer be- tracbtlicben Tiefe zu Tage. Sobald man die letzten nicht beson¬ ders hocb liegenden Bauernhofe verlassen bat, ist man bereits der Wasšernoth verfallen. Nur \venige Quellen finden sicb vor. Zwei Quellen an der Kočna, eine Quelle an der Siidivestseite des Grintovc, cine unter der Skuta et\va 200 Meter oberhalb des Absturzes in das Feistritztkal, eine im Hochsommer meist ver- siegende an der Planjava, endlich jene unter der Ojstrica bei der Korošica-Hiitte sind die einzigen Quellen,welche von den kundi- gen Wildscliiitzen in den boberen Tbeilen der Siidseite des Hauptzuges ausgeforscht vvurden. Selbst in der Behausung des G Prof. Dr. J. Frischauf. vermoglichen Planinšek an dem \veiten, mit Feldern und Wiesen bedeckten siidliclien Theil des Ojstrica-Plateau’s muss man sick meistens mit gesammeltem Regen\vasser behelfen. Gtinstiger sind die Verhaltnisse an der Nordseite. In den durch steile Wande von der Sonne geschutztenMulden befinden sicb bis tief hinab nocb im Spatsommer ausgedelinte Scbnee- und Eislager, deren Gevasser zvrar auch meist vom Gerolle alsogleicli aufgenommen \verden, aber vermoge der Formation des Gebirgs- stockes nicht versclnvinden konnen, sondern stellemveise wieder zu Ta ge treten zur grossen Freude des durstigen "VVanderers, der auf der Siidseite trotz mitgenommenem Proviant der Versckmack- tung nabe zu kommen glaubt. Das bedeutendste Gewasser der bier bebandelten Gebirgs- gruppe ist die Sann. Den Ursprung nimmt dieselbe aus einer Felsspalte */ 4 St. unterbalb der obersten Terrasse des Sann- tbales (Okrešel), fliesst dann eine kurze Strecke als Bach, um spater als „RinkafalP iiber eine 120 Meter liohe Wand zu stiirzen, wor- auf sie in denScbuttablagerungen versck-vvindet und erst in dem unteren Tbeile des Tbales (oberbalb des Logarbauer) vieder in mehreren starken, klar durcbsicbtigenQuelladern zu Tage kommt. Es ist unricbtig, den oberen Tbeil des Rinkafalles als Ur¬ sprung zu bezeicbnen, wie dies fast in allen Beschreibungen, deren Autoren sicb mit dem Anblicke des Falles begnugten, angefubrt wird. Es bat gar keine Scbwierigkeit, auf dem recbts etwa '/i St. vor dem Falle beginnenden Fusssteige (zur Okre- šel-Hiitte) zum eigentlichenUrsprung zu gelangen, und von bier langs des Bacbes bis zum Absturze zu klettern. Die \veiteren Falle, \vie der Plesnikfall (Scbleierfall), sind nur nacb langerem Regen sebenswerth. Gleicb nacb dem zvreiten Ursprunge und beim Austritte aus dem Logartbale treibt die Sann eine Miihle und vereinigt sicb mit dem aus dem vestlich gelegenen Matko-Boden kommen- den Jezeriabache. Als stattliclier Bacil fliesst nun die Sann ost- licb, nimmt etwa 3 / 4 St. nacb Sulzbacb den aus der Roban- Scblucbt kommenden Belabacb auf, welcber die Gewasser der Kordostseite der Ojstrica und des Veliki Verh ihr zufiibrt, und vindet sicb dann durcb die Felsengen zwiscben der Raduha und Vesa siidlich bis Leutsch, woselbst der Leutsclibacb in sie ein- miindet. Im engen Flussbette stromt sie nun wieder ostlicb, beriibrt die Ortscbaften Laufen und Prassberg und fliesst dann in einem weiten Tbalboden bis Cilli, von ^vo sie eine siidliche Ricb- tung nimmt, um sicb bei Steinbruck in die Save zu ergiessen. Die Sann muss deshalb als das Hauptgevasser der Gebirgs- gruppe bezeichnet verden, vveil sie den grossten Tbeil der Was- sermassen vom Grintovcstocke und fast vom ganzen Ojstrica- stocke aufnimmt. Langs der Sann ist auch der natiirlichste Zu- Die Sannthaler Alpen. 7 gang, wiewohl gegemvartig durch die Vollendung der Bahn- strecken Marburg-Klagenfurt und Laibach-Tarvis die Zugange von Kord, West und Siid etwas bequemer gemacht wurden. Das zweite Gewasser ist die Feistritz, vrelche an der Siid- seite des Centralpunktes Skuta in der Niihe der Behausung des Uršič aus einem scbonen griinen AVasserbecken entspringt, sicb mit den Baclien der Grebengruppe und der westlicben Ab- dachung der Ojstrica vereinigt und beinabe fortgesetzt nacb Siiden fliessend in die Save miindet. Eine viertel Stunde vomUrsprunge befindet sicb die interessante Katurbriicke Predasel. Die nacb Ost geliende Sann und die nacb Siid laufende Feistritz bilden fast einen recbten Winkel, ibre beiderseitigen Ufer sind vom Hauptzuge und den Nebenriicken gebildet. Die geringe Hobe der Feistritz bei ibrem Ursprunge, verbunden mit der Steilbeit der Abstiirze machen die Siidseite des Centralstockes vom Fei- stritztbale aus weniger bequem zuganglich. Die Touren sind von dieser Seite viel besclnverlicher und vreiter, als von dem in be- quemen Terrassen ansteigenden Kanker- oder Leutschthale aus. Die scbroffen Abstiirze der Siidseite, vereint mit dem Mangel an deckenden Vorbergen, machen gerade diese Seite zur impo- santesten. DieWestseite sendet ilire Geivasser der aus den Ausliiufern der Košuta entspringenden Kanker zu. Von den Gewassern der Nordseite ist nur der in der Vellacker Kočna entspringende Belabacb (Vellacli) von Bedeutung, der vie die iibrigen Bache des nordliclien Kebenzuges in die Drau miindet. Die soeben besprochene Gebirgsgruppe besitzt nocb nicht einen allgemein gebrauchten Namen. In Steiermark fiibrt sie die Bezeichnung „Sulzbacher Alpen", in Karn-ten „Kočna“ und in Krain „Steiner Alpen“. Keiner dieser Namen bezeicbnet die ge- sammte Gruppe. Der Name „Sulzbacher Alpen“stammt von der Ortscbaft Sulzbach im Sannthale. Mit Ausnahme der westlicben Abstiirze der Baduha sind in dieser Thalenge die iibrigen Spitzen meist unsichtbar. Ebenso verstebt man unter dem Namen n Kočna" nur die „Almboden“ der nacb Norden auslaufenden Thaler. Solcbegibt es drei. Von dem langen Grate der Kanker-Kočna geht einAuslaufer nacbNordwest und ein zweiter (etwas ostlicb) nacb Nord; beide scbliessen die untere Seelander-Kočna ein. Am Ein- gange dieses Tbales liegt an der Poststrasse das Kazino von Ober-Seeland; in der Nabe, bereits im Thal-Boden der Mlinar Bauernliof (Eigentbum der Familie Muri) und V* St. im Thale binein der Makek Bauernliof (Eigenthum des Bauern Sclienk). Aufder be\valdeten Hobe des zweitenQuerriickens stebt die Hiitte der Stulleralpe. Ein von der Kinka abztveigender, ebenfalls nacb Nord verlaufender Zug, iiber welcben die Seeberger Post¬ strasse geht, bildet mit dem erwahnten ziveiten Querriicken die 8 Prof. Dr. J. Frischauf. Einfassung der „oberenSeelander-Kočna“, in welcher eine */ 2 St. vom Eingang entfernt sich die Anzelhube befindet. Das dritte Nordthal „ die Vellacher-Kočna “, vvird von dem eben besprochenen dritten Querrlicken und der mit der Merzlagora beginnenden Ab- zweigung des Hauptzuges umrahmt. Fragt man in der Umgebung von Vellach um den Namen einer Spitze des Zuges, so hort man, Kier heisst alles „Koena“. In Wirklichkeit meint man aber, wie gesagt, nur die Alpenboden, vvelche liier allerdings sehr hoch hin- aufgehen und wo trotz des scheinbaren Mangels einer jeden Ve- getation eine treffliche Schafrace gedeiht, die in andere Gegenden versetzt, bald degenerirt. Dass der Name „Kočna“ nicht zur Be- zeichnung der Gebirgsgruppe verwendet vverden kann ; ist aus dem Vorhergehenden klar.Der dritte Name »Steiner Alpen“, von der am Fusse der Siidseite gelegenen Stadt Stein herriihrend, wiirde noeh am meisten Berechtigung zur Bezeichnung der Gruppe besitzen, falls dieselbe von einer Ortschaft entlehnt wird; denn die Stadt Stein ist der grosste Ort des Stockes, von den umliegenden Hohenpunkten kann die Gruppe auch ziemlicli vollstandig iiber- blickt werden. Doch auch in Stein versteht man unter dem er- v almten Namen nur die vvaldigeh Vorberge, wahrend die hoheren Felspartien entweder ganz unbeachtet bleiben, oder nur manch- mal eine Tour liber Anregung fremder Gaste auf den Grintovc oder auf die Planjava unternommen vvird. Die soeben besprochenen Verhiiltnisse lassen es gewiss ge- rechtfertigt erscheinen, wenn der von Schaubach^-') mit Riick- sicht auf das Hauptgewasser vorgeschlagene Name „Sannthaler Alpen“ fur diese Gebirgsgruppe allgemein angenommen wiirde. Naturhistorische Notizen. Eingehendere Studien einer Gebirgsgruppe in naturwissen- schaftlicher Richtung konnen nur auf Grundlage der genauesten Erforschung der geografischen Verhiiltnisse geschehen. Letztere konnte von den Vertretern des in der Neuzeit als „Touristik“ be- zeichnetenAlpensports, falls derselbe einigermassen systemmassig und mit Riicksicht auf die vvissenschaftlichen Bediirfnisse ge- trieben vrurde, vollstandig durchgefiihrt vverden. Die Aufgabe der Touristik besteht eben in der Erforschung der Alpen im All- gemeinen; die Touristik soli die Lust zum Naturstudium rege halten und uberhaupt die sammtlichen Vorbereitungs-Ai-beiten iibernehmen, vvelche fur die Detailforschung — sei es im karto- grafischen Sinne, sei es fur die Naturkunde — nothig sind. Bei dem Umstande, dass die hoheren Partien der Sannthaler Alpen, besonders der Umgebung der Skuta nie von Fremden *) Die deutsehen Alpen V. S. 12. Die Sannthaler Alpen. 9 besucht werden, dass selbst von den Einheimischen mit heiliger Scheu diese Spitzen, iiber deren Lage sie selbst keine richtigen Kenntnisse haben, betraclitet tverden; dass nur vvenige kiihne Wildschiitzen, deren Bekanntschaft erst nach langerem Aufent- balte in diesem Stocke gemacht werden kann, dielioheren Punkte als Jagdrevier besuchten, dann dass in den Tlialern selbst niemals ein knndiger Fiibrer aufgetrieben iver de n kann; endlieh, dass kaum eine deutscli sprecbende Personlichkeit in einem Thale ge- troffen vrird, darf es uns nicht wundern, dass die Sannthaler Alpen als eine tvahre terra incognita erscheinen nnd von einer systemmassigen Erforschung im naturwissenschaftlichen Sinne keine Rede sein kann. Am besten kommt noch die Geologie \veg. Die Uebereinstimmnng der hoheren Felsmassen in den Alpen gestatten die Uebertragung geologischer Verhaltnisse abstrahirt von zuganglichen Punkten auf die unzuganglichen. Einem griindlichen Studium brauchen meistens nur die un- teren Schichten, ihre Verbreitungen, Ealten u. s. w. unter- worfen zu iverden; das Gestein der letzten aufsitzenden Massen kann nicht selten bereits vom Fusse aus erkannt iverden. Diese giinstigen Umstande zusammengenommen bewirken, dass die geologischen Forschungen, \velche durch M. Y. Lipold*), K. P e t e r s **) und F. Rolle***) durchgefiihrt ivurden, einen ziemlichen Abschluss gewannen, und dass nur mehr die fiir das grossere Publikum vielleicht iveniger interessanten Detail- forschungen noch angestellt tverden miissen. Da das Verstandniss des Baues und der hjdrografischen Verhaltnisse einer Gebirgsgruppe nur auf Grundlage der Ergeb- nisse des geologischen Studiums ermoglicht wird, so sollen die Resultate der bisherigen Erforschungen in Kiirze angedeutet vverden. Ausserordentlich mannigfaltig zusammengesetzt sind die geologischen Formationen; dadurch -vvurden auch fiir manche Pflanzen die Evistenz-Bedingungen geschaffen, tvelche man mit Rucksicht auf die Hohe des Fundortes nicht erivarten konnte. Denn Pflanzen, die anderstvo nur auf Hochalpen vorkommen, finden sich im Gebiete der Sannthaler Alpen in den Thalboden und umgekehrt solche, die man geivbhnt ist nur im Thale zu sammeln, ziehen hier tveit in die Alpenregion hinauf. Allerdings *) »Geologie des Sulzbach-Thaleš“, Jakrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, VII. Jahrgang 1856. S. 169 —171. **) »Geologische Aufnahme in Karaten, Krain und dem Gorzergebiete u . Ebendaselbst S. 669—675. „Ein Blick auf die Karavanken und die Haupt- kette der juliscben Alpen mit einer Ansicbt der Stougruppe w . Mittheilungen des osterreichischen Alpenvereins, Heft I. S. 223 — 265. ***) nGeologische Untersuchungen in der Gegend zwiscben "VV eiten- stein 5 \Vindischgraz, Cilli und Oberburg in Untersteiermark w . Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, VIII. Jahrgang 1857. S. 403—465. 10 Prof. Dr. J. Frischauf. kommen noch mancherlei andere Bedingungen fiir die Ver- breitung in Rechnung, docb bab e n die Bodenverbaltnisse den grossten Einfluss. Der seltene Besueli von Seite der Touristen iiess aucb das Thier- und Pflanzenleben sicb ungestorter ent- vickeln. Wir beginnen die geologisclien Untersucliungen von der Nordveestseite des Gebirgsstockes. Wenngleicb der Ivamm von dieser Seite nur mit grosser Miibe erreicbt \verden kann,so lassen sicb docb durcb Begebung der verscbiedenen Scblucbten die Scbicbten, aus denen der Stock aufgebaut ist, leicbt verfolgen, und andererseits gewabren die leicbt ersteigbaren Hobenpunkte des Virnek-Grintovc und Seeberges einen instructiven l eber- blick der Gruppe. Diese Hauptspitzen des nordlicb vorgelagerten dicbt bevaldeten Hobenzuges, eines den Scbiefern der Stein- koblenformation ang-ehorigen Auslaufers der Košuta, entbalten einzelne Kalklager, die sicb von den milden runden Formen des Zuges deutlicb abbeben. Die Grundlage der Košuta und des nordivestlicben Tbeiles der Sanntbaler Alpen ist von der gemein- samen Formation der Werfener Scbiefer. Zvriscben den beiden Gruppen breitet sich der Alluvialboden von Ober-Seeland mit et\va 300 Jocb frucbtbaren Bodens, eines ebemaligen Seebeckens aus; versumpfte, angebiicb sebr tiefe Stellen in der NabedesEin- ganges in die obere Kočna, vverden jetzt nocb von den Einvvobnern als Ueberreste des in friiheren Zeiten existirenden See’s gezeigt. Gegemvartig vird dieses Becken vom Senicabacb durclifiossen, der bald nacb der Vereinigung mit einem aus der unteren Kočna stammenden Bacbe sicb in die Kanker ergiesst und dann unter starkem Gefalle nach Suden fliesst. Die grossten Tbeile des von der Rinka ausgebenden, das Sanntbalmit zwei Armen umscbliessenden (und nacb Osten ver- laufenden) Gebirgszuges setzen die Glieder der alpinen Stein- koblen- und Triasformation zusammen, wie: die Gailtlialer Scbiefer und Kalksteine, die Werfener, die Guttensteiner und Hallstadter Scbicbten. Nur auf den hocbsten Punkten ist Dacb- steinkalk zu beobacbten. Die Scbicbten treten deutlicb bervor. Der untere Kalk im Hauptstocke gebort zum Koblenkalke des Virnek-Grintovc, an diese setzen sicb die Werfener Schicbten auf, an vvelcbe sicb aus Guttensteiner Scbicbten bestebende Kalk- massen, die zablreicbe grosszellige Rauch\vacken entbalten und die wie die Werfener Scbicbten von Porpbjrstocken durclisetzt sind, auflagern. In dem vcestlicben Tbeile sinken diese Scbicbten in die Tiefe und setzen iiber das Ivankertlial fort. Ueber diese folgt in der Holie von 1200—1500“ ein ungescbicbteter stark dolomitiscber Kalk mit Spuren von Versteinerungen und einer Maclitigkeit von beilaufig 300—400 Meter, der an der Nordseite bobe Stufen Die Sannthaler Alpen. 11 und Mulden, in v/elchen Schnee- und Eisfelder lagern, bildet. Der Kamm selbst besteht aus einem weissen deutlich gescliich- teten Dolomit, mit jenendem Triglavstocke eigenthumlichen, von Kiesellagen gebanderten Dachsteinkalken, die audi Spuren von Scbnecken und Bivalven entbalten. E r vah n e n s w e r th sind die Streifen von Eisenoxyd, -\velche die ostliche Wand im Hinter- grunde der unteren Kočna durchziehen, und die Bohnerze, die namentlich in einem Gerdllfelde an der Siidvrestseite des Grintovc sehr haufig angetroffen werden. In der unteren Seelander-Koena lindet man Spuren eines alten Bergbaues, in vpelchem Erze vor- kommen, gemiscbt aus Antimon, Bleiglanz und Zinkblende mit betrachtlichem Silbergebalte und etwas Gold. In dem nordlichen von der Rinka abzweigenden, die Grenze von Karnten und Steiermark darstellenden Zuge tragen die in den Uebergangsgebilden vorkommenden Scbiefer das meiste dazu bei, diesem Tbeile des Gebirges zabmere Formen aufzudriicken und ihm seinen \vildfelsigen Cbarakter bald nach der Abzvvei- gung zunehmen. Ein vestostlich streicbender Zug von Werfener Schiefern tritt aus Karnten ein, nimmt die vordere Ilalfte des Logartbales und Sannthales bis Sulzbacb ein. Ibm gekoren die Kalke und Dolomitmassen der Ovčeva an, die auf Uebergangs- schiefer und Grauwacke aufruhen. Gegen Stidost scbliesst sich das scbroffe Dolomitgebirge der Raduba an, velches gegen das Plateau der Ojstrica verliiuft und im Einschnitte des tiefen Sann¬ thales jenen eigentliumlicb gestalteten Engpass der „Sulzbacker Nadel “ bildet. Betreffend die im geografischen Ueberblicke erwabnten Quellen moge nocb Folgendes binzugefiigt -vverden. Am Fusse der Felswand „Nadel“, dicht am Spiegel der Sann befindet sicb eine periodiscbe Quelle. Sie tritt durckschnittlich nur jede Viertelstunde empor und versiegt dann \vieder; vabrend des Auf- steigens fliesst die Quelle stark iiber, beim Zurucktreten ver- scbwindet das Wasser vollstandig. Das Aufsteigen dauert 2—5, das Zurucktreten 8—15 Minuten. Ausser dem allgemein bekannten Vellacher Sauer- brunnen befindet sicb 1 1 / 2 St. \vestlicb von Sulzbacb in der Nahe des Weges nacli Vellacb unweit vom Bauernbof Gradišnik in dem Kotozki-Graben ein eisenbaltiges Wasser. Thonscbiefer und Gailthaler Kalk herrscben bier vor, die Quelle bricbt an einigen Stellen aus dem Scbutte kervor. Etwas weiter im Osten, am nordlichen Gebange des Jezeriabacbes, et\va 25 Meter liber der Thalsohle, entspringt eine zweite Eisenquelle. Nacb der iibereinstimmendenFormatlon der karntner und steieri- schen Seite diirften diese Quellen mit dem Mellacber Eisen- sauerling einerlei Ursprunges sein. Ein auf der Hohe in der Nahe 12 Prof. Dr. J. Frischauf. des Pavlic-Hofes vorkommender Sauerling bestatigt diese Ansiclit *). Noch unerforscht sind die zahlreichen Hohlen inden Sann- tlialer Alpen. Der Hohle im Policaberge oberhalb Leutsch scbreibt man eine bedeutende Ausdehnung zu; in einer Hohle unter dem Kamm der Ovčeva, in der Iiohe vonetvva 2000“, fin- det man stets Wasser. Durch das barbariscke Ausrottungssvstem der AValder bat der Wildstand bedeutend gelitten. Aucli von grosseren Raub- tbieren, besonders Baren, die friiher angeblicb in den dicht be- valdeten Theilen des Sann- und Feistritz-Tbales zablreicb ge- tvesen sind, hort man jetzt wenig mehr. Die Jagd \vird obne Riicksicht auf Scbonzeit getrieben und wer durch die mit Krummholz bevrachsenen Partien in der Nahe der Schafbiitten seinen Weg nimmt, lauft oft Gefahr in Schlingen zu gerathen, die manchmal an steilen Abhangen angebracht, den ahnungslosen Wanderer in fataleSituation brin gen konnen. Die Scbwierigkeit, eine geregelte Jagdaufsicht in diesem Gebirgsstocke einzu- fiihren, ist auch Ursache, dass sich kein grosserer Jagdpacbter, ■wie in den steieriscken Noi-dalpen fand. IJnd doch \viirde kaum ein zweites Terrain so giinstig zur Heranbildung eines zabl- reicben kVildstandes sein, als die Sannthaler Alpen. Mag man noch so viel AVegverbesserungen im Hauptstocke durcbflihren, die Mulden und Schlucliten von Langkofel bis Rinka werden von Touristen immer wenig besucht werden, indem letztere sich meistens auf die Aussichtspunkte des Grintovc, der Planjava und der Ojstricabescbranken,an welchenPunktenwegender bisauf die Gipfel ziehenden AVeide sich nie ein bedeutender AVildstand ent\vickeln kann. Die Aufsicht selbst ware mit nicht zu grosser Sclnvierigkeitverbunden, indem dasPlateau desCentralstockesnur -svenig Zugange hat, welche von den ehrlichen Bewohnern, denen man die Aufsicht mit gutem Ge\vissen tibertragen konnte, leicht iibervvacht wiirden. Reichliche Ausbeute verspricht die botanische Forschung, wie man aus denErgebnissen der Ausfliigevon E. AA^eiss**) und J. Bullmann***) aus Graz ersehen kann. Ersterer bereiste im Auftrage des bekannten Sammlers und Forderers der Botanik Herrn J. C. Pittoni Ritter von Dannenfeldt im Juli und *) Die sammtlichen Sauerlingquellen bei Vellach sind: Zwei bei dem Bade, die Schmiedburgsche in der Nahe der beiden ersteren und die Pavlic’sche auf dem "tVege naoh Sulzbach 3 / 4 St. von Vellach entfernt. Letz¬ tere soli die starkste sein. **) B Zur Flora der Sulzbacher Alpen in Untersteiermark.“ Oesterrei- chisehe botanische Zeitschrift von Dr. A. Skofitz, IX. Jahrgang ; 1859. S. 113 — 131. ***) nNaturhistorische Skizzen aus den Sulzbacher Alpen.“ Jahrbuch des steirischen Gebirgsvereines II. Jahrgang, 1874. Die Sannthaler Alpen. 13 August des J. 1856 den ostlichenTheil der Sannthaler Alpen bis einschliesslicli der oberen Terrassen von Okrešel; besonders der nordliche Zug am linken Sann-Ufer %vurde einem grundlicben Studium unterworfen. Beitrage zur Flora lieferte Herr Bull- mann anf Grundlage seiner im Juli 1874 im Ojstricastocke im hinteren Sannthale durcb das „Rinkathor u aufvrarts bis auf die Hohe des Hauptstockes unternommenen Touren. Aueli im Jabre 1876 liat Herr Bullmann trotz des schlechten Wetters, das ihn auf seinen Touren fortgesetzt verfolgte, einige interessante Daten geivonnen. Die Specialitaten der Flora und Fauna des Grintovc ivurden von Herrn Robič (Pfarrer in Ulricbsberg) einem sorg- faltigen Studium unterzogen, und deren Ergebnisse (im Manu- scripte) dem Verfasser dieser Schrift giitigst zur Verfiigung ge- stellt. Herr Prof. Dr. J. K. Mal v bat in seiner „Flora von Steier- mark“ (Wien, 1868) die ihm von den Botanikern, welcbe die Sannthaler Alpen bereisten (Dorfmann, v. Pittoni, Speckmoser, Zecbenter, u. A.), mitgetheilten Daten aufgenommen. Wenn nun am Scblusse dieser Schrift eine Aufzliblung der interessantesten Species unternommen vird, sokannderselbenweit entfernt Vollstandigkeit zugescbrieben \verden. Es soli nur zur -vveiteren Durcliforscbung angeregt \verden, welcbe gegen- ivartig, wo die orografiscben Verhaltnisse fast vollstiindig erkannt, fiir die bessere Zuganglicbkeit so Vieles geschehen, mancbe be- queme Hiitte in den hocbliegenden Partien erbaut \vurde, die Flihrer ause:ekundschaftet sind, in ungleieli leicbterer Weise erfolgen kann. Vor allem moge die nocli fast ganzlicb unbe- kannte Friiblings- und ITerbst-Flora einem genaueren Stu¬ dium unterivorfen vferden, denn die bisberigen botaniscben Er- forscliungen crstrecken sicli blos auf die Flora im Hocbsommer. Eintrittsrouten. Die im Vorigen ervvabnten Thaler der Sann, Feistritz, Kanker und Bela (Vellach) sind die iviclitigsten Zugange dieses Alpenstockes. I. Von Osten. Fiir das Sannthal bildet die Stadt Cilli 229 m den ge- eignetsten Ausgangspunkt. In diesem freundlicben, bereits bei den Romern unter dem Namen Claudia Celeja als Standlager fur die Eroberungszuge nacb Noricum und Pannonicn bekannten Stadtchen (gegenwartig ct\va 4000Einwobner zahlend) kann der Tourist die fiir seine Partien gunstige Zeit leicht abvvarten. Nacb Sprachc und Sitten ist die Bevolkerung durchaus deutsch. In den Hotels: Elefant, Goldenor Lowe,Weisser Ocbs,Erzherzog Johann, Kaiserkrone, Goldener Engel ist geniigendeUnterkunft, 14 Prof. Dr. J. Frischauf. fiir die Lecture sorgen vier Kaffeebauser und das Kasino, in wel- chem Fremde gegen Vorstellung Zutritt haben. Die Sannbiider (Hausbaum, Krainz, Militar-Sch-vvimmsehule) und die schonen schattigen Spaziergange verlocken aucb den blossen Sommer- friscbler zu langerem Aufenthalte. Besonders muss der Besuch des Josefiberges mit dem Ueberblick liber die Gruppe der Sanntbaler Alpen, das Tbal und dieUmgebung der Stadt empfoh- len werden. i\Iit diesem Aussichtspunkte, dem lohnendsten in der Nabe, liisst sich der Spaziergang zur Ruine Cilli verbinden. Fiir die Tour in die Sanntbaler Alpen ist es ratbsam, den Tlieil bis Laufen zu Wagen zu macben. Man beniitzt dazu ent- weder die bis in die Nabe von Laufen gebende Oberburger-Post oder bei einer grdsseren Gesellscbaft eigene Gelegenbeit, welche hier leielit zu bekommen ist. Die Strasse zieht anfangs am linken Ufer der Sann, wendet sich hinter St. Peter bei Sannbriicken auf das rechte Ufer, um sich wieder bei Letuscli an das linke Ufer anzuscliliessen. Nacb einer drei- bis vierstiindigen Fabrt (6 St. zu Fuss) erreicbt man den Markt Prassberg (Unter- kunft: Post, Lipold). Hier verengt sich das Tbal anfanglich, er- ■vveitert sich aber bald zu einem grossen Kessel, eingeschlossen von der Menina, den Auslaufern der Ojstrica und Raduha. Bei Rietz voriiber gelangt man in 2*/ a St. nacb Laufen (Unter- kunft: Kruletz, Schmautz, Rescba). Vor Laufen wird die Sann z\veimal iibersetzt, bei der ersten Ueberbriickung zieht sich der Fahrweg (in 1 1 / 2 St.) nacb Oberburg 382 m , dem Sitze des Bezirksgericbtes mit dem ehemaligen Benedictiner-Kloster, jetzt Eigentbum des Laibacher Bisthums. Die pracbtige Kircbe, ein schoner Renaissancebau mit guten Bildern von Kremser- Scbmidt und zwei Holzschnitzwerken der altdeutscben Schule, verdient einen Besuch. Oberburg (Unterkunft: Joscbk, Post) ist der Ausgang fiir die Touren auf die Menina (sudlich) und Rogač (nordwestlich). Von beiden Punkten geniesst man einen instructiven Ueberblick liber die Lmgebung. An Geselligkeit feblt es hier nicht; so\vohl die Beamten des Bezirkes, als auc.h das Herrsehaftspersonale werden bei Touren mit Rath und Tbat dem Fremden gerne hilfreich sein. Von Oberburg fiibrt ein.e gute Strasse in 5 St. nach Stein. In Laufen angelangt, versehe man sich fiir die vveitere Tour mit dem notbigen Vorrath an frisckem Fleisch. Aucb \vird man gut tbun, den Wagen zu verlassen und zur nachsten Ortschaft Leutscb 524 m (in etwa 2‘/, St.) zu Fuss zu -vvandern. Der Weg balt sich fortgesetzt am linken Ufer, anfangs eben in dem weiten Tbale, docb nacb 20 Min. (von der Kircbe an gerecbnet) steigt der Weg aufvarts an der Lehne des Primusberges und senkt sich nach 1 / 2 St. wieder hinab an die Sann; von hier gebt es meist auf guter Strasse dureh das einsame Tbal 3 / t St. Die Sannthaler Alpen. 15 bis zu einer kleinen Hiiusergruppe an der Miindung des Schwar- zenbaches, \vo sich ein Steg iiber die Sann befindet. Nun folgt eine ebene Strassenstreeke von 1 / t St. bis zu einer interes- santen Brucke: ein Felsblock am Ufer ist als erster Pfeiler, ein zweiter riesiger Block in der Mitte der Sann als zweiter beniitzt; der Zvrischenraum wurde mit einem gemauerten Bogen ausgefiillt. Ueber die Streeke vom zweiten Pfeiler bis zum rechten Ufer ist eine Plolzbriicke gelegt. Auf diese Art wurde eine hoclist ein- faclie Verbindung der beiden Ufer bergestellt. Nocb >/* St. brauchen -wir bis zum Dorfe; der friihere iiber den Berg gehende Theil dieser Strasse \vurde in den letzten Jahren durch einen Neubau langs des Ufers ersetzt. Stiinde nicht die kostspielige Umlegung der Strasse iiber den Primusberg entgegen, so liesse sich mit einer geringen Summe der Weg von Laufen nach Leutsch in einen guten Fahrweg unmandeln; doch auch eine Verbesse- rung des bisherigen Weges —mit geringen Kosten lierstellbar — ■vriLrde im Nothfalle geniigen. Verpflegung und Unterkunft sind in Leutsch nocli ziemlich primitiv; man darf nur ausnahmsweise auf frisclies Fleisch rech- nen; jedoch Wein, Kaffee, Eier bekommt man immer. Uebrigens ist man in den beiden Gasthausern der Messnerin und derGotsche- var ertraglieh untergebracht, auch sind die Leute hier gegen Fremde freundlieh und entgegenkommend. Dass die Verpflegung so viel zu wunschen iibrig lasst, daran ist nur der Mangel an Verkehr Ursache. Touristen kommen sehr šelten hieher, und die verschiedenen Commissionen kehren gewohnlich beim gastfreund- lichen Herrn Pfarrer ein und tragen daher nichts zur Anregung fiir die Einstellung besseren Comforts bei. Fiir den Gebirgswan- derer ist Leutsch der Ausgang der Hochtouren: Raduha und Ojstrica, mit diesen beiden lasst sich auch der Uebergang in das hintere Sannthal verbinden. Von Leutsch an fiihrt nur mehr ein Fusssteig im Sannthale ■vveiter. Derselbe zieht z\vischen den Auslaufern der Raduha (im Norclen) und Ojstrica (im Siiden) hin und ist an manchen Stellen nur durch Absprengungen an der Felswand gewonnen. Anfang- lich -wird ein veites mit Gerolle bedecktes Feld am rechten Ufer durchschritten, doch bereits nach 1 / 4 St. fiihrt der Weg iiber einen Steg an das linke Ufer. In 5 5Iin. erreichen wir eine Felswand „Logarfels“, die vermittelst eingehauener Stufen iiberschritten wird; dann folgen zAvei kleine durch Felsen getrennte Terrassen; dann geht es nochmals steil aufVarts und hinab in 1 / t St. an die Sann, und wir sind am Ende des Logarfels. Sodann passirt man in 5 Min. die drei Savratnikbiiche (beim letzten Steg iiber die Sann) und kommt zu einer Stelle, wo die Felsen der beiden Ufer enge zusammentreten, und jedes Weiterkommen unmoglich scheint. Oben ist derFels 'vvie ein Nadelohr gespalten, durch diese 16 Prof. Dr. J. Frischauf. Spalte — rIg'la-Nadel“ genannt—von etwa 1 MeterBreite fiibrt der Steig auf der Hohe durcb. Nach der Passirung der Nadel, die man in 10 Min. erreicht, senkt sicli der Steig \vieder hinab zur Sann, iiberschreitet dann dieselbe nacb 10 Min. und in einer weiteren '/ 2 St. anfangs noch liings eines Steiges dann auf breitem Waldwege kommt man an die Miindung des Bela- baclies am Eingange der romantischen Scblucbt Roban. Un- mittelbar am Einflusse des Bacbes liegt der Bauernhof Pivšek, das Bild dieses Gehbftes mit einem Blicke auf die Ojstrica im Hintergrunde gehort zu den Scbonsten dieses Weges. Von bier bis Sulzbacb benotbigt man 3 / 4 St. Man versaume ja nicbt die knapp unter der Nadel am linken Ufer befindliclie periodiscbe Quelle zu beseben, und durcb die bier ziemlicb seicbte Sann an das recbte Ufer sicb zu wenden, wo man einen imposanten An- blick der Nadel geniesst. Eine Quelle, gleicb nacbdem man bei der Roban-Scbluchtvorbeigekommen ist,fiihrtden Namen „Gabel- ■wirtb“ — an lieissen Tagen eine villkommene Erfriscbung. Nun fiibrt der Weg wieder an das linke uud unmittelbar vor der Kircbe nocbmals an das recbte Ufer der Sann. In Sulzbacb 6Q6 m stelle man sicb, falls man beabsich- tigt, langere Zeit bier zu verweilen, dem iiberaus gastfreundli- chen hoclivvUrdigen Herrn Pfarrer Janc (dem Vater der biesigen Touristen) vor, der namentlicb in friiheren Zeiten, wo die Unter- kunft etvvas schlecbt. \var, mancben Hungrigen gespeist und man- chen Durstigen getriinkt bat. Ein starkes Fremdenbucb istZeuge der unerscbopflicben Gastfreundscbaft dieses Ehrenmannes, den eine gutige Vorsebung nocb iange erhalten moge zum VVohle und Nutzen der Menscbheit. Gegenvvartig ist man im Gastliause des Messners (Herle), eines wackeren und der Gegend kundigen Mannes, der gut Deutscli spricbt, Refflicb untergebracbt. Aucb in dem fast gegenuberliegenden Gasthausedes Scbusters Marušnik (welcher aucb einekleineKramerei besitzt) ist man in den beiden fast elegant moblirten Zimmern redit gut aufgehoben. An Ver- pflegung ist in Sulzbacb kein Mangel: Hiibner und Forellen sind immer zu baben, Kaffee, Wein, Bier und Sauerbrunnwasser sind vorzliglicb zu nennen. Die Besicbtigung der interessanten Kircbe und die Durcbsicbt der Fremdenbucber ist Jedermann zu empfeblen. Von Sulzbacb gebt anfanglicb ein breiter Weg 1 / i St. am recbten Ufei’, dann ubersetzt man die Sann und kommt in 5 Min. bis zu jener Scblucht, an deren linken Seite der Steig auf- warts nacb Pleiligen Geist fiibrt. Nun zielit der scbmale Fusssteig nocb J / 4 St. liings der Sann, dann wendet sicb der Weg wie- der an das recbte Ufer, wo er in massiger Breite durcb Waldung fuhrt; nach ‘/* St. \vird nocbmals die Sann uberscbritten und der Steig bleibt nun am linken Ufer durcb 10 Min. bis zum Ein- Die Sannthaler Alpen. 17 gange des Logarthales, eines der schonsten Alpenkessel, der kaum seines gleichen findet. Wir iiberschreiten die Sann und trelen in jenen Theil des Sannthales ein, der von dem ersten stattlichen Hause (6S3 m ) 5 Min. von dem Eingange entfernt, den Namen „ Logar thal“ fiihrt. Dasselbe ist et\va t / l St. breit und 2 St. lang, und stellt einen griinen ausserst fruclitbaren Boden dar, in dessen erster Halfte \vir die in den tieferen Stellen diclit bevraldeten Hbhen, hingegen im Hintergrunde die fanta-ti- schen von bier aus scheinbar unersteigliclien Felszacken der Ojstrica, Brana, Baba und Rinka erblicken. Der Boden selbst, bevassert von den durchsichtigen Fluthen der Sann, gibt ein an Contrasten tiberreiches Biki. Ein guter Fabrvveg fiihrt dann beim Holzmeister Andre vorbei in '/ 2 St. zum letzten Bauernbofe Plesnik 730, das prachtvollste Standquartier fiir die Touren in den holieren Theilen, bei dessen gastlichem und gebildetem Besitzer man die freundlichste Aufnahme findet. Etwas unter- balb des Plesnik kommt die Sann aus melireren Quellen zam zweiten Male zum Vorsckein. Der Weg geht nahezu eben (links folgt nacb >/ 4 St. ein Schleierfall) etwa 1 St. \veiter, wo man sicli reclits iiber die Sann wendet und bald die letzte Koh- lerei erreicht; ein schmaler Fusssteig fiihrt in */ 4 St. massig aufwarts zum „Rinkafall“, dem Endziel der meisten Wanderer im Logartbale. Ueber die rothliche Fels\vand stiirzt die gewaltige Wassermasse der Sann 120 Meter kinab. Die im Sanntbale von Leutsch, Sulzbach und Plesnik anzu- stellenden ILochtouren vcerden besonders abgehandelt. Hier sol- len nocli die Uebergange nacb Schwarzenbach, Kappel und Vellacb ausfiihrlicb angegeben \verden, weil selbe wegen der zablreicb sicli kreuzenden Wege und der des Deutscben in der Regel ganz unkundigen Be\vohner in den holieren Gehbften den nicht slavisch sprechenden Touristen, im Falle er ohne Fiibrer diese Touren macht, in manche Verlegenbeit bringen konnen. Von Sulzbach nacb Schivarzenbacb. Man geht beim Messner iiber die Sann und nun etwas steil aufivarts in die unmittelbar nordlich sich ziebende Scblucht; an zweifelbaften Stellen sicli reclits haltend gelangt man in 1 St. bei melireren Hausern voriiber zum grossen Bauern- hofe Stifter. Hinter demselben zieht der Weg weiter noch bei einem Hofe links voriiber massig aufvrarts in 1 St. zum Kopreinsattel 1335 m . Von hier kommt man nun durch einen Wald in Va St. hinab zur Kirche und Hausergruppe St. Jakob (daselbst einfaches Gasthaus), -welcbe Ortscbaft auf einem schonen kleinen "VV iesenplateau gelegen ist. Ein steiler Fusssteig (oder etivas langerer Fahrvreg) fiihrt in Va St. an den Missbaeh und von hier fast eben in 2 1 /* St. nach 2 18 Prof. Dr. J. Frischauf. Schwarzcnbach (Unterkunft: Mateusch). Nun liber Miss (Gastbaus Krauth) in 3 St. an die Stationen Pravali oder Bleiburg; nach letzterer verkebrt jeden Morgen um 9 Uhr Vor- mittags ein Post-Stelhvagen. Von Sulzbacb nacb Kappel. Zwei Wege: a) Ueber die Filiale Heil. Geist 1243 m . Auf dieser Route kann man \vieder entweder in die im Vorigen erw;ihnte Schlucbt aufvrarts und sich fortwahrend links baltend in 2 St. bis zur Kirche gelangen, oder man gelit 20 Min. langs der Sann aufivarts bis zu einer zAveiten Avestlich gelegenen Scblucbt, deren Eingang durcb ein Kreuz bczeiclmet ist. Gleich links vom Bache fiihrt in 1’/« St. ein steiler Steig nacb Heil. Geist. Et\vas oberhalb fiihrt der Weg durch Wald in '/ a St. auf die Hube des Riickens 1443 m , avo man von den freienStellen einen imposanten Anblick auf die Felsscbroffen des hinteren Sannthales geniesst; in der Nahe etivas abwarts ist eine Quelle. In 20 Min. erreicbt man die Kirche von St. Leonhard 1332 m , avo der Wanderer beim Messner Erfrischungen findet. Von hier ist der Weg abAvarts nicht zu feblen; er geht steil liinab liber einen Riegel bis zu einem Zaune, den man ubersteigt, und gelangt links in '/a St. liinab zu einer Hausergruppe. In 1 St. erreicht man bei zwei Bildern und zAvei Kreuzen vorbei den Markt Kappel. b) Der zAveite Weg ist in mancber Bezieliung lohnender. Erstens ist derselbe bequemer und leichter zu finden und zvvei- tens kann man mit geringem Aufivande von Zeit den Besuch des Logartbales verbinden. Man gelit 1 St. langs der Sann bis zum Eingange des Logarthales und nun noch eben auf einer guten Strasse durcb eine romantische Felsenge 20 Min. Aveiter bis zum Jezeriabache. Die Strasse fiihrt rechts aufwiirts bei scbonen Ge- boften, von denen besonders das Haus Klemenšek 1100 1 ” er- Avabnt Averden mag, vorbei in V/ 2 St. auf die Hohe 1425 m , avo man einen ahnlicben Anblick, Avie beidemAmrigenUebergange ge¬ niesst. Auf derStrasse geht es hinab nacb Kappel in l'/ a St. Von Sulzbach nacb Vellach. Man geht Avieder, AA'ie in b) der vorigen Route, bis zum Eingange des Jezeriatbales. Nun gelangt man auf der Strasse nocb 7 Min. Aveiter zu einem SeitenAvege links (fast unmittel- bar nach einem Felskopfe); langs desselben (nacb 7 Min., avo sich der Weg etvras verliert, v rechts gehalten) kommt man durcb Waldung in '/ a St. zum Zibovtbauer 1040 m . Von hier geht man langs der Quellenleitung rechts zu einer Tliiire und zu einem Ueberstiegel, dann durch die Felder aufwarts in 12 Min. zum Cavnikbauer 1150 m . Nun links eben durcb eine Die Sannthaler Alpen. 19 Schlucht zum grossen gelben Stallgebaude (5 Min.) und auf dem breitenWege (immer recbts gebalten) bei einem Holzliause vorbei fortgesetzt durcli Wald zu einer Blosse und im Bogen auf die Hohe, zuletzt links etvvas liinab 1 St. bis zum Uebergange 1313 ra . Auf breitem Wege hinab '/a St. zum Bauer Pavlic 1053 m , dann links am Felsen steil liinab zur Strasse (beim Christof-Bilde) Vellacli-Kappel 20 Min. und nun auf\varts 10 Min. zum Sauerbrunn Vellach. II. Von Norden. Fiir den nordlielien Eingang sinddie Stationender Strecke Marburg-Klagenfurt der Sudbahn: Pravali, Bleiburg und Kiihns- dorf die Ausgangspunkte. Ven den beiden ersteren Stationen gelangt man liber Miss (Unterkunft: Krauth) nacb der letzten grosseren Ortschaft S chvvarzenbach (Unterkunft: Mateuscb) an der Vereinigung des Miss- und Javorjabaches. Hier ist aucb ein bequemes Stand- quartier fiir die Touren auf die Pecenundauf den Ursulaberg. VonSclnvarzenbach aus kann man nur denUebergang nachSulz- bach machen, mit welchem sich die lobnenden Besteigungen der Ovčeva (westlich) und Raduha (ostlich) verbinden lassen. Fiir den Uebergang nachSulzbacb verfolgt man den aus~Westen kom- menden Missbach durch nahezu 2>/ 8 St. bis zu einer Brucke, oberhalb vvelcher sich ein Steinkreuz befindet. Ober dem Kreuze fti hrt rechts ein Fusssteig in 3 / 4 St. zur bocliliegenden Kirche St. Jakob der Gemeinde K o pr ein (mit einem einfachen Gast- hause),auf demBergriicken geht man vveiterund gelangt bald bis zu einer Thiire in den Wald. Ein gedeekter Brunnen bezeicbnet diese Stelle. Nun geht es steil aufvvarts (etwas recbts) in 3 / 4 St. zum Uebergang und von hier liinab (beim Stifterbauer vorbei) in l*/ 4 St. nacb Sulzbach. Die Station Kiilinsdorf bringt auf kiirzestem Wege in das innere Sannthal und in die unter dem Namen „Kočna“ be- kannten Thaler. Ein allerdings etwas primitiver Postwagen (Abfalirt gegen 3'/ 2 Uhr Nacbmittags) stellt die Verbindung mit der Station Krainburg derKronprinz Rudolf-Bahn ber. Ueber Eberndorf (Unterkunft: Zitschmann) mitdemebemaligenChor- kerrenstifte gelangt man in 2'/ 2 St. (zu Fuss) bequem nacb dem Miklauzhofe, einem grossen trefflichen Gasthofe mit Briluliaus, daselbst auch Post- und Telegraphenstation ; Ausgang fiir die Obir-Touren. In vveiteren l'/ 4 St. erreicht man den Markt Kap p el 530 m , von dem aus die Tour in das Sannthal direct unternommen \verden kann. Gesellscbaft und gute Unter¬ kunft in den Gasthofen (Niderdorfer, Weitzer, Bopp) mildern die iible Laune iiber schleclites Wetter. Die Beamten der Rainerschen Gewerkscbaft und das Forstpersonale geben die 20 Prof. Dr. J. Frisehauf. nothigen Ausktinfte liber das Gebirge; lohnende Spaziergange etwa in die jetzt gangbare Eb riach er-Klanim und den gleicb- namigen Sauerbrunnen, auf den Obir u. s. w. lassen sich von liier leicht anstellen. Bevor die nabere Beschreibung des Weges nach Snlzbacli mitgetheilt vird, moge der weitere Strassenzug liber den Seeberg in Kiirze angegeben verden. Langs des Bela- (Vellach-) Baches fiibrt die Strasse in siidlicber Richtung nahezu eben l'/ 4 St. bis zu einer die ostliche Thahvand durch- brecbenden Schlucht, v o ein guter Weg nacb dem Sannthale fiihrt. Nun steigt die Strasse bedeutend durcb 20 Min. bis zu einem (11 Meter boben) Cbristofbilde am Hallerfels, dann geht es fast eben in 10 Min. zum Sauerbrunnen Vellach 800 ln ; ein Standquartier fiir die Touren in die gleicbnamige Kočna. In den Sommermonaten ist das Haus ge\vohnlich von Curgasten iiberfiillt, wessbalb Touristen nicbt leicht Aufnahme finden konnen. Gegenliber dem Curhause befindet sich 3 Min. unter- balb ein einfacbes Gastbaus (Skala), das jedocli im Monate August gevobnlich aucb liberfiillt ist. Von Vellach zleht die Strasse liber den tiefsten Punkt des Scbeideriickens der Vellacber und oberen Seeliinder Kočna, welcber zugleicb den Zug der Sanntbaler Alpen mit den Aus- laufern der Košuta verbindet. In 3 /t•—1 St. erreicht man leicht die Strassenhohe des „Seeberg“ 1200 m , zwei Windungen in den hoheren Theilen konnen auf Fusssteigen abgekiirzt werden. Die Aussicht auf der H obe ist sebr lobnend, vahrhaft cnt- ziickend ist aber der Ueberblick von dem Felskopfe bei dem Hause rechts (vo die Strasse nacb Trogern fiibrt). Niemand wird es bereuen, diesen etva 5 Min. betragenden Umweg ge- macht zu baben; die prachtvollen Nordabstlirze der Sannthaler Alpen,deren Scblucbtenund Mulden mit ihren Scbnee- und Eis- feldern, die dicbten Walder und griinen Wiesen mit den freund- licben netten Gebauden des Seeliinder Beckens, vereinigen sich liier zu einem Gesammtbilde, das einzig dastebt. Schade, dass noch kein Maler oder Fotograf von diesera Punkte Aufnahmen gemacht bat; solche Bilder varen im Stande, zum Besuche dieses Tbeiles der Alpen maclitig anzuregen. Noch steiler als auf der Vellacber Seite, fiibrt die Strasse hinab nach Ober- Seeland 880 m . Legt man nicht den Hemmschuh ein, so er- reieht man in 20 Min. die erste Hausergruppe mit der Filial- kirche St. An dre in der Ebene, daselbst trifft man das Gastbaus der Stuller und die Post. Eben fiibrt der Weg in iveiteren 20 Min. zur zveiten Gruppe mit der rechts etwas auf der Holie stebenden Pfarrkirche St. Oswald 860 m . Auf der Strasse liegt links das Kazino des Franz Muri, ein freundliches Haus, das beste Touristenquartier der Nordseite. Unmittelbar vorlier ist noch ein zweites Gastbaus des Scbmied Josa mit einigen Frero- Die Sannthaler Alpen. 21 denzimmern anzutreffen. Allerdings darf man in Ober-Seeland niclit exquisite Geniisse und Raritaten verlangen, doch einfaclie Kost wird Lier trefflich bereitet, und an Gesellscbaft fehlt es aucli niclit. Die Stunden, die der Verfasser dieser Scbrift liier bei den aufgewcckten, ausserst betriebsamcn Leuten verlebte, vverden ihm unvergesslich sein. Yon diesem Standcjuartiere aus vverden auch die Punkte der Nordseite am leiclitesten erreicht. Aber aucli reizende Spaziergiinge bietet der Ort. Der Weg von St. Andre liber die nordliche Lebne bei den Bauernhofen Anko, Roblek u. s. iv. vorbei mit dem Anblickder beiden Kočna, lasst sicb unzahlige Male macben, obne an Reiz zu verlieren. Durch Holzbandel sind die Familien Muri, Makek, Anko zu bedeutendem Wolilstande gelangt, ibre netten meist zwei Stock boben Hauser deuten dies an. Der Fremde wird sicb bald be- baglich fiiblen, man ivird ibm die notliigen Andeutungen fiir Touren, Fiibrer u. s. \v. bereitwilligst geben, und ihm nament- licli bei schlechtem Wetter aucli die Zeit verkiirzen. Bald binter dem Kazino fiihrt der Weg binab in das Kankerthal, steil gebt es in l*/ 4 St. zur Post Kanker, woselbst sicb die Direction der Fuclis’schen Geiverkscbaft befindet; meist nur eine enge Schlucbt obne Aussichten. Inl'/ 2 St. erreicbt man die Kirche Kanker und in einer iveiteren Stunde die Post- station Tupalič,undinderNahe das SchlossO ber-Gortschach, Wohnsitz und Eigenthum der Familie Fuchs. In 2 St. gelangt man nacb der Stadt Krainburg (s. unten). Leider war friiber auf der Strecke Seeland-Krainburg \venig fiir die Unterkunft vorgesorgt, indem nur ivenige Strassemvirtbsbauser bestanden, von denen besonders eines 3 Min. unterhalb der Post, einziveites fast 1 St. weiter und ein drittes in der Kabe der Kirche envabnt werden konnen; dieselben waren iiberdies mcbr auf die Starkung der Fubrleute berecbnet als fiir die Bediirfnisse der Touristen eingerichtet. Dieser Mangel an Comfort liess in der Kanker das Touristenthum niclit redit aufkommen und es stiinde scblimm fiir den Aufsclnvung des alpinen Treibens im sclib- nen Kankertbale, dem besten Zugange zur Westseite der Sannthaler Alpen, ivenn niclit durch das liebenswiirdige Entge- genkommen von Seite der Familie Fuchs und des Directors Herrn Scbiffermiiller diese Uebelstande theihveise beseitigt ivor- den ivaren. Doch es ist gegriindete Hoffnung vorhanden, dass in niclit zu ferner Zeit, falls sicb der Touristenzug starker in das Kankerthal ivenden solite, aucli liier Vieles fiir die bessere Ver- pflegung gescbeben iviirde. Auf dem lialben Wege ziviscbender Kirche und Post (also 3 / t Stunden von beiden Punkten) 588 m , miindet nacb Westen eine Schlucbt in das Kankerthal, eine ein- faclie Miible kennzeicbnet diese Stelle. Hier gelangt man auf einem sclilechten Fabnvege leicht in 3 /< St. aufivarts zum statt- 22 Prof. Pr. J. Frischauf. lichen,einem kleinen Dorfe iilmlichen Gehiifte des Suhadolnik 896 m , eines gastfreundlichen, fiir die Zugiinglichkeit der Grin- tovcgruppe verdienten Bauers, bei ivelchem man friilier ge- wohnlich Nachtquartier genommen hat. Gegcnvviirtig steigt man noch 1 , / 2 St. -vveiter zur neuen, vom Besitzer mit Unterstiitzung des steirischen Gebirgsvereins erbauten Touristenhutte. Mit dem nothigen Proviante (auch Kerzen) versehe man sich bereits in Ober-Seeland oder Krainburg, da hier, wie bei allen hochliegen- den Baucrn, nur auf Alpenspeisen zu reclinen ist, und letztere sich als Proviant fiir Hochtouren nicht eignen. Beschreibung der Wege von Kappel undVellachin das Sannthal. Von Kappel nach Sulzbach. a) Siidlich auf der Strasse nach Vellach 20 Min. zur Miindung eines Grabens links bei einem Kreuze, gleich nach dem Schlossgebiiude. Durch diesen Graben (Remschnikgraben) 20 Min. bis zu einem Kreuze; nun vendet man sich rechts in die Ivlamm, der Fahrweg fiihrt steil aufvvarts in 40 Min. zu einem Kreuze und Bauernhof (Tomašič) und in einer veileren '/ 2 St. langs eines mit Ilolz gepflasterten Weges bis zu einem St. Leonhard-Bilde links. Nun fiihrt der Veg gerade weiter in 3 / t St. auf die Hohe. Etivas untcrhalb ist eine Kohlerhiitte; auf der Hiilie (et\vas rechts) hat man eine loh- nende Aussicht auf die bstliche Partie der Sannthaler Alpen. Auf der bereits im Vorigen crwahnten guten Strasse hinab, er- reicht man in 1 St. den Anfang des Jezeriathales, in 20 Min. das Logarthal und in 1 St. Sulzbach. b) Ueber St. Leonhard 1332 m und Heil. Geist 1243 m . Auf dem Vege a) geht man zu dem erwahnten St. Leonhard- Bilde (1 3 / 4 St. von Kappel). Von hier aus fiihrt der Fusssteig links aufwarts in '/ 2 St. zur Kirche St. Leonhard. Im Mess- nerhause bekommt man LVein und Brod; der Messner selbst ist ein kundiger Fiihrer fiir die Tour auf die Ovčeva, deren Be- steigung sovie der Besuch ihrer Hohlen (Kerzen sind mitzu- nehmen) Jedermann angerathen Averden kann. In >/ 2 St. durch dichten Wald erreicht man die Schneide 1443 m , etwas unter- halb befindet sich noch eine herrliche Quelle; von den freien Punkten geniesst man den Anblick der Felszacken des hinteren Sannthales. Nun geht es steil hinab in '/ 1 St. nach Heil. Geist und man kann entweder vom Messnerhause (links von der Kirche) in s / i St. zur Sann und in 20 Min. nach Sulzbach gelangen, oder man geht auf der Hohe nahezu eben 3 / 4 St. von einem Bauernhofe zum andern und steigt dann unmittelbar durch die im Vorigen ervahnte Mulde in 1 /ž St. hinab nach Sulzbach. Jeder der beiden geschilderten Wege hat seine Eigen- thiimlichkeiten. Vili man moglichst bequem mit dem Ueber- Die Sannthaler Alpen. 23 gange das Logarthal besuclien, dann ist der Weg a) unbedingt vorzuzielien. Beabsicbtigt man mit Verzicbtleistung auf den Besuch des Logarthales moglichst rasch und dabei ohne be- sondere Beschtverden nacb Sulzbach za kommen, so verdient der IVeg b) den Vorzug. Yon Vellach nacli Sulzbach. Man gebt langs der Vel- lach abwarts 10 Min. zur Brucke bei der Hallersage, unmittelbar vor der Felswand mit dem grossen Christof-Bilde. Ueber die Vellacb, dann steil an der Lebne aufwarts */ g St. zum grossen Bauernbofe Pavlič 1053 m . Ilinter demselben fiibrt der friiber gute, jetzt bereits vernachlassigte Falirweg durch Wald und iiber ausgestockte Stellen, die eine freie Aussicbt nacb Nord ge\vahren, im Bogen in 3 / 4 St. auf die Hohe zum Uebergang 1313 m , der durch eine Thiir abgeschlossen ist. Der kiirzeste Weg fiibrt links anfanglich am Zaune aufvvarts, im Bogen um die Schluclit berum in den dichten Wald und dann hinab in “/s St. zum Cavnikbauer 1150"'. Langs eines Fusssteiges durch Felder 10 Min. zum Zibovtbauer 1040“ und von bier 20 Min. an den Jezeriabach 742“. III. Von Westen. In dem Vorbergehenden ist zugleich die eine Eingangs- route fiir Touristen aus Westen gescbildert \vorden. Die Station Krainburg 364“ der Babnstrecke Villach-Laibacb ist der beste Ausgangspunkt fiir die aus Westen kommenden Touristen und auch fiir die Besucber des Grintovc aus Siiden. Letztere sollten immer vonLVesten berden Aufstieg und die steile Siidost- seite als Abstieg wahlen. In Krainburg, einer kleinen an der Miin- dung der Kanker in die Save gelegenen Stadt, kann man sicberes Wetter abwarten, an Unterkunft ist kein Mangel; die Gasthofe : Elefant, Alte Post, Lebzelter, Lovve, Stadt Triest, TVeisses Rossi, sorgen fiir die leiblicben Bediirfnisse. Die Tage zveifelhafter Witterung konnen durch kleinere Tourenauf der Strecke Krainburg-Tarvis (z. B. der Besuch von Veldes,, Peričnik-Fall bei Moistrana, "VVeissenfelser Seen) ausgefiillt \verden. Tiiglicb verkebrt der bereits im Vorigen erwabnte Postvagen um 5 Uhr Friih in die Kanker. In Gesellschaft wird man gut thun, mit einem Extra-Wagen etwa um 2 Uhr Nacb- rnittags aufzubrechen und in 2*/ a St. bis zum Eingange des Su- hadolnikgrabenszu fabren, falls man die Tour auf den Grintovc oder die Besteigung eines anderen Punktesdes -vvestlichen Tbei- les der Centralkette, \vie Kočna, Langkofel, Skuta beabsichtigt. IV. Von Siiden. Der siidlicbe Ausgangspunkt ist die Stadt Laibacb. lom Schlossberg aus kann die Gruppe der Sannthaler Alpen als eine 24 Prof. Dr. J. Frischauf. Unzahl von Zacken und Spitzen, die sicli liber die waldigen griinen Vorberge der Steiner Alpen erheben, vollstandig iiber- blickt vverden. Von Laibacb sind die Touren in die Sannthaler Alpen noch zu entfernt; als siidlicber Mittelpunkt gilt die Stadt S tein 375 m , w el eh e man zu TVagcn (um 5 Ukr Nacbmittags fiibrt cin bequemer Post-Omnibus dabin) leiclit in 2 St. erreicbt. Die Lage der Stadt ist, wenngleich an Romantik dem Ressel von Ober-Seeland nacbsteliend, docli unvergleichlich sekon; es diirfte daher Stein mit der Zeit ein Touristen-Standquartier ersten Ranges vverden. Treffliche Unterkiinft und reizende Spaziergange in der Umgebung lassen jede Wetterlaune leicbt versclimerzen. Ein elegantes Bad mit Curhaus, von den Biir- gern Prascbniker und Kecel ins Leben gerufen, diirfte diesen jetzt noch vvenig bekannten und mit Ausnahme der Tri ester KaufmannsAvelt Avenig besucbten Ort bald in die Mode bringen. Von den Gastbausern mogen ervrabnt Averden: Hostnik (an der Laibacber Strasse), Jamnik, Grasckek und Frohlich (gegeniiber der Post, besonders zu empfeblen); Restaurationen vrerden von Fischer und im deutsclien und slavisclien Kasino gebalten; selbst die ver\vokntesten Touristen diirften liier zufrieden gestellt Averden. Der Stadt ist der Cbarakter der Gemiithlicbkeit imbohen Gradeaufgepriigt, trotz der beiden sprachliclien Elemente merkt man liier vvenig von dem nationalen Hader. SoavoIiI zur Vorbe- reitung fiir die vveiteren Touren, als auck zum Ausruben nacli einer Reihe A’on mit Anstrengung und Entbebrung verkniipften Hocbpartien ist die Walil von Stein als Aufentlialt anzuratlien. Von den SehensAviirdigkeiten moge die interessante dreifaclie Kircbe „Kleinfeste“ erAvahnt Averden. Oestlicb von der Stadt liegen auf der Ilobe die Ruinen eines grossen Scblosses. *) Der lobnendste Spaziergang ist nordAvestlicb iiber den Kalvarienberg auf die Hobe Aveiter, avo man von den freien Stellen einen prachtigen Anblick der A T on bier ziemlicb naben Sanntlialer Alpen geniesst. SoavoM die Ojstrica-Touren als die Pariie dureb das Fei- stritztbal auf GrintoA r c und Skuta konnen von bier aus unter- nommen Averden. Drei Wegc fiihren von Stein in das Sanntlial. Der eine langsdes Feistritztbales auf den Steiner-Sattel und von bier hin- *) Dartiber Kahereszu erfahren Avar dem Verfasser nicht moglich. Val¬ vasor (Krain, Bd. III, S. 547) erAvahnt blos der Schlosskapelle St. Valentini, der Abbildung zAveier zu Pferde liampfenden Bitter (eines Herrn von Lamberg mit einem bohmisehen Paesen) und einer Geschichte vom betrogenen Teufel, die sick an den Bau des Scblosses der Herren von Stein kniipft. Nach der Sage solite der Teufel den Bau nur unter der Bedingung gestattet baben, wenn man fiir ibn ein zweites Sehloss erbauen Aviirde. Man reinigte ein in der Nahe des Scblosses befindlicbes Felslocb, setzte eine kleine Steinplatte ein, vermauerte das Loeh mit Ausnahme eines kleinen Fensters — und das Teufelsschloss war fertig. Die Sannthaler Alpen. 25 ab nachOkrešel gehorte friiher wegen des hochst besclnverlichen und gefahrlichen Abstieges in den letzteren Ivessel zu den ver- rafensten Uebergangen. Docli bereits in diesem Jahre liaben intensive Wegverbesserungen diesem vvicbtigen Alpenpasse seine Gefahrlichkeit geraubt. Der zweite TVeg ist ein Fusssteig, cigentlicb ein schlechter Fahnveg, der nacli Leutscli fiihrt. Man gelit anfanglich nordlieb im Feistritzgraben 1 St., bis man die Einmiindung des Oernagrabens erreicbt. In Letzterem gelit man l 1 /a St. auf der nach Oberburg flihrenden Strasse, dann fiihrt ein Seiten\veg litiks aufvrarts in l'/ 2 St. zum Sattel Ilak. In 1 St. hinab erreicbt man die Kirche St. Anton, \vo man beim Messner allenfalls Unterkunft findet, und in weiteren 2 St. die Ortscbaft Leutsch. Der dritte Weg ist der bereits friiber ge- 6childerte Strassenzug iiber Oberburg in das Sannthal. Fuss- giinger kiirzen ab, wenn sie nacb '/a St. den Fusstveg links auf- warts (bei einemKreuze vorbei) einscblagen. Nach '/a St. aufsvarts vvendet man sicb links und erreicbt fortgesetzt auf der Hohe sicli baltend, zuletzt eine Mulde iiberquerend, in l'/ g St. die Strasse fast an dem hochsten Punkte; bis liieber einc ode Wan- derung. Nun binab (Windungen der Strasse abkiirzend), links bei drei scbonen Kircben vorbei, gelangt man in 2 St. nach Oberburg. Der im Anfange des Vorigen angefiihrte Weg in das Sannthal wird aucli bei der Tour auf den Grintovc, die Skuta, Planjava, Ojstrica eingeschlagen, vresshalb eine ausfubrlicbere Bescbreibung bier folgen soli. Nordlieb von Stein gelit man bei der k. k. Pulverfabrik vorbei am recbten Ufer *) bis zur Kirche von Oberstreine, bier iiber die Brucke an das linke Ufer in 1 St. nacb Z na m nje an der Miindung des Cernabaclies in die Feistritz. Hier endet der gute Fabrweg, die Strasse halt sicb noch 20 Min. knapp an der Feistritz, dann fiihrt sie aufVarts, abwarts iiber die ivestlichen Auslaufer der Mala- und Velika- Planina dureb dicbten Bucbemvald in 3 / t St. zur Putzpulver- fabrik, einer einfachen Holzliiitte, in welcher das bier gewon- nene Putzpulver zerstossen und dann verpackt \vird. In 10 Min. passirt man den Belabacb und in \veiteren 10 Min. auf\varts hort man aus dem Tannenwalde einen dumpfen Larm; bier ist eine der interessantesten Stellen der Feistritz. Auf einem sclnvacb kennbaren Fusssteige folgt man dem Tosen nacb, wenige Scliritte eben, dann etvvas bergab gelangt man zur Naturbriicke Pre¬ daš el. Die Feistritz fliesst bier (etvva 40 Meter? tief) ziviscben den Felsen eingeengt, die Breiteder Schluchtbetragt 2—4 Meter; die beidenUfer sind dureb eine Naturbriicke verbunden. Nabezu '/i St. oberhalb ist der sebone Ursprung der Feistritz, daselbst *) Der Hauptweg fiihrt am linken Ufer langs der Oberburger Bezirks- strasse in 1 St. nach Znamnje. 26 Prof. Dr. J. Frischauf. liegen die zwei Bauernhofe der Uršič 600 m , in deren erstem die Familienglieder desgastlichen Besitzers als die besten Fuhrer fiir die von hier aus zu vollfiihrenden Hochgebirgstouren gelten; in der Nahe ist auch das Smole’sclie Jagdhaus. Von bier fiihrt dcr vveitere Weg recbts allsogleich stcil ansteigend nbrdlich in den Bucbenvvald an einer Felsvvand vorbei, an vvelcher sicb der Steig ostlicli vvendet; zur Schafhiitte etwa 3 /« St. unter dem Sattel zvvischen der Planjava (recbts) und Brana (links). In 2% St. vom Uršič aus erreicbt man diese Iliitte. Der folgende Weg \vird spater ausfiibrlich mitgetbeilt vverden. Die beiden zuletzt bebandelten Ausgangspunkte Kanker und S tein konnen durcb eine sebr lohnende Fusstour ver- bunden \verden. Von der Mautb 530 m in der Niihe der Kirche Kanker gebt man liber die Brucke zu einem Kreuze und auf¬ vvarts (recbts) ‘/« St. bis zu einem Bauernliofe. Von hier vvandert man anfangs liings des Bacbes an der Lebne vveiter, nacli 5 Min. spaltet sicb der Weg, man gebt 5 Min. gerade dann recbts und kommt in vveiteren 5 Min. an den Grund einer Scblucbt (\voselbst eine Quelle entspringt). Der Steig ziebt nun recbts auf den Iliegel aufvvarts und man erreicbt in */ 2 St. die Hohe 900 m . Von bier gebt es steil abvrSrts in vvenig Minuten zum Bauernbofe Dovšek (Otavec)und dann gerade (nicbt recbts) steil durcb ein odes Terrain in 20 Min. zur Reka 660 m . Man iiberschreitet den Bacb und -vvendet sich an der Lebne (am bequemsten) langs des oberen Steiges aufvvarts zu einem Fels- kopfe, in 10 Min. kommt man zu einem Ueberstiegel und liber selbes zu einer freien Stelle 720 m , vvo man eine pracbtige Aus- sicbt auf Karavanken, Triglav und die Ebene gegen Krainburg geniesst. Auf der Hobe ftihrt der Weg durcb Felder, Wiesen und bei Obstbiiumen vorbei in ’/ 4 St. zur Kircbe von Si ttis- dorf und von bier recbts anfangs etwas steinig, dann durcbzwei Mulden (fortgesetzt recbts gehalten) in 1 St. nacbUlricbs- berg 666 m . Die Kircbe bietet iviecler eine pracbtige Aussicbt nach Siiden. Nun gebt man nocb kurze Zeit auf der Hobe siid- ostlich -sveiter, dann durcb einen Bucliencvald steil binab in l / 2 St. nach Uhajce, von dem letzten grbsseren Hause fiibrt ein Steig in 5 Min. binab an den Bacb und auf der anderen Seite aufvvarts zur Aufschrift „Verhove“. Links fiilirt der Weg an der Lebne vorbei durch Wald iiber einen niederen Riegel in 3 / 4 St. fast bis an die Kircbe von Theinitz uad von bier in V* St. nach S tein. Falls man den Weg umgekebrt macbt, thut man g ut, von Verhove bis Ulricbsberg einen Fuhrer zu nebmen, da ein Verirren bei der Menge sicb kreuzender Waldvvege leicbt moglicb ist*). *) Der Verfasser hat an zweifelhaften Stellen die Baume durch Ab- kratzen der Rinde bezeichnet. Leider diirften derartige Kennzeichen sieh keiner besondern Dauerhaftigkeit erfreuen. Die Sannthaler Alpen. 27 Etnografische Notizen. Der in dieser Monografie behandelte Gebirgsstock \vird durchgeliends von Slaven bewohnt. Deutsch sprecbende Leute findet man nur \venig und bei der Abgescblossenbeit der bober gelegenen Gehofte von jedem Verkehr sind die dialektischen Ver- schiedenheiten so bedeutend, dass man obne griindliche Kennt- niss des Slavisehen sich nur scbwer mit den Einbeimischen ver- standigen kann. Dem deutsclien Touristen fallt daber das Reisen in diesen Gegenden anfangs etwas schvver, erst wenn er die Gastfreundscbaft und Gutmiithigkeit ihrer Be\vohner kenncn gelernt bat, wird er sicb vollkommen bebaglicb fiihlen. In diese scbwer zuganglichen Bebausungen sind noeb keine nationalen Hetzer gedrungen; hier ist man noch nicbt zur Ansicbt gelangt, dass die Sprache einen Unterscbied der Menscben bedinge. Wer immer in den Bergen der Sanntlialer Alpen sicb herumgetrieben bat, vdrd die gefalligen Bcvcohner liebgevrinnen, denn sie geben sich Miibe, den Wunscb des Reisenden zu erkennen und nacli Moglichkeit zu erfiillen. Dazu kommt nocb, dass die dortigen Slaven Verstandniss fiir die Verbesserung ibrcr materiellen Lage besitzen, so dass selbst der jetzt nocb geringe Nutzen, -svelchen die Touristen ihnen ge wa.hr en, fiir sie ein Sporn zur weiteren Tbatigkeit ist. In dieser Beziehung unterscheidet sicb der Slovene bochst vortbeilhaft von dem deutschen Obersteirer. Denn mit Ausnahme derjenigen Orte, wo Katholiken und Protestanten in riihmlichster Toleranz neben einander hausen und wo gewisser- massen ein geistiger Wettkampf stattfindet, scbeint die deutscbe Race Steiermarks entscbieden in Degeneration begriffen; die Assentirungs-Commissionen vrerden dies bestatigen. Nur mit Miihe gelingt es daselbst, etwas fiir die Touristik zu tbun, und glaubt man einen Schritt vorwarts gethan und einigermassen den Touristenbesuch in’s Land gelockt zu haben, so wird jede weitere Entwicklung durcb die unverscbiimten Forderungen der Gast- \virtbe und Fiihrer -— velche Letztere fiir Spaziergange Taxcn ansetzen, velche jene der Grossglockner-Tour iibersteigen — unmoglicb gemacbt. Die Arbeiten des Sulzbacher-Comites des steirischen Gebirgsvereins und der alpinen Gesellscliaft „Sann- thaler“, die in z\vei Jabren durcbgefiibrt wurden, hatten in der deutschen Steiermark vielleicbt die zehnfacbe Zeit und die zehn- facben Kosten erfordert. Das Leben der Bewohner in den Sanntlialer Alpen ist ein Susserst einfacbes. Es -ware fast idyllisch zu nennen, ivenn ihnen nicht der Kampf um das Dasein so schwer fallen wiirde. Abge- scblossen von jedem Verkebre leben diese Bauern, von denen Suhadolnik, Plesnik, Planinšek und Uršič als Reprasentanten 28 Prof. Dr. J. Frischauf. dienen, vollkommen flir sich. Sic miissen sich den Handverker in das Haus kommen lassen, venn sic das betreffende Handwerk nicht selbst treiben. Meist sind sie ihre eigenen Scbmiede, Wag- ner, Tischler u. s. w. Nur an Sonntagcn kommen sie in der Regel zur Kirche und treiben im Gastbause eine Art Borse in PIolz- und Vieb-Gescbaften. Das venige nothige Getreide liefert ihnen in guten Jabren ihr karger Roden; Kraut und Haidensterz ist ihre gevobnlicke Nabrung, Fleiscb kommt nur einigemale im Jahre an liohen Festtagen auf den Tisch. Der Tourist bat sicb daher mit dem notbigen Proviant fiir die Tour bereits im Thale zu verselien, selbst das dortige Brod ist fiir einigermassen ver- vbhnte Gaumen kaum geniessbar, da das Korn b'aufig mit einer grbsseren Menge von Hafer gemiscbt vird. In seinem Gebiete ist der Gebirgsbauer vollkommen bewandert. Wahrend in den grosseren Ortscbaften der Thaler Deutsche und Slaven in der Unkenntnišs der Gebirgspartien vetteifern, kann jeder lioch- liegende Bauer als kundiger Fiibrer verwendet werden. Mit Holzscbuben obne Striimpfe, statt desRockes eine gestrickte Woll- jacke iibergehangt, die Axt im Giirtel, obne Stock, laufen diese Leute mit einer Sicberheit iiber die Felsvande, dass man sein Staunen nicht zuriickhalten kann. Dabei besitzen sie Sinn fiir die Schonheiten der Natur, und venn man einen Ifalter auf einer Bergspitze trifft und ihn fragt, vas er oben treibe, so bekommt man zur Antwort: »Hier ist es gar so schon, man siebt so weit“. Es lohnt sicb diese Leute etwas zu studiren, man vird iiber ihre Gemutlistiefe und Geniigsamkeit staunen. Nimmt man nocb ordi- naren Tabak (am besten den Stangen-Tabalc) mit, so kann man sie augenblicklich gewinnen und man vird alsogleicb alsFreund betracbtet und ist jeder Hilfeleistung sicber. Alle diese giinstigen Umstiinde lassen der Touristik in den Sannthaler Alpen eine gute Zukunft voraussagen. Audi der Uebelstand der Unkenntniss der deutschen Spracbe wird in der Folge schivinden. Die allgemeine Webrpflicbt erscheint liier als ein bedeutendes Cultur-Element und da fast die ganze mannliche Jugend als tauglicb befunden \vird, so kommt der Segen der Cultur ziemlich allen jungen Mannern zu statten. Als Soldat kommt der Jungling in die Fremde, verliert seine Vorurtbeile, lernt in der Regel Deutsch, Lesen und Scbreiben und Mancbes, vas er im Haushalte venvertlien kann, und kommt dann nach zwei bis drei Jahren als neuerMenscli zuriick. Man vergleiche nur den Andre Suhadolnik, den beliebten Grintovc-Fiihrer, und andere Bursclie, die nicht beim Militar gedient haben, und man wird den Unterscliied im Verkebre mit Fremden gleicli erkennen. Ein vesentlicbes Erforderniss fiir einen starkeren Besucb vare eine radicale Aenderung des Postvesens. Auf der Route Kiihnsdorf-Krainburg verkebrt blos eine einspannige Boten- Die Sannthaler Alpen. 29 post. Dock ist der Verkelir auf dieser Strecke viel lebkafter als auf mancker der von Eilpostwagen befakrenen. Miklauzliof, Kap- pel, Bad Vellack, Ober-Seeland und Kanker sind lauter Punkte, welche einen ausserordentlich starken Verkelir haben, und \vie stiefmiitterlicb sind sie dafiir bedacbt? Ueber die Wurzen und den Loibl gingen bis vor Kurzem Eilvvagen, um Punkte, die fast oline Verkekr sind, zu verbinden.Bei dem gegenwartigen Aufsclnvunge desPostvesens dtirfte aucli diesesHemmniss bald beseitigt \verden; der Verfasser glaubt, dass die Einricbtung der vielen Postiimter in den abgelegensten Punkten, deren segensreicbes Wirken er auf seinen letzteren Touren genug bemmdern konnte, Ursacbe sein muss, dass man der Reform der bestehenden Posten nicbt die nSthige Aufmerksamkeit zvnvenden konnte, und dass es nur ge- ringer Anregung von Seite der Einheimiscben bediirfe, auf dass auch diesen Wiinscben entsprochen werde. Im Falle der Ein¬ ricbtung der Eilpost konnte die Strecke Kiihnsdorf-Krainburg leiclit in einem Tage zuriickgelegt \verden, dann erst \varen die Einfallspforten in die Sannthaler Alpen der grossen Menge er- offnet. Solite die Einrichtung dieser Eilpost auf Sckwierigkeiten stossen, so moge doch mindestens liber den st eilen Sec berg ein zweispannigerPostwagen verkekren. Diese steilste aller Alpen- strassen mit einem Pferde zu befahren, ist cin Aet der Tkier- quiilerei; nicht sel ten konnte man beobacbten, wie fremde des steilen Weges niclit vertraute Pferde nickt einmal einen leeren Wagen auf die Hohe brachten. Unter solcken Emstanden ist die Post tiber den Seeberg fiir Touristen, die sicli nickt der Tkier- qualerei sckuldig maclien wollen, ganz unbeniitzbar. Aus diesen Notizen wird man erseken, in welcken primi¬ tiven Zustanden sick hier nock Vieles befindet, dass aber auck alle Bedingungen des Fortsckrittes vorkanden sind, und dass die dem Gedeiken der Touristik in den an grossartigen Sckonheiten so reichen Sanntkaler Alpen entgegenstekenden Hindernisse mit Leichtigkeit aus dem Wege geraumt werden kiinnen. Touristischer Theil. Orientirungs-Punkte. Vorbemerkung. Als Vorbereitung fur das Studium der Sannthaler Alpen, sowie aucli zur iibersichtlichen Zusammenfassung der Resultate dieses Studiums ist die Besteigung der nordlich und siidlich vom Ilauptzuge gelegenen Hohenpunkte sehr zu empfehlen. Es wird daber die nabere Angabe der Touren auf die wichtigsten Orien- tirungspunkte mancbem Touristen \villkommen sein. I. Seelander-Storžic. Die idvllisch gelegene Ortscbaft Ober-Seeland ist nicbt nur der Ausgang fiir die meisten Hocbtouren im vestlichen Tlieile des Centralstockes, sondern aucb fur die nordlich gelegenen Uebersichtspunkte, von denen der Seelander-Storžic 1753'" wegen der leichten Erreiclibarkeit besonders empfoblen zu verden verdient. Man unternimmt diese Tour am besten an einem heiteren Nachmittage, da die Beleuclitung des Zuges in den spateren Nachmittags-Stunden die gtinstigste ist. In einer kleinen */ 2 St. erreicht man vom Kazino aus den in der Nahe der obern Kirche (St. Andre) gelegenen grossen Bauernhof Anko. Hinter demselben geht man langs der AVasserleitung bis zum gemauerten Quellenhause und folgt nun links dem breiten Falir- wege, der sicb bald reclits aufvvarts \vendet; in 3 / 4 St. gelangt man auf schonem AA T ald^Yege zur Alpe Anko. Wenig Scliritte oberbalb kommt man auf die vom Seeberg nach Trogernfubrende Strasse, iiberschreitet diese und wendet sich rechts aufvvarts zum Fabrwege langs der Lehne der Pristonik-Alpe, \velche die ostliebe Einrandung des Trogern-Thalkessels bildet. In '/ 2 St. erreicht man fast eben wandelnd den Fuss des Berges bei einer Schlucht. Rechts vom Bachrande fiihren Steigspuren auf\varts zur letzten Kuppe, deren Gipfel man liber einige kleine Fels- bander, Schwarzbeerengebiisch und Krummholz in einer \veite- ren I / a St. erreicht Kur das Aufsuchen des Steiges auf die Prof. Dr. J. Frischauf. Die Sannthaler Alpen. 31 letzte Kuppe erfordert etvas Sorgfalt, sonst ist der Weg leicht zu finden und ohne alle Beschverde. Auf dem Gipfel, der einen langen ven Nord nacli Siid laufenden Grat bildet, beflndet sich eine Stange, man geniesst von hier nicbt nur einen pracbtvollen Ueberblick iiber die Sannthaler Alpen, sondern auch. eine hochst lohnende Fernsicht. Die ganze Kette der Sannthaler von der Kanker-Kočna bis zur Vesa (Ojstrica) von Spitze zu Spitze, die Karavanken, besonders der Zug der Košuta verden von hier aus instructiv iibersehen. Lohnend ist auch die Aussicht in das Drau- thal, auf den Gosseldorfer See und die umliegenden Ortschaften (Eberndorf). Um nicht auf demselben Wege zurlickzukehren, kann man den Abstieg nach Vellach vahlen. Man steigt zuriick liber die letzte Kuppe zu dem grossen Rasenplatz und vendet sich nun rechts in die Schlucht (an der Nordostvand), \vo man gleieh (nach 10 Min.) eine Quelle trifft. Nun geht man links vom Bache steil hinab in den nassen Alpenboden, und vendet sich links in den Wald, vo man bald einen Fahrweg erreicht, der in massigem Falle in 3 / 4 St. (seit dem Aufbruche) zum Bauern- hofe Pastirk fiihrt. Ein steiler Gangsteig bringt uns rasch in 20 Min. hinab zum Gasthause des Skala und in veiteren 6 Min. in das Bad Vellach. VVollte man umgekehrt mit dem Wege von Vellach nach Ober-Seeland die Besteigung des Storžič verbinden, so vendet man sich bei der ersten Brucke gleieh unterhalb des Gasthauses Skala iiber den Bach und gelangt liber Feldvege aufvvarts in 3 / 4 St. zum Bauer Pastirk. Nun gelit man links in den Wald bis in eine Schlucht knapp am Bergabliang, hier verlasst man den breiten Fahrveg, der in den Holzschlag fiihrt, und steigt auf manchmal kaum kennbaren Steigen aufvarts zur letz- ten Kuppe und von hier auf den Gipfel. II. Košuta Verh. Wer eine reizende Alpen\vanderung mit einem instructi- ven Anblick der Nordseite der Sannthaler Alpen und einer vei- ten Fernsicht vereinigen vili, der besuche von Ober-Seeland aus die hochste Kuppe des langgestreckten Zuges der Košuta 2092 m , des ostlichsten Theiles der Ivai - avanken. Ich unter- nahm diese Tour am 29. Juli 1876 *) bei giinstigstem VVettfcr zur Erholung nach den Wegbestimmungen am Steiner-Sattel und Grintovc. Der Postmeister von Ober-Seeland versprach mir am Vorabende, mich ein Stiick zu begleiten und bei der Auf- findung eines Flihrers behilflich zu sein. Am friihen Morgen brachen v/ir auf, erreichten vom Posthause in 5 Min. den *) Mein dritter Besucli der Košuta. 32 Prof. Dr. J. Friscliauf. Bauernhof Roblek. Wir folgten nun dem liinter dem Gehofte auf dem den Kessel von Trogern gegen Siiden abgrenzenden Bergrande fiihrenden TV eg, erreicbten in 3 / 4 St. den Muldenrand 1300 m , gingen nun eben 5 Min. vveiter und dann vvenig Scbritte binab zur Alpe Roblek. Hier bekam ich durch die Vermittlung meines Begleiters den Halter als Fiihrer, in dessen Gesellschaft icb nacli et\va 1 / 2 St. Rast von der Hiitte aufbraeli. Von der Roblek-Alpe geht man vvestlich 5 Min., dann spaltet sich der TVeg, vvir vvandten uns links an den Bacil und liber denselben zur Kdblerei; von hier fiihrt ein breiter TVeg durch TVald nordlich vom Virnek-Grintovc an der Lebne durch '/2 St., dann geht der Fahrvveg in einen Steig tiber, der no”dwestlich fast immer durch TVald in 3 / t St. zur Kante des Riickens fiihrt. Nun geht es rechts auf die Schneide aufvvarts, dann zu- letzt binab in die Tlulde der Scbenkalpe 1588 m , vvelche man in vveiteren 3 / t St. meistens im TValde vvandelnd er- reicht. Man betindet sich hier fast am Fusse unseres Berges, der vvie ein Blick auf die Karte lehrt, einen in siidostlicher Rich- tung abzvveigenden Riicken zum Virnek-Grintovc und von hier ostlicb zum Seelander-Storžic sendet, vvelcher Zug die siidlicbe Einfassung von Trogern bildet. Der eben angcdeutete TVeg bil- det den kiirzesten und bequemsten Zugang zur Košuta. Hat man einmal die Roblek-Alpe erreicht, so acbte man nur immer auf der Schneide dieses Zuges zu bleiben; den Virnek-Grintovc umgeht man, bei der ervvahnten Kante (1 1 / i St. von der Roblek-Alpe) lnite man sich links in die Mulde abzusteigen, sondern folge nur der Schneide aufvrarts. Der Abstieg zur Schenk-Alpe ist allerdings mit dem Verluste einer Hobe von 100 Meter verbunden, aber nicbt zu vermeiden. In der Schenk-Alpe, die in einer reizenden mit berrlichen Baumgruppen geschmiickten Mulde gelegen ist, hielten vvir in der grossen bequemen Alpen-Hiitte (die also auch alsNacbt-Station anzurathen ist) eine kleine Rast, versahen uns mit einer Flasclie voli TVasser und bracben dann zur Hobe auf. Die Alpen-Hutte liegt ostlicb vom Zuge, vvir macbten eine TVendung vvestlich aufvvarts und erreicbten auf einem mit Eisenerzen bedeckten Steige in */ 4 St. den siidlichen Abhang der lang gestreckten fast bis auf die Hobe griinen Košuta. Ein pracbtvolles Alpen- tbal, gruner Boden, der sich von den dunklen TValdern abhebt, erstreckt sich iiber ein vveites Gebiet., Icb frug meinen Fiihrer, der oft bis zur Schenk-Alpe gekommen vvar, aber noch nie den bocbsten Gipfel erstiegen hatte, um den weiteren TVeg. Er glaubte iiber die Schneide und den zackigen Grat den Gipfel erreichen zu konnen. Ich erklarte ibm, scbief aufvvarts auf der letzten Hobe dem Gipfel directe zuzusteuern, und auf diese Art mit Dmgehung der Felsvvande den bocbsten Punkt zu erreichen. Die Sarmthaler Alpen. 33 Midi be\vog zu diesem Wege nocli die Ervvartung, dass mog- lidierweise ein Steiglein zu den Rasenflecken auf der Hohe fiih- ren vrerde, und fiinvahr: ich liatte mich niclit getauscht. Denn kaum hatten vvir einige Scbritte liber den Alpenboden gemacht, als \vir einen gut sicbtbaren Steig antrafen, der uns auch in den Krummholzstellen niclit verliess und fortgesetzt aufwarts fiilirte. Wir kamen zum ersten Felsriss, welchen der Steig durchquerte; es ist dies die einzige Stelle, vvelche einem weniger geiibten und etvvas sch\vindelbeliafteten Touristen bedenklich vorkommen kann. Bald passirten wir zvvei bedeutend schmalere Risse und in 1 St. vvaren wir an der letzten Kuppe angelangt. Yon hier ging es liber steilen Rasen, aber fortgesetzt langs schwacber Steig- spuren in */ 2 St. aufdenGipfel 2092 m , der gegenvvartig eine Pyra- mide tragt. Etwa. '/ 4 St. unterhalb bat man den prachtvollen An- blick in die nacliZell abwarts fiihrende Eelsenspalte. Die Aussicbt ist eine bocbst lolmende. Man iibersielit das Drgebirge von der Koralpe bis einschliesslich des ostliclien Tkeilesder Hoben Tauern, die slidliclien Kalkalpen, liat aucb sclibne Tbalansicbten, beson- ders in das Drauthal (Villacb), nacb Krain (gegen Lak und Lai- bacb) — aber am interessantesten ist derBlick auf die Sannthaler Alpen, liber welche weit nach Osten liinaus das Auge scbweift. Tor allem ist es deren ivestliclier Tbeil, dessen Scbluchten und Mulden man vollstiindig iibersehen kann. Nacb etwa ziveistlindigem Aufentbalte bei der hoclist an- genebmen Temperatur Ton 18° C. im Scbatten verliess icb den interessanten Gipfel. Auf demselben Wege kamen wir zur Scbenk-Alpe, wo \vir wieder eine kurze Rast bielten und dann zur Roblek-Alpe zuriick, wo icb meinen Elibrer, der mit einer Ent- lobnung von 1 fl. sehr zufrieden v\ r ar, entliess. Langsam stieg icb binab, macbte einen Umweg zum Anko und \var um 5'/ a Ubr im Kazino. Ein beftiger Sturm liatte sich vvabrend der Strassen- vvanderung vom Anko bis zum Kazino erhoben; es \var der Vor- bote eines Gevvitters, das bald mit Macbt bereinbracb. Icb war nun frob, dass icb meinem urspriinglichen Vorsatze: bei der Scbenk-Alpe bis gegen Abend zu verweilen, nicbt Folge geleistet hatte. III. Storžič. Als Verbindungsglied des Zuges der Karavanken und des centralen Tbeiles der Sanntlialer Alpen erscbeint der von letzte- rer Gruppe durch das Kankerthal abgegrenzte Storžič. Der- sclbe ist unstreitig der beste Orientirungspunkt iiber die West- seite der Sanntbaler Alpen. Ich entschloss micb um so lieber zur Mittbeilung der Scliilderung einer Besteigung dieser schonen Kalkspitze, da die Besorgniss, dieser Berg konnte bei seiner neu- tralen Lage zwischen der Triglav-Gruppe und den Centralzligen 3 34 Prof. Dr. J. Frischauf. cler Karavanken und der Sannthaler Alpen ganz leer ausgehen, in Anbetraclit der gegenwartigen Unsicherheit aller gcografisclien Grenzbestimmungen niclit unbegriindet ist. Nach meiner Erstiirmung der Kanker-Kočna am 5. Septem¬ ber 1876 war ich in der „gastlichsten“ Geiverkscliaft des Herrn Gilbert Fuchs wie immer auf das freundlichste aufgenommen \vorden. Herr G. Fuchs forderte micli Abends auf, am naclisten Morgen eine kleine Tour zu unternekmen; der Tag des 6. Sept. brach aber mit solcher Reinheit an, dass wir an die Stelle des projectirten Spazierganges auf die Zaplata die Ersteigung des Storžič auf das Programm setzten. Im Fuchs’schen Hause ist es Sitte, die Touren auf das angenebmste zu arrangiren. Am friihen Morgen fuhren wir im bequemen Jagdwagen nbrdlich langs der Kanker aufwarts bis zum Eingange des Podstoržič-Grabens, ivo- selbst sich das Gasthaus des Schenkwirthes (vulgo Kanonier) be- findet. Ein niederer aber steiler Riegel am Eingange des Gra- bens wird leicht \iberwunden, und nun geht es becpiem auf der guten Strasse in den dicht bewaldeten Graben bis zu einem freien Platze ,jTullerhuben“, wo man von dem Stallgebaude einen schonen Anblick auf Kočna, Storžič u. s. w. geniesst. Riesige Vorrathe von Brettern sind aufgeschiclitet, im ganzen Thale herrscht reges Leben, die Sagen zerschneiden die pracht- vollen Stamme der herrlichen und vvohl cultivirten Walder, die hier in weiter Ausdehnung Eigenthum der Gewerkschaft sind. Wir fuhren nun nocli eine Strecke im Thale vveiter, passirten einige interessante Briicken, welche Tlieile der Strasse bilden, hatten rechts schone Wasserfalle, bis wir zu einer Stelle kamen, wo der Hauptweg etvvas steil zu steigen begann. Hier verliessen ^•ir den Wagen, die Proviantvorrathe wurden dem uns beglei- tenden Jager aufgepackt, und frohlich und leicht traten wir den Marsch an. Man kann nun entiveder dem mehr im Thale ziehen- den Hauptwege folgen, oder rechts den Seitenweg durch den Wald einschlagen. Wir thaten Letzteres, nach */ 2 St. passir¬ ten wir die Stelle gegeniiber dem Jagdliause, nach einer vvei- teren i /' i St. kamen wir zur letzten Kohlerei, wo sich eine lierrliche Quelle befindet. Nun folgt eine kurze abgeliolzte Stelle, deren Passage, wie wohl ein guter Steig hindurchfiihrt, mit einiger M tihe verbunden ist; denn eine solche Menge riesiger Erdbeercn findet man kaum an einem zweiten Orte wie hier. Endlich war aucli diese Strecke uber\vunden ? der Steig fuhrt nun et\vas steil durch den Wald (meist Nadelholz) aufwarts in 1 / 2 St. zu einem kleinen ebenen Platzehen, hierauf passirt man ein Buchenvvaldchen und kommt schliesslicli durch eine mit Rhododendron und Krummholz besetzte Mulde in s / 4 St. an den Baschel-Sattel 1575 m , wo man bereits eine lohnende Aussicht nach der Ebene bei Laibach geniesst. Der Sattel \vird Die Sanuthaler Alpen. 35 von Arbeitern der Siidseite vielfach begangen; etwas unterbalb befindet sicb eine starke Quelle, die \vir beim Abstiege besucb- ten. Ani Sattel hatten ivir rechts d. i. ivestlicb den Gipfel vor uns. Nordlicli fallt der Storžič — entsprechend dem Charakter der Karavanken — in steilen Wanden ab, die Siidseite biidet eine mit Felsrippen durchsetzte Rasenflaclie, die sicli steil bis auf den Gipfel zieht. Am Sattel legten wir die Steigeisen an, tbeils der Bequemlichkeit, tbeils der Sicherbeit halber, indem auf diesen Grasflachen ein Ausgleiten leiclit moglich ist, dann aber ein Halt nur schwer gefunden \verden konnte und man iiber die steilen Absatze unzweifelhaft in die Tiefe befordert iviirde. Die ersten Scbritte aufwarts bielten ivir uns etwas unter¬ balb der Scbneide auf der Nordseite, vvo \vir einer Steigspur folgten, ivir umgingen dadurcb die felsigen Steilen; dann bielten wir uns mebr auf der Scbneide, spater an den rasigen Steilen der Siidseite, dann kamen wir zur letzten Kuppe, wo vvir iiber eine kleine Gerbllbalde den hocbsten Gipfel 2069 m erreicliten. Wir liatten einscliliesslicb einer kleinen Rast und des Beob- acbtens eines Rudels Gemsen, die Herr Fuchs durch einen Scbuss zuriick in die Wande trieb, gerade l 1 /, St. benbthigt. In einer starken Stunde kan n ein riistiger Gelier vom Sattel aus den Gipfel erreichen. Wir batten eine prachtvolle Aussicbt. Nach Nord, West und Siid ist die Fernsicbt dieselbe, ivie vom Grintovc; nacli Westen gevviss lobnender, weil keine hoheren Berge vorstelien. Nacli Ost ist die Aussicht durcb den Zug der Sanntbaler Alpen vollkommen gedeckt, und da der Verlauf des letztereninderRiclitungvonWest nacli Ost ist, in deren Verliin- gerung gerade unser Aussicbtspunkt liegt, so bat man nur den Anblick der Westseite der Kanker-Kočna. Eine Zukunft als Touristenberg diirfte der Storžič niclit baben. Der ungleicb I 0 I 1 - nendere, lioliere und dabei bequemer zu erreicbende Grintovc ist das Hinderniss. Letzterer ist durcb das reizende Subadolnik- Tlial aucb dem ungeiibtesten' Touristen zuganglich, der Gang vom Sattel auf dem Storžic-Gipfel erfordert einen geiibten erfab- renen Kletterer. Nacli langeremAufenthalte kebrten iv ir zum Sattel zuriick, stiegen auf der Siidseite in 5 Min. zu der knapp am Steige befindlicben starken Quelle von 5° O. ab, ivo wir uns labten und kebrten dann in 8 Min. aufvvarts zum Sattel zuriick. Durcb den ervvahnten Buclienhain kamen \vir bald ivieder zum Erdbeeren- platz und bier zu unserem Wagen, und in friiber Abendstunde ivaren wir bereits zu Ilause. Vor dem Scblafen las icli die Lai- baclier Zeitung und erschrack iiber die Menge der angekiindig- ten executiven Realitaten-Versteigerungen. Man sebe die dorti- gen armen Keuschler an, ivie sclnver sie um das tagliche Brod ringen miissen; man vvird dann begreifen, dass Gott die Welt 36 Prof. Dr. J. Frischauf. auch aus Ničlits erschaffen konnte. Mir vertrieb diese Lectiire fast alle angenehmen Erinnerungen an die schone Tour. IV. Uranšica, Gross-Gallenberg und Laibacher Scblossberg. Siidlich vom Hauptstocke zvvischen Krainburg und Lai- bacb breitet sicli eine nur von \venigen isolirten Hohen unter- brocbene Ebene aus. Von diesen Hohen hat man einen instruc- tiven Einblick in die Siidseite der Sanntlialer Alpen, vvesshalb eine kurze Mittheilung liber die drei bervorragendsten und lobnendsten Punkte in dieser Schrift aufgenommen vverden soli. Das Waldgebirge siidlicli von den Auslaufern des Greben, die Uranšica 703 m lasst sich am bequemsten von Manns- burg (Brauhaus Starb) bei Stein, bis vvohin der Postivagen be- niitzt vverden kann, ersteigen. Von der Kircbe aus kommt man in 5 Min. zu einem TVassertiimpel, bier vvendet man sicli links, gelangt in 5 Min. zu einem grossen Steinkreuz; bier gebt man vvieder links und kommt anfangs auf breiter Strasse dann iiber V iesen langs eines bequemen Fusssteiges (recbts von der Kirche Habach vorbei) in ’/ a St. in einen Wiesenboden an den Fuss; durch Waldung aufvvarts erreicht man in 3 / 4 St. die letzten Hauser der zerstreuten Ortschaft Dobeno. Von den freien Stellen etvras oberlialb geniesst man eine berrlicbe Aus- sicbt nacb Nord und Ost; in '/4 St. auf der Hohe berum erreicht man einen Punkt gerade iiber der Ortschaft Uranšica, der die Aussicht von Siidost bis iiber Westen liinaus gestattet. Der bochste Gipfel ist bewaldet. Von dem erivabnten siidlicben Punkte kommt man in '/ 4 St. hinab nacli Uranšica und von bier in 1 St. nach Cernuč an der Save; in einer vveiteren Stunde erreicht man Laibacb. Die lobnendste Aussicht auf die Siidseite bietet der Gross-Gallenberg 657 m . Von der Station Višmarje der Kron- prinz Rudolf-Bahn gebt man nor Jlich iiber die Save in 3 / 4 St. zur Ortschaft Tacen am Fusse des Berges. Von bier fiihrt ein guter Weg durch Wald in 3 / 4 St. auf die Hohe, vvelcbe eine kVallfabrtskirche (daneben ein einfaches Gasthaus) tragt. Diese freie isolirte Bergspitze gestattet die Aussicht nach allen Rick- tungen und lohnt hinreichend die geringe Zeit, -vvelclie ilir Besucb erfordert. Als dritter Punkt moge der Laibacher Scblossberg 364 m envahnt iverden. Kein Besucher von Laibacb, der sich auch nur eine Stunde daselbst aufbiilt, solite es versaumen, diesen berrlichen Aussicbtspunkt zu besichtigen. Die Siidseite der siid- lichen Kalkalpenkette, besonders die der Sanntbaler Alpen bildet den Glanzpunkt der Aussicht dieser Kuppe, welclie man vom Fusse aus sehr leicbt in 10 Min. erreicht. Der ganze Zug mit Die Sannthaler Alpen. 37 den Spitzen: Kanker-Kočna, Grintovc (diesem vorgelagert der Greben), Skuta, Mitterspitze, Kotla, Brana, Planjava (zvischen bei- den letzteren der Steiner-Sattel), Ojstrica kann iiberblickt werden. V. Menina. Den instructivsten Uebersicbtspunkt der Siid- und Siidost- seite des Sannthaler Alpenstockes bildet der hochste Gipfel G uri Verli des weiten sildlicli von Oberburg sich erhebenden Alpenplateaus „Menina-Planina“. Die Besteigung dieses Aussicbtspunktes ist hochst bequem, die Wanderung iiber das Plateau selbst eine sehr lohnende, gemiithliche Alpentour. Bei ziemlich ungiinstig scheinender Witterung var ich arn 15. September 1876 in Oberburg 382 m angekommen, v o ich im Gastliause vulgo Josclik einkehrte. Gleicli nach meiner An- kunft suchte ich den Steuereinnehmer Herrn Ziegler, einen kundigen und eifrigen Bergsteiger auf, und bat ihn, mich bei meiner am nachsten Tage beabsichtigten Tour zu begleiten, vas er mir auch bereitvillig zusagte. Abends besserte sich das Wetter, in der Nacbt regnete es vieder gevaltig, der Morgen des 16. Sept. scliien zveifelhaft; lange iiberlegten vir, ob vir die Partie unternehmen solltcn oder niclit. Zuletzt kamen vir iiberein, dennoch aufzubrechen und mindestens zur 3 / 4 St. entfernten Wallfahrtskirche St. Florian zu gehen und im Falle ungiinstiger Witterung dann vieder umzukehren. Auf diese Art kam es, dass vir erst um 7 3 / 4 Uhr uns auf den Weg machten, der uns zuerst ostlich an das Ende des Marktes zu einem Kreuze, velcbes knapp am Fusse des Gebirgsstockes den Weg nach St. Florian markirt, fiihrte. Der bequemste Weg fiilirt namlich bei der ervahnten Kirche vorbei zu den Scliaf- liiitten und von liier auf den nalien Gipfel. Diesen vollten vir einscblagen. Vom Kreuze gingen vir 5 Min. aufvarts, dann machten vir eine Wendung nach links, iiberschritten den Bach, und stiegendurch dichten Wald (meist Nadelholz) den steinigen Weg in */, St. aufvarts zur Kirche St. Florian 712 m , die bereits eine ganz hiibsche Aussiclit auf die Umgebung gevahrt. Vom Gasthause aus benothigten vir gerade 3 / 4 St. Vom Ende des steinigen Steigveges, der auf das ebene Platzchen der Kirche fiihrt, vanderten vir vieder etwas nach links aufvarts, erreichten bald auf bequemen Gangsteige einen Bauernhof, gingen von hier iiber einen Riegel zu einem Stadel, liinter velchem vir durch eine Thiire den Alpenveg erreichten; durcli einen dichten Mischlingsvald mit herrlichen Baumstam- men kamen vir in 3 / t St. (von der Kirche an gerechnet) zu einem kleinen ebenen Boden, vo vir eine kurze Rast hielten. Hier trennen sich die Wege. Rechts fiihrt der Weg in V 2 St. zur Halterhiitte, mit einer herrlichen Quelle und von 38 Prof. Dr. J. Frischauf. da in etva 20 Min. zu den Schafhiitten. Wir stiegen aber direct steil in "VVindungen aufvarts, passirten zwei kleinere Muldcn und erreichten in 3 / 4 St. die etvas oberlialb des Waldendes ineinerMulde der Nordseite desGebirgsstockes gelegenen Schaf- liiitten 1400 m ; recbts fast unmittelbar vor der ersten Pllitte be- iindet sich eine Cisterne, die an beissen Tagen einen villkom- menen Labetrunk spendet, von dem vir aber bei der eben lierr- schenden Temperatur von 10°C.keinen Gebraueb macbten. Von der letzten Scbafhtitte geht es liber Alpenboden in '/ 4 St. aufwarts zur freistehenden Kuppe G uri Verh 1507 m , auf der sich Reste eines Triangulirungszeicbens befinden. Dieser Punkt —- in 2'/j, bis 3 St. von Oberburg leicbt erreicbbar — ist als glin- stiger Aussiclitspunkt jedem Touristen anzurathen. Mustern vir die nlichste Umgebung, so finden vir auf dem Plateau der Menina eine grosse Anzahl von Mulden, Kesseln und Kuppen, vie wir dies in den Karstgegenden so haufig antreffen; dazu kommen die zahlreichen Baumgruppen, velche kaum die Plohe ahnen lassen, und uns im Gedanken mehr in die Niederungen versetzen. Der ganze Zug der Sannthaler Alpen vvird in den einzelnen Spitzen unterscbieden, besonders ist der Bliek auf die Ojstrica-Gruppe hochst instructiv. Aber auch Skuta, Grintovc, Kočna zeigen ihre stolzen Hilupter dem Bescbauer. Von den Bergen des linken Sann-Ufers treten besonders Ovčeva, Raduha und der Thorberg in den Vordergrund. Nicht minder fesseln die zahlreichen Kirchen in den Niederungen und auf den Piligeln des Sannthales das Auge. Westlich erblicken wir die mit Schnee bedeckten Spitzen des Triglav, die Ebene gegen Krain- burg und die sie abgrenzenden niederen Berge von Lak. Pečen, Uršula und Bacher begrenzen die Aussicht nach Nordost. Siid\vestlicli von der hochsten Kuppe befindet sich ein Eisloch, das \vir in Ermanglung eines kundigen Fiihrers nicht aufsuchen konnten. Wie man mir mittheilte, nimmt die Eisbil- dung im Juni ihrenAnfang und vlihrtdann bis zum Spatherbste; im Winter ist das Loch ganz eisfrei. Wir stiegen nach et\va zweistiindigem Aufenthalte zu einer siidlicben Kuppe, von der vir jedoch keine besondere Aussicht genossen. Nun kehrten vir vieder fast bis zu unserem friiheren Aussichtspunkte zuriick, um die VVanderung liber das Plateau bis zum ostlichen Gipfel Schaunze fortzusetzen. Wir gingen nun fortgesetzt ostlich meist an den Randern der siidlichen Mulden bei herrlichen Baum- formen, vo meist fast unmittelbar von der Wurzel die Veraste- lung in mehrere Stamme stattfindet, voriiber, bald aufvarts, bald eben, zuletzt langs eines Steiges am Nordrande des Gebirges. In D/ 4 St. hatten vir den Fuss des letzten mit Rasen bedeckten Kogels erreicht, in venig Olinuten standen vir auf der Hohe, vo durch eine geringe Vertiefung getrennt, zvei veitere Kuppen Die Sannthaler Alpen. 39 auf eine giinstigere Aussicht nach Siiden und Osten vviesen. In einer vveiteren Viertelstunde hatten vvir die siidostliche Kuppe erreicht. Eine vveite Aussicht bietet sich hier gegen Laibach in das Savethal auf die Berge des linken Save-Ufers, gegen Kroa- tien und das Sannthal dar. Der schone Markt Franz liegt fast zu unseren Fiissen. Fiir das Sannthal ist die nordliche nur vvenige Minuten entfernte Kuppe der gunstigste Ueberblickspunkt. Die ganze Ebene des Tbales, die einzelnen Gebaude von Cilli sind wie auf einer Karte ausgebreitet. Fiir den Abstieg vvollten wir den auf der Karte mit dem Namen „Wotschki-Graben“ bezeicb- netenWeg wiihlen, leider ist hier die Zeichnung der Karte etvvas unrichtig. Wir stiegen in */ 4 St. vvestlich zum Fuss der letzten Kuppe zuriick, und stiegen nordlich in die Sehlucht abvvarts, in der Meinung, den Anfang des ervvahnten Grabens erreicht zu haben. Fiir diesen hatten vvir noch et\va */ 4 St. vveiter vvestlich gehen und dann langs eines schlechten Steiges abvvarts klettern sollen. Uebrigens war der von uns eingeschlagene Weg von keiner besonderen Beschwerde. Wir stiegen steil durch Buchen- und Tannenvvald in 1 / 2 St. hinab an den Bach, dann reTchts vom Wasser ’/* St., vvorauf wir uns links vvandten und bei Feldern vorhei in 10 Min. den ersten Bauernhof erreichten. Ein steiler Gangsteig fiihrte uns in 10 Min. zu einem zweiten Bauer, von hier links in 5 Min. zu einem dritten Gehofte, und nun ging es liber Felder und bei Obstbaumen voriiber in 5 Min. zum Walde und durch selben in vveiteren 5 Min. hinab in das Thal, fast un- mittelbar zu einer Miihle. Einschliesslich einer etwa 10 Min. dauernden Rast hatten wir vom Fusse der ervvahnten Kuppe l'/ 2 St. benothigt. Eben ging es nun vvestlich in ‘/a St. nach Voena. Waren \vir durch den eigentlichen Graben gegangen, so hatten wir uns das letzte ebene Stiick Weges erspart und vviiren auch auf bequemerem Wege in das Thal gelangt. In Vočna kehrten vvir bei einem Bauer, der nach der Versicherung meines freundlichen Begleiters einen vorzuglichen Wein schenkte, ein. Wir trafen daselbst den Ortsgeistlichen, einen alten,iiberaus lebhaften und vvitzigen Mann, der als ehema- liger Dechant von Laufen sich diesen Ort als Pension erbeten hatte. Der Wirth zeigte mir eine grosseZahlvonEisen-Bohnen- erzen, \velche er im Vočna-Bache gefunden hatte. Nach einer Stunde Rast nahmen vvir die Richtung nach Oberburg. Der Weg fiihrt vvestlich an der Berglehne in */ 4 St. nach Krop, wo eine starke Quelle unmittelbar aus dem Fusse der Felsvvand entspringt, heim Ursprung ist selbe bereits fast 2 Meter hreit und 1 Meter tief, eine zvveite, etvvas schvvachere ist in unmittelbarer Nahe. Nun folgt noch eine Reihe von kleineren Quellen, die mit den daselbst befindlichen Miihlen ein recht hubsches Bild, das allein den Spaziergang von Oberburg lohnt, 40 Prof. Dr. J. Frischauf. gevvahren. Nacli mehrmaliger Ueberschreitung des Driethbaches kamen wir in 3 / 4 St. nacli Oberburg zuriick. Den Abend ver- braclite icb in angenekmer Gesellschaft der Beamten und iibrigen Orts-Honoratioren; am niichsten Morgen besuchte ich die inter- essante Schlosskirche und ging dann nach Laufen. Raduha. Das Studium der Sanntbaler Alpen begann ich im Jahre 1875 mit der Tour auf die Raduha 2051“', \velche bekanntlich den hochsten Punkt des Gebirgsstockes am linken Sann-Ufer bildet. Der projectirte Bau einer Schutzhiitte neben der kleinen Korošica-Hiitte fiir die Touren in der Ojstrica-Gruppe hatte mich sobald es meine iibrigen Geschafte erlaubten, nach Leutsch gefiihrt, wo ich am Sonntag den 8. August (einem der dort iib- iichen grossten Festtage des Jahres) ankam. Ausserdem vvollte ich von hier aus den bekannten Fiihrer Matioz, der mich im vorigen Jahre auf mehreren Touren begleitet hatte, fiir eine langere Zeit engagiren, um an ihm sowohl einen Dolmetsch als auch eine Art Ivammerdiener zu besitzen. Vom HerrnPfarrer Franz Ermenz vurde ich auf das freundlichste aufgenommen, man gab mir die Versicherung: heute kijnnte die ganze Idiitten-Angelegen- heit bei der Tafel, die den Honoratioren des Ortes gegeben verde, leicht geordnet werden. Der Fiihrer Matioz var aber gerade bei Planinšek mit Ziegelarbeit beschaftigt und konnte insoferne nicht aufgenommen vverden, als seine Desertion von einem fiir die Touristen so freundlich gesinnten Manne vie Planinšek nicht gestattet \verden durfte, was Matioz mit Riicksicht auf die Erfrischungen, die nach gelungenen Touren in Aussicht gestellt varen, -gerne gethan hatte. Die Hiitten-Angelegenheit vvurde ganz leicht in Ordnung gebracht. Am Abende unternahm ich noch mit dem Forstvart Schmautz einen Spaziergang langs der Sann und da Herr Schmautz ohnedies am niichsten Tage die Alpen der Raduha zu besuchen hatte, so nahm ich die giinstige Gelegenheit mit Freuden vvahr, diesen interessanten Gebirgsstock naher kennen zu lernen, und diesmal einen lohnenderen Weg nach Sulzbach einzuschlagen als den schon so oft begangenen durcli die „Nadel“. Die Notiz der Besteigung im 3. Bd. derZeit- schrift des osterreichischen Alpenvereins durch Herrn P. Wesz- ther abgerechnet, ist diese Partie noch vvenig bekannt, so dass die Schilderung meiner Besteigung vielleicht nicht ganz ohne Interesse sein durfte. Ein Blick auf die Karte lehrt bereits, dass die Raduha nicht dem Hauptzuge des linken Ufers angehort, sondern einem vom Laniesi-Berg nach Siidvest streiclienden Nebenriicken. Beriick- sichtigt man ausserdem, dass ihre schroffen Kalkmassen aufge- Die Sannthaler Alpen. 41 lagerte Guttensteiner Dolomite sind, so vereinfachen sich die oro- grafischen Verhaltnisse ausserordentlich. Die Ostseite des haupt- sachlich nacb Siid streichenden Riickens der Raduba ist viel milder und weniger steil als die fast senkrecbten Wande der West- seite, die sicli besonders von Sulzbach aus bocbst imposant an- sehen. Da der Grund des Stockes aus Scbiefern gebildet ist, so wird dadurcb den liochliegenden Bauernbofen der Gemeinde Raduha dieExistenz ermoglicht; iiber diese \vollten wir den Weg einscblagen, es ist dies der kiirzeste und bequemste. Am friihen Morgen des 9. August gingen wir an dem Anfange des Dorfes Leutscb iiber die Sannbriicke an das linke Ufer. Gleicb nacb dem Uebergange stosst man an einen Fels; cin sclimaler Steig fiibrt rascb auf dessen Hohe; Felder, Wiesen und Waldstellen \vecbseln; nacb '/ 2 St. steilen Steigens er- reicben wir zwei bocbliegende Bauernbofe der zerstreuten Ge¬ meinde Raduba. Recbts von deni zweiten fiibrt ein Fabrweg in den Wald; bier ist das scbvverste Stiick der Tour bereits iiber- standen; denn sowie an manch’ anderen Punkten der Alpen sind die ersten mit Bauernbofen besetzten Bergbange die steilsten Partien, diesmal \vurde uns durch die genossenen Freuden des Vortages die Steillieit besonders fiiblbar gemaclit, scliweigend legten \vir diese erste Wegstrecke zuriick. Nun wandelten wir 1 St. durcb Wald auf einem w.aliren Promenadewege, vvo die Steigung kaum fiihlbar war, bis wir bei einem Stallgebiiude den Rand einesTlialbodens erreiebten; etwas tiefer erblickten wir ost- licb die zerstreuten Gehofte der Gemeinde Rossberg. Hierkann man entweder links, d. i. \vestlick iiber die Alpe Art oder in der urspriinglichen Ricbtung weiter nacb der Alpe Loka gehen. Der erstere Weg ist der kiirzere, der letztere et\vas langere der ange- nebmere, der iiberdies den Yorzug besitzt, dass er spater bei Wasser vorbeifiibrt. Bei den erwaknten Stallgebauden blieb mein Fuhrer, auf den die Feierlichkeiten des Vortages grossere Einwirkungen gemaclit hatten, etvvas zuriick, um an einer tieferen Stelle bei einer Quelle zu rasten. Icb ging nun allein weiter. Der bis hieber breite Fahriveg verengt sicb zu einem Steige, aucb die Neigung \vurde ivieder etwas fiiblbarer, nacb bereits 3 / 4 St. scbvvindet nun der Wald und man be- iindet sicb bei der primitiven Hiitte der Alpe Loka 1520 m . Auf mein Suchen nacb Wasser erklarte der Halter, dass \u St. oberbalb im Tbalboden gutes Wasser anzutreffen sei, \vobin er uns — unterdessen \var aucb der Fiihrer nacbgekommen ■— begleitete. Dort rasteten wir etwa '/a St., hierauf gingen \vir im Tbalboden noch \venige Minuten iveiter, \vorauf wir uns zu einem nacb links fiihrenden Steig vvandten; bald waren wir in einem boberen Kessel, \vo wir vvieder nacb recbts iiber eine Quelle aufvvlirts zur Scbneide stiegen, fast an dem Vereinigungs- 42 Prof. Dr. J. Frischauf. punkte der drei von Leutsch, Sulzbach und Schvarzenbach fiihrendenWege. Ueber die felsige stark mitKrummholz bevach- sene Schneide kamen vir in 1 St. (von der Raststelle ge- rechnet) auf den nordlichen Gipfel, der ganze Weg ist obne Bescliverde, in ’/ a St. erreichten vir den siidlichen bocbsten Punkt. Die Aussicht von beiden Gipfelpunkten ist nabe dieselbe, es lobnt sich nocb etvas veiter hinab bis zum Einblick in den Belabach (Roban-Tbal) zu steigen. Die Aussicbt kann immerbin als lobnend bezeicbnet verden, dieselbe ist mehr Thal- als Ge- birgs-Aussicbt. Die Kolosse der Sannthaler Alpen besonders des ostlichen Theils kann man bier hbchst instructiv iiberselien, ebenso ist die Gebirgs-Aussicht auf die Ostalpen Kiirntens und Steiermarks lohnend. Am interessantesten bleibt aber immer die Thal-Aussicht. Ueber die Hohen bin\veg sind grosse Theile des Drauthales sicbtbar, das ganze Sanntbal vom Ursprung bis an die Mundung in die Save und letztere bis Agram sind vie eine Karte ausgebreitet. Nicht minder interessant ist der Ueberblick liber die hocbliegenden Bauernhofe der Gemeinde Sulzbach, deren terrassenfdrmige Lage auf den Berglebnen vohl von keinem zveiten Punkte so vollstandig iiberblickt verden kann. Nach mebr als zveistiindigem Aufentbalte verliess icb voll- kommen befriedigt den Gipfel. Der Abstieg nach Sulzbach ge- scbiebt am bequemsten liber die.Grochatalpe an dem steilen West- abhange der Raduha. Wir kehrten nabezu an die Stelle, wo vir die Schneide erreichten, zuriick. Am Rande eines steil abfallenden Kessels stiegen vir vestlich binab; der Beginn des Steiges ist allerdings etvas schvierig, aber obne Gefahr. Nachdem eine etva zvei Klafter bohe Felsvand passirt ist, erreicbt man ein gegen den Tbalboden sich ziehendes Gerbllfeld, liber velches vir rasch abvarts fuhren; nachdem noch eine kurze Rasenstrecke zuriick- gelegt var, batten vir in '/a St. die Hiitten der Grocbatalpe 1530’ erreicht, in deren erster vir Einkehr hielten und uns mit Alilch und Butter restaurirten. Etvas unheimlich sieht von unten der zuriickgelegte Weg aus; hinauf mag das Gerolle freilich nn- angenebm verden; der Weg ist von unten leicht kennbar: eine Scharte in der Felsvand deutet auf den Punkt der Schneide, von dem vir abstiegen. Icb glaube, dass bei dem umgekehrten Wege, d. i. beim Aufstiege von der Grocbatalpe es rathsamer sein diirfte, den nach Norden abfallenden Grat an einer etvas tieferen Stelle zu nehmen, dann an dessen Ostseite vieder aufwarts zu steigen; denn an der Westseite stiirzt die Raduha ganz steil ab, nur die von uns betretene Stelle bietet einen Zugang an der Felsvand, vahrend an der Ostseite sich die Schafveiden bis an den Gipfel ziehen. In der Grochatalpe trennte icb mich von meinem Be- gleiter, der vegen commissioneller Erbebungen bier langere Zeit zu thun hatte, und begab mich in Gesellschaft eines Halterbuben, Die Sannthaler Alpen. 43 der mir den Anfang des Steiges zeigen solite, zum Abstiege. Der eigentliche (bequeme)Weg fiibrt nordlich gegen den Wistrasattel und liber den Bauer Osivnik nacb Sulzbacb, derselbe ist jedocb um eine Stunde \veiter als der kiirzere Steig, der ebenfalls ganz gut gangbar ist. Man geht links von den Hiitten an den Wanden der Raduha auf einen niedern Riicken und gelangt, nachdem man unterwegs herrliche Waldbestande (Buchen) passirt hat, nacb 1 St. zum ersten Bauer Testoveršnik 1100 m , von hier fiihrt bereits ein guterWeg in ‘/ 2 St. hinab an die Sann und in 10 Min. zurKirche von Sulzbacb. Beim Messner restaurirte icb mich, und nahm in der eisigkalten Sann ein Bad, das bei der Hitze des Tages ausserordentlich erfrischend auf mich eimvirkte. Ovčeva. Die Ovčeva 1926 m *), \venngleich niederer als die Ra¬ duha muss dennoch als der Hauptpunkt des niedern, meist sanften Riickens, vvelcher das linke Sannufer bei Sulzbach bildet, be- zeichnet werdcn. Ihre Besteigung ist vvegen des Ueberblickes des Hauptzuges der Sannthaler Alpen und der Fernsicht hochst lohnend, aber muhsamer als die anderer viel hoherer Punkte. Mit dem Uebergange von Kappel nacb Sulzbach oder umgekehrt, lasst sicli diese Besteigung leicht verbinden. Wiewohl derWeg langs der Schneide nicht zu verfehlen ist, so ist doch die Mit- nahme eines Flihrers (etwa des Messners von St. Leonhard oder von Heil. Geist) rathsam. Beimeineram 21. Juli 1876 unternommenenTour nahm ich den mir in Kappel als sehr kundig geschilderten alten Pissonic mit. Leider ervvies er sich als ganz unerfahren und fiir meinen Z\veck unbrauchbar, vielleicht mag seine Geschivatzigkeit ihn in den Ruf eines erfahrenen Fiihrers gebracht haben. Zeitlich brachen wir auf, mir fiel die Elire des Gepacktragens zu. Die Schilderung des Anfangs des Weges kann ich mir erlassen; in St. Leonhard vvurde gefriihstuckt, bald var der Uebergang nach Sulzbach er- reicht. Von hier folgten \vir einem Steigeauf dem Riicken, spiiter kamen \vir iiber eine grossere Wiese, von wo man becpiem gegen Heil. Geist absteigen kann. Von der Wiese aus hatten \vir die Abstiirze der Ovčeva fast vor uns. Wir stiegen nun langs eines guten Steiges durch Waldung zur Schneide, knapp links von den Abstlirzen; unterwegs zweigt der Weg (rechts) zur Hohle der Ovčeva ab, einige Baume markirte ich mit rother Farbe. Ein eisiger Nordwind begriisste uns auf der Schneide, ich folgte nun den schvvachen Spuren eines Steiges, der anfangs an der Schneide, spater eine kurze Strecke an der Nordseite, dann *) Deutsche Schreibweise und Aussprache „Uschowa u (Schafberg). 44 Prof. Dr. J. Frischauf. aber melst quer ostlicb durcb die Siidabstiirze und zuletzt \vieder etwas nordwestlich durcli Krummholz und liber langes Gras auf- varts auf den Riicken und langs desselben auf den bbcbsten Punkt fiilirt. In 2 St. vom Uebergange erreicliten \vir die Hobe, der ervvabnte Punkt der Scbneide diirfte die Mitte des Weges bilden. Der lobnendste Punkt des langen Riickens ist die west- licbe, ehvas niedere Kuppe. Die ferne Aussiclit nacb Karaten, Steiermark und Kroatien ist sebr umfassend; micb fesselte vor Allem der Anblick des centralen Tlieiles der Sanntlialer Alpen. Nacb etwa einstiindigem Aufentbalte macbten wir uns an den Abstieg, mit der Absicht, die grosse Ilolile an der Sudseite zu besucben. Dass mein unkundiger Fiihrer selbe nicht fand, ist selbstverstandlich. Wir \varen schon viei zu tief gestiegen, als \vir es merkten, unten war ich zu argerlich, den Weg nocbmals aufvvarts zu macben. Man diirfte am besten tbun, beim Auf- steigen die Hohle *) zu besucben, und dann durcb die nachst- beste Stelle aufwarts den ervrahnten Steig durcb die Siidabstiirze zu suclien. Bald erreicbten wir einen scblecbten Fabrweg, der zum Bauer Potošnik fiibrt, in der Nalie des Hofes ivandten wir uns vrestlich nacb Heil. Geist, \vo ich den unkundigen Fubrer, der micb, sobald er sich wieder sicher fiiblte, mit seinem Ge- scb^vatze belastigte, verabschiedete. Wie icli nacbtraglicb erfubr, batte er schon ofters Gesellscbaften durcb seine Unwissenbeit bei Touren in die grosste Verlegenbeit gebracbt. In l 1 / 4 St. kam icb auf dem in der Einleitung geschilderten Wege nacb Sulzbacb. Stattuber Iieil. Geist zu geben, kann man von Sulzbacb auch folgenden directen Weg einscblagen. Man wendet sicb vom Gastbause des Messners direct nordlicb in die Schlucht, geht dann spater links und erreicht in 3 / 4 St. den Bauernhof 5fecesnik. Von liier ivendet man sicli westwarts in ‘/a St. zum Bauer Potošnik, den obersten Hof unter der Ovčeva. Dem bereits friiber erivabnten Fabmvege folgend, erreicht man leicbt die Scbneide und den Riicken **). *) Von den zahlreichen Hohlen der Ovceva sind zwei besonders be- acbtenswerth. Die grossere ge\vohnlicb besucbte dient den Scbafen zum Schutze gegen Unwetter. **) Dieser Weg scbeint auch von Herrn Dr. Franz Ilwof in der Schilderung seines Ausfluges nach Sulzbach im Jahre 1857 (s. Jahrbuch des steirischen Gebirgsvereins III. Jahrgang, 1876) gemeint zu sein. Wenn aber der Herr Autor auf S. 70 sagt: ,, Von Sulzbach geht es immer iiber Alpenwiesen drei Stunden lang steil aufwarts, bis man auf den schmalen, lang gestreckten Riicken des Schafberges gelangt u — so ware es dem Verfasser dieser Schrift sehrlieb, jene Alpenwiesen kennen zu lernen, iiber die man in der kurzen Zeit von drei Stunden den Riicken der Ovceva erreicht; denn diese Zeitbenothigt man bis zur Hohe des Ueberganges von Sulzbach nach Kappel. Pie Sannthaler Alpen. 45 Ojstrica. Aufstiegvon Leu tsch — Abstiegin dasLogartbcal. Ich batte im Jahre 1874 nach einem misslungenen Yer- sucbe einer Besteigung der Skuta, dessen Schilderung spater folgen soli, Leutscli 524“ als Ausgang einer vreiteren Iteihe von Erforschungstouren in den Sannthaler Alpen gewahlt und war am 25. September von Sulzbach langs der Sann dahin ge- kommen. Mein Einzug war nicbt besonders empfeklend. Das Streben moglichst lange im Schatten zu gehen, liess micb den letzten Steg iiber die Sann (etwa V« St. vor dem Dorfe) ver- passen, icli ivollte erst unmittelbar bei der Kircbe die Sann iiber- schreiten. Hier ist aber kein Steg, doch rascli entscblossen, mirden die Scliuhe und Wadenstutzen abgelegt und die Sann an der seiclitesten Stelle durcbscbritten. Leider batte ich micb bei der Schatzung derTiefe etwas getauscht, und so kam es, dass ich nur an der oberen Halfte des Korpers trocken das reckte Ufer erreichte. Mit den Seliuhen und Strtimpfen in der Hand zog ich unter dem Staunen der liber den unervvarteten Besuch etvvas ausser Fassung gebrachten Bewobner ein. Meinen ersten Scbritt lenkte ich nacb dem Gastbause, mein Instinct fuhrtemich aucb richtig bald zu einem recbt behaglich aussebenden Hause, ivo man auf meine Frage nach Essen und Trinken mir mittbeilte,, bier ware der Pfarrhof. Da ich in der envahnten Toilette dem gastlichen Pfarrherrn keinen Besuch macben konnte, so suclite ich vorlaufig ein anderes Asyl auf, fand jedoch leider die zwei besseren Gasthauser trotz der Mittagsstunde versperrt und erst in einem dritten bei Knez traf ich Leute, mit denen ich micb nur miihsam verstandigen konnte. Die freundliche Wirthin aber bolte bald einen Dolmetsch, dem ich meine Wiinsche nach Essen, Proviant und Fiihrer Matioz vortrug. Dass ich bier keine be- sonderen culinarischen Geniisse zu erwarten batte, war mir im Vorhinein klar, allein bessere Verhaltnisse hinsicbtlicb der Ver- pflegung batte ich doch erwartet. An gutem Willen fehlte es den Leu ten nicht, Eier, Wein, IvatFee wurde in reichlicher Menge geboten, docli substanzioser Proviant fiir die abgelegenen Hocbtouren — unbedingt notbig, da bereits die Alpen verlassen waren — konnte bier trotz aller Mlihe nicht aufgetrieben iverden. Man sandte auch alsogleich einen Knaben nach Matioz, der sich in einem etwa 1 St. entfernten Bauernliofe auf Taglohn befand, inzwiscben trockneten meine Kleider, ich war im Stande aucb Herrn Pfarrer IM-anz Ermenz meine Aufvvartung zu macben. Hier erfuhr ich, dass jeden Samstag Fleiscb von der secbs Stunden entfernten Stadt Stein'geliolt vverde, ivelcbes bis zum nachsten Donnerstag conservirt wird, Freitag und Samstag konne man daher nur auf Fiscbe und Meblspeisen rechnen. Ich 46 Prof. Dr. J. Frischauf. besichtigte nocli seine Bienenzuckt, bereits reife Traubenwurden mir angeboten, gewiss ein kochst orig-ineller Genuss in diesem Bergsvinkel, der sicli nur aus der gegen Nord ganz geschiitzten Lage des Ortes erklart. Matioz kam zeitlich genug an, um noch denselben Tag die letzte oberste Behausung zu erreiclien. Er \var ganz erfreut, ivieder Touren macken zu konnen, das Bum- meln im Gebirge scliien ihm ungleich mebr zuzusagen, als die schwere Arbeit im Taglobn. Wie ein Blick auf das betreffende Blatt der Karte lehrt, bildet der Gebirgsstock der Ojstrica gegen Siiden mebrere Pla- teau’s, deren letztes, gegen den Leutscli- und Belabach steil ab- fallend, den Bauernhof Planinšek tragt. Diesen suchten wir heute nocb zu erreicben; wir brachen um 1 / 2 5 Uhr auf, gingen 20 Min. langs der Leutscli, dann bogen wir bei einem Kreuze rechts ab und schritten nun steil aufwarts durcli dicliten Wald beim Korrenbauer, der ebenfalls den Ruf eines guten Fiibrers besitzt, vorbei zum Bauernhofe Kladnik 780 m , den -wir in -vveiteren 3 / 4 St. erreichten. Von hier gebt es ziemlieh be- quem an der Berglebne, die an den freien Punkten einen lieb- licben Anblick des Leutscbthales gewabrt, in 1 St. zum Planin¬ šek 1075 m , einer stattlicben, beinahe einem Dorfe abnlicben Besitzung; die Nettigkeit der Gebaude bekundet den Reichthum des Besitzers. Grosse Felder mit aufgebauften Getreidegarben, an welcbe sicb der Wald anscbloss, vervollstandigen das \virklich idylliscbe Bild. Nur mit Wassermangel bat man hier zu kam- pfen, der bei der Grosse der Wirthschaft ziemlicb bart empfun- den wird. Unserem Begebren nacb Unterkunft ivurde auf das bereit\villigste entsprocben, man fiibrte micb in eine mit allem Comfort ausgerusteteExtrastube; gescbnitzte Bilder, Stablsticlie, Fotografien deckten die Wande, ein Wascbtisch mit feinster Toilettseife beurkundete, dass aucb der Luxus in diese ferne Behausung seinen Einzug gehalten babe. Der Besitzer, von unseren Pliinen in Kenntniss gesetzt, bedauerte, die Tour nicht mitmacben zu konnen. Icb schlief im guten Bette ganz trefflicb, das Frubstiick war recbtzeitig fertig, aucliProviant requirirte icb, und dann riisteten vrir uns zum Aufbrucb. So freundlicb und gefallig die Leute hier sind, ebenso hiite man sicb vor jedem Commandiren; die Leute ^vollen hier als Gastwirthe, aber niclit als Wirthsleute erscbeinen; icb liatte erfaliren, dass sie einmal Touristen, die sicb ctvras laut und riicksicbtslos geberdeten, bei ibrer Riickkelir die Aufnabme verweigerten. Um */*7 Ubr brachen wir auf. Die Felder wurden iiber- scbritten, wir bogen dann in den Wald ein und gingen nord- -westlicb in 1 St. liber einen niederen Holienzug zur Mulde der Hutte Podveša 1574 m ; mehrere einfacbe verlassene Hiitten liegen hier. Wasser besitzt die Alpe nicht, docb rechts Die Sannthaler Alp en. 47 in der Niibe sind Scbneegruben, in velcben immer Eis und Sclinee zu finden ist. Hier geht es weiter an den nordlicben Ran d einer grossen Mulde, dieser vir d auf bequemem Wege erstiegen, dann gebt man auf der anderen Seite wieder binab zur Mulde 1840 m der Alpe Vodotočnik, deren Hiitte und daneben liegenden kleinen See vir venige Scbritte links liegen liessen. Die Lage der Alpe ist fast genau vestlicb von der erste- ren. Bis bieber diirfte man aucb obne Fubrer mit Leicbtigkeit finden, der veitere Weg ziebt durcb ein karstartiges, kables Terrain aufvarts, abwarts anfangs nordlicb bis zu einer grossen Mulde (Malička-Planina) slidlicli von der Ojstrica (links) und dem Veliki Verb (rechts) und bier viedcr vestlicb quer am lin- ken Rande der Mulde zu einer ebenen Flaclie (Korošica-Planina) zwiscben Konj (links) und Ojstrica (reclits); knapp unter der Einsattlung liegt die kleine primitive Hiitte der Alpe und gegen- vartig daneben das neue Scbutzliaus 1810'"; eine berrlicbe Quelle (3° O.) ostlicb davon erhobt den Werth dieser Unter- standsbiitte. So armlicb und klein die Idalterbiitte ist, so vurde sie docli bei mancher Ojstrica-Tour als Nachtlager beniitzt. Wir sind am Fusse unseres Berges angelangt; von bier kommt man in 1 */ 4 St. liber Rasenflecke, Gerolle und Fels auf die Scbneide und den Gipfel 2348“; derselbe bildet einen langen, sclimalen Grat, nach Norden sind senkreclite Ab- stiirze. Dicbter Nebel und Regen verbiillten die Aussicbt, nur mancbmal lichtete ein scbvarzer Nordvind und gestattete einen Blick in die Umgebung; micli trostete der Fubrer, dass es IPerrn B ullmann, den er vor mir gefiibrt hatte, auf seiner Tour aucb nicht besser ergangen sei. Nacb mebr als einstiindigem Aufent- halte mussten wir uns, da keine Aussicbt auf besseres Wetter vorbanden var, zum Abstiege bequemen. Wir stiegen^ zuerst siidlicb, dann quer durcb die Felsbander zur Einsattlung Škarje 2110 m , die vir — mebrmals in Folge des Nebels zur Rast gezvungen — in D/a St. erreicliten. Hier glanzte heller Sonnenscbein im Tbale, es schien als ob vir beute nocli das beste Wetter erlialten viirden; fiist var icb geneigt, vieder auf den Gipfel zuriickzukebren. Die Škarje ist ein Einscbnitt (Sattel) zviscben Ojstrica und Baba; liber selbe fiibrt nordlicb der Steig in’s Logartbal, siidlicb iiber die zviscben Konj und Ojstrica gelegenen Alpcnboden in’s Feistritzthal. Icb glaubte, von oben geseben, dass dies ein bequemer Uobergang sei; nacb einigen Tagen konnte icb mich liberzeugen, dass dieser Weg zu den beschverliclisten, ja stellenveise sogar gefabrlicben Steigen ge- reclinet ver den musste. Von der Škarje gebt der Weg anfangs liber Felsen und Gerolle zu einem Riegel, und nun vieder recbts in die Mulde, wo man bald die ersten Baume erreiclit; nun ziebt sicli der Weg knapp an der Felsvand zur Alpe Ivlemenšek 48 Prof. Dr. J. Frischauf. 1200 m ; dei' Stelg ist durchaus bequem olme alle Besclnverde. In l'/ 2 St. erreichten vvir die Alpe, wo \vir bei der Quelle der oberen alteren Hiitte eine kurze Rast bielten. Ein steiler Steig fiihrte uns in 1 /« St. in den Tbalboden und in wei teren 20 Min. liielten wir unseren Einzug beim Plesnik 730 m , vvo icb als alter Bekannter auf das Freundlicbste aufgenommen vvurde. Ein Eacbtessen aus gerauchertem Scbaffleiscb und Kar- toffeln, eine Flascbe Wein, die \vir vom Logarbauer bolen Hes¬ sen, sollten uns den Abend erheitern. Lange sass ich mit dem intelligenten Besitzcr des Hofes, einem ebemaligen Forstwart, beisammen; Verscbiedenes \vurde besprocben, um denFremden- besucb des Tbales zu boben: der Bau einer Strasse von Leutscb bis zum Logartbal ist die erste Bedingung; dann meinte der Besitzer, viirde er aueb ein Gasthaus eroffnen, bis dabin miiss- ten die Touristen mit seinem guten Willen vorlieb nehmen. Wenn man nun dieser Ansicbt aueb tbeiliveise zustimmen muss, so bilft docli der blosse Wille dem Touristen vvenig, \venn niclit die Tbat in seinem Gefolge ist; was niitzt die Aufnahme, wenn man ausser Brod und Milcb kaum Kaffee, Wein und Fleiscb bei- nalie nie bekommt. Auf meine Bemerkung, er konnte jetzt sicb docb mit etvvas vorseben, enviderte er, dass er dies obne ein Gastbaus zu balten, niclit diirfe; erst unllingst batte sicb der Fali ereignet, dass, als er von den Jagdbesitzern ersucht, ihnen Wein in’s Tbal schaffte, fiir das Austrinken desselben bestraft vverden solite. Von der Riicksichtslosigkeit der untergeordneten Finanz- organe im Gebirge bat derFremde keineAhnung; es vrare Sacbe der Bezirksorgaue, gegen solclie Ueberschreitungen einzutreten, sonst darf der Tourist niclit einmal seinen mitgebracbten Pro- viant in einem Bauernbofe verzehren. Unter solcben Gesprachen verstrich die balbe Nacht; es ivar Zeit, zu Bette zu geben, da fiir 4 Uhr der Aufbruch bestimmt war. Aufstieg vom Logarthal — Abstieg nacb Stein. Da jede Erforschungstour, selbst vvenn sie nur touristiscbe Ziele anstrebt, von giinstiger Wittcrung begleitet sein muss, so musste icli meine erste Besteigung der Ojstrica mindestens hin- siclitlicb des Studiums des Panoramas als misslungen erklaren. Eine zvveite Besteigung vvurde daher nocli fiir dieses Jabr am Scblusse der Touren im Sanntbale auf das Programm gesefzt. Am 27. September versucbte ich neuerdings die Ersteigung der Skuta vom Sanntbale aus, docb vergeblicli. Ein in den lioheren Regionen constant vcehender Sridivind verbinderte diese Tour, es vvurde vieder nur der Gipfel der steieriscben Rinka erreicbt, ivo vvir zwar berrlicbe Nebelbilder scbauten und gelegentlich eine freie Aussicbt nacb Norden genossen, aber ausser Stand vvaren, auf den sudlicben Gebangen die Tour zur Skuta zu for- Die Sannthaler Alpen. 49 ciren. Missmuthig musste ich micli becjucmen, \vieder zum Ples¬ nik abzusteigen, nur eine kleine Errungpnschaft iv u rde durch- gefiilirt, namlich die Messung der Holie des Rinkafalles. Fiir den niichsten Tag, der endlicli einmal reines Wetter bringen solite, wurde im Falle giinstiger Witterung eine zweite Bestei- gung der Ojstrica, und der Abstieg nacli Stein festgesetzt. Der Morgen des 28. September schien virklich den Er- ■svartungen entspreelicn zn vrollen; die Luft war etwas frischer als an den Vortagen, und vollkommen rein, kein Wolkchen oder Nebel hing auf den Hdhen; hell erleuehtete der Mond den Tlial- bodcn, als vir vor 5 Uhr das gastliche Plaus des Plesnik verlies- sen. 10 Min. gingen vir im Hauptthale, dann vandten wir uns links und kamen in weiteren 10 Min. zum Anfange des Steiges in eine lioliere Seitenterrasse; der Anfang ist leicht kennbar: links ein kleiner Fali, rechts etwas oberhalb eine Schuttmasse, die von der lioheren Terrasse lierabkommt. Der Steig fiihrt liber Gerolle in ’/ 4 St. aufvarts in eine kurze Scbluclit, liber dercn Schlussvvand der Bach einen Fali bildet. Man iibcrsclireitet den Bach und kommt in Windungcn aufwarts in 1 /ž St. in die nacliste Terrasse, wo die Alpe Klemenšek 1200 m liegt. Zwei Hiitten, die untere als Stadel, die obere die eigentliche Alpen-Hiitte, sind bald erreicht; die Bevvohner varen ganz erstaunt, uns vleder auf dem Wege zur Ojstrica zu finden. Die Lagc der Alpe ist ebenso reizend als grossartig, prachtvolle Baumstamme (Fichten und Zirben) umgeben die Hiitten, et\vas oberhalb ist eine herrliche Quelle. Eine kleine Rast wurde liier gehalten und die Gegcnd gemustert. Den siidlichen Abscliluss bilden die steilen Wande der Ojstrica, die von hier aus kaum ersteigbar erscheint, vvestlich iiberblickt man den oberen Thal- boden des Logartliales, diebeiden getrennten Spitzen der (schein- bar etwas hdheren) Rinka und der Skuta. Die ganze Umgebung tragt das Geprage des Grossartigen, dazu kam noch die pracht¬ volle Rdthung der Berge von den ersten Sonnenstrahlen; das Verblassen des Mondes und der Sterne beurkundete den An- bruch des Tages, in den Bergen immer eine imposante Erschei- nung, besonders in einem Felsencirkus, wie das Logarthal. Durch Buchenwald zieht nun der Steig links an der Felswand aufvrarts in 3 /i St. in die mit Alpenrosen bedcckte nachste Terrasse, von hier schreitet man fast eben 1 /i St. zu einem kleinen Riegel rechts, und nun iiberquert man gewohnlich cin Schneefeld und steigt dann rechts aufwarts 3 / 4 St. auf die bewaldete Schneide zwischen der oberen Klemenšek-Alpe (links) und dem Ervavc-Thal (rechts). Liings dieser Schneide geht man noch auf Alpenboden ‘/h St. (derBaumwuchs (Bucken) reicht fast auf die Holie von 1900 m ), und mm fiihrt der Steig miissig steil liber Gerolle und zuletzt einige Feisstufen aufwiirts in 50 Prof. Dr. J. Frischauf. •/j St. zur Škai’jc 2110 m . Kem 4Yolkchen war za selien, bereits hier ist eine lolmende Fernsiclit. Nun vandten vir uns siidostlich etwas abviirts und umgingen den zerrissenen Grat, bald stiegen vir quer durcb die Wande und arbeiteten uns \vieder auf die gangbare Scbneide und den Gipfel 2348 m , den vir auf diesem kiirzeren Wee;e in 50 Min. erreichten. Eine prachtvolle Aussickt lobnte unsere Miilie. Mit Ausnahme gegen Westen ist dieselbe ganz unbesclirankt; dafiir bietet diese Seite einen instructiven Einblick in die Gi’intovc-Gruppe. Ganz deutlich erkennt man die Zusammengeliorigkeit der einzelnen Spitzen und dass der Grintovc der liochste Punkt dieser Gruppe ist. Gegen Norden liegen die Ebene des Drautliales, die Grenz- berge Karntens und Steiermarks vor uns, gegen Osten fesselt den Biick das schone Sanntbal, abgegrenzt vom kroatischen Ge- birge, nach Stiden blickt man in die Laibaclier Gegend und zu den Karstbergen des Krainer Schneeborges und des Nanos. Ist die Fernsiclit vom Grintovc die veitergehende, so ist die Aus- sicbt der Ojstrica die lieblicliere, die Thaler und Ebenen Kiirn- tens und Krains zeigen sicli viel freier als von dem melir Hoch- gebirge bietenden Grintovc. Ausserdem ist die nachste Umge- bung und der Einblick in die gesammten Sannthaler Alpen und ihre Thaler gevviss vollkommen instructiv, vahrend dies vom Grintovc aus keinesvegs der Fali ist. Wie gesagt, beide Spitzen erganzen sicli und verdienen zugleich besucht zu verden, die Besteigungen beider sind ganz unahnlich und doch vieder fur sich gleich interessant. Nur mbge berucksichtigt iverden, dass die Grintovc-Tour von der Kanker aus eine ivahre Promenade ist, liingegen die Ojstrica schon einen etivas geiibteren Touri- sten voraussetzt; doch Gefahr ist keine vorlianden, zumal in Be- gleitung eines so trefflichen Fiilirers, \vie Matioz. Vollkommen befriedigt verliess ich nach ziveistiindigem Aufenthalte die Spitze, von der ich erst einen vollkommen kla- ren Einblick in diese Gebirgsgruppe bekommen hatte. Meine Absicht \var, in das Feistritz-Thal abzusteigen; die dichten Walder, die entgegenschimmerten, versprachen auch den Schluss der Tour interessant zu machen. Anfangs stiegen \vir siidwest- licli, dann siidlich abvrarts; in l'/t St. erreichten vir einen schonen ebenen Boden „Niva“ 1742“ mit der besten Ilumus- erde; mir schien es, dass mit diesem Steige, \vo vir auf halbem W ege an der Siidseite zahlreiche Quellen fanden, die Beschver- lichkeit ein Ende liabe und ein guter Steig uns bald zu Hiitten fiihren verde. Doch hierin hatte ich mich sehr getauscht. Mein Fiihrer, der diesen Absticg zuni ersten Male machte, ging auf Recognoscirung aus und fand auch bald an der linken Seite des unteren Endes der Mulde einen Steig, der knapp an den Abhan- gen des Konj anfangs etvas aufvarts, dann aber in die Tiefe Die Sannthaler Alpen, 51 fiihrte. Bald erreicbten Avir das Krummbolz, doch derWeg Avurde immer sclilecliter, die Spuren immer scliAvaclier; liiiufig kamen wir an Abstiirze, die Avieder umgangen Averden mussten. Fels und Rasenbander mit dem scbonsten Edehveiss Avecliselten mit Gerolle, mit Ungeduld bofften Avir den ganz nake sclieinenden Boden zn erreicben, immer AA-ar es nur eine kurze Terrasse, deren Abstieg von neuem gesucbt AA r erden musste, zuletzt musste mit Hilfe des Krummliolzes eine etAva 10 Meter liolie Wand pas- sirt Averden, an deren Ende wir das trockene Bacliufer der Bela erreicbten, avo die Steintriimmer ein zwar unbebaglicbes, aber sicberes Weiterkommen gestatteten. Endlicb kamen Avir am recbten Ufer zu einer feldartigen Wiese, ein guter Steig fiilirte durcb selbe, bald standen Avir wieder an einem senkrecbten Ab- sturz, der uns z\vang, recbts quer durcb die Wand die Tritt- spuren zu verfolgen. In der Aufsucbung dieses Steiges, der von der Niva an volle 3 Stunden Avabrte, beAvdes mein Fiibrer ausge- zeicbnetes Talent fur das Erratben der besten Stellen. Ein scboner griiner Boden 630 m nalim uns auf, ein guter Steig fiilirte uns eben in t / i St. zum Ursprung des Bacbes, avo AA T ir Rast liielten und uns den zuriickgelegten Weg betracbteten. Wie eine senkreclite Wand, mit Rasenbandern durclizogen, šali derselbe aus, von unten betraclitet Avlirde man es kaum fur mog- licb balten, hier durclikommen zu konnen, Obne Absatz Avaren die 1100 Meter Hohendifferenz ZAAdscben Niva und Quellezuriick- zulegen. Bald kamen Avir zu dem zvs^eiten nacb Westen auslau- fenden Tbalast (z av isclien Veršic nordlicli und Erzenik sudlicb) und nacb 20 Min. zur Miindung unseres Bacbes in den Feis- tritzbacli, 10 Min. unterhalb der 40 Meter? boben Natur- briicke Predasel. Bei der Putzpulverfabrik vorbei gelangten AA 7 ir in l'/ 2 St. zur Miindung des Oerna-Grabens, und in s /^ St. nacb der Stadt Stein, avo icli mein Gepack in Empfang nalim und micli im Kasino und bei Frolilicb A 7 on den Entbelirungen restaurirte. Hier verabscbiedete icli meinen Fuli- rer, dem ich das unbedingteste Lob ertheilen muss. Der Mann ist im ganzen Gebiete der Ojstrica vollkommen bevvandert, spricbt gut deutscb; ausserst intelligent, macbte er micli auf jede ibm auf- fallende Erscheinung, jede Pflanze aufmerksam. Dabei ist er ebenso Avillig als geniigsam, ein guter Kletterer, er AA 7 aclite auf jeden Tritt und duldete es niclit, dass icb einen ibm gefabrlicli sclieinenden Scbritt allein machte. Ebenso besclieiden ist er in seinen Lobnanspriicben, mit dem Taglobn und der Verpflegung ist er A r ollkommen zufrieden, er selbst schien mir ein vvahrer Naturfreund zu sein, er scbvvarmte fiir die Hbben und lcannte aucb die Bergspitzen. Unter dem Namen: Matioz ist er in Leutscb Nr. 14 zu erfragen. 4 52 Prof. Dr. J. Frischauf. Einige Bemerkungen liber die drei soeben gescliilderten Ojstrica-Wege mogeri hier nocli folgen. Die beiden Wege von Leutscb nnd vom Logartbale erfordern, vvie bereits ervvahnt wurde, einen geiibten Touristen. Fiir einen solchen bietet aber die Ojstrica keine Gefahr, wie dies nicht selten behauptet vvird. Der von mir gescbilderte Weg von der Škarje auf den Gipfel, \veicht von dem \veiteren und gewoknlicli betretenen etwas ab. Icli gebe dem letzteren (der iiberdies bei Schneevvasser vorbei- fiihrt) den Vorzug. Man gelit auf diesem Wege von der Škarje (et\va 145 m ) binab in die Mulde und durch die griinen Flecke quer bis man unterhalb des letzten Gipfels steht, von hier vvendet man sich aufvvarts und kommt liber Felsbander und Gerolle auf die Scbneidc und auf den Gipfel. Icli legte diesen Weg — aller- dings raseh steigend — in 1 St. zuriick, icli vviirde also fiir mitt- leren Schritt etwa 1 */ 4 St. ansetzen. Der bequemere Abstieg in das Feistritzthal fiihrt in die eben ervvahnte Mulde und dann quer durcb die Wand unter die Škarje zu einem Scbafsteige. Auf diesem fortgesetzt quer durcb die Abstiirze iiber dieNiva vorbei bis etwas unterhalb der Baum- grenze, von wo aus man einen Schafsteig zum Steiner Sattel erblickt. Auf letzterem bis zu einem nach Rechts abzweigenden Fusssteige, der zu den Holzschlagen und von hier in den oberen Thalboden der Bela fiihrt. Nun an das linke Ufer, daselbst Steig durch die Felsivand und liinab in die letzte Thalstufe. R oban- Kot. Wie im allgemeinen Theile erwahnt wurde, betindet sich s / 4 St. von Sulzbach ostlich langs der Sann abwarts der Eingang eines Alpenthales, das zu den schbnsten Thiilern des Gebirgs- stockes gehort und geivissermassen ein Seitenstiick des Logar- thales bildet. Es ist dies der vom Belabache durchstromte „R oban- Kot“,*) welcher bisher fast vollstandig von der Touristenvvelt gemieden, reichlich dengeringen Abstecher lohnen -wiirde, welchen sein Besuch erfordert. Im Fremdenbuche des gastlichen Herrn Pfarrers Janc findet sich eine kurze Notiz iiber diesen roman- tischen Erdenwinkel, und -wenngleich der dortigen Behauptung, dass er an Grossartigkeit das Logarthal iibertreffe, nicht beige- pflichtet werden kann, so muss dessen Besuch doch jedem Natur- freunde angerathen werden. Am Eingange des Thales befindet sich am reehten Ufer des Belabaches der Bauernhof Pivš ek, von dem aus die Tour in den Roban-Kot unternommen werden kann. Auf dem reehten undlinken Ufer des Baches fiihrenWege thaleinvvarts. Touristen, *) Roban-Kot bezeicbnet einen spitzen von steilen "VViinden einge- gchlossenen Winkel. Die Sannthaler Alfjeri. 53 ■vvelche von Leutsch kommen, gelien am rechten Ufer (also links vom Bache) thalaufvvarts in 20 Min. zum letzten Roban-Bauer, vor dessen Geliofte oder noch besser i f t St. thaleinvarts man einen hochst lohnenden Anblick der Nordabstiirze der Ojstrica geniesst. Kommt man von Sulzbach, so gebt man 3 / 4 St. langs der Sann, iiberschreitet dann selbe auf einem schmalen Stege (etwas vor dem Stege, iiber den bald darauf der Steig im Sannthale an das rechte Ufer ftihrt) und vendet sich nun auf gutem Steige aufvarts in 5 Min. zu einem Bauernhofe, von dem aus man in 10 Min. den letzten Bauer Roban 652 m erreicht. Dieser Weg verdient als der lohnendere unbedingt vor dem ersten den V orzug. Bereits bei meiner im Jalire 1875 unternommenen Be- steigung der Raduha, von deren siidlichen Gipfel ich den ganzen Thaikessel des Roban-Kot iiberblicken konnte, ward der Wunsch rege, diese Thalschlucht einem genauen Studium zu unterwerfen und durch die Wande des Thalschlusses den Aufstieg zum Plateau der Ojstrica knapp am letzten Gipfel, d. i. an der Einsattlung zvischen Veliki Verh und Ojstrica, zu versuchen. Auf diesem Wege glaubte ich auch den kiirzesten Zugang zur Ojstrica von Sulzbach aus zu finden, und den von Norden, d. i. von Kappel kommenden Touristen den Umweg liber Leutsch zu ersparen. Im vorigen Jahre war es mir unmoglich, diesen Vorsatz auszu- fiihren, die Tour durch den Roban-Kot wurde daher als Schluss- tour der Ojstrica-Studien fiir das Jahr 1876 auf das Programm gesetzt. Nach Vollendung des Studiums der vvestlichen Theile des Sannthaler Alpenstockes war ich am 17. September von Ober- burg liber Laufen nach Leutsch gekommen, wo ich mit dem Herrn Pfarrer Ermenz die Strassenanlage im Sannthale besprach und durch seine Beihilfe die Angelegenheiten der Schluss- rechnungen des Schutzhauses in der Korošica mit dem eben an- vesenden Planinšek ordnete. Nachmittags brach ich in Be- gleitung des Forstwartes Schmautz nach Sulzbach auf. Vom Pivšek wandten wir uns durch Wald aufvarts, iiberschritten nahe dem letzten Hofe den trockenen Belabach und suclaten den alten Roban-Bauer auf. EineRiesengestalt im Al ter von etwa 60 Jabren kam uns bald entgegen, eine kriiftige Natur, als leidenschaitlicher Jager in der ganzen Gegend bekannt, konnte ich mir nicht leicht einen \villkommeneren Flihrer denken. Mit Hilfe des Herrn Schmautz als Dolmetsch waren bald die Verabredungen geordnet; ich erklarte ihm, dass ich heute in Sulzbach iibernachten wiirde, er moge um 6 Uhr bereit sein, was er auch zusagte. Ueber den Weg erklarte er, derselbe sei moglich, ihm varen alle Stellen sehr genau bekannt und wir vlirden in drei Stunden leicht das Plateau erreichen. Ich var mit dieser Auskunft vollkommen zu- 54 Prof. Dr. J. Frischauf. frieden, begab mich nach Sulzbach, meinem projectirten Nacht- quartier, avo mir in Herle’s Gasthause die freundlichste Aufnahme und eine vorziigliche Verproviantirung gesichert war. Noelr Avar es dunkel, als ich am Morgen des 18. September dieTlialenge derSann bei Sulzbach passirte. Reichlicbe Proviant- vorrathe, darunter ein gi’osses Stiick Speck, dessen Werth mir erst am Abende der Tour bewusst werden solite, Avaren gut be- Avahrt im stark gefiillten Rucksacke. Wettermantel und alles unnlitze und beim Klettern hinderliche Geptick konnte in Anbe- tracht der herrlichen Naclit mit Gemuthsruhe zuriick gelassen Averden. Nach 1 St. erreichte icli den Roban-Bauer 652 1 "; ein Avundervolles Bild bot sich mir hier dar. Die schonen Felder, der dunkle Wald im Vordergrunde, im Hintergrunde aber die praehtigen Wande der Ojstrica, Avelche bei Annaherung des Sonnenaufganges goldgelb schimmernd durch voriiberzieliende TVolken auf Augenblicke in eine stahlblaue Farbung gehiillt Avurden, um dann desto heller im Sonnenliclite zu ergliihen, waren allein Avohl eine Reise Averth geAvesen. Bald brachen \vir auf. Durch >/ 4 St. ging es im Tan- nenwalde massig aufwarts, dann gingen wir 5 Min. fast an dem Rande des inneren mit Gerijlle bedeckten Kessels, worauf Avir uns rechts einige Schritte aufAvarts AA , andten, urh nun 10 Min. eben durch ZAA _ ei grosse in der Mitte durch Stadel getrennte Ge- treide-Felder zu Avandeln. Diese Felder-Terrasse bildet — thal- aufwarts gerechnet — den rechten Theil des Kessels, der linke ist, Avie friiher bemerkt AA-urde, ein Aveites Gerollfeld. Mehrere Ueberstiegel mussten passirt AA-erden, ihre Hohe Avar fiir die lan- gen Beine des mehr als 672 Fuss grossen Roban-Bauers berech- net, mir gelang das Uebersteigen erst durch AnAA T endung ver- schiedener gjmnastischer Kunste. Nun scliritten Avir AA-ieder 7« St. durch Wald, anfangs AA-aren Tannen spater die Buchen in gewaltigen Stammen Amrherrschend, zuletzt folgten nur Baum- strunke, und nach einer AA _ eiteren 74 St. AA'ar die Alpen-Hiitte 933 m des Thales erreicht, von der aus man einen schonen Riickblick namentlich auf das nette Gehofte Knez hoch an der linken ThalA\ T and der Schlucht geniesst. Eine kleine Rast Avurde hier gehalten, eine Flasche trefflichen SchAA T arzbeeren-Brannt- Aveines, unser projectirter Schutz gegen Kitite auf der Hohe,erlitt durch das Auffallen auf einen Stein den schmiihlichsten Tod. Nun AA'andten AA'ir uns links, iiberschritten eine schmale Schuttrinne, bald darauf eine ZAveite breitere, hierauf folgten Avir einem durch Gestriipp fiihrenden Steig und erreichten in 1 / 4 St. die FelsAvand. Eine Hčihle und ein in der Niihe befindlicher Wasserfall (Bach) kennzeichnet diese Stelle, von der aus unser Aufstieg beginnen solite. Rechts Amn der Hohle stiegen Avir steil an einem Felsrande aufAvitrts und nun folgte eine Reihe von Die Sarmthaler Alpen. 55 Rasenbandern und mit Krummholz, Buchen und Erlengestriipp (ja selbst mit grosseren Buchenstammen) durchsetzten Stellen, durch Avelche ein kaurn kennbarer Alpensteig fiihrte, Avelcher Weg uns in 3 / 4 St. in eine mit grosseren Rasenflecken besetzte Felsmulde 1325“ braebte. Den vom dichtesten Gestriipp be- zeicbneten Theil unseres Weges nannte mein Fiihrer „Jerusa- lem“. Bis in diese Mulde, eigentlich eine mit geAvaltigen Stein- bliicken besaete Felsrinne fiihrte der envahnte Steig; in diese Mulde Averden noch Schafe aufgetrieben. Yon hier hort jede Špur eines Steiges auf. In dieser Rinne stiegen Avir meist liber Rasen 5 Min. aufwarts, links seitwarts befand sich ein Wasser- becken, zu dem Avir, da uns noch kein Durst plagte, nicht hin- kletterten, dann wandten Avir uns rechts liber einen Riegel in eine ZAveite Felsenrinne, iiberschritten selbe, stiegen rechts quer aufAvarts zum Rande einer dritten Felsrinne, ayo Avir liber Platten spater liber mit Krummholz beAvachsene Stellen in 1 / 2 St. die (von der Felsmulde an gerechnet) rechte Seite dieses Riegels erreichten, fast knapp an dem Absturze in den Thalboden 1433™. Nun stiegen Avir anfangs liings des Ab- sturzes A\-eiter, Avorauf Avir uns Avieder links Avandten, eine liochst bescliAA’erliche und iiberaus gefHhrliche Stelle musste bei dieser Wendung passirt Averden. Ein selir schmales Felsband briichigen Gesteines quer durch den Absturz, das etAvas abAvarts dann ver- mittelst eines hohen Trittes aufAvarts fiihrt, ermoglichte den Uebergang nach links. Nun ging es fast immer links durch die schmalen platten Bander in '/ 2 St. in eine Sclilucht, in der AA T ir anfangs liber Felsblocke stiegenartig aufvvarts kamen, nach einiger Zeit AA r echselten jedoch glatte Platten ab und nun AA T ieder links uns AA^endend kamen Avir liber Krummholz und Platten in einer Aveiteren. St. in eine ZAA r eite Felsscliluclit und liber glatte Felsplatten aufAvarts in 5 Minuten zu einer Quelle 1600™, deren Wasser liber die Steinplatten rieselte und uns einen AA’ill- kommenen Labetrunk spendete. Links davon belinden sich auf unzuganglichen Steinzacken fast in gleicherHohe einigeFichten- baumchen. Nun gingen AA'ir rechts liber steilen Rasen fast an den Rand des Riegels von hier liber Platten zu Krummholz und dann Avandten A\’ir uns AA T ieder links in einen steilen unten mit dichten Rasen oben mit Krummholz bedeckten Boden, den AAir in t / i St. erreichten. In AA’eiteren 10 Min. bequemen Gehens durch mit Krummholz besetzte Stellen erreichten Avir die Hohe des Alpen- stockes 1766™. Mit einem Kreuze auf der Sudseite und einem Pfeile an der Ostseite eines Steinblockes bezeichnete ich diese Stelle. Vom Roban-Bauernhofe hatten AA-ir einschliesslich der etAA r a 3 / 4 St. fassenden Rasten 4 1 /* St. benothigt. Nach Ver- besserung der schlimmsten Stellen konnte man leicht in 3 St. vom Bauernhofe, also in 4 St. von Sulzbach diese Ilohe erreichen. 56 Prof. Dr. J. Frischauf. Gegerrvvartig muss diese Parile als eine der schwersten und ge- fiihrlichsten in den Sannthaler Alpen bezeiclmet Averden. Maličkaund PolŠek-Planina. Auf der Plohe angelangt stiegenvvir in die Mulde hinab und Avandten uns dann \vestlich gegen die Ojstrica zu, avo wir in 10 Min. die gleich unterbalb der eigentlichen Einsattlung 1727“, zwiscben Veliki Verli und Ojstrica liegende Halter- hiitte der Malička-Planina erreicbten. Die Idiitte liegt nahe an der FclsAvand, bei velcher an der neben befindlichen Plohle cine Schutzstatte tur die Sehafe eingericbtet ist. Der Punkt,wo wir die Ilohe erreichten, ist von der tiefsten Einsattlung durcli cinen niederen Fclskopf getrennt. Von dem Sattel fiihrt links cin Steig nordlich hinab zu einer Quelle, der vveitere Weg ist dann unmoglich. Da ich die Absieht hatte, das neue Schutzhaus unter der Ojstrica zu besuchen, so Avandten Avir uns auf dem Steige liings der Schneidc Aveiter, kamen in 5 Min. bei einer prachtvollen Plohle mit einer tiberhangenden Felswand als Dach vorbci in eine grosse Mulde, die wir in 10 Min. passirten, Avorauf Avir uns siidlieli an iliren Pand Avandten und quer durch die Lehne bei einer z\veiten aus Stcinen zusammengelegtcn PTiitte vorbei in 20 Min. zur Quelle der griinen Mulde Korošica 1810'" kamen. An dem kostlichen Wasser 3° C. erquickten Avir uns. Westlich davon 3 Min. entfernt ist das neue Schutzhaus, dasselbe wurde vom Steirischen Gcbirgsverein — Dank der be- reitAvilligen IPilfeleistung des gastlichen Planinšek — im Som- mer des Jahres 1876 erbaut. Es ist ein solider A-ollstiindig ge- mauerter Steinbau von 2'/ g Klafter Lange und D/ 2 Klafter Breite im Innern. Fiir 6 Personen ist in dem gut eingerichteten Plause geniigend Kaum zum Nachtlager. Dieses PPaus bildet die Zukunftsstation ftir dieTouren: Ojstrica, Veliki Verh. Vesau.s. aa\ im ganzen Gebirgsstocke. Jetzt AA-ird es moglich sein mit ge- ringem AufAvand von Miihe diese genussreichenTouren zu unter- nehmen, AAiihrend dies friiher — Avollte man nicht in der primi¬ tiven Halterhiitte iibernachten — Avegen der grossen Distanz von den letzten Behausungen bedeutend erschvvert AA T ar. Von dem neuen Schutzhause kehrtcn Avir in 3 / t St. zum Sattel zuriick und gingen nun stidostlich quer durch die Mulden bei einigenEislochern vorbei in */ 2 St. zu einer Art Sattel 1850“ am Fusse des Veliki Verh, avo Avir */* St. Mittagsrast hielten. Mir AA r ar um das Studium des ostlichen Theiles des Ojstrica-Plateaus zu thun, Avesshalb ich meinen Fiihrer, so viel es meine ganzen Kenntnisse des Slovenischen g-estatteten, aufforderte, micli liber die Vesa zum Pivšek zu fiihren. Er hingegen erklarte, diesen Theil des Weges, der nicht in seinem Jagdgebiete lage, nicht zu kennen, Avas mich von einem Jager, der in der Regel acht Tage Die Sannthaler Alpen. 57 im Gebirge Herumstreifte, sehr vvunderte. Icli ware nun am liebsten der Steigspur siidostlicb gefolgt, hiitte die verschiedenen Mulden umgangen und micb sehliesslich nordostlich gegen die Polšek-Alpe gewandt. Mein Fiihrer liielt mehr die directe Rich- tung nacb der ihm der Lage nacb bekannten Alpe und nun folgte ein bocbst unangenehmes Wegstiick von 1 St. iiber Felsabstiirze, durcb Krummbolzmulden bis wir eine Hdhe 1850'“ nordlich iiber der Alpe Ravna erreicbten. Abermals ging es durcb Mulden und dichtes Krummbolz fast gegen den Rand des Zuges, der die recbte Tbalwand des Roban-Kot bildet, eine tiefe Mulde wurde durchquert, ebenso eine grosse Reihe kleiner Mulden, endlicb kam eine Steigspur die uns nacb weiteren l‘/ 2 St. in einen Kessel fiihrte, wo wir eine Quelle 1726 m fanden, und wo wir Eisen-Bohn- erze antrafen. Hier wurde 1 / 4 St. gerastet, um 5‘/ 2 Ubr bracben wir wieder auf, erreichten in wenig Minuten die primitivenHiitten der Alpe Polžek in einer sclionen vreiten Grasmulde gelegen. Dodi war hier keine Zeit zum Staunen, sollten wir noch bei Tag auf sicheren Weg kommen; vrasste icb doch aus den Angaben des AneroideSjdassnocbmindestens 1000 Meter bis zur Sann abzu- steigen kvaren, wozu noeb Stunden nothig waren. Nun ging es anfangs auf gutem Steige 5 Min. abwarts, bald verliessen wir den Weg, der nacb Leutsch fiihrt. und stiegen wieder fast pfad- los durcb Krummbolz in der Ricbtung gegen die Raduha zu ’/ 4 St. aufwarts, zur Schneide der Podveša 1680 m . Nun fiihrte ein steiler Steig am Rande des Riegels nordwestlich zuletzt vvestlich steil abvrarts in die Mulde der C reta-Alp e 1180 1 ", die wir, abgerechnet den Zeitverlust durch das Sucben meiner verlorenen Steigeisen, in 3 / i St. erreichten. Bevor wir zur Hiitte kamen, trafen wir eine berrliche Quelle, an der vvir unseren erst spat Abends auftretenden Durst stillten. Es war 7 1 /! Ubr, und bereits vollkommen dunkel, der -weitere gefahrlicbe Weg in das Tbal ohne Beleuchtung niclit zu wagen. Docli der Fiihrer \vusste Rath. Aus dem Leibriemen zog er sein Handbeil — ein treffliches Ausriistungsstiick fur Berg- fiihrer — und spaltete ein Brett, das er in der Nahe der Hiitte fand. Schon glaubte icb, er bereite das Nacbtlager vor, als die Menge der Špane mich vermuthen liess, es handle sicb um die Herstellung einer Fackel. Nachdem wir selbe miibsam zum Brennen gebracht batten, bracben wir auf. Ein scbmaler stei- niger Weg fiihrte uns am linken Rande einer Scblucbt abwarts, die Fackel leistete vorziiglicbe Dienste, docb drohte sie mebrmals zu verloschen. Was solite dann gescbehen? Wir waren vvohl ge- zwungen gewesen, an Ort und Stelle zu bleiben, denn in der finsterenNacht hatten wir \vedervor noch riickwarts gekonnt. Da kam mir ein rettender Gedanke. Ein grosses Stiick Speck befand sicb noch unversehrt in meinem Rucksacke, dasselbe vvurde ber- 58 Prof. Dr. J. Frisohauf. vorgeholt, in Streifen gesclmitten und selbe indaslnnere der Holz- fackel gesteckt. Nun liatten wir eine mindervolle Beleuchtung. Das liolz diente als Docht, das gesclimolzene Fett brannte hell- blau und spriibte in flammenden Flocken in die Tiefe. Nach 1 St. liatten vvir den r i’halboden erreicht, schon lange friiher horten wir das Tosen der Sann, endlicli standen wir am Eingange des Belabaches beim Bauernhof Pivšek. Hier verabschiedete icb meinen trefflicben Fiihrer und mit zwei neuen Fackeln ausge- rtistet zog icb gegen Sulzbach. Trotzdem mir der oft begangene Steig vollkommen bekannt \var, gerieth icb auf der Strasse ein- mal in das Wasser und als icb die Klovaso-Schluckt iiberscbritt, verlosclite in Folge eines Windstosses mir die zvreite Fackel. Miihsam sondirend legte icli den Rest des Weges zuriick, und Schlag 10 Uhr klopfte icli an das Thor des Gastbauses. Am nachsten Tage bei beftigem Regenwetter musterte ich dasFremdenbucbdesHerrn Pfarrers Janc, am Naclimittage kehrte icb in mein Standcjuartier Ober-Seeland zuriick. Logarthal und Okrešel. Die Ervveiterung des letzten Tbeiles des Sannthales mit dem herrlichen Felsencirkus der Ojstrica, Planjava, Brana und Kotla als Abscbluss bildet in der Regel das Endziel der soge- nannten „Sanntbaler Ausfliigler“. Der Verlauf des Sanntbales tbalaufvvarts ist von Ostnacli West. Diese Tlialenge ersveitert sicli 1 St. vrestlich von Sulzbacb zu einer nacb Siiden ziehenden \vei- ten Tbalstufe von 2 St. Lange und etva '/« St. mittleren Breite. Von dem 5 Min. innerhalb liegenden Bauernliofe „Logar u 683 m bat dieser Tbeil des Thales den Namen Logartbal erbalten. Dieser Thalabschluss, mit dem sicb kaum das lierrlicbe Stodcr- tbal vergleicben kann, diirfte einzig in den Alpen dasteben. Felder, Wiesen und einzelne Waldpartien vrechseln im ebenen Theile, die unteren Partien der beiden Thalseiten sind dicht be- valdet, in den oberen ragen die spitzen Felszacken der oben be- nannten Hoben empor. An sonnigen Tagen berrsclit eine driickende Hitze, die trotz der boben Lage Obst zur Reife bringt. Langs der durchsichtigen Sann gelit der breite Fahnveg im Tbale in kaum kennbarer Steigung veiter. Beim einfachen Holzgebliude A n dre vorbei erreicht man in einer starken balben Stunde den letzten Bauernhof „ Plesnik “ 730 m , dessen gegen- \vartiger gebildeter Besitzer, Herr Johann P is k er ni k, liier eine gastliche Stiitte fiir die weiteren Touren geschatFen bat. Viele Tage brachte icb in diesem Hause zu. Zwei Steingebaude, von denen das links stehende das Bauernbaus ist, das rechts ste- hende die Fremdenzimmer enthalt und ein nordlich von ersterem stebendes ITolzgebaude mit mebreren Zimmern bilden den Die Sannthaler Alpen. 59 Haupttheil dieses grossen Gehoftes. Unterhalb desselben ent- springt die Sann zum zweitenmale dem Gerolle des Tbalbodens. Vor Beginn der Hochtouren versieht man sich hier mit Proviant und Fiihrer, die der freundliche Besitzer gerne zur Ver- fiigung stellt. Trefflich ruht es sich an sonnigen Tagen nach vollbrachter Arbeit an den herrlichen Rasenplatzen in der Nahe des Hauses und frisclies Bier erlioht die Freuden der gelungenen Tour. Das Blattern in dem hier aufgelegten Fremdenbuch kann auch leicht liber einen Regentag hinweg helfen. Hinter dem Plesnik endet der Feldbau, links vom trocken steinigen Sannbette fiihrt die gute Strasse thalaufwarts, nach V, st. wird ein niederer Riegel iiberschritten, unbedeutend auf- ■warts zieht der Weg noch t / t St. im Thale vveiter; nun thutman gut, die Sann zu iiberschreiten und rechts t / t St. liings desFahr- weges zur letzten Kohlerei 945 m zu gehen. Der breite Weg endet an einer abgeholzten Stelle. Ein gut sichtbarer Fusssteig fiihrt in '/ 1 St. an den Thalschluss, -wir stehen vor einem pracht- vollen Naturbilde, dem 120 Meter hohen Rinkafalle. Ueher eine rothliche Felswand stlirzt die Sann hinab; allgemein \vird dieser Fali als Sann-Ursprung bezeichnet, aber mit Unrecht. Diese Bezeichnung diirfte von jenen Touristen herstammen, welche hier angesichts der steilen Fels\viinde die Welt mit Brettern verschlagen, und daher das von der Natur gesetzte Endziel ihrer Wanderungen zu finden ivahnten. Der eigentliche Ursprung der Sann ist in der nachsten Terrasse zu suchen. Mag man im Beginn des Sommers, wenn die schmelzenden Schnee- massen in starkem Strome ab\varts stiirzen, oder im Spatherbste bei geringer Wassermenge den Fali besuchen, jedesmal lohnt der Anblick die geringe Miihe des Besuches. Zur letzteren Zeit cnt- schadigen die schbnen Staubfiille, von der Morgen- und Abend- sonne regenbogenartig gefiirbt, den Mangel an Wasser. Die iippige Vegetation: Buchen und Tannen in der Nahe, mildern das Groteske der Felspartien. Ueber den Felswanden vom Falle aufwarts liegt die obere Terrasse des Logarthales „Okrešel“ ¥ ) genannt. Man kann nun links vom Falle liings des »Schafweges!“ iiber die steile Leline aufwarts gelangen, ich rathe aber Niemanden diesen Weg, na- mentlich, wenn er keine Steigeisen mitfiihrt. Oben iiberschreitet man dann den Felsrand, steigt iiber eine niedere TV and abviirts und erreicht vermittelst eines angelehnten vom Sannbache um- spiilten und daher sehr schliipfrigen Stammes die bet[uemere Mitte des Baches. Unter allen Umstanden ist es besser Vt St. zuriick zu gehen und nun — thaleimvarts gezahlt — rechts aufzu- steigen, d. h. den sogenannten „Kuhweg“ einzuschlagen, der un- *) HoMung, Rundung. 60 Prof. Dr. J. Frischauf. mittelbar vom Ende des friiher ervaknten Fahrvveges beginnt *). Hier macht das Thal eine starke Wendung. Die fast nach Siiden (nur unbedeutend gegen Westen) gebende Richtung vervandelt sicb bei der UeberschreitungderSann in Siidsiidvvest, biegt bei der VVbgspaltung nach West ura und vendet sicli an der linken Tballehne (also thalaufwarts rechts) auf die Hoke fast in nord- westlicher Richtung. Von der ervaknten Wegspaltung gelit es nun durch 20 Min. steil aufvarts, Buchen und Tannen sckiitzen vor den Strablen der Sonne. Hat man diese Strecke uberstanden, dann fiihrt der Weg massig an der Bergleline bei einigen Ab- rutschungen, die mit Gelander versehen sind, vorbei aufvarts, spater steigt man eine kleine Strecke abvarts und erreicbt nach >/ 2 St. den Ursprung der Sann 1290 m . Dem Grunde einer kleinen Felsvvand entstromt das Wasser (2° C.), velches hier einen villkommenen Labetrunk bietet. Nun vendet sicli der Weg links und man erreicbt in */ 4 St. auf bequemem Steige durch Wald die Alpe Okrešel 1375 m , einen sckonen fast ebenen Boden, mit einer hochst primitiven Alpenhiitte; 3 Min. tiefer am Ende des Waldes befindet sich das neue Schutzhaus 1360 m , welches fiir 20 Personen geniigenden Raum gevahrt. Ein treff- liches Standquartier, da es an der Vereinigung der drei Wege nach Stein, Rinka, Vellach und Seeland liegt. Rechts, d. i. nordvvestlich imponiren die Felswande der Merzlagora, fast im Westen steht die spitze „steierisclie Rinka“, siidlieh die hier nieder scheinende Brana, siidostlich folgen Baba (Planjava) und Ojstrica. Die Lage der Alpe ist \vahrhaft schiin; sie vvird soivohl den Freund lieblicher Landschaften als jenen romantisclier Scenerien sicherlich befriedigen. Schvvellende Rasen- matten bei der verfallenen Alpenhiitte laden zur Ruke, und neigt sich dann die Sonne ihrem Untergange, iiberschiitten ihre letzten Strablen die fantastischen Felsgebilde des Alpencirkus Okrešel mit goldigem Glanze, dann kann dies Bild volil nimmer dem Gedachtnisse entsehvinden. Der Steiner Sattel. Zvischen den beiden Felsmassen der Brana und Baba befindet sich eine breite (griine) Einsattlung 1900 m , vvelche die einzige Unterbrechung der Zacken des Hauptzuges ist, und die Verbindung der Thaler der Sann und Feistritz bildet. Bis vor Kurzem var es jedoch nur geiibten und unerschrockenen Kletterern moglich, diese Passage zu vollfiihren. Die Nordseite fallt in einer iiberaus steilen fast 200 Meter liohen Wand ab, die Siidseite bildet eine zvar steile aber ganz gut gangbare Rasen- *) Gegenvartig mit Wegtafeln bezeichnet. Die Sannthaler Alpen. 61 flaclie, '/ a St. bis 3 / t St. tiefer liegt daselbst an einem Felsen- blocke eine primitive Hiitte aus Steinen zusammengefiigt — Eigenthum der reichen Stadt S tein. Die Herstellung einer menschlicben Verbindung der bei- den Thaler Sann und Feistritz, d. i. die Anlegung eines Steiges durch die Nordabstiirze des Sattels war eino der Hauptaufgaben des eliemaligen Sulzbacher-Comites des Steirisdien Gebirgs- Vereines, d. i. der gegemvartigen alpinen Gesellschaft „ Sanntha¬ ler". — Herrn Johann Piskernik war diese Arbeit iibergeben, selbe solite bereits im Sommer 1875 ausgefiihrt Averden. Der Bau der Okrešel-Hiitte hatte aber alle seine disponiblen Arbei- ter vollends in Anspruch genommen, die frtih eintretende scklechte Witterung machte jede Arbeit im Herbste unmdglich, selbe musste dalier auf das Jahr 1876 verschoben Averden. Zur schnclleren Betreibung der Arbeiten in den Sannthajer Alpen begab ich mich, sobald es meine freie Zeit gestattete, an Ort und Stelle. Am 19. Juli kam ich in Kappel an. Durdi die Giite des Herrn Biirgermeisters R. Prugger, Yerwalter der RaineTschen Gewerkscliaft, erhielt ich alsogleich eine grossere Anzahl Bohrer, Spitzmeissel, Schlagel, some 3 Kilogramm Dynamit sammt den nothigen Kapseln und Ztindschnuren fiir diese Wegverbesserung. Zwei bereits mit Dvnamit vertraute Arbeiter -svurden Sonntag den 23. Juli nach dem Logarthal mit diesen Gerathen geschickt. Selbe arbeiteten zAvar nur einige Tage, doch war dies hinreichend die drei einheimischen Arbeiter Primus und Mathias Pod- prešnik und Thomas Fajon in der Vervrendung des Dynamites zu instruiren. Den letzteren dreien gebiihrt das Verdienst der Aollfilhrung dieser schweren Arbeit. Bei meiner Ankunft im Logarthale forderte mich ITerr Piskernik auf, in Begleitung des erAvahnfen Primus den Steiner Sattel am nachsten Tage zu begehen, um die Weganlage zu be- sprechen. Um 5 Uhr friih brachen \vir am 22. Juli auf, erreich- ten nach 2‘/ s St. die Hiitte im Okrešel, deren Dimensionen ich genau aufnahm. Die Lange betragt 3 Klafter, die Breite 2 Ivlafter. Eine Pritsche im Hintergrunde bietet fiir 8 bis 10 Per- sonen bequemes Lager; Tisch, Biinke und Kasten bilden die in- nere Einrichtung. Die massiven Stamme, aus denen sie gebaut J st, geAAiihren hinreichenden Schufz gegen Un\vetter. Von der oberen alten Hiitte wendet man sich links d. i. siidlich; ein mit einem Kreuze bezeichneter und mit der Aufschrift „Stein“ ver- sehener Steinblock weist die Richtung an. Ein breiter Steig fiihrt in den Wald massig aufsvarts, bald spaltet sich der Weg dreifach; der untere etwas schlechtere fiihrt in 1 / i St. bei emer Quelle vorbei, der mittlere ist der sogenannte Haupt\veg,. der dritte fiihrt etwas oberhalb des mittleren. Warum man nicht den letzteren als Hauptweg gewahlt kat, weiss ich nicht. Nach 62 Prof. Dr. J. Frischauf. Ueberschreitung zweier schmaler Gerollrisse kommt man quer durčh den Grund einer Mulde in die man kinabsteigt um dann vvieder aufzusteigen. Gebt man den unteren Weg, so erspart mansich dengrossten Tlieil dieses Ab- und Aufwartssteigens, geht man den oberen so macbt man gar keinen Umvreg. Unter allen Umstanden ist der obere Weg vorzuzieken. Bald (nach et\va V« St.) erreicbt man eine gegen die Einsattlung zwiscben Brana (ostlick) und Kotla (vvestlich) sich ziebende lange Scbiitt, deren Grund heuer vollstandig mit Scbnee bedeckt war. Nun tiberscbreitet man diese Scbiitt und vvendet sicli einem bis an die Felsvvand des Steiner Sattels in der Richtung beinahe genau nach Siiden binaufziebenden mit Rasen bedeckten Riegel zu. Fast immer am Rande der Scbiitt fiibrt der becjuemste Weg aufvvarts. In 1 St. mittleren Scbrittes kommt man von der Hiitte bis zur Felsvvand 1725 m . Links ist eine iiberhangende Wand, vvelche bei plotzlickem Unvvetter trefflicben Schutz bietet, rechts gebt der Weg aufvvarts zur Wand. Eine kurze Schilderung der Begchaffenbeit unseres Weges vor der Steiganlage diirfte nicbt obne Interesse sein. Eine Scbneeflacbe versperrte den Zugang zur Felsvvand, vermittelst meines Pickels scblug Primus Tritte in den barten Scbnee, ein Sprung iiber die Kluft bracbte uns zu einer Platte und von bier links an den Anfang einer iiberaus stei- len engen Felsrinne, durcb welcbe der Weg aufvvarts fiibrt. Diese Rinne glatt und fast obne Iialt, vvar das schvverste und ge- fahrlichste Stiick Arbeit bei der friiberen Passage des Steiner Sattels, nur an vvenigen Stellen vvaren links seitvvarts Spuren von eingebackten Tritten, deren Bentitzung kaum anzuratben vvar. Nacli der Durchkletterung kamen wir auf eine runde Platte. Nun musste iiber glatte Felsplatten aufgestiegen vverden, um den Grund einer Scblucbt zu erreicben, durcb %velcbe dann vvieder der Weg aufvvarts fubrte, um zuletzt fast ostlich quer durcb den oberen Theil der Wand zu gelien, vvorauf man in 1 St. die vveite Flacbe des Sattels 1900 m erreicbt. Der Weg von der Rinne an war zvvar unvergleicblicb leichter aber nocb immer nicbt ungefabrlich, an scbmalen Felsleisten uber dem Abgrund scbwebend musste man sicb hiniiber vvenden, die Ueberscbrei- tung der Scblucbt und dann aufvvarts an die Felsen vvar eben- falls mit Sclnvierigkeit verkniipft. Oben angelangt hat man eine pracbtige Aussicbt nacb Norden und Siiden. In ersterer Ricb- tung fesselt besonders die niicliste Dmgebung und Okrešel, man iiberblickt das Logarthal und geniesst eine vveite Fernsicbt in das Drauthal. Nacb Siiden bat man den Anblick des tief dunkel be- vvaldeten Feistritz-Thales mit dem Silberbande des gleichnamigen Baches; fast ganz Innerkrainliegt dem Auge desBescbauers offen. Nach langem Aufentbalte vvandten vvir uns zum Abstiege. Bis zur Felsrinne hatte die Wabl der Steiganlage keine Sclivvie- Die Sannthaler Alpen. 63 rigkeit. Meist konnte die fruhere von den Hirten betretene Trače vervendet verden. Um so melir Ueberlegung kostete uns die Felsrinne. Schon liatten vir uns vegen Anbringung von Stufen und einer Art Leiter sovie eines langen mit Bleiknoten versebe- nen Drabtseiles geeinigt, als icli unzufrieden vegen des Umstan- des, dass dann trotzdem der Steig ni elit zum Scliaftriebe beniitzt verden konnte, dem Gedanken des Versuches einer Umlegung nachgab. Ein anderer Anfang des Steiges konnte vermoge der Bescbaffenheit des Terrains nickt gevahlt verden, denn sovokl recbts als links varen nocli argere Felsvande zu passiren. Aber vie die Felsrinne umgeben? Meine Uebung im Steigsuchen balf mir liier aus der Noth. Etvas recbts seitvarts zog eine Art Fels- band nacli recbts aufvarts; fast parallel mit diesem ein zveites, von dessen oberem Ende vieder ein Felsband unter einem stumpfen TVinkel nacli links aufvarts gegen das obere Ende derRinne zog. Die Mitte dieses Bandes var unterbrocben. Dieser von der Natur angedeuteten Richtung solite die neue Steiganlage folgen. Zu- erst in dem unteren Bande, dann vermittelst einiger Stufen auf¬ varts in das obere und von bier nacli dem links zielienden Bande. Den Schafen, velebe von Sulzbacb auf die Siidseite des Steiner Sattels getrieben verden, solite dadureb in der Zukunft der miibsame Umveg iiber die Škarje und langs der Absturze der Planjava zu ihrer Weide erspart verden. Meine Idee fand Bei- fall. Mit dem Gedanken eine gute That geplant zu haben, vaiid- ten vir uns abvarts, beniitzten in der Scliiitt die Scbneefelder zum Abfabren und erreicliten bald die Hiitte, vo vir einige Stunden ruliten. Eine an demselben Tage beabsichtigte Begebung des Ueberganges von Okrešel nacb Vellacli und Ober-Seeland musste vegen der bedeutenden Schneemassen, velebe den obe- ren Tbeil des Tliales ausfiillten, unterbleiben. Um 8 Ubr Abends varen vir im Logarthale angelangt. Die Arbeiten, velebe am 24. Juli begonnen vurden, sebritten — Dank der fortgesetzt sebonen Witterung und demFleisse der Ar- beiter — riistig vonvarts; als icb selbe am 4. August inspicirte, va¬ ren bereits dieSprengungen zur Umlegung derRinne beendet, und man arbeitete sebon gegen die Scbluclit zu aufvarts. Bei der Er- bffnung am 15. August var der Weg vollendet, nur einige scbmale Stellen sollten durch befestigte Baume nocli verbreitert verden Okrešel — Veliacher-Kočna. Das zveimalige Misslingen der Erreicbung des Gipfels der Skuta im J. 1874 var Veranlassung, diesen Punkt als Hauptziel meiner im J. 1875 auszufiilirenden Touren in den Sannthaler Alpen auf das Programm zu setzen. Als zveiter Programms- punkt var die Ersteigung der Merzlagora angesetzt. Das impo- 64 Prof. Dr. J. Frischauf. sante Bilci, das diese Felsenspitze durch dieSchlucht „Rinkathor“ von dem Plateau des Centralstockes dem Beschauer bietet, der Einblick in die Verzweigung des ostlichen Theiles, den dieser Knotenpunkt der Thaler Logar, Jezeria, Bela (Vellach) ge- vahren diirfte, erhoben auch diese Tour zu ungevohnlicher Be- deutung. Eine dritte, noch pflichtgemass auszufiihrende Tour vare die Ivanker-Kočna ge vesen. Doch diese Tour bot mir kein bcsonderes Interesse und bei meiner bekannten Geniigsamkeit molite ich das so ziemlich in sicberer Aussickt stehende Ver- gniigen, sicli bei dieser Partie den Hals zu brechen, einem an- deren Kletterer iiberlassen. Doch vas ist ein in der Stadt fest- gesetztes Programm der Gebirgstouren. Bei der projectirten Tour auf die Merzlagora hatte ich die Rechnung ohne Wirth ge- macht, d. h. diese Tour in das Programm aufgenommen, ohne zu \vissen, um velche Spitze es sich eigentlich handelt. Der nach- tragliche Erfolg in der Centralgruppe liess alle guten Vorsatze „das Leben ja nicht in eine Gefahr zu bringen" vergessen und ein Angriff auf die Kanker-Kocna von der unzuganglichsten Seite unter Ausserachtlassung aller gebotenen Vorsichten, wie spater ausfulirlicher geschildert verden soli, war die Folge. Wie bereits bei der Beschreibung der Tour auf die Raduha ervahnt vurde, hatten administrative Angelegenheiten mich zu- erst nach Leutsch und in das Logarthal gefiihrt, von wo also mit der Tour auf die Merzlagora, fiir velche mir Herr Plesnik seinen Jager Primus zusagte, begonnen verden solite. Trotz frtihen Aufstehens vurde es 5 3 /* Uhr als ich am Morgen des 10. August das Haus des Plesnik verliess; ein heisser Tag war angebrochen, die Sonne legte sich in den Thalkessel und der im vorigen ikufsatze geschilderte Weg zur Alpe Okrešel fiel mir ziemlich schwer; ich var herzlich froh, als ich endlich diesen Punkt erreicht hatte, um mein zwar geringes aber bei der Hitze, die sich in den ersten Morgenstunden bereits fulilbar machte, mir unangenehmes Gepack los zu bekommen. Den Jager Primus und die iibrigen Arbeiter fand ich etvas unterhalb des Bau- platzes; die in der projectirten Anlage fertige Okrešel-Hiitte wird dann ein hochst bequemes Quartier fiir die Sannthaler Touren sein, da sie gerade am Vereinigungspunkte der drei Haupt-Partien: nSattel, Rinka und Vellacber-Kočna“ liegt. Nach einer kurzen Rast, wo ich mich besonders an dem herrlichen Wasser erfrischte, brachen vir auf. Wir gingen dies- mal etvas anders als im vorigen Jalire mit Jernik, da vir directe den Sattel nach Vellach erreichen vollten. Anfangs gingen vir rechts vom trockenen Bache, dann links, mit Vermeidung jedes Gerolles hatten vir hereits nach '/ a St. den oberen Theil des Thalbodens erreicht, ein Schneefeld spendete uns villkommenen Trunk, von dem ich in Ervartung eines tiichtigen Durstes bei Die Sannthaler Alpen. 65 der projectirten Besteigung der Merzlagora mehr trank als ich be- durfte. Eine vveitere balbe Stunde brachte uns recbts auf die Hohe; hier, erklarte mir Primus, sei der gevvohnliche Uebergang. Voriges Jalir hatte ich unter Jerniks Fiihrungeinen vvestlicheren Punkt erreicht, nnd diesen fiir den eigentliclien Uebergang ge- lialten. Jerniks Sattel gestattet, so wie es mir schien,'einen be- quemeren Stieg in den oberen Theil der Vellacher-Kočna, er- fordert jedoch eine etwas schwierige Passage fiir den Abstieg in’s Sannthal. Der Sattel, auf den micli Primus fiihrte, war von der steierischen Seite sehrleicht zu erreichen; dagegen erforderte der erste Theil des Abstieges in die Vellacher-Kočna eine hochst be- schvverliche Kletterei. Auf der Einsattlung erfuhr ich — so weit meine geringen Kenntnisse des Slavisehen dies ermbglichten — welche Bevvandtniss es mit dem Namen nMerzlagora 11 *) habe. Mein Fiihrer Primus bezeicbnete sammtliche Felsvvande zu beiden Seiten des Ueberganges vom Okrešel in die Vellacher-Kočna mit diesem Namen, besonders hatte er fiir den Uebergang diese Be- zeichnung. Die vom Binkathor aus vermeintliche Spitze schien mir niederer als eine etwas nbrdlicher stehende; zu beiden Seiten des Sattels tauchten phantastisch geformte Kalkspitzen auf, deren Hohe schwer nach dem Augenmass zu schiitzen ist, und deren Ersteigung und Erforschung eine zwar schwierige aber hochst dankbare Aufgabe eines Alpenforschers bilden wiirde. Die bei der Ersteigung des Sattels in Aussiclit genommene Spitze ist von hier aus unmoglich zu erreichen, es schien mir, dass man vom unteren Theile der Vellacher-Ivočna vielleicht auf die Hohe kommen konne, von wo es dann vielleicht moglich ware, nach einer hochst beschwerlichen Felswanderung den Gipfel zu er- klimmen. Als ich nach einigen Tagen den alten Jernik, den besten Kenner der Sannthaler Alpen vvegen der Merzlagora aus- frug, nannte er die stidlicke „Merzlagora“, die nordliche „Kopa“ **) und erklarte den vermutheten Weg als einzigen Zugang zu letzterer, er meinte jedoch, die Tour ware iiusserst sch\vierig, man miisste grosse Strecken auf demBauche kriechend passiren. Trotz des Nicht-Gelingens der projectirten Tour freute ich mich sehr der instructiven Aussicht vom Sattel, die wenn sie auch nicht umfassend ist, dennoch als hochst lohnend bezeichnet werden muss. Nach etwa 2stiindigem Aufenthalte begaben wir uns zum Abstiege. Zuerst ging es iiber einen steilen ausgewaschenen Ab- sturz, wo man kaum einen festenTritt fassen konnte, dann kamen steile Felsrippen und Platten, die wir meist rutschend auf allen Vieren passiren mussten. Ziemlich lange dauerte dies muhsame Klettern, erst tief unten als wir in den Alpenboden und in die Krummholzregion kamen, verbesserte sich das Terrain. *) Kalter Berg. **) Diese Namen befinden sich auch auf der Militar-Aufnahme. 6G Prof. Dr. J. Frischauf. Nach et\va 1 St. erreichten \vir einen guten Steig, der uns in '/* St. zur kleinen Hiitte des Schafhalters fiibrte; liochst ro- mantisch ist selbe in einen Fels liineingebaut, die neue Thiire scbimmerte gliinzend vom unteren Thalboden im Scheine der Nachmittagssonne; \venige Minuten \veiter ist eine lierrlicke Quelle. Aeusserst sclimal sind die Terrassen fiir die Weide, man halt es kaum fiir moglich, dassThiere dort fiir langere ZeitFutter finden. Und docb ist die dort geziichtete Race die besteimLande ja vielleicht in der ganzen Monarchie. Nicht die Menge sondern die Beschaffenheit des Futters be\virke dies, erklarte man mir; auch liessen sicb diese Scbafe olme baldige Verkiimmerung der Race in keine andere Gegend versetzen. Von bier wendet sicb der Steig ostlich; man klettert liber einen nasenformigen Vor- sprung, der mit ziemlicb guten Stufen zuganglicb gemacbt ist, dann kommtmitten im Gestriipp eine steile Scbiitt, die ein rascbes Hinabkommen gestattet, und nach 3 / t St. ist man unten im Thal- boden. Durch einen pracbtigen Bucbenvcald sind nacb ] / 4 St. die unteren Alpenbiitten erreicbt. Hier verabscbiedete ich den Fiibrer, der alsogleicb den Riickweg, um den icb ibn vrabrlich nicbt be- neidete, antrat. Nacb einer kurzen Rast ging icb weiter, bald waren das erste gemauerte Haus und nach >/ 4 St. der grosse Bauernbof Maros erreicbt. Hier wendet sicb die Strasse an das linke Ufer und nacb 3 / 4 St. kam icb in das Bad Vellach, dessen Gaste — es war 3 Uhr Nacbmittags — gerade Mittagsscklaf bielten; selbst die drei Grazien blieben zuruckgezogen. Hier ■wartete ich diebeissesten Stunden ab, esstandmir ja nocb diebe- schwerliche Tour iiber den Seeberg bevor. Immer babe icb Scbeu vor steil ansteigenden Poststrassen, docban Steilbeit iiber- ragt der Weg uber den Seeberg jede andere Strassenanlage; zu dieser wurde \vabrscheinlicb ein kiihner Ziegenbock an Steile des tracirenden Ingenieurs verwendet. Nacb 1 St. \vurde es im Bade lebendig: man riistete sicb — nicbt zu einem Spazier- gang — nein! zu einem Reifenspiel. Soli dies „zum Kinde wer- den“ auf die verjiingende Kraft des Bades zuriickzufubren oder ein Zeicben fiir die geistige Holie der Gesellsehaft sein? Wenn icb mir diese gelangweilten, geputzten Gestalten ansah, die Herren mit weissen Cravatten und Glacehandscbuhen, so glaubte ich eher das letztere annehmen zu miissen; denn Kinder lieben ja keinen Zwang. Um durch mein Costiim Niemanden Scbrecken einzuflossen, bradi icb ebenfalls auf. Den steilen beschwerlichen Seeberg legte ich ohne Unfall zuriick, mit dem freundlicben Postmeister von Ober-Seeland plauderte icb eine Stunde, um mich von den Strapazen zu erholen, dann macbte icb den Scbluss zum „Kazino“, \vo icb auf das zuvorkommendste aufgenommen \vurde und man mir alsogleich einen verlasslichen Mann um den Die Sannthaler Alp en. 67 alten Jernik sandte, der ftir die nachsten Tage als Fiikrer ausge- wahlt war *). Die Besteigung der Merzlagora vrarde selbstverstandlich in das Touren-Programm 1876 aufgenommen. Zunachst solite der Steig von Okrešel in die Vellacher-Kočna gebahnt werden. Nacli meinen bisherigen Erfahrungen entschied icb micb ftir den west- liclien Sattel als Uebergang, weil dessen Zuganglichkeit auf der Karntner-Seite gar keine Steiganlage, auf der steierisclien Seite nur eine geringe Arbeit erforderte, und man dann vom Uebergange sotvohl nach Vellach als auch nacb Ober-Seeland absteigen konnte. Am 4. August bracsh icli mit Herrn J. Piskernik zur Mar- kirung des Steiges auf. Wir gingen von Okrešel ’/ 2 St. bis an den oberen Theil des Tbalbodens, den ein weites Schneefeld be- deckte, -vvandten uns hier rechts aufwarts und kamen langs eines gut sichtbaren Steiges in V* Sl- i n di e nachste Terrasse „Merzlo- Kot“. Voriges Jabr liatte micb Primus bald rechts auf die Hohe geftihrt. Der Umstand, dass man selbe von bier aus sehr bequem erreicht, scbeint Veranlassung gewesen zu sein, den Uebergang auf dieser Seite zu suchen. Wir wandten uns diesmal in der eben betretenen Terrasse weiter, erreicbten bald den Schluss und von hier ging esivieder rechts tiberKrummholz und niederePlatten in ‘/ a St. bis auf den Sattel 1987 m , den wir also von Okrešel aus in l 1 /* St. erreichten. Wie schon frtiher erwahnt, geniesst man hier eine prachtvolle Aussicht. Wir tiberzeugten uns, dass von hier aus der Abstieg in die Schafhtitte der Alpe Pastiralski leicht moglich ist, und nachdem \vir durch mehrere Stunden alle Risse gegen Merzlo-Kot studirt hatten, einigten wir uns tiber die Weganlage und Verbesserung. Mit zahlreichen Zeichen vrurde der Abstieg bezeichnet, die Verbesserung erforderte nur das Aus- hauen von Krummholz und die Anbringung einiger Stufen. Bei der Eroffnung der Sannthaler Alpen am 14. August \varen diese Verbesserungen noch nicht ausgeftihrt, aber der Abstieg bereitete keinem der Festgenossen irgend -vvelche Sclnvierigkeit. Weniger Gunst erfreute sich die Merzlagora. Wegen ihrer prachtvollen Form, in der sie sich dem Beschauer „von unten“ reprasentirt, \vurde sie oftmal auf das Touren-Programm gesetzt um spater, wenn ich sie von hoheren Punkten unter meinen Ftissen sah, \vieder abgesetzt zu werden. Mit gleichem Redite hatten auch Kopa, Seelander Baba und eine Unzahl niederer Spitzen in das Touren-Programm aufgenommen werden mtissen. Bei meinem intensiven Studium der Sannthaler Alpen im J. 1876 hatte ich hinreichend Gelegenheit, die Wahrheit des Spruches von Goethe zu erkennen : *) Geschrieben im September 1875 zu St. Michael im Lungau. 5* 68 Prof. Dr. J. Frischauf. „Vergebens werden ungebund’ne Geister Nach der Vollendung reiner Hohe streben. In der Beschrankung zeigt sich erst der Meister, Und das Gesetz nur kann uns Freiheit geben.“ Baba (Planjava). Westlich von der Ojstrica — von letzterer getrennt durch den Sattel (Uebergangspunkt) Škarje 2110 m — erhebt sich ein mehrzackiges Felsenmassiv, das steil gegen den Steiner Sattel abfallt. Dieser im Hauptzuge der Sannthaler Alpen liegende Tlieil vird inSteiermark „Baba“, in Krain ^Planjava 11 genannt. Die hochsten Partien sind am Westende, zwei fast gleich bobe Spitzen von denen die ostliche eine Stange als Signal triigt, die westlicbe durch eine unbedeutend tiefe Šebarte von der ostlichen gesebieden ist. Die ostliche Spitze bildet nach Siiden einen in den oberen Partien mit Rasen bedeekten Abfall und ist das Ziel der manekmal von Stein aus in Scene gesetzten Besteigungen der „Velika Planjava 11 . Die Lage mitten zwiscben den beiden Hauptgruppen der Ojstrica und des Grintovc liess einen instruc- tiven Einblick in das Gevirre der Felsenmassen des Gesammt- stockes vermutben. Icb volite daber bei meiner am 4. August vorgenommenen Revision der Arbeiten am Steiner Sattel das fortdauernd sekone Wetter zu einer Besteigung der Baba be- niitzen, und verabredete mit Plilfe des Herrn Piskernik als Dolmetscb mit dem Primus diese Tour. Er solite mioh zur Stei¬ ner-Alpe begleiten, dort vollten vir den alteren Halter, einen kundigen und gebildeten Mann — er bat das ganze ebemalige Gvmnasium mit gutem Erfolge absolvirt — ftir diese Tour als Hauptfiibrer gevinnen. Die Nacht vom 4. bis 5. August brachte icb tbeils in der neuen Okrešel-Hiitte tbeils— in Folge der Hitze — im Freien zu, vunderbar var das Bild des Felsencircus bei der Beleuchtung des Vollmondes, es var eine Alpennacbt vie sie von Poeten besungen vird, eine Nacbt die selbst auf mein nur nach Steigverbesserungen und Studien gerichtetes Gemiith den Reiz des Zaubers der Alpenbilder langs entscbvundener Zeiten iibte. Nichts stumpft den Gebirgsgenuss mebr ab, als das fortgesetzte Streben nach Correctur der Alpen-Gegenden, vie dies bei Steiganlagen der Fali ist, oder gar das Abfassen eines „Gebirgsfiihrers“ mit der Aufgabe: die Touren nacb dem Mass- stabe der Lobnbarkeit zu classificiren, ikre Mangel und Scbva- chen aufzusucben, bloss nacb der Dbr zu laufen und dabei sicli ja nicht umzuseben, den man konnte ja eine um eine ganze Minute falsche Zeitangabe erbalten. Hier in dieser vundervollen Gebirgs- nacht konnte ich frei von aller mehr auf die Bediirfnisse der Nebenmenscben gericbteten Arbeitmich dem vollen Naturgenusse Die Sannthaler Alpen. 69 hingeben. Zeitlicb Friili, es dammerte kaum, brach icb mit den Arbeitern nach dem Steiner-Sattel 1900 m auf. In der Schlucht verabscbiedete icb mich von Mathias und Tbomas, erreichte dann die schonen Rasenplatze der Hohe und nun ging es iiber dichte Alpenmatten rasch abwarts. Ein Ausgleiten iiber den stei- len Rasen konnte vreiter unten bedenklicb vverden, nacb */ 4 St. beginnen bereits Anzeicben niederer „Wandeln“, selbe vverden etvvas links gehalten umgangen, und nacb scbwacben 3 / 4 St. vom Sattel gerecbnet steben wir an einem ebenen eingefriedeten Ter- rain 1470 m . Ein riesiger Felsblock bildet die Riickwand einer bocbst primitiven aus Steinen zusammengelegten Hiitte, deren vorderer Tbeil recbts einen zweiten Felszack als Ecke und eine dazvvischen eingesetzte Thtire besitzt. Die alte Hiitte im Okrešel ist ein Palast gegen die sogenannte Steiner-Hiitte. Langs stiinde bier eine bequeme Hiitte, wenn nichtganz eigentbiimliche Weide- verhaltnisse herrschten. Die Alpe wird in der Regel an drei Sulzbacber Bauern (warum?) verpachtet, letztere vverden ver- pfliebtet: Steig und Hiitte in Stand zu erbalten, dabei gewahrt>. man aber den Pack tern nur eine kurze Pacbtfrist. Nun wird selbstverstandlich die Hiitte gerade nothdiirftig erhalten, der Steig iiber den Steiner Sattel vvurde gar nie angelegt, sondern man zog es vor, auf bedeutendem Umwege das Vieb zur Weide zu treiben. Fiir die Tour auf die Baba d. i. Velika Planjava ware die Hiitte ein vorziigliches Standquartier, in dem gegenvvar- tigen Zustande diirfte sie nur von vvenig Touristen und nur bei ausgesprochen gutem Wetter beniitzt vverden. Als Wegmacher vvurde icb selbstverstandlich von den bei- den Hirten, denen der Steig iiber den Sattel eine grosse Er- leichterung ihres scbvveren Standes gevvahrt, auf das freundlichste aufgenommen und mit Milch bevvirtbet. Der altere Halter \var gernebereit, micb auf die Planjava zu begleiten. Die Hiitte selbst liegt gerade am Beginne des Weges. Zum Steiner Sattel fallt die Planjava in senkreehten Wanden ab; man muss bis zur Hiitte absteigen, um sie angehen zu konnen. Von der Hohe zielit ein Riicken siidvvestlich berab, man geht nun von der Hiitte bstlich liings eines scbmalen Steiges fast bis an die Felsvvand und nun siidlicb durch Gerolle aufvvarts zu einem Felsblock an dem der Steig iiber den ervvahnten Zug fiihrt. Hier iibersetzt man den VFestabsturz und kommt fortvvabrend aufvvarts steigend in 1 / 2 St. gegen die Siidlehne des Berges. Nun geht es fortgesetzt ostlieh und nordostlicb iiber die mit Rasenflecken durchsetzten Fels- platten aufvvarts zu einer griinen Schneide zwischen zwei Fels- spitzen, die vvir in einer starken 1 / a St. erreicbten und vvo vir eine kleine Rast hielten. Die Abstiirze der Ojstrica fesseln unse- ren Blick. Den schvversten Theil des Weges — vvenn bei dieser Tour die Bezeicbnung „ Scb\vierigkeit“ iiberliaupt erlaubt ist — 70 Prof. Dr. J. Frischauf. haben vir liinter uns. A\ ir sind an der siidlichen Lebne des hdcb- sten Tbeiles der Planjava und haben fast nur iiber Rasen zu stei- gen um den Gipfel zu erreichen. An dieser Siidlehne geht es nun schief aufvarts fast fortgesetzt iiber Rasen, man iiberschreitet eine schmale Felsrinne, in der uns der kundige Halter zu einer Quelle 2000 in fiibrte, bei velcher vir unseren Durst loscbten und die leeren Flaschen mit kostlicbem Nass, das uns dann am Gipfel vohl schmeckte, ftillten. Dann gingen wir nordlich iiber einen Riegel aufviirts zur Schneide, die vir in */ 4 St. von der vorletz- ten Rast an erreichten, und langs derselben kamen vir vestlich uns vendend in 20 Min. auf den ostlicben Gipfel 2380 m mit einer Stange. Die Aussicht bei vollkommen durcbsicbtiger Luft var bocbst lohnend, die Fernsicbt ist fast dieselbe, vie von den iibri- gen Gipfelpunkten. Besonders instructiv ist der Blick auf die nachste Umgebung. Der zerkliiftete Kamni gegen die Ojstrica, der ganze Stock der letzteren fesseln das Auge am meisten. Ebenso ist der Anblick des Grintovcstockes bocbst imposant, ■doch diirfte fiir diesen der vestliche Gipfelpunkt vorzuzieben sein. Leider genoss icb nur kurze Zeit vollkommen ungetriibte Aussicht. Nebel stiegen aus dem Feistritz-Thale auf und verbiill- ten zeitveilig die TVestgruppe. Icb unterliess daber diesmal die Besteigung des vestlichen Gipfelpunktes, die nacli meiner An- sicbt in etva t / 2 St. leicbt ausgefubrt verden konnte. Nacli etvva zvveistiindigem Aufentbalte schied der alte Hal¬ ter und vir machten uns zum Abstieg bereit. Wie bereits er- vabnt liatten vir den Gipfel auf der Siidlehne des hochsten Tbei¬ les der Planjava erreicht. Diese mit Rasen bedeckte Siidlehne bildet fast ein schiefes Viereck. Die Seiten dieses Viereckes sind: Westlich ein von der Hohe abziebender Riicken, den vir bei den zveiFelszacken (1 St. nach dem Aufbruche von derPIiitte) iiber- scbritten. Oben von West nacb Ost die Kammlinie. Die dritte Seite ein 1 / t St. ostlicb vom Gipfel sich abvarts ziehender Riegel, der nacb Osten zu steil abstiirzt. Als die vierte der Kammlinie entsprecbende Gegenseite kann der Anfang des Absturzes nacb Siiden betrachtet verden. Zviscben der erviihnten dritten Seite und der Fortsetzung des Hauptzuges liegt in der Tiefe das beuer mit grossen Schneefeldern bedeckte „Freitkof-Thal“. In letz- teres mussten vir absteigen. Wir gingen in 10 Min. ostlicb zuriick zur Einmiindung des ervahnten Riickens in den Haupt- zug und nun nordostlich binab in das Freithof-Thal, dessen mit Schnee bedeckten Grund vir durcbquerten. Dann vandten vir uns vieder aufvarts an die felsige Siidlehne des Hauptzuges und zuletzt vieder aufvarts zur Schneide, die vir in 1 St. nach dem dritten Felskopfe erreichten. Nun hielten vir uns mebr an die Schneide, anfangs nordlicb spater sudlicb, und gelangten in vei- teren 3 /4 St. zur Škarje 2110 m . Die Auffindung des Weges Die Sannthaler Alpen. 71 machte uns keine Schwierigkeit, den Beginn hatte uns der alte Halter angegeben, in der Fortsetzung hielten wir uns an die Steigspuren, da der von uns eingeschlagene Steig den bisheri- gen Schaftrieb von Sulzbach nacb Stein kennzeiclmet. Einige Štellen vurden auch mit Farbe bezeicbnet, es ware -minschens- \verth, vrenn eine griindlicbe Bezeicbnung dieses interessanten Weges vorgenommen viirde, da sehr zu besorgen ist, dass seit der Eroffnung des Steiner-Sattelweges dieser Steig in Verges- senheit gerathen konnte. Mehr Zeichen zu setzen, vagte icb nicht, da icli mit Primus diesen Weg zum ersten Male machte und ich um keine falscben Zeiclien anzubringen, nur an vollkom- men gewissen v Stellen selbe setzte. Den bereits geschilderten Weg von der Škarje zum Plesnik legten vir ganz leicht zuriick; die grossen Schneefelder gestatteten ein rasches Vorvarts; um 5 Uhr kamen vir zur Klemenšek-Alp e 1200 m und um 6 l /uUhr zum Plesnik, wo ich den vackeren Primus verabschiedete. Fiir die Touren im Logarthale und in der Ojstrica-Gruppe ist er ein ganz trefflicher Fiihrer. Geniigsam und fortvahrend guter Laune vacht er auch auf jeden Tritt des von ihm gefiihrten Herrn, da- bei ist er in vielen Beziehungen ein Original. Besonders stark riihmt er seine Tuchtigkeit als Gemsjager und Wildschiitze, als velcher er Nachts das Wild nach Kappel schaffe und bereits am friihen Morgen vieder zuriick sei. Herr J. Piskernik, in dessen Diensten er stelit, erklarte mir, er glaube nicht, dass er jemals eine Gemse \virklich erlegt habe; denn miige Primus bei Jagden auch denbesten Standhaben, so sei das Wild dennoch vor dessen Schiissen sicher. Dagegen ist Primus ein vaterlicher Freund fiir alles Wild, also auch ein Gegner von Treibjagden. Wird eine solche in der Niihe des Logarthales arrangirt, so jagt Primus Nachts das Wild aus den bedrohten Bezirken in sichere Gegen- den, so dass weit und breit Nichts zu finden ist. In der Nahe der Škarje entfernte sich Primus mit dem Versprechen, mir ganz gewiss eine Gemse zuzutreiben, und richtig nach einiger Zeit kam er zuriick mit einem-— Schafe, das sich verirrt hatte. Zur Zeit meiner Anwesenheit im Logarthale herrschte gerade unter den Rindern die Klauenseuche; Primus driickte uns (d. i. Piskernik und mir) seine Venvunderung aus, dass er noch nie klauenkrankes Wild getrofFen habe, v^orauf ich ihm bemerkte, dass ihm in diesem Falle vielleicht doch eine Gemse gewiss vare. In seiner Gutmiithigkeit nalim er diese seinen Ruf als Jager doch sehr schadigende Bemerkung nicht einmal unvillig hin. Brana. Die Weganlage durch die Felsvand des Steiner Sattels er- mdglicht — abgesehen von dem vichtigen Uebergange nach 72 Prof. Dr. J. Frischauf. Stein — von der steierischen Seite die Ausfiihrung zweier Hoch- touren,von denen die eine auf die Brana vvenngleich hinsichtlich ihrer Fernsicht nicht sehr lohnend, docli des unbedeutenden Umvveges sehr zu empfehlen ist, die andere auf die Baba zu den schonsten Touren der Sannthaler Alpen gezahlt vverden muss. Letztere Tour wurde bereits ausfiihrlicb geschildert, es moge da- ber aucb die erstere in Kurze angedeutet \verden. Bei meinen drei ersten Besucben des Steiner Sattels im J. 1876 felilte es mir jedesmal an Zeit die Neben-Tour auf die Brana zu vollfuhren. Der tadellose Morgen des 15. August, des dritten Tages der Erdffnung der Sannthaler Alpen, solite daber nebst dem Besuche“des Steiner Sattels, der Besteigung der Brana geweiht sein. Die stattliehe Zabl der Festgenossen war bereits auf Iierrn R. Issler, Franz Raimoser undmicb zusammen- gescbmolzen. Nacbdem wir die Felsvvande der Nordseite des Sattels passirt hatten, \vandten wir uns vor der Biegung des Steiges nacb Osten zu den griinen Rasenflecken, die sich fast bis zur Scbneide aufvvarts ziehen. Von hier ist die Brana, falls man den richtigen Weg einschlagt, leicbt zu be- steigen. Ueber die ervvahnten Rasenflecken und einige kleine Gerollhalden gelangt man in et\va 20 Min. gegen die Felsvvande. Wir bielten uns uber einige Bander aufvvarts zu einem steilen Riegel, von dessen oberen Ende vvir in eine Rinne kamen. Hier traf meinen Gefahrten Issler ein Unfall, der fiir ibn sehr ver- hangnissvoll batte werden konnen. Als wir zu den schlecbteren Steilen der Rinne kamen, trieb ibn seine Ungeduld voraus; er stieg rechts uber die Vorspriinge aufvvarts — auf einmal flog er durcb das Brecben eines Steines zu meinen Fiissen. Herr Issler batte jedoch seine Geistesgegenvvart nicbt verloren und den Sturzsodirigirt,dassHerrRaimoser in der Meinung, es sei ein ab- sichtlicher Sprung, ihm „Bravo!“ zurief *).Trotz der ziemlicb be- *) Herr Is sl er hat seinen Unfall in Nr. 10 des III. Bd. der d. Alper-Zeitung“ wie folgt mitgetheilt: nGtefertigter, welcher als Vorausstei- gender gerade oberhalb des Prof. Frischauf stand, war jetzt auf eine Stelle gelangt, an der ein hervorsteheDder und nicht auszuvveiehender Stein von hochst respectabler Dimension locker auflag. Die Vorsicht sckrieb die Besei- tigung desselben vor, jedoch der Stein vvartrotz alles Ruttelns und selbat durch Einsetzen des als Hebel benutzten Bergstockes nicht zu entfernen und schien derselbe nach vvohl sechsmaligem Entersuchen denn doch zum vveiteren Auf- stiegzuhalten. Gedaeht, gethan ! Als Gefertigter jedoch den Fuss auf den miss- lichen Stein setzte, und den unten ruhenden Fuss heben vvollte, um so einen beilaufig zvvei Fuss hohen Tritt zu machen, brach der Stein und mit ihm er- folgte auch der Sturz, vveleher, es ist dieses absolut unerklarlich, trotz bei¬ laufig 20 Fuss Fallhohe, denn doch nichts anderes im Gefolge hatte, als das freilich nicht unbedeutende Zerschlagen des linken Kniees. Die Sache ist an und fiir sich so interessant, dass hier zur naheren Erklarung beigefiigt werden muss, dass der Ausfall dicht vor dem Prof. Frischauf erfolgte, ware dieses nicht geschehen und ware Gefertigter iiber diesen Wandvorsprung hinausge- flogen, der Tod vvare die unausbleibliche Folge gewesen. Die Sannthaler Alpen. 73 deutenden Verletzung am linken Knie bestand Herr Issler auf der Fortsetzung der Tour. Wir stiegen nun zusammen auf- \varts und erreicbten, allerdings etwas aufgehalten durcb den Unfall in tveiteren 3 / i St. (Von der Wand gerechnet) den Riicken der Brana, etwas unterhalb des Gipfels. Das Reinigen derWunde nahm beinahe unsere ganze Aufmerksamkeit in Anspruch, so dass vrir die Aussicht -weniger vriirdigten, als sie es verdiente. Be- sonders instructiv ist der Anblick der Mulden zwischen Skuta und Grintovc, audi die Fernsicht nach Stiden ist sehr lolmend. Denletzten Punkterstiegen \vir mit Rucksicht auf die Verletzung des Herrn Issler nicbt, doch \vare derselbe von unserem Stand- punkte ohne Schwierigkeit in kurzer Zeit zu erreichen getvesen. Zwei Schafe saben vom hochsten Gipfel mit vielem Interesse un- seren chirurgischen Kunstgriffen zu. Schliesslich mag nocb erwahnt verden, dass man vom Gipfel fast fortgesetzt liber steilen Alpenboden directe zum Uršič im Feistritzthale abst.eigen kann. Dieser von Jagern bei Treib- jagden oft begangene Weg ist wegen seiner Steilheit zum Auf- stiege nicbt anzuratben, cveshalb man auch vom Uršič aus ge- ■wobnlicli zum Steiner Sattel und von hier langs der steieriscben Seite auf die Brana geht. Eine Wanderung im Ceniralstocke. Na Vodine, Okrešel, Rinkatbor, Podeb. Die ziemlicbisolirt erscbeinende Stellung der Felsenkuppe ostlich vom Grintovc, die man mir von der Krainer Seite als Skuta bezeichnete, und die man in Steiermark falschlich mit der Rinka identificirte, liessen deren Besteigung ebenso inter- essant als wiinscbens\vertb erscheinen. Diese Tour war daber von mir seit langer Zeit als Endziel einer anfangs nicht beson- ders intensiv projectirten Erforscbung der Sannthaler Alpen ge- stelit, docb sclilecktes Wetter batte meine in den Sommermonaten von 1873 und 1874 in diesem Stocke versuchten Haupttouren vereitelt. Als ich am 20. September 1874 sehr deprimirt durch das seit Mitte Juli fast constant schlechte Wetter mich durch sieben Stunden auf dem Gipfel des Grintovc aufhielt, da wurde, soweit die fortvvahrend um das Gebirge ziehenden Nebel es ge- statteten, meine Sehnsucht nach Erzwingung der Skuta neuer- dings auf das lebhafteste angeregt. Wie aus einem Felsenpanzer erbob die Skuta ihre abgerundete Kuppe und lacbelte so freund- lich beruber, dass alle Miihseligkeiten vergessen waren, die alten Krafte wieder erwachten und das Losungswort „auf zur Skuta“ fiir die nacbsten Tage angesetzt wurde. Denn bier waren Fels- 74 Prof. Dr. J. Frischauf. mauern sicbtbar, diedasHerz des Felsenklimmers freudig erbeben machten; der Erfolg scbien der Anstrengung wiirdig. Damir vom Grintovc-Gipfel aus die Siid\vestseite in den mittleren Hangen ganz ungangbar scbien, so wollte icb die Besteigung directe von der Nordseite beginnen, -weil meine Erfabrungen micb bei allen Kalkalpen-Klettereien den directen geraden Weg als den kiirzesten gelebrt batten. Fiirdie Nordseite glaubte icb den Zugang von Vellach oder Ober-Seeland wablen zu kdnnen. Die Unfreundlicbkeit, mit der mir die drei Besitzerinen des Badebauses bei einem friiheren Versucbe begegneten, be\vog micb Ober-Seeland als Ausgangspunkt zu -wablen. Wusste icb doch, dass icb im Kazino auf das beste aufgenommen \verden \viirde uncl dass icb von Seite der Familie Muri auf jede Unter- stutzung meines Unternebmens rechnen konne. Als Fiibrer vurde mir allseitig der alte Jernik Berscbnig empfoblen, der damals als Jager und Holzarbeiter bei Muri be- dienstet war, und auf mein Ansucben mir bereitvrilligst zur Ver- fiigung gestellt wurde. Leider spricbt*) derselbe nur slaviscb und in Folge eines organiscben Spracbfeblers ist aucb seine Aus- spracbe des Sloveniscben nur den Bekannten verstandlicb; als Fiibrer er\vies er sicb mit der Gegend vollkommen vertraut, in- dem ihm, dem ehemaligen Schafbalter und Wildscbiitzen, der ganze Gebirgsstock bekannt ist; unstreitig ist er, \vas Localkennt- nisse anbelangt, ein ganz empfehlens\verther Fiibrer, namentlicb fiir die Nordseite des Zuges. Jernik erscbien bald, und nun begannen mit Hilfe der Familie Muri mubsame Unterbandlungen iiber den Zweck meiner Touren; anfangs glaubte Jernik icb \volle blos auf den Grintovc; als icb ibm aber die Namen Skuta und Rinka nannte, da begriff er scbnell um was es sicb bandelte. Auf meine Anfrage, von wel- cber Seite der Skuta am bequemsten beizukommen sei, erwiderte Jernik ungefabr Folgendes: Einen Biicbsenscbuss unterhalb der Gewerkscbaft Kanker muss man zur Scbafhiitte, von hier zum Grintovc-Greben-Sattel und nun quer durcb die Wande zu einer Schiitt und iiber diese auf den Gipfel; zur Scbafbutte braucbt man 2 St., von bier auf den Gipfel 5 St. Offen gestanden, icb war ganz verbliifft iiber diese Auskunft. Denn dies \var ja jener vom Grintovc aus geseliene Weg, wo der letzte Kegel leiclit er- reicbbar scbien; aber \vie zum Fusse desselben kommen, da docb die Wande senkrecbt zu den Terrassen des Feistritztbales abfallen? Icb sab ein, dass dies nur moglicb vvare, vrenn quer durcb die Wande ein Steig ginge, dass es aber ein hartes Stiick Arbeit kosten vviirde, vrie aucb Jernik’s Zeitangaben ver- *) Gegenvartig hat, er in Folge mehrfacher Fiihrungen etwas Deutsch erlernt. Die Sannthaler Alpen. 75 muthen liessen. Denn die Schafhiitte war nichts anderes als die Suhadolnik-Hiitte, der Biichsenschuss betriigt 3 / 4 St. und die Di- stanz vomKazino zur Hiitte ist 4 St. und niclit 2 St.; icli konnte mich daher mit Recht auch auf die muthmassliche Verdoppelung der Entfernung von der Iliitte auf den Gipfel gefasst machen. Selbstverstandlich erkundigte icb mich,obmannicbt von Seeiand directe aufsteigen konnte. Docb von diesem Wege wollte Jernik Anfangs Nicbts wissen; nach langem Zureden erklarte er, von Seeiand kinaufgehen zu \vollen und dann auf dem oben erwahn- ten Wege abzusteigen; er meinte, man konne ja im Nothfalle die Schuhe ausziehen. Es wurde der Morgen des nacbsten Tages zum Aufbrueh bestimmt. Dieser erste Versucb am 21. September musste vvegen z\veifelbafter Witterung aufgesclioben werden; das Wetter bes- serte sicb jedoch stiindlich, und so bescblossen wir, Abends auf- zubrechen und in der e-twa 3 / 4 St. en tfernten A n s e 1 hube 955 m der oberen Kočna zu iibernachten. Nach dem Rathe des Vater Muri, den ich liber die Tour consultirte, \vollten wir ostlich von der Skuta einen Punkt der Schneide, den man mir „Kriš“ nannte, ersteigen; von hier sollten wir die Skuta versuchen. Von der oberen Kirche wird die Anselhube in 1 / 2 St. leicht erreickt; sie ist in einem schonen Thalboden gelegen, und verdiente auch von den Touristen Besuch; bewirthschaftet \vird sie von drei Haltern und einer -weiblichen Person; die ganze Umgebung ist ebenso grossartig als hochst interessant. Wir machten es uns in dem gut eingerichteten Hause ganz bequem, bereiteten aus den mit- genommenen Vorriithen ein Nachtessen und zogen uns dann in’s Heulager zuriick. Der nachste Morgen versprach einen vvundervollen Tag, nur eine dimne Nebelschichte bedeckte den Gipfel des Grintovc; auch der Siidwind, der uns in den friiheren Tagen die Aussicht mehrmals verdorben, hatte sich gelegt. Um 5 3 / 4 Uhr nach reich- lichem Friihstiicke brachen wir auf; zuerst ging es im Thale nahezu eben 1 St. iiber eine grosse Wiese und durch Waldin den hinteren bereits mit Krummholz bedeckten Boden, am Thal- schlusse gingen wir links durch ein Gerolle niassig aufwarts V 2 St. zur Felswand 1370™ iiber \velche wir an eingehauenen Tritten *) in 1 / i St. das erste und in einer vveiteren t / i St. das zweite Felsband erreichten, hierauf kamen wir durch eine mit diclitem Gestriipp iiber-vvachsene Mulde bequem in 20 Min. auf- warts zur schlechten kaurn eine Quadratklafter Fliiche fassenden Schafhiitte 1712 m ,die in der nachsthoherenTerrasse „NaYodine“ liegt. Dann wandten \vir uns links, nach vrenigen Minuten kamen wir abermals in eine hohere Terrasse zu einem grossen *) Dieser Steig ist gegenwartig lbedeutend vertessert. 76 Prof. Dr. J. Frischauf. Schneefeld, dessen oberes Ende von Spalten mit gletscherahn- licherBliiueschimmerte. Hierwurden die Steigejsen angelegt, der untere Theil des Feldes in et\va '/a St. uberschritten, dannvieder links in 1 / 2 St. die Schneide 2020™ erstiegen, iiber velclie liin- ab wir in den obersten Kessel der Vellacher Kočna gelangten; quer durcli selbe kamen vir in weiteren 20 Min. zum Ueber- gange 1987 m von Vellach in das Logarthal; ganze Rudel von Gemsen trieben wir zur grossen Freude meines Fiihrers auf. An dieser Stelle, inmitten einer grossartigen Felsvildniss vurde 1 / 4 St. Rast gehalten und ein kleiner Imbiss eingenommen. Die Aussicht war eine imposante. Gegen Westen zog die Kette des Zuges Rinka, Mitterspitze und Skuta; nach Siiden und Siidosten die Massen der Kotla, Brana, Planjava und Ojstrica; liiibscli nimmt sicb die flachgevvolbte Einsattlung zwischen Brana und Planjava aus. Nordlich blickt man hinab in die Vellacher Kočna und in das Tlial bei Kappel. Einen lebhaften Contrast bot der Blick in den dunkelgriinen Theil des obersten Tlialbodens des Logarthales; in densclben solite hinabgestiegen verden, dann durcli eine Sclduclit vieder auf das Plateau, und so von derSiid- seite unser Gipfel erreicht verden. Ueber diesen Weg vurde ich ganz verdriesslich; denn unten im Thalboden lag die Hiitte O k rese 1, die ich vom Plesnik in 2 St. leicht hatte erreichen konnen, und vozu es nickt des langen milhsamen Kletterns durcli die Ober-Seelander und Vellacher Kočna bedurft hatte. Aller- dings war diese Tour an und fiir sich hochst lohnend und inter- essant, doch fiir die Besteigung der Rinka ware der kiirzereWeg vom Logarthale aus angezeigt geivesen. Ueber Felsplatten und durcli dichtes Krummholz geht der Steig hinab in den obersten Thalboden ; dann \vird rechts eine Gerollhalde uberschritten, und man befindet sich nach 3 / 4 St. Abivartssteigen an einer Fels- schlucht, die passend mit dem Namen „Rinkatlior“ bezeichnet \verden konnte; dies ist hier der einzige Zugang auf die Schneide des Hauptriickens. Durcli ziemlich steiles Gerolle ging es auf- viirts, immer beschwerlicher wurde der Steig; das Gerolle war so beweglich, dass man nur mit Hilfe der festen Steine oder Fels\vand vorwarts kommen konnte; volle l 1 /.^ St. Vahrte diese bescliwerliche Passage; endlich war die Hohe 2150"’, d. i. der Rand einer Mulde, erreicht; ein prachtvoller Riickblick lohnt die Miihe: denn, vi e durcli ein Thor blickt man zuriick in den obersten Thalboden, geschlossen durch die gewaltigen Fels- ivande der gegeniiber liegenden Merzlagora; rechts von dieser Spitze blickten die Hohen von Heil. Geist, links das Drauthal durch; vare der Zugang nicht so beschverlich, diese Stelle viirde allein den . Besuch lohnen. In der Mulde befand sich Schnee, der uns zur Labung gedient hatte, doch vvir nahmenuns keine Zeit; rasch ging es ziemlich bequem anfangs nordvestlicli, Die Sanntbaler Alp en. 77 dann spater nahezu nordlich zur Schneide des Absturzes in’s Logartlial; dichter Nebel umhiillte uns, trotzdem schritt meia Fiihrer \vacker vormirts, bis wir nacli 1 1 / i St. eine Spitze er- reicbt batten; auf die Frage, \vo wir waren, erwiderte der Fiihrer: „Hier heisst Alles Skuta". Yon einer Orientirung war keine Rede, der hbcliste Gipfel war jedoch niclit erreicht, son- dern lag nocli ■westlick; bei dieser Witterung und der vor- gescbrittenen Tageszeit weigerte sicli der Fiihrer weiter zu gehen. Der Punkt, dea ich erreicht hatte, \var die „steierische Rinka« 2417 m , der ausserste Punkt des Hauptzuges, der gegen das Sannthal nabezu senkrecht abstiirzt. Nach wenig Minuten Rast mir de um 2 Ohr der Abstieg angetreten. Nach unserer Ver- abredung solite der Stieg in westlicher Riclitung zur Suha- dolnik-Hiitte geschehen, mein Fiihrer versicherte mir, dies sei ein ganz bequemer Weg. Zuerst ging es siidwestlicli in eine mit Schneefeldern bedeckte Mulde*), dann fortgesetzt \vestlich abwarts, stellenweise aufvvarts iiber Fels der gletscherartig durch Spalten zerrissen war und wo jeder Tritt mit Vorsicht ge- setzt werden musste; dann ging es stark abwarts iiber Rasen und ein steiles Gerollfeld an das Ende eines Felsrandes. Bis hieher benotliigten wir 1*/* St. Siidlich in der Tiefe schimmerte derhell- glanzende Feistritzbach, scheinbar ganz nahe; ich war daher nicht abgeneigt hier den Abstieg zu versuchen, um moglichst bald bei dieser unsicheren Witterung das gastliche Haus des Uršič zu erreichen und der weiteren Wanderung durch die oberen Fels- kesseln ledig zu werden. Der Fiihrer erkliirte jedoch,wir konnten eher den Bauernhof Suhadolnik erreichen, bevor wir in den oberstenThalkesselkommen \viirden **). Von dieser tiefsten Stelle kletterten wir \vieder steil '/ 4 St. iiber Rasenbiinder aufwarts, wo 'vvir eine ausserst primitive, aus Steinen zusammengelegte Hiitte oline Dach fanden, die verlassene Behausung eines Schafhirten. Hier hatte vor Jahren mein Fiihrer das Vieh gehiitet, daher seine Ortskenntniss; dass sich in der Nahe zwischen den Steinen eine Quelle kostlichen Wassers befinden solite, hatte er mir schon friiher versichert; doch das Auffinden (5 Min. ostlicli) derselben kostete uns einige Miihe. Das Wasser stromt aus den Rissen einer grosseren Steinplatte 1800 m , die mit Knollen von Horn- steinen besetzt ist. Kurz war die Rast; meder ging es aufwarts, ein niederer Gebirgsriicken \vurde quer iiberschritten; nach 1 St. erreichten wir bei z\vei prachtvollen Eislochern voriiber die tiefste Stelle 2170“***). Abermals ging es aufwarts — dies solite *) Diese Mulde heisst „Mali podeh (kleinei- Boden)“. Yon besagter Stelle fiihrt ein gefahrliclier Steig (iiber den nSkred u ) 3 St. zum Uršič'. Der Weg von bier hinab -vv-urde bei meiner Skuta-Tour am 7. October 1876 mit rother Farbe bezeichnet. Z**) Es ist dies die grosse Mulde jiVeliki podeb (grosser Boden)“ unter der Skuta. 78 Prof. Dr. J. Frischauf. die letzte Holie sein —Steinblocke, gletsclierartig durclifurchtes Gestein, steile Rasenbiinder varen abermals die Hauptannehm- lichkeiten des Weges, und nach 1 St. musste nocbmals in eine Mulde 1900 m *) abgestiegen verden, von wo nocli ein liartes Stiick Arbeit zu iibervinden var. Wir standen an der Ostseite des Verbindungsriickens des Grintovc und Greben, velcher eine tiefe Einsattlung bildet. Diese Einsattlung musste erreicht wer- den. Der directe Weg quer durch die Wande ist unmoglich, da dieselben nahezu senkrecbt absttirzen. Wir mussten daher die Schneide erklettern, um von hier zur Einsattlung zu kommen. Der Weg zur Scbneide vird iiber glatte etwa unter einem Winkel von 50 bis 60° geneigte Platten erreicht. Mit Aufgebot aller Vorsicht \vurden diese \virklich bosen Stellen, die manchmal nur den Fingerspitzen diirftigen Halt boten, iibervvunden; ich gestehe, es war dies eine ungemiithliche Viertelstunde *•). Etwas demoralisirt iiber den Misserfolg der versuchten Skuta-Besteigung, ermiidet von dem langen, beschverlichenMarsche iiber die Geroll- felder undzerrissenenFelsmassen und noch dazu unfahig von dem Flihrer zu erfahren, ob niclit noch langere ahnliche Beschwerden zu iibervinden waren, hatte ich mich mit dem Gedanken ver- traut gemacht, die Nacht im Freien zubringen zu miissen, denn bereits dammerte es. An einer thorartig durchrissenen Steile 1950 m erreichten vir den ervahnten Verbindungszug. Da end- lich befand ich mich in bekannter Gegend. Westlich lag die von der Suhadolnik-Alpe sich hinaufziehende Mulde zvischen Greben und Grintovc. Bequem iiber Rasenbander stiegen wir / a Meile in der Luftlinie entfernt, uns gegeniiber im breiten Riicken die Brana, aus dem aussersten Ende des Feistritz-Thales auf, uberragt von den nocb ostlicher gelegenen vegetationsarmen Hohen der Velika Planjava und der Ojstrica. Im Aveiten gegen Nordosten gezogenen Bogen reibt sicb von der Brana sclbst dureb eine tiefe Einsenkung getrennt in langerem Zuge die vom Herrn Dr. Friscbauf Aviederbolt von der Nord- und Ostseite her erstiegene Rinka; nun trifft der Blick den sebonsten Theil, die fur Touristen noch jungfraulicbe Skuta. Wild, in senkrecbter Wand ragt sie, etAva x j i Meile Luftlinie von uns, vom Massiv der Gruppein die Liifte, die Rinka etwa zwischen 130 —160 Meter zuriicklassend. Vor der Skuta und zvvar an deren linken Ende lagert die beilaufig 60 Meter niederere Štruca, ein vollstandigst ausge- Avaschener massiver, horizontal durchfurchter Fels, dadureb einer Die Sanntlialer Alpen. 87 Brodstrutze niclit unahnlich; er wurzelt niclit unfern in dem von der Skuta zur Grintovc-Gruppe ziehenden fast dieselbe Hohe vne die Štruca behaltenden namenlosen Grate*). Die Grintovc-Gruppe selbst decken koliere Zinnen, die dem Riicken angehoren, der von dieser Gruppe liber die Uršic-Schneide zum Greben Yerh streicht. In diesem Zuge liegt ober der eben ervvahnten Schneide, wie bekannt, unser Standpunkt. Betrachten vvir nun noch das Massiv des Gebirges; dasselbe liebt sicli unfern von unsererWarte bis zur Rinka Lin in Terrassen empor; vvahrend die unteren in jiihen Abstiirzen zum Feistritztliale abfallen miissen, da man das 'Phal ganz nahe geriickt tief unten erblickt, steigen die bober gelegenen durch Wellenlinien ver- bundenen, von \veiteni nicbts als graue, felsige, stellenweise mit einer Unmasse grossen Triimmergesteins iiberdeckte Gebilde, zu den erwabnten Kammen, Wanden, Graten liinan. Unter der Štruca, dann dem Fusse des envahnten an die Štruca sich anschliessenden Grates entlang, bringen gedebnte Scbotterhalden einen niclit unangenehmen Wechsel in die ganze Scenerie. Wir selbst sind mit dem Massiv durcb zwei im recliten Winkel sich treffende nach Kord dann Ost streicbende hochst steile Gehange verbunden. Zebn Minuten batte ich scbon dem Studium des Terrains geopfert, und docb vvaren vvir gedrangt, denn nocli auf gute 3 Stunden schatzte Kalan den bis zur Skutaspitze erforderlicben Aufvvand an Zeit; darum nocli rascli die Orientirungspunkte der Ersteigung in diesem Cbaos fixirt und dann zum vveiteren A r or- dringen. Dort ivo die Štruca den von der Skuta kommenden Haupt- kamm trifft,senkt sicli derselbetief ein. In nacksterNahe und zwar an der recliten Seite dieser Steile bat man einen fast senkrechten Absturz zu erklimmen, derselbe ist der Scbliisselfur unsere ganze Richtung; von uns aus liber die Gehange, Jurjovc benannt, bin- iiber zu den oberen Terrassen, diese anfangs nord- dann ostvvarts durchquerend zu den Scbotterhalden und liber den Absturz hin- auf, liinter der Štruca berum auf die Spitze der Skuta. Wie in einem aufgesclilagenen Buche lag das alles vor uns, allein das Lesen war \vahrlicb oft kein leichtes, und scbon der Beginn, das A. B. C. bietet entschiedene Scbvvierigkeiten. Um 1 /„5 verliessen wir unserSteinthor, vondenLeuten „ Vra¬ ta" 1950 m genannt, und begannen durcb das Gehange nordvvarts scbief binabzuklettern. Gleich liier gilt es bedeutende Proben zu *) Der namenlose Grat ivurde „Langkofel (dolgi herbet)“ getauft. Mein Fiihrer Uršie nannte die Struea ,,Thurm“. Vom Feistritzthale aus hat diese "Wand auch eine tkurmahnliche Form. J- F. 88 Prof. Dr. J. Frischauf. geben vonGewandtbeit,Mutb,kaltem Blute und Schvindelfreiheit; die langen Rippen, glatten Platten fallen in einem Winkel von et\va 55 Graden zu den tiefen Terrassen ab, oft bieten sie kaum den notlidiirftigsten Halt fUr Flisse und Iiitnde, Vorspriinge von ein Paar Zollen nur bilden viederholt den Stiitzpunkt der Fiisse, so tvenig eingekerbte Linien, dass sich kaum krampfhaft die Finger hineinzvangen, dienen haufigst den Handen. Jeder An- tritt vili friiher genau untersucht sein, denn ein einziges ver- ratberisches Gestein, das unser Leben tragt, hatte den todtlicben Absturz zur Folge. Aucb Dr. Friscbauf, der von der Rinka her unter der Skuta herum iiber diese Stelle zu Suhadolnik gestiegen var (sielie Seite 53 des Jahrbuclies 1874 des Steir. Gebirgs- vereines), konnte derselben eben so venig, vi e ich den Reiz besonderer Annebmlichkeit abgevinnen*). Nach ‘/ 4 Stunde iiber- schritten vir die von den beiden Gehiingen bei ilirer Berlihrung gebildete Rinne 1910 m , und nun gings ostvarts in doeh etvas minder gefiibrlicher Weise anfangs scliief, zuerst liber Fels danil liber Rasen und Gestein, zum Sclilusse jcdoch, d. i. an der Ost- kante ein kurzes Stiick sehr steil liinan. Fine der gefiihrlicbstenStrecken var iibervunden, jene die es unschver vollbrachten, mogen geti’ost veiter zieben, sie sind berechtigt sich an die Skuta zu vagen, jene aber die schon hier Zaghaftigkeitbeberrscht, mogen bedenken, dass nochbedeutenderes zu leisten kommt, dass dieselbe Strecke nach 7 stiindigem Ver- brauclie der Krafte, sonacli unter viel ungiinstigeren Umstiinden viederliolt zuriickzulegen ist; solchen rathe ich demnacb allen Ernstes zur Unikehr. Doch ziehen vir veiter. Niclit zu ferne steht unser nachstesZiel, ein iibeihiingenderFelsblock von bedeutenden Dimensionen; unter dem Gebiinge liaben Ilirten durch iiberein- andergelegte Steine einen vor den Unbilden des Wetters noth- dlirftig schiitzenden Winkel geschafFen. Wie eine Wacht steht dieser Koloss vor dem hier beginnenden Steinmeere. Wenige llinuten nach o Uhr betraten vir dasselbe, anfangs geht es in langen Wellenlinien, theils durch Einsenkungen, theils iiber Rippen, zur rechten und linken Seite Mulden, von einer zerkliif- teten Terrasse zur anderen hinan, je bober vir gelangen, desto anregender vird die ganze Umgebung. Im M esten iiberblickt man die breite Pjramide des Grintovc, zu ihren Fiissen grosse mit Sehutt erfiillte Mulden, vom Grintovc siidostvarts streicht der felsige Kamm, po dolgih snegali (unter den langen Schnee- vanden) als dessen letzte Erhohung die Vrata sich kennzeichnet; in niiehster Nahe treten Kesselstiirze von kleinen Dimensionen unten mit unbedeutenden Schneefeldern erfiillt, oder trichter- *) Gegenwartig ist durch diese Stellen ein Steig angelegt worden. J. F. Die Sannthaler Alpen. 89 formig mit gahnendem Sclilund stets haufiger auf, zwisclien ihnen karrenformige Gebilde aus gletsckeraknlich zerrissenen Kalken, oft so diinne Schneiden uns zukehrend, dass kaum der Fuss das Gleichge\vicht erhalten kann. Bis zu den lioheren Gruppen wird das Terrain mit dem Ausdruck „pod podeli (unter den Tennen)" bezeichnet, in dem lioheren Lagen aber, wo sieh die Kesselstiirze so mekren, dass das ganzeGebiet einem Siebe nicbt unUlinlicb er- scbeint, ist die Bezeicbnung „na podeli (auf den Tennen, be- ziehungsweise deren Dachern)" eine niclit unrichtige. Mit grosster Vorsicht drangen wir vor, schon gleicli zuAnfang wandte nurein giinstiger Zufall ernsteres Missgescbick von mir ab. Kalan krocli dureb eine Einsenkung liinan, ieli nacli ihm. Er vertraute die Sehvvere seines Korpers einem dem Ansclieine nacli festwurzelnden Fels, docli ein lieftiger Schrei, dumpfes Getose und mit rasckem Blick konnte icli das Unangenelime der Lage iibersehen. Wahrend sicli Kalan ganz gut gefangen liatte, kam in gliicklicher- weise nocli niclit gar zu eiligen Siitzen ein 100 bis 150 Kilo schweres Gestein durch die Rinne auf mich zu: in -vvenigen Se- cunden war die Entscheidung gefallen; durch ein rasches an die Seite drticken traf mich nicht die sicher zerquetsckende Beriili- rung. In den lioheren Regionen sind es insbesondere die Karren- felder, die zu leicht den Beinen, clie trichterartigen Kessel, die dem ganzen Korper gefahrlich werden konnen. Gegen '/ 2 1 LThr liatten wir das Gebiet na podeh hinter uns, und traten nun zum Rande der Schotterhalden. Das Durchqueren derselben bietet nicht die mindeste Ge- fahr, allerdings ist bei dem diinnkornigen Gerolle, das bei jedem Scliritte inBewegung gertlth, dieMusculatur der Fusse in erliohtem Grade in Anspruch genommen, allein auf niclit zu lange, denn nacli 1 / 2 Stunde stehen wir vor dem als Schliissel der zu nelmien- den Richtung erivahnten, am linken Ende der Štruca gelegenen Absturze 2360 m . Derselbe tritt so schroff entgegen, dass ich, selbst nalie herangeriickt, das Erklimmen fiir Sclnver moglich liielt. Gleicli der Beginn erfordert ein kleines Kunststiick; etwa 4 Meter iiberhangt ein Fels, das ist der minder einladende An- tritt zum Anstiege. x\n wulstigen Erliohungen klammerten sicli Kalans Finger und Fiisse, mit kraftigen Armen gelangte er an die obere Kante, liier ging er mit der Geschicklichkeit eines Tur- ners in Stiitz liber und scliwang sicli iiber die Kante hinauf. Nacli- dem ich ihm dies, wenn auch nicht mit solcher Geschicklichkeit nachgemacht hatte, kletterten wir die vielen Risse und Spriinge beniitzend in der in einem Winkel von etwa 65 Graden geneigten Wandhinan; — Hiinde, Fiisse, Knie fanden hinreichende Be- schaftigung. Bald war Kalan voraus, meinen Alpenstock mit sich zie- hend, -wahrend ich Deckung gegen allfallig sich losendes Gestein 90 Prof. Dr. J. Frischauf. nahm, bald var ich vieder neben ilim, brbckelnde Felsstiicke in die Tiefe verfend. — Kie in meinem Leben batte ich solche Vor- sichten wie liier beobacbtet, das Auge spiihte nacb dem sichersten Stiitzpunkte, eine Hand oder ein Fuss vurde nur gehoben, venn der Korper selbst fiir den Fali des veiteren Ausgleitens eines Fusses oder einer Hand noeh zwei verlasslicbe Stiitzpunktehatte. Es var dies unbedingt geboten, Kalan, nocli in dem Stadium der Reconvalescenz batte vollauf mit sich zu tbun, aucb beim kleinsten Unfall konnte icb nicbt auf seine Hilfe in nachhaltiger Weise recbnen; — bis aber eine solche von Suhadolnik hatte eintreffen kbnnen, varen mindestens 13 Stunden verflossen. — Um '/a8 varen vir auf der Hohe des Absturzes 2450 m *). — Ein eisiger Wind (d 1 /!, 0 ) brauste da an hi n s beran, es var ein formli- cher Orkan, aus dem nun vom Triglav bis zurKoralpe in vollster Reinheit erscblossenen Norden. — Tief unten lag das reizende Seeland, vie eine Oase in dem Gevirre von Bergen. Ostsiidost- warts griisst uns die Skuta, sie gehort in den Kreis meiner Ersteigungen, denn ganz gefahrlos zeigt sich die noch zuruckzu- legende Strecke. Von unsereni Standpunkte siidvarts zveigt die Štruca ab, von ibrem sildlichsten Ende streicht ein kleiner Grat zur Skuta hin; — zviscben diesem der Štruca, der Skuta und dem nord- lichen senkrechten Absturze, liegt eine in ibrer Tiefe mit etlicben Schneefeldern erfiillte Mulde. Wenige Klafter von dem nord- lichen Abfall stiegen vir veiter, den Grund der Mulde umgehend. Kur einmal drangt uns die Bildung des Gesteins in unange- nebmster Weise binaus gegen den nordlicben Abhang 2410 m , docb nun geht es leicbt liber grossen Schutt binan, der Zeiger zeigt 12 Min. nacb 8 Uhr, als die nocb vom Prof. Friedrich Simonj in seiner orograpbiscben Skizze des oberen Save-Gebietes als un- ersteiglich bezeicbnete Felszinne der Skuta 2520"' sich in den Kreis der von Touristen erstiegenen Hbhen reibt. — Die mit- unter barte Miibe lobnte die herrlichste Fernsicbt, der hbchst in- structive Einblick in die Gruppe der Sanntlialer Alpen und ihrer Umgebung. — Der vollends blaue Himmel unterstiitzte das so- gleich begonnene Studium der Rundschau. — Jene des Grintovc finden wir ausfuhrlicb bei den von Zoff und mir gescbilderten Besuclien dieses Berges, ja Zoff hat seiner Besclireibung sogar eine fiir die Kurze der Zeit iiberraschend gut ausgefuhrte Panorama-Skizze beigescblossen; jenes von der Skuta verschiebt sich gegen das des Grintovc nur um ein unbedeu- tendes; — ich viirde daber vobl nur langveilen, volite icb ali’ des Herrlichen, vas ich gesehen, vieder erwabnen, allein nicht *) Gegenvartig ist diese Strecke durch Aufbau einer Stiege iiber den Fels, Abschlagen dessen oberer Kante und Einhauen von Tritten bis zur Schneide bedeutend verbessert. J. F. Die Sannthaler Alpen. 91 unterlassen kan n icb es, wenigstens in grossen Ziigen das zu zeicknen, was sicli dem Auge ersckliesst. Westwarts der, nur unbedeutend die Fernsiclit beirrende Grintovc, im Kreise nacb reehts von ihm ausgehend fesseln am Horizonte den Blick zu- niichst die veisslich-graueri Gebilde der julischen Alpen, iiber- ragt von der kiiknanstrebenden Spitze des Triglav. — Diesetn folgen die \vild gezackten Dolomite von Ampezzo, die Gletscher- gruppen der Central-Alpen, mit dem charakteristischenGlockner, der lange Zug der Tauern, nordostiviirts der breite Riicken der Ivoralpe — ostvvarts die zerrissenen kablen Ilohen der Ojstrica, A' elikaPlanjava, Brana, fern imSiidosten markirt sieb deutlicb das Macel-, siidlick das leicht erkennbare Agramer-Gebirge, es folgen die gedebnten Uskoken, der seine ganze Umgebung iiberragende Schneeberg, siidwest\varts der Nanos, endlicb ivestvvarts die Gebirge bei Canale. — In eine Scbilderung der mitunter reizenden Einzelnlieiten einzugeben, lialte ich, ivie icb eben liervorgehoben, fiir hier nicbt mebram Platze; nur darauf jedocb will ichbesonders aufmerksam macben, dass Laibacli, Krainburg, Cilli, Seeland, der Klopeiner- See als leicbt auffindbare Stutzpunkte fiir vveitere Orts-Bestim- mungengute Dienste leisten. Nun wenden wir uns der Spitze selbst zu. Der venvitterte grobe Scbutt, nur liie und da von einern groben Felsstiick unter- broelien, dacbt anfangs gleicbmassig nacb allen Seiten ab, gelit jedocb iiber kurz nord-, ost- und siidwarts in so schroffe AA'ande liber, dass icb ein Erklimmen des Gipfels von diesen Seiten fiir sebr scbwierig, wenn nicbt ganz ausgescblossen bal ten moclite. Der Gipfel selbst tragt einen Steinbaufen, '\vabrscbcinlicb bestimmt gewesen eine Stange (trigonometrisclies Zeichen), von der nocli ein Stiickclien vorbanden ist, zu tragen. — In den Spalten des Gesteins versteckt, griinten in sparlicben Exemplaren bie und da Pflanzcben mitunter seltener Gattung \vie Cardamine resedifolia, Saxifraga muscoides, Papaver pyrenaicum Decandol, Hutchinsia alpina It. Br., Linaria alpina. — Was endlicb die Er- bebung anbelangt, so halt Professor Simony die Skuta fiir gleicb bocb mit dem Grintovc, icb hatte leider kein Aneroid mit mir; nacb ocularer Scbatzung pflicbte ich Professor Simony bei, keinesfalls iiberragt die Skuta den Grintovc. Nachdem ich micb so in Allem zurecbtgefunden, und auch Kalan genugsam 8 Gemsen, die tief unten zur Rinka wechselten, beobachtet batte, scbritt icb zu der Taufe des grauen Hauptes,. allerdings nicbt mit Wasser, das iveit und breit nicht zu finden \vare, sondern ivie es einem so markigen Kolosse geziemt, mit in- tensiverem Stoff, mit sclnvarzer Oelfarbe. Zur Losung jeden Ziveifels fiir die Zukunft oder docb ivenigstens fiir eine Reihe von Jahren, wo die so schvver definirbare Skuta sei, batte ich 92 Prof. Dr. J. Frischauf. solclie Farbe in der tvei teren Absicht mit mir genommen, um auf dem ganzen Riick\vege liervorragende Stellen von der Skuta ab mit arabischen J / a Meter hoben Ziffern zu keimzeichnen; sie sollten mir folgenden Touristen die Gewabr sein, dass sie sicb auf der riclitigen Fiihrte befinden, sie konnten bei einfallendem Nebel als sichere Anbaltspunkte fiir den weiter zu sucbenden Pfad dienen. Westlicli auf der ersten grbsseren Felsplatte unter der Spitze, dem angeblicben Grenzpunkte dreier Ki’on- lander scbrieb ich in grosseren Bucbstaben den Namen der Fels- zinne: Skuta, darunter A. v. Pavicb, dann A. Kalan, scbliesslicli 29-/7. 1875, einige berzhafte Ziige Weins aus der Waidflasche, ein einfacber Imbiss vollendeten die Feierlichkeit. 5 Minuten vor 10 Ubr begannen wir den Abstieg zum Suliadolnik, ganz gegen meinen urspriinglicben Plan. Zuerst volite icb von der Skuta zur Brana und von liier iiber den Steiner Sattel zum Uršič. Mein nur mehr nacli \venigen Tagen bemessener Urlaub nothigten mich, dieses Programm zu andern und den unmittelbaren Abstieg zum Uršič im Feistritz-Thale in Betracht zu ziehen, docb aucli dieses Project scheiterte; es \var ein Gebot der Menscblicbkeit dem nocli niclit ganz gekraftigten Fiibrer gegenliber den ihm zusagendsten Riickvvegeinzuscblageii. Uebrigens ware ein Besucb der Brana von der Skuta aus ganz unpraktiscb, da man, wie icb nun gesehen, viel zu tief in die Einsenkung zvviscben der Rinka und Brana hinab musste. Ein directes Geivinneu des Uršič von dem podeli diirfte moglicb sein *). Rascb ging es hinab zu dem nordlicben Auslaufer der Štruca, dort, wo uns die Felsbildung ganz nahe an denAbgrund drangte, malte icli die erste Ziffer 2450 m , darunter einen Pfeil mit der die Richtung des Anstieges bestimmenden Spitze. Bald batten \vir uns mit Handen, Fiissen, Riicken liber den Ab- grund binabgearbeitet; im ktibnen Satze gewann Kalan vom iiberbangenden Felsen aus die Schotterhalden, icb gleitete auf seine Achseln undkrocb iiber seinen Korper zumfesten Boden. Hier steht die ziveite Ziffer 2360 m , und gerade der iiberhangende Fels, der erklommen vverden muss, ist durch einen romiscben Zweier markirt. Die Strecke zivischen den Ziffern 1 und 2 kann man ganz zutreffend als Stiege zu der Skuta (stenge b Skuti) bezeiclinen. Die Zabl 3 brachte icb beilaufig in der Mitte der Scbotter- balden an. Bei diesem Dreier hatte der Stacbel des Misstrauens seitens meines Fiibrers, der sicb durch die Fix-Punkte in seiner kiinftigen ausscbliessliclien Flihrerscbaft gefiibrdet \vahnte, scbon solclie Dimensionen angenommen, dass icb einen scblauen An- sclilag gevvartigen konnte. *) Ist leicht durchfiihrbar. Siehe den zvveiten folgenden Artikel. J. F. Die Sannthaler Alpen. 93 Das Suchen eines Wasser gebenden Schneefeldes im Ter¬ min na podeh gab den ihm villkommenen Anlass, nach und nach mehr gegen die Fels\vand pri dolgih snegah, die wie ervahnt vom Grintovc siidostvarts zur Vrata streicbt, abzubiegen. Selbst- verstandlich liess ich da Farbe und Pinsel trotz viederholter Auf- forderung Kalans ruhen, denn zu Querziigen sollten die von mir angebrachten Hilfsmittel vabili eh nicht verleiten. Als ich Kalan an der Hand meiner vahrend des Gehens gemachten Anmer- kungen, in dem manchmal iibersehbaren Gebiete der na podeh und pod podeh genau grossereFelsstiickebezeichnete, die vir beim Anstiege zur Rechten oderLinken beriihrt liatten, und er so sich iiberlistet sah, zollte er meiner Orientirungsgabe selbst reichli- chen Beifall. Erst tief unten etva '/ 2 Stunde vor dem grossen Blocke, wo zusammengelegte Steine eine Hiitte nothdiirftigst er- setzen sollten, zierte ich (um 1 / 2 12 Uhr) eine Wand im Gebiete pod podeh mit einem zvei Schuh hohen Vierer, darunter zwei nach verschiedenen Seiten zeigende Pfeile. Hier kann man eben behaupten, dass alle Wege iiber die podeh zu den Schotterfeldern fiihren; je nachdem man dem Stande der Mulden, der Kessel- stiirze folgt, ist diese oder jene genommene Richtung die prakti- schere; da Fix-Punkte in dem grossen Chaos schwer mitWorten entsprechend zu bestimmen sind, so babe ich solehe bei der Scbilderung des Anstieges nicht hervorgehoben, zur Nume- rirung kam ich beim Abstiege nicht, ich kann daher nun lediglich nur den Ilauptgrundsatz betonen, dass zuerst die Richtung nord- varts gegen die Mitte des namenlosen Grates zu nehmen, dann aber schon mehr auf dem Gebirge na podeh angelangt, ostvarts zu der oberen Halfte der Gerollhalden zu vandern ist. Die Ziffer 4 verden so steigende Touristen nicht zu Gesichte be- kommen. Vom Vierer konnten vir die Wanderung zeitveise vieder mit eiligen Scliritten aufnehinen, passirten den bekannten Felsblock, und varen bald bei den Gehangen n Jurjovc; mit dem Aufgebote aller verfiigbaren Kriifte, und der ausscrordentlichsten Vorsicht iiberkletterten vir dieselben, um gegen ‘/*1 Uhr, von der Vrata aus noch zum Abschiede einen langen Blick auf die ganze Gruppe des Centralstockes, auf die Spitze zu verfen, die eine meiner schonsten touristischen Erlebnisse begriindet. In der Vrata und vor derselben gegen die Suhadolnik- Schafhiitte hin vervollstandigen die Ziffern 5 und 6 das Ganze, vas ich im Malen an Zahlen geleistet liabe. Alles Gefalirvolle var nun hinter uns, und da ich die um Vž 5 Uhr im Kankerthale, unterhalb des Subadolnikbauers vor- beifahrende Post nreh rechtzeitig erreichen volite, so fand der TVeitermarsch in einem sehr schneidigen Tempo statt. Um 1 Uhr langten vir bei der Suhadolnik’sohen Schafhiitte an, nahmen hier das Mittagmahl, und um 2 Uhr ging es auf bc- 94 Prof. Dr. J. Frischauf. kanntemPfade mit \vo nur moglich unterlegtem Dauerlaufe liinab, an dem Touristehhauschen (3 Ulir) voriiber; schon um 4 Uhr standen wir im Bauernhofe des Suhadolnik. Hier blieb Kalan zuriick, der das Zeugniss der genauesten Kenntniss der Ortsver- haltnisse, der unermiideten Bereitwilligkeit, so vvie Verlasslich- keit, vollends verdient. Nachdem ich sogleich meine Habselig- keiten auf einen der 9 Sprosslinge des Bauernhofbesitzers iiber- packt hatte, stiirmten \vir ohne Kast zur Thalsohle liinab, um da- selbst von auf den Feldern arbeitenden Leuten die vernichtende Kunde zu vernehmen,dassderPostwagen voreiner viertel Stunde, sonach um l / 4 5 Uhr, voriiber gefahren \var. Nur ein Hoffnungs- strahl noch, an den ich mich klammerte — das Wirthshaus, das wie Eingangs liervorgehoben, an dem Vereinigungspunkte der alten und umgelegten Kankerstrasse steht. Der gute rothe Wein ist eine gefahrliche Klippe fiir durstige Postillone — und der Postillon hatte Durst —; zu meiner Freude stand der Wagen noch da, die Bilder einer weiteren, ja stundenlangen Suche nacli Pferd und Wagen zerflossen in das ervviinschte Nichts. Bevor ich scliliesse, noch einige allgemeine Worte. DieEr- steigung der Skuta ist gegenwartig eine beschwerliche; nur ■vvirklich gelih te Tourišten konnen es unternelimen, diese abge- legene Felszinne, das ganze hochst interessante Gebiet zu be- treten; keineswegs sind es grosse, oder gar unlibervvindliche Hindernisse, die der Verbesserung des Anstieges entgegentreten. Einige \venige Sprengungen in den Gehangen von Jurjovc, etliche eiserne Ringe daselbst so vtie in dem senkrechten Ab- sturz bei der Štruca, durch die ein Seil gezogen -vverden konnte, und die unangenehmsten Stellen haben ihre Gefalir- lichkeit verloren *). Schon spreclien Thatsachen fiir die Energie mit der die alpine Gesellschaft „Sanntlialer“ die Zuganglichmachung des Gebietes der so schonen und so lange Vergessenen Sann- thaler oder Steiner /\lpen in Angriff genommen hat; dient meine Unternehmung, dienen diese Zeilen als Anregung die noch vor vrenigen Jahren rathselhafte Skuta auch vveiteren Kreisen zuganglich zu machen, dann hat diese Scliilderung ihren Zweck erfiillt, dann sehe ich die aus Liebe zu dem steier-, krainer- und kartner’schen Alpengebiete unternommene Wanderung reichlich gelohnt. *) Ist, wie in den betreffenden Noten erwahnt wurde, bereits geschehen. Hier mag nur noch bemerkt werden, dass ausserdem noch 'der Weg zum Grintovc Greben-Sattel, von hier zur Vrata, durch die Jurjovc und zur Schneide des Hauptzuges mit zahlreichen rothen Zeichen markirt ist. An den ubrigen Stellen (d. h. Karrenfelder, Trichter, Gerolle u. s. w.) konnten keine Zeichen gesetzt \\ Grden, hier sind selbe aber auch liberflussig. J. F. Die Sanntlialer Alpen. 95 Langkofel (dolgi Jierbet) und Skuta*). Die im Jahre 1874 durch sclileclite Witterung vereitelte Frsteigung der Skuta katte mein Interesse fiir diese Bergspitze nur erhoht. Im naclisten Jahre verhindbrten mich vei’schiedene alpine Arbeiten — Bezeicknung des vom Maler K. Haas ange- fertigten Panorama des Zirbitzkogel, Verhandlungen vvegen des Baues der Ojstrica-Hiitte — gleicli am Beginne der Ferien, diese Tour zu versuchen, so dass ich erst am 10. Augustin meinllaupt- quartier fiir das Studium der Sanntlialer Alpen, d. i. nach Ober- S e el and kam. Der 11. August war trotz des tadellosen Wetters ein Bast- tag; es war leider nicht moglich an diesem Tage etvvas grosseres zu unternehmen, denn ich musste die Ankunft meines Fiihrers Jernik, der erst von einer etwa 2 St. entfernten Alpe geliolt iverden musste, abwarten; Mittags erscliien derselbe, ganz erfreut \vicder mit mir Touren machen zu konnen. Wir verabredeten einen neuen Versucli der Besteigung der hochsten Spitze ostlich vom Grintovc, welche uns voriges Jalir durch die ungiinstige Witterung vereitelt vvurde. Jernik glaubte, wir konnten diesmal auf die zsvci Hauptspitzen in einem Tage kommcn, die erstere von Seeland als flaclie Kuppe gesehen, bezeicimete er als „Skuta“, die zweitfolgende von Seeland nicht hoker scheinende nannte er „Rinka“, von ersterer behauptete er, sie sei nicht besonders schwierig zu ersfeigen, letztere scliilderte er als ungleich schwie- riger. Fiir beide Spitzen schlagc ich die oben am Titel angesetz- ten Bezeicknungen, velche auch von einigen Gemsjagern ge- braucht vverden, vor. Als Ausgang solite das neue Touristenhaus in der Suhadolnik-Alpe dienen, da bekanntlich die Siidseite des siidlichen Kalkalpenzuges vi el leichter zuganglich ist, als die Nordseite. Wir beniitzten den Postivagen in die Kanker, und gingen dann an bckannter Stelle aufwarts zum Bauer Suhadolnik 896 m , wohin auch drči Studirende aus Triest, denen ich in See¬ land die Besteigung des Grintovc empfohlen hatte, bald nach- kamen. In Begleitung des Bauers begaben iv ir uns auf den Weg zur Alpe. Das fatale Gerollfeld in der unteren Terrasse ist dies¬ mal durch einen guten Waldweg umgangen, \vodurch eine be- deutende Erleicliterung des Weges erzielt ist. Auch an den hoheren Stellen vvaren manche Weg-Verbesserungen angebracht, ivelche jedoch vermoge der Natur des Terrains bereits vielfach '*) Dieser Artikel wurde in der vorliegendeu Form zu St. Michael im Lungau anfangs September 1875, um mich iiber das ungiinstige Wetter zu trosten, zusammengestellt. Da der von mir eingeschlagene Wcg grosstentheils mit dem des Herrn v. Pavich identisch ist, so mag diese skizzenmassige Darstellung geniigen. 96 Prof. Dr. J. Frischauf. beschadigt \varen *). Dessungeachtet kamen vir diesmal viel schneller uncl leicliter zur Alpe 1500 m , die vir bereits in l>/ 4 St. erreichten. Die neue Hiitte ist neben der alten hingebaut, und bietet ein bequemes Lager ftir etva 6 Personen; hinreicbend bei dem noch immer sparlichen Besucli des Grintovc. Einge\veiht vurde die Jliitte von einer Gesellschaft Alpenfreunde am 4. August vobei sie den Namen „Frischauf-Hiitte“ erhielt. Die Nacht var ausserordentlich milde, oline Decken konn- ten vir bei offener Thiire sehlafen; zeitlicli varen \vir bereit, aber erst um S 3 /* Uhr konnte vegen Dunkelheit aufgebrochen werden. Die drei Triestiner gingen mit dem Schafhirten auf den Grin¬ tovc, den sie auch in \veniger als B St. erreichten; icli schlug mit Jernik den bekannten Weg von 3 / 4 St. zum Grintovc-Sattel 1800 m ein, von vo wir uns links d. i. nordlich '/ 2 St. aufvarts vandten. Damit erreichten vir den siidbstlichen Abhang des Grin¬ tovc, an welchen vir durch eine Art von Felsthor 1950'" traten. Z\vei Steine mit den Zeichen „6 und 5“ von Herrn Alfons Pavicli v. Pfauenthal bei seiner Skuta-Tour vom 29. Juli 1875 bezeich- net, kennzeichnen diese Stelle. Ich vusste nun, dass er densel- ben Weg eingeschlagen babe, und war selir erfreut, dass auch von Stein aus diese Tour jetzt bekannt sei **). Nun folgte ein ziemlich beschverliches Wegstiick durch die steilen Platten und kleinen Rasenflecke des er w ah n te n Abhanges, einige Verbesse- rungen varen hier hochst zveckmassig. Ist jedoch diese e tv,-a ’/ 4 St. lange Strecke tibervunden, so geht es hochst bequem gegen den Kessel, gebildet von dem Siidabsturze des Haupt- zuges besonders des Grintovc. In 3 / 4 St. hatten vir den Stein an einer kleinen Erhohung erreiclit, vvo vir auf der Hohe eine kurze Rast hielten. Nun stiegen vir iiber den zerkliifteten Fels und iiber Gerolle in die Mulde zvischen Grintovc und Lang- kofel, vo vir uns einen kleinen Einschnitt links nahe am hoeh- sten Punkt zum Ziele setzten. Durch Gerolle steil aufvarts er¬ reichten vir eine Felsterrasse, iiber diese zog vieder eine Schiitt veit aufvarts gegen den ervahnten Einschnitt; durch letzteren erkletterten vir die Schneide und dann ging es stiegenartig iiber hohe Felsblocke auf den Langkofel 2470 m , auf velchem sich eine Stange befindet. Einschliesslich der allerdings kaum viel iiber '/4 St. betragenden Rasten hatten vir etvas veniger als 4 St. benothigt. Die Aussicht var vundervoll, nach allen "VVeltgegenden gleich rein und durch keine Špur eines Wolkchens getriibt; im Ganzen ist sie jedoch, vas die Fernsicht anbelangt, der Grlntovc- '*) Gegenvartig ist eine griindliehe Verbesserung dieses Steiges vorge- Tiommen worden. '**) Herr A. v. Pavich Iiat.te mir vor seiner Abreise erklart, er \volle mit den beiden Uršič vom Feistritzthale aus die Tour auf die Skuta versuchen, ich vermuthete nun, er hiitte den Riiokweg in das Kankerthal genommen. 97 l)ie Šannthaler Alperu Aussicht so ahnlicli, dass icli mir deren Schilderung ersparen kann. Nach etwa lstiindigem Aufenthalte stiegen wir Avieder gegen das untere Gerollfeld ab, etwa ’/ 4 St. Avali rte diese rasche Tour; wir hielten uns etvvas tiefer als nothig, um bei einem Schneefelde eine langere Rast zu halten. Hierauf wandten wir uns bstlicli quer durch die Abhange, um in die Scliluclit zvvischen Langkofel und Skuta zu kommen, und stiegen dann verhaltniss- massig bequem iiber Gerolle undFels nordlich aufwarts in 1 / 2 St. zum Stein „2“ 2360 1 " an der Felsvvand. Nun folgte eine ziemlich besclnverlicbe Strecke. Der IJauptzug fallt namlich liier iiberall in steilen Wanden ab, besonders ist die etwas ostlicher steliende Wand ganz ungangbar; fiir selbe Aviirde icli wegen der polster- artigen Wolbung an der Hbhe den Namen »Polsterwand“ vor- scblagen. Links d. i. Avestlich von dieser Wand ist es moglich, Avieder die Scbneidc zu erreichen, liier fallt selbe in cjuaderartig gescliicliteten Plattcn ab, \velche an den Ansatzstellen Halt- punkte fiir den Fuss gewaliren. Wir stiegen nicbt nacii der beim Steine „2“ gesetzten Pfeil-Riclitung, die liber eine nahezu senk- recbte Felsrinne von mehr als 4 Meter Hbke fiibrt, sondern etwas links aufwarts; fiir einen sclnvindelfreien Kletterer ist diese Stelle olme Gefabr, bereits nach t / i St. liatten wir die Schneide erreicht. Nun geht man eine kurze Strecke auf der Schneide bis zu einem Felskopf, liier heisstes \vieder etwas aus\veichen, wir Avandten uns anfangs ostlicli aufwarts, stiegen dann nordlich hin- ah und erreieliten in 1 / i St. den Fuss 2410 m des letzten Kegels der Skuta; Herr Pavich scliien sicli nach der Bezeichnung des Steines „1“ zu urtheilen gleich nordlich gehalten zu haben, was wie ich mich beim Ruckweg liberzeugte, etwas bequemer ist. Wir befanden uns nun in einer Mulde, gebildet von den ostliclien Absliirzen derPolstei"wand, von deren siidlichem Ende sicli nord- ostlich ein kleinerGrat zur Skuta zieht; Schneefelder erfiillten die vertieften Steilen dieser Mulde. Eine ganz leichte Tour stand noch bevor, in massiger Neigung iiber unbeivegliclies Gerolle und bequeme Felsplatten ivar in siidsiidostlicher Richtung stei- gend in Aveniger als ‘/ 2 St. der Gipfel 2520’, auf Avelchem sich unter einem Steinhaufen Reste einer Pjramide behnden, erreicht; es Avar 11 1 / i Ulir. Ein herrliches Panorama lohnte die Muhe, die Schilderung derFernsicht kann aus den oben angegebenen Griin- den unterbleiben, der Anblick der nachsten Dmgebung ist iiber- Avaltigend, die Skuta steht so ziemlich im Mittelpunkte der Sann- tlialer Alpen und ist daher der instruetivste Uebersichtspunkt. Die ganze Wanderung bietet die imposantesten Felsenbilder, die Tour ist vom Anfang bis zum Ende gleich interessant. Die nSannthaler“ haben daher auch auf Grundlage dieses Berichtes die Ausfiihrung einiger Arbeiten fiir besserc Zuganglichkeit dieser Spitze in Aussicht gestellt; es ist dann Sache der Alpen- 7 9 S Prof. Dr. J. Frischauf. freunde, dieses jetzterschlossenc Gebiet niclit mehi' wie hisher zu meiden, um es von dem anliaftenden Nimbus des Unerreichbaren za befreien. Freilich ist dazu erforderlich, dass die Touristen sich selbst Alpengebiete zur Forschung ausvahlen und nicht gedankenlos betretene Mode-Touren nacbgehen. Nacli 1 */ 2 st1indi- gem Aufenthalt (bei 13° C. im Schatten) becjuemten wir uns zum Abstieg; diesmal wollten wir den Pfeilweg des Steines „2“ gelien *). Wir trafen fortgesetzt Spuren der Ersteigung durch Herrn Pavicb, doch veiter unten gelang uns nur mit Muhe der Abstieg in die tiefere Terrasse; einmal mussten vir sogar vieder aufvvarts und ein anderes Felsband suchen, zuletzt standen wir vieder an einer etva 6 Meter hohen Wand. Nun stiegen vir vieder etwas zuriick und suchten noch mehi' links hinabzukom- men, doch vieder eine Wand. Schon glaubten vir zu unserem Wege zuriickgehen zu miissen, als Jernik kurz entschlossen an der etvva 4 Meter hohen Wand in’s Gerolle liinabrutschte und hier bald festen Fuss fasste. Mit Hilfe meines Bergstockes berei- tete mir Jernik eine kleine Abstufung, iiber velche ich dann ebenfalls hinabsprang, vodurch die schverste Arbeit nun vollen- det var. Bummelnd trabten vir die verschiedenen kleinenTerrassen ab\vartš) gequalt vom Durste macliten wir bei einigen Schnee- feldern vergebliclie Versuche von Wasserbereitung, mein gerin- ger Thee-Vorrath war beim Abstiege durch die Wand zu Ende. Wir wandten uns gegen den unteren Theil des Thalkessels des Ilauptzuges, zur Ilinne des vom Grintovc nacli dem Greben sich ziehenden Riickens, und dann ging cs wieder aufwarts die er- Avillinte schivierige Stellc an der Siidost-Wand des Grintovc. Nun hinab zum Sattel und zur Hiitte, \vo \vir \vieder nur kurze Rast liielten — denn vir fanden kein trinkbares Wasser. In 1 St. erreichten vir den Bauernliof Suhadolnik, vo vir uns erst satt trinken konnten. Nachdem vir uns mit Kaffee restaurirt hatten, stiegen vir in die Kanker hinab, vo ich im gastlichen Hause des Herrn Directors Schiffermuller die freundlichste Aufnahme fand. Lange plauderten vir, eine ungeheure (Juan ti tat von Getranke erforderte mein kaum zu befriedigender Durst', die Mitternachts- stunde var nicht mehr ferne, als vir uns endlich zur Ruhe begaben. Skred un d Zmavcarje. Trotz der gelungenen Tour am 12. August 1875, hatte ich eine Wiederholung der Skuta-Besteigung auf mein Sanntlialer Touren-Programm des J. 1876 gesetzt. Die beiden gefiihrlichen Stellen am Grintovc-Kamme und unter der Schneide sollten *) D. i. Weg des Herrn v. Pavicb. Die Šannthaler Alpen. 99 vom Suhadolnik-Bauern ausgebcssert nnd dann solite audi die Skuta auf das Eroffnungs-Programm gesetzt iverden. Leider scliienen der Durchfiihrung dieses Gedankens die grossen Sclineemassen, die nocli Mitte August die Spitze umgaben und die sclileclite Witterung des September unubcnvindliche Sc-lnvierigkeiten entgegen zu setzen. Nur der raschen Beniitzung der ivenig schonen Tage am Ende des genannten Monates ge- lang die Vollendung der Steiganlage zur Schneide, deren In- spicirung mein sehnlicher Wunscli blicb. Die Aufnahme des Grintovc-Panoramas durcli Herrn A. Zofij dem ich hierbei Gesell- scliaft leistete und dabei zugleicli moglichst viele Namen der Aussiclitsobjecte bestimmte, eine Nebeltour am Greben liatten mir scliliesslicli alle Lust zu Hoclitouren genommen undummich auszurasten \var icli am 3. October von der Kariker nacli Stein gegangen, von wo aus ich meine Riickkelir in die Heimat an- treten \vollte. Mein Geivissen war jedoch nicht beruliigt. Der alte Jernik liatte mir viel von den Scliafweiden unter der Skuta er- zahlt, die vor einer langenReilie von Jahren die Familie Muri (in Ober-Seeland) dort betrieben liatte. Ich konnte jedoch liber den Triebiveg nicht recht in das Klare kommen, denn sammtliche Zu- giinge zum siidlichenPlateau der Skuta kamen mir zum Viehtrieb als ungeeignet vor. Weder von Westen durcli die bosen Gehange Jurjovc nocli von Osten durch das Rinkathor war ein derartiger Auftrieb durclizufiihren. Ebenso unmoglich erschien mir ein Viehtrieb vom Feistritzthale aus. Nach langen und bei meinen geringen Kenntnissen der slavischen Sprache miihsamen Er- kundigungen erfuhr ich nun, dass man von der einzigen Quelle unter der Skuta (knapp am Absturze in das Feistritztlial) ab- steigen konne, dabei aber eine gefahrliche Stelle passiren miisse *); ein ziveiter Zuga v iig vom Feistritzthale sei ostlicli und fiilire durch das Tlial Zmavcarj e, ivelches in der Richtung gegen die Brana zu lage. Durch dieses Tlial hatte man die Scliafe auf- getrieben und an verscliiedenen Stellen, deren hochste bei der emahnten Quelle sicli befand, geweidet. In dem Iluheort S tei n angelangt, hatte sicli das Wctter total geandert; ein tadelloser Tag folgte dem anderen, und nach einigen gelungenen kleineren Touren wurde nochmals die Skuta- Besteigung vorgeschlagen. Herr Anton Frohlich, ein junger gebildeter Mann, in dessen trefflichem Gasthause ich eingekehrt vvar, ivollte micli auf dieser Tour begleiten. Mir war seine Ge- sellschaft ausserordentlich erwiinscht, denn ausser seiner ange- nehmen Gesellschaft hatte ich an ihmeinen trelflichen Dolmetsch, und ich konnte fiir eventuell inAussiclit genommeneZuganglich- keits-Arbeiten an ihm dann eine Stiitze ervcarten. 7 % *) Weg liber den »Skred“. 100 Prof. Dr. J. Frischauf. Um 2'/a Uhr des G. October bradica vir auf, fubrcn auf guter Strasse nacli der Hiiusergruppe Znamnj e an der Tlial- spaltung der Feistritz und des Cernabaches, wo vir im Gastliause einen Trager zum Uršič requirirten. Der in der Einleitung be- reits gescliilderte Weg fiilirt fortgesetzt am linken Ufer, anfangs durcb 20 Min. knapp an der Feistritz, dann aufviirts zu einem Stcinkreuze zur Strasse, velche sich nocli durcb 20 Min. am Bache halt. Nun gebt es etwas steil aufwarts, das Tbal vercngt sich, durcb dicbten Wald kommt man in '/ a St. zu einem Stein- kreuz; untervegs genossen vir an licbteren Stellen den Anblick des Centralstockes vom Grintovc bis zur Brana. In »/ 4 St. batten vir die Putzpulver-Fabrik erreicbt — ein alter gicbtiscber Bauer erklarte, \vir wurden nicbt auf die Skuta komnien —■ in 10 Min. kamen vir zur Erveiterung, vo vir recbts den Einfluss der Bela bevunderten, in 10 Min. standen vir an der prachtigen Naturbriicke Predasel und in abermals >/ 4 St. hatten vir unser Nacbtquartier den Bauernhof Urš ic 600“ erreicht. Wir frugen allsogleicb um den alten Mathias, es liiess derselbe sei nicht zu Hause, es viirde uns sein Solin, ein Mann im kraftigsten Lebensalter, der zugleicb beim Jagdpaebtcr Herrn Smolle als Jager bedienstet ist, fubrcn. Die Umgcbung unseres Quartiers ist eben so reizend als grossartig. V or demselben ist recbts der Ursprung der Feistritz, ein sclioner IVassertiimpel von blau- griiner Farbe, der unmittelbar aus dem Felsen seinen Ursprung bat. Der Thalboden ist unten dicbt bevaldet, und nacli Nord ge- scblossen durcb die Abstiirzc der Skuta; Grintovc, Skuta und Brana bilden die Umrandung des Scblusses. Vor dem Hause ist ein Ilolzbau, eine Art von Sommerbauscben, vo vir bis zur Be- reitung unseres Nacbtessens im Freien verbleiben konnten. Etva um 9 Ubr begaben vir uns zur Ilulie, die vir in dem grossen Heustocke, eine kleine Strecke ostlicb vom Hause fanden. Die Naclit var vunderbar scbon. Der jMond beleucbtete die Um- gebung fast mit Tageshelle; die Luft var friscb aber dabei so milde, dass vir bei offener Tliiire keine Kalte fiihlten. Um 2 Uhr liess es uns keine Itube rnehr; vir standen auf, gingen zu dem Bauernhofe,. vo man bereits mit der Bereitung unseres Kaftees beschaftigt var, und um 3 Ubr varen vir bereits marschbereit. Der varme Morgen (14° C.) des 7. Octobers verspracb einen heissen Tag; vir batten jedocli Hoffnung, durcb fast 4 St. von der Sonne nicbt belastigt zu verden, und uns um die Zeit des Sonnenaufganges bereits in einer respectablen Ilobe zu be- finden. Wir segneten denMond, der mit seinem Lichte uns diesen zeitlicben Aufbrucb ermbglicbte. Durcb einen dicbten hocli- stammigen Bucbcnvald gingen vir rechts vom trockenen Bache des Hauptthales in unbedeutender Steigung thalaufvarts, vir be¬ vunderten dic riesigen Stamme und bedauerten die Zeit, vann Die Sannthaler Alpen. 101 selbe der Axt verfallen viirden. Nach 3 J t St. gingen vir nach links liber den Bacil nach einem riesigen Felsblock, der wie mit einer Sage durchschnitten ist und desbalb „žaganapečina (durch- sagter Fels)“ genannt vird. Einige Minuten flihrl der Weg links vom Bache, dann vendet er sich vieder r-echts, nach einer veiteren */ 4 St. fiihrt derselbe jedoch vieder links. Nun geht es durch den dichten Wald veiter; nach 10 Min. zveigt sich links ein Fusssteig ab, der zum Sattel zwischen Greben und Grintovc fiihrt; vir vandern auf dem Hauptvvege noch 5 Min. veiter und kommen jetzt zur Hauptspaltung dcs Thales 936 m ; der gerade etvas kiirzere Weg fiihrt liber den v uSkred“ auf das Plateau, der Weg rechts in die Thalterrasse „Zmavcarje“. Ersteren wollten vir als Aufstieg, letzteren als xlbstieg beniitzen. Einige Bedenken meines Begleiters, ob er auch im Stande sei, iiber die gefahrlichen Stellen des Skred zu kommen, konnte ich durch die Hinweisung auf das mitgenommene Seil und die Korperstarke unseres Fiihrers leicht beschviclitigen. Wir schritten nun im Thalboden aufwarts. Gestriipp vech- selte mit Rasen und Gerolle, velch’ letzteres bei der Steillieit des Weges unangenehm vurde. Nach y s St., bevor wir noch den Thalschluss erreichen, wendet sich der Weg links in den Wald, der mit Tannen gemischt wieder prachtvolle Esemplare der Buche auf\veist. Nach ‘/ a St. steilen Kletterns auf gutem Steige, der jedoch bereits einzelne Felsstufen darbietet, kamen wir an eine Felsinulde. Dieser Theil des Grabens wurde vom Fiihrer Mali Kudi“ genannt, der „Yeliki Kud;“ ist \vestlich durch einen Riegel getrennt; das Hauptthal selbst nannte Uršič „Prosek“. Die letzte Wald\vanderung hatte die Umgehung des ^Absturzes unserer Felsmulde zum Zwecke; auf einem schmalen Felsbande 1090'“ durchquerten wir nach rechts (d. i. Osten) in 5 Min. die Mulde und stiegen rechts authvarts durch Gestriipp in den Alpenbodcn „Trata«, wo wir in >/ 4 St. die Reste der primitiven Hiitte erreichten. Nach einer weiteren Vi St. aufwarts kamen wir zum «Windloch“, einer kleinen Ilohlung aus der \vie aus einem Geblasc der Wind ausstromte, nach abermals '/4 St. Steigen kamen wir an den Thalschluss 1614 m . Gerade vor uns war die Felsvvand, links davon fiihrte ein Rasenband aufwarts gegen dieHohe; letzteres bezeichnete der Fiihrer als den Anfang des „Skred“. Ueber das Rasenband stiegen vir aufwarts, ver- liessen aber bald die nach links gelialteneRichtung und kletterten iiber eine Felsleiste nach rechts; an der Wendung bezeichnete ich den Weg mit rotlier Farbe und dem Datum unserer Tour. Nun aber musste jeder Tritt mit Vorsiclit gesetzt werden, mein Begleiter liielt sich \vaeker und nachdem er die ersten ge¬ fahrlichen Stellen passirt hatte, var seine Zuversicht bedeutend gestiegen. Ueber das Felsband arbeitcten vir uns aufwarts 102 Prof. Dr. J. Frischauf. gegen die Wand, erreichten iiber elne Rinne den ostlichen Rand eines Absturzes und nun folgte bald das gefahrlichste Stiick: ein scbmales Band quer durcli den Absturz. Diese Strecke ist jedoch ziemlich kurz, bald hatten wir \vleder den Alpenboden iiber dem Absturze erreicht. Von der vvestlich gelegenen Kuppe heisst der Alpenboden »za koglam". Fast St. hatte diese ge- fahrliche Passage des Skred gedauert. Nun bielten wir uns fort- gesetzt etwas links aufvvarts und erreicliten in ‘/ a St. die einzige Quelle 180O m unter der Skuta, \vo icb mit Jernik bei meiner Quer\vanderung vor z\vei Jahren vorbei gekommen vvar. Hier wurde eine Rast von 3 / 4 St. gelialten, vvahrend dieser Zeit die ganze Gegend gemustert und fiir die Karten-Verbesserung skizzirt. Reclits zog der Weg iiber ein Gerollfeld und Ra- sendecke aufvvarts zu einem Riegel, iiber dessen Riicken \vir uns dann siidlich in das Tbal Zmavcarje vvenden wiirden, falls wir nach dieser Ricbtung absteigen \vollten. Von hier kann man ebenfalls in das Logartkal kommen. Diese oberen Stellen kvaren mir bereits von meinen friiberen Touren bekannt. Nach dem Aufbruche vvandten wir uns links iiber Alpen¬ boden aufvvarts zum Plateau, wir durchschritten fast immer in vvestlicher Ricbtung eine Ileihe von kleineren Fels-Mulden und kamen in 3 / 4 St. zur grossen Mulde „ Veliki podeh“ 2170“', deren Grund cin vveites Schneefeld ausfiillte. Theils am nord- lichen Rande, theils durch die Schneefelder passirten vvir in 1 / i St. diese Mulde und kamen nun knapp gegen den eigent- lichen Aufstieg zur Skuta. Nun musste nordlich gegen die Schneide zu gestiegen werden. Rechts war der glatte Fels der Štruca, Avelche mein Fiihrer „Thurm“ nannte, links der Absturz des langen Grates; z\vischen beiden zieht sich ein mit Felslcisten durchsetztes Gerollfeld gegen die Schneide hinauf, die oben ehvas eingeschnitton ist. Rechts vom Einschnitt fiihrt der Weg iiber die Felswand auf den Grat*'). Ueber das Gerolle und dieFels- bander erreichten vvir in ‘/ 2 St. die Felsvvandan der Stelle 2360“ des Pavich’schen Zeichens, rechts davon ist die Num- mer .,II“. Primus Suhadolnik und Kalan hatten am 27. Sep¬ tember die nun folgenden gefahrlichen Stellen ausgebessert. Zu- sammengelegte Steinblocke bieten einen bequemen Aufstieg iiber die erste steile Stelle, deren oberer Rand abgesprengt \vurdc; eingehauene Tritte ge\vahren dem Fusse sicheren Ibalt, und nach 10 Min. hatten \vir oline besondere Miihe und An- strengung die Schneide erreicht, und das ehemals schwerste Wegstiick lag liinter uns. Nun befinden wir uns auf dem alten Wege. Wir hielten uns wenige Schritte auf der Schneide bis *) Der ”VVeg von hier bis zuni Gipfel ist mit dem friilier gesciiilderteij jdentisch. Die Sannthaler Alpen. 103 zum Felskopfe, hier wandten wir uns, um die steilen Wande zu umgehen, siidostlich, kamen in 5 Min. an den Muldenrand, spater gingen \vir ostlich und zuletzt nordlich wieder der Schneide zu, die wir in \veiteren 10 Min. erreicliten, und wo wir am Fusse 2410' 11 des letzten Kogels stehen. Ueberdas grobe unbewegliche Gerolle wuide fast siidlich steigend in 20 Min. der Gipfcl 2520 m erreicht; cs war gerade 11 Uhr, somit battcn wir einschliesslicb der Rasten 8 St. benothigt. Fine -\vundervolle Fernsicbt lobnte unsere M tihe. Nur liber der Laibacher Ebene lagerte anfangs eine dicke Wolkenbank, die sich gegen Mittag auch verzog. Die nahen und fernen Punkte konnten mit gleieber Reinheit gesehen werden. Neuerdings iiber- zeugte ich micb, dass die Skuta-Aussicht die des Grintovc an Lohnbarkeit bei Weitem iibertreffe. Die Fernsicbt ist dieselbe, nur mehr central, nacli Siiden und Osten jedenfalls instructiver. Wahrhaft iiberwaltigend ist der Blick auf die Umgebung, mitten aus schauerliclien Felswildnissen ragt die Skuta als der beste Uebersichtspunkt dieses Gebirgsstockes auf. Nacli l 3 / 4 stiindigem Aufenthalte scbieden wir. Nur mit Miihe liess sicb mein Begleiter zum Aufbrucbe be\vegen. Eswar seine erste Plochtour und er konnte sich nicht satt sehen. Fort- wahrend im Zweifel: ob die Nord-, Ost-, Siid- oder West-Partie das Schonste seien, musterte er von Punkt zu Punkt das herr- liche Panorama. Doch es musste geschieden sein. Auf minde- stens 5 St. scliatzte ich die Zeit des Abstieges, \vovon wir 4 St. bei Tag machen mussten, wollten wir ohne Gefalir den Uršic- IIof erreichen; donn um 6 Uhr ivar es bereits dunkel, und Mond- schein gab es erst in den spaten Nachtstunden. In 3 / 4 St. kamen wir an den Beginn der Wand, in */ a St. zur grossen Mulde und in >1 St. zu einer im Sclinee deponirten Weinflasche, wo wir eine kleine Rast hielten; in ‘/a St. waren wir bei der Wegtheilung oberhalb des Skred; es war 3’/* Uhr als wir diese Stelle ver- liessen, die ich mit einer weit sichtbaren Aufschrift und einem Wegzeiclien versah. Nun hiess es Avieder aufwarts. Zuerst stiegen wir oberhalb des Absturzes, dann Avandten wir uns iiber das Gerolle, konnten jedocli bald selbes mit den mehr gegen den siidlichen Absturz sich hinziehenden Rasenstellen vertauschen. In dieser Weise fortkletternd erreicliten wir in ’/ 2 St. dieHohe, eine Naturbriicke liber eine mit Schnee gefiillte Felshohle hatte auch hier unsere Aufmerksamkeit den fantastischen Felsformen zugewendet. Nun passirten wir siidlich eine Art Joch, und kamen an den oberen Rand desThales „Žmavcarj e“, unstreitig das grosste grune Thal und der bequemsto Zugang in den unvvirthlichen Tlieil der Siid- abstiirze der Skuta. Rasch ging es iiber die Grasflachen abvvarts, doch viel zu langsam fiir uijseren Fiihrer, weshalb er uns vov’ 104 Prof. Dr. J. Friscbauf. schlug, die Gerollhalden in der Mitte des Thalbodens aufzu- suchen, und liber den Sand- so nannte er das feinere Gerolle — abzurutschen. Dieser Vorschlag fand unseren BeifalJ, ohne Muhe kamen Avir nun ein Stiick abwarts, bald crreiciiten Avir die tieferen Grasflaeben und nach ' 3 / t St. AAaren Avir in eincm kleinen Aveniger steilen Boden angelangt. An der links bcfindlichen Felswand ist die kleine Alpenhiitte angebaut, wclche seit Jahren niclit mehr bezogen \vird. Fiir eine Pcrson bietet sio nocli gegenwartig eine diirftige Unterkunft. Einige Bemerkungen zur Orientirung der Umgebung diirften liier gestattet sein. Von dem Skutazug zweigt sicb ein aus z\vei Kopfen gebildeter Riicken ab, der erste obere beisst Sleme, der sicb anschliessende ■— Greben. Beide bilden (tbal- abwarts gezjihlt) die linke Einfassung des oberen Theiles des Proscktbales. ŽAvischen diesem und der von der Rinka sich fort- setzenden Turskagora (Kotla') des Hauptzuges liegt das Tbal Žmavcarje, etAvas unterbalb des Hiittenplatzes ist der Felsriss zwischen Turskagora (Kotla) und Brana; derselbe ist so enge, dass es von unten scheint, als ob die Brana die linke Thahvand von Žmavcarje bilden Aviirdc. Durch diese Felsscblucbt (eigent- licli Felsrinne) gebt nacb der Aussage des kundigen Uršič ein z\var besclnverlicber aber ungefahrlicher Steig auf die Ein- sattlung Kotla-Brana und von liier binab nach Okrešel. Bei meinem mehrmaligen Anfentbalte in Okrešel konnte icb micb von der Ungefahrlicbkeit des Steiges auf der steierischen Seite iiberzeugen, fiir die krainer Seite vertraue ich vollkommen der Aussage meines Fuhrers, der sicb mir auf der ganzen Tour als glaubwiirdig er\viesen batte. Auch das Bild der einsam gelegenen Pl iitte in Žmavcarje batte mebr žeit der Besichtigung verdient, als Avir ihm Avidmen konntcn; doch es \var bereits 5 Uhr und nocb ein Aveites Stiick Weg indas Tbal zuriickzulegen. Ueber Krummholzterrassen ab- Avarts fiihrte der Steig bald durch ein Buchengestriipp steil bin¬ ab, bierauf zog er sicb rasch recbts liber cine Felsterrasse in eine kleine freie mit Gras bedeckte Stelle; bald folgte jedocli wieder dicbtes Gestriipp, dann einzelne Stamme, zuletzt dichter Wald. Auf diesem fortgesetzt steilem Wege kamen \vir endlich in 1 St. hinab in das Tbal, und nun ging es ebcn pfadlos durch den dicbten Wald nocb J/ 4 St. \veiter bis zur erwahnten Tlial- spaltung von Skred und Žmavcarje. Bereits \var es dunkel ge- Avorden, unser Fiihrer fand den Weg aueb im Finsteren so gut Avie bei Tag. Bald scbritten Avir an das linke Ufer und um 7*A Uhr batten Avir den Uršic-Hof erreicbt, avo vsir zu unserer Freude den alten Uršič antrafen. Hier Avurde 2 St. gerastet, Kaffeegekocht und mit den Uršič vieles diesen Gebirgsstock Be- treffendes besprochen. Um 9 1 /, Ubr brachen Avir auf, die beidcn Die Sannthaler Alperi. 105 Frauen der jiingeren Uršič boten sich an unser Gepack za tragen, sie vvollten olinedies am nachsten Tag in die Kirche gehen, und um 11 1 / a Uhr liatten wir Znamnje erreicht, wo wir gerade ankamen, als man das Gasthaus sperren wollte. Mein Be- gleiter trieb nocheinenWagen auf, und um 1 '/ 2 Uhr gelangten \vir nach S tein. Damit war unser Tagevrerk (eigentlich Tag- und Nacht\verk) vollendet. Am nachsten Abend mir in Stein Concert mit Bali im Kasino. Das Laibacher Officiers-Corps hatte mit der Musikbande einen Ausflug nach Stein unternommen und ein Kranzchen arrangirt. Im Gewiihle der wogenden Menschenmenge, die liier zusammenstromte, traten die Bilder der letzten Tour in lebhafte Erinnerung, und wenn ich die dumpfe Luft des Ballsaales mit dem reinen A e tli er auf den Ilbhen am Vortage verglich, sovvird Niemand im Zvveifel sein,zu wessen Gunsten der Vergleich aus- fiel, und wo ich mich behaglicher ftihlte. Die Tour auf die Skuta ist unstreitig die Glanzpartie der Sannthaler Alpen. Diesem Umstande, sowie der Scheu und dem rathselhaften Wesen, das man von Seite der Einheimischen der genannten Bergspitze zollte*), inoge man die grossere Ausfiihr- liclikeit der vorliegenden Schilderung zuschreiben. Hier mag noch erwahnt werden, dass nach der Aušsage des Uršič der dirccte Abstieg nachOsten in dieMulde „Mali podeh“ moglich ist, dadurch ist der kiirzere Weg vom Gipfel in das Sannthal d. i. nach Osten angedeutet. Der langere Weg ist in der „Wanderung im Centralstocke“ verbunden mit der Be- schreibung des Abstieges nach Zmavcarje bereits angegeben. Bevor man den oberen Rand dieses Thales erreicht, halt man die friihere Kichtung nach Osten bei und gelangt iiber den zerkliifteten Fels in die Mulde „Mali podeh“ und von hier in kurzer Zeitzum Rinkathor. Als Aufstieg ist jedoch der Weg vom Sannthale aus, wegen des iiberaus steilen und bewegliclien Gerolles im Rinkathore, nicht anzurathen. Gegenwartig existirt auch ein bequemer Aufstieg zum Plateau des Ilauptstockes von der Nordseite. Derselbe hangt jedoch auf das Innigste mit dem neuenheuer erdffneten Grintovc- Steige zusammen, und soli daher bei der Schilderung dieses Weges erortert werden. Die Skuta ist jetzt nach ailen Rich- tungen zuganglich. *) Als Beleg moge folgende Stelle aus der Scliilderuiig von J. G. Seidl (Steiermarkische Zeitsehrift, neue Folge 3. Jahrgang, I. Heft, S. 58) angefiihrt werden: „Ihr hochster Gipfel soli noch unerstiegen sein; von einem einzigen Gemsjager will man wissen, dass er eines Tages in der Absicht ausging, ihp zu erklimmen; er kam aber nicht wieder zuruck.“ 106 Prof. Dr. J. Frischauf. G r i n t o v c Vorbemerkung. Der Griatovc bildet den Culminationspunkt des bier be- handelten Gebirgsstockes der Sannthaler Alpen. TJnter den Spitzen dieses Stockes erfreute sicli der hbchste Punkt ivegen seiner leichten Zuganglichkeit von der Siidseite aus nocb eines sparlicben Besuches, Avahrend die iibrigen Spitzen enhveder fast ganz gemieden wurden oder mit deni Rufe der sch\veren Ersteig- barkeit, ja sogar der Unnahbarkcit behaftet blieben. Die gedie- gene Schilderung des Herrn A. Pavich v. Pfauentlial im IV. Bd. der Jahrbucher des Oesterreichischen Alpen-Vereines, Avar die erste Besclireibung einer Hochtour in diesem Gebirgs- stocke, und wenn der Besuch dieses Gipfels trotzdem bis zum letzten Jahrc hinter den Ervvartungen zuriickblieb, so ist dies nur dem Zusammen\virken ungiinstiger Umstande, die jedoch gegemvartig beseitigt sind, zuzuschreiben. Der Charakter der Karavanken ist in der Formation des Grintovc unter allen Spitzen der Sanntbaler Alpen arn meisten ausgesprochen; nacli Norden sind weit abstiirzende Wande, die nur kleine Terrassen bilden, die Ost- und West-Seite des Gipfels fallt ebenfalls in Seitenziigen steil ab, Avahrend die Siidseite bis in die Niihe des bčichsten Punktes mit Rasenflecken bcsetzt ist. Von dieser Seite \vurde aucb bis vor Kurzem der Berg bestiegen, die NordvPande sind erst im Sommer 1876 durch eine Steig- anlage scliAvindelfreien Kletterern zuganglich gemaeht. Vermoge dieses Umstandes sei es gestattet, dass entgegen der Anlage dieser Schrift zuerst der gevvohnliche Weg von der Kanker aus und dann erst der Nordweg geschildert werde. Letzterer ist als die eigentliche Fortsetzung an die Touren der Skuta zu be- trachten. Kanker-W eg. Um die Schonbeiten des Kankerthales zu wiirdigen, Avan- dern Avir von Ober-Seeland bis Hoflein, d. i. bis zum Beginn der Ebene von Krainburg. Bald nacli demVerlassen des Kazinos, a\ t o wir unser Standquartier liatten, senkt sicli die Strassc steil abAvarts; rechts erblicken Avir einen schonen nordlich vom Virnek- Grintovc abgeschlossenen Thalboden, in dem der Ursprung der Kanker zu linden ist; die Strasse fiihrt fortgesetzt'steil abwarts, nacli etiva 3 / t St. zu Fuss kommen Avir beim Podstoržic-Graben vorbei und nun geht es im massigcn Falle liiriab zurKapelle und ?um oberen Idammep uqd bei der Randesgrenze \ r orbei in St, Die Sannthaler Alpen. 107 zum Post- und eigentlichen Geverkshause Kanker. Bald passirt man (reclits) den Eingang der Koritoschlucht und nacli schva- chen ^J 4 St. vendet sicli die Aufmerksamkeit dem linken Ufer zu; vir blieken in ein praclitvolles Alpentlial d. i. der Zugang zum Grintovc, den \vir spater besuchen vollen. Nacli weiteren 3 / 4 St. stehen vir bei der Kirclie von Kanker; vir gehen auf die Brucke und bevundern das berrliclie Bild des Riickblickes: die Kanker-Kočna und der Grintovc prasentircn sich in ihrem GJanze, letzterer hat die Form eines Zuckerliutes und scheint niederer, ais die Kočna; das Bild der beiden Spitzen mit der Kirclie im Vordergrundc ist ebenso idyllisch schdn, als grossartig. Die veitere Wanderung bis Hoflein bietet nichts besonderes mehr, ausgenommen vir vollen bei demgastliclienBesitzer der Gcverk- schaft Kanker, Herrn Gilbert Fuchs, einkehren und sein schones Schloss Ober-Gortschacli besicbtigen. Eine herrlic.he Waldluft, die frischeste die icli je imGebirge fand,herrscbt im Thale; reichlicbeQuellen entspringen denFelsen; kaum vare ein zveiter Punkt in den Alpen zur Erholung abge- spannter Nerven so geeignet, als die valdige Kanker—und doch sind die Touristen im Thale, trotz zveckmassigcr und billiger Postverbindungen eine seltene Erscheinung. Der Grund ist in dem bisherigen Mangel an Gašthausern zu suchen. Zvar gab es mehrere Strassenvirthshauser, selbe varen aber mir fiir die Bretterfuhrleute und nicht fiir anspruchsvolle Touristen bestimmt. Gegenvartig haben sich die Verhiiltnisse. namentlich durch die thatige Einvirkung des Herrn Directors L. Schiffermuller bedeutend gebessert. Der „Schenkvirth, vulgo Kanonier“, am Eingange des Podstoržič-Grabens, Zunder gleich nacli der Post, Pošner 10 Min. unterhalb des Suhadolnik-Thales, haben sich fiir den Touristen-Besuch eingerichtet, namentlich diirfte das rein- liche Iiaus des Pošner sich als Ausgang und Naclitstation fiir Touren eignen. Ebenso bietet das Gastbaus zur Mauth bei der Kirche von Kanker treffliclie Kiiche und fiir eine Person Naclit- lager. Friiher var man einzig auf die allerdings unbegrenzte Gastfreundschaft des Geverksherrn und seines Directors ange- viesen, und ich gestehe, das Haus ist unstreitig die „gastlichste Geverkschaft“, die ich je gefunden. Nirgends fiihlt sich der Gast behaglicher und ungenirter als in diesem Hause, er hndet jede Forderung bei seinen Touren, und ohne Geverkschaft Kan¬ ker hiitte ich vahrscheinlich nie das Studium dieses Gebirgs- stockes unternelunen konnen. Fiirvahr gemiithliche Stunden varen es, die ich hier in angenehmster Gesellscliaft verlebte; hier konnte man iibermuthig verden und venn der Champagner perlte und clann der Herr Director mit seincr Harmonika auf- spielte, var es kaum moglich, in der ganzen Welt eine lustigere Gesellschaft aufzufinden. Sind dies auch Studien? \yird det’ 108 Prof. Dr. J. Frischauf. Leser erstaunt ausrufen. Gemach! VVenn man einige Tage un- gevvaschen nnter Entbehrungen in diesen einsamen Alpen sich herurngctrieben, da lei'nt man auch ein gutes Unterkommen schatzen nnd im Bevrusstsein gelungener Tliaten wird man leicht etvvas frohlich. Nun \vollen \vir den Grintovc besteigen. Mit Proviant reichlicb verseken gelien vir, von der Gevverkschaft 3 / i St. ab- vvarts, von der Kircbe 3 / 4 St. aufvvarts, zum Eingange 588 m eines Seitentliales, velclies den bequemsten Zugang zum Grin- tovc-Stocke vermittelt. Ein Seitenweg fiihrt ostlich zur Brucke tiber die Kanker und zu einer primitiven Miilile. Das Tkal selbst ist kennbar durcli die weite nach Osten sich ziehende Mulde der Kočna nordlich und dem Greben siidlich. Die unteren Theile des Grintovc sind zu sehen, wahrend der Gipfel durch die Kočna gedeckt ist; man erkennt ganz deutlich das Ansteigen des Thales zu zwei Terrassen, von denen die untere den Bauernliof, die obere die Alpe „Suhadolnik“ enthalt. Wir gehen nun in diesem Thale aufvvarts. Der Weg fiihrt anfangs rechts vom Bache eine kurze Zeit steil auf war ts, dann \vird die Steigung eine massige, bis man wieder rechts tiber den trockenen Bach kommt. Nun geht der Weg in Windungen durch Erlen und Buchen auf- •vvarts, zuletzt bei Peldern voriiber, in schwaehen a / 4 St. zu dem ausgedehnten Bauernhofe Suhadolnik 896 m , dem friiheren Nachtlager der Grintovc-Besteiger. Der Besitzer Primus Stul- ler geliort zu den gastlichsten und den Touristen wohlgesinn- testen Bauern, die in den Alpen anzutreffen sind. Er selbst ist ein kundiger Gemsjager und ein leidenschaftlicher Freund der Berge, der jeden von ihm ausflihrbaren Wunsch des Touristen beriicksichtigt. Leider spricht er nur slavisch, sein Bruder Andre, der bei der Cavallerie gedient und dabei Deutsch gelernt hat, ■vvird daher, falls man nicht schon einen beider Sprachen kundi- gen Triiger mit hat, als Dolmetsch verwendet. Wir versichern uns des Andre als Fiihrers fiir die weitere Wanderung, oder nehmen von der Alpe den Halter, \velche Stelle in der Regel der Sohn des Bauers bekleidet, fiir die weitere Tour mit. So bequem namlich der Grintovc von dieser Seite zu besteigen ist, so gehort doch, um durch die Rasen bander den Weg zu finden — namentlich bei Nebel — ein vollkommen vertrauter Fiihrer fiir diese Tour. Vom Bauernhofe tiber eine Wiese in den Wald bald an- steigend erreicht man in 20 Min. eine grosse ebene Wiesenfliiche 1086 m , die von den Wanden der Kočna und des Greben einge- rahmt ein schones Alpenbild gewahrt. Links -vvird eine Quelle zugeleitet, die jedoch in den heissen Sommermonaten versiegt. Von dieser VViese fiihrte friiher der Weg rechts tiber ein von einem Eelsenriss des Greben kommendes Gerollfeld, vvelches Die Sannthaler Alpeii. 109 wegen seiner beiveglichen Steine trotz dcr niclit besonderen Steigung selir unangenehm zu passiren ist. Gegemvartig wird durch eine Steiganlage diese unangenebme Strecke gemieden. W ir sclireiten durch den schonen Boden hindurch, gehen auf einem Holzweg weiter 10 Min. bis zu eineni mit rother Farbe bezeiclineten Baum; hier wenden wir uns rechts, iiberschreiten das trockenc Baclibctt und wandeln eincn mit Buchenlaub ge- polsterten Steig */ 4 St. aufwarts bis zur Felswand 128G ra an der Stclle des erwahnten Risses, von dem die fatale Gerollhalde ihren Ursprung nimmt. Nun folgt eine kurze Kletterei iiber Felsblocke in dem Risse aufwarts, dann geht es links steil auf die Hohe; bereits nacb 1 / i St. wird jedocli der Weg becjuemer, die Neigung immer geringer und wir erreicben langs eines zu eineni guten Steig gebalinten Felsbandes in 1 / i St. einen pracht- vollen Buchenwald, und nacbdcm wir einige sclimale Wasserrisse passirt haben, steben ivir in einer weiteren 1 / 4 St. in der oberen Terrasse 1500'" zwischen Kočna und Greben. Eine kleine Alpen- Hiitte und das daneben errichtete Touristenhaus „Frischauf- Hiitte“ stehen unmittelbar am Waldrand; das Bild der Alpe ist prachtig. Seitwarts an den Tbalwanden erstreckt sich der Wald nocli ein Stiick aufwarts, et\vas oberhalb der Hiitte erblicken \vir den Gipfel des Grintovc und konnen den ganzen Weg iiber- seben: mit Fels und Gerolle durehsetzte VVeiden, -wovon aucb der Name „Grintovc“, d. i. der „Kratzige“ stammt. Die Alpe war in vielen Nlicliten mein Quartier. Daselbst erlebte ieb manclie Freude, aber aucb mancben Verdruss, wenn am Morgen statt des envarteten scbonen Tages ein beftiger Sirocco llegcn bracbte. Bevor das ncuc Haus gebaut war, iiber- nacbtete man gewohnlich unten im Bauernbofe, damals ivar aucb der Steig zur Alpe in einem selir bedenklichen Zustande. In der Alpenbiitte ubernacbteten wir bei meiner ersten am 19. Sept. 1874 unternomnienen Grintovc-Tour. Die Ilerren Director Scbiffer- mtiller, Forster Zausnigg, Zotf und icb waren in Begleitung eines Triigers und Fiihrers, da wir am friihen Morgen im Finsteren nicht den bedenklichen Weg zur Hiitte passiren wollten, in der Hiitte bereits zur Zeit der Dammerung angekommen, und trotz des beschriinkten Ilaumes brachten wir daselbst einen der vergniigtesten Abende zu. Der Zufall batte namlich ein vor kurzer Zeit vermahltes Wurzelgraber-Ehe|)aar in diese verlassene Gegend gelockt, ivelches die Hiitte zu seiner Behausung erwablt batte, und daselbst seine Flittenvochen verlebte; wir liatten bier reichlich Gelegenbeit zum Studiumder Liebe im Gebirge. In der Niibe der Hiitte ivar icb meinen Gefiibrten, die sicb mit der Beobachtung der grosseren und kleineren Thiervvelt einer Lacke, die uns fiir den Abencl das nothige Trinkwasser liefern solite, besebaftigten, vorausgeeilt. Eine phantastiscb gekleidete Frauen- 110 Prof. £>r. J. Frischauf. gestalt stand vor der Thiire; sclion glaubte ich, eine Englanderin mit einem Scliweizerfiihrer vare meinen Studien zuvorgekom- men, als micb ihr blodes Lacheln in der N'alie belehrte, icb liatte mit einem Wesen zu thun, das sicli als Wurzelgraberin oder Wahrsagerin im Gebirge lierumtreibt; ihr herbeigeeilter Gemalil erklarte mir, dass sie sich mit ersterem beschaftigen, und zu diesem Zvecke die verlassene Schaf-Hiitte als Behausung erklart batten. Icli mackte olme alle Umstiinde meinen Gefalirten, die der Reichthum an vissenschaftlicher Ausbeute des Trinkvassers eber lierabgestimmt als begeistert liatte, den Vorsclilag, von dem Rechte »des Starkeren“ Gebrauch zu machen, d. h. das Ehepaar auszuquartieren. Wir rietlien dalier unseren Vorgangern, nocli in’s Thal abzusteigen und verstarkten unseren Rath mit dem Hinweis auf die Geniisse — Sterz und Iieulager — die ihrer im Bauernkofe Suhadolnik harrten. Doch davon vollten sie nichts vissen; es vare zu finster, um den gefahrlichen Weg zu wagen. Es blieb dalier nichts tibrig, als den Raum mit ihnen theilen, so dass acht Personen in dieser nur wenig Quadratfuss Bodenflache umfassenden Hiitte untergebracht kvaren. Wir schickten die Leute um Reisig behufs des Nachtlagers, veranstalteten dann eine Collecte, damit sie sicli im Tliale einen vergniigten Tag an- tliun konnten. Dies braclite den Gemalil in eine zartliche Stini- mung, doch seine Liebesblicke wurden von der Gattin durch derbe Rippenstosse envidert, die sich in hockst bedcnklicher Weise verstarkten, als er es wagte, iliren Kaffee zu verkosten. Unsere Freigebigkeit liatte beide gesprachig gemacht; ivir erfuhren, dass das Gesckaft des Wurzelgrabens Dank dem herr- schenden Aberglauben ein ziemlich rentables sei: den hochsten Preis erzielt man mit den Wurzeln ge gen die Verhexung des „lieben Yiehes“; glcich nach diesen kommen die Zaubermittel flir „ Verliebte. “ Von letzteren schien mir unser Mann — nach der Wahl seiner Gattin zu urtheilen — selbst eine etwas zu grosse Portion verkostet zu liaben. Uebrigens sind die „Wurzel- graber“ keine so harmlosen Wesen, als sie Rosegger zu schildern beliebt. Es vare Aufgabe der Behorden, ilirem Treiben mehr Beachtung zu schenken. Eine Alpe, die mehrere Jahre von Wurzelgrabern besucht vird, ist ihres Erdreiches, das von ihnen mit den Wurzeln aufge\vtihlt vird, bald beraubt; auch die in den Hiitten zuruckgelassenen Gegenstande erfreuen sich keines lan- gen Verveilens. Bei diesem Nachtlager var die Nothvendigkeit einer bes- seren Unterkunft fiir Grintovc-Touristen klar gevorden; der Bauer am nachsten Tage liber eine eventuelle Vergrosserung seiner Hiitte befragt, erklarte um einen massigen Betrag einen fiir die Touristen reservirten Zubau auszufiihren. Der Steirische Gebirgsverein lieferte diesen Betrag und der Bauer Suhadolnik l)ie Sanntkaler Alpen. 111 glaubte den Intentioaen der Gebirgsreisenden noch besser zu entsprechen, wenn er einen besonderen Bau auffiihrte. Das neue Ilaus aus Brettern nett ausgefiihrt, bildet ein Quadrat, dessen innere Seite 9' betragt. Der grosste Theil ist ftir die Schlafstatte bestimmt, der kleine Vorraum bat rechts einen Hord und links in einem Kasten die verscbiedenen Kocb-Utensilien. Leucbter, Handtucher, Decken, zwei Banke vervollstandigen die Einrich- tung. Gekocht wird gevvohnlich in der Halterhiitte, und icb muss erklaren, dass ein Zubau zur alten Iliitte den Touristen mebr Bequemlichkeit geboten hiitte als ein Neubau, der so zu sagen zvvei getrennte Wirthscbaften erfordert. Bei meinem oftmaligen Aufentbalte in diescr Hiitte lernte icb die Bediirfnisse der Alpe binreicbend kennen. Die erwabnte Steigumlage in der unteren Terrasse liatte ieh zugleicb mit dem Baue des neuen Scbutzhauses veranlasst. Ein weiterer Uebel- stand \var der, dass in der Niihe der Hiitte sicli kein Wasser befindet. Unmittelbar vor der Hiitte ist unterhalb des Felsrisses cin ausgehohlter Boden, in dem man baufig Wasser findct. Icb ordnete nun die Vertiefung und Ummauerung dieses natiirlichen Bebalters an und nachstes Jabr wird die Wasserfrage, die heuer bei der Eroffnung des neuen Grintovc-Weges uns einige Ver- driesslicbkeiten bereitete, zur Zufriedenbeit der Touristen geliist sein. Eine dritte Angelegenbeit soli aucb noch erledigt werden. Das Klettern iiber die Felsblocke von der unteren Terrasse in die obere war fur empfindlicbe Touristen immer unangenehm, und im Sommer 1876 vvaren diese Stellen trotz der tiefen Lage 1286™ mit einem steilen Schneefelde bedeckt. Dies veranlasste mich mit deni Subadolnik-Bauer vregen einer Steigumlage zu sprecben; er meinte links vom Risse kame man (allerdings mubsam) aufvvarts. Bei rneiner am 27. September 1876 unternommenen sechsten Grintovc-Tour d. J. recognoscirte ich in Gesellscbaft des ITerrn Forsters Zausnigg diese Stelle und fand sie viel besser als ich ervrartet liatte. Ein Ausputzen vom Gestriipp, einige kleine Windungen und man kommt auf den ersten Kopf, von dem aus der weitere Steig zum Rande der Thahvand fubrt. Da- mit sind die Arbeiten in diesem Tbeile des Gebirgsstockes voll- endet, und fur die Zuganglicbkeit getban, was gesclieben konnte. Die Zuvorkommenheit mit welcber der Bauer Suhadolnik alle Wiinsclie der Touristen beriicksicbtigt, bat die rascbe Durcb- fiibrung des Zuganglicbkeits-Werkes ermoglicbt. Am fruhen Morgen verlassen wir das Schutzhaus. Ein rlistiger Geber benothigt — mittleren Scbrittes — auf den Gipfel 2‘/s St.; icb liabc den Wegj'oftmals aucb in 2 St. zuruck- gelegt, braucbte jedocb selbst in Gesellscbaft bei langsamstem Gange — die Rasten abgerecbnet — nie drei Stunden. Voian der Andre oder der Hal ter der Alpe, wir geben den 112 Prof. Dr. J. Frischauf. steinigen Steig links vom trockcnen Bache im Thalboden massig aufvarts */ 2 St., dann venden vir ims links d. i. nordlich gegen die Felsvand zu, die vir hei einer glattgescliliffenen Platte er- reichen, nun geht es tiber die verscliiedenen Rasenbiinder auf¬ varts >/ 2 St. in einen hoheren kleinen Boden 1900 111 , wo sicli die Ueberreste einer primitiven Hiitte ohne Dach befinden, dio ehemals fiir kurze Zeit das Quartier des Schafhalters bildeten. Unmittel- bar vor uns ist ein kurzes Felsenthal, rechts der vom Grintovc zum Greben sicli zieliende Riicken, links der Fuss des Grintovc selbst, der von hier ein breites Rasenband hinabsendet, der einzige bequeme Zugang auf die Holie. Auf dieses Rasenband steuern vir zu, in vvestlicher Riclitung kommen vir an der Siid- seite des Berges aufvarts und nun steigen vir an den bequemsten Stellen directe auf, bis vir eine scliiefe Flache erreichen, velche am unteren Rande mit Rasen bedeckt ist, am oberen Theile ein Gerollfeld tragt, velches zablreiche Spuren von Eisenbohnerzen enthalt, der oberste Theil ist durch Felsvande abgeschlossen. Wir durchschreiten nun entveder das Gerollfeld oder umgehen dasselbe langs der Rasenflecke und venden uns aufvarts gegen die Schneide, die vir in 1 St. oben an dem ervahnten Felskopfe erreichen. Das Zeichen „0. T. C. (Oesterreichischer Touristen- club)“ schmiickt diese Stelle. Nun halten vir uns langs der Schneide, die Rasenflecke verden immer sparlicher, verden von Gerolle und Fels abgelost und nach '/s St. stehen vir auf dem Gipfel 2558'“, der gegenvartig mit einer hohcn Pjramide, velche im Sommer 1876 von der k. k. Militar-Triangulirung errichtet vurde, geschmiickt ist. EinigePflanzen: Hutchinsia alpina,Papaver alpinum, Linaria alpina und Eritrichium nanum (am Ostabsturze) kommen zvischen den Gesteinen vor. Nun mustern vir die Aussicht. Zunachst verfen vir einen Blick auf die nachste Umgebung. Wir befinden uns am hochsten Punkte einesGrates, liber dessen nach Siidost ziehenden Riicken vir auf den Gipfel gelangt sind. Nach Norden (eigentlich Nord- nordost) kann man iiber Felsleisten und Gerolle fast '/a St. bis zum Absturz absteigen, nach West und Ost stiirzt der Gipfel steil ab. Nur veiter unten verflacht sicli der Absturz gegen Westen ein kurzes Stiick und bildet mit der zahmen Siidseite den Weg auf die Holie. Ueberaus grossartig ist der Anblick der vestlichen Kanker-Kočna mit dem veit hmaufziehenden Gerbllfelde „oberes Thal (gorni dol)“. Wendet man den Blick nach Ost, so hat man die Trichter und Ivarrenfelder der „Podeh“,die Abstiirze der Skuta, die von keinem Punkte so einladend zu einer Kletterpartie ersclieinen, vie vom Grintovc aus. Ueber diese hinaus schveift der Blick zur schlanken Ojstrica und um diese herum zur Plan¬ java und Brana. Siidlich haben vir das Alpengebilde des Greben. Die Fernsicht im Detail zu scliildern, ist unmoglich; nur die tMe Šanntiiaier Alpcn. 113 Grenzen konnen skizzirt vverden. Der BJick streift vom Triglav liber die Gailthaler-Alpen zu den Tauern, von liier iiber dasUrge- birge und die Kalkalpen der Steiermark, an diese schliessen sicli an Posruck, Baclier, die Berge des Sannthales; nun folgen die kroatischen Berge bis an die Militargrenze, Krainer Schneeberg, Nanos. Sammtliche Iiohen sind reihenvveise vvie auf einer Karte ausgebreitet. Als ausserste Punkte mogen ervvahnt werden: Im Norden Wechsel,Schneeberg undRaxalpe; imOsten das kroatisch- slavonische Grenzgebirge (Bilo); im Siidosten die Zacken der bosniscbcn Bergspitzen bei Prjedor liervorragend iiber den lang gestreckten Zug der Uskoken; im Siiden die Plješevica in der Militargrenze, die kleine Kapela, der Monte Maggiore; imWesten das karntner-venetianische Grenzgebirge und die vvestlichen Eis- berge in den Hohen Tauern. Ebenso umfassend ist die Thalaus- sicbt. Im Norden zahlreiche Ortschaften des Drauthales, Wolfs- berg imLavanttbal; imOsten das ganze Sanntbal mit demHaupt- orte Cilli, dessen einzelne Gebiiude mit einem guten Fernrolire getrennt gesehen werden konnen; im Siiden die Laibacher Ebene, Laibach selbst, Krainburg, Lak; im Westen Tlieile des Gailthales und die Tbiirme von Villach. Kaum ein zweiter Punkt diirfte ein so weit gehendes und dabei docli so vvechselndes Panorama entfalten*). Herr Alfred Zoff bat dies vvunderbare Bild mit siclierem Griffel fixirt und zum Nutzen und Vergniigen kunftiger Grintovc-Besteiger dem Verfasser dieser Sclirift gutigst zur Verfiigung gestellt. Die Zeichnung vvurde an den scbbnen Tagen des 25. und 27. Sept. und 4. Oet. 1876 angefertigt, und leistet, wie sicb der Besucber iiberzeugen kann, aucb den rigorosesten Anforderungen Geniige. Durcli beiliegendes Panorama, das fiir die Fernsiebt auch auf den iibrigen Hohenpunkten dieses Gebirgsstockes verwendet \verden kann, bin icb der Schilderung der Detail-Aussicbt obne- dies uberboben. Niemand a vir d bei gunstiger Witterung diesen lobnenden Punkt obne vollkommene Befriedigung verlassen. Anschliessend an den soeben geschilderten Weg will icb den Steig von der Feistritz aus mittbeilen, der mit dem eigentlicben Grintovc-Weg identiscb ist und nur in demunteren Tlieile variirt. Um von Feistritz(Stein)aufdenGrintovczukommen, bat man den Sattel zwiscben Greben und Grintovc 1800'" zu ersteigen. Vom Sattel (der, \vie bereits ervvahnt vvurde, von der x\.lpenbiitte in 3 / 4 St. erreicht vverden kann) vvendet man sicb nord- *) In dieser Beziehung sind die von den Touristen bis jetzt ganz ver- riacblassigteri Hohenpunkte von Unterkrain und Kroatien ausserst lohnend. IVenn eirimal das gedankenlose Ablreten der Mode-Touren und dieGletscher- bummelei einem systemmassigen Alpenbesuche vveiohen \vird, dann werden auch Punkte wie: Monte Maggiore, Krainer Schneeberg, Belalasiea, Plješevica, Velebitu. A. zu Ehren kommen. 8 114 Prof. Dr. J. Frischauf. lich aufvvarts und gelangt in ’/ 2 St. fast auf die Hohe des Mali Verh zu einer Felsspalte „ Vrata “ 1950>». Durcli diese Felsspalte geniesst man einen priicktigen Anblick der Kesseln zwiscben Grintovc und Skuta. Von der Vrata gebt man liings eines Scliaf- vveges an der vvestlichen Lebne des Zuges, der vom Grintovc zum Grebensattel zieht, nur unbedeutend abwiirts steigend in Va St. zum ervahnten Bande, das auf den Grintovc fiibrt (in der Niihe der verfallenen Sckafhiitte). Der Blick von der Vrata auf den Centralstock ist derart iiberivaltigend, dass der geringe Um- weg aufgeivogen \vird, namentlicb da man vor der Iliitte nocli bei einer Quelle von 3° G. vorbei kommt. Zum Greben-Grintovc-Sattel gelangt man von Feistritzauf die folgende Art. Vom letzten Hause im Thale, d. i. vom Uršič geht man durch den bochstammigen Buchenivald l‘/ 4 St. langs des Haupt\veges im Prosek-Tliale bis zu einem Seiten\vege links. Durch diesen gebt es anfangs nocli durcli Buchemvald, spater iiber Alpenboden in eine steile Mulde und zuletzt iiber Gerolle auf- ■\varts in 2 St. bis zum Sattel. Ich habe diesen Tlieil des Weges nicbt gemacbt und beniitze zur Schilderung die Besclireibung von Herrn A. P a vich und meineErkundigungenbeim [Jršic. Herr Pavicb bat den Abstieg directe durcli das Gerollfeld genommen, tur den Aufstieg kann man das Gerolle grosstentbeils vermeiden, indem man sicb mebr siidlich lialt. Dass dieser Weg jedocb obne alle Gefahr ist, gebt daraus hervor, dass er in friiberen Zeiten, ivo die Alpen in den hinteren Thalboden der Feistritz noch be- trieben vrarden, als Vielnveg beniitzt wurde. N o r d - W e g. Die Hohenpunkte der nbrdlichen Umrandung von Ober- Seeland gewahren einen instructiven Einblick in die Abstiirze des Grintovc. Man erkennt leicht, dass das Thal der oberen Kočna den Zugang zu den Nordivanden bildet, indem der von der Kanker-Kočna nack Norden streicbende Zug die beiden See- liinder Thalkessel sclieidet. Die hoheren Theile des Thales der oberen Kočna 'iverden von dem langen Grate der zur Skuta zieht, in z\vei nur ausserst schwer zu verbindende Thalboden „ Ravni “ und „Na-Vodine“ getrennt; durch den ersteren fiibrt der Zugang zum Grintovc. Einladend selien diese Wande nicbt aus; dennoch wurde in friiheren Jahren der Grintovc auf diesem Wege von Wild- scbiitzen mehrmals erstiegen, ja sogar der gegemvartige Herr Pfarrer Stefan Vrankar machte einmal eine solcbe Besteigung mit. Sein Ausgleiten auf dem oberen Ende des Schneefeldes vurde mir vom alten Jernik mit dem Refrain mitgetbeilt: „schneller ging es binab als mit der Eisenbahn“. Otfen ge- standen, ich batte anfangs vvenig Lust zu einer solchen Grintovc- Die Sannthaler Alpen. 115 Tour, iiberhaupt fiir den Grintovc keine besondere Zuneigung. Erst bei intimerer Bekanntschaft wuclis meine Zuneigung und Liebe fiir diese Spitze. Dennoch uvedite ich einen Versuch vvagen, oder mir mindestens den Aufstieg ehvas ansehen. Nach einer ge- lungenen Skuta-Tour am 12. August 1875 kelirte ich nach Ober-Seeland zuriick, um mich von den Strapazen dieser Tour auszurasten. Bereits am nšichsten Tage, der' triibe und Un- \vetter verkiindend anbrach, volite ich die am Nord-Abhange des Grintovc-Zuges behndliclien Schnee- und Eisfelder besuchen. Da sichzufalligervveise der alte Pr inz — der dritteim Bunde der drei beriihmten Gemsjager Jernik, Mautz und Prinz — im Kazino befand, so ersuchte icli ihn, mich auf dieser Tour zu begleiten. Anfangs lehnte er es mit Riicksicht auf eine erst vor kurzem iiberstandene Krankheit ab, aber als ich ihm bemerkte, es hatte auf der Tour keine Eile, so war er dazu bereit. Wir gingen in das unmittelbar am Kazino miindende Thal der „unterenKočna vvandten uns nach i / t St. etwas vor der Hube des Makekbauers links aufvvarts zum Rilcken der Stulleralpe 1275 111 , die wir auf einem guten, aber steilen Waldwege in 1 St. erreicliten, etwas unterhalb liegt die Alpenhiitte. Nun iibercjuerten wir in l 1 /* St. liings eines Schafsteiges die mit Krummholz iiber- vvaclisene Wand der oberen Kočna; von wo \vir in einenThalboden „untere Ravni“ 1555“ kamen; auf der Hohe des Thalsehlusses schimmerten nasse Steilen entgegen ; hier,— erkiiirte Prinz, miissten v ir aufvvarts. Durch Gerolle zuletzt liings des Baches — der eigentliche Steig ist rechts — kletterte ich 1 / 2 St. auf- vvarts zum Ursprung 1783 111 , einer herrlichen Quelle von 2° C. Hier erwartete ich den alten Prinz, dann stiegen wir noch etwas aufvvarts in den obersten Thalboden „obere Ravni“, velche durch die Absturze des Grintovc geschlossen ist. Hier blieb Prinz zurtick, ich stieg weiter aufwarts zu den Schnee- und Eis- feldern. Daselbst angelangt, legte ich die Steigeisen an und passirte eines der unteren Eisfelder. Blankes Gletschereis, von zahlreichen Spalten durchzogen, fiillte den Hintergrund des Kessels aus; doch iibertreffendie in der Schlucht zwischen Lang- kofel und Skuta liegenden Eisfelder die der oberen Ravni bei vveitem an Grosse. Gerne hatte ich nun auch den Zugang zum Grintovc noch durchforsclit, wenn nichtdichter Nebel mit Regen eingefallen wiire. Ich kehrte nun zu Prinz zurtick, worauf wir zur Stulleralpe und von dieser durch die obere Kočna nach See- land wanderten. Wir gingen direete abwarts, ein Weg der dem von der unteren Kočnaaus ganz ahnlich ist. In ungefahr 1 St. er- reichten \vir das Kazino. Dies waren meine Kenntnisse der Nordseite des Grintovc im Jahre 1875; so weit reichte auch das Wissen der jiingeren Steiner von Ober-Seeland. Doch solite es bald anders werden. ° o * 116 Prof. Dr. J. F ri soh auf. Meine Studicntouren liatten schliesslich aucli auf die Ober- Seeliinder geivirkt. Als ich gag on die jiingeren Leute bemerkte, ilir jungster Steiger und Kenner des Gebirges sei der 67jahrige Jernik und ich sie frug: ob sie sich dessen nicht schamten, er- kliirten Anton Muri und Anton Schenk vulgo Makek, zwei vvackere, intelligente Leute, sie Avurden in den nachsten Tagen die Nordseite des Grintovc erforschen; vvas sie aucli bereits am 16. August ausfiihrten. In 3 St. erreicbten sie von der Stulleralpe die Schneide und von hier in Aveiteren D/ 2 St. den Gipfel. Sie meinten, dass nur drei kurze Stellen einer Ver- besserung bediirften, um aucli diese Seite des Grintovc allgemein zugiinglich zu machen. In Folge dieses giinstigen Berichtes Avurde von der alpinen Gesellscbaft „Sannthaler“ die Aus- flihrung dieses Steiges besclilossen. Im Somraer 1876 solite diese Arbeit durcbgefiilirt Averden. Anfangs wollte es nicht recht vorvvarts gehen. Zwar versprachen mir Anton und Michael Muri, die ich arn 20. Juli in Ivappel traf, am nachsten Montag mit mehreren Arbeitern anzufangen, doch als ich von meiner Inspection des Steiner Sattels am 24. Juli nacli Ober-Seeland zuriickkam, versicherte man mich, man hatte eher meine Ankunft abwarten Avollen. Mir schien es, als ob den Leuten die Lust zu diesem Werke vergangen Avare, und am 26. Juli liielt ich ihnen eine ernste Standrede, von der sie so er- griffen (begeistert?) Avurden, dass fiir den nachsten Tag die Inspection des Steiges und der Beginn der Arbeit angesetzt vvurde. Anton Muri und Anton Schenk sollten als Traceurs dienen, ihnen Avurden aucli Jernik und IMautz beigegeben, Johann Stuller und Martin Schelesnika im Steig- und Maurer- Averke Avmlil vertraut Avurden fiir die Arbeit, an der die beiden Muri und Anton Schenk mit\virken Avollten, aufgenommen. Mit dennothigenWerkzeugen (Krampcn und Spitzhammer) reichlich versehen, brachen Avir am Donnerstag den 27. Juli um 5 Uhr Friih auf. Wir gingen auf dem bekannten Wego zur Stulleralpe 1275 m und von hier zur »unteren Ravni 11 1555 111 . Der Steig fiihrt im Bogen an der Berglehne nur massig auf- Aviirts in 1 St. in den Alpenboden. Einige Felsbander Avurden untervvegs iiberschritten; bereits hier AA r aren Stellen, die fiir furchtsame Touristen bedenklich scheinen konnten, und deren Ausbesserung nach Vollendung des eigentliclien Steiges in Aus- sicbt genommen Avurde. In dem Alpenboden ging es fast eben V* St. tiber Gerolle und Schneefelder (die im spateren Sommer verscliAvinden) an den niederen Absatz einer ZAveiten Terrasse; iiber einige Felsstufen aufwarts kommt man an das linke Ufer eines Bachleins und liings des steilen Rasens und durch Ivrumin- holz in 1 / 4 St. zum Ursprung einer herrlichen Quelle von 2° C. Die Sarmtlialer Alpen. 117 1783 m . In vvenig Minuten hat man die niichste Tcrrasse „obere Ilavm “ erreicht. Die Vegetation ist vollštandig gescluvunden, \veiter liinauf findet man nur vvenig Spuren von Pflanzen. Ueber eine kurze Gerollstrecke kamen \vir zum Schnee- felde, die Nacht vvar ziemlich vvarm, der Sclmee vveicli und leiclit zu passiren. Das Schneefeld war diesmal ziemlicli gross, das- selbe zieht sich schliesslich steil ansteigend bis an die Felsvvand zu einer Art seicliter Mulde, die man von der Quelle in '/a St. erreicht. Redita von der Mulde stiegen wir nun durch den Fels ziemlich bequem aufvvarts, iiberschritten dann nach links ein zweites kleines Schneefeld derselben Mulde und hielten fortge- setzt die Richtung nach links, d. i. nach Osten aufvvarts, um die Sclineide zu erreichen. Bis zum zvveiten Schneefeld war kaum eine Verbesserung nlithig, von liicr an begann nun ein sorg- fiiltiges Studium der Wande und Felsbiindcr. Jede bedenkliche Stelle wurde mehrmals abgestiegen urid dann, wcnn man liber die Verbesserung im Reinen war, mit rother Farbe bezeichnet. Uebrigens \var an den Stellen, die wir in den ersteren ;i / 4 St. passirten, eine einzige, deren Ueberschreitung uns Miihe machte, und die ein kraftiges Anziehen der Arme erforderte. Hier blie- ben Schelesnika, Stuller, Michael Muri und A. Schenk zuruck, da sie fiir mehr als einenTag geniigend Arbeit fanden. Alit Anton Muri, Jernik und Mautz zog ich nach langerem Aufenthaltc vvei- ter, es ging ziemlich bequem stellenweise sogar liber mit Gerolle bedeckte Bander durch l'/ w St. bis zu einem nach Siiden sich ziehenden Querriicken 2150'“; aucli hier wurde unterwegs der Weg bezeichnet. Ueber diesen Rlicken ging es steil iiber Fels- stufen und schmale Bander in y, St. zur Schneide 2310 111 knapp an der Westseite des Langkofel. Eine grosse Anzahl von Stufcn wurden der eventuellen Verbesserung halber bezeichnet, hier befindcn sich auch die schwindelerregenden Stellen. An der Schneide geniesst man den tiberwaltigenden Anblick derMulden zvvischen Grintovc und Skuta, die Kesseln der „podeh“ liegen vor uns. Nun gab es eine kleine Debatte iiber den folgenden Weg. Ein langer Grat zieht von hier \vestlich zurletzten Kuppe, ich schlug vor: auf der Siidseite den zerrissenen Grat zu iiber- gelien und zuletzt wieder zur letzten Kuppe aufzusteigen. Anton Muri hatte bei seiner Recognoscirung den Weg iiber den Grat genommcn und diesen daher in Vorschlag gebracht, dem aucli Jernik und Mautz zustimmten. Wir betraten.daher den letzteren. Die zwei ersten Zacken wurden leiclit genommcn, am Ende der zvreiten angelangt, iiberzeugten wir uns, dass selbe leiclit langs der Siidseite hiitten umgangen \verden kdnnen. Immer hbliere Zacken miissen passirt \verden, manchmal so sclimal, dass man nur reitend dariiber kam, dann musste \vieder iiber gefahrliche Platten abgestiegen werden, zuletzt standen noch zwei Felszahne 118 Prof. Dr. J. Friscliauf. vor uns, deren Ueberkletterung alle Kraft und Geschicklichkeit in Anspruch nalitn. Endlich nach 2 St. \varen wir am Fuss der letzten Kuppe. Links d. i. slidostlicli zog eine Rinne abvvarts gegen den siidlichen Absturz der Scbneide, unten lagen die \vei- ten Schneefelder von podeli". Ich machte Anton Muri auf- luerksam, dass es gewiss bequemer sein wiirde, liings der siid- lichen Abstiirze den Weg zur Ilinne za babnen und dann durcli diese vvieder zur Scbneide aufzusteigen, denn iiber den soeben begangenen Gratvveg \viirden \vir \vohl nur \venige Tou- risten bringen. Er verspracb mir auf dem Riickwege diesen pro- jectirtcn Weg zu begeben. Nun vvandten wir uns vvieder an die Nordseite des Grin- tovc. Gleich am Fusse 2430'" entspringt einc Quelle von 6° C. der Felswand; das Wasser kommt jedocli nicbt immer an der- selbcn Stelle lieraus, so dass man manchmal unter'den Stein- blocken es erst suchen muss. Es \var 4 Uhr, seit dem Aufbrucbe liatten wir im Eifer der Arbeit nocbNicbts genossen; das Essen scbmeckte daher vortreftlich. Nach , / i St. Rast brachen \vir auf. Ueber die sanft abfallende Nordseite fiibrt der Weg anfangs liber Gerolle binauf bis zu den Felsen. Oben nabc am Rande des Berges ist eine grosse ausgebolilte Wand, die sicb leicbt zu einem Schutzbause umgestalten liesse; recbts von dieser Wand gebt es binauf zum Fels und nun ivaren noch einige Kletter- kiinste anzuivenden, um auf die Holie zu kommen. Wenige Scbritte nocb, und wir liatten den Gipfel erreicht; von der Rast bei derQuelle benotbigten wir ‘/ 2 St. Dies letzte Stiick ist \vegen des Gerolles etvvas unangenehm. die Felspartie oben ware aucli oline die jetzt ausgefiibrten Verbesserungen fiir einen gciibten Kletterer obne Miibe zu passiren. Damit war die interessante Recognoscirung des Nordweges vollendet. Es war bereits V26 Ubr, nur kurze Zeit gaben \vir uns der Betrachtung des vom Nebel stark getrubten Panoramas bin. Anton Muri ging auf dem Nordvveg zuriick, \vir ivandten uns nach der Kanker-Seite und kamen nacb einigen kleinen Rasten um 8 Ubr zum Schutz¬ bause, \vo wir iibernachteten. Der viele Schnee der Siidseite verhinderte meine bereits damals in Aussicht genommenen Stu- dien der Skuta. Die Arbeiten scbritten riistig vorwarts und waren am Ende der nachsten Woche vollendet. Am 9. August besichtigte ich selbe, indem ich vom Grintovc (allein sammt Gepack) den Ab- stieg nach Ober-Seeland ausfiibrte; ich fand den Steig derart, dass er unbedenklich jedem geubteren Touristen als Aufstieg empfohlen vverden kann. Nur die Durchquerung des oberen da¬ mals fest gefrorenen Schneefeldes machte mir einige Sclnvierigkeit, obne mein Eispickel ware trotz Steigeisen dieser Theil des Weges nicbt ungefahrlich gevvesen. Die Mitnahme von Steigeisen und 119 Die Sannthaler Alp eri. Pickel (statt des langen bei Kalk-Klettereiea unbrauchbaren Bergstockes) ist fiir diesen Grintovc-Weg anzurathen. Fiir den Weg durch die Felsrinne zur letzten Kuppe und das oberste Stiick iiber den Fels wiirde eine griindlichere Ver- besserung nicht schaden, selbe Hesse sicli jedoch leicbter vom Suhadolnik aus durchfiihren als von Ober-Seeland. Der VVeg vom Schneefelde bis zur Schneide benolhigt keiner weiteren Verbesserung. Durch den neuen Grintovc-Weg ist auch die Skuta von der Nordseite aus zuganglich gemacht. Von der Schneide geht man nur etwas siidlich abwarts zu den podeli und nun ostlich quer bis zu den Gerollhalden an der Štruca. In 2 St. diirfte man von der Schneide aus die Skuta erreichen. Was die Distanzen des neuen Grintovc-Weges anbelangt, so diirfte folgender Ansatz der richtige sein. Vom Kazino zur Stuller-Alpe l 1 / 4 St., nach der oberen Ravni l‘/ a bis l 3 / 4 St., von hier zur Schneide 2 St., auf den Gipfel l'/ 2 St., also Summa 6*/ 2 St. Der Bau eines Unterkunftshauses in der Ravni stellt sich daher als nothvvendig dar, falls diese lohnenden Partien auch schwacheren Touristen angerathen werden diirfen. Untere Seelander Kočna. »Alles in der AVelt lasst sich ertragen, Nur nicht eine Reihe von schonen Tagen.« Gothe: „Spruche in Reimen. w Das fast ununterbrochen schone VVetter vom 8. bis 20. Au- gust 1875 schien ganz geeignet fiir meine Forschungstouren in den Sannthaler Alpen. Leider wurde dasselbe wenig ausgeniitzt. r Dies ist doch unverzeihlicb“ \vird mancher Alpenfreund aus- rufen, der stolz auf eine stattliche Reihe Zelin- bis Zwolf-Tausen- der hinvveisen kann, die er in den Gletscher-Regionen Tirols und der Schweiz in einigen Wochen bezvvungen bat. Nur gemacli mein Freund! Im Urgebirge ist es verhiiLtnissmiissig vieL leicbter auf langere Zeit Hochtouren zu unternehmen als in den Kalk- Alpen. Bei jenen ervvartet den AVanderer libchstens ein zeitliches Aufbrechen und ein spates Anlangen in der Nachtstation, und wenn auch Felsen manch’ liartes Stiick Arbeit bieten, so geht doch der grosste TlieiL des AVeges gewohnlicli iiber Gletschercis, in welches man, falls die Steigung etwas bedenklich wird, vom kundigen Fiihrer Stufen bauen liisst, \viihrend man in den Kalk- alpen fast immer auf die eigene Kraft angewiesen ist, indem nicht selten Stellen vorkommen, vvo jede Ililfe des Fiihrers un- moglich ist. Dazu kommt noch der AVassermangel, der nament- lich an heissen Tagen hbchst bitter empfunden wird. Bei einer 120 Prof. Dr. J. Frischauf. Temperatur iiber 20° im Schatten, vvie sie an diesen Tagen selbst in den bocbliegenden Punkten herrsclite, schvvindet die Energie und der Unternelimungsgeist des leidenschaftlichsten Kletterers, namentlich, wenn er \veiss, dass er in den Felsen den ganzen Tag auf jeden erfrischenden Trunk aus einerQuelle ver- zichten muss. Bequemlichkcit und Pflichtgefiihl liatten liier einen schweren Kampf zu bestehen. Der Freitag des 13. August wurde im siissesten Nichtsthun zugebracht, das Pflegen meiner am Langkofel durch das Brechen eines Steines verwundeten Finger \var meine ganze Beschaftigung. Am Samstag (14. August) vvard eine Recognoscirung der Nord-Abstiirze des Grintovc unternom- men, die Besteigung des Gipfels selbst wurde durch Nebel und Regen vereitelt. Do eh der Abend dieses Tages braclite bereits schones Wetter. Die Dnternehmungslust war bereits vvieder rege gevvorden und nur die Riicksicht auf die vvunden Finger gab den Ausschlag, dass nicht alsogleich mit einer neuen Tour be- tronnen vvurde. O A m nachsten Ta ge, d. i. Sonntag den 15. August,war tadel- loses Wetter; es schien, als ob eine z\veite giinstige Wetter- Periodc anbrechen vvollte, diese solite zur Erforschung der von mir als „Kanker-Kočna“ bezeichneten Spitze, d. i. des vvestlich- sten Hohen-Punktes beniitzt werden. Damit vvollte ich meine Studien in den Sannthaler Alpen abscliliessen, vvievvohl ich fiir selbe eine langere Zeit urspriinglicli bestimmt hatte. Diese Tour solite auch als Ersatz fiir das Misslingen der Merzlagora gelten, mit ihrer Erstiirmung vvollte icli mein bergsteigerisches Ge w is sen befriedigen; denn dann konnte ich diese Alpen verlassen mit dem Bevvusstsein, nur mehr untergeordnete Partien in den folgenden Jahren ausfiihren zu miissen oder anderen Touristen zuruckge- lassen zu haben. Der gegenvvartig bereits 69jahrige Mautz galt fiir diesen Theil des Gebirgsstockes als vollkommen kundiger Fiihrer, er selbst frug sich am Sonntage an, ob ich ihn nicht zu einer Tour benothige. Als ich ihm meine Absicht einen Versuch der Besteigung der Kočna mittheilte, erklarte er sich dazu vollkom¬ men bereit; er meinte vvir konnten direete von Seeland aufstei- gen und nach Kanker absteigen; es vvare sogar moglich, in 4 St. den hiichsten Punkt zu erreichen. Der vom Kazino aus fast bis auf die Hohe siclitbare Weg hatte vvenig Einladendes, docli schliesslich erklarte ich micli damit einverstanden. Bei seinen fortvvahrenden Versicherungen, vvir vviirden auf diesem Wege ganz gevviss auf den Gipfel kommen, beschvvichtigte er sogar meine vom Grintovc gesammeltcn Bedenken; ja er brachtc mich zuletzt in eine soleh gehobene Stimmung, dass ich es versaumte, um Jernik als zvveiten Fiihrer zu senden. Wie sehr meine Be¬ denken gerechtfertigt vvare n, hatte der Erfolg des nachsten Tages mich gelehrt. Die Sannthaler Alpen. 121 Es \var bereits 5*/ 4 Ulir als vrir am Montag, 16. August, zur Besteigung der Kočna vom Kazino aufbrachen. Etwas Pro- viant, eine Flasche Wein und eine Flasche Thee war das ganze Gepack; racin Fiihrer Mautz liess noch, um im Klettern nicht gehindert zu sein, scinen Rock zuriick, was icli des Notizbuches, Aneroids, Tliermometers u.s. w. \vegen leider nicht thun konnte. Bei der Besitzung des Muri vorbei gingen wir durcli einen guten Wald\veg anfangs naliezu eben, nur spater etwas steiler an mit Gerolle durchsetzten Stellen directe an den Thalschluss, nacli V jt St. vvar die Felsvvand bei einem viereckigen Loch, iiber dessen oberer Wand grosse Biische der Campanula Zoysii sich befanden, erreicht. Nun stiegen wir reelits ziemlicii bescbwerlich aufvvarts, um in eine liochliegende Mulde zu kommen, iiber die \vir dann uns wieder links zu unserem eigentlichen Wege wen- den sollten. Dieser Weg war uns versperrt, indem oben vveidende Schafe durcli die fortgesetzt von ilinen zum Absturz gebrachten Steine uns das weitere Ansteigen unmoglich machten. Es blieb daher nichts iibrig, als den directen Weg zu verfolgen, und in die niichste Thalstufe iiber eine mit Krummholz beivachsene iiberaus steile Stel le zu kommen. Nur langsam und miihsam ging es vorvvarts: steile Felsstufen, die nur vermittelst des zahen Krummholzes iiberivunden werden konnten, mussten iiberklct- tert werden, und nacli weiteren 2 St. befanden wir uns an der kahlen Felswand, iiber deren glatte Ilippen wir unsaufailen vieren ivieder (links) ostlicb auf\v;irts in eine Felsmulde »bovna dolina“ scboben, deren Grund wir nach ’/ 2 St. hocbst be- schiverlichen und gefahrlichen Kletterns erreichten. Eine starke Quelle stromt hier aus der glatten Wand, selbstverstandlicb wurde hier eine langere Rast gehalten. Nun Etwas zur Orienti- rung unseres Weges, der wie ich bereits im Anfange dieses Auf- satzes erwahnte, vom Kazino aus sichtbar ist. Das Thal der unte- ren Kočna ivird hauptsachlich durcli die Abstiirze des ivest- lichsten Tlieiles der Sannthaler Alpen gebildet. Oestlich ragt eine rbthliche Spitze, ivelcho den hochsten Punkt der Gruppe zu bilden scheint, hervor; von dieser zieht sich der Zug siidlich hinein zu einer spaltenartig vertieften Mulde. Westlich davon erhebt sich das Gebirge wieder zu einem sanft geivolbten Kamra, der an dem nordlichen Abhang ziemlicii liocli bevaldet ist. Zwischen beiden Partien ist die Mulde der bovna dolina enthal- ten, eine ungeheure Schiitt scheint sich bis gegen die ersvahnte Spalte zu ziehen, nur klcine Schneeflecken schimmertcn diesmal uns entgcgen; man erklarte mir, in anderen Jahren ware sehr viel Schnee vorhanden, heuer sei er durcli den vvarmen Regen und die Hitze in den letzten Wochen beinahe ganzlich ge- schwunden. 122 Prof. Dr. J. Frischauf. Unsere Rast liielten vir etvvas unterhalb des Gerbllfeldes; iiber dieses mussteii wir aufwarts undgegendie einer Einsattlung abnlich sehende Felsspalte, aber nicht ganz bi n, sondei - n etwas friiher solite rechts, d. i. westlich abgebogen \verden, um den westlichen Tbeil des Zuges zu erreichen, und iiber diesen den Weg auf den hochsten Punkt einzuschlagen. Anfangs, wo die Neigung des Gertilles eine massige war, hielten wir uns so ziem- licb in d er Mitte des Feldes, nach etwa '/a St. zwang uns jedoch die Steilheit die Niilie der Wand links aufzusuchen. Nach kur- zem miihsamen Klettern stellte sich eine neue nicht in Aus- sicht genommene Gefahr ein. Die Sonne hatte die Thal- schlucht erreicht, vom Hintergrunde der ervahnten Einsattlung zog sich ein riesiges von unten nicht sichtbares Eisfeld herab, dessen Oberflache var mit Steinen bedeckt, velche nun in Folge der Einwirkung der Sonnenstrahlen sich losmachten und in ge- vvaltigen Šiit zen abviirts fuhren. Wir varen nun wirklich in einer bedenklichen Lage. Zvar hoten uns die Felsen Schufz, allein vir mussten jetzt bei jedem Tritte auf die Fiisse und nach aufviirts schauen, um den Steinstiirzen, die sich schliesslich in einen continuirlichen Steinregen vervandelten, auszuveichen. Nur langsam kamen vir vorvarts; endlich \var die Stelle erreicht, \vo \vir den Punkt des vestlichen Zuges nehmen sollten. Doch wie dahin gelangen? Zuerst musste das Gerollfeld iiberquertwerden, was vegen der noch immer stiirzenden Steine gefahrlich var, dann var noch der einzige Zugang zur Aufstiegstelle durch ein Schneefeld gesperrt, dessen blanke von Spalten zerrissene Ober- Hache den Durchgang unmoglich machte, zuinal vir in der Er- vvartung, dass wir keinen Schnee mehr zu passiren brauchten, die Eisen zu Hause gelassen liatten. Die Aufstiegstelle bildet niim- lich ein gegen das Ende der Mittellinie des Schneefeldes sich herabziehendes Felsband. Von hier, erklitrte Mautz, sei der ein¬ zige bequeme Zugang auf die Schneide. Auf diesen mussten vir nun Verzicht leisten : denn ein Ausgleiten auf dem Sclinee- felde hatte uns,wie die stiirzenden Steine beviesen, vahrschein- lich liber das Gerolle hinaus auf den Rand der bovna dolina und von hier in einem Satze iiber die Felsvand in den Thalboden der unteren Kočna gefiihrt. Wir beschlossen daher oberhalb des Schneefeldes den Zugang zur Schneide zu versuchen; ob dies gelingen werde, var noch ungeviss. Vor allem handelte es sich, noch das Gerollfeld quer zu passiren. Ein Steinregen wurde abgevartet, dann lief ich rasch, so gut es moglich.hiniiber; Mautz vartete um mich durch Zurufen vor den stiirzenden Steinen zu varnen, ich kam gut hiniiber; dann machte Mautz ohne Anstand denselben Weg. Miihsam kletterten vir die nahezu senkrechten Felsen aufwarts, mehrmals var Mautz zur Recognoscirung ge- zvungen; iiber gteile glatte Felsplatten und enge Kamine er- Die Sarinthaler Alpen. 123 reichten wir endlich die Schneide und bald dafauf — es \var bereits l 3 / 4 Ubr — den westlichen Gipfel, auf welchem wir Iieste einer Pyramide fanden. Wir hatten einschliesslich der erzvvun- genen kleinen Rasten und Recognoscirung 3 3 / 4 St. von der letzten freivvilligen Rast an benothjgt. Im Siiden waren die Thaler mit Nebel erfiilll, nach allen anderen Richtungen war die Luft rein. Gegen Norden starrten uns die W;inde des hoheren Theiles der Kočna entgegen, unersteiglich sahen sich diese Spitzen und Zacken an. Meine Ansicht von der Unerreichbarkeit des hochsten Punktes auf unserem Wege war nun gereehtfertigt. Denn von liier an war jede weitere Gratwanderung eine absolute Unmoglichkeit. Bald gegen Osten hatten \vir einen steilen Ab- sturz gegen das nacb Norden abhangende Eisfeld; von liier er- hoben sich zwei kleinere Kegel, um dann gegen die erwahnte Einsattlung einen steilen Abfall zu bilden. Nach derselben er- hebt sich die Wand und bildet eine breite Spitze, die hoher als der von uns erreichte Punkt, aber nocb immer nicht der hochste Punkt zu sein schien. Nun tritt der Zug gegen Norden, bildet eine mehrfach gezackte Schneide, dann folgen zwei steile Spitzen die gleicli hoch zu sein scheinen und von denen die aussere vom Kazino aus gesehene als hochste Spitze erscheint. Zivisehen beiden zieht sich ein rother Spalt scheinbar senkrecht herab, in der Falte dieses Spaltes befand sich Schnee. Diese Unmasse von Zacken und Wanden des Gratcs zu passiren, ist vollkommen un- moglich; es scheint dass selbst jede einzelne Spitze uniiberwind- liche Schwierigkeiten entgegensetzen diirfte. Der mir von der Grintovc-Tour allenfalls moglich sclieinende Weg diirfte nur der von der Mulde (Sattel) z\vischen Kočna und Grintovc d. i. von der Siidost-Seite sein. Ob es moglich ist, von unserem Stand- punkte in diese Mulde zu kommen, kann ich nicht entscheiden. Mautz erklarte dies ftir unmoglicb. Der alte Jernik, den ich nach zwei Tagen iiber meine Tour interpellirte,meinte: ervvare uberall herumgestiegen, ich hatte mit Mautz den verkehrten Weg einge- schlagen, er wiire in seiner Jugendauf allen Punkten derGemsen vvegen obengeivesen. Ob vielleichtetvas Eifersucht den Jernik zu dieser Aussage bewog, oder ob selbe vollkommen Wabr- heit ist, kann ich leider nicht entscheiden. Gevviss diirfte es sein, dass Jernik sich viel in den Wšinden der Kočna herumge- trieben hat; die Unmoglichkeit, mit ihm geografische Verhalt- nisse zu besprechen, setzte mich ausser Stand iiber die Tour Naheres zu erfahren. Die Erage der Ersteigbarkeit der Kočna ist daher noch unentschieden, die Ersteigung diirfte jedoch ein hartes Stiick Arbeit sein, \viirdigder Anstrengungen eines kiihnen Kletterers, der aber vveder Zeit noch Geld sparen darf. Manche misslungene Recognoscirung muss er sich gefallen lassen, es miissen sammtliche Steilen der Siidost-Abstiirze durchforscht Avet’ 124 Prof. Dr. J. Frischauf. den, um vielleicht einen Zugang zufinden; dasNaclitlagerivarein den Felsen aufzuschlagen — es miisste dalier sicheres (was in diesen Theilen der Alpen selten stattfindet) Wetter ausgewahlt vverden. Mit Wasser miisste man sicla auf dieser Forschung vom Thale aus reichlich versehen, denn auf der Siidseite des Stockes ist kaum eine Špur von Quellen. Als Fiihrer kiinnen die beiden Gemsjager Jernik und Mautz ver\vendet werden. Die Kenntniss der Sanntlialer Alpen des Jernik ist staunenswerth. Im ganzen Gebirgsstocke e.vislirt kaum eine Felsspalte, die er niclit abge- krochen, sein ganzes Leben (eristjetztgegen67 J.alt)hat ertheils als Jager tbeils als Alpenhirt in den hoclisten Theilen zugebracht. Schade, dass er so wenig deutsch spridit und einen unange- nehmen Sprachfehler, der ilin nur den Bekannten verstandlich maclit, besitzt. Wer auf langeren Touren mit ikm sich herum- getrieben, vvird iiber dieses Mannes Geniigsamkeit, gute Laune und Gemiitbstiefe staunen. Mochten die Touristen sich hautig seiner als Fiihrer bedienen, die gefallige Familie Muri in Ober- Seeland, in deren Dienste er sich gewohnlich befindet, gestattet ihm gerne einen Nebenverdienst. Niclit nur dem Alten konnten dadurcli seine Tage erheitert werden, sondern die von ihm ge- vronnene Einsicht in den Gebirgsstock wiirde erhalten — zum Nutzen der Alpenkunde. Als zvveiten Begleiter kann ieli Mautz empfehlen. Wenngleich unsere Tour auf den Gipfel misslang, so verdient docli Mautz bei solclien Erfahrungen jede Bcriick- siclitigung. Er selbst nennt sich den ,,besten 8teiger“ derGegend. Denn, wenn bei irgend einer Gemsjagd ein Stiick abfallt und fur die gevvohnlichen Kletterer unzuganglich ist, danil muss der 69jahrige,aber noch iminer ausserst kraftige und gewandte Mautz lierbei, um die verfallene Jagdbeute zu holen. Ich hatte Gele- genlieit, seine Sicherheit im Klettern zu bewundern; dabei greift er niclit, wie dies Jernik liiiufig thut, den Stier bei den Hdrnern an, sondern er sucht sich zuerst in die sch\vierigen Partien Ein- blick zu verschafFen und erst dann beginnt er den Angriff. Ueber seinen zu fiihrenden Herrn hat er ein wachsames Auge, so dass man sich ihm unbedingt anvertrauen kann. Ausserdem hat Mautz langere Zeit in Deutschland gelebt, sich mancherlei Erfahrungen gesammelt, so dass er auch ein ganz angenehmer Begleiter bei langeren Touren ist. Dazu kommt noch der Umstand, dass er die JVirthschaft an seinen Schvviegersohn abgetreten hat, also nie durch hausliche Geschafte verhindert ist, einem etvvaigen Ansuchen als Fiihrer zu folsren. In Gesellschaft dieser beiden O Fiihrer und eines oder z\veier Provianttriiger kann man getrost die Forschung angelien und dann mindestens die Frage der Er- steigbarkeit beantworten. Bei dem jetzt in den Alpen bereits fiihlbaren Mangel an unerstiegenen Spitzen bietet die Kočna ein ganz artiges Exemplar, Der Zugang zum Fusse ist doch Die Sanrithaler Alperi. 125 so bequem, die Kronprinz Rudolf-Balm fiihrt fast Lis dahin. In der Geverkschaft Kanker, von vo aus unmittelbar die Besteigung begonnen \verden konnte, findet ein solcbes Unternehmen von Seite des gastlichen Herrn Directors ScbifFermiiller jede Unter- stiitzung. Wozu also zčigern? Dochgenug dieser Betracbtungen. Oben angelangt, konnten \vir uns dei' Rube hingeben; \vir brauchten keine Sorgen fiir den Abstieg zu liaben, vussten vir ja, dass der Bauernhof Suha¬ dolnik zvar miihsam, aber obne Gefabr von diesem Gipfel er- reicht verden kann. Nachdem vir kurze Zeit geduselt liatten, vvurden vir durch Rufe aufgeveckt; an der bellen Stimme, die durch den Nebel drang, erkannte icb gleicb ein Glied der Fa- milie Suhadolnik und baid stand Andre, der Bruder des Bauers vor uns. Drei Scbafe liatten sicli verstiegen, die suclie er seit 14 Tagen. Wir verabredeten init ihm abzusteigen. Nacb etva l'/ a stiindigem Aufenthalte kam Andre mit den Schafen. Er ging voraus, dann folgten die Scbafe, zuletzt kamen vir. Der Abstieg liber Felsbiinder bot keine Schvierigkeit, es var nur Vorsicbt nothig, um nicbt die Steine zum Absturz zu bringen. Nach 1 St. Steigens liatten vir bereits die Rasenterrassen er- reicht, hier vurden die Scbafe zuriickgelassen nun kamen vir rasch abvarts, dann vandten vir uns vestlich, erstiegen den gegen die Kanker abstiirzenden Kopf der Scbneide und von bier kletterten vir viederan der Nordseite abvarts, vobeiein 7 Meter bober Kamin passirt vurde. Nun ging es bequem binab liber Rasen zum Wald und langs eines durch dicbtes Gestriipp gebahnten Steiges, vo vir mehrmals in Wildschlingen gerietben, kamen vir in 1 ‘/ 2 St. zur ersten Quelle. Mit grosser Freude vurde dies — seit 10 Uhr Morgens entbelirte — Wasser begriisst; es var 6'/ a Uhr. In St. batten vir den Bauernhof erreicht, vo vir vieder Kaffee tranken, in einer veitcren Stunde befand icb mich in der Familie des Herrn Directors Schiffermiiller. Ilier vurden die Erlebnisse erzablt; er bedauerte sehr die Nicht-Er- reicliungdes letzten Punktes, vogegen icb das erbiihte Interesse, velches eben meine misslungene Tour fiir diese Spitze jetzt erregen miisse, ervahnte. Niichsten Tag nabm icb von der freundlichen Familie ScbifFermiiller Abschied; ver immer die Kanker bereist bat, vird beistimmen in das Lob, das man der Gastlichkeit dieses Hauses spendet. Herrn Directors ScbifFermiiller Bemiibung fiir den Bau des Suhadolnik-Hauses und fiir das Gedeiben des Touristen- tbums im Grintovc-Gebiete verdient alle Anerkennung. Obne Beschaftigung bielt icb micli nocb zvei Ta ge in Ober-Seeland auf. Hier vernalim icb von Anton Muri den er- vahnten Bericht iiber die Grintovc-Tour von der Nordseite. kVerden bier, vic voraussichtlich, einige Verbesserungen ange- 126 Prof. Dr. J. Frischauf. bracht, dann \vird mindestens fiir kiihne Touristen Ober-See- Iand] der Ausgang fiir die Grintovc-Touren werden. Am 19. August verliess ich das Kazino des Muri; ich fiikle mich verpflichtet dieser Familie fiir die vielen mir erwiesenen Gefalligkeiten dffentlich meinen Dank auszusprechen. Denn uneigenniitzig willfahrte man jedem meiner Wiinsche, nie konnte ich eine un- freundliche Miene bemerken, nnd doch musste in diesem von Touristen nie besuchten Orte mein ganzes Leben und Treiben Befremden erregen *). Kanker-Kočna. Der Misserfolg des allerdings uniiberlegten ersten Ver- suckes hatte mein Interesse fiir die „Kanker-Kočna“ nur erkoht. Die im Jahre 1875 in Graz tagende 48. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte reducirte mir dieFerien auf die Hiilfte; zu einem zweiten Versuche fehlte es mir daker bei dem bald ein- tretenden ungiinstigen Wetter an Zeit. Um so greller traten mir in dcn Wintermonaten 1875/6 die Bilder der steilen Felsabstiirze und Sckutthalden in Erinnerung, die Ersteigung der Kanker- Kočna war der Hauptpunkt meines Touren-Programms der niicbsten Ferien 1876. Nicht unbeniitzt sollten die Ergebnisse des ersten Ver- suches bleiben. Nord- und West-Seite dieser Felsmassen schienen ungangbar, es blieb daher nur die Siid- und Ost-Seite — also combinirt — der Siidost-Absturz, d. i. die Mulde zwischen Kanker-Kočna und Grintovc als der zu versuckende Weg. Vom letzten Gipfel aus konnte man den oberen Theil des Weges voll- standig ubersehen; besonders einladend schien aber derselbe nicht; eine steile Schutthalde, an deren oberem Ende eine Reihe von Felszacken aufsitzt, ist auf diesem Wege zu iiberwinden. Es handelte sich nun zuniichst darum, in diese Mulde zu kom- men. Ist dies nur vom Gipfel des Grintovc aus moglich, dann ist die Kočna-Tour mindestens sehr besclnverlich; geht es aber directe vom Bauernhofe Suhadolnik aus — wie dies mein erster Versuch vermuthen liess — so stand es zu er\varten, dass man mit frischen Kraften den Beginn der Sckiitt erreichen konne. Auf eine mindestens achtstundige Tour fiir den Aufstieg — in einem Sommertage mit Vollmondbeleuchtung bei derNacht leicht ausfiihrbar — machte ich mich gefasst, *) Dieser Artikel wurde ebenfalls bald nach der gemachten Tour in der vorliegeriden Form zusammengestellt, da dessen Publioation vor der Reise- saison 1876 beabsichtigt war. Wenngleich ich Manches von den hier ausge- sprochenen Betrachtungen flber die Zuganglichk eit der Kanker-Kočna gegen- wartig nicht mehr aufrecht halten karm, so glaubte ich selbe doch zur Beleuchturig meines Studienplanes der Sannthaler Alperi mittheilen zu dflrfen. Die Sannthaler Alpen. 127 Mit lioliem Interessc betrachtete ich mir bei meinen vier ersten Grintovc-Touren des Jabres 1876 diesen zu wahlenden Weg. Immer mehr verlor derselbe an Schrecken. Die Schiitt kam mir weniger steil vor; die Felszacken wurden immer raulier, schienen mit Bandera, welche dem Fuss Halt bieten konnten, durclizogen; schliesslicb kam das Gefiihl der Sicher- beit oder Sorglosigkcit, wie dies bei fortgesetzt gefahrlieker Arbeit immer eintritt; nach Beendigung der otficiellen Arbeiten, solite die Kočna-Erstiirmung unternommen vverden. Ursprunglicli vvollte ich sammtliche inderNiihe der Kočna kundig scbeinende Leute fiir diese vrichtige Tour gewinnen. Mautz, Jernik und Kalan kamen hiebei zuerst in Betracbt. Ersterer hatte sicli trotz seiner Uebung im Bergsteigen, trotz seiner localen Kenntnisse und Ver\vegenheit als ziemlich unver- lasslich er\viesen; der alte Jernik batte auch schon viel ver- gessen, so dass icb meine meiste Hoffnung auf Kalan, den be- wahrten Fiihrer des Herrn A. v. Pavich, setzte. Inzwiscben fand icb unerwartete Unterstiitzung an dem Bauer Suhadolnik selbst. Bei meinem inehrfachen Aufentbalte in seinem gastlichen Hause thauete dieser fiir das Touristenthum in den Sannthaler Alpen hocbverdiente Besitzer auf, gestand mir immer mehr seineLocal- kenntnisse cin und versprach mir schliesslicb mich auf die iiim wohl bekannte Kočna zu fiihren. Sein Bruder Andre, ein kraf- tiger Mann von 32 Jahren, der als Kurassier deutsch gelernt hatte, und dessen Ausbildung als Hauptfiihrer im Grintovc- Stocke ich desshalb beabsichtigte, solite als zweiter Begleiter fungiren. Voriiber vvaren die Festlichkeiten der Eroffnung der Sann¬ thaler Alpen, beendet die Messungen des Hauptzuges von den Spitzen Grintovc und Ojstrica aus, endlich konnte ich daran denken, meine eigentlichen Studien der Gruppe abzuschliessen. Doch vom 23. August an erhob sich der Siid\vest\vind und ver- hinderte jede grossere Tour. Wie\Yohl die Alpen mehrmals mit Schnee bedeckt \varen, \vollte doch nicht constant schoncs Wetter eintreten. Erst als Herr Josef Martini, Fotograf aus Cilli, durch fiinf Regentage vergeblich gevvartet hatte, schienen nach dessen Abreise am 3. September die Regengeister befrie- digt, und wolkenfrei mit leichtem Schneeanlluge bedeckt, zeigten sich am 4. die Bergeshohen. Nun brach ich auf, um mich fiir den nachsten Tagan die Ersteigung der Kanker-Kočna zu wagen. In Begleitung des Herrn Lehrers von Ober-Seeland fuhr ich am Nachmittage in die Kanker, und traf etwa um 6 Uhr im Bauern- hofe Suhadolnik ein. Der Besitzer erklarte sich alsogleich bereit, mit mir die Tour zu unternehmcn, jede vveitere Begleitung wies or jedoch zuriick; seinen Bruder Andre brauche er fiir die Wirthschaft und den als leidenschaftlichen Jager bekannten 128 Prof. Pr. J. Prischauf. Kalan benothige er ničlit. Noch ein kleines Hinderniss war zu iiberwinden; Primus Suhadolnik bedurfre der Erlaubniss seiner Gattin, die zu Hause ein strenges Regiment fiihrt und eine Entfer- nung ihres Mannes, venn dringende Arbeiten vorliegen, niclit gestattet. Dies vusste ich und liatte daher entsprechend vorge- sorgt. Ein bedeutendes Quantum des mitgenommenen Proviantes (besonders Wein und Kaffee) vurdc fiir das Naclitessen bestimmt und die Bauerin hierzu eingeladen. Die Wirkung blieb niclit aus, in der lieiteren Stimmung des Abcnds hatte sie keine Ver- anlassung ein Veto gegen unsere Tour einzulegen. Spater kam noch der Herr Pfarrer Simon Robič in Gesellschaft eines Pflanzensammlers; ersterer im Grintovc-Stocke vollkommen vertraut, verspracli mir einen Beitrag betreffend die natunvissen- schaftlichen Specialitaten des Grintovc, velchen er mir auch bald lieferte. Um 2 Uhr Friih am 5. September vurde aufgestanden, um 3V* Uhr brachen wir auf. Eine vunder volle Mondnacht von einer solchen Delle, dass man selbst im dichten Walde ganz deutlich den Weg verfolgen konnte, verspracli einen schbnen Tag und mir speciell das Gelingen der Tour. Wir gingen zu- nachst den bekannten Grintovc-Weg liber die schone Mulde in */ 2 St. bis zur Stelle, wo der Weg nach rechts abzweigt. Hier trennte sich die Gesellschaft. Wir verfolgten den Haupt- veg noch 10 Min. vciter, dann vandten wir uns nach links, stiegen durch Gestriipp ziemlich steil liber einen Riegel aufwarts an dessen obere entblosste Stelle, wo \vir iiber einzelne Rasen- blischel und Gerolle in 20 Min. fast an den Grund einer seichten Schlucht kamen, die von einer Felswand geschlossen ist. Nun stiegen vir links liber einen sehr steilen mit langem stacheligen Gi 'as bedeckten Hang aufvarts und kamen in 10 Min. zu einem kleinen Felssturz an dem mit Rasenbandern besetzten siidlichen Absturz; an seinen schmalen Bandera stiegen vir >/ a St. vestlich fast horizontal bis zu einer Felskante, nun vandte der Steigost- lich um, vir iiberquerten eine Felszacke und liings eines Fels- bandes erreicliten vir in 10 Min. eine tiberhangige Wand mit einer Felshohle, das Quartier des Schafhalters fiir eine kurze Zeit der Weide in diesen Gehangen. Unbedingt ist der Steig bis zur Hohle bei der leichten Mogliehkeit eines Ausgleitens auf diesen schmalen Rasenbandern selbst fiir einen vollkommen schvindelfreien Klctterer nur mit grosser Vorsicht zu begehen. Die Dolile ist ziemlich geraumig und liesse sich oline besonders liohe Kosten zu einem trefflichen Hause umgestalten. Einige Wegverbesserungen viirden auch gevolinlichen Touristen den Besuch der grossartigen Mulde zvischen Grintovc und Kočna er- moglichen. Die Sannthalcr Alpen. 129 Einc kurze Rast hielten wir in der Ildlile, leider war cs noch zu dunkel,um mein Aneroid *) ablesen zu konnen. 10 Min. vor 5 Dhr brachen vir vieder auf. Wieder ging es ostlich fast bis an die Wand der Mulde, dann kehrten vir aufvvarts steigend in die Mitte der Mulde zuriick und kamen fortgesetzt liber Rasen und kleinc Felsplatten kletternd in 20 Min. zu einer Qucllc 1780'" von 7° C., die uns zu einer erneuerten kleincn Rast einlud. Nun wandten wir uns vieder links, d. i. westlich fast an den Rand der Kanker-Koena, kamen liber Alpcnboden in /a St. die ersten verkriip- pelten Biiume 1500'”. Grosse Masscn von Edehveiss dureb- setzten die Rasenbanke, nacb einer veiteren St. kamen wir zur Hiitte Ver m a, \velche dem Subadolnik-Bauer gehort, ein 132 Prof. Dr. J. Frischauf. kleiner, fast ganz ncuer Bau, unter dcn Bitumen vollstandig ver- steckt. Auf steilem Wald\vege erreicliten \vir in i / i St. die frische QuelleLisenz 1780 in ,an der \vir Rast hielten. Dann rannten wir in Windungen zuerst siidostlich, hierauf ostlich abwiirts in den Thalboden und kamen in 10 Min.zumBauernliof Suhadolnik, \\o icli 1 St. Rast hielt und dann um '/„4 Uhr zur Kanker abstieg. In dem gastlichen Hause des Herrn Gewerken Fuchs fand icli \vie immer die beste Aufnahme. Eine Tour auf den Storžič, die icli am nachsten Tage mit dem Gevverksherrn unternahm, vertrieb den Rest von Mudigkeit. Einen starkeren Appetit abgerechnet, liatte icli keinc Naclivirkung von dicser interessanten Partie zu fiihlen. Die Besteigung der Kanker-Kočna ist nur geiibten, voll- kommen schvvindelfreien Bergsteigern, die sicli aucli durcli das Losbrechen eines Steines niclit aus der Fassung bringen lasscn, anzurathen. Fiir solclic ist aber die Besteigung im hochsten Grade lobnend, die Felsformationen der Mulde zvvischen Kočna und Grintovc sind von iiberivaltigender Grossartigke.it. Solite viclleiclit in Folge meiner Schilderung ein Naturfreund zu einer Wiederliolung dieser interessanten Besteigung veranlasst werdcn, so suche er vor allem den Primus Suhadolnik, den ge m ii tli 1 icli en und immer lustigen Besitzer des Bauernhofes, als Hauptfiikrer zu geivinnen. Ein zweiter Beg-leiter, etiva Andre (der Bruder des Bauers) kann als Trager und zum Schutze dienen. Dann richte icli an den Besteiger die Bitte, fiir dicse Tour einen Spitzhammer vom Bauernliofe aus mitzunehmcn und die schlechten Tritte des Aufstieges oberlialb des Geriillfcldes ngorni dol“ verbessern zu lasscn; eine Arbeit, die in 1 St. sicli leicht ausfiihren lasst und in dercn Zvvischenzeit der Tourist cine ivillkommene Rast und Erholung findct. Ein oder z\vei Tritte beim Beginne des letzten Kegels lassen sicli in ivenig Minuten anbringen. Ucberhaupt kiinnte — falls systemmassig vorgegangen \viirde — in kurzer Zeit den Kalkalpen manchc gefahriiche Stelle genommen wcrden. Ein etiva 2 Kilo schiverer Spitzhammer vermehrt das Gcpiick unerheblich und findetim Giirtel leicht Raum. Selbst schivacliere Touristen liabe icli mit Ruhe liber gefalirliche Stellen ivandeln sehen, falls sie nur sicheren Tritt fassen konntcn. Jeder Tourist wird einem Fiihrer diese Verbesserung geiviss lohnen und aucli die Alpen-Vereine werden auf sie nic.ht vergessen. Greben. Vollendet waren die ivissenschaftliclien Arbeiten am Grin- tovc, die durcli schlechtes JVetter mchrmals unterbrochen wur- den. Die Ferienzeit nalite ihrem Ende, und noch warcn vonStein aus einige Untersuchungen durchzufiihren, solite diese Arbeit Die Sannthaler Alpen. 133 einen programmmassigen Abschluss findcn. Der vom Grintovc nac.h Siidcn abzvveigende Zu g mit dem »Greben 1 ' als hochsten Gipfel ward mehrmals auf da.s Touren-Programm gesetzt und vvieder abgesetzt. Im Grossen und Ganzen versprach ich mir von dicser Partie zn wenig; vvollte ich mich niclit, \yie sclion friihcr ervvahnt wurde, auf die Haupttouren bescliranken, so hat- ten noch Dutzende von gleicli berechtigten Spitzen erstiegen werden miissen, wozu es mir aber an Zcit und Lust fehlte. Dies- mal kam dennoch der Greben an die Reihe, da icli mit seiner Besteigung den Uebergang von Kanker nacli Stein. verbinden ivollte und es mir bei ciner solchen Tour auf cin paur Stunden Zeit niclit ankam. Am 2. October brach icli von der gastlichsten Gewerkschaft“ Kanker am frlihen Morgen, der einen lierrlichen Tag in Aussicht stellte, auf. Ich ging abvvarts bis zu.ni Pošner, vvo ich ein zweites Friihstuck einnahm und mich nacli der Woh- nung des Keuschlers Cunjar vulgo Kalan, des trcfflichen Fiihrcrs des Herrn A. v. Pavich auf seiner Skuta-Tour, erkundigte. Gleicli vor demtlause—hiess es — fiihreder Steig aufvvarts, Nacli */ 4 St. Steigens crreichte ich seine armliche Beliausung, fand aber nur eine grossere Anzahl wunderhiibsclier Kinder, die mir zuriefen, dass Kalan niclit zu Hause sei. Ich wandte mich nun in die nachste Schlucht nordlich, um ihn im Bauernhofe Suhadolnik, \vo er liaufig auf Taglolin arbeitet, zu suclien. Ilier hiess es, cr befande sicli in Secland. Zum Gliicke \var Primus bcreit, mich zu begleiten, und um 10’/ 2 Uhr — eine etvvas spiite Stunde - brachen \vir auf. Wir gingen nun vom Hause sudbstlich bis an eine Ecke des linken Hohenzuges, der den Thalboden cinschlicsst, dann durchWald und tiber Weiden bald auf brci tem A'ege, bald pfadlos, bald auf Fusssteigen aber meist ungemcin steil fast immer ostlich 1 St. aufvvarts bis zum Fels. Prachtvolle Buchen- stamme, darunter einige von den Stiirmen zu ganz merkvviirdi- gcn Forinen verkriippelte Exemplare, eine vermittelst einer Ilolzrinnc gefasste Quelle, bildeten die einzige Abwechslung, auf diesem monotonen Wege. Nun aber das Wetter! Bereits vom Pošner aus schob sicli eine riesige Wolkenbank vom Siiden her, der fatale Siidwestwind der friihercn Tage hatte sich \vieder er- lioben und hiillte mit Ausnahme der Nord-Region Alles in dich- ten Nebel. Ich gab mich der Hoffnung hin, auf den lioheren Punkten Alles rein zu finden, mindestens in den Nachmittags- Stunden. Nun folgte eine besclnverliche Kletterei von '/ a St., liber Felsstufen in Kamine und liber mit Krummholz bevvach- sene schmale Bander, an velchen wir Libergrosse Exemplare von Edehveiss fanden. Endlich vvar diese Stelle passirt, und \vir auf den felsigen Kamin, der sich vom Gipfel gegen \Vestcn her- abzieht, gelangt. Der Nebel bob sich \virklicli, vvir hatten Ein- bliek in dic Umgebung und auf die Alpe Suhadolnik. Der Grat 134 Prof. Dr. J. Frischauf. ist nicht passirbar, vir vandten uns nun reclits d. i. siidlich, umgingen dio Abstiirze, bei velcher Gelegenheit vir einc Fel- senrunse auf sebi' schmalen Bandera durchqueren mussten, hier- auf umgingen vir einen Felskopf und kamen bald auf beque- mere Stcllen. Ueber raulie Platten und rasige Stellcn ging es aufvvarts; nacb 1 St. batlen \vir das Plateau an der mit einci' Stange bezeichneten Stelie — „Kriš“ genannt — erreicht. Nun vandten \vir uns nordostlich und erreichten in */ 4 St. den hocbsten Punkt 2228" 1 dcs Plateaus; es var 3 1 / a Ubr, sotnit liatten vir vom Bauernhofe aus 5 St. benbthigt, wovon mindestens 1 St. auf Becognoscirung und etva ‘/2 St. auf die Rasten vervendet \varen. Bevor vir die Spitze erreichten, war ostlich vom Kamme ein pracbtvolles von Reg-enbogenfarben eingefasstes Sonncnbild sicht- bar, das mich — den Beobachter — umrahmte und das dem Fiibrer, als ich ibn bei der Riickke.hr auf diese Erscbeinung aufmerksam maclite, viel Spass bereitete. Nicht lange blieben virauf der Ilobe. Aussicht genossen vir venig, es diirfte der Gipfel des Greben iiberliaupt nicbt be- sonders lohnend sein. Das Plateau ist zu veit, dann verdecken die Hobenpunkte des Centralstockes fast die ganze Fernsicht. Wir vandten uns zunachst siidlich, nacb */ 4 St. varen bereits sch\vacbe Steigspuren, die nacb veiterer / 2 St. die ersten Hauser der Sclilucht Trobe. Von hier hatten Avir noch fast / 4 St. zur Kirche Kan¬ il er, avo ich im Mauthhause eine ganz gutc Unterkunft fand. Die Steiner Alpen. Im grauen Alterthume Avar es Sitte, dass man an jedes Trauerspiel ein Lustspiel anschloss, um die Zuschauer nicht in triiber erschiittertcr Stimmung zu entlassen. In gleicher AVeise kann ich Dich, freundlicher Begleiter! von meinen halsbreche- rischen Felsklettcreien nicht so olmc Avciters nach Hause schickcn. Icli Avill Dich noch einen Tag auf guten Wegen zu Aveichen AA r eiten Alpenmatten fiihren, avo Dudas Sennhiittenlebcn von sciner schbnsten Seite geniessen kannst. Du zAA T eifelst wolil meinen Worten! Der Gebirgsstock der Sannthaler birgt nur Wiidnisse, man lernt nur die Schrecken, aber nicht die Annehm- lichkeiten des Gebirgslebens kennen. Ja nach den bisherigen Schilderungen ist man fast zu diesem Schlusse bereclitigt. Und doch geAviihren die Avaldigen Vorbergo nordlich von Stcin, Avelche auf ihren IFihcn Aveite Plateaus tragen, die IintAvicklung eines Alpenlebens, Avic es schoner nur an Avenigen Punkten ge- funden und das etiva nur noch von einigen tiroler Alpen, Avie Seisseralpe, erreicht Avird. Der 11. September 187G Avar fUr den Besuch der Steiner Alpen geAvidmet. Der schoncn Xaclit folgte cin etAvas diisterer Morgen. Dcnnoch hracli ich auf. Ich hatte die Erfahrung ge- macht, dass man auch nach der starksten Regentaufc in langstens einem Tage Avieder troc.ken \verde und sclten tiefer als bis auf die Ilaut nass vverden kbnnc, Avas ich am Ahende meiner Tour neuerdings bestatigen konnte. In 1 St. kam icli nach Znamnje, ich liielt mich iramer am linken Ufer, der Weg sclbst ist nicht olmo Reize, die Gegcnd fruchtbar, Obstghrten Avechseln mit 136 Prof. Dr. J. Friscliauf. Feldern, wovon namentlich dic rotklichen Haidenfelder eine lmbsche AbAvechslung gewahren. Die Berge Avarcn in Nebel gehiillt. Nun Avendet, man sicb reehts, uberschreitet den Cevna- bacli und kommt in 5 i\Iin. zu einem Seitenvvege links, der auf die Hube und bei den zerstreuten Gehbften von Prapet vorbei in den Wald unddurch zwei Mulden hindurch in 1 St. zur Kirche St. Prim us 820"' fiihrt. Da das Wetter ziemlich ungiinstig zu Avbrden schicn, so Avollte ieh hier etwas vervveilen und trat in das nebenstehende Messnerhaus. Der Besitzer, ein freundlicher,in- telligenter Mann,fiihrte michindieKirche; ein biibscher gotbiscber Bau mit inehreren intercssanten Gemiilden, von denen das eine die Gesebicbte der Martyrer Primus und Felician, ein zAveites Scenen aus dem Tiirkenkriege 1592 enthalt; ausserdem befinden sich daselbst einige biibscbe gescbnitzte Altare. 5 Min. oberbalb ist die Kapelle von St. Petrus und St. Paulus, deren Mitte gothisch gebaut und Avclche mit drči Altaren geziert ist. Ich Avartete noc.h in seinerBehausung,wo mich seine schbnen und gar nicht scbeuen Kinder besonders interessirten,eine Weile ab; der Nebel verzdg. sieli und nacb etvva 1 St. Aufentbalt brach ich in Gesellschaft dcs Messners, der micli ein Stitck begleiten Avollte, auf. Der Weg fiihrt zunachst zur erAvabnten Kapelle und von hier links auf den Riegcl, spiiter biilt sicb derselbe reehts, nacb einiger Zeit Avieder links und fiihrt meist dureb Bucbenwald auf die Hiilic und dann Avieder etvvas binab auf cinen Sattel 1280"’, den ieh in 1 St. erreichte. Nun gelit es cben 5 Min., hierauf spaltet sicb der Weg, man geht nun links in TVindungen aufvvavts und erreicbt in 1 / 2 St. das Plateau. Links fiihrt ein breiter Weg in Avenig Minuten zu einer Quello 1500 1 ". Reehts fiihrt der Steig eben 5Min.zurMala Pl anina, einem formlichen Alpendorfe, dessen Hiitten ganz eigentbiimlicb gebaut sind. Jede Iliitte sieht von der Ferne Avie ein g ros s ds Zclt aus, tritt man jedocb in die Nlihe, so findet man, dass diese Trichterform, zu deren Grundpifeilern bervorragende Felsblocke beniitzt sind, mir ein zvveites Dacb bildet, Avelches iiber die eigentlicbe IIolz- oder Steinlnitte gebaut ist. Den Grund dieser Bau- forrn konnte icli in Stein — bei meinen (des Gebirges leider unkundigen) Freunden — niclit erfahren. 31bglicher- Aveise dient der ZAvischenraum dem Vieh als Unterstand. Die Alpe war bereits verlassen, nur einige Pferdc trieben sich aufsichtslos herum. Dic Umgebung tragt das Gepriige der Karstlandschaft. Trichtcr und Kcsscln, einzelne Wasserbehalter, eine Folge der Rcgcngiisse des Septembers, wec,hseln mit ein- zelnen Waldgruppen ab, so dass man gar nicht ahnt, sich in der bedeutenden Hdhc von melir als 1500"' zu befinden. Das VVet.ter war fortvvahrend Avechselnd, bald Sonnenschein, dann umhullten mich vvieder Nebel; ich wartete daher gar nicht lange und brach Die Sannthaler Alpen. 137 bald auf. Der Weg fiilirt links von d c n Hiitten durch Wald anfangs vvestlich, dann nordlich iiber die Leline des Plečam in */, st. zmn zweiten Alpendorfe Velika Planina 1590'“ von angeblicli 80 Hiitten, die icb bei diclitem Nebel leider nielit ab- ziihlen konnte. Hier liielt ich mein frugales Mittagmahl ab und iiberlegte, vas vveiter geschehen solite; ob icb die Wanderung zu den iibrigen Alpen fortsetzen kbnne oder nielit. Mir war leider auf meinen friiheren Touren mein Compass unempfindlicb gevorden und icb batte selben zurReparatur nach Graz gescbickt. Der veitere Weg war mir z\var von der Ojstrica aus bekannt, ich wusste aber, dass er durch ein karstartiges Terrain der scblirnmsten Art flibre, also bei dicbtcm Nebel seli ver gefunden verden konne. Zuni Gliick kam nacb einiger Zeit cin Bauer, der nach seinen Pferden nachsehen volite, derselbe gab mir dic Richtungder ferneren Tour an und damit vvar das vorgenommene Programm gerettet. Der Weg fiibrt nordwest!ich unmittelbar zu einem prachtvollen Eislocbe „ Veternca“, das allein den Besucli der Velika Planina lohnt. Es ist ein grosses Felsloch, durch dessen am vvenigsten steilen Wandung ein Steig und dann eine Leiter in die Tiefe fiibrt, wo sicli immervvahrend Scbnee und Eis vorfindet; an der Felsvvand trifft man grosse Exemplare vonEdel- weiss. Vom Eislocbe fiibrt der Steig meist durch Wald in 3 / 4 St. zur Alpe Kojnca 1512’" ; icb musste meine ganze Oriontirungs- fabigkeit und Erfahrung im Karstc aufbieten, um den Steig nielit zu verlieren. Zvei miserable Holzblitten liegen an der Berg- lehne, ibre Umgebung geviihrt jedocb ein hubsebes Biki. Nun gelit es links stcil binab auf einem stcinigen Steige in 5 Min. zu einem Biichlein, dann nocb 2 Min. zu einer Wegspaltung. Recbts fiibrt der Weg in et\va 5 Min. zur Alpe Dol, die in einersebonen griinen Mulde gelegen ist. Es.empfichlt sich bis zur Alpenbiitte zu geben und von hier den Weg in das Tlial zu verfolgen. Bei der bekannten Sparsamkeit der Alpenbevvobner mit Steigen glaubte icb, dass der Weg links der Beginn des Weges in das Tbal sei, der andero Weg n ur die Abzveigung zur Iliitte bilcle. Icb liielt micb nun an den Steig links, den icb durch den Buchenwald mit grosser Sorgfalt verfolgte; nacb >/ 8 St. vereinigte er siclimit dem Steige von der Alpe Dol, und nun ging es auf gut sicht- barem Wegc in 10 Min. zu einer Quclle und in vveiteren 20 Min. bis an den Bach und von hier an das rechte Ufer durch den dichten Buchemvald in 10 Min. zuni Eeistritztbale, bei der freien griinen Stclle 5 Min. unterbalb der Putzpulver-Fabrik. Ein Abstecbcr, den icb zuni Uršič niacben \vollte, wurde durch ein beftiges Geivitter, das micb geradc bei m Predascl iiberraschte, vereitelt. In der Hiitte bei der Fabrik troeknete icb micb am Feuer; nacb 1 St. borte das Unvvetter auf, und um 8*/ ? Ubr \var icli in Stein angelangt, froh die schvveren nassen 138 Prof. Dr. J. Frischauf. — Die Sannthaler Alpen. Schuhe von den Fiissen bringen zu konnen. Die Freude an der Alpenwelt konnte das Unwetter mir doch nielit zerstoren. Erst im Herbste nahm ich Abschied von den berrlichen Gebilden der Sannthaler Alpen. Jhr stolzen Hohen habt mir Eure Gebeimnisse enthiillt und mir gestattet, selbe zur Kenntniss kiinftiger Besucher zu bringen. Alpenfreunde geliet hin und sebet selber nach! Denn »Ojstrica, Planjava, Skuta, Grintovc, Kanker-Kočna, Ravni, Na Vodine, Okrešel“ liaben — bezvvungen von den „Sannthalern“ — ihr dem Menscken feindliches Wesen abgelegt und laden alle Alpenfreunde ein zum Besuche der Sann- thaler Alpen. Historisch- natumssenschaftlicher Theil. Die Grafen von Cilli. (Prof. Dr. Franz Mayer.) In der siidlielien Steiermark bat lange Jalire liindurch cin mliclitiges Dynastengesclilecht gcvvaltet, das aus geringen An- fangen hervorgegangen allmahlich zu einer Maclitfiillc omporkam, wie dies in diesem Theilc dcs Landes, ja in Innerosterreich iiberhaupt, kcinem andercn gelungen ist. In Folge der person- lichen Eigenschaften aller Glicdcr dieses Geschlechtes und durch die Gnnst des Gliickes gelangte es zur Macht; aber als es den Gipfel des Gliickes erstiegen, fiel es im jiilien Sturze und erloscli. Die Grafen von Cilli sind aus den Freien von Soune d. i. voni Sannthale hervorgegangen, die sclion unter Gebhard II., welcher seit dem J. 1073 dfter in Urkunden ervvaknt \vird, den Titel „Fr eie von S uneck“ annahmen '). Die Burg Suncck sahen sie als ihren wichtigsten Bcsitz an. Sie lag cineStunde sudwarts von Frasslau in idjdlischer Waldeinsamkeit; gegen Osten konnte man von ilir aus cine grossartige Fernsicht geniessen. Nocli immer ist der Berg, auf deni einst Suncck stand, ciner der schiinsten Punkte in dem so wenig gckannten siidlielien Steier¬ mark; aber die Burg ist im Laufe der Zeit zur Ruine gewordcn und konnte uns leicht in eine elegische Stimmung liber die Ničlitigkeit und Fliiclitigkeit des mensclilichen Daseins versetzen, \viirde uns niclit die lacliende Sonne und der tiefblaue, vvolken- lose Himmel iiber uns und das frische, jauchzende Leben um uns alle melancliolisclicn Gedanken versclieuchen. Ausser diesem Schlossc besassen die Freien von Suneck bis gegen das Endc des 13. Jalirhunderts nocli die Festen und Herrschaften Schoneck, Ostenvitz siidostlicli von Franz, Lengen- berg, Gutendorf, aber niclit als volles Eigen, sondern als Lehen theils vom Herzogthume Karnten, theils auch voni Bisthume Gurk. xLuch vom Patriarcliat Aquileja trugen sie einige uns nicht bekannto G liter zu Lehen, 140 Prof. Dr. J. Friscliauf. Nur Namen, nicht aber Thaten, weiss der Forsclier von den ersten Freiherrn von Suneck anzugeben und aucli diese muss er sicli miihsam aus den sparlich vorliandenen Urkunden heranssuchen. Es war ein vergessener Winkel, in dem die Sunecker hausten, damals gelidrte er noch nielit zu Steiermark, sondern zu Karnten. Erst als im stidliehen Steier Kloster ent- standen, wird es liellcr in der Geschichte unseres Gesclileclites. Im J. 1140 iibergaben der Edle Diepold von Chager und scine Ilausfrau Truta ihr Schloss Obernburg sammt aller Zu- gelibr dem Patriarchen Peregrin von Aquileja fiir cinen guten Zweek: dieser rief dann das Benedictinerstift Obernburg in’s Leben. In den Jahren 1154 bis 1165 hatte der Markgraf Ottokar V. von Steiermark in den Siidhangen des Bachergebirges in der Nahe der Burg Lindeck eine Karthause gegriindet, die erste in Deutscliland. Nach dem ersten Bauernhofe, den er ihr sclienkte, ward sie Seiz genannt und dieMonche wurden aus dem fernen Grenoble in Frankreich berufen. Das Kloster lag in einer rei- zenden Wald\vildniss und die vveissen Monche lebten ein stilles Leben: sie predigten nicht, liielten keine Schule, assen kein Fleisch und schviegen — anfangs vvenigstens. Dabei kamen sie zu Reichthum und Ansehen, das arme Karthauser-Kloster \vurdc einer der ersten Grossgrundbesitzer. Als das Kloster 1782 auf- gehoben wurde, konnte man aus der Bibliothek ersehen, dass die Klosterbevvobner nicht viel literarisches Interesse besassen; aber in der zweiten Halfte des 13. Jabrhunderts bat doch ein Monch des Klosters, Bruder Pbilipp genannt, cin Leben Maria gedichtet, das einigen \Verth in der Literatur beanspruchen darf *)-. Aber schon vor dem Bruder Pbilipp war Steiermark in die deutsclie Literatur eingetreten: in Konrad von Suneck, dem Sobne Gebhards II. selien \vir einen Mann, der gleich vielen anderen Rittern damaliger Zeit der edlen Kunst des Singens nicht unkundig ist. Es war eben die Zeit, da allenthalben in deut- sclien Landen der Ritterstand, dic Minnesanger ihre Lieder er- klingen liessen, des Friiblings zauberiscbes Wesen, die Pracht, die er auf Wiese und Wald, auf Feld und Flur verstreut, der Liebe Lust und Leid, die holdselige Anmuth deutscher Frauen oder endlich des Reicbes Grosse und Macht im Lieae verberr- lichten. Es sind die Friililingstage der deutscben Lyrik, deren bestrickenden Liebreiz man vor Allem in Walthers sinnigen Liedern empfindet. Die drei Lieder, die uns von Konrad von Suneck erhalten sind, reichen nun freilicli nicht entfernt an die Dichtungen Walthers, aber sie sind doch ein Zeugniss, dass in unserem siidlichen Steiermark friihzeitig Herzen schlugen, vvelche fiir die Kunst cmpfanglich waren 3 ). Konrad der Dichter mag um 1245 gestorben sein. Er hin- tprliess vier Sdhne und cine Tochter Sophie. Diese ward die Pie Sannthaler Alpen. 141 Gemahlin Friedrichs von Peggau, der in der Geschichte des Landes cine nicht sehr riihmliche Rolle spielte. Steiermark befand sich nach dem Tode des letzten Baben- bergers im J. 1246 in einer traurigen Lage. Allentlialben riss Unordnung und Anarchic ein. Geistliche und VVeltliche stritten untereinander und miteinander. Mancher vvard arm, der ehedem reich \var, sagt ein ritterlicher Dichtcr damaliger Zeit und setzt dann hinzu: Man raubt die Lander Nacht und Tag Darob mancli ilorf yerwiistet lag 4). Konrads von Suneck vicr Sohne, Gebhard, Konrad, Leo¬ pold und Ulrich benutzten glcicli anderen Adeligon die ihnen gunstigen Zeitliiufte, um sich zunachst auf Kosten geistlicher Kbrperschaften zu bereichern. In Zeiton \vie damals, als der Landesfiirst ohne Erben aus dem Leben gescliieden, und die Reichsgevvalt nicht stark genug vvar, die Ordnung aufrecht zu erhalten, haben sich die Junker stets am \vohlsten befundcn. Die Sunecker \varen Vogte des Stiftes Obernburg und man \veiss, \vie oft die Vogte, nicht vvie das Wort sagte, Beschiitzer, sondern Bedranger gewesen sind. Die vier Soline Konrads geriethen wegen ciniger streitiger Besitzungen in cine lange blutige Felide mit dem Štifte, die erst 1255 durch einen Vertrag geendet wurde. Die Briider gaben nach: sie stellten die G liter, ivelche sie dem Štifte vviderrechtlich entzogen, zuriick, versprachen dem Kloster die Auslagen fiir das Begrabniss ihrer Mutter zu ersctzen und sicherten dem Štifte ihren Schutz sosvie alljahrlich am Sterbetage ihres Vaters cine Leistung von einem Metzen Weizen, einem Saum Wein und einem Schwein zu und solite letzteres eincs von den besseren sein, damit, wie es in der Drkunde heisst, der Oonventsich daran ergotze und den Jalirestag des Verstorbenen desto andiichtiger begchen kbnne. Aber die Briider scheinen ihrern Versprechen nicht nach- gekommen zu sein. Der Patriarch von Aquileja sprach ihncn bald darauf die Vogtei iiber das Kloster ab und ubertrug sie an Friedrich von Pettau. x\uch das Kloster Seiz hatle von den Suneckern zu leiden; als aber einer von ihnen, Konrad, starb, ergriffen die Ueber- lebenden diesen Todesfall als giinstige Gelegenheit, um rcuig den Schaden gut zu machen; ihren Bruder licssen sie in Seiz beisetzen. Die Sucht nach Vergrosserung ihrer Macht ohne Riiek- sicht, ob die angevvendetcn Mittel gute oder schlimme seicn, merkt man schon an diesen ersten Suneckern. Aber auch das Streben mit maehtigen Geschlechtern in Verbindung zu treten, tritt schon hervor. Ulrich heiratete Katharina, die Tochter des Grafen Ulrich von IJeunburg und der Markgrafin Agnes von 142 Prof. Dr. J. Frischauf. Baden, \velclie die \Vitwe des Herzogs Ulricli von Karaten ge- Avesen war und a us dem Herzogsgescldechte der Babenberger stammte. Und endlicli zcigt sicli bei den Suneckem friilie schon ein lebhaftes Gefiikl fiir Ordnung im Haushalte und ein reger Familiensinn. Im J. 1262 errichteten dic vier Briider ein Haus- gesetz, nacb Avelchem die Giiter eines kindcrlos verstorbenen Bruders nicht an Fremde vererbt Averden, sondern an die iiber- lebenden Briider gelangen sollten. Ulricli iiberlebte seine Briider und vereinigte alle Be- sitzungen in seiner Hand. Er vermehrte dieselbcn, indem er 1301 von Otto von Liechtenstein das Schloss Rohitsck kaufte. Zu seiner Zeit war es, dass durch einen Friedensvertrag das bislier zu Karaten gehorige Sannthal mit Steiermark vereinigt Avurde. Er hinterliess bei seinem Tode, der im J. 1316 eintrat, zAvei Kinder, Anna und Friedrich. Anna heiratete den Grafen Rudolf Otto A r on Liechtenstein und erhielt nur eine geringe Aus- steuer; aufFri edric h vererbte sich demnach der gesammte Besitz, der durch ihn eine so bedeutende Vermehrung erfahren solite. Als namlicli 1322 Graf Hermann von Heunburg kinderlos starb und mit ihm die mannliche Linie seines Ilauses erlosch, gehorte zu den Erben auch Friedrich von Suneck. Nebst ande- ren Giitern, die Avalirscheinlich im Sann- und Packtliale lagen, erhielt er die Halfte der Herrschaft Cilli, Avahrend die z\veitc Halfte nebst anderen Giitern dem Grafen Ulricli von Pfannberg zufiel. Da aber der machtige Hauptmann in Karnten Konrad von Auffenstein Anspriiche auf oinige Heunburgische Besitzun- geu erhob und er von dem Grafen Meinhard von Ortenburg, Hauptmann in Krain und der Avindischen Mark unterstiitzt Avurde, so musste es zu einer Fehde kommen, in Aveleher Frie¬ drich von Suneck von dem Hauptmann in Steiermark, Ulricli von Walsee unterstiitzt Avurde. 1 nd so war denn der mcrkwiirdige Fali eingetreten, dass die Ilauptleute der drei Lander, die man nachher Inner-Oesterreich zu nennen sicli gewohnt hat, die W affcn gegeneinander erlioben. Im J. 1331 Avurde der Krieg zum Ileile der Biirger und Bauern, die am meisten zu leiden hatten, beigelegt und Konrad von Auffenstein gab die dem Suncckor gehorige Halfte von Cilli, in deren Besitz er sich gcsetzt hatte, heraus. Friedrich erwarb dann von den Pfannbergern auch die andere fliilfte der Cilli- schen Herrschaft. So waren denn die Sunecker nach langem Ringen in den Besitz jener Feste gekommen, von der sie bald genannt werden sollten. Aber ausser Cilli envarb der Sunecker Friedrich auch noch andere Giiter, so 1322 das Schloss Kostreinitz am Fusse des Wotsch in der N lih e von Rohitsch, das ja schon in I)ie Sanntlialer Alpeti. 143 seinem Besitze war, spiiter die Schlosser Idelfenburg und Hor- berg, alle dreiGurker Lehen. Im J. 1332 \vurde er vom Herzog IJeinrich von Kiirnten zum Hauptmann in Krain ernannt und als soleher vom Patriarchen Bertrand von Aquileja mit Zehnten in Neukirchen, St. Peter im Sannthale, zu Frasslau und Prassberg, so\vie im Schallachthal belelmt. Als dann im J. 1335 der Kanipf um Kiirnten begann, stand er auf Seite der Ilabsburger und erhielt fiir seine Ausgaben im Kriege die Festen Tiiffer, Rat- schach u. a. zum Pfande. Das Stift St. Paul belehnte den so machtig geivordencn Sunecker mit Scliloss Furteneck (Forchtcneck) bei AVollan, der Gurker Biscliof mit Schalleck bei VVollan und zudem er v ar b er die Burgen Heidek, Montpreis u. A. Auch die Vogtei des Stiftes Obernburg brachte er wiedcr an sein Haus. Friedrich ist, vvie man sieht, der Griindcr der Grosse sei- nes II auses. Er war cin rcicher, angesehener Mann. Er \var vermahlt mit Diemut von Walsee, einer seit dem erstender Idabs- burger in deren Liindern ansiissigen schvvabischen Familic. Er zahlte Schulden ab und gevvahrte Darlchcn. Das Zicl, dem sein Ehrgeiz zusteuerte, war die Grafenkrone; war er doch der Solin einer Giiifin von Ileunburg, der Enkel einer Markgrafin von Baden, der Urcnkel einer Ilcrzogin von Oestcrreich und Steicr. Die Walsee konnten sein Streben durch ihren grossen Eintluss unterstiitzen, den erforderlichcn Giiterbesitz hatte er sich er- ivorben. Sein Streben \var von Erfolg gekront: im J. 1341 erhob ihn Kaiser Ludvvig IV. zuMiinchcn auf Bitten des Landes- herzogs Albrecht II. mit dem Titel eines Grafen von Cilli in den Grafenstand des romisch-deutschen Reiclies. Cilli, die alteRomerstadt war imLaufe der Zeit zu einem ganz unbedcutcnden Orte herabgesunken. Die spatere Zeit kniipftc das Martjilum des ličil. Mavimilian an Cilli: in dieser sciner Vatcrstadt soli er, der Erzbischof von Lorch (bei Linz) geivesen, hingerichtct wordcn sein. Wie cine Erinnerung an (JillPs bessere Tage klingt es, wenn in der Lebensgeschichtc jenes Martvrcrs die Stadt ein zvveites Troja genannt \vird 5 ) und cine deutsche Chronik nach dieser lateinischen Biographie er- vviihnt: „Da vvaren auch die edlisten und miirblein (marmorne) turnen und pallasten vunderleicli gepaut, dass die selbig stat billeich die ander Troja \var gcheissen“ 6 ). Jetzt freilich ivar cs ein verfallener, offener Ort, dessen erst 1323 urkundlich ge- dacht \vird. Mit Zaun und Graben mag er freilich bald nacliher umfangen ivorden sein, aber erst im Jalire 1450 haben, vvie die Cillicr Chronik meldet, „die von Čili vmb die Stat Čili ein neues gcmauer angefangen, die vor nit vmbgemauert, sondern nur mit einem Zaun vndt graben eingefangen was“ T ). Und eiist im folgenden Jalire verlieh Graf Friedrich von Cilli den Biirgern 144 Prof. Dr. J. Frisoliauf. von Cilli jene stiidtischen Rechte, \vclclic andere Ortc im Lando genossen. Auch an den Grafen von Cilli gevahrt man dieselben Cha- raktereigenschaften, \vie an den Freiherrn von Šuneck: Unter- nchmungslust, Ehrgeiz, Liebe zur Ordnung im Haushalte. Gleich II e rmann I., der Solin desersten Grafen von Cilli, heiratete in ein regierendes Fiirstenhaus: Katharina, cine bos- nische Furstentochter fiihrte er als scine Gemahlin hcirn. Er liatte von ihr z\vei Soline: Hans und Hermann II. 8 ). Sein Bruder Ulricli, ein \vackerer Kampe, \var vveit in der Welt berumgekommen: vor Žara, an der Etsch, in der Mark Bran¬ denburg, in Preussen und Lithauen, in Italien, in Istrien, Bos- nien und Bulgarien tliat er sich riihmliclist hervor, und ein gleich- zeitiger Dichter bat in cinem Licde seine Fahrten verherrlicht. Er binterliess einen Solin Wilbelm. Die beiden Prinzen Wil- liclm und Hermann II. gaben dem Altgrafen Hermann I. das Golčite, als dieser 1377 im Gefolgc des osterreicliischen Ilerzogs Albrecht III. in das heidnische Preussenlaiul zog, um sicli Ilulim und Elire zu erwerbcn. Bis liber die Memel gelangten sie und dann ging es durch cine Wildniss liber Graben, Gevvasšer, Siimpfe und Dickichte in der Ileiden Land; da ertheilte der Altgraf Hermann dem osterreicliischen Herzog den Ritterschlag. Prinz Wilhelm verheiratete sich mit Anna, einer polni- schen Prinzessin aus dem alten Konigsgeschlechte der Piasten; Hermann II. dagegen fiihrte 1372 die Tochter des reichen Gra¬ fen von Schaunberg heirn. Audi Hermann II. fordertc die Plane seines Hauses: schon 1385 vermahlte er seinen ftinfzehnjahrigen Solin Friedrich mit Elisabeth, der Tochter des angesehenen kroatisch-dalma- tinischcn Grafenhauses Frangipani, den Herren von Veglia- Modrusch und riiumte dem jungen Paarc zu Gurkfeld einen cige- nen Ilofstaat cin. Die Fiille ausseren Glanzes verschaffte den Cilliern das Jalir 1396 ")• Immer ungestiimer drangten die Osmanen gegen das Abendland lieran, immer schwerer \vurde es, den maclitigen Feind zuriickzuweisen. Damals sass auf dem Throne Ungarns Sigismund, dessen Bruder Wenzel, Kbnig von Bolimen und romisch-deutscher Kaiser var. Mit allem Ernst volite Sigis¬ mund dem grimmigen Fcinde entgegentreten und erliess einen Aufruf an alle christlichen Fiirsten um Hilfe in seiner Bcdriing- niss. Von allen Seiten stromten kriegslustige Schaaron herbei; aus Steiermark fiihrte Graf Hermann II. von Cilli eine Anzahl tapferer Ritter nacli Ungarn. Aber das bunte Heer, das auf diese Weise zusammenkam, erlitt bei Nicopolis an der Donau eine sclnvereNiederlage und nur mitMiihe entkam Kbnig Sigismund r>ie Sanntlialer Alpeft. 145 nach Constantinopel, Graf Hermann mit ihm. Fiir die Trene, velelie der Cillier bei dioser Gelcgcnlieit beviesen, ward er sclion im folgenden Jahre gliinzend belolmt: der Konigsekenkte ihm 1397 die Stadt VVarasdin sammt dem Gcbiete, die Herr- schaften Winice und Orbac in Zagoricn, das die Deutschen den Siiger genannt liaben. Bald bot sicli cino neue Gelcgcnlieit, dem Konig einen Dienst zn ervveisen. In Ungarn bildete sicli cine Vcrschvbrung gegen Sigis¬ mund, der von einigen Magnaten gefangen geset.zt \vurde. Hermann von Cilli gehorte zu denen, velche die Freilassung des Gefangenen bevirkten und aus Dankbarkeit verlobte sicli der Ivdnig Sigismund mit des Cilliers Tocliter Barbara. Audi ver- lieh er seinem kiinftigen Schwiegervater das Banat von Slavo- nien und die Mur-Drau-Insel mit Tschakaturn als erbliclics Pfand und damit gehorte der deutsche Graf Hermann von Cilli zu den crsten Magnaten des ungarischen Reiclies. Um diese Zeit war es aucli gevesen, dass cine Cillicrin den Thron von Polen bestieg. Der Konig Wladislav freite um die Tocliter Wilhelms von Cilli und feierte das Beilager im Jalire 1401. Hermann von Cilli scliien der gliicklicliste Mann seiner Zeit. Sein Schviegcrsohn Sigismund var aucli Kaiser des deutschen Reiclies gevorden und dieser iiberhaufte ilin mit Reichthum und Wiirden: ihm stand denn aucli Hermann fortan in allen StaatsgeschUften rathend zur Scite. Scinc zveite Tocliter Anna var die Gcmalilin des Palatin Niklas Gara, Elisa- betli, die dritte Tocliter mit dem Grafen Heinrieh vonGorz ver- malilt. Sein erster Solin var, vie vir vissen, Gemalil ciner Prin- zessin von Veglia-Modrusch, der andere Hermann III. var mit Elisabetli aus dem reichen Hause Abensberg verheiratet. Mit den miiehtigen Grafen Ortenburg liatten die Cillier einen Erb- schaftsvertrag gesclilossen und die Ortenburger starben aus. Abcr des Lebens ungemischte Freude vird keinem Sterb- lichen zu Theil. Die Ehe des Kaisers mit der Cillierin Barbara var keine gliickliche. Die selibne, gliinzende Frau nalim es mit der ehe- liclien Trene ni elit sehr genau. In iliren spiiteren Jahren h at sie, heisst es von ihr, Ilimmel und Holle geleugnet; ilire Magde tadelte sie, venn sie beteten und fasteten; angenehm zu leben und die Freuden des Dascins zu geniessen, sei des Menschen einziges Ziel, denn venn der Leib sterbe, erlbschc aucli die Seele fiir immer. Nur Triiumer konnten cin jenseitiges Leben ervarten ,0 ). Und niclit im Munde bloss fiilirte dios merkviirdige M eib diese Grundsatze: sie lebte aucli darnach und ihr Gemahl sah 10 146 Prof. Dr. j. Fnschauf. sicli gezvvungen, sie ihres argerlichen Lebensvvandels vvegen vom Hofe zu verbannen. Eine ahnliche Natur mag ihrBruder Friedrich ge\vesen sein. Unter den Dienstfraulein seiner Gemablin befand sicli die Tochter eines armeren kroatischen Edelmannes, Veronika von Teschenitz. Das blonde Kind muss von bestrickendem Reiz ge\vesen sein; denn Graf Friedrich fasste fiir sie eine Leiden- schaft, die ihr zum Verderben ausschlug. Sie hatte fast das gleiche Gescliiek zu erdulden, das die Geschichte noch von zvvei anderen Frauen, von Inez de Castro in Portugal und von Agnes Bernauer in Bayern zu erzahlen wciss. Seitdem Graf Friedrich der schonen Veronika seine Nei- gung zugevvendct, trat zwischen den Gatten ein Zerwiirfniss ein, bis cndlichnach aclitjahriger Dauer des Zwistes die beiderseitigen Ver \vandten eine Versohnungherbeifiihrten. Als ob sie das Geschick, das ihrer \vartete, geahnt, sagte die Grafin: Ich weiss \vohi, dass man mich Morgens todt bei meinem Herrn findet. Und in der That: amMorgen nach der Versohnungfand man die Grafin entseelt in ihrein Bette. Graf Friedrich heiratete mm heimlich seine Veronika und so schienen jene Geriichte die Wahrheit zu sagen, vvelclie beliaupteten, Graf Friedrich sei der Morder seines Weibes. Der stolze Altgraf konnte seinem Soline die Ehe mit einer Frau aus einer Familie, die seines Erachtens so tief unter ihm stand, nicht verzeilien. Der Solin vvusste dies aucli: er barg seine Gemablin vor den Augen des Vaters und begab sich an den Hof seines Schvvagers Sigismund nach Ofen. Hier forderte ihn ein Nefife der ermordeten Frau, Hans von Veglia-Modrusch zum Zwei- kampfe. Das Dueli fand zwar nicht statt, aber Friedrich \vard vom Kaiser Sigismund gefangen genommen und dem Vater aus- geliefert. Dieser liess ihn in Gevvahrsam auf die Burg Ober- Cilli legen. Zur Zeit, da Friedrich die nach den Ansichten seines Vaters unstandesmassige Heirat schloss, \var sein Bruder Her¬ mann eine zvveite Ehe eingegangen, die ganz den Beifall des Vaters hatte: er heiratete Beatriv, die Tochter des Herzogs Ernst von Bayern. Kaum fasste der Altgraf den Entšchluss, alle Rechte des Erstgebornen auf den gehorsamen zvveiten Sohn zu iibertragen, so stiirzte dieser un\veit Radmansdorf in Krain vom Pferde und starb in der Bliithe der Jahre. Nun ruhte dieZukunft des Hauses auf dem eingekerkerten Friedrich und dessen Sohn Ulrich, den er von der ungliicklichen Elisabetli liatte. Und zu gleicher Zeit starb Konig Stefan Tvartko von Bosnien und hinterliess testamentarisch sein Reich Her¬ mann von Cilli als Sohn einer bosnischen Prinzessin und seinen Nachkommen. f)ie Sarmtlialer Alpert. 147 Um so licftigei' flammte derZorn dos Altgrafen auf bei dem Gedanken an jene Veronika, welcher er alle Sclnild an dem Ungliicke beimass, das sein Ilaus getroffen. Alles setzte er in Be\vegung, sie in seine Gewalt zu bekommen. Das vvehrlose Weib irrte scbutzlos in den Waldern umher und fand endlich eineZuflucht in der Nalie von Pettau. Aber die Spalier des Gra- fen fandcn sie auch liier und schleppten sie nacb Ostervvitz. Lange lag sie liier „ungessen und ungetrunken“, \vie die Chro- nik sagt, bis man sie nacb Cilli brachte, vvo der unversohnliche Altgraf einen Gerichtshof zusammengesetzt hatte, der das arme Weib als IIexe verurtlieilen solite: mit Zauberlist solite sie scinen Solin bertickt, ihm mit Gift nacb dem Leben getraclitet liaben. Aber die Richter fandcn keine Scliuld an ihr und nun liess sie ihr Feind ncuerdings auf die Burg Ostervvitz bringen, \vo sie im Bade erstickt vurde. Zunitchst ward sie in Frasslau begraben; ihr Gemalil liess sie dann spater in der Karthauše Geirach beisetzen. Der Vater liess den Solin frei und nacb und nacb stcllto sich ein besseres Einvernehmen zvvischen beiden heraus. Der Altgraf erlebte noch die Verbindung seines Enkels Ulrich II. mit Katharina, der Tochter des Fiirsten Georg Branko\vitsch von Serbien. Immer mehr und mehr vvurden, wie man sieht, dib Cillier in die Kreise der Interessen des Ungarreiches gezo- gen und gewiss hatte das deutsche Haus der Cillier, deren Wiege im Sannthale stand, in den siidslavischen Landern noch eine bedeutende Rolle gespielt, ware niclit Ulrich bereits der letzte seines Stammes gevvesen. Der Altgraf starb 1435 zu Pressburg und \vurde in seiner Lieblings-Stiftung Ncustift zu Pletriach in Krain beigesetzt. Der letzten zwei Cillier vvarteten neue Auszeichnungen. Zu Ende November 1436 verkiindete Kaiser Sigismund in Prag, dasscrden GrafenFriedr ich von Cilli und seinenSohn Ulrich in den Reiclisfiirstenstand erhoben babe. Dadurch wurden die Cillier der Habsburgischen Landeshoheit entzogen und unab- luingige, reichsunmittelbare Ilerren. Sie konnten landesfiirst- liche Gevvalt in ihrem Gebiete iiben, vvaren in Gericht, Miinze u. a. selbststandig und schrieben sich fortan „von Gottes Gna- den“. Ihr bisheriger Landesfiirst, Herzog Friedrich von Steier- mark war damals auf einer Pilgerfahrt in das lieilige Land begriffen, der Augenblick der Erhebung war daher gut gevvahlt. Es kam desshalb einige Zeit nacliher zu Fcindseligkeiten zvvischen Friedrich II. von Cilli und I riedrich von Oester- reich, der einstvveilen zum Oberliaupt des romisch-deutschen Iteiches erhoben worden var. Auf diese Kriegszeiten mag sich bezichen, \vas die Sage, vvenn man in ihr eine historische Erinnerung selien vvill, erziihlt, dass namlich einzclne Mitglieder 148 Prof. Dr. J. Frischauf. der machtigen Grafenfamilie dcr Fchdcn Avegcn sich \veit zuriick in das Thal dcr Sann, da avo licutc das Dorf Sulzbach liegt, gezdgen und daselbst einigc Zeit verbracht hatten. Noch lieute liegt hocli im Gebirge cine grosse Bauernbesitzung, die seit Menschengedenken den Namen Knez, d. h. Fiirst fiibrt. Und die lieutigen Besitzer bcliaupten fest, dass vor ibnen Giieder der Cillier Grafenfamilie dasclbst gehaust hatten. Ein Haus in Sulz¬ bach, knapp an der vom Dorfe zur Kirche ftihrenden Stiege tragt seitlangem den Vulgar-Namen Vitez, d. h. Rittcr und ein zweites am Dorfplatze gelegenes Ilaus lieisst Vitežič, d. li. ebenfalls Rittcr. Hi er, sagt man, hatten Dienstmanncn der Cillier gehaust, Avelche ihren Aveiter zuriick Avohnenden Herren von der An- niiherung eines Feindes zu beriehten liatten. Auch den Bau der Kirche in Sulzbach den Cillicrn zuzuschreiben ist man geneigt, Avenigstens bestand bei derselben eine Stiftung der Cillier. Urkundlich Avird die Kirche von Sulzbach zum ersten Male im J. 1426 envahnt; und wenn ein nSachverstandiger“ im Sulz- bacher Gedenkbuche einen Theil der dortigen Kirche in die Mitte des 11. Jahrhunderts zuriickverlegt, so braucht dies nicht ernstlich Aviderlegt zu Averden 1 '). Altgraf Friedrich iiberliess die Repriisentation des Cillier Hauses ganz seinem Soline Ulrich; im .1. 1453 griindete er Stift Neukloster im Sannthale. Sein Solin Ulrich aber trat mit solehen Anspriichen auf, dass er eine Zeit lang die bedeutendste Persbnlielikeit in dcr osterreichischen Gcschichte gc\vesen ist. Er Avar ein eifriger Gegner des steierischen Landesfiirsten, auch nachdem dieser als Friedrich IV. Kaiser gcAvorden war. Die Sehicksale unseres Landes Avarcn seit der Mitte des fiinfzehnten Jahrhunderts et\vakeinebeneidcnš\vcrthen; man librte kaum etAvas anderes als Hader und Streit, Waffengeklirr und Jammer. Die niederosterreichišchen Stiinde belagerten den Kaiser Friedrich in Wiener-Neustadt und vcrlangten, dass er ihnen seinen Miindel, den jungen Ladislaus Postliumus, den Erben der Kronen von Oesterreich, Bohmen und Ungarn, herausgebe. Der Kaiser Avicli der Uebermacht: er iibergab den Prinzen seinem Oheim, dem Grafen Ulrich von Cilli, der mit ihm triumphirend in Wien einzog und nun die Erziehung des damals zAvolfjiihrigen Knaben ubernahm. Aber Ulrich leitete auch die Regicrung Oesterreichs und damit Avaren die ehrgeizigen, regierungslustigen oster- reichischen Standenicht zufrieden undes gelangihnen, allmahlich grosseren Einfluss auf den Prinzen zu geAvinncn. Als der Cillier einst vom nachtliehen ScliAviirmen lieitn- keliren Avollte in den Palast des Prinzen, fand er das Thor ver- schlossen und den Palast von TViener Burgern besetzt. Es Avard ihm bedeutet, dass man seiner Dicnste nicht mehr bediirfe. Ja die Machtigen aller drei Bander, Oesterreichs, Ungarns Die Sannthaler Alpen. 149 und Bohmens schlosson eine formliche Confoderation gegen den ubcrmutliigen Cillier. Er zog nun avoIiI ab , aber nicht lange dauerte es, so \var er vvieder allmachtig am Hofe des koniglichen Knaben. Statthalter von Ungarn war damals Johann 1 Junjadi, ein gewaltiger Kriegsheld, der Ungarn ruhmvoll gegen dieOsnianen vertheidigte. Als er 1456 starb, \vurde sein argster Feind, Ulricli von Ciiii zum Statthalter von Ungarn ernannt und dieser eilte sofort mit dem Prinzen Ladislaus nacli Belgrad, der vvichtigsten Festung in Sudungarn. Aber liier vollzog sich sein Geschick. Die Partei Hunvadi trachtete ihm nacli dem Leben und einer der Soline des \vackeren Johann Hun vadb Ladislaus ver- wickelte den Cillier in einen Streit: Hinterlist und Landesverratli vvarf er ihm vor. Ein Wort gab das aridere, die Schwerter ent- fuhren der Scheide und nun begann ein wiithender Kampf. Es vvard den Ungarn seli wer, i h res Feindes Herr zu w e rde n, ,, vvann er hette ain joppen“, die ihn schiitzte. Endlicli aber stiirzie er zum Tode verwundet und einer hieb ihm dann das Ilaupt ab ls ). Es ist kein anziehendes Bild, das der beriihmte Aeneas Sylvius, ein Zeitgenosse, von dem Erschlagenen entvvirft. Er vvar, sagt er, von hoher Gestalt, starken Knochen, bager, schlank, fa h 1, mit grossen blutunterlaufenen Augen, raulier Stimme, kiilin, scharfsinnig, unzuverlassig, rastlos thiitig, unersattlieh in der Wollust, ohne Treu und Glauben, cin Heuchler und Betriiger, habgierig und verschvvenderisch, raseli im Sprechen und Han- deln. In vielen Dingen also vviirdig seiner Tante, der Kaiserin Barbara. So \var eins der machtigsten Geschlechter, die je in Steier- mark gevvaltet, erlosehen. Was selten einem mittelalterliohen Geschlechle zu Theil gevvorden, ward ihm: es farni einen Mann, der noch im fiinfzehnten Jahrhunderte in schlichter, einfacher Spraehe die Geschicke der Cillier Grafen aufgezeichnet bat. Um die reiche Erbschaft des Cillier Grafengeschlechts bevvarben sich vierundzwanzig Erben : der Kaiser trug den Lovvenantheil davon. Wenn man auf der Ruine Ober-Cilli steht, so gewahrt man unter sieli ausgebreitet eine liebliche Landschaft, ein govverb- lleissiges Stadtchen und viele ruhige stille Dorfer und darin tausend lleissige Menschen, die da sorgen und schalfen fiir des Lebens Unterhalt. Obcn aber auf dem Berge, auf dem man steht, nur die Reste ehemaliger Herrlichkc.it Ein Trummerwerk, a n deni Vernichtang nagi. Gewalt’ge Pfeiler, Ricsenrippen gleicb, Erwarten einzeln ihren Todesstreicli; Und Mauern fragen, winklicht, schroff und dick, Um ihren vor’gen ŽWeck des Wandrers Blick. 150 Prof. Dr. J. Frischauf. Hier einer Treppe Saum, dort ein Gemach, Wo bald ein Herz, und bald ein Becher brach; Hier noch ein Hof, wo manch’ ein Schvverthieb klang, Jetzt wuchert Gras den Weideplatz entlang; Dort, wo der Zelter kampfbegierig stand, Ein Fruchtfeld jetzt, gepflanzt von karger Hand is). Inmitten dieser Triimmenvelt muss man sich erinnern, dass hier die Burg stand, die vor Zeiten der Mittelpunkt jener siebzig Herrschaften gewesen, iiber \velche einst der letzte Cillier gebot, und die in Steiermark, Karnten, Krain, Oesterreich und Ungarn zerstreut lagen. Sie alle haben, wenn sie niclit ganz vom Erd- boden versetnvunden sind, andere Ilerren erhalten, die Ruine Ober-Cilli wurde eines freien Bauern freies Eigen*). Das Ge- schlecht aber, das hier gebot, ist liingst niclit mehr. Versunken in den Ocean der Vergangenheit, aber niclit vergessen: dem Ge- schichtsforscher obliegt es, aus unscheinbaren Spuren das ver- gessene Leben neu darzustellen. A n m e r k u n g e n. 1. Karlmann Tangi, die Freien von Suneck. Mittheilungen des histor. Vereins fiir Steiermark 10, 11, 12, 13. 2. Heinrich Riickert, Bruder Philipps des Karthausers Marienleben. 3. Eine Uebersetzung der drei Lieder diescs Dichters auch bei Tangi in den Mittheilungen. 10. Vgl. Weinhold, Deber den Antheil Steiermarks an der deutschen Dichtkunst des dreizehnten Jahrhunderts. Im Almanach der k. Akademie der Wissenschaften 1860. 4. Ulrich von Liechtenstein^ Frauendienst (ed. Lachmann) S. 530. 5. Vita sancti Maximiliani archiepiscopi Laureacensis et mar- tyris bei Pez, Scriptores I. p. 23. 6. Die Chronik des Gregor H agen; docli findet sich die citirte Stelle in jenem Theile, den Pez beim Abdrucke wegge- lassen hat. Sie ist aus der Innsbrucker Handschrift genommen. 7. Die Chronica der edlen Grafen von Cilli ist gedruckt bei Hahn, Oollectio monunientorum H. Brunsvigae 1726. und Caesar im III. Bde. der Annales Ducatus styriae. 8. Krones, Graf Hermann II. von Cilli, Mittheilungen des historiscken Vereines f. Steierm. 22. Heft. 9. Dariiber Aschbachs vierbandiges Werk, Gesch. K. Sigismunds. 10. Wir haben eine Biographie dieser Cillierin von Aeneas S y 1 v i u s Piccolomini, den spateren Papst PiusII. In seiner Geschichte Bohmens sagt dieser Schriftsteller iiber die Kaiserin Barbara (cap 54): Neque christianae neque alteri *) Jet?t Eigenthum der Landschaft, Die Sannthaler Alpen. 151 euipiam religioni astricfa: quippe quae superos inferosque ullos esse negabat. Ferunt eam ancillas suas saepe orantes jejunantesque increpasse: quae corpus suum frustra macera- rent: fictumque coeli numen placare verbis crederent. Viven- dum suaviter, dum vita suppetit fruendumquc voluptatibus. Id tantum homini datum, cujus anima cum corpore simul extinguitur; somniare, qui alteram vitam šibi promittunt. 11. J. G. Seidl, die untersteirische Schvveiz in der steier- markisch. Zeitsch. N. F. 3. Jahrg.,dazu einige Mittlieilungen des Herrn Pfarrers Janc in Sulzbach. 12. Die gleichzeitigen Berichte liber diesen Vorfall sind zu- sammengestellt bei Krones „die zeitgenossischen Quellen zur Gesch. d. Grafen v. Cilli“ im 8. Hefte der Beitrage zur K. st. G. 13. Aus J. G. Seidls Gediclit: Vaterflucli in seinen Bifolien, dritte Lese. Wien, 1836. Denkvviirdigkeiten von Sulzbach. (Johann Janc.) Ursprung der Pfarrkirclie*). Wann die Pfarre und ihre Kirche zu Sulzbach entstanden, lasst sich genau nicht bestimmen, da hieriiber Drkunden sehr boben Alters nicbt vorhanden sind; solche sollen der Tradition nach einst ein Raub der Flammen, oder \vahrscheinlicher nocb ein Opfer vormaliger Nachlassigkeit bezuglicb der Documente ge- \vorden sein. Ueber allen Zvveifel erliaben ist es, dass der Ursprung der Kirche und der Pfarre einer sehr friihen Zeit angehort, und den benachbarten Kirchen an Alter nicht nach, sondern eber voran geht Dem zunacbst diirfte die allgemeine Sage viel Wabrschein- licbkeit fiir sich baben, dass die Grafen von Cilli zur anfang- lichen Erbauung dicser Kirche zumeist beigetragen hatten. Traditionell hatten sich namlich einzelne Glieder jener mach- tigen Grafenfamilie in Folge ehemaliger Befehdungen hier herauf gefluchtet, oder der Jagd auf hohes Wild zulieb sich herauf be- geben, und seien zeitweise da geblieben. Fiir diesen Aufenthalt spreclien folgende Daten. Iioeh im Gebirge, oberhalb schroffer Felsen, liegt eine grosse Bauern- Realitiit, von jeher fiihrend den vulgaren Namen n Knez“, vvelcher Ausdruck mit Fiirst oder Graf gleichbedeutend ist. „Und hier — so riihmen sich noch die lieutigen Besitzer — wohnten vor uns die sich meistens flilchtenden Familienglieder der Grafen von *) Fiir diesen und die beiden folgenden Aufsatze sind die historischen Daten aus dem zu Sulzbach yorJjegendep „Diber memorabiHuni in parochia Subbach u entnommen. 152 Pruf. Dr. J. Frischauf. Cilli' 1 . — Das Dorf unter dor Kirche mag auch ihrem Davveilen sein Entstehen verdanken; denn ein Ilaus knapp ari der vojn Dorfe liinauf zur Kirche fiihrenden langen Stiege triigt aus undenk- licheri Zeiten grundbiicherlich fortvvahrend den Vulgar-Namen: uVitez“, d. i. Ritter, und ein zvveites, obigem et\vas schrag gegen- iiber am Dorfplatze gelegenes den Vulgar-Namen: „Vitežie“ d. i. ein minderer Ritter. In miissigen Stunden erzahlt man sicli gern, als hsitten in diesen z\vei Hausern von den Cillier Grafen geadelte Domestiken gevvohnt, um als Vorposten und Wachter eineu allfalligen feindlichen Andrang den in der boben Alpe \vohnenden Gebietern nocli zeitgerecbt bericbten zu kbnnen. Die Kirche ist zum grossen Tbeile im gotbiscben Style ge- baut, ibr bobes Al ter wird durcb folgendes Factum bestatigt. Vor einiger Zeit musste man bei der Reparatur einer Thiir von einem gotbischen Bogen etwas abschlagen, mit grosser Miibe nur schlug man einige Stričke Gesteines ab, \velebe hartest ge- brannten Ziegeln gleieb saben. Nach Beurtbeilung des Maurer- meisters sind alle gotbischen Bogen und Gesimse von solchem Gesteine. Nacb Vorgabe des Maurermeisters, wie anderer Sach- verstandiger soli aber ein derartiges Gestein — fast ziegelbraun - weder in dieser, nocli in vveit umliegenden Gegenden vor- kommen. Solches musste folgericbtig aus einer fernen Gegend, vielleicht bei oder unterbalb Cilli, bebufs dieses gotbiscben Baues herauf gebracht werden. Hiezu reichten aber, besonders beim damaligen Mangel jeden Fahrvveges hieherein, die alleinigen Krafte biesiger Insassen gewiss nicbt bin. Daber scbreibt man die Herbeiscbaffung besagten Baumaterials den Miichtigen von Cilli zu. Ausserdem bestand bei dieser Kirche eine Stiftung der Grafen vonCilli, die spiiter auf das GutNeu-Cilli uberging; \velcber Um- stand die Muthmassung auf besondere Unterstiitzung der Kirche von Seite jener Grafen recbtfertiget. Leider ist diese Stiftung in Folge mannigfacber [Jnnviilzungen ganzlicb in Verlust gerathen. Aus dem Gesagten geht mit Bestimmtheit hervor, dass diese Gebirgsgegend schon vor undenklichen Zeiten ihre Bewohner batte, und insbesondere deutet Alles auf ein graues Alter der Kirche. Ein sehr bobes Alter der Kirche sowohl, wie der Pfarre selbst be\veiset ferner und ganz klar eine, von dem einstigen Pfarrer zu Prassberg und gegen \vartigen Dorncapitular zu Mar- burg Herrn Ignaz Orožen im Archive des Scblosses Oberburg aufgefundene, und giitigst bieher iibergebene, in vielen Be- ziebungen nie genug zu scbatzende Absebrift der Consecrations- Urkunde mehrerer Altiire und der Kirche daselbst, geschrieben zu Oberburg am Feste St. Jacobi Ap. im J. 1485. Diese Urkunde beginnt: „Nos Sigismundus • • • ■ Laba- censis episcopus • • • • anno Millesimo (juadringentesimo octua- Die Sannthaler Alpen. 153 gesimo quinto • • • die penultima mensis Junii duo altaria de novo constructa ct sitain ecclesia parochiali in Sulzbaeh nostrae Labacensis Dioecesis .... deinde sequente Dominica Eccle- siam parochialem • • in Sulzbaeh de novo ampliatam et constructam • • consecravismus“. Der Consecrant Sigismund de Lamberg war laut Catalogus cleri diocesis Labecensis der erste Bischof der Laibaclier Diocese, die sicli erst von Krain aus liber einen grossen Theil der Steier- mark und Karntens bis an die Drau ersti’eckte, — und stand dieser Diocese vom J. 1463—1488, somit 25 Jahre als Ober- liirt vor. Wenn nun nach der ervvahnten Consecrations-Urkunde im J. 1485 Altiire und die Kirchc und zwar nielit als eine neu er- baute, sondern als eine „ampliata“ und „ constructa 11 geweiht \vurden: so setzt dieses natiirlicher Weise eine schon langst da bestandene kleinere, der anwachsenden Population nielit mehr geniigende, und schon alte Kirche voraus. Denn das „Ampliare“ (Ervveitern), sovvie das „ Construere 11 (Zusammenfiigen) bedingen etvvas schon ehedem Bestandenes. In der mehr benannten Cons.-Urkunde, welche schon nahe an 400 Jahre alt ist, wird die Kirche oft, aber innner als „Ecclesia parochialis 0 bezeichnet; \vas ein sehr seltenes Alter nielit nur der Kirche, sondern aucli der Pfarre in Sulzbaeh begriindet. Zur obigen Behauptung sei hicr aucli das Gutachten eines Sachverstandigen, des Architekten II. Kippert aus Wien, an- gefiihrt. Dieser schreibt in dem „Gedenkbuch fur Sulzbacher Be- sucher" pag. 134, als To uriš t im J. 1852, den Bau der Kirche in ibren Theilen verschiedeneni Zeitalter zu, — was aucli liierin minder Verstandigen boi der Betrachtung des Baues einleuchtet; — - den einen Theil der Kirche fiihrt er sogar in die Mitte des 11. Jahrhundertes zuriick. Ca p el le St. Annaam Friedli o f e. Auch die St. Anna-Capelle am hiesigen Friedhofe ist schon sehr alt. Sie wurde den 1. August 1610 laut der, mit deutschen Fractur-Lettern gedruckten Consecrations-Urkunde ddt. 10. Au¬ gust 1610 von dem Laibaclier Bischofe Thomas Chronus, ivelcher in der Rcihenfolge der Laibaclier Bischofe als neunter Bischof, 32 Jahre — vom J. 1598 — 1630 — seine Diocese regierte, sammt ihreni Altare consecrirt. Schon vor dieser, ohen als consecrirt ervvahnten, bestand cine holzerne St. Anna-Kapelle. Diese brannte ah, und an ihrer Stclle wurde eine neue aufgemauert; denn in dem, von der Pfarrvor- stehung an den Bischof Thomas Chronus geriehteten Bittgesuche um Vornahme der Capellc-Consecrirung hiess es unter Anderem; 154 Prof. Dr. J. Frischauf. • • • ■ „nachdem die alte von Holz gebaute Capelle durch Nach- lassigkeitdes Messners abgebrannt ist, und wlr eine neue auf ihrer Stelle aufgemaiiert haben: so bitten wir u. s. f. • • • • “ Bei der im Jahre 1848 vorgenommenen Ausbesserung dieser Capelle sank ihrFussbodcn ein, nnd man fand unter demselben eine Gruft — bisher Jedermann unbekannt — und in dieser einen grossen Leichnam; es mag vielleiclit der Leichnam des Erbauers, oder doch eines vorziiglichen Wohlthaters dieser Capelle gewesen sein. Filialkirche heil. Geist. Der Ban dieser Kirche ist sebr einfacb, nur das Presbyterium ist gewolbt, sonst aber ist die ganze Dečke aus bemalten holzernen Tafeln. Sie hat drei Altare, und eine ziemlich gute Orgel. Mit Ausnahme des im J. 1849 beigeschafften Tabernakels, einiger reclit schoner neuer Paramente und sonstiger Utensilien ist hier Alles sehr alt. So abseitig und liocli im Gebirge (bei 1243 m ) die Kirche auch gelegen ist, herrsckt doch allgemein die Mutlnnassung, sie sei nicht allein benedicirt, sondern von einem Bischof consecrirt worden. Die Moglichkeit dieser stattgehabten Consecration \vare unschwer denkbar fiir jene Zeiten. in welcher die Bischofe von Laibach, oder noch vor dieser, gar von Acjuilea aus, ihre kano- nischen Reisen durch Oberburg, Laufen, Leutsch, Sulzbach nach Karaten, als einem am rechten Ufcr der Drau gelegenen Tlieil ihrer Diocese, iiber die St. Leonhards-Alpe, auf deren siidlichem Abhange eben die Filialkirche heil. Geist liegt, zu Fuss machen mussten. Die Vornahme vermeinter Consecration ware solchge- legenheitlich nicht zu anstrengend, sondern als eine Rastzeit dem Bischofe und seinem Gefolge gevvesen. Knapp am Fusssteige auf der Alpe zwischen der hi. Geist- und St. Leonhards-Kirche (einer Filiale von Eisen-Kappel) in Karaten sclion ist eine starke Quelle mit krjstallklarem, eiskalten Wasser, unter dem Namen ,,žegnan Studenc (geweihter Brunnen)“ viel bekannt*). Es geht die Sage, in einstiger Zeit hatte ein Bi¬ schof beim Uebergange von Sulzbach nach Karaten mit seinem Gefolge an dieser Quelle gerastet, sich da gelabet, und dann dieselbe zum steten Andenken geweihet; daher noch jetzt ihre Benennung. Die Kirche hi. Geist hat drei Glocken eines reinen, hellen Klanges. Die kleinste unter ihnen ist ihres Alters halber merk- wiirdig. Ihre Aufschrift, von einer Art gothiseher Buchstaben, ist theils wegen ihrer Abniitzung durch den Zahn der Zeit, theils *) Bei dem Messner zu St. Leonhard ist auch eine machtige Quelle mit nicht minder vortrefflichem tVasser; — auch Wein wird da zeitvveise, beson- ders im Sommer aus|eschiinkt. Die Sannthaler Alpen. 155 wegen ilirer eigenthlimlichen Form, Jedermann unlesbar. Audi keine Jahreszahl findet man an ihr. Der hoclnv. Herr Dom- capitular Ignaz Orožen, welcher als Forscher der Alterthiimer riihmlichst bekannt ist, und im Lesen ahnlicher Schriften grosse Fertigkeit besitzt, konnte dennoch den Sinn dieser Aufschrift nicht genau eruiren. Nach seinem Dafiirbalten sei diese Glocke die alteste im Oberburger Decanate, wenn niclit noch weiter umher. Das Fremdenbuch. Zum Beweise, dass derZngang zu Fuss in die Tbalschlucbt Sulzbachs, 1 sei es von Laufen durch die „Nadel“ herauf, sei es von Karnten liber Eisen-Kappel oder liber das Bad Vellacli, zivarhart, jedocli bei giinstigem Wetter nicht mit grossten Beschiverden oder gar, \vie es Einige wollen, mit sichtbaren Gefahren verbunden sei, und dass die Anlegung eines etvvas ertraglichen Fahrweges herein mit einem geringeren Kostenaufwande geschehen konnte, wie jener, velchen die im August 1875 unter Leitung des Jfitgliedes des steier. Landesausschusses Herrn Grafen v. Kottulinski da gewesene Besiclitigungs-Commission mitweit liber 100.000 ti. ver- anschlagt haben soli, und welcher jed\vede bisher sehnlichst gehegteErwartung einerStrassenanlegung von Leutsch ins Logar- thal vielleiclit fiir im mer aufhebt, mogen die Bemerkungen dienen: dass sclion von jeher — laut „Gedenkbuehes fiir Sulz¬ bachs Besucher“ vom Gym.-Pi''afecten Hartnid Dorfmann und Heinrich Knaffel im Pfarrhofe allda niedergelegt, und laut„Liber memorabilium parochiae Sulzbach“ — mit dem J. 1850 be- gonnen — Touristen jeden Standes, nicht nur Herren, sondern auch Damen, von Nah und Ferne, ja aus England und Schott- land, den Weg nach Sulzbach machten. In den zvvanziger Jahren zog selbst Se. kais. Hoheit Erzherzog Johann von Leutsch her¬ auf durch die „Nadel“ liber das Dorf Sulzbach mit seinem Ge- folge nach dem Logarthale, und bestieg von dort aus die schvvin- delnde Spitze der Ojstrica. Seit dem Jahre 1848 haben sclion fiinfrnal bischofliche kanonische Visitationen immer mit geziemender Bcgleitung liier statt gehabt. Gcgen Ende des Jabres 1851 ist sogar eine starke militarische Besetzung Sulzbachs von Karnten aus, und in den ersten Monaten des Jahres 1852 eine Militarassistenz von Cilli aus behufs der vorgenommenen civilgerichtlichen Untersuchung in Folge obiger Besetzung moglich gevvesen. Der Belageru ngsz ustand im .1. 1851. Die im Vorigen erwahnte militarische Besetzung von Sulz¬ bach erregte allgemeines Aufsehen und \var Veranlassung, dass in den damaligen Zeitungsblattern undmanchen Ileisebiichern viel 156 Prof. Pr. J. Frischauf. Uebertriebenes, Falsches, ja Fabelhaftes, Lacherliches geschrieben \vurcle, tvorin Sulzbach als eine Schlucbt voli Diebe, Strolche, Rauber und Mordbrenner dargestellt war,und an den schaudernden Leser die „menschenfreundliche“ Warnung gericlitet wurde, kein Reisender wage diese gefahrliche Gegend zu betreten ohne von Fuss bis zum Kopf be\vaffnet zu sein. Es diirfte daher hier eine kurze, aber vcahrheitsgemasse Skizze liber obiges trauriges Ereigniss von einem Augenzeugen des Geschehencn dargelegt, den Freunden der Wahrheit ničlit unvvillkommen sein*). In den Gebirgen Sulzbachs, ivie auch in den nachbarlichen von Eisenkappel, Schtvarzenbach, Leutscb und anderen hielten sich, \vie bekannf, bis zur Erriclitung der Gendarmerie in den entlegenen Bauerngehoften, vorherrschend aber in den Holz- schlagen passlose mannliche Individuen auf, darunter Militar- Huchtige. Solche iiberall aufzufangen, war die erste und ernste Pflicht der neu ereirten Gendarmerie. Dieseni Gebote nachzu- kommen, erschienen nun um die Mitte December 1851 drei Gen- darmen von Karnten iiber die Alpe bei St.Jacob nacli Steiermark, nabmen beim ersten Bauer unter dieser Alpe in Sulzbach aus der Mitte der eben zum Mittagsmahle versammelten Domestiken einen passlosen Knecht gefangen, fiihrten ihn liinab an das Dorf Sulz¬ bach in das Gasthaus zum „Smetnik“, wo sie sich etwas zu lange labtcn. Es war bereits ziemlich spat geworden, als sie zuriick nach der hochgelegenen Gemeindc hi. Geist gingen, \vo sie bei dem Bauer Rogar unter dem Uebergange nach Ivappel zvvei alte pass¬ lose Manner atifgriffen, und daselbst unvorsiehtiger \Veise mit ihren drei Arretirten iibernachteten. Diese Gefangennehmung ivard in den umliegenden Bauerngehoften und Ilolzschlagen schnell bekannt. Passlose Bursche, 25 an der Zahl, darunter 6 eingeborne Sulzbacher, die iibrigen Alle aus fremden Gegenden — meist aus Krain und Karnten — rotteten sich in dieser Nacht zusammen, stellten sich auf einer Hochebene am Uebergangs- punkte nach Kappel (schon am karntnerischen Boden) in einen Haufen und erwarteten da die um 4 Uhr Nachts anriickenden drei Gendarmen mit ihren drei Gefangenen, um ihnen diese mit Gewalt abzunehmen, Doch dieses ging nicht so leicht und geniuschlos vor sich. Es entstand ein furchtbarer Kampf! Die Gen¬ darmen schossen mit ihren Geivehren und hieben mit ihren *) Als gvossartigste Leistung einer kiilinen Fantasie vereint mit einem kindlich glaubigeri Gemiithe moge der Artikel in der G a rt e n la u b e, Jahr- gang 1865: „Deutschlands grosste Rauberburg. Von Dr. Friedrich Hoffmann“ erivahnt werden. Schade, dass der Herr Autor sein Talent nicht fruher zur Geltung bringen konnte; Freiherr von Miinchhausen hatte die Abfassung seiner Aberiteuer gevriss unterlassen und Herrn Dr. Hoffmann iibertragen. Mindestens hatte der Herr Autor dann an seine Geschichten geglaubt. J. F. Die Sannthater Alpen. 157 Sabeln, die Burschen desgleichen mit ihren verschiedenen Werk- zeugen. Wahrend des wiithenden Kampfes bei stockiinsterer Nncht zogen sich die drei Gefangenen unbehindertnach Sulzbacli zuriick. Nacb geendigtem Gemetzel verliessen die Burschen, von denen nur ein Einziger auf einer Hand mit dem Siibel vervundet wurde, den Kampfplatz, sich allerwarts zerstreuend; die Gen- darmen aber erbarmlich beschadiget blieben daselbst liegen, bis sie von Kappel aus, voh in die Kunde des unseligen Strcites bald gelangte, abgeholt vurdcn und dort in arztlicher Behandlung so lange verblieben, bis sie geheilet und fahig waren, ihren vorigen Dienst \vieder anzutreten. In venigen Tagen nach diesem vcrwiinschten Attentate riickten mehrere Compagnien Militar (WimpfFen — Broder- Grenzer) so vi e Gendarmen aus Karaten und Krain bei tiefem Schnee und grimmiger Kalte liber das Gebirge nach Sulzbach heroin, um es mit allem Ernst militariscli zu besetzen, die an dem Attentate Betheiligten ausfindig zu machcn und der verdienten Strafe zuzufiihren. — Demnaeh wurde am 20. December 1851 Sulzbach mit allenseinen Auslaufern in Belagerungszustand versetzt. — Ein an Jahren alter Gendarm, der kurz vorher zum Lieutenant avancirte, verfasste und proclamirte mit ali’ den ge- vohnlichen Belagerungsformalitiiten die Belagerung, und vahrend derselben stand nicht nur die Gendarmerie, sondern auch das ganze Militar unter seinem Gebote. Die Belagerungsproclamation in ihren Punkten vertirte der hiesige Pfarrer am Dorfplatze im Kreise der Gendarmerie und des Militiirs dem umstehenden Volke in die slovenische Sprachc. Die Belagerung dauerte 10 l age; am 31. December niimlich wurde sie in Eolge einesBe- fehles des Generalcommandos in Graz aufgehoben, und Militar sammt Gendarmerie zog am selben Tage liber die Alpen nach Karaten zuriick. Ungeachtet der mit eiserner Strenge crgriffenen Massregeln in der Belagerungszeit konnte docli kein einziges an dem Atten¬ tate betheiligtes Individuum ausfindig gemacht werden. Erst Ende Juni 1852 stellte sich der an der Hand am Ilaufplatze verwundete Bursche, aus Leutsch gebiirtig, vermuthlich auf moralischen VV ege n bewogen, dem Untersuchungsgerichte zu Kappel vor, und gab alle scine Mitschuldigen demselben an. Die Sehuldigen, vel eh e Deserteure varen, vurden von dem Militar-, die sonstigen von dem Civil-Gerielite gehorig beslraft. Die Civilisten kamen auf mehrere Jalire in die Kerker versehiedener Or te, wo die meisten, der reinen Gebirgsluft ehevor gevohnt, nun entbehrend, bald verstarben. Dass die Belagerung den hiesigen Insassen viel Leid und Weh neben den grossen Unkosten, und dem Militarpersonale 158 Prof. Dr. J. Frischauf*. selbst. besonders bei iiusserster Winterkalte und in Erman gelu n g gehoriger Bequartierung in dieser Gegend, \vo es nur weit aus- einander liegende Bauernhauser mit dem kleinen Dorfe Sulzbach gibt, sehr viel Ungemacb und Strapazen verursachte, ist leiclit verstandlich. Kecht und billig \var es, dass man jene dem Gesetze ungc- horsamen Burschen durcli die so streng angevvandten Massregeln zur verdienten Strafe gezogen hatte, und dadurcli allem kiinf- tigen Ungehorsam und jeder Renitenz gegen den Militarstand Riegel gelegt wurde: docli man wird es nichtdenen iibel nelimen, die da meinen, jene Massregeln varen tlieihveise zu empfindlicli angewandt gewesen, und die vviinschen, nie Avieder das Elend einer Belagcrung zu erleben! Denn, Avenn man neben Anderem sehen musste, wie von Nah und Ferne mannliclie Individuen, darunter die harmlosesten Greise, welche von dem Tumultplatze mehrere Stunden entlegen lebten, und von dem verruchten Attentate nichts •vvissen konnten, diclit in ein Arrestzimmer, wie die Hiiringe ge- pockelt, eingesperrt vvurden, Avelchen man nur versteckter Weise Brod oder sonst Essbares unter Selbstgefahr durcbs Fenster ver- abreicben konnte, und wie diese meist unbesclioltenen Manner mit riicklings gebundenen Handen in grosser Anzahl einer nach dem andern zusammengekettet bei scbneidender Ralte auf dem eng betretenen Schneepfadc iiber die liohen Gebirge nacb dem weiten Kappel dem Untersucbungsgerichte zur Agnoscirung vor die dort befindlichen Gendarmen — in der Unmoglichkeit sich das eiskalte und besudelte Gesicht reinigen zu konnen — gleicli den Elenden in Sibirien getrieben Avurden, so hiitte nur der Herz- loseste, und alles menscblicbe Mitgefubl Verlaugnende obne Tbrane dem Vorgange zugescbaut! Zur Berubigung e t w a i g e r Passanten durcli Sulzbach. So tadelnsAvertli und strafvviirdig vorbenannte Attentiiter aucb varen, kann und muss docb bemerkt verden, dass sie keine Diebe, keine Strolcbe, keinegefabrlicben Menscben gevvesen sind ; — ausser dem groben Fehler des Ungeborsams gegen die Militar- pflicbten konnte man sie \vabrbaft keines Vergebens, keinerUeber- tretung, gescbvveige eines Verbrechens bescbuldigen*). Aucb uberhaupt wird die Sicherbeit der Person oder des Vermogens selten avo so Avenig gefabrdet, als in dem, sonst manchem Reisenden Avild und unheimlich ersebeinenden Sulzbach. Daher, Touristen! nur Avoblgemutb und friseb auf! be- tretet nur unbesorgt um euere Person und Borse die Avildroman- tischen Tbalgrunde und die grauen Gebirge der steierischen ScbAveiz — Sulzbachs! Rinka, Ojstrica, Raduha und Ov- *) Seit der Einfiilirung der allgemeinen Wehrpflicht mit nur dreijahriger Dienstzeit ist hier jede Abneigung gegen die Militarpflichten gescliAvunden. J. F. Die Sannthaler Alpen. 159 čeva schauen stets ernstfreundlich auf Eucli lierab, u n d warnen fcstund scharf, wie sie sind,die unter ihnen Ilausenden vor jedem Frevel in Wort und That »egen Eucli! O O Flora der Sannthaler Alpen. (Josef C. Ritter von Pittoni.) Abkiirzungen: G. = Grintovc, Lo. =Lngartbal, Oj. =■ Ojstrica, O v. = Ovčeva, Ra. = Raduba, Ri. = Rinkatbor, S. = Sann- tbaler Alpen, Sk. = Skuta*). Acliillea atrata. L. — G. Ra. Ri. „ Clavennae. L. — S. „ clusiana. Tau. — S. n moschata. — Oj. Aconitum Napellus. L. — S. „ Vulparia. Rchb. — Lo. Adenostvles albifrons. Rchb. — G. Lo. „ alpina. BI. F. — G. Ov. Ra. Ri. Agrostis alpina. Scop. — S. „ montana. — G. Aira caespitosa. L. — Ov. Alchemilla alpina. — G. Album carinatum. L. — Lo. „ ochroleucum. WK. — Nadel. Alnus viridis. DC. — Ov. Alsine austriaca. M. K. — Oj. Ra. „ Gerardi. Wklbg. — Oj. Ri. A l_ys.su m Wulfenianum. — G. Androsace cliamaejasme. — G. „ laetea. L. — Ov. Ra. n villosa. — G. Oj. Anemone alpina. — G. „ baldensis. — G. „ . narcissiflora. L. — G. Oj. Aneura palmata. — G. Anthemis alpina. L. — S. Anthcricum ramosum. L. —- Jezeriatbal. Aposeris foelida. Less. — S. Aquilegia alpina. — G. Arabis alpina. L. — S. „ ciliata. R. B. — Ov. Ra. „ hirsuta. Scop. — Lo. „ pumila. Jacq. — Oj. *) Die Fundorte sind von den iibrigen (die Namen der Autoren betref- fenden) Abkiirzungen durch das Zeichen n — “ getrennt. 160 Prof. Pr. j. Frischauf. Arabis vochinensis. Spr. — Oj. Ra. Ri. Arctostaplijlos offic.inalis. W. ■— G. Ov. Arenaria multicaulis. L. — G. Ra. Aronicum glaciale. Rclib. — Ri. „ seorpioides. — G. Aspidium aculeatum. Doli. — Lo. „ Lonchitis. Sw. — G. Ra. „ montanum. — G. ' „ rigidum. — G. Asplenium viride. Hud. — Lo. Astragalus glycyphyllos. L. — Ri. Astrantia carniolica. Wulf. — G. Lo. Ov. Ra. „ major /3 involucrata. Koch. — Lo. Athamanta cretensis. L. — S. Atragene alpina. L. — Obcres Sannthal. Avena argentea. Willd. — Ri. n alpestris. Host. -— S. n sempervirens. Vili. — Ov. Barbula aciphilla. — G. „ fallax. — G. „ tortuosa. — G. „ unguiculata. — G. Bartramia Oedcri. — G. Bartsia alpina. L. — G. Oj. Ra. Ri. Betonica alopecurus. L. — Ov. Ra. Ri. Biatora rupestris. — G. Biscutella laevigata /9 lucida. Neil. — Oj. Ra. Ri. Blechnum Spicant. Roth. — Lo. Botrychium Lunaria. L. — G. Ov. Ra. Bryum caespiticium. — G. „ inclinatum. — G. „ pallens. — G. „ pallescens. — G. „ pseudotriquetrum. — G. Buphthalmum salicifolium. L. — Ri. Bupleurum graminifolium. Vahl. — G. Lo. Oj Calamintha alpina. Lam. — Ov. „ grandiflora. Meh. — S. Callopisma ochraceum. — G. Campanula caespitosa. Scop. —G. Oj. Ri. „ pulla. — G. „ pusilla. Hk. — G. Ri. „ Scheuchzeri. Vili. — Ri. „ thyrsoidea. L. — Nadel. Die Sannthaler Alpen. 1G1 Campanula Zoysii. Wulf. — G. Lo. Ri. Carclarnine resedifolia. — Sk. Carduus defloratus. L. —• Or. Carex atrata. L. — Oj. O v. „ ferruginea. Scop. — G. Oj. „ firma. Ilost. — G. Ra. „ flava. L. „ gynobasis. Vili. — Oj. „ lepidocarpa. Tau. — Lo. „ Mielichhoferi. Scb. ■— G. „ mucronata. Ali. — S. „ nigra, Ali. — Ri. Oj. „ ornithopoda. Willd. —• Ra. „ ornithopodioides. Hausm. — Oj. „ tenuis. Host. — Lo. Catopyrenium cinereum. — G. Centaurea frigida. — G. „ montana. L. — Or. Cepbalanthera rubra. Rich. — Cliuda peč. Cerastinm alpinum. — G. „ arvense /9 glabrescens. Neil. — Oj. Ra. „ carinthiacum. Vest. — Ri. „ latifolinm. L. — S. „ ovatum. Iloppe. — Ri. Ceratodon purpureus. — G. Cerintlie alpina. ■— S. „ minor. L. — Lo. Cetraria islandica. — G. „ juniperina. —- G. Cherleria sedoides. L. — Oj. Ra. Chrysanthemuin atratum. L. — Oj. n montanum. — G. Cineraria alpestris. Iloppe. — S. „ rivularis, WK. — S. Circaea alpina. L. — Lo. „ lutetiana. L. — Lo. Cirsium carniolicum. Scop. — Lo. „ eriopborum. Scop. — Ra. „ Erisithales. Scop. — Lo. „ spinosissimum. Scop. — Oj. Cladonia alpestris. — G. „ gracilis. —■ G. „ pyxidata. — G. „ racemosa. — G. Cochlearia saxatilis. Lam. — G. Lo. Oj. Ri. Coeloglossum viride. Hartm. — Or. Ra. 11 162 Prof. Pr. J. Frisobauf. Collema cristatum. — G. Convallaria verticillata. L. — Jezerlathal. Corallorrhiza innata. RB. — Ra. Crepis aurea. Tau. — Oj. Ra. ,, Jacquini. Tau. — Ri. „ paludosa. Meh. — Lo. Cjstopteris montana. — G. Daphne striata. Tratt. — G. Ri. Desmatodon latifolius. — G. Dianthus barbatus. form. alpestris. — Lo. „ monspessulanus. L. p. alpicola. Koch. — Lo. „ svlvestris. Wulf. — Sulzbach. Dichodontium pellucidum. — G. Dicranum scoparium longifolium. — G. Didymon rupellus. — G. Digitalis grandiflora. Lmk. — Nadel. Distichium capillaceum. — G. „ inclinatum. — G. Dondia Epipactis. Spr. —- Sulzbachthal. Di’aba aizoides. L. — G. Ri. „ stellata. Jaccp •—• Oj. Drjas oetopetala. L. — G. Epilobium alpestrc. — G. „ alsinefolium. Vili. — Ri. „ parvifloruni. Schreb. — Sulzbach. „ trigonum. Sch. — Ov. Epipactis latifolia. Ali. — Lo. „ rubiginosa. Gaud. — O v. Eriča carnea. L. — Ra. Erigeron alpinus. — G. „ glabratus. Iioppe. — Ov. „ uniflorus. — G. Eriophorum Scheuchzeri. Hoppe. — Oj. Eritrichium nanum. Schrad.— G. Ri. Oj. Erysimum Cheirauthus. Pers. — G. Lo. Euphrasia minima. — G- „ salisburgensis. Fk. — Ov. Eestuca gigantea. Vili. — Lo. ,, ovina. var. — Ra. Fissidens rupestris. — G. CJalium helvetieum. \Veig. — Oj. Gentiana acanlis. L. — G. Ov. Wo Sannthalor Alpeil. 163 Gentiana aestiva. R. et S. — Ri. „ bavarlca. L. — Oj. „ ciliata. — Lo. „ cruciata. L. — Lo. „ excisa. Preši. — S. „ Frolichii. — G. Ri. „ imbricata. Frl. — G. Ri. „ nana. — G. „ nivalis. L. — Ov. „ obtusifolia. Willd. -— Ov. „ pumila. Jacq. — G. Ov. Ri. „ purpurea. — G. „ verna. L. — Lo. Geranium macrorrbizon. L. — S. Geum rivale. L. — Ra. Globularia cordifola. L. — Sulzbach. „ nudicaulis. — Lo. Oj. Gnaphalium Iloppeanum. Koch. — Ri. Grimmia macrocarpa var. gracilis. — G. „ gigantea. —■ G. Gjmnadenia Conopsea. R. B. — Lo. Ov. „ odoratissima. Rich. — Ri. Gjmnostomum curvirostrum. — G. „ rupestre. — G. „ viridula. — G. Hedysarum obscurum. L. — Ra. Helianthemum alpestre. — Ra. „ oelandicum. Rclib. — Ra. „ vulgare 3 grandiflorum. Koch. Ileracleum austriacum. L. — G. Ov. Herminium Monorchis. RB. — Lo. Iiieracium glaucum. Ali. — Sulzbach. „ incisum. Iloppe. — Ra. Ri. „ porrifolium. L. —- Sulzbach. „ staticefolium. Vili. — Lo. „ villosum. Jacq. — Ri. IIomog} r ne alpina. — G. ,, discolor. Cass. — G. Oj. Ov. „ sylves(ris. Cass. — Ra. Ilutcliinsia alpina. RB. — G. Oj. Ra. Sk. „ brevicaulis. Iloppe. — Lo. Ri. „ petraea. RB. — Ra. Hypericum hirsutum. L. •— Lo. „ montanum. L. — Lo. „ quadrangulum. L. — Lo. Ov. 11 * 164 Prof. Dr. J. Frischauf. Hjpnum commutatum. — G. „ fastigiatum. —• G. ,, filicinum. — G. „ subsulcatum. — G. Juncus Hostii. Tau. — G. Oj. „ monanthos. Jacq. — Ra. Juniperus nana. Willd. — Ov. Ri. I4.nautia sylvatica v. alpina. Kitt. — Ov. Koeleria cristata. Pers. — Ov. „ birsuta. Gaud. — Ov. Iiaserpitium peucedanoides. L. — Lo. G. Ov. Lecanora subfusca var. bryonta. — G. Lecidea Junana. — G. „ petrosa. — G. Lecidella geniopbila- — G. „ ochracea. — G. Leontodon hastilis. L. S. opimus. — Ri. Leontopodium alpinum Cass. — G. Ov. Škarje. Leskea atrovirens. — G. Libanotis montana. — G. Oj. Ri. Lilium carniolicum. Bernh. — Lo. Ra. Linaria alpina. Mili. — G. Lo. Oj. Linum alpinum. Jacq. — G. Oj. Listera ovata. B. B. Ra. Ri. Loydia serotina. Salisb. — Ra. Luzula maxima. De. — G. Ra. „ multiflora. Lej. v. congesta. — Ra. Meesia uliginosa. — G. Meum atbamanticum. — G. Mnium ortliorrliynchum. — G. n serratum. — S. Mohringia polygonoides. M. K. — Ri. Oj. Ra. Mulgedium alpinum. — G. Myosotis alpestris. Selim. — Oj. Ri. Mfardus stricta. L. — Ov. Nigritella angustifolia. Ricli. — Oj. Orebis maculata. L. — Ra. „ mascula. L. — Ra. Ortbothecium intricatum. — G. , rufescens. — G. Die Sannthaler Alpen. 165 Oxy tropis Jacquini. Bunge. — Ov. „ montana. DC.— G. Ov. l*aederolit Ageria. L. — G. Oj. Papaver alpinum. L. — G. Oj. Ri. n Burseri, Crantz. — Oj. „ pyrenaicum. — G. Parnassia palustris. L. — Lo. Pedicularis asplenifolia. Fl. -— Ri. ., Jacquini. Koch. — G. Oj. Ra. „ incarnata. Jacq. — Oj. n recutita. L. — Ra. „ rosea. Wulf. — Ri. „ rostrata. — G. „ verticillata. L. — Oj. # Petrocallis pyrenaica. RB. — G. Oj. Ra. Ri. Peucedanum austriacum. Koch. — Lo. „ montanum. Koch. —- Lo. Phaca alpina. — G. Phegopteris Dryopteris. — G. Phleum alpinum. L. — Ov. Phyteuma orbiculare. L. — Ra. „ Sieberi. Sprcng. — P. Pimpinella magna. L. — Lo. Pinguicula alpina. L. — G. Lo. Oj. Ri. Pinus Pumilio. Hke. Placodium saxatile. — G. Poa alpina. L. — G. Oj. Pogonatum alpinum. — G. Polygonum viviparum. L. — Ra. Ri. Polypodium robertianum. Hoff. — Sulzbach. Potentilla aurea. L. — G. „ caulescens L. — Chuda pee jagla. „ Clusiana. Jacq. — Ov. Ra. „ minima. Hall. — G. Ra. „ nitida. — G. n salisburgensis. Hke. — 8. Preissia commutata. — G. Primula Auricula. L. —G. Ov. „ calycina. — G. „ Clusiana. Tau. — G. „ minima. — G. Prunella grandiflora. — G. Psoroma crassum. — G. Pylaisia polyantba. — G. 166 Prof. Dr. J. Friscliauf. Ilanunculus aconitifolius. L. — G. Ili. » alpestris. — G. Lo. ,, hy brki us. Biria. — G. Lo. O v. Ri. montanus. Willd. — G. Ra. „ Piiilanotis. Erh. — Lo. „ Traunfellneri. Hoppe. — S. Rhamnus alpina. L. — Sulzbacli. „ pumila. L. -— Oj. Rhinantlius alpinus. Bmg. — Ov. Rhodiola rosea. L. — G. Lo. Oj. Rhododendron chamaecistus. L. — G. Oj. Ra. Ri. „ hirsutum. L. — G. Lo. Ra. Rosa pjrenaica. — G. Rumex scutatus. L. — Ra. Ri. % Salix arbuscula. L. — S. „ retusa. L. — Ri. Saussurca pygmaea. Spr. — Ri. Saxifraga aizoides. L. — G. Oj. Ra. Ri. n aizoon. — G. ,, androsacea. L. — G. Ra. „ Burseriana. — G. „ Caesia. L. ., crustata. Vest. — G. Nadel. Lo. Oj. Ov. Ra. „ cuneifolia. L. — Oj. „ exarata. Vili. — Ri. n Hohemvartii. Stb. — Ra. ,, muscoides. — G. „ rotundifolia. L. — G. Ra. Sulzbacli. ,, sedoides. L. — G. Oj. „ squarrosa. Sieber. — G. Ra. Ri. jj stellaris. L. — G. Lo. Oj. Ra. Scabiosa gramuntia. L. — Leutsch. ,, lucida. Vili. — Sulzbach. Scrofularia canina. Rchb. — Oj. Ra, Ri. ., Hoppii. Koch. — Ra. „ Scopolii. Hopp. —Jezeriathal. Sedum atratum. L. — G. Ri. „ boloniense. Lois. — Lo. n dasyphyllum. — G. „ hispanicum. L. — Oj. Ov. „ repens. Selil. — Oj. Selaginella helvetica. Sp. — Leutsch. „ spinulosa, A. B. — Ov. Ra. Sempervivum montanum. — G. Senecjo abrotanifolius. L. — G. Rinkafall, Die Sannthaler Alpen. 167 Senecio Doronicurn. —■ G. „ Fuchsii. —- Sulzbach. Sesleria sphaerocephala. Ard. — Oj. Ri. Silene acaulis. L. — G. Lo. Ra. „ alpestris. Jacq. — G. Sulzbacb. „ quadrifida. L. — G. Lo. Ri. „ rupestris. — G. „ Saxifraga. L. — G. Lo. Sisymbrium austriacum. — G. Soldanella alpina. L. — G. Lo. Oj. „ minima. IIopp. — G. Lo. Oj. Ra. Ri. „ pusilla. Bmgt. — G. Ra. Sorbus cbamaemespilus. Crantz. — Ov. Ri. Statice alpina. Hoppe. — Oj. Teucrium montanum. L. — Chuda. Tbalictrum aquilegifolium. L. — Lo. „ foetidum. — G. Thalloidema vesiculare. — G. Thamnolia vermicularis. — G. Thesium alpinum. Jacq. — G. Oj. Tblaspi alpinum. Jacq. — G. Oj. n rotundifolium. Gaud. — G. Oj. Ri. Tofieldia borealis. Wlilbg. — S. „ ealvculata. Whlbg. — Oj. Ra. Trifolium montanum. L. — Ri. Lo. „ noricum. Wulf. — Oj. „ ocbroleucum. L. — Lo. Vaccinium vitis idaea. L. — Ov. Ri. Valeriana elongata. L. —• S. „ montana. L. — G. Ra. Ri. „ tripteris. L. — Ov. Ra. „ saxatilis. L. — Oj. Ri. Veratrum album. L. — Lo. Ov. Ra. Verbascum lanatum. Schrad. — O v. Veronica apliylla. L. — G. Ra. ,, saxatilis. Jacq. — Oj. „ urticifolia. L. — Waldregion. Verrucaria calciseda. ■— G. „ plumbe.a. — G. Vicia sylvatica. L. — Ra. Viola biflora. L. — G. Lo. Oj. Ra. Ri. Weisia viridula, — G, 168 Prof. Dr. J. Frischauf. Zur Fauna am Grintovc. (Simon Robič.) Als Resultat eines viermaligen Besuches des Grintovc moge vorliegender Beitrag zur Fauna der Sannthaler Alpen die Auf- merksamkeit der Touristen auf eine Gegend lenken, welche manche Schiitze in ilirem Schosse birgt. Der Entomologe kanu liier sammeln: Amara spectabilis. Byrrhus scabripenis. Carabus silvestris var. alpestris. Cyclirus rostratus, C. Schmidtu. Feronia Beckenliauptii. „ diligens. „ Jurinei. „ Miililfeldii. „ Panzeri. „ Schmidtii. „ unctulata. „ Welensii. „ Ziegleri. Otiorliynchus aterrimus. „ auricapillus. „ auricomus (auf Rhododendron hirsutum). n bisulicatus. ., elegantulus. „ mastix. „ nobilis (auf Pinus Mughus). „ obsoletus. „ pulverulentus. Der Conchylien-Liebhaber begegnet bci jedem Sckritte der Helix phalerata und von der Quelle aufwarts der H. Schmidtii. Nebst diesen kommen vor: Helix Bergeri, cerata, Clausiliai leucozona var. ovirensis. Theorie des Panoramen-Zeichnens. 1. Das Panorama eines Aussichtspunktes \vird auf der inneren Mantelflache eines Cylinders gezeichnet, in dessen (mit der Zenitlinie zusammenfallenden) Axe sich das Auge des Zeich- ners befindet. Das Bild eines Objectes erscheint als der Durch- schnitt der Strahlen vom Auge des Zeichners nach dem Objecte mit der Cylinderflache. Alle Punkte, vvelche in ejner durch die Die Sannthaler Alp en. 169 Axe des Cylinders gelegten Ebene licgen, erscheinen in der Zeichnung in derjenigen Seite (Geraden) der Flache, in welcker die Ebene die Cylinderflache schneidet. 2. Jeder Punkt, dessen Hobe iiber dem Horizonte und dessenLage seines Fusspunktes (aus der Karte) bekannt ist, kanu auf der abgevvickelten Zeicbenflaebe, welcbe die Form eines Rechteckes besitzt, eingetragen werden. In letzterer nimmt man eine zur Grundlinie parallele Gerade als Horizontallinie und in dieser einen beliebigen Punkt als Anfang. Durcb denAbstand des Bildpunktes von der Horizontallinie „Ordinate“ und durcb die Strecke des Fusspunktes der Abstandslinie vom Anfangspunkte „Abscisse“ ist derBildpunkt bestimmt. Als Anfang der Abscissen vird der Durcbscbnittspunkt der nacb „Nord“ gelegten Vertical- ebene mit der Horizontallinie gcwahlt. 3. Sind A und /3 die (geografiscbe) Lange und Breite des Aufnahmspunktes A, A' und /?' dieselben Grossen fiir einen be¬ liebigen abzubildenden Punkt B, N der Nordpol der Erde, so er¬ halt man fiir das spliliriscbe Dreieck ABN, wenn NAB — u> A' — A = y, AB = c gesetzt wird, die Gleichungen sin c sin a> = cos /9' sin y sin c cos a) = cos /3 sin /?' — sin /3 cos /9' cos y. Zabit man die Langen in der Richtung nacb „Osten l< , so tragt man die Abscissen recbts vom Anfang ab, wenn A' )> A ist, links wenn A' A ist. Man kann dalier A' — A immer absolut in der vorigen Formel nehmen. Der Winkel cu wird von 0 bis 180" geziiblt; ist oj > 90", so empfieblt es sicb dafur 180° — o) d. i. den Winkel SAB — a>‘ zu setzen, wobei S den Siidpol der Erde bedeutet. Ist B der Radius des Cylinders der Zeichnung, so erhalt man die Abscisse x = R co. Driickt man dieGrosse oj inGraden aus, und ist A die Lange der aufgerollten Zeichnung des Panoramas, so ist l 4. Es s eien A und B zwei Punkte einer Kreislinie, C deren Mittelpunkt; die Punkte A' und B' seien in den resp. Verliingerungen der Radien AC und BC. B Setzt man AA' =a,BB'=b t AC=BC= r, sofolgt tan- B') = -.L-Z"-cot'/,C ' / t (A‘ + B‘ ) = 90» — • s- (« — «) oot y, C‘ Bedeutet A' den Aufnahmspunkt des Panoramas (also das Auge des Zeicbners), B' einen zu zeichnenden Punkt, so ist durcb diese Formel der Winkel A' , welcken der Strahi von A' nacb B' 170 Prof. Dr. J. Frisehauf. mit der Zenitlinie bildet, bestimmt*). Der Bogen AB = c ist durcli sin c sin cu — cos /9‘ sin y bestimmt, oder \vird aus der Karte entnommen; die Hohen a und b der Punkted' und B' sind aus den der flohenbestimmungen be- kannt. Vermittelst des Winkels bei A‘ kann die Ordinate y des Punktes B' bestinnnt vverden. Es sei AB ein Radius R des Cjdinders der Zeichenflache; in der durch AB gelegten Vertical- Ebene sei H der Punkt in der Horizontallinie, M ein Punkt iiber, N ein Punkt unter der Hori¬ zontallinie. Die Winkel AA'M und AA'N sind die nacb der vorigen Formel fiir'die zugehorigen Ob- jecte berecbneten AVinkel A'. Nun ist MH = A'E tan MA‘H NH = A'H tan NA'H. Bezeicbnet man den AVinkel bei A' mit p, so erhalt man MH = R tan {

in Graden ausgedriickt 81 cos (45 J — 01 ) Fiir a kann = OT Minuten gesetzt \verden, derFehler von at liegt daher zwischen den Grenzen 5 ' ? und Grade. Fiir Ob- jecte im Vordergrund (etwa bis c = 10 Minuten) ist daher die Bestimmung von co vermittelst der Karte unsicher. II. Die Grossen a, b, c sind gegen die Grosse r klein. In Theilen des Radius ausgedriickt, ist C = - r j wo c und r in demselben Masse vorausgesetzt vverden. Setzt man fiir tan den Bogen und vernachliissigt a und b gegen r, so wird cot = a -^ + R cot (p = R ~ + R Der Unterschied a — b ist in Ivlafter (alte Karte) oder Meter (neue Karte) ausgedriickt; es empfiehlt sich daher den Verwandlungsfactor von c resp. in R und einzubeziehen, man kann dann c in Minuten beibehalten. Nun ist r — 3437,7 Minuten, log (1 : 2 r) = 0,16270 — 4 und nach den Bestimmungen von Bessel fiir die Breite 46 ,J 1000 Klaft. == 1,0223 Minuten; log — 0,00957 1000 Meter = 0,53904 Minuten; log = 0,73162 — 1. Fiir die Berechnung des ersten Theiles von R cot ip addirt man zu log R resp. 0,00957 — 3 oder 0,73162 — 4, wenn a ,— b resp. in Klafter oder Meter und c in Minuten gegeben sind. Fiir die Berechnung des zvveiten Theiles addirt man zu log R die Zahl 0,16270 — 4, \vodurch log erhalten wird, die Grosse c ist dann in Minuten beizubehalten. Zusatz. Betreffend die Ausfiihrung der Zeichnung kann Folgendes bemerkt werden. Fin gewissenhafter Zeichner vvird den Massstab innerhalb kleiner Stiicke genau einhalten, aufgrosseren *) Man erhalt diese Formel, wenn man oj = aro tan m: n nach in und n differenzirt, dann dni — — dn (ungiiostigster Fali) = « setzt und schliessliclj m und n durch c und oj ausdriiokt, 172 Prof. Dr. J. Frischauf. Strecken nur wenig andern, man kann d ali er die Voraussetzung machen, dassBild und Gegenstand in kleinenTheilen ahnlich sind und das Aehnlichkeitsverhaltniss in der Richtung urn die Basis (d. i. im Umkreise des Aussichtsgebietes) ker um sieli nur vvenig iindert. Es empfiehlt sicli dalier eine Reilie liervorragender Punkte als Fixpunkte zu bereclinen und selbe entweder vor der Auf- nalmie auf dem Zeiclienblatte einzutragen, oder diefiir den Druck bestimmte Copie nach solehen Fixpunkten auszugleichen. Ersteres Verfahren, \velches dem Zeicbner viele Bequemiichkeiten ge- ivalirt und ein uninittelbares Copiren der Originalzeichnung ge- stattet, setzt eine beiliiufige Kenntniss des Aussichtsgebietes voraus. Fiir das Panorama eines Triangulirungspunktes erster Ordnung erliiilt man unmittelbar aus den IIorizontalwinkeln die Abscissen und aus den Verticahvinkeln die Ordinaten. Stelien keine Winkelmessungen zu Gebote, so entnimmt man fiir eine Reilie liinreicbend entfernter Punkte erster Ordnung aus der Speeialkarte Llinge, Breite und Ilolie und reclinet fiir dieselben die Coordinaten. In der Praxis diirften 5 gleichmassig vertbeilte Punkte fiir eine Weltgegend geniigen, um cin Panorama im Um- fange der Basis herum im Grossen und Ganzen auszugleiehen. Zweckmassig ist es in der Niilie eines jeden der Hauptpunkte: Nord, Ost, Siid und West zwei Punkte des Panoramas, zwiscben -\velcke der betreffende Hauptpunkt fallt, zu bereclinen. Die Bestimmung der Namen der Zeiclmung kann nur auf Grundlage vera u sgegan ge n er Berechnung von Fixpunkten mit Hilfe der (zu einem Blatte zusammengehefteten) Speeialkarte mit Sicherheit durchgefiibrt werden. Gescliiebt diese Arbeit nach der unausgeglichenen Zeich- nung, so erhalt man fiir die Strecke d zweier Punkte, deren Winkel vom Aussichts-Punkte als Scheitel a) Grade betriigt, den Radius R des zugehorigen Cjlinders an der betreffenden Stelle jj' _ 57,3 d O) An wend u n g auf d as Panorama vom G ri n to ve. Die Theorie des Panoramen-Zeichnens ist bis jetzt von Seite der Mathematiker unbeachtet geblieben, wiewohl in alpinen Kreisen der Nutzen, vclchen gut gezeichnete und richtig be¬ stimmte Panoramen fiir das Studium der Geografie und Landes- kunde ge\vahren, bereits allgemein anerkannt ist. Vielfache Be- schaftigung mit der Redaclion bereits gezeichneter Panoramen bewogen mich, die hiehergehorigen Fragen einer Untersuchung zu unterwerfen und die Resultate zum Nutzen kiinftiger Zeicbner und Herausgeber von Panoramen zusammenzustellen. An der Zeichnung des Panoramas vom Grintovc soli die vorhergehende Theorie erlautert werden, Die Sannthaler Alpen. 173 Sovvohl fiir den Ueberblick des centralen Tbeiles der Sann¬ thaler Alpen als auch zur Wiirdigung der Aussicht der Haupt- spitzen galt mir ein Grintovc-Panorama als eine hbchst vvichtige Beilage dieser Monografie. Auf mein Ansuchen skizzirte Herr Alfred Zoff am 23., 27. Sept. und 4. October 1876 in etwa 20 Arbeitsstunden das ganze Panorama. Der 23. Sept. war nicht vollkommen giinstig fiir alle Fernpunkte, der 27. Sept. war voll- kommen tadellos; an diesen beiden Tagen wurde mit Ausnalime einiger Theile der Weltgegend Siid—West die Zeichnung voll- endet. Am 4. October war vvieder prachtvolles Wetter, die Zeich- nnng konnte sovvohl beendet, als auch in den iibrigen Theilen revidirt vverden. An den beiden ersten Tagen leistete ich Herrn Zoff Gesellschaft, priifte die Zeichnung und bestimmte mit Bei- hilfe eines friiher zu diesem Zwecke entworfenen Orientirungs- blattes die Namen einer bedeutenden Anzahl von Spitzen. Bei dieser sorgfaltig durchgeftihrten Zeichnung ergab sich, dass fiir die Schnelligkeit der Ausfiihrung sehr viel gevvonnen vvird, vvenn friiher auf jedem Zeichen-Blatte einige Fixpunkte eingetragen -vverden. Die Sorge fiir das Festhalten des ur- spriinglich angenommenen Massstabes entfallt dann vollstiindig. Die fertige Original-Zeichnung besitzt eine Lange von 162 Wr.-Zoll, der mittlere Radius ist daher E = 25,8 Zoll*). Nun vvurden zunachst die Wcltgegenden bestinmit. Aus den Messungen (mit The o doli t) des Herrn Regierungsrathes Prof. Dr. K. Friesach (am 19. August 1876) erhielt ich unmittelbar die Punkte „Ost“ und „West“ mit grosser Genauigkeit, „Nord“ durch Berechnung aus Bosenstein und „Siid“ aus Laibach. Fiir die vier Weltgegenden vvurden die Abscissen der fol- genden Punkte berechnet. a) West—Nord: Triglav, Dobrac, Glockner, Hochalpenspitze, Golling, Dachstein, Bosenstein. rinbrauchbar ervviesen sich: Košuta, Virnek-Grintovc, Obir, Seeliinder Storžič. b) Nord—Ost: Zirbitzkogel, Volkermarkt, Griissing, Wolfs- berg, Lantsch, Koralpe, Pečen, Bachcr. c) Ost—Siid: Boci (Wotsche), Cilli, Menina, Kumberg, Ilorn- biichl, Klek, Belalasica, Salloch, Mannsburg, Risniak. d) Siid—West: Laibach,Schneeberg, Gross-Gallenberg,Monte Maggiore, Nanos, Lak, Krainburg, Oernaperst, Krop. Fiir den Vordergrund konnten ausserdem noch die Theo- doliten-Messungen des Hauptstockes beniitzt \verden. Ordinaten vvurden — theils der Controle, theils um Zvveifel zu beseitigen — fiir die Punkte: Triglav, Glockner, Ilochalpen- spitze, Zirbitzkogel, Koralpe, Pečen, Ovčeva, Skuta, Ojstrica, Bacher, Boc, Cilli, Menina, Kumberg, Greben, Schneeberg, Nanos, *) Wegen der Beniitzung der alten Specialkarte ist hier das alte Mass beibehalten worden. 174 Prof. Dr. J. Priseli auf. černaperst berechnet; diese Zaldenwerthe stimmten mit der Ori- ginal-Žeichnung meist vorziiglich. Die bcreclineten Daten einer jeden Weltgegend trug icli auf einen Streifen Papier auf; Herr Zoff entwarf nacli diesen Daten dann eine neue Zeichnung, von welcher er eine Pause abnalim und damit die zur Vervielfaltigung bestimmte Endzeichnung aus- fiibrte. Zur Namenbestimmung beniitzte icb: die Specialkarte von Steiermark, Karnten, Krain u. s. \v. (fast sammtliche Blatter kamen zur Vervvendung), ferner einige Blatter der Specialkarten von Salzburg undTirol undSonklar’s Karte derHohen Tauern. Nacli Osten und Siiden iiber die Grenzen dieser Karten binaus — also namentlicb fiir Kroatien ■— beniitzte ich die Karte Oesterreichs von Sclieda BI. NIII und die Gerippkarte des Territoriums der XXII. Truppendivision zu Karlstadt. Die einzelnen Blatter waren auf einem grossen Tisclie ver- mittelst Ileftnagel aneinandergefiigt, am Aussichtspunkte ,,Grin- tovc“ wurden zwei in der Entfernung von R = 25,8 Zoll mar- kirte Fiiden befestigt. Um einen fraglicben Punkt A der Zeicli- nung zu bestimmen, mass ich die horizontale Entfernung von einem bekannten Punkte B, spannte den einen Faden iiber den dem Punkte B entsprechenden Punkt der Karte und den zweiten Faden derart, dass die Entfernung der beiden Marken gleich der horizontalen Entfernung der Punkte A und B der Zeichnung war. In der Linie des zsveiten Fadens auf der Karte wurde der Name des Objectes A aufgesucht; die Unbestimmtheit, \velcher Punkt dieser Linie gewahlt werden soli, wird durch die Ver- gleichung der Zeichnungen der Karte und des Panoramas leiclit beseitigt. Anmerkungl. Diese Unbestimmtheit riihrt daher, dass man aus der Ordinate y des Punktes A irar eine einzige Gleichung erhalt, vermittelst rvelclier die beiden Grossen b und c zu rechnen sind. Anmerkung 2. Die Jiamenbestimmung wurde mit grosser Tollstiin- digkeit an der Originalzeiclmung vorgenormnen. In der beiliegenden Keduc- tiori sind selbstverstandlich alle unvvichtigen Namen, um welche sicli der Beschauer eines Panoramas in der Regel ohnedies nicht kiimmert, wegge- lassen \vorden. Als interessantes Factum der Bestimmung moge die Sichtbarkeit des AViesbachborn 3577™ erwahnt \verden. Diese Spitze ragt unter einem Seh- winkel kleiner als 1 Minute iiber den Hobenaar 3258“' empor. Eine Pyramide am NViesbachborn karm also vom Grintovc aus anvisirt werden. In der bei¬ liegenden Zeichnung wiirde diese Hervorragung weniger als 0,05 Mm. — also eine nicht mehr darstellbare Grosse — betragen. Noch eine Bemerkung betreffend den Ansatz der Namen. Das vorliegende Panorama soli nicht als Zimmerzierde, sondern zur Bestimmung der Namen der Aussiehtsobjecte am Gipfel ver- wendet werden. Bei derartigen Zeichnungen soli der Ansatz der Namen derart gevvahlt \verden, dass man zugleich mit dem An- Die Sanntlialer Alpen. 175 blick der Zeiclmung eines Objectes den zugehčirigen Namen ab- lesen kann. Fiir den Vordergrund wurden nun die Namen directe an das betreffende Object, fiir die Fernpunkte in einer solchen Distanz, dass die Zeiclmung niclit gestort und Object und Name auf einmal iiberblickt werden konnen, angesetzt. Bemerkungen zu den Hohenzahlen. Die meisten liier mitgetheilten Hokenzahlen beruben auf den Messnngen des Verfassers mit dem Goldscbmid’s Aneroid 608 ausgefuhrt in den Jabren 1874 und 1876. Einige Zahlen \vurden im Jabre 1875 mit dem Aneroid 1806 bestimmt. Letzteres In¬ strument zeigte sicb etwas unverlasslich, so dass nur solcbe Zahlen, die scbliesslicb vermittelst trigonometriscber Punkte controlirt werden konnten, bier mitgetheilt sind. Das Aneroid 608 ist ein vorzugliches Instrument, geeignet binsicbtlicb der Standfestigkeit ein Quecksilber-Barometer zu ersetzen. Eine Vergleichung der urspriinglicb von Herrn J. Goldscbmid mitgetheilten Tabelle und der aus einer zvreiten genauen Bestimmung im k. k. phvsikaliscben Institute der Uni- versitat Graz dient als Beweis. In der naclifolgenden Tabelle, welcbe im Umfange ibrer Beniitzung mitgetheilt ist, bedeutet A die Angabe des Aneroides, BG den zugeliorigen Barometerstand nack Goldscbmid’s Tabelle, BF den Barometerstand nach den neueren Bestimmungen (im Jabre 1876) des Verfassers, in Mm. ausgedriickt. Die Bereclmung der Hohen gescliah bei Spitzen mit Zu- ziebung vonBeobacbtungen der meteorologisclienStationen:Cilli, Kla^enfurt und Laibacb. Fiir den Temperaturfactor der Luft wurde von diesen Stationen das Tagesmittel genommen, weil selbes wegen der Ausstrablung des Erdbodens zur Mittagsstunde, zu welcher Zeit die Beobacbtungen an den Spitzen meist ange- stellt wurden, bekanntlicb besser mit den trigonometrischen Daten stimmt als die gleicbzeitige Beobachtung. 17G Prof. Dr. J. Frischauf. Die meisten Zahlen sind iibrigens Mittelzalilen, es mdgen daber beispielsweise die Bestimmungen fiir Grintovc angesetzt werden: 1874 20. Sept. 2578 1876 27. Juli 2577 1876 9. August 2556 1876 13. „ 2543 1876 18. „ 2579 1876 24. Sept. 2564 1876 27. „ 2573 Mittel = 2567 in , Militar-Triangulirung = 2559 m . Fiir Alpenbiitten, Mulden und Sattel mirde baufig die „Staffel-Metbode“ angewendet. Die Berecbnung gescbah mit Hilfe der Tafeln des Ver- fassers, welche als Beilage zum VIIL Jalirbuch des Oesterr. Touristen-Club erschienen. Bemerkungen zur Karte. Die Herausgabe einer neuen „Karte des centralen Theiles der Sanntlialer Alpen“ lag bereits im urspriinglichen Plane, als der Verfasser in diesem Gebirgsstocke seine Studien begann. Auf den zahlreichen Touren wurde ein scbatzenswerthes Mate¬ rial fiir die Detailzeiclmung gcvonnen; Ilerr Regierungsratb Prof. Dr. K. Friesacb vollfiihrte an den Spitzen Grintovc und Ojstrica die Messungen der vvicbtigsten Punkte des Gebirgs- stockes. Aus letzteren ergab sich das Resultat, dass die Original- Aufnahme folglicli aucli die Special-Karte des k. k. militar-geo- grafischen Institutes in den Hauptziigen vollkommen richtig ist und nur einzelneDetails einzutragen sind oder einer Correctur bediirfen. Um dem Oesterr. Touristen-Club keine unniitzen Aus- lagen zu bereiten, wandte sicb der Verfasser an die loblicbe Direction des k. k. militar-geografiscben Institutes mit dem Ansuchen, die beziigliche Karte in der Form berzustellen, dass die Specialkarte fotografisch auf das Doppelte vergrossert ver d e, und in diese Vergrosserung die fehlenden Details — besonders Namen — eingezeicbnet wurden. Die beiliegende Vervielfaltigung dieser Karte diirfte bis zum Erscbeinen der neuen Specialkarte (etwa in drei Jabren) den Bediirfnissen der Touristen in den Sanntlialer Alpen geniigen. Die Beschrankung auf den „centralen Tlieil“ war dessbalb gestattet, da die vier Blatter 16, 17, 21, 22 der Specialkarte von Steiermark, Karaten und Krain fiir die iibrigen Partien voll¬ kommen ausreicben. Inhalts-Verzeichniss. Seite Allgemeiner Theil. Geografischer Ueberblick ■ ■ 3 Naturhistorische Notizen • • 8 Eintrittsrouten.13 Etnografiscbe Notizen ... 27 Touristischer Theil. Orientirungs-Punkte ... 31 Raduha.41 Ovčeva.43 Ojstrica.45 Logarthal und Okrešel ... 58 Der Steiner Sattel .... 60 Okrešel — Vellacher-Koona • 63 Baba (Planjava) .... 68 Brana.71 Eine \Vanderung im Central- stoclce.73 Skuta.80 Grintovc.106 Historiseh-naturwissenschaftlicher Theil. Die Grafen von Cilli. (Prof. Dr. Fr. M a j'er.). 139 Denkwiirdigkeiten von Sulzbach. (J. Jane.).151 Flora der Sannthaler Alpen. (J. C. P i 11 o n i.) • • • • • 159 Zur Fauna am Grintovc. (S. Robič.).168 Theorie des Panoramen-Zeieh- nens.168 Bemerkungen zu den Hohen- zahlen ..175 Bemerkungen zur Karte • • 176 Beilagen: Karte des centralen Theiles der Sannthaler Alpen. Panorama vom Grintovc. Zur Aussprache der slovenischen Namen. Im Nachfolgenden sind die Abvveichungen in der Aussprache der slovenischen Schriftzeichen angesetzt: c = z, č oder c = tsch, h == ch, lj und nj weich mit dem j ver- sclnnolzen, s = ss (scharf), $ = sch (scharf), z = s (weich), ž = sch (weich), T in der Hegel wic w (weich), am Anfange einer Silbe vor einem Consonanten (besonders r) oder am Endo einer Silbe tvie ein kurzes u. Oestern.^TpMnjsten Club. KARTE DES CENTRALEN THEILES DER SANNTHALER ALPEN. Beilage zum M.Jahrbuch18T6. o A- O-ueHe. Mafssfab = 1’T2'000 Huch der fyex.udkwt£, fotoUtoofrafLsch. vergrofscrt im h. k. milit. geograf. Jnstitat/. Mir Koc* ^^P^orlitzlir^UlRos^Kr Eišenhvt 2443 GrSEsiril 2218 Takitovc Sdrvfarzbrunn K Toralp e- 214-1 Saicalpe 2080 Irrsclie^o. St o v. 2230 fillach 2114: Tollcermarict rkda -2 adi / viifistr s 22:78 Veitsci 1382 SchneeA, Schneebg. 2075 RaxA.; Rennfeld. lantšch. Vfechsel 17 « Masenb§. Velika kaja 1542 Auf£enommen von Alfred Zoff. Li-lh.Anst.vF.Kdke.Wien . West Radstadter T. Griesst. lamenbestimimmg von Prot D? Frisclanf. Višberž, 2463 SuRplaz Uibergo.ssene A. 2938 Da kstein 2996 Gol nji Preber 2S 3 : 2741 Grimming 2352 Tyr£as. 2244 Bosenet. 2449 Čemaperst 18 42 Kern 224-6 Helia Hoclstadl. riodtsp. JaTalha Polinil Kreuzk.; Beffere^en Geh. Glockner 3795 Poli.nik. Eohenaar Kolin : Gartneik Heisk 2810 n 2777; Kreuzeck G. Stafbg Kanin 2679 Triglav , 1 28164 Draški V. | Hochalpfinspitze. 3*40 Reifseck : lafnereck 3061 Zedediaiisth.B. n ari dl Feinl iS6 j Ja fli.S C^TTT ® 01)1 iker'E. Ojstri V.. - - Xc 5 ^t^er^ .Te o ni ari S . Grame! —^0 solnik^ (S.Kermaganufbi Movnik ifirtenkeivMrei S.KatTiaTina- Sajoe / Mannslrar£ ICr aniTur^ XI. 6allenW£ l/l. Maj Ji or e 13^6 Eanos Sterlice 13:00 Javornik NARODNA IN UNIVERZITETNA KNJI2NICA 00000196588