GRADIVO: Koroški Slovenci o izvajanju manjšinskih določb avstrijske državne pogodbe Pismeno stališče, ki so ga izročili predstavniki koroških Slovencev dne 16. novembra- 1960 avstrijskemu zunanjemu ministru dr. Brunu Kreiskemu. Der Rat der Karntner Slovvenen und der Zentralverband slowenischer Organisationen in Karnten haben die bisherige Durchfiihrungsgesetz- gebung zum Artikel 7 des Staatsvertrages 1955 einer griindlichen Priifung unterzogen und stellen dazu fest: Die bisherige Durchfiihrungsgesetzgebung mit verschiedenen Teilge- setzen dient, wie die Erfahrung mit dem Minderheitenschulgesetz fiir Karnten und dem Gerichtssprachengesetz fiir Karnten zeigt, keinesvvegs den Interessen und dem Schutz der Rechte der slowenischen Minderheitin Karnten, sondern schafft im Gegenteil mit jedem Gesetz vveitere Schvvie- rigkeiten und bevvirkt nicht zuletzt eine immer unfreundlichere Atmos- phare zvvischen dem Mehrheitsvolk und der Minderheit. Wir sind daher der Meinung, dass nur durch eine generelle Regelung aller Minderheitenfragen mittels vollstadiger Durchfiihrung samtlicher Be- stimmungen des Art. 7 des Staatsvertrages, die — wie schon oft dargelegt — eine Ganzheit bilden, eine zufriedenstellende Losung erreicht werden kann und den Verpflichtungen des Staatsvertrages entsprochen wird. Damit riicken wir keinesvvegs von unseren bisherigen Vorschlagen ab. sondern vviinschen nur, dass der gasamte Fragenkomplex zur Ganze in einem der Losung zugefuhrt wird. Eine wie immer geartete Minderheitenfeststellung als Mittel fiir die Losung und Regelung von Minderheitenfragen lehnen wir in diesem Zusammenhang grundsatzlich ab und fiihren hiezu unter anderem aus: Die slovvenische Minderheit in Karnten und ihr Siedlungsgebiet waren beim Abschluss des Staatsvertrages samtlichen Vertragsspartnem be- kannt. Deshalb vvurden beim Abschluss des Staatsvertrages auch keine Vorbehalte oder Bedingungen beziiglich des Vorhandenseins und des Siedlungsgebietes der Minderheit geltend gemacht. Da sich das Siedlungs­ gebiet der slovvenischen Minderheit seit damals nicht geandert hat, kann auch heute die Erfiillung der iibernommenen Verpflichtungen nicht von nachtraglichen Bedingungen, wie etwa von einer Minderheitenfeststel­ lung, abhangig gemacht werden. Besondere in Karnten vorherrschende Umstande, wie die soziale und vvirtschaftliche Abhangigkeit der slovvenischen Bevolkerung sowie der politische Druck, hervorgerufen durch die Hetzkampagne deutschnatio- 19 Razprave 257 naler Verbande und ihrer Helfer, insbesondere eines Teiles der Presse, die alle Personen, die den Mul haben, sich als Slovvenen zu bekennen, in staatsburgerlicher Hinsicht zu unzuverlassigen Elementen brandmarken, machen eine zweckdienliche Feststellung der Minderheit unmbglich. Beziiglich des Verwaltungsamtssprachegesetzes verweisen wir auf un- sere iiber den Herrn Landeshauptmann von Karnten del’ Bundesregierung zugeleitete Stellungnahme vom 11. 10. 1960. Itn Hinblick auf die Ankiindigung der Durchfuhrung der die Bezeich- nungen und Aufschriften topographischer Natur im Lande Karnten be- treffenden Bestimungen des Art. 7 § 3 des Staatsvertrages werden die beiden unterfertigten Organisationen der Bundesregierung in Kurze ein Verzeichnis der entsprechenden zweisprachigen Ortsbezeichnungen iiber- mitteln. Die slowenische Bevolkerung in Karnten steht der bisherigen Praxis der Realisierung des Art 7 des Staatsvertrages skeptisch gegeniiber. Daher miisste durch eindeutige Taten zunachst eine Vertrauensbasis geschaffen werden. Eine dieser Voraussetzungen ware die sofortige Konstituierung der im Staafsvertrag vorgesehenen besonderen Abteilung der Schulaufsichts- behorde fur das Minderheitenschuhvesen in Karnten. Die Stellenbesetzung dieser wichtigen Schulbehbrde miisste im Zusammenwirken mit der Minderheit erfolgen. Eine weitere Voraussetzung ware die Bereitstellung von entsprechenden Raumlichkeiten fur das Bundesrealgymnasium und Bundesgymnasium fur Slowenen in Klagenfurt bis zum Beginn des neuen Schuljahres. (Views of the Carinthian Slovenes submitted on November 16th 1960 to the Austrian foreign Minister dr. Bruno Kreisky regarding the imple- mentation of the Art. 7 of the Austrian State Treaty.) 258