H 69980 o%n i% tl Die Wichtigkeit und Nothwendigkeit der Laibach-Villacher Eisenbahn. I sfl i 'Ai k» (Aus der vom Comite veroffentlichten Denkschrift.) Uie Wichtigkeit und Nothwendigkeit der fraglichen Bahn lasst sich in nachstehenden Momenten zusammen- fassen: 1. Sie ist ein unumganglich nothwendiges Com- municationsmittel zur Belebung bestehender und Er- weckung neuer Industriezweige fur das Land Krain, und namentlich fiir Oberkrain, sowie auch fur das be- nachbarte Oberkarnten; 2. sie ist die natiirlichste Verbindung der oster- reicbiscben Nord- und europ-aischen Westlander mit der Kornkammer Oesterreichs, mit dem Orient, und stellt auch die Verbindung derselben mit dem adriati- schen Meere, und zwar mit Triest und Murne her; 3. sie ist ein Glied in der Kette der kurzesten europaischen Bahn von Nordvvesten nach Sudosten (von London nach Constantinopel); 4. sie ist von eminenter militarischer und strate- gischer Wichtigkeit. Ad 1. Die Strecke, welche die Bahn Laibach- Villach (Tarvis) durchstreichen soli, umfasst das soge- nannte industriereiche Oberkrain, welches ein von Lai¬ bach bis Sava mehr breites, von da bis an die Landes- grenze bei Tarvis mehr zugeengtes, zwischen den juli- schen und karniscben Alpen gelegenes, von dem Haupt- flusse Save durchzogenes Hochthal bildet. In dieses Hauptthal und in die Save miinden, insbesondere am rechten, mit der Bahn belegten Ufer der Save mehrere Seitenthaler mit ihren Fliissen und Bachen, so das Thal von Zayer, das Pollander- und Selzacher-Thal, deren Flusse bei Lack sich unter dem Namen Zayer vereinen, das Kropper- und Steinbiichler-Thal, jedes mit einem Flusschen, welche vereinigt die Leibnitz bilden, das Veldeser- und Wocheiner - Thal mit dem einen Save-Arme, Savica, das Rothweiner-Thal mit der Rothwein, das Moistraner-Thal mit der Feistritz, das Thal bei Weissenfels mit dem Abflusse der Mangert- Seen, wahrend am linken Save-Dfer das Kanker-Thal mit dem Flusse Kanker, das Thal von Stein mit der Feistritz und das Neumarktler- (St. Anna- und Ka- tharina-) Thal mit der Feistritz sich befinden. Sowohl auf den karnischen sowie in den julischen an der Bahnseite liegenden Alpen, Vorgebirgen und in deren Thalern breitet sich eine Kette von Hoch- waldern mit mehreren hunderttausend Jochen aus und kommen verschiedene Eisenerzgattungen in reichem Masse vor. Diese Terrainverhaltnisse mit dem reichen Indu- striemateriale haben die Industrie, und insbesondere die Montan - Industrie, in den friiher gedachten Thalern schon vor vielen Jahrhunderten hervorgerufen und ge- fordert, und ennoglicht, dass sich die grosse Bevol- kerung in selben niedergelassen hat, welche in der landwirthschaftlichen Production nicht ihren genugen- den Unterhalt findet, sondern angevriesen ist, sich die Subsistenzmittel aus dem Betriebe mannigfaltiger In- dustriezweige zu erholen. Diese Verhaltnisse bieten aber auch noch unendlich viele gunstige, bisher noch unbeniitzte Gelegenheiten und Momente zu neuen In- dustrie-Anlagen dar. Die bereits bestehenden, fiir einen bedeutenden Localverkehr massgebenden Industrieverhaltnisse flnden in nachstehender Darstellung ihre wahrheitsgetreue Wiirdigung. Die Hauptstadt Laibach entwickelt sich immer mehr zu einem bedeutenden Fabriksplatze. Es konnen schon gegenwartig nachstehende Fabriken in Laibach ange- fiihrt werden: Eine sehr bedeutende Bierfabrik mit mehreren kleineren Brauereien, eine Spinnfabrik, Kaffeesurrogat- Fabrik, Glocken- und Metallgiesserei, Stiftnagel-Fabrik, Ziindvvaaren - Fabrik, Tuch- und Kotzenfabrik, eine Dampfmiihle, ein Bau - Etablissement mit Maschinen- betrieb nebst mehreren anderen Fabricationen. Langs der projectirten Bahn, und zwar am rechten Save-Ufer, befinden sich nachstehende industrielle Unter- nehmungen: Eine Kunstwolle- und Holzreibe - Fabrik an der Save in Zwischenwassern; eine Papierfabrik an der Zayer in Gortschach; die Bleigewerkschaften in Knapovse bei Zayer; die Kupfergewerkschaft in Škofje im Pollander- Thale; die Eisengewerkschaft Ober - Eisnern mit einem Hochofen, zwei Frischfeuern, mebreren Streckhammern und vielen Nagelschmiedehiitten; die Eisengewerkschaft Unter - Eisnern mit einem Hocbofen, zwei Frischfeuern, mebreren Nagelschmied- hutten. Der Ort Eisnern zahlt an 2000 Einwohner, die sich ausschliesslich mit der Eisenfabrication be- schaftigen; das Walzwerk in Jesenove bei Eisnern; die bedeutende Schieferproduction in den beiden Thalern von Selzach und Polland; die Leinvvandfabrication in der ganzen Umgebung der Stadt Lack; die riibmlichst bekannte Siebfabrication in Strašiš und in den zahlreichen zwischen Lack und Krainburg gelegenen Ortschaften; die Holzartikelerzeugung im Pollander- und Sel- zacher-Thale; das ararische Quecksilberbergwerk in Idria; die Gewerkschaft Ober-Kropp mit einem Hocbofen, zwei Frischfeuern, mebreren Streckhammern, Nagel- schmiedereien, Ketten- und Zeugschmieden; die Gewerkscbaft Unter-Kropp mit der gleichen Fabrication. Der Markt Kropp zabit 1500 Einwohner, die ausschliesslich von der Eisen-Fabrication leben; die Gewerkscbaft Steinbiichel mit 1 Hochofen, 3 Frischfeuern, mebreren Streckhammern und Nagel - schmiedereien. Der Bergort Steinbiichel ziihlt an 1100 Einwohner, die nur von der Eisenindustrie leben; das Eisenvverk in Ilovše bei Veldes; die Eisenvverke in der Mochein, u. z. in Feistritz mit 1 Hochofen, 1 Walzwerk, Eisengiesserei und Nagel- erzeugung, und in Althammer mit 2 Frischfeuern und Streckhammern; die Holzartikel-Industrie im ganzen Wocheiner Thale; die Eisenwerke in der Eothwein mit 5 Frisch¬ feuern. Ausserdem bestehen noch mehrere andere Eisen- verfeinerungswerke und mehrere kleinere Industrien. Am linken Save-Ufer bestehen nachstehende In¬ dustrien : bei der Stadt Stein die grosste ararische Pulver- fabrik, eine Maschinennagel-, Cement- und Putzpulver- Fabrication, Erzeugung von Strohgeflechten und Stroh- hiiten in der Umgebung von Stein, Mannsburg, Egg etc.; Erzeugung von Tongeschirren unter Gallenberg und Umgebung; das Eisenwerk im Kanker-Thale und Ober-Gor- tschach mit 2 Frischfeuern; die Stadt Krainburg mit einer Kotzenfabrik, mit Webereien und Farbereien; die Eisen- und Stahlwerke im Markte Neumarktl und Slap mit einer Feilenfabrik, 4 Stahlhammern, 5 Frischfeuern, einem Wallaschhammer mit mehreren Sensenhammern; ausserdem ist in Neumarktl eine be¬ deutende Leder- und Schuhfabrication, es sind daselbst bedeutende Farbereien, sowie mehrere andere kleinere Fabricationen; die Eisenfrischhutte mit 2 Feuern in der Ebene bei Neumarktl; die Tongeschirr- und Kardatschen - Erzeugung in Laufen; die Tuchfabrication in Sgoš, Vigaun, Smokuč, Breznic und Umgebung; das Eisenwerk zu Moste mit 2 Frischfeuern, 2 Streck¬ hammern ; die Eisen- und Stalilvverke in Jauerburg mit einem Hochofen, mehreren Frischfeuern, Wallasch- und Stahl- hammern; die Eisen- und Stahlgewerkschaft zu Sava mit dem bedeutenden Hochofen (jahrliche Production 100.000 Centner), mit mehreren Frischfeuern, Eisen- und Stahl¬ hammern ; das Eisenwerk zu Moistrana; zwei Eisen- und Stahbverke zu Weissenfels; die Eisen- und Stahlwerke bei Tarvis; das ararische Bleibergwerk zu Eaibl. Ausserdem bestehen noch mehrere andere Indu¬ strien in verschiedenen Orten, von denen die sehr .vielen Getreidemiihlen und Sagstatten insbesondere an- gefiihrt werden mussen. An der Strecke der Siid-Eisenbahn von Laibach bis Steinbriick befinden sich: 2 Papierfabriken in Josefsthal; die Spiritusfabrik zu Ponovič; die bedeutenden Kohlengerverkschaften in Sagor, Trifail, Hrastnik etc.; eine Glashiitte daselbst; eine Cement- und Oelfabrik bei Steinbriick ; eine Zinkhiitte zu Johannisthal. Alle diese Industriezweige, welche auf der Beilage A der Denkschrift ihre Illustration finden, erheischen unumganglich nothwendig eine Eisenbahnverbindung, um sowohl dieselben nach Bediirfniss ihrer gegenseiti- gen Erganzung, als z. B. der Eoheisenproduction mit den Verfeinerungswerken und aller dieser mit den Koh- lenbergwerken in Verbindung zu setzen, als auch den- selben geringere Frachten beim Absatze zu verschaffen. Aber nicht nur ftir den Absatz ist die Eisenbahn unumganglich nothwendig, sondern auch ftir den Bezug der Lebensmittel aller Art, als : Getreide, einzelne Vieh- Gattungen, Weine etc. aus Croatien, und tiberhaupt aus den siidlichen Landern und zur Vermittlung derselben nach dem Norden und Mesten. In dieser Beziehung muss insbesondere die sehr bedeutende Production an Exportmehl, wozu das Getreide aus den bezeichneten Landern bezogen wird, hervorgehoben und bemerkt werden, dass die Mehlproduction, welche einen der be- deutendsten Erwerbszweige des Landes bildet, nur da- durch vor dem Untergange gerettet und gehoben wer- den kann, wenn der Eohstoff mittelst der projectirten Eisenbahn wohlfeiler bezogen wird. — Ebenso kann die landwirthschaftliche Production und insbesondere die Viehzucht ihre Erzeugnisse auf den Markt nach Laibach, Triest, Fiume etc. nur dann mit Erfolg und Gewinn bringen, wenn die fragliche Bahnverbindung ausge- fiihrt wird. Aber auch noch ein weiterer Grund kann ftir die Erspriesslichkeit und Nothwendigkeit der Bahn, wiewohl vielleicht derselbe im ersten Augenblicke keine solehe Bedeutung zu haben scheint, nach den Erfahrungen anderer Lander aber gewiss Berucksichtigung verdient, angefiihrt werden. Das schone, romantische, grosse Thal von Oberkrain, welches der beriihmte Naturhistoriker Sir Humphry Davy „eines der schonsten Thaler der Erde“ lieunt, wurde mit den vielen noch unbeniitzten Mineralquellen, mit seinen ansserordentlichen Naturschonheiten, mit seinem reizenden See und Bade Veldes, wie das Salz- kammergut, das baierische und sachsische Hochland und die Schweiz eine Menge fremder Reisender heran- ziehen und sie fesseln, wenn der Besuch desselben durch die fragliche Eisenbahn erleichtert werden wiirde, wo- durch der Bewohnerschaft mannigfacher Nutzen ent- stehen und so mauche Fabrication hervorgerufen wer- den wiirde. Wenn man die Verhaltnisse von Oberkrain reif- lich erwagt. gemass welcher die zahlreiche Bewohner- sehaft desselben an die Industrie gewiesen ist, wenn man die Erscheinungen der letzten Jahre, in welchen meh- rere Industriezweige theils zu Grande gegangen, theils, wie namentlich die bedeutende Montan - Industrie, in einen bedenklichen Stillstand getreten und dadurch Hunderte der Bewohner Oberkrains beim Entschwinden ihrer aus der Industrie gesehopften Existenzmittel zur' Auswanderung nach Amerika genothigt worden sind — was friiher nicht geschah — ernstlich ins Auge fasst, so muss man die volle Ueberzeugung fur die dringende Nothwendigkeit der fraglichen Balin ge- winnen. Wie dringend die Verwirklichung der fraglichen Bahn von der ganzen Bevolkerung des Landes ersehnt und angestrebt wird, beweisen die vielen und ausfiihr- lichen Petitionen, welche vom Landesausschusse, von der Handels- und Gewerbekammer in Krain, von der Gemeinde-Reprasentanz der Hauptstadt Laibach, vieler anderer Stadte, Markte, Bergorte und Landgemeinden, sowie von den Eisen - Industriellen Oberkrains, dann von anderen Industriellen und Fabrikanten von Krain und Steiermark, sowie von der Gemeinde-Reprasentanz des Marktes Tarvis in Karaten an das hohe Abgeord- netenhaus um Fassung aller zur Verwirklichung und Sicherstellung der fraglichen Bahn fuhrenden Beschliisse noch im Laufe der gegenwartigen Session uberreicht worden sind. Ad 2. Welche hohe Wichtigkeit und Bedeutung die Linie Laibach-Villach, resp. Tarvis, als Verbindungs- Linie zwischen den in Villach zusammenstossenden Bahnen und der Laibach beruhrenden Stidbahn hat, dies stellt die in der Beilage B der Denkschrift angeschlos- sene Uebersichtskarte und nachstehende Beleuchtung dar. Sowohl die Kronprinz Rudolfs-Bahn mit der pro- jectirten weiteren Verbindung nach Budweis und Prag, als auch die Villach-Brixner, die Brixen - Innsbrucker und Innsbruck- Eeldkirchner Bahn, welche bis zum Boden- see in die voziiglichsten Industrielander greifen, stos- sen in Villach zusammen. Durch die Laibach-Villacher Bahn werden die gedachten zwei wichtigen Bahnen mit dem adriatischen Meere, und zwar in Fiume und Triest, so wie anderseits mit der Kornkammer Oesterreichs, mit den sonst naturproductenreichen Landern des Sii- dens und Sudostens mittelst der Siidbahn verbunden, welche Verbindung von unberechenbarer Tragweite ist. Moge von Villach aus die Rudolfs-Bahn ihre Fort- setzung liber Predil oder iiber Ponteba zum adriatischen Meere und nach Italien erlangen, so ist unzweifelhaft die Verbindung der Bodensee-Linie und der Rudolfs- Bahn mit den Sudlandern, also die Verbindung der bedeutendsten Industrien mit der reichsten Naturpro- duction, von nicht geringerer Bedeutung und Wich- tigkeit. Der Staat, welcher bei der Geldbeschaffung fur die St. Peter-Fiumer Linie zu einem Drittheile und bei der Rudolfs-Bahn mit einer bedeutenden Subvention und mit der Zinsengarantie betheiligt ist, hat, abge- sehen von allen andern Riicksichten, ein hervorragen- des finanzielles Interesse an dem Ausbaue der Linie Laibach-Villach (Tarvis), weil eben durch diese Linie den gedachten Bahnen ein grosser Verkehrszufluss ver- mittelt wird. Aus dem Gesagten geht klar hernor, dass die Linie Laibach-Villach fTarvis } nicht eine Con- currenzlinie mit jener iiber den Predil oder iiber Ponteba ist, dass die durch sie zu erreichenden Verkehrs- und Tndustriezwecke durch keine die- ser genannten beiden Linien erreicht icerden kdn- nen, dass sie einen selbstandigen Beruf , selbst- standige Wichtigkeit und selbstandige Grundlage hat, und dass sie daher iceder der einen noch der andern geopfert, noch durch die Projectirung derselben irgendivie verzdgert m er den diirfe, weil sie zu alledem noch geeignet ist, die Predil- oder Ponteba-Linie, deren Durchfiihrung ob der be- sondern S c h i nierig k e it en die vierfache , auch fiinf- fache Bauzeit der Bahn Laibach-Villach (Tar¬ vis ) in Anspruch nehmen diirfte, im Interesse der Rudolfs-Bahn und der Bodensee - Linie auf einigc Zeit zu ersetzen. Das Land Krain sieht nicht mit neidischem Auge die Verbindung der Rudolfsbahn mit dem adriatischen Meere und Italien iiber den Predil oder durch das Ponteba-Thal, deren grossere Bauwurdigkeit der einen Linie zur andern zu untersuchen hier nicht der Ort ist, aber ebenso muss es sich gegen Darstellungen und Bestrebungen, die Beziehungen und Verhaltnisse der Bahn Laibach-Villach (Tarvis) zur Predil- oder Ponteba- Linie zu verriicken und die grosse selbstandige Be¬ deutung und dringende Nothwendigkeit derselben zu verringern oder in’s Dunkel zu stellen, entschieden verwahren. Ad 3. Wenn man einen Blick auf die Karte wirft und die nordwestlichen Linien Europa’s, welche durch die oben besprochene Bodensee-Linie bis Villach ver- mittelt werden sollen, und wenn man die fertige Linie Laibach-Sissek, die projectirte Bahn von Sissek nach Semlin und die projectirten serbischen und tiirkischen Linien ins Auge fasst, so zeigt es sich, dass die Linie Laibach-Villach ein kurzes und durch keine andere Linie ersetzbares Glied dieser europaischen Bahnkette von Nordivesten nach Siidosten ist. Die Verbindung der Hauptindustrielander im Nordwesten mit den boden- productenreichsten Landern im Sudosten, die Bedeu¬ tung des Mittelmeeres, des Suez-Canals, die Fiihrung der europaischen Linien von London nach Constanti- nopel, alles dieses stellt die grossen Vortheile, welche aus dieser Verbindung fur Oesterreich erwachsen miissen, dar. Diese Verbindung vermittelt aber, wie schon gesagt, die Strecke Laibach-Villach am kiirzesten und leichtesten. Ad 4. Was die strategische Wichtigkeit der frag¬ lichen Linie betrifft, so ist solche bei Erwagung der gegenwartigen Grenzverhaltnisse zwischen Oesterreich und Italien so evident, dass sich der Erkenntniss dieser Wichtigkeit Niemand verschliessen kann. Dureh die verruckten Grenzverhaltnisse zwischen Oesterreich und Italien ist ersteres um sem starkes, die Grenze schiitzendes Festungsviereck, letzteres aber eben in den Besitz desselben gekommen. Das Einzige, was den Nachtheil dieses Verlustes wenn auch niclit aufheben, so doeh wenigstens theil- weise paralysiren konnte, ware die Schnelligkeit, mit welcher man, je nach Umstanden, die Hauptkraft oder Tlieile des Heeres auf den bedrohten Punkt zu werfen in der Lage ist. Das einzige Mittel hiezu sind viele und zweckmassig angelegte Schienemvege, resp. eine Reichsgiirtelbahn, als deren vorziiglichster liestandtheil von militarischen Autoritaten die Kahn Laibach-Villach, resp. Tarvis, anerkannt worden ist. — In Tarvis fallen vier Hauptthaler zusammen, das Hauptthal von Karnten, von Krain, das Ponteba- und das Raibl- (Isonzo-) Tbal. Die kiirzeste Verbindung Tyrols und Innerosterreichs mit der Militargrenze und dem Sudosten der Monarchie, was im Hinblik der Heranzieliung der Grenztruppen, wie auf die Eventualitaten der Orientfrage sicher von hochstem Belang ist, dann die Verbindung mit Fiume und mit der projectirten dalmatinischen Bahn qualifi- cirt die, diese Verbindung herstellende Linie Laibach- Tarvis zum hervorragendsten Bestandtheil der strate- gisch so wichtigen Reichsgiirtelbahn. Aus ali’ dem Gesagten geht die Wichtigkeit und Nothwendigkeit der Linie Laibach-Villach-Tarvis in mercantiler und strategischer Beziehung auf das un- widerlegbarste hervor. Die vielen Calamitaten, welehe verschiedene In- dustriezweige und insbesondere den fiir die Alpenlander wicbtigsten, fiir die Bewohner derselben unentbehr- lichsten Žweig der Montanindustrie betroifen haben, liegen zum grossen Theile in den mangelhaften Com- municationsmitteln. Wenn dieser Mangel schon an sich selbst fiir die Industriebestrebungen des Inlandes bedenklich ist, so tritt der Nachtheil aus demselben fiir die Gesammt- industrie um so scharfer und gefahrlicher hervor, wenn, wie es bei uns geschehen, in Folge von auf freihand- lerischer Basis mit dem Auslande giinstigen Zolltarifen geschlossenen Handelsvertragen die inlandische Pro- duction genothiget ist, mit der hereinstrdmenden, dureh ausreichende Communicationsmittel, geringere Steuer- lasten und verschiedene staatliche Begunstigungen vor- theilhaft prosperirenden auslandischen Industrie plotz- lich in einen Wettkampf zu treten. Vfahrend z. B. die osterreichische Montanindustrie noeh nach Herstel- lung der nothwendigsten Eisenbahnen ringt, wahrend dieselbe eine Menge Bergwerksabgaben und eine 5perc. Einkommensteuer, die mit den Zuschlagen doppelt so gross wird, zu tragen hat, erfreut sich die gleiche preussische Industrie der Steuerfreiheit und es steht ihr ein vollstandiges Bahnnetz nach allen Seiten zu Gebote. Das hohe Ministerium fiir Handel und Volks- wirthschaft hat auch in einer mit dem hohen Erlasse vom 18. August 1864, Z. 1309, an die Handelskammern zugefertigten Denkschrift selbst offen bekannt, dass Oesterreich riicksichtlich der Eisenbahnen den Landern Preussen und Frankreich um einige Decennien zuriick- steht und dass wir kaum hoffen diirfen, England je zu erreichen. In der namlichen Schrift ist auch die Er- kenntniss, dass die Eisenbahnen iiberhaupt und nament- lich fiir die Eisenindustrie hochst wichtig sind, so richtig ausgesprochen, dass man sich nicht enthalten kann, dieselbe nachstehend wortlich anzufiihren: „Die Eisenbahnen gewahren nicht nur als Com¬ municationsmittel grosse Vortheile, indem sie die Zu- fuhr der Rohstoffe und den Absatz der Erzeugnisse er- leichtern, billiger und rascher bewirken, sondern sie tragen auch direete als bedeutende Consumenten zum Aufbliihen aller Zvfeige der Volkswirthschaft wesent- lich bei. „Zwei Industriezweige sind es besonders, welche hier in Betracht kommen und fiir welche Oesterreich alle Elemente des Gedeihens im reichsten Masse besitzt: es sind dies die Eisen- und Kohlenindustrie, welche beide auf- die Entwicklung aller iibrigen Zweige der Volksvrirthschaft von entschiedenem Einflusse sind. „Wahrendin OesteiTeich die Ausbeute anMineral- kohle, insbesondere in jenen Gegenden der Monarchie, welche hereits von Eisenbahnen durchschnitten oder ■beriihrt werden, in raschem Steigen begriffen ist, trat in der Eisenfabrication seit einigen Jahren ein Still- stand ein, dessen Riickschlag auf den Wohlstand der betroffenen Gegenden bitter empfunden wird. „Die Ursachen dieses Stillstandes sind gar ver- schieden; einen grossen Theil der Schuld tragt aber der Mangel entsprechender Communicationsmittel, der Eisenbahnen, welche es den Eisemverken moglich machen sollten, sich billigen Stoff, geeignete Mineral- kohle zu verschaffen und wohlfeiles Eisen zur Fabri- cation groberer Waaren, als: Schienen etc., zu erzeugen. „Dies ist auch der Grund, dass die meisten inlan- dischen Gewerke die Concurrenz des Auslandes bis jetzt nicht iiberwinden konnten. Eine weitere Ursache des Darniederliegens der Eisenindustrie liegt aber eben auch in dem seit einigen Jahren eingetretenen Stillstande in dem Baue neuer Eisenbahnlinien, wodurch die Nach- frage nach Eisenfabrikaten sich auf ein geringes Mass reducirte und so viele Etablissements zum Stillstande gebracht wurden.“ Aus dem Gesagten ergibt sich die Nothwendigkeit der Durchfiihrung der fraglichen Bahn im allgemeinen und zur Hebung und Starkung der so wiehtigen Eisen¬ industrie Oberkrains insbesondere. Die Nothwendigkeit in letzterer Beziehung tritt aber um so klarer und begriindeter hervor, wenn in Betracht gezogen wird, dass die nachbarlichen Alpen¬ lander Steiermark und Karnten sich doch schon nach mehreren Seiten gezogener oder im Baue befindlicher Bahnverbindungen erfreuen, wahrend derHauptindustrie- theil des Landes Krain dureh die iiber die unprodue- tivsten Landesstriche gezogene Sudbahn nicht beruhrt wird und ohne die gedachte Bahnlinie zwischen der Rudolfs- und der Sudbahn ohne Verbindung verlassen liegen wurde. Bruck von Ign. v. Kleinmayr & Fed. Bamberg, Laibach. — Verlag des Comite’s.