,WER DIESEN BRIF BEI SICH HAT ..." ANMERKUNGEN ZU EINEM „HAUS- UND SCHUTZBRIEF" FRIEDBERT FICKER (f) Članek obravnava drobnejšo temo iz ljudskega verovanja oz. praznoverja. Gre za nekdaj (vsaj do 1. svetovne vojne) precej razširjeno prepričanje o čarovni moči predmetov in dejanj. Avtor ugotavlja, daje ljudsko prepričanje v čarno moč predmetov zelo prežeto s krščansko vero, tako tudi v priprošnjih in zahvalnih pismih z izjemno raznovrstno vsebino, ki se večinoma nanaša na tegobe vsakdanjega življenja, nagovarjajo Marijo, Jezusa in svetnike. V t. i. nebeških, hišnih in varovalnih pismih, dokumentiranih že na koncu 15. in začetku 16. stoletja, pa je vsebina pripisana Svetemu, ki varuje posameznike doma, na poti, v vojni. Takšno pismo, z napisom »Hišno in varovalno pismo« je avtor našel tudi v zapuščini svojega očeta; po pripovedovanju in obrabljenosti sodeč ga je oče imel pri sebi skoz vso drugo svetovno vojno. Besedilo kaže na mogočo predlogo, tj. holsteinski tip iz 18. stoletja, namenjen rabi v vojnih časih. Ključne besede: verovanje, varovalno pismo. Focusing on a minor element of folk beliefs and superstitions, the article examines the belief, widespread at least until the First World War, that some objects and acts possess magical powers. The author suggests that folk beliefs in the magical power of certain objects have been saturated with Christian faith. The same holds true for supplications and letters of gratitude. Broaching a variety of subjects, most of which relate to the hardships of life, these letters address Virgin Mary, Jesus Christ, and saints. Contents of the so-called letters from heaven, household blessings, and letters of protection, all of which were documented as early as the end of the 15th and the beginning of the 16th century, has been ascribed to the Sacred that protects people from harm in their homes, on the road, and during wartime. One of these letters, bearing an inscription „Household Blessing and Protection Letter ", has been found by the author in his father's legacy. According to oral data, and in view of the fact that the letter was frayed and quite worn out, his father had been carrying it with him throughout the Second World War. Its wording indicates a model after which the letter was worded, possibly the Holstein type from the 18th century that was designed for use during wartime. Key words: beliefs, letter of protection. Es gehört wohl zu den ältesten Anliegen des Menschen, daß er sich über die im wahrsten Sinne des Wortes begreifbaren Bereiche hinaus Kräfte nutzbar zu machen versucht, die sich verstandesmäßiger Erklärung entziehen und die allenfalls ohne rationale Deutung und Analysierung einfach erfahrbar werden können. Dabei spannt sich ein weiter Bogen, der vom Glauben und von der Religion bis zu dem bereits im späten Mittelalter von der Kirche abgetrennten und bisweilen verfolgten Aberglauben reicht.1 1 J. Fehr, Der Aberglaube und die katholische Kirche des Mittelalters. Stuttgart 1857; A. Lehmann, Aberglaube und Zauberei. Stuttgart 1908; H. Löhr, Aberglauben und Medizin. Leipzig 1940. TRADITIONES, 36/2, 2007, 191-195] Dazwischen breitet sich ein weites Feld aus zwischen den beiden dogmatisch gesehenen starren Grenzpunkten von Glaube und Aberglaube, das sinnvoller als Verbreitungsgebiet des Volksglaubens bezeichnet wird.2 Dort kommt die ganze Fülle dessen zur Entfaltung, was der intellektuell unverbildete Geist des einfachen Mannes durch die für ihn logische Umdeutung erklärbar und verständlich werden läßt. Der gleichen Spanne begegnet man nach der Seite des Magischen hin,3 so daß sich eine nahezu unerschöpfliche Möglichkeit der praktischen Nutzanwendung im Alltagsleben ergibt, die sich zwischen demütigem Erbitten und Erhoffen und dem vermeintlichen Anspruch mit der Anwendung entsprechender Mittel bewegt.4 Der Volksglaube kennt eine große Zahl von Praktiken und Möglichkeiten, um die unterschiedlichsten Anliegen verwirklichen zu können. Sie reichen von der Anwendung wirkkräftiger Kräuter, Salben und Tränklein über das Gebet bis zum Hersagen von Formeln und Sprüchen, die bis zu den Merseburger Zaubersprüchen im Mittelalter zurückverfolgt werden können,5 oder der Benützung von Zeichen und Amuletten.6 Im Volksglauben ist aber bei aller Einbeziehung und Nutzung von magischen, zauberischen Elementen immer die Verbindung zur christlichen Religion erhalten geblieben, so daß oft eine eigenartige Mischung zustandekommt. Der Soziologe Max Rumpf schreibt dazu im Lexikon für Theologie und Kirche: Dem gemeinen Volk gleitet sein Christenglaube unversehens und völlig harmlos, arglos hinüber in das, was Rechtgläubigkeit (im kirchlichen Sinne) im Worte Aberglauben mit einem Makel belegt. Des Volkes heimlichste und ureigene religiöse Gedanken, Vorstellungen, Riten sind kaum je rein christlich, sind immer mehr oder weniger vollgesogen mit, meist uraltem, Bei- und Aberglauben7 2 J. Lippert, Christentum, Volksglaube und Volksbrauch. Geschichtliche Entwicklung ihres Vorstellungsinhaltes. Berlin 1882; W. Anauer, Volksfrömmigkeit im Spätmittelalter. Leipzig 1926; W.-E. Peuckert, Deutscher Volksglaube des Spätmittelalters. Stuttgart 1942. 3 K. Aram, Magie und Mystik. Berlin 1929; W.-E. Peuckert, Von schwarzer und weißer Magie. Berlin o. J.; P. Steffes, Volkstum im Lichte von Religion und Magie. In: Volk u. Volkstum. = Jb. f. Volkskunde 2, 1931. 4 E. Fehrle, Zauber und Segen. Jena 1926; I. Hampp, Beschwörung, Segen, Gebet. Stuttgart 1961. 5 W. Pütz, Altdeutsches Lesebuch. Coblenz 1855; R. Kriß, Grundsätzliche Betrachtung zum 2. Merseburger Zauberspruch. In: Oberdt. Zs. f. Volkskunde 6, 1932; A. Spamer: P(h)ol ende Uodan. Zum zweiten Merseburger Spruch. Vortrag, gehalten vor dem Plenum der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin am 2. 6. 1949. Aus dem Nachlaß veröffentlicht in Deutsches Jahrbuch für Volkskunde 3 (1957), 347—365; G. Eis, Eine neue Deutung des ersten Merseburger Zauberspruches. In: Forschungen und Fortschritte 32 (1958), H. 1; E. Riesel, Der erste Merseburger Zauberspruch. In: Dt. Jahrb. f. Volkskunde 4 (1958). 6 A. Lehmann, Aberglaube und Zauberei. Stuttgart 1908; R. H. Laarß, Das Geheimnis der Amulette und Talismane. Leipzig 1926. 7 Lexikon für Theologie und Kirche. 2. Aufl. 1930, Art. „Aberglaube". Eine Gruppe dieser im Volksleben gebräuchlichen Mittel stellen die als Devotionalien und Exvotos verwendeten Bitt- und Dankesbriefe dar. In ihnen wird die Gottheit, meist Jesus Christus oder die Muttergottes bzw. ein Heiliger, mit einem Anliegen angesprochen und es wird um Hilfe gebeten, etwa um Heilung von einer Krankheit, aber auch bei anderen Problemen und in anderen Notsituationen.8 Der einfache Mensch aus dem Volke ist dabei nicht wählerisch in seinen Wünschen, wie zwei solcher Zettel aus der oberösterreichischen Wallfahrtskirche Maria-Taferl oberhalb der Donau in der Wachau zeigen. Dort hat der Autor vorliegender Studie die in ungelenker Schrift mit dem Bleistift aufzeichnete Bitte eines Schulbuben gefunden, die Gottesmutter möge ihn beim Abschreiben in der Schule beschützen, daß er vom Lehrer nicht ertappt werde. Im anderen Fall bat ein Viehhändler die himmlischen Kräfte um Schutz und Gelingen beim Betrug auf dem Viehmarkt. Besonders bei der Heilung und nach der Rettung aus Gefahr, aber auch nach der Erhörung einer anderen Bitte wird dann häufig als Dank ein sogenanntes Exvoto in der Form einer Kerze oder einem Bildchen mit der Darstellung des zugrundeliegenden Anlasses gestiftet. Während also die Bitt- und Dankesbriefe von den Gläubigen an die übergeordneten himmlischen Kräfte gerichtet sind, nimmt nach der im Volksglauben herrschenden Vorstellung eine zweite Gruppe ihren Ausgang im Himmel. Es handelt sich um die seit der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert als Himmelsbriefe bekannten Haus- und Schutzbriefe. Nach herkömmlicher Ansicht ist Gott selbst der Schreiber, die Übermittlung an die Menschen erfolgte durch den Erzengel Michael oder durch einen anderen Engel. Die göttliche Herkunft und der Weg in den irdischen Bereich werden dabei im Text ausdrücklich hervorgehoben. In Deutschland traten die Himmelsbriefe erstmals um 1500 auf. Der Druck erfolgte in München, Nürnberg oder Memmingen. Auch in den folgenden Jahrhunderten erfreuten sich die wundersamen Beschützer im einfachen Volk bis zum Ersten Weltkrieg großer Nachfrage, wiewohl in dieser Zeit die Himmelsbriefe als Zeugnisse des Aberglaubens der kirchlichen Verfolgung ausgesetzt waren.9 Ursprünglich war mit der Wirksamkeit die Forderung nach der Geheimhaltung des Inhaltes verbunden. Mit der handschriftlichen Vervielfältigung wurde offensichtlich diese Auflage aufgegeben. Einen solchen Himmelsbrief fand der Autor dieser Zeilen im Nachlaß seines Vaters. Nach der Auskunft der Mutter hat er diesen Schutzbrief während des gesamten Zweiten Weltkrieges in seinem Soldbuch bei sich getragen. Darauf weisen auch die Spuren intensiver Benutzung hin. An den Faltstellen ist das Papier zum Teil durchgebrochen, der obere Rand ist durch zahlreiche kleinere Einrisse in Mitleidenschaft gezogen. Ebenso hat die Einwirkung von Feuchtigkeit ihre Spuren hinterlassen und durch das Verwischen der braunen Tinte die Lesbarkeit der Schriftzüge teilweise beeinträchtigt. Es handelt sich bei dem Blatt um die handschriftliche Kopie einer älteren Fassung aus dem 18. Jahrhundert 8 I. Hampp, Beschwörung, Segen, Gebet. Stuttgart 1961. 9 V. G. Kirchner, Wider die Himmelsbriefe. Leipzig 1908. mit der Uberschrift „Haus und Schutz Brif". Der Inhalt mit der Schutzfunktion gegen Waffen im Krieg weist ihn dem Holstein-Typ zu. Unter Bezug auf den himmlischen Ursprung heißt es: Wie uns Christus Gewirdigt, ja vom Alter und Nahmen des heiligen Krieges in Jesu Nahmen geschrieben, das ihr stille seid wie Christus in Ölgarten stand durch die Sicherheit in Nahmen Gottes + des Vaters + des Sohnes + und des heiligen Geistes + Amen Wer diesen Brif bei sich hat den wird nicht treffen des Feindes Schuß Diebe Morder und Gefahren von Feindlich Geschütze in Jesus Nahmen es soll im nichts Schaden ... Gottes + des Vaters + des Sohnes + und des Heiligen Geistes + Gott sei mit mier der diesen Seegen gegen den Feind bei sich tregt der wird fohr gefahr beschützet... Wer diesen Brif bei sich tregt den wird nichts ... So wahr als dies ist in Christus geboren gestorben und Auferstanden und zum Himmel Gefahren ist, so wahr auf Erden gewesen ist, kann ich nicht gestochen, geschoßen werden noch sonst an meinen leibe verletzt werden so lange mein Fleisch und Gebein noch guth und soll mier unbeschädigt bleiben ... Am Schluß wird nochmals auf den Heiligen Geist hingewiesen, der den vom Engel Michael in goldenen Buchstaben geschriebenen Brief vom Himmel gesandt hat. Zur Bekräftigung der Wirksamkeit des versprochenen himmlischen Schutzes, wie er z. B. zu den verschiedensten Anlässen auch in den überlieferten Fassungen des Romanusbüchleins in Aussicht gestellt ist,10 wird in dem Text empfohlen: wer diesen glaubt der schreibe diesen Buchstaben auf einen Zettel und henge es einem Hunde um. schißt auf den Hund so werde ers Sehen das es wahr ist. Wer diesen Brif bei sich tregt den wird nichts anthun. Mit sprachlichen Abweichungen, die sich sicher mit der handschriftlichen Vervielfältigung ergeben, entspricht der hier besprochene Himmelsbrief dem Inhalt einer Fassung, die der badische Volkskundler Eugen Fehrle bekanntgegeben hat.n Während bei Fehrle das Jahr 1725 für die Auffindung in Holstein genannt ist, trägt vorliegendes Exemplar die Jahreszahl 1794. Alles in allem ist es ein aufschlußreicher Beleg für die Verbreitung der im Volksglauben gefragten Himmelsbriefe und für den offensichtlichen Glauben daran bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts — nachdem Leopold Kretzenbacher in einer Untersuchung über einen Himmelsbrief aus seiner Heimat Steiermark^ unter Verweis auf die Forschungen I. Grafenauers auf die auffallend starke Verbreitung bei den Slowenen13 hingewiesen hat. 10 A. Spamer, Romanusbüchlein. Bearbeitet von Johanna Nickel. Berlin 1958. 11 E. Fehrle, Zauber und Segen. Jena 1926 (Auszugsweise abgedruckt bei A. Müller, Freiburg i. Br.: „Wer dieses bey sich trägt ..." In: Mein Heimatland27, 1940, 2. 12 L. Kretzenbacher, Ein »Himmelsbrief«-Waffensegen. In: Blätter für Heimatkunde [Graz] 61 (1987), 3. 13 A. a. O. Abschließend sei noch vermerkt, daß der Träger des Schutzbriefes 1939 einberufen wurde und die gesamte Kriegszeit als Soldat heil überstanden hat. In der amerikanischen Frühjahrsschlacht 1945 zerfetzte ihm ein ca. 20 cm langer Granatsplitter ohne weitere Verletzungen den Mantel über der Brust und durchschlug den Bauch seines neben ihm hockenden Kompaniechefs mit tödlichem Ausgang. Prof. dr. h. c. Dr. f. c. Friedbert Ficker* August-Bebel str. 1a, D-08058 Zwickau, Nemčija * Ur. op.: Prof. dr. h. c. Dr. h. c. Friedbert Ficker, ki je v zadnjih letih v uredništvo Traditiones poslal nekaj daljših in krajših prispevkov, žal ni dočakal objave tega prispevka, ki nam ga je bil poslan že lani. Obveščeni smo bili, da je umrl 10. januarja letos, v 80. letu starosti. Njegova strokovna vez s Slovenijo, predvsem prek Slovenske akademije znanosti in umetnosti in njenega nekdanjega predsednika, akad. dr. Franceta Bernika, je bila povezana z njegovim širokim interesom za vzhodno- in južnoevropsko zgodovino umetnosti, arheologijo, predzgodovino, zgodovino in etnologijo, zgodovino medicine. Vse-strano se je izobraževal v Leipzigu, Dresdnu in Munchnu, deloval je na munchenski univerzi in bil ugleden član družbe Leibniz-Sozietat.