j-58569 StDOST- FORSCHUNGEIV INTERNATIONALE ZEITSCHRIFT FDR CESCHICHTE, KULTUR U N D LANDESKUNDE SUDOSTEUROPAS IM AUFTRAG DES S U D O ST I N S TI T U TS MUNCHEN GELEITET U N D H E RA U S G E G E B E N VON FRITZ VALJAVEC IN VERBINDUNG MIT: Franz Babi n g er (Miinchen), Otto Brun n er (Hamburg), Franz D olg er (Miinchen), Karl Kurt Klein (Innsbruck), Josel Mati (Graz), Karl Alexander von Mul le r (Miinchen), Giinter Rei- chenkron (Berlin), Balduin Saria (Graz), Alois Schmaus (Miinchen), Wilhelm Schiissler (Jugenheim), Harold Stein- acker (Innsbruck), Carlo Tagliavini (Padua), D. Tschi- ž e ws k i j (Heidelberg), George Vernadsky (New Haven, Conn.) Sonderdruck Band XVII 1958 2. Haibband R. OLDENBOURG / MUNCHEN 158569 375 Offensive an die Spitze der Erwagung. Von den an der rumanischen und tschechoslowakischen Grenze stehenden ungarischen Divisionen vermutete man, daB sie sich auf die Abwehr feindlicher Einbriiche zu beschranken haben werden. Bei den Gegenoperationen der Kleinen Entente hatten ihre Heere zur Erreichung des in der ersten Kriegsphase fest- gesetzten Zieles der Niederwerfung Ungarns ganz nach dem auf Seite 370 dargelegten Plan der Variante 9 zu handeln. Als zweiter strategischer Schachzug schwebte den beratenden Generalstabschefs ein rascher, entscheidender Schlag gegen Bul- garien vor, der so zeitig als moglich dem liber Ungarn errungenen Siege folgen und mit nachstehend angefiihrten Kraften durchgefiihrt werden solite: von Rumanien mindestens 112 Bataillone, 165 Batterien, 24 Eskadronen und 60 Flugzeuge, somit 12 Infanterie- divisionen und von Jugoslawien 120 bis 140 Bataillone, 180 bis 200 Batterien, 16 Eskadronen und 100 bis 120 Flugzeuge, also 13 bis 16 Divisionen, wobei Grenzschutztruppen und Heeresreiterei nicht mitgerechnet sind. Dieser Schlag war als eine gegen Sofia ge- richtete konzentrische Offensive gedacht, mit der Absicht, das Bul- garenheer im Raume um seine Hauptstadt in eine Entscheidungs- schlacht zu verwickeln und hiebei zu vernichten. Hiezu hatte die rumanische Hauptkraft den schon mehrfach ervvahnten Donauiiber- gang zu bewerkstelligen und sodann nach Sudwesten vorzudringen. Das jugoslawische Sudostheer solite einen .Tag vor Beginn des ru¬ manischen Unternehmens von Pirot und aus dem Vardartale her zum Generalangriff gegen Sofia ansetzen, um diesen Zentralraum zu erobern, rechts gedeckt durch eine bei Strumica ausgeschiedene Flanken- und Riickensicherung. An den inneren Fliigeln der beiden alliierten Heere fiel dem rumanischen Detachment bei Bechet und der jugoslawischen Timokgruppe die schon bei den Varianten 4 (S. 352) und 7 (S. 360) angefiihrten operativen Auftrage zu. Das gleiche gilt fiir die FluB- und Luftflotten. Vereinbarung von Besetzungszonen in Ungarn Da bei allen gegen Ungarn entworfenen Operationsplanen das Endziel die vollige Besetzung dessen Staatsgebietes war, trafen die drei Generalstabschefs bei der Novembertagung des Jahres 1932 in Belgrad ein Abkommen iiber die Okkupation dieses Landes nach erfolgter Eroberung. Es solite gegen jede mogliche, von auBen kom- 376 men Je Reaktion ehebaldigst in Verteidigungszustand gesetzt werden. Uber die hierfiir zweckmaBig erscheinenden Plane und Mittel woll- ten sich die Alliierten zum gegebenen Zeitpunkt einigen. Vorlaufig wurden nur die Besetzungszonen wie folgt festgesetzt: Fiir Rumanien, von der rumanisch-ungarischen Grenze aus- gehend, bis zum Sajo und zur TheiB; fiir die Tschechoslowa- kei westlich des Sajo und der TheiB bis zur FluBschlinge 10 km siidlich von Szolnok, dann uber Nagy-K6ros — Kun Szt. Miklos — Lepseny — Plattensee seiner Lange nach Zala Egerszeg — ZalafluB aufwarts bis zur osterreichischen Grenze; Jugoslawien war das Gebiet siidlich der zwischen der TheiB und der osterreichischen Grenze fiir die Tschechoslowakei angegebenen Linie zugedacht. Innerhalb dieser Zonen hatten die Verwaltungsbehorden die Pflicht, allen materiellen Anforderungen der dort befindlichen alliierten Truppen zu entsprechen. Bei der genau zwei Jahre spater in Prag stattfindenden General- stabskonferenz anderten die Chefs die Zonengrenzen dahin ab r daB der zwischen dem Oberlauf der TheiB und dem Sajo liegende Raum an die Tschechoslowakei zu fallen habe. Dafiir wurde ihr Besetzungs- gebiet zu Gunsten Jugoslawiens in Westungarn um das Dreieck ver- kleinert, das, von der Mitte des Plattensees ausgehend, durch die friihere Zonengrenze und die Linie Zanka — Siimeg — Steinamanger gebildet wird. Christian Wilhelm Heil, ein Diplomat, Projektemacher und nationalokonomischer Theoretiker des 18. Jahrhunderts Von JOS. ŽONTAR (Kranj-Krainburg) Christian Wilhelm Heil stammte aus Sachsen, wo er am 19. Marž 1710 in Wittenberg geboren wurde 1 ). Sein Vater Christian Jakob war aus Jessen bei Wittenberg gebiirtig, besuchte zunachst die Schule in Zittau und studierte dann Reehtswissenschaft in Witten- berg. Im J. 1717 wurde er Advokat am Hofgericht und Konsistorium in Wittenberg, 1720 Stadtsyndikus in Bautzen, 1730 Appellationsrat am Gericht in Dresden und 1733 Hof- und Justizienrat bei der Lan- ') Laut Mitteilung des Evangelischen Pfarramts zu Wittenberg von 8. Febr. 1957. 377 desregierung. Krankheitshalber kehrte er schon im nachsten Jahre wieder nach Bautzen zuriick, wo er bald darauf (1734) im Alter von 52 Jahren starb. Er veroffentlichte einige juristische Scbriften (Judex et defensor in processu inquisitionis, Leipzig 1717, Consultationes, Bautzen und Leipzig 1728) und hinterlieB als Handschrift die Ab- handlung: De processu civili et actionibus forensibus. Von seinen Kindem iiberlebte ihn nur Christian Wilhelm 2 ). Ob Christian Wilhelm die Schule in Liibeck besucht hat, wie er 1749 dem Baron Franz Heinrich Raigersfeld in Laibach erzahlte, kann ich nicht nachpriifen. Jedenfalls studierte er auch Rechtswissenschaft, wahrscheinlich in Wittenberg 3 ). Die Hoffnung, sein Gliick in Mecklen- burg zu finden, ermutigte ihn, sich beim Herzog Karl Leopold von Mecklenburg-Schwerin (1713—1746) um die vakante Stelle eines Sekretars beim Justizkollegium zu bewerben. Da auf sein Schreiben vom 31. Janner 1732 langere Zeit keine Antwort kam, suchte er sich der Advokatur zu widmen und bat um Dispensierung von der Promotion. Am 10. August 1732 bot er dem Herzog neuerdings seine Dienste an 4 ). Die Lage des Mecklenburger Herzogs Karl Leopold gestaltete sich damals bereits sehr schwierig. Er stand seit Jahren in hart- nackigem Kampfe mit den Standen seines Landes. Diese Erhebung der Stande erhielt internationale Bedeutung. Zar Peter der Grobe niitzte sie aus, um den Herzog mit seiner Nichte Katharina Iwanowna zu verheiraten, Mecklenburg zu besetzen und in Holstein FuB zu fassen. Dort unterstiitzte er den Herzog von Gottorp gegen die Danen und verlobte ihn mit Anna Petrowna. Man sprach von einem im Einverstandnis mit RuBland, Frankreich und Schweden geplanten Einfall in die hannoverischen Lande, der auf die Errichtung eines wendischen Konigreiches unter Karl Leopold abziele. Weil dadurch Hannover bedroht war, unterstiitzte der englische Konig Georg I. den mecklenburgischen Adel gegen den Herzog und gewann Kaiser Karl VI. als Verbiindeten. So kam es 1719 zur Reichsexekution ge¬ gen den Mecklenburger Herzog, welche Hannover und Braunschweig gemeinsam vollzogen. Karl Leopold muBte das Land verlassen und 2 ) Uber Chr. Jakob Heil vgl. Z e d 1 e r , Univ. Lexikon Bd. 12, Otto, Ober- lausitzer Schriftstellerlexikon II. (1802) 72 fg., Album Academiae Vitebergensis 1660—1710, bearb. Juntke, Halle 1952, 160. 3 ) Vgl. Hs. 81 (I 3 d) StA Lj., S. 176, 181. 4 ) Nach den Personalakten Heils im Mecklenburgischen Landeshauptarchiv in Schwerin. 378 in Domitz Zuflucht suchen. Doch blieben ihm die breiten Massen des Volkes und die protestantische Geistlichkeit noch weiterhin ergeben. Zuversicht gaben ihm die Geldunterstiitzungen der Zarin Katharina. Da entsetzte ihn im J. 1728 der Reichshofrat der Regierung und iibertrug sie einer kaiserlichen Kommission. Herzog Karl Leopold protestierte und erschien plotzlich in Schwerin. Unter diesen Umstanden leistete Heil am 16. August 1732 als neu bestellter Geheim- oder Kabinettssekretar dem Herzog den Diensteid. Heil erklarte sich einverstanden, dah sein Gehalt wegen der Landeswirren jahrlich nur 60 Reichstaler bei freiem Unterhalt betragen und nach Wiederherstellung normaler Verhaltnisse auf das Ubliche erhoht werden solite. Doch verschlechterte sich die Lage des Herzogs, als im Oktober desselben Jahres die Leitung der kaiserlichen Kommission fiir das besetzte Mecklenburg-Schwerin seinem Bruder Christian Ludwig iibertragen wurde 5 ). Karl Leopold setzte nun seine ganze Hoffnung auf Frankreich, welches unter Kardinal Fleury die alte antihabs- burgische Politik wieder aufgenommen und an Osterreich den Krieg erklart hatte (polnischer Thronfolgekrieg). Nach Ausbruch der Feind- seligkeiten sandte er im Janner 1733 seinen Rat Giinther Raiser mit dem Geheimsekretar Heil als Dolmetsch nach Pariš. Seiner Instruktion gemaB hatte Raiser in Frankreich um Geldhilfe zu ver- handeln und den Konig Ludwig XV. als Garanten des Westfalischen Friedens von 1648 zum Schutze der ihm entzogenen Regierungsrechte aufzurufen. Obwohl in der Instruktion nicht ausdriicklich von einer militarischen Hilfe zur Restituierung Karl Leopolds in den Besitz seiner Lander die Rede war, richtete sich doch die Absicht darauf, daB Frankreich eine Armee nach Mecklenburg sende. Dafiir solite Raiser die Vermittlung des Mecklenburger Herzogs zwischen Frank¬ reich und RuBland, wo der Herzog bedeutenden EinfluB am Hofe zu haben vorgab, anbieten. Wie diese diplomatische Mission im Einzelnen verlief, wie Heil den Rat Raiser verdrangte, daB er ab- berufen wurde, kann ich nicht feststellen. Jedenfalls erweckten die Vorschlage Interesse in Pariš und der Staatsrat Gaspard Cuents de Hanneberg teilte im Auftrage Franz Chauvelins Heil mit, dem Her¬ zog Karl Leopold zu versichern, man wolle auf seine Wiinsche ein- 5 ) Hans Witte, Mecklenburgische Geschichte, Bd. II. Wismar 1913, 252—275, H. Benedikt, Franz Anton Graf v. Sporck (1662—1738), Wien 1923, 20, 24 fg. 379 gehen, falls er die Begriindung einer wahrhaften Freundschaft zwi- schen Frankreich und RuBland erreichen wiirde c ). Mit Billigung des Kardinal Fleury wurde nun Heil als auBer- ordentlicher Botschafter und bevollmachtigter Minister im Juli 1733 nach Petersburg geschickt. Dort war er mehr als einen Monat be- miiht, im Namen des Herzogs eine Erneuerung des franzosisch-russi- scben Allianzvertrages von Amsterdam (vom 15. August 1717) zu betreiben und Vorschlage zu einer wahren Freundschaft zwischen RuBland und Frankreich auf Grundlage der Wiedereinsetzung Sta- nislaus Leszczynskis zum polnischen Konig zu machen. Diese Be- sprechungen scheinen nicht lange geheim geblieben zu sein, da der englische Gesandte am Hofe der Zarin Anna in seinen Aufzeich- nungen liber ein Juli 1733 gemachtes franzosisches Bundnisangebot an RuBland berichtet. In Petersburg war man mit den allgemein gehaltenen Ausfuhrungen Heils nicht zufrieden und verlangte amt- lich beglaubigte Vorschlage Frankreichs. Nach Heils Heimkehr erlieB Herzog Karl Leopold am 7. Septem¬ ber 1733 ein allgemeines Landesaufgebot in der Hoffnung, daB ihm mit Hilfe der treuen Bevolkerung in den Stadten und auf dem Lande gelingen werde, das Land von den Exekutionstruppen zu saubern. Doch dauerten die Kampfe nur 3 Wochen. Ende September muBte Heil im Auftrage des Herzogs nach Danzig zu Stanislaus Leszczyhski und dem franzosischen Botschafter Anton Felix Marquis de Monti. Letzterem teilte er die Antwort des russischen Staatsmanns Oster- mann mit und bat, die von Petersburg gewiinschten Vorschlage zu besorgen. Beim Konig Stanislaus aber wollte er erreichen, daB ihn dieser bevollmachtigte, am rusisschen Hofe zu erklaren, Frankreich werde nicht nur angemessene Vorschlage durch einen bevollmachtig- ten Minister machen, sondern auch die fiir RuBland wider die Tiirken und andere unruhige Nachbarn notige Sicherheit verschaffen. Ob- wohl Heil langere Zeit in Danzig blieb, konnte er nicht erreichen, daB sich Leszczynski und Marguis de Monti einigten * * * * * 7 ). ®) Nach Aussagen Heils im Jahre 1735 (StA Wien, Alte Kabinettsakten, Finanzen E 7 nr. 57) und den Aufzeichnungen des Baron Raigersfeld (Hs 81, S. 176—178). Die diplomatischen Missionen Heils werden auch im Repertorium der diplomatischen Vertreter aller Lander II., hg. v. Friedrich Hausmann, Ziirich 1950, 221, 222 erwahnt. 7 ) V. Ger'e, Borba zu poFskij prestol v 1733 godu, Moskau 1862 (russisch), 415 fg., E. v. Puttkamer, Frankreidi, RuBland und der polnische Thron 1733, Osteuropaische Forschungen, N. F. Bd. 24, Konigsberg 1937, 98 fg. Uber Marguis 330 Heil scheint keine besondere Hoffnung auf einen Erfolg seiner diplomatisclien Bemiihungen gehabt zu haben, da er nach seiner Ruckkehr nach Schwerin um die Zuweisung der seiner Bestallung zukommenden Geschafte urgierte. 22. Janner 1734 beschwerte er sich an den Herzog, schon wieder 7 Wochen miiBig zu gehen, wahrend die zu seiner Funktion gehorende Arbeit „von anderen in vollen Verrichtungen und GenuB ohndem sitzenden meistens usurpiret" werde. Acht Tage spater klagte er aufs neue, daB man ihn von den ihm zukommenden Geschaften fernhalte. Auch behauptete er, daB die eigentlich zu seinem Ressort gehorenden, an den Herzog gerichteten Supliken von denen, die sie behandelten, zu unrecht- maBigen Einktinften ausgeniitzt wiirden, und erbot sich diese Kor- ruption zu beseitigen 4 ). Doch schon im Marž muBte Heil wieder nach Pariš reisen, um dort auf die erwahnten Vorschlage zu dringen. In Frankreich ant- wortete man ihm, der Pariser Hof ware bereit Herzog Karl Leopold zu helfen, wenn es diesem gelange, RuBland zur Einstellung der Feindseligkeiten und zur Annahme der franzosischen Vorschlage zu bewegen. Mit dieser Entscheidung muBte Heil wieder nach RuB¬ land (Marž—April 1734), wo man ihn jedoch zur Beibringung ge- nauerer Angaben abermals nach Frankreich verwies. Der Mecklenburger Herzog war mit der diplomatischen Tatigkeit Heils zufrieden und ernannte ihn im April 1734 zum wirklichen Hofrat * * * 8 ). Heil aber sehnte sich nach einer ruhigeren dienstlichen Tatigkeit und bat, ihm in seiner Bestallung „Arbeit, Session und Votum" in der Regierung zuzuweisen, da die Ernennung sonst an seinem arbeitslosen Zustande nichts andern wiirde. Auf Verlangen des Herzogs muBte er sich bei den „betrtibten Landes-Umstanden" mit einem Gehalt von 8 Reichstalern monatlich bei freiem Unterhalt fiir sich und die Seinigen begnugen. Als Heil abermals nach Pariš kam, gelang es ihm zugunsten Karl Leopolds einen ordentlichen Traktat abzuschlieBen. Danach versprach Frankreich: 1. dem Herzog jahrlich 2 Millionen Livres an Subsidien zu zahlen, de M o n t i vgl. Repertorium der diplom. Vertreter II. 120. Das Memorial von 1. Oktober 1733 befindet sich in den Archives du Ministere des Affaires Etrangeres, Pariš, Correspondence politique, Pologne, vol. CCX, 159. 8 ) Die Abscbrift der Bestallungsurkunde vom 29. April 1734 im Fasz. 122 (1756—IX—54) der Gubernialakten des Steiermarkischen Landesarchivs in Graz. 381 2. in allen Verhandlungen die Wiedereinsetzung des Herzogs mit einzuschlieBen, 3. den Feinden und Rebellen des Herzogs keinen Schutz zu ge- wahren, 4. mit Hilfe RuBlands dem Herzog zum Besitz seiner Lande zu ver- helfen, und 5. in der Person des Herzogs dieGarantie des westfallischenFriedens zu schiitzen. Aus diesen Verhandlungen und Heils Memorandum von 1. Okto¬ ber 1733 geht hervor, daB RuBland von seinem Biindnisse mit Oster- reich abgezogen werden und einem Biindnisse mit Frankreich, Schwe- den und Mecklenburg beitreten solite. Ferner solite RuBland die Kandidatur des Kurfursten von Sachsen aufgeben und die Wahl Leszczynskis zum Konig von Polen unterstiitzen oder wenigstens Neutralitat bewahren. Dagegen solite Frankreich die russischen Er- oberungen in Schweden garantieren und fiir die Erhaltung des Friedens zwischen RuBland und der Tiirkei sorgen. Schweden solite seinen einstigen Ostseeprovinzen entsagen, RuBland und Frankreich aber dafiir Schweden bei der Wiedereroberung der verloren ge- gangenen Flerzogtiimer Bremen und Verden Hilfe leisten. Der Her¬ zog von Mecklenburg verpflichtete sich aber eine Armee von 24 000 Mann aufzustellen. Die Erhaltungskosten sollten zur Halfte Frank¬ reich und RuBland bestreiten 9 ). Mit diesen Entwxirfen eilte Heil nach RuBland, um den Hof zur Annahme der Vorschlage zu bewegen. Wahrenddessen hatten aber die russischen und sachsischen Truppen Danzig eingenommen, Leszczynski muBte nach Konigsberg fluchten, Marquis de Monti wurde gefangen genommen. U.nter diesen Umstanden muBte die diplomatische Mission Heils erfolglos enden. Deswegen war man in Pariš stark entriistet und behauptete 1736, der russische Hof „nous a trompe et trahi notre secret" 10 ). Am Hofe des Mecklenburger Herzogs schob man die ganze Schuld Heil zu und meinte, er habe durch seine unausfiihrbaren Plane alles verdorben. Dieser beklagte sich (17. Janner 1735), er werde nicht nur „auf eine pure, gottlose Verlaumbd-und Verfolgung eines frembden.als einFeind bekanndten Ministers und auf das ungewissenhafte Zurathen" des im Dienste Karl Leopolds stehenden Geheimrats Wolff vom Herzog „ungnadig 9 ) Vgl. Heils Memorial von 1. Oktober 1733 und V. G e r ' e , o. c. 415. 10 ) G. C. F. L i s c h , Liscows Leben, Jahrbiicher des Vereins f. mecklenburgische Geschichte und Alterthumskunde 10. Jg. 1845, 132 fg., 158 fg., 163, 169. 382 angesehen", sonden auch von seiner „gerechten Justification ab- gehalten". Er habe sogar erfahren miissen, daB liberall von einer exemplarischen Bestrafung die Rede sei, die er wegen seiner in letzter „Expedition bezeigten negligence, iibler Conduite und un- pardonablen Verbrechen" zu erwarten habe. Bitter klagt Heil, er habe sein GKick verscherzt, seine Gesundheit ruiniert und stehe nun bei diesem empfindlichen, obwohl unverdienten Tadel in einem zu nichts als zu Hoffnungslosigkeit ftihrenden MiiBiggang fast ohne Mittel da. Daher wolle er sich auf keinerlei Weise mehr in aus- wartigen Angelegenheiten gebrauchen lassen. Er bat den Herzog, ihn im Justizdienst zu beschaftigen oder zu gestatten, in anderen Landen fur sich sorgen zu diirfen d. h. ihn zu entlassen 4 ). Zur selben Zeit entschied sich das Schicksal des Herzog Karl Leopold. Sein Bruder Christian begann die Festung Schwerin zu belagern. Als die Truppen am 9. Februar 1735 in die Stadt ein- drangen, entwich Karl Leopold in das schwedische Wismar, die Ver- teidiger zogen sich aber in das Schweriner SchloB zuriick. Elier fand man auch den wegen der franzosischen „Negotiation" in Verdacht geratenen Hofrat Heil unter dem Schutze des Generalmajors von Platna. Herzog Christian Ludwig erachtete es als tunlich, ihn liber seine diplomatischen Missionen zu vernehmen und seine Schriften durchsehen zu lassen. Heil gab sogleich freiwillig seine Briefschaften heraus und erklarte sich bereit, nach Butzow, wo Herzog Christian weilte, zu kommen und von seinen Verrichtungen Bericht zu er- statten. Dort gab er in Gegenwart des Geheimrates von Pachler und des geheimen Kanzleirates von Klein genaue Auskunft liber seine Reisen und behauptete, das Ziel Herzog Karl Leopolds ware gewesen, sich vom Reich zu trennen, das alte Konigreich der Wenden wieder aufzurichten, sich mit seiner Maitresse, der Witve des 1723 hingerichteten Geheimrats von Wolfrath, einer unehelichen Tochter des Herzogs Friedrich Wilhelm von Mecklenburg-Schwerin, zu ver- mahlen, ihr Kind zu legitimieren und seinen Bruder (Herzog Christian Ludwig) samt der librigen fiirstlichen Familie von der Nachfolge auszuschlieBen. Herzog Christian sandte Heils Aussagen nach Wien, wo auf Befehl Karl VI. eine Hofdeputation, bestehend aus dem Reichshofratsprasidenten Johann Wilhelm Grafen von VVurmbrand, dem Reichshofratsvizeprasidenten Anton Grafen von Hartig und dem Reichshofrat Johann Christian Knorr von Rosenroth 10 *), das Straf- »«aj UbeF die erwahnten Mitglieder der Hofdeputation vgl. Wurzbach, Biograph. Lexikon d. Kaiserthum Dsterreich, Bd. 58, 290 fg., Bd. 7, 397, Bd. 12, 172. 383 verfahren gegen Heil einleitete. Man lieB ihn nach Wien bringen, wo er im Stockhaus etwa 17 Monate lang saB. Graf von Basewitz, der Wiener Gesandte des Herzog Christian Ludwig, und von Wacker- barth, der Vertreter der Mecklenburger Ritterschaft gaben keine vorteilhaften Aussagen. Daher wurde Heils Verteidigung als un- erheblich verworfen, er selbst des Verbrechens der Majestatsbe- leidigung und des Hochverrates gegen den Kaiser und das Reich schuldig erkannt und zum Tode mit dem Richtschwerte verurteilt. Aus seinem Kerker schrieb Heil etwa 35Briefe und einige Memoriale, in welchen er um Gnade und Vermittlung bat 6 ). Inzwischen hatten die geheimen Verhandlungen zwischen Frank- reich und Dsterreich im Oktober 1735 zum AbschluB des Wiener Praliminarfriedens gefiihrt. Auf Grund einer allgemeinen Amnestie, welche damals erlassen wurde, empfahl man auch Heil der kaiser- lichen Gnade. Er versprach eine Urfehde zu beschworen, daB er den Reichs- und Mecklenburger Landen entsagen wolle, und wiinschte sich mit seiner Familie in Niederosterreich niederzulassen, was man ihm aber, da er Lutheraner war, nicht erlauben wollte. Laut kaiser- licher Resolution von 25. November 1735 verpflichtete sich Heil auf ewig alle kaiserlichen Erblande zu meiden und wurde aus der Haft entlassen. Dem neuen Herzog von Mecklenburg schrieb man aber, auf Heil achtzuhaben, falls er nach Mecklenburg zuruckkehrte, damit er sich vom Herzog Karl Leopold nicht mehr zu gefahrlichen Dingen verleiten lieBe, denn er hatte sich eidlich verpflichtet, sich kiinftig- hin zu keinen Ratschlagen, Verschickungen oder was sonst immer gegen den Kaiser und das Romische Reich laufen wiirde, gebrauchen zu lassen 11 ). Heil wandte sich zunachst nach Rostock, wo die lcaiserliche Kom- mission unter Christian Ludwig als Administrator saB. Von hier schrieb er am 7. Janner 1737 an den Herzog Karl Leopold, machte ihn auf das Ungliick aufmerksam, das ihm wegen seiner dem Herzog treu geleisteten Dienste zugestoBen war und bat um eine formliche Entlassung aus dem Dienste und um Vergiitung der Verluste, die er bei seinen Reisen und Geschaften an seinem Vermogen und der vaterlichen Erbschaft erlitten habe. Der Herzog wollte aber davon nichts horen, beschuldigte ihn vielmehr offenbarer Untreue und iiblen Betragens und behauptete, daB keine Gewalt in der Welt Heil von dem streng verpflichtenden Diensteid ohne Zustimmung des Herzogs dispensieren konne. Darauf antwortete Heil, er sei kein 11 ) H. W i 11 e , a.a.O. 281, Alte Kabinettsakten, Finanzen, E 7 nr. 57, StA Wien. 384 so „sklavisches Engagement" eingegangen. Spater wandte er sich noch einmal (am 19. Februar 1737) brieflich an den Herzog, er er- warte dessen Entscheidung auf seine Vorstellungen 4 ). Erst im J. 1739 gelang es ihm durch Empfehlungen in Sachsen beim Kurfiirsten Friedrich August II. (1733—1763), der gleichzeitig polnischer Konig war, einen Dienst zu erhalten. Mit Dekret von 14. bzw. 17. Marž 1739 wurde Heil unter dem Titel eines kursachsischen Kammerkommissionsrats zum Justizbeamten beim Ani te Delitzsch bei Leipzig ernannt. Fiir seine Dienstleistungen solite er jahrlich 96 Taler und 6 Groschen als Gehalt, 10 Taler und 12 Groschen fiir Schreibmaterialien, an Naturalien aber 15 Dresdener Scheffel Korn, 18 Klafter Scheitholz und 10 Schock Reisig erhalten. Uber die Tatig- keit Heils in sachsischen Diensten finden sich in den Akten des Sachsischen Landeshauptarchivs in Dresden keine naheren Anga- ben 12 ). Es ist fraglich, ob er als Lokalbeamter wirklich zu so wichtigen zentralen Aufgaben herangezogen wurde, wie er es im J. 1749 dem Baron Raigersfeld gegeniiber behauptet hat. Heils Vorgesetzter war der schlaue und gewissenlose Emporkommling und machtige Minister Johann Christian Graf von Hennicke. Er war die rechte Hand des Kammerprasidenten und Ministers Heinrich Grafen von Briihl. Beide regierten das Land und burdeten durch Unfahigkeit und maBlose Verschwendung dem sachsischen Staate eine groBe Schuldenlast auf. Heil behauptete Raigersfeld gegeniiber, er habe sich mit dem Grafen von Hennicke entzweit, weil er Minister Briihl unmittelbar verschie- dene Projekte vorgelegt habe, wie das Finanzwesen besser einzu- richten ware. Seither sei ihm Hennicke nicht mehr hold gewesen. Deshalb beklagte sich Heil beim Kurfiirsten und begehrte im J. 1745 seine Entlassung. Friedridh August war angeblich damit einverstan- den und gab dem Grafen Hennicke den Auftrag, Heil eine bestimmte Geldsumme auszuzahlen. Da Hennicke sein Wort nicht hielt und ihn lacherlich behandelte, reiste Heil angeblich zum Kurfiirsten und zum Minister Grafen Briihl, welche damals in Polen weilten, und erstattete ihnen iiber die Handlungsweise Hennickes Bericht. Der Kurfiirst wollte Heil einen entsprechenden Dienst in Polen verschaf- fen, doch konnte dies ohne Zustimmung des Grafen v. Hennicke nicht geschehen. Daher forderte Heil auf jeden Fali seine Entlassung und gab an, er gedenke nach Berlin zum Konig von PreuBen zu 12 ) Die Abschrift des Pflichtscheines vom 23. Marž 1739 in Fasz. 122 des Steierm. Landesardiiv, Graz. 385 gehen, wo er in Stargard (Brandenburg) . Beschaftigung zu finden hoffe. Deswegen drohte ihm Graf Briihl anfangs mit Arrest, schlieB- lich gab man ihm aber doch verschiedene Empfehlungsschreiben, so an den osterreichischen Minister Philipp Grafen Kinsky, an den Grafen Friedrich Harrach, an den kaiserlichen Obersthofmeister Fiirsten Johann Josef Khevenhiiller-Metsch und an den sachsischen Gesandten am VViener Hof, den Staatsminister Christian Grafen von LoB. Als Heil, in Wien angekommen, dem Grafen Kinsky sein Kredenzschreiben vorlegte, erklarte dieser, er habe noch nie eine solche Empfehlung gelesen. Wenn Heil wirklich ein so hervorragen- der Finanzmann sei, wie er im Schreiben gepriesen werde, wundere es ihn, daB man ihn nicht in Sachsen beschaftige, wo man ihn in solchen Dingen gewiB stark benotigen wiirde. Kinsky gab ihm auch einige Male Auftrage, doch zog sich die Frage seiner Anstellung in die Lange. Daher folgte Heil schlieBlich einer Empfehlung des Grafen von LoB an den sachsischen Gesandten in Miinchen 13 ). Dort war nach Ansicht Heils die wirtschaftliche Vervvirrung noch groBer als in Sachsen. Der junge Kurfiirst Maximilian III. Josef (1745—1777), der von seinen Ministern regiert wurde, suchte gerade jemanden, welcher die Bergwerke und Manufakturen des Landes untersuchen und in besseren Stand bringen solite. Wie Heil im J. 1749 angab, war der Kurfiirst bereit, ihn sogleich in die Bergwerke zu schicken. So meldete sich Heil in kurfurstlichem Auftrage beim Kammerprasidenten Ignaz Felix Grafen Torring und bat um Aus- fertigung des Dekrets. Als ihn der Kurfiirst etliche Tage spater beim Hofe zu Nymphenburg sah, lieB er ihn fragen, warum er noch nicht abgereist sei. Heil antwortete, er habe noch kein Dekret erhalten und miisse auf den Hofkammerrat Kassel warten, der ihn begleiten solle. Doch wiinschte er bei den in den Bergwerken zu machenden Proben keinen Zuschauer zu haben. Auch verstehe Kassel als Schneider nichts von diesen Dingen. Der Kammerprasident ent- schuldigte sich beim Kurfiirsten, Kassel sei nur deswegen zur Be- gleitung Heils beordert worden, weil dieser im Lande fremd sei und Kassel ihm behilflich sein konnte. Der Kurfiirst verlangte angeblich, 13 ) Nach den Notizen des Baron Raigersfeld in Hs. 81 StA Lj., S. 178, 181, 187—188. Uber Heinrich Grafen Briihl vgl. Allgemeine Deutsche Biographie III., 411 fg., uber Christian Grafen v. Loss vgl. Repertorium der diplom. Vertreter II. 331, 333, 337, liber Friedrich Grafen Harrach, Fiirsten J. J. Khevenhuller-Metsch und Philipp Grafen Kinsky vgl. Wurzbach, o. c. Bd. 7, 375, Bd. 11, 211, 300. und Fr. Walter, Manner um Maria Theresia, Wien 1951. 386 daB Heil sofort abgefertigt werde und daB ihn dabei niemand be- gleite. Trotzdem zog sich die Angelegenheit in die Lange. Heil er- fuhr, daB sich der Obersthofmeister der Kurfiirstin, Graf Franz Josef von Seinsheim, der in der Regierung entscheidenden EinfluB besaB, geauBert habe, er wolle Heil als Sachsen keine Anstellung geben. Daher bat Heil den Kurfiirsten um seine Entlassung. Unter diesen Umstanden war Heil auf die fiihrende Beamtenschaft Bayerns nicht gut zu sprechen 14 ). Wahrend seines Aufenthalts in Munchen war er durch den sach- sischen Gesandten mit dem dsterreichischenbevollmachtigten Minister in Bayern, Rudolf Grafen Chotek von Chotkowa bekannt gewor- den 15 ). Dieser iiberredete ihn, er moge wieder nach Wien ko m m en und gab ihm ein Empfehlungsschreiben an den Grafen Kinsky. So kam Heil am 18. August 1748 abermals nach Wien. Graf Kinsky v/ollte ihn in Bohmen beschaftigen, doch zeigte Heil keine Lust dazu. Der sachsische Gesandte hatte ihn auch mit dem fiihrenden Staats- manne Maria Theresias, mit dem Grafen Friedrich Wilhelm Haug- witz bekannt gemacht. Dieser empfahl ihm, sich mit einer Denkschrift an die Kaiserin zu wenden und um eine Anstellung zu bitten, doch wollte er das Memorial nicht selbst prasentieren, sondern wies ihn an den Obersthofmeister Khevenhiiller. Heil brachte seine Bitte beim Fiirsten vor und iiberreichte das Memorial. Der Obersthofmeister wurde miBtrauisch, warum Graf Haugwitz die Denkschrift nicht selbst vorzulegen wiinsche, versprach aber doch es zu tun. Als wahrend der nachsten Konferenz bei der Kaiserin die Kommerzangelegenheiten aufs Tapet kamen, meldete Haugwitz, daB ein Memorial von Heil bei der Herrscherin eingebracht worden sei. Erst bei diesen Worten zog Khevenhiiller die Denkschrift aus der Tasche und prasentierte sie Maria Theresia, die darauf Haugwitz den Befehl erteilte, Heil zur Audienz vorzuladen. Bei dieser Gelegenheit versprach ihm die Kaiserin einen standigen Dienst als Hofkammerrat. Bald darauf aber machte auf Anstiftung Sdnvandtners ein Minister die Herrscherin auf die alte mecklenburgische Affare aufmerksam. Fleil befand sich eben beim Grafen Haugwitz, als dieser ein Billet von Maria Theresia erhielt, daB es mit Heil Anstande gebe. Gleichzeitig lieB sich die Kaiserin liber die Angelegenheit vom GrafenWurmbrand und Grafen 14 ) Hs. 81 des StA Lj., S. 188, 189, 212, M. Doeberl, Entwicklungsgeschichte Bayerns, II. Bd. 3. A., Munchen 1928, 290—312. Uber Ignaz Felix v. Torring vgl. Allgemeine Deutsche Biographie 38. Bd., 461 fg. ls ) Uber Grafen Chotek vgl. Repertorium der diplom. Vertreter II., 9, 51, 252. 387 Hartig Auskunft erteilen. Es scheint, daB.besonders Schwandtner be- strebt war, die Anstellung Heils zu hintertreiben. Obwohl die In- struktion fur Heil schon unterschrieben war, wo.llte man ihn nicht in Wien anstellen, sondern sandte ihn, vielleicht auf Anraten von Haugwitz, welcher damals bedeutsame Verfassungs- und Verwal- tungsreformen in Krain durchgefiihrt hatte, nach Laibach (Ljubljana). Heil selbst war der Meinung, man habe ihn hieher geschickt, um ihn vom Hofe zu entfernen. Nach den Eintragungen im Diarium des Hofkammer- und Regie- rungsrats Baron Raigersfeld kam Heil Mitte Marž 1749 in Laibach an. Er brachte ein Kredenzschreiben an den Prasidenten der kgl. De- putation, Johann Seifried Grafen Herberstein mit 16 ). Doch verfolgten ihn die Hofintrigen auch hieher. Eine bei der Kaiserin bestens akkre- ditierte Person schrieb dem Grafen Herberstein, Heil habe sonder- bare „Zufalle" in der Welt gehabt, daher miisse man mit ihm behut- sam umgehen und die „Pulst demselben wohl zugreifen, bevor man ihn allzu tief einsehen lasse". Sonderbar klang auch ein Schreiben des Geheimen Kammerzahlmeisters Karl von Dier, mit dem dieser Herberstein auf Befehl der Kaiserin mitteilte, dah fur die Erhaltung Heils jahrlich 1200 Gulden zur Verfiigung stiinden, daB aber die Quittungen fur die Quartalraten Herberstein selbst unterschreiben und an das Geheime Kammerzahlamt senden solle. Der Name Heils sei zu verschweigen und durfe in keine Rechnung kommen 17 ). Christian Wilhelm Heil verstand es, Beziehungen zu den fiihren- den Kreisen der Gesellschaft in der Provinzhauptstadt anzukniipfen und trat auBerst selbstbewuBt auf. Franz Heinrich Baron Raigersfeld fand ihn angenehm im Gesprach, kenntnisreich, er schien aber iiberall unbeliebt gewesen zu sein und nirgends seine Zufriedenheit gehabt zu haben. Nach der Meinung Raigersfelds habe Heil auch am Wiener Hofe nicht viel Stiitze und werde wohl auch in Krain kaum viel erreichen 16 ). Zunachst schien es, daB Heil bei den durch den Grafen Rudolf v. Chotek, welcher die Leitung der Ministerialdeputation ubernom- men hatte, erneuerten Kommerzamtern eine standige Beschaftigung finden werde. Herberstein schlug (20. Marž 1749) als Mitglieder des aufzustellenden subdelegierten Krainer KommerzkonseBes neben 16 ) Hs. 81, S. 188—191. A. Luschin v. Ebengreuth, Die Freiherren von Raigersfeld, Glasnik muzejskega društva za Slovenijo XI (1930), 36—42, XII (1931), 18—32. Uber J. S. Grafen Herberstein vgl. Wurzbach, o. c. Bd. 8, 339. 17 ) Herberstein, Bericbter von Anno 1754, StA Lj., unter 18. Janner. 388 Baron Raigersfeld als Vorsitzenden, Josef Baron Janeschitsch und den „unlangst hieher gekommenen, mit einer ganz ausbiindigen und ohne Zweifel bekannten Erfahrenheit begabten Hofkammerrat Heil, welcher schon eine Pension genieBt", als Assessoren vor 18 ). Am nachsten Tage besichtigte eine amtliche Kommission der kgl. Depu- tation die in finanzielle Schivierigkeiten geratene Seidenmanufaktur des Bartholomaus Čebul in der Stadt. Auch Heil nahm teil und gab dem Unternehmer sehr entsprecbende Empfehlungen, so beziiglich der Damast- und Sevigliastoffe, deren Erzeugung zu viel koste und sich die Dessins hierin zu rasch anderten; daher solite der Unter¬ nehmer lieber Sommerstoffe nach Art des Briisseler Camelots er- zeugen 19 ). In ahnlicher amtlicher Funktion besichtigte Heil am 28. April mit Baron Janeschitsch die ehemals landstandische, seit 1747 Friedrich Weitenhillerische Tuchfabrik in Selo bei Laibach. Auch da machte Heil verschiedeneBemerkungen. So empfahl er die Erzeugung von Schiffboy nach bayerischem Muster, wie derselbe in Landshut erzeugt und liber Tirol nach Italien verkauft wurde, um in den italie- nischen und levantinischen Seehafen vertrieben zu werden 20 ). Heil verstand es, sich ziemlich rasch bedeutende Kenntnisse von der Be- schaffenheit des Landes und seinen aktuellen wirtschaftspolitischen Fragen zu verschaffen. Er behauptete, nach Krain geschickt worden zu sein, um Vorschlage zur wirtschaftlichen Hebung des Landes zu machen. Schon im ersten Monate seines Aufenthalts in Krain legte er zwei umfassende Promemorien in Fragen des geplanten „Univer- sallcommerzes" dem Graf en Haugwitz vor, von wo sle an den Grafen Chotek weiter gingen. Ebenso beteiligte er sich an den den Kommerz betreffenden Fragen bei der Reprasentation und Kammer, welche mit 23. Mai 1749 an die Stelle der kgl. Deputation trat. Ab 1. Mai 1749 bewilligte man ihm einen Gehalt von 1500 Gulden aus der Krainer Kameralkasse 21 ). Die Vielseitigkeit seines Interesses fiir theoretische und prak- tische Fragen der Nationalokonomie sind aus dem Inhaltsverzeichnis eines umfassenden Werkes zu ersehen, welches Heil unter dem Titel „General Kommerzialsystem fiir die gesamten k. k. Erblande" zu- sammengestellt haben soli 22 ), welches aber in den hiesigen Archiven 18 ) Kommerzkommission M 12, StA Lj. 19 ) SdiloBarchiv Dol, Schachtel 43, StA Lj. 20 ) Ebendort. 21 ) Rb 1749, fol. 161, StA Lj. 22 ) SdiloBarchiv Dol, Schachtel 43. 389 nicht erhalten ist und allem Anschein nach nicht veroffentlicht wurde. Heil behauptete audi in industriellen und kaufmannischen Unter- nehmungen bedeutende Erfahrungen zu haben. So gab er an, in der Fabrik in Suhi (Henneberg), wo allerhand Flinten, Musketenrohre, Degen, Klingen und geschmiedete Kanonen verfertigt wurden, tatig gewesen zu sein. Dieses bedeutende Unternehmen bestand schon zu Beginn des 18. Jh.s 23 ). Wie bei demselben Heil beteiligt war, ist mir nicht bekannt. In Laibach machte er den Vorschlag einer Handlungs- kompanie und gewann dafur den Graf en Herberstein. Wie es den Anschein hat, handelte es sich um das Projekt, den Handel mit ge- rauchertem und gesalzenem Fleisch einzufuhren 24 ). Wenn man den lebhaften Verkehr auf der Sawe aus Kroatien und dem Banat und die Moglichkeit, die Schiffe im Triester Hafen mit Pokelfleisch zu ver- sorgen, beriicksichtigt, war der Plan nicht schlecht und, wie es im J. 1756 Theodor von Schley gezeigt hatte, auch ausfiihrbar 25 ). Baron Raigersfeld notierte noch ein anderes Projekt des Hofkammerrats Heil: der Wiener Hof moge ihm an Stelle der Pension die Kameral- herrschaft Adelsberg (Postojna) am Karste lebenslanglich iiberlassen, worauf er das dortige Gestiit auf besseren FuB bringen wolle 26 ). Doch schon im Herbst desselben Jahres hatte sich Heil so arg mit dem Graf en Herberstein zerstritten, daB ihm dieser seither Feind war 27 ). Auch Graf Chotek, welcher auf einer Dienstreise nach Triest am 15. Oktober 1749 Laibach beriihrte, auBerte Baron Raigersfeld gegen- iiber, er halte von Heil nicht viel. Sein Projekt einer Handlungs- kompanie bezeichnete er als lacherlich. Es ist daher verstandlich, daB Raigersfeld nicht Heil, sondern den bekannten GroBkaufmann Michel¬ angelo Baron Zois und den unternehmenden Laibacher Biirgermeister Matthaus Franz Peer zu Mitgliedern des Krainer KommerzkonseBes, der erst jetzt ins Leben trat, in Vorschlag brachte. Heil war enttauscht und erwartete im Dezember 1749 die Geneh- migung aus Krain abreisen zu diirfen 28 ). Als nun aus Wien keine Nachricht kam, legte er dem Kommerzdirektorium den Plan einer Fabrik zur Erzeugung von Starke und Haarpuder aus Kartoffeln samt 23 ) Nadi Mitteilung des Sachsischen Landeshauptarchivs und den Notizen Raigersfelds in Hs. 81. 24 ) Diarium Raigersfelds I. 555, 631, StA Lj. 25 ) H. H a 1 m , Dsferreich und NeuruBland I. Donauschiffahrt u. -handel nach dem Siidosten 1718—1780, Breslau 1943, 85 fg. 26 ) Diarium Raigersfelds I. 555. 27 ) Ebendort I. 633, 658. 28 ) Ebendort I. 631. 390 einer Papiermiihle vor, die er auf einem bereits ausgehackten Teile des Laibacher Stadtwaldes zvvischen der Gradaščica und dem „Mali graben" zu griinden wiinsche, um dadurch den Generalien gemaB „das frevelhafte Betteln und den degenerierenden MiiBiggang" im Lande abzuschaffen, aber auch um zur Forderung des „Commercii" in Krain beizutragen. In seinem Memorial ersucht er um eine Reihe auBerordentlicher Konzessionen und Privilegien. Zunachst wiinscht er das Gut Rosenbiichl (Podrožnik) mit seinen Vorrechten von Josef de Panzera und einen bestimmten Teil des sogenannten Stadtwaldes vom Magistrat moglichst billig zu erwerben. Die anzulegende Starke- und Puderfabrik soli in Krain ein „privilegium privativum" erhalten. Um der Papiermiihle die notigen Hadern zu sichem, soli die Hadern- ausfuhr verboten werden, auch diirfe keine weitere Papiermiihle im Lande errichtet werden. Die unbrauchbaren Fetzen sollten direkt an die Fabrik bzw. die von ihr beauftragten Sammler, entweder wie in anderen Landern gebrauchlich, gegen Tausch mit Kurzwaren oder auch gegen Barbezahlung abgegeben werden. Um aber fiir die Fabrik den notigen Rohstoff (Kartoffeln) zu sichern, bat Heil um ein ahn- liches Vorrecht, wie man es Markuš Anton Perizhoffer im J. 1740 fiir Maulbeerbaume in Krain zugestanden hatte, namlich das Recht, im Umkreise von einer Meile auf allen Hiigeln, Heiden, Angern, iiber- haupt allen unbebauten Griinden Erdapfelplantagen anzulegen, falls die Eigentiimer dieser Grundstiicke den Boden nicht selbst binnen Jahresfrist kultivierten. Heil soli auch berechtigt sein, diesen neube- pflanzten Grund und Boden einzuzaumen, mit Wohnstatten zu ver- sehen, mit Untertanen zu besetzen und als eine „res derelicta" zu okkupieren, also damit ohne etwas dafiir zu leisten, als mit seinem tatsachlichen Eigentum frei und nach Wohlgefallen verfiigen zu diirfen. Auf dem ausgehackten Stiick Stadtwald beabsichtigte er 12 Doppehvohnungen fiir 24 Familien armer Leute aufzubauen. Dies sollten die ersten Bewohner des zu kolonisierenden Dorfes sein. Heil forderte fiir sich auch das „dominium" iiber das neue Dorf, die Orts- gerichtsbarkeit sowie den Gerichts- und Dienstzwang iiber die Ein- wohner. Die Fabrik soli ein doppeltes unterschlachtiges Wasserrad mit zwei Wellen treiben, welche die Stampfen in Bewegung setzen sollten. 10 sollten der Starkefabrik, 6 der Papiermiihle dienen. Die letztere wiirde das fiir die Starkefabrik notige FlieBpapier liefern. Von den Abfallen der Starkefabrik sollten 130—150 Schweine ge- mastet, ihr Fleisch und Speck geselcht und gepokelt und als Schiffs- proviant nach Triest verkauft werden. Jede Siedlerfamilie erhielte 391 Haus, Garten und einen Teil der Kartoffelpflanzung zugewiesen, miiBte sich aber verpflichten, alle landwirtschaftlichen Arbeiten zu verrichten, die Halfte der Frucht abliefern, von der anderen Halfte, soweit sie die Familie nicht selbst verbrauchen solite, der Starke- fabrik zum Ankauf anbieten. Von den zu mastenden Schweinen ware ebenfalls die Halfte unentgeltlich abzugeben. Von den zu haltenden Kiihen ware der Meiereizins zu zahlen. An sonstigen Abgaben waren noch 2 Ganse und 4 Hiihner jahrlich vorgesehen. Als Leistun- gen werden scblieBlich noch 2 Tage wochentlich Handrobot aller uber 8 Jahre alten Einwohner sowie Spinnen von 8 Pfund groben und 2 Pfund feinen Flachses oder Hanfgarns erwahnt. Fiir das personliche Verhaltnis der Siedler ist die Leistung eines Untertaneneides aller Volljahrigen, sowie bewaffneter Wacht- und Folgedienst fiir je 2 Manner aus jedem Hause bezeichnend 29 ). Prinzipiell hatte man in Wien gegen das Gesuch keine Bedenken, legte aber die Angelegenheit imJannerl750 den Krainer Standen, dem Laibacher Stadtmagistrat und dem Krainer KommerzkonseB zur Be- ratung vor 30 ). Der Stadtmagistrat wies darauf hin, daB die Stadt in dem Waldanteile das „jus lignandi" besitze, miisse auch die aus- gehackte Flache sukzessive aufforsten. AuBerdem hatten im Walde zahlreiche Grundherrschaften das Weiderecht (die Deutschordens- kommende, die bischofliche Pfalz, das Jesuitenkollegium, die Herr- schaften Stroblhof (Bokalce), Moostal (Zablato), Lukovica und Hil- zenegg (Lesno brdo)) 31 ). Heil drangte auf die Abhaltung einer Lokal- beschau, die auf den 12. Marž anberaumt wurde. Hier betonte er die Gemeinniitzigkeit seiner geplanten Untemehmungen. Zur Kommis- sion war ohne Ladung der fiirstlich auerspergische Giiterinspektor de Werth erschienen, um Heil im Namen des Ftirsten Teile der Grund- herrschaft Seisenberg (Žužemperk) in Unterkrain, wo bereits eine Papiermiihle bestand, oder eventuell den Vitticher(Utik)wald bzw. den Herzogsforst bei Krainburg (Kranj) anzutragen 32 ). Die Vertreter der interessierten Grundherrschaften, auch des Stadtmagistrats hatten ihre Vorstellungen schriftlich bei der Verordnetenstelle eingereicht und behaupteten, keine bindende Erklarung geben zu konnen, bevor 29 ) RK Fasz. XII. Fabriquenwesen, sect. 10, StA Lj. 30 ) Rb 1749, fol. 402—403, Kommerzkommission S 8/1, StA Lj. 31 ) Rb 1750, fol. 74, RK Fasz. XII, Fabriquenwesen sect. 10, Mittheilungen des histor. Ver. f. Krain 1863, 23. 32 ) Diarium Raigersfelds I. 705—707, 710, 712—714, Fiirst Auerspergiscbes Archiv, derzeit im Verwaltungsarchiv (Wien), Kasten 13, Fasz. 32, Konvolut 9. 392 die Stande auf dem Landtage eine Entscheidung getroffen hatten. Das stadtische Memorandum lehnte Heil's Plan aus folgenden Griin- den ab. Die Stadt konne ihren Waldanteil nicht abtreten, weil da- durch das Weide- und Jagdrecht zahlreicher Grundherrn und Ge- meinden beeintrachtigt ware. Heil wiinsche mit geringfiigigen Kosten eine Gmndherrschaft zu schaffen. Doch sei es nicht angangig, mit dem MiiBiggang ergebenen und der Arbeit ungewohnten Bettlern Grundstucke zu besetzen. Wenn dies moglich ware, hatten es die Grundherrschaften in Krain, die odeHuben haben,schon langst selbst getan. Handelte es sich dabei um gebrechliche und krankliche Leute, so waren diese zur Arbeit in der geplanten Fabrik und Plantage, be- sonders aber zu schwerenLeistungen untauglich. Gesunde und frevel- hafte Personen seien des Landstreichens gewohnt und konnten ohne Gebrauch der Gewalt nicht zur Arbeit verhalten werden. Daher wiir- den sie meist als Rekruten oder zu offentlichen Arbeiten unter Auf- sicht gestellt. Hier, an der HauptkommerzialstraBe zum Litorale, wurden die Ansiedler aus Mangel an Lebensmitteln im Raub ihren Verdienst suchen. Als bauerliche Hintersassen konnten sie nicht gelten, da ihnen weder Acker noch Weiden und Wiesen, vor allem aber auch keine Beholzung, die unentbehrlich sei und ohne die in Krain kein Untertan bestehen konne, angewiesen wiirden. AuBerdem wiirden Heils Siedler mit in Krain nicht iiblichen Lasten belegt, sie miiBten sogar die ihnen von Natur aus zustehende personliche Frei- heit abschworen. Das an der Gradaščica angelegte Stampf- und Miihlenhaus wurde auch Scliaden verursachen. Schon ein geringes Ansteigen des Wasserstandes hatte namlich eine Uberschwemmung der Umgebung und eines Teiles der KommerzialstraBe zur Folge. Heil habe auBer seiner Pension auch keine Geldmittel zur Ver- fiigung, um das gesamte Gebiet abzukaufen oder zu erhalten. Es stehe ihm aber frei, in einem anderen Teile des Landes Grundstucke zu erwerben. Heils Projekt betone schlieBlich zu stark seinen Privatnutzen, denn er verlange ein Produktionsmonopol fiir Starke und Haarpuder, woran im Lande kein Mangel bestehe. Sobald man ihm das Monopol zugestehen wiirde, wiirden einige arme Familien, die in der Stadt Starke und Haarpuder aus Weizen herstellen, ihr Brod verlieren. In Krain bestunden schon 3 Papiermiihlen, in Seisenberg (Zužemperk), in Ratschach (Radeče) und bei Bischoflack (Škofja Loka). Die erste versehe fast ganz Kroatien und den groBeren Teil der Stadt Laibach mit Papier, die zweite verschleiBe etwas weniger Papier, die dritte 393 habe aber wegen Mange! an Hadern die Arbeit eingestellt 32a ). Daher ware es angemessener, die bestehenden Papiermiihlen zu groBerer Produktion zu verhalten als eine neue zu errichten. Wegen des lehmigen Bodens sei auch das triibe Wasser der Gradaščica fiir die Papiererzeugung unbrauchbar. Fiir einen so „stattlichen, in vielen Teilen der Welt versierten Mann" ware es entsprechender, wenn er z. B. eine Tuchfabrik oder die verfallene Seidenmanufaktur des Čebul wieder aufrichten wollte. Die Halfte der Friichte den Untertanen ab- zunehmen und einen Halbpart (mezzadria)-Vertrag zu schlieBen, sei nur dort Brauch, wo wie z. B. in Italien, dem Kolonen keine anderen Lasten aufgebiirdet werden, nicht aber in Krain, wo auBerste Be- miihung notwendig sei, um etwas zu fechsen. Wie unerhort niedrig die den Siedlern angebotenen Arbeitslohne waren, werde aus ihrer Gegeniiberstellung zu den landesiiblichen Satzen ersichtlich: Angebot landesiibl. Satz Kreuzer Kreuzer Spinnen von Flachs oder Hanf, pro Pfund 6 17 Stricken von Wollgarn pro Pfund 8 21 Weben von Leinwand pro Štab 7 14—17 Nach dem Projekte Fleils soli die Robot aus einer Real- in eine Personallast fiir alle liber 8 Jahre alten Einwohner verwandelt wer- den. In Krain verlange man sie nur von Fluben und Grundstiicken, ohne Riicksicht auf die Zahl der Personen, welche auf denselben sitzen. Trotzdem beschweren sich die Untertanen und behaupten, dabei nicht bestehen zu konnen. Die Forderung, daB die Geburtsfalle bei den Siedlern in ein Leibeigenschaftsvormerkungsbuch der Herr- schaft eingetragen werden miiBten, laufe auch gegen die Landes- verfassung 31 ). Auf dem standischen Landtage am 2. April 1750 kamen die Geg- ner Heils zum Worte. Sie behaupteten, er gedenke unter dem Vor- wande einer Fabrikserrichtung eine ansehnliche, liber eine Meile weit sich erstreckende Flerrschaft in der Nahe der Stadt fiir sich und seine Nachkommen ohne jede Bemiihung und Unkosten zu ergattern. Durch die Abschaffung der Viehweide im Stadtwalde werde das „commercium" in Krain eher gehemmt, weil dadurch den aus Un- garn, Kroatien und von sonstwo ankommenden Kaufleuten, Fuhr- leuten und Samern die unterwegs notwendige Weide und Fiitterung 32a ) Jos. Š o r n, Altere Papiermiihlen in Slowenien, Papiergeschichte Jg. 6 (1956), Heft 3, S. 40—42. 394 des Viehs benommen werde. Ein Privativprivilegium fiir die Starke- und Haarpuderproduktion sei auch fiir den Staat schadlich, weil das Arar die Herstellung derselben bisher als Appalto gegen Entrichtung von Giebigkeiten gestattet hat. Zur Betreibung von Fabriken seien schlieBlich keine so ansehnlichen Jurisdiktions- und andere Herrlich- keiten und Urbarialgiebigkeiten notig. Heils Projekt hatte auch eine Zertriimmerung der Giilten und Unsicherheit der Besitzer zur Folge. Daher richteten die Stande die Bitte an das Directorium in internis in Wien, das Gesuch Heils abzuweisen 33 ). Ahnlich suchte der Krainer KommerzkonseB seine Stellungnahme zu begriinden. Starke und Haarpuder wurden in Krain in guter Qualitat und geniigender Menge aus Getreide erzeugt und brauchten nicht eingefiihrt werden. Daher seien dafiir keine neuen Fabriken notwendig. Mit dem Kartoffelbau habe man in Krain noch nicht be- gonnen. Privilegia privativa sind nur solchen Unternehmungen zu gewahren, die ohne solche nicht gedeihen konnten. Daher diirfe Heil dieses Vorrecht nur fiir einige Jahre gestattet werden, falls er die produzierte Starke und das Haarpuder ausfiihren wiirde. Heil seien in anderen Teilen des Landes Guter zum Ankauf angeboten worden. Auf Grund aller angefiihrten Gutachten berichtete Herberstein an das Kommerzdirektorium in Wien, Heils Plan sei unausfiihrbar, un- tunlich, auch dem Arar, Puhlico und Provinciali schadlich 31 ). Wahrenddessen spann Heil an neuen Gedanken und Planen. Er erhielt aus Wien, moglicherweise von Haugwitz, ein Schreiben, er moge den Vorschlag machen, entweder beim Camerale oder Commer- ciale beschaftigt zu werden, um seine Pension nicht fruchtlos zu ge- nieBen 34 ). Als er aber 4. August 1750 die negative Entscheidung der VViener Zentralbehorden 33 ) beziiglich der Starke- und Haarpuder- fabrik erliielt, war er bestiirzt. In einer neuen Eingabe machte er den Behorden Vorwurfe, man habe seinen Vorschlag aus purer Laune abgelehnt, seine Erklarungen nicht beriicksichtigt und ihm die Be- hauptungen der Gegner nie mitgeteilt. Auf diese Weise konne der wirtschaftliche Wohlstand im ziemlich verodeten Lande nicht gefor- dert werden. Daher wage er auch keine weiteren Vorschlage zu machen. Schon seit einiger Zeit trage er kein Verlangen mehr in Krain oder in anderen durch krainerischen Geist regierten Gegenden 3S ) Fasz. 319, Standisches Archiv, StA Lj. 34 ) Diarium Raigersfelds I. 794. 35 ) Rb 1750, fol. 189'—190; Id Kommerz, Hofkammerarchiv Wien, Fasz. 111, Krain (25. Juli 1750). 395 etwas zu unternehmen. Nur der Befehl Maria Theresias hatte ihn nach Krain gefiihrt, wo er schon zwei Jahre „leide und schwitze", um seine Verpflichtungen zu erfullen 31 ). Sehnlich erwarte er den Be¬ fehl, dieses „fiir seine Principia nicht geschaffene Land Krain" sobald als moglich verlassen zu konnen. Da aus Wien kein diesbezuglicher Bescheid kam, muBte er noch weiter in Laibach bleiben, scheint aber in den nachsten Jahren keinen Dienstposten bekleidet zu haben. Am 25. April 1751 vermahlte er sich als Witwer mit Maria Franziska Floriantschitsch de Griinfeld 36 ). Laut Heiratsvertrag fiel die Mitgift und alles Vermogen, welches die Gattin in Zukunft gewinnen solite, in freie Verfiigung des Brautigams. So zedierte sie eine Schuldver- schreibimg von 500 Gulden ihrem Gemahl, welcher durch die Repra- sentation und Kammer einen Zahlungsauftrag an den Schuldner, das Stift Sittich (Stična) in Unterkrain ergehen lieB 37 ). Am 24. Marž 1753 erhielt Graf Herberstein von Haugwitz den Auftrag, Heil bei der Reprasentation und Kammer als Supernumerari Sekretar zu verwenden. Herberstein wehrte sich dagegen und be- hauptete, Heil besitze eine ganz unleserliche Handschrift und stehe wegen seiner Auffiihrung hierzulande in iiblem Rufe. In Wien war man aber der Meinung, Heils Schrift sei zwar nicht gut, doch auch nicht unleserlich. Wohl aber ersuchte man den Grafen Herberstein um genauere Angaben, wessen Heil beschuldigt werde. Darauf legte Herberstein (7. Mai 1753) einen Sonderbericht vor, doch ist derselbe weder in Herbersteins Kopialbiichern noch in der amtlichen Schriften- reihe der Reprasentation und Kammer abschriftlich erhalten noch registriert. Aus einem spateren Schreiben Herbersteins geht hervor, daB er im erwahnten Geheimbericht bemiiht war, den Beweis zu er- bringen, daB Heil wegen seiner friiheren Vergehen und der in Krain verursachten Intrigen in schlechten Kredit stehe, folglich auch Her¬ berstein kein Zutrauen in ihn setzen konne 38 ). Trotz dieser gehassi- gen Haltung des Grafen Herberstein wurde Heil mit Hofresolution die Einrichtung des Archivs des 1747 abgeschafften Vizedomamts iibertragen 39 ). Herberstein stemmte sich noch weiter dagegen, diese Arbeit Heil anzuvertrauen und behauptete aus personlicher Abnei- 30 ) Diarium Raigersfeld II. 68, Trauungsbuch der Pfarre Št. Vid (St. Veit ob Laibach) I. unter 25. April 1751. 37 ) Rb 1751, fol. 400 (18. Dez.), 1752, fol. 31 (29. Janner), Herberstein, Berichter 1751 II. (30. Dez.), StA Lj. 38 ) Rb 1753, fol. 144, 198—199, 1754, fol. 5, Herberstein, Berichter 1754. (18. Jan¬ ner). 396 gung, von Heil als „gefahrlichem Landlaufer, wie er sich bei mehre- ren Hofen zur Geniige gezeigt hatte", konne auch hier nichts Besseres erhofft werden. Einer solchen Person konne die Einrichtung eines so wiclitigen Archivs nicht aufgetragen werden, da er vermutlich „durch intrigante GroBsprechereien und unbesonnene Schwatzereien den osterreichischen Erblanden Schaden verursacben wiirde, falls er wie- der aus diesen Landern entweicht oder diese Lander verlassen muBte". Auch diese scbarfen Angriffe lieBen Haugwitz bei seinem friihe- ren EntscbluB beharren. Heil begann mit der Ordnung der Vize- domamtsschriften. Seine Mitarbeiter waren der Reprasentations- registrator Franz Pirschel und der Sekretar Karl Seifried Perizhoffer. Laut Instruktion waren samtliche Schriften zu faszikulieren, die in Faszikeln zusammengelegten Schriften mit Zahlen zu versehen und iiber jeden Faszikel ein Verzeichnis zu verfassen. Man legte zwei Registraturshauptbiicher an: a) fiir die allgemeine Schriftenreihe des Vizedomamtes, und b) fiir die Landtagsalcten des Vizedomarchives. Obwohl die ersten Blatter des Repertoriums zur allgemeinen Schriftenreihe nicht mehr erhalten sind, kann festgestellt werden, daB Heil zu den einzelnen Abteilungen (Ecclesiastica, Cameralia et Urbarialia, Mautakten) kurze „Proemien" verfaBt hat. Ins Reper- toriurn der Landtagsakten hat er eigenhandig ein „Proemium" ein- getragen. Darin machte er auf die „universale Zerriittung und Ver- wiistung" der Schriften aufmerksam und berichtet liber die Richt- linien, nach welchen die Arbeiten durchgefiihrt wurden. Er unter- schreibt sich als „zu Instruirung des Vicedom Archivs subdelegierter Commissar". Die beiden Repertorien, welche im August 1755 fertig- gestellt waren, stellen eine bedeutende Leistung dar und bieten noch heute die einzige Moglichkeit, sich in den Schriften des Vize- domamts zurechtzufinden. Nur die Lehensakten wurden in die Re- prasentationsregistratur tibertragen. Darauf erhielt der landesfiirst- liche Kommissar Otto Karl Graf von Hohenfeld den Auftrag, das Vizedomarchiv zur ferneren Verwahrung und Besorgung der Repra- sentation zu iibergeben 40 ). Das Verhaltnis zwischen Herberstein und Heil wurde immer mehr gespannt, so daB Graf Sobeck dariiber dienstliche Einvernehmungen durchfuhren muBte. Ende 1755 erlaubte 3 ») Rb 1754, fol. 70—72. 40 ) Rb 1755, fol. 331—332. 397 man in Wien, daB Heil nach Steiermark iibersiedle und in Cilli die aus dem Krainer Kamerale zu zahlende Pension genieBe 41 ). Kaum hatte er sich in seinem neuen Wohnort zurechtgefunden, als er wieder in einen Wirbel geriet. Gerade damals bemachtigte sich. der armeren Kreise der Stadt eine starke Erregung. Die zur Landschaft zu entrichtende Stadtsteuer wurde mit einem neuen RezeB bedeutend erhoht. Dazu kam noch ein groBer jahrlicher Kasernenbeitrag und seit der Satzordnung von 29. August 1755 muBten die Burger audi von den Lebensmitteln fur eigenen Bedarf eine Eingangsmaut bezahlen 42 ). Auf einem Wirtschaftstage (12. Jan- ner 1756), an dem sich auch der AusschuB und die Vertreter des Rates beteiligten, beschloB man beim Magistrat ein Gesuch um Minderung der Steuer und gerechtere Verteilung der Steuerlast einzureichen. Darauf wies der Magistrat die Bittsteller an, beim Kreisamt Hilfe zu suchen. Der Kreishauptmann wieder behauptete, er konne ihnen nicht helfen. Als den am Rathaus Versammelten iiber die Abweisung des Gesuchs referiert wurde, riet ein Burger, sie mochten sich doch an den Herrn Christian Wilhelm Heil wenden, vielleicht konnte er ihnen helfen. Daraufhin wahlte die biirgerliche Gemeinde 7 Vertreter, welche im Namen der gesamten Biirgerschaft bei Heil vorsprechen und bei ihm Rat einholen sollten, wie der Biir- gerschaft geholfen werden konnte. Heil versprach, bat aber, es sollten am nachsten Tage nur 2—3 von ihnen mit einem, der schrei- ben konne, kommen, damit er die notigen Auskunfte erhalten und die Eingabe an die Grazer Reprasentation und Kammer verfassen konne. Als diese Schrift fertig war, wurde sie der versammelten Biirger- schaft vorgelesen, dann von 64 Biirgern unterschrieben und von allen gutgeheiBen. Dem Memorial wurden auch Abschriften des Katasters der Haus-, Grund- und Gewerbesteuer und die Kasernen- beitragsrepartition beigelegt. Daraus kann geschlossen werden, daB sich alle Burger einmiitig gegen den neuen ungerechten Steueran- schlag beschwerten. Nach Ansicht der biirgerlichen Gemeinde hatte ihn eigentlich der Stadtrichter, Kaufmann Andreas Wolff verschul- det, weil er bei der amtlichen Kommission mit seiner an erster Stelle abgegebenen Stimme die gesamte Biirgerschaft in die hohen Steuern gezogen, ihm aber niemand zu widersprechen gewagt hatte. Auch 41 ) Diarium Raigersfelds II. 591. 42 ) Vgl. Fasz. 122 der Gubernialakten ex 1756, Steierm. Landesarchiv, Graz. 398 lieJB der Stadtriditer nur solche Leute zur Kommission zu, die den Unterschied zwischen den Hausern nicht kannten. Heil war bestrebt, in der Schrift den Notstand der armen Burger von Cilli vom Gesichtspunkte der Ungleicbheit der Besteuerung zu begriinden. Wahrend Bad Tiiffer (Laško) im jahrlichen Badebesuch eine bliihende „Nahrung‘ ; besitze und vor kurzem einen bedeuten- den SteuernachlaB erhalten habe, wurden der Stadt Cilli, welche von aller „Nahrung" entbloBt sei, mehr als 500 Gulden neuer Steuern auferlegt. Fiir eine gerechte Steuerverteilung miiBte eine Norm festgesetzt werden, welche die inneren Krafte des besteuerten Ge- genstandes beriicksichtige. So gebe es aber in der Stadt Ruinen, die bereits restauriert seien, aber trotzdem im Steuerkataster noch immer als solche gefiihrt wiirden, andere Ruinen dagegen waren als nutzbare Objekte mit Steuern belegt. Ferner gebe es auf dem Stadtgrunde Hauser, die sich Exemptionen anmaBten. Als Freisassen bei der Landschaft beansagt, zahlten ihre Eigentiimer nur 4—5 Gulden, wahrend sie bei Gleichheit mit den biirgerlichen Hausern wenigstens 30 Gulden prastieren miiBten. Dazu kamen noch Be- freiungen von der Naturaleinquartierung und dem Geldbeitrag. Ferner wiirden Offizialfreiheiten in der Belegung angemaBt, fiir welche kein Rechtstitel bestehe, z. B. fiir den jeweiligen Stadt- richter, Spitalmeister, Kreishauptmann u. a. Bei der Bestimmung der Haussteuer diirfte auch die Nutzungsmoglichkeit der Gebaude nicht auBer Acht gelassen werden. Ein Haus, welches seinen Raumen nach 8—12 Zimmer haben konnte, das man aber nicht so nutzen wolle, miiBte trotzdem groBere Steuern leisten als ein Hauschen, ■vvelches dem Eigentiimer nur eine diirftige Wohnung und gewerb- liche Werkstatt biete. In der Gewerbesteuerliste sei die Dispro- portion besonders kraB, da z. B. die ganze Kaufmannschaft der Stadt an Gewerbesteuer 22 Gulden 15 Kreuzer zahle, das ganze Backer- handwerk 8 Gulden 45 Kreuzer, die armen backenden Weiber da¬ gegen volle 30 Gulden. Das Memorandum wurde aus Graz dem Cillier Kreishauptmann Johann Fiihrer von Fiihrnberg zur Berichterstattung zugeschickt. Vor allem solite iiber die Disproportion in der Besteuerung Auskunft gegeben werden. Als der Stadtrichter sah, daB die Angelegenheit ernst genommen wurde und fiir ihn unangenehme Folgen zeitigen konnte, suchte er die gemeinen Biirger, die das Promemoria mit Unterschriften versehen hatten, einzuschiichtern. Er liefi sie einzeln in seine Wohnung rufen, drohte, sie nach Graz gefesselt abfiihren 399 zu lassen und veranlaBte sie, eine Erklarung zu unterzeichnen, daB sie nicht gewuBt hatten, was sie auf der von Heil konzipierten Ein- gabe unterschrieben hatten. Nur 6—7 Burger wollten dem Stadtrichter nicht nachgeben. Als die Angelegenheit dann im Auftrage des Kreis- hauptmanns auf der Rathaussitzung zur Rede kam, hatten nur wenige Burger den Mut, vom Memorandum etwas zu wissen. Der Stadt¬ richter stellte diese als Aufvviegler hin und behauptete, daB alle Hauser zu hoch besteuert seien. Um jede Beweisfuhrung iiber die Disproportion des neuen Kontributionalsystems zu unterdrucken, bedrohte er alle, denen etwas von der Ungleichheit bekannt war, als Stanker in Eisen nach Graz liefern zu lassen. SchlieBlich meinte er, der Kreishauptmann solite dafiir Sorge tragen, daB solche Ver- suche, die ganze Biirgerschaft und die iibrigen Hausbesitzer wider den Stadtrichter und den Magistrat aufzuhetzen, verboten werden. Zu guter Letzt wurde Heil als Veranlasser aller dieser Aufwieglerei gebrandmarkt. Wer Heils Naturell kannte, konnte erwarten, daB dieser darauf reagieren werde. Die Vertreter der Gemeinde benachrichtigten ihn namlich von den Ereignissen und legten auf sein Anraten dem Kreis¬ hauptmann eine Besctrvverde gegen den Stadtrichter vor, worin sie ihn aufmerksam machten, daB der Stadtrichter: 1. die beim AusschuB gewesenen Burger gezwungen habe, eine Schrift zu unterfertigen, die besagte, daB sie von der Sache nichts gewuBt hatten, 2. jene Burger, welche die Unterschrift verweigerten, als Radels- fiihrer, Aufwiegler und Meineidige, welche der Kaiserin den Tribut verweigerten, gescholten und ihnen gedroht habe, sie in Eisen und Banden nach Graz fiihren zu lassen, 3. die durch Bedrohung der Burger mit Unterschriften versehene, daher falsche Urkunde zum Bericht an das Kreisamt verwendet habe, 4. behauptet habe, daB jene Hauser, die zu stark mit Steuern belegt waren, ihre Lasten weiter behalten, die weniger belegten aber noch neue Lasten dazubekommen wiirden, 5. den Herm Heil fiir einen Aufwiegler, welchem er das Maul stopfen wolle, hingestellt habe. Darauf kam es am 13. Juli 1756 formell zu einer Verhorstag- satzung vor dem Kreishauptmann. Der Stadtrichter verstand es, den Hauptfragen geschickt auszuweichen und wurde dabei vom Kreis¬ hauptmann unterstutzt, der ihm gewogen war und nicht energisch 400 in der Vernehmung des beschuldigten Stadtrichters vorgehen wollte. Trotzdem verlief die Angelegenheit nicht im Sande, da sie Heil von neuem aufgriff. In einem umfassenden Memorial wandte er sich an den Prasidenten der Grazer Reprasentation, den Grafen Schaffgotsch, gab modem anmutende Vorschlage zu einer gerechten Steuerver- anlagung der Hauser durch Schatzung der einzelnen Bestandteile, woraus man den Steuerwert errechnen konne, ferner Universalregeln fur die Steuerpraxis, welche keine Exemptionen, Immunitaten und offizielle Freiungen kennen durfe. Dabei fiihrte er Beispiele unbe- rechtigter Steuerbefreiungen von Hausern an, beschuldigte den Spi- talmeister, daB er sich bei den Spitalgiitern bereichere und sich selbst vom Kasernenbeitrag habe befreien lassen. Ferner wies Heil auf die harte Bedriickung der armen Biirgerschaft durch den Stadtrichter und die strafwiirdigen Exzesse dieses taglicher Vollerei ergebenen Mannes hin, der alle Mittag so betrunken sei, daB er seiner Vernunft nicht mehr machtig sei. Der Stadtmagistrat bestehe aus lauter Ver- wandten des Stadtrichters, welche die arme Biirgerschaft tyranni- sierten. Eine Woche spater richtete Heil in seiner iibergroBen Schreiblust ein zweites Schreiben an denselben Grafen Schaffgotsch und beschuldigte den Stadtmagistrat, die Einwohner- bzw. Tag- werkersteuer und die fur verkaufte Brandstellen erhaltenen Kapi- talien unterschlagen zu haben. Darauf verlangte die Grazer Behorde von Heil strikte Beweise fur seine Behauptungen. Heil entschuldigte sich, er habe die Personalien mehr zur Illustration der Steuerbe- driickungen und nicht zur Anklage gegen diese Personen angefiihrt. Doch hatte er sich schon die Feindschaft der fiihrenden Kreise der Stadt zugezogen. Die Reprasentation und Kammer in Graz erteilte i hm einen Verweis, stellte ihn als Aufwiegler der Cillier Burger gegen ihre Obrigkeit hin und untersagte ihm jede weitere Ein- mischung in das „Oeconomicum publicum et politicum". Jetzt wandte sich Heil an das Direktorium in publicis et came- ralibus in Wien und behauptete, die vom Kreishauptmann angege- bene Steuerausgleichung ware nicht zustandegekommen, weil der sich beschwerende Teil der Biirgerschaft noch nicht gehort worden sei. Ferner konne er nicht als Aufwiegler der Burger gelten, weil die erste biirgerliche Beschwerdeschrift im Monate Janner 1756 ein- gereicht worden sei, da er kaum erst nach Cilli gekommen sei und noch keinen Burger gekannt habe. Er habe nur auf die instandige Bitte der biirgerlichen Deputierten gehandelt. Dann aber seien die Verfolgungen des Stadtrichters ausgebrochen. 401 Auf Grund dieser Beschwerde muBte der Kreishauptmann eine neuerliche Tagsatzung ausschreiben. Der Kreishauptmann wich der Hauptsache, der Steuerpragravation der Burger, abermals aus und fiihrte die Untersuchung gegen den Stadtricbter aucb diesmal nicbt genau durch. Er stellte sich mit der Erklarung des Stadtricbters zu- frieden, daB die Angaben Eleils unwahr seien, denn: 1. habe der Magistrat die Biirgerschaft nie angewiesen, sicb durcb Herrn Heil den Rekurs aufsetzen zu lassen, sondern ihnen nur empfohlen, bei einem verniinftigen Manne Rat einzuholen und sicb eine fundierte Bittschrift zusammenstellen zu lassen, 2. habe der Stadtricbter keinen Burger durch Drohungen ver- anlaBt, eine Erklarung zu unterzeichnen, daB er vom Inhalte des HeiPschen Memorials nichts wisse, 3. habe er jene Burger, welche die Erklarung nicht unterschreiben wollten, keineswegs als Aufwiegler gescbolten, und 4. habe der Magistrat die Einwohner- bzw. Tagwerkersteuer nicht verschwiegen, sondern sie in die jahrlichen Baumeisterrechnungen eingetragen. Brandstatten seien iiberhaupt keine verkauft worden. Der Kreishauptmann stellte in seinem SchluBbericht an die Reprasen- tation und Kammer die Differenz zwischen der Biirgerschaft und dem Magistrat als unerheblich hin. Nach seiner Ansicht ware es das Beste, beiden Parteien Stillschweigen aufzuerlegen, die Biirgerschaft zum Gehorsam dem Stadtrichter und dem Magistrat gegeniiber als vor- gesetzter Obrigkeit aufzufordern, aber auch den Stadtrichter, der sich manches Mal auch beim Kreishauptmann habe betrunken sehen lassen, anzuweisen, der Biirgerschaft kein Unrecht zu tun. Mit diesem Bescheid begniigte sich auch die Grazer Behorde. Heil, welcher bisher in der Stadt gewohnt hatte, bot sich die Ge- legenheit, den in der Nahe an der Ložnica liegenden Forsthof kauf- lich zu erwerben. Um die notige Anzahlung zu leisten, wollte er auch eine Schuldverschreibung der Krainer Landschaft iiber 1000 Gulden verwenden. Sie lautete auf den Namen Regina Jul. Floriantschitsch de Griinefeld, die Mutter seiner Frau. Im J. 1754 war sie der Tochter zugefallen und wurde auf Heils Namen umgeschrieben. Er verkaufte die Obligation dem Grazer Kaufmann Anton Weidinger, wuBte aber nicht, daB seine Frau, welche in Laibach geblieben war, auf Anraten Bekannter beim standischen Generaleinnehmeramt ein Verbot erwirkte, daB niemand ohne ihrer Einwilligung iiber dieses Kapital verfiigen konne. Als Weidinger die Umschreibung vornehmen wollte, erfuhr er, daB ein Protest bestehe, und verlangte 402 sein Geld zuriick. Heil beschwerte sich bel der Krainischen Ver- ordneten Stelle und der Zirkular Hofkommission. Dabei beklagte er sich iiber das sdrvvere Kreuz, das er sich in der zweiten Ehe aufgebiirdet habe, da seine Frau schwachsinnig sei 43 ). Weidinger lieB durch die Innerosterreichische Regierung einen Arrest auf Heils Pension schlagen, welche ihm von 1761 weiter auf 500 Gulden ein- geschrankt wurde 44 ). Heil war noch immer mit den Behorden in Cilli zerstritten. Als ihm am 1. Marž 1764 ein im Dienste des Kreishauptmanns stehender Bauer ein Patent am Forsthofe zustellte, mit dem er aufgefordert wurde, den Familiensteuerrest pro 1763 zu bezahlen und dem Bauern als Botenlohn 36 Kreuzer einzuhandigen, wollte Heil nichts geben, worauf der Bauer zu schreien begann, bis ihn Heil aus dem Hause wies. Obwohl die Forderung des Kreishauptmanns formell begrtindet war, verlangte Heil fiir dieses angeblich schimpfliche Vorgehen Ge- nugtuung. Er hatte namlich im J. 1761 alle personlichen Kriegsan- lagen mit einem donum gratuitum von 500 Gulden reguliert, war daher nicht verpflichtet, eine Familiensteuer zu zahlen, wohl aber hatte er die Quittungen tiber das erlegte donum gratuitum vorweisen miissen. Dies wollte er aber beim Kreisamte nicht tun. Zuerst be- hauptete er, daB sich dort Weiber, Buben und Dienstmenschen in die Kreisagenda mischten, das andere Mal schrieb er, er konne die Bestatigungen dem Kreishauptmann wegen dessen notorischem Blod- sinn nicht vorlegen. Der Kreishauptmann beklagte sich beim Gu- bernium in Graz und verlangte „gegen diese alle Grenzen iiber- steigenden Exzesse eines kiihnen Freigeistes" eine ausgiebige Genugtuung. Dabei nannte er Heil „einen frevelmiitigen Menschen, welcher keinen Rešpekt, keine Unterwiirfigkeit kennt, keine bitt- liche Vorstellung anzubringen weiB, sondern bei allen Gelegen- heiten der tollen Hitze seiner ausschweifenden Feder vollen Lauf laBt". Das Innerosterreichische Gubernium erteilte Heil wegen seiner „impertinenten Schreibart" nur einen Verweis 45 ). 43 ) Fasz. 210, Stand. Archiv, StA Lj. Uber die Herrschaft Forsthof vgl. There- sianisches Kataster, Cillier Kreis, Herrschaften la, Steierm. Landesarchiv, Graz, J. Orožen, Fevdalno omrežje v srednjem in spodnjem Posavinju, Celjski zbor¬ nik 1951, 30. 44 ) Haubt-Buch der k. k. Repraesentations- und Cammer Registratur in Crain de Anno 1761, fol. 175', 263', 312. 45 ) Ebendort fol. 139', Fasz. 174 ex 1761, 108 und 302 ex 1764 der Gubernial- akten, Steierm. Landesarchiv, Graz. 403 Drei Jahre spater 1767 bat Heil den Wiener Hof, ihm einen anderen Ort zum Aufenthalte anzuweisen. Daraufhin erlaubte ihm Graf Chotek Wiener Neustadt, St. Polten oder Bruck an der Mur zu wahlen. Heil konnte sich langere Zeit nicht entschlieBen. Im Oktober desselben Jahres entsagte er der bisher genossenen Pension und erhielt die Bewilligung r wo immerhin es ihm gefallig sei, zu ubersiedeln, sobald er mit seinen Glaubigern die gehorige Richtigkeit gepflogen hatte. Einen Monat spater wurde Heil wieder anderer Meinung und bat neuerlich um die Pension, was ihm gewahrt wurde. Gleichzeitig wurde ihm aufgetragen, sich binnen 14 Tagen nach Wiener Neustadt oder nach Fiume zu begeben und an einem dieser Orte standigen Aufenthalt zu nehmen 46 ). Ob Heil dieser Aufforde- rung Folge geleistet hatte und wo dieser unruhige Geist sein Leben beschloB, konnte ich bisher nicht feststellen, da die Nachforschungen in den Archiven der beiden erwahnten Stadte keine Ergebnisse ge- zeitigt haben. Vielleicht gelingt es jemand anderem einen Epilog zu meiner Studie zu schreiben. Die Witwe Christian Wilhelm Heils, Franziska geb. Floriantschitsch de Griinfeld starb am 23. Oktober 1793 in Laibach im Alter von 85 Jahren. Sie stand bis zu ihrem Tode unter Kuratel und hinterlieB ihre bescheidene Habe ihrer Nichte Maria v. Vermatti 47 ). Abkurzungen: StA = Staatsarchiv, Lj. = Ljubljana (Laibadi), Hs. = Handschrift, Rb = Resolutionenbuch, RK = Reprasentation und Kamner. Fiir Auskunfte bin ich zu besonderem Danke verpflichtet: Univ. Prof. Dr. H. Benedikt (Wien), Doz. Dr. R. Geyer, Direktor des Archivs der Stadt Wien, Staatsarchivar Dr. Anna Coreth (Wien), Dr. Cordshagen, Direktor des Mecklen- burgischen Landeshauptarchivs (Schwerin), Prof. Dr. Kretzscbmar, Direktor des Sachsischen Landeshauptarchivs (Dresden), Dr. A. Puchner, Direktor des Bayeri- schen Hauptstaatsarchivs (Miinchen) und Dr. S. Vilfan, Direktor des Stadtarchivs (Lj ubij ana-Laibach). 4S ) Fasz. 1 ex 1767 der Gubernialakten, Steierm. Landesarchiv, Graz. 47 ) Vgl. Testamente III H ; n" 64 (28. X. 1792). Verlass. Inv. XXIII. H n° 92 (27. I. 1794), beides im StA Lj.; Sterbebuch der Pfarre Maria Verkund. in Laibadi. 404 General Commercial Systema vor die gesamte kays.konigl. Erblande, mit allen dahinein schlagenden Auss-Arbeitungen gefertiget zu Laybach von mir Christian Wilhelm v. Heil Anno 1749 Index Generalis contentorum in ordine Sciographia Systematis comercialis fol. 1 Relation vom 28.ten Martii 1749 nach Hoffe das General Commercial Systema enthaltend fol. 5 Consignation derer darzu geherigen Beylagen fol. 152 Relation vom 31.ten Martii nach Hoffe, die Justification des formierten Commercial Systematis contra oppositiones formatas und die Einsen- dung des Porto und Marine Reglements betreffend fol. 157 Das Porto und Marine Reglement fol. 177 Patent zur Publikation der General-Handlungs-Compagnie, und deren Fond, zur Application des Systematis fol. Puncta Societatis Comercialis ad Publicandum, mit der ganzen Societets Verfassung fol. Idea des Comercial fonds, und dessen ganze Einrichtung fol. Einriditung des Banco del Giro fol. Einrichtung des mit demselben verbundenen Wechsel und Lehen Banco fol. Idea der Commertial-Mauth Einrichtung fol. Extract eines an Herrn Grafen v. Herberstein geschriebenen Briefs, ein Project den StraBenbau zu regulieren und auf schwedischen FuB perpetuirlich zu erhalten, betreffend fol. Entwurff zu einer dahin sich referierenden Weeg- und Bruken- M a u t h Einriditung fol. Nomine Repraesentationis von mir gefortigte Relation zu widerlegung derer contra Systema formatum getroffenen Commertial-Einrichtung fol. Darzugeheriger Extract derer gesamten Commercial und StraBen Mauthen, auB einer vormahligen Baron Raigersfeldi- schen Mauth Revisions Relation fol. DarauB formierte Mauth-StraBen Anzeigung fol. Einrichtung der Erblandisdien Haubt Jahrmarkte fol. Extract derer im Lande Crain angemeldet und sub poena praeclusi zur justizmoBigen Untersuechung evocirten Privat Mauthe fol. Mauth-StraBen - AbriB durch das Land Crain fol. Disposition in welcher Ordnung bey Application des Commercial-Syste- matis zu procedieren fol. Reflexiones in wie weith die Anziehung und das Etablissement fremder Negotianten dem Erblandischen Commercio schadlich oder nuzlich fol. Project wie die Maull-Beer Plantage und damit conectirende Seidenerziglung in denen Erblanden besser einzurichten und zu befordern fol. 405 Anzeigung wie die Erdapfel zur nothigen Nahrung derer gebiirgi- schen Einwohner zu pflanzen, zu cultivieren und zu nuzen fol. Patent zu Einrichtung derer Leinwandfabriquen und deren bessere Betreibung fol. Protocol tiber die Laybacher Seidenfabrica fol. Protocol iiber die Tuechfabrica bey Laybach fol. Nomine Repraesentationis gefortigte Relation weegen der zu erbauen- den neuen Salz-Schiffe und der Armada Nomine Repraesentationis gefortigte Relation den vom Proviant-Verwalter Amigoni intentierten bedenklichen Holzhandel auBer Lands betreffend fol. Sciographia Systematis Commercialis Das Systema commerciale zeiget 1. den Statum hodiernum commercii corrupti per negotia perversa et haeterodoxa, 2. die Mangel und Hinderniisse des commercii specifici, 3. die Mittel ein florisantes commercium herzustellen. ad 1. In statu hodierno commercii fiindet es: a) die Unterdriickung des inlandischen Gewerbes, b) die Uberschwemmung des Landes mit ausslandischen Waaren, c) den Luxum und Mangel der Policey, d) die aufierste Negligenz des Landesindustrialgewinnes. ad 2. Die Mangel und Hinderniisse bestehen: a) in disconvenablen Mauth Einrichtungen, b) in schadlichen Factoreyen, c) in unverstandiger Providierung auss der anderten, dritten und weiteren fremden Hand, d) in Abnahme des Credits, e) in Entcrafftung derer Particulair-fonds, f) in Verfall der Nahrung und des Gewerbes, g) in Verschleuderung derer Landesmaterial und Natural Productorum. ad 3. Die Mittel zur Hilfe konnen keine andere dahero seyn alss: a) eine Generale Associirung des Negotii, b) die genaue Verbiindung des Negotii und Gewerbes, c) eine adaequate Mauth Verfassung, d) die Verschaffung eines solchen Commercialfonds bey dessen Admini- stration das Negotium bey dem mit ihm verbundenen Gewerbe durch eigenes implicirtes General Interesse obligieret ist, das nach allen Exportationen und Importationen angewisene Commertium mit allen Crafften zu fordern. Hoc respectu zeiget das Systema: a) wie die Lander in einen gemeinen Handlungs-Nexum zu bringen, b) wie nach der Lage derer zu combinierenden Lander die Negotia auB- werths sowohl zur See, alfi zu Lande zu poussieren, c) wie die Landes Provisiones einzutheillen, 406 d) wie die Negotianten unter einander selbst in nutzliche Dependenz zu sezen, e) wie der Fond zu Nuzen anzulegen, zu administrieren, und in seiner Nuzung zu verrechnen, f) wie das Landes Gewerbe im Industrial-Gewinn zu verbessern, g) wie denen ausslandischen scbadlichen ingestionibus zu wohren, h) wie in Mauth Tariff die Erlangung des nothigen und niitzlichen sowohl, alss dessen Conservation und die Abhaltung und Vertreibung des schadlichen zu effectuiren, i) wie die guetten Landt-Species und iiberhaupt die Barschaft im Lande zu conservieren, k) wie der Einwohner und arme narhafft, folglich contribuable zu machen und die frevelhafften Petler zu tilgen, l) und wie uberall Interesse publicum cum Interesse privato zu verbiinden.