v/ 4 4 v/ x/ ^ ^Z KO. Fünfter Jahrgang. 9. März HSOK. Segen der Arbeit. ^egcn der Arbeit, ich spüre dich! Rastlos dich walzend in staubigem Gleis, Dn mit den Händen so schwielig und heiß, Mühsames Ringen, viclduldcndcr Fleiß, Segnenden Hauches berühre mich, Gieß auf die Stirn mir Perlenden Schweiß! Alle die Qual, die ich einsam erprobte, ^ Alle der Schmerz, der die Brust mir dnrchtobt, Alles ist, alles zur Nnhe gekehrt, Seit ich mich deinem Dienste gelobte, Heilige Arbeit für Kinder nud Herd! Lieblich wohl krönen fächcludc Palmen, Duftende-Rosen den glücklichen Mann, Dem, noch bevor er zu leben brgauu, Goldcucu Faden die Parze spauu! Aber es weht auch aus grüucudeu Halmcu, Selber gezognen, ein Trost nnS au. Icncr wohl'wiegt auf melodischem Flügel, Lcdig uud frei der hemmeudcu Zügel, Himmclcmpor sich, mit jauchzendem Schall: Aber es nistet auf uicdrigcm Hügel Auch miloflöteud die Nachtigall. R^vb A.^.. Ein weibliches Herz. Novelle von Ludwig Vowltsch. (Fortsetzung.) . ^Udele war tiefiuncrst erschüttert; ihr bauchte es, als wiche der Boden unter den Füßen. Sie trat in's Gemach, wo der Vater im Lehnstuhle zusammengekauert schlummerte. Sie fuhr ihm leise über die Stirne. „Ich komme bald wieder, lieber Vater!" „Ja, komme bald wieder, liebes Kind — mir ist bange, weim ich dich nicht in meiner Nähe weiß —" Adele zitterte. „Ernest!" rief sie, sich an den Geliebte» lehnend, „was soll aus meiucm armen Vater werden?" „Es wird sich Rath finden lassen, Adele —" Und sie schritten fort die Beiden durch die Straßen dem Gehölze zu, das im frischen Laubschmucke prangte, über Wiesen, schimmernd im jungen Grün, begleitet vom Sauge dcr lustig durch die blauen Lüfte sich schwingenden Lerchen. „Mit der Natur zugleich," äußerte Erliest, „feiert auch unser Gemüth seine Auferstehung. Hat dich je ein Maien« lüftchen so mildiglich angefächelt als heute? Scheint es nicht, als ob uns zu Liebe all die Vlümlein ihre Häupter erheben, als ob all das Sprossen, Duften und Zwitschern ringsumher hervorgerufen sei durch die Freude über unser Glück!" „Aber dcr arme, kranke Vater —" Ernest versank in Nachsinnen. „Adele — mir.fällt die Tante Hcchinger bei — die lebt von einer kleinen Ncute — ihr wird es willkommen sein, wenn dieWohnungßsorge entfallt — dafür wird sie den alten Herrn gern betrauen — ja — ja — ihn mit^ uns zu neh.nen, geht nicht an — die weite Neisc — das ferne Klima — wir würden größere Auslagen uns auferlegen, ohne ihm zu nützen. — Hier hat er den Genuß der Wohnung — ja — Adele, so wolle» wir ! es einleiten — und es wird uu«? möglich werden, ihm sogar Unterstützung zufließen zu lassen —" „Wird die fremde Hand ihn pflegen, wie ibn die Haud der Tochter pflegte? —" »Liebst du mich? —" „Kannst du fragen?—" „Bereite ihn vor — er wird gewiß sich einverstanden erklären — bist ja sein einzig Kind und sein höchster Wunsch muß sein, dich glücklich zu wissen —" W Durch Adelcn's Vrust raste cin Sturm vo» Gefühlen — die Liebe zum Bräutigam siegte. Thalhammcr horchte ohne Aufregung auf der Tochter Bericht. „Weine nicht, liebeö Kind, ich bleibe hier uud will segnend dciuer gedenken — dir winkt das Glück — mir zu Liebe darfst du eö nicht opfern. — Ja — der Ernest ist ein braver Mensch!" Diese Trostworte jedoch machten Adelen's Thränen noch reichlicher fließen. « Ein seltsamer Wunsch zuckte heimlich durch ihre Seele: Wenn er nur recht böse, recht hart, recht grausam wäre, der Vater —- dann wäre die Trennung leichter — so aber ist er so gut — so herzlich gut! — « Nud es rückten die Tage naher und näher heran, an ' welchen Hochzeit und Abreise vollzogen werden mußten. Thalhamiucr drängte seine oft zerstreute Tochter zu den erforderlichen Vorkehrungen uud ermähnte sie, sich deßhalb, weil er momentan hinfälliger geworden, nicht beunruhigen zu lasse». 38 Adele aber winde der Unruhe »icht Meisterin und ließ ! ab das Brautkleid, an dein sie arbeitete, oft der zitternden Hand me( entgleiten. Trat dann Ernest's schöne Gestalt vor ihre Phantasie, oder schritt er selbst durch die Thüre des Gemaches, fuhr sie mit der Hast der Leidenschaft empor, als gälte es, zwi Verlornes zu suchen, Eilendes zu halten. bei Thalhammer wurde schwacher und schwächer. Oft sank wei er bewußtlos an den Polster zurück und begann irre zu reden, er Gewannen aber die Worte Zusammenhang, dann waren sie wic Dolchstiche für Adelcn's Herz. „Auch dn willst mich verlassen," ächzte er, „auch du, mein Kind — und so fern — so fern — nimmer wieder sehen — fort mit den fremden La, Leuten — laß, mich sterben!" als Das Brautpaar sollte vom Altar verkündet werden. nn Adele hatte die Nacht hindurch kein Auge geschlossen. Morgens schrieb sie mit fester Hand einen Brief. Als er G« verschlossen, blitzte ihr Auge in Thränen. Dann bat sie S< Martha, das Billet allsogleich an Ernest Walter zu beför» ^ ge, dern. Einige Stunden daraus traf sie mit dem Geliebten a,^ unfern der Marienkirche zusammen. ! kei „Adele, träum' ich nicht —" ! dr „Es ist entschieden Erncst — ich sehe dich zum letzte» ' Male — keine Einwendung — ^ieh' in die Ferne —> werde z glücklich — vergiß mich —" ! lo „Dich vergessen —" ! ^ »Ich — ich werde liebend deiner stets gedenken — ^ bc sterbend noch dir das höchste Glück der Erde gönnen — ach, ^ A dn hast mich ja so unaussprechlich selig gemacht —" „Keine traulhafte Schwärmerei —" n „Keine — ich bleibe hier bei meinem armen Vater — du wirst eine Braut noch finden, die dich mir ersetzt — er d findet keine Tochter mehr!" 3 Erncst sich nicht zn beherrschen vermögend, breitete ! c seine Arme aus. l „Bedenke," fuhr das Mädchen fort, „wir befinden uns » auf offener Straße — ich wollte Alles gemieden — unmög- l lich gemacht wissen, was die Trennung uns erschwert -— ! l du darfst dich nicht verabschieden bei meinem Vater — er ! t würde mich wegdrängen von seiner Seite in deine Arme — ! < und — das soll — das darf nicht sei» —" j „Adele, ist das dein unabänderlicher Entschluß!« „Unabänderlich — es soll mich freuen, wenn ich anö ! deinen Bliesen sehen werde, das; du zufrieden bist —" i Ernrst kämpfte den Kampf eines Verzweifelnden. Die Hoheit und Würde dcr Jungfrau beruhigten endlich die hochgehenden Wogen seiner Brust. Er gelobte, was sie forderte! Schweigend legte er zum letzten Male seine Hand in ihre, dann stürzte er hastig von dannen. Adele schritt langsam ! "ihres Weges; da, wo derselbe sich umbog, blieb sie jedoch stehe» und wandte nch um. — Ach, sie blickte ihrer Jugend- , liebe, ihrem Iugcndglücke nach. ! „Und ist schon Alles besorgt?" srug Thalhammel-, vom ! Schlummer sich erhebend. 5 „Alles!" eotgcgncte Adele. „Eriiest reiset schon Morgen ! ab und laßt nch entschuldigen, wenn er dich zu sprechen nicht mehr in der Lage —" „Und du?" „Ich bleibe bei dir, Vater!" rief Adele, ihre Wehnuith zwingend und nch über den Kranken beugend — „ich bleibe bei dir — ich habe einem Glücke entsagt, das mir zum Fluche werden würde — ich kann ohne dich nicht leben. — Er — er — wird mich schon vergessen, oder sich meiner erinnern, wie man eines lieben, lieben Todten gedenkt —" „Kind — nein — dieses Opfer nehm' ich nicht an —" -„Willst du, daß ich sterbe vor der Zeit im fremden Lande — nur, wo du athmest — ich bin jetzt viel ruhiger, als ich die ganze Zeit gewesen bin — ich habe geträumt —> und ich will nun wachen bei dir —" So tröstete Adele fort und fort, und überwand in dem Gedanken an den Sieg der kindlichen Liebe den eigenen Schmerz. Ei»: versicherte dem Kranken, daß sie sich bis nun , getäuscht, daß ihr wahres Glück nur auf dem letztcingeschla« a,Gen Wege zu finden. Sie pochte auf die Unerschütterlich« ! keit ihres Entschlusses und preßte lächelnd die hervorzubrechen ! drohenden Thränen zurück. ' Und es eilten die Stunden, Tage und Wochen dahin. ! Thalhammcr gewann wieder größere Kraft, schmerz» ! losere Tage. Der Kranke gestand, daß der Abschied von Adele > ihm recht drückend auf der Seele gelegen sei, daß er, ent-! bchrend ihrer liebreichen Pflege, nur einen Wunsch, den der ! Auslösung, gehegt haben würde. Anfangs langten Walter's Briefe häufig ein, nach und nach wurden sie seltener, endlich blieben sie gänzlich aus. Adele hörte dagegen nicht auf, des Freundes zu gedenken, und oft, wenn sie ihrem Vater vorlas, ja selbst bei Besprechung gleichgiltigster Dinge hielt ste plötzlich ai, und ! ! es däuchte ihr, als klängen die Angeln der Vforte und ein im Dämmcr der Vergangenheit verschwommenes Bild träte j mit allem Liebreiz nnd Zauber in die Gegenwart. Doch der . lockende Schimmer zerstäubte und Adele fuhr fort zu lesen und zu plaudern, nie gestattend, daß die Erinnerungen auf l- ! dem Grunde ihrer Seele einem andern, als ihrem eigenen - ! Auge sichtbar würden. j Und es eilten Wochen und Monde und Jahre dahin. Ein Stillleben, in des Wortes engster Bedeutuug, rollte g , nch ab. Zehn Mal, seit Walter fortgc;ogen, hatte nch der i Frühling erueut. Wiesen und Auen schimmerten wieder iiu ie zarten Maiengrnn und hoch in den blauen Lüften schmet-)« tcrten die Vöglein idren lustigen Sang. e! Adele saß am Fenster und spielte niit den von ihr c, gehegten Blumen. Alle Saiten der Erinnerung bebten. Die m i Zeit war nur über Antlitz nnd Lockcn, nicht über das Herz ch gegangen. d- , Sie strich aus der bleichen Stirne das dünn gewordene ! Haar zurück. Wohl war sie immer noch schön; aber ihre »m z Schönheit war nicht sowohl Licbcssehnen weckend, als Ehr« 5 furcht gcbictend. (Schluß folgt.) Oll ! ________________________^ 39 Sklaverei in der Thierwelt. Von Dr. 3. Büchner. Man pflegt nicht selten zu sagen, daß die Wirklichkeit biswcilin romanhafter sei, als alle Romane und Erfindungen der Dichter, und an Belegen dazu aus der Geschichte wie ans dem täglichen Leben fehlt es wahrlich nicht. Aber auch die Natur liefert uns bei einem genaueren Eindringen in dieselbe Beispiele, welche auf den ersten Anblick unglaublich erscheinen und Alles, was unsere Phantasie ersinnen könnte, hinter sich lassen. Auf eine. der merkwürdigsten Erscheinungen in diesem Gebiete, welches bisher nur wenig oder theilweise bekannt war, ist neuerdings wieder durch einen Abschnitt in Darwin's epochemachender Schrift über die Entstehung dcr Arten im Thier» und Pflanzenreich aufmerksam gemacht worden, auf die „Sklaverei in der Thierwclt" nämlich, im Besondern bei den Ameisen. Diese intereffanten Thiercheu stehen geistig am höchsten unter den Insekten und auch höher, wie viele in der Thier» reihe über ihnen stehenden Thiere. Sie bilden, wie viele andere Insekten, Gesellschaften mit einem geordneten Staatsleben, mit Oberhäuptern, Soldaten, Arbeitern, Sklaven u. s. w., welche alle ihre Rollen, Gewohnheiten und ihren Charakter ! Haben, also mit förmlichen Standesunterschieden; führen gegen» seitige Kriege und fechten große Schlachten unter einander aus, haben eiuc Zeichen- und Lautsprache, wodurch sie sich ein» ander Mittheilungen über die bestimmtesten Gegenstände machen, führen Ring« und Festspiele auf und entschließen sich bisweilen zu Wanderungen, bei denen sich die Herren von ihren Sklaven tragen lassen. Im Aufbauen ihrer Wohnungen oder Gallerten werde» sie uichl vom Instinkt, sondern vom Verstand geleitet; denn kommt die geringste Regelwidrigkeit vor, ist eine Wand höher als die andere, oder ist der Bau unsicher, so wird derselbe zerstört und ein neuer aufgeführt. Man findet unter den Ameisen ebenso viele und starke Raeen-Unterschiede, wie unter den Menschen. Besonders merkwürdig sind die Termiten oder weißen Ameisen, von denen man 2l Arten kennt. Sie haben einen vollständig organisirten Staat mit König, Königin, Arbeitern, Soldaten u. s. w., und errichten in Afrika Wohnungen von drei bis vier Metern Höhe, mit Vorratshäusern, Gemächern für die Larven, Brutofen für die Eier, Zellen für die Sol< daten und eine Wohnung für das königliche Paar. — Bauten, denen au vcrhä'ltuißmäßiger Größe, Zweckmäßigkeit dcr Ein» richtung, an Festigkeit und Kühnheit kein menschlicher Bau zu vergleichen sein soll. Sie geben Beweise der überlegtestcn Sorgfalt, Staatsweisheit und Klugheit. Um zu eiuem Mehl« sack zu gelangen, der in der Mitte eines Zimmers stand, und dem sie von unten nicht beikommen konnten, drangen sie durch die Decke des Zimmers und führten von da eine senkrechte Röhre aus Lehm auf dcn Sack herab. Um indeß das Aufsteigen und Forttragen zu erleichtern, bauten sie eine zweite spiralförmige Nöhre von da zur Decke! Die (Hingänge zu ihren Wohnungen werden sorgfältig durch Schildwachen bewacht, welche bei Annäherung einer Gefahr ei» pochendes Zeichen mit den Fühlhörnern von sich geben. Sie scheinen sogar eine Zeitrechnung zu besitzen. Die weiße Ameise In» dien's zernagt alles Holz, läßt aber, um nicht entdeckt zu werden, die Außenseite unversehrt stehen. Dagegen bei Stütz» ballen, welche beim Zusammenfallen sie selbst zerschmettern würden, kittet sie alle Löcher mit Cement wieder aus. Die Zimmermann - ödet Maurer «Ameise zeichnet sich durch ihr besonderes Vautalent aus; sie errichtet Häuser, Bögen, Gal» lerien, Hallen u. s. w., gleich dem geschicktesten Baumeister. Was nun die Sklaverei unter diesen Thieren angeht, so wurde diese Einrichtung, wie Darwin erzählt, zuerst von Peter Huber in der Schweiz bei dcr s. g. loi-mie« i'uf^ol>N8 beobachtet; dann auch bei einer zweiten Art, dcr sl»ln>i