Adld I. Grundstein ständiger Bühnen in Aesterveich-'Alngnrn. Aus Anlaß der Internationalen Ausstellung für Musik und Theaterulesen in Uieii l892. von W. v. Wcrdics. Wien. Verlag der Me st er r.-Ungar. Revue. _________Sevaratabdruck auS „Oesterr.-Ungar. Revue", 13. Band, 1. Heft. , 9 Das Hoftheater Laifer Leopold I. cits tz-runötlonr ständiger WüHrren in HcsterreicH-Hlngnr.-n.') Aus Anlaß der internationalen Ausstellung für Theater- und Musikwesen in Wien 18V2. Von P. v. Radies. Nicht etwa eine Geschichte der Entwickelung des Theaterwesens in Oesterreich-Ungarn ist es, was in den nachfolgenden Zeilen versucht werden soll; eine solche, selbstverständlich einen riesigen Aufwand von Detailforschung bedingende Geschichtsdarstellung wird wohl erst das höchst dankenswerthe Ergebniß der in diesem Sommer in Wien stattfindenden, in der allgemeine» Theatergeschichte selbst so epochemachenden internationalen Ausstellung für Musik- und Thcaterwesen sein können. Hier will der Verfasser nur darauf Hinweisen, wie vom Hof-theater des kunstliebenden, „gekrönten Componisten", Kaiser Leopold I., die Begründung ständiger Bühnen in Oesterreich ausgegangen, indem das vom Throne aus gegebene kunstsinnige Beispiel zunächst „die Großen des Reiches" gleichartig angeregt und durch diese, in ihrer Eigenschaft als Führer des politischen und culturellcn Lebens in den einzelnen Neichstheilen allwärts nach und nach, an Stelle fliegender Schaubuden auf offenem Markte, in Rathssälcn und „Landhäusern", festgefügte, wohlausgcstattcte „Musentempel" erstehen machen! Es soll also hier nicht nur gezeigt werden, wie der zu alle» Zeiten kunstsinnige und kunstfördernde Hof der Habsburger durch einen seiner trefflichsten Fürsten, das eben durch diesen selbst zur bleibenden Residenz des Reichsoberhauptes erhobene Wien zum Mittelpunkte eines eigenen Kunstlebens und Kunststrebens gestaltete, es soll auch gezeigt werden, wie die vollsten Reiz glanzreichster Neuheit ausstrahlenden Aeußerungen solchen Lebens und Strcbens aus diesem Centrum des Reiches sich in immer weiter ziehenden Schwingungen nach der Peripherie hinbewegten und wie da die mächtige Klang- und Farbenfülle aus dem pompösen Hofthcater Kaiser Leopold I. vollends Wiederhabt und Wiederschein fand in den von den „Ständen" der Länder diesen in edler Nachahmung des Kaiserhofes eigens geschaffenen „Landestheatern", die auf lange hin dann blieben fast die einzigen Mittler der Kunst in Ton und Bild, auf lange hin, neben den Schulen, die einzigen wahren Bildnngs- und Erziehnngsstätten der Völker! Die Liechtenstein und Schwarzenberg, die Auersperg und Esztcrhazy, die Waldstein und Lobkowitz, die Harrach und Windischgrätz, die Attems und Coronini, die Locatelli und Edling n. s. w., die im 17. und 18. Jahrhundert als Würdenträger der Krone oder der Landschaften unter dem Einflüsse der durch Kaiser Leopold I. so glücklich inaugurirten Kunstströmung gestanden, sie wurden, diesem erhabenen Impulse und zugleich der Devise „Nol)l6886 ollllA«" folgend, im Allgemeinen die Begründer der stehenden Bühnen in Oesterreich-Ungarn, gleichwie einzelne aus ihnen auf ihren neugebauten Prunkschlössern, in ihren grandiosen Stadtpalästen eigene Haustheater errichtend, den Kunstgcschmack im engeren Kreise und im Heimbezirke förderten, wo der und jener wieder der einen und der anderen Kunstgröße zum congenialcn Mäcen wurde, dessen Name mit jenem vereint fortan auch in der Kunstgeschichte glänzt! Aus diesem unseren Nachweise soll und wird demnach leichtlich hervorgehen, wie alles, was durch mehr als ein Jahrhundert auf dem Gebiete des (Musik- und) Theaterwesens in Oesterreich-Ungarn zielbewußt gewirkt und geleistet worden, zunächst auf die vom Hvftheater Kaiser Leopold I. ausgegangene Anregung zurückzuführen, wie somit diese, auch der Zeit nach erste Hofbühne in Oesterreich, als der Grundstein der ständigen Bühnen Oesterreich-Ungarns anzusehen ist. * * * Waren bereits in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts am Hofe zu Wien bei festlichen Anlässen sogenannte Kaiserspiele — lucki eg.68ars1 — in Uebung, so fand doch erst am Beginn des 17. Jahrhunderts die Schauspielkunst im weiteren Umfange und da in erster Linie in den sogenannten Schuldramen von dem Throne aus Gunst und Stütze. Schon Kaiser Ferdinand II., Kaiser Leopold I. Großvater, war — wie bekannt — ein hoher Freund der Musik und nahm auch an thcatralen Aufführungen lebhaften Antheil, wie dies unter anderem auch ein an ihn gerichteter Brief seiner Schwester Magdalena, der nachhcrigcn „Großhcrzogin zu Florenz" über zu Graz (1608) gesehene Vorstellungen der „euglündischeu Comödiantcn" Z beweist. Noch höheres Interesse an der Musik-, beziehungsweise an der Schauspielkunst als Ferdinand II., nahm Leopold's Vater, Kaiser Ferdinand III., der, ein hervorragender Compositeur, sich schon eine aus Italien und Spanien berufene Musikkapelle — für den Gottesdienst — zusammengestellt hatte, aber auch von den ausgcwähltesten Künstlern dieser Kapelle bei öffentlichen Hofsestcn und im Privatkrcisc Musikstücke aufführen ließ. Auch wurden schon zu Wien und Prag unter beiden genannten Kaisern deutsche Uebersetzuugen italienischer Opern mit großem Glanze zur Aufführung gebracht. Ferdinand III. Kinder erhielten einen gründlichen musikalischen Unterricht, dem sich speciell Erzherzog Leopold um so nachhaltiger hingeben konnte, als er, so lange sein älterer Bruder Ferdinand lebte, keine Aussicht und auch keine besondere Verpflichtung zu einer Vorbereitung für die Kaiserwürde hatte. Da Jesuiten seine Erziehung leiteten, so überging auch auf ihn jene Anregung für Kunst und Wissenschaft, die die Väter der Gesellschaft Jesu im wohlverstandenen Interesse ihres rasch wachsenden Einflusses auf das gesammte politische rind culturelle Leben in so hohem Grade pflegten, wobei — wie schon Devrient in seiner Geschichte des deutschen Theaters hervorgehoben — die systematische Betreibung des Comödienspieles durch ihre Schüler in Jnscenirung von lateinischen und deutschen Schauspielen bei Entwickelung großen theatralischen Pompes nicht die kleinste Rolle spielte. So kam es dann, daß der herangcreiftc kaiserliche Zögling, als er nach dem frühzeitig erfolgten Tode seines Bruders, des römischen Königs Ferdinand IV. (1654) und dem bald darauf (1657) eingetretenen Hinscheiden seines Vaters Ferdinand III. in den österreichischen Erbstaatcn und in der deutschen Kaiserwürde als Leopold I. gefolgt war, gar schnell als mächtiger Mäccn und selbstthätiger ') Ueber diesen Brief ausführlicher in der Abtheilung von den Landes-ihcatern. Anm. d. Verf. Förderer der Tonkunst zunächst und in ihrer Verbindung mit der scenischen Darstellung der Oper und des Schauspieles erstand, so kam cs, daß nach Aufzeichnungen, die noch erhalten sind, iir dem Zeiträume seiner Regierung (1657 bis 1705) am Wiener Hofe nahe an 400 Opern, Ilwatrali" und Oratorien gegeben wurden, und daß nicht selten selbstständig und als „Einlagen" Compositioncn des Kaisers selbst zu Gehör kamen. Diese Compositioncn, sowie auch jene von den Kaisern Ferdinand III. und Joseph I. gelangen jetzt in sorgfältiger Auswahl zum ersten Mal an die Ocffcntlichkeit. Das Verdienst, von Seiner Majestät die Bewilligung zu dieser Herausgabe erbeten zu haben, gebührt dem Herrn Cultus- und Unterrichtsministcr Freiherrn v. Gautsch und derselbe hat in dem junge» österreichischen Gelehrten, dem Professor der Musikgeschichte an der deutschen Universität in Prag, Dr. Guido Adler, den richtigen Miaun hierfür gefunden. — „Frau Musica" war es, die dem in seiner 48jährigcu Ncgenten-laufbahu vielgeprüften Kaiser Leopold I. stets zu Trost und Aufmunterung zu Lust und Freude ward. „Wie er des Jahres viermal" — sagt sein Biograph Rink — „seine Wohnung zu wechseln Pflegte, nämlich aus der Burg zu Wien nach Laxenburg, von da in die Favorita (dem jetzigen Theresianum), dann nach Ebcrsdorf bei Schwechat, so war in jedem kaiserlichen Zimmer allzeit ein kostbares Spinett befindlich, darauf der Kaiser seine Mußestunden zubrachte." Ja, cs ist die Nachricht erhalten, daß Kaiser Leopold, als er die Kunde von der Einnahme Straßburgs bekam, eben am Clavierc saß und anfänglich auf das Tiefste betrübt, dann plötzlich von der geliebten Muse Tröstung empfangend, die schöne Arie componirte: „Der alte Gott, der lebt noch" n. s. w. ') Seine Musikkapelle, für die in den Siebzigcrjahren das Budget 40.000 fl. betrug, konnte wohl die vollkommenste in der Welt genannt werden, da der Kaiser, ein Kenner der Musik auf mehreren Instrumenten, allzeit selbst das Examen anstellte, wenn ein neues Mitglied seiner Hvskapelle aufgenommen werden sollte, wobei dann „nicht nach Neigungen, sondern nach Meriten" geurtheilt wurde. Der bekannte englische Reisende Dr. Edward Brown stellt der Kapelle Leopolds das Zeugniß aus, daß es eine vortreffliche Musik sowohl an Sängern, als auf Instrumenten, wozu auch beitrage, daß nach Art der italienischen >) Geschichte des gesammten Theaterwescns in Wien (Wien 1803). Fürsten hier auch „Castraten" zum Singen unterhalten werden. Wie die „Hofmusici" Kaiser Leopolds von ihrer Bedeutung und ihrem Werthe erfüllt waren, geht aus einem Beispiel hervor, indem berichtet wird, daß bei einem Anlasse einer dieser Hofmusiker einem fremden Cavalier nicht Platz machen wollte, mit den Worten: suni Antonius Lianna, Llnsieua Laoran 0a68aroa6 LIaMtatis." Gleichwie der schwedische Gesandte Pufendorf seinem Könige, da er ihm seine sympathische Schilderung vom kaiserlichen Hofe in Wien entwirft, worin er der „guten gesunden Verstandes und Gemüthsgaben" des Kaisers, seiner vielseitigen Kenntnisse in den mathematischen Künsten und in den Sprachen — lateinisch, italienisch und spanisch — in der alten und ncnen Geschichte rühmlich gedenkt, dessen besondere Vorliebe für Jagd und Musik hervorhebt, so betont ein anderer Berichterstatter vom Wiener Hose, indem er im Detail die Schlichtheit und Einfachheit der kaiserlichen Burg um diese Zeit nachweist, die so aussehe, „als wenn sie nur für Mönche gebaut Ware," daß Kaiser-Leopold (im Verlaufe der Jahre) diesem „schlechten" (schlichten) und „einfältigen" (einfachen) Baue „einiges besserer Form zugelegt" habe, aber „auch dieses weniger dem eigenen Hofhalte, als vielmehr zweien der Lieblingsneigungen des Kaisers bestimmt: der Oper und der Bibliothek." Uns Hostheater Kaiser Leopold I. Schon gleich in den ersten Jahren der Regierung Kaiser Leopold I., und zwar im Jahre 1659 erbaute auf kaiserliche Kosten eine Schauspielertruppe — vielleicht die des Joseph Ion, welcher in dem eben genannten Jahre mit englischen und kurheidelbergischen Schauspielern in Wien weilte^) — ein Comödienhaus auf dem Reitplätze drei Reihen Bogen übereinander als Logen und Galerien für die Zusehen In diesem Theater hätte der Kaiser bald sein Leben eingebüßt, indem einmal, da er einer Vorstellung darin beigewohnt, doch glücklicherweise erst einige Augenblicke, nachdem er sich wieder entfernt, gerade auf den Platz, den er im Parket eingenommen, eine Loge herabstürzte, in welcher drei Hofdamen gesessen. Kurz darauf erfolgte die prächtige Herstellung des Hoftheaters Kaiser Leopold I. — des großen Opernhauses — auf dem >) Wünschebuch I (der Commission für das Theaterwesen der internationalen Ausstellung), S. 64, Nr. 36V. 2) Geschichte des gesammten Theaterwesens in Wien (1803). äußeren Burgplatze in dem Graben — dem Raume des heutigen Kaisergartens — unter dem Kloster der Augustiner und dieses Hoftheater blieb bis in das Jahr 1683 bestehen, in welchem es als Hinderniß der Fortification der Stadt Wien während der Türkeubelagerung abgetragen werden mußte. In diesem herrlichen Heim der Musen, dessen Inneres wir uns bald anläßlich der Besprechung des darin 1666 zur Feier der Vermählung Kaiser Leopold I. mit seiner ersten Gemahlin Margarethe von Spanien abgehaltenen grandiosen Fcstspicles „II ?omo ck'oro". des Näheren besehen wollen, wurden während seines nur so kurzen Bestandes von ein paar Decennien weit über 300 Opern und kastl tliontrnli gegeben. Als Architekt und Theatermaler für dasselbe fungirte in der ersten Zeit schon Ludwig Octavius Burnacini, außerdem berief dann der Kaiser noch den berühmten Mathematiker U. Athanasius Kircher, 8. ll., den Verfasser des epochalen Werkes: „Musurgia" von Nom nach Wien, damit dieser treffliche Gelehrte hier beim Hoftheater „sein fähiges Ingenium in Erfindung rarer Maschinen übe," nebstbei consultirtc ihn der Kaiser auch in Musiksachen, „um" — wie cs wörtlich heißt — „vom Kirchero die darin befindlichen Fnndamenta nach der Mathesi zu erlernen." Außer in diesem großen Opcrnhause, fanden aber unter Leopold I. für den Hof und dessen Gäste berechnete theatrale Aufführungen auch an anderen Orten der Residenz und deren nächster Umgebung statt. So finden wir alsbald, daß das gleichfalls zur Feier der Vermählung Leopolds mit Margarethe gegebene zweite Fcstspiel: „On Oontssn ckoll ^rin 6 äall ^gun lastn n OnvrUIo" oder das „große Roßballet", dessen Erfinder der kaiserliche Rath Francesco Sbarra war, worin der kaiserliche Triumpfwagen, der Wagen der Luft, die Grotte des Vulcan und der Garten der Göttin der Erde Vcrecinthia das meiste Aufsehen erregte und wozu der Architekt Pasetti di Ferrara die durch 28 dem Textbuchc beigefügte Illustrationen') auf uns gekommenen Dccorationcn geliefert, „auf dem Burgplatze im Freien" abgehalten wurde. Wir finden weiters, daß 1671 im Park zu Laxenburg das spanische Theaterstück: „Dal mnl Io manos Oomoackin tnmosn. ckal 8an. v. ^ut. äa 6oräovn gegeben worden. Im Jahre 1674 wurde 0 I» Vieim» ä'Lustl'ik Lppresso lüsttso Oosworovio 1667. „auf geheimer Schaubühne" des Kaisers, in einem der acht Säle der kaiserlichen Gemäldegalerie (in der Burg) dem Kaiser und seiner zweiten Gemahlin der lebhaften, geistvollen Claudia Felicitas von Tirol und über deren Anregung „zur Faßtiiachtunterhaltung" „Die Laterne des Diogenes", mit Compositionseinlagedes Kaisers,, gesungener" vorgestellt. Dieses Stück, voll Humor und Satire, welches aus dem „wällischcn" Original noch im selben Jahre ins Deutsche übertragen, in Wien bei Cosmerovins erschienen ist, zeichnet sich durch eine besonders charakteristische Freiheit in der Diction aus und ist dessen Aufführung vor dem Hofe eben nur als Fastnachtsscherz erklärlich! In den Jahren 1677 und 1078 finden abwechselnd auch Vorstellungen „im Thiergarten zu Schönbrunn," in der „Favorita" (dem heutigen Theresianum) und „im kaiserlichen Garten am Tabor" (dem heutigen Augarten) statt. Nachdem schon um die Mitte des 17. Jahrhunderts der deutsche Schauspieldirector Velten in der Entwickelung des deutschen Theater-wesens den bedeutendsten Schritt dadurch gethan, daß er in den von seiner Gesellschaft gegebenen Stücken alle Frauen- und Mädchenrollen durchwegs mit Schauspielerinnen besetzte') und 1655 schon in Wien die Schauspielerin Jsabella Barbarolla agirtc, so darf cs nicht Wunder nehmen, daß bei den thcatralen Aufführungen am Hofe Kaiser Leopold I. nun öfters als vorher Damen des kaiserlichen Hauses mitwirkten; so z. B. begegnen wir 1672, 1674, 1675, 1676 die Erzherzogin Maria Anna mit Hofdamen ein Ballet aufführend, in der Piöce II Hitorno äi ll'osao äcck Imdirinto äi Oratn 1686 tanzt mit den Damen des Hofes der Kurfürst von Bayern, zur Verherrlichung des „Leopoldstages" 1699 bringen die Erzherzoginnen und Hofdamen im Vereine mit dem römischen Könige Joseph I. und den Hofcavalicrcn das Stück: II 8ola, Im IHnioe, II Dsmpo zur Darstellung und mehrere Andere. Alan ersieht hieraus aber auch, wie allmählich die Hofgesellschaft Kaiser Leopold I. vom Interesse des Zusehens und Zuhörens zu dem der selbstcigenen künstlerischen Bethätigung auf der Bühne gefördert worden durch die kunstsinnige Anregung, wie sie von Seiten des „gekrönten Componistcn" nach allen Richtungen hin und zuvörderst auf Ausbreitung und Förderung von Musik- und Theatcrwesen ausgegangen! st Velten von Heine, S. 48. Das Leben am Hofe Kaiser Leopold I. war übrigens in Allem darnach angethan, die daran so zahlreich Theilnehmenden auf Schritt und Tritt künstlerisch anzuregen. Die wiederholten Freudenfeste ans Anlaß der Vermählungen des Kaisers, der vielen Geburten von Prinzen und Prinzessinnen, das Eintreffen von Botschaftern und Gesandten, sowie der ständige Aufenthalt solcher am Kaiserhofe, die Erhebungen so vieler Grafen in den Fürstenstand, wie sie Leopold eben vornahm, die abwechselnden prachtvollen Einzüge zahlreicher Lchcnslente vom Jahre 1660 bis 1699, welche ihrer Belohnungen wegen sich aus allen Theilen des heiligen römischen Reiches deutscher Nation, aus Burgund, Mailand, Mantua, Modena in Wien zu stellen hatten — alle diese Ereignisse und Vorkommnisse erhoben die kaiserliche Burg in Wien und Wien selbst zum mannigfaltigen Schauplatz von künstlerischer Pracht und kunstcrfnllter Lustbarkeit, wie es sich in Veranstaltung kunstvollst ausgestatteter Schaustellungen in Oper und Fcstspiel, in Pfcrdetünzcn, Schlittenfahrten, Maskeraden und sogenannten „Wirthschaften", so z. B. 1698 bei Anwesenheit des Czaren Peter des Großen als Mitglied seiner Gesandtschaft in Feuerwerken und anderem Gepränge einer steten Freudenkctte gleich offenbarte! In die bleibende Residenz des ersten Monarchen der Christenheit war auch auf den speciellen öfters geäußerten Wunsch des Kaisers Leopold, daß der Adel seine Bcrgschlvsser verlassen und in die Städte ziehen möchte, bald der altösterrcichische, böhmische und ungarische Hochadel in seinen ersten Repräsentanten geeilt, um hier in der unmittelbaren Nähe des kaiserlichen Hvflagers inmitten und an der Seite des zahlreichen Hofstaates sich würdige Wohnsitze zu gründen und zugleich mit den Gesandten der meisten auswärtigen Höfe — so unter Anderen 1655 Karl II. von England erster Gesandter nach Wien, Lord Taaffc, Graf von Carlingfort, ein Ahnherr des Herrn Ministerpräsidenten Eduard Grafen Taasfe, den Kaiser Leopold durch Ucbcrreichung seines Bildnisses in einer Umrahmung von Diamanten im Werthe von 5000 Dncatcn ausgezeichnet, „dergleichen," wie der zeitgenössische Berichterstatter sagt, „noch niemalen einem Botschafter widerfahren" — den vielen Residenten der einzelnen deutschen Staaten und freien Städte und den in immer größerer Zahl auch sich hier cinfindenden „reisenden Fremden aus den höchsten Ständen" den Glanz des Hofes zu verstärken und zu erhöhen. Kaiser Leopold hat hinwieder dem einen und anderen dieser hohen Cavaliere die Auszeichnung zutheil werden lassen, in seinem Wiener Heim einzutreten und an den hier in edler Nacheiferung des kaiserlichen Beispieles gebotenen künstlerischen Genüssen theilzunehmen. So erzählt uns z. B. das Mioatrum LuropaounO) zum Jahre 1672, wie folgt: „Am Feste Johann des Täufers haben Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin Claudia Felicitas bei den kU. Llisorioorämo (den Barmherzigen Brüdern) über der Schlagbrucken der heil. Messe beigewohnt, worauf sie mit dem ganzen Hofstaat in dero Geh. Raths, Kümmerers und Hofkammcrprüsidentcn Georg Ludwig Graf Sinzen-dorf Garten am Tabor, um selben zu besichtigen, erhoben, woselbst die Majestäten ans dem schonen großen Saal, welcher von unterschiedlichen ungcmeinen (sehr großen) und kunstreichen Gemälden behängen war, anfänglich mit einer vortrefflichen Collation tractirt und zugleich mit einer ansehnlichen Tafelmusik von 24 Violinen bedient wurden; nachgehends verfügten sic sich in ein besonderes Cabinet so ebenmäßig mit allerhand künstlerischen Bildern auf kostbaren Tapeten geziert war, in welchen sie gleichfalls mit einer annehmlichen Vocal-und Lautenmusik belästigt worden." Die Kaiserin Claudia, war übrigens im Besitze einer wohl-toncndcn Stimme, sang zum Entzücken und war auch Meisterin auf mehreren Instrumenten. Wir . greifen nun zurück auf die von Leopold I. seiner ersten Gemahlin Margarethe zu Ehren veranstalteten Festspiele, und wollen zunächst das große Opernhaus Kaiser Leopolds zur Premiöre von II komo ä'oro betrachten, von dem Leopolds Biograph Wagner sagt: Lpootaoula nt ckin Luropa niliil similo spootarlt!?) Das Fcstspiel: II kom» ll'oio. Unter den „schönen Comödicn", die aus Anlaß des hochfreudigen Ereignisses dieser Vermählung am Kaiserhofe zur Aufführung gelangten, bewunderten die Gäste vornehmlich das eigens zu dieser Hochzeitsfeier Kaiser Leopold I. in Scene gesetzte und in seinem Hoftheater dargestellte Fcstspiel „II Uomo ä'oro" (der goldene Apfel), ein Werk, das nach dem Aussprache eines Zeitgenossen „in gleicher Pracht und Schönheit niemals ist gesehen worden, vielleicht auch solange die Welt steht, nicht mehr wird gesehen werden." >, XI. S. 63/d. 2- Histori» I.sopotäi, S. 205. Das 105 Seiten Folio und 25 prachtvolle Kupferstiche (Abbildungen der zugehörigen Decorationen, sowie des Zuschauerrauines) enthaltende, 1668 beim Hofbuchdruckcr Mathäus Cosmerovius in Wien im Druck erschienene italienische Textbuch dieses musikalischen Festspieles, führt den Titel: IIvomo ck'oro / I?68tg. Dlioatrulk / Uappro-86nt8ck«, in Vinnlln / vsr / V'^vxu8ti88im6 / bIo/26 / Veils / Luere 6e8arn6 lieali / Lla68tü / vi / Veopolcko / n / Llai^llorita. / Lomponi-mnnto, vi Vranok8c:o 8barra, Oonsi^Iinro cki 8. LI. 6. Die Kosten für die Ausstattung der pompösen „Premiere," wie wir heute sagen würden, betrugen 100.000 fl., und es wirkten bei der festlichen Aufführung in dem feenhaft ausgestatteten Stücke über 1000 Personen mit. Man fährt darin mit Wagen und Schiffen, schießt aus Kanonen, führt Ballete und „Pferdetänze" auf, läßt Wasser aus Fontaine» und Springbrunnen fließen und emporsteigen, rückt in den Vordergrund tiefreicheuder Perspectiven von Gärten und Alleen natürliche Blumen und Bäume, die köstlichen Düfte verbreiten, bietet überhaupt an Scenerie von Flugwerken und Maschinerien, was der erfinderische Zeitgeist nur immer bieten kann, mit einem Worte, läßt an dem erstaunten Blicke der Mitwelt eine opulente Feerie vorüberziehen, wie sie großartiger nicht gewünscht und gedacht werden konnte und die heute noch an unserem geistigen Auge vorbeiziehend, Bewunderung erregen muß. Wir wollen in möglichster Kürze die Leser mit dem scenischen Apparate des Stückes und in einigen Proben mit der Art der Ausstattung bekannt machen; doch laden wir vorerst noch ein im Anblicke der einen beigegcbcnen Abbildung,') der des Zuschauerraumes, das „Haus" vorerst zu besehen, ehe wir im Geiste der „Premiöre" selbst anwohnen wollen. Der prachtvolle Saal, dessen Decke durch ihre meisterhafte Holzschnitzarbeit die Blicke fesseln will, läßt uns aber durch die glänzende Versammlung — es war eine Zuschauermenge von 5000 Personen constatirt — die ihn bis auf den letzten Platz und in allen Rängen füllt, im ersten Momente zu keinem ruhigen Beschauen kommen. Unser Auge weilt auf den Fürstlichkeiten und ihrer zahlreichen Suite in dem weiten Parterreraume. In gemessener Entfernung vom Proscenium, dem etwas vertieft „das Orchester" vorliegt, erhebt sich drei Stufen hoch die reich mit Teppichen belegte Estrade, auf welcher natürlich in erster Reihe Kaiser Leopold mit seiner jugendlichen Gemahlin der Kaiserin Margarethe, dann die ebenso geistreiche als knnstlicbcnde Kaiserin-Wittwe Elconvra, Leopolds Stiefmutter, die Prinzessinnen Elevnvra und Anna, ihre Kinder Platz genommen haben. Der Kaiser ist in spanischer Hoftracht, den Hut auf dem Kopfe, die Blicke in das eigens für ihn geschriebene Textbuch vertiefend, auch die Kaiserin-Gemahlin hält ein solches Buch in Händen, die Arme auf den kolossalen Reifrvck ruhend, das Haar ganz glatt im Scheitel, die Kaiserin-Wittwe trägt ein enganschließendes Kleid, das Haupt gleichfalls ohne besonderen Schmuck; auch die Prinzessinnen erscheinen sehr einfach gekleidet — auch diese alle mit Textbüchern in Händen. In der zweiten Reihe des Parkets sehen wir die Hofdamen der beiden Kaiserinnen, die der jungen Kaiserin, alle in großen Reifröcken womöglich noch umfangreicher als die Kaiserin selbst ihn trägt, die der Kaiserin-Wittwe in enganliegenden Schößen; unmittelbar hinter dem Sitze der jungen Kaiserin steht ein Edelknabe. Wir zählen im Ganzen acht Sitzreihen, die von den Hofwürdcn-trägern und ihren Gemahlinnen, sowie von den ersten Cavalicrcn des Reiches sammt deren Damen besetzt gehalten werden. Zu beiden Seiten der Parketsitze stehen die Garden in voller Uniform mit den Helle-barden in der Rechten, Mann an Mann je circa dreißig, vor ihnen die Edelknaben und Pagen. Die weiteren Nänmc des Parterres unter den Galerien füllen dichtgedrängt Damen und Herren der vornehmen Welt, darunter zahlreiche Officicrc. Und die drei Stockwerke, Galerien, von nach der ganzen Höhe durchlaufenden Säulen in je 15 Logen getheilt, sie weisen in je mehreren Bankreihen Hunderte und Hunderte von reich geschmückten Zuschauern und Zuschauerinnen jener Stünde, die kraft des damaligen Hofcercmvniels auf eine Einladung bei solch außergewöhnlich festlichem Anlasse Anspruch hatten — im Ganzen, wie schon gesagt, das Parket eingerechnet, waren 5000 Personen bei dieser „Vorstellung" anwesend, das Haus also bis auf den letzten Platz gefüllt. Die Beleuchtung des Saales, wie sie uns der treffliche Stich wiedergiebt, muß eine glänzende gewesen sein, wenigstens ist der Effect im Bilde ein solcher und sie scheint sich von der Decke herab und von der Bühne zugleich ergossen zu haben. Doch der Vorhang ist bereits aufgezogen, das Fcstspiel beginnt. Die ersten Blätter des Textbuches nennen in einer Art „Theaterzettel" die „agircndeu" Personen: Die gesainmte classische Götterwelt, Jupiter an der Spitze, die Grazie, die Furie, der Köuigssohn Paris, Enone, Philaura, Aurindo, Kekrops, König der Athener, dann die Chöre: Tänzer, Luftspringer, Hirten, Damen, Tempeldicuer, Soldaten — ein ganzes Regiment wird aufmarschiren — und Volk. Die „Handlung" ist eine Bearbeitung der Geschichte vom goldenen Apfel, der als Urtheil des Paris der Schönsten gereicht wird, unter welcher hier allegorisch die junge, schöne Kaiserin gemeint ist. Es wäre wohl zu weitläufig und die Ausführung im Geschmacke der Bombastik jener Tage würde dem der heutigen Leser minder entsprechen, wollten wir des Breiteren in eine Erörterung des textlichen Theiles des Stuckes selbst eingehen. Was aber einen auuähernden, wenn freilich auch nur schwachen Begriff von der hierbei entfalteten scenischen Pracht und Herrlichkeit gewähren kann, das ist es, was wir nach den vorliegenden prächtigen Kupferstichen versuchen wollen, vor den Augen unseres Publicums vorüberzuführen: die Scenerien der Hauptscenen und namentlich der grandiosen Actschlüsse. Der Prolog: den Ruhm des Hauses Oesterreich in dithyrambischen Versen feiernd, ist von einer Decoration begleitet, die in einer Weise brillant ausgestattet erscheint, daß man meint, kaum noch eine Steigerung des Effectes nach ihr erwarten zu können?) Wir blicken in eine weite Halle von Säulen, die fest angeschmiegt in den von ihnen gebildeten Nischen die kolossalen Neiterbildcr der habsburgischcn Regenten zeigen, während auf den Capitälen Genien aus Lorbeerkränzen hervorlugen und Palmenzweige in Händen halten; im Mittel dieser Säulenhalle, die im Fond der Bühne perspectivisch abschließt, steht aus einem Piedestal von Kriegstrvphäen das Reiterbild Kaiser Leopold I., über dessen Haupt von den Capitülränderu von. hüben und drüben zwei Genien hoch in Lüsten einen riesigen Lorbeerkranz gebreitet halten; über dieser Apotheose des Kaisers, in dm Wolken oben schwebt „Oesterreichs Ruhm" (allegorisch) aus dem Pegasus reitend und zu Seiten rechts und links Amor und Hymen in Wolken gehüllt. Auf dem Podium herunten aber, in der Höhe der Reiterb ild-sockcl, stehen rechts und links die Actcurs, welche die einzelnen Staaten darstellen und im Namen derselben den Ruhm Oesterreichs zu verkünden haben. Die erste Scene des 1. Actes spielt im Reiche des ,,Pluto" und cs läßt sich leicht denken, daß die Scenerie ein 6mburi--c8 cke rieIi6K86 aller möglichen und unmöglichen sagenhaften Gestalten ans der Mcnschcnwelt und aus dem Thierreiche zur Anschauung bringt. Auch der Humor entwickelt sich da ans breitester Basis, um nur ein Beispiel anzuführen: hochthronend schmaucht ein Krebs das zu jener Zeit eben stark umstrittene und in gelehrten Abhandlungen als so äußerst schädlich hingestellte Tabakkraut aus holländischer Thonpfeife. In der vierten Scene wechselt die Decvration; wir befinden uns im Reiche Jupiters; der Obergott mit dem ganzen Chor der Götter sitzt au reichgeschmückter Tafel, die Halbgötter servilen köstlich scheinende Speisen, die Gerichte, soweit wir sie unterscheiden können, verrathen französische Küche, alle üblichen Delicatessen des Jahrhunderts werden da aufgetragen, in erster Reihe die Ananasfrüchtc, die ans keiner solennen Tafel fehlen durften; aus den Wolken füllt mitten in die Götter-Tafelrunde der goldene Apfel (II l?oma ck'oro); die Wände des Prunksaales sind mit Riescntellern von Sövres geschmückt und prächtige Gefäße aus Porzellan und Silber und Gold stehen rings umher. Die sechste Scene des 1. Actes vergegenwärtigt dem Zuschauer den Wald von Jda, auf der Scene sind Paris und Enone, ans den Wolken kommt Mercnr dahergeflogen — ein Meisterwerk der von den Zeitgenossen so hochgepriesenen Maschinerie dieses Hofthcaters. Haben wir in dem Hofraume im Palaste des Paris in Scene 11 die wundervollen Frauen gestalten, die als Capitälträ-gerinnen (Karyatiden) verwendet erscheinen, nicht genug betrachten können, so verwandelt sich plötzlich (in Scene 15) die Decvration und der staunende Blick wird durch die Wasserkünste in dem nun an die Stelle tretenden Lustgarten gefesselt. Zu enormer Höhe emporspritzende Strahlen, sieben an der Zahl, verbreiten — schier glaubt man cs zu fühlen — eine erfrischende Kühle im Saale und werden von kunstvollst gemeißelten Becken aufgefangen; der Vordergrund weist Pflanzen in natnru, der perspektivische Hintergrund gemalte Imitation; Venus erscheint, von einem Chor von Schönheiten und von Amoretten mit Pfeil und Bogen begleitet, die nun ein schönes Ballet tanzen. Der 2. Act führt uns an das Gestade des Meeres, am Ufer liegen Schiffe vor Anker, Festungsthürme flankiren den Eingang in das Land?) Die Erde öffnet sich, cs wird ein überaus großer, monströser Kopf sichtbar, der die Rückwand des Theaters ausfüllt; aus Ohren und Nase sprüht der Schädel Feuer und der weit- geöffnete Mund weist Meer und an Ufers Rand Charon im Nachen lossteuernd ans die im Hintergründe des Gaumens sichtbare, in Hellen Flammen stehende Stadt (1a dtckä äi Vits); es ist der Höllcnrachen, vor dem wir stehen! Furien haben den Brand angefacht und stecken dem Haupte die Brandfackel eben noch in Nase und Ohren, aus denen, wie schon erwähnt, die Flammen sofort emporschlagen. Von überwältigender Wirkung ist aber Scene 10, das Feldlager der Athener darstellend, wo König Kekrops mit seiner bewaffneten Macht auftritt, da erscheinen auch Elephanten und Dromedare nebst einer ansehnlichen Zahl von prächtigen Pferden auf der Bühne; ein auserlesener Chor von Soldaten fällt wiederholt ein. In den Lüften fährt — wieder eine treffliche Maschinerie — Pallas daher im wohlgcschmücktcn und mit trefflich geschnörkelter Schnitzerei versehenen Triumphwagen, einem Prachtstücke vollendeter Renaissanceleistung, der von Eulen gezogen wird. Im Hain des Triton (Scene 13) führen wohlbewührtc Amazonen ein „gar kunstreiches Ballet", einen Waffentanz, auf mit Speeren. Mit dieser ganz besonderen Augenweide schließt der 2. Act. Act 3 läßt der Reihe nach Revue passiven: die Höhle des Aevlus, in der pausbackige Jungen, aus Leibeskräften blasend, zu schauen sind, eine dicht mit Bäumen bewachsene Schlucht mit dem Ausblicke auf einen hohen Wassersturz, dann Scene 6: das Arsenal des Mars mit dem Anachronismus drohender „Geschützrohre" und all dem nöthigen Schild- und Wasfenzeuge, das hoch oben in der Wölbung des Saales fcstonartig sich nach dem Hintergründe zieht, wo die Bühne sich öffnet und das Meer und die Schiffe sichtbar werden. Scene 8 zeigt uns das offene Meer, auf gewaltigem, vom Sturm gepeitschten Segler „Paris" mit seiner Begleitung, aus dem Sturmgewölk fahren Blitze nieder, hoch gehen die Wogen und ans der gepeitschten Fluth erblickt man zur Linken Ncptnn, den Dreizack schwingend, begleitet vom Chor der Tritonen; hoch bäumen sich die Mccrcsrvssc an seinem Wagen, rechts thront Venus in der Muschel, umgeben von den Nereiden; — das Ganze ein sinnberückendes Bild! Im Amphitheater (der 11. Scene) wird ein Gladiatorcn-kampf aufgeführt, daran schließen sich große militärische Evolutionen, Kämpfe des Mars und seines Gefolges mit König Kekrops und seinen Soldaten. Der 4. Aet spielt zu Beginn im Cedcrnwald, der im horti-culturalcn Geschmacke des 17. Jahrhunderts sich in zehn gleichmäßige, wvhlausgeschnittcne Alleen, je fünf zu beiden Seiten, theilt, während der Fond der Bühne in einer Art Cedernhalle eine Doppelwache von acht Riesenfaunen zeigt; auch da quillt lustig ein Springbrunnen empor und in dein Perspectivenabschlnß werden zu Ende all der Alleen exotische Topfgewächse sichtbar. In der 3. Scene tritt eine Verwandlung ein, wir befinden »ns vor dein Opfcraltare der Pallas im reich mit Säulen und Figuren geschmückten Tempel; die Göttin selbst sitzt in voller Wehr auf dem Altar und der Opferpriester schickt sich eben an, den Widder zu opfern, während aus dem Rauchgefüße zu Füßen der Göttin die Opferdünste emporsteigen. Von überraschender Wirkung ist wieder die Decvration zu Scene 6 und 7, es stellt da die Scenerie eine meisterhafte Composition im Nebeneinander der Elemente dar, unten das Meer, darauf Amor in einem Feuerwagcn, während in der feurig scheinenden Luft als ein breit sichtbarer Streifen, die ,,Milchstraße", sich hinzieht, auf der inmitten eines Strahlensternes ,,Frau Venus" im stattlichsten Fcstschmucke (des 17. Jahrhunderts) erscheint. Ein pompöses Bild (Scene 10) bringt uns aber nun das ,Atrium der Venus". Frauenleiber tragen als Karyatiden die kapitälgeschmücktcn Seitcnwände — ans den obersten Kapitalen reiten Genien auf Delphinen — durch das Atrium halten auf einem von zwei Bären gezogenen Triumphwagen Mars und Venus den Siegescinzng. Vor dem Wagen schreitet der gefangene König Kekrops von Athen einher, begleitet von einem Chor Gefangener; die Siegesgöttin hält über dem Haupte des Mars eine» Lorbeerkranz, über dem der Venus den Apfel des Paris; ans den Wolken springt Amor mit dem abgeschossenen Bogen in der Linken in der Richtung der Gruppe hernieder. Den Schluß des 4. Actes bildet die Belagerung der Festung des Mars durch die Athener'). Die Festung weist neun Thürme, deren drei mittlere von den Vertheidigern besetzt sind, desgleichen die zwischcnliegenden und nächst-anrainenden Mauern; unter denselben herrscht das bunte Kriegsgetümmel der Angreifer, die auf Sturmleitern, deren immer neue herbeigeschleppt werden, cmporklettern; auch zwei Elephanten mit den bemannten Belagernngsthürmen auf ihren Rücken sind auf der Scene zu sehen; aus den Wolken sieht Pallas dem Kampfe um die Festung zu. Der 5. und letzte Act beginnt auf dem Lustschlosse des Paris; eine Reihe von Villen im Luxusstyle der Renaissance öffnet sich unseren Blicken; es herrscht in Anlage und Durchführung Pracht und Geschmack in gleicher Weise, Bäume und Gebüsche bilden, zwischen die Bauteil hineingestellt, eine reizende Abwechslung, und sind namentlich die hallcnüberwblbteu Stiegcnausgänge, in denen sich unter anderer Ausschmückung z. B. aus Qucrstäbcn Papageien wiegen, mit besonderem Chic arrangirt. Die Kunst des Maschinisten liefert zu 2* dieser Scene wieder einen superben Beitrag: drwch die Lüfte einher-ziehcnd, Juno auf dichtein Wolkenthrone, vom Pfau begleitet, und Jupiter auf dem Adler reitend. Scene 9 präscntirt uns das in Trümmer geworfene Castell des Mars mit dem Prospcct auf den Palast und einen isolirtcn Thurm; es öffnet sich der Himmel und auf der obersten Wvlkenschicht werden Jupiter und Juno und auf den tiefer geschichteten die übrige» Götter sichtbar. Wie der Eingang, so bildet auch der Schluß des ganzen Stückes eine Apotheose des Hauses Habsburg. Eine „Verwandlung" zeigt einen großen Platz mit herrlichen und rcichgeschmückten Palästen und den Ausblick auf das Meer; es beginnen drei Balletc zugleich, das eine auf dem freien Platze, „Cavaliere", eine Quadrille tanzend, die sich dann in den Reigentanz löst; im Wasser rückwärts Sirenen und Tritonen (wie heute in den Wagncr'schen Opern) ganz im Hintergründe Riesenwellen, die das Wasser hoch emporspeit; in den Wolken-räumen oben tanzen die Amoretten, Jupiter und Inno und die übrigen Götter sehen dem Tanze zu; ganz zu oberst aber öffnen sich die Wolken und auf seinem Throne sitzend, erscheint Kaiser Leopold's Gestalt, zu Seiten die seiner schönen jungen Gemahlin - der Siegerin im Kampfe der Schönheiten — umgeben von den Gestalten der hervorragendsten Fürsten des Hauses Habsburg. Venus, Pallas, Juno und der Chor der Götter singen: 0 boll' ütk, olis 6» HusII dsn tsoonäo kropoKiNo, veärü, ioort ?iols, Onäs s 8i rssssrsm il 6iel, s'illusti-i il Nonäa. Wie der Verfasser des Festspicles Francesco Sbarra uns in seinem Nachwort an die Leser erzählt, wurden die von Burnacini, dem Erbauer des Hoftheaters entworfenen und ausgeführten Scenen, die Musik von Ccsti, sowie die prachtvollen Costüme und die ganze treffliche Ausstattung und Ausführung dieser festlichen Preiniärc vom auserlesenen Publicum, das da versammelt war, mit stürmischem Bei falle aufgenommen. Ilm das durchwegs vorzügliche Gelingen des Werkes, das in so ausgezeichneter Weise vorgeführt wurde, haben sich aber vor Allem die Cavaliere, die darin mitgewirkt, und die Pagen Sr. Majestät die größten Verdienste erworben, in erster Reihe jedoch der General Intendant des kaiserlichen Theaters, Herr Franz August Graf Waldstein, der mit dem Adel der Geburt auch hohe Kenntniß in allen schönen Künsten verband! * -I« * Auch Kaiser Leopolds dritte Gemahlin, Eleonore von Pfalz-Neuburg, die Mutter der Kaiser Joseph I. und Carl VI., hat trotz ihrer im Allgemeinen frommen Beschaulichkeit gewidmeten Lebensart und ihrer Vorliebe für die Zurückgezogenheit von weltlichen Vergnügungen, doch in stets geübter Pflichttreue an den theatralen Aufführungen bei Hofe theilgenommen, wenn sie gleich auch öfters, wie zeitgenössische Berichte erzählen, statt des Textbuches eine ihr persönlich mehr zusagende fromme Lectüre hierbei in Händen hielt. War ihre mit dem Kaiser am 14. December 1676 zu Passau stattgehabte Vermählung am selben Tage in Wien bei der ver-wittweten Kaiserin Eleonore von Gonzaga (der Stiefmutter Kaiser Leopolds) — einer eminenten Kunst- und insbesondere Theaterfreundin — und im Beisein der denominirtcn Königin von Spanien (Erzherzogin Maria Antonia) „durch ein von acht Edelknaben getanztes Ballet, darauf gefolgte Comödie und köstliches Banguett" gefeiert worden,') so wohnte die neuvermählte Kaiserin an der Seite ihres kaiserlichen Gemahles auf der Herabreise nach Wien (wo ihre Ankunft am 7. Januar 1677 erfolgte) in den gemachten Raststatiouen in den an der Donau gelegenen herrlichen „Stiften" „ihnen zu Ehren veranstalteten Jagden und Comödien" bei.2) Nach dem Tode des Kaisers aber, welcher erhabene Musikfreund unter den sanften Klängen seiner im Nebengemachc des Sterbezimmers musicirendcn „Kapelle" am 5. Mai 1705 verschied, zog sich die Kaiserin Eleonore von Pfalz-Neuburg von dem Vergnügen des Hoflebens ganz zurück. Die künstlerische Erbschaft seines Vaters trat nach der kurzen Ncgierungsepvche des, wie wir gesehen haben, den Künsten gleichfalls gewogenen ersten Sohnes Kaiser Joseph I. in vollem Umfange, ja womöglich mit noch intensiverem Interesse der künstlerisch nach allen Richtungen hochgebildete zweite Sohn Kaiser Karl VI. an. ^ Unter seiner Regierung ward einerseits das Hoftheatcrwcsen zielbewußt noch weiter ausgebildet und andererseits reiften allmählich die 1) Luropseuw XI, 1055/b. 2) IMii. XI. 1191/b. das svcialc Leben in den einzelnen Reichstheilen zu schönster Blüthe erweckenden Einflüsse, die in künstlerischer Beziehung vom Hofe Leopold I. ausgegangen und durch die andauernde und gesteigerte Wärme des künstlerischen Interesses am Hofe Karl VI. nun noch verstärkt waren, zu erfreulichsten Erscheinungen heran. Karl VI., der die Musik „nngcmein wohl verstand", auf verschiedenen Instrumenten spielte und in der Composition so erfahren war, das; er augenblicklich jeden Fehler in einem Musikstücke wahrnahm, unterhielt eine „Kapelle" von „Virtuosen", die — wie der zeitgenössische Schriftsteller vom „Römisch-Kahserlichcn Hofe"/) der Sachse Küchel-bäcker sagt — „allhier so reichlich belohnt werden, als irgendwo von einem großen Potentaten geschehen kann"; „die Kapelle kostete allein jährlich an die 200.000 fl. und bekommt mancher Musikus, Cantutore und Cantatrice 4000, 5000 bis 6000 sl. jährliche Besoldung". An der Spitze standen als Hofkapellmeister der berühmte Joh. Jos. Fux, als Vicekapellmeister Anton Caldara; Concertmeister waren Kilian Reinhardt und Andreas Amiller; unter den Hofsängerinnen, zumeist Italienerinnen, befanden sich nur vier Nichtitalienerinnen: die Frauen Schultz und Skoriantz und die Jungfern Nvgenhoffer und Hilverding. Als Hossängcr erscheinen gleichfalls meistens Italiener und als Com-ponisten ausschließlich die drei Italiener Badia, Conti und Porsile genannt. So bot denn begreiflicherweise in der „Saison" neben anderen glänzenden Festen, den sogenannten kaiserlichen „Wirthschaften", wobei Kaiser und Kaiserin — die so schöne Elisabeth — die „Wirthe" machten und die ganze Gesellschaft verkleidet erschien, neben Schlittenfahrten — die geringste Schlittenequipagc hatte einen Werth von ein paar tausend Gulden, so viel Gold und Silber und kostbare Felle waren darauf angewendet — das größte Vergnügen die kaiserlche Oper auf dem prächtigen Theater des magnifiquen und vollkommen schönen Opernhauses in der kaiserlichen Burg". Es war so groß, daß in mancher Scene über hundert Personen zugleich auftreten konnten, und es verfügte über einen ebenso schönen als reichen Scenenwechsel. „Man findet" — sagt der genannte Zeitgenosse — „weder zu Paris noch zu London, ein dergleichen, zu solchen musikalischen Aufführungen gewidmetes Gebäude, als hier." „Auch sind die Aufführungen in Paris und London," — fügt er bei — „welche zwar in vielen Stücken höchst tz „Allerneueste Nachricht" u. s. w. Andere Auflage. Hannover 1732 S. 160 ff. angenehm sind, mit der hiesigen sowohl wegen der Vocal- als Instrumentalmusik doch nicht zu oergleichen, wobeh zu wissen, daß eine jede solche Oper dem Kayser bis in die 60.600 fl. kostet."? Jede Oper erfuhr zwei bis drei Wiederholungen und „ist sowohl das erste, als das andere Mal einem jedweden anständigen Herrn erlaubt, dieselben zu sehen."? Als Director der kaiserlichen Oper fungirte der Prinz Pius von Savoyen, „ein Herr, der die Musik sehr wohl versteht"?) An des Kaisers Geburtstag, 1. October, und an der Kaiserin Namenstag, 19. November, wurden des Abends in der Burg „Serenaden" (Concerte) aufgeführt, „welche sowohl wegen der Vocal-als Instrumentalmusik ganz außerordentlich und vortrefflich schön waren". Es bemühte sich bei dieser Gelegenheit jeder Virtuose durch seine Kunst sich hervorzuthun, und man bekam bei diesen Festen immer die vorzüglichsten Sänger und Sängerinnen zu hören. Der Hof war dabei immer sehr zahlreich versammelt und es stand der Eintritt jedem Cavalier und jedem zum Zutritte bei Hofe berechtigten „anständigen Menschen" offen. „Man verbrachte" — wie Kuchelbäcker anmerkt — „zu solcher Zeit den Abend recht wohl und angenehm." Außer der kaiserlichen Oper und den Hofeoncerten bot das Wien Karl VI. der Gesellschaft und den vornehmen Fremden an theatralen Genüssen auch, zwar in beschränktem Maße wegen engen Raumes, die Cvmödien der Edelknaben, die auf dem sogenannten kleinen Theater gespielt wurden, zu denen zwar, wie zu den kaiserlichen „Wirthschaften", der Zutritt gar „äitllcile", aber durch Vermittelung eines Kammerherrn oder eines vornehmen Gesandten nicht ganz und gar unmöglich war?) und natürlich mit voller Öffentlichkeit die deutschen Comödien in dem eigenen Comödienhause beim Kärntnerthore, welche alle Tage, mit Ausnahme des Freitag, stattfanden. „Es werden dieselben" — schreibt Kuchelbäcker — „aber auf Kosten und mit Direktion des (Pächters) Borosini, eines kaiserlichen Hofmusici, unterhalten, welcher selbe anjetzo auf einen ganz anderen Fuß, als vor diesem gesetzt: denn das Theater ist nicht nur groß, weitläufig, wohl illuminirt und an Dekorationen und Maschinen recht proper, die Akteurs sind meistcntheils gut und haben »ngemein kost- 0 I. o. 258 f. 2) I. o, 260. 0 ibiä. 9 I. «. x. 262 bare und schöne Kleider, welche alle Mr. Borosini angeschafft. Es erscheinen auch ans dem Theater mehrcnthcils gute Tänzer und Tänzerinnen, welche dann und wann ein Ballet tanzen, so aber denen französischen nicht gleichkommen. Das Orchester ist mit guten Musicis besetzt und alles so eingerichtet, daß man in Teutschland nicht leicht desgleichen finden wird/) wie dann auch das dasige Comödienhaus gewiß vor schön und magnifique passiren kann." l. o. x. 412 t. (Schluß folgt.) K. u. k. Hosblichdruckerci Carl fromme in Wion. Qas Theaterwesrn in den Reichsthellen. Wie schon in der vorhergehenden Abtheilung wiederholt betont worden, war es zunächst die unmittelbare Theilnahme einer ansehnlichen Zahl aus dem österreichisch-ungarischen Hochadel an den theatralen Aufführungen in der Residenz, vorab an dem mit so viel Pracht und Herrlichkeit, mit so luxuriösem Pompe ausgestatteten Hoftheater Kaiser Leopold I. und später seines Sohnes Kaiser Karl VI., was für die Bildung und Entwickelung des Theaterwesens in den einzelnen Reichstheilen anregend und fördernd wirkte. Diese Anregung und Förderung ward aber für noch weitere culturcll einflußreiche Kreise schon unter Kaiser Leopold I. an Ort und Stelle selbst theils durch temporäre, von glanzvollen Festen aller Art, darunter in erster Linie von Festtheatern begleitete Anwesenheit des kaiserlichen Hofes, theils durch, von den Reichs- und Landes-würdentrügern hier an ihren väterlichen Heimstätten geschaffene eigene, dem kaiserlichen nachgeahmte fürstliche und gräfliche „Hofthcatcr" noch weiters und direct gehoben und gestärkt. Die „Huldigungssahrten" des Kaisers Leopold I. in die einzelnen Königreiche und Länder, sie wurden daselbst zugleich immer zum frohbegrüßten Anlasse, dem kunstliebenden Monarchen seine vorzüglichste Vergnügung mit Musik und Theater ja nicht entbehren zu lassen, wodurch dann im immer weiteren Umkreise Lust und Verständniß für Siehe: „Oesterreichisch-Ungarische Revue", XIII. Band, S. 1. großartige künstlerische Aufführungen mehr und mehr geweckt und genährt wurde. Die Cavaliere aber, sowohl die älteren Zeitgenossen, wie die unter ihm heranreifende Generation, sie waren und blieben eifrigst bestrebt, ihren Fonds theatralen Interesses, wie sic ihn am Wiener Hofe und auf ihren Reisen im Auslande sich angeeignet und gesammelt, daheim aus den, nun zumeist umgebauten und reich ausgestatteten, Schlossern zur Basis intensiven »insikfreundlichcn Wirkens und Strebens zu machen, zur Basis solchen Wirkens und Strebens in ihren Palästen und in den, unter ihrem administrativen Einflüsse stehenden landschaftlichen Entitäten: „Ballhäusern", „Reitbahnen" u. s. w. zu machen, auf welchen Grundlagen sich im Laufe der Zeiten da früher, dort später die ständigen Landesbühnen aufbauen konnten und thatsächlich aufgebaut haben. -t« -I« * An dieses Wcrdelcben des Theaterwesens in den Reichsthcilcn herantretend, kommt uns zunächst die Betrachtung der diesbezüglichen Verhältnisse im Königreiche Lähmen, denn hier greift der Einfluß des kaiserlichen Hofes auf die Förderung des Interesses für Theater und Musik in noch weit frühere Tage zurück, was wir an der Hand des monumentalen Werkes Oskar Teuber's über die Geschichte des Prager Theaters') in Kürze vorher noch berühren möchten, ehe wir an die directe Einflußnahme der Opcrnaufführungen unter Leopold I. schreiten wollen. Schon Kaiser Ferdinand I. ließ 1843 im kaiserlichen Schlosse zu Prag die von Studenten im Carolinum 1839 zum ersten Male mit durchschlagendem Erfolge gegebene Comödie von der „Susanna", von den Darstellern im sogenannten Nezkischen Collegium, im Beisein seiner Gemahlin und seiner beiden Söhne Ferdinand und Maximilian aufführen, nachdem seine Hofherrcn einer kurz vorhergegangenen Aufführung desselben Stückes das größte Lob nachgesagt. Im Jahre 1886 waren, berufen von Kaiser Ferdinand I., die Jesuiten unter Führung ihres Provinzials Peter Canisiuö nach Prag gekommen und hatten gar bald auch hier das bereits eingangs charakterisirte Mittel zur Bildung und Erziehung ihrer Convicts- und l) Geschichte des Prager Theaters von Oskar Tender. 3 Bände. Prag 1883 ff. 9 Tender, I. o. 1, 9 f. Schulzöglingc durch die Aufführung vvn sogenannten Schuldramcn in Schwung gebracht. Ein cnragirter Verehrer dieser Jesuitendramen war Erzherzog Ferdinand; am 28. October 1563 mußten ihm die Jesuitcnschüler in der Burg am Hradschin ausschließlich vor den Hofleuten und den Großen des Reiches die Tragödie Philopaedius, ein unendlich rührendes und auferbaulichcs Stück, aufführen, in welchem mehrere wollüstige Jünglinge coram pudlieo von etlichen scheußlichen Teufeln geholt und in der Hölle gebraten wurden. Nachdem im Jahre 1567 die erste öcchische Originalnovität „Das böhmische Trauerspiel von St. Wenzeslaus dem Märtyrer" und 1568 mit vielen Wiederholungen das biblische Ausstattungsstück „Die drei Könige an der Wiege Christi" gegeben worden, beides unter dem außerordentlichsten Beifall, erwuchs aber — wie Teuber sagt-) — den Jesuitenschüleru in den nächsten Jahren starke Concurrenz in einem sehr gelehrten Vierfüßler — dem ersten Elephanten, den Prag in seinen Mauern gesehen. Am dritten Sonntage der Fastenzeit im Jahre 1570, ließ nämlich Maximilian II. am Altstädter Ring im Beisein vieler Fürstlichkeiten ein grandioses Schauspiel aufführen. Der Vulcan Aetna stand, feuerspeiend nach allen Seiten, in der Mitte des Platzes. Scheußliche Vögel umflatterten seinen Gipfel, ein Drache spie Flammen, und auf einem Pegasus erschien Perseus mit dem Gorgoncnhauptc. Nicht genug aber an diesem gräßlichen Anblicke. Plötzlich hörte man Löwengebrüll und ein lebendiger Löwe in einem hölzernen Käfig wurde sichtbar. Schließlich betrat auch der Held des Tages, der Elephant, die Scene, auf seinem Rücken den indischen König Porus tragend. Vor dem Kaiser hatte sich der intelligente Dickhäuter niedergelassen und war nicht zu bewegen, dieselbe Reverenz einem anderen der hohen Herren zu erweisen. Wenige Jahre vorher, als sic den Wanderstab ergreifen mußten (1618), war es den Jesuiten in Prag vergönnt, während des Fürsten-conveutes (1610), den Kaiser Rudolf II. ausgeschrieben hatte, um eine Versöhnung mit Mathias herbeizuführen, vor einem „Parterre von Königen" das Drama „Elias" zur Aufführung zu bringe». Die Erzherzoge Maximilian, Ferdinand und Leopold, die Kurfürsten von Mainz und Köln, sowie der protestantische Herzog von Braunschwcig, ein besonderer 0 Tender, >. e. I, 19. -) I. °. 1, 21. Förderer der Schauspielkunst, wohnten der Vorstellung bei und am Peters- und Paulstagc 1617 wurde zur Feier der Krönung Ferdinand II. die „stattliche Comodie vom Kaiser Cvnstantius M. von den ?atiil»n8 8. .1. agiret und gehalten" — die letzte Jesuitenvorstellung in dieser Aera ihres Wirkens in Böhmen?) Inzwischen war auch die Musik in Prag schon künstlerisch gepflegt worden und die Kaiserburg am Hradschin war ihre vorzüglichste Pflegestätte in der Zeit schon, als in Italien die ersten Anfänge des musikalischen Dramas der Oper keimten. Im Jahre 1594 als Ninuccini, Caccini und Pcri ihre „Daphne" schufen, hielt Kaiser Rudolph II. Hof auf dem Hradschin und ein reicher, angesehener Kreis von Musikern aus Wälschland und Deutschland bildete seinen bedeutenden musikalischen Hofstaat. Es fand sich also ein Materiale vor, um den „Opern", als sie ans Wälschland nach Deutschland vordrangen, eine entsprechende Aufführung zn sichern?) Die Sprache blieb auch hier die italienische und sie war es auch bei der Opernaufführung, welche im November 1624 in der Prager Burg vor sich ging; Fest an Fest drängte sich auf dem Prager Schlosse, man feierte die Krönung Elcvnora's von Mantua, der Gemahlin Kaiser Ferdinand II. zur Königin und Ferdinand III. zum König von Böhmen. Gegeben wurde eine sehr schöne „Pastoralcomödie" „mit sehr lieblichen und hell klingenden Stimmen und alles singend,. neben eingeschlagenen Instrumenten und anmuthigen Saitenspielcn nach dem ordentlichen Musikaltact in toskanischer Sprache," da unter Anderem dem Jovi die vier Elemente ihre Dienste präsentirt. Die Actores sind Manns- und Weibspersonen gewesen?) „Man darf annehmen, daß diese Opernaufführung nicht ohne Nachfolge geblieben ist — führt Tcubcr fort — und daß namentlich die Hofkapellc Ferdinand III., welche Kräfte hervorragenden Ranges umfaßte, zeitgenössische Werke nicht unbeachtet gelassen haben mag, wenn auch in den kriegerischen Zeitläuften des dreißigjährigen Krieges und in der traurigen Zeit, welche dieser verheerende Krieg für Böhmen im Gefolge hatte, der Sinn für liebliche Pastoralspiele nicht besonders geweckt worden sein mag."^) >) Teuber, I. o. k, S. 26 f. 2) Teuber, I. o. I, 63 ff. 2) Teuber, I. o- I, 37 f. «) Ibiä. Von entscheidendster und entschiedenster Bedeutung für das Musik- und Thcaterlcben in Böhmen, beziehungsweise in Prag, ward aber die Regierungsepochc Kaiser Leopold I., in welcher eine Reihe der ersten Cavaliere, die Lobkowitz, Eggcnberg, Schwarzenberg, Kinsky, eigene Hofbühncn und Hofkapellen errichteten, von denen eines der bedeutendsten das fürstlich Lobkowitz-sche Schloßtheater in Raudnitz wurde, eine Bühne, auf welcher eine Reihe der schönsten und besten zeitgenössischen Opern zur Aufführung gelangten, die Epoche Kaiser Leopold I., in welcher Spork mit seinem Opernhause am Poriö in Prag, der „Reformator des Comödianten-wesens" in Böhmen, in erster Linie in der Hauptstadt Prag selbst, wurde, wodurch der Consolidirung einer würdigen ständigen Bühne erfolgreichst vorgearbeitet war. Im Jahre 1677 kam mit Kaiser Leopold I. dessen berühmter „Hofkapcllmeister und Dirigent des kaiserlichen Operntheaters" (richtiger dürfte es heißen „Kapellmeister der Kaiserin Eleonore und Intendant der Theatcrmusiken des Kaisers") Antonio Draghi, einer der fruchtbarsten Komponisten seiner Zeit, nach Prag, wo verschiedene Com-positionen von ihm aufgeführt wurden. Die Nachwirkung dieser Anwesenheit des Maestro in der kunstsinnigen Hauptstadt des musik-licbcnden Böhmcrlandes war eine nachhaltige, dafür zeigt unter Anderem das im böhmischen Museum erhaltene Libretto einer Draghischcn Carnevalsoper: „Dg. patian^a äi Loorata coii ckus mo^Ii", dem Kaiserpaare zum Carncval 1680 gewidmet und in diesem Jahre zu Prag, Kleinscitc (Lliero Drgxg), gedruckt, also, wie Tcubcr') mit Recht schließt, auch für Prag zur Aufführung bestimmt. Der Fürst Eggcnberg, Herzog von Krumau — „das unter Johann Christian I. von Eggcnberg und dessen Gemahlin Marie Ernestine Gräfin zu Schwarzenberg, Tochter des nachmaligen ersten Fürsten zu Schwarzenberg, so beglückte Tage gesehen" — hielt eine eigene „Comödianten-Compaguia", deren „Principale" Kaiser Leopold I. unterm 20. August 1692 die Bewilligung ertheilte, auch öffentlich Komödien zu repräsentircn. Hatte der große Knnst- und Jagdfrcuiid Adam Franz Fürst zu Schwarzenberg im freskengeschmückten prächtigen Saale zu Frauen-bcrg, ausschließlich zum Schmucke dieses seines fürstlichen Heims, den berühmten Thicrmaler Hamilton beschäftigt, der sich hierin bekannter Meisterschaft durch kolossale Hetzscenen (Bären- und Stierhetze) und andere Thierstückc verewigte, so hat dessen Sohn Joseph Adam zu Krumau ein herrliches Theater geschaffen, das auch weiteren Kreisen zugänglich ward, denn sein Biograph rühmt von ihm, „daß er, wenn er auf seinen Schlössern Feste veranstalte, des Bürgerstandcs nicht vergesse und ihn zu sich heranziehe". Vom zweiten Hofe der Hochburg dem herzoglichen Residenzschlosse selbst — oder vom vierten Hofe des Gcsammtschlosscs gelangt man über eine dreifach übereinander gewölbte, einen tiefen Felsenabgrund kühn übersetzende Brücke (die sogenannte „Mantelbrücke"), zu dem fünften Schloßhofe („Theaterhofe") und dem dort befindlichen, vom Fürsten Joseph Adam erbauten Theater, daher auch der Name dieses Platzes. „In einer Zeit fürstlichen Glanzes — sagt der Historiograph des Hauses Schwarzenberg, Adolph Bergers — und einer demselben entsprechenden Geschmacksrichtung entstanden, kann sich diese Bühne mit den besten der kleineren Hvftheater messen und ist einer herzoglichen Residenz vollkommen würdig." Zwei bedeckte lange Gänge führen über die obenerwähnte Brücke (daher auch ihr Name) hinweg vom inneren Schlosse zum Theater und ein dritter oberster, noch längerer (83 Klafter länger) mit den beiden unteren Corridoren paralleler Gang zu dem ausgedehnten, noch so viele Andenken aus der Noccocv und Dk dlotro-Perivde aufweisenden Hofgarten, welcher mit einem schattigen Gehölze voll herrlicher Fichten und einem Teiche abschließt. Dicht hinter dem Schlosse befindet sich die vom selben Fürsten erbaute und von Altomonte prächtig ausgeführte, im Nenaissancestyl gehaltene Winterreitschule auf weithin dominirender Anhöhe. Die von Martin de Mchten's Künstlerhand 1748 gemalten Reiterbilder des fürstlichen Bauherrn und seiner Gemahlin Maria Theresia, geborenen Fürstin von und zu Liechtenstein, schmücken die Wände dieses ausgezeichneten Baues. Als Kaiser Karl VI. 1723 zum Geburtsfcstc der schonen Kaiserin aus dem Hradschin in Prag, die mit gewaltigster Masscncntfaltung imposanter Maschinerie und großen Dccorativnscffectcn reich ausgestattete Krönungsoper von Fux, nach seiner Devise „Irr eoimtrrnnr 6 t'orternu" benannt, in dem eigens von seinem berühmten Architekten im Hofraume der kaiserlichen Burg aufgerichteten 4000 Zuseher fassenden Amphitheater durch 100 Sänger und Sängerinnen und 200 Justrumen- ') Oesterreichische Revue 1866, Heft XI, S. 81. talisten hatte zur Aufführung bringen lassen, waren unter letzteren auch der berühmte Violinist Tartiui und sein Freund der Cellist Vandini nach Prag gekommen. Diese beiden blieben dann nach dein unvergleichlichen und unvergeßlichen Feste von einem hohen Kunstmäcen aus den Reihen des böhmischen Hochadcls, dem Grafen Kinsky, festgehalten, noch drei Jahre in Prag. Ein Jahr nach der Aufführung der herrlichen „Krönungsoper" ward aber — ein hochwichtiges Ereigniß für die Kunstgeschichte von Prag — das gräflich Spork'schc Opernhaus am Poriö eröffnet. Zu jenen Cavalieren, welche maßgebend und epochemachend in die Schicksale des Prager Theaters selbst eingegriffen haben, gehörte denn auch in erster Linie der edle Graf Franz Anton Spork, ein Mann, der in jeder Hinsicht Gutes und Schönes, Wissenschaft und Kunst gefördert, einen großen Theil seines Vermögens seiner Humanität und Kunstliebe geopfert hat, ohne vielmehr davon zu ernten, als das eigene Bewußtsein, stets das Gute gewollt und viel des Guten erreicht zu haben in seinem, dem Wohle der Menschheit gewidmeten Leben. Franz Anton Graf von Spork, der Sohn des berühmten Kriegshelden im dreißigjährigen Kriege, hatte 1680 nach dem Tode feines Vaters große Bildungsreisen ins Ausland unternommen, um alle Kunstwerke zu studiren und allen theatralen Aufführungen beizuwohnen; von Paris hatte er auch das Waldhorn nach Böhmen verpflanzt und ward so der Begründer dieses Instrumentes in seiner Heimath. — Kaiser Leopold I., der einen solchen Cavalier gern an seinem Hofe gehabt Hütte, ernannte ihn zum Kammerhcrrn und endlich aus seinen Wunsch zum Statthalter in Böhmen. Graf Spork verstand es nun, sein Opernhaus, dessen Leitung er dem italienischen Sänger Antonio Denzio (Denzi) anvertraute, zur Kunststätte ersten Ranges zu gestalten, und er scheute keine Mühe und Kosten, auf demselben einer idealen Kunstrichtung Bahn zu brechen.') Das gräflich Spork'schc Opernhaus erhielt sich bis gegen 1738, in welchem Jahre die Eröffnung des sogenannten Kotzentheaters, einer neuen ständigen Bühne, in Prag stattfand. In dieser Epoche werden auch die Grasen Schaffgotsche und Czcrnin als Theatcrmäcenaten genannt und gegen Ende des 18. Jahrhunderts (1781) befand sich die Bühne für die Oper Pasguale Bondini's im gräflich Thun'scheu Hanse, wo auch (12. September) >) Oskar Teuber, I. a. I, 116 ff. Kaiser Joseph II. der ersten Aufführung der Oper: „1^6 110226 in 6ont.rg.8to" beiwohnte.') Das Kotzentheater fiel nach dem Tode des Unternehmers Bustelli 1781 an die Altstädtcr Stadtgcmeinde zurück, wo dann Wahr unter Assistenz des Dramaturgen Spieß — der unter Anderem auch ein Schauerdrama „Maria Stuart" verfaßte — weiter spielte, aber sein Terrain wurde immer enger, denn schon bereitete sich das große Ereigniß vor der Gründung eines großen würdigen „National-theatcrs" auf dem Earolinplatzc, durch den Grafen Franz Anton Nostiz, das 1783 eröffnet wurde und nach des Grafen Tode ni den Besitz der Stände des Königreiches Böhmen kam (28. März 1799)?) Blicken wir nun aus Böhmen nach Mähren hinüber und in die Tage Kaiser Leopold I. selbst zurück. Da hatte der prachtlicbende und freigebige Fürst Karl Eusebius von und zu Liechtenstein, Herzog von Troppau und Jägerndorf, aus dem märchenhaft schönen Schlosse Eisgrub, als dessen Urheberin der Gartenpracht er gilt, abwechselnd mit dem bereits in Nieder-östcrreich gelegenen, nicht minder schönen Feldsberg glanzvollen Hof gehalten, und sich auch mit Vorliebe Comödicn von eigens in seinen Diensten befindlichen „Comödiantcn" vorspielen lassen. Außer einer eigenen Schauspiclertrnppe hielt Karl Eusebius Fürst Liechtenstein auch eine zahlreiche Kapelle von Musikern und Sängern. Große Festlichkeiten bereitete dieser Grandseigneur — dessen Zug Pferde, ein Geschenk von ihm an König Ludwig XIV. von Frankreich, aus seinem weltberühmten Gestüte für den schönsten am französischen Hofe gegolten^) — seinem Monarchen Kaiser Leopold I., als dieser den Fürsten 1672 in Eisgrub und Fcldsberg besuchte?) Hatte des Karl Eusebius Sohn Fürst Johann Adam nebst anderen auch die Comödianten und Musikanten als „zum großen Theil überflüssig" entlassen?) so finden wir im Laufe der Zeiten das Interesse des fürstlichen Geschlechtes an einer eigenen Bühne wieder hergestellt. Es ist Fürst Aloys I. v. Liechtenstein (geb. 1759), der auf seinem niederst stcrreichische» Schlosse Feldsberg, als hoher Freund 9 Teuber, I. 0 I, 356. 9 Teuber, I- «. H> S. 335. 9 Falke I. v., Geschichte des fürstlichen HauseS Liechtenstein, II, 311. 9 Iksatruw bluropasuw, XI, S. 64. Falke, l. 0. II. S. 327. von Musik und Theater, eine eigene Gesellschaft hielt. „Im großen Schlosse zu Feldsbcrg — schreibt der Historiograph des fürstlichen Hauses, Jacob von Falke — in welchem noch heute die stehende Bühne mit großem und bequemem Zuschauerraume wie damals erhalten ist, fanden regelmäßige Concerte und Vorstellungen während des Aufenthaltes der fürstlichen Familie statt. Der Fürst pflegte eine Wiener Theatcrgesellschaft auf drei Monate, vom 1. September angefangen, in Contract zu nehmen und hielt sich auch eine eigene Musikkapelle. Für diese gab es eine eigene Instruction und für die Schauspieler eine eigene Theaterordnung."') Die Einflüsse der fürstlich Liechtenstein'schen Hofbühne und deren theatralen Aufführungen in Feldsbcrg und Eisgrub blieben nicht aus für das Kunstlebcn im Lande Mähren und speciell für die Blüthe des Lrüilner Rlitiailalthcatcrs, das 1791 an Herrn Wathc einen tüchtigen Direktor hatte und auf welchem unter Anderem Haydn's Opern „Orlando Paladins" und „Um vorn OoustaiE" außerordentlichen Beifall fanden. ?) In Jitticröjlkrrcich, Steiermark, Kärnten und Krain ward, wie schon angedeutet, das Interesse an theatralen Aufführungen ganz wesentlich gehoben durch die glanzvollen Schaustellungen bei der Huldignngsreise Kaiser Leopold I. durch die für alles Schöne so empfänglichen Alpcnlande im Jahre 1660. In der Residenz der steiermärkischen Linie des Hauses Habsburg, in der reizenden Hauptstadt der grünen Steiermark, in dem lieblichen Graz, hatte die knnstlicbendc Hofhaltung Erzherzog Karl II. von Jnncröstcrrcich schon am Ausgange des 16. und im Beginne des 17. Jahrhunderts nicht nur die Schuldramcn der Jesuiten besonders gefördert, sondern auch in der letztgenannten Periode die wandernden englischen Comödiantcn in die Hvskreise selbst gezogen. In dem schönen Saal der von Erzherzog Karl in der Gründung begonnenen und von seinem Sohne Ferdinand II. vollendeten Universität zu Graz enthielt eine Abtheilung ein kleines Theater zu Lustspielen, in der größeren war jedoch eine hohe große Schaubühne mit allem theatralischen Apparate hergestellt, auf welcher die jährlichen Prämienverthcilungcn -) Falke, I. III, 279. Gothaer Theaterkalender auf das Jahr 1792, S. 266 ff. statt hatten, nnd bei welcher Gelegenheit dann die akademische Jngcnd Schauspiele, allegorische Darstellungen und Tänze vor dem versammelten vornehmen Publicum, die Erzherzoge und Erzherzoginnen an der Spitze, zur Aufführung brachte. Wie anderwärts waren die Stoffe der Schaustellungen der Bibel, der Legende oder der Historie entnommen; zum Jahre 1593 verzeichnet die Chronik das „Fcstthcater" anläßlich des Sieges der Christen gegen die Türken bei Sissek am 22. Juni desselben Jahres/) Anläßlich der Vermählung der Erzherzogin Magdalena, der Schwester Kaiser Ferdinand II., mit dem kunstliebendeu Herzog von Florenz waren die englischen Comödianten an den Grazer Hof gekommen, und dieser Feier verdankte das von ihnen hier unter Anderem aufgeführte Stück: „Der Herzog von Florenz" seine Entstehung.^) Ueber diese Aufführung, sowie über die übrigen derselben Schauspieler und über die letzten Unterhaltungen, die Magdalena am väterlichen Hofe zu Graz mitgemacht, schrieb, sie noch einen ausführlichen Brief an ihren Bruder Ferdinand.^) Sic schildert ihm mit lebhaften Farben die Agrements („Pestcl") des letzten Faschings, in welchem Maskeraden, mit Schlittenfahrten, Tänzen und Combdien bei den Jesuiten und der Engländer miteinander in rascher Folge abgewechselt. „Miest E. L. gleich auch schreiben — sagt die Erzherzogin wörtlich — was die Engländer für Comödie gehabt haben . . . am Freitag nach Lichtmeß haben sie die Combdie von dem verlornen Sohn gehabt, wie zu Passau, am Samstag von einer frommen Frauen von Antorf (Antwerpen) ist gewiß gar fein und züchtig gewesen, am Sonntag haben sie gehabt vom Doktor Faustns, am Montag von einem Herzog von Florenz, der sich in eines Edelmanns Tochter verliebt hat, am Erchtag (Dienstag) haben sh gehabt von niemandts und jemand, ist gewaltig artlich gewest, am Mittwoch haben gehabt von des Fortunatus peitl und wunschhüetl, ist auch gar schön gewest, am pfingstag (Donnerstag) haben sie von dem Inden gehalten, die sie auch zu Passau gehalten haben . . . am Faschingsonntag haben sie wieder eine Comödie gehalten von den zwei Brüdern König Ludwig und König Friedrich von Ungarn/) ist eine erschreckliche >) Programm des Gymnasiums in Graz 1869, S. 4t. r) Meißner: Die englischen Comödianten, S. 102. 3) Hurter: Geschichte Kaiser Ferdinand II., V. Band, S. 395 ff. «) Die aber in der ungarischen Geschichte nicht vorkommen. Hurter, ibi) König Jacob und Catharina Cornaro, ebenda, Anm. 4. 0 Polnisch, ebenda, S. 393, Anm. 3. 0 Shakespeare, Jahrbuch, S. 147, Nr. 24. st Curelichz' örevs s sneeineto liaeoonto äel VinzZio .. . Vienna 1661, S. 60. ->) Ibid., S. 64. Gemahlin Claudia Felicitas zu feiern, da unterblieben — wie sein Biograph Wagner schreibt — obschon die Feier im Ganzen eine sehr bescheidene, doch nicht die Spiele, Feuerwerke und was dergleichen war.') Der Adel des Landes nahm an diesen Festen natürlich den lebhaftesten Antheil, und so kam cs, daß auch hier nun in der Epoche des gesteigerten Theaterinteresscs nach und nach auf den Schlossern des steiermärkischen Hochadels theatrale Aufführungen stattfanden, woraus sich dann auch hier die Herstellung einer ständigen Buhne in der Hauptstadt herausbildete. Die älteste „Nationalbühne" von Graz befand sich auf dem Tummelplatz bis 1775. Aus dieser Zeit stammt noch ein Theaterzettel, welcher also lautet:") „Mit gnädigster Bewilligung einer hochlöblichen Jnnerösterr. Regierung und Hofkammcr Werden die hier anwesenden Comödiantcn Ihre Schau Bühne eröffnen, und denen curieuscn, und wahren Erkennern Teutschen Schau Spielen, unterschiedliche moralische, modcst und theatralische, goustiosc und rcmarguablc Haubt-Comödien vorstellen, wobey der schon bekannte Hannß Wurst, ein Hohes Auditorium, mit honct-modester Lustbarkeit Content» zu geben sich befleißen wird." Gegeben wurde: „Wahrer Liebe Gebühret die Königs-Cron Oder der gestürtztc Politicus Mit Hannß Wurst dem Possirlichcn Jäger-Jung, lächerlichen Laternen Träger, lustigen Lufft Duclanten, dann wunderlichen Liebhaber, auf die allcrneucste Mode. Der Anfang ist um 4 Uhr." Im Jahre 1775 errichteten nun die Stünde der Steiermark „I^aetitia« publica«" das ständische Theater, auf dem Franzensplatze, in der Acra des so thcatcrfreundlichcn Kaiser Joseph II., dem 1760 (28. Oktober), als er mit seiner jugendlichen Gemahlin Jsabclla von Parma in dem so romantisch gelegenen fürstlich Schwarzenberg-schcn Schlosse Schrattenberg, bei Scheifling in Oberstcier, Nachtlager hielt, der kunstsinnige Schloßhcrr alle erdenklichen Festlichkeiten veranstaltet, wozu ein zahlreicher Adel geladen gewesen, um an den Vergnügungen des Theaters theilzunehmen, und die Schauspieler und Musiker von Dresden und Wien verschrieben waren.") -) I. o„ S. 319. Lange, in der Grazer Tagespost 1891, Nr. 272 (Bogen 6). 2) Die Burgvesten und Ritterschlösser der österreichischen Monarchie. Wien 1810. IX, S. 157. Doch kehren wir zum Jahre 1660 zurück und begleiten wir Kaiser Leopold I. auf seiner Huldigungsreise aus der Steiermark durch Kärnten und Krain nach Görz und Triest. In Klagenfurt, der Hauptstadt des blaugrüncn Alpenlandcs Kärnten, wo seit 1605 die Jesuitenzöglinge unter Anderen heimathlich und vaterländisch historischen Dramen Stücke von der heiligen Hemma, von Elisabeth des Herzog Meinhards von Tirol-Kärnten Tochter, Rudolfs von Habsburg Begegnung des Priesters auf der Jagd und andere gegeben >) und wo 1631 die Braut Ferdinand III., Anna von Spanien, auf ihrer Durchreise nach Wien von Dilettanten mit einer Production überrascht worden,?) in Klagenfurt feierte man die Anwesenheit Kaiser Leopold I. außer mit anderen Festlichkeiten mit einer „ingenuosen Comödie" am Festtage des heiligen Egidins (1. September), dem Patrone der Jagd, so also dem Mi- oxotzllones jagd-und thcaterfrcnndlichen Monarchen eine doppelte Aufmerksamkeit bereitend. Das Interesse der kärntnerischen Stände an dem Theaterwesen stieg nun immer mehr und mehr und wie anderwärts verzeichnen auch hier die ständischen Acten aus den nachfolgenden Jahren reiche Gaben an die ab und zu eintreffenden „hochdeutschen Comödianten", ja, wir treffen auch ein schönes Leumundszeugniß, das die kärntnerischen Stände 1678 der aus der deutschen Theatergeschichte bekannten Gesellschaft des Andreas Elenson ausgestellt haben. Dieses hochinteressante Schriftstück lautet wörtlich: Hochdeutscher Komödianten in Klagenfurt Attcstation. „Wir N. u. N. Einer löbl. Landschaft des Erzhcrzogthums Kärnthcn Burggraf vnd Verordnete .'c. Vrkhundcn hiemit daß Füriveiser dits Andreas Elenson mit seiner Compagnia hochtentscher Comödianten allhier in Klagenfurth Einige Zeit sich aufgehalten vnd vor dem anwesenden Adel Comvdien vnd actionen exhibirt. Wann vns nun derselbe vmb Ertheilung Einer Attestation seines Wolverhaltens gehorsamblich angelangt, vns auch anders nit wissend, alß daß sich bedeute Compagnia Comödianten in ihrem allhiersein frumb, modest vnd ehrlich verhalten, alß haben wir Ihme mitfahren, daß Ihr Verhalten attestiren ') Hermann: Handbuch der Geschichte des HerzogthumS Kärnten, II, 2, 305 f. -) Ebenda, II, 1, 228. 2) Curelichz, I. ü., S. 80. vnd jeder Orten zu Erzeugung Eines guts willen rccoinmandircn wollen. Zeugniß dessen vnser hierüber gestellte Amtsbestättigung." Klagcnfurth den 19. Jänner 1678.') Kaiser Leopolds Vorliebe für die Musik theilte von kärntnerischen Eavalieren am meisten sein Obersthofmeister und Besitzer der Grafschaft Ortenburg, Ferdinand Fürst von Porvia, der an seiner Bnrg zu Spital eine förmliche Kapelle gründete, die dann später opernartige Productivnen veranstaltete.-) Auch der Landeshauptmann Sigmund Friedrich Graf Khevenhüllcr war ein großer Kunstfreund und als er 1711 den Grafen Jacob Thun als Bischof von Gurk in die Temporalien zu Straßburg (in Kärnten) installirtc, da ward bei den daselbst stattgehabten solennen Festlichkeiten auch wacker musicirt und gar eine „wällische Comvdic" aufgeführt.") Um 1730 wurde — wie Hermann in seiner Geschichte Kärntens bemerkt ') — in der Hauptstadt Klagenfnrt das frühere „Ballhaus" in ein Thcatergcbüude der Stände umgestaltet und auf dieser Bühne war cs, daß 1770 der später als einer der ersten Schauspieler Deutschlands berühmt gewordene I. Anton Christ") aufgetreten und sich vorerst zum Tänzer ausgebildet. In ürain war dem Thcaterwcsen um die Mitte des 17. Jahrhunderts in dem feingebildetcn und kunstsinnigen Wolf Engelbert Grafen Auersperg, dem Erbauer des heutigen „Fürstenhofes" in Laibach (1642) ein so vorzüglicher Mäccn erstanden, daß das Haus der Auersperge in Laibach in der That als der Ausgangspunkt der Entwickelung des Musik- und Theaterwcsens in dieser Stadt angesehen werden muß. Nicht nur, daß Wolf Engelbert seinen prächtigen freskengeschmückten Balconsaal den Vätern der Gesellschaft Jesu bis zur Erbauung ihres Collegiums (dem heutigen Nedoutengebäude) zum Schauplatz für die Aufführung der Schuldramcn — worunter auch schon anfänglich große historische Stücke, so 1652 „Die Abdankung Karl V.," 1656 „Die wunderbare Rettung Maximilians ans der Martinswand" und andere — überließ, sondern nach Kurzem 0 Landschaftliches Archiv in Klagenfnrt. 2- Hermann, l. o. II, 2, 335 f. 2) Adam Wolf: Geschichtliche Bilder ans Oesterreich, II, 212. 0 I. o. II, 2, 336 f. 5) Geboren zn Wien 1744, debntirt 1765. — Gothaer Theaterkalcndcr 1792, S. 171. errichtete er auch seine eigene Bühne, auf welcher bei festlichen Gelegenheiten gespielt wurde. Wie ausgebildet das Theater- uud Musikwescu durch Wolf Engelbert Grasen Auersperg in Krams Hauptstadt gar bald sich darstellt, beweist am besten das Factum, daß 1660, als Kaiser Leopold I. hier zur Entgegennahme des Erbhuldigungseidcs der Landschaft eintraf, in dessen, des Landeshauptmanns, Palaste zwei Festspiele stattfanden, das eine eine „italienische Comödic" von den „landschaftlichen Bedienten" „präsentirt", das andere eine Apotheose des Habsburgischen Ahnherrn unter dem Titel: „liuäoltus I., ?Iu8, Lnvitleus, Viotoiiosus", von den Zöglingen der Jesuiten dargestellt; ldas erstere im Sommertheater des Palastes im Lustgarten). Diese theatralcn Feste wechselten mit Jagden, Scheibenschießen — aus der Schicßstätte des Adels im selben Anersperg'schcn Lustgarten — mit Banketten und anderen Erlustigungcn, wobei auch die im feenhaft ausgestatteten Aucrsperg'schen Garten ausgebreiteten rothen Lauftücher, auf denen des Kaisers Fuß gewandelt, nachher, wie bei den Kaiser-krönungen, dem Volke als Andenken preisgegeben wurden, bei denen rother und weißer Wein ans öffentlichen Fontaine» sprang, und der Huldigungsochsc auf freiem Platze gebraten und unter die Menge vertheilt wurde, die sich daun darum streiten konnte. Der Balcvusaal der Auersperge sah zwei Jahre später die „iunspruckcrischen Comödiantcn" als Gäste einziehen, dieselben, die 1663 nach Wien kamen und von deren „Directvribus" die fürst- liche Bibliothek eine in Verse gebrachte Einladung zum Besuche der Vorstellungen bewahrt, worin auch die Stelle eingefügt erscheint: Solang als Laibach wird die Cron im Kreinland sein soll Segen, glück nnd heil bei Euch stets ziehen ein. Diese fürstlich Aucrsperg'sche Bibliothek, die ein Unieum einer Eavalicrsbiblivthck des 17. Jahrhunderts darstellt, da sic seit dem Tode des ersten Fürsten Johann Wcikhard Auersperg, gewesenen Ministers Kaiser Leopold I., nicht weiter ergänzt worden, — der fürstliche Zweig der Familie zog sich nach Böhmen — sie bietet zugleich in ihrer vom Schreiber dieser Zeilen vor einigen Jahren nach dem alten ersten Systeme ihrer Anordnung vorgenommenen Neuausstellung eine eigene Thrnterbibliothrl!, wenn wir so sagen wolle», die es verdient, näher angesehen zu werden. Wir haben hier ein halbes Hundert und darüber an meist lateinischen und „wällischen" Pieren, letztere meistens Operntexte, dann aber auch französische und deutsche Stücke vor uns. Die „wällischen" Stücke überwiegen in unserem Sinne weitaus an Interesse und mögen daher hier zuerst in Betracht kommen. Bei Aufzählung dieser, sowie der übrigen Stücke, halte ich die chronologische Reihenfolge ein. Italienisches Theater: 1652. Da Dara Opoia äramatiea rappr686ntata in Nus ioa. Dar introäuttiono äi Dornoo tatto in Vionua por In na8eita äolla 8«r6ni88ima Inkanta äi 8paAna Donna Nar^arita Naria ä'^U8tria äoäioata a 8na oooollon^a il 8iAN. Narollo86 äi 6a8tel Roäi iAo, Oont-illiuonw Dolla Oamora Di 8ua Llao8ta Oattol. äol 8uo 60N86FÜ0 6 8N0 ^.mba8oiatoro 68traoräinario in Dorto Oö8aroa äa ^.Iborto Vimina Vionna ä'^.u8tria. ^.pp. Nattoo kioeio. (Mit 7 großen Knpfertafeln.) 1652. Dasselbe deutsch: Wettstreit. Ein aufs dem wegen der Geburt der durchlauchtigsten Infantin in Hispanien Margaritta Maria von Oesterreich rc. zu Wien gehaltenen Tournier vorgestelltes Schauspiel Jhro Excl. dem hochgeb. Hrn. Hrn. Marggraffen von Castell Rodrigo rc. zu Ehren geschrieben und dedicirt worden von Alberto Vimina. (Gedr. zu Wien in Oesterreich bei Matthaeo Rickhes.) Das gleiche Tournier wurde auch vom krainischen Adel im selben Jahre noch in Laibach auf dem dem Aucrsperg'schen Fürstenhofe vorliegenden „Neuen Markte" (dem heutigen Auerspcrgplatzc) aufgeführt. 1655. ^.rxia Dramina musioalo ropr686ntata a IimprussK. .4.11a L1ao8ta äolla 86roni88ima Lrwtina lioxina äi 8no^ia.................. Ili8pru88- ker Dioron^mo ^xrioola. (Der Verfasser dieses Dramas mit Musik (Oper) ist nicht bekannt. In der Broschüre ist im Rückdeckel eingeklebt die Hälfte einer gedruckten Ordonnanz Erzherzog Ferdinand Carls, ä. ä. Innsbruck . . . betreffend das Tanzen, Musiciren (Saitcnspicl) und „Hvffiren"). 1656. Dlioti. Doäioata ^lla 8aora Ov8aroa Nao8ta äi Doräi-nanäo Dor^o Imporatoro äo komani 8omxr6 ^.oxo8to Do ä'Dn^oria äi Doomia oto. ^roiävoa ä'^.n8tria oto. In Vionna ä'^.u8tria. ^4pp. Nattoo 6o8morovio 8tamp. äi 8na Nao8ta 668aroa. Die Widmung des Dramas an den Kaiser ist nnterzeichiict vom Verfasser Diamante Gabriclli. 1659. II Delope Oeloso. Deäieata ^Ila 8ae. Oes. Uaesta äi Deopoläo Drimo ete. Representato per Io Oiorno Hatalitio äella 8aera Leal LIaesta äi Deonora Oon^axa Imperatriee In-ventione äramatiea äel Dottor Oio. Draneeseo Llareello Oittaä. Veneto. (Auf den letzten Blättern liest man: V^ionta per In lieensa äell' Opern, Orleo e Duriäiee.) 1661. D'^lmonte. Der Nusiea nel Oiorno Hatalitio äella 8aer. Oes. LIaesta äi Deopoläo Imp. latto representare nella kavorita äella 8ae. Oes. Naesta 61 Deonora Oon^a^a Imperatriee et alla Lleäa. LIaesta äeäieato Oomponimento Dramatieo äi Antonio Dra^iti. In Vienna ä'^ustria. ^pp. Natteo Oosmerovio 8tamp. äella Oorte. 1662. Deära. Ineoronata Drama. DeZio Llusieale. ^.ttione Drima äe Fli ^.pplanti latti alla nasoita äell'^lte^^a 8er. DI Nassimiliano Dmanuslo Drimo^enito Dlett. äelle 8eren. DIett. Vlt. äi Dernanäo Narie et Lnrietta Llaria ^.äelaiäe Duelii äell' uv e I'altra Laviern .... Del Oo. Dietro Daolo Lissari Oav. Dentiiduomo äella Oamera äi sua 8er. Dlet. ^1t. In Llonaoo appresso Oliov. äelrslino 8tampator DIettorale. (Mit 12 eingelegten großen Kupscrtafeln.) 1665. D'^rloinäo per Llnsiea. Dapresentato per Oomaväo Deila 8ae. Oes. Naesta äi Deopoläo Imp. et ^.Ila Ueä. Naesto Deäieato Oomposiriione äi Antonio Dra^In. In Vienna ä'^ustria. ^pp. N. Oosmerovio. 1667. ^.rie per il Lalleto ä Oavallo Xella lesta rap-presentata per le xloriosissime N0226 äelle 88. 00. LILI. äi Deopoläo primo Imp. VuA. et äi lllar^lierita lulanta äi 8pa^na Oomposte äall Oiovanne Lnrieo 8elim6l2er Llnsieo äi Oamera äi 8. LI. 0. In Vienna ä'.^nstria ^Vpp. Natteo Oosmerovio 8tam-potore äella Oorte. 1667. Da 8emirami Drama musieale Rapresentato nel Aiorno natalitio äella 8aera Oesarea Real Naesta äell' ^.ussustiss. Deopoläo per eomanäo äella 8aera Oesarea Real lKaesta äell 'Imperatriee Narxlierita Nusiea äel Oavalier Oesti, Doesia äell 4 Vottor 6io. Xnärou LIonoAlia. In Vionnu ä'Xu8triu Xpp. Llut. 6o8morovio 8kump. äollu Oorto. 1667. 8 6 mir NM 18. Gesungener vorgestellet zu Glorwürdigisten Geburts-Tag der Nom. Kays. Mayistät Leopold! deß Ersten Aufs Allcr-gnädigisten Befclch Der auch Kays. Majestät Margaretha Gebvhrener Infantin auss Hispanien. Verfasset von Johann Andrea Moneglia vnd in Singkunst gesetzet von Antonio Cesti. Gedruckt zu Wien in Oesterreich bey Matthev Cosincrovio der Rom. Kays. Majest. Hoff-Buchdrucker. 1667. Vu 0ont.o8u äoll'Xriu 6 äoll'Xoguu Io8tu u 6'avullo ruppr080lltuku voll XUAU8ti88imO 110220 äollo 8uoro, Oo8uroo Voulo LILl. Voll 'Imporutoro Voopoläo 6 äoll 'Inlunku LlurAlioritu äollu 8xuAno Invontutu, 6 äo8oriktu äu Irunoo8oo 8burru Oon8iAÜoro äi 8vu LIuo8t.u 6o8urou. In Vionnu ä'Xu8triu Xpp. Lluttoo 6o8-morovio 8tump. äollu Oorto (l'Vnno 1667). Mit 28 größeren und kleineren Kupfertafeln (Zeichnungen von Carlo Pasetti und Nicvlaus van Hoy) und 10 Seiten Musiknotcn — Xrio por il Lulloto ä 6u.vu.IIo Oou>po8to ckull Oiovuuno Lnrioo 8ollMOl20r. 1668. II Vomo ä'oro Vo8tu tlioutrulo L.uppro86ntuto in Vionnu por 1'uuA. N0220 äollo 8uoro Oo8uroo Vouli LIuo8tü äi Voopoläo 6 LIurAlioritu Oomponimonto tli Vrunv0800 8burru OonsiAl. äi 8. LI. 6. In Vionnu ä'Vimt. Xpp. LI. 0o8morovio 8tump. ä. Oorto. Mit 25 Kupfern, darstellend den scenischen Apparat, darunter auch das Innere des Hofthcaters Kaiser Leopold I. 1672. (InnäodorAu Vrumu por LIu8iou nol 6liorno Xutulitio Vellu 8. 0. II. LI. voll 'Imporutrioo LIurAlioritu Vor Oommunäo Vollu 8. 6. II. LI. Voll 'Imp. Veopoläo l'Xnno LIV6VXXII. oto. Llimiou äoi 8iA. Xntonio VruAlii Oou l'Xrio por li VuIIi äol 8iss. Olio. 8mol2or Vioo LIuo8t.ro äi 6up. äi 8. LI. In Viovnu ä'^.u8triu Vor LI. 6o8morovio. 1674. Vo 8kUAAioni 0880iciuee88N LInrin Xuun ck'Xu8tria ll^Iin äelli Xu^. 6e8nr1 Lerämnnäo III. 6 LInrin Oou8NArnto alle xlorie nntnli äelln 8oreIIn enri88imn än 8ukt Xlterixn 8ereni88imo Lreneipe Lerckiunnäo Lrnnee8eo. Spanische Stücke finde ich die zwei nachstehenden: 1668. Lriunt'o8 äell Llelemdre Ln In Lelieiänä äe uumerni8e entl'6 I08 8N^08 ei ckin ck6 NNN08 cke In 86reni88imn re^nn äe L8PNÜN äounn LInrinun ck6 Xu8trln Oelelirnäoe äe 108 XussU8ti8-8IIN08 Lmpernäor ^ Lmperntri^ ck6 Lomnll08 Leopoläo ^ Llar^nritn Ln UNit Oomkäin L8PNAU0ln eou l1U6 I08 fe8te^nu Ln Vienn 6N ln Lmpreuta äe LI. 6o8M6lov1o Imp. ä6 Oorte. 1670. Levuiän en De^en Lrnmn Loetieo 6N ei nntnlieio Ie1iei88imo äel XuF. 8enor Lmpernäor I). Lepoläo Lor Oräeu Le In XuA. 8en. Lmperntrir: 1). Llnr^nritn V a 8v LIn§68tnä LÜ8MN Leäienäo Xno äe LILOLXX Lu«8to 6N LIu8ien xor Antonio LrnAÜi LIn68tro äs Onpilln äe In XnA. 86N. Lmperntri? LIeouorn X Xrnäueläo por ei Li. Ivan 8ilve8tre 8n1vn Orinäo äe 8n Lln^ä. 668. Ln Vienna ä'Xu8trin Lor Llnteo Oo8merovio Itn-pre88or äe 8. LI. 0. Von deutsche» Stücken sind die bedeutendsten in dieser Sammlung: Gryphins „Der sterbende Papinianus" und des Zieglmaycr Joh. Georg 8. ä. 1671 erschienenes Schauspiel („Xrte et Llnrte äevietn Lner68i8"), in welchem vorgebildet der glorwürdigstc Sieg des großen und starkmüthigen Helden Constantini, wie auch die Bekehrung seiner Mutter Helenane, gedruckt zu Wien bei Joh. B. Haeque, „Ihrer Durchl. der Reichsfürstin Anna Helena Portia, geb. Gräfin Lamberg von ihrem Sohne Franz Anton Fürsten Portia und ihrer TochterMaximilianaGräfinPortia in schnldigsterVcrehrung vorgestellet;" dann in Mannscript des Hanns Ernst Hoffmann (innsprnckerischen Comvdianten) Christlicher Artaevn (Eustachius). Aus den französischen Stücken ragt besonders OorneIIIe'8 „Ln mort äe Lompee", Paris 1644, hervor. In der Abtheilung der lateinischen Dramen sind in erster Linie die Dramen des Löwcner Professors Nicolaus Vernulaens f-s 1649) zu nennen, unter denen sich eine Jungfrau von Orleans, ein Ottokar von Böhmen uüd ein Wallenstein befinden; von diesen Stücken wurde der Ottocarus preisgekrönt. Von den lateinischen Jesuitcncoinödicn, die hier theils in Textbüchern, theils nur in Prograinmauszügen vorhanden sind, ragen durch ihren Inhalt besonders hervor: Maximilian I. auf der Martinswand (1656 aufgeführt); Reuegcsang der Öberösterreichischen Bauern unter Stephan Fadingcr (1659 aufgeführt); Rudolf I. von Habsburg (1660 in Anwesenheit des Kaisers Leopold I. gegeben) und IInnAurju impktitm, eine Türkcncomödic (1687 aufgeführt). Neben dem Palais der Aucrspcrge waren auch in Laibach das Landhaus und das Nathhaus die Stätten, welche den wandernden Komödianten des 17. und 18. Jahrhunderts als Musentempcl dienten, so präsentirte 1689 der vorher genannte Andreas Ellenson aus dem Nathhause „eine rare römische Historie"; doch schon in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts sehen wir die vorher so freigebige krainische Landschaft für hochdeutsche Komödianten, 1737 z. B. nur mehr 15 Thaler „auswerfen", da sich das Interesse jetzt wieder mehr den italienischen Truppen, der italienischen Oper, zuwendete — war doch auch in Laibach 1660 schon im landschaftlichen Ballhansc die erste italienische Oper gegeben worden. Wieder war aber ein Auersperg — Anton Joseph Graf Auersperg — Landeshauptmann von Krain, als 1765 die Stände anläßlich des freilich nur bevorgestandenen und nicht stattgehabten Besuches der Majestäten Kaiser Franz I. und Maria Theresia in der kurzen Frist von sechs Monaten das erste Theatergebäude Laibachs an Stelle der bisherigen landschaftlichen Reitschule aufbauen ließen, an welchem Platze denn auch das Landesthcatcr bis zu dem 1887 erfolgten Brande in wiederholt vorgenommener Neu-construction stehen blieb. Nach der Erbauung 1765 zunächst „italienische Nvbclbühnc", war dieses landschaftliche Theater 1780 bereits eine deutsche Bühne, auf der im selben Jahre Director Schickan cd er (der Begründer derselben) des Leiscwitz' „Julius von Tarent" zur ersten Aufführung brachte.') Ein Würdenträger aus der Epoche Kaiser Leopold I., der auch bei der feierlichen Huldigung der Eiörzcr Stünde als Erblandstallmcistcr 1660 fungirt hatte, Joseph Graf Nabatta war cs, der in Görz Haus machte, mehr noch aber sein Sohn Graf Anton Nabatta, in dessen >) Ueber die Verhältnisse des Laibacher Theaters, siehe mein „Der verirrte Soldat", ein deutsches Drama des 17. Jahrhunderts. Agram 1865, in. Anhange. Festsaale der Adel des Landes sich zu geselligen Zusammenkünften zu Musik und Spiel zusammenfand. Die wandernden Comvdianten, die Ende des 17. Jahrhunderts auch in Görz sich eingefundcn, sie hatten in Ermangelung eines Theaters in einem geschlossenen Hofe ihre Comödien agirt.') Erst im Jahre 1739 wurde das erste geregelte Theater in Görz erbaut, an dessen Stelle, als cs abbrannte, im Jahre 1782 (in der Nähe des früheren) ein geräumiges und geschmackvolles Theater errichtet ward, welches noch heute die Zierde der Stadt bildet. Wie kunst- und theaterfrcundlich sich die Görzer Familien Coronini, Strassoldo, Lanthieri, Attems, Thurn, Cobenzl Edling u. A. gleich damals schon erwiesen, dafür zeugt eine Stelle in der Biographie des Dichters Lorcnzo da Ponte, dessen Name als Verfasser des Textes zu „von Oiovanni" und „vo 110220 cki vi^aro" mit dem unsterblichen Namen Mozart's verknüpft bleibt und der, auch als Mitglied der 1780 in Görz gestifteten ^.cmäomia, ckeM ^.reaäi ronmno-sonöinoi erscheinend, das besondere Wohlwollen rühmt, mit dem ihm diese kunstsinnigen Familien entgegengekommen und dies, wie er wörtlich sagt, „mit einer solchen Generosität thaten, daß mein Zartgefühl oder Eigenliebe niemals darunter zu leiden hatten.") Als Kaiser Leopold I. am Schlüsse seiner Huldigungsreise in Jnneröstcrreich in das allzeit getreue Triest kam, wo bei seinem Einzüge eine Musik von Trompeten und Pauken und Castagnetten erscholl, wo man ihm einen großartigen Fischfang veranstaltete und er auf der Triestincr Brigantine, von fünfzig anderen Fahrzeugen gefolgt, den ersten ihm überreichten Fisch wieder in Freiheit ließ, da gab man ihm zu Ehren auch thcatralc Vorstellungen: vcnctianische Tänzer führten eine Morcsca und gymnastische Spiele, niemals gesehener neuer Art, auf und Hofsängcr ergötzten ihn während des Mahles durch den Vortrag italienischer Weisen, abwechselnd mit den anmuthigstcn vielstimmigen Tonstücken. ^) In dieser Zeit — Ende des 17. und bis in das 18. Jahrhundert hinein — gab man in Triest zu Marktzciten Theatervorstellungen im Nathhause, das, angeblich von Palladio entworfen, ganz auf Säulenhallen ruhte und später in ein Opernhaus verwandelt wurde, seit 1800 aber verlassen war und 1822 der Demolirung anheimfiel. ') Czörnig, Karl Baron: Das Land Görz und Gradiska, I. 928. -) Czörnig, l. 0. I, 933. 3) Löwenthal: Geschichte der Stadt Triest, I, 117 ff. In demselben Opernhausc, das um 1784, als Kaiser Joseph II. das zweite Mal Triest besuchte, den Namen: k. k. Theater führte, wechselte auch das italienische Schauspiel mit dem deutschen ab und — sagt Löwenthal — die Geschmacksrichtung des letzteren (an der Neige des Jahrhunderts) darf wohl als eine edle bezeichnet werden, wenn wir erfahren, daß Werke Gocthe's, Schiller's, Lessing's, sowie Shakespeare und Voltaire in deutschen Uebcrtragungcn gegeben wurden.')............. Heute hat die deutsche Muse an den Gestaden der blauen Adria eine neue Heimstätte gefunden, in dem reizumflosscncn Abbazia, an der Riviera Oesterreichs, wo des Schöpfers dieses unvergleichlichen Eden, des Gencraldircctors der Südbahn, Friedrich Schüler, feiner Kunstsinn auch das Vergnügen einer ständigen Saisonbühne geschaffen hat! * * -i- Nun noch einen Blick nach Tirol, ehevor wir die Verhältnisse in Ungarn ins Auge fassen. Hatten die Ergötzungen des Habsburgischen Hofes zu Innsbruck im ausgehenden 16. Jahrhundert zumeist in Rittcrspielen zum Scherz (das Turnieren zu Ernst war schon am Anfange des 16. Jahrhunderts abgeschafft worden), im Bnllouschlagen, Scheibenschießen und Thicrhctzen, zu welchem Zwecke Bären, Tiger, Löwen und Hirsche unterhalten wurden, so trugen die Erzherzöge Ferdinand Karl und Sigmund Franz schon nicht geringes Belieben an den theatralen Aufführungen der Jesnitcnzöglingc. Ferdinand Karl, der Vater der Kaiserin Claudia Felicitas, der in Innsbruck sogar zwei Theater erbauen ließ, hatte an seinem Hofe italienische Schauspieler und Sänger, ja er ließ sogar die Maler für die Thcatcrdecvrationen aus Italien kommen;'^) 1653 spielte ein gewisser Dr. Franc. Hcrni mit seiner Gesellschaft vor dem Erzherzog und zum Jahre 1660 wird Blümcl als Theatcrprineipal Jnnsbruckcrischcr Hofcomödiant genannt.") Das am Rennplätze erbaute Theater wurde dann im Jahre 1765, als die Vorbereitungen zur Ankunft der Majestäten >) I. o. II, S. 8. r) Zoller: Geschichte und Denkwürdigkeiten der Stadt Innsbruck. Innsbruck, Wagncr'sche Buchhandlung, II, S. 127 f. Wünschebuch der Theatcrausstcllung, I, S. 42 und 58, Nr. 336 und 245. Kaiser Franz I. und Maria Theresiens in großartigem Style getroffen wurden, reparirt und verschönert, nachdem bereits seit 1764 auf demselben keine Studentencomödien mehr gegeben werden durften.') Bei der darauf erfolgten Anwesenheit des allerhöchsten Hofes, die bekanntlich durch den plötzlich eingetretenen Tod des Kaisers einen so tieftraurigen jähen Abschluß fand, war in dem auf das prächtigste ausgeziertcn und neu zubereiteten Hofthcater am 6. August 1765 zu Ehren der Tags zuvor in feierlichem Einzuge eingeholten Infantin Anna und ihres erlauchten Bräutigams Erzherzog Leopold, Großherzog von Toscana (Kaiser Leopold II.), die von Metastasio verfaßte und von dem Compositcur Hasse, genannt Sassonc, auf das hohe Vermählungsfcst in Musik gesetzte Oper „Nomulv und Ersilia" gegeben, welche sich nicht nur den Beifall des Hofes, sondern auch die Bewunderung aller Kenner erwarb!?) Zur Entwickelung des Theatrrwrsens in Ungarn. Neben den Mysterien des Mittelalters (den theatralen Vorstellungen biblischer Geschichten) zeigen sich in Ungarn in der Zeit von 1526 bis 1576 bereits auch Anfänge des nationalen Dramas. Der evangelische Prediger Michael Sztäray verfaßte zwei Schauspiele: das eine papok Imr«.88äM" (die Ehe des Geistlichen), Krakau 1550 gedruckt; das andere „.4.2 ixa? pupmlx tillöro" (Spiegel des wahren Christenthums), in Ungarisch-Altcuburg 1559 und 1560 erschienen. In der Xomoockia Halali Llonzckmrt ärnlta tü8ür<)I (vom Verrathe Melchior Balassi's) zeichnete ein unbekannter Verfasser in scharfen Zügen das Leben dieses Parteigängers.^) Die politischen Kämpfe brachten es auch mit sich, daß das historische nationale Drama in ausgedehnterem Maße gedieh als anderswo, und namentlich waren es die Heldenthaten der Arpaden, die zum Gegenstände desselben wurden. Emerich Tvköli selbst war cs, der 1646 in einem solchen Stücke, betitelt: „Der Genius Ungarns", die Bretter betrat, ^) die die Welt bedeuten. ') Zoller. I. e. II, S. 186. -> Ibill-, S. 198. 0 Feßler: Geschichte von Ungarn. 2. Auslage, übersetzt von Ernst Klein. Leipzig, BrockhauS 1874. III, S. 600. y Chelard: 5a UonZris oontempornir«. Paris 1891, S. 334. Aber auch die Jesuiten pflegten in Ungarn im 17. Jahrhundert das Schauspiel wie anderwärts in ihren Schulen und gleich ihnen die säcular-geistlichen Seminarien, wo in den drei letzten Faschingstagcn Comödie gespielt wurde.*) Daneben gab es im Zeitalter Kaiser Leopold I. auch bereits wandernde Gesellschaften bis nach Siebenbürgen hin, denn es ist ein von diesem Monarchen einer solchen umherziehenden Gesellschaft ertheiltes Privilegium bis heute erhalten.^) Im Jahre 1708 ward in Kaschau zu Ehren Franz Nakoczy II. ein Stuck: „Von den glorreichen Thaten des einstigen Ungarkönigs Mathias" aufgeführt,^) also wieder eine Spur der Weitercntwickclung des nationalen Dramas. Der lustige Franeiscancrpater Anton Hucber, der um die Mitte des 18. Jahrhunderts auf dem Schlosse Gyula im Veköser Comitat zur Belustigung des Baron Harrucker, seiner Familie und des ganzen Adels der Umgebung, so viel beigetragen, bewährte sich auch als Comödiendichter und zeigte eine solche Bühnenroutine, daß man annehmen muß, er habe vorher ähnliche Produetc aufführen gesehen, und das konnte nur, wie Adolf Dux*) schließt, in seiner Vaterstadt Ofen geschehen sein, die nach Beendigung der Türkenhcrrschaft Ende des 17. Jahrhunderts rasch aufzublühen begonnen hatte und zusammt Pest gar bald für theatrale Vergnügungen Raum hatte. Schon vor den Sechzigerjahren des 18. Jahrhunderts fanden also in Ofen derartige Vergnügungen statt und dann fort gab man da extemporirte Stücke in deutscher Sprache, während die deutschen Bühncnvorstellungen in Pest erst 1773 eröffnet wurden ^) Als nationaler Dichter trat aber in den Tagen Maria Thcrcsia's Georg Bcsscnhei auf mit seinen Tragödien „Agis" (König der Spartaner) „Hunyady Läszlö" (Wien 1772) und „Buda" (Pest 1773), worin er im Pathos der französischen Tragiker und in Alexandrinern die Geschichte seiner Herren vortrug. Wie durch seine Romane trug zur Belebung des ungarischen Volksgcistcs Andreas Dugvnics auch durch seine Schauspiele „Tvldi Miklos", „Etelka", „Büthvri Maria", „Kun Läszlö" und Andere vieles bei. Franz Kazinczy giebt in seiner Nachbildung von ') Mailath: Geschichte der Magyaren. Regensburg 1853, III, 463 f. -) MailLth, I. o. Dux Adolf: Aus Ungarn. Leipzig 1880, S. 304. 0 Ebenda, S. 307. °) Ebenda, S. 307. Goethe's „Stella" den vollendeten dramatischen Dialog des Altmeisters deutscher Dichtung; in einem anderen Stücke „Die beiden Lautenschläger", eine Sage aus der vormaligen Zeit nach Veit Weber (Preßburg 1794), die einfache Sprachweise jener Zeit mit sorgfältiger Treue wieder. Michael Csekonai Vitäz lieferte durch witzige Einfälle und drollige Verwickelungen ergötzliche Lustspiele. *) Mau sieht, dem 1792 eröffneten ersten ungarischen Schauspiel-hause (Sommertheater) in Ofen fehlte es nicht an Repertoire. Inzwischen hatten zwei hohe ungarische Cavaliere, Fürst Ester-tz äzy und Graf Erdödy, durch Errichtung eigener Theater das Interesse für Musik- und Theaterwesen im weitesten Umfange zu erregen gewußt. Fürst Nicolaus I. Esterhäzy hatte in dem märchenhaft ausgestatteten Schlosse Esterhäzy ein vortrefflich eingerichtetes Theater hergestellt, das wir unter Anderem in einem französischen Ncise-handbuche von 17752) Sehenswürdigkeit angeführt finden, da ein eigener „Ausflug" dahin, sowie nach Eisenstadt uotirt erscheint. Der französische Bädeker des vorigen Jahrhunderts schreibt wörtlich: „L^teiRn? 68t In mnmvn äs pIni8NU66 ckU UriN66 L82t6rllU2^ I'un Ü68 plu8 Ai'nuä8 8eixll6ur8 ä6 I'Lurope, gui ne 8vnt PN8 8ouvernin8. II n un enmp äe ck6ux oont Iiomme8 ckevnnt 80N elintenu, UN6 Drouxe äe Oomeäien8 ^.IIemnnä8 UN Opern Italien, une Lanäe cke Nu8ioi8 80nt extremement n^renbl68." Aus der Kapelle des so überaus musikfreundlichcn Fürsten, die auf das glänzendste dotirt, ging ja doch ein Haydn hervor, dem schon seinZeitgcnosseEollin in Begeisterung über dessen „Schöpfung" zurieft) Wie drängte sich so jung als alt zur Wette. So Fürst als Künstler an des Meisters Seite, AIS ob er Heil von seinen Blicken hätte. Und zu einem Tempel der Tonkunst gestaltete Fürst Nicolaus Esterhäzy, der Gründer der Estcrhäzy'schen Bildergalerie in Wien, seine Residenz in Eisenstadt, wo er — der sein ganzes Leben mannig- >) Feßler, I. 0.. 653 ff. 2) Itinsraire äss roulss Iss plus li'ägusiitäös ... Paris LI9065XXV, S. l>7. ') Teuffenbach Freiherr v. Albin: Vaterländisches Ehrenbuch. Poetischer Theil, S. 619. faltigen Zweigen der Kunst nnd Wissenschaft gewidmet — Haydn's Gebeine mit seltenem Pompe bestatten ließ! In Prcßbnrg, das bis gegen das Ende der Negierung Kaiser Joseph II. die obersten Landcsbehörden in sich vereinigt sah und auch einem großen Theile der ungarischen Aristokratie zum Domicil diente, hielt Graf Johann Erdvdy von Monyorökerck in seinem eigenen Hause eine Opernbühne, die 1785 unter der Direetion des Hubert Kumpf mit der Oper: „König Theodor in Venedig" von Paisiello eröffnet wurde und zu deren Vorstellungen zweimal in der Woche der Preßburger Adel und das dort in Garnison befindliche k. k. Officiers-corps ein- für allemal geladen waren. Heute setzt der kunstbegeisterte und hochsinnige Graf Nicolaus Esterhazy die schönen theatralen Traditionen des Esterhäzy'schen Hauses in edler Weise fort, indem er der Muse Thalia auf seinem trefflich eingerichteten Schloßtheatcr zu Totis eine würdige Heimstätte eröffnet hat. Das Bühncnintericur, zur Exposition gebracht von der gräfl. Esterhäzy'schen Theaterdirection in Totis, bildet eine hervorragende Sehenswürdigkeit der Wiener Theaterausstellung. — Das moderne nationale Drama inUngarn^) aber, das in den Meister-Werken Georg Csiky's und Emerich Madäch's eigenartigen Ausdruck findet, eröffnet nach dem überzeugenden Wortes eines gottbegnadeten ungarischen und deutschen Dichters unserer Tage, Ludwig Düczi, die Aussicht, „daß das Ausland von dem nationalen Drama Ungarns mindestens ebenso viel Notiz nehmen dürfte, wie cs heute von den Stücken der Schweden und Norweger nimmt!" >) Dux, I. o-, S. 306. 2) Siehe: „Oesterreichisch-Ungarische Ncvnc", IV. Bd., S. 288. Die Entwickelung des ungarischen Nationallheateis. Bon Eduard Paulay. y In dem trefflichen literarischen Jahrbuche des ersten allg. Beaintenvereines der österreichisch-ungarischen Monarchie „Die Dioskuren", Xlll, Jahrgang, S. 73. K. u. k. Hofbuchdruckcrci T.irl Fromme in Mi.n. LIovMs-sKIMcö 65 I>1 v 6SS S6SSSSS1214 LVSISS -