V & .St ^ ,-äT \ DES k. k. Gymnasiums in Marburg, zur Erinnerung an die „hundertjährige Jubelfeier“ dieser Lehranstalt veröffentlicht von der Direktion im Jahre 1858. 1 (ob LZ K, /ixre * WARIBOi */ 13SW past 3CO*. OB ST «a »II 1*111 DER RELIGIÖSEN WELTANSCHAUUNG Von Dü- Adalb. Vict. Svoboda. I Es liat sich gewiss so mancher Dichter heim Betrachten eines Gebirgssee’s, eines freundlichen Wiesenthals oder einer bewaldeten Felsengruppe gefragt, oh denn die Natur die poetischen Träume in seiner Phantasie hervorzaubere oder ob diese die Poesie in die Natur hineinträume. Die Antwort auf diese Frage scheint leichter als auf eine ähnliche zu sein, welche das Wechselver-hältniss der Natur und der vorchristlichen Religionsansichten betrifft. Wenigstens spricht dafür die Verschiedenheit der Urtheile Uber diesen Punct, die sich in den religionsphilosophischen Werken eines Drobisch, Taute, F. Stuhr, Buttmann, Grenzer, Schleiermacher, Hamilton, Emeric David und Benjamin Constant kundgibt. Auch da wird gefragt., ob ein aus den Tiefen des Geistes hervorquellendes religiöses Gefühl, ein angebornes Bedttrfuiss des GemUths („sentiment religieux“ — Benj. Constant) den Menschen in vorchristlicher Zeit zu der Annahme drängte, dass ein unbegreifliches Wesen Uber und in der Natur walte, oder oh vielmehr der Anblick der Naturwunder den staunenden Sinn zwang, für alles Sichtbare eine unsichtbare Ursache, für alles Endliche einen unendlichen Urgrund anzunehmen. Die letztere Meinung kann Wohl mehr Gründe für sich aufweisen als die erste. Die Sonne, die das tel-lurische Leben so wohlthätig beherrscht, — die Freude und Furcht erregenden Lutterscheinungen, — die geheime Kraft, welche die organischen Erdgeschöpfe im ewigen Wechsel schafft und fortschafft — sowie die heiteren und düsteren Elementarereignisse waren es ohne Zweifel, welche die menschliche Phantasie zum Dichten religiöser Ideale anregten. Diese traten nun in eine enge organische Beziehung zur Kunst; denn alle Gebilde der Einbildungskraft sehnen sich nach einer sinnlichen Form, die ihnen entweder der Mcissel des Bildhauers, der Pinsel des Malers oder das Wort des Dichters, der Ton eines Instruments (das seelenvollste Instrument: die menschliche .Stimme mitbegriffen) verleihen kann. Die geistige Quelle der Kunstschöpfungen ist nun wieder die gestaltungskräftige Phantasie des Menschen. Die Religion und Kunst der Heiden gewinnen demnach nicht blos durch dieselbe geistige Kraft ihre Wesenheit, sondern behandeln auch denselben Stoff: das Übernatürliche, Unendliche, Göttliche. Es begreift sich somit die nahe Versippung dieser beiden > Uauptfaetorcn der Bildung bei den nichtchristlichen Nationen. Der eigentliche Olymp, die Heimath der heidnischen Götter ist also die menschliche Phantasie, — die grosse Macht, die den „unsterblichen Na- tnrbeherrschem zugeschrieben wird, die schrankenlose Schöpfungskraft derselben, — das Gebet, das der Heide den Bewohnern des Jenseits weiht, nichts als unbewusste Selbstanbetung, — der Trost, den jene vermeintlich gewähren, die woldthätige Spende des menschlichen Dichtungsvermögens. Wie sich die einzelnen Weltweisen in ihren Meinungen zuwinken, so auch die über den Weltengrund nachbrütende Phantasie der heidnischen Völker. Diese halten die Welt für die That eines dunkel geahnten, urmächtigen Wesens; der Begriff von demselben überwächst jedoch jede Umfangslinie und ist eigentlich ohne bestimmten Inhalt; er gleicht in seiner Grenzenlosigkeit und Unklarheit der Idee von der Welt überhaupt, deren Unendlichkeit man anzunehmen gezwungen ist, ohne sie klar begreifen zu können. Diese Unbestimmtheit und Unbegriffenheit ist ein eigenthümlicher Zug der ältesten Gottesidee bei den meisten heidnischen Nationen. Bei den Chinesen wird die unbegriffene Urmacht, welche die Welt erdacht, erschaffen hat, Tien d. i. die Allvernunft genannt, bei den Hindu’s Brahm oder Parabrahma, der sich den Veda’s zufolge selbst nicht versteht und von Niemandem verstanden wird, — bei den Buddhisten Nirvana, das absolute Nichts, in dem alle Geschöpfe verrinnen und die menschliche Seele wie ein flackerndes Licht verlöscht, — bei den Ägyptern Amun, das schrankenlose Wesen, das sich durch blosses Denken offenbart , — bei den Griechen das allesbezwingende Schicksal («»«7x17), das selbst über den Göttern wie ein finsterer Despot waltet, — bei den Skaudi-navem Surtur, der Dunkle Unbegriffene (ein Beiname Allfatur’s) und Fimbul-tyr, das unerbittliche Schicksal, — bei den Slaven der „unbekannte Gott.“ — Selbst die Bewohner der australischen Inseln, die Azteken von Central Amerika und die Negerstämme Afrikas nehmen als monarchischen Gipfel ihres Polytheismus eine alle Begriffe übersteigende, immaterielle Urmacht an. So war nach Bradford und Ternaux - Compans das höchste Wesen der Mexicaner Tcotl-Ipalnemoani d. h. „der geheime Gott, durch den wir leben“; — der Götterpräsident der neuseeländischen Mythologie ist nach Ellis’ „Polynesian Researches“: Atua, ein unkörperliches, vernünftiges Wesen, das durch keine sinnliche Form darstellbar ist, weil es keinem bekannten Begriffe entspricht. Auch die Watje-Neger nehmen nach Berichten von Missionären Ein allmächtiges Urwesen an, an das sie täglich folgendes bezeichnende Gebet, richten: „0 Gott! ich kenne dich nicht, aber du kennst mich; dein Beistand ist mir nüthig!“ — Diese abstracten Ansichten der Heiden über das geheimnissvolle, die Welt durchherrschende Wesen gestatteten bei ihrer Unbestimmtheit und Zerflossenheit keine Form der sinnlichen Darstellung. Später tauchten aus dieser gestaltungsfeindlichen hohlen Gottesidee bestimmtere fasslichere Göttergestalten auf; — die Unendlichkeit des ursprünglichen heidnischen Gottesbegriffs wurde in viele Theile gespalten, indem die einzelnen Naturkräfte als Übermenschlich begabte Personen gedacht wurden und hierauf auch die wichtigsten, darunter reingeistige Lebensniomente ihre übernatürlichen Besehlltzer gewannen. Diese neueren, persönlichen Götter standen dem Fassungsvermögen und der Selbstsucht der Menschen näher ; — um den Verkehr mit ihnen zugänglicher und verständlicher zu machen, verlieh man ihnen Formen von Thier- und Menschenkörpern und so entwickelte sich die Plastik, jene Kunstform, die ihrer Entstehung nach die älteste ist. Im Nachstehenden wollen wir nun die organischen Wechselbeziehungen der Religion und Kunst in gedrängten Zügen besprechen und dabei hiß und da auch flüchtige Blicke auf den jeweiligen sittlichen und politischen Zustand der Völker richten, der gleichfalls von der Religion als deijenigen Macht beeinflusst wurde, die in vorchristlicher Zeit alle anderen geistigen Strebungen und gesellschaftlichen Verhältnisse beherrschte. II. Wenn wir die religiösen Ansichten jener heidnischen Völker, deren Bildung sich nicht hoch Uber den Nullpunet erhebt, einer vergleichenden Betrachtung unterziehen, so finden wir in denselben auffallend nel ähnliche Züge. Einer derselben ist der schon erwähnte Gedanke eines obersten Würdenträgers in der Republik metaphysischer Wesen. Diesem untergeordnet sind die Naturgötter, in welchen entweder Objecte oder Erscheinungen der Natur zu Personen erhoben erscheinen. Den Charakter der Naturgottheiten bestimmt die Beschaffenheit des Chinas und der Bodenplastik. Auf der Wüste Gobi, auf den häufig von Erdbeben heimgesuchten Inseln des stillen Ozeans haben sie eine finstere Physiognomie. — Tipoko, der Gott des Schmerzes und des Todes, Tauwaki, der Gott des Donners bei den Neuseeländern, Pole, die Göttin der Vulkane, bei den Samoanem und Sandwichsinsulanern wie überhaupt Götter der zerstörenden Naturmächte haben mehr und andächtigere Verehrer als die guten Götter; ihnen werden viel häufiger Opfer gebracht, als den sanftmüthigen Gottheiten, die auch ohne Beweise von Aufmerksamkeit den Menschen Wohlthatcn spenden. Die Verbindung zwischen der Urgottheit und den aus derselben herausgetretenen Naturgöttern wird durch Weltcntstehungssagen vermittelt; diese sind zumeist bizarr, zuweilen auch Uber Erwartung sinnig. So behauptet nach einer Mittheilung Le Gobicn’s eine kosmogonische Sage auf den Marianeninseln, dass Gott Pontan, nachdem er vor der Schöpfung sehr lang gelebt und endlich beschlossen hatte, aus sich die Welt zu gestalten, — aus seiner Brust und Schulter — Himmel und Erde, aus seinen leuchtenden Augen — Sonne und Mond und aus seinen mildgeschwungenen Augenbraunen den Regenbogen gebildet habe. Naiv erklären die Tahiticr den Salzgeschmack des Meerwassers: Taroa, dem Schöpfer der Welt, wäre das Gestalten des Landes ein so hartes Stück Arbeit gewesen, dass sein Schweiss in Salzströmen herunterfloss und das Meer bildete. Jünger als die Naturgötter sind die übernatürlichen Beschützer menschlicher Lebensverhältnisse und Beschäftigungen; auch sie findet man bei jenen heidnischen Völkern, bei denen sich wenigstens die Anfänge der Gewerbe oder irgend einer Kunstfertigkeit und der — Egoismus entwickelt hatten. So ehren die Bewohner der Tonga- oder Freundschaftsinseln einen Gott der Reisen (Tubo-Toty), der Bildnerei (Tangoloa) und der Arzneikunde (Alai-Valu), die Sandwichsinsulaner einen Gott der Herden (Heko-Toro), wie die Azteken einen Kriegsgott Witzilopochtli kannten, dessen in Menschenopfern bestehender Cultus ebenso abscheulich war wie dessen Name. Eine wichtige Meinungseinmitthigkeit stellt sich auch in dem Glauben der uncultivirten heidnischen Völker an die Unsterblichkeit der menschlichen Seele heraus. Fast alle halten dafür, dass der Tod nur den Körper, nicht aber den Geist treffe, der eben für den Gegensatz des Körperlichen gilt. Die Tahitier z. B. meinen, dass die Seelen der Menschen sich mit der obersten Gottheit vereinigen oder wie sie naiv bemerken, von ihr gegessen werden; die Neger von Guinea glauben, dass die Seelen so feiner Natur wie der Schatten und unzerstörbar seien; die Eskimo’s halten sie für blass, zart, unantastbar und wähnen, dass die Nordlichter die Tänze fröhlicher Seelen seien. Die Malekassen auf Madagascar begraben den Reiseberichten von Flacourt und Roehon zufolge mit den Leichen Waffen, Schmuck, Spiegel und andere Gegenstände, die dem Verstorbenen im Leben theuer waren in der Meinung, dass sie dieselben im Jenseits brauchen werden. Bei vielen heidnischen Nationen wird jedoch der Unsterblichkeitsglaube durch die Annahme der Seelenwanderung getrübt;—der Ursprung derselben ist in der Gleichstellung der Seele mit der blossen Lebenskraft zu suchen. Da wir bei Besprechung der religiösen Weltanschauung der Ägypter diesen Punct näher in Betracht ziehen wollen, so bemerken wir hier nur im VorUbergehen, dass der Glaube an die Seelenwanderung besonders bei den alten Mexicanern eine poetische Form erhalten habe, sie Hessen die Seelen der Abgeschiedenen in Wolken fahren, der scheidenden Sonne nachsehen und von ihrem rosigen Lichte geküsst werden; ausserdem sollen sie in prächtig befiederte Vogelleiber gleiten, ihren Schmerz und ihre Lust im Gesänge kundgeben, ihre Nahrung in duftenden Blüthenkclchen suchen u. s. w.*) Die Karabari (Neger in Mittcl-afrika) meinen hingegen, dass die Seele einer gestorbenen Person in dem Körper des ersten Kindes, welches nach ihrem Tode geboren werde, wieder auflebe. Ein anderer gemeinsamer Zug des Glaubens oder vielmehr Aberglaubens barbarischer Heiden ist die Meinung, dass von den Göttern bevorzugte Menschen zaubern und in die Zukunft blicken können. Die Zauberer in Sudan z. B. geben vor, böse Wetter bannen zu können; wenn sich Gewitterwolken ansammeln, so besteigen sic in seltsamen Gewändern Hügel und ordnen un- *) Nach: James Cowlej Prichard's Naturgeschichte des Menschengeschlecht tes. Deutsch von Dr. Rud. Wagner und Dr. Friedrich Will. Leipzig 1840—48- ter sinnlosen Gebräuchen (Wurzelkauen, Spucken gegen den Wind u. ä.) den Abzug der Wolken an; — wenn es nun doch regnet und blitzt, so schiessen sie mit Pfeilen gegen die ungehorsamen Segler der Lüfte. Die Angekok’s der Eskimo wollen Krankheiten durch Anblasen des Patienten vertreiben — die Zauberer der Wüste Gobi, Schamanen genannt, betäuben sich durch Getränke, wahrsagen und beschwören die Seelen der Verstorbenen. Diese bewohnen ihrem Glauben zufolge die Schneegefilde des Altai, Seen, Felsen und vor allem die Wüste Gobi. Wenn die Geister übler Laune sind, so lassen sie es die Menschen durch Krankheiten, Misswachs und anderes Ungemach fühlen. Die Schamanen behaupten nun, dass sie mit diesen tückischen Wesen ringen und sie zu besiegen vermögen. Dieser unsinnige Wahn ist die Hülle der sinnigen, wenn auch nicht klar bewussten Idee, dass die Macht des Geistes über jener der Natur stehe. Derselbe Gedanke spricht sich in einer Sitte der Galla-und Gaganegcr aus, welche ihre kranken Freunde umbringen, weil sie nicht wollen, dass sie der Gewalt der Natur unterliegen. Aus gleichem Grunde tödten die nordamerikanischen Wilden ihre altersschwachen Eltern. Dieser naiven Form der religiösen Weltanschauung entsprechen auch die Versuche, ihr einen bildlichen Ausdruck zu geben. Bekanntlich ist man gewohnt, Fetische für die roheste Form von Götterbildern zu halten. Nach der Versicherung des Missionärs Oldendorp sind jedoch Fetische nichts anderes als geweihte Gegenstände, denen die Götter die Kraft verliehen, die Besitzer derselben vor jedem Ungemach zu schützen. Die Mandingo’s in Afrika wählen zu ihren Fetischen mit besonderer Vorliebe vom Blitz getroffene Objecte, weil sie dieselben von Gott berührt wähnen. Doch verschmähen sie auch von Zauberern geheiligte Kuhschwänze nicht, die sie für ein besonders wirksames Schutzmittel gegen Verwundungen halten. Ein Beweis, dass die Fetische selbst nicht Götzenbilder sind, ist der Umstand, dass die Neger nicht nur sich selbst sondern auch ihre Idole mit denselben schmücken. Die Götterbilder der heidnischen Barbaren, deren religiöse Ansichten wir soeben in allgemeinen Umrissen angedeutet haben und die nur deshalb ihr Dasein zu fristen scheinen, um den Übergang vom Thierc zum gebildeten Menschen zu vermitteln, sind fast durchaus hässliche Carricaturen. Diese Hässlichkeit ist nicht absichtslos ; sie verbildlicht das Entsetzen, das die bösen , vernichtungsfrohen Götter im Gemtithe der schwachen, von ihnen abhängigen Menschen beim Äusscrn ihres Unwillens wachrufen, der sich im Sturm, Gewitter, Erdbeben, vulcanischen Ausbrüchen, Misswachs, Seuchen u. s. w. offenbart. Das Bild des tatarischen Todesgottes Collana Forsch ist z. B. ein solches Hässlichkeitsidcal ; er trägt eine aus Todtcnköpfen bestehende Krone, über welche Flammen cmporschicsscii, hat acht, Mordinstrumente tragende Hände und drei Augen, mit denen er in die Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart blickt. Ein Götze von den Gesellschaftsinscln, den wir in einer Cu-riositätensammlung gesehen, bekundet ebenso wenig Schönheitsgefühl; auf dem plattgcdrlicktcm Kopfe desselben sitzen vier glockcnartige Aufsätze ; statt des Halses hängt an dem seltsam gekrönten Haupte ein Bing, an den sich ein mit Fröschen belegter Leib anschliesst. Die bei Copan in Centralamerika von Stephens entdeckten und dem Maler Catherwood gezeichneten Götterstatuen sind ein verworrenes Durcheinander von seltsam gemeisselten Steinen, von denen sich nur das Gesicht und die Düsse des Gottes deutlich abheben. Ein gleichfalls dort gefundenes Relief stellt einen Gott mit glotzenden Augen dar, dessen Kopfputz ein breites Gewirre von Federn, Muscheln, Baumästen, Scheiben, Ketten etc. ist. Die Abbildungen des Prachtwerkes: „Ethnological researches respecting the red man of America. Philadelphia 1847“ biethen auch viele Beispiele von dem Cultus der Hässlichkeit, den die Urbewohner Amerikas mit dem Cultus ihrer Götter verbanden. Dieselbe bizarre Entstellung aller Naturformen, selbst der Linien der Thierkörper sahen wir auf einer altmexikanischen Handschrift, die in der kön. Dresdner Bibliothek verwahrt wird. Auch die Idole der Negerstämme Afrika’s sind roh behandelte Holz- oder Steinblöcke, welche Thiergestalten nachbilden und ebenso wenig Schönheitssinn verrathen als die Ansichten dieser Völker Uber Recht und Sittlichkeit — Vernunft und Humanität bekunden. III. Die religiöse Weltanschauung der Chinesen steht zwar auf einer etwas höheren Stufe, als die der Polynesier und der Neger Afrika’s, ist jedoch niedrig und beschränkt genug. Für das Höchste gilt ihnen der Himmel, Tien, die unbestimmte abstracte Allgemeinheit; — der Sohn desselben ist der Kaiser. Dieser ist auch der Staat und das Gesetz. Nur sein Wille ist frei und das Schicksal von Millionen seiner Unterthanen hängt von ihm ab. Erfüllt der Kaiser als Vorstand der Religion seine Pflichten, so ist dies die wirksamste Bürgschaft für das Gedeihen der Feldfrüchte. Die kaiserlichen Sünden hingegen haben furchtbare Folgen; alle Übel, welche die Natur in ihrer menschenfeindlichsten Laune erfunden hat, treffen nun die Bewohner des „Mit- telreichs.“ Der Kaiser steht im Alleinbesitze des Verkehrs mit dem Himmel, dem er allein Opfer bringen darf. Die Religion in China ist demnach nicht die Atmosphäre, in dem die Seelen aller Gläubigen frei aufatbmen und sich von den Drangsalen des Lebens erholen können, sondern das Vorrecht eines Einzigen , was ihr eigentliches Wesen gänzlich aufhebt. Deshalb herrscht auch bei den Chinesen trotz ihrer strengen Pflichtgesetze dje grösste Unsittlichkeit. Dies offenbart sich auch in dem grossen Beifall, den im „Reiche der Mitte“ die Ansichten des Philosophen Fo finden, welche Gott für Nichts und die Verachtung des Individuums für die höchste Tugend erklären. Gott Tien, um den sich — wie aus dem Gesagten erhellt — die Chinesen nicht zu bekümmern brauchen, erfreut sich einer zahlreichen Ehrengarde von Genien, die Chen’s heissen. Sie haben die Aufgabe, einzelne Provinzen, Gegenden, Felder, Wälder, Berge und Flüsse zu beschützen und sind dem Kaiser wie jeder Mandarine unterthan und deshalb in dem jährlich crschci- nenden Reichsschematisinus mit vollständiger Adresse angeführt.*) Geschieht ein Unglück, so wird der pflichtvergessene Genius und zudem der betreffende Mandarine abgesetzt. Nach einem in der Revue de 1’ Orient (Juli 1844) veröffentlichten Schreiben des katholischen Missionärs Rizzolati ist die Ehrfurcht für die Chen’s und die neben ihnen waltenden Vorsteher der Elemente von keiner besonderen Tiefe; hilft der angerufene Götze auch dann nicht, wenn man ihn einige Tage mit Bitten behelligt und ihm zu Ehren viel Weihrauch und heiliges Papier verbrannt hatte, so geht man von der Andacht zum Hohne Uber, der sich gewöhnlich in diese Worte einzuldeiden pflegt : „Du Dieb, gewähre uns, um was wir bitten oder gib uns zurück, was wir dir angeboten haben. Deine Eitelkeit findet Gefallen an unseren Huldigungen und darum lässt du dich bitten. Aber siehe, die Bittenden haben jetzt den Stock in der Hand. Erfülle unser Ansuchen oder“. . . . Nun erfolgt das leicht zu Errathende. Es ist selbstverständlich, dass bei solchen unlauteren und selbstsüchtigen religiösen Anschauungen eine echte Kunstbegeisterung sich nicht entfalten kann. Wir haben in den Alterthumssammlungen von Dresden und München aus Elfenbein geschnitzte Bilder von chinesischen Elementargöttern und Chen’s gesehen, die wahre Musterbilder von Hässlichkeit sind. Überhaupt sollen die plastischen Darstellungen der Genien, denen bloss in Peking 10000 Tempel geweiht sind, abscheuliche Frazzen sein. Dem plastischen Geschmack der Chinesen steht der musikalische würdig zur Seite; die Volkslieder, die wir in einer englischen, China betreffenden Reisebeschreibung fanden, müssen gesungen beiläufig einen solchen Eindruck machen, wie zwei verstimmte Leierkästen, von denen der Eine ein Fastenlied, der Andere ein Tanzstück aufspielt. Ebenso fehlt es der Malerei an Verständniss des Kunstschönen. Ihre grösste Schattenseite ist es, dass sie eben keinen Schatten und keine Perspective kennt; denn die chinesischen Maler sind der Meinung, dass Naturgegenstände nicht wie sie scheinen, sondern wie sie sind darzustellen seien, weshalb sie die Wirkungen von Licht und Schatten verschmähen. Mau sollte meinen, dass es mit der geistigsten Kunstform, der Poesie, in China gut bestellt sei, da ein jeder Mandarine von Amtswegen dichten und die Schöpfungen seiner offiziellen Begeisterung dem Kaiser zur Beurtheilung einsenden muss. Die Besten hievon werden in den Schi - king, das Buch der Lieder, aufgenommen, die lehrhaften, religiösen Gedichte desselben sind jedoch trocken und nüchtern, — nur in den weltlichen Liedern vernimmt man zuweilen einen anmuthigen innigen Seelenlaut. — IV. Einen grellen Gegensatz zu der Nüchternheit und Phantasiearmuth der Chinesen bildet der üppige Phantasiereichthum und die Überschwänglichkeit, *) Grassier: Descriptiori de la Chine. Toni. 4. die sich in der indischen Religion und Kunst ausdrückt. Die erster« hält die geheimnissvoll schaffende Naturkraft und das geheimnissreiche Wesen des Geistes für eine und dieselbe Offenbarung der vveltbeseelenden Gottheit. Es tritt deshalb in Indien der culturgeschiehtlich so denkwürdige Zwiespalt zwischen Natur und Geist noch nicht auf, weil der Letztere noch nicht zum Bewusstsein seiner sittlichen Freiheit gekommen ist, die hoch über den ewig starren, unabänderlichen, ihrer Thätigkeitunbewussten Gesetzen der Natur steht. Den Vedas zufolge wird der abstracte Ursprung der Welt von den Indern Brahm oder Parabrahma genannt. (Nach Stephenson, der die Sanhita der Sama Veda, — eine Sammlung der ältesten Hymnen der Hindus, — übersetzt hat, ist Brahm identisch mit dem älteren Ausdruck Somna d. i. der unerschaffene Geist, der die Welt aus sich gebiert.) Brahm ist unsichtbar (avyäka), unerschaffen (nirvikalpa), Sein durch sich (svajämba), „wie eine rauchlose Flamme.“ Er ruht als erhabener Ernst in seinen eigenen Tiefen, von aussen hat er sich umgeben mit der Maja, dem freudigen Selbstvergessen. „Die Welt ist bloss eine Form, eine Veränderung seines Wesens; ähnlicher Weise gerinnt die Milch und gefriert das Wasser.“ — Einer anderen Stelle der Vedas zufolge ist “die Welt ein Traum Brahm’s; dieser zeugte Götter und Menschen, bleibt jedoch selbst ungezeugt; er hat sich selbst aus dem Weltenei ausgebrütet ; ihn kann Niemand fassen, da er sich selbst nicht fassen kann ; — er war früher da, als das Sein und Nichtsein, als der Tod und die Unsterblichkeit, früher als cs einen Unterschied gab zwischen Tag und Nacht.“*) Das Weltall wurde durch die Macht der Betrachtung und zwar spielend hervorgebracht. Zuerst regte sich das Verlangen in Brahm und dies wurde die ursprüngliche Zeugungskraft. „Brahm bewegt sich und bewegt sich auch nicht, er ist in der Nähe und Ferne, innerhalb und ausserhalb des Universums.“ — Diese Schrankenlosigkeit und Unbestimmtheit in dem Begriffe der Urgottheit weicht an anderen Stellen der Vcda’s einer sinnlicheren Auffassung, wie denn überhaupt abstracte Zerflossenheit und sinnliche Bestimmtheit in der indischen Mythologie wirr abwechseln. — „Die Sonne ist Brahm’s Auge,“ heisst es in den Big-Vcda’s, — „der Wind sein Athem, Nacht und Tag seine Fttsse, die Ströme seine Adern, Pflanzen und Bäume seine Haare; wenn er sich bewegt, so donnert es, wenn er schwitzt, dann regnet es etc.“ — „So wie sich im Ozean alle Gewässer, in der Haut alle Empfindungen, in der Zunge aller Geschmack, in der Nase alle Gerüche, im Auge alle Gestalten, im Ohre alle Töne, im Gemttth alle Entschlüsse, invHcrzcn alle Wissenschaften, in den Füssen alles Gehen, in den Händen alle Thätigkcitcn vereinigen, — so vereinigt sich Alles in Brahm.“**) *) //. Th. Colebrooke: Abhandlung über die heiligen Schriften der Indier. Aus dem Engl, v. Dr. Polley. Leipzig 1847- **) Auffallend ist die Aehnlichkeit der in den Fcda's enthaltenen theosopinselten Ansichten mit den Aussprachen des deutschen Mystikers Jak. Böhme; dieser sagt u. A ; „Gott ist das unendliche Wollen seiner selbst, Dieser abgezogene Pantheismus ist jedoch für eine Volksreligion nicht geeignet. Deshalb vergöttlichten die Inder den Ganges, den Indus, den Himalaja, die Sonne, Sterne, Tliiere, Blumen, kurz Alles, worin sie einen Funken organischen Lebens flimmern sahen. Ihre im Götterzeugen nie müde Phantasie ist mit einer Bachantin vergleichbar, die vor ihrem trunkenen Auge ganze Annéen von Göttern vorbeiziehen lässt, an deren Spitze Indra einherschreitet, der Gott des sichtbaren Himmels, dessen Stimme der Donner und dessen Strahlenkrone zuckende Blitze sind. Und auch bei diesem Einen Göttergebie-ther lassen es die Inder nicht bewenden. „Es waren schon viele tausend In-dra’s und werden noch sein,“ — meinen die Gangesbewohner im stolzen Bewusstsein der nie versiegenden Fruchtbarkeit ihrer Phantasie. Es wäre eine undankbare Mühe, nach den Angaben der Veda’s und Pura na’s (mythologischer Gedichte) bestimmte Götterordnungen aufstellen zu wollen. Die bekannte Trias : Brahma, Wischnu und fjivva entwickelte sich aus einer älteren Form derselben, welche Atma, den Hauch des Geistes, den Geist des Lichtes und der Luft für die drei Urgeister ansali.*) Später erhielten die Mitgliederder Trimurti Gemahlinen, in welchen geistige Momente personifizirt werden. Die Sakti (Frau) Brahmas heisst Sarasvati und ist Göttin der Weisheit, Wissenschaft, Geschichte und Beredtsamkeit. Die Freundin Wischnu’s nennt sich Lakschmi, die Göttin der Liebe, Schönheit, Ehe und Behaglichkeit des Daseins ; — die Gattin Qiwa’s Parvati oder Bhavani ist die grosse Naturmut-ter. Ausserdem werden in den altindischen Epopöen häufig genannt : Varuna, Gott des Wassers, Agni, Gott des Feuers, Uschas, Göttin der Morgenröthe, Vaju, Gott des Windes, Jama der Unterwelt und der Gerechtigkeit, Kuwera des Reichthums etc. — Dazu treten Legionen von guten und schlechten Geistern , Suren und Asuren, Dityas und Adityas genannt.**) Auch zertheilt die mittelalterliche Thcogonic der Hindu s die einzelnen Gottheiten in eine Reihe veränderter Auflagen ; sie lässt z. B. den Gott Wischnu oder Krischna sehr mannigfaltige und mitunter sehr unedle Körperformen (avätara) annehmen, so z. B. in Affen- und Kuhleibern herumwandeln und sich in dieser Travestie wie weiland Zeus mit anakrcontischcn Abenteuern unterhalten. die ewige Einheit, das alldurc hwo hnende Wesen aber noch unbestimmt in sich erscheint er unaussprechlich und unbegreif, lieh; er ist eine Kühe ohne Anfang und Ende, ohne Licht und Einsterniss, eine unfassliche Weile ohne Sldttc, eine Sichselbst-bes c hauen und Beisichselbstsein , das Auge der Ewigkeit, eine Wonne ohne Namen , die ewige Lust der Freiheit.“ (Sich Näheres darüber in Aloriz Carrière''s: ,,Die philosophiche Weltanschauung der Keformati-onsieit in ihren Beziehungen zur Gegenwart. Stuttgart. Cotta i84/.“l *) A. Allgemeine Geschichte der Keligionsforrnen der heidnischen Fölker. Dargestellt von E'eddersen P. Stuhr, Berlin 1836- **) Sieh darüber : „Indische Alterthumskunde von Christian Lassen, Professor der altindischen Sprache und Literatur in Bonn. >847-" Die Einbildungskraft der Inder hält auf dem Boden der Mythologie einen förmlichen Veitstanz ; — sie springt von den Höhen der würdigsten Abstractio-nen zu den Niederungen der Sinnlichkeit herab und taumelt in ihrer Maßlosigkeit von ernsten metaphysischen Begriffen zu den geschmacklosesten Erfindungen und carricirtesten Gestalten, die man namentlich in den kosmogonischen Sagen kennen lernt.* Der vemunftlose Taumel, der da waltet, wiederholt sich in der Verehrung der Götter. Man wird ihnen gefällig durch starres Hinbrüten und Versunkensein in nichtige Träume oder durch wilde Ausschweifungen. „Befleisse dich der Selbstvernichtung,“ empfehlen die Veda’s, —denn wie du aufhörst Person zu sein, so beginnt deine Verbindung mit Gott. Alle Thätigkeit ist Sünde; die vollständige Thatlosigkeit jedoch, starre Ruhe und Verbindung mit Brahm’s Wesen ist die höchste Tugend, Vollkommenheit und Seligkeit.“ — „Der Mensch ist desto vollkommener, je mehr er in der brütenden Verschlossenheit seines Sinnes dem Steine und der Pflanze ähnlich wird ; in dieser Abgeschiedenheit der Seele verbindet er sich mit Brahin, wie ein Fluss, der in’s Meer mündet.“ — „Es ist glücklicher zu sitzen als zu gehen, besser zu schlafen als zu wachen, aber das Glücklichste von Allem ist der Tod —“ meinen ausserdem die Veda’s. — Für den nichtabstracten Theil des Götterdienstes sorgen die Bajaderen, welche bekanntlich in den Pagoden zu Ehren der Götter tanzen, ohne dabei Vestalinen zu sein. — Der Geist der Religion belebt auch die sie verklärende Kunst. Wo die Götter selbst nicht edle ethische Ideale sind, da kann deren sinnliche Gestalt auch nicht edle Formen tragen. Die letzteren gestatten schon die Symbole nicht, die in der indischen Plastik und Architektur eine so wichtige Rolle spielen. Sie sind die Hinweisungen sichtbarer, sinnlicher Zeichen auf etwas Unsichtbares, Übersinnliches, deren Bedeutung mehr errathen als bestimmt erkannt wird, — und machen schon desshalb eine echt künstlerische Darstellung unmöglich, weil sie mehr ein Suchen nach Verbildlichung einer Idee als das Vermögen eines klaren unzweideutigen Ausdrucks derselben sind. Bekanntere Symbole sind z. B. die Elephanten, welche die schweren Felsendecken der altindischen unterirdischen Felsentempel tragen und die Klugheit so wie die Stärke versinnbildlichen ; die Raben, die auf deren Porphyrwänden ausgehauen sind, stellen symbolisch die Seelen der Verstorbenen dar, Schlangen das Leben, die Lotosblume die ewig sich verjüngende Zeugungskraft der Natur; — der Baum Ayvatha, der mit seinen wurzelfassenden Ästen und seiner wuchernden Triebkraft einen förmlichen Wald bildet, ist das Symbol Brahm’s.**) Dieser Baum wird in der Nähe der altindischen Tempel gepflanzt und bildet eine *) Die bedeutendsten kosmogonischen Sogen s. im VII. Bund von James Alili's: ,,Geschichte des brittischen Indiens **) Symbolik und Mythologie der alten Völker, besonders der Griechen. Von Fried. Creuzer. 3. Auflage. Leipzig 1837. lebendige, schattige Säulenhalle vor denselben. Alle Beschreibungen, die wir über die indischen, in Felsen eingehauenen Tempel gelesen, können für das Staunen, das sie erregen, keine Worte finden, und die Abbildungen, die wir von ihnen gesehen, lassen diese Bewunderung begreiflich erscheinen. Doch zu dem Eindruck des Erhabenen, den diese grossartigen Bauwerke machen, gesellt sieh beim Betrachten der Einzeluheiten derselben jener, den das Mass- und Geschmacklose, Ungeheuerliche und Überladene hervorruft. Die Götterstatuen sind durch symbolischen Schwulst verhässlicht ; die Klugheit z. B. wird durch Vielköpfigkeit, die Macht durch Vielarmigkeit, die Ruhselig-keit der Selbst- und Weltbetrachtung dadurch verbildlicht, dass der betreffende Gott an seinen Fusszehen saugt und auf einem Lotosblatte am Meere dahin-schwinnnt. Um die Majestät der plastisch dargestellten Götter deutlicher herauszukehren, behängt man sie mit einer Unmasse von Perlenschnuren, Armand Brustspangen, Ringen, Ohrgehängen, Stirnbändern und Gürteln, welche die sonderbarsten aber nie geschmackvolle Formen haben. Die fleischlichen Theile des Körpers sind weichlich behandelt und machen, da weder der Knochenbau noch die Muskeln angedeutet erscheinen, den Eindruck von Schlaffheit und machtloser Sinnlichkeit. Wie die Formen der Plastik sind auch die der älteren, religiösen Architektur schwer und überladen. Die indischen Grottentempel mit ihren Säulengängen, Obelisken, Gemächern, Treppen und Brücken dienen jetzt nicht mehr ihrem Zwecke und sind verachtet oder gefürchtet; in ihren Räumen, die Bevölkerungen von ganzen Städten aufnehmen könnten, wohnen jetzt Tiger und Schakale; um die riesigen Statuen des Wisch»» und (Jiva kümmern sich nunmehr bloss Schlangen, die auf ihren Köpfen nisten. Die auf der Bodenfläche erbauten Pagoden steigen pyramidenartig in Terassen an, die wahrscheinlich sinnbildlich die Abnahme der Kräfte, Wünsche und Bedürfnisse des Lebens andeuten und sieh mit einem Steinaufsatz begipfeln, der gewöhnlich die Form einer Wasserblase hat; diese deutet die Hinfälligkeit der irdischen Güter und die Nichtigkeit des Lebens an. Von imposanter Pracht ist die Pagode bei Tričcnkorc in Ilindostan ;*) die Terassen derselben, die in abnehmender Grösse übereinander stehen und zehn Stockwerke hoch sind, tragen einen reichen Schmuck von -Säulen, Nischen, Statuen, Reliefs und Thürmen; der letzte Absatz ist einem Sarkophag ähnlich, dessen Seiten die Form eines geflügelten Menschenherzens haben. Sollte dies ein Sinnbild der Andacht sein? — Derselbe schwungvolle Styl, der sich in der Aussenscite des Tempels kundgibt, soll sich auch im Innern desselben offenbaren. Zwischen schlanken Säulen und Pfeilern blicken da in schwindelnder Höhe auf die bttssenden Fakire Götterstatuen herab, über denen in der hohen Kuppel das Bild Brahmas thront. Einen poetischen Anblick gewähren auch die Pagoden von Mavalipuram auf Koromandel, welche von den Wellen *) slbgebildet in Mayers Universum, 11. Bund, 5. Lieferung. des ktisteneinwärts gedrungenen Meeres umrauscht werden. Auch sie tragen am Gipfel ihrer Terassen die Wasserblase und manche Welle schlägt zu diesem Sinnbild der Vergänglichkeit der Menschenwerke schäumend hinauf! — Die Säle und Gemächer dieser alten Königsstadt ziehen sich einige Meilen in’s Land hinein; an den Felsenwänden derselben findet man ganze Gesänge aus der Epopöe Mahabärata in Stein gehauen. Diese Reliefs sind hier wie ändern Orts mit grellen Farben tibertüncht; eine eigentliche Malerei kennen die Inder nicht. Die epische Poesie der Inder ist wie deren Plastik zumeist schwülstig; gleichwohl kann sie neben widrigem Bombast die zartesten Gleichnisse und sinnigsten Gedanken aufweisen, besonders da, wo sie rein menschliche Momente behandelt. „Selbst gegen den Feind,“ meint der Lyriker Jajaveda, „solle man Liebe üben; denn der Sandelbaum erfülle auch die Axt, welche ihn fälle, mit Wohlgeruch. Selbst gegen den Niedrigsten solle man freundlich sein, denn der Mond bescheine auch die Hütte des verachteten Chandala. —“ Überhaupt erinnert die Tiefe und Treuherzigkeit der Liebe, wie sie in den dramatischen und lyrischen Werken der Inder dargestellt erscheint, an die deutschen Minnelieder des Mittelalters. — „Wenn Damajanti*) ihren Geliebten wiedergefunden, strahlt sie wie die Nacht, wenn sich der Vollmond erhebt. Der Tugendglanz auf ihrem Gesichte blinkt wie ein schön geschliffener Diamant.“ Ähnliche zarte und bilderreiche Stellen findet man nicht selten in indischen Epen. Weil Poesie die geistigste und freieste Kunstform ist, so kann sie sich am ehesten von dem Einflüsse der religiösen Weltanschauung emancipiren und losgelöst von den Fesseln derselben zu der Region echter Schönheit emporschwingen. — Leider bildet diese Gefühlsinnigkeit der Dichter einen grellen Gegensatz zu den Verhältnissen des gesellschaftlichen Lebens der Inder. Dieses hat starre, unbiegsame Formen, denen wie der religiösen Weltanschauung der Hindu s keine Spur freier Geistigkeit eignet. Die Einheit der chinesischen Alleinherrschaft weicht hier der Theilung in mehrere selbstständige Glieder, die durch despotischen Zwang auseinander gehalten werden. Eine unbedingte Gleichheit in politischer und sozialer Beziehung ist freilich von vornherein schon deshalb unmöglich, weil die Natur selbst die Gleichstellung der Menschen nicht will, indem sie ihnen die verschiedensten geistigen Fähigkeiten verleiht und ein jedes Individuum zu einem unersetzlichen Original stempelt; durch diese Unterschiede eben wird dem Leben Reiz verliehen und die Strömungen der Ideen rege erhalten. Von diesem Standpunkt aus betrachtet hat die geistige Beschränktheit, der Irrthum und die Böswilligkeit als Kehrseite der Aufklärung und Gesinnungstüchtigkeit sowie als Kampfplatz des Fortschrittes ein gewisses Recht zu ihrem traurigen Bestände. Doch die Lebens- *) JSal und Damajanti. Aus dem Sanskrit übersetzt von Kosegarten (t$zo) von Bopp (i8?4) und Riickert fiS'^S) ■> m's Czechische übertragen von Schleicher ( 18,5 < <) und Standesunterschiede sollen sich auf dem Boden des freien persönlichen Willens entfalten; in Indien ist jedoch von einer solchen vernünftigen Freiheit der menschlichen Beschäftigungen keine Spur vorhanden, da die Geburt allein den Stand bestimmt, dem man im Leben angehören soll und muss. Die Pflichten und Rechte der Kasten haben nichts gemein mit dem Wesen echter Sittlichkeit. Diess beweist auch die unbedingte Nichtachtung, welche die Hindu s für das Leben überhaupt haben, da sie in demselben keine sittlichen Zwecke zu erreichen streben. Deshalb geben indische Frauen ihre Kinder den Sonnenstrahlen preis, damit sie verschmachten, oder werfen sie in die Finthen des Ganges, damit sie desto eher das Ziel des Lebens, die Auflösung in Nichts, erreichen. Nach Mittheilungen von Hackwood’s Magazine für 1858 unterhalten sich büssende Fakire bei den religiösen Festen in Kaneipuram damit, dass sie tanzend und singend brennende Fackeln an ihrer Brust auslöschen, oder sich mit abwärts gekehrtem Kopfe beerdigen lassen ; auch strecken sie sich auf dem Boden aus und verbergen ihr Gesicht unter einer Larve von feuchter Erde, in die sie zuvor einige Senfkörner gesäet hatten und verharren ohne Speise und Trank, ausgesetzt der Hitze des Tages und der Kühle der Nacht, so lange in dieser peinlichen Stellung, bis die Senfkörner aufgehen, was gewöhnlich erst am vierten Tage geschieht. Andere Büsser lassen sich mittels eiserner Haken, die an Seilen befestigt sind, zu einer erschreckenden Höhe hinaufziehen und mit reissender Geschwindigkeit herumdrehen. In dieser nicht sehr anmuthigen Lage rauchen sie gemächlich und werfen dem unten zusehenden Volke Blumen zu. Doch geschieht es oft, dass sie herabstürzen und sich zerschmettern. Auch die Bewerber um die Brami neu würde, die Jogi’s, unterziehen sich den ausgesuchtesten, gewöhnlich mit dem Tode schliessenden Qualen mit einer Entschlossenheit und Willensfestigkeit, die eines besseren Gegenstandes würdig wäre. — Für alte gebrechliche Affen und nervenschwache Kühe sind in Indien Hospitäler errichtet, während kranken Menschen mit heiligem Gangesschlamm Mund und Nase verstopft werden, damit sie sich der Vereinigung mit Brahm eher erfreuen könnten. Es kann nun bei dieser Verkehrtheit der Ansichten über des menschlichen Lebens Werth nicht befremden, dass die Hindus, denen tiberdiess die Religion gänzliche Unthätigkeit gebiethet, keine ältere Geschichte haben; — alles Geschehene verflüchtigt bei ihnen zu verworrenen Träumen, wie überhaupt von keinem ändern Volke das Sprichwort: „Das Leben ein Traum“ so unfigürlich gelten kann, als eben von den Indern. Nach ihren Aufzeichnungen lebte so mancher König der alten Hindus die Kleinigkeit von 20.000 Jahren, zog sich hierauf in die Einsamkeit zurück und regierte dann abermals die Bagatelle von 70.000 Jahren. In ähnlichem Style ist nun ihre ganze alte Geschichte gehalten. Da in Indien der freie subjective Wille fehlt, so kann sich der Staat und mit. diesem die Geschichte nicht entwickeln. Die sittliche Bildung der Hindus steht jetzt auf derselben Stufe wie vor 2500 Jahren ; — dies ist der Fluch einer das Wesen des Geistes verkennenden religiösen Welt- und Lebensanschauung. Etwa 600 Jahre v. Ch. entwickelte sich aus dem Brahmaismus, dessen Wesen wir soeben geschildert, der Buddhismus, dessen StifterSakya, der Abkömmling eines indischen Königsgeschlechtes ist. Nach den Lehren desselben sind Gott und Natur Eins, indem die sichtbare und unsichtbare Welt nur verschiedene Offenbarungen eines und desselben Wesens sind. Dieses ist keine Person, sondern das Sein für sich, welches von Ewigkeit her besteht und zwei verschiedene Zustände hat, den der Ruhe und Thätigkeit. Die Ruhe ist der seligste Zustand der Gottheit; die in Thätigkeit tibergegangenen Kräfte derselben aber sind die Natur und die Welt, welche stets nach jener Ruhse-ligkeit streben. Diese erlangen aber die Wesen der Welt nur durch fortgesetzte Wanderungen aus Körpern niederer Art in höhere, bis sie endlich in einen Menschenkörper kommen ; aus diesem kehren sie allmählig in das Ur-sein und dessen ewige Ruhe zurück. Der Name Buddhismus selbst kommt nach Bopps Glossarium sanscritum von Buddha: der Weise, Gelehrte, geistig Erwachte (slav. buditi). Die Buddha s, die alle menschlichen Vorzüge in sich vereinen , werden von Zeit zu Zeit geboren und geben die sittlichen Gesetze, deren höchstes die forschende Betrachtung der Weltordnung und die Unabhängigkeit von äusseren Dingen ist. Die in Tlibet und der Mongolei wohnenden Buddhisten glauben an die Menschwerdung des abstracten Weltgeistes Awalokiteswara und des Mand-schusri, des Schöpfers der Materie, in der Person des Dalai-Lama. Gleich nach dem Tode des Letzteren, dessen Name (einer Abhandlung des berühmten Sinologen Prof. Neumann zufolge) soviel als „Weltmeer der Vortrefflichkeit“ bedeutet, erscheinen die Weltgeister wieder in Kindesgestalt auf Erden und bevor diese Kinderpatriarchen heranwachsen, führt der priesterliche Hofstaat des Dalai-Lama die vormundschaftliche Regierung. Neben diesen beiden „Weltmeeren der Vortrefflichkeit“ gibt es für die Buddhisten noch andere unsterbliche Götter auf Erden, wie die Tipa’s, die eine Art Hausmaier der Dalai-Lamas sind. Bei der Wichtigkeit, die ein solcher menschgewordene Weltgeist auf die Bewohner von TUbet und der Mongolei hat, muss man es begreiflich finden, dass die Regierung zu Peking den grössten Einfluss auf die Wiedergeburt derselben nimmt. Von den vielen Klassen metaphysischer Wesen, mit denen die Phantasie der Budha’s d. i. der Weltweisen das Jenseits bevölkerte, heben wir die guten Geister des Himmels hervor, welche sich aller Vorstellungen, aller Unterschiede der Bilder von den mannigfaltigen Dingen entäussem, Freud und Leid in sich vernichten. Andere Geister haben das Erkcnntnissvermögen und ihren Willen durchaus gereinigt und sehen die Dinge, wie sic an sich sind, nicht wie sic erscheinen.*) *) S. Zur Geschichte des Buddhismus von Dr, F. Spiegel. Ausland 1846, Die Buddhisten, die ausser den genannten Ländern auch Hinterindien, Ceylon und Java bewohnen, verehren mehr als ihre Götter den Religionsstifter Sakya und dessen Reliquien. Die bedeutenderen hievon sind: ein Topf, in welchem Sakya sein erbetteltes Essen trug, die heiligen Bäume (ficus indica), unter denen er sass, als er Buddha wurde, ein Zahn, eine Haarlocke von seinem geweihten Haupte etc. Der Inhalt der heiligen Bücher der Buddhisten ist in Europa nicht näher bekannt; nach Körös (t 1842) machen sie eine ganze Bibliothek aus, denn sie zählen 437 Bände. Bekannter sind wir mit den buddhistischen Kunstdenkmälern , von denen sich die bedeutendsten auf Ceylon und Java vorfinden, und in Bezug auf den geistigen Stoff, den sie behandeln, die Kunstobjecte des Brahmaismus an Werth weit tibertreffen. In der alten Königsstadt Anuradsehpura auf Ceylon befinden sich sieben grosse Buddhatempel mit reichverzierten Obelisken, schlanken Steinpfeilern und reichem Sculpturschmuck, — nebst vielen kleineren Tempeln, den sogenannten Dagops; diese sind öffnungslose steinerne Gebäude mit Kuppeln — zumeist von durchaus compacter Masse, wie fllr die Ewigkeit errichtete Sinnbilder des Sünya, der die Weltaus-tlillenden Wirklichkeit. — Die Statuen des Buddha haben gewöhnlich riesige Dimmensionen; sie stellen ihn sehr oft in der Lage eines Schlafenden dar, dessen Haupt auf dem rechten Arme und dessen Leib auf einem Throne von Lotosblättern ruht. Es verbildlicht diese Stellung jene obenerwähnte genussreiche Ruhe der Weltbetrachtung. Oberst Campbell*) beschreibt eine dreissig Fuss hohe Statue Buddha s, die er in Dambal gesehen und behauptet, dass dessen edles Gesicht den Ausdruck von Milde und Gute habe. In Hinterindien fand der englische Arzt Impey 1846 eine sechzig Fuss hohe, aus Felsen gehauene Statue Buddha’s und rühmt gleichfalls von derselben die ruhige Milde des Gesichts. Es erweist dieser Zug — den vielköpfigen Götterstatuen des Brahmaismus gegenüber einen offenbaren Fortschritt, da an denselben ein geistiger Gesichtsausdruck nicht gerühmt werden kann. An den Wänden der Tempel zu Belligam (auf Ceylon) und den zu ihnen führenden Gängen findet man Reliefs und Gemälde, welche die Lebensgeschichte Sakya’s, des Buddha’s par excellence, zum Gegenstände haben. Sie werden besonders wegen der Naivetät ihrer Composition gepriesen; auf einem der Wandgemälde wird die Geburt Sakya’s, auf anderen dessen jugendliche Abenteuer dargestellt, welche an Jupiters mythologische Unterhaltungen oder an die famosen Jagdbelustigungen des indischen Gottes Kischen auf den Gefilden des Muttra erinnern. Auf einer Freske erblickt man Buddha ganz ungöttlich aus einer Schatulle Geld — stehlen und unter die Umstehenden vertheilen, indes« ein alter Mann mit einem grossen Schlüssel in der Hand vorsichtig lierbei-sehleicht. Prozessionen, Vorbereitungen zu Festen, blumeustreuende und tanzende Mädchen, Hirten bei ihren Schafen, Fischer in ihren Kähnen sind der *) In dessen: „Excursions, Adventures and Fie/d Sports in Ceylon. Calcutta >844." Stoff anderer Wandgemälde.*) Überhaupt gesteht die Kunst der Buddhisten auch dem Realismus des Lebens, — neben dem Göttlichen auch dem Menschlichen die Berechtigung der bildlichen Darstellung zu, — ein Zug, den man bei der Kunst des Brahmaismus gleichfalls vermisst. Das Vernünftige dieser Duldung drückt sich auch in dem Umstande aus, dass die Buddhisten das Schroffe des brahmanischen Kastenwesens nicht kennen, indem ihre Priester aus der Mitte des Volkes gewählt werden. Ein gelehrter Buddhist sagt in dieser Beziehung ebenso naiv als treffend: „Der Fuss eines Tigers ist sehr wohl von dem eines Elephanten zu unterscheiden und der eines Eleplianten wieder von dem eines Menschen ; Niemand wird aber angeben können, wodurch sich der Fuss eines Brahmanen von dem eines Sudra’s (Dieners) unterscheide.“ Die Reliefs des prachtvollen Tempels von Maharaja-Vihara stellen Szenen aus der Geschichte Ceylon’s, namentlich die Thaten Gamani’s des Ersten vor und sollen nicht ohne Talent gearbeitet sein. Ebenso findet man auf dieser Insel häufig Statuen von Fürsten, die sich durch ihre Sorge für das Volkswohl oder durch Tapferkeit ausgezeichnet haben. In Indien treffen wir schon dess-halb nichts Ähnliches an, weil nach den dort waltenden Sittlichkeitsgesetzen diejenigen Fürsten die besten waren, die so wenig als möglich für sich und das Volk thaten. Über die Kunstdenkmale der Sundaiusel Java enthält, eine Reisebeschreibung von Raffles Illustrationen, die einen fast märchenhaften Zauber auf den Betrachtenden ausüben;— sie stellen die Ruinen des noch jetzt im glänzenden Farbenschmucke prangenden Tempels von Brambanan sowie Statuen und Reliefs nach Motiven aus der buddhistischen und brahmanischen Religion vor, die von Schlingpflanzen umrankt, sieh sehr malerisch ausnehmen. Ferner machen sie uns mit dem grossartigen Tempel zu Boro-Budo bekannt, der eine pyramidale Anlage hat und in sechs Absätzen emporsteigt, die reich mit figurenbesetzten Nischen und üagops geschmückt sind. Schliesslich führen uns Raffles’ Stiche einen Wald bei Singasari vor, in welchem imposante, mit Bildwerken bedeckte Trümmer einer Pagode liegen, über dessen (30‘ hohem) Eingänge ein ungeheueres Gorgonenhaupt eingehauen ist. Man sieht da bald eine Statue der Götter Brahma und Wischuu, bald den heiligen Stier, einen Buddha oder einen bekränzten, auf einem ungeheueren Büffel reitenden Indra. Dort erblickt man an einen uralten Baum gelehnt eine Statue mit vier Köpfen, da eine herrliche Figur des Mahadewa (Qiwa, wörtlich: grösser Gott) mit dem Dreizack, einen Sonnenwagen mit sieben Rossen oder ein in Stein gehauenes von Blumen eingerahmtes Schlachtbild. Ein grösser Theil dieser Sculpturen zeichnet sich durch wirklichen Formenadel, durch eine grosse Feinheit und Reinheit der Linien aus, so dass man fast daran glauben könnte, Java sei einst zum Ziel einer Argonautenfahrt von griechischen Künstlern gewählt worden. Man kann sich in der That der Achtung für ein Volk nicht erwehren, das seine religiöse Begeisterung durch eine solche Fülle von Kunstwerken ge- *) Nach: „Asiatic Researches, vol. IX. >84,?." offenbart. Unsere praktische prosaische Zeit verliert nachgerade das Verständ-niss für dieses schwungvolle Beten der künstlerischen Phantasie, das im Occidente durch das Christenthum den edelsten, innigsten und reinsten Ausdruck erhalten hat. — VI. Die wirklichen und scheinbaren Gegensätze in der Natur, die den Menschen bald in zarter Sorgfalt mit Geschenken überhäuft, bald wie in stiefmütterlichem Groll sich um dessen Wohlfahrt nicht sonderlich kümmert, lieferten den Grundton zu der Religion der Perser. Der Zendavesta enthält deshalb einen Fortschritt gegen die Veda’s und den Buddhismus, weil er an den physischen Dualismus auch den sittlichen anscliliesst und den Dienern des Ormuzd*) zur Pflicht macht, nicht nur das physisch Schädliche und Unreine zu vertilgen, sondern auch das sittlich Verwerfliche zu hassen und das Gesinnungsreine, Gemeinnützige zu lieben ; —sie will, dass der Mensch das Leben zum Handeln benütze und misst seinen Werth nach sittlichen Thaten. Im Vendidad (dem wichtigsten Abschnitt des Zendavesta) wird der Umstand betont, dass Ormuzd das Walten seines Gegners Ahriman aus ethischer Begeisterung zugclassen habe, auf dass die Tugend von den Menschen frei bethätigt werden könne. Doch bestehe der Kampf zwischen den Verwesern im Reiche des Lichtes und der Finsterniss nicht ewig; Ahriman werde untergehen und nach seinem Fall „Ein Leben, Ein Staat, Eine Sprache**) die Gesammtheit der glückseligen Menschen vereinigen.“ Dem Ormuzd stehen sieben Amschaspand’s zur Seite, es sind dies die Genien der Milde, Liebe, Wahrheit, Gerechtigkeit, Weisheit, des Reichthums und der belohnenden Freude; — ihnen untergeordnet sind die Ized’s, welche filr Elementargeister und Städtebeschützer gelten. Gott Mithra, die zwischen dem Guten und Bösen vermittelnde Liebe (später Genius der Sonne) bildet keinen organischen Theil der Ormuzdreligion, sondern wurde von Nachbarvölkern in dieselbe hineingetragen, als das Verlangen nach einer wahrhaft beglückenden Religion ungestümer, die Sehnsucht nach Versöhnung der käm-pfenden Gegensätze im Bewusstsein des Menschen mächtiger geworden war. Oeshalb fand der Mithrasdienst in der Kaiserzeit bei den Römern so lebhaften Anklang, die sich bekanntlich aus allen, ihnen unterworfenen und bekannten Ländern Götter zusammensuchten, um dieses Bedürfniss der Beruhigung, (les Trostes für ihr genussmüdes, schuldgedrücktes Innere zu befriedigen. *) nOrmuzd“ nach E. Burnouf in der Pehlvisprache aus dem Zendworte : „Ahura-Mazda“ zusammengezogen. ) Ber Geist des Christenthums hat eine solche allgemein verständliche Sprache geschaffen -— die kirchliche Musik', — sie ist eine Spra-che, die alle Herzen verstehen. An die Ideen Platons gemahnen die Ferwer’s des Zendavesta, welche die Urbilder, Grundformen aller Wesen, Ormuzd mitbegriffen, — und die Schutzgeister der Menschen sind. (Nach Anquétil du Perron, dem ersten Übersetzer der heiligen Bücher der Perser wäre Zemane Akerene, die ungeschaffene grenzenlose Zeit der neutrale Boden des Kampfes zwischen Ormuzd und Ahriman, die unbegriffene Macht, die Uber beiden herrscht und die schliesslich Ormuzd siegen lässt; doch behaupten in jüngster Zeit der dänische Sprachforscher Bask und der Münchner Professor J. Müller, dass Zeruane Akerene bloss der Gott einer Sekte und dessen Bedeutung von Anquétil gänzlich missverstanden worden sei.) Aus dem Gesagten erhellt, dass die persische Religion ebenso reich au Abstractionen als arm an Poesie, an Mythen sei, welche die Phantasie des Künstlers zum Schaffen anregen könnten. Einzelne Stellen des Zendavesta sind zwar recht sinnig z. B. die Hymne: „Ich rühme hoch die Sonne, die nicht stirbt, Glanz blitzt und läuft wie ein Held! — 0 dass ich sei wie dieses Licht, hocherhaben in den Höhen!“ — Doch sind dies vereinzelte Gedanken und je zarter diese sind, desto auffallender ist die sonstige Prosa in Zo-roaster’s „lebendigem Wort“ sowie die Härte der Strafbestimmungen des Ven-didad, welcher z. B. schon das Aufschrecken oder Verfolgen einer Hündin besonders dann als Tanafur d. h. für eine Todsünde erklärt, wenn die unschuldig Verfolgte — in ein Loch fällt.*) Die Kunst hat mit dem Gegensätze des Guten und Bösen nichts zu thun, ebensowenig mit dem Verhältnisse des Nützlichen und Schädlichen ; auf diesem praktischen , trockenen Boden gedeihen die poetischen Blüthen der Schönheit nicht. Einflussreicher als die Religion waren die politischen Verhältnisse aut die Entwicklung der Kunst in Persien. Die Priester waren hier nicht wie in Indien der erste und mächtigste Stand, denn sie erklärten selbst (nach Herodot) dem sie Uber seine Machtvollkommenheit befragenden Kambyses, dass ein Gesetz bestehe, dem zufolge der Wille des Königs unbeschränkt sei. Nach der Lehre Zoroasters ist das Leben nichts als ein beständiger Kampf im Dienste des Guten gegen das Böse und die Bemühungen der Kämpfenden können nur dann von einem guten Erfolg gekrönt werden, wenn ihr Wille sich E i-nem Befehlenden unterordnet, der als selbstherrlicher Stellvertreter Ormuzd’s entscheidet, was gut oder böse sei. Diese religiöse Anschauung begründete auch die Allgewalt der persischen Despoten und veranlasste die strengen Formen der Sitten an ihrem Hofe, von denen uns die Reliefs von Persepolis und Pasargada* ein treues Bild geben; — sie beeinflusste also auf diesem Wege mittelbar die Kunst. *) Sieh: „Zoroasters lebendiges IVurt oder Zendavesta. IS ach dem Franto-sischen des Anqudtil du Pdrron von J. Fr. Kleuker. Riga , 756 “ Recht bezeichnend für den Geist, der die altpersiche Kunst durchdringt, ist wohl jenes in einem Saale von Persepolis befindliche Relief, welches einen König darstellt, der mit dem äusseren Apparat der Herrscherwürde, bei dem der goldene Fussschemmel nicht fehlt, einem Gesandten bedeutend imponirt; dieser nähert sich ihm mit der Hand am Munde, damit sein Athem die Nase des Herrschers nicht belästige. Dass sich übrigens die persischen Despoten ihrer souveränen Würde bewusst waren, beweist auch eine Widmungsinschrift auf den Ruinen von Persepolis, die so lautet: „Ich errichte dieses, ich Xerxes, der grosse König, der König der Könige, der König der gehorsamen Völker“ etc. Die Denkmäler der altpersischen Bildnerei zeigen es deutlich, dass diese mehr eine Verherrlichung der Könige als der Götter war. In dem prächtigen Palast von Persepolis, der nach jüngst entzifferten Keilinschriften — von Darius Hystaspes, Xerxes und Artaxerxes Ochus erbaut ist, finden sich zu beiden Seiten der breiten schönen Marmortreppe Sculpturen, deren Hauptgegenstand die Person des Königs und die ihm dargebrachten Huldigungen sind. Auf einem dieser plastischen Bilder sieht man den König von sieben Speer trägem umgeben, die ohne Zweifel an die sieben Amschaspands, die garde d' honneur Ormuzds erinnern sollen, da der König sich für den irdischen Statthalter des Lichtgottes hielt ; — es machen ihm soeben die Gesandten von zwanzig Völkern, von Stabträgern eingeführt, ihre Aufwartung und geben ihrem Hnterthanengefühle durch mannigfaltige Geschenke Ausdruck, die mit kostbaren Vasen beginnen und mit Dromedaren aufhören. Auf anderen Reliefs wieder sind gefesselte Rebellen dargestellt, denen Se. Majestät den Fuss auf den Nacken stellt, — oder Jagden, die der König mit einem zahlreichen Hofgefolge hält.*) In den Gewölben dieser herrlichen Palastruine, in denen vor mehr als 2000 Jahren Könige über das Geschick von Völkern Beschlüsse fass, ten, wohnen jetzt gemüthliche Familien von Stachelschweinen. Auch eine ironische Laune des Schicksals ! — Bode beschreibt in seinem Werke: „Luristan et Arabistan“ mehrere Felsengräber von persischen Königen, die mit Sculpturen bedeckt sind; in diesen kehren sich nun mehrfache Beziehungen der Religion zur Kunst heraus. Über einem mit Stierbildern und Sphinxen geschmückten Sarkophag zu Persepolis soll sich, um nur Ein Beispiel anzuführen, eine doppelte Reihe von vierzehn menschlichen Figuren befinden, in deren Mitte der Mobed oder Hohepriester mit einem Bogen in der Hand steht. Vor ihm erhebt sich der Feueraltar und darüber schwebt eine geflügelte Figur, welche den Ferwer oder Schutzgeist des hingeschiedenen Königs vorstellt. Hoch oben auf der Felsenwand erblickt man en relief den Sonnenball, das Sinnbild des Lichtgottes Ormuzd. — *) Nach : „Mt/rnuirc sur les diverses Antiquitds de la Perse par Silvestre Sagy. Paris 1536.“ Symbole welche den Kampf des guten und bösen Prinzips andeuten, finden sich auf persischen Baudenkmälern nicht selten vor. An den vier Seiteneingängen eines Audienzsaales zu Pasargadse wird der König als Kämpfer für die Sache des Lichtes dargestellt; er ringt mit fabelhaften Thieren, die in treffender Weise das Wilde, Rohe, Böse versinnbildlichen; unter diesen Symbolen befindet sich der Greif mit Löwenklauen und Adlerflügeln, dann die Zusammensetzung von einem Wolfsrachen, Vogelleibe und Löwentatzen. Fast überall jedoch, wo die Sculptur Mahnungen an die religiöse Weltanschauung enthält, — tritt die Verherrlichung der königlichen Machtvollkommenheit in den Vordergrund, die sich in einem von Ker Porter entdeckten Reliefportrait von Cyrus sogar zu einer Art Apotheose aufschwingt, da auf demselben dieser König mit vier mächtigen, den Schultern entwachsenen Flügeln dargestellt wird. Die häufig vorkommenden Ferwers schweben nur über königlichen Häuptern und halten Uber ihnen die Krone. Die Denkmäler der altpersischen Bildnerei tragen, obgleich sie technische Gewandtheit, Studium der Natur und selbst zuweilen Geschmack bekunden, weshalb sie der indischen Kunst auch weit überlegen sind, — keineswegs das Gepräge echter Schönheit und reiner Begeisterung. Die Kunst darf nicht dem Despotismus dienen und schmeicheln oder steife Ceremonien zum Gegenstände ihrer Darstellung wählen, wenn sie geistig grosse Werke schaffen will ; sie soll keinen anderen Ehrgeiz haben, als den, von verständnissinnigen Seelen begriffen und genossen zu werden und darf sich keiner anderen Macht verdingen als jener der freien Geistigkeit! — VII. Die innige Vermählung der Religion und Kunst zeigen besonders die vor wenigen Jahren zu Khorsabad, Nimrud und Kujunčik enthüllten Denkmäler der assyrischen Architektur und Bildnerei. Über die religiösen Anschauungen der alten Babylonier und Assyrier war man bis zu den glücklichen Funden des französischen Consuls Botta und Lord Layards sehr im Unklaren. Man wusste nur, dass sie die Gestirne anbeten, die Fruchtbarkeit der Erde und Heroen vergöttlichen. Die Namen Bel, Baltis, Mylitta und Moloch waren die einzigen Schlagwörter der assyrischen Götterkunde. Die grosse Anzahl von Reliefs und Statuen jedoch, die im letzten Decennium aus 2000jährigcm Schutte herausgegraben wurden und zu Paris und London den Grund zu grossartigen Museen legten, beleuchten allmählig das Pantheon der alten Bewohner der Eufrat- und Tigrisebene. Die Kunst ist hier somit ein Document, das uns mit einer verschollenen Religion näher bekannt macht. So wurde in den plastischen Wandbildern von Kujunčik die Figur der muthmasslichcn Urgottheit der Assyrier, Nesrok, mit dem Adlerkopfe und dem geflügelten Menschenlcibe gefunden.*) Auf einem ändern Basrelief (das sich *) Nach einer Abhandlung vun Saucy in der Revue de deux Mondes. November 184/- im Louvre befindet) erscheint der Fischgott Dagon mit einem Schuppengewand und eine Gottheit mit vier Fitigeln, einer dreihömigen, liliengeschmtickten Tiara, einem Fichtenzapfen in der Einen und einem Wassergefäss in der ändern Hand, was wohl auf die beiden Elemente Feuer und Wasser hinweisen mag. Andere in Khorsabad gefundene geflügelte Gestalten halten Körbchen, Getreideähren oder Waldthiere in der Hand. Aneli fand man daselbst kunstvoll gemeisselte Stiermenschen, sowie angekettete Löwen von Bronze, die mit bewunderungswerther Naturwahrheit ausgeführt sind und wahrscheinlich die gefesselte Kraft des bösen Prinzips verbildlichen im Gegensätze zu der freien Entfaltung der guten Lebensmächte, die in den ausgebreiteten Flügeln der Stiermenschen versinnlicht sein dürften. Auch sieht man häufig Anklänge an die religiösen Ansichten der Perser in den assyrischen Reliefs dargestellt; so z. li. den Kampf eines geflügelten Helden mit einem Adlerlöwen oder die in der Luft schwebenden Gestalten, die wir auf persischen Kunstdenkmälern als Ferwers kennen lernten. — Den Abbildungen der assyrischen Kunstalter-thtimer zufolge drückt sich in den Köpfen der Göttergestalten und selbst, der Stiermenschen eine gewisse Milde und jenes ruhige Lächeln aus, das man in der ältesten griechischen Sculptur wahrnimmt. Die Urtheile und Muthmassungen über die Religion der Assyrier, welche durch die Bekanntschaft mit deren Kunstwerken angeregt werden, gewinnen nun auch von Seite der Sprachforschung einen festen Untergrund. Im Februar 1858 ist es nämlich den vereinten Bemühungen des Obersten Rawlinson und der Gelehrten W. H. Fox, Talbot, Dr. llinks und Prof. Oppert gelungen, einen mit Keilbuchstaben beschriebenen Cylinder aus der Zeit Tigleth Pilesers I. (1120 v. Chr.) zu entziffern, demzufolge Asschur die höchste assyrische Gottheit wäre. Mit zwei anderen Götternamen macht uns die Inschritt eines Thon-gefässes bekannt, deren Entzifferung Oppert im „Journal Asiatic“ mitgetheilt hat. Nabuchodonosor spricht darin die Götter Nebo und Merodach an; den erstereu nennt er „den sich selbst Gebärenden, die höchste Allwissenheit, den Überwacher der Legionen im Himmel und auf Erden, den Gebiether, der Merodach erhebt;“ den Letzteren hält Oppert für einen assyrischen Nationalgott. Auch erfahren wir aus dieser werthvollen Inschrift, dass König Borsippa einen Tempel den sieben Lichtern (Gestirnen) der Erde geweiht habe. — Es kann nicht bezweifelt werden, dass fortgesetzte Forschungen auf dem Gebiete der assyrischen Geschichte, deren auf Stein und gebrannter Erde geschriebene Actenstlicke noch immer in beträchtlicher Anzahl aus einem eigenthtimlichen Archiv, dem Schutthaufen des alten Niniveh und Babylon, — hervorgeholt werden, die genaue Kenntniss des altassyrischen Göttersystems ermöglichen und die Culturgeschichte um einen anziehenden Abschnitt bereichern werde. Die Kunst diente in Assyrien wie in Persien nicht allein den Göttern sondern auch den Königen, die sich, wie die von Oppert erklärte Keilinschrift darthut, neben anderen schmeichelhaften Titeln auch den bescheidenen „der Statthalter der Gottheit“ beilegten. Die Reliefs in dem von Botta entdeckten und von dem Maler Eng. Flaudin in der „Revue de deux mondes, Juni 1848“ beschriebenen Palaste von Khorsabad sind eine in Stein gehauene Reichsge- schichte ; es erscheint da mit kunstgewandtem Meissei dasjenige ausgeführt, was unsere Zeit nur mit dem Pinsel darzustellen wagt, nämlich die Üeber-lieferung der Grossthaten einer Nation an die Nachwelt. Der König als der geistige Leiter des Volkes bildet den vorzugsweisen Gegenstand der Darstellung, — er ist an seiner riesigen, die plebejische Menge überragenden Gestalt und an seiner prächtigen Kleidung, namentlich dem purpurnen, mit eingestreuten Goldrosetten geschmückten Mantel erkennbar. Das Emblem der Herrschermacht, ein Sonnenschirm, wird stets von Eunuchen Uber seinem Kopfe gehalten. Wir sehen ihn bald als Feldherrn, der im offenen Gefilde den Feind besteht oder ihn in einer befestigten Stadt durch Kriegsmaschinen hart bedrängt, bald als mächtigen Gebieter, dem die Abgesandten zinspflichtiger Völker Wild, Blumen, Früchte oder Metalle überreichen, — bald als Triumphator, den Sänger, Harfenspieler und Flötenbläser feiern und Gefangene mit verzweiflungsvoller Geberde begleiten. Auch Jagdszenen stellen die assyrischen Sculpturen dar, denen der König mit der Friedensblume in der Hand anwohnt ; das Wild ist auf denselben so sorgfältig abgebildet, dass man das Rebhuhn, den Falken und Hasen ganz leicht erkennen soll. Eigenthüm-lich ist es, dass man bei dem Figurenreichthum dieser gemeisselten Reichsannalen keine einzige Frauengestalt erblickt. Die Assyrier hatten wahrscheinlich ihre Damen den Blicken der Welt ebenso eifersüchtig entzogen wie die jetzigen Orientalen. Dieselbe Aufmerksamkeit, welche die Kunst des Buddhismus dem Realismus des Lebens zukehrt, finden wir auch in manchen assyrischen Sculpturen ausgedrückt; die Gegenstände derselben sind nämlich gewerbliche Beschäftigungen wie z. B. das Brechen von Steinblöcken, der Bau eines Palastes, die Aufstellung einer Riesenstatue u. a. m. Diese Eigenschaft , die einen vor urtheilsfreien Blick für die Bedeutung der praktischen Lebensseiten voraussetzt, tritt in der persischen Kunst nicht zum Vorschein. Man schreibt der Gunst des Klimas und der regen Phantasie eines Volkes den wohlthuendstcn Einfluss auf die Kunstentfaltung zu. Beide Momente finden wir bei den Indern viel vortheilhafter entwickelt als bei den Bewohnern des assyrischen Flachlandes und doch stehen jene diesen in Bezug auf Formadel, Kunstgewandtheit und Naturwahrheit bedeutend nach. Wo die Ursache? — Gewiss liegt sie in dem freieren sittlichen Bewusstsein des assyrischen Volkes, das sich in praktischen Thaten bekundete und eine Geschichte begründete, während die alten Inder in ihrem sittlichen Nihilismus, ihrer That-losigkeit und Traumseligkeit ohne Geschichte blieben. — VIII. Die altägyptischen Baudenkmale zeigen so recht deutlich die geweihte Bedeutung der Kunst; das Volk, das sie errichtet, ist längst vom Schauplatze der Geschichte verschwunden, und an seine Existenz erinnern eben nur die prächtigen Tempel und grossartigen Paläste, an denen es Jahrhunderte ge- baut hat, um sie als ein Vermächtniss seiner religiösen und Kunstbegeisterung der Nachwelt zu Uberweisen. Der Glaube an die Seelenwanderung, der bei den alten Ägyptern so tief wurzelte, gewinnt beim Betrachten dieser Bauten eine eigentümliche Bedeutung; es ist gewissermaßen der Geist dieses kunstgewandten Volkes in denselben gebannt; sie sind seine unvergängliche Wohnung, seine Unsterblichkeit! Die Ansichten der Ägypter Uber Welt und Leben, ihre Sehnsucht nach Erkenntniss der Wahrheit, welche sich eben in ihrer Metaphysik : der Religion ausdrUckt, die Kämpfe und Siege ihrer Könige, selbst ihre Beschäftigungen in Haus und Werkstätte finden wir in ihren plastischen Werken getreu verbildlicht. Die Göttergestalten der Ägypter tragen ein rätselhaftes Gepräge, weil der Geist, der sie schuf, sich selbst noch ein Rätsel war. Auch bei den alten Nilbewohnern hat er nach Selbsterkenntniss gerungen, erreichte dieselbe jedoch eben so wenig, als in der indischen Mythe Brahm, der bekanntlich durch ein ganzes Weltenalter vergebens die nähere Bekanntschaft mit seinem eigenen Wesen zu machen bemüht war. Der menschliche Geist erhebt sich auch da nicht liber die bewusstlose Lebenskraft der Natur und stellt sich derselben gleich. Dies erhellt aus der wichtigen Rolle, welche Thiergestalten in der ägyptischen Mythologie und Kunst spielen und dem Glauben an die Seelenwanderung.*) Der naive, nach Verständniss von Welt und Leben sich sehnende Sinn der Ägypter fand für das Geheimniss der Gottheit einen Anhalts-punct in dem geheimnisvollen Wesen der Thiere; — da er bei manchen die Schärfe der Sinnesorgane und die physische Kraft höher, entwickelter fand, als bei den Menschen, so vermeinte er die Thiere selbst für höhere Wesen halten zu sollen. Diesen wurden nun (wie dem Stiere Apis**) als Göttern besondere Aufmerksamkeiten erwiesen, oder sie wurden wenigstens als Symbole bei bildlichen Darstellungen übernatürlicher Wesen benutzt. Dass in Ägypten der menschliche Geist für nichts Anderes als für die Lebenskraft gehalten wurde, beweist weiter der Glaube an die Wanderungen desselben durch Lhierleiher; diese hatte er zu beleben, bis er nach einem Zeiträume von 3000 Jahren die Wiedervermählung mit dem Leibe hoffen konnte, der inzwischen oinbalsamirt seines früheren Gebieters harrte. „Es komme die Seele“ — lau- *) Merkwürdig ist in dieser Beziehung ein Ausspruch des italienischen Theo-sophen Giordano Bruno: „IVenn uns jetzt schon“ — sagt er, — „die Gesichter verschiedener Leute an Pferde, Hunde, Schweine erinnern, so ist dies ein Nachklang ihres vorhergegangenen oder eine Hindeutung auf ihren künftigen Stand.“ **) Der Stier Apis galt für den Vertreter des Osiris auf Erden ; er hatte einen prächtigen Tempel zu Memphis, trug kostbare Halsbänder, wurde aus goldenen Gefässen gespeist, weissagte durch Ktirperwendungen, Verschmä-hung oder Annahme von Futter; — ein zahlreiches Priestercollegium bediente ihn mit andächtigem Respcct und sorgte auch dafür, dass der gehörnte Osirisstellvertretcr nicht die Langeweile des Alleinseins erfahre. tet die rührende Aufschrift eines in Dresden befindlichen Mumiensarges, welche das Ebengesagte bestätigt. Diese Aussicht auf eine Wiederbelebung des persönlichen Bewusstseins unterscheidet den ägyptischen Seelenwanderungsglauben von dem indischen; dieser sieht die Wanderung der vom Leibe losgelösten Seele fiir eine Strafe an, da sie für unredliche Lebensthaten sogar Griftschwämme, Disteln, Dorngestrüpp und aasfressende Thiere beleben muss, bis sie von diesem Ungemach durch die schliessliche Auflösung im absoluten Nichts errettet wird.*) Die Ägypter machten die Wiedervereinigung der Seele mit dem Körper von der Erhaltung der Leiche und diese von dem rechtlichen Leben des Verstorbenen abhängig. Bekanntlich untersuchte ein eigenes Todtengericht die Handlungen des Verschiedenen und bestimmte, ob er des Begräbnisses werth sei oder nicht. Es wurde also die tröstliche Aussicht auf das Wiedererwachen des persönlichen Bewusstseins durch die sittliche Würde des Menschen bedingt, eine Ansicht, welche die ägyptische Lebensanschauung auf Eine Linie mit der persischen und hoch über die indische stellt; denn diese empfiehlt das süsse Nichtstlmn, während die ägyptische den Werth des Lebens durch den Werth der Thaten bestimmen lässt. Dass namentlich die Könige darnach strebten, das Andenken an ihr Dasein durch Grossthaten zu erhalten und zu verherrlichen, beweisen die meisten Tempel, die nicht blos zur Ehre der Götter, sondern auch zur Ehre ihrer Erbauer errichtet wurden, wie aus den Aufschriften derselben unzweideutig hervorgeht. Auf einem Tempel zu El-Assasif z. B. befindet sich die Aufschrift: „Aroeris, der königliche Herr, der Wahrheit ergebene Sonne, hat zu Ehren seines Vaters Amon-Ra, des Herrn der Weltthronen, dies Gebäude aus Granit errichtet (möge Amon dies Bauwerk beschützen!) — er hat es gethan, um ewig zu leben.“ — In den hieroglyphisclien Aufzeichnungen der Priester findet man nicht selten die Bemerkung: „Jetzt folgt ein König, der während seiner Regierung nichts gethan hat; sein Name bleibt deshalb ungenannt.“ — Dieses Nichtgenanntwerden war Strafe für die Sünde der Thatlosigkeit, die wie schon bemerkt, in Indien als Tugend gepriesen und empfohlen wurde. Die Thaten der Könige nun, welche der Ehre theilliaftig wurden, in der Geschichte genannt zu werden, waren vornehmlich — Werke der Kunst. Diese Hessen , obzwar sie im Ganzen in einem ernsten und grossartigen Style gehalten sind, gleichwohl die Schönheit zur freien Entfaltung ihres eigentlichen Adels, ihrer reinen geistigen Bllithe nicht gelangen. Die Ursache hievon wurde bereits angegeben; der Geist verkannte sein Wesen und war einer klaren Sprache über sich und seine Weltbeziehungen nicht mächtig. Das geistig Grosse bemühte man sich durch das stofflich Bedeutende, das Übernatürliche durch das Unnatürliche, das Unverstandene durch das Unverständ- *) Die Brnminenschùler haben, wenn sie irgend einen Glaubenssatz der Veda's besser verstehen wollen, als ihre Lehrer, die Einkehr ihrer Seele in einen — Esel iu gewärtigen. liehe darzustellen. Dies die Ursache der vielen Symbole, deren oft geheim-nissvolle Bedeutung nur den Priestern verständlich war. Diese allein hatten das Vorrecht, in dem Bilde einer Gans den Begriff: „behutsamer Regent“ und in Flügeln die Worte: „schnelle und wirksame Dienste“ zu lesen. Leichter konnte man in einem aufgehobenen Händepaar den Begriff: Gebet und in dem geflügelten Ei, das so häufig Uber Tempeleingängen en relief dargestellt wurde, die ewig frische Zeugungskraft der Natur erkennen. Dieselbe Idee verbildlichte die zweigeschlechtige Sphinx. Die plastischen Götterbilder der alten Nilbewohner sind nicht minder symbolischer Natur; sie erhielten Köpfe von Kühen, Schakals, Flusspferden, Krokodilen, Sperbern, Widdern und Füchsen, — welche Thiere die Eigenschaften der Götter andeuteten und so gewissermassen deren Charaktermasken waren. Die Götterstatuen, bei denen auf dem Rumpfe eines menschlichen Leibes ein Thierkopf sitzt, zeigen es deutlich, dass der Geist ihrer Verehrer sich von den Banden des Grobsinnlichen, der thierischen Beschränktheit noch nicht freigemacht habe und in dem Labyrinthe der Selbstverkennung herumtaumle. In der ägyptischen Mythologie treten die schon besprochenen Elemente wieder hervor; die monarchische Spitze derselben ist Amon-Ra, der sich durch das Denken Offenbarende ; — Knef, der Schöpfer des Urlichts, Athor die Ur-finsterniss und Pha, die feurige Urkraft des Lebens, sind das abstracte Gefolge des Göttervorstandes Amon. An Ormuzd und Ahriman erinnern Osiris, das wohlthätige Lebensprinzip und Typhon, das physikalische Böse, an die indische Göttertrias — Osiris, Isis und Horus. Der Vater der ägyptischen Götter niedrigen Ranges ist, wie bei den meisten heidnischen Völkern das — Wetter; nebst den kalendarischen Göttern, die es schuf und über welche die Archäologen Ripault, Burkhardt, die beiden Champollion, Bolzoni, Rosellini und Lepsius ausführliche, jedoch abweichende Angaben mittheilen, verehrten die Ägypter auch göttliche Beschützer von geistigen und Culturintercssen ; es war die jüngste Göttergruppe, die dann erst zur Geltung gekommen war, als man den alten Naturgöttern den treuen naiven Glauben zu kündigen begann. Wir nannten die altägyptischen Bauwerke prächtig und grossartig; diese Eigenschaften kann man namentlich bei den Tempeln zu Medinet-Abou, Den derah, auf der Insel Phi Im und bei den Palästen zu Luxor und Karnak bewundern. Die Knäufe der riesigen Säulen*) stellen zumeist üppiges, fein ge- meisseltes Blätterwerk dar und gemahnen an die Blätterkronen mächtiger Palmen. Die Wände der Tempel sind entweder mit bildlichen Darstellungen von *) Die Sdulenkapitälc eines Tempels haben nach Rosellini einen solchen Umfang, dass hundert Personen auf dessen Fläche stehen können. Kämpfen und Siegen der Könige, von thierköpfigen Göttern und religiösen Verrichtungen oder mit Hieroglyphen überdeckt, so dass die inneren Räume derselben stets den Eindruck des Überladenen machen ; diesen Zug haben sie mit den indischen Tempeln gemein. Nachdem man den Sinn der ägyptischen Bilderschrift enthüllt hatte, fand man darin nicht wie früher vermuthet wurde, Offenbarungen tiefer Weltweisheit, sondern zumeist schwülstige Lobreden auf Könige. „Erzeugter des Götterkönigs, bestimmt zur Besitznahme der ganzen Welt; dein Name ist so bleibend wie der Himmel; die Dauer deines Lebens ist gleich der Dauer der Sonnenscheibe, o bevorzugter Sohn des Sonnengottes“ — lautet Eine der weihrauchduftenden Inschriften des Tempels zu Luxor, die dem Könige Sesostris gewidmet ist. Bei Werken der ägyptischen Sculptur fällt das technische Geschick auf, mit dem die Bildhauer riesige Monolithen bearbeiteten. Burkhardt entdeckte z. B. bei Ipsambul eine Statue der Osiris, deren Gesicht sieben Fuss lang ist; als Belzoni dieselbe vom Sande der Wüste befreit hatte, stellte sich heraus, dass die Figur aus einem einzigen Felsblock gemeisselt sei.— Es wurde eben der Begriff von der Grösse und Macht der Gottheit in der stofflichen Grösse des plastischen Bildes derselben zu versinnlichen gesucht. Den Ausdruck geistiger Grösse, der Innerlichkeit, eines harmonischen Seelentones verstanden die Ägypter ihren Statuen nicht zu verleihen, weil bei ihnen, wie bereits erwähnt, die ungefesselte Geistigkeit nicht zur Geltung gekommen war. Auch vermisst man bei den meisten Bildwerken der Ägypter die Freiheit des künstlerischen Schaffens; in allen Köpfen findet man dieselbe Sinnlichkeit, dieselbe starre Ruhe, denselben Charaktermangel, dasselbe brütende Insichge-kehrtsein, — in der Haltung der Glieder dieselbe Gleichförmigkeit ; — der einzige Wechsel, der da hervortritt, ist der mehr oder weniger seltsame Kopfputz und selbst dieser war für die einzelnen Götter von der Priesterkaste vorgeschrieben, welche überhaupt dafür sorgte, dass der Strom des Nationalgeistes aus dem vorsichtig abgedämmten Bette nicht heraustrete. Man erkannte also in Ägypten die Götter nicht wie in Griechenland an dem geistigen, bestimmt sich ausprägenden Charakterausdruck des Gesichts, sondern aus den Arabesken und Bändergewinden der Kopfbedeckung. Bekanntlich erliess die Priesterkaste, welche in Ägypten sowie in Indien alle sozialen Verhältnisse beherrschte und die Könige (mit seltenen Ausnahmen) ebenso gut als das Volk regierte, — nach einer Mittheilung Platons ein Gesetz, welches den Bildhauern eine Abweichung von den herkömmlichen Darstellungstypen streng verbot. Die Werke der ägyptischen Malerei sind eben auch ohne künstlerische Bedeutung; es sind dies blos farbige Silhouetten ohne Perspective und Schat-tirung. Die Zeichnung ist jedoch sehr correct und die Farben behielten, weil überall weiss untermalt wurde, ihre Frische. Auch den Malern war verboten, von dem landesüblichen, althergebrachten Style abzugehen; sie mussten das Gesicht Amon’s stets blau malen, wahrscheinlich um demselben ein übernatürliches Aussehen zu verleihen, — die Thiere roth, das Incarnai der Frauen, das Getreide und die Waffen gelb, das Wasser und die Trauben blau, die feindlichen Krieger graugelb u. s. w. Erst nachdem die Ägypter mit den Griechen in häufigere Berührung gekommen waren, wagte es die Phantasie einiger Künstler, sich jenseits der Grenzen des Herkommens zu bewegen und zwar zumeist auf dem Gebiete der Gar ricatur. Champollion-Figeac hat mehrere in seinem Werke über Ägypten (deutsch von Dr. C. A. Mebold) abgebildet z. B. einen Esel, der seinen Gefühlen durch Harfenklänge Ausdruck gibt; dann die Belagerung einer Katzenburg durch Mäuse u. ähnl. — Freier bewegte sich auch die Phantasie der ägyptischen Künstler in den Sculpturen und Malereien, mit denen sie Uber Aufträge von Privaten die Felsengräber ausschmückten. Es sind dies Genrebilder, welche aus dem Leben herausgegriffene Stoffe oft mit frischer Laune behandeln;— auf einem derselben sehen wir eine schmausende Gesellschaft, bei deren einzelnen Mitgliedern sich die tragischen Wirkungen des übermässig genossenen Weines einstellen; — auf einem ändern erblicken wir einen Leichenzug den Tod-tenfluss übersetzen; hei dieser Überfahrt schlägt gerade das mit Speisen beladene Boot um, wobei der witzige Erfinder dieses Genrebildes die Frage schweben lässt, ob die Thränen des Gefolges dem Verluste des geliebten Freundes oder dem der lieblichen Speisen gelten. Nebenbei noch einige Worte über die Pflege der Musik bei den Ägyptern. Sie kannten zwar musikalische Instrumente, die man auch häufig auf den Reliefs und Gemälden der Tempel abgebildet findet, aber ob sie Musik im besseren Sinne des Wortes kannten, steht um so mehr zu bezweifeln, als sie ihr (nach Diodor) Verweichlichung der Sitten zuschrieben. Ihr musikalischer Geschmack dürfte sich auf gleicher Höhe mit dem jetzigen der Araber befunden haben, denen das Rasseln von Metallscheiben mehr Genuss bietet als sanfttönende Accorde und das Stimmen vor einer Ouverture besser gefällt, als die Ouverture selbst .... IX. In Griechenland hatte die Religion aufgehört, ein dumpfes, düsteres Verkennen der Geisteswürde zu sein; die rohe Naturgewalt, welche sich im Orient den Götterthron angemasst hat, wurde von diesem gestürzt. Die Phantasie der Griechen schuf heitere Götterbilder und verlieh ihnen die verständlichste, edelste Form, die überhaupt für sie möglich ist, die Form des menschlichen Leibes. Da dieser die Wohnung des unsterblichen Geistes ist und dessen Gedankenmacht, Gefühlsregungen und Leidenschaften gleichsam durchscheinen lässt, so wurde er mit Recht für eine würdige Erscheinungsform der „unsterblichen“ Götter gehalten, mit denen die gestaltungsfreudige Einbildungskraft des griechischen Volkes und dessen geistiger Führer, der Dichter, die Höhen des Olymps so nie die Tiefen des Meeresund der Erde bevölkerte. Der Grieche fand bei seinem Nachsinnen Uber die Unendlichkeit dei Welt und der Naturkräfte für dieselbe kein passenderes Sinnbild als die Unendlichkeit des ungefesselt denkenden und wollenden Geistes. Die Götter, die kr im Drange seines Herzensbedürfnisses schuf und an deren Existenz er in naiver Andacht glaubte, waren also im Grunde genommen nichts Anderes, als seines Gleichen, seine Ebenbilder ; deshalb heimelte es ihn auch in ihrer Gesellschaft so innig an, denn die griechischen Götter hatten wie die sterblichen Menschenkinder ihre kleinen Schwächen und grossen Leidenschaften, wenngleich sie sich der „Unsterblichkeit und Seligkeit“ erfreuten. Wir erinnern nur an die Minneabenteuer Zeus’, — au den Rinderdiebstahl des Götterboten Hermes, der — nebenbei gesagt —- in dem griechischen Götterbunde beiläufig eine solche Rolle spielte, wie im modernen Lustspiel die gefälligen Onkel, — an Hera, welche der Artemis für ihre Unterstützung der Troer den Köcher unter Schelten und Lachen um die Ohren schlug, so dass „die Misshandelte wie eine vom Falken gescheuchte Taube aus dem Kampfgewühl entfloh.“ (H. 21. 481 — 496.) u. ähnl. Es wäre ein blosses Ruminiren bekannter Daten, wenn wir uns in eine nähere Besprechung der griechischen Götterordnungen einlassen würden und wir heben deshalb nur kurz hervor, dass auch die Griechen die elementaren Kräfte der Natur zu persönlichen, beseelten Wesen erhoben. Als sie später in ihrem freien Staatsleben die Erfahrung gemacht hatten, dass das unbewusste, ewig gleichen Gesetzen gehorchende Naturleben mit den gesellschaftlichen Verhältnissen der Menschheit nichts zu schaffen habe, dass diese auf sittlichen, dem Geist entsprossenen Ideen beruhen, — so enthoben sie ihre älteren Naturgottheiten entweder ganz ihrer bisher bekleideten Würde und schufen sich höhere, geistigere Gestalten, oder sie bildeten die früheren Gottheiten um, befreiten sie aus der Leibeigenschaft der Natur und machten sie zu freien sittlichen Wesen, zu Beschützern einer vernünftigen Lebensordnung. So wurde z. B. der frühere Gott des physischen Lichtes (Foibos) später zugleich Gott des geistigen Lichts und Musenvorstand (Apollo); Zeus ist der Wettergott aber auch der Vater der Götter und Menschen, der Gott der Sittlichkeit, des Rechts und der Gastfreundschaft; die Mondgöttin (Selene) erlitt ähnlicher Weise eine Umwandlung, indem sie zur Göttin der Jungfräulichkeit und der Jagd befördert wurde (Artemis); —- Demeter, die göttliche Mutter der Erde, wurde zur Schutzgöttin des Ackerbaus, der Ehen und Gesetze erhoben u. s. w. Dieser Wendepunct des griechischen Götterglaubens ist in der bekannten Mythe von der Bewältigung des Titanenaufstands durch Zeus verbildlicht. Die olympischen Götter waren es nun vorzüglich, die einen günstigen geistigen Stoff für plastische Kunstwerke lieferten; — wir bewundern in den wenigen Originalen und vielen Nachbildungen der von hellenischen Meistern unnachahmlich schön gemeisselten Göttergestalteir vor Allem die harmonische Hineinbildung der Idee in die Form und das klare Hervortreten des geistigen Inhalts; — dieser Wohllaut der Form bei den antiken Götterbildern macht fast einen solchen angenehmen, ins Herz dringenden Eindruck, wie ein schönes, inniges Frauenauge, in dem sich ein tiefes Gemüth und dichterischer Sinn spiegeln. Man gewinnt diesen Eindruck z. B. beim Betrachten der plastischen Darstellungen des olympischen Zeus, von denen sich die schönsten in der Vati- canischen Sammlung und im Museo Pio-Clementino befinden. Es drückt sich in denselben die Majestät eines kräftigen, gedankenstolzen Geistes aus, die sich mit Ruhe und jener Milde, die feingebildeten Menschen eigen ist, zu einem harmonischen Gesammtbilde vereinigt. Wir erinnerten uns beim Anblick dieses wunderbar schönen Kopfes unwillkürlich an den sinnigen Ausspruch des griechischen Tragöden Aischylos : „Gott ist alles Denkens Friede.“ — In dem Gesichte des Belveder’sehen Apollo prägt sich jugendlich männliche Schönheit gepaart mit geistiger Klarheit aus. — In den Nachbildungen der Pallas Athene von Phidias verbindet sich der Ausdruck energischer Willenskraft des Mannes mit der Schönheit und zurückweisenden Strenge der Jungfrau. Die mediceische Venus vereinigt mit der höchsten reinsten Anmuth des Gliederbau’s den geistigen Moment naiver Scham, während in dem plastischen Bilde der Hera (Büste in der Villa Ludovisi zu Rom und Statue in der Vaticanisehen Sammlung ; Abgüsse von beiden in Dresden) die ehrfurcht-eintlössende Würde der Mutter, die zugleich Königin ist, ausgedrückt erscheint. In der Glyptothek zu München sahen wir eine Bacchusstatue von wunderbarem Reize; sie hat weiche, runde Körperformen; im Gesicht offenbart sich nicht etwa genussselige Berauschtheit sondern ein Zug der Schwer-ffluth, der den Mund umzuckt ; — wollte damit der Bildner dieser Statue vielleicht den Kummer über den Unbestand und die Flüchtigkeit sinnlicher Genüsse andeuten? — Die mass- und rückhaltlose Sinnlichkeit, die einer sol-eben feinen Sehnsucht nicht fähig ist, sahen wir mit scharfcharakterisirendem Humor in mehreren Satyrgestalten des Dresdner Museums herausgekehrt; ihre niedrige, nicht zum Denken eingerichtete Stirn, das starkgewölbte Hinterhaupt (nach Gail, Combe, Voisin und Carus der Sitz sinnlicher Naturtriebe) nnd das cynische Lächeln, das ihren grossen Mund umspielt, vereinigen sich Ja zu einer vom Künstler wohlberechneten, ideengemässen Wirkung. Heiter wie die Mythen und das Leben der Hellenen selbst waren diese plastischen Charakterbilder. Das Hässliche, Unförmliche hatte bei den griechischen Künstlern nicht die Berechtigung, bildlich dargestellt zu werden, wie Un Oriente. Auch konnten die Griechen der Symbole entrathen; sie erkann-tcn klar den Ursprung ihrer Götter, sie wussten dass ihre Schöpfer Homer, Hesiod, die dichtende Phantasie des Volkes selbst seien und achteten sie in ('er Zeit ihrer sittlichen und politischen Grösse als die objectivirten Ideale des Nationalgeistes; — da sie zugleich das rechte Mittel gefunden hatten, den geistigen Eigenschaften der Götter eine deutliche Form zu geben, so brauch-len sie bei ihren plastischen Gebilden nicht jene räthselhaften Hinweisungen sinnlicher Zeichen auf übersinnliche Begriffe anzuwenden. Die den Götterbildern beigegebenen Attribute (der Adler bei Zeus, der Pfau bei Hera, die Hindin hei der Artemis, der Delphin bei Aphrodite) trübten nie das Wesen der Schönheit sondern hoben es nicht selten. — Die Darstellungen der bockbeinigen, gehörnten Satyre» und der rossleibigen Centauren enthielten gleichsam Erinnerungen an die Thiersymbole der orientalischen bildenden Kunst. Die tliieri-schen Glieder dieser Gestalten wurden zudem mit künstlerischer Absichtlichkeit gewählt: denn die Centauren und Satyrcn waren Personificationen thierischer Sinnlichkeit und deshalb erscheint bei ihnen die Verbindung des menschlichen und Thierkörpers dem gedanklichen Zwecke der Darstellung entsprechend.*) Während die ägyptische Kunst zum grossen Theile ein Cultus des Todes war, fand dieser in der Kunstsphäre der freiheitsfrohen, thatenlustigen Hellenen keine Beachtung. Man kennt bloss zwei Sculpturen griechischen Ursprungs, auf denen der Tod verbildlicht wird und auch da geschieht es in heiterer Auffassung ; auf dem Einen ist der Tod als -— Tänzer dargestellt, dem auf einer Flöte aufgespielt wird, auf dem Anderen als Gerippe, umflattert von Schmetterlingen (Bildern der Seele), deren Einer von einem Vogel gehascht wird; — vielleicht eine Anspielung auf die Seelenwanderung? — Recht poetisch versinnlichten die Griechen das Hinscheiden eines Kindes : sie Hessen es in Au-rora’s Armen entführen. Von ähnlicher Anmuth sind die bildlichen Darstellungen des Liebesgottes Eros, der bald die Psyche an ihren Schmetterlingsflügeln über einer Fackel hält (Bild der glühenden Minnesehnsucht) und bald auf einem Löwen reitend sich mit Leierspiel unterhält. Die Kunst war den Hellenen eine freundliche Begleiterin des Lebens; sie war die andächtige Erhebung zu den Idealen der Schönheit, die sich diesem glücklichen, vor allen anderen begünstigten Volke zum ersten Male in ihrer reinen , stillen, edlen Grösse offenbarte. Die Griechen ehrten in ihren Statuen nicht nur die Götter, sondern auch den prometheischen göttlichen Funken des menschlichen Geistes. Wie hoch sie diesen hielten, beweist die Vergöttlichung jener geistig mächtigen Menschen, die sich durch ungewöhnliche Grossthaten auszeichneten — der Heroen; — es war dies gleichsam eine Äquivalenz für die Vermenschlichung der Götter. Auch Dichter und Staatsmänner wurden durch Werke der Kunst ausgezeichnet; Homer hatte bekanntlich zu Smyrna einen eigenen Tempel ; selbst auf Münzen wurden die Büsten der Aristokraten des Geistes geprägt. Wir sahen auf griechischen Münzen die Büsten des Miltiades, Piudars, Tyrtaios’, Anakreons und selbst der Dichterin Sappho. Das gedankenlose Hinbrüten der indischen sowie die Starrheit der ägyptischen Götter ist in der griechischen Plastik verschwunden. Sie wählt mit Ab sicht Körperstellungen und Szenen, die einen dramatischen Ausdruck haben, da sich die sittliche Freiheit des Geistes vor Allem durch Handeln kund gibt. Diese Richtung der griechischen Kunst zeigt sich z. B. in der Aeginetischen Giebelgruppe, im Laokoon, in der Darstellung des Knaben Herkules, der eine Schlange erwürgt u. s. w. Ja selbst in Götterstatuen von ruhiger Gliederstellung prägt sich zurückgehaltene Thatkraft aus. Denselben Formadel und Schönheitssinn, dessen sich die Bilduerei der Hellenen rühmen kann, erblicken wir in den Tempeln derselben. Die wertlivoll- t *) Die im vatikanischen Museum befindliche Bacchusstatue mit einem Stierkopf, abgebildet in Seroux d' Agincourt's Atlas zur Kunstgeschichte, dürfte von einem römischen Bildhauer herrühren, der sich im dgyptisiren-den Style gefiel. sten Zierden dieser säulengeschmlickten heiteren Stätten der plastischen Götterbilder waren eben wieder Sculpturen, welche namentlich die Metopen des Frieses und die Giebelfelder ausfüllten und mythologische Stoffe behandelten. Bemerkenswerth ist die Beziehung, in welche die griechischen Architekten den Charakter des Gottes, dem ein Tempel geweiht war, zu dem Charakter der Säulenordnung des Letzteren brachten. Den Göttern der Kraft: Zeus, Ares und Hercules wurden Tempel mit kräftigen, breitstämmigen dorischen Säulen erbaut ; für Tempel der Aphrodite und der Nymphen wählte man die zierlichen, schlanken korinthischen und für Hera und Artemis jonische Säulen, welche die Mitte zwischen dem Ernst der dorischen und der Anmuth der korinthischen Säulen einnehmen. Leider ist von den Werken der griechischen Maler kaum mehr geblieben, als deren gepriesenes Andenken. Der geistige Stoff der griechischen Gemälde waren Göttersagen, Szenen aus der Geschichte und dem gewöhnlichen Lehen. (Pyreikos soll z. B. Barbierstuben und Küchenszenen gemalt haben). Wie bedeutend die Werke der berühmten Maler von Hellas gewesen sein mochten, sieht man an den Gemälden der unbertihmten, die sich auf Vasen erhalten haben und die Kunst fast zum Handwerk herabgesunken zeigen. Das im Oktober 1831 zu Pompeji entdeckte, die „Alexanderschlacht“ darstellende Mosaikbild lässt hei den Vorzügen seiner Auffassung und Durchführung die geistige Höhe der griechischen Geschichtsbilder ahnen. Der im Februar 1858 verstorbene deutsche Landschaftsmaler Karl Rosz erwarb während seines Aufenthaltes in Unteritalien ein kostbares Wandgemälde, welches wieder den Geist der griechichen Genremalerei kennzeichnet.*) Es stellt eine junge schöne Frau im griechischen Hausgewande dar, der von einer Amme ihr Kind entgegengehalten wird; dieses will durch eine vorgehaltene Larve die Mutter erschrecken, wobei sich diese lächelnd hinter einen emporgehaltenen Zipfel ihres Gewandes versteckt. Die einfache und dennoch lebensvolle Gruppe ist dem Stiche dieses Bildes zufolge von einnehmendem Adel ; auch soll die Färbung des Fleisches und der Gewänder von strahlender Frische sein. Es muthct uns vor Allein die Achtung für das Rein-menschliche, die dem Oriente schon wegen seiner Unkcuntniss des Familienlebens fast ganz fremd blieb, in diesem antiken Genrebilde recht innig an. — Die Landscha ft s mal er ei kannten die Griechen deshalb nicht, weil sie die Naturobjecte und Naturerscheinungen personifizirten und die künstlerische Darstellung dieser Personiticationen die Plastik übernommen hatte. — Wie die Letztere stand auch die Musik bei den Hellenen im Dienste der Religion -sie hatte ursprünglich keinen anderen Zweck als „die Verherrlichung der Götter.“ Plutarch sagt in seinem Buche über die Musik, dass diese anfangs so heilig war, dass man sie nicht einmal im Theater zuliess, Amdern sie aus- '*) Diese Freske wurde zum ersten Male in der Kieler Monatsschrift 1853 besprochen; in demselben Jahre erschien auch ein Stich derselben, schliesslich für den religiösen Dienst und die Erziehung der Jugend bestimmte. Die Griechen kannten bloss den einstimmigen Gesang; die auf Mehrstimmigkeit beruhende Harmonie erhielt erst durch das Christenthum ihre Pflege; sie war gewissermassen der Wiederklang jener Seelenharmonie, welche durch die Tröstungen der Religion der Liebe, durch tiefe herzinnige Gottesminne zur Entfaltung gekommen ist. — Die Poesie der Griechen endlich ist gleichfalls ein götterbeherrschtes Gebiet; — im Epos sind neben den Menschen die handelnden, das Wohl ihrer Günstlinge und das Weh ihrer Feinde beeinflussenden Personen — Götter, -— die Hymnen und Dithyramben singen ihr Lob und im Drama treten sie als Beschützer des Rechtes und der Sittlichkeit auf, während die dunkle neidische Macht des Schicksals, der selbst die Götter nicht widerstehen können, das Loos der Menschen bestimmt. — Nachdem die Philosophie mit ihrer respectlosen, nüchternen Gedankenschärfe , — die Orphiker mit ihren neuerungssüchtigen Mysterien, Lukianos mit seinem ätzenden Spott, der die Religion für eine Thorheit erklärt, die Opfer und Orakel belächelt, — den alten treuherzigen Glauben an die recht-beschützenden Götter wankend gemacht ; — politische Eifersüchteleien und Partheileidenschaften den nationalen Gemeinsinn der Griechen, der sich ohnehin nur zur Zeit der grössten Noth bewährte, — unterwühlt hatten : ist die Sittlichkeit, Freiheitsliebe und mit ihr die Kunst der Hellenen herabgekommen. Es ist die Zeit erschienen, wo der „unbekannte Gott“, zu dessen Ehre in Athen ein Altar errichtet war, auf hörte, eine Ahnung zu sein und nachdem er sich der Menschheit geoffenbart, das geistige Leben der gebildeten Völker des Occidents some die Kunst eine neue, bedeutungsvollere Gestalt erlangte. X. Die herkömmliche Annahme, dass die Götter Roms griechischen Ursprungs seien, ist schon deshalb nur zum Theile wahr, weil die Religion das unabweisliche Bedürfniss eines jeden Volkes ist und unmittelbar aus den Tiefen seiner Herzenssehnsucht und seines speculierenden Sinnes hervorgewachsen sein muss, — was natürlich das Octroyiren, die Übernahme von Göttern in Bausch und Bogen von vornherein ausschliesst. Es haben zwar die ältesten Gottheiten der Römer und Griechen eine gewisse Familienähnlichkeit, weil beide Völker von den Pelasgern abstammep, die bekanntlich auf beiden Seiten der Adria, in Italien sowohl als auf der griechischen Halbinsel, sich niedergelassen hatten, — und weil alle heidnischen Thcogonien namentlich in Bezug auf den Naturcultus ähnliche Züge aufweisen; — die Anschau ungen, welche den Götterglauben von Hellas und Rom tragen, weichen gleichwohl in wesentlichen Stücken von einander ab. Die Bewohner Latiums waren schlichte Hirten und Bauern ; ihre höchsten Herzenswünsche galten dem Gedeihen ihrer Herden und Grundstücke und deshalb schuf ihre nicht eben hoch fliegende Phantasie göttliche Proteetoren der Viehzucht und des Acker- bau’s. Sahen sie ihre Saaten im Frühlingswinde wogen, so empfahlen sie]die-selben der Gunst des Saatengottes Saturnus, der erst in späterer Zeit mit Kronos ideutifizirt wurde; dass der Begriff von ihm nicht eben von Poesie durchduftet war, beweist dessen Beiname Stercutius: Dtingergott, den er sich jedoch als Gott der Landwirtschaft gefallen lassen musste. Hörten die Landbewohner Latiums das geheimnissvolle Rauschen des Waldes, so vermeinten sie darin die prophetische Stimme des Waldbeschützers Silvanus (später Pan) zu vernehmen ; — ergötzten sie sich an dem Anblicke der farbenfrischen Blumen ihrer Wiesen, so dankten sie der Göttin Flora für diese Augenweide und dachten unter Einem als practische Oekonomen an die Weide für ihre Herden, die sie unter den Schutz des Wolfsabwehrers Lupercus (Faunus), des Herdengottes Pales und der Rinderpatronin Epona*) stellten. Das reifende Getreide überwiesen sie der Obhut der Götter Ops, Annona, Ceres und Liber, — fllr das Gedeihen des Obstes sorgten Vertumnus und seine Gemahlin Pomona. Selbst die Grenzsteine und die Öfen zum Getreidetrocknen hatten ihre göttlichen Anwälte : Terminus und Fornax. Damit nun, wenn die Macht dieser Spezialgötter nicht ausreichen sollte, der wohlthätige Einfluss eines, das gelammte Erdenleben verwaltenden Gottes sich geltend machen könnte, erfanden und verehrten die römischen Feldbauern und Viehzüchter die Göttin Tellus, die Mutter der Erde, welche den Pflanzensegen aus ihrem Schosse heraufsendet , die Magna Mater und Bona Dea (bei den Griechen Demeter.) Diese Gottheiten, geschaffen vom praktischen, nüchternen Verstände und '°n poesiefeindlicher Selbstsucht, hatten nun nichts gemein mit den heiteren, seligen Göttern des 01jrmps und trugen wahrlich nicht viel Anregung zum künstlerischen Produziren in sich. Der Egoismus der Römer hatte nebstbei auch Familien- und Hausgötter : enates und Lares aufgebracht. Die Letzteren sind vergötterte Seelen von erstorbenen, welche für die Hinterbliebenen ihrer Familie die Rolle einer Metaphysischen Sicherheitswache spielen. Wie die Familie, die Grundlage des Staates, so hatte auch dieser selbst seine göttlichen Beschützer und zwar : Jupiter, Mars und Quirinus mit der weiblichen Trias: Juno, Minerva und Vesta. 16 Jupiter so erhielt auch Juno eine lange Reihe von Beinamen, welche urcli den Erdgeruch ihrer Prosa an widern. So kannten die Römer eine Juno Spagina, welche die embryonische Knochenbildung redigirt und eine Juno llx|a) welche bei Vermählungsfesten die Thlirangeln einsalbt. Von ähnlichem e tönlieitsgeflihl ist die römische Canalgöttin : Dea Cloacina eingegeben. Eine ursprüngliche Seite des römischen Götterwesens sind die vielen Per-sonifieationen abstracter, besonders sittlicher Begriffe ; sie sind fast durchweg om \ erstände trocken ersonnen, nicht von der Phantasie gedichtet. Stoff zu U dorischen Göttergestalten gaben die Treue, die Eintracht, die Ermüdung, ) Im Schlosse IVindenau nächst Marburg befindet sich ein Römerstein mit der /lufschrift : „E/>o>i(ü Augustä sacrum “ der Sieg, der Getreiderost, die Freiheit, das Fieber, die Tapferkeit, Scham, Andacht, das Zalmweli, die Hoffnung, Einsicht, Billigkeit, Verwaisung u. a. m. Zur Zeit der puniscile» Kriege erst wurden die Römer mit den griechischen Gottheiten (namentlich mit Apollo, Amor, Mercurius, Diana und Venus, die ursprünglich Gartengöttin war) näher bekannt und nahmen sie in ihre Göttergemeinde auf, um zur Zeit der Noth an ihre Macht appelliren zu können; mehr Götter, mehr Hilfe, — meinten die selbstsüchtigen Welteroberer. Für die einheimischen und ausländischen Götter bauten sie nun säulen-und statuengeschmückte Wohnungen, die sie besuchten, wenn Etwas faul und anbrüchig im Staate Rom war oder wenn irgend ein neuer Plan zur Machterweiterung desselben in’s Werk gesetzt werden sollte. Die Römer bauten ihre Tempel zwar mit technischer Gewandtheit aber ohne jene Kunstbegeisteruiig die sich des Schönen nur deshalb erfreut, weil es eine freie Schöpfung der Phantasie ist, weil es Idee und Form harmonisch in einander klingen lässt. Jene Kunstandacht, welche den Hellenen in so hohem Masse eignete, kannten die Römer nicht; deshalb leisteten sie auch auf dem Gebiete der bildenden Künste wenig Selbstständiges. In der Plastik waren sie blosse Nachtreter der Griechen; die Musterbilder zur Nachahmung haben sie zum grossen Theile im Kriege erbeutet. Auch beriefen reiche römische Optimalen griechische Künstler nach Italien und Hessen sie Statuen anfertigen, die ihnen jedoch für nichts mehr als fUr Luxusartikel galten und in ihren Augen etwa einen solchen Werth hatten, wie duftende Bartsalben und blanke Metallspiegel. Verwahrt sich doch selbst Cicero gegen den Verdacht der Kunstkennerschaft und erklärt die Liebe zur Kunst für eine unmännliche, der Freiheit eines Römers unwürdige Abhängigkeit. Ebenso bezeichnend sagt Virgil: „Andere mögen den Marmor beleben, dem weichen Erz Athen» verleihen, — Roms Künste sind: die Völker beherrschen, die Stolzen bekriegen, die Schwachen schonen.“ — Von den Statuen, die für römische gelten, könnte man behaupten, dass sie viel Schönes und Ursprüngliches aufweisen; nur ist das Schöne, weil den Griechen angehörig, nicht ursprünglich und das Ursprüngliche nicht schön. Das Letztere bezieht sich hauptsächlich auf die allegorischen Göttergestalten der Römer, deren Attribute zumeist mit nüchterner, geschmackloser Prosa gewählt sind. Selten zeigt sich eine Spur sinniger Auffassung in denselben. Diese entdeckten wir z. B. in einer Personification der Hoffnung;*) diese wird durch ein Mädchen dargestellt, das eine Blume in seiner Hand träumerisch anblickt; — nicht ohne Geschmack ist auch eine riesige allegorische Gestalt des Nilstromes componirt, die von 16 Kindern mngaukelt wird; diese sind anmuthig gruppirt und gefallen durch die Naivetät ihres Ausdrucks; doch kann ihr Anblick keinen ungetrübten Genuss gewähren, wenn man sich erinnert, dass ihre Zahl die Wasserhöhe des Nils: — 16 Ellen — anzudeuten habe. *) Abgebildet in Pcrrier's Illustrationen zur Kunstgeschichte. Ein eigenthtimliches Interesse erwecken die römischen, mit Reliefs versehenen Grabmäler. Diese behandeln gewöhnlich Szenen aus der griechischen Mythologie z. B. den Mythus von Proserpina, welche der Gott der Unterwelt gewaltsam entfuhrt (deutet das plötzliche Entreissen einer geliebten Person an); oder den Tod der Niobiden, des Adonis, — den schlafenden Endymion und Diana, Bacchus’ Triumpfzug u. a. Auf einem in der Münchner Glyptothek befindlichem Grabmal sahen wir die skulpirte Gestalt der Muse der lyrischen Dichtkunst; vielleicht hat der Bildner derselben damit den Gedanken ausdrük-ken wollen : Das Grab erinnere euch daran, die Poesie des Lebens zu gemessen ? — Die Malerei der Römer trat wohl in keine unmittelbare Beziehung zu deren Religion ; wenn sie auch, wie die vielen in Pompeji und Herculanum gefundenen Wandgemälde darthun,*) ihre Stoffe aus der Mythologie wählte, so tragen sie doch keinen höheren, ideellen, sondern einen bloss decorativen Charakter. Die Kindlichkeit, die sich in manchen dieser Wandbilder ausspricht, ist nicht ohne Reiz. Eines derselben stellt z. B. Leda vor, welche ihre drei in einem Neste liegenden niedlichen Kinderchen, die höchstens die Grösse von Rosenknospen haben, lächelnd betrachtet. Wie schon in einem der früheren Abschnitte bemerkt wurde, genügten den Römern (in der Kaiserzeit) die griechischen Götter nicht ; sie nahmen den meisten von ihnen besiegten Völkern nicht nur die Freiheit sondern auch die Götter. Dieser Congress der verschiedenartigsten Gottheiten in Rom war Ursache, dass daselbst der Glaube an die Götter älteren Datums einerseits in demselben Masse sank, als andererseits der Aberglaube wuchs. Mit der Sittlichkeit verkam im römischen Reiche sowie in Hellas immer mehr und mehr die Kunst, die zuletzt zum schnöden Despotencultus herabsank. Zu welcher Sinnlosigkeit der Letztere ausarten konnte, beweist u. A. die 110 Fuss hohe Portraitstatue Nero’s (von Zenodorus). — Diese Missachtung der echten Güter des Geistes rächte sich an den Römern; ihr Weltreich zerfiel durch Barbaren ! — XI. In der Religion der heidnischen Slawen und Germanen begegnen ^ir denselben theogonischen Grundtönen, die im Vorstehenden bereits entwik-kelt worden sind. Die obersten Würdenträger im Pantheon beider Völker sind Allfadur und Svatovft ; diesen untergeordnet sind Naturgottheiten, Beschützer von Lebensgeschäften und Lebenslagen sowie Vertreter sittlicher Interessen (z. B. Freja und Lada, Göttinnen der Liebe und des Eheglücks, — Byr und Jagababa, Götter des Krieges, — Bragi Gott der Weisshcit und Be *) Herculanum und Pompeji. Gestochen von Boux /Und. Text von Barrd. Paris 1836. redtsamkeit, — Radihost Gott der Gastfreundschaft und des Handels etc.). An die indische Trimurti erinnern die Eddagötter Odin, Ville und Ve, der Schöpfer, Erhalter und Vernichter der Naturvvesen; an den persischen Dualismus gemahnen wieder die slawischen Götter Jarovit und Marovit, Bélbog und Cernobog. Eine Analogie der Landwirthschafts- und Hausgötter der Römer findet sich bei den Slawen und Germanen gleichfalls vor, doch sind ihre Gestalten nicht wie bei jenen dürr prosaisch, sondern poetisch verklärt. Selbst Personificationen treffen wir bei den Slawen an ; die altböhmischen Gedichte der Königinhofer Handschrift erwähnen z. B. den Gott der Furcht: Tras. Eine ins Besondere eingehende Besprechung der Götterklassen der heidnischen Slawen und Germanen erlassen wir uns schon deshalb, weil über deren Beziehimg zur Kunst überhaupt nicht viel zu sagen ist. Die plastischen Darstellungen dieser beiden Nationen erhoben sich, wo sie von der hellenischen und römischen Bildnerei unbeeinflusst blieben, selten zu einem geläuterten Formencharakter. Viele derselben erinnern an den plastischen Styl, der in Indien im Schwange war. Dies beweist z. B. die in der Krakauer Universitätsbibliothek verwahrte (9 Fuss hohe) Statue Svatovit’s, welche im Jahre 1848 im Flüsschen Zbrucz im Königreiche Polen gefunden wurde; eine Be. Schreibung des Saxo Gramaticus lässt in ihr eine Copie der Bildsäule dieses Gottes erkennen, die in Arcona aufgestellt war. Sie ist in archäologischer Beziehung von hohem Interesse, doch kann man in den vier mit Einem Hute bedeckten Köpfen des Götzen, den ungeschlachten karyatidenartigen Männergestalten des Untersatzes und den auf die Zeugungskraft der Natur sich beziehenden Symbolen, mit denen diese Statue ausgestattet ist, bei dem besten Willen keine Spur von Schönheitssinn entdecken, ln mehreren Altcrthumsnmseen Deutschlands sieht man kleine eherne Götzenbilder oder Figuren aus gebranntem Thon, von denen man nicht recht weiss, ob sie keltischen, germanischen oder slawischen Ursprungs sind; ein Archäolog hat sogar, um sich dieser Ungewissheit zu entledigen, sie germano - slawische Alterthumspieyen genannt. Der Streit über den Punct, welcher Nation sie eigentlich angehören, ist um so weniger lohnend, als die meisten von ihnen nicht Producte der Kunst sondern des — Handwerks sind. Bei manchen gibt jedoch Uber diesen Umstand der Fundort sicheren Aufschluss. Zu den gelungensten Götzenbildern des slawischen Heidenthums gehört eine eherne Statuette, die wir im J. 1850 bei dem sel. Bischöfe Dietrich in Dresden gesehen;*) sie stellt den Donnergott Perun vor und ist in Bezug auf Körperhaltung und Attribute nicht ohne Ausdruck. Diese Figur zeigt wie so manche andere, die ihr im Style ähnlich ist, insoferne einen Fortschritt dem orientalischen Sculpturstyl gegenüber, als sie die Form des menschlichen Körpers nicht durch Thierglieder entstellt und verzerrt. (In einem kunstgeschichtlichen Werke von Sobieszczanski**) sahen wir eine im Weichselgebiet gefundene Statuette des muthmasslichen Rachegottes *) Jetzt im Besitze des böhmischen Museums in Prag. **) „ Wiadomosci historyczne o sztukach pieknyeh w dawndj Polsce wydal F. AI, Sobieszczanski, Warszawa 1847»“ Wet abgebildet, der geflügelt ist und mit beiden Händen einen Todtenkopf emporhält; sie weist einen Formadel auf, der zu den Götzen, die z. B. in den Dresdner Museen verwahrt werden, einen grellen Contras! bildet und unsere Bemerkungen Lügen straft. Dass die Statuette einen Rachegott darstelle, ist eben nur eine phantasiereiche Vermuthung, welche den Verdacht keineswegs ausschliesst, dass die Figur im 16. oder 17. Jahrhundert aus der kunstgewandten Hand eines italienischen oder deutschen Erzgiessers hervorgegangen und keine heidnische Nemesis sondern ein christlicher Genius sei.*) Wenn auch die Plastik den germanischen und slawischen Göttern keinen verklärenden Ausdruck verliehen hatte, so that es dafür die — Poesie. Das Christenthum hat nämlich den heidnischen Pantheismus in einen phantastischen Pandämonismus verwandelt; es verschwand jedoch die Erinnerung an die alten abgedankten Götter nicht aus dem Sinne des Volkes und dieses bereitete nun in seinen Sagen den von ihren Thronen vertriebenen Gottheiten einen neuen Olymp, und in diesem privatisiren sie nun, weil sie die ihnen von der Volksphantasie angedichtete Unsterblichkeit nicht so leicht abschüt-teln können. Die volksthümliche Sagenpoesie schildert nun diese mediatisirten Götter zumeist als tückisch und böswillig; — als sich die Segnungen des Christenthums noch nicht geltend gemacht hatten, wurden bekanntlich den Herrn des Jenseits in Hainen bei Sternen- und Mondbeleuchtung Opfer gebracht; nach ihrer Verbannung rächten sie sich dadurch, dass sie dem Aberglauben des Volkes zufolge um Mitternacht ihren Spuck treiben und sich den von ihnen abgefallenen Menschen auf mannigfache Weise unangenehm machen. Ein -Sagen- und Althertliumsforscher versicherte uns, dass sich das Volk von Orten, wo sich früher erweislicher Massen heidnische Tempel und Opferstätten befanden, die meisten Geistergeschichten erzählt. Die slawischen Flussgöttinnen Wily locken der Sage nach durch ihre heidnisch unverhüllten Reize nächtliche Wanderer an und wenn diese aus Klugheit oder SittlichkeitsrUcksichten ihren Lockungen widerstreben, so werden sie mit Gewalt in deren Flussgemächer herabgezogen, von denen sie den Rückweg zum Leben nicht mehr finden. Ähnlicher Weise sitzt die schöne Rheinnixe Loreley auf einem Felsen und macht sich ein Vergnügen daraus, durch ihren schwärmerischen Gesang musikalische Fischer und für romanti- ci Her Verfasser dieser Zeilen hatte selbst eine eclatante Gelegenheit, sich von der Fühlbarkeit archäologischer Hypothesen zu überzeugen, ln Prag wurde noch vor wenigen Jahren das rohgearbeitete Relief einer Metallschüssel für das Bild der slawischen Göttin der Fruchtbarkeit, Ziwa, gehalten und deshalb für eine Alterthumssamtnlu ng um viel Geld gekauft. Bei der Besichtigung des Linzer Stadtmuseums sah er nun eine Metall-schüsscl mit demselben angeblichen ìtiwabilde und zugleich einer Umschrift aus dem 14. Jahrhundert. Er theilte diesen Umstand einem Archäologen mit , welcher über die Schüsselähnlichkeit eine gelehrte Abhandlung schrieb und dadurch alle Alterthumsfreunde, die früher bei dem Heidenthumc der ’Jdwaschüssel geschworen hätten, zwang, ihrem schönen IVahnc zu entsagen. sehe Flussfahrten eingenommene Jünglinge anzulocken und sie in die Finthen hinabzuziehen. Auch der „Wassermann“ (Wodnik) ist der Schilderung der Volkssagen zufolge, seitdem er in Ruhestand versetzt worden, ein verschlagener Wicht. Er besucht zuweilen im strengen Incognito die Oberwelt und auf dieser — in Erinnerung an die wildsinnlichen Orgien der verklungenen heidnischen Zeiten — die Tanzböden ; da entfaltet nun der tückische Heuchler gegen Mädchen, die hübsch wie Wiesenblumen und frisch wie der darauf blinkende Thau sind, seine ganze Liebenswürdigkeit. Bemerken nun diese nicht die Wassertropfen, die aus dem linken Schüssel seines meergrünen Rockes rieseln und gewähren ihm die Erlaubniss, sich von ihm ausserhab des Tanzsaales Gefühlsgeständnisse machen zu lassen, so ist es um die Leichtgläubigen geschehen ; er zieht sie mit in seinen Wasserpalast herab. Doch die unsterbliche Seele der Unglücklichen kann der Ex-neptun nicht vernichten; er verwahrt sie deshalb unter umgestürzten Töpfchen, ebenso die Seelen von Kindern, die sich in seinem Reviere baden. — Anklänge an den Seelenwanderungsglauben findet man gleichfalls in deutschen und slawischen Volkssagen, welche Seelen in Taubengestalt Uber den Gräbern herumflattern, in einem Schwanenkörper sich emporschwingen, als blaue Flämmchen Nachts herumirren, oder in Eulen mit klagender Stimme ein ungeslihntes Unrecht beweinen lassen. Doch einige ihrer guten Eigenschaften haben die heidnischen Götter in dem Exil der Volkspoesie doch behalten, wenngleich ihnen im Ganzen nie unbedingt zu trauen ist. Der Bielun der Weissrussen*) irrt in Wäldern umher und weist schweigend, fast unsichtbar dem fehlgegangenen Wanderer den rechten Weg, auch hilft er in seinen guten Stunden den Schnittern arbeiten und theilt, wie Rübezahl Geld unter die Armen aus. Die russischen Schiksalsgöttinen Sorka’s (Sudice) lässt die Sage auch jetzt, noch mit dem Menschen geboren werden, und ihn auf allen Lebenswegen beschirmen. Der alte Frühlingsgott Jarylo (bei den Čechen Wesna) findet noch jezt in Weissrussland seinen Cultus; er wird durch eine schöne, auf einem weissen Pferde sitzende Jungfrau dargestellt, um welches eine Mädchenschaar mit Blumen geschmückt herumtanzt. Wenn auch die jetzige Wohnung der Lada, der Göttin der Liebe und Fruchtbarkeit, dem Aberglauben des Volkes zufolge nicht besonders prächtig ist und oft nur in einem Brunnen besteht, aus dem sie Nachts als „weisse Frau“ heraussteigt, — so führen dagegen die Rusalky in der Ukrajine ein recht poetisches Leben; sie sind reizende, ewig junge, stets lachende, in den Quellen des Dnépr spielende Mädchen, die durch die Seelen Ertrunkener, todtgeborner oder ungetaufter Kinder ihr Leben gewinnen. Dieses ist heiter und sorglos; denn die ganze Beschäftigung der Rusalky besteht darin, dass sie ihre hellrothen, seidenen Locken baden und flechten, dass sie tanzen und *) IS ach einer Abhandlung Drewlensky's im Journal des russischen Ministeriums Jur Volksaufklärung 1346. singen, mit dem Mondlicht spielen, sich bei stillem heiterem Wetter auf den Zweigen der Bäume herumwiegen. Man erkenne die Orte, auf denen sie ihren Reigen gehalten, an Üppigem Graswuchs. Doch am Pfingsttag fallen sie aus ihrer harmlosen Rolle heraus und kitzeln Wanderer oft zu todt; auch am Johannestag (24. Juni) sind sie gefährliche Dämone. Nicht minder poetisch als die Rusalky sind die Elfen der Deutschen, die sich am liebsten in Blttthenkelchen aufhalten und in mondhellen Nächten ihren Reigen halten ; doch seien die duftigen Wesen vermöge der Tarnkäpp-chen, die sie tragen, unsichtbar. Auch der heidnischen Lichtgötter erinnert sich das Volk in seinen naiven Sagen ; — die Sterne seien Kinder der Sonne und des Mondes; mit jedem neuen Menschenleben flimmere am nächtlichen Himmel ein Stern auf und bei jedem Todesfälle schwebe Einer herab. Bei den Bewohnern der Insel Rügen geht noch jetzt die Sage, dass sich zuweilen die wegen ihres slawischen Pantheons berühmte Stadt Arcona (im J. 1168 von den Dänen zerstört) auf dem Spiegel des Meeres, in das sie versunken sei, in ihrer ehemaligen Pracht und Herrlichkeit zeige. In Tausenden ähnlicher, mitunter recht sinniger Sagen erhielt sich bei den Slawen und Germanen das Andenken an die heidnischen Götter. Diese Hessen also, wenngleich nicht auf dem Gebiete der bildenden Kunst, so doch — nach Verlust ihrer Herrschaft — auf dem Boden jener Kunstgattung, deren Form das Wort ist, so manche Geistesbltithe gedeihen. Man kann sich dieser poetischen Göttersagen schon deshalb rückhaltlos erfreuen, weil sie eben nur ein heiteres harmloses Spiel der Phantasie sind und das gegenwärtige religiöse Bewusstsein des Volkes in keiner Weise trüben. XII. Der Islam und das Judenthum Hessen die Kunst und zwar hauptsächlich die Malerei und Sculptur zu keiner sonderlichen Entwicklung gelangen. Beide erblickten in diesen Kunstformen ein sündhaftes Nachahmen der höchsten Schöpferkraft und erkannten es nicht klar und entschieden genug) dass die Kunst eine Verherrlichung der Religion, eine Offenbarung des Unendlichen im Endlichen, des Göttlichen im Irdischen sei. „Du sollst dir kein Hildniss machen, noch irgend ein Gleichniss weder dessen, was oben im Him-wel, noch dessen, was unten auf Erden oder im Wasser ist, —“ ermahnt Moses (II. 20, 4) ; auch warnt er (III. 26, 1.) um den Abfall der Juden vom Monotheismus zu verhüten : „Ihr sollt euch keine Götzen machen, noch Bilder and sollt euch keine Säulen aufrichten und keine Malsteinc setzen in euerem Lande die ihr anbetet.“ — Ebenso erklärt der Koran alle Abbildungen von lebenden Wesen, von Männern und Frauen, vierfüssigen Thiercn, Fischen und Vögeln (in der 6. Sure) für verdammenswerth. Der Islam begünstigt nur Hie Baukunst, deren Werke sich besonders durch äussere Pracht, Zierlichkeit der Formen und üppigen Arabeskenreichthum auszeichnen. Von dem chef d oeuvre der jüdischen Architektur, dem Salamonischen Tempel kennen wir nichts als dessen Beschreibung im alten Testamente (I. Buch der Könige und II. der Chronik); über die altjirdischen Felsengräber, welche neuere französische Reisewerke schildern, bleibt nur zu sagen übrig, dass sie keine Spuren eines ursprünglichen Styls wahrnehmen lassen. * Wir gehen nun zur Besprechung der durch das Christenthum veran-lassten Kunstentwicklung über. Durch die christliche Religion gelangte der menschliche Geist zur unverkümmerten Selbsterkenntniss. Im Oriente taumelte er wie ein Sklave der rohen Naturgewalt, wie ein Verbannter, der seine Heimath nicht kennt, in dem Reiche der souverainen Phantasie herum, ohne seine Rechte und Pflichten zu kennen; — in Hellas erhob er sich zwar über den beschränkten Standpunkt der orientalischen Weltanschauung, doch duldete er die Sinnlichkeit als gleichberechtigt neben sich. Das Christenthum drängte nun diese als Feindin der sittlichen Lauterkeit in den Hintergrund und brachte das Reingeistige als jene Macht, die allein auf den Höhen des Lebens zu thronen hat, zur vorzugsweisen Geltung. Die „Religion der Liebe“ verlieh nun der Kunst eine Fülle neuen beseelenden Stoffes und feierte nicht nur in der Architectur und Bildnerei ihre Verklärung, sondern auch in der Malerei, Musik und Poesie als jenen Formen, in denen das Gemlith des Künstlers ganz aufgehen, das Geistige sich am beredtesten versinnlichen und das Sinnliche am lautersten vergeistigen kann. Die klassische Kunst stellte das schöne Gleichgewicht zwischen dem Sinnlichen und Geistigen in der Plastik dar, die christliche oder romantische jedoch störte es zu Gunsten des geistigen Stoffes. Die Regungen des nach Gott sich sehnenden Gemiiths, die Erhebung des Geistes zum Übersinnlichen kann die Malerei unter den bildenden Künsten am treffendsten zur Anschauung bringen, weil ihre Darstellungsmittel das Licht ist, welches das Ideelle sprechender versinnlichen kann, als die körperliche Masse, welche der Skulptur und Baukunst als Form von Ideen dient.— Die principielle Verachtung der Sinnlichkeit veranlasste zwar in den ersten christlichen Jahrhunderten einige kirchliche Schriftsteller gegen die Malerei, sowie überhaupt gegen die darstellende Kunst zu eifern, weil sie den Hang zur Sinnlichkeit befördere und ein geistiges Wesen mittels irdischen Stoffes nicht dargestellt sondern nur entweiht werden könne. Doch wichen diese Ansichten bald milderen, der Kunst günstigeren; der h. Gregor von Nissa spricht z. B. den Wunsch aus, dass die Malerei die Kirchenwände schmücken möge, damit sie wie eine blühende Wiese glänzen; der h. Paulinus von Noia behauptet in demselben Sinne, dass Gemälde wie gute Erbanungsbücher seien und der Kirchenrath von Trient erblickt in denselben ein wirksames Mittel der Glau bensfestigung. Die ältesten Denkmäler der christlichen Malerei finden sich in den Katakomben Roms; sic tragen vorwaltend einen symbolischen Charakter. Den Werken: „Roma subterranea“ von Aringhi (1651) und „Kirchliche Kunstarchäologie des Mittelalters“ von Heinr. Otte (1845) zufolge versinnbildlicht in diesen, die Begräbnissstätten der ersten Christen schmückenden Frescen — ein Blatt die Vergänglichkeit des Irdischen, eine Taube den Frieden, ein Hirsch die Sehnsucht nach dem Himmel, ein Pfau und Baum die Auferstehung von den Todten, weil jener die abgeworfenen Federn, Letzterer den verlorenen Blätterschmuck wiedergewinnt, — ein Hahn den Mahnruf: „Wachet und betet!“ — der leierspielende Orpheus den Heiland, ein Bienenkorb die Beredt-samkeit, ein Ring, aus dem ein Engel schaut, den geöffneten Himmel, — ein . Schwan den Tod, weil er diesen ahnt, — ein Blumenkranz die Freuden des Jenseits u. ä. Wie sinnig diese Symbole, so einfach und rührend sind die Aufschriften, die sich neben den schlichten Wandgemälden erhalten haben. Wir können es uns nicht versagen, einige der herzlichsten hier anzuführen. Sie lauten: „Lebe wohl, schöne Seele!“ — (Xàwt ,/>>/»/ nakij) — „Victoria schläft hier“ — „Ermetes ist dahingeschieden“ — „Virginia die süsse Seele schlummert hier“ — „Lagrima, lieblicher denn Honig, ruhet da in Frieden“— „Dem Wohlverdienten Claudius, der mich geliebt hat. Er lebte 25 Jahre“ — „Marculus liegt hier, der durch Enthauptung die Märtyrerkrone erworben und den ich Savi ni 11a, Magd Jesu Christi (J. Chr. ancilla) mit eigenen Händen beerdigt habe.“ — In den Gemälden der Katakomben finden sich noch vielfache Spuren des Einflusses der klassischen Kunst; diese verschwinden ganz in dem sogenannten byzantinischen Styl, der sich im Schosse der griechischen Kirche entwik-kelte und die christliche Malerei bis zum 13. Jahrhunderte beherrschte. Er hat lum Nachtheil der Kunst dem sittlichen Grundsatz der Verzichtleistung auf den heiteren Genuss der sinnlichen Lebensfreuden Rechnung getragen und Alles, was dem Gesichtssinne wohlgefällig sein könnte, aus dem Bereiche der künstlerischen Darstellung verbannt ; — die freie Bewegung derselben wurde von vornherein durch Aufstellung von unabänderlichen Normen für die Heiligenbilder unmöglich gemacht. Die Gestalten der gefeierten Heroen der Kirche waren — der Anordnung dieses beschränkten Styls gemäss — lang und gedehnt, die Köpfe mager und unförmlich, die Gesichtszüge starr und herb, die Augen seelenlos, nicht selten geschlossen, — das Antlitz braun, die Farben überhaupt dunkel, — die Gewänder in viele enge harte Falten gebrochen. In Italien wurde dieser der Kunst ungünstige Einfluss zuerst beseitigt. Die gottbegeisterten Maler dieses Landes sahen es ein, dass man durch das sinnliche Element der Schönheit Gott auch ehren könne, zumahl diese nur ein Kleid feiner Seelenregungen ist und sich in der Natur selbst ein eben so tiefer als unerschöpflicher Schönheitssinn beurkundet. Sie ahnten es dass die Kunst, wie der italienische Mystiker Campanella sagt, „auf die Ideen hinschaue, welche die Naim- von Gott empfängt.“ Durch sie entwickelte sich nun seit dem 13. und 14. Jahrhunderte ein neuer Kunstgeist, welcher der religiösen Begeisterung und Ge-fhhlsinnigkeit den reizendsten Ausdruck verlieh. Diesen sehen wir, um einige Beispiele anzuführen, u. A. in der Madonna von Luino Luini, die sich in der Münchener Pinakothek befindet, ln ihrem Gesichte prägt sich eine solche Wärme, Zartheit und Lauterkeit des Gefühls aus, dass man sie für eine Versinnlichung der christlichen Liebe erklären könnte. In den herrlichsten Blüthen der christlichen Malerei zeigt sich diese Uber die Sinnlichkeit emporstrebende, vergeistigte Liebe zu Gott und den big. Beiden des Christenthums, dieser selige stille Friede eines vom Irdischen abgezogenen Gemüths und die mit den Drangsalen des Lebens versöhnte, sie muthig tragende Ergebenheit in hinreissend schöner Weise. In derselben Kunstsammlung befindet sich auch eine „Himmelfahrt Mariens“ von Guido Reni, den Schelling bekanntlich „den Maler der Seele“ nennt. Das Bild stellt die Mutter des Heilandes vor, die von zwei Engeln getragen die Glorie des offenen Himmels, die Majestät Gottes in Verzücktheit schaut. Das Antlitz Mariens versinnlicht das Heimweh einer gottergebenen Seele nach dem Jenseits so recht innig und sinnig. Man begreift beim Betrachten desselben den ascetischen Ausspruch : „Wenn Gott und seine Liebe ein Meer wären, so wollte ich in diesem Meere versinken und vergehen!“ Zu jenen Bildern, in denen sich religiöser Schwung mit poetischer Anmuth vermählt, gehört auch die hlge. Justina angeblich von Ant. Lueino da Pordenone im Belvedere zu Wien. Es offenbart sich in diesem Gemälde rührende Seelenmilde und Gefühlsinnigkeit in den schmelzendsten Farbenaccorden. „Man könnte vor Leid wahnsinnig werden, dass diese schöne Frau nicht aus dem Rahmen lebend heraustreten kann“ — rief Byron vor einem solchen Bilde aus. Wenn man auch beim ersten Anblick dieses Gemäldes von Pordenone den ungestümen Wunsch Byrons theilt, so weist man ihn bei längerer Betrachtung um so entschiedener zurück, als bei demselben der Gegensatz der unvergänglich blühenden Kunstschönheit und der rasch welkenden Naturreize eben recht klar wird. Eine der kostbarsten Perlen religiöser Kunst ist auch die Madonna von Mu-rillo in der Dresdner Gallerie. Wie einnehmend ist die Sehnsucht nach dem Reiche der Seligen in ihren magisch glänzenden Augen, wie lieblich die Jungfräulichkeit in dem rosigen Anhauch ihrer Wangen, wie reizend die Liebe zu ihrem göttlichen Kinde in dem Lächeln ausgeprägt, das ihren feinen Mund umspielt. Das Jesukind selbst blickt so verständig aus dem Bilde heraus, als ob es die Geheimnisse der Welt genau verstünde. In der Holbein’schen Maria „mit dem Bürgermeister“ in derselben Gallerie erfreut wieder die vorwaltende Gefühlswärme, die in dem Gemüthe des Beschauers ein wohllautendes Echo wachrufen muss. Der höchste Grad geistigen Ausdrucks erscheint jedoch in der Sixtinischen Madonna von Raphael erreicht ; — „sie ist das transparente Lichtkleid einer edlen gottbegeisterten Seele!“ — meinte ein Kunstenthusiast, der mit mir das Bild betrachtete. Der alte Bauhüttenspruch : „Kuenst — auch Gottsdicnst“ erweist seine tiefe wahre Bedeutung auch in der christlichen Malerei. Das Schaffen von Heiligenbildern war bei den Vertretern derselben eine That der Frömmigkeit; es gab Künstler, die knieend malten und während der Pinselführung beteten. Das Volk theilte diese religiöse Begeisterung und nicht selten geschah es, dass es in feierlicher Prozession die fertigen Bilder aus dem Atelier der Künstler abholte. Die Reformation machte dieser Seelenhingebung der religiösen Malerei keinen unbedeutenden Eintrag; sie war Ursache, dass dem durchgeistigten Style des Idealismus die Darstellung weltlicher, von Reizen der Sinnlichkeit umflossener Objecte entgegengestellt wurde. Die Niederländer, welche am entschiedensten der neuen, realistischen Richtung in der Malerei huldigten, malten lieber Anakre-ontisches als Madonnen, lieber Kirchweihfeste als Passionsszenen, lieber weltlich gesinnte Menschenkinder denn Heilige. Und wenn sie religiöse Stoffe behandelten, so fehlte der Durchführung derselben jener geistige Duft, Gefühls-adel und Enthusiasmus, welchen die unbedingte Glaubenskraft so vieler italienischer und deutscher Maler zur Anschauung gebracht hatte. Wir kennen Bilder von holländischen Malern, welche Gestalten von Heiligen als blosse Beigaben zu einem appetitlich aussehenden Gabelfrühstück behandeln. Die Reize der Sinnlichkeit wichen hier den Reizen des lauteren seelischen Ausdrucks. Die wohlbeleibten Madonnen von P. Rubens erwecken ganz andere als andächtige Gefühle ; selbst ernste Stoffe, wie z. B. das jüngste Gericht, behandelt dieser geniale Maler mit auffallender Absichtlichkeit im Hervorkehren des Derbsinnlichen und Co-stümlosen. Die Kindlichkeit der Auffassung, die sich mit diesem Realismus der holländischen Schule, namentlich in Heiligenbildern verbindet, ist nicht selten von ergötzlichem Eindruck. Von Salamon de Bray sahen wir z. B. ein Bild der Geburt Christi, dessen imposanteste Gestalt der Esel ist, den der hlg. Joseph mit Aufmerksamkeiten Uberhäuft. In der ständischen Gallerie zu Prag befindet sich ein Gemälde, das den Besuch der hlg. drei Könige beim Christkind darstellt. Der Schauplatz, den dieser Stoff erheischt, ist ganz verholländert; die hlg. Familie wohnt in einem schneebedeckten Zelt und die drei Könige aus dem Oriente erscheinen in Pelze wohl eingehüllt. Im Wiener Belvedere befindet sich ein Bild von Steinvyck, das dem Katalog zufolge die Befreiung des hlg. Peter aus dem Gefängnisse zum Gegenstände hat. Dieser Stoff' ist nach der ihm zu Theil gewordenen Behandlung schwer zu errathen ; denn das Gemälde stellt eine grosse Säulenhalle vor, in deren Hintergründe verschwindend klein der hlg. Peter und dessen Retter erscheinen. Ein ähnliches Missverhältniss zwischen Stoff' und Darstellung fanden wir auf einem Gemälde von Bueckhcr in einer Prager Gallerie ; es führt eine corpulente, von appetitreizenden Esswaareu umgebene Köchin vor; hinter derselben hat man einen Einblick in die Küche, in welcher ein Mädchen am Herde beschäftigt ist ; ein Jüngling versichert es soeben in unzweideutiger Weise seiner Freundschaft. Durch das Fenster der Küche nun rieht man eine freie Gegend, in welcher sich — kaum bemerkbar — zwei Männer ergehen; — wer sind denn diese winzigen Wanderer ? Es sind dies die zwei Apostel, welche nach Euiaus gehen: der Hauptstoff des Gemäldes! — Die Lebensphilosophie der niederländischen Genremaler beschränkt sich auf den Satz: Es lebe der Wein, Gesang, Liebe und — Tabak! Doch auch ihr Standpunct hat seine Berechtigung, wenn er auch ohne ideelle Höhe ist ; ihre Gemälde stellen nämlich die freudigen und festlichen Seiten des geselligen Lebens dar; es offenhart sich in ihnen die behagliche Lust am Dasein, die Heiterkeit des Gemüths, das von keinem Schuldbewusstsein gedrückt wird und je- ner Frohsinn, der durch Wohlstand und Behaglichkeit der bürgerlichen Verhältnisse genährt wird. Selbst die Frucht-, Thier- und Blumenstücke sowie die Landschaften der niederländischen Maler treten durch die Naturandacht, durch die Freude an den Werken Gottes, die sich darin kundgibt, in eine gewisse Beziehung zum religiösen Bewusstsein. * Wie die Malerei so gehört auch die Musik dem romantischen Ideale der Innerlichkeit an. Wenn auch die Töne keine bestimmten religiösen Vorstellungen ausdrücken können, so sind sie doch auf’s entschiedenste geeignet, solche Stimmungen wachzurufen und Gefühle anzuregen, welche das Gemtith zu einem stillen, Gott feiernden Heiligthum erheben.*) Der Märtyrer Justin rühmt deshalb dem Kirchengesange nach, „er wecke die Seele zum brennenden Verlangen nach dem, was in den Hymnen besungen wird;“ ebenso bezeichnend sagt der big. Augustin, dass „mit dem lieblichen Klange des Liedes das Wort Gottes in unser Herz einziehe.“ Die christlichen Tondichter des Mittelalters sahen in der Musik allerdings eine Form der subjectiven Anbetung Gottes und zugleich ein Mittel, um die in der Kirche versammelte Gemeinde in eine gehobene Geistesstimmung zu versetzen; die Gefühle der Betenden sollten so rein, ernst und feierlich sein wie die Accorde der kirchlichen Gesänge und der sie begleitenden Orgel. Die älteren Kirchengesänge und Choräle haben ein vorwaltend düsteres Gepräge ; sie klingen bald wie Seufzer eines schuldgedruckten Herzens, bald betonen sie jene Gernüthsstimmung, in welche der Andächtige bei Betrachtung des Gegensatzes von Gottes Unendlichkeit und des Menschen Beschränktheit und Winzigkeit geräth. Nicht selten schliessen die klagenden Mollgesänge mit einem Duraccord wie mit der Hoffnung auf die Versöhnung mit Gott, wie im Vertrauen auf die verzeihende Güte des liebevollen Vaters der Menschheit. In den Chorälen von Oppenheim, Josquin de Prés, Goudimel und Balestri na (die wir in einem sogen, „historischen Concerie“ zu hören Gelegenheit hatten) offenbart sich schon ein stolzeres Selbstgefühl eine tiefe vertrauungsvolle Ruhe, der selige Friede der Gottesminne. Die Compositionen des letztgenannten Tondichters sind überhaupt von einem solchen religiösen Emst, einer solchen wohltlm-enden Innigkeit und Gefühlswärme durchweht, dass er mit Recht von einigen derselben behaupten konnte, „er habe sic vorsingenden Engeln nachgesungen.“ „Ebenso treffend sagte Papst Pius IV. von seiner Messe: „ad Fugam“: „Dies müssen die Töne gewesen sein, welche der Evangelist Johannes (Offenbarung Kap. 15) in dem himmlischen Jerusalem vernommen und die ein anderer Johannes (Palestrina) wieder in dem irdischen Jerusalem hat ertönen lassen.“ *) Beachtenswerth ist der von Carus indessen: „Symbolik der menschlichen Gestalt, Leipzig 1857“ hervorgehobene Umstand, dass die Gehörsnerven in das mittlere Hirn, den Sitz der Gefühle hineindringen, Die meisten der 1600 kirchlichen Compositionen des Flamänder’s Orlando di Lasso (geb. 1520) sind gleichfalls tiefgefühlte Tongebete; bezeichnend ist die Überschrift seiner vierstimmigen Messen : „Hic est Lassus, qui lassum recreat orbem.“ Berühmt sind ausserdem die kirchlichen Tonwerke von Marcello, den die Italiener wegen seiner meisterhaften Psalmen den musikalischen Pindar nennen, — von Leo, der u. A. ein treffliches achtstimmiges Miserere componili hat, Pergolese und Allegri, von dessen alljährlich in der Sixtinischen Kapelle aufgeführtem Miserere Jemand treffend bemerkt, dass die mächtigen Accordo desselben wie ein langer Zug küssender Sünder durch ein dunkles Thal dahinschleichen. Im 18. Jahrhunderte wurde auf dem Gebiete der geistlichen Musik besonders in Deutschland Hervorragendes geleistet. Hasse, ein Schüler Scarlat-ti’s, Hrendei, Sebastian Bach , Haydn u. a. hatten ihren durch Gottes Unenrili c h k e i t geweckten Andachtsgefühlen in Tönen Ausdruck gegeben, in deren Combinationen sich so ganz die Unendlichkei t, Unerschöpflichkeit des künstlerischen Productionsvermögens äussert. Ein Beweis dass auch dem Tondichter des berühmten Oratoriums: „Schöpfung“ das Componiceli ein Act der Andacht war, liefert der Umstand, dass er, bevor er an das Schaffen von Tongebilden ging, sich auf die Knie niederwarf und inbrünstig zu Gott um Erleuchtung seines Geistes flehte, damit sein Werk zur Freude und Erhebung der Menschenkinder glücklich gelinge. Dass auch Beethoven sich des Zweckes der musica sacra klar bewusst war, zeigen nicht nur seine tiefempfundenen kirchlichen Ton werke, sondern auch sein Ausspruch, dass „die Kirchenmusik eine Vertreterin der Gottheit sei.“ — * Die Poesie ist zu der Religion der Liebe in eine mehr unmittelbare Beziehung getreten, als die Musik, da sie die geistigste, klarste, bestimmteste Form für die Schöpfungen der Phantasie und für Gefühlsregungen liefert, während die Musik keine anderen als Tonideen ausdrücken und nicht die Form von bestimmten Gefühlen sein kann. Die ersten Erzeugnisse der christlichen Poesie waren die Kirchenhymnen ; sie priesen nicht den heiteren Genuss irdischer Freuden , sondern die Sehnsucht nach der ewigen Heimath des Geistes, den Frieden der in Gott ruhenden Seele, die Verläugnung der sinnlichen, nach flüchtigen Freuden strebenden Begierden und die Grossthaten der Heroen des Christenthums — der Märtyrer. Viele der im 4. Jahrhunderte vom hlg. Ambrosius, Bischof v. Mailand, Gregor von Nazianz und Synesius, Bischof von Poitiers gedichteten Hymnen erbauen noch jetzt die Herzen der Gläubigen (r. B. „Te deum laudamus“, „Veni creator spintus“, „Pange lingua gloriosi“). Besonders schwungvoll sind die geistlichen Lieder des heiligen Bonaventura (t 1274), des Verfassers der berühmten Sequenz: „Dies irä“; die meisten hievon hat er im Gefängniss gedichtet, in das er von den Gegnern seiner Ordensreformation geworfen wurde. Er vergleicht sich darin mit einer geblendeten Nachtigall im engen Käfig, in deren Innern ein ewiger Frühling blüht, während die Welt mit dem Wechsel der Erscheinungen ihren Blicken entschwunden ist. Ähn- liehe poetische Gedanken finden sich häufig in seinen religiösen Gedichten vor. Den höchsten Flug nahm die geistliche Poesie in Italien zu Anfang des 14. Jahrhunderts mit Dante, der in seiner : „Divina Comedia“ einen glänzenden Beweis lieferte, wie poetisch anregend die christliche Weltanschauung ist. Der Mariencultus begeisterte gleichfalls so manchen Dichter zu bilderreichen Poesien, wie er überhaupt den Frauencultus des Mittelalters, die zarte Scheu vor der Reinheit des weiblichen Gemüths beförderte. So feierte der deutsche Dichter Heinrich von Meiszen, genannt Frauenlob, in seinen Versen neben „unserer lieben Frau“ im Himmel auch die Frauen des Diesseits; beides brachte ihm ein solches Ansehen, dass er bei seinem Tode (1318) von Mainzer Damen zu Grabe getragen wurde.*) Die Quelle der dramatischen Poesie ist gleichfalls — die Religion ; die im 12. und 13. Jahrhunderte aufgekommenen Passionsspiele machten nämlich einen Theil des Gottesdienstes in der Charwoche aus und wurden in der Kirche aufgeführt. Schon im J. 1110 wurde ein geistliches Drama: „die heilige Katha rina“ von dem Abt von St. Alban, Gottfried, in einer Kirche von Schauspielern in Chorhemden zur Aufführung gebracht. Die Geistlichkeit begünstigte diese Schauspiele als eine öffentliche Belehrung in der Geschichte des Christenthums; doch die Kirchenversammlung von Trier stellte 1229 fest, dass dieselben nicht in Kirchen sondern auf öffentlichen Plätzen dargestellt werden sollen.**) Später ging die Aufführung dieser Schauspiele in die Hände der Laien Uber, welche denselben manche weltliche, komische, mitunter selbst triviale Elemente beimischten, so dass sie ihre geistliche Physiognomie verloren.***) Ihre höchste BlUthe erreichte die religiöse Poesie in Spanien mit Lope de Vega und Calderon. Unter den 2000 Dramen des Ersteren befinden sich viele geistliche Schauspiele („autos sacramentales“), die grosse poetische Schönheiten aufweisen. In den „vidas de Santos“ dieses ebenso frommen als fruchtba- *) Albrecht von Straszburg erzählt darüber in seiner lateinischen Chronik Folgendes : „es wurden sehr grosse Klagen bei Heinrichs von Meissen Be-%r’ ànavra“ Phil. 24 E. Et voluptates quidem ad hoc gcnus rov dnsigov referri sophistis ipsis quam maxime placet : „ov yàg av rjdovrj nàv àyaOòv rtv, sì jirj ilnsigov Irvyyavs zrtqvxog xaì nliq&si xaì rà fxàllovu Phil. 27 E. Quae cum ita sint, et voluptates natura sua omni careant modo et constantia, ipsis motus sol um et gene-vatio (xivtjcif xaì yhsaig) non autem essentia (ovaia) tribuenda est: „xaì fxsv róys gdv iv rpvyg ycyvóftevov xai rò Iv n egòv xivgaig rig dfiqozégia iaróv11 De Repub. IX, 583 E. — ,,y/p« negl gdovgg ovx dxgxóauev mg chi yévtaig ianv, ovaia dè ovx tari rò nagànav gdovgg,„ Phil. 53 C. Quse inde Platoni sequantur, paulo post ridebimus. Sed ex ea iam definitione voluptatis apparet, Platoni voluptatem non esse tale quid, quod in negatione, i. e. doloris vacuitate et absentia, sed quod in positione aliqua cernatur, atque expressis verbis dicit : „toig ydg cpdaxovac Ivnoiv elvac nuvXav ndaag tag gdovdg ov ndvv ncag nei&o(iaiu Phil. 51 A. „ lP'evdg ye /igv do!ga£ovoi negt tov yaioeiv, tineo ycaoig tov uri kvnei&ac xai rov yaigetv g avoig ixarigov“ Phil. 44 A, B ; cf. De Repub IX, 583 C. Prseter ea Plato persuasum habebat pretium et dignitatem voluptatum non definiri ex indicio eorum, qui eas percipiant — quse erat sophistarum sententia secundum illud Protagorse : „ narrar yggfiatcav fiero ov dv&gmnov etvat11 The-aet. 152 A. — sed rebus ipsis, ex quibus ese proficiscantur ; quo proprius enim res ipsse, ex quibus voluptates percipiantur, ad veritatem et essentiam accedant, eo maiorem inde nasci voluptatem ; ubi summa essentia et summa veritas — obiectiva quam dicunt, — inde summam quoque proficisci voluptatem : „nkggm-aig ài dlgxharéga rov grrov g tov ftàllov òvtog ; dgXov, òn tov fmXXov.u De Repub. IX, 585 B; „ovxovv rò tmv (lakXov ovtmv nXggov/ievov xai avto g ciklov ov òvtcag fiallov nXggovtai, •grò tmv gttov òvtcav xai avrò gttov òv ;u De Repub. IX, 585 B., cf. Phil. 37 B. seqq. Quanti sit momenti hoc placitum Platoni in diiudicanda voluptatum dignitate, eo magis ellucebit, cum recordamur, Platoni corpus et quae ad eius victum cultumque pertineant, multo minus veritatis et essentiae participare, quam animam et quse ad eius institutionem referantur, scientias et artes, cf. DeRepub. IX, 585 seqq. Itaque pro rerum varietate Plato plures discernit voluptatis formas : puras et impuras, cf. Phil. 40 C, Tim. 64 D seqq., vehementes et moderatas, cf. Phil. 52 C, bonas et malas, cf. Pliil. 37 D. Gorg. 499 C. seqq., De Repub. VI, 505 B., veras et falsas, cf. Phil. 37 B, seqq., necessarias et non necessarias, cf. DeRepub. VIII, 558 D seqq., postremum eas, quse respondent tribus illis animar partibus, cf. De Repub. IX, 580 D. Quse omnia si consideraverimus facile apparebit, Platoni minime in voluptate consistere potuisse beatitudinem humanam ; omnis enim voluptas cu m motu contineatur et generatione nec ullam habeat essentiam, et cum omnis generatio ad aliud quid, nimirum ad essentiam spectet, eique inserviat, ipsum bonum autem per se et finis sit omnium rerum : „tiXog ànaacàv tmv ngdi-emv rò dya&óv“ Gorg. 499 E seqq., pro bono, quod aitò xa&’ aitò òv, ovaia est, Plato habere non potest voluptatem: „dg ovv g d ovij ye, einen yévsaig ianv, et g aklgv rj tgv tov dya&ov uotnav avrrjv rtOévteg ógOcSq {hjaofiev ; òg&ótcttu /ue'v ovv. Phil. 54 D. Nani cum generatio necessario sibi adiunctum habeat interitum, si quis in voluptate humanam posuerit beatitudinem, sempiternam generationem et perpetuum sibi eliget interitum : „tgv dg (f&ogdv xai yéveaiv aio oh dv ttg rov&' (rjdovgv) aigovue- vogu Phil. 55 A. Insuper voluptatem per se solam, quippe qure mente, memo- ria, scientia, quibus demum nobis gaudentes conscii sumus, carere non possit, nemo unquam sibi expetendam putabit, Phil. 21 B, C, D. His omnibus perpensis beatitudinem vitae human« in voluptatibus non esse ponendam consequitur. Sed nec in sola cognitione (ggovrjaei) sita est ut nonnulli putant, Antisthenes et Megarici.*) Cum enim cognitio alicuius rei cognitionem esse necesse sit, eamque rem rursus bonum ipsum esse dictitent, in miro versari circulo eos Plato ait, cognitionem bonum esse statuentes, cum tali modo idem per idem definiant, quasi quid bonum sit, iam perspectum habeant. De Repub. VI. 505 B. seqq. Atque insuper vitam omnibus orbatam voluptatibus et totam cognitioni et scientiis deditam hominibus neque sufficientem (ixavóv) nec optabilem («<’o£-Tóv) esse, cf. Phil. 21 E, 22 B. Plato apertis non sine caussa addit verbis, hominibus non esse sufficientem talem vitam : „ovr ùv&Qcónw, ovrs £cócov ovöevl“ nam aliter statuendum esse de vita deorum ex his patet verbis: „ovSè yào 6 cròi fovg, co 2wxp«T£S', sitti tàya&ór, «/./.’ tgei nov ravrii iyxXrj/iaTa (tov fir) tlvai ixavòv xctì aioeróv)' td% dv, tu (PiXijßg, oys éfióg" ov jitvtot tóv ye aXrj&ivòv dfia '/.al Oeìov olfiai vovv, àlX' dXXmg ntog s%eivu Phil. 22 C. Quid tandem est Platoni bonum ipsum, et in quo consistit humana beati-tudo? Quamvis quid bonum ipsum sit mirum in modum dissentiant, in eo omnes consentire ait Plato, quod, cum in aliis virtutibus permulti satis habeant speciem aliquam possidere, v. c. iustitise, pulcritudinis, nemo in specie boni acquiescat, sed spreta omni imagine, ubi de boni possessione agatur, ipsam omnes quaerant veritatem, cf. De Repub. VI, 505 D seqq. ; neminem enim sponte mala sibi eligere aut facere, et quem ad modum anima invite solum ignorantiae succumbat, cf. Soph. 228 C. et error appellali possit mendacium invitum (ùxovaiov ysvdos) De Repub. VII, 535 E., ita neminem unquam sponte esse malum; cf. Men. 77 C — 78 A; Protag. 345 D; 358 CD; Gorg. 466 D seqq.; 488 A; Hipp. min. 376 B; DeRepub. IX, 589 C; Legg. V, 731 C ; 734B; Tim. 86 D etc. Sed si quis malus sit, aut mala sibi eligat, ex eius ignorantia hoc proficisci, nam scire et facere idem esse Plato statuit, cf. Gorg. 460 B; Pro-tag. 352 B; Euthyd. 288 D. Quid Plato de bono ipso et beatitudine humana senserit, eruere si volu-nius, primo probe est tenendum, ipsi duas has quaestiones, a se quidem diversas, arctissime inter se coniunctas esse; beatitudinem enim humanam, utpote summum hominis bonum, nisi ascito bono ipso, idea nimirum boni, neque cognosci, neque confici posse, Platonis est sententia consentiens quam habet de ideis, doctrinae. Quem ad modum enim pulcra communione (nuQovoitf, xoirco-[ts&éljti Euthyd. 301 A ; Phaed 100 D ;) ideae pulcri pulcra, et alba com- *) Verbis: toìi ó'è xofixpotégoti (pQovrjffif (àoxùeìvai tò àyuOóv) De Repub. VI, 505 B. seqq. a Platone non solum slntisthenern sed etiam Megaricos significari, cf, Zeller, l. I. II, Tom, pag, 106, an 3 et Ritter l, l pag, 117 sqq, munione ideae albi alba fiunt, sic quoque summum hominis bonum communione ideae boni perficitur, i. e. si vita humana ad ideam boni, quasi ad exemplar, conformatur. Itaque omnis humanae beatitudinis investigandae opera irrita erit, nisi ideam boni respexeris, quin etiam quaevis scientia nisi adiuncta ideae boni cognitione nulla est, cf. De Eepub. VI, 505 A seqq. Quare uni cuique, qui ipse beatus esse cupiat et cuius sit alios beatos reddere, praecipitur hanc ideam boni ut investiget, neve desistat priusquam eam invenerit : „ngir dr avrò o fozir dya-&ÒV avzfj voTjfTti Xdßf De Repub. VII, 532 A. „ravzrir (rrjr rov dya&ov IStar) litt ìdeìr ròv gtu.orza èuqoóvcag ngttìnv ^ jälri ij är/uorrif De Repub. VII, 517 C:,,... dv ovv ng àvdyxtj yivr-rm d ixtì noti gi'urr/aai tig dv&Qunar ijilr/ xaì iSlry xaì drjpoaif VI, 500 D ; „druyxuazlov draxUrarrag zrjv rrjg vpvyijg dxrtra tìg avrò dnoßi.tipat rò nàtsi cf cSg nagiyov xaì ìdórtag rò dya&òr avrò, nagadsiypari ygmplvovg èxtircn, xuì nóhv xaì tavzovg xuraxoaptiru VII, 540; cf. IX, 592 B; VII, 520 C; 501 B sqq. Ad hanc, quae ideam boni inter et beatitudinem intercedit, rationem illustrandam inservit instituta illa ab initio Philebi de generibus et rerum formis disputatio ; in primis contulisse iuvabit Phil. 15 A B C, 16 D, 18 B; est enim boni idea genus, beatitudo humana eius quasi species. Sed idea boni quid est? Identidem Plato dicit, nos ideam boni non satis percipere posse : „òzi avzi:v ovy ìxuróòg icatv“ De Repub. VI, 505 A; cf. 506 CDE; 507; VII 517 B, C — „rinort er te dv&goóncg xaì rcg narri néqvxtv dyaOÒr xaì tira idéav avrrjr tirai note tuarttvtéor*) Phil. 63 E. Itaque ideam boni non definit Plato, sed tantum modo eius effectus, vel ut Platonis verbis utar eius zóxovt xaì ixyórovg De Repub. VI, 506C, 507 A, descnbit, idque adhibita nobilissima illa solis imagine ; qualis enim sol in mundo sensibili (ir ógutcS), talis idea boni in mundo intelligibili (ir rorjtcß De Repub. 516 C), et siculi sol non id solum efticit, ut res externae cerni possint et ut nos eas videndi habeamus facultatem, sed etiam ut res ipsae fiant et crescant : sic etiam idea boni hominibus tribuit cognitionem earum rerum, quae cognoscuntur et his ipsis rebus, reliquis ideis, veritatem et essentiam largitur ; et siculi sol non ipse est oculorum acies, vel generatio, sed dignitate has superat, ita idea boni quoque ipsam essentiam potentia ac dignitate longe vincit**) De Repub. VI, 506 E, —509 C. In hac ideae boni descriptione quasi eius róxot proponuntur essentia (rò or, ovaia), scientia (im-cm;,«!?) sive ratio (rovg De Repub. VII, 517 C) et veritas (dfoj&ua). Deinde idea boni appellatur caussa omnium, quae pulcra sunt et recta : „narrar òg&cSv zs xaì xalàr aìriau De Repub. 517 C; etenim omnia, qurn vulgo bona habentur, non externa solum, ut valetudo, opes sed animi quoque virtutes, iustitia, fortitudo, nihil prosunt, nisi eis accesserit idea boni, De Rcpub. VI, 505 A. Porro est idea boni *) Fallitur Rilterus I. I pag. ?8y si huc vocabulo „parrtvtcdui“ deductus iti dicat, ideam boni in posterum demum cognosci et acquiri posse, cum ta men pantvto&ai hic nihil aliud significet, nisi nos ideam boni non plane et penitus animo nostro percipere, sed tantum modo divinare posse, **) De Platonis idea boni cf. Disputationes Platonicae duce, Herrn Bonilz, Dresd, et Lips. i8j7- aliquod in se perfectum (zütov) sibi ipsi sufficiens (ìmvóv) et id quod ab omnibus optatur (aiQiTÓv), Phil. 20 D ; 61 A. Et cum idea boni una notione absolvi nequeat, Plato tribus comprehendit notionibus, pulcritudinis, convenien-tise, Veritatis : „ovxovv ei fiij [lip ävvd/Jt&a ìdérf zò dya&òv &ìjQtv<7ca, ffvv zoicì hiß Òtto;, xdV/.ti mi |vfi/xerglif ml altj&tia, /Jywutv oìg rovro oiov tv òo&órnr dv tthiuGnt'[ii&a. x. r. Phil. 65 A. Aliam ideae boni descriptionem invenimus in fine dialogi Philebi, ubi, qui sint bonorum gradus, exponitur; primo enim loco ponitur modus, modicum et opportunum et quidquid eiusmodi aeternam naturam Suscepit : „dj./.d noiStoi' fifa nrj negi fiizQov mi rò [ifagiov mi rò xaioiov xal ndvra onuoa roiavra yorj voui^tiv rtjr didiov riofjir&cci ifvcriv“ Phil. 66 A. His verbis nihil aliud significari, quam ipsius boni ideam et vocabulo toì [iézg etiam supra allatas xnllovg xal gvuuiroiag notiones „uno oculorum obtutu“ comprehensas esse demonstravit Trendelenburgius*). Ad hanc igitur ideam boni vita humana conformata sit necesse est, modo et concentu contineatur, simplex sit et quasi una, si boni et beati esse velimus; omnia enim, quse pulcra et bona et perfecta sunt, ex modo (tm /zetom) et concentu aliquo proficiscuntur : „xai zovrco rù zqóna rò uéroov aw^ovaai (anatrai ai zéyvui) narra dya&d xaì xu'/.d dmoyd^ovrat11 Polit 284 B. nàv drj to' nya&òv xakóv, rò ót xuì.òv ovx aueroov“ Tim. 87 C. „dretig yuQ ovdèv ovdevòg fiéx-poy“ De Repub. VI, 504 C ; „ort uéroov xaì rii,' ’^vuuéroov cpvaecog firj rvyovaa jjngovv xaì òncagovv Svyxgaine naca dmyxtjg dnó'ù.vat rei re xegdvvvfxa xaì nooizrjv éavztjv.u Phil. 64 D. Sed in constituenda vita; humante beatitudine alius quoque rei ratio est habenda ; Platoni enim persuasissimum est, id quod uni cuique rei bonum sit, non aliunde nec extrinsecus pendere, sed in re ipsa, cui quid bonum sit, situm esse, et ab ea re non esse alienum quidpiam, sed ipsi proprium ac maxime peculiare; proinde id, quod homini bonum sit, non alibi, sed in homine ipso esse quaerendum : „tineo rò ßü.ziazov èxaozco, zoiro xaì oìxeiózazov“ De Repub. IX, 586 D; cf. 1,353 C seqq. „òzi zd oixeid ze miza avzov dya&d xaloirjg1,1 Oh arm. 163D; „xócruog ztg dpa iyyivójxsi’og iv éxdcrzca ò txdorov oixeTog dyaOòv nagéyei txaorov zàv óncovu Gol'". 506 E; „ovyàgrò éavrcov txaaroi àand£ovzai, tì juj) ti! zig rò ixìv dya&òv oixtìov xa/.tì xaì iavrov, zò de xaxòv d/lóro iovu Symp. 205 E ; cf. Lys. 221 E, 222 C; Legg. V; 726; X. 900 D. Eandem vim habet formula zd éavzov tiQarteiv. Quid inde sequatur, facile apparet. Est enim in constituenda humana beatitudine etiam humana natura respicienda : „dv&Qwnoig ydn Siaì.eyóueOa, à)X oi dtoTg“ Legg. V, 732 E. Homo autem non solum ex animo constat, sed etiam ex corpore et ei necessario quodam vinculo adstrictus est: „San drj (fvcrti dv&Qcóniiov fialiaza rjSomi xaì ì.vnai xaì im&v/ilai, è!- wv dvdyxrj zò övrjtov nàv £wov àrtyvàg oJov i^orrcttai zt xaì ìxxotfiduevov elmi anovSaìg raig fityiazaig''1 Legg. 1. 1. De hoc animi cum corpore commercio Plato apertius tectius cum in *) De Platonis Philebi consilio, Trendelenburg. Berol. \ 837 Pa§' 16 seqq. aliis dialogis tum in primis in Phaedone conquseritur. Corpus enim, in quo animus tanquam in carcere inclusus sit, hominibus maximo esse impedimento quominus ad plenam veritatis cognitionem perveniant, cum corporis morbi, mutationes, cupiditates, veritatem nobis quasi obvelent; nam quae corporis sensus nobis impertiant, tantum abesse, ut vera, ut plerumque incerta et falsa sint; mentis nostrae oculos tum demum accurate videre, cum extincta sit corporis oculorum acies : „z/ roi rijg diavoiag òxpig doytzai ßXtauv, òrav ij rmv òpudzwv Ttjg dxfizjg Xzjyeiv imyetQrj11 Symp. 219, quare omnis vere philosophantis esse, mortem desiderare et summo studere opere, ut quoad vivat, quam minimum habeat cum corpore commercium, quo proprius accedere possit ad veritatem: „ xai iv io uv (àuiv, ovrcog, org Soixsv, lyyv&dzco IcouiOa rov itd hai, èdv ort pdXiara firjó'h òfiiXcò/iiv rqj móiitizi, gz/dì xoivcò/icv, ori pr/ miao. dvdyxrf1 Phaed. 67 A. Sed quamvis de commercio animi cum corpore eonquseratur Plato, nihilo secius tamen, quamdiu illud commercium sit, corpus id esse, cuius adminiculo ideas cognoscere possimus statuit : „ravr ovv ndvr lari ràv ^vvairhov, rag heògvzzr/n trovai XQrjzai rrjv rov do larov xazic rò dvvuzòv id lav drtortXüvu x. r. X. ndiò dr/ ygzj di' airlag i’ldt] dioolgiaOat, rò fiìv dvayxaìov, rò dì ùiìov, xai rò uìv Ottov h dnaai gr/ztir xrr/aiwg ivixa evdalfiovog ßiov, xa !>’ òaov r/fitfiv z/ tyvatg hdsyetai, rò dì dvayxaìov èxil-vcov ydniv, Xoyi£ophovg, còg dviv rovzarv ov dvvarà avrà èxilva, èqf otg anovÒd(optv, uóva xaravoiìv, ovd’ av Xaßilv, ovd’ dXXcog ptraaytìv „ Tim 68 E seqq. Si autem quaeritur, quanam ratione corpus et sensus adiuvent animum, rerum ideas ut concipiat, id hoc tantum modo efficitur, ut species idearum, quse cum rebus corporeis coniunctse sint, sensibus percepta animum maxima cum admiratione impleat, emnque incitet, ut magis magisque inquirat, dum, quantum fieri possit, eas assequatur (cf. Symp. 210 seqq ; in primis 211 C) nam omnem philosophiam ab admiratione esse profectam, Plato censet: „udXa yào qnXoaóqov rovro rò ndOog, rò Oavpdfav, ov yitQ dXXrj doyr/ qtXoaoqiag ij avrz/u Theset. 155 I). „ra fiiv lig rz/v ctia&r/tnv uiui zolg havrloig limlnru, naotcxXr/rtxd rrjg vor/aiug ÒQi£ófievogu De Repub. VII, 524 D. Quoniam igitur corpus et omnes res corporem homini, bonum ipsum quid sit, ut agnoscat, et quantum fieri potest, eius etiam compos fiat, omnino opus sunt, vitre humanae beatitudo in mixtione quadam illius divinae et necessariae partis consistat necesse est; qua re vita beatissima ea declaratur, in qua ratio cum voluptatibus mixta inveniatur*) : „ßlog dfxqsolv avppiydtig xoivòg yivóutvog . . . z/dovz/g xai voi xai qgovrjaiaig“ Phil* *) Hunc Philebi hcum, ut alias scepius, mire pervertit Susemihl (Genet, Entw. d. Plat. Philos. Il Thl. pap/. 16) cum dicit, cognitionem esse homini non sufficientem, nisi adiunctas habeat voluptates, ideo: „weilsonst die erstere den Menschen gleichgültig lassen und kein Interesse zu ihrem Erwerbe für sich erwecken würaeu, quee si vera essent, voluptates ipsee finis essent homini propositus, quem cognitione assecuturus esset; et si hoc, quid tandem discriminis Platonem inter et Aristippum intercederet ? Imo e contrario voluptates et omnes res sensibiles ideo homini necesarrice sunt, quia per illas tantum cognitionis compos fieri potest, ut locus ex Phi-lebo allatus et universa Platonis de rebus sensibilibus sententia satis aperte demonstrat. 20 A; cf. 21 seqq; 60 B C. Vita enim omni voluptati carens et tota cognitioni dedita non est hominis mortalis sed deorum immortalium. Sed quomodo natura humana conformata esse debet ut beata sit? Animum nostrum si attentius consideramus — nam sic fere Socratem Platonicum in libro quarto de Republica p. 435 — 441 disputantem legimus — tres in eo inesse facultates {rola sitiri), inter se omnino diversas, censeamus necesse est» quae tribus illis hominum ordinibus, quos in civitate discernimus, prorsus respondent. Quoniam enim eadem res eadem facultate sive eadem parte ncque facere ncque pati potest contraria, consequens erit, ut ingens rationis et voluptatis in animo nostro dissidium cum observemus, duae animi facultates sive partes distinguendae sint, quarum priorem rò Xoyianxòv, alteram rò aloyov appellare licet, in quo altero rursus discrimen faciendum est inter tò èm&vfirjnxóv et rò &vfi,ositisg. Etenim rò t/iosttiés saepe cum cupiditatibus pugnans eisque irascens et ro» loyimr/.w succurrens invenimus; nihilo secius tamen a rtp loy«mx(p differt, quod cum ex eo perspicitur, quod nonnumquam se ab illo se-iungit, tum quod in pueris, cum iam inest x^v^óg, ira et indignatio, ratio autem sero demum vel nunquam accedit. Ex his apparet, tres in animo inter se diversas facultates sive partes esse distinguendas: tò Xoytanxóv, rò òvfiosidés, rit smihtfiririxóv, quae respondent tribus illis hominum in civitate ordinibus tq» cf,v).axtxó>, roi imxovQixtg, roJ yorjiiaziortxo). Quem ad modum vero omnis civitas tum demum beata et perfecta est, cum trium illorum civium ordinum propriam unus quisque et sibi peculiarem habet virtutem {tryv rov oìxsiov rs xai iavrov s^iv xai nnd^iv), cumque inter se concordant, et quilibet ordo proprio suo fungitur officio et munere (rà iavrov nrtar-ret), nec aliena tractat; ita hominis quoque beatitudo consistit in tali oixstonoa-yl(f trium animi partium ; homo enim nil aliud est, quam parva quaedam civitas: DeRepub. IV, 435 A; 441 D; VIII, 544D; IX, 591 E; 592 A; X 608 B. Habere igitur trium animi partium quamlibet propriam et sibi peculiarem virtutem, et unam quamque suo munere et officio rite fungi necesse est. Primae autem animi partis, rov loytonxov, est, quid bonum sit, cognoscere, et totius animi curam (nQOfiri&siav) habere, sive virtus eius in ratione (qppor^tf) posita est. Hanc animi partem imperare alteri et tertiae parti decet, quod iam hominis structura indicatur, cum caput, rationis quasi domicilium, summum in homine obtineat locum, cf. Tim. 44 D seqq; 75 B.; alterius autem animi partis rot» tìv/t ositi ovi; est, allatum a ratione nuntium de eis, quae metuenda et quae non metuenda, sive quae bona et quae mala sint, tueri et quasi cognitionis socium COntra Voluptates defendere : „xai ùvtiQshv titj, olfiat, rovrqt rtà fiinit xalov/isv iva sxaarov, orav avrov rò ftvfioettitg titaootgtj dia rs httrmv xai tjtioviov rò vnò rov Xóyov nuQayysX&h tistvòv rs xai fitj.“ De Repub. IV, 442 C. Huius igitur animi partis, cui in pectore medium inter caput et ventrem destinatum est domicilium cf. Tim. 69 E seqq. pecularis virtus in fortitudine (àvtioiia) conspicitur. Rationem autem tali custode et socio indigere inde caussa repetenda est, quod humana cognitio non perfecta ac plena — quod enim si esset, numquam fugax esset et mobilis — sed plerumque recta solum opinio (dóga àlt]&ris), et ideo incerta et mutabilis sit, cf. Men. 97 E., et quod corporis voluptates nos fallant, falsa ac vana tanquam vera bona nobis ostendentes; de qua re contulisse in vabit in primis De Bepub. VIII, 560 B, C seqq. et omnes illos octavi libri locos, quibus, qui fiat, ut et singuli homines et universae civitates magis magisque in deterius labantur, praeclare describitur. Atque tertiae animi partis zov im&vfitjzixov, quse ad voluptates solum tendit, est primae parti, utpote meliori obedire, ut concordia et harmonia in animo sit, neve dissidium inter animi partes oriatur : „<7t»> noà^iv tmv avzov, «/./.« ntoì zrjv ivzòg co? àì.tjflcòg, n eoi èavzov xaì za tavzov, fiij èàoavza zà/J.ózoia rtQcizzsiv txacrzov év avrà /irjdt no/.vnoayuovtìv noòg àlXrjka zà èv zfj xpvyrj yévrj, àXkà zo) om zà oixiia tv &éfisvov xaì . . . navzànaaiv tvu yevó/ievov ex noi).còvu De Repub. IV, 443 D. E; cf. Gorg. 50-1 D. seqq. Itaque iustitia sensu Platonico omnes ceteras complectitur virtutes, quin etiam id efficit, ut reliquae sint et serventur : 5 (sc. rj dixaiomvtj) nàaiv exenotg (ctotpgoavvri, àvdoe/ff, qpovijrrei) zrtv divcc/itr nanfoytv, cnffzt iyytvia&ai xaì iyyevofifooig yt ucozriQiav nanéyitvu De Repub. IV 433B. Per has igitur virtutes natura humana ad ideam boni conformatur, fitque hominis vita ideae boni quoddam simulacrum ; sicuti enim idea boni ut antea ostendimus, in modo (utroy) et unitate (W fot) cernitur, ita etiam iustitia hominem reddit modicum et quasi ex multis unum ; et sicuti idea boni caussa est omnium quae sunt recta et pulcra, ita etiam iustitia fons est omnium humanarum virtutum; nam iustus erit etiam sapiens, fortis, temperans, erit pius adversus deos, non lascivus, fidelis in cives, in pactis ineundis et servandis minime fallax, cf. Re-pnbl. IV, 442 seqq; Gorg. 507 B, C. Quare ut qui cumque bonus et beatus esse cupit, ideam boni ut intueatur vitamque ad illam comparet, praecipitur, ita etiam iustitia tamquam fundamentum omnis beatitudini« commendatur; hunc esse finem ad quem omnes tendere debeant : „ovzog è'fioiye Soxti ó axonòg ehai, kqòs ovßXinovza dei £rjv, xuì nàvza eig zovzo zà avzov ovvzetvovza xaì zà zrjg nóktaig, ofimg fìtxatoirivt] naniazai xaì imcf.“ Legg. V. 734 D E; cf. De Repub. IX, 598 C seqq. Fallunt igitur sophistae et falluntur, cum dicunt, iustitiam et omnes reliquas virtutes naturae humanae repugnare, et ex invento hominum solum pro pulcris et utilibus haberi, cum turpes et probo viro indignae et noxiae re vera censendae sint. Externa bona, sanitas, et corporis pulcritudo, divitiae, robur, cognatio cum potentibus inita (i-vyytma tòóuuévrj De Repub. VI, 491 C), quae ab aliis pro summo habentur bono, cf. Euthyd. 279. Platoni minoris sunt momenti ; corporis enim harmonia tum solum nobis prodest, si prius in animo harmonia inest; idem dici debet de honoribus (zifiaig), qui eatenus solum appetendi sunt, quatenus meliores nos reddere valeant, alioquin autem fugiendi, cum virtutibus periculum afferant, cf. De Repub. IX 591B seqq. Itaque solemni praeconis voce ille beatissimus praedicatur, qui virtutes et in primis iustitiam maxime excolit: „fiio&wocófit&u ovv xtjovxa — rj avzòg àveinia, òzi ò ’Àgioziavog l’iòg zòv dgiaxóv zt xai dixaiózazov tvdai/io-vtazuzov sxgive, zovzov Ò’ tirai zòv ßaaiXixiozazov xai ßaeriXsvovza avzov, zov dè xcixurzóv re xaì àdixcózazov a&Ximtuzovu De Repub. IX, 580 B, C. Jam si nunc quaeritur, qua via potissimum ad iustitiam et reliquas virtutes perveniatur, sive quo modo existat ille ßairiXixmzazog, in quo trium animi partium suam quaelibet habeat peculiarem virtutem eum esse, qui secundum rationem (Xóyor) et philosophiam vivat, claris et satis apertis verbis edocemur ex Republ. IX. 586 E. seqq. Philosophia enim, hic mentis nostrae quasi oculus (tò zrjg ipv/jg òfi/ia) nos perducit ad cognitionem veritatis et essentiae, i. e. ad ideae boni cognitionem, et ex infernis tenebris ad verum coeli solem, eamque tam egregie appellat Plato respiciens ad illam, quam ab initio septimi libri de Republica attulit de antro inferno Paginem: „indvodov ix vvxzegivrjg zivog Tjutgag tig àXrj&ivrjv zov òvzog ioiaijg“De Re-Pub. VH 521 D. Sola igitur philosophia est vera et hoc praeclaro nomine digna scientia, cf. Phil. 58 A —C; De Repub. VII, 531 D seqq. quam si quis habet, omnes virtutes et ea, quae bona et pulcra sunt, non modo cognoscet, sed etiam per tofana vitam exercebit ; est enim Platoni philosophia non exsanguis et inefficax scientia, sed haec et tanta eius est vis et efficacia, ut, quod quis philosophando perceperit, etiam perficiat, neque omnino aliter agere possit : „17 6i ye qdoancf ia HtZfOtg Intazrifitjg . . . iv 17 cvfininziaxtv dfia zózt nois’.v xai zò tnlazaOui yoijgkai zovzig 0 dv noiTfu Euthyd. 288 D. seqq. ; qui igitur virtutem aliquam cognoverit eam etiam exercebit: „0 fitfia&rfxoòg txaaza roiovzòg èaziv, oiov z/ imazrffirf dnegyd^tzai ... o Tu àixuiu fitfia&Tfxàg ótxaiogu Gorg. 460 B; cf. Protag. 352 B. seqq. Omnes virtù- tes in philosopho sunt, cum possideat virtutem rationis, quae fundamentum et conditio reliquarum virtutum est ; nam cum ratio cum corpore communionem non habeat, sed ad ea, quae vera sunt, referatur, neque virtus ut sit, ullius rei egeat, reliquas omnes virtutes inter et corpus intercedit aliquod commercium, et cum cognitio animo innata sit, cf. Men. 85 C seqq., reliquae virtutes consuetudine et exercitatione comparari possunt : „at /iiv zoirvv aXXai agirai xaXov invai \pv%fjg xivdvv-ivovai iyyvg n ilvai ziòv zov aoifiazog zip orzi yàg ova ìvovaai noózegov vazigov tfinoi-lio&ai eOnri zi xal àaxrfliai r/ òì zov q. porrata nart os fiàXXov dsiozigov zivog zvy/ava, toc sonar, ovcra.u De Repub. VII, p. 518 D. E. Quare reliquae virtutes, nisi adiunctam habent cognitionem, v. c. fortitudo, atacfQotyvrri, pro virtutibus haberi omnino non possunt, quin etiam, ut bona externa, sic eae, ratione destitutae, noxiae fiunt, cf. Men. 88 C seqq; Euthyd. 281 D. Phaed. 68 C, 69B; DeRepub. III, 410 B ; VI. 491 C, 494 B seqq; VIE 550 E, 555 C. Quam nihili faciat Plato virtutes, ratione carentes, ex narratione sortis eius, qui virtutes ex consuetudine solum (è&u dvm ydoaocplug) in vita ante acta excoluerat, satis aperte edocemur, De Repub. X 619 BCD. Ex his omnibus consequitur, solus ut philosophus veras habeat virtutes et veram beatitudinem ; duce enim philosophia, quae eum ad cognitionem ideae boni, quantum fieri potest, evehit, vitam ad ideam boni conformabit. Idea autem boni, cum supra humanam sortem evecta sit, neque homo mortalis unitatem summi boni assequi possit, rectam certe illam, de qua sub finem Philebi disputatur, mixtionem rationis cum voluptate, sive earum rerum, quae bonae, cum eis, quae necessariae sunt, instituet. Ad eam igitur mixtionem philosophus omnes artes et scientias, non solum puras admittet, sed etiam impuras, utpote quae aut ad vitae necessitates requirantur, aut ad vitae ornamentum et cultum multum conducant cf. Phil. 62 A seqq, voluptatum autem eas solum, quae purae, verae, necessariae, denique eas, quae cognitionis et temperantiae legibus consentaneae sunt „qpQorrioit xal rqà vip oìxiiai xal !;vfindcrtjs àgtrrjg ònudolu Phil. 62 E — 64 D; eas autem, quae cum intemperantia vel pravitate coniunctae sunt, neque cum ratione consentiunt, utpote omnis commixtionis concentum perturbaturas, omnino procul habebit. Et philosophus quidem rectum voluptatum delectum habere poterit, ita ut eius vita etiam jucundissima indicanda sit ; habet enim tria illa instrumenta, quae ad aestimandas voluptates requiruntur, omnium hominum optime perfecta, experientiam, prudentiam, rationem (ipnugiav, (pQÒvr\atv, Xóyov De Repub. IX, 582 A.) Itaque cum pro tribus istis animi partibus tria quoque sint voluptatum genera, illae voluptates erunt praestantissimae, quas philosophus optimas indicaverit : „zgiiöv apa ovaiòv riòv tjdomr t) zovzov zov pigovg rrjg if>\'pig (zov Xnyurzixov), ip fiav-fturofiir, i}äi(Ttrj av sit], xal (v ip Tjpiüv zovzo ap%u, 6 zoiovzov ßlog rj8tazog.u De Re-pub. 582 E — 583 A. Praestantissimam vero omnium voluptatum esse indicat idearum intuitionem et cognitionem veritatis (zijg zov ovzog diag ^dovr/v De Repub. 582 C; n/i’ zov udirai r àXrj&ìg onmg 'i/a ìjó'onp' 581 E), prae quibus reliquas omnes voluptates tam nihili facit, ut reliquas voluptates tantummodo, quantum humanae naturae opus sint, appetat : „wg ovdiv rwr dXXmv (tjdortòv) diópsvov, ii jut) tt.va.yxri Vv“ De Repub. 581 E. Quare etiam vita philosophi deorum vitae simillima est; deorum enim est nullius rei indigere et nulla affici voluptate cf. Phil. 33 B.*) Quodsi igitur, quae diximus ad solvendam, quam nobis proposuimus, quaestionem, animo perlustramus, vitae humanae beatitudo ex Platonis sententia non ponenda est in voluptatibus et libidinibus, sunt enim proprie morbus et pravitas quaedam animi et corporis ; non est ponenda in bonis externis ; sunt enim minoris tantum momenti ; nec in sola cognitione cernitur, sed ponenda est in vita, in qua inest virtus omnibus numeris perfecta et absoluta, i. e. in vita secundum rationem et philosophiam conformata; hae enim sunt verae divitiae, quibus qui beatus esse vult abundare oportet: „ov 8el zòr iväalfiova nlovzth, £corjg àycc&rjg zsxui è'pupQovog“ De Repub. VII, 521 A. Talis enim vita, quantum humanae naturae id contigit, ad ideam boni conformata et dei vitae simillima est; idea boni etenim ipse est deus.**) Virtutes exercere, mores ad similitudinem dei (dv&Qamta rfiri tfeoqp/^De Repub. VI, 501 C) componere, denique deum imitari finis et beatitudo humanae vitae est, cf. Theaet. 176 B — E; De Repub. VI, 501 C; X, 613 B; Legg. IV, 716 B, seqq. Virtutes colendo et deum imitando in dei amicitiam admittimur „o fitv (Tojcj omv riiroh' {bea (pilo?, opotog ycÌQli, Legg. IV 716 D, et deus nobis sem-per aderit et nunquam nos deseret ; omniaque quae bona et pulcra sunt, nobis tribuet, quin etiam ea, qua: pro malis haberi solent, paupertatem, morbos, alia id genus, serius ocius aut in hac aut in altera vita (£wm ìj xaì ànoOavóvn) in melius vertet cf. De Repub. X, 613, Apolog. 41 C; Phil., 40 B seqq. Ad hanc vitae beatitudinem ut quis perveniat, veram philosophiam primam esse legem et ex eis, quae adhuc attulimus et ex fabula decimi libri de Eepublica in primis p. 613 C edocemur; num vero haec sola et una sit condicio, annon et aliae quaedam res accedant, quae in unius cuiusque potestate non positae sint, dubitare certe licet, cum legimus, sortitionem vitae humanae non omni ex parte et prorsus esse liberam, sed ordine saltem sortiendi destinatam cf. De Repub. X 616 E seqq, licet addatur hoc solarium: „xal zdevzalco intoni, £vv rol ìlouhm, avvzó-vcog £(övri, xelzai ßtog ayanr/zóg, ov xcexói. firn ò ay/oov aioriaetag àutlelzca, pryzs ó re-ìsvtcòv dbh'UHTM.“ De Repub. X 619 B. Apertis et claris verbis miserae vitae praeter ignorantiam alia nominatur caussa, necessitas quaedam dura : „ei dé zig aiXa ■fiQthy r/fiàv, nana cpviTiv nv trjv rov dlrj&mg aiQtzov i'/.uixßuvsv crxorv {'£ ayvotag ijzivof dvdyxrjg ovx ivSntuoiog“ Phil. 22 B. Longius prosequi, quod ex superioribus iam patebit, hominis beatitudinem in hac vita non esse absolutam, sed perfectam ac plenam beatitudinem tum solum consequi posse, cum animus corpore exutus sit, non est huius disputationis. *) Si Plato voluptates diis denegat, mea quidem sententia eas tantummodo intelligere potest voluptates, quce a corpore et rebus sensibilibus originem ducunt. **) Ideam boni ac deum idem Platoni esse luculenter demonstravit Bonitzl, l. De eadem ve Avislotelis dovi vina. Quum in nulla re cognoscenda vel agenda operam ponamus, msi ut inde ali quod bonum assequamur (Etli. Nie. ab initio; Mag. Mor. 1182 a 33.), sive hoc in ipsa actione cernitur, sive actio illa aliud praeter se ipsam spectat 1094 a 16 ó'iici) ititi 0' ovdir rdg ivtoytiug avràg tirai rà itlt/ rwr nodi-ttor rj ttuqii ravrag ullo n, bonum autem in genere quoque id sit, quo quidquid tendit, ib. ìhò •/.«-lùg ùnttyrjvuvio ràyadòv, ov navi t' n rtlog iati rùr nryax-roir » öl avrò ßovloiitöa, ralla öt dià rovro, xaì /u) mirra Öl trto or aioov^tfla (notnim yào ovira y tìg untiQor, tour’ mai xtnjr xaì fiaraiar rrjr iloti; ir'), öfjlor iòg rovi ar tir] ràyaOÒr xaì rò uQUTror. 1097 a cap. 5. 1172 1) 21. 1176 1) 2. 1096 b 13. De nomine quidem lmjus boni omnes inter se consentiunt, nimirum «J-öaiftoviav id esse omnes putant, sed quid et quale sit illud tvöaionir, summa est dissentio 109ò a 18, Eth. End. 1217 a 21. Itaque Aristoteles, quae ejus est consuetudo, diversis et maxime de ca re pervagatis opinionibus enumeratis atque refutatis, suam ipsius sententiam, ex ipsa notione summi boni et cx propria hominis natura deductam, proponit. (Eth. Nie. 1172 b 9. Metapli. 983 b 4. 995 a 24 sqq. de an. 403 b 20.) Atque multi quidem putant voluptatem, alii divitias, alii honorem, alii virtutem, alii aliud esse summum bonum; quin etiam sunt, qui praeter multa et varia bona aliquod per se esse bonum sive ideam boni existiment, cujus comunione demum singula bona existent, 1095 a 22 oi fdr yào ... oìor i]öorijr fj nlov- rov i'i rifinr, alloi ö' allo, snoi ö coorro naoà rà noliti zavra ayallà allo n xaO’ avrò tirai, ò xaì rotgde nàtsir airiór ten rov tirai ùyu&u. Eth. End. 1217 b2sqq. Sed voluptate summum hominis bonum contineri non potest, quia, quae vita solam ad voluptatem tendit, propria est bestiarum, 1095 b 20 dröQanoöu-ötig (fttivorrui ßoaxrifiartav ßiov nQoaioovfitvoi. Eth. End 1215 b 31. Sed de voluptate infra plura. Ncque divitiae pro summo bono habendae sunt, quia non per se ipsas, sed alius rei causa quaeruntur, 1096 a 7 yào xaì àllov xàtiir, ncque vero in honore summum bonum esse potest ; lmnor enim quum magis in eo est, qui tribuit eum, quam ejus, cui tribuitur, quum nöai]iovla proprium quod et firmum esse videatur 1095 b 25 öoxti yàr> t'r roìg rijimtri /idllor sìvai ri iv zu r/aojuó'ft), tum, qui honoris cupidi sunt, eum non tam per se ipsum diligunt, quam ut majorem, se virtute esse praeditos, fiduciam habeant 1095 b 27 iva mcttviaaiv éaviovg àya&ovg elvui, ita ut magis virtutem quam honorem appetant. Sed ne in virtute quidem potest summum bonum positum esse, quoniam et dormientem et nihil agentem et insuper summis malis afflictum virtutem licet possidere, quum tamen nemo, qui ita affectus sit, beatus possit appellari, tov d’ ovTco via ovdsig äv tvó'aftov/rrtttr 1096 a 1, cf. quos locos paulo infra afferam. Cur autem haec potissimum tria bona enumeraverit et refutaverit Aristoteles (honor enim et virtus quodammodo ad idem redeunt), causa inde repetenda est, quod, quae expetantur, tria esse statuit, totidemque, quae fugiantur 1104 b 30: 7o)ojj' yào ovtmv icòv sì g rag <àotustg xai tokov räv sig rag cpvydg, xa-Xov ffv/iq snoi’Tog r;ó'tog, xcci rni (äv rtöv imviimv, aiaynov ß).aßioov XvnrjQov 1155 b. 19. Top. 118 b. 27. Qui autem ideam boni esse volunt, sibi ipsi repugnant (cf. Met. 987 a 29 sqq. et 990 a 34 sqq.) Primum enim ex ipsorum sententia idea in iis rebus esse non potest, in quibus t<) vgtsoov et tò tzoótsqov inveniatur 1096 a 18. Etli. Eud. 1218 a 1. (Num re vera Platonici tale quid cen-suerint an injuria eam iis repugnantiam objecerit cf. Bonitz Metaph. 111; Zeller, Platonische Studien 8. 261.) Atqui et in substantia et in accidenti bonum esse dicitur, quorum natura ca est, ut substantia prior sit accidenti. De substantia igitur et accidente idea dici non potest. Tum vero, quum in omnibus categoriis bona inveniantur M. M. 1183 a 9; Etli. Eud. 1217 b 25, de iiš autem, quae in omnibus sunt categoriis, nihil cogitari possit, quod quasi unum ea omnia complectatur, idea boni, quae singula categoriarum bona contineat, existere non potest 1096 a 23. Sed ne eorum quidem bonorum quae sub unam eandemque categoriam cadunt, idea potest fingi, quia de singulis bonis ejusdem categoriae multae et, varia) sunt scientiae, de iis autem rebus, quae unius sunt ideae, una tantum esse potest scientia 1096 a 29. Eth. Eud. 1217 b 35. Ac profecto quaeri licet, quidnam sibi illo vocabulo avrò addito significare velint, qiumi nihil discriminis intercedat inter notionem hominis et ideam hominis, nisi ut haec aeterna, illa interitui obnoxia sit 1096 a 34 Met. 1040 b 32, ib. 997 b 5 ; Eth. Eud. 1218 a 12. Et si quis dicat, ideam boni de iis tantum bonis in-telligendam esse, quae per se expetantur, ne ea quidem, quatenus sunt bona eadem sunt, sed diversa 1096 b 24 ti/itjg ds xai cpnorr/aeoog mi tidovrjg Irmot xai àiayénovTsg ni Xóyoi Tavrrj ij nya&ti. Quae omnia quum accurate perspexeris di-ligenterque perpenderis, apparebit, unam, quae omnia diversa bona complectatur, notionem esse non posse, ideoque Platonicis ipsis, si sibi constare velint, ideam boni rejiciendam esse 1096 b 25 ovx errnv uqu r<> àya&òv xotvóv ri xarà l*iav iätav. Sed tamen ut existeret idea boni, homines eam nullo modo assequerentur, ita ut nulli sit iis usui, 1096 b 33: £3 I6ym, zò d’ té,* eyov xai diavoovjievor. Met. 980 b 27. Atquc si humanae naturae proprium munus in actione, qiue fit secundum rationem aut non sine ratione, 1098 a 7; omne autem opus aut omnino aut bene atque egregie id" que propria virtute perfici potest, 1098 a 15. M. M. 1184 b 17, consequitur, summum hominis bonum consistere in rationis actione, quae virtuti convenienter fit, 1098 a 15: st d' ovzm, zò dv&Qwnivov ayaOòv tpv/ijg èvsrtysiu yivszat xaz doszr,r. Pol. 1280 a 31.1329 a 22.1328 a 37. M. M. 1184 b 35 et alibi. Ad hanc autem definitionem, ut omni et ex parte absolvatur, addendum est humanae naturae aptum vivendi spatium. 1098 a 18. 1177 b 25: laßovtra nijxog ßiov zsi.stov. 1100 a 4. M. M. 1185 a 4: ovd’ sv %qÓv

-('pQovtlv fiùìlov y.aì r/rror. Et si qui censent, bonum réluóv n esse, voluptatem autem eam ob causam non esse perfectum quodpiam, quia motus et generatio sit, id falsum est; voluptas enim neque xivtjtn^; est, ncque yévttrtq 1173 a 30. M. M. 1204 a 33. Motus enim esse non potest voluptas, quod in quovis motu vel celeritas vel tarditas cernitur. Atqui fieri potest, ut quis tarde aut celeriter in statum gaudendi transeat, aut exeat, sed ut adhibeat tarditatem aut celeritatem in ipso gaudendo, fieri non potest. Generationem autem esse voluptatem, ea opinio orta videtur esse ex corporis voluptatibus, quum voluptatem «vanlrjowmv, dolorem tidemv esse putent. Sed si ita res se haberet, id, in quo fieret expletio, nimirum corpus, etiam gauderet, quod falsum est; non enim corpus, sed anima percipit gaudium. Ac praeterea multa sunt gaudia, quae inopia vel dolor non antecedit, ut, quae ex mathematicis rebus et nonnullis sensibus percipiuntur, 1173 b 16. M. M. 1204 b 15. Itaque apparet, voluptatem neque motum neque generationem esse. Omnis enim motus et generatio imperfecta quaedam actio est, cujus singulae partes et inter se et ab tota actione differunt, voluptas autem omni temporis puncto óXov n et riluov est, neque fieri potest, ut voluptas aliquo accedente tempore fiat perfectior, 1174 cap. 3 ab init; qua ratione similis est actioni videndi Met., 1048 b 18 sqq. Iam vero si quis dicat, voluptatem mm esse bonum, quod in voluptatibus multae inveniantur, quae sint turpes, eae aut omnio non sunt dicendae voluptates, quia in una quaque re ejus tantummodo judicium respici potest, qui vel corpore vel animo bene constitutus est 1173 b 20. 1176 a 22, ib. b 25. 1099 a 23, aut discrimen aliquod intercedere inter voluptates censendum est, et eas, quae ab turpibus rebus et actionibus proficiscantur, reputiandas esse 1173 b 28. 1174 a 10. Ac revera statuendum esse discrimen aliquod inter voluptatem et bonum, nec quamlibet voluptatem esse expetendam, etiam ex diversis amici et adulatoris studiis colligi potest, et ex ea re, quod nemo unquam puerilem aetatem sumpturus esset, etiamsi quam maxime ejus aetatis propriis gaudiis perirai liceret, et quod nemo libenter in improbe faciendo gauderet, etiamsi doleret nunquam. Ac praeterea in multis rebus, etiamsi non essent necessario cum voluptatibus conjunctae, tamen maximam collocaremus operam 1174 a 4. Sed si quaeritur, quid nam sit voluptas, tenendum est, voluptatem non inveniri nisi in actione 1175 a 20 dvtv ydg ivegyelag ov yintai rjdovtj. Met. 1072 b 16; neque vero idem esse, quod actionem, sed tamquam finem et fastigium cuique imponere actioni 1174 b 31: zeismi Si zi)y ivégysiuv rj tjdorij ovy ros 17 R-ts ènvndgypvou, dii' ros tmytyvóiitvóv zi ztlog, oìov zoig dxuutoi,' rj wo«. Eth. Elld. 1249 a 19. 1175 b 34. qui enim tractatione musicae vel geometriae vel alius artis et virtutis laetatur, is demum in hac arte et virtute ad perfectionem perveniet 1175 a 15: rj di rjdovrj zeismi z«S ivtgyeiag. ib. a 30: nvvavgu ydg zrji ivégyeiav jy oixelu rjdovrj* /iällov yàn umora xgivovai xui tgaxntßovaiv oi /it0' rjdo-vijs ivegyovvzes• Pol. 1340 a 15. M. M. 1206 a 9 sqq. Ut autem in aliqua actione voluptas sit, et id, quod agit, et ea res, ad quam illa actio refertur, bene conformata et instituta esse debet 1174 b 33 : tros «V ow zó ze votjzòv rj aia&r,-zòv rj, omv dei xai zo xgbov rj -freargovv, sarai èv zfj tvinyeia tj rjdovtj. Pol. 1338 a 7. Quum vero multae et variae sint actiones, totidem etiam et tam varias, quN inde oriuntur, voluptates esse, necesse est, quod etiam ex eo cerni potest, quod voluptas quaepiam, quae aliena ab aliqua actione est, eam tantundem impedit, quantum dolor, qui ejus actionis est proprius, 1175 b 1 et 20. Inter actiones quod id discrimen interest, ut aliae bonae et expetendae, aliae turpes et fugiendae sint, et earum ipsarum, quae sunt expetendae, aliae alias virtute et bonitate superent, idem discrimen etiam inter voluptates esse oportet, 1175 b 24, ib. 36: mfftteg ovv ai èvégyeiai tztnai mi ai rjdovai. Itaque sive una sive plures sunt hominis perfectae actiones, quae voluptates conjunctae sunt cum iis easque ad perfectionem adducunt, eae necessario sunt propriae humanae naturae 1176 a 26. Ex tota hac disputatione sequitur, summo hominis bono, quale nos posuimus, necessario inhaerere eam voluptatem, quae sola homine digna est. 1099 a 15 ovdsv dr/ TtQorydelzai rjdovrjg ó ßiog avzcöv aroneg negiùnzov ztvóg, (di' eyei zrjv Yjdovrv iv éuvtcp. Sane quidem et externis opus est bonis ut bene beateque vivamus 1099 a 31, b 7 ; 1153 b 18. Poi. 1331 b 41. M. M. 1207 b 17 ; primum enim sine maxime necessariis rebus ne vivere quidem possumus, Pol. 1253 b 24 : dvtv yàg rcòv ävuymimv dävvazov mi £rjv mi tv £ijv, tum quis est, qui justitiam, libcrali-tatem, reliquas virtutes exercere possit, nisi habeat, et quibus, et ea, quae tribuat, nec praeterea multis aliis rebus, ut per amicos, per civitatem, adjuvetur 1099 a 32 b 27 : zcSv de loirtùv dyaücav zu fiìv vnànytiv dvaymiov, za dì crvvtgyd vai nécpvxsv ògyuvixùg. Alia sunt bona, ut nobilitas generis, corporis for- mositas, reliqua, quorum absentia inquinatur beatitudo. Quae cum ita sint, alii, prout magis haec externa bona respiciunt, beatitudinem in iis, alii in virtute positam esse putant, unde etiam dubitatur, utrum beatitudo secunda quadam fortuna nobis offeratur, an nostra ipsorum industria eam consequamur ; bonorum enim externorum fortuna est domina Pol. 1332 a 30. M. M. 1183 b 32. 1206 b 34 sqq. Sed quum ex multis aliis rebus apparet, penes nos esse, utrum beati simus, nec ne 1099 b cap. 10 ab init., tum maxime ex eo, quod beatitudinem animae quandam bonam actionem definivimus; virtus autem in nostra posita est potestate 1106 a q: dya&oì rj xaxoi ov ynofuda inrixrig et ai(r&t]nxrjg 'piyrjg actiones et virtutes (virtus enim labori sensu est i) ßiXriatj Qig M. M. 1185 a 38. Eth. Eud. 1218 b 27 sqq.) eas non esse hominis proprias 1102 a 32 sqq. Verum etiam significatum est eo loco, esse aliquam partem animae, quae, quamquam rationem non ipsam in se habeat, tamen ei obedire possit. Nihil aliud id esse, nisi oqi£iv, quae semper jam cum sentiendi facultate con- juncta inveniatur, quaeque conjuncta eum ratione voluntas existat, apparet ex 1102 b 14 et b 30: zò dà tmtì-Vfii]zixòv xcù o/.co,1 ÒQtxztxòv uiziyti ncag, fj xazi-voóv icrtiv civzov xcd miOuoyixòi. Poi. 1334 b 18: zr/g ipvyr;g oocofiiv dio fitQij, ró re dXoyov xcd zò Xóyov syov, xcù zdg t^tig zeig zoizcov dio zóv àniOfiòv, cav zò per ècziv oQel-tg zò dà vovg. Eth. End. 1220 a 1. Qua de causa omnes humanae virtutes aut ex ea conjunctione aut ex sola ratione proficiscuntur. Itaque virtutes distribuit Aristoteles in eas, quae in moribus sitae sunt, et maximam partem c consuetudine et exercitatione oriuntur 1103 a 17. M. M. 1186 a 2. Eth. End. 1220 b 1, sqq. (ciotzcd ij&ixuì) et in eas, quae in ipsa ratione inveniuntur («ps-zeti dtccvotjzixaT), et maxime ex institutione originem et perfectionem ducunt 1103 a 15. Pol. 1333 a 18. Eth. Eud. 1220 a 4. Si quaeritur, quidnam sit virtus moralis, est habitus, secundum quem circa allectiones bene conformati sumus 1105 c 26. M. M. lib. I. cap. 7, vel ut omni ex parte absolutam afferam definitionem : t'gig nnouiotzcxr), iv fztcrozijzi over a zfj rrocig r/udg, tàniff/iévr; X ó y w xcd dg uv ò cfoovtftog ónicrtitv 1107 b. 36. 1109 a, 20. Eth. Eud. 1220 cap. 3 ab init. In ethicis virtutibus numerat Aristoteles fortitudinem, temperantiam, liberalitatem reliq. Virtutes autem quae appellantur diccvoijzixcd, ii sunt animi habitus, quibus veritatem concipimus 1139 b 13: xaO’iìg ovv /iciXimct igag dXr;-fttvfftt fxciztoov (se. zò Xoyiazixòv xcd zò ìmffzrnioicxòv flirt og) avrai ciotzcd a/icfcnv, ib. h. 15. Eth. Eud. 1221 b. 29. Tales quinque enumerantur ab Aristotele : ziyvr;, immr/fii], cpnóvtjaig, crocia, vovg, 1139 b. 16; de his notionibus cf. Brandis: Aristoteles mib feine akademischen Zeitgenossen 131 Vin. 17. Nam quum omnes res, quae cognoscuntur, aut eae sunt, quae etiam aliter fieri possint, mutatiouique sint obnoxiae, aut eae, quae sempiternae et necessariae sint, duas etiam, ut vere cognoscamus, rationis partes carumque distinctas esse virtutes nccesse est. Itaque distinguuntur zò Xoyiozixòv, sive ßov-Xtvzixòv, sive doìgwrrixòv et zò iTziazc/fiovixov fiiijog 1139 a 6 sqq. lib. VI. cap. 3 — 6. Iam vero ejus partis, quae circa eas res versatur, quae aliter fieri vel esse possunt, duae sunt virtutes, ars et prudentia (ziyvi; xcd cfoóv^mg) 1140a l, quarum virtutum ars his verbis definitur: i%ig /uzd Xòyov dXr/ O-ovg noir/zixi) 1140 a, 10, prudentia autem est tgig aXri&rjg /uzd Xóyov tiquxzixi) mol zà àvOoinuca ùyctoà xcd xcixà 1140 I). 5. Ars cniin ad ea pertinet, quae efficiuntur, prudentia autem ad ea, quae aguntur M. M. 1197 a 1 sqq. Id autem discriminis intercedit inter effectionem et actionem, ut illa finem extra se positum habeat, nimirum in opere, quod efficitur, haec finem in se ipsa contineat, id est in bene rectcquc agendo. 1140 b 5: ztjg /rir yào noiijcncag ’tinov zò rilog, zi;g dì rtodlgtbig ovxttriitf terzi ydo nizi; i; tvrrncdgia ztXog. — 1139 1). 2. Jiet. 1050 a 21 sqq. Agendi autem principium est electio, electionis autem fundamenta sunt óntlgtg et ó Xnyog n tvtxd ztvog, noocdotcrig enim est ootl-ig (JovXtVTixr; 1139 a 23, sive vovg ontxzixr/ b. 4; talo autem principium in homine solo cernitur, ita ut inter animantia homo solus proprie agere possit 1139 a 31, b 5, a 19. 1144 a 9; Poet. 1450 a 2. M. M. 1187 b. 8. 1198 a 2. Eth. Eud. 1220 b. 19. Sed ut rr/foidoinig sit nnovdcdn, ootl-tv nQ&rjV et, Xòyov dXtjOij esse oportet 1139 a 23, et ut ontl-ig sit òn&ij, maximam partem consuetudine efficitur, et virtus moralis est 1144 a 20; ut vero quis rectam viam et rationem alicujus boni adipiscendi ineat, id efficitur maxime institutione et experientia, et virtus diavotjrixf, sive qoóvrioii est 1144 a 22, a 8. 1145 a 5. Pol. 1331 b 26. Quamquam igitur virtus moralis et qpQÓvtjins sive ó òqOvì Xóyoe (1144 a 29, b 23) cogitando inter se sejungi possunt, re vera scraper conjuncta sunt, ita ut ncque prudentia sine virtute morali, ncque haec sine illa esse possit 1144 b. 30. M. M. 1198 a 6. Scientia autem, si arctiori et peculiari sensu acceperis, cognoscendi ea ratio est, quae a certis firmisque principiis tanquam fundamentis orsa per conclusionem, quod verum est, eruit Anal. post. 73 a 21 : imi ö'advvazov alimi *'/eiv, ov èozlv èmatrjfir/ dnl.eòi, àvayxalov uv tt'tj zò imazr/zòv zò xazd zr/v dnodtix-zixr/v intcrzi-fir/v sqq. 1139 b. 20 : ndvztiyÙQ vnolM/ißdro/xev, ò ìmazKfie&a, uri ìv-àt/ttjOui aliati e/uv . ... il- dvdyxt)i uqu èazì zò imazrjzòv . ... ri utv don eni-Gzrnit] èozlv tgig ànodsixzixri 1140 a 33 b 31. Omnis autem demonstrationis, cujus virtus est scientia, quum ea principia sint, quae demonstrari non possunt, sed sine quibus demonstratio omnino esse non potest, talis causa et virtus quaerenda est, quae ipsa haec principia immediate intueatur, nimirum intellectus sive vovg Met. 1072 b. 20. 1051 b. 24. ibique Bonitz. Anal post. 88 b. 36. Anal. post, üb. II. cap. 19. ibique Waitz ; de an. lib. Illcap. 4.—6. Trendelenburg elementa logices Aristoteleae p. 146. Talia autem principia, quae nullius demonstrationis egeant, esse, ex eo apparet, quod aut in infinitum omnem demonstrationem abiri aut circulo aliquid demonstrari posse necesse esset. Anal. post. 72 cap. 3 Met. 994 cap. 2. Sed quod Aristoteles voìv et cognoscendi et agendi percipere dicit principia 1143 a 35 sqq., ideoque vovv &twnr/ztxòv et nrtaxnxòv distinguit, uum id co modo explicandum sit, quo Orandis 1. I. 1448 A». 298 explicuit, vehementer dubito; quam sententiam autem Trendelenburg de an. p. 494 proposuit, Aristotelem hoc loco minus accurate magis vulgarem sermonis usum secutum esse, prorsus reicienda est ; aperte enim hoc loco vovv etiam ad agendi consilia referri, jam inde apparet, quod in sequentibus, non ut 1142 a 25 vovi et qom/-Qi xal ào777/pip iSiniQ xtepal.r/v ifovaa iniorz/fitj zcòv zi-lumazcav. Tum enim prorsus aliquid scire nobis videmur, ubi causas cognovimus Anal. post. 71 1) 9 ili Waitz Met. 982 b 3 ib. Bonitz. Omnia quae Aristolc-les hoc ethicorum loco dc notione ooq.lai disputat, accuratius consideranti et enm aliis locis conferenti facile elucebit, eum hic non tam universe philosophi mu, quam primam philosophiam sive theologiam significasse cf. Bonitz ad Met-983 a 20. Si autem quis quaerat, cur factum sit, ut hoc loco quinque ejus partis animae, quae l.òyov in se contineat, virtutes distinxerit, quum tamen plerumque tres tantum esse statuerit, nnißiv, ziyvr/v, (mazi/fit/v 1094 a 7; 1178 b 20, eainque ob causam omnes doctrinas in non/z/xdi, nnaxzixdi, &tcani/zixdi diviserit Top. 145 a, 15. Met 1025 b 25, causa in eo est, quod cocpia et vovg a ceteris reapse non differunt sed et princiquim et finis earum sunt. Iam vero, quum dignitas doctrinarum ex rerum dignitate aestimetur, quae sciuntur, practicis disciplinis, utpote quae in iis, quae aliter fieri possint, versentur, potiores esse theoreticas, quae circa res aeteras minimeque mutabiles sint, quaeque non ad aliud quid referantur, sed cognoscendo ipso absolvantur? atque in ipsis theoreticis doctrinis ei principatum esse deferendum, quae potissimum in contemplatione summorum principiorum cernatur, Aristoteles persuasum habet. 1141 a 18 ooW ti'tj nv r/ crocfia vove ««« immoliti, GxrntQ xeffn/.rjv eyovaa tmazr/fii] zmv nfiiazàzav. azonov yno ü zig zr/v nohzr/.r-v ij zrjv (fnóvrjaiv rrnovdaiozazrjv oiezai elvat, ei firj zò aQiazov zmv tv rco xócfj-(a àv&Qwnóg tcziv. ib. a 33 : ei d’ ozi ßtlzinrov «V Sv? cotto.; z ài v aXhav £mcov, ovd'e v dtayeoer mi yÙQ nv-ftotonov a/la noli) fteiózeQa zr/i cfivaiv, oiov cpaveocozazà ye, àv 6 xóafiog avvéff-zr/xev. èx drt zàv eÌQtjixévcov ó'tj/.ov ozi r/ croqpin ivzt xaì imazT/fii] xaì vovg rmv zi/it- mzùzav zij q,v7 fornata zò r/čitrzov xnì nniuzov. Tum intellectio etiam nvznn-xetTzazij est. Quamquam enim sapiens non minus, quam is qui alia praeditus est virtute, rebus ad vitam necessariis eget, tamen praeter eas justis, temperantibus reliquis et homines opus sunt, erga quos, et res, quibus virtutes suas exercere possint, sapiens autem tale quid non desiderat, i mino saepe ejus actioni obstat. 1177 a 27 sqq. 1178 a 28 b. 3. Tum theorectica actio sola ea est, quae per se expetatur 1177 b 1, qiiocum denique arctissime cohaeret, quod otio, quod necessario conjunctum esse debet cum beatitudine, opus esse ad contemplationem Aristoteles censet ib 4: doxel re ij evdatfioviu fa rf> ayoXjj elvai. Otium enim nihil aliud est, ut ex 1177 b 9: ovdeì; ydg sqq. apparet, nisi ea '"itie degendae ratio, ubi quis minime iis negotiis, quae aut ad vitae neccessita-tes aut ad vivendi facilitatem vel commoditatem pertinent, ut quae non per se ipsas suscipiantur, deditus est, sed quae finem in se ipsa habet. Id autem minime in actiones practicas sed in contemplationem solam cadit 982 b 27 : fiórrj 7<‘Q nitij (se. tj rtgwrt] q iXtHToqia) avrrj; faex fa ianv 981 b 17, quum practicas virtutes et praecipue eas, quae summum obtinent locum, quaeque in politicis belliciste rebus gerendis versantur, maximam partem ideo exerceamus, ut otio fini, libereque contemplationi nos dedere possimus (1177 b 5: dayoXovfieOa ydg ira <7yo).d;iouiv, xui nuXenuvuev ii eigr/vijv ayoofiev. Pol. 1334 b 15, ib. 27. Pol. 1325 b 16 sqq. 1334 a 4 ib cap. 15; 1153 b 27); tum iis exercendis alia bona assequimur, ut potentiam, honores reliq., contemplatio autem in se ipsa continet finem. Itaque perspicuum est, sola in theoretica actione maxime esse positam beati tu-dinem humanam 1177 b 16 sqq. Pol, 1425 b 16: dì.i.ù ròr ngaxrrxòv ovxdvayxaioy favai noli; fa egov;, xa&dmg oiovral i ire;, oidi rii; diavola; favai fiora; taira; ngax-tixa; ta; rtòv anoßatvinrav ydg ir yiyvofifau; èx rov ngdrreiv, djd.d noli udJJ.ov rd; avroreXeì; xaì rd; a ir far fa ex tv O-eiogia; xaì diavorjoet;. Etsi vero tališ vitre ratio major et grandior quam pro homine videtur esse, quum ita tantummodo homini contingat, quatenus divina aliqua pars ci inest, tamen ii non sunt audiendi, qui, ut homo humanae naturae apta et consentanea sentiat et appetat, monent 1177 b 27. Officium enim est hommis, ut quam maxime immortalitatis particeps fiat, et secundum eam virtutem, quae optimae et divinissimae est partis, vitam degat. Nam si uniuscujusque rei id est essentia quod in ejus perfectione cernitur, manifestum est, hominis naturam et essentiam in vcò positam, ej usque actionem beatissimam esse 1178 a 5 tò ydg oixelor ixacmp rrj qvrrei xgdxwrov xaì ijdiirróv èariv èxdarig. xaì reo dvOgfantg dq ò xarà rov vovv (3io;, eineg rovro udiicra dvùganaq. ovro; dga xaì tidauxoveararo;. Poi. 1334 b 15 ò dì 16-yn; ifiìv xaì ò voi; rij; (fiateo; télo;. De an. gen. 736 b 4: rò ’idióv iati rò éxdijrov trj; yevéaeo); télo;. Poi. 1252 b 32: oìov ydg ixaaróv iati rrj; ytviatco; rtlec&efaif;, ravTijv (pafiìv rifv q va tv tìnti ìxdcrov, ovaneg av&gconov, ititiov, oìx/a ;. Quid, quod eam ipsam ob causam homini omnino attribuenda est beatitudo, quod haec divina pars ei insita est 1178 b 24: ar^eìov dì xaì rò fiij ueriyeiv rd ioina £ i. Lassen, Indische Alterthumskunde I 761. **) Vollmer, Mylholog, IVörterh, Stuttgart 1 85 1 Taf. XXI, Fig. 76. ***) lligvcda, I, 1, i. 5, 12, 14, ,2. ***'*) Algis, „angelus summorum Deorum“ pri Lasiczu = Angiras, Glasnik 11 prestopi v 1 na primer sansk, tanu slov, telo. sansk. t ar u na slov. tele, itd *****) Wacerad, Mater Verb, s, v. ******) Livius 26, 1. *******) Ser v. ad Aencid. VIII, 364. Ker je Wacerad českoslovansko Sv o b o primeril z Feronio, ter je Svoda, bila boginja svobode, ali, ker v starih mythih nahajamo, da je ognjišče svobodno mesto za vse, kteri pribežališče in varstvo so iskali, kakor postavim gerška Hestia, ktera je tudi bila asyl robov in vseh, kteri so hramb e bili potrebni,*) ter je Svoda izvirno tudi bila božica ognja soproga Homana ali H en il a. Tudi indiški Agni se je častil kor bog svobode in je bil asyl hrambo prosečih.**) Ako možka stran tega božanstva, ter tudi ženska, in S v äh a nima se izvajati, kakor Wilson misli, iz h v e, rufen, temoč sva — svoj, suus. Slovan je svobodo zmiraj neskončno ljubil. Že Leo Sap.***) piše: „Slavorum gentes sunt ingenua; atque liberae, quibus servitus et subjectio nulla unquam ratione potuit persuaderi,“ in Witu-kind : Slavi bellum, quam pacem elegerunt omnem miseriam carae libertati postponentes: transeunt sane dies plurimi his pro gloria et magno latoque imperio illis pro libertate ac ultima servitute varie certantibus itd.****) Ogenj pa nima samo dobrotljive strani, temoč tudi sovražno in razderivno, zato so si stari arjanski narodi ogenj mislili kor požrešno, žereče, gladovno nikdar sito žival: „vorax flamma, freker, bitar fiur, bitar logna, grädag logna,“ kakor se vse v Skandinavskih spisih ogenj veli.*****) Bliskov ogenj je pri Indili znan pod imenom Irubukša, validus vorax, kteremu imenu odgovarja severnoslovansko ime: J ar o žir, primeri gore: živi ogenj, jarižerec. Vedski Agni se veli tudi Qarva od garv, ferire, occidere, devastare, in Agnajì — Q ar vanì.******) To žensko stran ognja nahajamo tudi v slovanski mythologiji in sicer v staročeski boginji znani pod imenom K1 i m b a, Klibna, popačeno K li vi na.*******) *) Gerhard, Griechische Mytho lg. I, 279. **) Niki. Müller, Glauben der Hindu str. 560. ***) Leo Sap Taci C. ****) Witukind Lib. II. *****) Grimm, deutsche Mythol. st. 56g. in moj iSlanek v Novicah 1857 str. g^. pod naslovom : L iv i o ge n j. ******) Weinhold, v Haupt Zeitschrift für deutsch. Alterthum VII, 2g. *******) Hammerschmidt pri Hajku II, 2g2, UI, 109. Podobščina te boginje je bila iz celega kamena narejena, v desnici je imela sulico, v levici pa škit, pred podobščino pa je vedno ogenj gorel. Ni samo pred boginjo goreči ogenj pričuje, da je Klimba bila boginja ognja, temoč tudi sulica. Sulica ali kopje ste bile v starih mythih znamenji bliska, tako ima iz glave Zeusove, to je iz megel rojena Athene sulico v rokah v znamenje bliska, škit je symbol nebeškega oboka..*) Ker ogenj ima razderivno, pokončavno, m or iv n o moč, ter sta tudi bog in boginja ognja celo naravno postala božanstvi morivnega boja, in orodje za boj sta sulica in škit, tako tudi iz tega gledišča sta spričovana attributa Klimbina. Tudi indiškega Agni — ta so prosili, naj prežene sovražnike in v bojih pride na pomoč. (Rigved. Spečim, ed Rosen str. 13). Kar Qarvanì izražaj e, to tudi Klimba, Klibna, od k liba m, demolior**) ----- devasto. Klibam je sorodno s sansk. 9 ar v, ker c = k, r = I, v — b, toraj ki lb, metathetiški : k lih. Bog ognja pa je ozko združen z vodo. Že od vedskega Agni ta je napisano, daje roditelj dosti vodä.***) Ravno tako je znano od gerške Bestie in latinske Veste, da ste v ozki zavezi z vodo.****) Posebno mythsko podobo, v kteri sta ogenj in voda ozko združena, nahajamo v indiškem Kuvera - tu in slovanskem Bustribù ali Bistribu. Kuvera, kteremu imenu odgovarja slovansko Kumir, „idolum“ je bil, da se Niki. Miillerjevih besed poslužim : „der Hutgeist unterirdischer Schätze.“ Müller piše : Kuvera wird nackt abgebildet im Hintergründe einer Schlangenbewachten Grotte, vor ihm ein brennendes Erdfeuer, in welches eine Felsenquelle niederstlirzt. Die Schluchtklause ist von Schlangen und Feuer umzischt und sturzenden Bergwässern durchrauscht.f) Dieser Gebieter der unterirdischen Schätze erscheint auch nackt als dickbäuchiger Gnome. In den Schlangen sehen wir das höchste Alter und die *) Preller, Griechische Mythol. /, 12p. **) Jungrnan, Slovnik s. v. ***) Rigveda, 1, 95. ****) Gerhard, Griech. Mytholog I str zgo f) Indiškega Kuvera je ze ostroumni Kuhn spoznal za identišnega z udg-nitorn, Zeitschrift für vergl. Sprachforsch. PV, 530. Quelle jener Volksmeinung, die unterirdischen Schätze seien von Schlangen und Drachen gehütet.*) Indiški Kuvera ima več priimen, za slovanskega mythologa so le sledeče važne. 1. Jakša, stražar, čuvar. Daje pod tem imenom tudi pri severnih Slovanih bil poznan, pričuje ime polabskoslovanskega kneza Jakša.**) 2. Vaigravana, kar Niki. Müller prestavlja v „Emsigbetriebsame.“***) Indiški spisi pravijo, daje Kuvera sin Vigravata. Sansk. besedi v igra odgovarja slov. biser, z epenthetiškim glasnikom t — bister, kakor: oster za oser, strumen za sr umen, stribro za sribro itd. Tudi v latinščini nahajamo to epenthesis v besedi tonstrina od tonsor; (glej Pott Etymol. Forsch. II. 233). Bister pomenjuje emsig, schnell, hurtig, zato imena berzo tekočih rek Bistrica.f) S Ku v ero m — Kum ir om z priimenom Vai grava n a se ednači severnoslovenski Bistrih, Bistric v imenu in podobščini. Poslušajmo popise njegove. Theodor Zwinger****) piše: „Idolum P ust eri c (Bistric) in fundamentis arcis Botenberg, qum deserta nunc jacet, inventum in sacello subterraneo intus cavum est et a qua — repletum, atque igne circumdatum cuni ingenti sonitu aquam in adstantes instar flammarum evomit. Bertram*****) pa takole: Pustrili ein sorbenwendischer Götze, dessen mettallenes Bild in Sondershausen verwahrt wird. Der Gott gleicht einem dicken bausbackigen Jungen, das Haar pertikenartig nach altsorbischer Art, er kniet mit dem rechten Fusse, die linke Hand auf das linke Knie gestützt, die rechte auf den Kopf gelegt. Seine Höhe beträgt vierzehn Zoll, etwa neun Hass Wasser gehen in seinen Bauch. Ogenj in voda sta posebno potrebna pri kovu rudnine. Kuvera Vaigravana= Kumir, Bistric, Bistrih sta toraj božanstvi podzemeljskih metalov, pa tudi varuha kovačev, kteri z pomočjo ognja in bistre vode pridno obdelavajo podzemeljske rudnine. *) Niklas Müller, Glauben der Hindu str. 561. 562. **) Giesebrecht, Wendische Geschichten 111, 16. ***) Kandam 13, Mndhyamakandam. ****) Theodor. Z,wingcrus Theatr. 111, Lib, 1. *****) Bertram, Nachricht vom Püstrih, Sondershausen 1811. f) Zavoljo oblike Bistrih primeri osebne imena slov. Bornih, Epih, Štebih itd, dalje besedo : ometih. Kuvera — Kumir pomeni : kakšno gerdo truplo ima.f) Blizo občine z mythologičnim imenom Radmeršč ak je Kumérska,ff) bez dvombe po nekdaj nem častji tega podzemeljskega varuha rudnin in kovin. Znamenita je prikazen, da bog podzemeljzkega ognja v aijanskih my-thologijah se povsod v gnusni in ge rdi podobi predstavlja. Tako Hephaistos, kar Euzebi*) prinaša na slabost zemeljskega ognja, tako tudi Ku-vera še ima priim ena njegovo gerdost izrazujoče, kakor: Kuhaš, Kuta-nus. Mislim daje pod imenom Kuto n j tudi pri Slovanih bil češčen, ker rudne gore se velijo kutne, tako kutnakora na Češkem, Kutonjci, ves na Štirskem, in v moji rojstni okolici še poznajo besedo: Kutavec, kuta st človek v pomenu malega skerčenega človeka. Utegnila bi tudi češka beseda kutiš, der Schürfmeister, biti sorodna z mythologičnim imenom Kutanus — Kutonj. Podajam te verstice kritičnim izpraševavcem slovenske mythologije v pretresovanje zanašajoči se na njihovo pravično sodbo. Zadovoljen bodem, ako na tem širokem pa pustem polji slovanskega slovstva sem le eno dobro zernce zasejal. *) Euseb. Praeparat, 3, 11, t) Zato je obveljalo poznam/jevanje kumir za i do luni, ker kristjanom so podobe poganskih molikov bile ge r de, gnusne reèi. tt) Po Kumer u so nastale slovense k imena Kumerdej = idola faciens. Geschichte des k. k. Mar bürg er -Gymnasiums. Seine Entstehung verdankt das Marburger Gymnasium den Jesuiten. Ein Mitglied dieser, um die Erziehung und Bildung der Jugend hochverdienten Gesellschaft, P. Adalbert aus dem auch in Steiermark begüterten Geschleckte der Grafen von Purgatali schenkte seine beträchtliche Erbschaft dem Jesuitenorden mit der Absicht, „dass selbe zur Errichtung eines Domicilii Societatis Jesu an einem in Untersteiermarkt liegenden Ort, wo es zur Beförderung der Ehre Gottes und deren Seelenheil am meisten anscheinete, verwendet werden möchte.“ Als die Jesuiten, nicht ohne langwierige Prozesse, in den Besitz dieser Schenkung, oder eigentlich, da der Graf Wenzel von Purgatali die Güter übernahm, statt derselben zu einer Abfindung von 45000 fl. gelangten, dachten sie sogleich an die Erfüllung obiger vom Stifter gesetzten Bedingung, ersahen gleich Anfangs in Marburg den hiefür geeignetsten Ort und machten schon unter der Regierung Kaiser Karl s VI. wiederholt Schritte um die Allerhöchste Bewilligung zu einer Niederlassung in Marburg zu erlangen, doch damals immer vergebens. Inzwischen wurden von ändern Seiten andere Vorschläge gemacht, dieses Geschenk zu verwenden ; namentlich erhoben sich Stimmen, welche die Errichtung eines Missionshauses in Pettau beantragten. Die Sozietät aber hielt ihr Augenmerk auf die Stadt Marburg fest, und endlich, lange nach dem 1744 zu Wien erfolgten Tode des P. Adalbert, wurde ihr auf erneuertes Anlangen des P. Pauli Zetlacher, Ministri provincialis Austria) von Ihrer Majestät der unvergesslichen Kaiserinn Maria Theresia mit Allerh. Entschluss v. 8. Jänner 1757 die Errichtung einer Residenz in Marburg, wozu obiges Purgstall’sche Vermögen verwendet werden sollte, bewilliget, und zwar auf 8 Mitglieder: 1 Superiorem, 1 Spiritualem, 4 Missionarios und 2 Magistros docentes. Der Fürsterzbischof von Salzburg gab seinerseits als Metropolit ebenfalls die angesuchte Einwilligung hierzu, nur fügte er, auf die Verhältnisse weise Rücksicht nehmend, die Bedingung hinzu, dass unter den Missionären wenigstens zwei der slovenischen Sprache mächtig sein sollten. Am 10. Okt. 1757 wurden die Jesuiten feierlich durch den Magistrat eingeführt (Raster Chronik) und schon am 7. Juli 1758 eröffneten sie ihre lateinischen Schulen (Winkler: Chronol. Gesch. Steiermark’s). Da nur zwei Lehrer bewilliget waren, so sollten diese Schulen einstweilen nur bis auf 4 Klassen erweitert werden. Auf Ansuchen des P. Provincialis Austri», Ignatii Langetl Soc. Jes. aber wurde nach Einvernehmung der Einwohnerschaft Marburgs auf deren allgemein ausgesprochenen Wunsch, und Uber gutachtliches Einrathen des damaligen Kreishauptmanns v. Bendel und der hohen Landesrepräsentation durch ein Allerh. Dekret v. 30. Dez. 1758 ein dritter Magister | zur Docirung der Poesie und Rhetorik bewilliget, unter der Bedingung, dass er weder dem Aerario, noch dem Publico zur Last fallen, sondern aus der > Purgstall’schen Stiftung oder aus anderwärtigen Mitteln der Sozietät unterhalten werden sollte. Somit war das sechsklassige Gymnasium konstituirt und bestand als Privat- und Hauslehranstalt der Jesuiten fort bis zur 1773 erfolgten Aufhebung ihres Ordens, in der Weise, wie andere Jesuiten - Anstalten, und gewann während dieser Zeit an Vollständigkeit durch die Verbindung mit der Kirche zum h. Aloysius als Gymnasialkirche, zu der die Jesuiten 1767 den Grundstein legten, sie mit Hülfe einer bedeutenden frommen Schenkung der Frau Anna Herrin von Stubenberg erbauten, und im J. 1769 unter ihrem Rector P. Petrus Holloj zur Vollendung brachten. (Pfarr-Chronik von St. Peter bei Marburg.) Durch die Aufhebung des Ordens der Jesuiten aber wurde natürlich der Fortbestand des Marburger Gymnasiums, wie so vieler anderer Lehranstalten, welche die Jesuiten ins Leben gerufen und unterhalten hatten, in Frage gestellt. Verhandlungen darüber wurden eröffnet. Der Gubernialbericht vom 19. Okt. 1773 hatte ungeachtet des vom Mittelsrathe Kajetan Grafen von Sauer dagegen eingelegten votum separatum die Aufhebung der untern Schulen zu Marburg beantragt, und durch eine Allerh. Entschließung vom 9. Nov. 1773 wurde dieser Antrag genehmigt. Allein unter 22. Febr. 1774 ging ein neuer Gubernialbericht mit der erneuerten Gegenvorstellung des Grafen v. Sauer an die Hofkanzlei ab, in dessen Erledigung vom 9. April 1774 Allerhöchst verordnet wurde : „Bei denen vom Gubernialrathe (Grafen v. Sauer) angeführten Umständen sind in Marburg nebst den Normal-, Land- und Sprachschulen auch die lateinischen Schulen wie vorhin zu belassen.“ Unter den den Fortbestand des Marburger Gymnasiums motivirenden Umständen scheint nicht der geringste der gewesen zu sein, „dass überhaupt der Bedacht dahin zu nehmen sei, damit durch den zu starken Zusammenfluss deren Schüler an dem Grätzer-Gymnasio einem künftigen Lehrer der auf ein jedes Individuum sich weit mehr als vorhin erstrecken müssende Unterricht nicht erschwert, ja unmöglich gemacht werde.“ Wiedereröfl’net wurden jedoch in Marburg die lateinischen Schulen als eine öffentliche Lehranstalt mit sechs Klassen erst mit 3. Nov. 1775. Die Zwischenzeit wurde durch die Ermittlung geeigneter Lehrer und andere Vorkehrungen in Anspruch genommen.*) Aber auch dann wurden für alle sechs *) Die bisher angeführten Daten sind aus den timt liehen hei der k. k. Statt-halterei deponirten und mit gütigster Genehmigung Sr. Exsellenz des Herrn Statthalters Grafen von Strasuldo durch die freundliche Mühewaltung des Herrn Schulrathes Friedrich Rigler im Auszüge mitgetheil* Klassen nur drei Lehrer und zwar vorzugsweise schon aus ökonomischen Gründen Exjesuiten angestellt. Als erster Präfekt erscheint im J. 1775—6 der Priester Franz Wango, im J. 1776—7 bis 1806 aber der Exjesuit P. Johann Bapt. Ringauf, von dessen rühmlicher Wirksamkeit für das Gymnasium später Erwähnung geschehen soll. Die Lokal-Direktion aber war gleich vom Anfang dem hiesigen Stadtpfarrer Josef 0titsch provisorisch anvertraut, der dieses Amt bis zu seinem Tode 1785 bekleidete. Schon nach zwei Jahren nämlich 1777—8 wurde die zweite und dritte Klasse in Eine zusammen gezogen, und das Gymnasium bestand dann auf lange Zeit (bis 1819 — 20) aus fünf Klassen : Princip, Grammatik, Syntax, Rhetorik und Poesie. Um aber den Unterricht ergiebiger zu machen, war die Regierang darauf bedacht, jeder Klasse einen eigenen Lehrer zu geben. Der Gubernialrath nnd Studiendirektor für Steiermark Freiherr von Rottenberg nahm zu diesem Ende am 19. und 20. August 1779 das Gymnasialgebäude in Augenschein, und Hess den Plan zur Erweiterung desselben anfertigen, um Wohnungen für die zuwachsenden Lehrer zu gewinnen. Schon mit Beginn des Schuljahres 1779 — 80 begannen auch fünf Lehrer ihre Thätigkeit, in den Humanitätsklassen zwei Exjesuiten und in den Grammatikalklassen drei ausgezeichnete Piaristen. Aber erst im November des folgenden Jahres konnten diePiaristen die Wohnungen im Gymnasialgebäude beziehen, weil der mit Ende März 1780 in Angriff genommene Zubau erst mit Ende Oktober d. J. zur Vollendung kam. Zu diesem Zubau wurden 3700 fl. aus der Kasse der Exjesuiten verwendet, die übrigen Kosten und die Bauführung übernahm die Stadtgemeinde. Am 23. Mai 1783 wurde die Kirche zum h. Aloysius auf Befehl des h. Guberuiums wegen Mangel an Einkünften und Erhaltungskosten geschlossen, und der Gymnasialgottesdienst musste von dieser Zeit an in der Stadtpfarre abgehalten werden. Die innere Einrichtung der Kirche wurde zersplittert und sie selbst in ein Militärmagazin verwandelt, was sie bis zum Jahre 1831 blieb. Mit Beginn des Schuljahres 1784 — 5 wurde das Schulgeld mit jährlichen 12 fl. eingeführt und monatlich mit 1 fl. 12 kr. eingehoben. Aus dem Ertrag sollten nach der Allerhöchsten Absicht Stipendien für arme aber ausgezeichnete Studenten errichtet werden, die durch ein Paar Dezennien hindurch auch wirklich bestanden. Am 5. Juni 1786 hatte das Gymnasium die Ehre, von Sr. Exzellenz dem Herrn Hofrathe Grafen von Sauer (seinem eigentlichen Wiederhersteller) besucht und inspizirt zu werden, und es muss die Zufriedenheit Sr. Excellenz im hohen Grade erlangt haben, denn bald nach dieser Visitation und nach ten Akten grösstentheils wörtlich entnommen, für ivelche Mittheilung den innisten Dank auszusprechen man sich um so mehr gedrungen fühlt, als hier in loco fast nichts Actenmässiges über die Entstehung des Gymnasiums ausfindig gemacht werden konnte. der Anwesenheit Sr. Majestät des Kaisers Josef II. am 20. Juni traf schon am 3. Juli die Intimatimi ein, dass au fünf Marburger Studenten Stipendien à 50 fl. verliehen wurden. Im nächsten Jahre finden sich schon zehn Stipendisten unter 32 Schülern. Die provisorische Lokal-Direktion übernahm im Jahre 1786 der neue Stadtpfarrer Andreas Kautsehitsch, und führte sie fort bis 1794 — 5, wo sie definitiv auf den jeweiligen Kreishauptmann überging. Im Jahre 1787 wurden die Ferien auf die Monate Juli und August, und im Jahre 1788 die Gymnasialschulen mit Ausnahme der obersten Klasse (Poesie), welche im Gymnasium blieb, in die Lokalitäten der Hauptsehule, die Hauptschule hingegen in das Gymnasialgebäude verlegt. Im Jahre 1790 — 1 wurde der erste weltliche Lehrer, Valentin Höflich, angestellt. Bei der Schlussfeierlichkeit d. J. hielt ein Schüler der Grammatik, Josef Emenz, eine Rede über die Vorzüge und den Nutzen der sloveuischen Sprache. Im Jahre 179/, wurden die Ferien wieder auf die Monate September und Oktober zurückverlegt. Am 11. Juni 1792 ward dem Gymnasium die Ehre, vom Hofrathe Grafen von Edling inspizirt zu werden ; es wurden in seiner Gegenwart Prüfungen abgehalten. Im Jahre 1794 wurden 20 Stipendien zu 15 fl. aus dem Religionsfonde für solche Schüler dieses Gymnasiums bestimmt, welche vorzüglichen Privat-tieiss auf gründliche Erlernung der sloveuischen Sprache verwenden würden, um sich für die Seelsorge tüchtig zu machen. Es wurde zu diesem Ende eine jährliche schriftliche Prüfung aus diesem Gegenstände angeordnet, und von da an, bis 1804 auch immer durch den Stadtpfarrer Andreas Kautsehitsch abgehalten. Später unterblieben diese Prüfungen, weil auch die Stipendien wegen der wachsenden Zahl der Theologen in Gratz versiegten, und die Gei-racher Stiftungen nach ändern Richtungen ihren Abfluss erhielten. Die Lokal-Direktion ging von da an auf den jeweiligen Kreishauptmann Uber, und am 19. Dezember 1794 übergab der emeritirte Direktor Andreas Kautsehitsch die Gymnasialakten an den Kreishauptmann und neu ernannten Direktor Josef von Brandenau. Auch wurden in diesem Jahre wegen der Raumverhältnisse die Exhorten im Hauptschulgebäude und zwar für alle Klassen gemeinschaftlich gehalten. Am 9. Juli 1795 war das Gymnasialgebäude in grösser Feuersgefahr. Während in der Umgebung 34 Bürgershäuser nebst vielen Nebengebäuden, Fleischbänken, Ledererwerkstätten und Holzschuppen eingeäschert wurden, ward das Gymnasium gerettet, vorzüglich durch die umsichtige Thätigkeit des Stadtpfarrers Andreas Kautsehitsch, des Bürgers Paradi»! und des Kochs der Exjesuiten. Bei einer Feuersbrunst in der Magdalena-Vorstadt am 2. Juli 1796 zeichneten sich die Gymnasiallehrer Flohberger und Anger mit den Gymnasisten rühmlich aus und trugen sehr viel dazu bei, dass das Feuer seine verheerende Gewalt nicht noch weiter verbreitete. Im Jahre 1798 wurde die Schlussprüfung mit den Prinzipisten nach dem Willen des Direktors besonders feierlich auf dem Rathhause abgehalten und es wohnten derselben nebst vielen ändern Gästen auch die Lehrer und Schüler der übrigen Klassen bei. Am Christtag, 25. Dezember 1798 sah Marburg ein seltenes Ereigniss. Der Gymnasiallehrer Josef von Morlin, der bereits 50 Jahre zählte, ehemahls Jesuiten-Noviz, dann nach Aufhebung des Ordens weltlich, verheirathet und jetzt Wittwer war, aus seiner früheren Ehe einen Sohn und eine Tochter am Leben hatte, feierte, nachdem er kurz zuvor die hohem Weihen empfing, sein erstes h. Messopfer um Mitternacht, hielt dann auch das Früh- und das Spätamt, alle drei unter Assistenz des Dechant« Andreas Kautschitsch als Presbyter, des Präfecten Johann Ringauf als Diacon, des Professors der Rhetorik Josef Grimm, der auch die Primizpredigt hielt, als Subdiacon, und des Cunneisters als Zeremoniär. Seit dem 2. Semester 1802 waren die Monatprtifungen eingefllhrt. Mit Beginn des Schuljahrs 180| kam zugleich eine neue Studien- und Gottesdienst-Ordnung, welche gedruckt unter die Schüler vertheilt wurde. Namentlich wurde angeordnet, dass fortan die Semestralprtifungen in jeder Klasse in zwei Abtheilungen — Ehren- und Nachprüfung — getrennt werden sollten. Zur Ehrenprü-fung sollte kein Schiller zugelassen werden, der nicht aus allen Gegenständen mindestens auf eine sichere erste Klasse stehe. Ferner wurde die tägliche Schul-messe eingeführt, und den Lehrern zur Pflicht gemacht, der Aufsicht und des Beispiels wegen, derselben beizuwohnen. Dagegen habe die bis anliin übliche Litanei an Samstagen wegzubleiben, und die Schule habe auch Samstags Nachmittag volle zwei Stunden zu dauern. Fllr den Religionsunterricht wurde erst in diesem Jahre ein eigener Religionslehrer angestellt, und es wurden ihm in jeder Klasse wöchentlich zwei Unterrichtsstunden zugewiesen, nebst der Verpflichtung an Sonn- und Feiertagen die Exhorten zu halten. Mit Anfang des zweiten Semesters d. J. bezogen die Gymnasisten wieder theilweise das Gymnasialgebäude, (ganz erst 1812). Am 25. Juni 1806 erlitt das Gymnasium einen herben Verlust durch den Tod seines ausgezeichneten Präfektes, des Exjesuiten P. Johann Bapt. Ringauf. Seit 30 Jahren verwaltete er dieses Amt mit der religiösesten Gewissenhaftigkeit und sorgte unermlldet wie für das Aufblühen der Lehranstalt, so auch für das leibliche und geistige Wohl der einzelnen Lehrer und Schüler, und auch nach seinem Hinscheiden sollte seine wohlthätige Wirksamkeit nicht aufhören. Er vermachte seine Bibliothek dem Gymnasium und setzte zum Universalerben seiner beträchtlichen Verlassenschaft (über 7000 fl.) mit Ausnahme weniger Legate das unlängst neu entstandene hiesige Bürgerspital ein, mit der Bedingung, dass arme kranke Studenten unentgeldlich in dasselbe aufgenommen und verpflegt werden sollten. Der Wille des Stifters wird bis auf den heutigen Tag wenig- stens insofern erfüllt, dass arme kranke Gymnasisten gegen ein vom Vorstand vidimirtes ärztliches Rezept aus der Apotheke Medikamente erhalten, die dann alljährlich aus dieser Stiftung bezahlt werden. Ehre seinem Andenken ! Der bisherige Humanitätslehrer, der Exjesuit P. Josef Grim, wurde sein Nachfolger. Nicht lange darnach hatte die Lehranstalt einen ändern schmerzlichen Verlust zu beklagen. Am 2. Juli 1806 fand der von der Gymnasialjugend und dem Publikum geliebte und verehrte Religionslehrer Johann Narat, ein junger Mann voll herrlicher Anlagen des Geistes und des Herzens, heim Schwimmen in den Draufluthen seinen unerwarteten Tod. Im Jahre 1807 wurde an einem neuen Studienplan gearbeitet. Gleich im ersten Monate des Schuljahres 180f hielt der Präfekt zum ersten Male eine Vorprüfung mit den Prinzipisten zu dem Zwecke, damit die zu schwach Befundenen in die Hauptschule zurückgewiesen und den Fähigeren schnellere Fortschritte ermöglicht würden. Am 21. Jänner 1807 fand aber unter Vorsitz des Kreishauptmanns und Direktors des Gymnasiums, Baron Grimschitz, eine Konferenz des Lehrkörpers statt, bei welcher die Lehrer sich zu erklären hatten, welche Gegenstände ein jeder nach dem neu einzuführenden Studienplane zu übernehmen gedächte. Mit Beginn des Studienjahrs 180| aber trat der neue Studienplan (Fachsystem) ins Lehen. Am 21. November d. J. wurde dem Gymnasium ganz unerwartet die Ehre zu Th eil, von Sr. Exzell, dem Gouverneur von Steiermark, Grafen von Saurau, nach allen Klassen besucht und inspizirt zu werden. In dieses Jahr fällt auch die eigentliche Entstehung der Gymnasial-Bibliothek, für welche schon vorher werthvolle Bücher durch die Grossmuth des als Lehrer hier thätig gewesenen Herrn Josef Wartinger und aus dem Nachlasse des verstorbenen Präfektes Ringauf vorhanden waren, die aber erst jetzt ihre Aufstellung in einem eigenen Lokale erhielten und zugänglich wurden. Die Prüfungen Uber das erste Semester wurden in Gegenwart des Fürstbischofs von Seckau, Friedrich Grafen von Waldstein, und des Domherrn und Schuloberaufsehers Ha-senhütl abgehalten. Bei dem voraussichtlichen Ausbruche eines neuen Krieges erging am 4. Juli 1808 an die Studirenden die Aufforderung, freiwillig unter die Fahne der steierischen Landwehr zu treten. Es folgten sogleich 59 Marburger Studenten, machten von dem ihnen zugestandenen Rechte, einen Offizier, zwei Feldwaibels und zwei Korporale zu wählen, Gebrauch, erhielten am 10. .lidi vor dem Rathhause die österreichische Kokarde, und waren durch die kraftvolle Rede, mit welcher sie der Obristlieutenant des Regiments St. Julien, Freiherr von Meldegg, zum Kampfe für Kaiser und Vaterland aufforderte, ganz begeistert. Im April des nächsten Jahres zogen sie unter ihrem Hauptmanne Grafen von Thur» mit den übrigen steierischen Landwehr - Battaillonen nach Kärnthen ah. Nach hergestelltem Frieden setzten mehrere von diesen ihre Studien fort und dienten später der Kirche und dem Staate. Die Schlussfeierlichkeit fiel auf den 14. September, hei welcher zum ersten Male nützliche Bücher anstatt der bisher üblichen Medaillen als Prämien vertheilt wurden. Seit 1809 — 10 war es üblich, dass die Semestralprüfungcn derart abgehalten wurden, dass zuerst aus der Religion alle Klassen an die Reihe kamen, und zwar für dieses Jahr am 20. Mai 1810 unter Vorsitz des Domherrn Hasenhütl; darauf folgten erst die Prüfungen aus den übrigen Gegenständen. Bald darauf hielt der Gouverneur von Steiermark, Graf von Bissingen, Visitation durch alle Klassen, hörte in jeder einige Zeit dem Vortrage zu, liess dann einige Schüler prüfen, und sprach dann über die Lehrer sowohl als über die Schüler seine Zufriedenheit aus. Am 19. Oktober 1810 geruhten Sr. Majestät der Kaiser Franz I. die Lokalitäten des Gymnasiums in Augenschein zu nehmen, und es war im Antrag, das Gymnasium den aus St. Blasien im Schwarzwald nach St. Paul in Kärnthen eingewanderten Vätern des Benediktiner Ordens zu übergeben. Nach mehreren vom Gubernialratli Jitstl und dem Fürstabt von St. Paul Bertold III. abgehaltenen Kommissionen, bei welchen das Gymnasialgebäude, die Kirche zum h. Aloysius, das Haus Nr. 1 am Hauptplatze, und das damahlige Minoritenklo-ster in der Grazer-Vorstadt besichtiget, und die Stadt- und windische Vorstadt-pfarrgemeinde vernommen wurden, wurde am 20. September 1811 der Kommissionsbeschluss zu Protokoll genommen, dahin lautend : Die Benediktiner des Stiftes St. Paul übernehmen das Gymnasium, und die Kirche des h. Aloysius (damahls Militärmagazin) unter der Bedingung, dass a) die Kirche zum h. Aloysius wieder für den Gottesdienst eingerichtet und dass b) auf das Hans Nr. 1 ein zweites Stockwerk aufgesetzt und darin Wohnungen für 13 Mitglieder des B. 0. bereitet werden. Dagegen übernimmt das Stift die Ver pflichtung, Lehrindividnen nicht nur für die niederen Schulen, sondern auch für die zwei philosophischen Jahrgänge zu stellen, für welche im Gymnasialgebäude Lokalitäten ausfindig gemacht waren. Die Herstellung der Kirche und des Hauses Nr. I nahm die Stadtgemeinde sammt der Bauführung auf sich. Die windische Vorstadt-Pfarrgemeinde aber verpflichtete sich, Handlanger, Fuhren und nach Kräften auch Geldbeiträge zu leisten unter der Bedingung, dass ihre Pfarre wie bisher, bestehen bleibe. Allein die Benediktiner von St. Paul übernahmen später die Schulen von Klagenfurt, und so blieb es in Marburg beim alten. Mit Dekret vom 28. Juli 1812 wurde von der Studien - Hofkommission die freiwillige Resignation des letzten Exjesuiten P. Josef Grim auf das Amt eines Gymnasialpräfektes genehmigt ; er führte es jedoch bis zum Antritt seines Nachfolgers fort. Er wirkte hier seit 1775 (von der früheren Zeit ist nichts bekannt) anfänglich als Grammatikal- später als Humanitätslehrer bis 1806, von da an aber als Präfekt auf ausgezeichnete Weise, war gelieht und geachtet von Hoch und Nieder, auch als Kanzelredner sehr geschätzt, und die wenigen noch Ucb-rigen, die ihn kannten oder seine Leitung genossen, erinnern sich seiner noch immer mit kindlicher Pietät. Am 3. November 1812 bezogen wieder alle Klassen des Gymnasiums die Lokalitäten des Gymnasialgebäudes, nachdem die deutschen Schulen in dem eben vollendeten Hauptschulgebäude hinreichenden Raum fanden. Am 13. No- vember 1812 trat der lieuernannte Präfekt Leo Essenko seine Wirksamkeit an. Seit Oktober 1814 bis 1848 bekleidete der jeweilige hiesige Kreisdechant und Stadtpfarrer die Würde eines Vice-Direktors des Gymnasiums und wohnte den Semestralprüfungen gewöhnlich bei, die Jugend bei jeder sich dar-biethenden Gelegenheit zum Fleiss und zur religiösen Gewissenhaftigkeit ermunternd. Um diese Zeit hat sich die hiesige Bürgerschaft verbindlich gemacht, für Erhaltung, Säuberung und Beheitzung des Gymnasialgebäudes auf ihre Kosten zu sorgen, und es ist ersichtlich, dass sie dieser Verbindlichkeit auch nachkam, aber seit wann und bis zu welcher Zeit, ist hier nicht verzeichnet. Im Jahre 1819 — 20 wurden die Grammatikalklassen abermals um Eine vermehrt, somit wurde das Gymnasium auf sechs Klassen erweitert, unter Einem aber auch das Fachsystem wieder beseitiget, und das Klassensystem eingeführt, wobei es dann blieb bis 1848. Die Ferien wurden 1829 — 30 abermals auf die Monate August und September verlegt. Der jubilirte Präfekt Leo Essenko verliess das Gymnasium am 14. Oktober 1829, und am 25. November übernahm der neu ernannte Präfekt Johann Kerpan, Weltpriester und bis-dahin Präfekt des Gymnasiums zu Capodistria, die Amtsgeschäfte, welche inzwischen von dem Religionslehrer Alexander Herzog geführt wurden. Am 9. Jänner 1830 verlor das Gymnasium seinen würdigen Vice-Direktor, Mathias Löschnigg. Er war ein geborner Marbnrger und einstiger Zögling des Gymnasiums, später Gurmeister, Stadtpfarrer und Kreisdechant; ein Mann, der einen unerschütterlichen reinen Glauben besass ; sein Eifer war für seine Pflicht jeder Aufopferung fähig, er hatte eine unbegränzte Herzensgute, war freigebig und gastfrei, hegte aufrichtige Liebe zu seiner Vaterstadt, war vertraut mit den Verhältnissen aller seiner Pfarrkinder, Rathgeber, Helfer und Tröster in jeder Noth, und sein Todfall verursachte daher allgemeine Bestürzung. Das Vicedirektorat ging auf den neuen Kreisdechant und Stadtpfarrer Josef Pichler Uber, der später auch als vom fürstbischöflichen Ordinariat bestellter Religions-Prüfungs-Kommissär mit dem Gymnasium in nähere Verbindung trat. Am 8. Oktober 1831 inspizirte der Vicepräsident des steierischen Guber-niums Graf Wickenburg das Gymnasialgebäude und die Aloysikirche, welch letztere auf thätiges Einschreiten des Kreishauptmanns und Direktors des Gymnasiums Friedrich Otto ihrer ursprünglichen Bestimmung zurückgegeben, zum Theil auf Kosten des Religionsfonds, grösstentheils aber durch fromme Beiträge der Bürgerschaft zum Gottesdienst adaptirt, und bald darauf, am 24. Oktober 1831, vom Fürstbischöfe von Seckau Roman Sch. Ziingerle rekonziliirt wurde. Das Schuljahr 1831 — 2 wurde wegen der Cholera erst mit November eröffnet. Der Präfekt Johann Kerpan, Weltpriester aus der Görzcr-Diözese ging im Jahre 1836 in den Ruhestand und bekam P. Ulrich Spekmoser, aus dem Benediktiner Ordensstifte Admont zum Nachfolger. Vom 10. Mai bis 21. Juni 1838 wurden im Gymnasialgebäude die Tippelböden theilweise neu 7* hergestellt. Während dieser Zeit wurde der Unterricht keinen Augenblick unterbrochen, sondern so eingerichtet, dass zwei Klassen in Einem Lokale, aber zu verschiedenen Stunden Unterricht erhielten. Am 4. Mai 1845 starb im Gymnasialgebäude der Präfekt Ulrich Spek-moser, Benediktiner Ordenspriester aus dem Stifte Admont. Er war zu Stegmühl m Obersteier am 2. April 1782 geboren, feierte am 22. September 1805 sein erstes h. Messopfer, und weihte sein ganzes thätiges Leben der Wissenschaft, der Erziehung und Bildung der Jugend. Von 1806 bis 1837 als Humanitätslehrer am akad. Gymnasium zu Graz, und nebenbei als Präfekt des k. k. Konviktes von 1807 — 1813, als suppl. Professor der griechischen Philologie am k. k. Lyceo zu Graz von 1808 — 1812 und der lateinischen Philologie 1814, als Exhortator der oberen Gymnasialklassen von 1815 — 1824 wirkte er für das geistige und leibliche Wohl der Jugend in eben so vielseitiger als fruchtbringender Weise. Da seine durch so grosse Thätigkeit geschwächte Augenkraft ihm eine ruhigere Stellung wünschenswert!» machte, so wurde er mit auszeichnender Anerkennung seiner 31 jährigen Dienstleistung mit Dekret v. 18. März 1837 zum Präfekten des hiesigen Gymnasiums ernannt. Diesem Amte stand er durch 8 Jahre mit der riimlichsten Gewissenhaftigkeit, Umsicht und Humanität vor. In ihm verlor das Gymnasium wieder eine seiner schönsten Zierden und Stützen. Seine Kenntnisse in der schönen Literatur, in der Länder- und Völkerkunde, vorzüglich aber in der Botanik waren ausgebreitet; sein persönlicher Charakter war eben so einfach und anspruchlos, als achtungs- und liebenswürdig. Das Andenken dieses trefflichen Mannes wird in der Erinnerung seiner dankbaren Schüler, der Lehrer dieses Gymnasiums, und seiner vielen ihm treuergebenen Freunde unvergesslich fortleben. Das Amt der Präfektur ging auf den seit 1823 hier als Humanitätslehrer thätig gewesenen Friedrich Rigler über. Das ereignissreiehe Jahr 1848 brachte wie für vieles andere, so auch für das Studienwesen, und also auch für das Marburger Gymnasium durchgreifende Veränderungen. Das neu errichtete Ministerium eröffnete der Reform des Gymnasialwesens und dem geistigen Fortschritte dadurch die Balm, dass die unmittelbare Leitung der Gymnasial - Studienangelegenheiten in die Hände der Lehrkörper gelegt, und an den unmittelbaren Verkehr mit dem Ministerium verwiesen wurde. Es ist hier nicht der Ort, alle die Veränderungen, welche auch alle anderen Lehranstalten in dieser Zeit erfahren haben, aufzuzählen, nur einiges, was das Marburger Gymnasium sonderheitlieh betrifft, möge hier zu erwähnen gestattet sein. Der hiesige Lehrkörper stellte in den neuangeordneten und unter der umsichtigen und taktvollen Leitung seines Vorstehers (Direktors) Friedrich Rigler abgehaltenen Konferenzen mehrere Verbesserungen in Antrag, und es war schmeichelhaft für ihn, dass diese Anträge last immer vom h. Ministerium gebilliget wurden, und nicht nur hier, sondern oft auch anderwärts in Ausführung kamen. Namentlich wurde für hier bewilliget, dass in der slo-venischen als zweiten Landessprache Unterricht ertheilt werden dürfe; für den als dringende Nothwendigkeit bezeichneten Unterricht im Kirehengesange wurden einem Gesangslehrer 30 fl. als jährliche Remuneration bewilliget ; auch andere freie Gegenstände, als Zeichnen, Stenographie, andere lebende Sprachen vorzutragen wurde erlaubt und von dieser Erlaubniss nach Thunlichkeit schon im folgenden Jahre Gebrauch gemacht. Durch h. Ministerial-Erlass v. 29. August 1849 Z. 4992 wurde provisorisch für das Schuljahr 1849 — 50 die Eröffnung einer siebenten Klasse für unser Gymnasium und die Bestallung eines Supplenten aus dem Studienfonde genehmigt. Diese hocherfreuliche Entscheidung hat das Gymnasium vor allem dem damaligen Landes-Präsidiums-Verweser, Ignatz Ritter von Marquet, der dem Gymnasium von jeher schon als Kreishauptmann und Direktor die wohlwollendste Theilnahme schenkte, und die Bitte um die Bewilligung eines Obergymnasiums kräftig bevorwortete, ferner dem Herrn Johann Kaspar Ritter von Seiller, Hof- und Gerichtsadvokaten und Vorstand des Gemeinderathes in Wien, einem gebornen Marburger und einstigem Zögling des hiesigen Gymnasiums zu danken. Durch die Thä-tigkeit und Umsicht, durch den persönlichen Einfluss dieses humanen und weltklugen Mannes erlangte die Bürgerdeputation von Marburg, an welche sich als Vertreter der Gymnasialinteressen der Direktor Friedrich Rigler und der älteste Gymnasiallehrer Georg Mally anschlossen, bei dem h. Ministerium den schnellsten Zutritt, den freundlichsten Empfang und für die Gewährung ihrer Bitten und Wünsche die kräftigste Unterstützung. Mit Beginn des Schuljahres 1849 — 50 wurde die VH. Klasse wirklichj eröffnet, in den drei untersten Klassen wurde das Klassenlehrersystem noch beibehalten, in den Unterricht der IV. V. VI. und VII. Klasse aber theilten sich der Direktor und die Lehrer nach Fächern, nachdem für Mathematik und Physik eine Lehrkraft zugewachsen war. Da das Gymnasialgebäude nicht mehr als sechs Lchrziinmer hatte, so wurde ein geräumiges Zimmer als Unterrichtslokale für die zweite Klasse im zweiten Stockwerke des Löschnigg’-schen Hauses am Hauptplatze auf Kosten der Gemeinde gemiethet, während im Sommer d. J. auf den Seitenflügel des Gymnasialgebäudes ein zweites Stockwerk von der Stadtgemeinde mit einem Aufwand von 2429 fl. 58 kr. aufgesetzt wurde. Kaum hatte mit 20. August 1850 die k. k. Landesschulbehörde von Steiermark den Beginn ihrer amtlichen Wirksamkeit angekündigt, so erfolgte die erste Visitation dieses Gymnasiums durch den k. k. Schulratli und Gymnasialinspektor Dr. Johann Kleemann, die dem Lehrkörper vielseitige Anregung gab. Vom 7. 10. November 1850 — 1 fand die zweite Visitation statt. Herr Schulrath Dr. Kleemann leitete bei dieser seiner Anwesenheit alle jene Verhandlungen ein, welche erforderlich waren, um die städtische Gemeinde zu vermögen, den Kostenbetrag aller zur vollkommenen Ausstattung eines Obergymnasiums nothwendigen Lehrmittel durch die städtische Kasse zu decken. Er erklärte dem Stadtrathe fest und bestimmt, dass cs sich darum handle, ob das Marburger Gymnasium künftig ein vierklassigcs Unter - Gymnasium oder ein vollständiges ach tklassiges Ober-Gymnasium sein werde. Letzteres könne es nur dann werden, wenn die Gemeinde zur Herstellung der nothwendigen Zubauten und erforderlichen Lehrmittel, namentlich eines physikalischen Ka-binets und chemischen Laboratoriums, sich herbeilasse. Der Gemeinderath säumte nicht lange mit der Erklärung, dieses Opfer bringen zu wollen. Eine vom Herrn Bürgermeister Othmar Reiser veranstaltete Subskription ergab 617 fl. 10 kr. und aus der städtischen Kamerkasse wurden 3000 fl. für Lehrmittel zugesichert, welche Summe ratenweise an die Direktion des Gymnasiums verabfolgt, und woraus das phisikalische Kabinet und chemische Laboratorium mit allen nothwendigen Requisiten ausgestattet wurde. Der Rest wurde auf Anschaffung anderer Lehrmittel verwendet. Der Eifer und die Thätigkeit des Lehrkörpers erhielt von Seite des h. Ministeriums und der Landesschulbehörde mehrfache Anerkennungen sowohl in den Protokollserledigungen, als auch in einem besonderen Dekrete, welches an den Direktor gerichtet, diesen beauftragte, den Mitgliedern des Lehrkörpers „für den ausgezeichneten Eifer, womit sie in ihrem Berufe Zusammenwirken, die besondere Zufriedenheit des Herrn Ministers zu eröffnen.“ Dem provisorischen Direktor wurde eine Remuneration von 200 fl., und den wirklichen Lehrern Zulagen bewilliget, so dass ihr Solar oline Unterschied 700 fl. betrug, die Decemialzulagcn ungerechnet. Mit Beginn des Schuljahres 1850 — 1 erhielt das Gymnasium den Zuwachs einer VIII. Klasse und eine Vermehrung der Lehrkräfte auf zwölf Individuen, darunter einen zweiten Religionslehrer, und die Exhorten werden seitdem in zwei Abtheilungen gehalten. Der prov. Direktor Friedrich Rigler wurde im März 1851 zum wirklichen Direktor, und bald darauf im Mai (nach der Berufung des bisherigen Schulrathes Dr. Kleemann zum Sektionsrathe im U. Ministerium) zum Schulrathe und Inspektor der Gymnasien in Steiermark, Kärnthen und Krain befördert. Die Direktionsgeschäfte übernahm der Senior des Lehrkörpers, Georg Mally, und etwas später im September gingen diese provisorisch auf den Humanitätslehrer Johann Kurz über. Mit Schluss dieses Schuljahres erschien das erste Programm anstatt der früher üblichen Kataloge. Am 9. und 10. September 1851 wurde unter Vorsitz und Leitung des Herrn Schulrathes Friedrich Rigler die erste Maturitätsprüfung mit 12 Abiturienten abgehalten, 11 wurden für reif befunden, 1 auf ein halbes Jahr zurückgewiesen. Die Verwaltung des Gymnasialgebäudes, welche bisher in den Wirkungskreis des h. k. k. Guberniums und der Statthalterei gehört hatte, wurde nach h. Verordnung am 3. April 1852 an die hiesige k. k. Finanz-Bezirks-Direktion übergeben. Bei der am Schluss des Schuljahres 1852 unter Vorsitz und Leitung des Herrn Schulrathes Friedrich Rigler abgehaltenen Maturitätsprüfung erhielten unter 9 Abiturienten 8 das Zeugniss der Reife, 1 trat während der Prüfung zurück. Mit Beginn des 2. Semesters 1853 wurde für den Unterricht in der slo-venischen Sprache, in welchen sich bis dahin die beiden Religionslehrer theil- ten, ein eigener Lehrer angestellt. Der prov. Direktor Johann Kurz wurde im Laufe dieses Semesters als Schulrath und Inspector der Gymnasien und Volksschulen nach Salzburg versetzt, und so sah der Lehrkörper binnen zwei Jahren zwei Schulräthe aus seiner Mitte hervorgehen. Der Senior Georg Mally übernahm abermals als Stellvertreter die Führung der Direktionsgeschäfte vom 16. April bis zur ani 1. Mai 1854 erfolgten Uebernahme derselben von Seite des neuen anfangs provisorischen, seit 13. April 1856 wirklichen Direktors Emanuel Herbek. Wegen Erkrankung des Herrn Schulrathes wurde hier die dritte Maturitätsprüfung, am 16. und 17. September 1853, unter Vorsitz und Leitung des zum Prüfungskommissär abgeordneten Herrn Karlmann Tangl, k. k. öffentlichen ordenti. Professors und jener Z. Rektors an der Universität zu Graz abgehalten, und zwar mit 11 Abiturienten, von denen 1 das Zeugniss der Reife mit Auszeichnung erhielt, 9 einfach für reif erklärt, und 1 auf 6 Monate zurückgewiesen wurden. Einer, der die schriftliche Prüfung mit gutem Erfolg gemacht hatte, konnte sich krankheitshalber der mündlichen nicht unterziehen. Besondere Wichtigkeit für das Marburger Gymnasium hatte der Erlass des h. U. M. v. 21. November 1855 Z. 17913, wodurch mitgetheilt wurde, dass Se. kais. königl. Apostolische Majestät sowohl in Anerkennung der thatsäch-lichen Verhältnisse und Bedürfnisse als auch in Allergnädigster Kenntnissnah-me der von der Stadtgemeinde Marburg zu Gunsten dieses Gymnasiums be-thätigten Opferwilligkeit geruht haben, dasselbe mit Alleili. Entschliessung v. 18. Nov. 1855 in der Eigenschaft eines vollständigen achtklassigen Staatsgymnasiums dritter Klasse definitiv zu bestätigen, und den Fortbestand desselben zu sichern. Auf Anregung des Direktors Herbek wurden an dem Gymnasialgebäude im Jahre 1856 namhafte sowohl für das würdige Aeussere desselben als auch für die didaktisch pädagogischen Zwecke sehr förderliche Umstaltungen vor-genommen, indem das im Erdgeschoss links des Hauptthors befindliche, seit 1849 von den Staatsbehörden der Stadtgemeinde zur Benützung überlassene Lokale von dieser wieder grossmtithig zu Gymnasialzwecken abgetreten, zu einem Lehrzimmer adaptirt, und dadurch im ersten Stocke Raum gewonnen wurde für ein Konferenzzimmer und ein Naturalien Kabinet. Auch wurde aus dem Innern des Gebäudes ein sehr bequemer Eingang in die Kirche eröffnet, der Hofraum durch Uebertragung der Holzlage in den Keller gelichtet und gesäubert, und die ganze westliche Längenseite der Kirche zum ersten Male verkleidet. Aber auch den für das Wohl des Gymnasiums vielseitig thätigen Direktor Emanuel Herbek verlor die Lehranstalt bald, indem er nach seinem Wunsche als Direktor des Obergymnasiums nach Brünn versetzt wurde, und nach dem Schlüsse des Schuljahres 1857 anfangs August Marburg verlicss. Sein Nachfolger ist Adolf Lang, der schon in den Jahren 1852 und 53 hier zuerst als supplirender und dann als wirklicher Gymnasiallehrer wirkte, in Anerken- nung seiner Tüchtigkeit von hier auf das Gymnasium erster Klasse nach Pressburg, von dort an die Theresianische Akademie nach Wien versetzt, und mit Allerh. Entschliessung vom 8. August 1857 zum wirklichen Direktor des Mar-burger Gymnasiums ernannt wurde, welches Amt er mit Liebe und Aufopferung mancher Vortheile seiner frühem Stellung am 16. September desselben Jahres antrat. Hier mag nur noch erwähnt werden, dass im Verlaufe des Sommersemesters v. J. mehrere Lehrerstellen, die noch mit Supplenten besetzt waren, an wirkliche Lehrer verliehen wurden, so dass nun unter 14 Lehrkräften nur drei Supplenten sich befinden, wodurch der für den Jugendunterricht so nachtheilige Wechsel endlich beseitiget wurde. Auch hat Herr Direktor Herbek in der Voraussicht einer möglichen Vermehrung der Frequenz schon im verflossenen Jahre die Einleitung getroffen, dass noch zwei Lehrzimmer für Parallelklassen ermittelt wurden, was dadurch geschah, dass der frühere Exhortensaal während der Ferien durch eine Zwischenmauer in zwei Theile abgetheilt wurde, und diese Vorkehrung war keineswegs überflüssig, denn mit Beginn des Jahres 1857 — 8 meldeten sich gleich Anfangs 91 Schüler zur Aufnahme in die erste Klasse, die die Errichtung einer Parallelklasse unabweislich machten. Leber die innere Einrichtung und Beschaffenheit des Unterrichts, so wie über Frequenz, Disziplin und religiöse Heilungen der ersten Zeiten an diesem Gymnasium, so lange es Privatanstalt der Jesuiten war, liegen keine Nachrichten vor. Erst seit dem Jahre 1775 — 6 wo es in die Regie des Staates überging, ist eine Matrikel und ein mit ziemlicher Genauigkeit geführtes Diurnale vorhanden. Aus dem, was hier für das Jahr 1777 — 8 verzeichnet ist, mag man auf die frühem sowohl, als auch auf einige nachfolgende Jahre schlies-sen, und man wird um so weniger Gefahr laufen, einen Fehlschluss zu begehen, da die Leitung des Unterrichts und der Disciplin damals noch ganz in den Händen der Exjesuiten sich befand, und nur allmälig Modifikationen durch A. H. Verordnungen eintraten. Aus diesem Diurnale ist aber folgendes jener Zeit Eigenthtimliche zu ersehen: Den Religionsunterricht, für welchen kein eigener Lehrer angestellt war, hatte jeder Lehrer in seiner Klasse Samstags Nachmittags von 3 bis halb 4 Uhr zu ertheilen. Von halb 4 bis 4 Uhr begaben sich Lehrer und Schüler aller Klassen in die Kirche, und cs wurde der Rosenkranz oder eine Lytanei gebethet oder ein Lied gesungen. Alle Sonn- und Feiertage des ganzen Jahres, mit Ausnahme der Weih-nachts-, Faschings-, Oster- und Pfingstferien fand vor- und nachmittägiger Gottesdienst statt. Vormittags versammelte sich die Jugend gewöhnlich nach zwei Abtheilungen zu religiösen Vorträgen. Zur ersten Abtheilung gehörten alle in die Marienbruderschaft aufgenommenen Mitglieder, zur zweiten Abtheilung aber die Schüler der untersten Klasse, und überhaupt jene, welche der Bruderschaft noch nicht einverleibt waren. (Die Schüler der untersten Klasse wurden nämlich gar nicht, die der übrigen Klassen nur unter gewissen Bedingungen in die Bruderschaft aufgenommen. Man sieht daraus, dass zur Aufnahme in die Bruderschaft ein gewisser Grad von religiösen Kenntnissen und religiösem Sinn gefordert wurde. Unwissende und Flatterhafte wurden ferne gehalten. Die Bruderschaft war also auch ein pädagogisches Mittel.) Darauf folgte eine gemeinschaftliche h. Segenmesse. Sonntags Nachmittags mussten die Schüler der untersten Klasse in der Stadtpfarrkirche der Christenlehre der Litanei und dem Segen beiwohnen, die übrigen hatten ihren eigenen Nachmittagsgottesdienst in der Gymnasialkirche. Die Aufnahme in die Bruderschaft geschah auf sehr feierliche Weise nur an ihrem Hauptfesttage, 8. September, dem Feste Mariä Geburt. Die gesammte Schuljugend zog unter Vortragung ihrer eigenen Fahne prozessionsweise aus dem Schulgebäude in die Kirche zur Vesper, unter welcher während das Magnificat vor dem ausgesetzten Allerheiligsten den dazu bestimmten Tironen vom Vorstand der Bruderschaft (1777 einem Grafen von Brandts, 1781 einem Edlen von Rosenbichl) das Gelübde abgenommen wurde. Im Jahre 1782 unterblieb die Vereidigung zum ersten Male und bald darauf wurde die Bruderschaft auf a. h. Befehl abgeschafft. Die Mitglieder der Bruderschaft hatten ausser "den allen Gymnasisten gemeinsamen religiösen Hebungen von Zeit zu Zeit ihre eigenen Versammlungen und Andachten im Odeo Mariano, und monatliche Beicht und Kommunion. Der 25. November, das Kirchenfest der h. Katharina als Patronin der Studien, der 3. Dezember (Franz Xavier), der 21. Juni, das Fest des h. Aloysius, ebenfalls Patrons der Stndirenden und insbesondere der Gymnasialkirche, der 24. Juni, Fest des h. Johannes des Täufers, Patrons der Stadtpfarre, der 31. Juli, Fest des h. Ignatius, wurden festlich gefeiert, und es fand an diesen Tagen gewöhnlich allgemeine Kommunion der gesammten Schuljugend statt (während der h. Messe vom Präfecte gespendet), worauf noch einer zweiten h. Messe beigewohnt wurde. ; In der Festoktav des h. Aloysius wurde die Litanei vom h. Aloysius gebethet, und die sechs wöchentliche Aloysiusandacht begann mit allsonntäglicher Kommunion während dieser Zeit. In den Faschingstagen hielt die studi rende Jugend ihre Bethstunden vor dem ausgesetzten Hoch würdigsten in der Stadtpfarre. In der Charwoche vom Palmsonntag Nachmittags bis Gründonnerstag dauerten für die Sodalen der Bruderschaft die geistlichen Exerzizien nach Anweisung des h. Ignatius. Die SchUler der untersten Klasse aber hatten bis Mittwoch Vormittag einschliessig Schule, nur der Mittwoch Nachmittag wurde ihnen zur Vorbereitung auf die österliche Beicht und Verrichtung derselben freigelassen. Am Gründonnerstag war Kommunion Aller und darauf folgten Ferien bis zum weissen Sonntag. Die Bitt- und Frohnleichnams-Prozessionen, so wie die damals üblichen Votivprozessionen zum h. Ulrich, nach Gams, St. Peter etc. machten die Studi-renden singend oder den Rosenkranz bethend, mit, nicht aber die nach entfernteren Zielen, z. B. nach Maria in der Wüste, nach Fraustauden. Das Schuljahr, anfangs November mit einem feierlichen Gottesdienste eröffnet, wurde am 20. September eben so mit einem feierlichen vom Präfecte gelesenen und für die Jugend applizirten Dankamte und der öffentlichen Klassenverlesung und Prämien vertheil ung (Medaillen) am Rathhause beschlossen, wobei ein Studirendcr eine lateinische und ein anderer eine deutsche Rede vortrug. Lehrgegenstände waren, wie aus der materia examinis pro 1780 — 1 zu ersehen ist, folgende: 1.) Religion nach dem kanisischen Katechismus — in den unteren Klassen oline, in den oberen mit Beweisstellen ; 2.) Latein und Stylistik theoretisch und praktisch nach den verschiedenen Abstufungen durch alle Klassen. Der orbis pictus (die Welt in Bildern) von Komenski (Comenius) diente gleich in der ersten Klasse als Uebung im Latein, und zugleich als Unterricht in der Naturgeschichte; 3.) Geschichte und Geographie durch alle Klassen; 4.) Arithmetik, in der obersten Klasse (damals Poesie) auch die Anfangsgründe der Algebra und Geometrie ; 5.) Naturgeschichte ; 6.) Griechisch lesen und schreiben schon in der ersten, Grammatik und praktische Hebungen in den übrigen Klassen. Mit diesen in Verbindung wurden als Hilfswissenschaften zum Verstehen der gelesenen Klassiker tradirt : 7.) römische Alterthumskunde und 8.) Mythologie und 9.) in der obersten Klasse im 2. Semester die Gründzüge der Heraldik und Ency-klopädie. In Betreff der Disziplin ist zu bemerken, dass den Studirenden der Besuch der Gast- und Kaffehhäuser, das Baden in der offenen Drau und das Tabackrau-chen unbedingt und strengstens verbothen war ; das Theater und die öffentlichen Tanzsäle durften die Erwachsenen nur mit besonderer Erlaubniss von Seite der Schulvorstände und dann auch nur in Begleitung und unter der Aufsicht ihrer Aeltern oder deren Stellvertreter besuchen. Diese Verbothe, wie überhaupt die Disziplinarvorschriften wurden der gesummten Schuljugend alljährlich gleich nach Beginn des Schuljahres durch den Präfekt feierlich promulghi und bei jeder sieb ergebenden Veranlassung neuerdings eingeschärft und Dawiderhandelnde wurden streng bestraft. Die Nichtachtung dieser Warnungen, namentlich in Betreff des unvorsichtigen Badens, mussten mehrere sonst ausgezeichnete Jünglinge mit dem Leben btissen, indem sic von den tückischen Fluthen verschlungen wurden, so 1785 Paul Haass, Schüler der Poesie, aus der Pfarre St. Peter, 1820 Anton ltoschker aus St. Lorenzen in W. B., 1822 Karnitsclmik aus Kötsch u. m. a. Um dergleichen Unglücksfälle zu verhüten, Hess der Kreishauptmann und Direktor des Gymnasiums Baron Grimschitz 1807 auf eigene Kosten an einer geeigneten Stelle in der Drau Schranken ziehen, innerhalb welcher an bestimmten Tagen unter Aufsicht zu baden gestattet war. Später wurden solche Einpfählungen noch ein paarmahl von der Stadtgemeinde auf ihre Kosten besorgt, allein vom Hochwasser jedesmal bald wieder zerstört. In neuerer Zeit ist es den Studirenden gestattet, die hiesige Militärschwimmschule zum Baden unter Aufsicht zu benützen. Nicht unerwähnt darf hier bleiben der ausnehmende Wohlthätigkeitssinn der Bewohner Marburgs gegen arme und dürftige Studirende. Seit dem Bestehen dieser Lehranstalt hat cs nie gefehlt, dass einer bedeutenden Anzahl armer Studenten von Woblthätern durch Verabreichung Von Viktualien, Geldspenden, Kleidungsstücken, Gratistischen etc. ihre Lage erleichtert, ja vielen geradezu die Fortsetzung ihrer Studien ermöglichet wurde. Mögen sie die Pflicht der Dankbarkeit nie vergessen ! Der zu Ende des Jahres 1850 vom Lehrkörper nach dem Beispiele anderer Lehranstalten und auf Anregung des damaligen Schulrathes (jetzt Ministerialrathes) Herrn Dr. Kleemann ergangene Aufruf zur Unterstützung dürftiger Studirenden hatte den günstigen Erfolg, dass seit dem in runder Summe über Ein tausend fünf hundert Gulden C. M. zum besagten Zwecke einliefen und entgegen auch verwendet wurden. Der den Studirenden zugeneigte Wohlthätigkeitssinn der Bewohner Marburgs bewährte sich bei jeder Gelegenheit. Als am 23. Dezember 1855 ein Mitglied des Lehrkörpers Dr. Svoboda, ein musikalisches Konzert zum Besten dürftiger Gymnasisten arrangirte, bei welchem auch Mitglieder der Gratzer Bühne uncntgeldlich mitzuwirken die Gefälligkeit hatten, fand die Sache eine so rege Theilnahme, dass nach Bestreitung der Unkosten noch ein Reinertrag von 218 fl. 23 kr. CM. verblieb, der dann auf Anschaffung verschiedener Kleidungsstücke für 28 arme Studenten verwendet wurde. Ausser den schon erwähnten sehr bedeutenden Opfern der Stadtgemeinde erhielt das Gymnasium noch von einzelnen Gönnern und Förderern des Unterrichts namhafte Geschenke, und zwar A.) an Büchern und Druckschriften : vom II. Jos. Wartinger, der wie oben schon gesagt, den Grund zur Jugendbibliothek legte ; vom Präfekte P. Job. Ringauf durch Yermächtniss seiner ganzen Privatbibliothek ; vom hiesigen Kreisdechant, später Domherrn in Graz, Andreas Kaučič, vom H. los. Hofrichter ; von einem unbekannt bleiben wollenden ausländischen Buchhändler ; von der k. k. Akademie der Wissenschaften, von der geologischen Reichsanstalt und vom h. Ministerium des U. in Wien; vom historischen Verein in Steiermark ; von der h. k. k. Statthalterei in Graz; aus Karlsruhe von der Groos’schen, aus Graz von der Hesse’schen, aus Leipzig von der Teubner-schen und von der Hahn’schen, aus Innsbruck von der Pfaundler’schen Buchhandlung; vom Herrn Bezirkshauptman in Marburg Anton Wutt ; vom H. Professor Lorenz Hribar ; vom H. Vinzenz Novak Pfarrer in Unterpulsgau ; vom H. Franz Dreisiebner, Pfarrer in St. Magarethen an der Pessnitz ; vom II. Anton Ferlinz Senior Buchhändler in Marburg ; vom Hoclnv. H. J. Rozmanu, Domherrn in St. Andrä 15 fl. CM. zur Anschaffung slovenischer Bücher ; solche spendeten auch Bartol. Ciringer, I. Drobnič, J. Hašnik, Dr. I. Muršec, Dr. R. Razlak, Franz Sor-čič, Dechant und Hauptpfarrer in Rohitsch, Dr. Bleiweis, Professor in Laibach und I. S. aus Zilli; endlich spendeten mehrere Abiturienten dieses Gymnasiums Beiträge zur Bibliothek. B.) An naturhistorischen Lehrmitteln : Die hohe k. k. Studienhofkommission im Jahre 1809 fünfzig Stücke Mineralien, die h. k. k. Statthalterei in Graz im Jahre 1850 sechs und fünfzig Stücke, und vier Paquette getrockneter Pflanzen; Herr Mathias Peinhaupt; H. Heinrich Koss, nunmehr k. k. Finanzrath in Agram 250 Erzstufen aller steiermärkischen Bergwerke, II. Schröckenfuchs, pens. Gewerksbeamte, machte ein Geschenk von 25 Vordernberger Erzstufen, endlich die Gymnasiallehrer Georg Mally, Karl Rieck und Mathäus Lazar. C.) An Modellen für den Unterricht in der Stereometrie: vom Professor nunmehrigen Direktor der Oberrealschule in Linz, Josef Streinz und vom jetzigen Prof. der Mathematik und Physik Josef Essl. Schliesslich soll auch jener Männer gedacht werden, welche an dieser Anstalt als Lehrer und Erzieher der Jugend zur Verbreitung und Bildung der Sittlichkeit mitunter auf ausgezeichnete Weise thätig waren. Leider sind aus jener Zeit, wo sie Hausanstalt der Jesuiten war, vom Jahre 1758 bis 1774 nebst anderen Umständen aneli die Namen der Lehrer unbekannt. Seit 1775 wo sie in die Regie des Staates tiberging, hatte sie folgende lehrende Mitglieder : 1. Johann Bapt. Laschitz, Exjesuit, lehrte in den zwei Klassen Poesie und Rhetorik allein von 177g bis 1779, dann abwechselnd ein Jahr Rhetorik, das nächste Poesie von 1780 bis einschliessig 1783 und starb am 24. März 1784, nachdem er vom Beginn dieses Schuljahres bis dahin vom Präfecte supplir! wurde. 2/ Edelbacher, WdTp'riestcr (?), lehrte 1776 in der dritten und vierten Schule allein; später geschieht seiner keine Erwähnung. 3. Michel, Weltpriester (?), wurde 1776 als Lehrer für die beiden untersten Klassen angestellt; weiter ist uns von ihm nichts bekannt. 4. Baron Wei c h - S e ! i m i d h ofen, Exjesuit, lehrte 1779 in der dritten und vierten Klasse allein. 5. Josef Grimm, Exjesuit, lehrte 1779 in der ersten Klasse, von 1780 bis 1806 in den Humanitätsklassen aufsteigend, war von 1806 bis 1812 Prä- fekt des Gymnasiums, wie schon oben gesagt wurde, wo man auch das Nähere nachsehen wolle. 6. P. Otto Wiser, Piarist, in den J. 1780 und 1781 Lehrer der Syntax. 7. P. Eberhard Exinger, Piarist, lehrte 1780 und 1781 in der Grammatik und 1782 in der Syntax. 8. P. Burchard Poek, Piarist, Grammatikallehrer durch vier Jahre von 1780 bis einschl. 1783. 9. P. Stanislaus Aichholzer, Piarist, durch 3 Jahre, von 1782 — 1784 Lehrer in den Grammatikalklassen. 10. P. Lukas Müller, Piarist, durch sechs Jahre, von 1783 — 1788 Grammatikallehrer. 11. Georg Geischek, Exjesuit, als Nachfolger Laschitz’s Humanitätslehrer ivom März 1784 — November 1792, trat wegen "Augenschwäche vom üflentli-ichen Lehramt aus, und ging als Erzieher zweier Jünglinge aus der Familie iFreidenegg nach Graz über. 12. P. Stephan Becker, Piarist, Grammatikallehrer durch 8 Jahre von 1784 — einschl. 1791, erlernte als geborner Schwabe aus Günzburg die slo-venischc Sprache derart, dass er zu wiederholten Malen in der windischen Vorstadtpfarre, in St. Peter und m Gams mit grossem Beifall Festpredigten zu halten im Stande war. 13. P. Peter Reinharden, Piarist, durch 3 Jahre von 1785 — 1787 Grammatikallelirer. 14. P. Adolf Hiillverding, Piarist, 1788 — 1789 Grammatikallelirer, ward nach Lemberg versetzt. 15. P. Johann Nep. Job, Piarist, Grammatikallelirer in den beiden Jahren 1788 und 1789, starb aber schon am 22. Dezember 1789 in einem Alter von 46 Jahren. 16. P. Ernest Schmid, der letzte Piarist, Grammatikallelirer durch 6 Jahre von 1790 bis er hier am 11. Juli 1795 starb. 17. Valentin Höflich, der erste weltliche Lehrer, lehrte 1791 ln der Syntax, und wurde schon im Juni d. J. nach St. Pölten übersetzt. 18. Josef von Morlin, lehrte vom Sommer 1791 — 1800 in den Gram-matikalklassen, von 1801 1K03 in den Humanitiitsklassen und ging nach jGraz. Seine merkwürdigen Lebensereignisse sieh oben S. 96. 19. Johann Anger, weltlich, lehrte vom Jänner 1792 — 1799 in den Grammatikalklassen. 20. Georg Oblak, Weltpriester, lehrte durch beinahe 6 Jahre von 1793 — 1798 in den Humanitätsklassen und wurde in gleicher Eigenschaft auf das Grazer Gymnasium übersetzt. 21. Johann Nep. Flohberger, weltlich, lehrte von 1796 — 1807 in den Grammatikalklassen, von 1808 — 1819 als Fachlehrer die Syntax und das Griechische; von 1820 — 1828 wieder als Klassenlehrer in den Grammatikalklassen, ging dann nach 32jähriger Dienstleistung in Ruhestand. 22. Kajetan Kl osterei', weltlich, lehrte von 1798 — 1800 in den Humanitätsklassen, wurde vom Irrsinn befallen, und starb 1840 im Irrenhause zu Graz. 23. Vinzenz Archer, lehrte von 1801 — 1807 in den Grammatikalklas-sen, von 1808—1819 als Fachlehrer in der Prinzip und Grammatik das Latein, von 1820 wieder als Klassenlehrer aufsteigend in den 4 Grammatikalklassen, ging nach 30jähriger Dienstleistung in Ruhestand und starb in Graz. 24. Josef Wartinger, ein rüstiger Pfleger und Förderer der Wissenschaft, ein Freund der Jugend durch Rath und Phat, selbst ein Muster unermtideter Thätigkeit und weiser Lebensordnung, hochverdient um die steiermärkische Geschichte, wirkte in den Schuljahren 1802 bis 1805 einschl. hier als Klasseu-und ausnahmsweise auch als Fachlehrer der griechischen Sprache in den oberen Klassen, legte, wie schon oben erwähnt, durch Schenkung den Grund zur hiesigen Gymnasialbibliothek, und liess auch später in der Entfernung das hie- sige Gymnasium bis in die Gegenwart nie aus den Augen. Durch seine Verwendung erhielt es alljährlich eine auf Kosten der steirischen Stände geprägte silberne Medaille, manchmal auch zwei, als Prämie für den in der steierischen Geschichte ausgezeichnetsten Schüler. Zur Anregung eines eindringlicheren Studiums der griechischen Sprache setzte er aus Eigenem einen Preis aus für den würdigsten Bewerber auch an diesem' Gymnasium. Als jubilirter steier. ständ. Archivar lebt er in Graz im wohlverdienten Ruhestand. 25. Johann Bapt. Gottweiss, selbst unter den vaterländischen Schriftstellern verdienten Ruf geniessend, lehrte von 1804 — 1807 einschl. die Stylistik, trat im Dezember 1807 in den Privatstand und starb als Pächter der Herr- schaft Mallek. 26. Johann Narath, Weltpriester aus der Seckauer Diözese, in der Umgebung von Marburg geboren, trat 1804 — 5 in die neu errichtete Kateche- 11 tenstelle ein, ertrank aber schon am 2. August 1806 in der Drau. Sein so unerwartete Tod verursachte allgemeine Trauer, denn mit den herrlichsten Anlagen versehen, ward er geliebt von der studirenden Jugend, geschätzt als Kanzelredner und geachtet vom Publikum. Seine Stelle füllten dann nacheinander Mathias Löschnigg, damals Stadtpfarrkaplan, nachher Kreisdechant und Vizedirektor des Gymnasiums, dann Georg Kernegger und Georg Jentschitsch provisorisch aus, bis der wirkliche Religionslehrer 27. Josef Humpe, Weltpriester, im Februar 1808 dieselbe übernahm. Er bekleidete sie in allgemeiner Achtung stehend bis in das Jahr 1823, wo er auf dieselbe resignirte, und bald darauf aus dem Leben schied. Ihm folgten als Supplenten Jakob Standegger, nunmehr Dechant und Stadtpfarrer in Pet-tau, und Ignatz Wellebil, später als Pfarrer in Arnfels gestorben. Beide versahen dieses Amt neben ihrer seelsorglichen Anstellung. 28. Josef Zech, Grammatikallehrer in den Jahren 1806 und 1807 ; von 1808 bis 1819 Fachlehrer für Geographie und Geschichte, von 1820 — 1836 wieder Klassenlehrer in den Grammatikalklassen, trat nach vollendeter 30jäh-riger Dienstleistung in den Ruhestand. 29. Mathias Humer, Weltpriester, trat mit Beginn des Schuljahres 1807 als Humanitätsklassenlehrer ein, übernahm 1808 die Fächer der Mathematik und Naturgeschichte, bald nach Gottweiss’s Austritt aber der Stylistik, war von 1820 — 1823 wieder Humanitätsklassenlehrer und starb im Gymnasialgebäude. Er stiftete ein kleines Kapital, dessen Zinsen —jährlich 5 fl. — amSchluss - des Jahres an einen dürftigen GymnasialschUler verabfolgt werden. Er war Exhortator für die Humanitätsklassen, so lange als sic abgesondert waren. 30. Valentin Koss, Weltpriester, lehrte von 1808, als Nachfolger Humors, bis 1819 die Mathematik und Naturgeschichte, und von 1820 bis 1824 als Klassenlehrer in den Grammatikalklassen und starb im Gymnasialgebäude. 31. Anton Suppantschitsch, trat 1819, da das Gymnasium auf 6 Klassen erweitert und das Klassenlehrersystem wieder eingeftthrt wurde, als Humanitätslehrer ein, und hlieb in dieser Stellung bis 1831, wo er in gleicher Eigenschaft nach Capodistria, mit dem dorthin ernannten Humanitätslehrer Dr. Rudolf Puff einen von den Behörden genehmigten Tausch eingehend, liberging. Er zeichnete sich als Lyriker und Drammatiker durch eine tiefe Gemtithlich-keit und religiöse Gesinnung, als Lehrer durch einen ansprechenden Vortrag und als Gesellschafter durch einen unverwüstlichen heiteren Humor aus. 32. Friedrich Rigler, zu Neuberg in Obersteier geboren am 3. Jänner 1798, von 1823 bis 1845 Humanitätslehrer, von da an bis Mai 1851 Vorstand dieser Lehranstalt, nunmehr k. k. Schulrath und Inspector der Gymnasien in Steiermark, Kärnthcn und Krain mit dem Sitze in Graz. Darf die Lehranstalt schon stolz darauf sein, dass er aus ihrer Mitte hervorgegangen, so darf sie um so weniger vergessen, was er zu ihrer Hebung durch sein acht und zwanzigjähriges taktvolles Wirken als Lehrer und Vertreter gethan hat. Namentlich bei der neuen Umgestaltung des Unterrichtswesens war es seiner klugen einflussreichen Leitung vorzüglich zuzuschreiben, dass sich die Anstalt die Gunst der hohem Behörden erwarb und zu dem erweitert und erhoben wurde, was sie jetzt ist. Er unternahm vom 16. Juli bis 19. August 1850 mit Bewilligung des h. Unterrichts Ministeriums eine Reise durch Schlesien, Sachsen und Böhmen, um Einsicht von der Einrichtung der dortigen Gymnasien zu nehmen. 33. Anton Wisiak, nach dein Tode Koss’s — eine Zeit lang hier supp-lirender Grammatikallehrer, nunmehr wirkl. Direktor der k. k. Normal hauptschule in Graz. 34. Alexander Herzog, aus dem regulirten Chorherrnstifte Voran, Religionslehrer und Exhortator vom Jahre 1824 — 1842, wo er wegen geschwächter Gesundheit in den Ruhestand sich begab. Er war nach dem Abgange Es-senko’s im Jahre 1829 mit der Leitung der Präfektursgeschäfte betraut, und machte sich um die Wiederherstellung der Kirche zum h. Aloysius verdient.-Er starb zu Graz im Jahre 1843. 35. Georg Mally, wurde zuerst nach rühmlich zurückgelegten juridischen Studien und Richter- und Lehramtsprüfungen 1820 als Grammatikallehrer in Zilli angestellt, und als solcher 1825 auf sein Ansuchen nach Marburg übersetzt, und wirkte bis Ende April 1854 anfangs als Klassenlehrer, dann nach der neuen Einrichtung vorzüglich als Lehrer der Naturgeschichte, für > welche er eine besondere Vorliebe und gründliche Kenntnisse besass, mit seltenem Eifer zum Wohle der Jugend. Ausserdem übernahm er mehrere Jahre hindurch den Unterricht in der vaterländischen Geschichte und Kalligraphie, so wie zweimahl die provisorische Leitung des Gymnasiums mit von Seite der Behörden anerkannter Gewissenhaftigkeit und Umsicht, und trat nach mehr als drei und dreis-sigjähriger rühmlicher Dienstleistung mit Beibehaltung seines ganzen Gehaltes in den wohlverdienten Ruhestand. Der Stadtrath von Marburg verlieh ihm zur Anerkennung seiner vielseitigen erspriesslichen Thätigkeif das Ehrenbürger-Diplom. Er war za Grottenhofen bei Leibnitz in Steiermark am 13. Jänner 1793 geboren, einst Zögling, dann Lehrer und zwei Mal substituirter Direktor und immer eine Zierde des Gymnasiums. Zur Vermehrung der naturhistorischen Lehrmittel liess er keine Gelegenheit unbenutzt. Im Jahre 1848 ging er als gewählter Abgeordneter des Marburger Bezirkes zur deutschen Nationalversammlung nach Frankfurt a. M., von wo er nach fast einjährigem Aufenthalt mit dem Gefühle bitterer Enttäuschung zurückkehrte. Als Mitglied der Landwirthschaftsgesellschaft in Steiermark und selbst Besitzer einer kleinen Landwirtschaft ober Leibnitz, welche ihm als väterliches Erbe und Zuflucht der Erholung besonders in den jedesmaligen Herbstferien theuer war, beschäftigte er sich mit landwirtschaftlichen und metereologischen Beobachtungen, und theilte seine Erfahrungen in den betreffenden Versammlungen mündlich, und oft auch schriftlich mit. Obwohl es ihm nie einfiel, sich zum Dichter von Profession berufen zu halten, so machte er doch seinem tiefen Gemii-the durch poetische Versuche Luft. So verfasste er schon als Schüler der obersten Klasse am hiesigen Gymnasium im J. 1812 auf den mit Tod abgegangenen Fürstbischof von Seckau, Friedrich Grafen von Waldstein und Wartenberg, eine Elegie, welche auf Kosten seiner Mitschüler in Druck gelegt wurde, und welche das damalige General vikariat eigens mit einer Dankadresse zu erwidern sich bewogen fand.*) Auch das Mitglied der hist. Vereine für Innerösterreich lieferte er Beiträge, namentlich topographische Schilderungen. Allgemein betrauert starb er am 25. April 1858. 36. Josef Patscheider, am 21. Juli 1798 zu Grami in Tyrol gehören, wurde nach vollendeten juridischen Studien 1828 mit der Supplirung einer Graminati-kallehrerstelle zu Zilli, 1829 mit einer solchen in Marburg beauftragt und noch im selben Jahre zum wirklichen Grammatikallehrer ernannt. Im April 1849 entriss ihn der Tod dem Gymnasium, seiner Gattin und vier unmündigen Kindern. Sein sittlicher freundlich geselliger Charakter genoss und verdiente allgemeine Achtung. *) Man wird es uns zugutehalten, wann wir das ganze Reskript hieher setzen. Es lautete : Ingenuis ac truditis juvenibus studiosis C. H. Gymnasii Marburgensis salutem et benedictionem a Domino. ■— Gratum omnino consistorio huic episcopali accidit, quod vos cordati juvenes, preclara sane elegia idiornate germanico exarata justissimum animi dolorem in obitum meritissimi nostri prcesulis exposueritis, atque hoc modo perenne quasi monumentum supremo nosti ce diaceseos Pastori vita defuncto posueritis. Exinde conjicere pronum est, quantopere vobis, egregii juvenes, religionis doctrina, nec non digni ejusdem ministri cordi sint. Pergite constanter fovere haec animi sensa, quo sane fiet, ut timor Domini, qui juxta sacrum vatem initium sapientia; est, altas in vobis radices agat. Hoc ccelesti lumine illustratis Deus misericordiarum porro major a ac uberiora dona, qua: vobis sincere exoptamus, largiri non cessabit. Dabamus Grcecii ex consistorio episcopali die 15. Julii ig 12. Simonde Pretiš fccelesice episcopalis Decanus et vicarius generalis. Josephus Hieber secretarius consistoria/is. 37. Rudolf Puff, Dr. der Philosophie, Mitglied der historischen Vereine in Graz, Laibach und Agram, des geographisch montanistischen Vereins und der Landwirthschaftsgesellschaft in Steiermark, Ehrenbürger in Marburg, am 10. Juli 1808 zu Grossflorian in Steiermark geboren und als Schriftsteller bekannt, wurde 1831 in Marburg zum supplirenden und noch im selben Jahre zum wirklichen Humanitätslehrer in Capodistria ernannt, verblieb nach eingegangenem und hühernorts genehmigtem Tausch mit Suppantschitsch in Marburg als Humanitäts - Klassenlehrer bis 1849, von da an ist er wirkl. Gymnasiallehrer für die deutsche Sprache und Literatur, für Geschichte und Vaterlandskunde, lehrt nebenbei steierische Geschichte und italienische Sprache. 38. Johann Gulterer, suppl. Grammatikallehrer im Jahre 1831 — 2. 39. Johann Nep. Kurz, zu Sichelsdorf in Böhmen am 22. April 1806 geboren, Privatlehrer in Wien, wurde im September 1832 zum Grammatikallehrer in Marburg ernannt, 1841 zum Humanitätslehrer in Zilli befördert, kam als solcher 1845 nach Marburg zurück, lehrte nach der neuen Einrichtung lateinische und griechische Philologie, ward 1851 — 2 zum prov. Direktor hier, und 1853 zum k. k. Schulrath und Inspektor der Gymnasien und Volksschulen in Salzburg befördert. Schülern und Lehrern wird sein humanes Wesen stets hier in angenehmer Erinnerung bleiben. 40. Valentin Sauersclmigg, suppl. Grammatikallehrer im Jahre 1836 — 7 nach dem Austritt des Lehrers Zech. 41. Wenzel Lanz, am 23. Oktober 1796 zu Wien geboren, ehedem Grammatikallehrer in Zilli, wurde 1837 — 8 als solcher auf sein Ansuchen nach Marburg versetzt, und trat im Dezember 1845 in die Hausdienste Sr. Majestä. des Kaisers, nachdem er sich durch 20 Jahre dem Lehrfache gewidmet hattet 42. Valentin Konschcgg, 1841 — 2 suppl. Grammatikallehrer, ging im folgenden Jahre nach Zilli liber, kam als wirklicher Lehrer für Naturgeschichte 1854 — 5 wieder nach Marburg, wurde aber noch im Verlaufe des 1. Sem. nach Laibach befördert. 43. Franz Sperka, am 19. Jänner 1817 zu Wictzomilietz in Mähren geboren, seit 1842 wirkl. Grammatikallehrer, nach der neuen Organisation wirkl. Lehrer für lat. und griech. Philologie, zugleich Lehrer der Kalligraphie. 44. Georg Mathiaschitsch, Weltpriester, am 22. April 1808 zu St. Peter und Paul bei Pettau geboren, 29. Juli 1832 zum Priester geweiht, 15. August 1833 in der Seelsorge angestellt, seit 1. Dezember 1842 bis 12. Dezember 1844 supplirender, dann wirklicher Religionslehrer, lehrte von 1850 bis zum Schluss des 1. Sem. 1853 auch die slovenische Sprache. 45. Karl Grünewald, geboren zu Wien, ehedem Privatlehrer, zuerst 1846 als Supplent an der Stelle Lanz’s, dann als wirklicher Lehrer, wurde auf sein 8 Ansuchen anfangs des Schuljahrs 1855 auf das Laibacher Gymnasium mit höherem Gehalte übersetzt. 46. Aloys Dornigg, früher Privatlehrer, supplirle im 2. Sem. 1847 den erkrankten Lehrer Franz Sperka. 47. P. Dominikus Buswald, Kapitular des Benediktinerstifts Admont, Dr. der Philosophie, früher Präfekt im k. k. Konvikt iu Graz, trat mit Beginn des Schuljahrs 1848 — 9 die Supplirung des zu Frankfurt a. M. weilenden Lehrers Georg Mally an, füllte auch nach dessen Rückkehr im Mai d. J. die durch Patscheiders Tod, und im Jahre 1850 die durch Zuwachs einer VII. Klasse nothwendig gewordene Lehrkraft aus, wurde nach abgelegter Lehramtsprüfung 1851 zum wirkl. Lehrer für lat. und griech. Philologie ernannt, und ging mit Ende des Schuljahrs 1857 an das dem Stifte Admont überwiesene Grazer Gymnasium Uber. 48. Josef Karl Streinz, vorher Korrepetitor der höheren Mathematik am Johanneum in Graz, trat im Schuljahr 1849 — 50 als Supplent für Mathematik und Physik hier ein, wurde 1851 nach abgelegter Lehramtsprüfung zum wirklichen Lehrer dieser Fächer für das ganze Gymnasium ernannt, ging im Herbste 1856 als wirklicher Lehrer und provisorischer, nunmehr wirkl. Direktor der Oberrealschule nach Linz. Das Gymnasium verdankt ihm viele stereometrische Modelle und die Besorgung solider physikalischer Instrumente. 49. Martin Terstenjak, Welt pries tei', geboren zu St. Georgen an der Stainz 8. November 1817, zum Priester geweiht 28. Juli 1844, dekorirt mit dem goldenen Verdienstkreuze, Mitglied und Mitarbeiter mehrerer hist. Vereine, seit 1850 — 1 zweiter Religionslehrer und Exhortator, lehrte bis Ende Februar 1853 auch die slov. Sprache. 50. P. Guido Schenzl, Kapitular des Benediktinerstifts Admont, Doktor der Philosophie, trat als Supplent für Mathematik und Physik 1850 — 1 ein, machte sich um die Einrichtung des chemischen Laboratoriums besonders verdient, wurde nach zwei Jahren als wirkl. Lehrer der Mathematik und Physik am Obergymnasium in Ofen angestellt, und übernahm später die Einrichtung und Leitung der Oberrealschule daselbst. 51. Josef Bauer, Supplent im Jahre 1850 — 1, ging schon im ersten Monate, in Folge der Uebersetzung Hribars nach Marburg, nach Zilli ah. 52. Johann Dominkusch, früher Privatlehrer, supplirle fast das ganze Jahr 1851 den wegen Krankheit beurlaubten Lehrer Sperka, kam dann nach Ofen, nunmehr wirkl. Gymnasiallehrer in Esseck. 53. Adolf Lang, nunmehr wirkl. Direktor, wie oben. 54. Lorenz Hribar, aus Oberkrain gebürtig, Mitglied der Landwirthschafts-gesellschaft in Steiermark, seit 1821 Grammatikallehrer in Zilli, wurde im Ok- tob er 1851 nach Marburg übersetzt, im April 1855 nach mehr als dreissigjäh-riger Dienstleistung mit seinem ganzen Gehalte in den bleibenden Buhestand versetzt, führte jedoch bis zum Schlüsse dieses Schuljahrs sein Lehramt fort. 55. Ferdinand Steiner, Rechtskandidat, supplirle im 2. Sem. 1852 den wegen Krankheit beurlaubten Lehrer Sperka. 56. Julius Stary, Supplent 1852 — 3 für Mathematik und Physik, wegen Erkrankung schon im Verlaufe des 1. Sem. ausgetreten. 57. Jakob Rumpf, Doktor der Philosophie, seit Dezember 1852 Supplent für Mathematik und Physik an der Stelle des vorigen. 58. Franz Wratschko, Hörer der Rechte, supplirle im 2. Sem. 1852 den krankheitshalber beurlaubten Lehrer Grünewald. 59. Johann Paulitsch, aus dem regulirten Chorherrnstifte St. Florian in Oberösterreich, gebürtig aus Krain, 1853 — 4 geprüfter Supplent für Naturgeschichte, und seither wirkl. Lehrer in Hermanstadt. GO. Mathias Reich, Weltpriester, seit Beginn des 2. Sem. 1853 suppliren-der Lehrer der slovenischen als der zweiten Landessprache, betheiligte sich auch am geographischen und geschichtlichen Unterricht. 61. Eduard Hackenberg, vom 15. Oktober 1853 bis 11. Mai 1854 supp-lirender Lehrer für Philologie. 62. Emanuel Herbek, Direktor, wie oben. Betheiligte sich während seiner Amtsführung in den oberen Klassen am Unterricht in der lat. und griech. Philologie und philos. Propädeutik. 63. Matthäus Lazar, vorher Supplent in Zilli, trat 1854 — 5 als solcher an Konsclieks Stelle für die Naturgeschichte ein, und wurde im nächsten Jahre am Warasdiner Gymnasium als wirkl. Gymnasiallehrer angestellt. 64. Johann Leitner, seit Juli 1854 bis zum Schluss des Schuljahres 1857 Supplent für lat. und griech. Philologie in den hohem Klassen. 65. Adalbert Svoboda, Doktor der Philosophie, ehedem Supplent am Krakauer Gymnasium, supplirle liier seit April 1855 den wegen Krankheit beurlaubten Lehrer Puff, wurde, um UeberbUrdungen der Supplenten zu vermeiden, auch nach dessen Wiedereintritt im folgenden Jahre anfangs als Hülfslehrer beibehalten, und bald darauf als wirklicher Lehrer angestellt für Geschichte und deutsche Sprache und Literatur. 66. Ludwig Jeitteles, geprüfter Lehramtskandidat an Lazar’s Stelle 1855 — 6 supplire»«! ; 1857 in gleicher Eigenschaft an das Grazer Gymnasium berufen. 67. Franz Novotny, als Ersatzmann des nach Laibach abgegangenen Lehrers Grünewald 1855 — 6 Supplent für Philologie. 68. Josef Steiner, einst Zögling, 1855 — 6 und 1856 — 7 supplirender Lehrer au dieser Anstalt, nunmehr Präfekt im k. k. Theresianum in Wien. 69. Josef Essl, ehevor als approbirter Supplent für Physik und Mathematik, in Zilli, kam 1856 — 7 in gleicher Eigenschaft nach Marburg, und erhielt schon im Verlauf des 1. Sem. seine wirkliche Anstellung, zugleich Custos des physikalischen Kahinets. 70. Franz Podräzek, Weltpriester aus der Brünner Diözese, trat als wirklicher Lehrer der Philologie, und ausserordentlicher Lehrer der Stenographie seine Amtstätigkeit mit Beginn des Schuljahres 1866 •— 7 hier an. 71. Karl Rieclc, seit 1857 Supplent für Naturgeschichte an Jeitteles Stelle, zugleich Custos des naturhistorischen Kahinets und eifrig für Bereicherung desselben besorgt. Rechnet man zu diesen 71 Lehrern die bisher ungezählten Präfekte Ring-auf, Essenko, Kerpan und Spekmoser, welche nach der alten Einrichtung jeden erkrankten Lehrer zu supplirei) hatten, und die nur zeitweilig supplirenden Religionslehrer Mathias Löschnigg, Georg Kernegger, Georg Jentschitsch, Jakob Standegger und Ignatz Wellebil hinzu, so stellt sich die Zahl der hier thätig gewesenen Lehrindividuen vom Jahre 1775 bis Ende 1857, also durch 82 Jahre auf 80. Darunter hatten, theils durchgehends hier, theils anderswo beginnend aber hier beendend, mehr als 30 Jahre im Lehrfaclie ausgehalten: 1.) Ringauf, 2.) Grimm, 3.) Essenko, 4.) Archer, 5.) Flohberger, 6.) Zech, 7.) Hribar, 8.) Spekmoser, 9.) Mally. Nahezu an 30 Jahre wirkte auch Herr Schulrath Rigler hier als Humanitätslehrer, Präfekt und Direktor. Auch Dr. Puff ist seinem 30. Amtsjahre nahe. Viele von diesen Veteranen sind schon eingegangen in den ewigen Ruhestand, namentlich alle, welche bei Begründung dieser Lehranstalt und in der ersten Hälfte ihres hundertjährigen Bestehens Mühe und Schweiss zu ihrem Aufblühen geopfert und den Saamen ausgestreut, der noch immer im Wachsen begriffen, immer reichlichere Früchte zu tragen verspricht. Der Vater im Himmel möge ihnen den Groschen getreuer Arbeiter in seinem Weinberge verleihen, wir aber wollen ihnen den gebührenden Zoll einer dankbaren Erinnerung weihen! Viele aber von denen, die hier ihre Laufbahn als Lehrer oder Lernende begonnen, stehen nun anderwärts auf ehrenvollen Posten. Mögen sie das Marburger Gymnasium im freudigem Andenken behalten und ihm ihre wohlwollende Zuneigung nicht entziehen. Hundert Jahre sind verflossen, Seit der Saame hier gelegt, Keimend emsig ward begossen Und mit regem Uleiss gepflegt! Gebe Gott nun sein Gedeihen Und als Lohn gesunde Frucht ; Marburg möge stets sich freuen Findend, was es opfernd sucht: Eine Schule für die Jugend, Die zur Weisheit sie erzieht; Eine Pflanzstätt’ echter Tugend, Der das Glück der Stadt entbltiht! Georg illathiaschitsch. Anhang zur Geschichte des k. k. Marburger Gymnasiums. Nro. 1. Statistische Uebersicht der Frequenz des k. k. Gymnasiums in Marburg vom Jahre 1776 an bis 1858 aus den Katalogen der Lehranstalt zusammengestellt von dem Gymnasial-Pro-fessor Josef Essl. In den Besuchten Entfallen Ergibt sich ein Zuwachs oder Jahren das Gymnasium auf 1 Jahr eine Abnahme im Ganzen im Mittel in Prozenten von 1776—1780 344 Schüler 68 Schüler 77 1781—1785 311 n 62 n 9°/o Abname 77 1786—1790 172 77 34 n 50% Abname 77 1791—1795 304 77 61 n 11% Abname 77 1796-1800 425 85 V 25% Zuwachs 77 1801—1805 564 77 113 n 66% » 77 1806—1810 773 77 154 « 126% n n 1811—1815 669 77 134 v 97 % » 77 1816-1820 824 n 165 143% » 77 1821-1825 1474 n 295 » 333% )7 77 1826—1830 975 77 195 » 186% 77 n 1831—1835 683 77 136 100% 77 77 1836—1840 904 77 181 » 166% 77 77 1841—1845 1098 1) 219 n 222% 77 77 1846—1850 1125 225 V 230% 77 77 1851—1855 961 » 192 » 182% »7 77 1856—1858 716 )1 238 n 250% 77 Verzeichn iss von einhundert gewesenen Schülern des Marburger Gymnasiums, die zu einer hervorragenden Stellung im Staate und in der Kirche gelangt sind, sich durch wissenschaftliche Leistungen, oder sonstiges menschenfreundliches Wirken ein ehrenvolles Andenken im Vaterlande gesichert haben. Royko Caspar, Dompropst am Prager Domkapitel, etc. kirchenhistorischer Schriftsteller, f Gm einer Franz, k. k. Rath, Professor an der Grazer Universität, theologischer und kirchenrechtlicher Schriftsteller, f Seiler Caspar, Doktor der Rechte, ein wegen seiner Rechtlichkeit hoch-geschätzter Sachwalter, Vater des gegenwärtigen Bürgermeisters der k. k. Haupt- und Residenzstadt Wien, f Löschnigg Mathias, Kreisdechant, Stadtpfarrer und Vicedirektor des k. k. Gymnasiums zu Marburg, als unermüdeter Priester im gesegnetsten Andenken in seiner Geburtsstadt Marburg, f Ledin egg Andreas, Pfarrer und Ehrendomherr zu St. Marx hei Pettau. f Zimmermann Ignaz, Fürstbischof von Lavant, f Heinrich, Freiherr von Geppert, k. k. Feldmarschall - Lieutenant, f Hofrichter Josef, ökonomischer Schriftsteller und Mitbegründer vieler gemeinnütziger Anstalten in Steiermark, f Murmaier Anton, Doktor der Rechte, Nestor der steiermärkischen Advokaten. f Naverschncgg Johann, Landrechtspräsident, wegen treuer Dienstleistung im Staate, in den Ritterstand erhoben, f Gottweiss Johann, Doktor der Rechte, gewesener Professor am hiesigen Gymnasium, dekorirt mit dem goldenen Vèrdienstkreuze mit der Krone ; als Lehrer, Dichter und Beamte gleich ausgezeichnet, f Kernecker Georg, Weltpriester, durch sein 40jübriges, gesegnetes Wirken und seine wohlthätigen Stiftungen in der Stadt Marburg im besten Andenken, f Schwarzei Josef, mit dem Klosternamen Vincenz, Capitolar des Stiftes Admont, als Lehrer und ökonomischer Schriftsteller rühmlich bekannt, f Narrath Joseph, Religionslehrer am hiesigen Gymnasium und sloveni-scher Sprachforscher, t M u r k o Florian, F. b. geistlicher Rath, und verdienstvoller Pfarrer zu St. Ruprecht in W. B. f Neupauer Ferdinand, k. k. Hofrath. Gruber Franz, Domcustos, Diöcesan - Schulenoberaufseher, dekorirt mit der goldenen Civilehrenmedaille. f Mathiaschitsch Franz, Prior des Stiftes Admont, t Souvan Wolfgang, k. k. Generalmajor, Ritter mehrerer hoher Orden. Wratschko Johann, k. k. russischer Staatsrath, und oberster Marine - Arzt. Lipoid Franz, Jubelpriester, F. b. geistlicher Rath. Lipoid Josef, Pfarrer zu Rietz, ein geschätzter slovenischer Dichter, f Raisp Franz, Bürgermeister der Stadt Pettau. Du hatsch Franz, Doktor der Rechte, k. k. Hof- und Gerichtsadvokat. Friedrich Franz Ser., Dompropst zu Lavant. Pichler Josef) Kreisdechant und Stadtpfarrer in Marburg, Ordinariatskommissär ftlr’s k. k. Gymnasium. Z w e t k o Franz, Kreisdechant von Luttenberg, ein ausgezeichneter slovenischer Kanzelredner. Koren Thomas, Hauptpfarrer und Ehrendomherr zu Altenmarkt, f Standegger Jakob, Consistorialrath, Haupt- und Stadtpfarrer zu Pettau, decorirt mit dem goldenen Verdienstkreuze mit der Krone. Kassian Ignaz, Consistorialrath, Dechant und Pfarrer zu Leutschach. Schmigoz Franz, Verwalter der Herrschaft Oberpettau, und slovenischer Schriftsteller, f Krempl Anton, Pfarrer zu Kleinsonntag, als Geschichtsforscher und slovenischer Schriftsteller rühmlichst bekannt, f Quas Kolloman, Lehrer an der k. k. Universität zu Graz, slovenischer Schriftsteller. Reinisch Josef, Doktor der Theologie, Pfarrer zu Wies, ausgezeichneter theologischer Schriftsteller. F. Freiherr von Gr im schlitz, Kreispräsident zu Mitterburg, Ritter mehrerer hoher Orden. D a i n k o Peter, Dechant zu Grossonntag, slovenischer Schriftsteller. Schmid erer Josef, Bürger der Stadt Marburg, als Menschenfreund, Wohlthäter der Armen und als Stifter eines Armenhauses im gesegnetsten Andenken in seiner Vaterstadt Marburg, f Mal ly Georg, k. k. Professor, als Mensch, Lehrer und Gelehrter gleich hochgeachtet, f Dominiku sch Andreas, k. k. Kreisrath, ein menschenfreundlicher Unterstutzer armer Studirenden. f Juvantschitsch Sigmund, Domherr, Hauptpfarrer etc. ein ausgezeichneter Schulmann, f W u 11 Anton, k. k. Bezirkshauptmann und tüchtiger politischer Beamte. Sei 11 er Caspar, Doktor der Rechte, Ritter mehrerer hoher Orden, Bürgermeister der Haupt- und Residenzstadt Wien. Dr. Quesar Eduard, k. k. Sectionsrath. W e n i n g e r F. X. Jesuitenordenspriester, ein rastloser Missionär und theologischer Schriftsteller. Flucher Johann, Pfarrer zu Witschein, F. b. geistlicher Rath, ein trefflicher Jugenderzieher. Stoppar Jakob, F. b. Hofkaplan, dann Jesuitenordenspriester. Robit sch Math. Doktor der Theologie, Ehrendomherr, k. k. Staatsprüfungskommissär und Professor an der Grazer Universität, ausgezeichneter kirchenhistorisch er Schriftsteller. Juvantschitsch Franz, F. b. geistlicher Rath und Pfarrer zu Ho-cheneck. Trümmer Peter, Ritter von Labitschburg, Doktor der Rechte, k. k. Sektionsrath und Ritter der eisernen ICronc. Glaser Markus, F. b. geistlicher Rath, und Pfarrer zu St. Peter bei Marburg. Lappi Georg, k. k. Hauptschuldirektor in Judenburg. Mally Anton, Doktor der Medizin, ein ausgezeichneter Arzt, f Dreyer Johann, Ritter von. der Iller, k. k. Generalstabsarzt, Ritter mehrerer hohen Orden. Scherf Anton, Pfarrer zu Allerheiligen, slovenischer Schriftsteller. Sock Joseph, kaisl. Rath, Doktor der Medizin, Inspektor des ständischen Sauerbrunnen bei Rohitsch, Besitzer des goldenen Verdienstkreuzes mit der Krone. St iger Ignaz, k. k. Landesgerichtsrath. Tscheppe Franz, Ehrendomherr und Dechant zu Jahring. Bruner Franz, F. b. geistlicher Rath, und Pfarrer zu Altenmarkt. Kostanjovetz Joseph, Dekanatsadministrator und Vorstadtpfarrer zu Marburg. Jenko Ignaz, k. k. Bezirksarzt, Doktor der Medizin. Murschetz Josef, Weltpriester, Doktor der Philosophie, Professor an der st. st. Oberrealschule zu Graz, slovenischer Schriftsteller. Semlitsch Anton, F. b. geistlicher Rath, Pfarrer in der Karlau zu Graz, theologischer und ökonomischer Schriftsteller. Friedrich von Schildenfeld, k. k. Landesgerichtsrath. Wurzian Josef, Doktor der Medizin, Ritter mehrerer hohen Orden, k. k. Oberstabsarzt, gewesener Leibarzt Seiner Exzellenz des unsterblichen Feldmarschalls Grafen Radetzky, f Scrian z Joseph, apostolischer Missionär und Jesuitenordenspriester. Koroschak Math., Dechant und Pfarrer zu Frauheim. Murko Anton, Doktor der Theologie, Besitzer des goldenen Verdienstkreuzes mit der Krone, Dechant und Pfarrer zu Sauritsch, ausgezeichneter slovenischer philologischer Schriftsteller. Josef Ritter von Waser, k. k. Oberstaatsanwalt, Ritter der eisernen Krone. Kl ai sch er Johann, erster Lazaristenprior in Steiermark, ein wahrhaft frommer, aber auch gelehrter Mann, f Riedl Johann, Doktor der Theologie, emeritirter k.k. Uuiversitätsprofes-sor, Domherr am Kapitel zu Seckau, Administrator der Hauptstadtpfarre Graz. Mathiaschitsch Georg, Religionslehrer am k. k. Gymnasium zu Marburg. Kočevar Stephan, Doktor der Medizin, k. k. Bezirksarzt, ein ausgezeichneter praktischer Arzt. Ottokar Edler von Gräfenstein, Doktor der Theologie, Capitolar des Stiftes Admont. i Hašnik Josef, Pfarrer in Tritati, geschätzter slovcnischer Dichter. Kramberger Jakob, Doktor der Philosophie, slovenischer Schriftsteller, f Vogrin Lorenz, Doktor der Theologie, Kreisdechant und Pfarrer zu St. Georg an der Stainz, slovenischer Schriftsteller. Tantseher Carl, Doktor der Medizin, k. k. Professor an der Innsbrucker Universität, medizinischer Schriftsteller. Kanzler Pankratius, k. k. Majorauditor. Illeschitz Johann, k. k. Major in der Armee. Gödl Rudolf, k. k. Generalkonsul in Jassy. Ko schar Jakob, F. b. Sekretär und Hofkaplan, slovenischer Schriftsteller. f Mi kl osi ch Franz, Doctor juris und philosophiae, k. k. Universitätsprofessor zu Wien, Mitglied der Akademien der Wissenschaften zu Wien und München, etc. ausgezeichneter slavischer Philolog. Krautgasser Johann, Doktor der Medizin, vaterländischer Schriftsteller. Frass Jakob, unter dem Namen Stanko Vraz als ausgezeichneter stid-slavischer Dichter bekannt, f Prelog Wilhelm, Doktor der Medizin, praktischer Arzt in Constantinopel. Archer Vinccnz, k. k. Appellationsrath, f Senior Karl, Doktor der Medizin, medizinischer Schriftsteller. Za ff Georg, Weltpriester, ausgezeichneter slavischer Philolog. Hwalez Eduard, k. k. Oberlandesgerichtsrath. Schamperl Johann, slovenischer Schriftsteller, f Schell Franz, Doktor der Philosophie, Weltpriester, theologischer Schriftsteller. Sortschitsch Franz, Consistorialrath, Hauptpfarrer zu Eohitsch. Dr. Herr mann Gödel, k. k. Finanzprokurator in Venedig. Wolf Anton, k. k. Bezirksvorsteher, Besitzer des goldenen Verdienstkreuzes. Ter stenj a k Martin, Weltpriester, Religionslehrer am k. k. Gymnasium zu Marburg, Besitzer des goldenen Verdienstkreuzes, slovenischer Schriftsteller. Rossegger Rupert, Capitular des Stiftes Rein, Pfarrer zu Feistriz, Besitzer des silbernen Verdienstkreuzes, vaterländischer Schriftsteller. Lös e li n i g Carl, Doktor der Rechte, k. k. Hof- und Gerichtsadvokat und Notar. M a z u n Johann, k. k. Professor zu Agram, slovenischer Schriftsteller. Tossi Joseph, Doktor der Theologie, k. k. Universitätsprofessor in Graz. Knuplesch Martin, Weltpriester und Doktor der Theologie. L e x e r Mathias, Candidat des höheren Lehramtes, auf dem Gebiethe der deutschen Dialectenforschung durch namhafte literarische Leistungen vortheil-haft bekannt. Zusammengestellt von dem Religions - Professor Martin Terstenjak. -wBBw- Schill nachricht en aus dem Schuljahre 1857 — 1858. I. Lehrverfassiuig. A.) Lehrgegenstände, Lehrbücher, Lehrer, a. Obligate Fächer. VIII. Classe, Ordinarius : Dr. Rudolph Puff. Religionslehre. Geschichte der christlichen Kirche. Lehrbuch von Josef Fessler. Wöchentlich 3 Stunden. Georg Mathiaschitsch. Lateinische Sprache. Lektüre: G. Horatii Fl. Carni, lih. I. 1 — 4. 7. 10 — 15. 22. 28. 34. 37. lih. II. 2. 3. 18. lih. III. 1. 30. lih. IV. 7. 12. Epod. 2. Satir. I. 1. 4. 9. lih. II. 6. 8. Epist. lih. I. 1. 2. 10. 19. 20. epist. ad Pisones nach der Ausgabe von Grysar. C. Cornelii Taciti annalium lih. I. et II. Jul. Agricolae vita. Teubner’sche Ausgabe. Wöchentlich 4 Stunden. Mündliche giammai, stilist. Hebungen aus Prof. Grysars Handbuch, wöchentlich 1 Stunde. In jedem Monate 2 schriftliche Arbeiten. Der Direktor. Griechische Sprache. Lektüre : Platons Protagoras nach der Ausgabe von Jahn. Sophocles Aias nach der Ausgabe von Schneidewin. Wöchentlich 5 Stunden. Alle 14 Tage 1 Stunde gramwat. Hebungen. Alle 4 Wochen ein Pensum. Wilhelm Biehl. Deutsche Sprache. Lektüre grösserer Musterstücke aus deutschen Clas-sikern mit vollständiger Analyse. Die auf die Lektüre bezüglichen Partien der Literaturgeschichte. Hebungen im Vortrage. Jeden Monat eine Schul- und zwei Hausarbeiten. Wöchentlich 3 Stunden. Dr. Rudolph Puff. Sloveniš c li e Sprache. Lektüre : Stücke aus der Chrestomathia palaeo-slovenica von Miklosich. Eine Skizze «1er altslovenischen Literaturgeschichte. Wöchentlich 2 Stunden. Alle 4 Wochen 2 schriftl. Arbeiten. Mathias Reich. Geographie und Geschichte. 1. Sem. Schluss der neueren Geschichte mit besonderer Berücksichtigung der üsterr. Geschichte nach Pütz für d. O. G. 2. Sem. Statistik des österr. Kaiserstaates nach Schmitt. Wöchentlich 3 Stunden. Dr. Rud. Puff. Mathematik. Zusammenfassende Wiederholung des mathemat. Unterrichtes. Wöchentlich I Stunde. Jos. Essl. Philosophische Propaed eutik. Empirische Psychologie nach „Zimmermann.“ Wöchentlich 2 Stunden. Dr. Adalbert Svoboda. Physik. Magnetismus, Elektrizität, Wärme, Optik, Anfangsgründe der Astronomie und Meteorologie nach Paumgartner. Wöchentlich 3 Stunden. Josef Essl. VII. Classe. Ordinarius: Josef Essl. Religionslehre. Katholische Sittenlehre nach Martin, II. Theil. 2. Hälfte. Wöchentlich 2 Stunden. Georg Ma thiasch i tsch. Lateinische Sprache. Virgil. Aeneid. IV. V. nach Hoffmanns Ausgabe. Jul. Caesar, bellum civil. I. II. III. Wöchentlich 4 Stunden. Stilistische Hebungen nach Süpfle II. 1 Stunde. Alle 14 Tage ein Pensum. Wilhelm Biehl. Griechische Sprache. Lektüre : Demosthenes Orat. Olynth. I. II. III. nach Westermann Homer Hias IV. V. nach Hochegger. 4 Stunden. Alle 14 Tage 1 Stunde Wiederholung der Grammatik. Alle 4 Wochen 1 Pensum. Johann Gutscher. Deutsche Sprache. Lektüre aus Mozarts Lesebuch III. für das 0. G. mit ästliet. Analyse und gedrängter literär-historischer Uebcrsicht, dazu ausgewählte Musterstücke aus dem Mittel-Hoclideutsclien. Hebungen im Vortrage. Wöchentlich 3 Stunden. Jeden Monat 2 Haus- und 1 Schul Aufgabe. Dr. Rudolf Puff. Sloveniš che Sprache. Lektüre : Illyrische Stücke aus Webers Lesebuch, das epische Gedicht „Osman“ von Gundulič. Ueberblick der illyrischen Literaturgeschichte. Wöchentlich 2 Stunden. Jeden Monat 2 schriftliche Arbeiten. Math. Reich. Geschichte und Geographie. 1. Sem. Mittlere Geschichte bis zum Ausgange des Mittelalters nach Ptitz II. Theil. 2. Sem. Neuere Geschichte bis zum Schlüsse 17. Jahrhunderts nach Pütz III. Theil. Wöchentlich 3 Stunden. Dr. Rud. Puff. Mathematik. Algebra: Unbestimmte Gleichungen des 1. Grades. Quadratische Gleichungen mit 1 Unbekannten. Progression, Kombinationslehre und binomischer Lehrsatz nach Močnik. Geometrie : Anwendung der Algebra auf Geometrie. Analytische Geometrie nebst Kegelschnitten nach Močnik. Wöchentlich 3 Stunden. Jos. Essl. Philosoph. Propsedeutik. Logik nach Beck. Wöchentlich 2 Stunden. Dr. Adalbert Svoboda. Physik. Allgemeine Eigenschaften. Chemische Verbindung. Gleichgewicht und Bewegung. Wellenlehre und Akustik nach Baumgartner. Wöchentlich 3 Stunden. Jos. Essl. VI. Klasse. Ordinarius: Wilhelm Bielil. Religionslehre: Katholische Glaubenslehre nach Martin. II. Theil. I. Hälfte. Wöchentlich 2 Stunden. Georg Mathiaschitsch. Lateinische Sprache. Lektüre : Sai lust. Jugurtha nach der Ausgabe von Linker. Virgili! Aencid. lih. I. II. et III. Georgie. II. Landes vita: rustica?. Ecloga I. u. V. Hoß'mann’sche Ausgabe. Wöchentlich 5 Stunden. Mtindl. grammat. stilist. Hebungen nach Stipile II. wöchentlich I Stunde. Alle 14 Tage eine schriftliche Arbeit. Franz PodrJzek. Griechische Sprache: Lektüre : 1. Sem. Homer. Ilias nach Hochegger III. VI. X. 2. Sem. Herodot nach Wilhelem lib. VII. mit kurzer Inhaltsangabe der minder wichtigen Capitel. Wöchentlich 4 Stunden. Alle 8 Tage 1 Stunde grammat. Hebungen. Alle 4 Wochen eine schriftliche Arbeit. Franz Sperka. Deutsche Sprache. Lektüre aus Mozarts Lesebuch für’s O. G. II. mit sachlichen, ästhetischen und literarhistorischen Erläuterungen. Übungen im Vortrage memorirter Stücke. Wöchentlich 3 Stunden. Alle 14 Tage eine schriftl. Arbeit. Franz Podritzek. Slove n ische Sprache. Lektüre aus Berilo VI. von Miklosich. Gedrängte Literaturgeschichte der sloven. Sprache. Jeden Monat 2 schriftliche Arbeiten. Wöchentlich 2 Stunden. Math. Reich. Geographie und Geschichte. 1. Sem. Römische Geschichte bis zur Völkerwanderung nach Plitz. I. Theil. 2. Sem. Mittlere Geschichte bis Gregor VII. nach Plitz II. Theil. 3 Stunden wöchentlich. Wilhelm Biehl. Mathematik. Algebra. : Potenz, Wurzel, Logarithmen, Gleichungen des 1. Grades mit 1 und mehreren Unbekannten. Reduktion algebraischer Ausdrücke nach Močnik. Geometrie: Trigonometrie und Stereometrie nach Močnik. Wöchentlich 3 Stunden. Josef Essl. Naturgeschichte. Systematische Zoologie in enger Verbindung mit Paläontologie und geographischer Verbreitung der Thiere nach Schmarda. Wöchentlich 2 Stunden. Carl Rieclc. ' V. Classo. Ordinarius: Dr. Adalbert Svoboda. li el i g i o n sie li re. Die vorchristliche und christliche Offenbarung und die Lehre von der christlichen Kirche nach Martin, I. Th. 1. Hälfte. Wöchentlich 2 Stunden. Georg Mathiaschitsch. Lateinische Sprache. Lektüre: Li vii lib. I. nach Grysars Ausgabe. Ovid. Metam. Auswahl aus lib. I. ü. III. VI. VII. VIII. nach Grysars Ausg. Wöchentlich 5 Stunden. 1 Stunde wöchentlich grammat. stilist. Übungen nach Stipile, I. Theil. Alle 14 Tage ein Pensum. Johann Majciger. Griechische Sprache. Lektüre : Aus Schenkl’s Chrestomathie. Xeno, plion, Anabas. I. — VII. Memorabil. I. II. III. Homer. Ilias nach Hochegger I. und II. Gesang. Wöchentlich 4 Stunden. Alle 8 Tage 1 Stunde grammat. Übungen. Alle 4 Wochen ein Pensum. Josef Sieger. Deutsche Sprache. Lektüre aus Mozart’s Lesebuch für’s Obergymnas. I. Auswahl von Musterstücken aus der neueren Literatur. Wöchentlich 2 Stunden. In jedem Monat 2 schrifti. Aufgaben. Dr. Adalbert Svoboda. Slovenische Sprache. Lektüre ausgewählter Stücke in Berilo V. von Miklosich. Stilistische Übungen. Wöchentlich 2 Stunden. In* jedem Monat 2 schriftliche Arbeiten. Mathias Reich. Geographie und Geschichte. Alte Geschichte bis zur Unterjochung Griechenlands durch die Römer. Nach Pütz für das O. G. I. Theil. Wöchentlich 3 Stunden. Dr. Adalbert Svoboda. Mathematik. Algebra : Zahlensystem, Begriff der Addition, Subtraktion etc-nebst Anleitung der negativen, irrationalen, imaginären Grössen. Die 4 Species in algebraischen Ausdrücken. Eigenschaft und Theilbarkeit der Zahlen. Vollständige Lehre der Brüche, Verhältnisse und Proportionen nach Močnik. 2 Stunden wöchentlich. Geometrie : Longimetrie und Planimetrie nach Močnik 2 Stunden wöchentlich. Josef Essl. Naturgeschichte. 1. Sem. Systematische Mineralogie in enger Verbindung mit Geognosie nach Fellöcker. 2. Sem. Systematische Botanik in enger Verbindung mit Paläontologie und geograph. Verbreitung der Pflanzen nach Bill. Wöchentlich 2 Stunden. Carl Rieck. IV. Classo. Ordinarius : Franz Podràzek. Religionslehre. Geschichte der Offenbarung des neuen Bundes nebst einer sbizzirteli Geschichte des Christenthuines nach Schuhmacher und Sie-mers. Wöchentlich 2 Stunden. Martin Terstenjak. Lateinische Sprache. Lektüre : Cassaris bellum Gallicum lih. I — V. Teubner’sche Ausgabe. Wöchentlich 4 Stunden. Grammatik. Tempus-und Moduslehre. Elemente der latcin. Metrik nach Ferdin. Schultz (kl. Sprach!.) Praktische Einübung der Regeln, mündliches Übersetzen von Siipfles Aufgaben I. Th eil. Wöchentlich 2 Stunden. Alle 8 Tage eine schriftliche Arbeit. Franz Podràzek. Griechische Sprache. 1. Sem. Conjugation der Verben auf p/, unregelmässige Verba nach Curtius, Übersetzung der einschlägigen Übungsstücke aus Schenkl’s Elementarbuch. 2. Sem. Wiederholung der Grammatik. Lektüre aus Schenkl’s Elementarbuch, die grösseren Lesestücke. Wöchentlich 4 Stunden. Alle 14 Tage ein Pensum. Franz Podràzek. Deutsche Sprache. Lektüre aus Mozarts Lesebuch für das IT. G. IV. Übungen im Vortrage memorirtcr Stücke. Geschäftsaufsätze nebst anderen Stilübungen. Alle 14 Tage eine schriftliche Arbeit. Wöchentlich 3 Stunden. Dr. Adalbert Svoboda. Slove n isc he Sprache. Lesestücke aus Berilo IV. von Dr. Bleiweis. Das Verbum nach seinen Klassen. Stilistische Hebungen. Wöchentl. 2 Stunden. Jeden Monat 2 schriftliche Arbeiten. Mathias Reich. Geographie und Geschichte. 1. Sem. Schluss der neueren Geschichte. Zusammenfassende Wiederholung des geographischen Unterrichtes nach Pütz. 2. Sem. Populäre Vaterlandskunde nach dem in Wien im k. k. Schulbiicher-Verlag erschienenen Lehrbuche. Wöchentlich 3 Stunden. Dr. Adalbert Svoboda. Mathematik. Rechnen: Zusammengesetzte Verhältnisse mit Anwendung. Gleichungen des 1. Grades mit 1 Unbekannten. Anschauungslehre: Stcrcometrischc Anschauungslehre. Lage von Linien und Ebenen gegen einander, körperliche Winkel ; Hauptarten der Körper, ihre Gestalt und Grössenbestimmung. Wöchentlich 3 Stunden. Josof Essl. Physik. Gleichgewicht und Bewegung. Akustik, Optik, Magnetismus, Elektrizität. Hauptpunkte der Astronomie und physischen Geographie. Wöchentlich 3 Stunden. Carl Rieck. 9 IH. Classe. Ordinarius : Josef S t e g e r. Re 1 i g i o n k 1 e li v e. Geschichte der Offenharung des alten Bundes nach Schuhmacher. Wöchentlich 2 Stunden. Martin Terstenjak. Lateinische Sprache. Grammatik : Casuslehre nach Leid. Schultz, kl. lat. Sprachlehre. Mündliche grammat. stilist. Hebungen aus Stipile I. 3 Stunden wöchentlich. Lektüre aus Hoffmanns Historiae antiquae lih. I. II. X. XI. 3 Stunden. Im 1. Sem. alle Wochen, im 2. Sem. alle 14 Tage ein Pensum. Josef Sieger. Griechische Sprache. Regelmässige Formenlehre mit Ausschluss der Verba auf /, i nach Curtius, llebersetzung der entsprechenden Uebungs-stlicke aus Schenkl’s Elementarbuch. 5 Stunden. Im 2. Semester alle 14 Tage ein Pensum. Josef Sieger. Deutsche Sprache. Lektüre aus Mozarts Lesebuch für das II. G. III. Sprachliche und sachliche Erläuterungen des Gelesenen. Übung im Vortrage memorirter Stücke. 3 Stunden. In jedem Monate 2 Haus- und 1 Schularbeit. Dr. Rudolf Pulf. Slove nisc he Sprache. Lektüre aus Berilo III. von Dr. Bleiweis. Ree tionslehre. Vortrag memorirter Stücke. 2 Stunden. In jedem Monat 2 schriftliche Arbeiten. Mathias Reich. Geographie und Geschichte. 1. Sem. Mittlere Geschichte. 2. Sem. Neuere Geschichte nach Pütz, Geographie nach Zapp. Beide mit besonderer Berücksichtigung der Geographie und Geschichte des österreichischen Staates. 3 Stunden. Dr. Rudolf Pud. Mathematik. Arithmetik: die 4 Species in Buchstaben, Klammern, Potenzimi, Quadrat- und Kubikwurzeln, Permutationen, Combinationen nach Močnik. Geometrische Anschauungslehre : Der Kreis mit mannigfachen Con-struktionen in ihm und um ihn, Inhalt und Umfangsberechnung. 3 Stunden. Carl Ricck. Naturgeschichte. 1. Sem. Mineralogie nach Stöcker. -2. Sem. Physik. Allgemeine Eigenschaften. Aggregat-Zustände, Grundstoffe, Wärmelehre nach Pisko. 3 Stunden. Carl Rieck. II. Classe. Ordinarius: Franz S pe y k a. R eli g i o n s le lir e. Christkatholische Liturgik nach Dr. Frenčl. Wöchentlich 2 Stunden. Martin Terstenjak; Lateinische Sprache. Formenlehre der selteneren und unregelmässigen Flexionen nach der kleinen Grammatik von Ferdin. Schnitz. Dazu die entsprechenden Übungsstücke aus Ferdin. Schultz Übungsbuch der lat. Sprache. 8 Stunden. Alle 14 Tage ein Pensum. Franz Sperka. Deutsche Sprache. Grammatik: Formenlehre des Nomen, Satzverbindungen, Verkürzungen etc. Orthograph. Übungen. Lektüre ans Mozart’s Lesebuch für das U. G. II. Erklärung des Gelesenen. Übungen im freien Vortrage. 4 Stunden. Jeden Monat 2 schriftliche Arbeiten. Franz Sperka. Sl oven isc he Sprach e. Grammatik : Das Verb. in formeller und syntaktischer Beziehung. Lektüre aus Berilo II. Übungen im Erzählen und Vortragen memorirter Stücke. 2 Stunden. Jeden Monat 2 schriftliche Arbeiten. Mathias Reich. Geographie und Geschichte. Alte Geschichte bis 476 n. Chr. mit verausgabender Geographie jedes in der Geschichte vorkommenden Landes nach Pütz. 3 Stunden. Josef Sieger. Mathematik. Rechnen: Proportion, Regeldetrie mit ihren verschiedenen Anwendungen, Masskunde etc. nach Močnik. Geometrische Anschauungslehre : Grössenbestimmung und Berechnung der drei- und mehrseitigen Figuren. Verwandlung" und Theilung derselben. Bestimmung der Gestalt der Dreiecke. 3 Stunden. Carl Rieck. Naturgeschichte. 1. Sem. Vögel, Amphibien, Fische. 2. Sem. Botanik nach Pokorny. 2 Stunden. Carl Rieck. I. Classe. I. Abtheilung. Ordinarius : Johann Gutscher. Religionslehre. Christkatholische Glaubenslehre nach dem Regensburger Katechismus. 2 Stunden. Martin Terstenjak. 9* Lateinische Sprache. Formenlehre der wichtigsten regelmässigen Flexionen nach der kl. Grammatik von Ferdin. Schultz, eingeübt durch die entsprechenden Übersetzungsstücke in dem Übungsbuche von Ferdin. Schultz. Vom 2. Semester au zeitweise ein Versuch im schriftlichen Übersetzen. 8 Stunden. Johann Gutscher. Deutsche Sprache. Grammatik: Formenlehre des Verbums, einfacher Satz. Orthographische Übungen. Lektüre aus Mozart’s Lesebuch für das U. G. I. mit daran geknüpften Übungen im Nacherzählen und Vortragen. Alle 14 Tage ein schriftlicher Aufsatz. 4 Stunden. Johann Gulsi Sloveni sc he Sprache. Elemente der slovenischen Sprache. Ausgewählte Lesestücke aus Berilo I. Übungen im Sprechen und in leichteren Aufsätzen. 2 Stunden. Mathias Reich. Geograph! e und Geschichte. Topische und physikalische Geographie der ganzen Erde. Hauptpunkte der politischen Geographie als Grundlage des geschichtlichen Unterrichtes nach Bellinger, 5 Auflage. 3 Stunden. Johann Gutscher. M at h emat i k. 1. Sem. 3 Stunden Rechnen. Ergänzung zu den 4 Species und den Brüchen. Decimai-Brüche. 2. Sem. 2 Stunden Anschauungslehre. Linie, Winkel, Parallel-Linien, Konstruktion von Dreiecken und Parallelogrammen, Veranschaulichung ihrer Haupteigenschaften. 1 Stunde Rechnen in benannten Zahlen. Dr. Adalbert Svoboda. Naturgeschichte. Zoologie. 1. Sem. Säugetliiere. 2. Sem. Crustazeen, Insekten etc. nach Pokorny. 2 Stunden. Carl Rieck. II. Abtheilung. (Nebenklasse.) Oidi nari us : J o h a n n M a j c i g c r. R e li g i o n s 1 e h r e. Christkatholische Glaubenslehre nach dem Regensburger Katechismus. 2 Stunden. Martin Terslenjak. Lateinische S p r a c h e. Formenlehre der wichtigsten regelmässigen Flexionen nach der kl. Grammatik von Ferdin. Schultz, eingeübt durch die entsprechenden l bersetzungsstllcke in dem I bungsbuche von Ferdin. Schultz. Vom 2. Semester an zeitweise ein Versuch im schriftlichen Übersetzen. 8 Stunden. Johann Majciger. Deutsche Sprache. Grammatik: Formenlehre des Verbums, einfacher Satz. Orthographische Übungen. Lektüre aus Mozart’s Lesebuch für das U. G. I. mit daran geknüpften Übungen im Nacherzählen und Vortragen. Alle 14 Tage ein schriftlicher Aufsatz. 4 Stunden. Wilhelm Biehl. Sloveni sehe Sprache. Elemente der slovenischen Sprache. Ausgewählte Lesestücke aus Berilo I. Übungen im Sprechen und in leichten Aufsätzen. 2 Stunden. Johann Majciger. Geograph i e und Geschichte. Topische und physikalische Geographie der ganzen Erde. Hauptpunkte der politischen Geographie als Grundlage des geschichtlichen Unterrichtes nach Bellinger 5. Auflage. 3 Stunden. Dr. Rudolf Puff. Mathematik. 1. Sem. 3 Stunden Rechnen. Ergänzung zu den 4 Species und den Brüchen. Decimai - Brüche. 2. Sem. 2 Stunden Anschauungslehre. Linie, Winkel, Parallel-Linien, Konstruktion von Dreiecken und Parallelogrammen, Veranschaulichung ihrer Haupteigenschaften. 1 Stunde Rechnen in benannten Zahlen. Josef Essl. Naturgeschichte. Zoologie. 1. Sem. Säugethiere. 2. Sem. Crustazeen, Insekten etc. nach Pokorn v. 2 Stunden. Cctrl Ricck. b, Freie Fächer. 1.) Steiermärkische Landesgeschichte nach Wartinger. Geographie nach eigenem Diciate. Vom 2. Sem. an wöchentlich 3 Stunden. Dr. Rudolf Puff. 2.) Italienische Sprache nach Fornasari Verci. Wöchentlich 2 Stunden. Dr. Rudolf Puff. 3.) Stenographie, wöchentlich2 Stunden. 4.) Zeichnen, wöchentlich 3 Stunden. 5.) Gesang, wöchentlich 3 Stunden. Franz Podrazek. Josef Reitter. academischer Maler. Johann Miklosich. k. k. Hauptschul - Lehrer. fl.) Kalligraphie, nur für diejenigen Schüler des Untergymnasiums obligat, die des Schreibunterrichtes bedurften. 2 Stunden. Franz Sperka. B.J Tabellarische Üebersicht über die Vertheilung der obligaten Lehrgegenstände unter die Lebrer. Leli r- VII. VIII. stunden :rt 3*2? O* "3 ^ P_. 02 I* ^ O O prt cc (O •" -2 tt *c£ o o ‘C O o "tS CJ rt CO rt ^ O *o (M rt tt 'rf rt ^ 02 rt *=• CD O Ò ~ c .3 -a rt v cc c o 53-1 im Z Ö —2 'S ° ž I 5 1. 44 18 2G fA IV. ü 2. 43 1 18 25 c3 V. 1. 43 — 22 20 j co ■). 43 — 22 20 1 o I. 14 G 8 _ VI. o 2. 15 — G 8 1 1. 10 _ 4 G VII. 2. 10 — 4 G Q 1. 14 6 8 VIII 2. ' 15 1 7 8 Zu- 1. 284 IGO 123 1 sam- men 2. 280 9 158 120 1 1 des Gymnasiums. Am Unterrichte in den freien Fächern nahmen Theil Übersicht der Classiti-kation Darunter o Z © CQ al 491 128 131 ‘284 196 336 293 118 154 Betrag für d. ganze Jahr 1168 629 V. Ergebniss der Maturitätsprüfung am Schlüsse des Schuljahres 18||. Schülerzahl der VIII. Klasse Zur Matu- ri täts- zu- prü- rück- fung getre- ge- ten mel- det 8 — Ap- pro- birt Re- pro- bili Approbirt als ver- lieh reif Von den Abiturienten wählten als künftigen Beruf Theo- logie Jus Medi- zin Ohne Maturitätsprüfung, schon im Beginne des 2. Semesters war ausgetreten VI. V e r z e i c h n i s s sämmtlieher im Schuljahre 18§| das k. k. Gymnasium in Marburg frequentirenden Schüler. Der Loka- Der Loka- I. Classe A. I. Senilster der tion nach in 1. Seim st' l der Albensberg Richard 20 Pichs Karl il Dworschak Andreas 14 Pinteritsch Franz 41 Filaferro Karl 19 Pototschnigg Gustav 26 v. Gasteiger Friedrich 18 Rack Anton 43 Glaser Karl 1 Roiko Franz 5 Hanschitsch Simon 36 Schilletz Johann 30 Ilomig Franz 33 Schischek Franz 45 Hernach Josef 35 Schönwetter Franz 29 Janschekowitsch Lorenz 9 Schranz Georg 17 Juresch Ferdinand 40 Schneller Peter 4 Jurtella Jakob 39 Schutta Ruprecht 21 Jttttner Amand 25 Semlitsch Hermann 28 Kodritsch Bartholomäus 7 Simoni tsch Alois 22 Kokoschinegg Heinrich 38 Simon itsch Ignaz 34 Krainz Johann 32 Stcflitsch Franz 6 Kreinz Anton 12 Stepischnigg Josef 23 Kreft Alois 42 Tschutschegg Franz 24 Lettnigg Vinzenz 8 Vaupotitsch Alois 16 Meixner Gottlieb 3 Wrumtschitsch Alois 27 Miglitsch Peter 2 Zirngast Josef. 31 Murschak Franz 13 I. Classe B. Peheim Franz 15 Adamitsch Josef 45 Aridi Ignaz Der Lokation nach im 1. Semester der 4 II. Classe. Der Lokation nach im 1. Semester Arnusch Josef 26 Barth Theodor 16 Blauensteiner Franz 22 Cvetko Franz 3 Elsnig Martin 20 Drexler Franz 9 Ferk Felix 40 v. Füger Rechtborn Arthur 4 Ferk Franz 17 Glaser Alois 15 Ferk Friedrich 32 Gregor!tsch Alois 10 Ferlinz Franz 42 Hönisch Viktorin 7 Frass Anton 24 Kautschitsch Anton 14 Frass Josef 33 Kokoschineg Johann 33 Fürbass Franz 7 Kollenko Martin 11 v. Gasteiger Richard 8 Krainz Anton 8 Gmeiner Karl 37 Krischan Lorenz 21 Gollob Josef 27 Latzko Anton 1 Kattuig Johann 44 Lenhart Johann 13 Knietitsch Ferdinand 25 Marini tsch Johann 32 Kotzmuth Franz 11 Mathiaschitsch Vinzenz 34 Kotzmuth Johann 43 Mayer Maxmilian 6 Kotzmuth Alois 35 Pifko Josef 26 Kukovetz Mathias 19 Piringer Franz 5 Mayer Friedrich 18 Potertsch Franz 23 Murschetz Jakob 30 Probst Josef 31 Murschctz Veith 12 Puschnik Jakob 27 Orthaber Franz 36 Raisp Josef 18 I'etrowitsch Franz 46 Raschi Josef 22 l'etschko Jakob 34 Ribitsch Josef 2 l’lochl Franz 6 Rodoschek Anton 17 Follanctz Josef 13 tichäfler Eduard 12 Follanetz Johann 16 Schmautz Georg 29 l’uschcnjak Johann 23 Sellenko Anton 24 Scheidcla Franz 29 Sellenik Josef 20 tichantel Anton 3 tiernetz Johann 25 tidiilletz Johann 38 Toplak Franz 30 Schmidi Ignaz 14 Valentin Julius 28 Schopper Heinrich 10 Weranitsch Johann 19 tiernetz Josef Turner Paul 1 2 III. Classe. Tschech Anton 28 Baumgartner Jakob 21 Walch Johann 15 Einfalt Konrad 3 Wcsiag Peter 31 Ferk Franz 30 Wittmeier Karl 39 Fischer Anton 16 Wittmann Rudolf 5 Fürbass Urban 31 Wölla Johann 41 Gollob Johann 28 Wratschko Michael 9 Haller Johann 20 y Herrmann Franz iou nach im l. Semester der 19 Matheuschitsch Philipp Der Luku-ion naeh im . Semester 1 Juttner Burkhard 5 Mayer Anton 26 Kattnig Bartholomäus 26 Mlaker Thomas 7 Katzer Ferdinand 15 Nagy Heliodor 35 Keberl Karl 11 Ntdelko Mathias 41 Kornfeld Ludwig 23 Parz Josef 18 Kottnigg Thomas 33 Piutz Josef 5 Kramberger Johann 18 Pöltl Michael 17 Krobath Daniel 6 Rapotz Franz 28 Kuplen Anton 27 Besch Engelbert 10 Lenz Anton 7 Iiesch Alois — Lewenau Heinrich 8 Bottenbacher Friedrich 32 Loppitseh Johann 1 Buschitsch Martin 16 Marinitsch Jakob 22 Schildenfeld Fried., Bitter v. 24 Merkusch Anton 14 Schischegg Josef 13 Mertschnig Anton 13 Schmiderer Josef 4 Pairhuber Paul 4 tichwarsclmik Johann 3 Predikaka Jakob 2 Schwarz Josef 27 Pulsator Georg 25 Stelzl Alois 30 Schüfmann Franz 17 Stuhetz Markus 29 Simonitsch Johann 9 Tschech Mathäus 23 Tschutschegg Franz 32 Urban Johann 2 Veldin Franz 29 Vok Franz 14 Wratschko Mathias 12 Wenedikter Heinrich 36 Zach Johann 10 Wutt Gustav 25 v. Zinzenfels Klemens 24 Zinke Viktor 11 IV. Classe. Brühlich Franz 33 V. Classe. Antauer Josef 25 Ferk Ferdinand 37 Bernhard Franz 37 Filaferro Otto 15 Bittner Albin 14 Frass Jokann 43 Fasching Josef 4 Fritz Ernest 34 Fekonja Johann 33 Hackl Gabriel 88 Fröschl Bupert 3t Hoedl Karl 9 Gaberz Simon 19 Istenitsch Karl 31 Galla Georg 23 Knotz Eduard 22 Getsch Martin 34 Kollmanitsch Josef 21 Grögl Raimund 1 Kopriuschcgg Leopold 20 Knuplesch Georg 26 Köttl Josef 44 Kornfeld Franz 41 Kotzmuth Laurenz 8 ICornigg Karl 39 Lassbaclier Anton 39 Koss Alois 35 Leich Josef 6 Kotzmuth Julius 11 Lorber Johann 12 Kotzuwan Anton 22 Mally Egon 19 Leonhard Albert 42 Dur Loka- Der Loka- tion nach in: I Semester tion nach im 1. Semester Leonhard Bernhard 43 Roschker Ludwig 11 Mazun Johann 18 Schipfer Franz 12 Perko Franz 2 Sonns Roman 8 Pigliar Johann 24 Sketli Martin 14 Potertsch Alois 10 Wagner Paullilus 9 Prattes Franz 7 Warga Sigismund — Randl Josef 15 Zinke Heinrich 10 Riedl Michael 27 VII. Classe. Roschkaritseh Albert 9 Schaffmann Josef 12 32 Bocli Franz 8 Schallanilin Josef Drosg Anton 3 Schmidi Johann 8 30 Frischenschlager Franz 7 Schmirmaul Alexander Gödel Konrad 1 Seuscheg Mathias 17 Kreinz Valentin Kukovetz Josef 6 4 Sernz Johann Sorko Alois 28 16 Podgorschcgg Gustav 10 Schwinger Anton 2 Spenger Gregor 13 Speri Rudolf 9 Tappeiner Franz Terstenjak Jakob 5 6 Wressnig Kaspar 5 Traun Gustav 3 Vili. Classe. Tsekutschegg Gregor 36 Frass Josef Vrabl Johann 29 Grögl Herrmann 3 Walbiner Ferdinand 20 Meier Anton 8 Wicher Philipp 21 Payk Johann 2 Wutt Adolf 40 Politisch Franz 13 Zistlcr Gustav 38 Quass Rudolf 7 VI. Classe. Reybauer Albrecht 1 Fuchs Franz 13 Schauperl Karl 9 Gregoretz Leopold 3 Schuch Josef 12 Ipavitz Maxmilian 1 Schutz Josef 6 Kraner Andreas 7 Srebre Guido 10 Mally Arthur 5 Steiner Franz 5 Mautendorfer Friedrieh 4 Trampusch Karl 14 Megla Simon 6 Wagner Georg 11 Prossinagg Robert 2 Zistlcr Franz 4 Den ersten Rang unter ihren Mitschülern behaupteten im 1. Semester: In der I. Classe A : Glaser Karl, Miglitsch Peter, Meixner Gottlieb. In der I. Classe B: Scrnctz Josef, Turner Paul, Schaute! Anton. In der II. Classe: Latzko Anton, Ribitsch Josef, Cvetko Franz. In der III. Classe: Loppitscli Johann, Predikaka Jakob, Einfalt Konrad, ln der IV. Classe: Matheuschitseh Philip», Urban Johann,Schwarschnik Johann, ln der V. Classe: Groegl Raimund, Perko Franz, Traun Gustav. In der VI. Classe: Ipavitz Maxmilian, Prossinagg Robert. In der VII. Classe: Goedcl Konrad, Schwinger Anton. In der VIILClasse: Reybauer Albrecht, Payk Johann. pr o p a p p x H cd -i 02 cv a c-i p pr o •-d CD -r pr o p a O p O CD O eri a p 5 «h o a CD *■* C ar p • N ra sc. CD p 2. -» o5‘ Z. 2 eD 02 CD CA ! S' ; ra ; 3 "3 CD 02 a CD =- o-g eh. ^ CD . « : p pr p o CD 3 v U P p 00 S" o ^ -s a ra sr 2 gg 02" cj-wS* ca a w p- P CD 'T» fjQ a 02 a., CD a CA o CA N CD a ä. CD CD CA 00 2? CD —I 3- 3- ra- aL ab O cD a 0 2 O 8 CD CD 3 • p ft P p p-* • P p P 72 hrj 03 03 2. § 2. 0 2. CD £L cd 3' 3 CD I CD B Zs j? I- C- * CD U> 2. CA. 4^ '73 C' *—■ ^ OJ ab S* at 3 ~ *3 —1 (^MXI3 2" Or < “ 03 ^ a p . p j 03 2. o* J -i d E ? hrj m, O '“D 5,2* CD p a 3 cd r' 03 2. 3' c o w 5‘ “ 0-g,= 1-c2°-5' a» 5 2 |S-3 & ^ o- —e crS.23 2-2.ST §LB- c1 ä. O-” ro ^ Sš-^ • 2 E a, WP*| S» «2. 02 >-*> p; 02 p: eL P -1 g _. 02 a. a rerq 3. 03 O 3 3 p CTD O CA CD 3 ca CD 3 C- f I O I 3 O Š^O CD 4— at O 3 L 2. ■ a ca CA- 3! E K P 3 ^ a* ca CD N3 ta cd a-. ^ ' CD p a pr pr Ul ar. aa CD CD 3 CA; a crq 02 CD 3 CD a rrj cd O *"* 5 tjj cT « aq 3 CD 3 CT9 VII. Unterstützung mittelloser Schiller und Opfergaben für die Gymnasialkirche. tj) c 5 ^3 g :0 rt 3 ^ N rQ rt .tž5 c o LL rt H L> Ö ?-. O 'o o :rt g .2 ‘S "ac •■d ^ rt ^ s‘E O C £ O ° S ^ a O C ■«-i O) e "o Cù ‘g O <55 ; Z 2 2 .2-c tv J X L) O tn •F žfi o o »-r L) 33 o 'o .^-c <33 --- /5 8 ’TS e *■0 -5 ti ti rt ^ti o >-3 -ti E- o J o Ü cß * » n n Frau Maria Pöschl 2 v n ii Frau Maria Tscheligi 4 — ^ n n ii Herrn Carl Hechtl 5 — u n n ii Frau Anna Gutmann 1 — » n n Frau Maria Übcleis J n „ ii Frau Theresia Forsch ^ n n n Herrn Anton Walbiner 2 n » ii Frau Rosa Burkhard 2 „ 40 „ ii Frau Maria Förderin 1 n » ii Frau Anna Janschitz r. ° n n n Herrn Anton Fetz 2 n n Summa 81 fl. 40 kr. CM. und 4 Stück Dukaten in Gold. Ansserdem wurden für die Aloisikirche gespendet : Von FrauSteger, Hrn. Quaudest, Frau Oberranzmeier und den Frln. Jüttner einebeträchtliche Anzahl künstlicher Blumengewinde zum Schmucke desHochaltars. Auf Kosten einer ungenannt bleiben wollenden Bürgersfrau wurden die beiden Lampen im Presbyterium neu versilbert. Auch für diese Gaben sei hiemit im Namen der Lehranstalt inniger Dank gesagt ! VIII. Verordnungen der hohen Behörden seit Beginn des Schuljahres 1857 •— 58. Erlass des hohen Ministeriums für Cultus und Unterricht vom 29. August 1857, Z. 14215 approbirt die 2. Autlage der Wilhelm’schen Ausgabe des Herodot. Erlass des hohen Ministeriums für Cultus und Unterricht vom 11. September 1857, Z. 15307 sichert auch den Religionslehrern für Mehrleistungen Anspruch auf Vergütung nach dem Substitutions-Normale zu. Erlass des hohen Ministeriums für Cultus und Unterricht vom 15. Oktober 1857 Z. 1995. Willi. Fried. Warkanek’s Lehrbuch der Erdbeschreibung für Mittelschulen (I. Theil, allgemeine Erdbeschreibung), wird als Htilfsbuch für Lehrer empfohlen; darf aber nur ausnahmsweise gegen besonderes Einschreiten als Lehrbuch eingeführt werden. Erlass des hohen Ministeriums für Cultus und Unterricht vom 23. Oktober 1857 Zahl 1447 verordnet, dass die von der Central-Commission für Erforschung und Erhaltung der Baudenkmäler veröffentlichten und dem Gymnasium zuge-schickten Schriften genau in das Inventar aufgenommen werden. Erlass des hohen Ministeriums für Cultus und Unterricht vom 7. November 1857 Zahl 18817 approbirt von Alois Pokomy’s Naturgeschichte der 3 Reiche den 3. Theil. Erlass des hohen Ministeriums für Cultus und Untenricht vom 5. November 1857 Zahl 18631 approbirt die 19. Auflage von llcysc’s Leitfaden für den deutschen Unterricht. Erlass des hohen Ministeriums für Cultus und Unterricht vom 4. Dezember 1857 Zahl 19895 approbirt die 5. Auflage von Fr. Bauers neuhochdeutscher Grammatik. Erlass des hohen Ministeriums für Cultus und Unterricht vom 29. Dezember 1857 Zahl 17175. Das Gymnasium erhält I Exemplar des Werkchens: „Le monde primordial“ zum Geschenke, mit dem Aufträge, dessen lehrreichen Inhalt heim Unterrichte zu venverthen. Erlass des hohen Ministeriums für Cultus und Unterricht vom 17. Dezember 1857 Zahl 21317 empfiehlt die Anschaffung des latein. Lexikons von Dr. Reinhold Klotz. Erlass der hochlöblichen stcierra. Statthalterei vom 26. Dezember 1857 Z. 21494, gibt bekannt, dass das lmhe Ministerium für Cultus und Unterricht mit hohem Erlasse vom 19. Dezember 1857 Zahl 21205 dem an das Brünner-Gymna-siuin beförderten Direktor Emanuel Herbeck für sein verdienstliches Wirken au der hiesigen Lehranstalt Anerkennung und Belobung angedeihen Hess. Erlass der hochlöblichen steierm. Statthalterei vom 20. Jänner 1858 Zahl 586. Die neue Diözesan-Arrondirung und Verlegung des fürstbischöflichen Sitzes von St. Andrä nach Marburg wird offiziell bekannt gegeben. Erlass des hohen Ministeriums für Cultus und Unterricht vom 8. Jänner 1858 Zahl 14701. Zwei Exemplare des Werkes: „Illustrirte geograph. Bilder aus Oesterreich in Schilderungen aus Natur, Geschichte, Industrie und Volksleben“ werden mit der Weisung zugeschickt, eines in die Bibliothek aufzunehmen, das andere als Prämium zu verwenden. Erlass des hohen Ministeriums für Cultus und Unterricht vom 27. Jänner 1858 Zahl 783 erklärt die 3. Auflage des bei Hölzel in Olm ätz erschienenen „naturhistorischen Schulatlas“ gleich den früheren Auflagen als ein brauchbares Lehrmittel für zulässig. Erlass des hohen Ministeriums für Cultus und Unterricht vom 1. Februar 1858 Zahl 1428 erklärt Platons Protagoras mit Einleitung und Anmerkung von Dr. T. Wildauer für zulässig. Erlass des hohen Ministeriums für Cultus und Unterricht vom 5. Februar 1858 Zahl 1664 normirt, dass der Übertritt zu einer neuen, nicht dem Bereiche des öffentlichen Dienstes gehörigen Bestimmung Gymnasiallehrern in der Regel nur am Schlüsse eines Semesters gestattet wird. Erlass des hohen Ministeriums für Cultus und Unterricht vom 10. Februar 1858, Zahl 40, macht aufmerksam auf die bei Manz in Regensburg erschienene 1. Abtheil, eines histor. geogr. Schulatlas von Willi. Plitz. Erlass des hohen Ministeriums für Cultus und Unterricht vom 4. März 1858 Zahl 3071. Ein von Dr. Miklošič herausgegebenes sloven. Lesebuch für VII. wird für zulässig erklärt. Erlass des hohen Ministeriums für Cultus und Unterricht vom 4. März 1858 Zahl 252 weiset der Gymnasialbibliothek ein Exemplar des Prachtwerkes: „Mittelalterliche Kunstdenkmale des österr. Kaiserstaates“ als Geschenk zu und stellt zugleich den Empfang der Fortsetzungen des genannten Werkes in Aussicht. Präsidial-Erlass Sr. Excell. des Hrn. Statthalters, Grafen v. Strasoldo, vom 26. Miirz 1858 Z 642, worin auf das in der Klem’schen Buchhandlung in Wien erscheinende Werk: „Historische Jugendhibliothek I. Joseph Graf Radetzky de Radetz“ von Ign. Kankoffer aufmerksam gemacht wird. Erlass der hochlöhl. k. k. Statthalterei vom 30. März 1858 Zahl 5256. Ein Exemplar des I. und 2. Jahrganges der Vicrteljahrschrift „Germania“ von Franz Pfeiffer wird der Gymnasialbibliothek als Geschenk zugemittelt. Erlass des hohen Ministeriums für Cultus und Unterricht vom 27. März 1858 Zahl 4719 enthält die hei der Aufnahme in „technische Institute“ geltenden gesetzlichen Bestimmungen. Erlass der hochlöhl. k. k. steierm. Statthalterei vom 23. April 1858 Zahl 6494, wodurch die Beischaffung eines Schaukastens für das naturhistor. Kabinet bewilliget wird. Erlass des hohen Ministeriums für Cultus und Unterricht vom 22. April 1858 Zahl 416 wodurch der Gebrauch des italienischen Übungsbuches „Le mie Prigioni“ von Silvio Pelliko verboten wird. Erlass des hohen Ministeriums für Cultus und Unterricht vom 27. April 1858 Zahl 3155, approbirt die 2. Auflage von Schenkl’s Chrestomathie aus Xenophon. Erlass des hohen Ministeriums für Cultus und Unterricht vom 8. Mai 1858 Zahl 7513, genehmigt die Anträge der Gymnasial Direktion bezüglich der am Schlüsse des heurigen Schuljahres abzuhaltenden Säkularfeier. Erlass der hochlöhl. k. k. steierm. Statthalterei vom 26. Mai 1858 Zahl 7033 genehmigt die Wiedererrichtung des Gymnasial-Unterstiitzungsvereines auf Grundlage der vorgelegten Statuten. IX. Chronik des Gymnasiums. Der mit allerhöchster Entschliessung Sr. k. k. apostolischen Majestät vom 8. August 1857 für Marburg ernannte k. k. Gymnasial-Direktor Adoph Lang hat am 19. September 1857 seine Dienstleistung angetreten und sämmtliche Akten und Inventari alstücke aus den Händen des hoch w. Herrn Religionsprofessors, Georg Mathiaschitsch, welcher vom 10. August bis 19. September 1857 als substitu-irtcr Direktor die Amtsgeschäfte mit anerkennenswerther Gewissenhaftigkeit und Umsicht besorgte, übernommen. Der mit hohem Ministerial-Erlasse vom 3. August 1857 Zahl 12988 für Marburg ernannte Gymnasiallehrer, Weltpriester Josef Stegcr, hat am 23. September 1857 bei dem k. k. Kreisamtein Marburg den Amtseid in die Hände des Herrn Kreispräsidenten Vinzenz Kitsclil geleistet und darnach seine Dienstleistung am hiesigen Gymnasium angetreten. Der Supplent Johann Leitner, welcher durch die Ernennung des wirklichen Gymnasiallehrers Wilhelm Biehlam hiesigen Gymnasium entbehrlich wurde, so wie der zum Präfekten der 1c. k. Theresian. Akademie ernannte bisherige Supplent Josef Steiner sind mit Ende des Monats September 1857 von der hiesigen Lehranstalt abgegangen. Der mit hohem Dekrete des k. k. Ministeriums für Cultus und Unterricht vom 26. August 1857, Zahl 13849 für Marburg ernannte wirkliche Gymnasiallehrer Wilhelm Bichl hat am 28. September d. J. beim k. k. Kreisamte den Eid abgelegt und darnach seine Dienstleistung am hiesigen Gymnasium angetreten. Der mit hohem Ministerial-Erlasse vom 28. Mai 1857 Zahl 6785 an das Grazer-Gymnasium abberufene Gymnasiallehrer und Benediktiner - Ordenspriester aus dem Stifte Admont, Dr. Dominik Buswald, ist am 28. September 1857 vom hiesigen Gymnasium an seinen neuen Bestimmungsort abgegangen. Die Schüler verloren an ihm einen tüchtigen, pflichteifrigen Lehrer, der Lehrkörper einen biederen, treuherzigen Kollegen. Der mit hohem Ministerial-Erlasse vom 17. Juni d. J. Zahl 8058 für Marburg bestellte wirkl. Gymnasiallehrer Johann Gutscher hat am 29. September d. J. seine Dienstleistung am hiesigen Gymnasium angetreten. Am 27. 28. 29. und 30. September 1857 Vormittags von 9 — 12 Uhr wurde die Einschreibung der für das Schuljahr 1857 — 58 aufzunehmenden Schüler vorgenommen. Am 30. September Vor- und Nachmittags wurden mit den neu eintretenden Schülern die Aufnahmsprüfungen und mit 14 Schülern, deren Übertritt in die nächst höhere Klasse noch zweifelhaft war, die denselben zugestandenen Wiederholungsprüfungen abgehalten. Den 1. Oktober wurde das Schuljahr mit der feierlichen Anrufung des heiligen Geistes eröffnet. Den 2. Oktober war früh um 7.1 Uhr Gottesdienst und darnach begann in allen Klassen der regelmässige Unterricht. Vormittags von 9 — 10 Uhr wurde den Schülern des Ober- und Nachmittags von 3 — 4 den Schülern des Untergymnasiums das Disciplinargesetz verkündigt. In Folge des ungewöhnlichen Ergebnisses der diesjährigen Schüleraufnahme in Primam, für welche Klasse sich bis zum 30. September — die minder günstiger Schulzeugnisse wegen Zurückgewiesenen abgerechnet — neun und achtzig Schüler gemeldet hatten, erstattete die Gymnasial-Direktion am 4. Oktober vorläufigen Bericht über die Nothwcndigkcit der Errichtung einer Pall rallelklasse und traf bis zur Herstellung des dazu nöthigen Lokales die Anordnung, dass für die zweite Hälfte der I. Klasse der Unterricht in abgesonderten Stunden von 11 — 12 Uhr und von 2 — 6 Uhr, am Mittwoch und Samstag von 11 — 12 und von 2 — 5 Uhr ertheilt wurde. Zugleich erbat sich die Direktion die Zuweisung des Lehramts-Candidaten Johann Majciger aus Wien als dringend nothwendige aushelfende Lehrkraft. Am 4. Oktober, als am Namensfeste Sr. Majestät des allgeliebten Monarchen Franz Joseph, wurde für die studirende Jugend um 8 Uhr früh in der Gymnasialkirche solenner Gottesdienst abgehalten, nach dessen Beendigung der gesammte Lehrkörper im Vereine mit den übrigen hierortigen Korporationen auch dem in der Stadtpfarrkirche gesungenen Hochamte beiwohnte. Am 5. 6. und 7. Oktober wurde in Folge der über die eingereichten Gesuche mit den Herren Religionsprofessoren und Klassen Vorständen gepflogenen Beratlmngen eine bedeutende Anzahl mittelloser Schüler gegen eingelegtes Recepisse mit Lehrbüchern aus der Aushilfsbibliothek des Gymnasiums unter der Verpflichtung betheilt, dieselben am Ende des Schuljahres wohlerhalten zurückzustellen. Der seiner Qualifikation nach am Marburger Gymnasium entbehrlich gewordene, übrigens in jeder Beziehung höchst empfehlenswerthe, aus der Mathematik und Physik für’s ganze Gymnasium approbirtc Supplent Michael Kellner wurde durch hohen Statthalterei-Erlass vom 8. Oktober 1857 Zahl 16547 unter Zusicherung der normalmässigen Reisevergütung an das k. k. Cillier-Gymnasium, dem derselbe gegenwärtig als wirklicher Gymnasiallehrer angehört, berufen. Die Lehranstalt ist verpflichtet, ihm, dem in seinem Fache ausgezeichneten, im Verkehre in und ausser der Schule hoch achtbaren Lehrer und Collegen ein freundliches Andenken zu bewahren. Nachdem durch Umwandlung des ehemaligen im Erdgeschosse gelegenen Exhortensaales in zwei Lchrzimmcr für die zu errichtende Parallelklasse ein geeignetes Lokale gewonnen und die Hcrbeischaflung der nöthigen Mobilien besorgt war, auch der, nach eingeholter Ermächtigung vorläufig in Verwendung genommene Supplent Johann Majciger seine Dienstleistung angetreten hatte, konnte vom 12. Oktober an auch in der Parallelklasse der nunmehr bleibend geregelte Unterricht in den für sämmtlrche Klassen vorgeschriebenen Lehrstunden ertheilt werden. Durch hohes Dekret des k. k. Ministeriums für Cultus und Unterricht vom 1.1. Oktober 1857, mitgetheilt durch hohen Statthaltern - Erlass vom 17. Oktober d. J. Zahl 17249, wurde die Errichtung einer Parallelklasse am Mar-burger-Gymnasiuin für das Schuljahr 1857 — 58 genehmigt. Durch hohen Statthalterei-Erlass vom 19. Oktober 1857 Zahl 17349 wurde der geprüfte Lehramts-Candidnt Johann Majciger, der schon seit 12. Oktober vorläufig in der Parallelklasse in Verwendung genommen worden war, als Hilfslehrer bestellt. Der 22. Oktober wurde, um den vielseitigen, durch die Weinlese veran-lassteu Urlaubsgesuchen mit einem Male gerecht zu werden, den Schülern als ausserordentlicher Ferialtag zugestanden. Im Einverständnisse mit den beiden Religionsprofessoren beschloss die Gymnasialdirektion das von der Direktion des k. k. akadem. Gymnasiums in Wien herausgegebene und von derselben für den billigen Preis von 9 kr. CM. pr. Exemplar angebotene Andachtsbuch für die studirende Jugend auch an der hiesigen Lehranstalt einzuführen, und bestellte zu diesem Ende 200 Exemplare des genannten Andachtsbuches. Vom 16. November an wurde der einbrechenden strengen Kälte wegen, wie diess auch in früheren Jahren mit Zustimmung des fürstbischüfl. Consistorianis geschehen war, der Gottesdienst an Werktagen bis zum Beginn der milderen Jahreszeit aufgelassen. Dem gewesenen Gymnasial Direktor Emanuel Herbek wurde durch hohes Miuisterial-Dekret vom 19. Dezember 1857 Zahl 21205 für sein verdienstliches V irken an der hiesigen Lehranstalt die gebührende Belobung zuerkannt. Ein Blick auf die namhafte Verschönerung und Vervollkommnung des Gymnasialgebäudes in allen seinen Räumlichkeiten, auf die Bereicherung der verschiedenen Lehrmittel-Sammlungen, auf die in allen Theilen der Lehranstalt herrschende Ordnung und Nettigkeit musste dem Nachfolger des Direktors Herbek die mit aufrichtigster Überzeugung hier ausgedrückte freudige Zustimmung zu der hohen Orts zuerkannten Belobung abgewinnen. Das Gymnasial-Gebüudc erhielt durch die in Folge der energischen Mühewaltung des Direktors Emanuel Herbek bewilligte Neugestaltung ein seiner bohen Bestimmung würdiges, das Selbstbewusstsein der dem Hause ungehörigen Lehrer und Schüler hebendes, einheimischen und fremden Besuchern in vortheilhaftester Weise imponirendes Ansehen. Den 15. Dezember Nachmittags legten sämmtliche Schüler des Gymnasiums in der Stadt-Pfarrkirche die heilige Beichte ab und gingen Tags darauf, früh um 8 Uhr, in der Gymnasialkirche nach Anhörung der Exhorte zur heiligen Communion. Den 31. Dezember wurde zur feierlichen Danksagung am Jahresschlüsse früh um 8 Uhr, in der Gymnasialkirche solenner Gottesdienst gehalten. Den 10. Jänner 1858 nach dem Gottesdienste wurde in Gegenwart einer aus sämmtlichen Klassen des Gymnasiums ausgewählten Schülerzahl und mehrerer der Herren Professoren der durch einhellige Wahl des gesamm-ten Lehrkörpers dazu auserlesene dürftige und in seiner Verwendung ausgezeichnete Schüler Aridi Ignaz aus der I. Klasse 2. Abtheilung mit dem Betrage von 10 fl. GM. betheilt, welche Summe von dem hochherzigen Dr. Swo-boda, k. k. Regimentsarzt in Prag, einem ehemaligen Schüler des Marburger-Gymnasiums, bei Gelegenheit seiner Durchreise durch Marburg, auf Anregung 11* des würdigen Herrn Gemeindevorstandes Otlimar Reiser zur Unterstützung eines dürftigen Gyranasialschtilers auf dem hiesigen Bürgermeisteramte deponirt worden war. Den 19. Jänner 1858 wurde für den in seiner Heimath zu Tergovitsch am 8. Jänner d. J. verstorbenen Gymnasialschüler Franz Leben (im vorigen Schuljahr Quintaner) eine heilige Messe gelesen. Am 25. Jänner erhielt die Direktion die offizielle Kundmachung der neuen Diöcesan-Arrondirung. Inhalt: Das Bisthum Leoben wird aufgehoben und der Diöcese Seckau einverleibt. Der Diöcese Seckau werden die nunmehrigen Kreise Graz und Bruck, der Diöcese Lavant der gegenwärtige Mar-burger Kreis und der Diöcese Gurk ganz Kärnthen zugewiesen. Der bischöfl. Sitz wird von St. Andrä nach Marburg übertragen. (Allerhöchste Entschliessung Seiner Majestät vom 26. Oktober 1856. Päpstliche Bulle d. do. VI. Calend. Dezembres 1857. Zwei Cousisto-rial-Congregations-Dekrete vom 16. und 20. Mai 1857.) Am 30. Jänner wurde früh um 8 Uhr in der Gymnasialkirche ein Trauergottesdienst für Se. Exc., den Feldmarschall Grafen Radetzky, abgehalten. Die studirende Jugend war Tags zuvor auf die hohe Bedeutung des solennen Aktes aufmerksam gemacht und aufgefordert worden, in einem andächtigen Gebete für das Seelenheil des sieggekrönten Helden einen Th eil des Dankes abzutragen, den jeder brave Oesterreicher dem unvergesslichen Vater unserer tapferen Heere, der mächtigen Stütze unseres erlauchten Kaiserhauses, dem treuen Beschützer unseres lieben Vaterlandes für alle Zukunft schuldig ist. Der Lehrkörper nahm überdiess an demselben Vormittage um 10 Uhr, in Folge der hiezu von Seiten des k. k. Militär-Stations Kommandos ergangenen Einladung in Gemeinschaft mit allen übrigen Korporationen andem feierlichen Trauergottesdienste in der Stadt Pfarrkirche Theil. Den 13. Februar, früh um 8 Uhr, wurde in der Gymnasialkirche zur Danksagung am Schlüsse des I. Semesters solenner Gottesdienst abgehalten, nach dessen Beendigung wurden die Semcstral-Zeugnisse vertheilt und die Schüler für die mit den Faschingstagen zusammenfallenden Ferien nach dem Semesterschlusse entlassen. Den 19. Februar wurde das II. Semester mit einem um 7,', Uhr früh in der Gymnasialkirche abgehaltencn Gottesdienst eröffnet. Die österlichen Excrcitien wurden von Sonntag den 28. bis Dienstag den 30. März abgehalten. Am Palmsonntage und am Dienstage in der Clianvoehe wurde während der Passion von dem Sängerchor des Gymnasiums I’alestrinas altehrwlirdige und ergreifende Composition, der Psalm 60. „Miserere mei, Deus, secundum magnam misericordiam tuam“ abgesuugen. Die erbauliche Stimmung aller beim Gottesdienste Versammelten und das einhellige Urtheil über die wahrhaft gelungene Aufführung des vom Geiste echter Religiosität durchdrungenen Chorals konnten den Sängern sowohl, als ihrem um die Hebung des Gymnasial-Kirchengesauges hochverdienten Meister, dem Lehrer an der hiesigen Kreis-Hauptschule, Herrn Johann Miklošič, als ehrenvoller Lohn der aufgewendeten Mühe gelten. Die Osterferien dauerten von Mittwoch den 31. März bis inclusive Dienstag den 6. April. Mittwoch den 7. April begann wieder der Unterricht und zugleich an demselben Tage der täglich um 18 Uhr abzuhaltende Urüh-Gottesdienst. Von eben diesem Tage an begann der nachmittägige Unterricht um 3 Uhr. Den 23. April überraschte der Sängerchor des Gymnasiums den hochw. Herrn Religionsprofessor Georg Mathiaschitsch zur Feier seines Namens- und fünfzigsten Geburtstagfestes mit einer neuen, durch das verdienstvolle Bemühen des Gesanglehrers, Herrn Johann Miklošič, zur grossen Präcision eingeübten Vokalmesse. Den 26. April wurde früh um 18 Uhr in der Gymnasialkirche ein Trauergottesdienst abgehalten für den am 1. März d. J. in St. Lorenzen zu Stra-nitzen verstorbenen hochw. Herrn Pfarrer Josef Pinter, welcher dem k. k. Mar burger-Gymnasium in wohlwollender Erinnerung ein sehr werthvolles astronomisches Fernrohr legirt hat. Den 25. April, Nachts um 12 Uhr, starb der um das hiesige Gymnasium hochverdiente pensionirte k. k. Gymnasial-Professor und provisorische Direktor Georg Mal ly in einem Alter von 66 Jahren. Den 27., Abends um 6 Uhr, fand dessen feierliches Leichenbegängniss von der Gratzer-Vorstadt, Haus-Nro. 21 aus Statt. (Das Nähere über die Lebensverhältnisse und das verdienstliche Wirken des Verblichenen im Lehramte, zu entnehmen aus der Geschichte des k. k. Marburger-Gymnasiums. pag. 111). Den 28. April, früh um j8 Uhr, wurde in der Gymnasialkirche für dem verstorbenen Professor Mally ein Trauergottesdienst veranstaltet. Den 17. Mai feierte die Gymnasialjugend in Begleitung und unter Aufsicht des gesummten Lehrkörpers in Lobnitz bei Maria Rast ihr durch die Theil-nahme vieler hochansehnlicher Gäste aus der Stadt Marburg verherrlichtes Maifest. Den 1. Juni Nachmittags gingen die Gymnasialschüler das 4. Mal im laufenden Schuljahre zur heiligen Beichte und empfingen Tags darauf, Mittwoch den 2. Juni, das allei li eiligste Altarssakrament. Den 3. Juni nahm die Gymnasialjugend in Begleitung der Herren Professoren an der feierlichen Frohnleichnahms-Procession Theil. Durch hohen Statthalterei - Erlass vom 27. Juni wurde die Direktion in Kenntniss gesetzt, dass mit Genehmigung Sr. Excellenz des Herrn Ministers für Cultus und Unterricht anstatt des beurlaubten k. k. Schulrathes und Gymnasial-Inspektors Friedrich Rigler dem k. k. Universitätsprofessor Dr. Johann Weiss die Leitung der diesjährigen Maturitätsprüfung übertragen wurde. Vergebens hatten Schüler und Lehrer des Gymnasiums von einem Monate zum ändern auf die Freude gehofft, den hochverehrten Herrn Schulrath Rigler auch heuer wie in früheren Jahren zur Inspektion an der Lehranstalt zu sehen, die ihm für sein langjähriges und verdienstvolles Wirken als Lehrer und Vorstand derselben zu immerwährendem Dank verpflichtet ist. Möge die zur Pflege und Consolidirung seiner im Verlaufe des Schuljahres wiederholt gestörten Gesundheit ihm zugestandene Zeit der Erholung die aufrichtigen Wünsche seiner zahlreichen Freunde und Verehrer erfüllen und ihn aufs neue kräftigen für seinen bisher mit aufopfernder Hingebung erfüllten Beruf. Am 22. Juni wurde in der Gymnasialkirche eine heilige Seelenmesse gelesen für den zu Leutschach in seiner Heimath, am 16. d. M. verstorbenen Decloranti en der Medizin, Herrn Wilhelm Hartnagl, welcher die Gymnasialstudien an der hiesigen Lehranstalt absolvirte und derselben als ein in jeder Beziehung ausgezeichneter Schüler im wahrsten Sinne des Wortes zur Zierde gereicht hatte. In dieselbe Andacht wurde mit eingeschlossen der am 15. Juni mit Tod abgegangene Schüler der VII. Classe Franz Dimnik. Sonntag den 21. Juni wurde das Fest des heiligen Aloisius, des Schutz-patrones der hiesigen Gymnasialkirche, sow ie der studirenden Jugend überhaupt, durch eine von dem hochwürd. Herrn Religionsprofessor Martin Tcrstenjak gehaltene Festpredigt und ein solennes von dem hochw. Herrn Religionsprofessor Georg Mathiaschitsch celebrirtes Hochamt gefeiert. Da wegen der in der Stadt - Pfarrkirche in Angriff genommenen Bauherstellungen und Verschönerungen, durch welche die neue Kathedrale zum würdigen Empfange des wahrscheinlich noch im Verlaufe dieses Jahres hier zu intliro-nisirenden Kirchenfürsten vorbereitet wird, auch der Pfarrgottesdienst seit 14. Mai d. J. in der Gymnasialkirche abgehalten wird; so versammelten sich zur diesjährigen Feier des Aloisiusfestes ausser der studirenden Jugend in grösser Anzahl auch andere Andächtige aus allen Ständen und Altersklassen der Stadt. Da war es denn erhebend anzuhören, wie der Festprediger in glücklicher Wahl des Themas und mit begeisternder Kraft der Beredtsamkeit von heiliger Stätte aus gleichzeitig an die Schüler der Lehranstalt sowie an deren Ackern, Lehrer, Verpfleger und verantwortliche Aufseher Uber die Nothwendigkeit des herzinnigen, vereinten Zusammenwirkens von Haus und Schule für zeitliches und ewh ges Heil der Jugend sprach. Mögen seine Worte dem Samen in fruchtbarem Erdreiche gleichen! Nicht minder erbaulich war gewiss für alle beim Gottesdienste Versammelten der kunstgeübte, vollstimmige Choral des Gymnasial-Sängerchors. Wenn gleich zu einer ähnlichen Anerkennug noch manch’ anderer, frohe oder feierliche Tag im Verlaufe des Schuljahres gegründetem Anlass botli, so möge doch insbesondere um dieser erhebenden Stunde willen der wärmste Dank ausgesprochen werden dem um die Vervollkommnung des Gesanges an unserer Lehranstalt hochverdienten Lehrer der hiesigen k. k- Kreishauptschule, Herrn Johann Miklošič. Möge ihm als schöner Lohn seiner Bemühung die Versicherung gelten, dass die weihevolle Stimmung der beim Gymnasial - Gottesdienste versammelten Andächtigen den Endzweck seiner eifrigen Bethätigung „Belebung echt religiösen Gefühles durch Kraft und Anmuth des Gesanges“ vollauf erreicht erscheinen licss. Aber auch des unverdrossenen Eifers und der Freudigkeit bei der Einübung der Gesänge von Seiten der Schüler soll hier in ehrenvoller Weise gedacht sein. Insbesondere muss dem durch schöne Begabung und tüchtige musikalische Bildung ausgezeichneten Abiturienten Rudolf Quass für seine vielseitig förderliche Mitwirkung bei den Gesangsübungen gedankt, unter den übrigen Sängern aber vorzüglich den Schülern Payk, Trampusch, Grögl, Pollitsch, Keybauer, Wagner, Zistler, Steiner aus der VrIIi., Goedel aus der VII., Mautendorfer, Sketh, Prossi-nagg, Zinke aus der VI., Bernhard, Mazun, Grögl, Bittner, Traun aus der V., Nagy, Knofz, Lorber, Kollmanitscli, Ruschitsch, Fritz, Reseli Alois aus der IV., Jlittner Burkhard, Einfalt aus der III., Drexler, Piringer aus der II., Jlittner Amand, Pichs, Murschak Franz, Wittmann, Sernetz und Kokoschinegg aus der I. Classe das wohlverdiente Lob unverdrossener Verwendung und erfreulicher Fortschritte zuerkannt werden. Von Montag den 21. bis Donnerstag den 24. Juni wurden die schriftlichen Maturitätsprüfungen, von Mittwoch den 30. Juni bis Samstag den 3. Juli die Versetzungsprüfungen, am 17. Juli die Prüfung aus der steierm. Geschichte, am 28. 29. 30. und 31. Juli aber die mündliche Maturitätsprüfung abgehalten. Am 26. und 27. Juli zum fünften Male im Schuljahre heil. Beicht und Communion. Den 2. August früh um 7 Uhr feierliches Dankamt in der Aloisikirche, hierauf zum Schlüsse des Studienjahres und zur Feier des hundertjährigen Bestehens der Lehranstalt Vorträge, Gesangsproduktionen und Prämienvertheilung in dem zu diesem Anlasse erbetenen und von dem hochgebornen Herrn Grafen Ferdinand Brandis gütigst überlassenen grossen Saale der gräflich Brandis’schen Burg. (Das Nähere hierüber im nächsten Jahresberichte.) Schlusswort. Es sind die vorliegenden Blätter gewidmet der Erinnerung an eine erst in fernen Zeiten wiederkehrendc Jubelfeier, an der fröhlichen Antheil zu nehmen, späten Enkeln dieser Stadt bcschiedcn sein wird. Die Gnade und Munificcnz des hohen Ministeriums für Cultus und Unterricht hat cs dem Lehrkörper, dem vergönnt ist, das erste Säculum des k. k. Marburger - Gymnasiums zu feiern, möglich gemacht, in diesem Fest-Album dem Gefühle wahrer, aufrichtiger Begeisterung für den erhebenden Moment Ausdruck zu geben durch eine Leihe literarischer Festgaben, die als Früchte echt wissenschaftlichen Strebens auf eine freundliche Aufnahme in weiteren Kreisen hoffen dürfen. Mögen denn diese Blätter, aufbewahrt durch die Sorglichkeit der Freunde unserer Lehranstalt, hinübertragen in ferne Zeiten der Zukunft die frohe Kunde von dem hoffnungsvollen Aufschwünge der Schule in unseren Tagen, und mögen alsdann die Bliithen, die jetzt mit freudiger Zuversicht und mit gerechtem Stolze uns erfüllen, zu reichlichen Früchten herangereift sein! Der nimmer ruhende Geist des Fortschrittes, dem in keiner Zeit das Erreichte genügen wird, der, oftmals freilich nur von Täuschung befangen, in der Umgestaltung des Alten, Neues und Besseres schaffen will, er wird, wenn Marburgs Schule noch einmal hundert Jahre ihres Bestehens zählen wird, unser Wissen, unser Können vielleicht in jetzt noch ungeahntem Masse überflügelt haben. Mögen alsdann die reiferen Söhne einer vorgeschrittenen Zeit immerhin ihres Vorzuges gegenüber diesem Lebenszeichen geistiger Regsamkeit gewiss sein ; sicher werden diese Blätter ihnen auch Achtung und Pietät für die Schule von ehemals abgewinnen, und das offenkundige Wort des Dankes, das kraft seines Amtes und im Bewusstsein der Erfüllung einer heiligen Pflicht hiermit der Gefertigte als Vorstand des Gymnasiums ausspricht, wird auch in späten Tagen noch wohlbegründet und gerechtfertiget erscheinen. Es gilt aber dieses Wort des innigsten Dankes zunächst der Väterliche Gottes, durch dessen allmächtigen Schutz allein alles Gute Gedeihen gewinnt; es gilt der Huld und Gnade unseres erhabenen Monarchen, Franz Josef I., welcher Künste und Wissenschaften hochherzig schützt und fördert; cs gilt dem freundli- chen Wohlwollen hoher Behörden, die unserer Lehranstalt thatkräftige Sorglich-keit angedeihen lassen; es gilt den hohen Gönnern und Freunden unseres Gymnasiums, die, zahlreich in und ausser Marburg, Bestand und Aufschwung unserer Schule liebevoll bedenken ; es gilt den Lehrern dieser Schule, die da Begeisterung bewähren für ihren mühevollen aber auch segensreichen Beruf; es gilt den wackeren Söhnen unseres Gymnasiums, die durch Sittlichkeit und ernste Strebsamkeit den guten Ruf der hundertjährigen Schule unversehrt zu bewahren suchen. Gebe Gott, dass solches Hochgefühl der Freude an Blüthen und reichen Früchten dieser Schule noch in den spätesten Zeiten lauten, tausendfachen Nachhall finde! Der Direktor. Ul il o zur hundertjährigen Jubelfeier des k. k. Gymnasiums in Marburg. Vorgetragen von dem Abiturienten Franz Z 1 s t ! e -