I)er Zweikampf und (lessen Beuitheiliing in tier osteiTeicliisclien uml preussischen Arinee. Kritische Vergleichung der einschlagigen Normen mit den GrunAzilgen fur ein Verfahren vor den einheimischen f Ehrengerichten bei Ebrensachen zwisehen Officieren und fur die Behandlung des iJuells von Josef Edlen v. Seidel, k. k. Hauptmann - Auditor des zeitlichen Ruhestandes. Laibach. Im Selbstverlage des Verfassers. 1869 . Per Zweikampf und (lessen Beurtlieilung’ in der osterreichischen und preussisclien Armee. Kritische Vergleichung der einschlagigen Normen mit den Grundziigen fur ein Yerfaliren vor den einheimischen Ehren- gerichten bei Ehrensachen zwisehen Officieren und fur die Behandlung des Duells von Josef Edlen v. Seidel, k. k. Hauptmann - Auditor des zeitlicken Ruhestandes. Laibach. Druck von Ignaz v. Kleinmayr & Fedor Bamberg. Im Selbstverlage des Verfassers. 1869 . I n h a 11 Seite Vom Zweikampfe im Allgemeinen. 1 Competenz fiber Ehrensachen zwischen Officieren nach deu gegen- wartig bestehenden Normen, und zwar: A. nach den einheimischen Gesetzen.10 B. nach preussiscken Gesetzen.12 Verfahren bei den zwischen Officieren vorkommenden Ehrensachen: A. vor den einheimischen Ehrengerichten.13 B. vor den preussischen Ehrengerichten.20 Jetzige Bestimmungen wider den Zweikampf und das Rencontre und Verfahren in Duellsachen zwischen Ofiicieren: A. nach unseren Gesetzen.27 B. nach preussischen Gesetzen.36 Grundzttge fur ein besonderes Verfahren vor den einheimischen Ehrengerichten bei personlichen Ehrensachen zwischen Officieren und fiir die Beliandlung des Duells.47 Voin Zweikampfe im Allgemeinen. Unter dem Worte „Zweikampf“ wird nach dem Sprach- gebrauche jeder Kampf verstanden, der zwischen zwei Personen mit todtlichen Waffen stattfindet. Wenn dieser Kampf tiber vorausgangige Verabredung und gegenseitige Einwilligung mit gleicher Waffe nach gewissen Regeln vor sich gebt, so liegt ein Zweikampf in der eigent- liclien Bedentung des Wortes — ein Due 11 — im Gegen- satzo yon Rencontre vor, wogegou unter letzterem Aus- drucke ein soldier Zweikampf zu verstehen ist, der ohne vor dem Zusammentreffen beider Theile verabredet worden zu sein, an Ort und Stelle sicb entspinnt. Zu den Begriffsmerkmalen des Rencontre wird mitunter aucli die beiderseitige Zustimmung gerecbnet, wahrend viel- mehr von einer Attaque die Rede zu sein pflegt, wenn der eine Theil vom andern mit der Waffe angegriffen und zur Vertheidigung aufgefordert wird. Was nun die gesetzlichen Begriffe von Zweikampf und Rencontre botrifft, wird sich spater die Gelegenbeit ergeben, darauf iiberzugehon. Der Gebrauch, Ehrensacben durch Zweikampfe auszu- tragen, schreibt sicb von den germaniscben Volkern her und war den Romern und Griechen gauz fremd gelilieben. Der Zweikampf zum Schutze der Ehre hat insbesondere in dem altdeutschen Eehderecbte seinen Ursprung, nach welchem der- jenige, der eine Recbtsverletzung erlitten liatte. angewiesen war, mit dem Schwerte in der Hand sich Genugtbuung zu ver- schaffen. Nach den altesten Ueberlieferungen gait der Zweikampf bei den germanischen Volkern als eine der verschiedenen Arten l — 2 — von Gottesurtheilen — Ordalien — und wav dazu bestimmt, zweifelhafte Rechtsfalle vor Gericlit zum Austrage zu bringen. Nicht die Adeligen allein, sondern alle Freigebornen batten das Recht, ihre Sache durch den Zweikampf zu ent- scheiden. Im 10. Jabrhunderte war durch die Kirchenversammlung von Ravenna zur Verhinderung des Meineides festgesetzt wor- den, dass Streitigkeiten, die sonst der Eid entschied, durch den Zweikampf zur Entscheidung gebracht werden sollen. Durch die Einfuhrung der papstlichen Decretalien von 1235 und eine bessere Justizpflege wurden die gerichtlichen Zweikampfe sowie die Ordalien im Allgemeinen nach und nach ausser Gebrauch gesetzt. Zweikampfe zur Entscheidung iiber Ehrensachenwaren schou im 11. Jabrhunderte unter der deutschen Ritterschaft iiblich und fingen dieselben im 13. und 14. Jabrhunderte aucli in Frankreich an, um sich zu greifen. Im Jahre 1495 wurde von Kaiser Maximilian I. auf dem Reichstage zu Worms ein ewiger Landfrieden zur Unterdruk- kung des Faustrechtes und der unerlaubten Selbsthilfe zu Stande gebracht. Das zur Schlichtung der Streitigkeiten der Reichsstande gegriindete Reichskammergericht, dem die Auf- rechthaltung des Landfriedens oblegen war, hielt denuoch den Zweikampf zum Schntze der Ehre fur nicht minder zulassig, als die Vertheidigung des Lebens, von der Ansicht ausgehend, dass dem Ehrenmanne das Leben nicht werth roller sei, als die Ehre. Deutsche Fursten pflegten sich zu Zweikampfen heraus- zufordern und jenen ihrer Ritterschaft als Schiedsrichter und Zeugen beizuwolineu. Kaiser Karl V. erhielt von Konig Franz I. von Frank¬ reich einer personlichen Beleidigung lialber eine Herausforde- rung zum Zweikampfe und hat dieselbe angenoinmen, aucli wird gemeldot, dass ersterer im Jahre 1522 zu Valladolid einem Zweikampf als Oberst-Kampfrichter beigewohnt babe. Dem Herzog Heinrich von Lothringen wurde von Kaiser Rudolph II. im Jahre 1609 das Recht bestiitigt, zu fordern, dass alle Duolle zwischen dem Rheiu und der Mosel vor ihm stattzufinden haben. Die Entartung des Dwells, welche in Frankreich um sich gegriffen und unter Ludwig XIV. den Culminationspunkt er- reicht hatte, verpflanzte sich aucli auf Deutschland; was die Veranlassung gewesen zu sein scheint, dass deutsche Fursten - 3 — im 17. Jahrhunderte auf den Zweikampf und die zu Duellen Anlass gebenden Ehrenbeleidigungen strenge Strafen ver- hiingten. In den von Kaiser Leopold I. im Jalire 1668 erlassenen Kriegsartikeln wurde bestimmt, dass das Duell weder Offi- cieren, noch gemeinen Soldaten bei Leib- und Lebensstrafen gestattet sei, und waren im Duell-Mandate dieses Kaisers von 1682 ahnliche Bestimmungen enthalten. In jenem der Kaiserin Maria Theresia vom 20. Juni 1752, welches bis zum Erscheinen des Militar-Strafgesetzfeuches von 1855 in der Armee gesetzliche Geltung hatte, war verfiigt, dass nicht nur der Herausforderer und der Geforderte, welcher sich zum Streite stellt, sondern auch die Secundanten, Hei¬ fer, Rath- und Vorschubgeber, wenn auch keiner der Duellan- ten verwundet wurde, mit dem Tode zu bestrafen seien, und dass eben diese Strafe auch jene zu treffen habe, welche einem Herausgeforderteu vorwerfen, dass er auf die an ihn geschehene Herausforderung nicht erschienen ware, oder welche Jemanden die von einem Andern fiber ihn geausserten Schmahungen hinterbringen, oder solche sonst verbreiten und dadurch zu einem Duelle Anlass geben. Diese Anordnung war ubrigens sclion durch die Straf- norma vom 3. Juli 1790 namentlich dahin modiflcirt, dass auf den Zweikampf die Todesstrafe nur rnehr in Kriegszeiten, dagegen im Frieden die Cassation mit einer angemessenen Freiheitsstrafe zu verhangen war. Das Duell-Mandat von 1752 euthielt anderseits die Be- stimmung, dass, wenn Jemand mit schwerer Real- oder Ver- bal-Injurie freventlich angetastet wurde, demselben die recht- massige Zuruckscbiebung der Unbild auf der Stelle nicht ver- boten sei. — In Preussen wurde der Zweikampf zuerst durch das Man¬ dat vom 17. September 1652 bei Leib- und Lebensstrafe ver- boten. I)as lcurffirstlich brandeuburg’sche Kriegsrecht vom Jahre 1656 bestimmte, dass derjenige, der mit einem Ande- ren in Zwist gerath und Secundanten erbittet, am Leben, die Beistande aber gleich den Rebellen gestraft werden. Sofort erfloss das PuelLMandat vom 6. August 1688 und das erklarte und erneuerte Mandat wider die Selbst- rache, Injurien, Friedenstdrungen und Duelle vom 28. Juni 1713, welches letztere unter Anderem die Anordnung ent- halt, dass derjenige, der seinen Gegner im Zweikampfe todtet, wenn er ein Oberofficier, von Adel oder sonst distinguirter 1 * - 4 - Condition ware, mit dem Schwerte, sonst aber mit dem Strange vom Leben zum Tode gebracht werde. Auch in den Jaliren 1721, 1787, 1788, 1794 und 1797 siud in Preussen gesetzliche Bestimmungen wider das Duell erflossen. Im allgemeinen Landrechte von 1794, welches alsbald auch in der preussischen Armee Geltung erlangte und fur dieselbe bis zur Kundmachung der Verordnungen vom 20sten Juli 1843, beziehungsweise des allgemeinen Strafgesetzbuches vom 14. April 1851 massgeblich war, — wurden, und zwar in den §§ 6G8 und 669 auf die Ausforderung zum Zwei- kampfe und die Annahme derselben, — dann im § 672 auf den vollzogenen Zweikampf, worm Niemand getodtet wurde, endlich im § 676 auf den Anreiz zum Zweikampfe, sowie gegen die Secundanten und Carteltrager strenge Festungs- strafen festgesetzt. Ueberdies bestimmte der § 671 , dass, wenn im Zwei¬ kampfe ein Theil getodtet wurde, der Ueberlebende nach Be- schaffenheit seines Vorsatzes mit der Todesstrafe der Morder oder Todtschlager belegt werde. — Die Strafgesetzgebungen der tiegenwart haben im Allge- meinen und sonach auch im Punkte der Behandlung des Zweikampfes von der friihereu Strenge mehr oder weniger nachgelassen, und constatiren dadurch die Absicht, den An- forderungen der Humanitat Rechnung zu tragen. Was den Zweikampf insbesondere betrift't, erschien eine Milderung der fruheren Strafsysteme um so mehr geboten, als vom legislatorischen Standpunkte nicht iibersehen werden konnte, dass das Duell auf einem, wenngleich nur factischen Contractsverhaltnisse, und demuacli die schlimmen natiirli- chen Folgen, die aus dem Zweikampfe fur die Streittheile hervorzugehen pflegen, in letzter Linie auf deren wechselsei- tiger Einwilligung beruhen, — dass somit schon das natiir- liche Rechtsgefiihl es verbiete, denjenigen, der seinen Gegner in einem elirlichen Zweikampfe venvundet oder todtet, die ordinare Strafe der vorsatzlichen Verwundung oder Todtung erleiden zu lassen. Den allgemeinen, sowie den Militar-Strafgesetzen, soweit sie noch immer an dem Grundsatze der unbedingten Strafbar- keit des vollzogenen Zweikampfes festlialten, liegt einigermasson der Gedanke zu Grunde, dass derjenige, welcher von einem Anderen an seiner Ehre verletzt wurde, die Genugthuung im gesetzlichen Wege zu suchen habe. — 5 Man sollte glauben, dass die Gesotzgebungen es erreich- ten, dieser ihrer Anseliauungsweise auch in alien gesellschaft- lichen Scliichten Bahn zu brechen, dass dev Sclmtz und die Rechtsmittel, welche die Landesgesetze dem an seiner Ehre Beleidigten vorbehalten, denselben ausnahmslos der Notk- wendigkeit entlieben, mit der Waffe in dev Hand von seinem Beleidigev sicli die Genugthuung zu verschaffen, dass es jenev dvakonischen Strenge, mit welchev das Duell ehedem in ein- zelnen Staaten verpont wav, gelungen sei, den altherkomm- lichen Gebvauch des Zweikampfes innevhalb ihver Grenzpfahle vollig auszurotten. Diese Annalime sollte um so berechtigter evscheinen, als die Wissenschaft, welche schon fruhzeitig sich dieses Stoffes bemachtigte, es nicht anstehen liess, den Zweikampf als ein dem Rechte und dev Moral zuwiderlaufendes Vorurtheil dar- zustellen, als das moderne Zeitalter schon nach dem natur- lichen Entwicklungsgange socialer Anschauungen so manches Vorurtheil siegreich iiberwunden hat, als mit dem Fortschritte dev Civilisation und Aufklavung, mit der Lauterung und Ver- edlung nationaler Sitten gar mancher aus frtiheren Jahrhun- derten stammender Brauch seiner praktischen Wesenheit ent- kleidet und als bloss eulturhistorisches Material dem Archive der Gascliichte iiberantwortet wurde. — Dennoch machen wir die Wahrnehmung, dass der Ge- brauch, Ehrensachen durch Zweikampfe zu schlichten, sich bis auf unseve Tage aufrecht erhalten hat; namentlich sind es die Armeen, wo das Duell noch in dev Gegenwart gang und gebe ist, und zum Theile als eine durch militarische Standes- Anschauungen bedingte Zwangspflicht geiibt wird. Man moge immerhin beweisen wollen, dass der Zwei¬ kampf auf einem Vorurtheile beruhe, so vernimmt man doch regelmassig die Einwendung, dass der Zweck, welcher im Zweikampfe verfolgt wird, nicht Vorurtheil, sondern Genug¬ thuung fur eine erlittene Ehrenverletzung sei, dass das Duell auch die Eignung besitze, den widrigen Begriffen, die man sich von dem Charakter des Beleidigten zu machen geneigt ist, entgegenzuwirken und in dieser Weise die Beleidigung zu suhnen. Der kriegevische Beruf des Officiers stimmt denselben besonders geneigt, die A'blehnung einer Herausforderung zum Duell als standeswidvig und unehrenhaft anzusehen, und selbst Anreizungen zum Zweikampfe die Folge beizumessen, dass der durch seinen Gegner angereizte Officier in das Dilemma ge- rathen kann, denselben entweder zum Zweikampfe heraus- — 6 — zufordern, oder aber sich dem Vorwurfe des Mangels an rnili- tarischem Ehrgefulile, bezieliungsweise an Muth und Ent- schlossenheit, auszusetzen. Dem Hinweise auf den Standpunkt der Kameradschaft, aus welchem Duelle in den Armeen als besonders bedauer- liche Ereignisse angesehen werden miissen, pflegt man ent- gegenzusetzen. dass eben das Kameradschaftsverhaltniss es sei, dem der Gebraucli, Streitigkeiten und Ehrenbeleidigungen durch Zweikampfe zu sclilichten, wesentlich zu Gute komme. Es liegt im Wesen der militarischen Standesehre, dass die Verletzung derselben an einem Standesgenossen nicht bloss die Ehre des Einzelnen, sondern aucli jene der Genossenschaft beriihrt. Der beleidigte Officier ist daher schon aus Iiiick- sichten fur den Stand, welchem er angehort, genbthigt, sich von seinem Beleidiger Genugthuung zu erwirken. Nun herrscht aber die Ansiclit, dass die Satisfaction, welche die Strafge- richte zu bieten in der Lage sind, unzureichend sei, um eine personliche Beleidigung zu tilgen. Abgesehen davon ist es Thatsache, dass das Strafgericht — soweit der Beleidigte iiber- haupt an dasselbo gewiesen ist — nicht in den Fall kommt, ihm den Anspruch auf eine Genugthuung auch nur im Grund- satze zuzuerkennen, wenn gegen den Beleidiger wegen nicht hergestellten Beweises der Ehrenverletzung oder aus anderen gesetzlichen Gr fin den auf eine Strafe nicht erkannt werden kann. Wer wollte aber auch behaupten, dass die Strafgerichte die hinreichenden Mittel besitzen, dem Ehreustandpunkte ge- recht zu werden? — sind es doch die neuesten Militar-Gesetz- gebungen selbst, die durch die Einfuhrung von Ehrengerich- ten der gegentheiligen Ueberzeugung Ausdruck geben. Indem man nun einerseits zur Wahrnehmung gelangt, dass der Fortbestand des Zweikampfes in den Armeen insbe- sondere durch die eigenthiimlichen Verhaltnisse des Militar- standes * begiinstigt wird, lehrt uns anderseits die Erfah- rung in Oesterreich, sowie in anderen Landern, dass die Strenge * Nicht unintercssant ist es, zu lesen, wie Geueral-Auditor-Lieu- tenant Johann Franz Malcloner das Duell der Soldaten beurtheilt hat. In seiner Synopsis militaris von 1724 heisst es unter Anderem: Mein und vieler ehrlichen Leute Guteracliten ist nocii dato wie allzeit gewest, dass einem Soldaten in via defensionis ziemlich mehres dann anderen Lenten nachzusehen und der Excess darin nicht also wie Gemein - Rechtens zu deuten sei. Dann (vors erste) Miles sein Name selbst a mala, quod milites arcere solent, vom Uebel, welches die Sol¬ daten abzuwenden pflegen, rechtskiindigen Ursprung hat. Und weil diese der Soldaten Gewolmheit (ihrem Beruf nach) in Gebraucli der — 7 — der Gesetze zu alien Zeiteu das ungeeignetste Mittel war, den Zweikarnpf in den Armeen zu unterdrucken, dass, je barter die diesfalls angedrohten Strafen waren, das Gesetz um so gewisser bei Seite gelassen wurde, und der Zweikarnpf ganz straflos blieb. — Soweit der Uebrauch, Elirensachen durcli Zweikampfe abzutlnm, ungeachtet der zur Unterdriickung desselben er- griffenen Massregeln sicb dennoch auf die Gegenwart vererbt hat, sollten jene Militar-Gesetzgebungen, welche bisher kei- uen einzigen Fall der Straflosigkeit des vollzogenen Zwei- kampfes normirten, die Ursachen, aus denen das Duell vorzuglich als ein Erbubel des Officiersstandes zu betrachten ist, in hoherefn Grade beherzigen, und da es ihnen nun eiu- mal niclit moglich ist, die diese Erscheinung bedingenden Verhaltnisse insgesammt in anderer Weise zu regain, von dem missliclien Versuche abstelien, auf die giinzliche Ausrot- tung des Zweikampfes durcli ausnahmslose Strenge hinzuwir- ken, sie sollten sich vielmehr auf den Standpunkt der That- sachen stellen, und darauf beschrlinken, das Yorkommen von Wafl'en und kraftiger Faust besteht, so muss man eben niclit gar ge- nau darauf sehen, ob ein solcher in Abtreibung einer Frivatiiijurie die Mass und Proportion zum Theil iiberschritten hiitte; in dem Sprich- worte consuetudo altera natwa est die Gewohuheit fur zweite Natur gelit. 2. Habon andere Lent fast melir Mittel, die Elir so ihnen von jemand geruhrt worden, in salvo zu halten: denn, sie niogen retorqui- ren, dissirnuliren, verzeilien, und endlich (wanu sie keines von dieseu gebraucht) die Klage vor dem Richter mit guter Gelegenheit an und zu End hringen; dem Soldaten aber ist Dissimulation und auch Ver- zeihung bedenklicli, weil dadurch die Geduld allgemach angewohnt, die hochnothige militarische Ambition und Ehrgeiz verdtmstet und Dissi- mulant (ob er gleich solches aus blosser Tugend und vernunftigen Ab- sichten einging) einer Zagheit verdachtig wird. 3. Ist die Retorsion eincs Gescholtenen wohl macbtig, die Klagen zwiscben Parteien aufzuheben, wo tibrigens niclit verneint werden mog, dass nacli dritten Mannes Dafurhalten der Itetorquent sowolil als Re- tortus im undecidirten Controvers ilirer Ehre stecken; die Kriegswiir- den sein also zart, dass einer, welcbem die Elir geruhrt worden ist, sicli bis zu der Saclien Austrag selbst willigen Fleisses vom Kriegsleben entbalten soil. Endlich 4. ob der Soldat seine, Injurien - Klage vor Gericht anbringeu will? So versteht er mehr die Waffen als Reclitc. Nieht minder vaciren oft durcli einigc Zeit die Gerichts-Stiihle, als in belagerten Festungen, in Marschen, Attaquen, feindlicher Annalierung: Unterdesseu haufen sicli die Gerichts-Materien, Discursen bei Kameraden und Oberen, und der Chagrin naget dem injurirten Soldaten in Erwartung der Satis¬ faction sein besto Seel liinweg. — 8 — Duellen in tier Armee nacli Thunlichkeit zu restringiren, und den verderblichenFolgen derselben geeignete Schranken zusetzen. Durcli die Adoptirung dieses Grandsatzes werden sich nebstbei Widerspruche beheben, die dort um so deutlicher hervortreten, wo einerseits durcli Einfuhrung von Ehrengerich- ten den in der Armee herrschenden Staiidesbegriffen ibre Berechtigung zuerkannt wird, anderseits aber das Duell zwi- schen Officieren auch dann der Strafe unterliegt, wenn es anerkannter Massen in den eigenthiimlichen Verhaltuissen des Officiersstandes und in den Forderungen der Standesehre seinen Ausgangspunkt gefunden bat. Die Mittel zur erfolgreichen Durchfubrung obigeu Prin- cips sind ebeu durch die Ehrengerichte geboten, vorausgesetzt, dass ihnen in Duellsachen ein entsprechender Wirkungskreis eingeraumt wird. Je mehr das Ansehen der Ehrengericbte sich im Officierscorps befestiget, um so mehr werden umiiitze Handel und muthwillige Zankereien in demselben zur Selten- heit gehoren, und wenn schon Streitigkeiten oder Ehrenbelei- digungen vorgefallen waren, ist das Ehrengericht in der Lage, durch den Ehrenrath, soweit os nur immer zulassig erscheint, das Amt des Vermittlers auszuuben, und dort, wo ein ehren- voller Ausgleich nicht moglich war, zu entscheiden, in welcher Weise den Forderungen der Standesehre Genugthuung ver- schafft werde. 1st der Ausspruch der als unparteiische Schiedsrichter eintretenden Standesgenossen ein solcher, der den Zweikampf ausschliesst, so entfallt fur den beleidigten Theil jede Veran- lassung, in jenem eine weitere Genugthuung zu suchen. * * General-Auditeur Fleck spriclit sich in diesem Punkte mit spe- cieller Bezugnahme auf die Grundsatze der preussischen Verordnung II. vom 20. Juli 1843 nachstehends aus: Durch Uebertragung des Richteramtes in Ehrensachen an die Ehrengerichte ist anerkannt, dass die Ehre des Einzelnen gleiclisam das Gemeingut der Genossenscliaft sei, und den Ehrengericliten ist die Verpflichtung auferlegt, die gemeinsame Elire der Genossenscliaft, sowie die Ehre des Einzelnen zu wahren. Hat die Genossenscliaft durcli eliren- gerichtliches Erkenntniss iiber Streitigkeiten oder Ehrenbeleidigungen einzelner Genossen entschieden, so muss ein jeder, den die Entscheidung angeht, seine Ansicht der Meinung der Genossenscliaft unterordnen und sich bei ihrer Entscheidung beruhigen. Der Beleidigte bat alsdann keine Yeranlassung, durch Yellziehuug des Zweikampfes seinen Standes¬ genossen zu zeigen, dass er der Mann nicht sei, woftir der Beleidiger ihn gehalten hat. Die Standesgenossen selbst hahen durch die als Ehrenmanner auf Pflieht und Gewissen ertlieilte Entscheidung ausge- sprocheu, dass es des Zweikampfes zur Genugthuung des Beleidigten — 9 — Endlich ist das Ehrengericht aucli in der Lage, den Hergang des Zweikampfes (lurch den Ehrenrath als Kampf- gericht zu regeln mid zu uberwachen, und hiebei etwaigen Ausschreitungen im Gebrauche der Waffen vorzubeugen. Die Strafgesetzgebung aber hatte zu verfiigen, dass der Schwerpunkt der Strafbarkeit der Kegel nacb nicht in dem Zweikampfe selbst, sondern vielmehr in der Yorsatzlichkeit jenes Benehmens zu suclien sei, welches den Zweikampf mit seinen schlimmen Folgen herbeigefuhrt hatte. nicht bediirfe. Waren sie dieser Meinung nicht gewesen, so wiirden sie nicht definitiv erkannt, sondern sicli fur incompetent erklart und da- durch ausgesprochen haben, dass der Conflict sich nacli ihrer Meinung nicht durch eine ehrengerichtliclie Entscheidung attf eine den Standes- verhaltnissen entspreohende Weise erledigen iasse. Wenn daher nach definitiver Entscheidung des Ehrengerichtes die dabei Betheiligten den- noch zum Zweikampfe schreiten, so geben sie dadureh eine Nichtach- tung der Meinung der Genossenschaft zu erkennen, treten derselben entschieden entgegen nnd verletzen die Autoritat der ehrengerichtlichen Erkenntnisse u. s. w. Competenz liber Ehrensachen zwisehen Officieren nach don gegenwiirtig bestelienden Normen, und zwar: A. Nach den einheimischen Gesetzen. Bei Ehrensachen zwisehen Officieren konnen dreierlei Arten des Yerfahrens Platz greifen, namlich: I. das strafgerichtliche, II. das eh'rengerichtliche und III. das Disciplinar-Strafverfakren. Ad I. Beleidigungen an der Ehre qualificiren sicli nach dem Militar - Strafgesetzbuche vom 15. J&nner 1855 entweder znm Verbrechen der Verleumdung Oder der Ehrenbeleidigung, oder znm Vergehen gegen die Sieherheit der Ehre; es gibt aber auch andere Verbrechen und Vergehen, die eine Ehren¬ beleidigung in sicli schliessen konnen, wie dies z. B. bei der Subordinations-Verletzung, Hintansetzung der Dienstes-Vor- schriften durch Ueberschreitung der Dienstgewalt, der schweren und leichten korperlichen Beschiidigung der Fall ist. Durch die mittelst der allerhochsten Entschliessung vom 19. October 1867 bei uns erfolgte Einfuhrung der Militar- Ehrengerichte wurde die Competenz der Strafgerichte ini Puiikte der Behandlung der ihnen im Militar - Strafgesetzbuche zuge- wiesenen Ehrenbeleidigungen insoferne nicht beruhrt, als dies- falls das strafgerichtliche Verfahren nach wie vor von Arnts- wegen oder auf Verlangen des Beleidigten einzutreten hat. Ad II. Der Amtshandlung der Ehrengerichte sind nach § 3 der beziiglichen Vorschrift zu unterziehen: — 11 — 2. Ehrenbeleidigungen unter Officieren iiberhaupt, sowie aueh solche, welche von oder an Officieren begangen werden, wenn liiebei die Standesehre verletzt wurde und nieht etwa dieser schon in Folge strafgerichtlichen Yer- fahrens die entsprechonde Siihne geworden ist. 3. Anreizungen dev Officiere zum Zweikampfe, in- soferne solche nicht itn Dienste oder aus Anlass oines vorausgegangenen Dienstverhaltnisses geschehen. Die im Punkt 2 bezeichneten Ehrenbeleidigungen konnen entweder a) zu den im Strafgesetze verbotenen Handlungen gehoreu, in welehem Falle dem ehrengerichtlichen Verfahren in der Kegel* das strafgerichtliche voransgegangen sein muss, odor auch b) kein Gegenstand strafgesetzlicher Bestimmungen sein. Wenn wir namlich auf jene Stellen des Militar - Straf- gesetzbuches, welche auf Ehrenbeleidigungen Bezug haben, zuriicksehen, finden wir, dass dieses Strafgesetz noch koines- wegs alle jene Falle von Ehrenbeleidigungen erschopft, durch welche die militarische Standesehre verletzt werden kann; was darin seinen Grand hat, dass dio Bestimmungen des Militar-StrafgeSetzbuches, so weit sie wenigstens das Vergehen gegen die Sicherhoit der Ehre zum Gegenstande haben, grossen Theils dem fur den Givilstand erflossenen Strafgesetze vom 27. Mai 1852 entnommen sind, dieselben sonach im Allge- meinen nur die eclatanteren Falle ehrenrtihrigen Benehmens beriicksichtigen, und uberdies das Zutreffen gewisser das letz- tere begleitender Umstande voraussetzen, welche, wie z. B. die Anwesenheit mehrerer Personen am Orte der Beleidigung, vom Standpunkte der militarischen Standesehre nicht geradezu als wesentlich angesehen werden mtissen. * In dem von mir und Hauptmann - Auditor Hadary heraus- gegebenen — bei F. II. Schimpff zu Triest im Verlage befindlichen — Commentar zur Vorsclirift fi'iv, die k. k. Militar - Ehrengerichte wurde darauf hingedeutet, dass, wenn durch eine Ebrenbeleidigung die milita¬ rische Standesehre verletzt wurde, dennoeh aber das strafgerichtliche Verfaliren nur auf Verlangen des Beleidigten stattzufinden hat, es nun- mehr der Wahl des letzteren anheimgestellt ist, gegen den Beleidiger, wenn er dem Ehrengerichte untersteht, bei diesem oder beim Straf- gerichte klagbar aufzutreten. — 12 Auch hinsichtlich der Anreizungen zum Zweikampfe ist die ehreugerichtliche Competenz durch die strafgerichtliehe begrenzt. Ad III. Der Disciplinar - Strafamtshandlung bleiben selbstverstandlich mu jene Ehrenkrankungen vorbehalten, welche eine das Disciplinar-Strafbefugniss des Commandanten nicht ubersteigende Strafe zur Folge liaben, und kann auch iiber eine abgefuhrte ehrengericlitliche Untersuchung die Ahn- dung im Disciplinarwege vom Ehrengerichte beantragt werden. B. Nach preussischen Gesetzen. Gleichwie bei uns, so finden wir auch in Preussen, class bei Ehrensachen zwischen Officieren die Competenz der Ehren¬ gerichte nur insoweit begriindet ist, als jene nicht die straf¬ gerichtliehe oder die Ahndung im Disciplinarwege bedingen. Zur Beurtheilung der Ehrengerichte gehoren nach § 2 Punkt 2 der Verordnung I vom 20. Juli 1843: Die Streitigkeiteu und Beleidigungen der Offlciere unter sich, sowie die Anreizung zum Zweikampfe — nach dem deshalb erlassenen besonderen Gesetz — insofern dieselben nicht in unmittelbarem Zusammenhange mit einem Act des Dienstes stehen, und deshalb zugleich als Dienstvergehungen zu betrachten und zu bestrafen sind. Vermoge anderweitiger gesetzlicher Bestimmungen er- leidet die Competenz der Ehrengerichte noch darin eine Beschrankung, class auch Beleidigungen und Streitigkeiten, die uberhaupt in einer dienstlichen Handlung ihre Yeranlas- sung linden, desgleichen solche Conflicte privativer Natur, die zwischen Vorgesetzten und Untergebenen, dann zwischen Sub¬ altern- und activen Stabsofficieren vorfallen, der strafgericht- lichen oder Disciplinar - Amtshandlung zugewiesen wurden. Da nun alle iibrigen Privatstreitigkeiten und Beleidi¬ gungen zwischen Officieren zur Beurtheilung der Ehrengerichte gehoren, so ist zu entnehmen, dass in dieser Hinsicht die Competenz der Ehrengerichte in Preussen bedeutend umfangs- reicher als bei uns ist. bei den zwischen Officieren vorkommenden Ehrensaelien. A. Vor den einheimischen Ehrengerichten. Unsere Vorschrift fur Ehrengerichte enthalt bekanntlich kein besonderes Verfahren bei Ehrensaelien zwischen Officieren, daher in Fallen dieser Art gerade so vorzugehen ist, wie mit alien anderen der ehrengerichtlichen Competenz zugewiesenen Gegenstanden mit der alleinigen Ausnahme, dass der Ehren- rath zwischen den Betheiligten einen giitlichen Ausgleich au- zustreben hat. Um dor spateren Vergleichung Willen werden dem Texte der bezfiglichen Vorschrift einige zum Wesen der Sache ge- horige Stellen entnommen und hier angefuhrt: Anzeigen fiber Handlungen, welche der militarischen Standesehre zuwiderlaufen, sind bei dem Commando, welchem der Beschuldigte untersteht, wenn sie aber einen General oder einen diesem Gleichgestellten (§ 2) betreffen, bei dem Armee-Obercommando, und in Betreff der Admi¬ ral© bei dem Kriegs-Ministerium anzubringen. Es ist aber aucli jedem Officiere oder sonst nach dieser Vorschrift dem Ehrengerichte Unterworfenen unbe- nommen, ein ehrengerichtliches Verfahren zu verlangen, wenn fiber sein standesgem&sses Benehmen sich Zweifel 11 . — 14 — erg'eben haben. Zu diosem Yerfahren kann das Ehren- gericht auch in Folge einer vorhergegangenen strafgericht- lichen Untersuchung von dem Strafgerichte dann auf- gefordert werden, wenn es sich um eine Entscheidung handelt, die nnr der Beurtheilung des Ehrengeriehtes zugewiesen ist. In solchem Falle hat das Strafgericht die Unter- suehungs - Acten dem zusti'tndigen Ehrengerichte zuzu- senden. § 12 . (Hier sind dio Obliegenheiten des Ehrenratkes bestimmt nnd ist unter Anderem gesagt:) Insbesondere hat derselbe bei Streitigkeiten nnd Ehrenbeleidigungen der Officiere darauf bedacht zu sein, eine ohne Yerletzung der Standeselire tbunlicbe gtitliche Ausgleichung der Betheiligten anzubahnen. Ueber das Resnltat der Yoruntersuchung hat der Ehrenrath Bericht zu erstatten und dabei geeigneten Antrag zu stellen. § 13. Wenn nach Inhalt der nach § 12 gemachten Yor- lagen jede Besorgniss der Beeintrachtigung der milita- riscben Ehre behoben ist, von den Betheiligten selbst die etwa unterlaufenen Missyerstiindnisse als beseitigt erkannt werden und von keinem derselben eine Genug- tbuung angesproeben wird, so kann verfugt werden, dass der Gegenstand auf sich zu beruhon habe; es kOnnen die betheiligten Personen angewiesen werden, fiber ihre erfolgte giitliche Ausgleichung eine mi'mdliche oder schrift- liche Bestatigung zu geben, es kann aber auch nach Umstanden demjenigen Betheiligten, bei dem es Noth thut, eine angemessene Belehrung oder Warnung ertheilt werden. — 15 — Dio Entscheidung hieriiber steht bei Beschuldigton vom Oberstlieutenant abwarts deni Gericlitsherrn, bei den Militar-Grenztruppen deni eommandirenden Generale, bei Obersten, Generalen und ihnen Gleichgehaltenen aber clem Armee - Obercoimnandanten, und in Betreff der Marine- Officiere, vom Linien - Schiffscapitan oder Obersten auf- warts, clem Kriegsminister zu. § 14. Gegen die von einem GerieMsherrn (eommandirenden Generale) n'ach § 13 getroffene Yerfiigung, sowie gegen die etwaige Entscheidung des Commandanten, dass er einen ihm zur Kenntniss gebracliten Ehrenverletzungsfall gar nicht dem Ehrenrathe zur Behandlung zuweiset, steht Jedermann, der sich dadurch beschwert findet, die Berufung an das Armee - Obereonnnando und beziiglich der Kriegs-Marine an das Kriegsministerium zu, welclie binnen acht Tagen vom Tage der Yerstandigung dienst- licli einzubringen ist. Gegen nine naeb §§ 13 und 14 vom Armee -Ober- commandanten, rucksichtlich Kriegsminister, erfolgende Erledigung findet keine Berufung Statt. § 15 . Findet dagegen der Gerichtsherr (commandirende General in der Militargrenze), rucksichtlich der Annee- Obercoinmandant oder Kriegsminister, den Fall zur Ent¬ scheidung (lurch das Ehrengericht geeignet, so hat er die ihm vorgelegten Yerhandlungs- Acten auf demselben Wege, wie sie ihm zugekommen sind, an das Ehren¬ gericht zoruckgelaiigen zu lassen und dasselbe zu der ihm sonach zustandigen Verhandlung und Beschlussfas- sung anzuweisen. Gegen diese Bestimmung ist keine Berufung gestattet. — 16 — § 16 . Das ehrengerichtliche Yerfahren steht in der Hegel demjenigen Ehrengeriehte zu, unter welchem der Beschul- digte steht. Wenn die ehrengerichtliche Verhandlung zwei oder mehrere Officiere betrifft, welche verschiedenen Ehren- geriehten unterstehen, so ist dieselhe durch das vorge- setzte General- oder Armee-Commando, rucksichtlich das Hafen - Admiralat zu Pola, einem dritten unhefangenen Ehrengeriehte zuzuweisen. Stehen aber diese Officiere auch unter verschiedenen General - oder Armee-Coimnan- den, oder betrifft eine und dieselhe Yerhandlung Officiere der Landarmee und zugleich der Kriegs-Marine, so trifft das Armee-Obercommando, im letzteren Ealle ini Einver- nehnien mit deni Kriegsministerium, diese Yerfiigung. § 21 . Das Urtheil des Ehrengerichtes hat sicli auf den Ausspruch zu heschranken, oh der Beschuldigte aus deni Armee-Yerbande zu entlassen sei oder nicht, rucksichtlich bei Officiers-Aspiranten, oh er des Rechtes, als soldier hehandelt zu werden, verlustig sei oder nicht. Dem Ehrengeriehte ist jedocli unbenonimen, ausser- dem auch bei demjenigen, welchem fiber den Beschul- digten das Disciplinar-Strafbefugniss zusteht, auf dessen Ahndung im Disciplinarwege, auf dessen Entfernung aus dem bisherigen Aufenthalte oder Anweisung eines gebun- denen Aufenthaltes fur denselben den Antrag zu stellen. Vorstehende Bestimmungen liabea bokanntlich in so weit eine Abanderung erlitten, als die Gestionen des Armee-Ober- Commando bei erfolgtev Auflbssung desselben an das Reichs- Kriegs - Miuisterium und die geriehtsherrlichen Itechte der Regiments - Inhaber an die General - Comrnanden iibertragen wurden. — Wir wollen nun in Erwagung ziehen, in wieferne unsere Ehrengeriehte dem Zweeke, Ehrenliandel unter Oflicieren durch — 17 — Vermittlung zu schlichten — einem Zwecke, der ein beson- deres Augenmerk verdient, — zu entsprechen geeignet sind. Wenn wir auf den § 12 zuriicksehen, finden wir, dass dev Ehrenrath bei Streitigkeiten und Ehrenbeleidigungen der Officiere eine ohne Verletzung der Standesehre thufiliche Aus- gleichung der Betheiligten anzubahnen hat. Diese Amtshandlung setzt aber vor Allem voraus, dass der Ehrenrath von Vorgangen aer gedachten Art uberhaupt in Kenntniss gelange, und es fragt sich demnach, auf welche Weise dies zu geschehen habe? Wenden wir die Bestimmungen des § 11 speciell auf die zwischen Officieren vorkommenden Ehrensachen an, und antworten wir, dass in derlei Fallen die Anregung zur ehren- gerichtlichen Amtshandlung sich zunachst auf eine Anzeige ergibt, so stellt sich die weitere Frage heraus, von wem diese Anzeige ausgehen werde? Unsere Vorschrift fur Ehrengerichte enthalt keine Be- stimmnng, die den Officier verpflichtet, vorgefallene Streitig¬ keiten oder Ehrenbeleidigungen dem Ehrenrathe zur Kenntniss zu bringen. Es bleibt daher dem eigenen Gutdunken der an dem Ehrenhandel Betheiligten uberlassen, den Streitfall oder die Beleidigung anzuzeigen. Bevor ein solcher Schritt geschieht, wird der Betrelfende weislich die Folgen uberlegen, die ihm hieraus erwachsen konnen. Bleiben die Vermittlungs - Versuche des Ehrenrathes fruchtlos, — welche Eventualitat immerhin in Anschlag zu bringen ist, nachdem es zu einem Ausgleiche nebst dem Einverstandnisse des Gegners auch der inilitarbehordliehen Genehmigung bedarf, — so ist das definitive ehrengericht- liche Verfahren einzuleiten und durch Urtheil zu erkennen, wpr von beiden Theilen und ob allenfalls der eine und andere Theil aus dem Armeeverbaude zu entlassen sei. Bei der beschrankten Competenz der Ehrengerichte hin- sichtlich der zwischen Officieren vorkommenden Ehrenbelei- digungon mag aber haufig anstatt des ehrengerichtlichen, zunachst das strafgerichtliche Verfahren Platz greifen, welches in einer Freiheitsstrafe nebst Chargeverlust und sonstigen nachtheiligen Folgen fur einen oder beide Theile seinen Ab- schluss finden kann. Ueberdiess ist es bekannt, welchen geringen Anklang die eigene Anregung der s t r a fg er i ch 11 i ch eu Procedur selbst bei dem ohne eigenes Verschulden an seiner Ehre gekrankten Officier bisher zu finden pflegte. — 2 — 18 — Den Schritt des Zweikampfes von dem Misslingen des vom Ehrenrathe angestellten Ausgleichsversuches abhangig zu machen, erschiene in der That als das misslichste Auskunfts- naittel. Wird natnlich das Duell nach seiner Vollziehung geheim gehalten, so bleibt der Ehrenpunkt fur das Ehren- Gericht noch immer Gegenstand einer offenen Prage und wird sonach die ehrengerichtliche Untersuchung und Aburtheilung, und insbesondere der Ausspruch des Ehrengerichtes durch diesen Zwischenfall in keiner Weise alterirt, — sollten die Betheiligten sicli aber verleitet fiihlen, die durch den Zwei- kampf bewirkte Schliehtung des Gegenstandes dem Ehren- Gerichte auzuzeigen, so wird zwar dieses seine Untersuchung einstellen, jedoch bemussigt sein, die Acten dem Strafgerichte zur Untersuchung und Bestrafung des Zweikampfes abzu- treten; — was zu einer solchen Selbstanklage uni so weniger zu ermuthigen geeignet ist, als unser Militar-Strafgesetzbuch an dem Grundsatze der unbedingten Strafbarkeit des vollzo- genen Zweikampfes festhalt, die hierauf angedrohten Strafen von besonderer Strenge sind und regelmassig die Entlassung in sich schliessen, und die seit der Einfiihrung der Ehren- Gerichte zulassige mildere Beurtheilung des Duells als zu wenig durchgreifend angesehen werden konnte. Es diirften sonaoh unter den gegebenen Verhaltnissen sehr wenige in einem Ehrenhandel verflochtene Officiere zu einem Appell an denEhrenrath sich versucht fiihlen, und werden dieselben es regelmassig vorziehen, solchen mit Beiseitelas- sung des Ehrenrathes, wie es bisher Uebung war, im Privat- wege auszutragen. Was aber dritte Personen anbelangt, die von dem Ehrenfalle etwa zufallig in Kenntniss gelangten, lasst sich ihnen ebenfalls nicht leiclit zumuthen, denselben dem Ehren¬ rathe anzuzeigen, namentlich lasst sich von Officieren nur dann erwarten, dass sie gegen Kameraden im Interesse der gemeinsamen Standesehre als Anzeiger beim Ehrengerichte auftreten, wenn der Fall nach Standesbegriffen einen ehren- haften privativen Austrag nicht zulasst, — so lange aber dieser noch moglich ist, werden sie weit elier wimscheu, dass die Betheiligten ihre Hiindel unter sich ausmachen, als sicli in fremde Handel unberufen einzumengen und das Odium einer Denunciation, welche die Lage des Kameraden ver- schlimmern kann , auf sich zu laden. Endlich ist durch die Bestimmung, dass die ehrengericht- liche Verliandlung wider Officiere, welche verschiedenen Ehren- — 19 — Gerichten aaterstehea, erst durch die hohere oder hochste MilitarbehCrde eiuem drittea uabefangenen Ehrengerichte zaza- weisea ist, aad diesea Behorden auch soast die Anordauag der ehreagerichtlichea Uatersachaag vorbehaltea bleibt, der besoaders bei Coaflictea zwischea Officierea aothigea Beschlea- aiguag der ehreagerichtlichea Amtshaadlangea aicht Rech- aaag getragea. Wir gelaagea somit leider zu deal Schlasse, dass aasere Ehreagerichte ihrem Zwecke, bei Ehreasachea zwischea Offi¬ cierea eiaea gutlichea Aasgleich herbeizuftihrea, derraalea aoch erheblich fera stehea, aad dass iai Wege der Gesetzge- baag etwas geschehea aiiisse, weaa die Aaordaaag, woraach dem Ehrearathe diese Aafgabe zagedacht ist, eiae das Niveaa des todtea Bachstabea iiberrageade Bedeataag gewiaaea soli. Aach diirfte der § 21 aaserea Ehreagerichtea, weaa es sich am die Eatscheidaag voa Ehreafallea zwischea Offi¬ cierea haadelt, haafige Verlegeaheitea bereitea, da ihaea aar aaheimgestellt ist, aaf die Eatlassnag oder Nichteatlassaag za erkeaaea aad eveataell eiae Discipliaar- oder Praveativ- Massregel ia Antrag za briagea. Aatrage dieser Art erscheiaea wohl am weaigstea ge- eigaet, Beleidigaagen oder Zerwiirfaisse zwischea Officierea aaf eine dea militarischea Staades-Aaschaaaagea aageaiesseae Weise beizalegea, aasere Ehreagerichte werdea daher regel- massig aar za eatscheidea haben, ob die aa deal beziiglichea Vorfalle Betheiligtea aas dem Armee - Verbaade za eatlassea seiea oder aicht. Viele dorlei Ehrea - Fiille werdea aber ihrer Natar aach diese Frage aicht so kategorisch heraatretea lassea, iadeai eiaerseits die Eatlassaag sich als eiae darch die Ver- haltaisse des Militarstaades aicht gebotene Verfagaag dar- stellea, aaderseits der Aassprach der Nichteatlassaag ebea wieder aas Staadesriicksichtea Bedeakea aaterliegea kaaa, aad der eiae wie der aadere Aassprach das Geprilge des Ver- friihtseias aa sich trage, — es siad dies gerade solche Ehrea- falle, die bisher ia dem Zweikampfe ihre Erlediguag za fiadea pflegtea. Naa aber wiirdea aasere Ehreagerichte dem Siaae ihrer Vorschrift zawiderhaadela, weaa sie dea Aassprach der Nichteatlassaag aas deal Armee - Verbaade etwa ia eine Er- klaraag der Iacoaipeteaz nmschreiben wollteu. 2 * — 20 B. Vor den preussischen Ehrengerichten. In der preussischen Arraee besteht ausser der Verord- nung iiber die Ehrengerichte (I) vom 20. Juli 1843 auch noch eine Verordnung (II) von gleichem Datum iiber das Yerfahren derselben bei 'Untersuchungen der zwischen Officieren vorfal- lenden Streitigkeiten und Beleidigungen und iiber die Bestra- fung des Zweikampfes unter Officieren, welche letztere den Zweck, Ehrenhandel durch Vermittlung oder eventuell durch Erkenntniss zur Erledigung zu bringen, mehr als die Vor- schrift fur unsere Ehrengerichte zu fordern scheint. Namentlich finden wir darin, dass bei Ehrensachen, die zwischen Offi¬ cieren sich ergeben, die Betheiligten den Ehrenratli liievon in Kenntniss zu setzen haben. Die Aufgabe, einen giitlichen Ausgleich herbeizufiihren, ist, wie bei uns, so auch in Preussen dem Ehrenrathe zuge- dacht, betreff des weiteren Yerfahrens enthalt die Verord¬ nung II nur wenige besondere Bestimmungen. Dem Texte derselben werden einstweilen nachstehende §§ entnommen: § 2 . Wenn Streitigkeiten oder Ehrenbeleidigungen unter Officieren vorfallen, die zu einem Zweikampf filhren kOn- nen, so haben die Betheiligten die Yerpflichtnng, vor jedem weiteren Verfolg der Sache dem Ehrenratli eine Anzeige von dem Yorgange zu machen. § 4. Die Zustiindigkeit des Ehrengerichtes, an dessen Ehrenratli die im § 2 vorgeschriebene Anzeige zu rich- ten ist, bestinimt sich nach folgenden Begeln: A. Wenn nur Officiere der Linie betheiligt sind: 1. Ist am Orte des Vorganges nur ein Ehrengericht der Linie vorhanden, so ist dieses das competente. 2. Sind mehrere vorhanden, und die sammtlichen oder mehrere der betheiligten Officiere gehoren zu ver- schiedenen Ehrengerichten am Orte des Vorganges, so _ 21 — ist es dasjenige dieser Ehrengerichte, welches unter der Leitung des altesten Commandeurs steht; steht nur einer der betheiligten Officiere unter cinem Ehrengerichte am Orte, so ist dieses Ehrengericht auch fur die iibrigen betheiligten Officiere competent. 3. Gehoren die betheiligten Officiere unter keines der Ehrengerichte am Orte des Yorganges, so tritt eben- falls die Zustandigkeit des unter der Leitung des alte¬ sten Commandeurs stehenden Ehrengerichts ein. 4. Ist am Orte des Vorfalls kein Ehrengericht vorhanden, so gehort die Sache unter denselben Modali- taten (sub 1 — 3 vorstehend) vor das betreffende Ehren¬ gericht des niichsten Garnisonsortes. B. Wenn nur Officiere betheiligt sind, welche un¬ ter den Ehrengerichten der Landwehr stehenso ist dasjenige Ehrengericht der Landwehr competent, auf welches die vorstehenden, auch fiir diese Falle mass- gebenden Bestimmungen A. 1 — 4 zutreffen. C. Wenn die betheiligten Officiere theils unter den Ehrengerichten der Linie, theils unter denen der Land¬ wehr stehen, so tritt a) wenn die Landwehr zusammengezogen ist, die Coui- petenz des Ehrengerichtes der Linie oder der Landwehr nach den auch fur diese Falle mass- gebenden Yorschriften sub A. 1 — 4; b) wenn die Landwehr nicht zusammengezogen ist, immer nur die Zustandigkeit des Ehrengerichtes der Linie nach denselben Yorschriften sub A. 1 — 4 ein. * I)ahin gehoren auch die auf Inactivitatsgehalt stehenden — die mit Pension zur Disposition gestellteu — die mit Vorbehalt der Dienst- leistung aus dera stehenden Heere ausgeschiedenen — und endlich die verabschicdeten Officiere vom Hauptmann oder Rittmeister abwarts, denen die Erlaubniss ertheilt worden ist, die Militar-Uniform zu tragen. 22 — §4 a. Der Versuch der giitlichen Ausgleichung soli, auch wenn Officiere, die unter verschiedenen Ehrongerichten stehen, bei einer Streitigkeit oder Beleidigung betheiligt sind, stets nur (lurch einen Ehrenrath erfolgen und die gauze Behandlung und Entscheidung der Sache dem- jenigen Ehrengericht competiren, zu welchem der mit der Stihne beauftrag'te Ehrenrath (§ 4) gehort. Der Comraandeur, unter dessen Leitung das be- treffende Ehrengericht steht, hat, sobald er von cl cm Vorgange Meldung erhalt (§ 5), die Siihne versuchen zu lassen, sodann nach Massgabe der §§10, 11 das Wei- tere zu veranlassen und von den getroffenen Yerfugun- gen den Commandeuren der bei der Sache betheiligten Officiere Nachricht zu geben. Wird der Ehrenrath von Streitigkeiten oder Belei- digungen, die unter Officieren vorgefallen sind, durch die Betheiligten oder auf andere Weise in Kenntniss gesetzt, so muss er dem Comraandeur zum weitern 4 r er- folg der Sache dies anzeigen. Die Untersuchung des Ehrenraths hat hauptsachlich eine gutliche Ausgleichung zum Zweck. Deshalb muss der Ehrenrath durch Besprechung mit den Betheiligten und mit den bei dem Vorfall etwa zugegen gewesenen Zeugen eine moglichst genaue Kenntniss liber das Ent- stehen und den Hergang der Streitigkeit sich zu ver- schaffen suchen. § 4 b. § 5. 7. 23 — § io. Finclet der Ehrenrath, dass der gauze Her gang, olme eine vorsatzliche Beleidigung, nur auf Missverstand- nisseu boruht, so hat er, insoweit dies nach den Standes- verhaltnissen zulassig ist, durch giitliche Yorstellungen die Stihne zu yersuchen, die, wenn sie von den Bothei- ligten angenommen wird, von deni Cornmandeur, unter dessen Leitung das Ehrengericht steht, durch ihm von beiden Theilen zu gebenden Handschlag zu bestatigon, oder schriftlich zu genehmigen ist. In dein zuletzt ge- dachten Falle ist die Genehmigung zur gutlichen Bei- iegung der Sache durch den Ehrenrath den Betheiligten bekannt zu machen. § 11 . Bleibt der Siihneversuch fruchtlos, so sind die be¬ theiligten Officiere durch den Ehrenrath auf die Bestim- mungen der §§ 25 und 26 ausdriicklich aufmerksam zu machen. Demnachst hat der Cornmandeur, unter dessen Leitung das Ehrengericht steht, die formliche ehren- geriehtliche Untersuchung sogleicli selbst anzuordnen und dies dein hoheren Befehlshaber, welchem nach den §§ 21 — 23 der Verordnung I die Entscheidung iiber die Yerhangung der Untersuchung in anderen ehren- gerichtlichen Angelegenheiten competirt, im Dienstwege zu melden. § 13. Das Ehrengericht erkennt entweder: a) dass der Fall zur ehrengerichtlichen Riige nicht geeignet und die Ehre des oder der Betheiligten fur nicht verletzt zu erachten sei, oder b) auf eine Riige gegen einen oder gegen beide Theile des Benehmens wegen und auf wechselseitige, — 24 — durch Handscblag zu bestatigende Ehrenerkla- rungen, oder c) auf Entlassung aus dem Dienst. * § 14 . In den Fallen des § 13 lit. a und b wird das Er- kenntniss des Ehrengeriehtes dem Befehlshaber, welchem nach der Bestimmung des § 11 von der Einleitung dor formlichen ehrengeriehtlichen Untersuchung Meldung zn machen ist, zur Bestatigung eingereicht. Lautet dagegen das Erkenntniss auf eine hartere, als die im § 13 lit. b verordnete Strafe, so ist dasselbe im Dienstwege zu Meiner Entscheidung einzureichen. § 15. Burch ein solches bestatigtes olirengerichtliches Er¬ kenntniss (§ 14), welches den Betheiligten durch den Ehrenrath zu publiciren ist, erhalt der darin erorterte Conflict seine vollstandige Erledigung, dergestalt, dass eine weitere Genugthuung von den Betheiligten nicht gefordert werden darf. § 16. Sollte eine unter Offlcieren vorgefallene Streitigkeit oder Beleidigung nicht durch das Ehrengericht beizulegon * Durch die Entlassung aus dem Dienst wird der Officier seiner Stelle und aller durch den Dienst erworbenen Anspriiclie und des Rech- tes, die Militar-Uniform zu tragen, verlustig, dagegen verbleibt ihm der Diensttitel, auch behalt er die Officiers-Patente, sowie die mit der Fiih- rung des Diensttitels verbundenen Prarogative. — Die Entfernung aus dem Officiersstande aber hat fiir den Yerurtheilten den Verlust seiner Stelle und seines Titels, sowie aller durch den Dienst erworbenen An- spriiche und die Unfaliigkeit zur VVicderanstellung als Otficier zur P’Dlge. Den im § 13 bezeichneten Strafen schliesst sich die Entfernung aus dem Officiersstande, desgleichen ein gelinder Festungsarrest von 6 Wochen bis zu 6 Monaten an, worauf vermoge besomlerer Bestim- mungen vom Ehrengerichte ebenfalls erkannt werden kann. 25 — sein, und die Betheiligten zu erkennen geben, dass sie bei deui Ausspruch des Ehrengerichtes wegen der eigen- thumlichen Yerhaltnisse des Officiersstandes sich nicht beruhigen zu konnen glauben, so sind die Yerhandlungen des Ehrengerichtes zwar zu schliessen, zugleich aber die Betheiligten auf die in dem § 21 und folg. enthal- tenen Strafen des Zweikampfes vom Ehrenrath aufmerk- sain zu machen. Wahrend der vom Ehrenrathe angebahnte giitliche Aus- gleich nacli unserem Gesetze an die Getiehmigung des General- Commando rucksichtlich Reichs-Kriegs-Ministerium gebunden, und gegen diese Verfiigung des General - Commando das Be- rufungsrecht eingeraumt ist, finden wir in der Verordnung II, dass ein soldier Ausgleich in Preussen bloss der Zustimmung des Commandeurs bedarf, der zugleich im Ehrengerichte den Vorsitz fiihrt, und dass von einem Becursrechte dies falls nidit die Rede ist. Fur die Zulassung der Berufung lasst sich vom Stand- punkte unseres Gesetzes allerdings geltend machen, dass nicht jeder Conflict zwischen Officieren darnacb angethan sein mag, in einem gutlichen Ausgleiche der wenn auch hiezu geneigten Betheiligten seinen, den Ehrenpunkt befriedigenden Anstrag zu finden, und wo es sich um die Meinung des Ehrenrathes als solchen fragt, nach § 19 der Vorschrift fur unsere Ehren¬ gerichte wohl nur jene seines Vorsitzenden darunter verstanden werden kann, dass somit die Frage, ob eine giitliche Beile- gung des Gegenstandes olme Yerletzung der Standesehre thunlich sei, anstatt der competenten Entscheidung der Ka- meraden nur jener des Vorsitzenden des Ehrenrathes, der sein Mandat in letzter Linie regelmassig vom Befehle des Com- mandanten ahleitet, und des hoheren Militarhefehlshabers, auf dessen Zustimmung es ankommt, anheimgegehen ist. — Anderseits hleibt es immerhin eine missliche Sache, gegen die dienstliche Verfiigung einer vorgesetzten Be- horde, auf welche man einen vorbeugenden Einfluss nicht nehmen durfte, hintenher auf die Beschwerdefiihrung ange- wiesen zu sein, besonders wenn man annimmt, dass sicli iiber die Statthaftigkeit der giitlichen Beilegung des Gegenstandes im Scboosse des Ehrenrathes selbst eine Meinungs - Verschie- denheit ergeben habe, und dem Ehrenraths-Mitgliede, dessen Stimme dem Ausgleiche ungiinstig war, nun zugemuthet wird, — 26 — gegen die den letzteren sanctionirende Verfiigung des General- Commando die Berufung zu ergreifen. Ancli lasst sich gegen die Hinweisung auf die Berufung einwenden, dass die Ausiibung dieses Rechtes an eine Fallfrist gebunden und der Sache damit niehts gedient ist, wenn die naheren Details des Bhrenfalles erst nacli Ablauf des beziig- lichen Termins unter den Kameraden sicli verbreitet haben, und die Beschwerde angeregt haben wiirden. — Wahrend in dev Vorschrift fur unsere Elirengerichte fur solche Ehrensachen nicht vorgesehen ist, deren Beilegung den Betheiligten selbst uberlassen werden muss, begegnen wir im § 16 der Verordnung II wenigstens der Bestimmung, dass die Verhandlungen des Ehrengerichts diesfalls zu schliessen sind, was in Form einer Incompetenz-Erklurung zu geschehen pflegt. Die Dienstentlassung ist eine gelindere, die Entfernung aus dem Officiersstande jedocli eine strengere Massregel, als die Entlassung aus dem Arrnee-Verbande nacli unserem Ge- setze, da diese einerseits mit dem Verluste des Diensttitels verbunden ist, anderseits nicht die Unfahigkeit zur Wiederan- stellung als Officier unbedingt zur Folge hat. Betreff des gelinden Festungsarrestes ist General-A uditeur Fleck der richtig scheinenden Ansicht, es werde ein Ehrenfall kaum jemals sich so gestalten, dass nach der Lage der Sache diese Strafe als eine geeignete sich betrachten lasse. Gegen die wechselseitigen Ehrenerklarungen, soweit sie Gegenstand eines ehrengerichtlichen Erkenntnisses sein konnen, ergibt sich das Bedenken, dass durch die allfallige Verwei- gerung derselben das Ansehen des Ehrengerichtes geschadiget und der Conflict geradezu geschiirt wurde. Jetz s ge Best i mmungen wider den Zweikampf und das Rencontre und Verfahren in Duellsachen zwischen Officieren. A. Nach unseren Gesetzen. Per Zweikampf wird nach unserem Militar - Strafgesetz- buche als ein Verbrechen behandelt und gilt dasselbe vom Rencontre, wenn es eine bedeuteude Korper-Verletzung zur Folge hatte; sonst wird das Rencontre — ebeuso wie die von eineni Officier ausgegangeue Ausforderung zura Zweikampfe, wenn es bis zur Stellung nicht gekomraen ist, — nur als ein Vergehen angesehen. Die den Zweikampf betreffenden Bestimmungen des Militar-Strafgesetzbuches basiren sich auf jene des allgemeinen Strafgesetzes, nach welchem ubrigens das Buell durchgehends als Verbrechen und auch sonst strenger als nach dem Militar- Strafgesetzbuche behandelt wird. Letzteres enthalt nachstehende, das Duell und Rencontre betreffende Stellen: § 437. Wer Jemanden aus was immer fur einer Ursache zum Streite mit todtlichen Waffen herausfordert, und wer auf eine solche Herausforderung sich zum Streite stellt, begeht ausser "dem Falle des § 602 * das Ver¬ brechen des Zweikampfes. * Dieser lautet: Wenn ein Officier Jemanden zum Zweikampfe herausgefordert hat, ohne class es jedoch bis zur Stellung zum Kampfe 28 — § 438 . Dieses Verbrechen soil, wenn koine Verwutidung stattgefunden hat, mit Kerker von sechs Monaten bis zu einein Jahro bestraft werden. § 439 . 1st im Zwoikatnpf eine Yerwundung geschehen, so ist die Strafe Kerker von einein bis zu fiinf Jahren und gegen diejenigen, denen besonders erschwerende Unistande znr Last fallen, schwerer Kerker in gleieher Dauer. § 440 . Ist aus dein Zweikampfe der Tod eines der Strei- tenden erfolgt, so soil der Todtschliiger mit fiinf- bis zehnjahrigem Kerker gestraft werden. Went) aber die Verabredung schon nrspriinglich anf die Todtung eines der Streitenden gerichtet war, so ist gegen denjenigen Schuldigen, welcher diese Art des Kampfes gefordert hat, wenn der Tod seines Gegners erfolgte, anf schwe- ren Korker von zehn bis zwanzig Jahren zu erkennen. § 441 . In der Regel ist der Herausforderer strenger als der Herausgeforderte zu bestrafen, es ware denn, dass dor Herausgeforderte durch ein im hohen Grade straf- bares oder boshaftes Benehmen die Ausforderung veran- lasst hat. gekommen ist, so soli er fur dieses Vergehcn mit Arrest von einem bis zu drei Monaten bestraft werden. War er uberdiess der erste Beleidiger, so ist derselbe, wenn ihm das Verbrechen der Verleumdung oder eine Ehren- beleidigung zur Last fallt, nach den §§ 97 und 98 zu behandeln, ausser- dem aber zu strengem Arreste von drei bis zu secbs Monaten zu ver- urtheilen, und es kann nach Wichtigkeit der Umstande auch auf Ent- lassung erkannt werden. 29 § 442. Wer durcli Spott, angedrohte Yerachtung, oder sonst auf eine andere im § 11 * bezeichnete Weise die Stellung, oder auch nur die Herausforderung zum Zwei- kampfe absichtlich veranlasst oder befordert, wer den Streitenden die Gelegenheit und Mittel zur Yollfuhrung des Verbrechens wissentlich verschafft, oder in anderer Weise absichtlich dazu mitgewirkt hat, soil, wenn auch keine tiblen Folgen daraus entstanden sind, mit Kerker von sechs Monaten bis zu einem Jahre, wenn aber eine Yerwundung oder der Tod erfolgt ist, gleich den Strei¬ tenden nach den §§ 438, 439 oder 440, ja selbst mit der im § 440 festgesetzten grosseren Strenge dann be- straft werden, wenn die daselbst l)ezeichnete gefahrlichere Yerabredung unter seiner Mitwirkung geschelien ist. § 443. Diejenigen, die sich als Beistande oder sogenannte Secundanten fur einen der Streitenden zum Kampfe ge- stellt haben, sollen mit Korker von sechs Monaten bis zu einem Jahre, und nach der Grosse ihres Einflusses und des erfolgten Uebels auch bis auf fiinf Jahre bestraft werden. * Der § 11 M. St. G. besagt Folgendes: Niclit der unmittelbare Thiiter allein wird des Verbrechens oder Vergehens scliuldig, sondern auch Jeder, der durch Befehl, Anrathen, Unterricht, Lob die Uelieltliat eingeleitet, vorsatzlich vcranlasset, zu ihrer Ausubung durch absicht- liche Ilerbeischaffung der Mittel, Hintanlialtung der Hindernisse, oder auf was immer fur eine Art Vorscliub gegeben, Hilfe geleistet, zu ihrer siclieren Vollstreckung beigetragen; auch wer nur vorlaufig sich mit dem Thater iiber die nach vollbrachter That ihm zu leistende Hilfe und Beistand, oder tiber einen Antheil an Gewinn und Vortheil ein- verstanden hat. — Uebcrdiess bestimmt der § 17 M. St. G.: Wer .Jemanden zu einem Vcrbreclien oder Vergchen auffordert, aneifert oder zu verleiten sucht, ist dann, wenn seine Einwirkung ohne Erfolg ge- blieben war, der versuchten Verleitung zu jenem Verbrechen oder Ver- gehen scliuldig, und zu derselben Strafe zu verurtheilen, welc.be auf den Versuch dieses Verbrechens oder Vergehens zu verhangen ware. — 30 — Insoferne aber das Entstehen des Zweikampfes, oder die ini § 440 bezeichnete gefahrlichere Verabredung, oder die hartnhckige Fortsetzung des Kampfes insbeson- dere ihrem Einflusse zugescbrieben werden muss, sind sie nach § 442 zu behandeln. § 444. Die Strafbarkeit wegen dieses Yerbrechens hat zu entfallen: a) fiir den Herausforderer sowohl als den Herausge- forderten, wenn sie sich zwar zuni Streite gestellt haben, aber von dem Kampfe vor dessen Beginne freiwillig abgestanden sind; b) fur alle iibrigen Mitschuldigen, wenn sie sich fiir das freiwillige Abstehen von dem Kampfe mit thatigem Eifer bestrebt haben, imd derselbe wirklieh unterblieben ist; c) fur Secundanten aus dem Officiersstande, bei einem Zweikampfe, wobei wenigstens einer der Streiten- den ein Officier war, wenn sie fiir die Beilegung des Streites oder die YersOhnung der zum Kampfe Entschlossenen sich eifrigst, wenn auch ohne Er- folg bemiiht haben. § 445. Officiere, die sich aus Anlass einer vermeintlichen oder wirklieh erlittenen Beleidigung der ihnen zustan- digen Waffen auf der Stelle bedienen, sind, wenn sie sich nicht innerhalb der Grenzen einer gerechten Noth- wehr befunden haben, im Falle der Todtung eines Thei- les mit Kerker von einem bis zu fiinf Jahren und bei stattgefundener schwerer korperlicher Yerletzung von sechs Monaten bis zu einem .1 afire zu bestrafen, welche Strafe bei vorhandenen Erschwerungs - Umstanden auch — 31 — bis zu fiinf Jaliren verlangert werden kann. Im Falle der minderen Yerletzung des Einen und Anderen sind derlei Schlagereien als Yergehen nach den im fimften Theile (§ 682) * ertheilten Vorschriften zu behandelu. § 446. YYieferne Ausforderungen zum Zweikampfe oder zu einer Seblagerei (Rencontre), welche an Militarvorgesetzte ergehen, als Subordinationsverletzung zu bestrafen seien, rvird im zweiten Hauptstucke des zweiten Theiles bestimmt.** § 447. Der selbststandige Commandant, welcher von einem bevorstehenden Zweikampfe Anzeige erhalten, und solchen, oder auch eine im § 445 bezeiclmete Seblagerei, obgleich er den einen oder die andere hindern konnte, dennoch absichtlich zu hindern unterlasst, oder der Militargerichts- lierr, welcher eine seiner Gerichtsbarkeit unterstehende Person wegen einer ihm bekannt gewordenen solchen Gesetzesubertretung der gerichtlichen Behandlung zu unter- ziehen unterlasst, macht sich dadurch selbst strafbar, und ist nach Beschaffenheit der Umstande nach den Bestimmungen des funften oder zweiundzwanzigsten Haupt- * Dieser § lautet: Auch jede zwischen Officieren entstandene Schla- gerei mit tbdtlichen Waffen (Rencontre), welche keine ini § 445 bezeich- nete bedeutende korperliche Verletzung zur !Folge hatte, soli mit Arrest und nach Beschaffenheit der Umstande mit strengem Arreste von einem bis zu seeks Monateu bestraft werden. Nach § 083 ist derjenige, der durch Anlietzung eine mit korperlicher Yerletzung endigende Seblagerei zwischen Officieren verursacht, gleich den Schlagern zu bestrafen, wenn er auch personlich an Niemand Hand angelegt hatte. ** § 155. Wer seinei), Yorgesetzten im Hienste oder aus Anlass eines vorausgegangenen Dienstverhaltnisses, um sich fur ein vermeint- lich erlittenes Unrecht Genugthuung zu verschaffen, zum Zweikampfe oder zu einer Seblagerei auf der Stelle (Rencontre) kerauszuforderu sich erkdhnt, ist schon dieser blossen Ausforderung wegen, wenn es auch zum Zweikampfe oder zur Seblagerei niclit gekommen ware, mitKerker von einem bis zu fUnf Jaliren zu bestrafen. — 32 stuckes dieses Theiles oder des zweiten Hauptstiiekes des fiinften Theiles (§ 564) zu bestrafen. * Hieher gehoren noch jene gesetzlichen Bestimmungen, nacli denen den Officier mit der Strafe des schweren Kerkers aucli die Cassation, mit jener des einfacben Kerkers aber die Entlassung als gesetzliche Folge der Verurtbeilung zu treffeu hat (§§ 47 und 48 M. St. Gb.) und nur wicbtige und iiber- wiegende beziehungsweise solche Milderungs-Umstande, die mit Grand die Besserung erwarten lassen,** und nunrnehr ge- * Dieselben machen sicli des Verbrechens des Missbrauches der Dienstgewalt oder des Verbrechens oder Vergehens des geleisteten Vor- schubes schuldig. ** Wenn bei einem Verurtheilten sehr wicbtige und iiberwiegende Milderungsumstande eintreten, wird dem Gerichte die Maclit eingeraumt, bei Verbrechen, welclie nach dem Gesetze mit 10- bis 20jahriger Kerker- strafe bedrobt sind, dieselbe zwar nielit dem Grade nacli abzuandern, jedoch in der Dauer herabzusetzen; allein auch in dieser nielit unter o Jalire. In Fallen, fur welclie die Strafe im Gesetze zwisclien 5 und 10 Jahren bestimmt ist, darf das Gericht dieselbe wegen soldier Mil¬ derungsumstande sowohl in eine gelindere Art verandern, als aucli in der Dauer, jedoch nie unter zwei Jahre herabsetzen. (§ 124 M. St. Gb.) Bei Verbrechen, fiir welclie die Strafzeit nielit liber 5 Jahre bestimmt ist, kann sowohl der Kerker in einen gelinderen Grad verandert, als die gesetzliche Dauer sellist unter (i Monate verkiirzt werden, in dem Falle, dass melirere und zwar solche Milderungsumstande zusammen- treffen, w r elche mit Grund die Besserung des Verbrechers erwarten lassen. Sind bei einem Verbrechen, das nach dem Gesetze bloss mit Kerker des ersteu Grades zu bestrafen ist, die Milderuugsgriinde von solcher Wichtigkeit, dass die Strafe unter das in der Regel fiir Ver¬ brechen festgesetzte mindeste Ausmass herabgesetzt werden darf, so ist dem Gerichte auch gestattet, auf die nacli § 48 mit dem Kerker des ersten Grades nach Verschiedenheit der Person des Verurtheilten ver- bundenen Folgen insoferne nielit zu erkennen, als weder Militarstandes- noch Dienstesriicksichten das Gegentlieil erheischen. (§ 125 M. St. Gb.) In jenen Fallen, wo das Gericht bei Verbrechen, auf welche im Gesetze die Strafe des Kerkers ersten Grades verhangt ist, wegen iiberwiegender Milderungsumstande nach dem § 125 des M. St. G. auf die Cassation oder Entlassung nicht zu erkennen findet, ist bei Officieren nielit die Strafe des Kerkers, sondern jene des einfachen oder strengen Arrestcs auszusprechen. (A.'ll. Entschl. vom 9. Nov. 1858.) Sind bei Vergehen Milderungsgriinde, die entweder fiir sich allein oder durch jihren Zn- sammenfluss von besonderer “Wichtigkeit siud, vorhanden, oline dass sie durch entgegensteliende Erschwerungsumstande entkraftet werden, so kann nicht nur von dem gesetzlichen Ausmasse der Arreststrafe auf ein minderes, sondern auch von dem strengen Arrcste auf Arrest des ersten Grades abgegangen und statt der Entlassung, wenn keinc Militarstandes- oder Dienstesriicksichten im “Wege stehen, auf eine mildero Strafe er- kannt werden. (§ 126 M. St. Gb.) — 33 — wissermassen auch ein zu Gunsten des untersuchten Officiers spre- chendes ehrengerichtliches Gutachten * eine mehr Oder weniger beschrankte Strafmilderung im Rechtswege gestatten. Der kunstliehe Begriff von „Zweikampf,“ wie ihn das Gesetz aufstellt, ffihrt unter Anderem zur unzukommlichen Conseqnenz , dass eine and dieselbe Herausforderung nach Mass- gabe solcher Umstande, die erst nach der Hand hinzntreten, nnd deren Zutreffen oder Entfallen von dem Willen des Her- ausforderers zum Theile unabhangig sein kann, entweder als das Vorbreclien des Zweikampfes (§ 437) oder als ein Ver- gehen (§ 602) bestraft wird, oder aber gar keiner Strafe un- terliegt (§ 444 a). Die Herausforderung zum Duell liisst sich sclion des- halb nicht mit dem vollzogenen Zweikampfe identificiren, weil dieselbe, wie General - Auditeur Fleck in seinem Commentar zu den Verordnungen fiber die preussischen Bhrengerichte rich tig bemerkt, nach der herrschenden Standessitte oft das wirksamste Mittel ist, um leidenschaftlichen Erorterungen fiber wirkliche oder vermeintliche Ehrenbeleidigungen vorzu- beugeu nnd Streitigkeiten ein Ziel zu setzen, dann weil zu- weilen erst nach einer Herausforderung zum Duell eine gfit- liche Beilegung des entstandenen Conflictes durch Vermittlung drifter Bersonen moglich ist, endlicli weil durch die Ausfor- derung, insoferne sie nicht die Vollziehung eines Duells zur Polge hat, kein Schade entsteht. Auch liisst sich das gewahlte Strafsystem, wornach das Ausmass der Strafe von dem Er- folge abhangig gemacht ist, als das richtige nicht erkonnen; widerstrebt es doch sclion dem naturlichen Rechtsgefiihle, dass derjonige, der im Zweikampfe verwundet wurde, deshalb strenger bestraft werde, und somit auch fur die —• eben nur zu seinem eigenen Schaden unternommene — Handlung seines Gegners zu bfissen liabe. * Dor § 38 der Vorschrift filr unsere Bhrengerichte enthiilt nach- folgende Bestimmung: Die Militar-Strafgerichte haben bei Untersueliun- gen wegen Zweikampfes oder Sclilagerei (Rencontre) die sammtliciien Krhebungsacten vor Fallung des Urtlieils dem Ebrengericbte, unter welchem der Bescbuldigte steht, zuzusenden und dessen Gutacliten ein- zuholen, ob der Anlass zu demConflicte ein nacli den Forderungen der Standesebre gegrundeter war’" und ob sicli iiberhaupt bei dem ganzen Vorgange von den dabei Betheiligten ehrenbaft benommen wurde. Auf den dieslalligen Aussprucli des Ehrengericlites ist bei der Scbopfung des strafgericlitlicben Erkenntnisses, insbesondere in Bezug auf die Frage, ol> die Strafe der Entlassung einzutreten babe oder nicht, ge- horiger Bedacht zu nelimen. 3 — 34 - Wir finden, dass das Rencontre nach unserera Militar- Strafgesetzbuche einer verhaltnissmassig milderen Behandlung als das Dnell unterliegt, ersteres iibrigens auch an demjenigen Officier ganz strafios bleibt, der sich hiebei in deii Yerhalt- nissen des § 114^ M. St. Gb. * befunden hat. Da nun in unserem Militar-Strafgesetzbuche ein Fall der Straflosigkeit des Rencontres normirt erscheint, worin ein den Verhaltnissen des Officiersstandes gemachtes Zugestandniss wahr- genommen werden muss, so wirft sicli die Frage auf, warum dennoch der Zweikampf zwisclien Officieren oline Riicksicht ob und inwieferne er durch die Standesverhaltnisse bedjngt war, ausnahmlos mit Strafe bedroht ist? Es lasst sich iiber- haupt nicht erklaren, warum das Duell in unserem Militiir- Strafgesetze schwerer als das Rencontre verpont ist, da doch zu einer milderen Beurtheilung des Ersteren sich geltend macheii lasst, dass dasselbe unter Beobachtung gewisser Kampfregeln vor sich geht, dass dessen geordneter Vollzug von Secundanten uberwacht, und arztlicher Beistand hiebei in Bereitschaft gehalten zu werden pfiegt. Den Zweikampf strenger als das Rencontre zu behandeln, durfte auch aus dem Grunde nicht angezeigt erscheinen weil dadurch der Beleidigte verleitet werden konnte, die Ehren- sache lieber durch eine Schlagerei an Ort und Stelle anszu- tragen; — nach obiger Darstellung aber, und weil das Ren¬ contre jeden Versuch der giitlichen Beilegung ausschliesst, die stral'rechtlichen Bedenken, die sich gegen Letzteres geltend machen, wider den Zweikampf thatsaclilicli in minderem Grade obwaltem Wenn aber demungeachtet Duelle in unserer Armee liiLu- figer als Rencontres vorzukommen pflegen, so deutet diese — obschon allerdings nicht aus statistischen Quellen geschopfte — Thatsache ebeu nur darauf hin, dass die Rigorositat der auf das Duell angedrohten Strafen zur Wahrscheinlichkeit ilirer Yerhangung in umgekehrtem Yerhaltnisse steht. * Diese Gesetzesstelle entlialt die Bestimmung, class, wennOfflciere oder den Officierscliarakter bekleidende Militarp'ersonen an ihrerEhre in Gegenwart einer oder mehrerer anderer Personen rechtswidrig angegriffen, sich, uin der h'ortsetzung solcher Beleidigungen ein Ziel zu setzen, auf der Stelle der Ilmen zustandigen Waffen bedienen, dieser Zweck uiclit auf andere Art erreicht werden konnte und in dem Gebrauche der Waffen das Mass unumganglicher Nothwendigkeit nicht ttberschritten wird, die Strafbarkeit wegen einer solchen That ganz zu entfallen babe. — 35 — Es ist demnach in erster Linie die Aufreehthaltung des Ansehens des Gesetzes selbst, was erheischt, dass aus dem- selben solche Elemente ausgeschieden werden, die zwischen dem Gesetze einerseits und jenen, die es angeht, anderseits die nothwendige Fuhlung seither unterbrochen liielten. Ein deutlicher Beweis, dass unsere Gesetzgebung die Schwierigkeit nicbt verkannte, mit welcher die Durchfuhrung der das Duell betreffenden Bestimmungen des Militar-Strafge- setzbuches gegentiber den in der Armee herrschenden Standes- Ansichten zu kampfen haben werde, liegt im § 447 desselben, worin speeiell darauf hingewieseu wird, welche Strafeil die Begunstigung von Zweikampfen oder Schlagereien fur den Commandanten und Gerichtsherrn zur Folge hat. Ob dieser Hinweis die beabsichtigte Wirkung erzielte, ist eine Frage, deren Beantwortung denjenigen uberlassen wird, denen in dieser Hinsicht Erfahrung zukommt. — biin besonderer Anlass zu einer Revision der den Zwei- kampf betreffenden Bestimmungen unseres Militar-Strafgesetz- bucbes ergibt sicli in der bei uns jiingst stattgehabten Ein- fiihrung der Militar-Elirengerichte, die als gesetzlicli autori- sirte, aus Standesgenossen zusammengesetzte Yersammlungen liber don Ebrenpunkt zu entscheiden berufen sind, und insbe- sondere nacli § 38 ihrer Yorschrift (siehe Anmerkung * Seite 33) bei strafgerichtlichen Untersuchungen wegen Zweikampfes oder Schliigerei das Gutachten zu erstatten haben, „ob der Anlass „zu dem Conflicte ein nacli den Forderungen der Standeselire „gegrundeter war und ob sich uberhaupt bei dem ganzen Vor- „gange von den dabei Betlieiligten ehrenhaft benommen wurde.“ Wenn nun das Gesetz voraussetzt, dass der Anlass zum „Conflicte“ ein nacli don Forderungen der Standeselire gegriin- deter sein kann, so raumt es zugleich selbst ein, dass der- jenige Officier, der in diesem Falle dem Conflicte sicli entzog, den Forderungen der Standeselire nicht nachgekommen ist. Als weitere Folgerung ergibt sicli, dass der Betreffende der ehrengerichtlichen Behandlung unterzogen werden muss, denn der § 3 Punkt 1. h) obiger Vorsckrift * bezeichnet * Iliernacli sind der Amtshandlung der Ehrengerichte zu unter- ziehen: 1. Alle Ilandlungen imd Unterlassungen, welche, wenn sie gleich nicht durch besondere Gesetze als strafbar erkliirt werden, doch dem Ehrgefilhle des Officiersstandes und dem von deniselben zu wahrenden Anstande eutgegen sind, insbesonderc: h. Mangel an Kntschlossenheit, insoweit er nicht als Fcigheit oder Zagliaftigkoit der strafgerichtlichen Untersuchung unterliegt. 3 * — 36 — den Mangel an Entschlossenheit ausdrucklich als einen solchen Conduitfehler, welcher der Competenz der Ehrengerichte un- terliegt, — und ware auch der Fall h) ans dem § 3 Punkt 1 ganz weggeblieben, Oder wiirde es sich im gegebenen Falle um einen anderen Grand als jenen des Mangels an Entschlos¬ senheit handeln, so brauchte man nur anf die allgemeine Au- ordnung der letzteren Gesetzesstelle zuruckzusehen, urn die Competenz des Ehrengerichtes wider denjenigen Officier be- griindet zu finden, der den Forderungen der Standesehre in einem speciellen Falle nachzukommen verabsaumte. — Hiitte aber derselbe sich im gegebenen Falle anf einen Zweikampf eingelassen, so wiirde er zwar dem ehrengericht- lichen Einschreiten vorgebeugt, jedoch in dem Zweikampfe selbst ein gemeines Yerbrechen begangen haben, welches w r e- nigstens nach dem Gesetze die kriegsrechtliche Untersuchnng und Bestrafung zur Folge hat. Da eine Benehmungsweise, deren Ausgangspnnkt nach § 38 der Vorschrift fur die Ehrengerichte in den Forderungen der militarischen Standesehre zusuchenist, die nach weiterem Zulass dieses § auch an und fur sich als „ehrenhaft“ gelten kann, und zu welcher der Betreffende iiberdiess durch die im § 3 Punkt 1 obiger Vorschrift und Absatz It) dieses Punktes gegrundete Besorgniss vor schimpfliclier Dienstesentlassung ge- zwungen worden sein mag, nach dem Strafgesetze als ein Verbrechen zu bourtheilen ist, — da neben einer Vorschrift, nach der ein Officier auch ohne eigenes Verschulden in die Zwangslage geratlien kann, fiir die Standesehre sein Leben oder wenigstens seine gesunden Glieder in die Schanze zu schlagen, ein anderes Gesetz besteht, nach welchem das Uebel des Zweikampfes durch jenes der Strafe an ihtr potenzirt wer- den soli, lasst sich in der That behaupten, dass die zwischen dem Standpunkte des Bechtes und jenem der Standesehre be- stehende Collision sich nunmehr auf den Boden des Gesetzes selbst ubertragen hat. Es erscheint demnach wiinschenswertli, dass nnsere Mi- litargesetzgebung dem angedeuteten Missverhaltnisse ihr Augen- merk zuwenden und dasselhe durch ein billiges Arrangement beheben moge. B. Nach preussischen Gesetzen: Hier finden wir in der Behandlung des Duells einen we- sentlichen Unterschied darin, ob dasselhe von Officieren oder 37 — anderen Militarpersonen unternommen wurde. Wahrend fur die Bestrafung des Zweikampfes an Officieren die weiteren Bestimmungen der soeben erwalmten Verordnung massgeblich sind, unterliegen die nicht zum Officiersstande gehorigen Mi¬ litarpersonen in Fallen dieser Art der Behandlung nach dem allgemeinen Strafgesetzbuche vom Jahre 1851. Dem Ehrenrathe ist das B-echt eingeraumt, sich am Kampfplatze einzufinden, um nocli dasselbst auf die Ver- sohnung hinzuwirken, eventuell um den Zweikampf zu regeln und zu iiberwachen; und hat sofort die Strafamtshandlung gegen die Duellanten einzutreten. Die Strafen, auf wolche von den Kriegsgerichten nach der Verordnung II zu erkennen ist, sind erheblichmilder, als jene , die unser Militar - Strafgesetzbuch auf den Zweikampf verhangt, und kann in besonderen Fallen von der gericht- lichen Untersuchung Umgang genomtnen und die Ahndung im Disciplinarwege verfiigt werden. Die ganzliche Straflosigkeit des vollzogenen Zweikampfes ist nirgends ausgesprochen. Die einschlagigen Bestimmungen der obigen Verordnung sind folgende: § 17 . Erfahrt in einem soldi on Falle (§ 16) der Ehren- rath, dass die Betheiligton zum Zweikampfe zu schrei- ten beabsichtigen, so hat er das Recht, auf dem Kampf¬ platze zu erscheinen, und wenn es ihm in Yereinigung mit den Secundanten nicht moglidi sein sollte, cine Ausgleichuug herbeizufnhren, als Kampfgericht den Gang und das Ende des Zweikampfes zu regeln. § 18 . Wahrend des Kampfes kann das erste Mitglied des Kampfgerichtes einen etwa eingetretenen Missbrauch der Waffen untersagen; das Aufhoren des Kampfes aber, sobald ihm dies unter den obwaltenden Umstanden und in Rtick- sicht auf die Standesverhaltnisse zulassig erscheint, gebieten. Wer diesen Anordnungen nicht Folge leistet, soli so bestraft werden, als wenn er im Dienst den Befehlen seines Vorgesetzten entgegenhandelt. — 38 — § 19. Gleich nach beendig'tem Zweikampfe tritt miter Zugrundelegung der beim Ehrengeriehte stattgehabten Verhandlungen die Bestrafung wegen des volkogenen Zweikampfes ein, insofern nicht besondere. Ereignisso wahrend des Zweikampfes oder dor Ausgang desselben eine neue Untersuchung nOthig erseheinen lassen. § 20. Wird eine solehe Untersuchung erforderlich, so hat dieselbe der betroffende mit der holieren Gerichtsbarkeit versehenc Befehlshaber sofort anzuordnen, und ftir die Beschleunigung moglichst zu sorgen, damit so schnell als irgend thunlich fiber die Betheiligten durch ein Kriegsgericht erkannt werden kann. § 21 . 1st in deni Zweikampfe keiner der Duellanten ge- todtet worden, so haben beide Theilo, mit besonderer Rficksicht auf die erfolgte leichtere oder schwerere Yer- wundung, eimnonatlichen bis zwoijahrigen Festungs- arrest verwirkt. § 22 . 1st in dem Ziveikampfe einer der Duellanten ge- todtet worden, oder der spater erfolgte Tod die unmittel- bare Folge der iin Zweikampfe erhaltenen Wunde, so trifit den Ueberlebonden ein- bis vierjahrigor Festungsarrest. § 23. War die Herausforderung auf cine solehe Art des Zweikampfes, welche die Todtung eines der beiden Theile zur unabwendbaren Folge haben musste, oder daliin ge- richtet, dass der Zweikampf so lange fortgesotzt werden — 39 solle, bis einer der bcidon Theile getodtet sein wiirde, so tritt: wenn bei dom Zweikampfe einer der beiden Theile getodtet worden, fiinf- bis zehnjahriger, und wenn koine Todtung erfolgt ist, zwei- bis sechsjahrigor Festungsarrest ein. Hat der Ueberlebendo a) in dem Zweikampfe die herkoinmlichen oder ver- abredeten Formen desselbon absichtlich verletzt und dadurch don Tod des Gegners bewirkt, oder b) den Gegner, naehdem er wehrlos geworden, ge¬ todtet, so hat derselbe zehn- bis zwanzigjahrigen Festungsarrest und Dienstentlassung verwirkt.* Ist der Zweikampf ohne Anzeige (§ 2) der ihn veranlassenden Streitigkeit vollzogen worden, so tritt der, wegender Yollziehuug desselben an sich verwirkten Strafe a) in den Fallen des § 21 zwei- bis viermonatlicher, b) in den Fallen des § 22 sechsmonatlicher, bis einjahriger, und c) in den Fallen des § 23 ein- bis zweijahriger Festungsarrest als Strafscharfung hinzu.** * Bei besondcrs ersohwerenden Umstanden soil nach einer Cab.- Ordre vom Jahre 1845 die Strafe des Mordes oder Todtschlages nach den allgemeinen Landcsgesetzen eintreten. ** Ausser der Freiheitsstrafe hat der Besehuldigte, wenn das Buell mit ganzlicher Umgehung des Ehrenrathes, oder wiihrend die ehrengeriehtlichen Verhandlungen liber die Sache noch schwebten, statt- gefunden hat, und dasselbe entweder den Tod des Gegners zur Folge iiatte, oder ein Pistolen-Duell war, zufolge nachtraglicher Cab. Ordres die Dienstentlassung zu gewartigen. § 24. 25. — 40 § 26. Eine gleiche Strafscharfung (§ 25) soil diejenigen treffen, welche, wahrend die Sache vor deni Ehrenrathe oder dem Ehrengericht schwebt, zum Zweikampf schrei- ten; so wie diejenigen, welche den Zweikampf ohne Secundanten vollziehen. § 27. Cartel trager, Secundanten und Zeugen des Zwei- kainpfes habon in den Fallen der §§ 25 und 26 einen ein- bis sechsmonatlichen Festungsarrest verwirkt. § 28. Bei Zumessung der Strafen (§§ 21 und folg.) sei es, dass die Bestrafung auf Grand der ehrengerichtlichen Yerhandlungen oder der spateren fiber den Ausgang des Zweikampfes stattgehabten Untersuchung erfolgt, ist ganz besonders zu berticksichtigen: a) Ob der Urheber des Zweikampfes dense! ben ab- sichtlich und boswillig herbeigefiihrt hat; b) ob dies nur in leidenschaftlicher Aufregung ge- schehen ist; c) in wie weit die eigenthumlichen Verhaltnisse des Officierstandes mitgewirkt haben, und d) ob die Folgen des Zweikampfes nur durch die nothwendige Abwehr herbeigefiihrt sind. § 29. Wer hiernach (§ 28) als schuldig am Zweikampf befunden wil’d, ist in der Regel — wenn nicht eigen- thiimliche Yerhaltnisse ihm zur Entschuldigung gerei- chen und eine Strafmilderung rechtfertigen — noch einmal so hocli zu bestrafen, als derjenige, welcher fur nicht schuldig am Zweikampfe erklart wil’d. 41 § 30. Wird, wenn eine Todtung orfolgt, der Uebcrlebende ftir den schuldigen Theil erklart (§ 20), so hat der- selbe, wenn Strafmilderungsgrunde nicht vorhanden sind, ausser do in ihn treffenden Festungsarrest die Dienstent- lassung verwirkt. Wird dagegen der Uebcrlebende ftir nicht schuldig an dom Zweikampfe oder an den fiber die Ausfuhrung desselben getroffenen Yerabredimgen (§ 23) erklart, und stellt sich heraus, dass die Todtung absichtslos erfolgt, oder nur dnrch nothwendige Abwehr des Gegnors veran- Iasst ist, so kann die Strafe ini Falle des § 22 bis auf sechsmonatlichen, und im Falle des § 23 bis auf zweijahrigen Festungsarrest gemildert werden. § 31. In einzelnen besonderen Fallen, wo der Zweikampf, ohne eine boswillige Absicht, lediglich durch die eigen- thiinilichon Yerhaltnisse des Officierstandes veranlasst und ohne nachtheilige Folgen geblieben ist, beide Theile auch ohne Vorwurf sich benommen haben, und Uinstande, welche das Yergehen erschweren, nicht vorhanden sind, konnen die Uuellanten durch den Divisions-Commandeur, oder den die Eechte desselben ausubenden Befehlshaber (§ 23 der Yerordnung liber die Ehrengerichte) discipli- narisch mit Arrest bestraft werden.* * Eine neuere Cab. Ordre enthalt die Bestimmung, dass in Fallen, in denen nach § 31 die Vollzieliung eines Duells im Disciplinarwege gealmdet werden kann, dies auch dann geschehen darf, wenn die Vor- schrift des § 2 der Verordnung II vom 20. Juli 1843 niclit befolgt worden ist. Jedoch soil bei Pistolcn-Ilnellen ohne Riicksicht auf den Ausgang auch fernerhin, wenn das Duell mit Nichtbeachtung des § 2 obiger Verordnung vollzogen worden ist, niemals die Erledigung der Sache im Disciplinarwege gestattet seiu. Die Divisions-Commandeure konnen einen lOtagigen, und die commandirenden Generate einen 14ta- gegen einfachen Stubenarrest im Disciplinarwege verhangen. — 42 § 32. Die Mitglieder des Kampfgerichtes, die Secundanten und Zeugen des Zwcikampfes, bleiben mit Ausnahme des iin § 27 erwahnten Dalles straffrei, wenn sie nicht An¬ no iz zum Zweikampf gegebcn habon, oder im Falle des § 23 der Yorwurf dor Mitwissonschaft sie trifft. § 33. Die Herausforderimg zum Zweikampf und deren Ann ah me, sowie die Cartel tragerei, ist, wenn der Zwei¬ kampf mit Yorbeigehung des Ehrenrathes und des Ehron- gerichtcs hat vollzogen werden sollen, mit vier- bis sechswftchentlichcm Arrest zu bostrafen. * § 34. Anreizung zum Zweikampf wird, wenn cs nicht zur Vollziehung des Zweikampfes gekommen ist, mit Arrest; wenn aber der Zweikampf wirklich stattgefunden hat, mit Festungsarrest bis zu zwei Jahren und nach Be- wandtniss der Umstande mit Dienstentlassung bestralt. § 36. Die Bestimmungen dieses Gesetzes (§§ 21, 22, 23 und 24) linden anch dann Anwcndung, wenn der * Die Strafe des § 33 hat nunmehr nur dann einzutreten, wenn es sich unter den Voraussetzungen dieses § um ein Pistolen-Duell han- delt. Wurde der Ilerausforderung zu einem Zweikampfe, der mit Um- gehung des Ehrenrathes oder Ehrengerichtes vollzogen werden soli, eine der im § 23 erwahnten Bedingungen heigefilgt, so hat olme Riicksicht auf die Wahl der Waffen nach besonderer Vorschrift Festungsarrest von 2 Monaten his zu 2 Jahren cinzutreten. Die Ilerausforderung zum Duell und deren Annalmie ist tibrigens auch nach §132 des p. M. St. Gb. in den darin bezeiclmeten Fallen strafbar. Dieser § lautet: Wer einen Vorgesetzten oder Hohern im Range aus dienstlicher Ver- anlassung zum Zweikampfe herausfordert, ist mit Festungsstrafe von mindestens einem Jahre und mit Entlassung zu bestrafen. Gleiche Strafe soil den treffen, der eine Herausforderung annimmt. Die Yoll- 43 Zweikampf im Ausland volhogen ist, odor in oiner stniflichon Uebereilung' ein Rencontre stattgefunden hat. Tn letzterem Fallo kann die Strafe des Zweikampfes geg'en oinon odor beide Theile verscharft, oder nach Be- tinden dor Umstande die Sache nach der Yorschrift des § 31 erledig't werden. A us den vorstehenclen Anordnungen ist zu entnehmen, dass die preussisclie Gesetzgebung bei ihrem Versuche, den dionstlichen und Rechtsstandpunkt mit jenom der militarischen Standesverhaltnisse zu vereinbaren, anf mehrere Inconsequenzen verfallen ist, und die zu beliebende Collision liiemit nur auf das Gesetz selbst iibertragen hat. Nach dera durch die Ehrengerichte bedingten Strafsysteme sollte es in der Behandlung des Zweikampfes einen wesent- lichen Unterschied machen, ob soldier mit Umgehung des Elnenraths beziehungsweise Ehrengerichts (§§ 2 und 26), fiber eine Incompetenz-Erklarung (§ 16), oder nach definitiver eliren- gericlitlicher Entscheidung (§ 13) unternommen wird. Wir seheu zwar, dass dor mit Umgehung des Ehren- raths oder Ehrengerichts, oder bevor die ehrengerichtlichen Verhandlungen geschlossen sind, vollzogene Zweikampf in den im § 25 bezeichneten Fallen darum strenger behandelt wird, gleichwohl finden wir, dass der diessfallige grundsatzliche Un¬ terschied im § 31 fast ganz verloren geht. Wenn vom Ehrengerichte definitiv erkannt wurde und die Betheiligten bei der Entscheidung sich nicht beruhigen wollen , so werden sie ungeachtet der Bestimmung des § 15 obenso behandelt, als ob clem Zweikampfe eine Incompetenz- Erklarung vorangegangen ware, und ist es dem Ehrenrathe in dem einen wio im anderen Falle anheimgestellt, als Kampf- gericht einzutreten. * *) ziehung eines solchen Zweikampfes ist nach § 133 mit Festungsstrafe von mindestens 5 Jahren und'"mit Dienstesentlassung zu hestrafen. * Mit Rcclit folgert General - Auditeur Fleck, dass der Zweck der Verordnung II vom 20. Juli 1843 nicht vollstandig sich erreichen lasse, weil durch diese Bestimmungeu die Kraft und Kedeutung der Entscheidungen der Ehrengerichte iiber Privatstreitigkeiten und Eliren- heleidigungen in holieni Grade geschwaclit werde. — 44 Obschon der § 2 der Verordnung I vom 20. Juli 1843* fur nicbts weniger als dexn Zweikampfe abtragiich angeseben werden kann, wird dennoch der Vollzug eines solchen sowobl an dern Herausforderer als anch an dem Herausgeforderten aus- nahmslos als eine strafbare Handlung angeseben, nnd tritt die Strafe auch an demjenigen ein, der fiir nicht schuldig am Zweikampfe erklart wird, und wahrend nach beendigtem Zweikampfe gegen die Duellanten stets nach den §§ 19 Oder 20 der Verordnung II vorzugehen ist, besagt der § 18, dass das erste Mitglied des Kampfgerichtes das Aufboren des Kampfes, sobald ihm dies insbesondere in Rucksicht auf die StandesYerhaltnisse zulassig erscheint, gebie- t e n k o n n e. In Anbetracht dieser Bestimmungen bleibt es in der That zweifelliaft, ob die im § 16 dem Ehrenrathe zur Pflicht gemacbte Erinnerung der Streittbeile auf die Strafen des Zwei- kampfes mebr als cine Warming oder als ein indirecter Hin- weis auf den Zweikampf selbst aufzufassen sei. — Was den gesetzlichen Begriff von Zweikampf betrifft, erleidet derselbe inr § 24 der Verordnung II und zum Theile auch im § 171 des preuss. allg. St. Gb. eine Erweiterung die unserem Strafgesetze fremd ist. Wir finden ferner, dass im Punkte der Behandlung der Secundanten eines Zweikampfes die Grundsatze der preussischen Normen von jenen unseres M. St. Gb. wesentlich verschieden sind. Wahrend namlich nach § 444 d und c des Letzteren die Straflosigkeit der Secundanten von ihrer eifrigen Venven- dung fur die Beilegung des Kampfes und theilweise auch vom Erfolge dieses ihres Bestrebens abhangig ist, werden nach der Verordnung II die Secundanten und Zeugen eines Zweikampfes nur dann bestraft, wenn dieser mit Umgehung des Ehrenraths oder Ehrengerichts oder noch wahrend der ehrengerichtlichen Verhandlung stattgefunden hat, und nicht etwa bloss im Dis- ciplinarwege geahndet wird, oder wenn die gedachten Personen den Anreiz zum Zweikampfe gegeben haben, oder endlich wenn ihnen die Mitwissenschaft von der im § 23 bezeichneten ge- fahrlicheren Verabredung zur Last fallt; wogegen sie sonst ganz straflos ausgehen. * Zur Beurtheilung der Ehrengericlite gehoren: 1. alle Iland- lungen und Unterlassungen, welche nicht durch Gesetze als strafbar be- zeichnet, gleichwolil aber dem richtigeu Ehrgefuhl oder den Verhalt- nissen des Officierstandes zuwider sind, und zwar vorzugsweise: a) Man¬ gel an Entschlossenheit, u. s. w. — 45 - Im preussischen allg. St. 6b. ist deu Secundanten und Zeugen kurzweg dio Straflosigkeit zugesichert, iibrigens enthalt dieses sowie die Yerordnung II die Bestimmung, dass der oime Secundanten vollzogene Zweikampf darum stronger zu behandeln sei. Yom strafrechtlichen Standpuukte unterliegt ein Dnell oilne Secundanten unstreitig grosseren Bedenken, als ein solclies, bei welchem Beistande interveniren, indem letzteren Falls eine Ueberschreitung des Zweckes des Zweikampfes minder zu besorgen ist, und dort, wo es sicli um den Hergang der Sadie friigt, die Secundanten in der Lage sind, hieriiber liedo zu stehen. Dass von dem eifrigen Bemiihen der Secundanten fur die Versohnung der Streittheile abgesehen warden konne, wenn sicli ihnen nicht die Hoffnung ergab, einen den Ehrenpunkt befrie- digenden Ausgleicb herbeizufuhren, — ist in unserein M. St. Gb. nicht ausgesprochen. Die Anreizungen zum Zweikampfe werden nacli der Ver- ordnung II straf- oder ehrengerichtlich oder auch bloss disci- plinarisch geahndet, und zwar bleibt die ehrengerichtliche Competenz (§ 2 Punkt 2 der Verordnung I Seite 12) auf den Fall beschrankt, wenn die Anreizung von einem der Streit¬ theile selbst ausgegangen war, die Herausforderung und deren Annahme keiner Strafe unterliegt und die Yollziehung des Duells unterbleibt. Nach dem preussischen allg. Strafgesetzbuche* * * § unter- * Der vom Zweikampfe handelnde 14. Titel enthalt nachstehende Bestimmungen: § 164. Die Herausforderung zum Zweikampfe mit todtlichen Waffen, sowie die Annahme einer solchen Herausforderung wird mit Einschliessung bis zu 6 Monaten bestraft. § 165. Einschliessung von 2 Monaten bis zu 2 Jahren tritt ein, wenn die Herausforderung ausdrUcklich dahin gerichtot ist, dass einer von beiden Theilen das Leben verlieren soil, oder wenn diese Absicht aus der gewahlten Art des Zweikampfes erbellet. § 166. Diejenigen, welclie den Auftrag zu einer Herausforderung ubernehmen und ausrichten (Carteltrager), werden mit Einschliessung bis zu (j Monaten bestraft. § 167. Die Strafe der Herausforderung und der Annahme der- selben, sowie die Strafe der Cai’teltrager fallt weg, wenn die Parteien den Zweikampf vor dessen Beginne aus eigener Bewegung aufgegeben haben. § 168. Der Zweikampf wird mit Einschliessung von 3 Monaten bis zu 5 Jahren bestraft. 1st einer von beiden Theilen getodtet warden, so tritt Einschliessung von 2 bis zu 12 Jahren ein. liegen die Anreizungen zum Zweikampfe dev im § 174 be- zeichneten Strafe. § 169. Wer seinen Gegner in einem Zweikampfe tiidtet, welcher den Tod eines von beiden Theilen herbeiftihren sollte, (§ 165), wird mit Einscbliessung von 3 bis zu 20 Jaliren bestraft. § 170. 1st ein Zweikampf olme Secundanten vollzogen worden, so kanu die sonst begriindete Strafe um die Halfte, jedoch niemals iiber die Dauer von 20 Jaliren gescliarft werden. § 171. 1st eine Todtung oder korperliclie Verletzung mittelst vorsatzlicher Uebertretung der vereinbarten Regeln des Zweikampfes bewirkt worden, so ist der Uebertreter, soferne niclit nacli den vorste- henden Restimmungen eine hartero Strafe begrttndet ist, nacli den all- gemeinen Yorschriften iiber das Verbrechen der Todtung oder der Kbrperverletzung zu bestrafen. § 172. Die Secundanten, sowie die zum Zweikampfe zugezogenen Zeugen, Aerzte und Wundarzte sind straflos; aucli sind dieselben niclit verpflichtet, iiber den beabsichtigten oder ausgefiilirten Zweikampf der Staatsbeliorde anders, als auf deren Aufforderung Anzeige zu machen. § 173. Die Carteltrager bleiben straft'rei, wenn sie ernstlich be- miiht gewesen sind, den Zweikampf zu verliindern. § 174 Wer einen Andern zum Zweikampfe mit einem Dritten absichtlich, insonderbeit durch Bezeigung oder Androhung von Veracb- tung, anreizt, wird, wenn der Zweikampf stattgefunden bat, mit Ge- fangniss von 3 Monaten bis zu 2 Jaliren bestraft. Grundziige fur ein besonderes Verfaliren vor den ein- heimischen Ehrengerichten bei personlichen Ehrensachen zwischen Officieren und fiir die Behandlung des Quells. Um den Ehrengerichten in Ehrensachen zwischen Offi¬ cieren einen entsprechenden Wirkungskreis einzuraumen, ist es nothwendig, dass alle Ehrensachen privativer Natur, soweit sie zwischen Officieren vorfallen, der Competenz der Ehren- gerichte zugewiesen werden. Wenn sofort zwischen Officieren Streitigkeiten Oder Be- leidigungen vorfallen, die zu einem Zweikampf fiihren konnten, waren die Betheiligten zu verpflichten, deni Ehrenrathe hievou die Anzeige zu machen. Beziiglich der Competenz des Ehrengerichtes, an desseu Ehrenrath die Anzeige zu erstatten ist, hatte im Allgemeinen als Grundsatz zu gelten, dass ohne Rucksicht auf die sonstige Zustandigkeit dasjenige Ehrengericht fiir alle Betheiligten competent sei, welches sich am Orte des Vorganges befindet. Unter mehreren derlei Ehrengerichten ware domjenigen der Vorzug zu geben, zu welchem alle Betlieiligten gehoren, hier- nach jenem, zu welchem keiuer derselben gehort. Wenn letzterer Umstand bei mehreren Ehrengerichten eintritt, hatte das Ehrengericht der gleichen Waflfe, im Uebrigen jenes fiir die Competenz den Ausschlag zu geben, welches dem Truppen- korper angehort, dessen Commandant im Dienstrange der iiltere ist. — 48 Der Ehrenrath liat zwischen den Betheiligten einen gut- lichen Ausgleich, soweit er nach den herrschenden Standes- ansichten zulassig ist, zu versuchen. Kommt ein Ausgleich nicht zu Stande, so kann der Ehrenrath, wenn es der Sachlage angemessen erscheint, bo- schliessen, dass es den Betheiligten anheimgestellt sei, die Ehrensache standesgemass nnter sich auszutragen. Wird der giitliche Ausgleich von den Mitgliedern des Ehreurathes mit Stimmeneinhoit gebilligt, so ist der Comman¬ dant des Truppenkorpers, zu welchem das Ehrengericht be- ziehungsweise der Ehrenrath gehort, berechtigt, denselben zu genehmigen, wornach das definitive ohrengerichtliche Verfahren entfallt. Dasselbe hat auch vom obigen Beschlusse zu gel ten, zu dessen Wirksamkeit es erforderlich ist, dass er mit Einhellig- keit der Stimmen der Ehrenrathsmitglieder zu Stande kam. H&tte in der einen Oder anderen der bezeichneten Bich- tungen Stimmeneinheit sich nicht ergeben, oder wiirde der Commandant Bedenken tragen, die einhellige Meinung des Ehrenrathes zu genehmigen, so hat er das definitive ehren- gerichtliche Yerfahren anzuordnen. Das Ehrengericht hat mittelst Urtheil zu erkennen: 1. dass der Ehrenfall hinsichtlich des oder der Bethei¬ ligten auf sich zu beruhen habe, oder 2. auf die Entlassung, oder 3. dass es den Betheiligten anheim gestellt sei, die Ehrensache standesgemass unter sich auszutragen. Zur Wirksamkoit eines ehrengerichtlichen Erkenntnisses geniigt die absolute Stimmenmehrheit.* * An der Forderung der Zweidrittel-Majoritat lasst sich nun einmal nicht mit Consequenz festlialten, da das Gesetz sich in letzter Linie doeh mit der absoluten Stimmenmehrheit begnilgeu muss, falls iiberhaupt ein ehrengerichtliches Urtlieil zu Stande kommen soli. Wenn das Ehrengericht zweiter Instanz seine Entscheidung auf die einfache Majoritat griinden darf, wie dies bei uns der Fall ist, so liesse sich dieser Grundsatz wold auch auf die Entscheidungen erster Instanz in Anwendung bringen; wir linden auch in der That, dass die Ehren- gerichte filr Stabsofficiere in Preussen mit der einfachen, ja sogar nur mit der reiativen Stimmenmehrheit nicht bloss in zweiter Instanz, sondern auch in ihrer unmittelbaren Competenz ein giltiges Urtheil schopfen, wenn schon auch anderseits die Ehrengerichte fur Officiere vom Hauptmann abwarts nach der beziiglichen Vorschrift cbenfalls nur mit Zweidrittel-Majoritat entscheiden konnen. Wenn die absolute Stimmen¬ mehrheit fur die Urtheile erster Instanz massgeblich ist, wird auch nicht der unzukommliche Fall sich ereignen, dass ein Ofticier, riicksichtlich 49 — Bleiben diejenigen, welche das Erkenntniss ad 3 bean- tragten, mit ihrem Antrage in der Minoritat, so haben sie solchen in der einen oder anderen der ad 1 und 2 bezeichneten Weise neu zu formuliren. Demjenigen, der zur Entlassung verurtheilt wurde, steht es frei, gegen die beziigliche Entscheidung die Berufung zu ergreifen.* * Derselbe ist sogleich nach gefalltem Erkenntnisse, dalier noch bevor die ehrengericbtliche Versammlung aus- einander gebt, von der noch nicht militarbehordlich clausulir- ten Entscheidung zu verstan digen, und zu befragen, ob er von dem Rechte der Berufung Gebrauch machen will, oder aber hierauf verzichte. Ueber seine diesfallige Erklarung ist ein Protokoll aufzunehmen, und sind ihm, falls er die Beru¬ fung angemeldet hat, binnen 24 Stunden alle jene Griinde schriftlich bekannt zu geben, welche fiir die auf Entlassung lautende Entscheidung geltend gemacht wurden. Zur Ausfiihrung der Berufung ware demselben eine Btagige vom Tage der Kundmachung des Erkenntnisses lau- fende Frist einzuraumen. Der Commandant des Truppenkorpers, von dessen Ehren- gerichte die Entscheidung gefallt wurde, hat, wenn das Ur- theil nicht auf die Entlassung eines der Betheiligten lautet, in Erwagung zu ziehen, ob der Clausulirung desselben ein Anstand entgegensteht. Findet er, dass irgend ein gegriindeter Mangel obwaltet, so ist er dennoch nicht bereclitigt, denselben zu beheben, eben so dessen in erster Instanz 9 Stimmen gegen 6 die Nichtentlassung votirten, dennoch cntlassen werden muss, weil in zweiter Instanz 7 Stimmen gegen 6 fiir die Entlassung ausfielen. * Man hat zu argumentiren versucht, dass die Unstatthaftigkeit der Berufung gegen ein ehrengerichtliches IJrtheil aus der Natur eines derartigen Spruches folge. Ich bekenne mich zur gegentheiligen Ansicht und glaube, dass die Griinde, welche die Berufung gegen gerichtliche Entscheidungen im Allgemeinen zulassig erscheinen lassen, auch auf die ehrengerichtlichen Erkenntnisse, und zwar umsomehr Anwendung finden, als durch die Vertheidigung in der Weise, wie solche vor Ehrengerichten stattfinden kann, dem Interesse des Beschuldigten nicht voile Rechnung getragen ist. Warum soli der Yerurtheilte keinen Anspruch haben, jene eigentlichen Griinde kennen zu lernen, aus denen er seiner Charge unwiirdig erkannt wurde, und wenn ihm schon das Recht der Verthei¬ digung im Grundsatze zugestanden ist, warum darf er dieselbe nicht auch gegen jene Griinde richten? — warum soli der Vertheidigung das letzte Wort entzogen sein? — Nach dem ehrengerichtlichen Verfahren in Preussen werden dem Abgeurtheilten auf sein Verlangen die Ent- scheidungsgrtinde bekannt gegeben; gleichwohl findet eine Berufung gegen das ehrengerichtliche Urtheil nicht statt. 4 — 50 wenig darf er das Ehrengericht zu einer neuen Urtheils- schopfung anweisen, sondern er lmt die Acten dem comman- direnden General zur diesfalligen Entscheidung riicksichtlich weiterer Verfiigung vorzulegen; sonstigen Ealls aber das Ur- theil zur Kundmachung zu clausuliren. Wenn wider einen der Betheiligten auf Entlassung erkannt wurde, sind die Acten dem commandirenden General einznsenden, welcher, wenn er einen Mangel walirniinmt, die Behebung desselben zu veranlassen und nach Umstanden das Ehrengericht zu einer neuen Urtheilsschopfung anzuweisen, sonst aber das Urtheil, gegen welches die Berufung nicht ergriffen wurde, ohne weiters zur Kundmachung und zum Yollzuge zu clausuliren hat. Tritt hingegen der Fall der Berufung ein, so hat der commandirende General nach Beseitigung der etwaigen Anstande die Acten dem competenten Stabsofficiers - Ehrengerichte zur Entscheidung in II. Instanz zuzustellen. Diesem Ehrengerichte stiinde es zu, das Erkenntniss, hinsichtlich desjenigen, der die Berufung ergriffen hat, zu be- statigen oder abzuandern. Eine Abandoning des Urtheils, hin¬ sichtlich des Gegners, der die Berufung nicht ergriffen hat, ware nur insoferne zulassig, als die II. Instanz erkennen kann, dass es den Betheiligten anheimgestellt sei, die Ehrensache standesgemass unter sicli auszutragen. Das von dem Ehrengerichte II. Instanz geschopfte Ur¬ theil ware sohin vom commandirenden General zur Kund¬ machung und beziehungsweise zum Vollzuge zu clausuliren. — Hiernacli lasst sich mit geringen Modificationen auch jenes Verfahren skizziren, welches bei Ehrenfallen, woran Stabsofficiere oder Generale betheiligt sind, Platz zu greifen hatte und zwar ware als II. Instanz zu bestimmen: fiir Stabs¬ officiere das Ehrengericht fur Generale, und fur Letztere ein aus Mitgliedern der hochsten Generality zusammengesetztes Ehrengericht. Wenn den Betheiligten anheimgestellt wurde, die Ehren¬ sache standesgemass unter sich auszutragen, und dieselben zu einem Zweikampfe schreiten wollen, so ware der Ehrenrath zu ermachtigen, am Kampfplatze zu erscheinen, und den Act des Zweikampfes als Kampfgericht zu regeln. Der Vorsitzende des Ehrenrathes oder dessen Stellvertreter hatte das Becht zu verhindern, dass der Zweck des Zweikampfes in irgend welcher Weise iiberschritten werde, er hatte insbesondere einen etwa — 51 — eingetretenen Missbrauch der Waffen zu untersagen, und das Aufhoren des Kampfes nach Zulassigkeit zu gebieten. Der Ehrenrath sei nichfc erinachtiget, als Kampfgericht bei Duellen zu interveniren, welche in solchen Ehrensachen verabredet wurden, worin der Ehrenrath Oder das Ehrengericht umgangen worden war, oder woruber die Verhandlungen des einen oder anderen noch im Zuge sind, oder iiber welche vom Ehrengerichte in der oben ad I oder 2 bezeichneten Weise endgiltig erkannt wurde, und ware der Commandant, welcher von dem Bevorstehen eines solchen Zweikampfes Kenntniss erlangt, gehalten, denselben zu verhindern. Die wesentlichsten Grundsatze der Beurtheilung des Zweikampfes zwischen Officieren vom Standpunkte der Straf- gesetzgebung waren folgende: Ein Zweikampf, der nach dem vom Ehrenrathe oder Ehrengerichte gemachten Ausspruche ad 3 vor sich geht, hatte in der Kegel straflos zu bleiben. Der Herausforderer oder Herausgeforderte, welcher den Zweikampf durch sein Benehmeu herbeigefiihrt hatte, ware jedocli, wenn dies in boswilliger Absicht geschah, oder wenn der Zweikampf cine bedeutende Korperverletzung des Gegners zur Folge hatte, gerichtlich, sonst disciplinarisch zu ahnden. Wenn die Verabredung iiber den Yollzug des Zwei¬ kampfes auf einen solchen Umstand gerichtet war, der eine Ueberschreitung des Zweckes des Letzteren in sich schliesst, so tritt wider denjenigen, der diese Modalitat des Kampfes gefordert hat, die gerichtliche Bestrafung ein. Gegen diesen, sowie gegen denjenigen, der den Zwei¬ kampf boswillig veraulasst hat, kann bei eingetretener Todtung des Gegners auch auf die Entlassung erkannt werden. In den vorerwahnteu Fallen hat die Strafamtshandlung nach dem Vollzuge des Zweikampfes einzutreten. — Die Ausforderung zu einem Zweikampfe, der unabhangig von einem Ausspruche der ad 3 angegebenen Weise hat vor sich gehen sollen, sowie deren Annahme begriindet in der Regel nur einen dienstliclien Yerweis. Hat ein solcher Zweikampf wirklich stattgefunden, so ist er an demjenigen Duollanten, der sich sonst vorwurfsfrei benommen bat, mit einer das Disciplinar-Strafbefugniss des Truppen-Commandanten nicht iibersteigenden Strafe zu ahnden. Wider andere Duellanten hat der Umstand, dass dem Zweikampfe nicht ein Ausspruch der ad 3 erwahnten Art vorausging, als erschwerend zu gelten. — 52 — Die Carteltrager und Secundanten eines Zweikampfes waren nur dann zur Verantwortung zu ziehen, weim der Zwei- kampf unabhiingig vou einem Ausspruche der ad 3 angege- benen Art vor sich gehen soilte, beziehungsweise vor sich ging, wenn sie denselben boswillig veranlassten, oder ihr Be- uehmen einer thimlicbeu giitlichen Beilegung des Streites ab- traglieh war, oder endlich, wenn die Vereinbarung, die eine Ueberschreitung des Zweckes des Zweikampfes involvirte, ihrer Einflussnahme zuzuschreiben ist. Die von einer dritten Person ausgegangene boswillige Anreizung zum Zweikampfe ist gerichtlich zu bestrafen. — Die Umgehung des Ehrenrathes und riicksichtlich Ehren- gerichtes hatte auf die Beurtheilung des Rencontres in der Regel keinen Einfiuss zu iiben.