Nro. 56. LBachcr ^3 ZeilunF. Dienstag den 12. Weinm. 1790. Inländische Nachrichten« Wien den 7. N)einm. Gestern war der große Tag, d.r in L-opold II. «nftremDl'ufschsande einen^aiicr wieder gab. Heute werden Se. Maj. in Frankfurt den fm rlichm Ein ug halten. Bey der Nö-Nü^chcn KaiserkrölUlllg soll au« die Nöml-sche KönlgskrölUlNg in Anregui.) gebracht werden. Am 2^. v. M. langte nn Kur-lier aus der Wallachen an, er soll die Nachricht überbracht haben, daß die Fne-denspräliminaricn zu Bukarest bls zur erfolgten Beystin.mung d^s Monarchen ad-geschlossen wordsN. Noch ein anderer Kur-lier aus Siebenbürgen, dessen Depeschen ans den bereits allgemein publlunen Waffenstillstand Beziehung gehabt, hat ulelch-falls Sr< Maj. nacheilen müssen. Unsere Truppen rücken schon in dle Kantonl-?ungen, die Regimenter Latterman, Rets-ky, Belgjioso , und die Bat. , Schröder «nd Kaunitz sind auf dem Marsche nach ^ Siebenbürgen; Die zwey leztern Bat. 'werden den 24. v. M. schon in Kronstadt eingetroffen seyn. — Ncuere Berichte aus Bendcr vom 14. v. M. bestattigen die grosse Niederlage der türkischen Flotte vom 8. und 9 d. n.: die meisten ihrer Schiffe sind sehr starck beschädiget worden. Sie hat sich anfs eilfertigste gegen Konstantinopel geflüchtet, die Russen sind nach Se-bastopl zurück gesegelt. — Das Gerücht von der Ankunft des Fürsten v. Potcmkin in Wien erhalt sich noch. — In dem Friessischen Wechsel - Komptoir sind IOOOQO fi. für Ihn angewiesen. Einige behaupten, cr werde sich nur wenige Stunden hier verweilen, und sich nachFrankfurt verfügen, „m dort eine wichtige Unterhandlung/ zu Sland zu bringen, welche bereits durch den Russischen Gesandten in Frankfurt eingeleitet worden. Viele nüzliche Verordnungen , welche bey Anwesenheit der De-putirten aus den Provinzen bey Sr. Maj. ^in Antrag gekommen / sind nun der Be- kanntmachung nahe. Eine der Wichtigsien ist, das Wucher Patent. — Schon lange waren unter den Augen Joseph II. und Leopold des II. die geschicktesten, erfahrn-sten, und rechtschaffensten Männer des Staats damit beschäftigt. Die darüber in Druck erschienenen Schriften, waren in der Theorie recht brauchbar, aber alle hatten den Hauptgegenstand, die Gesetzmäßige Anwendung der theoretischen Grundsätze verfehlt. Wenigstens wird man durch obiges Patent diesem einreissenden Uibel,! das den Glückssiand so vieler Privat-' personell und Familien Hintergrabt, zweck-! mäßige Strafgesetze entgegen stellen, welche solches, wenn nicht gänzlich ausrot-^ ten/ dennoch in seinen Fortschritten gar merklich verhindern werden. — Handlungs-brieft aus Frankreich schildern die Fol-gen der schreckenvollen Redellion , welche sich in diesem R.'iche neuerdings immer Wetter ausbreitet, und welche endlich die Zllgrundrichtung des ganzen Staates nachziehen muß-, viele hundert Brod-lose Familien ziehen im Lande herum, Handlung und Manufakturen liegen ganz. darnieder. Man arbeitet aus ollen Kraf-, t!.'!! an einer Gl,'genrevoluzion, es werden! noch Ströme von Bürgernblute stießen. Unsere Kaufleute in Lion und andern! Handelsplätzen sind wegen Bezahlung der Wechsclbriefe in äusserster Verlegenheit. Die Assignate haben den Umlauf dcs baa-ren Geldes, gcniz gehemmt. —Lion wird! der Hauptstadt vorgehen; man fürchtet.! sie werde einen allgemeinen Bankerot erklären müssen. ' Ihro Maj. die Königin von Neapel, und die älteste Prinzessin Tochter, nunmehrige Gemahlin des Erzherzogs Fran:,! den das Wiener Publikum zum demschen! König wählen, und krönen läßt, hatten!j bey ihrer Ankunft nichts angelegneres, als Franzens junge Tochter zu sehen. Der Erzherzog führte Sie hin, und die Königin und ihre Prinzessin Tochter küßten das liebenswürdige Kind mit der größ< tcn Innigkeit und mit Thränen im Auge. "Liebes Kind, sagte die Prinzessin, seine nunmehrige Mutter, du wirst in mir eine zwote Mutter finden. ,, Sie beschenkte das Kind mit einer mit Diamanten besetzten Uhr, und die Amme mit >5Q Dukaten, welche letztere Sie auch er» ^mahnte, für das Kind sorgfältig zu was chen. Diese Prinzessin verlangte auch von ihrem Gemahl , dem Er herzog Franz, das Bildniß seiner geliebten, zu früh verblühten Elisabeth. "Sie werden mir gestehen , sagte Sie, indem Sie es betracht tete, daß es schwer ist, eine liebenswürdigere Physiognomie zu finden. „ Ich hatte es bis jezt geglaubt, erwiederte Fran;, iwit einer Mine, die dieser schmeichelhaf-!ten Antwort Noch mehr Interesse gab.,/ — Das hiesige Münzamt hat zur Kaiserkrö-Nllttg nach Frankfurt 40000 Sluck Du-kaccn, dann 5OOOO Stuck Thaler mit dem Gepräge Kaiser Leopold II. verfertigen und abgeben müssen. — Auf einem besondern herabg.elana.ten Befehl wird diesmal der Ober - Graveur von hier, m Frankfurt die Dienste eines Mimzmeisters zu vcrtrettm haben. Am 22. als am Tage >vor der Abreise Sr. Maj. sind auf höchsten Befehl 4 Gardisten von der ungarischen Nobelgarde, nemlich die Herrn volt Koller, v. Vass, v. Greqortts, und V, Törck in deutfch>r Kavallerie Uniform nach Frankfurt mitzugehen beordert worden , sie erwarteten Se. Maj. in Linz, wo ihnen weiters Sta ioNlN angewieselt wurden, wo sie dm Hof abermals ab-zuwarten haben. — Der Herr Feldmar- fchalllicutenant Baron von Lilien, und die Generalmajors v. Saamen und von Leonardo sind bey dem in Hofkriegsraih aufgestellten Kriegskollegio zu Assessoren ernannt worden. — Statt denen vorige Woche von hier nach Ofen abgegangenen 3 Bataillons von Erzherzog Karl Ferdinand Toskana und Pelegrini ist das auf der Mmer gelegene Grenadier Bataillon, dann von jeden obbesagten 3 Bataillonen eine Division allhier in Garnison eingerückt. — Se. Maj. der König von Poh-len haben Sr. Maj. dem König von Neapel vor ihrer Abreise Hieher ein Geschenk von 8 Jagdhunden besonderer Gattung übersandt , worüber Höchstdieselben ein besonderes Vergnügen bezeigten. — Der Herr Bischof v. Kcrens zu St. Polten ist vom Schlage berührt worden , und liegt gefährlich darnieder. — Se königl. Maj haben den gegenwärtig, bey der Mjlitarmonmrs Hanptkommission allhier angestellten Feldkriegskommissar , Herrn Millauer in gnädigster Rücksicht aus di dem Staate seit dcm 16. Jahre seines Alters, sowohl unter den Waffen Ihrer glorwürdigsten" Kaisers. Majestäten vor dem Feinde, als auch in anderweitigen Bcdienstungen, nun bereits in das 52. Jahr ununterbrochen treu, und eifrig ge-leisteten ersprießlichen Dienste, zum Merk-Male Allerhöchsidero Zufriedenheit, mit einer goldemn Kette, und einer daran hangenden Denkmünze zu begnädigen geruhet. Boyen den 28. Herbsim. Die Durch" lauchtigsie Erzherzogin Elisabeth ist von jbrr nach Laibach Triest und Venedig unternommenen Reise, am 2s. Herbsim. in erwünschter Gesundheit, zur allgemeinen Freude der Einwohner, nach Innsbruck zurück gekommen. Rrüsiel be« 23. Zerbsim. So eben verbrettet sich allhier die Nachricht, daß dle Olsterrcicher den Brabantern eine tüchtige Schlappe angehängt haben. Ikr ^ ger zu Andoy soll völlig verwüstet worden, und die Kanonen, Zelte, Muni-;ion :c. den Siegern in die Hände gefallen senn. Dicse Nachricht sagt ferner, die, Patrioten hatten bey 2OOQ Mann eingebüßt , und die Ocsterreicher stunden nur dreyviertel Stund von Namur. Lemberg den 29. Herbstm. Da hier von den zwischen Rußland und Schweden geschlossenen Frieden immer so viel Redens ist, so will man auch wissen, daß Friedrich Wilhelm nach erhaltener Nachricht von diesem Schritte des Stockholmer Hofes den Grafen von Herzbirg zu sich berufen, und sich mit diesem seinen Minister über den plötzlichen Schwedischen Vergleich mit Rußland, als über eine linvermuthete Sache unterredet haben. Ausländische Nachrichten. Deutsch lind. Stuttgart den 1. tveinm. Deutschlands Lage, als Leopold II. Kaiser ward. Indem du dies Bl tt liesst, Leser, so ist das große Wahlwort zu Frankfurt ausgesprochen , und Leopold ist unser Kaiser. Aber in welcher Lage findet er unser Vaterland? ! — Zwar in einzelnen Theilen zerrüttet , aber immer noch jenen l durch die Kütte der sonderbarsten und doch weisesten Verfassung zusammen haltenden Riesenkörper bildend, der durch tapfern Sinn, politische Klugheit, Gei- > steshoheit, körperliche Kraft, Verstand, und Herzlichkeit. die Liebe und Achtung aller Nazionen errang. — Die grössern deutschen Provinzen sind alle in die Ruhe bes Friedens gewiegt. Oesterreich und Brandenburg, die höchsten Pyramiden deut scher Größe, sind voll EiMracht, und freuen sich hrer friedlichm B Herrscher. Psalzbairen — ein weit^striktes königliches Land voll urdemschcr Bewohner nimmt an innerer ssraft und Glückseligkeit sichtbar z». Sichln crhielt sich durch sein Neutralitätssystem in Ehrfurcht , und erstikte die Flamme der Empörung, die einige Brausköpfe aufzublasen begannen. In den größern und kleinern geistlichen Staaten herrscht die bewunderungswürdig-ste Eintracht; unsre Fürsten alle wetteifern mit einander in der Herrscherweisheit; Menschenwürde, Volksglück, Auf-, klarung, diese den geistlichen und weltlichen Despoten so verhaßte Namen, werden je;t überall in Deutschland laut ausge» ^ sprochen, und den Fürsten zu ihrem höchsten Ziele vorgestellt. Unter unsern Reichsstädten giebt es noch ein Hamburg/ Frankfurt, die es an innerer Kraft, an Reichthum, an Weisheit der Verfassung mit jeder Stadt der Welt aufnehmen ^-und noch so viel andere Städte, und Städtchen, größere und kleinere Staaten/ geistlich und weltliche Herrschaften, von! deutschen Menschen wimmleud, die von, ihrem herz - und seelenvollcn Charakter! noch so viel unverwilchte Züge haben;! gröstencheils Fruchtbarkeit und'Seegen über^ unsre Gefilde verbreitet, in unsern Tem-, peln die Leuchte der Religion noch hoch aufstralend und in mancher Provin; Wis-^ senschaft, und Kunst, Gewerdsamkeit, und^ Kllnstfieiß, besser, und glücklicher gehegt, als in irgend einem Staate der Welt; — so findet Kaiser Leopold, der Weise, unser Vaterland. Und was sein Herz himmelan heben muß -. kein Deutscher wünscht einen andern Kaiser, als Ihn! — Wenn ?ldie dreyßlq Millionen Deutsche, alle in einem Haufen zusammen gedrängt stän« ^ den, und ein Starker des Himmels trätt auf ein: Wolke, und fragte: Deutsche, wer soll euer Oberhaupt seyn ? So würd' es aufdonnern, wie Wogengebrüll. Leopold ! ! Dank dir unser Vater, Daß wir dein Fest, und unser Fst Unter des seegentricfenden Friedens Beschattenden Fittich«'« feiern!--------- Mit tief anbetenden Preise des Wellherrschers , Der uns Dich / und deine Väter gab, Mit stiller Ruh feiern wir, Mit Frmde im Herzen, Und ihrer entzückenden Thräne. Klopsiok. Den 27. Herbstm. sind die Reichs-insignien, mit den gewöhnlichen Feyerlich-keiten und Geläute von Nürnberg abgegangen , der Spitalpsleger v. Haller ist der Anführer des fcnerlichen Zugs, die gewöhnlichen Krongesandten der Stadt sind. Kriegsrath von Schcurl und der L'Aid-pfieger von Tucher. Die drey geistlichen Kurfürsten sind je>t in dem hochschallenden Frankfurt beysammen , und die sämmtlichen Wahlbothschafter machen bereits in vollem Pompe ihrer Würde bey ihnen die Zeremonien - Visite. D.n 27. schwur die bidre Bürgerschaft zu Frankfurt den feierlichen Slcher - und Schirmungseid. Zu Neuenburg wurde Leopold von dem Kurfürsten von der Pfali, und .Ul Dünkelsbühl von dem Herzoge voll Würtemberg, und dem Markgrafen von Anspach empfangen, viele andere Fürsten und Gr sse Deutschlands ungerechnet. Den 2. Weinm. hält Leopold seinm Einzug in Frankfurt, und den 7. wird er gekrönt.