Freptag den i^. März 1623. Nachricht von einer neuen Besteigung des Mont-Blcmc. (Aus dem Wanderer.) >3eit jener Ersteigung, im Jahr 1620, unglücklichen Andenkens, bey welcher drey Führer von Chamouny Umkamen, welche nicht weit vom Gipfel jenes Berges durch eine herabfallende Lavine verschüttet wurden, hatte sich Niemand wieder zu diesem eben so gefahrlichen als nutzlosen Unternehmen verstanden, bis sich ein junger Engländer, Herr Clissold, dazu entschloß. Nachdem er den halben Monath August hindurch am Fuße des furchtbaren Berges auf günstiges Wetter gewartet, hat er endlich am 19. diese Ersteigung so glücklich und vorzüglich so schall vollbracht, wie dieses noch bey keiner der »eun frühern Unternehmungen dieser Art geschehen war. Derselbe hat die Details in einem Briefe niedergelegt, den wir hier im Auszüge mittheilen. Ich verließ Chamouny am letzten Sonntag (d. ,3.) um halb 11 Uhr deS Abends, begleitet von 6 auSer-- wählten Führern, deren einer mit einer Laterne versehen war. Wir stiegen, wie gewöhnlich, an dem sogenannten Berge de la Cote hinan, (welcher an den Gletscher bes Bossons gränzt) und erreichten dessen Gipfel um ' balb 4 Uhr Morgens. Nachdem wir kurze Zeit gehaltn, betraten wir um 4 Uhr den Gletscher; ohne irgend em widriges Ereignis;, ließen wir denselbn im Rücken, und befanden uns um halb 6 Uhr bey dem Felsen, wel-chen ma,, die Grands Mlets genannt hat, und wo die Reisenden, die vor mir den Berg bestiegen, sich gewöhnlich für das Übernachten vorbereiteten. Dieß lag nicht in meinem Plan ; ich hatte den Vorsatz gefaßt, den Gipfel noch am nähmlichen Tage zu er^ reichen und die Nacht auf demselben zuzubringen, um am andern Morgen den Sonnenaufgang mit anzusehen. Wir setzten folglich unsern Weg fort, dessen schwierigster Theil sich in der Nahe jener Felsen befindet. Hier mußten wir schief an einem sehr abschüssigen Hange eine kahle EiSwand hinanklimmen. Die Böschung betrug etwa 45 Grad, und wir mußten mit Äxten eine Menge Treppenstufen hauen. Dem Ungeschickten, welcher eine einzige derselben verfehlte, drohte sicherer Tod; denn diese Wand verlief sich in eme gräßliche Spalte. (Beym Heraösteigen war diese Stelle noch gefährlicher). Um 9 Uhr verließen wir die Grands Mulets, und erreich, ten das große Plateau in der Nahe des Dome du Coute um 2 Uhr. Wir befanden uns in der Region der Se-racs, jener Schneemassen, welche ungeheure Parallele-pipeden bilden. Von hier aus wandten wir uns steigend links, und zogen von Zeit zu Zeit am Rande von Schluchten hin, von denen eine vielleicht das Grab der bey Gelegenheit der Ersteigung von 182a Hingeopfer.-ten war. Sämmtliche Führer, ausgenommen Fahret und ich, wurden durch die Dünne der Luft mehr oder weniger angegriffen, vorzüglich verfielen drey derselben, welche den Berg zum ersten Mahl bestiegen, in eine sol. che Kraftlosigkeit, daß wir dadurch sehr in unsrem Marsche aufgehallen wurden, und wäre es nicht thöricht gewesen, uns zu trenne, so hatte ich sicher den Gipfel vor Einbruch der Nacht erreicht. Gegen «7 Uhr Abends befanden wir uns bey dem Petit Mulet, einem Felsen in der Nachbarschaft des Rocher rouge, welcher letztere vo:i allen denen, die man vonChamouny aus erblickt, dem Gipfel am nächsten iss. Der Petit Mulet, welcher höher und mehr linker Hand liegt, ist von unten nicht sichtbar. Da es uns also an Zeit gebrach, um vor Einbruch der Dunkelheit den Gipfel zu erreichen, so kehrten wir wieder bis zum rothen Felsen zurück, bey welchem wir eine Grube in den Schnee machten, die 4 Fuß Tiefe , 5 Fuß Breite und 6 Fuß Lange hatte. Auf dem Boden derselben legten wir einige Stücke Holz, über die wir eine ziemlich dünne Decke breiteten. Auf dicfe liesien wir uns alle sieben nieder, und bedeckten uns mit einem leichten Tuche, das bey weitem nicht groß genug war. Einige Windstöße, die uns von Zeit zu Zeit Schneegestöber ins Gesicht führten, konnten unS als Vorbolhen des traurigen Geschicks dienen , das unser, falls sich der Wind verstärkt hatte, wartete. Wir schliefen etwa ^ Stunden lang. Da wir kein Licht bey uns führten, so konnten wir den Stand des Thermometers nicht beobachten, allein die Nachtkalte war streng genug, daß in einer Flasche Wein de l'Hermitage sich Eisfio-cken bildeten, und einige Citronen, die wir aus Vor« sorge mitgenommen hatten, durch und durch froren. Einer der Führer erfror den Fuß, und ich die Spi< tzen der Finger und Zehen; indessen komtte.i wlr den Übeln Folgen leicht vorbeugen, da das gewöhnliche Mittel, sich mit Schnee zu reiben, gleich bey der Hand war. Gegen 4 Uhr Morgens verließen wir unsre kalte Zelle. Der Schein der Morgendämmerung versilbert« den in geringer Entfernung liegenden Gipfel. So wie sich die Sonne dem Horizonte näherte, veränderte jener seine Farbe, und im Augenblicke des Sonnenaufgangs ward er über und über vergoldet, und bildete mit dem fast schwarzen Himmel, welcher den Hintergrund machte, den schneidendsten Contrast. Jetzt hatten wir alle Schwierigkeiten im Rücken, wir sanken nur sehr wenig in den Schnee ein, mußten aber, um Athem zu schöpfen, von Z«tt zu Zeit ein wenig einhalten. Bald erreichten wir den Petit Mulet, den wir schon am vergangenen Abend besucht hatten, und um halb 6 Uhr sahen wir uns auf demMpfel. Das eiste, was wir hier vornahmen, war die mit unsern Freunden in der Ebene verabredeten Zeichen zu errichten, welche deutlich erblickt wurde,,. Der Kopf ist nicht so schmal, als dieß aus der Ferne scheint. Er biethet eine kleine, fast horizontale Ebene dar, welche ein Dreyeck bildet, dessen größre Seite nach Chamouny Hinsicht. Die zweyte hat die Richtung nach der Allee Planche , und die dritte nach dem Paß du Bonhomme. Um die, von der Spitze dieses Dreyecks auf dessen Basis gezogene Perpendicularlmie zu durchwandern, brauchte ich 4 Minuten. - Der Himmel war wolkenlos; die unter unserm Horizonte aufgegangene Sonne bestrahlte die Region, aus welcher sie sich zu erheben schien, und in welcher m-ul reinen Gegenstand deutlich erkennen konlite; von allen Seiten entdeckte man eine unendliche Menqe Berggi' pfel von den verschiedensten Gestalten Uüd Farben. Gegen Norbwesten bekränzte der Jura den Horizont, weiter nördlich entdeckte man den See; allein Genf war hinter dem Abhang des Petit Saleve verborgen; südöstlich breiteten sich , jenseits der lombardtfchen Ebnen, die Appennien aus, die gleich einer blauen Linie oder einem dichten winterlichen MorZennebel den Horizont begränzten. Sowohl beym Untergang am vorigen Aben-de, als heute beym AufganZ, erschien die Sonne mehr oder weniger in Dunst «gehüllt. Ich hatte kein anderes physikalisches Instrument mitgebracht, als das Thermometer; als die Sonne Tags zuvor unterging/zeigte dasselbe beym rothen Felsen auf 2H F. (— 2 ?/2 N.) Wir vergaßen es am Morgen beym Aufbruch zu beobachten, aber Coutet, welcher disß Instrument auf hohen Bergen häufig gebraucht hat, i'r der Meinung, daß es selbst bey winyigem Wetter selten unter l6F. (—6,/3R.) falle*); indeß zeigte das Thermometer um 3 Uhr auf dem Gipfel, um 9 Uhr am vorigen Tage bey den Grands Mulets, auf dem großen Plateau denselben Tag um 5 Uhr, endlich am folgenden Tage gegen 3 Uhr Nachmittag/5 Fuß unter den Erdboden gesenkt, bestandig auf vo F. (166A N.). 5 *) Wahrscheinlich befindet sich dieser Führer im Irrthum, va das Thermometer auf dem St. Vcn>' hard schon häufig im Winter unter 13 bis ,4GraV unter den Gcfrierpunct sinkt. Vielleicht gibt er die Temperatur von — 6 i^3 als die niedrigste an, welch« sich im Sommer is> jenen hohvn Regionen zeigt. > Wahrend wir m,5 auf diesem herrlichen Belvedere befanden, beschäftigten sich unser« Führer damit, von den höchsten Felsen einige Proben^) zu sammeln, die 5ch mit herunter nahm. Nachdem ich 3 Stunden auf dem Gipfel verweilt hatte, wo ich mich im Ganzen wohl befand, und nur keine-Eßlust hatte, welche indeß ben Führern nicht abging, traten wir den Rückweg an, ^n wir ohne ein widriges Ereiglii,) vollbrachreu. Saundcrson, dcr Blinde. Die Erhabenheit der menschlichen Vernunft zeigt s'ch wohl nie glänzender, als en solchen Personen, tenen einer der wichtigste», Sinne abgeht, die aber *) i. Ein Stück von dem Felsen, welcher dcm Gü pftl zunächst liegt, und det folglich von dem höchsten Puncte C'üropa'Z genommen ist. Eä ist ein amorphes Gestein, in welchem 5er Fcldspath vor» herrscht, und das M't ein wenig Quarz untermischt ist. Hier und da hat eg eine c^iblichc Fardc. die Von vrydirtcm Mscn Heriührt/Der darin enthalte» ne grünlich l weiße Feldspat!) bricht rhomboidisch. 2. Gine Probe von dem Gestein, welches auf de« Oberfläche glasartige Nügelchcn zeigt, und wclchcs man häufig auf dc'r Sp'tze des Oout<^ nifft. Herr I.M. s5ou'ttt, unser Vcgleiter, welcher den Mont-Blanc jetzt zum sechsten Mahl bestieg, hat auch von dessen Gipfel eine ziemliche Menge von diesem Mineral mitgebracht. Es besteht dieses aus fast rci-- ucr. schwarzer Hornblende, an der sich ein deutliche» Faden vonFeldspath hinzieht. An der Vtelle, wo sich diese beyden Sudstanzen berühren, bemerkt wan 3 bis 4 Kügelchen vlln schwarzem Glase, welche etwa i 1^2 Linien im Durchmesser haben. Von diesen geht eme untiefe Furche in dcn Feldspat!) aus, iti welcher man mit dcl Lupe noch mehr solche Glaökügelchen entdeckt- Dieß scheint für die Meinung derjenigen zu sprechen, welche diese glasartigen Schmelzungen von der Wirkung dcs Blitzcä herleiten, der freylich diese Höhen sehr häufig trifft. 5. Ein kleines Exemplar von einem ähnlichen Ge-stein, in welchem indeß der Fcldspath mehr verbrci» tcc ist. Iwey Seiten dcs Minerals sind über und über mit dergleichen mikroscopischen Glaskügelchcn bedeckt; während eine der Seiten, durch das M>-lrofpop betrachtet, mit dieser Fusion wie mit einem Arniß durchaus überzogen erlckcint.Auf einer an die letztere gränzenden Fläche sieht man einc Fusion, die dcr, bey Gelegenheit des früher genannten Exemplars beschriebenen ahnlich ist. > Ein Fragment von dem Gestein der Grande Muln achtzehnten Jahrs lernte Saunderson vom Professor Richard WestGeometrie und Algebra, und schritt nun, ohne fremde Hülfe von selbst weiter. Es wac für sein Studium hinreichend, daß 'ihm irgend ein guter Schriftsteller vorgelesen wurde. Auf den Rath seiner Freunde ging er nach Cambridge, wo er Phy-losophie lehrte. In seinen Vorlesungen erklärte er Ne-wions unsterbliche Werke, dessen Natur-Phylosophie nach mathematischen Grundsätzen, dessen Umversa!-Arithmetik, und sogar seine Schriften über die Lichtstrahlen und ihre Farben. Wer nicht darauf achtn, daß die Optik und die ganze Theorie von den Strahlen nur vermittelst gerader und gebrochener Linien, und nach den Regeln der Geometrie erklärt werden, dem mochte «s ganz unglaublich scheinen, daß ein Blinder sehenden Zuhörern richtige Begriffe vom Licht und von den Farben mittheilen konnte. Nachdem zu Cambridge im Jahre 17n der mathematische Lehrstuhl durch den Abgang des verdienstvollen Whist?n erledigt war, fand sich niemand, der Saundersou diese Stelle streitig machen konnte. Er wurde Mitglied der königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu London, verheirathete sich 1725, und starb 1769, in einem Alter von 57 Jahren. Nach seinem Tode liesi die Universität zu Cambridge seine „Elemente der Algebra" auf ihre Kosten drucken, welches vorzügliche Werk (1756) auch in das Französische übersetzt wurde. Sauuderson stellte zuerst den Lehrsatz c>uf, daß jeder Würfel aus sechs gleichen Pyramiden besteht, deren Epitzen sich ke- ilen Grundfläche eine der sechs Seiten des Würfels ist. Die außerordentliche Feinheit und Fertigkeit seines Gefühls hat Saunderson durch eine von ihm erfundene handgreifliche Arithmetik bewiesen. Diese bestand in einem Verfahren, um durch den Sinn des Gefühls alie arithmetischen Demonstrationen zu machen. Die Vorrichtung ist im vorgedachten Werke, zu Anfang des ersten Bandes, beschrieben. Sie besteht in einem Brete mit vielen Löchern, in welche Etifte von verschiedener Größe gesteckt werden, die, turch den Unterschied ihrerZusammenstellungen, Summen, Producte und alle Zahlen-Verbindungen an-deuien. — Dn Bericht-Erstatter kann bey dieser Gelegenheit eine ahnliche sinnreiche Vorrichtung nicht unerwähnt lassen, durch welche eine blinde Dame von vierzig Jahren, ohne besondere Mühe, schreiben gelernt, und so einen für sie selbst höchst befriedigenden Zeitvertreib erlangt hat. Em messingener Nahmen, von der Größe eines Quartblatts, etwa so stark wie ein Messerrücken, war mit lauter wagerechten Linealen abgetheilt. Die letzteren hatten vier Linien Brette, < und eben so weit waren sie eines vom andern ent- t fernt. Der ganze Nahmen war polirt, und bildete i eine gleiche Flache. Auf jedem Lineale waren aber c kleine runde Erhöhungen angebracht, etwa wie Kopfe s ron mittleren Stecknadeln, deren Abstand die Ent- c fernuna der Buchstaben bestimmte. Zum Cchlciben r bediente sich die Blinde eines unverlöschbaren Bley- p siifts. So oft ein Wort geendet war, wurde auf p dem Lineal eine Erhöhung überschlagen, und zwey derselben am Schlüsse der Periode. Im Anfange hatte sie die Buchstaben dadurch nachahmen gelernt, daß sie mit den Fingern die Umrisse von Figuren verfolgte, die aus Pappe geschnitten waren, und diese nachher auf einem mit Sand belegten Brete nachbildete, wie bey der spater erfundenen Lankaster'schen Lehr-Me-thode. Jene Dame, welche der Bericht-Erstatter vor zwanzig Jahren persönlich gekannt'hat, war schon m ihrer frühesten Kindheit an den Blattern ganz erbli» det. Übrigens hatte sie viel Verstand und Lebhaftig- keit, und em so feines Gefühl, daß sie UanU? Farben, vorzüglich die schwarze, durch bloßes Berüylen sehr richtig unterscheiden konnte. Technische Nachrichten. Schiffe. In Frankreich sind zwey Preisfragen von 2H09 und 1200 Fr. ausgesetzt worden: Über die beste Art, Schiffe, ihrer Festigkeit und Brauchbarkeit unbeschadet, mit möglichst wenigen Stücken Bauholz erster Größe zu erbauen; und über die beste Zusammensetzung von Mastbäumen, da die Masten aus einem Stück immer seltener werden. (Mit dem in England vor einigen Jahren gemachten Versuche, Masten aus zusammengeschraubten Röhren von Gußeisen zu bilden, scheint es reinen Fortgang zu haben.) Nach ! dem Plane der gekrönten Preisschrift soll dann eine Fregatte gebaut, und wenn sie in zweyjahrigem Dien- l ste brauchbar gefunden worden, noch ein zweyter ^ Preis von 2400 Fr. ertheilt werden. ' Papier. Th. Gill reibt das Pulver weißgebranw ;er Knochen mit einem Stück Tuch auf Papier, nimmt )as überflüßige Pulver mit einem andern Tuche hinweg, l znb schreibt dann auf das Papier mit einem Stift l ms Bley oder einem andern Metalle. Die Schrift l oll ohne Verlöschung haften, welches für Notizbü- i her auf Reisen wichtig ist. Übrigens ist dieß Verfah- ! en nicht mehr neu. Besser würde es seyn, den Pa-iierteig mit der Knochenasche zu versehen; solches Pa-ier könnte ein neuer Handelsartikel werden. Charade. ^ (Zweysyldig). ^ ^ Wer immer wie das Erste sich benimmt, Der ist zu keinem großen Mann bestimmt, Man wird ihn in der Welt gewaltig necken, Und oft moraUsch in das Zweyte stecken. Das Ganze dient zum Scherz fur Kinder, Und ist ein Scepter für den Finder, Doch hab' ich oft, ich muß es schon gestehen, Auch große Kinder damit spielen sehen. ° Gedruckt hey Ignaz AloyKEdlen v°n Kleinmay«.