' " Kamstag den 35. August 1832. Nie franMsche.Oa'pevition nach vem Mlas. kVo» eliltn, franjesifcho» Artillerieossicier »lzäbl in dcr „N«vut de Paris.«) ^)ie Verthtilung der neuen dreifarbigen Fahnen geschah an einem jener sonnighellen Tage des afrikanischen Himmels. Das Heer war am Scegestade in Schlachtordnung aufgestellt; das ruhige Meer glich ei-nern glühenden Spiegel. Eln feierliches Schweigen herrschte; man hörte nichts als das Gemurmel der Wogen, die leise an das Ufer stießen; aber mitten in dieser Ruhe, dieser erwartungsvollen Stille mahlten sich die Regungen der Herzen in den Augen, auf dcn braunen Gesichtern der Soldaten. Es war ein herz. »thedcndcr Anblick, die dreifarbigen Fahnen im Nordwinde rauschend stattern zu sehen, wie sie sich stolz nach dem Mittelpuncte der Bataillone bewegten. Aber als die Trommeln den Feldmarsch schlugen, als der Ruf: »Präsentirt das Gcwchr!« durch die Luft ertönte, als iwci flüchtige Blitze die Fronte hinunterzückten, und die Fahnen sich neigten, ergriff alle Gemüther tiefe Rührung, und nur eine Stimme-brach mit einem Male «us Aller Mund und weit hin scholl es am Gestade: „Es lebe Frankreich!« Die Wiederentfaltung der'dreifarbigen Fahne erweckte dieselbe Begeisterung bei der Armee von Afrika, wie in Frankreich. Die jungen Soldaten begrüßten sie . wie eine alte Freundinn; sie brannccn von Begier, zu beweisen, daß sie ihrer würdig seien. Unter demselben afrikanischen Himmel kalte sie einst so ruhmvoll ge? slänzc, war sie so allbekannt) es war an ihnen den alten Ruhm des-vaterländischen Banners zu wahren; sie hofften zu den großen Namen der Pyramiden, Abu« kir und Heliopolis, die in seine leuchtenden Farben ein< gegraben warcn, noch einen oder den andern Namen beizufügen. Sie sollten unter den Augen eines Fell« Herrn in dcn Kampf geben, den sie von Grund ihres Herzens aus gewünscht hatten; General Clauzel sollte sie anführen, der im Angesichte dcs Feindes mit seiner jungen Armee bekannt zu werden wünschte. Allein die schwierige Verwaltung von Algier nahm noch fei< ne ganze Thätigkeit in Anspruch, und die schon b»-schlossene Expedition nach dem Atlas wurde noch einig, Zeit verschoben. Ein schöner Herbsttag war zum Aufbruch j'd^-"stimmt. Am 17. November 1820, gcgen sieben Uhr Morgens, war der Platz vor den Gebäuden der Rtg!>-rung von Volk erfüllt, das mit semc» tauenden' vo,n Kopsen hin und her wogte und von tausend und aber tausend Stimmen wie ein unruhiges Meer brauste. Das Volk von Algier ist heftig und geschwätzig,' das Blut des Arabers ist heiß und seine Zunge wortreich. Man hatte jene bunte Bevölkerung AlgicrS vor Au^ gen, jene Mischung-von-Farben, Reügicn und Tract> ten; Schwarze, Weiße, Kupferfarbige; Juden, Ehri' sten, Muselmänner; den glänzenden Kbescl.a der Mau. ren, den Burnus des Beduinen, das runde Camiso! dcs Marseillers; die seltsamste Versammlung, die del wunderlichsten Anblick 'gewährte. Wie vielerlei ver schieden? Wünsche mochten in diesen vielen Herzen reg, werden! Kaum vermochte der Maure seine Freude zi bergen, und lächelte verstohlen in den Bart; de:n man hatte gesagt: «-Die Kabvlen des Atlas find unbl zwinglichi' nie werden die Franzosen durch die eisern« 3ZH Pforten einbringen. Man erwartet sie dort ln einem Hohlwege^ wo man sie mit Felsstücken zerquetschen wird.' Aber schon wieherte,, die Rosse freudig in ,die Morgenluft hinein. Der Mameluke Insuf zog aller Blicke auf sich. Er h,Me ein arabisches Pferd mit langer Mähne, bestiegen, und grüßte in anmuchiger Leichtigkeit emherstolzirend mit seinem morgenländischen Kopfe. Das gefällige Wesen Insufs und der Ausdruck von Kühnheit in seinem Gesichte schienen eine sehr «bentheuerliche Harems-Geschichte zu bestätigen, die er am Hofe von Tunis erlebt haben soll, und deren wegen er nach Algier zu flüchten gezwungen war. Der junge Muselmann, der im Begriffe stand, mit uns ins Feld zu rücken, schien sich zu einem verliebten Stelldichein herausgeputzt zn haben. Der General'Clauzcl erschien, an seiner Seite der Chef des Generalstabes, Generallieutenant Delort; man stieg zu Pferde. Wir durchzogen die lange Scraße von Vabazun, deren Einwohner meist Kaufleute, von unserm Aufenthalte in Algier guten Gewinn gezogen ,haNcn; sie grüßten mit Freudengeschrei den Oberfeld-Herrn, als wollten sl.e uns zurufen, daß unsre Sache «uch die Ihrige sei. Bald hatten wir die Heer.e.sab-theilung, die zur Expedition bestimmt war, auf der" Straße nach Belida eingeholt. Sie bestand aus un-gafä'hr achttausend, Mann von allen Waffengattungen; siebentausend Mann Infanterie waren in drei Brigaden unter die Generäle Achard, Monk d' Uzer und Hu-rel vertheilt; zwei Batterien Artillerie, eine davon Gedirgsgeschütz; zwei Compagnien vom Geniewesen, Chasseure und Zuaven. DerObristlieutenant Adainault kommandirle die Artillerie, der Oberstlieutenant Du-peau die Ingenieurs. Alle diese Truppen standen unter Befehl des Gencrallieutenants Boyer,. Der Aga von Algier stieß in der schonen Ebene von Metidja zum General en Chef und jcin zahlreicher Gcneralstab mischte sich unter den Unsrigen. Alle Officiere des Aga war?n m!t ihren großen weißen Burnus bekleidet; ihre kupferdrauncn Gesichter schauten unter blendend weißen Stoffen hervor, die eine braun-wollene Schnur in Gestalt eines Turbans um den Kopf festhielt, und gewannen durch dicst grellabstechenden Färben einen eigenen Ausdruck. Es waren Rlescnge-stalten auf kleinen wmdschneüen Pferden; ihre Flincen von erstaunlicher Länge, reich von Silber blitzend, mit dem Kolben auf den Schenkel gestammt aufwärts getragen, wie man die Reiter einer ältern Zeit adgebill det sieht, und ihre hochaufgerichteten Lanzen standen trefflich zu ilnen grimmigen Gesichtern. Der Aga und der neue Bey von Tittcry, führten allen Glanz und Luxus des Orientes mit sich. Ohne gerade eine besondere Ernsthaftigkeiten zeig?n,-sprach sich in ihnen doch die ganze Würde aus/ die den Morgenländern an- geboren ist. Selten findet man jedoch unter ihnen (3t-sichcer, die ein tiefes Oenken verriethen. Aoends gelangten wir nach Bufarik, eine ganz freie Gegend in der Ebene von Metidja. Nichts als ein Marabut sGrab,nahl eines moölemitischen Heili-gen), ein leines Busch,verk und ein mächtiger Baum war zu sehen, der, Zeuge oer üppigen Fruchtbarkeit des Bodens und manches Jahrhunderts, vielen Generationen der Araber in dieser Wüste Schatte., geliehen. Der Boden war völlig jrocken, die Luft rein, Waffer und einiges Holz für d.e Biuouakseuer zur Hand. Der Ort war zu einem Nachtlager unter freiem Himmel herrlich gewählt. Die drei Brigaden lagerten sich in Gestatt eines Dreieckes, so daß )ede derselben eine Seice desselben bildete. Das Hauptquartier lag in Marabut; dicht daran stieß das kle,ine Wäldchen von Trauerweiden und Akaz>n, die mehrere Gräber beschatteten. Bald hatten wir den Schmerz, es unter den Äexcen der Soldaten fallen zu sehen. Nur noch einige Scrünke blieben stehen, die schwarz abstachen von dem röthlichen Hintergrund des N^chthimmels. Das kleine Maradut gab mehreren Officieren Unterkunft; mit so viel Ehrfurcht als möglich legten sie sich neben den Gebeinen des Heiligen schlafen. Man Lonnce bemerken, daß dieser Ort, obgleich so weit ent« fernt von Algier, von der Frömmigkeit der Moslimeu nicht vergessen geblieben war. Das innere Gemach war reinlich gehalten; auf dem Grabe des Heiligen lagen noch frische Blumen und zwei kleine seidene De' cken; was mich aber am meisten rührte, war ein großes Gefäß mit Wasser für die Reisenden. Man weiß, wie sehr die Gastfreundschaft von den Arabern in Ehren gehalten wird. „Sei willkommen« — ist das erste Wort, das stets den Ankommenden auf der Schwelle des arabischen Zeltes begrüßt. Für gottlos würde der Araber gehalten wcroen, der nicht den Fremden einige Milch zur Erfrischung böte, und eine Matte, um darauf auszuruhen, geschützt gegen dcn heißen Sonnenbrand. Am folgenden Tage si?l den ganzen Morgen ein dünner und kalter Regen. Der Weg von Bufarrk nach Beiida war nicht lange; das ^Heer setzte sich gegen Mittag in Bewegung und marschirte nach dieser Stadt. 'Nirgends stellte sich ihm anfangs ein Hinderniß entgegen. , Schon berührten wir zu unserer Linken die Vochüg-cs, des Atlasabhanges, an dessen Fusse B»-lida liegt. Schon erblickten wir in der Ferne di» schlanken Minarets dieser Stadt aus einem breiten Gürtel von Grün emporsteigen; als wir eine lange 3»-nie arabischer Reiterei sahen, die vom Fuß der Hügel an, vor der Stadt sich hinzog Und zu unserer Rechten in Orangenwäldern sich verlor. Die Kadylen des Gebirges hatten sich, mit den Einwohnern von Velid« vereint, so gut sie es lvujttcn, in Schlachtordnung 125 «usgestellt, um illns den Eingang in die Stadt ^u vcr« wehren. Der General cn (5^ef gab seine Befehle, die Kolonnen entfaltecen sich, und bald stände, wir in liner mit den^Arabern gleich langen Krönte unsrem Feind gegenüber. Die erste.Brigade, machte cineBe« wegung auf dem rechccn Flügel, die zweite rückte vor, Und nahm die Stellung der «rsten ein; die dritte Brigade bildete die Reserve. Die Artillerie von einem Bataillon gedeckt, nahm Pos/twn auf,dem linken Flügel, wo sie das ganze Fttd bestrich. Während diese Bewegungen ausgeführt wurden, hatte der General en Cdef den Mameluken Insuf zu den Arabern hinübergeschickt, um sie um ihr Vorhaben befragen zu lassen. Vald darauf erschien le Schein, dcr uns umgab, nicht zu erhellen vermochte. Die Orangen waren reif; einige Soldaten stiegen auf die Bäume und schüttelten die Aeste, die bald den Voden mit lausenden von Flüchten bedeckten. Die Sonne ging am andern Morgen in ihrer vol: len Strahlen-Pracht auf, und überströmte die Stadt und ihre Umgebungen, Garten und grünen Hügel mit einem Meer von Licht. Vclida stand verlassen; seine Einwohnerschaft hatte sich nach den Bergen geflüchtet. Dort sah man sie, in Gruppen niedergckauert, die Blicke nach ihrer Stadt gerichtet. Was mochte in ihren Seelen vorgehen, als sie ihre verlassenen Wohnnn-, gen und oi,e Christen, die sie verabscheuten, als ihre Herren ein- und ausgehen, in den Straßen umherwandeln, auf den öffentlichen Plätzen aufgestellt sahen? Ueberall, auf den Minarets, auf den Thoren wehte die dreifarbige Fahne, die die Fahne des Propheten Verdrängt hatte. Ueberall blitzten Bajonette und rührte es sich von Soldaten. Der Obergeneral hatte Ve-< fehl ertheilt, für einen Weg um die Mauern der Stadt herum Raum zu machen. Von allen Seiten stießen Gärten an die Walle; man mußte sich durch' diese ZDrangemräloer Bahn machen, die im Wege standen. Nur ungern schienen die Soldaten Hand ans Werß zu legen. Diese Bäume prangten so herrlich mit ihren Früchten. Indeß die Linie wac aüsgesteckt, und die Axt schallte in diesen fruchtbaren Wäldern. Ein Mau» re hatte di< Stadt verlassen, Weiber und Kinder mit sich genommen, und sich zu einem obdachlosen Nomadenleben entschlossen. Als er aber von einem benach: barlen Hügel das Eisen in feinem Garten wüthen, als er seine geliebten Bäume taumele und fallen sah, stürzte er herbei. Der Unglückliche hätte vielleicht kec-nen größern Schmerz, erlitten, wenn man ihm vor seinem Angesicht seine Kinder erdolcht hätte. Er warf sich den Soldaten zu Füssen, er bot ihnen Gold, er beschwor sie, er zerraufte sich den Bart, und streckte mit stehender Gebärde seine Hände nach den Bäumen aus. Allein der Befehl war gegeben, und die Axt verdoppelte ihre Streiche. Nun rannte er von einem Sappeur zu dem andern, versuchte ihre Arme zu hal« tcn, und weinte und klagte. .Noch stand einer der schönsten von seinen Orangenbäumen; allein auch er defand sich unglücklicherweise'auf der abgesteckten Linie. Sechs Sappeurs machten sich daran ihn zu fallen, als der Maure mit lodtenbleichem Gesicht auf den Baum losstürzte, und ihn mit Händen und Füssen umklammerte, als wollte er sagen, mit ihm will auch ich fallen. In diesem Augenblicke kam ein Offiz^ des Geniewcsens hinzu. Von den Soldaten über, den Vorfall unterrichtet, sagte er: »Die Sicherheit der Stadt verlangt es; meine Pflicht erheischt es so» Schafft den Mann weiter." Man hatte Mühe genug, den Mauren von seinem Baum loszureißen; allein endlich mußte er ihn lassen; er wurde halb ohnmächtig an einen Springbrunnen des Gartens getragen, wo er noch die Streiche der Axt hören konnte, von denen jeder sein Herz spaltete. Als er wieder zll sich kam, wayen die - Soldaten fort, aber seine schönen Bäume lagen/am Voden. .! , Den ganzen Morgen über horte man von Sei' ten des Gebirges her Flintenschüsse. Die Kabylen hatten einen herrlichen Bach abgeleitet, der mit seinem Gewässer die Brunnen in der Stadt ernährte, und-hinler Hecken verborgen, feuerten, sie auf die Reiter, die ihre Pferde zur Tränke an den Fuß des Gebirges führen wollten. Mehrere Soldaten waren verwundet, zurückgebracht worden. Die Kabylen waren es auch, welche den größten Theil der Einwohner von Welche mit Gewalt gezwungen hatten, ihre Stadt zu verlassen. Der Obergeneral wollte diesen Gebirgsvölkern Schrecken einjagen; Menschlichkeit hä'tt,e in,ihren A,u? gen nur als Schwäche gegolten; man mulite ihncn un? erbittliche Strenge zeigen. Die Araber dcs Stammes Beni-Saiah waren als die Widerspenstigsten be-zeichnet worden; es wurde daher Befehl gegeben, sie zu verfolgen, ihre Pflanzungen zu zerstören, und ihre Wohnungen und Zelte zu verbrennen. Nun konnte man unser leichtes Fußvolk nach den Bergen eilen uu» bald darauf die Araber auf die höchsten Spitzen sich zurückziehen sehen. Ein Bataillon stellte sich auf einem nahegelegenen grünen Hügel auf, der kurz zuvor-noch von den Kabylen besetzt gehalten war. <Ä«r V«schluß folgt,) A n e c v o t e. D»r Papagei einer jungcn Dame schwatzte dnl ganzen Tag, jedoch waS er schwatzte, war weder gehauen noch gestochen. »Aber, gnädige Frau«, sagte ein alter Professor; »der Papagey sollte noch in die Schult gehen. Kann ihm denn nicht einer von den jungen Herren, welche hier aus- und eingehen, Unterricht gl-den?« »»Ach mein Gottl«« erwiederte die Dame, «von tbln diesen hat er ja das einfältig« Zeug g«' le:nt.«« Nevacteur: F-r, rav. Aeinrich. Verleger: Ognaj M- Evler v. Rleinmnur.