Geschichte d e s Protestantismus in der Steiermark. Gratz, 1859. Verlag von Franz Melmer. (Buch-, Kunst- L Musikalienhandlung, Herrengasss, Eck der Jungferngasse.) Inhalt. Seite 1. Einleitung I 2. Ursachen der Verbreitung des Protestantismus in der Steiermark.2 I. Dor Protestantismus in der Steiermark unter der Regierung Ferdinands I. 3. Der erste Gruß des Protestantismus an die Steiermark 10 4. Verbreitung des Protestantismus unter der Regierung Ferdinands I. . . . . . .30 5. Zustand der Klöster.34 6. Allgemeine Kirchenvisttation im Jahre 1528 . . 38 7. Religiöser Zustand in Gratz.55 8. Weiterer Fortgang des Protestantismus bis zum Tode Ferdinands I..59 II. Der Protestantismus unter Kart II. 9. Religionszustand bei dem Regierungsantritte Karls II. 75 10. Jesuiten in der Steiermark.80 11. Weitere Umgriffe des Protestantismus, insbesondere in Obersteier.86 12. Der denkwürdige Landtag zu Bruck 1578 . . 91 13. Die windische Bibel.115 14. Schule und Bethaus im „Stift" . . . .125 15. Der protestantische Ritus im Stift . . . .139 Seite 16. Fruchtlose landesherrliche Verfügungen . . . 147 17. Fruchtlose Bemühungen der Bischöfe . . .166 18. Der Protestantismus in den letzten Lebensjahren Erzher¬ zogs Karls II.156 19. Der Schriftsteller Peter Muchitsch . . . .162 20. Karls II. Tod.164 III. Der Protestantismus unter Ferdinand II. 21. Die Regentschaft der Erzherzoge Ernst und Maximilian 169 22. Ferdinands II. Rückkehr in sein Land . . .174 23. Die wahre Reformation durch Ferdinand II. . .176 24. Die Fürstbischöfe Martin Brenner und Georg Stobäus 181 25. Beginn der Gegenreformation in Gratz . . .187 26. Die Durchführung der Reformation in der Provinz . 194 27. Fortsetzung ....... 200 28. Fortsetzung. 204 29. Fortsetzung ....... 207 30. Fortsetzung ....... 209 31. Gegenreformation in der Hauptstadt . . .212 32. Rückblick auf die „blutige" Gegenreformation . . 215 33. M. Paulus Odontius .217 34. Schluß.223 1 Einleitung. „Die Geschichte ist keine bloße Erzählung und trockene Beschreibung des Geschehenen, keine zusammenhängende Chro¬ nik, wie unsere Atheisten nnd Rationalisten wollen; ste ist der Geist, der znm menschlichen Geiste aus deu Chroniken spricht, die religiöse Kritik der Begebenheiten, und muß daher aus dem Standpunkte des Ewigen und in diesem Sinne anfgefaßt werden, um als ein Gemälde der göttlichen Weltregierung, — der himmlischen Gerechtigkeit zu erscheinen", — sagt der geist¬ reiche Salvandy. Von diesem Standpunkte aus erscheint das 16. Jahrhun¬ dert als eine der denkwürdigsten Epochen in der Geschichte der Steiermark. Denn, während dieser Zeit wurde das Haus Oesterreich zu jener welthistorischen Bestimmung (im erhaben¬ sten Sinne des Wortes) gleichsam hingedrängt, wodurch nicht nur die österreichischen Lande dem Protestantismus wie¬ der entwunden und für immerwährende Zeiten der katholischen Kirche erhalten, sondern auch in dem übrigen Deutschland, dem verheerenden Strome der Glaubensneuerung, der Alles mit sich zu reißen drohte, Schranken gesetzt wurden. Drei treffliche Fürsten: Ferdinand I., Karl II. und Fer¬ dinand sl. herrschten während dieses Zeitraumes über die Steiermark. Unter der Regierung Ferdinand I. brach der Pro¬ testantismus mit Ungestüm und auf blutiger Bahn in Steier¬ mark ein; — viel Sorge und Kummer verursachte dessen 1 2 immer weitere Verbreitung dem gutmüthigen Landesvater Carl II.; —seine Regierung war ein unausgesetzter Kampfgegen den Erbfeind, den Türken, von außen, und mit seinen religiösen und politischen Gegnern, den Protestanten, im eigenen Lande. Nach dem Tode dieses Fürsten, dem, wie Rosolenz ') bemerkt, das Leben durch seine aufrührerischen Unterthancn so unbillig ist verkürzt worden, (er starb im LI. Lebensjahre), handelte es sich bereits um nichts Geringeres, als um das Seyn oder Nichtseyn der katholischen Kirche, — ja des Chri- stenthums in Steiermark, da die Protestanten schon offen er¬ klärt hatten, sie würden lieber die Herrschaft des Türken, als Ferdinands (Carls Nachfolgers) dulden ?). Da trat Ferdi¬ nand, in klarer Erkenntniß des von der Vorsehung ihm be- schiedenen Berufes, mit wahrhaft christlichem Heldenmuthe und Gottvertranen dem doppelten Feinde entgegen, und erreichte sein Ziel ohne alles Aufsehen, ohne unnöthige Härte und Grau¬ samkeit, wie sie damals auf der andern Seite von protestan¬ tischen Fürsten gegen die Katholiken geübt wurde. Von da an erscheint die Erhaltung und Beschirmung des wahren christli¬ chen Glaubens für Deutschland und wohl auch darüber hin¬ aus, dem erhabenen Herrscherhause Oesterreich von der Vor¬ sehung anvertraut °), und es ist darum auch in den drang- h Nosolenz. Gründlicher Gegenbericht auf den falschen Bericht Davidis Nungii von der Tpranischen Bäpitlichen Verfolgung des H. Evangelsi in Steyermarckt re. Grätz 1607. Bl. 16. 2) Historiu clucuw 8t)wiR Hl. 20. 3) Das kann denn auch der Protestantismus schwer verwinden; und be¬ sonders in neuester Zeit wird in Zeitungsartikeln und in der Bro- schüren-Literatur unserem Oesterreich unablässig vordemonstrirt, das; für selbes kein Heil zu hoffen, wenn es nicht die Protestanten „eman» cipire"; — während diese ohnehin in Oesterreich nach dem Gesetze, und noch mehr nach der überaus liberalen Praxis, weit Vortheilhafter gestellt sind, als die Katholiken in irgend einem prot. Staate von ganz Europa. Allein man will damit nichts Geringeres, als daß der Prote- 3 vollen Bestrebungen unserer Zeit der Vorkämpfer gegen das verderbendrohende antichristliche Princip in der Religion und Politik. 2. Ursachen der Verbreitung des Protestantismus in der Steiermark. Es wird Niemand in Abrede stellen können, daß es viele ehrenwerthe Persönlichkeiten im Protestantismus gibt, die ihrem Glauben in redlicher Ueberzeugung von seiner Wahrheit an¬ hängen. Ihre Erziehung, ihre Verhältnisse, insbesondere Un- kenntm'ß oder irrige Auffassung der katholischen Lehren, — von obligaten Verleumdungen gestützt, — bringen das mit sich. Eine andere Frage aber ist es, ob ein Katholik, der den Ge¬ brauch seiner Vernunft, dazu einen redlichen Willen und die gehörige Kenntniß seiner Religion besitzt, aus innerer Ueber¬ zeugung und aus reinen christlichen Beweggründen den Prote¬ stantismus als Heilswahrheit annehmen könne. Die Beobach¬ tung, welcherlei Charaktere noch immer znm Protestantismus übertreten, entgegengehalten denen, die von dort zur katholi¬ schen Kirche zurückkehren, spricht hierüber sehr vernehmlich. Von Zacharias Werner wird erzählt, er habe sich geäußert: „Es wäre möglich, daß ich noch Heide oder Türke werde, — Protestant werde ich nimmer." So parador dieß klingt, so liegt doch eine große Wahrheit darin. Ist nämlich das Chri- stenthum eine göttliche Offenbarung, so kann diese, nach unwiderleglichen Zeugnissen, nur in der katholischen Kirche sich finden; ist es aber kein Gotteswerk, so mag immerhin noch die Wahl zwischen Christenthum, Heidenthum und Mohameda- nismus übrig bleiben. stantismus im katholischen Oesterreich Lominire. — Wird man daher mit dem neuesten kais. Patente vom 1. September d. I.. dessen Zugeständnisse alle Erwartungen weit übertroffen haben, sich wohl beruhigen?- 1 * 4 I. Wenn wir demnach die Tausende betrachten, die auch in Steiermark in kurzer Zeit der neuen Lehre znfielen, so wird Niemand im Ernste glauben, daß dieses durchgehends aus reine« christlichen Beweggründen geschehen sey: schon die so häu¬ figen wilden und tumultuarischen Bewegungen gegen katholische Personen und Anstalten sprechen laut gegen diese Annahme. Eben so wenig aber können wir den Abgefallenen durchweg unordentliche Motive unterstellen, sondern wir dürfen wenig¬ stens die Volksmaffe mit dem entschuldigen, daß sie aus Man¬ gel an Unterricht, und durch die ungünstige Gestaltung äuße¬ rer Verhältnisse der katholischen Religion und Kirche bereits sehr entfremdet war. Die Meinung, daß dazumal die Geistlichkeit uud das Kirchenwesen grundverdorben, und dieß die Hauptursache der sogenannten Reformation gewesen sey, ist zwar im Ganzen eine irrige, — es wirkten da ganz andere Triebfedern; — aber der so massenhafte Abfall läßt sich allerdings nur dar¬ aus erklären, daß namhafte Gebrechen in dieser Beziehung offenkundig waren. Selbst Rosolcnz, der wackere Propst von Stainz, gesteht: „Die Bisthumben und Prälaturen haben zum Theil vacirt, zum Theil waren sie mit untauglichen Vorstehern versehen". Auch der Mangel an Geistlichkeit und an Pfarrkirchen war besonders in Obersteicr sehr fühlbar, ob¬ wohl Ferdinand I. die Vermehrung derselben sich angelegen seyn ließ H. In der Radmer zeigt man noch heut zu Tage das Fenster im Jagdhause, aus welchem Bischof Martin Brenner an das Volk eine Predigt hielt, und als er die Erbauung einer Kirche zusichcrte, war das Volk für die katholische Religion wieder gewonnen, weil die armen Leute bisher manches Jahr den ganzen Winter in keine Kirche kommen konnten, ihre Kin¬ der oft lange ungetauft, und die Verstorbenen unbegraben Nquil, Cäsar StaaiZ- und Kirchengeschichie. VII. 96. Z lassen mußten. Wie schlimm es mit dem Religionsunter¬ richte bestellt war, kann man aus einer Verordnung der im I. 1470 zu Passau (wohin damals der steirische Theil von Auffce gehörte) gehaltenen Synode entnehmen, worin befohlen wird, daß die Seelsorger bei jeder Predigt dem Volke das Vater unser, den englischen Gruß, das apostolische Glanbcns- bekenntniß und die 10 Gebote Gottes in der Muttersprache vorsageu und es anweisen sollen, das auswendig zu lernen "). Daß die Seelsorgsgeistlichkeit häufig nicht nur pflichtverges¬ sen war, sondern auch dem Volke zum Aergerniß wurde, wird in der kirchlichen Zusammenkunft, die der Salzburger Erzbischof, Mathias Lang, mit einigen Snffraganen zu Milldorf 1522 hielt, anerkannt, und erklärt, daß nur durch die Besserung des Kle¬ rus dem Uebcl der Zeit begegnet werden könnte. Es erging dem zu Folge auch ein dringendes Mandat des Erzbischofes an die hohe und niedrige Geistlichkeit der Salzbnrger Kirchen¬ provinz. ") Man steht hieraus, daß die Mitglieder jener Kir¬ chenversammlung es sehr wohl erkannten, daß eine Verbesse¬ rung der Kirche in ihren menschlich sündigen Bestandtheilen nöthig geworden war. Wenn sie aber, wie Dalham bemerkt, meinten, daß die Wirrnisse der Zeit bloß durch die Bes¬ serung des Klerus sich beheben werden, so mochten sic ihren Jrrthum bald erkennen und überzeugt werden, daß die Quelle des Uebels anderswo lag. Einige Andentnngen davon kommen jedoch schon in dem Mandate vor, wo es heißt, daß manche Geistliche von der weltlichen Macht gestützt, sich in Pfründen eindrängcn und der Kirche zum Aergernisse werden; ferner daß zahllose Schmäh- schriften gegen die Kirche heranskommen, w o- 1) Rosolcnz S. 49. 2) Klein Gesch. des Chr. in Oesterr. u. Sicicrm. III. 426. 2) vnlbnm cone. Lnlisb. S. 281. 6 durch dieLaien mehr als je gegen dieKirche und Religion aufgereitzt werden. Wenn inan übrigens die Geistlichkeit jener Zeit der Lauig¬ keit in ihrem Amte anklagen will, so ist auch nicht zu über¬ sehen, daß sie durch immer häufigere Entziehung ihres herge¬ brachten Einkommens muthlos werden mußte, wie die Gra- v amina, die auf einer kirchlichen Versammlung zu Gurk 1537 aufgesetzt wurden, nachweisen. Es wird da geklagt: „daß ein jeglicher, der das heil. Sakrament zu österlicher Zeit empfangen, auf die 7 höchsten Feste allweg ein Pfennig zu geben und zu opfern schuldig; aber dero jetzo wenig geben, und also die Pfarren in Abfall kommen. — Auch die panes xrop08itioui8 — Brod-Zueleg — 4 oder 5mal im Jahre, werden dem Pfarrer und Meßner nicht mehr gegeben. — Die Kranken, die mit dem heil. Sakramente versehen werden, wenn sie wiederumb aufkhumen, sollen dem Priester dafür 1, — wo sie aber sterben, alsdann 12 Pfennig geben. Die Keufchler, genesen oder sterben sie in diesem Falle, so müssen sie doch 3 Kreuzer geben. Ist ihnen aber jetzt beschwerlich" u. s. w. 0« Diese Schmälerung der kirchlichen Einkünfte artete später, als das Lutherthmn bereits im Gange war, in förmliche Plünde¬ rung aus, wodurch in manchen Kirchen der katholische Got¬ tesdienst aufhören mußte. In Mnreck z. B. allein wurden fünf Kelche und die Monstranze aus der Pfarrkirche von den Pro¬ testanten wcggenommen, und Aehnliches geschah an vielen an¬ dern Orten '). In den Reinerpfarren Thal und Feistritz konnte vom Jahre 1536 bis 1571 kein Gottesdienst gehalten wer¬ den, weil Sebastian von Windischgrätz das ganze Kirchenver¬ mögen in Besitz genommen hatte °). Dalham S. 295. 2) Visitations-Protokoll vom I. 1617 im Seckauer Ordinariats-Archive. o) Alanus vixlomutarium Ruirenss. Eine ausgezeichnete Geschichts-Quelle für das Stift Rein und Steiermark, wovon eine Abschrift imJoanneums- s , Archive zu Gratz sich befindet. 7 2. Die Kirchengeschichte lehrt, daß den austanchenden Irrlehren häufig eine andere früher dagewesene Irrlehre zur Grundlage und Förderung diente. Auch in unserer Steiermark kommen einige Andeutungen vor, daß die Reinheit der katho¬ lischen Lehre schon vor dem Einfalle des Protestantismus hier und da getrübt worden war. So finden sich Spuren der so kirchenfeindlichen Secte der Waldenser in den obern Theilen der Steiermark, wo eben später das Lutherthum sich so schnell und stark verbreitete. In den Grundlehren des Glaubens wa¬ ren zwar die Waldenser und Lutheraner himmelweit von ein¬ ander verschieden, aber im Haffe gegen die Kirche, in der Schmähung des Priesterthums, und in der Berufung auf die mißverstandene Bibel waren sie sich gleich. Als die Waldenser mit Waffengewalt aus Frankreich vertrieben worden waren, kamen viele derselben nach Oesterreich ob der Enns, wo der sorglose Bischof Johann von Passau sie ruhig wohnen ließ. Sie nahmen aber bald so sehr überhand, daß man für nöthig fand, sie mittelst der Inquisition zu unterdrücken. Zu diesem Ende berief Herzog Albert III. im Jahre 1395 den Cölestincr Mönch Frater Petrus nach Oesterreich. Die meisten Ketzer wurden in der Stadt Steier (damals zu Steiermark gerech¬ net) und ihrer Umgegend, besonders im Gebirge entdeckt. Eine große Zahl trat zur katholischen Kirche zurück, viele aber wur¬ den, als in der Irrlehre verharrend, mit ewigem Kerker und in anderer Weise gestraft '). Ein bedeutender Gährnngsstoff aber blieb, wie es bei solchen hartnäckigen Jrrthümern meist der Fall ist, in den obersteirischen Gebirgen zurück, als will¬ kommener Anhaltungspunkt für den Protestantismus. Auch die untere Steiermark war von dieser Art Ketzerei nicht ganz verschont geblieben: sie suchte sich schou zu Anfang des 14. Jahrhunderts dort einzuschleichen; aber die Wach- -) Klein III. 42. 8 samkeit des Patriarchen von Aqm'leja verhinderte ein weiteres Umsichgreifen. Wir finden in dieser Beziehung einen Auftrag des dortigen Patriarchen Ottobonus an den Karthäuser Prior Gottfried zu Seiz (1306—1314), daß er gegen die schlei¬ chenden Irrlehren geeignete Vorkehrungen treffe. Es heißt darin: „Aus dem Berichte sehr vieler glaubwürdiger Männer haben wir vernommen, daß Einige jenseits der Gebirge unseres Spren- gels (nonnulli ultramontani) in gewissen Verirrungen ihr Ge- müth ketzerischer Verkehrtheit zugewendet haben, so daß man über die katholische Rechtgläubigkeit in jenen Landtheilen viel¬ fache Zweifel erhebt. Um also den ersten Anfängen sogleich zu widerstehen" rc. — folgen die gewöhnlichen Weisungen H. Eine eigenthümlich seltsame Religionssekte findet sich bald darauf 1421 in der obern Steiermark, und insbesondere in der Stadt Judenburg; man nannte sie die Religion der 24 Aeltcstcn. Die Universität zu Wien gab am 18. Oktober 1421 ein ihr abvcrlangtcs Urtheil über diese neue Lehre ab, welche darin bestand, daß man glaubte, Gott der Herr sitze mit 24 Aeltesten, von denen die geheime Offenbarung e. 4 V.4 spricht, jeden Donnerstag der 4 Quatemberwochen zu Gericht, und berathe mit ihnen die nächste Zukunft auf ein Vierteljahr vor¬ aus, und daß dabei für jeden Menschen festgesetzt werde, ob er während dieser Zeit sterben oder lebend bleiben, glücklich oder unglücklich seyn soll. Dabei meinte man, daß diese 24 Aeltesten eine besondere Art von Heiligen seyeu. Man ließ sie absonderlich malen und gab ihnen ganz eigenthümliche Namen; auch wurden sie durch eigens verfaßte Messen und besondere Cäremonicn verehrt, und zwar vorzüglich an den obgenannten Donnerstagen, indem man hoffte, auf diese Weise ihre Für¬ sprache zu einem glücklichen Verlaufe des kommenden Viertel- si Vs Uubeis Nonum. ^guil. c, 83. 9 — jahres zu erwirken H. Solche Erscheinungen deuten wenig¬ stens an, daß eine Geneigtheit der Gemüthcr zu Abweichungen von der gesunden katholischen Lehre in der obern Steiermark vorhanden war. Einen Beleg hierzu liefert auch die folgende Thatsache aus dem Jahre 1502: Dem Salzburger Erzbischöfe Leonhard wurde angezeigt, daß in dem Chorherrenstifte zu Seckan ketze¬ rische Gebräuche bei Ansspendung des heil. Abendmahles Vor¬ kommen. Sie sollen vorzüglich darin bestehen, daß man sich an gewissen hohen Festtagen größerer und kleinerer Hostien, je nach dem Stande der Personen bediene; und auch in der Darreichung des Kelches (?) mit dem kostbaren Blute unseres Herrn werde ein Ritus gebraucht, der von der Observanz der allgemeinen Kirche durchaus abweiche. Bon Manchen werde das als Häresie betrachtet, und es sey schon unter Klerus und Volk großes Aergerniß entstanden. Der Erzbischof trug dem Archidiaconus der untern stei¬ rischen Mark (Nnrcsiiie Ltirin; inlsirioris) Gregorius Rayner vöerktornM vr. und dem Frater Alcrander, Prior des Do¬ minikaner Konventes in Grätz die dießfällige Untersuchung des Stiftes Seckau auf. Das Ergebniß der Untersuchung war je¬ doch, daß das Gerücht nur aus böswilliger Eifersucht und Feindschaft gegen den Propst und die Chorherren entstanden, und das Stift von jener Anschuldigung ganz frei, und gut katholisch befunden worden ist. Zn Urkund dessen wurde eine förmliche Erklärung von den Visitatoren ausgestellt und öffent¬ lich bekannt gemacht ?). 3. Wie anderwärts, so fand auch in der Steiermark der Protestantismus einen durch weitverbreitete Sittenlosigkeit auf- si Höfler „Geschichtschreiber der Husni. Bewegung" S. XXXVIII aus einer Handschrift der Münchner Hofbibliothek. 2) Pergament-Urkunde vom II. April 1502 mit zwei Siegeln im Joan¬ neums-Archive zu Graß. 10 gewühlten Boden. Kaiser Friedrich III-, wiewohl ein sittlich guter und religiöser Fürst, setzte doch durch sein unweises und schlaffes Benehmen unsere Länder durch ein halbes Jahrhun¬ dert in solche Lagen, die dem Verfalle der Sittlichkeit und dem Umsichgreifen der Laster und Verbrechen überaus günstig wa¬ ren Gotteslästerung, Völlerei und Lurus waren so im Schwünge, daß die Landstände auf dem allgemeinen Landtage zu Innsbruck 1518 den Kaiser Maximilian um eine Verfü¬ gung dagegen bathen, die durch strenge Strafen bekräftiget sein möchte. Der Kaiser ordnete auch an, daß „das beschwer¬ liche Unwesen der Gotteslästerung, Zuetrinkens, auch übrigen Kostens und Prachts in Hochzeiten und Begängnussen, darzu unmäßige Kleidungen u. s. w. bestraft werden solle ?). Um insbesondere unter dem Adel der gräulichen Gottesläste¬ rung und der Völlerei Einhalt zu thun, stiftete der damalige Lan¬ deshauptmann von Steiermark Siegmund von Dietrichstein 1517 die Bruderschaft vom heil. Christoph, nachdem schon früher Kaiser Friedrich III. den Greiforden, dessen Zeichen ein Greif an goldener Kette mit der Umschrift: „Halt Maß" war, zu ähnlichen Zwecke aus Portugal in seine Länder verpflanzt hatte. Dietrichstein sagt in der Errichtungsurkunde (auszugsweise): „dieweil ich wahrgenommen hab, wie aus natürlicher Erkennt- nuß greulich ist, daß der Mensch als ein vernünftig geschaffen Ding, seinen Schöpfer den allerhöchsten, größten und ganz un¬ aussprechlichen nicht so viel soll in Aufmerken haben, daß er zum wenigsten seinen göttlichen Namen überall ehrwürdig, und darum keineswegs eitel und gering nenne; fürder woraus solche Unaufmerkung am meisten entstanden und zu einer Gewohnheit angewachsen ist, nämlich die Villerei, so eine Verstopferinn der Sinne und eine Verschwenden»« der Gedächniß ist, und wie tz Klein Gesch. des Chr. in Oesterr. u. Dteierm. III. 424. -) Steir. Landhandfeste S. SO. Auflage vom I. 1842. 11 Böses aus Bösen folgt, und aber unter allen Unsitten die Fülle¬ rei und zumalen die Ueberfüllerei des Zutrinkens am vorder¬ sten erscheint, und also dem Adel am meisten zu wider ist, der doch ein Vorgang des gemeinen Volks sein soll, hab ich gedacht, nach gespürten mein selbst Schaden '), wie solches abzubringen und auszureuten sei und bei mir gefunden, wie etwa der Freywill durch Vermittlung einer Gesellschaft, aus heimlicher Wirkung angeborner Adelstugend zu Widerbrin¬ gung guter Sitten zu bewegen sei. Darum mit zeitigen Rath auch gar fleißiger Erweckung ihrer viel der Wohlgebornen Edlen, strengen, und Vesten Freye Herrn, Ritterschaft und ge¬ meinen Adels des löblichen Fürstenthum Steier, Kärnthen und Kram, den nicht nur vorgemelte Meinung gefallen, sondern sich auch selbst darin gelaßen und mit begierlichen Willen solche Gesellschaft zugesagt auch aller Maß, wie die Ordnung begreift zu halten gelobt haben, deren Namen am Ende begriffen sein werden. Mit hochflcißiger Ermahnung zu allem Adel, daß sie wollen bedenken ihre löbliche Abkunft, die Würd des Verstan¬ des, auch die große Nothdurft unserer Zeit, zu welcher beide grausame Laster Fluchens und Zutrinkens sogar überhand ge¬ nommen, was Zornsstraf von Gott, Uebel, Schaden nnd Un¬ raths an Seel, Ehr, Leib und Gut daraus vielfältig erfolgt wie niemand verborgen. Demnach haben wir die Bildnus des heil. Märtyrer Christoph, als für ein Zeichen der Gesellschaft unter uns zu tragen, fürgcnommcn, wie dann hienach etliche Artikel begreifen werden." Die Statuten dieser Confraternität waren unter andern: Jeder trage das Bildniß des heil. Christoph; — wer es nicht trägt, gebe (totios qnotios) den Armen 3 Kreuzer. — Jeder Theilnehmer, wenn ihn ein Weg bei einer Kirche des heil. Dietrichstcin's Hochzeiitafel zu Wien am 22. Juli 15IS war mit ZOO Speisen besetzt. 12 Christoph, oder auf welcher dessen Bild gemalt ist, vorüberführt, bete in derselben ein Pater und Ave zu Ehren des heil. Christoph, wer es unterläßt, opfere Gott in der Kirche ein Stück Geld. —Keiner soll bei den Sakramenten, bei dem Leibe, Blute oder bei dem Leiden Christi schwören oder lästern, wer sich dieser Fehler schuldig macht, wird dem Vorsteher (Oapitanou8) innerhalb eines Monats einen Gulden Rheinisch zahlen; wer dessen 6 mal überwiesen wird, soll aus der Gesellsebaft ausge¬ schlossen werden. — Keiner fordere den Andern zum Trinken auf, der Aufgeforderte trinke so viel, als er dürstet; der Uebertreter zahle dem Vorsteher 2 Gnldcn. Jedes Mitglied ist verpflich¬ tet anzuzeigen, wenn irgend einer sich der Trunkenheit, der Gotteslästerung oder des Schwörens schuldig macht. Keiner dulde auch dergleichen bei seinen Söhnen, Brüdern rc., im Wiederholungsfälle entferne er selbe aus seinem Hause und kein anders Mitglied soll einen solchen aufnehmen, wenn er nicht mit einem Eide Besserung gelobt, u. s. w. „Aber, fügt Cäsar bei, diese so nützliche Societät hat nicht lange bestan¬ den, denn man verhandelte fruchtlos selbst in den Reichsta¬ gen gegen die Trinkbrüder (Ooinpotatores) als ob der Ruhm der Deutschen in Zechen bestände. Daher fielen auch die Theil- nchmer dieser Societät allmälig ab, da der erste Eifer erkaltete, und die Leidenschaft des Trunkes zu groß war." Wenn nun unter solchen Leuten die Apostel der neuen Lehre sich derart vernehmen ließen, wie ihre Meister in Sach¬ sen: „Besser sich der Trunkenheit und Völlerci ergeben, als Fa¬ sten für ein gutes Werk halten" ?), so wird sich Niemand wundern, wenn solcher Zuspruch eine freudige Aufnahme fand. 4. Diese Verwilderung förderte auch durch alle Schichten der Gesellschaft den Geist der Insubordination. Die Bande ss Aquilin Cäsar Xnnul. III. 670. 2) Luther, Nut-leg. des Evang. für den I. S. in derFast. beiWalch.XI. 730. 13 der Ordnung waren im Anfänge des 16. Jahrhunderts auch in Steiermark vielfach gelockert; die Pflicht, sich der Herr¬ schaft, besonders wenn sie eine drückende schien, zu fügen, wurde vielfach nicht mehr anerkannt; so durfte das Wort, welches zur Beseitung der lenkenden Macht (zur evangelischen Freiheit) aufforderte, auf bereitwilliges Gehör zählen. So huldigten vorzüglich die Edelleute den lutherischen Lehren, denn sic waren theils die Söhne, theils die Enkel derjenigen, welche unter Kaiser Friedrich's schwacher und unruhvollcr Regierung so hänfig gegen den Landesfürsten sich aufgelehnt nach Unge- bundenhcit und Gesetzcslosigkeit gestrebt, das Fanstrccht geübt, zu Räuberhorden sich verbunden hatten, auf Plünderung und andere Gewaltthätigkeiten ausgegangen waren, und besonders nach Kirchengütern getrachtet hatten. Was für ein Geist von solchen Leuten auf ihre Söhne und Enkel übergegangen sey, läßt sich leicht denken. Das Faustrecht war unter Kaiser Ma¬ ximilian unterdrückt worden, der Landfriede wurde mächtiger als je gehandhabt; durch's Schwert zu gewinnen, war also keine Aussicht vorhanden. Nun aber öffneten Luthers Reli- gionsncuerungen eine andere Aussicht. Um nichts davon zu sagen, daß man nach ihnen von vielen lästigen Beschränkun¬ gen und Religionsübungen, vom Fasten, Beichten, von den Kirchengefetzen, den kirchlichen Rechten, von der Gerichtsbar¬ keit des Papstes und der Bischöfe, von Bann und Interdikt n. dergl. auf immer frei werden konnte, daß man nur fest auf Christum zu glauben und keine guten Werke zu verrich¬ ten brauchte'); — so räumte Luther, der ja jeden Christen ver- h Man erinnert sich hiebei unwillkührlich an jene Anekdote, die der letzte Fürstabt von St. Blasien aus seinem Leben erzählt. Als er einst zu Schiffe den Bodensee hinabfuhr, trat ein rcformirter Thurgauer zu ihm mit den Worten: „Das können Euer Hochwürden Loch nicht in Abrede stellen, daß wir halt Loch ein bequemes Gläublein haben". — Ja. 14 mög der Taufe für einen Priester erklärte, in Kirchensachen alle Macht den Weltlichen ein; und da nach seinen Grund¬ sätzen die Bisthümer und Klöster eingehen mußten, — welche Aussicht war da nicht vorhanden, mittelst des Lutherthums zu den Gütern, Einkünften und Rechten der Geistlichkeit zu gelan¬ gen ? Darum waren die Edelleute, deren Vorfahren Klöster oder Pfarren gestiftet oder begabt hatten, welche Lehensherrn oder Vögte so mancher Klöster und Kirchen waren, sie, von denen nicht wenige in geringeren Vermögensumständen sich befan¬ den, und durch das Faustrecht zu größeren zu gelangen keine Hoffnung hatten, die ersten, denen die Richtigkeit und Vortreff¬ lichkeit der neuen Lehre Luthers einleuchtete '). In dem Maße aber, als die Edelleute die Macht ihres Landesfürsten zu schmälern suchten, mußten sie die Widersetz¬ lichkeit ihrer eigenen Unterthanen — des Landvolkes, — erfah¬ ren. Es deutet auf eine weitgreifende Auflösung aller Bande der gesellschaftlichen Ordnung, wenn die Chroniken erzählen, daß 1516 um Rann an der südlichen Gränze Steiermarks unter dem Vorwande, alte Rechte (staru xrnväu) herzustellen, ein „Bauern-Bund" von 80.000 Rebellen sich gesammelt, und viel Herrn todt geschlagen und aus ihren Schlössern geworfen hat?). Der Aufruhr erstreckte sich über Gonowitz hin und bis in das Sulmthal gegen Leibnitz hinauf, wo beiHaimschuh ein Wolfgang und Andreas Windischgratz von den Bauern erschlagen wurde». Es wurde zwar die äußere Ruhe auf Kaiser Maximilians Befehl von Dietrichstein mit Gewalt hcrgestellt, und viele „gehenkt, geköpft und gespißt" ?), aber der Gährungsstoff der dieses „bequeme Glaub lein" ist eigentlich das ganze Geheimniß des Bestehens und der Fortdauer des Protestantismus. si Klein IV. 32. Cill. Chron. Cill. Chron. 15 übrig geblieben, erhielt an Luthers Lehren und Beispiel ein neues kräftigendes Element. Denn was konnte solchen Unzu¬ friedenen willkommener sein, als z. B. die Artikel, welche der bereits protestantische Gaismaier, Anführer des Bauern¬ aufruhres in Tirol 1525 in seiner „Landesordnung" aufstellte, wo der Artikel 2. lautet: „daß ihr alle gottlosen Menschen, die das ewige Wort Gottes verfolgen und den gemein armen Mann beschwüren, ausreittcn wollt. Artikel 5. Sollen alle Ringmauern an den Städten und alle Geschlößer und Befe¬ stigung im Land niedergebrochen werden und hinfür nimmer Städte, sondern Dörfer sein, damit der Unterschied der Men¬ schen aufhöre, und eine ganze Gleichheit im Lande sei" Man steht ans diesen Andeutungen daß die religiösen und politischen Verhältnisse in der Steiermark dem Protestan¬ tismus eben so günstig waren, wie in den übrigen Ländern Deutschlands, wo er um sich gegriffen, und wir setzen zur wei¬ teren Erklärung der so schnellen Fortschritte desselben nur noch bei, was der Meister der Geschichte Hurter °) sagt: „Weit seltener als das bauende, kehrt das zerstörende Wort ohne Wirkung zurück; eher mag, wer den Frieden predigt, den Staub von den Füßen schütteln, als wer den Hader verkündet; leichter wird die Gcmüther an sich ziehen, wer zur Auflösung, als wer zum Gehorsam ermahnt. Die Erlebnisse der Gegenwart (Deutschkatholiken und das Jahr 1848) versetzen durch die Hellen Streiflichter, welche sie über verwandte Erscheinungen der Vergangenheit werfen, diese aus den Büchern abermals mitten in das Leben". st Buchholz, Geschichte Ferdinands l. IX. 651. -) Hurter, Geschichte Ferdinands II. I. 54. 16 r. Der Protestantismus in der Steiermark unter der Re¬ gierung Ferdinands I. 3. Der erste Grust des Protestantismus an die Steiermark. Mit Bütt bezeichnete die neue Lehre der „evangelischen Freiheit" ihren Eintritt in Steiermark. Sie kam aus denk Salzburgischen herüber, wo sie frühzeitig Eingang gefunden. Bei allem Eifer, den der Erzbischof Mathias Lang gegen ihre Verbreitung anwendete, wußten ihn die Neuerer doch zu täuschen, so daß er den eifrigen Protestanten Stephan Agri- cola oder Kastenbauer als Domprediger anstellte; und als dieser eingesperrt worden war, kam Paul Speratus oder Spre- ter an dessen Stelle, der wieder lutherisch predigte, und nach seiner Flucht noch durch Verbreitung von Luthers Schriften unter den Salzburgern wirkte 0- Belehrungen und Strafen blieben fruchtlos, der Schwindel der evangelischen Freiheit hatte sich der Köpfe bemächtigt und steigerte sich bis zum offenen Aufruhr, dem sogenannten „lateinischen Krieg." Die¬ ser wurde indessen bald gestillt. Im folgenden Jahre 1524 ließ der Erzbischof einen Prie¬ ster Matthäus, welcher lutherische Lehren verbreitet hatte, nach Mittersill ins Gefängniß abführen. Er war mit Ketten auf ein Pferd gebunden und von einer kleinen Schaar Kriegsknechte si „Da mich, schreibt Speratus, der grausame Behemoth und weit¬ äugige Leviathan, der dort in seiner Veste sitzt, ferner nicht dulden und leiden mochte re." (Buchholz, Gesch. Ferdinand I. VIII, 128.) 17 begleitet. Während diese in einem Wirthshause zu Schellen¬ berg zechten, wußte der Gefangene den vor dem Wirthshause versammelten betrunkenen Landlenten Mitleid einzuflvßen, in¬ dem er seine Unschuld betheuerte und jammerte „wie man ihn um der Wahrheit willen nun in den Thurm schleppe, wo er werde verfaulen müssen". Der Erfolg davon war, daß die Landleute über die Kriegsknechte herfielen, und den Gefange¬ nen in Freiheit setzten. Der Frevel wurde an den Theilneh- mern zwar nur gelinde bestraft, die Rädelsführer aber, der Salzführer Stock! und seine Kameraden wurden enthauptet. Stöckl's Bruder und seine zahlreichen Freunde schwuren Ra¬ che, und bald war der Aufruhr wieder im vollen Gange. Die Gewerken, Bergknappen und Gebirgsbauern rotteten sich um Gastein zusammen und gaben ein Manifest ihrer Forderungen heraus, dessen erster Punkt war: „Daß Gottes Wort und Evangelium ohne allen Mcnschenzusatz gepredigt werde". Die Rebellen gaben sich den Namen „christlicher Bund" und ihre Anzahl vermehrte sich schnell durch Ankömmlinge von allen Seiten, so daß sie den Erzbischof, der sich in die Veste Ober- Salzburg zurückgezogen hatte, förmlich belagerten. 1525 '). Als es hieß, „in Salzburg geht es gegen die Herrn und Pfaffen", zeigte sich sogleich auch in dem angränzenden Enns- thale eine entsprechende Stimmung, welche der „christliche Bund" durch Emissäre zu nähren sehr beflissen war. Die Bauern, und insbesondere die Bergknappen nm Schladming, bald auch die Bergknappen zu Auffee und Eisenerz, legten sich Man hat zwar behauptet, daß nur die schwere Bedrückung mit Steuern und Frohndiensten die Ursache des Aufstandes gewesen seh. — Allein dieser Druck war dort nicht stärker, als an andern Orten und zu an¬ dern Zelten, und es zeigt die ganze Geschichte des Aufstandes, daß die neue Lehre den Impuls dazu gab. — Daß man bei solcher Gelegenheit jegliche Last abschütteln wollte, versteht sich von selbst, denn in diesem Sinne faßte man eben „die evangelische Freiheit" auf. 2 18 gegen den Adel und die Geistlichkeit ins Feld, und machten mit den „Büudischcn" gemeinsame Sache. Es ist aber überhaupt eine sonderbare Erscheinung, daß nicht nur in Salzburg, Steiermark und Kärnten, sondern auch im innern Deutschland gerade die Bergleute, die im dunklen Schoße der Erde ihre Tage hinbringen, sich dem, was man das neue Licht nannte, mit besonderem Eifer zuwandten. Von der hellleuchtcndcn Sonne der göttlichen Offenbarung in der katholischen Kirche hinweg, wandten sie sich mit Vorliebe zn der trüben Grubenlampe der Aufklärerei. Auch Luther war eines Bergmanns Sohn. Man fühlt sich fast veranlaßt, eine mystische Parallele zu ziehen zwischen den Metallen, die die Bergleute aus dem Dunkel fördern, (zu Gastein Gold, zu Eisenerz Eisen) und die eine dämonische Gewalt in der Welt üben,— und der schauerlichen Wirksamkeit, die die Religionsnenerung seit dem 16. Jahrhundert herab, bis zur drohenden allgemei¬ nen Auflösung der Gesellschaft unserer Zeit, entfaltet hat '). Bei der Abwesenheit des Landesfürsten Ferdinand I. fehlte es Anfangs an kräftigem Eingreifen, obwohl Ferdinand Be- rathungen der Landstände in Steiermark anordnete — um zu ermitteln, — „was zur Erhaltung eines gemeinsamen christ¬ lichen Friedens dieser Empörung halber, gedeihen möge!" Landeshauptmann in Steiermark war damals der schon alternde und an einem Schenkel gichtkranke Sigmnnd von Dietrich stein. Als derselbe auf dringendes Begehren der Regierung, die er öfters schon um Enthebung von seinem Amte gebeten hatte, zum Landtage nach Gratz gekommen war, gelang es ihm nur nach vielen Bemühnngen, und nachdem er versprochen hatte, („unangesehcn meiner Schwachheit, und daß ich meine Ungeschicklichkeit zum Dickcnmal angezeigt hatte", sagt Dietrichstein in seinem Berichte) in eigener Person mit- Hurter. 19 zuziehen, daß einige Beschlüße zur bewaffneten Bekämpfung gefaßt wurden. Derselbe zog dann in Eile mit seinem eigenen Gefolge, „deßgleichen mit vier oder fünf Landleuten (Landherrn) und etlichen Knechten, die er mit schwerer Müh aufbrachte, und darauf er sein eigen Geld darstreckte, und von andern ent¬ lehnte", gegen Bruck an der Mur. Dort kam er mit Sigmund Kaiser (Keußer) dem Hauptmanne der deutschen Fußknechte, die von Wien geschickt worden waren, zusammen. Dieser zeigte an, daß seine Leute zu Leoben (Lcuben) stehen, aber nicht wei¬ ter ziehen, und sich gegen die Bauern nicht brauchen lassen wollen. Sie wurden wahrscheinlich bei ihrem Zuge durch Neu¬ stadt von den dortigen Neuerern gewonnen. Dietrichstein ging nach Leoben, um mit ihnen zu unterhandeln; aber nur einen Theil davon konnte er bewegen, aufs neue zu schwören, meh¬ rere gingen zu den Gegnern über. Dafür aber kam ein Zu¬ zug von 300 Böheimern. Weil unterdessen Murau und andere Flecken von den „Bündifchen" eingenommen wurden, war Dietrichstein Willens über Judenburg gegen sie zu ziehen. Da ward ihm aber durch seine Kundschafter angezcigt, daß bei seiner Entfernung alle Bauersleute um Leoben, sammt dem ganzen Eisenerz (Vor¬ der- und Jnnerberg) und andern anstossenden Thälern sich in den Bund einlassen würden. Er beschloß daher gegen Eisen¬ erz zu ziehen, und unterhandelte unterwegs zu Trophenik (Tro- faiach) mit der Pfarrgcmeinde, um sie in Gehorsam zu er¬ halten. Sie erbot sich auch gutwillig dazu, doch „insofern, als die Eisenerzer und andere ihre Nachbaren nicht um fie¬ len". Er schickte nun den Grafen von Montfort, und Leon- hart Steinbock ab, um mit den Eisenerzen: zu unterhandeln. Die Vordernberger fanden sie guten Willens, aber als sie in den Jnnerberg (Eisenerz) kamen, wurden sie über¬ fallen, zu Gefangenen gemacht und ihnen alles genommen. 2 * 80 Damr erbrachen die Eisenerzer das landesfürstliche Amthaus und nahmen Büchsen, Spieße und andere Wehr daraus. In der Nacht erhielt Dietrichstein die Kunde, die Feinde zögen herab durch das Ennsthal und hätten Rottenmann inne; es seyen auch die Bauern im Kammerthale bis an Naphiet (Furth?) dieselbe Nacht alle umgefallen. So wußte Dietrich¬ stein nicht, ob er auf Eisenerz oder gegen die Ennsthaler zie¬ hen sollte. Wie es aber Tag geworden, kam ein Schreiben von dem Amtmanne in Vordernberg, mit der Anzeige, wie er mit Hilfe der Vordernberger so viel gehandelt, daß die Inner¬ berger den gefangenen Grafen und Steinböck frei geben, ihnen auch ihre Habe, so viel sich noch vorfand, zurückstellen wol¬ len, unter der Bedingung, daß Dietrichstein nichts Thätliches gegen sie vornehmen, auch ihre Nachbaren nicht „verbrennen" solle. Dietrichstein bewilligte das — bis auf weitern Befehl, — zog noch denselben Tag den Ennsthalern und Schladmingern entgegen bis Mautern, und brachte die Bauern im Kammer¬ thale wieder zum Gehorsam. Des andern Tages rückte er bis auf Goyßen (Gais- Horn) vor. Die Bauern hatten zwar zu St. Cunigund in Wald eine „Landwehr" gemacht, aber sie flohen davon bis gegen Gaishorn. Im Nachsetzen wurden drei Knappen gefan¬ gen, welche „peinlich" befragt, ansfagten, es sei nebst der Bauernschaft von Gaishorn auch die von Schladming an 1200 da. Ihr obrister Hauptmann stehe mit 300 Mann zu Admont, und eine Meile Wegs davon zu Stuben sollen bis 10.000 Bauern und Knechte zusammen kommen. Bei einem Bollwerk, das die Rebellen zwischen Wald und Gaishorn über den Weg aufgeworfen hatten, ward Dietrichstein mit ihnen hand¬ gemein; aber die deutschen Fußknechte wandten sich, als die Feinde ihr Geschütz abgehen ließen, zur unaufhaltbaren Flucht, worauf auch die Böhmen, ohne auch nur abzuschießen, sich zurückwandten. So kam Dietrichstein mit den Reisigen (Reiterei) 21 in xinem Hohlwege so ins Gedränge, daß er selbst auf die Achsel und in die Seite von Steinen hart getroffen, kaum noch das Geschütz retten konnte. Auf dem Rückzüge schickte er seinen Diener Steinpeiß den feigen Flüchtlingen nach, mit der Mahnung, doch so lange zu warten, bis er mit dem Ge¬ schütze nachkäme. Aber sie wollten ihn vom Pferde stechen, zogen die ganze Nacht fort und kamen Morgens nach Mau- tern; — die deutschen (wienerischen) Knechte waren aber schon am Abend vorher dort angelangt. Dietrichstein war seit 24 Stunden zu Pferde gewesen und kam mit so vermehrten Fußübel zu Ehrnau an, daß man ihm das Beinkleid vom Schen¬ kel schneiden mußte. In Ehrnau fand er zum Glück Hilfs¬ truppen aus Kram und Kärnten; als er jedoch den Feind wieder aufznsuchen sich anschickte, wollten seine Söldner nicht mehr weiter dienen, es wurde ihm sogar angezeigt, daß der mehre Theil zum Feinde fallen wollte. Nach vielen Hin- und Herredcn begütigte er sie auf den Rath der übrigen Anführer mit Geld, welches er mit großer Mühe aufgebracht hatte. Er rückte nun wieder vor, brachte Rottenmann zum Gehor¬ sam und nahm die Bauernschaft umher iu des Herzogs Pflicht auf Gnad und Ungnad. Ungefähr anderthalb Meilen hinter Rottenmann hatten die Rebellen zwei Verhaue aufgestellt, welche Reustl, erzherzoglicher geschworner Bergrichtcr von Schladming, jetzt Bauern-Hauptmann mit 6000 Mann besetzt hielt. Dietrichsteiu ließ ihm durch eine» Diener Vorstellungen und Vorschläge machen, die jedoch abgewiesen wurden, wobei der Diener beinahe wäre erschlagen worden. Als Dietrichstein bereits im Zuge dahin war, schickten die Bauern Abgeordnete mit dem Anträge, unter Bedingun¬ gen zu kapitulircn; aber Dietrichstein forderte Ergebung auf Gnade oder Ungnade, und wenn sie dieß wollten, so mögen sie des andern Tages bei Neuhaus auf der Futtcrwiese auf ihn warten, wo das weitere abgemacht werden soll. Die Gc- 22 sandten sagten das zu, aber als Dietrichstein des andern Ta¬ ges in besagte Gegend kam, fand er Niemanden auf der Fut- tcrwiefe. Renstl hatte sie auseinander gehen lassen, und er selbst floh ins Lungau. Nun wurden auf dem weiteren Zuge die Bauern um Jr- ming (Jrdning) zur Ordnung zurückgeführt, und auch die De¬ putaten von Schladming kamen nach Jrdning um ihre Un¬ terwerfung anzuzeigen. Als jedoch Dietrichstein einige seiner Diener nach Schladming abordncte, zeigte es sich, daß die Knappen daselbst sich nicht zum Gehorsame bewegen ließen, sie zogen vielmehr gegen Mandling ab, und vereinigten sich mit den Salzbnrgischen. Dietrichstein war j"tzt Willens, da im ganzen Ennsthale sammt den Nebenthälern Ruhe und Frieden wieder hergestellt war, von Jrdning zurück den Abzug nehmen. Da schickten ihm die Einwohner von Schladming einen „Feindsbrief" den ihnen die salzbnrgischen Rebellen von Mandling auf Anrei¬ zung der Schladminger-Knappen zugesandt hatten, des In¬ halts: sofern sie sich in ihren Bund nicht ergeben, wollen sie selbe überziehen und verderben. Dem znfolge baten die Schlad¬ minger Dietrichstein, sie in dieser Noth nicht zu verlassen. Er zog daher auf Schladming, willens noch am selbigen Tage gegen den Feind vorzurücken, aber die Fußknechte von Kärn¬ ten und Wien wollten sich nicht dazu bewegen lassen, was um so mehr zu bedauern war, da die von Dietrichstem aus¬ gesandten Kundschafter erklärten, daß der Feind mit Vortheil hätte angegriffen werden können. Dietrichstein schrieb nun an dem Hauptmann der salz- burgischen Rebellen, Michael Gruber, er möge des Erzherzogs ungehorsame Unterthemen von sich weisen, und die friedsa- men nicht weiter beunruhigen, so wolle er (Dietr.) den Ab¬ zug nehmen, worauf Gruber erwiderte, er könne so eilends nicht Antwort geben, sondern er müsse solches der Landschaft 23 zu Salzburg anzeigen. Zwei Bürger von Schladming, die zu weiterer Unterhandlung an die Bündifchen geschickt wurden, wurden aber von diesen gefangen genommen. Mittlerweile kam die Nachricht, daß der oberste Feldhauptmann Niklas Graf von Salbm mit Hilfstruppen zu Leoben angekom¬ men sey. So wurde beschlossen auf dessen Ankunft zu warten, obwohl Dietrichftein der Meinung war, daß eine Verzöge¬ rung nur den Feinden Vortheil bringen werde; denn verschie¬ dene verdächtige Bewegungen desselben ließen einen Anschlag vermuthen. Während Dietrichstein mit Vorsicht seine Anord¬ nungen traf, kamen erzherzogliche Kammcrbothen ans dem Salzburgischen und ein Abgesandter des dortigen Ausschußes herüber, welche wie es scheint ohne Vor wissen Dietrichsteins mit den salzburgischen Bauern unterhandelt hatten, und bewogen ihn, auf acht, oder doch wenigstens auf drei Tage einen friedlichen Anstand gegen die Salzburgischen zu beobachten, damit nicht die erzherzog¬ lichen Räthe, die noch in Salzburg verweilten, etwa erschla¬ gen würden. Das war Sonntags 2. Juli 1525. Am folgenden Montage Morgens, ehe es noch Tag war, als Dietrichstein eben einige Anstalten machen wollte, erhielt er Nachricht, daß am vorigen Abend spät die Feinde sich erhoben hätten, man wisse nicht wohin. „Da sprach ich (wir lassen hier diesen selbst sprechen): So wollen die Schelmen ein baß Stück an uns brauchen und uns in dem friedli¬ chen Anstand überfallen." Darauf sagt Königsfelder: mein Sigmundl, laß den Fuß ruhen; sic können uns nicht über¬ fallen; sind doch die Reisigen alle davon. Sagt' ich wiederum: es wär nichts Schönes zu vermuthen, daß die, so in der Wacht gewesen, solches nicht eher angezeigt hätten, und stund also auf vom Bett. Indem kommt Steinpeiß (der Diener) und sagt: Herr! es reiten drei Eurer Diener herein, und 84 schreien, die Feind' sind da! Da sprach ich, das wollt Gott! warf den Harnisch über mich, setzte auch mein Haupt- Harnisch auf, und befahl meinen Buben zu schauen, ob man Lärmen schlage. Wie aber der Kuab zum Fenster hinaus¬ schaut, schrie er: O Herr, helft mir, ich bin in den Hals gestochen; da sagt' ich: Helf dir Gott! erwischte mein Pratt- spieß, und ermahnte meine Trabanten, mir auf das Pferd zu helfen; was sie denn thaten. Und als ich zum Haus hin¬ aus wollte, hatte der von Reckhnitz die Thür zugemacht, und sagte sammt Andern, wir sollten uns im Haus wehren. „Nur die Thür auf, es hat in Gottes Willen keine Noth." Damit rissen die Trabanten die Thür auf, und ich sprengte hinaus. Da stunden bei 120 Feinde zunächst bei dem Stadtthor, hatten dasselbe vermacht; und unsere Knecht stunden am Platz bei 200. Zu denen rennt ich, und mahnet sie mit dem höchsten, mir nachzufolgcn; denn die Feind wären zu unserm Besten; traff auch (ward Handge¬ mein) mit ihnen, und Kuendorfcr neben mir. Da überkam mein Hengst wohl fünf Stich, wurde auch in dem Hintern Fuß verwundet, und ich znm Kopf geschlagen, daß mir ein Schwin¬ del zuging. So wurde Christoph Welzer gestochen, daß er vom Sattel hing, und wir auch dazu kommen; thaten sie bei zehn Schüsse auf uns, und Kuendorfcr ward also er¬ schossen. Indem fragte ich die andern Herrn, die bis in 11 bei mir waren, was zu thun wäre; denn unsere Knecht liefen zu den Feinden mit aufgehobenen Spießen; traten auch zu ihnen in die Ordnung, und schossen auch wie andere Feind, auf uns. Da sagt Herr Ruprecht Welzer; wir wollen zu den obern Thor; und als wir dorthin rucken, standen dort die Feind bei 300, und 100 von unfern Knechten auch bei ihnen. Da lauft Königsfelder hinzu, und unwissend, das die Knecht umgefallen, und Feinde wären, und half ihnen die Ordnung — 25 — zu machen. Und als Herr Ruprecht Welzer gemach hinzu- rückt, sprechend, wart' lieber Bruder! schlug ihm einer mit einer Hellbarthc zum Kops, daß er am Roß Hieng, und wie ihm Königsfelder wiederum aufhalf, bald darnach schoß ihn einer, daß er todt vom Roß fiel. Indem rucken die Feinde vom untern Thor hinauf, und zwcen aus ihnen, mit Namen: Padstuber und Langl, liefen zu mir, sprechend: Herr, Eure Wehr ist umsonst, Euer Volk ist davon, wir haben auch Euer Geschütz. Rückt nur hinein auf den Freithof, wir wollen an euch thun als fromme, redliche Gesellen. Und als wir darüber hinein auf den Freithof rücken, und ich wiederum hinauswollte, sprechend: es ist doch alles verloren, gleich so gut redlich gestorben! Als mich Graf Georg und Steinpciß nicht wollten auslaffcn, sprach ich: so laßt uns aber den Kirchthnrm einnehmcn; sagt Herr Chri¬ stoph Welzer: cs ist nur um eine Tonne Pulver zu thun, so fliegen wir schon gegen Himmel; doch so nehmen wir ein den Thurm, uns daraus nm den Leib zu wehren; oder aber sie nehmen uns in ritterliche Gefängniß. Da kommen die vori¬ gen Knecht sammt andern und sagten uns zu rittterliche Gefängniß, und versperrten mich sammt den andern Herrn und etliche unserer Diener, so bei uns waren, in den Kirch¬ thurm, uud ließen uns darin verhüthen. Als aber unsere Gereisige alle verritten, die Böhcim eins Theils gefangen, und eins Theils gewichen; die deutschen Knecht, die mehreren Theil zu ihnen gefallen, die anderen ge¬ fangen uud verlaufen; haben sie uns aus dem Thurm mit Trummelschlagen und Pfeifen, und führten uns in ihres obri- sten Hauptmanns Herberg. Ueber eine kleine Zeit ist ihr Obri- ster, Michael Gruber, zu uns kommen, und nach den Keutschachcr und Prankhcr gefragt, gab ich ihm zur Antwort: sie wären dieser Zeit nicht bei uns. Also redt' — 26 — ihr Obrister: „hätt ich dm Prankher, er müßte sterben, ob er tausend Menschen werth wär rc." Nachdem kam ihr obrister Schreiber, und zeigt uns an; er hätte Befehl, uns, die vom Adel, alle mit Namen auf¬ zuschreiben, das also geschah. Nicht lange darnach ließen ste zu einer Gemein (Versammlung) umschlagen; und als ste ans dem Platz alle versammelt wurden, kam ihr Proso ß mit etlichen Doppelsöldnern und Bauern und andern, Trom¬ mel schlagend und pfeifend zu uns in die Stuben, und fragt nach den Dietrichstein. Also sagt ich mich an. Darauf sagt der Profoß zu mir: wohlauf, mit mir in den Ring für die Gemein! Wiewohl ich ihm anzeigt', ich möcht nicht wohl ge¬ hen; aber es half nichts; führte mich also in den Ring. Als ich aber zu ihnen in den Ring kommen, da tratt ein Knappe ans dem Haufen herfür gegen mich, und fing an, eine Klag mit viel etlichen Artikel gegen mich zu führen, der- gestaltcu: „Dieser gegenwärtig Dietrichstein, das schielend Hurenkind, hat in vorigen Banerbund uns Brüder am mei¬ sten verfolgt, vertrieben, spießen und mit Rossen voneinander zerreißen laßen. Auch an des Wölfl an der Heft Tod, daß er gespießt, Ursache gewesen. So hat er jetzt uns Brüdern und Hauptleuten zu Jrning zween spießen lassen, und der Mei¬ nung und Fürnchmen gewesen, uns alle auch zu spießen. Daß aber das wahr sei, so hat er Wagen voll Spieß mitbriugen lassen. Er hat auch den Ratzen (Ungarn) befohlen und ver¬ gönnt, daß ste die schwangeren Frauen ausgeschnitten, die Kinder herausgenommen und die Herz' aus denselben Kinder geschnitten"; — und noch vielmehr grausam und unerhörte Artikel fürgeben; als sollte ich's verschafft und gestattet ha¬ ben, die nicht zu schreiben auch von Kürz' wegen unterlassen . werden. Er hat auch fürder geredt: „was sollen wir uns be¬ denken, wo er uns dermaßen in seiner Gewalt hätte, wie wir — 37 — ihn haben, wie er mit uns umgehen würd'. Ist nun einer im ganzen Ring, der hierum denn anders weiß, der trette herfür!" Als aber niemand reden wollt', — fing er wieder an und sprach: „Dieweil denn niemand dawidcrredt, so hab'ich meine Klag' genugsam bewiesen, und sprich zu Recht, daß er auch gespießt werde. Und welcher der Meinung ist, der recke eine Hand auf". Also wurden ob 4000 Hände aufgercckt. Indem begehrt' und bat ich, daß sie mich zu Antwort kommen und meine Entschuldigung auch hören ließen. Das ich lange Zeit nicht bekommen mocht', und doch zuletzt wor¬ den ein stiller Beruf, daß mir zu reden vergönnt worden. Darauf ermahnt' ich am ersten die Landsknecht ihrer Zusage, daß sie mir und den andern Herrn in dem Thurm, ehe wir uns gefangen gaben, gethan hätten; nämlich uns in ritterliche Gefängniß anzunehmen und ritterlich zu halten. Und thät daneben meine Entschuldigung, nud ermahnet die Lanzknecht zum andermal, daß sie thäten als fromme und red¬ liche Landsknecht, und halten mir ihre Zusage und Glauben. Also schrien die Landsknecht, sie wollten mir ihre Zusa¬ gen halten, und darob ihr Leben lassen. Daß also die Ge¬ mein und Knappen mit ihnen zu Widerwillen kommen, die Spieß gegen einander niederließen und etliche zusammenstachen. Und doch wiederum gestillt; und ward zuletzt beschloßen, man sollt' all' ergangene Sachen dem Hau¬ fen gen Salzburg znschreibcn, und mich dieweilen dem Pro- foscn befehlen; das also geschehen. Nun haben ihnen die Ausschuß' zn Salzburg wiederum geschrieben, daß sie uns wohl und redlich halten. Aber der gemeine Haufen hat andere Meinung geschrieben, nämlich, daß sie uns alle nmb ring en sollen. Aber denselben Brief hat Weitmoser (ein reicher Gewerk) aus der Ga¬ stein zu seinen Händen gebracht und unterschlagen, daß er an die Bauern nicht gekommen ist. — 38 — Als sie mich wiederum in die Herberg führten und da es Nacht war, kam der Profoß mit seinen Steckenknechten und andern, und führte mich in seine Herberg, und schlug mir Eisen an den einen Fuß; an dem andern mocht' er vor Geschwulst keines schließen. (Dann erzählt Dietrichstein, wie er die Landsknechte, die das ganze Ennsthal in Aufruhr brin¬ gen wollten, noch mit guten Worten und Gold, das sein Diener und der Barbier gerettet hatten, zu beschwichtigen wußte); und fährt weiter fort: „Am dritten Tag darauf haben sie (die Rebellen) die gefangenen Böheim und Husaren auf den Platz enthaupten laßen; und die Gemein geschrien, man soll mich am ersten richten. Aber die Landsknecht hielten ob mir, und thaten ihrem Zusagen gut genügen. An demselben Tag führten sie uns alle gen Radstadt, und der ganze Haufen zog mit uns daselbst hin, da sie uns auch acht Tage hielten. Was Schmach, Spott, Ueberlast und alles Böse, so sie erdenken mochten, sie uns in der Gefängniß bewiesen, wäre zu schreiben, auch vielleicht aus Läng' der Sachen zu hören unthunlich." So schreibt Dietrichstein selbst in seinem Berichte, wel¬ chen er vielleicht zu Werfen, wohin er gebracht worden, oder bald nach seiner Befreiung am 8. September 1525 an den Erzherzog gerichtet hat. ') Gewöhnlich wird noch beigefügt, die Rebellen hätten bei dieser Gelegenheit 32 Edelleutc in Schladming hinrichten las¬ sen. Da jedoch weder Dietrichstein noch Salm in ihren Be¬ richten davon etwas erwähnen, so dürfte das in den Bereich der Sagen zu verweisen sein. Daß aber insbesondere die si Koch-Sternfeld. Beiträge zur deutschen Länder- und Völkerge¬ schichte. III. 277. Nach dem Originale abgedruckt ist dieser Bericht im Archiv für Kunde österreichischer Geschichtsquellcn. herausgegebeu von der kais. Akademie. 17. B. I. 1856. — 29 — gefangenen Husaren hingerichtet wurden, das mochte diese Truppengattung durch die verübteu Grausamkeiten verdient haben. Denn Niklas von Salm, der oberste Hauptmann, sagt selbst in einem Berichte von denselben: „Sie verderben viel, machen bei dem gemeinen Mann großen Unwillen, und hilft kein Straf an ihnen, und soll ich eine Zeit allhier (in Leo¬ ben) liegen, werden sie so großen Schaden der Gegend her- umb thun, als ob die Türkhen einen Streif durch das Land gethan hätten". Dieser Bericht Salm's aus Leoben 6. Juli 1525 ergänzt auch den obigen in Betreff des Ueberfalles zu Schladmiug. Salm hatte nämlich vernommen: „wie am Mondtag früh nmb 4 Uhr etliche hundert Reisige, aus Be¬ fehl des Herrn Landshanptmanns, etwas zu besichtigen aus der Stadt über die Brucken der Enns gezogen und das Stadtthor offen stehen geblieben; seien die Feinde zunächst oberhalb der Stadt über die Höh daselbst herabgezogen, dem Stadtthor zugeeilt, und die, so bei dem Geschütz (vor der Stadt) gewesen, daselbst übereilt und das Stadtthor abge- lofen, und mit dem ganzen Haufen in die Stadt kommen, und fast Jederman, außer den Gereisigen, so vorhin aus der Stadt gezogen, und der Husaren, so nit in der Stadt, son¬ dern außen umb die Stadt ihr Lager gehabt, — in den Bet¬ ten liegen gefunden, und leider die Feind also die Stadt sammt den Leuten, Geschütz, Wagen und allem dem, so der Frumb Adel gehabt, eingenommen und behalten, und die Ge¬ reisigen sammt den Husaren und etlichen Teutschen und Be- heimischcn Knechten ungefährlich 3 oder 400 den Abzug ge¬ gen Rottenmann genommen". ') Vierzehn Tage später kam Herzog Ludwig von Baiern, Feldherr des schwäbischen Bundes, mit 10,000 Mann dem Erzbischof von Salzburg zu Hilfe. Man zog es jedoch vor. h Buchholz, Ferdinand I. IX. 625. — 30 — anstatt unter dem verleiteten Volke ein Blutbad anzurichten, Unterhandlungen anzuknüpfen, die bis zum 1. September zu einem Vertrage führten, womit mau beiderseits zufrieden schien. Die Ruhe dauerte jedoch im Salzburgischen nicht lange: und wie früher Steiermark von Salzburg aus in Aufruhr versetzt worden war, so kam noch gegen Ende des nämlichen Jahres 1525 der Zündstoff aus Steiermark nach Salzburg. Graf Salm wurde nämlich vom Erzherzoge Ferdinand beor¬ dert, die Schladminger zu züchtigen, was derselbe mit über¬ mäßiger Strenge vollzog. Viele Bürger und Bauern wur¬ den auf den Straßen gehängt, die meisten Bewohner von Haus und Hof vertrieben. Die Flüchtigen stachelten die eben kaum beschwichtigte Menge im Salzburgischen wieder auf, es kam neuerdings 1526 dort zu einem Aufstande, der siegrei¬ cher und wilder war als der frühere, dessen Beschreibung je¬ doch nicht hieher gehört. Anmerkung. Im Jahre 1525 mußten sich auch die Mönche vom Admont flüchten. Ob die Rebellen von Schlad- ming dahin kamen, oder ob es blos aus Furcht vor ihnen geschah, wird nicht berichtet. H L. Verbreitung des Protestantismus in Steiermark unter der Ne¬ gierung Ferdinand I. Im Februar 1522 trat Kaiser Karl V. seinem Bruder Ferdinand die fämmtlichen österreichischen Länder ab. Dieser Letztere kam im Juni desselben Jahres unerwartet nach Wie¬ nerisch Neustadt, wo es eines seiner ersten Rcgierungsgeschäfte war, Gericht zu halten über die unbefugt eingedrungene Re¬ tz Hormaier Archiv. I. 1819. S. 109. 31 gentschaft von Niederösterreich, wovon mehrere Mitglieder zum Tode verurtheilt und hingerichtet wurden. Deutet diese Thatsache schon auf das Dasein einer un¬ ruhigen und unzufriedenen Parthei hin, so kann es uns «m so weniger befremden, wenn von derselben das Lutherthum mit Interesse ergriffen wurde und bald als Panier der Ver¬ einigung diente. Es war eben etwas Neues und tief Ein¬ greifendes, und cs ließ eine Aenderung der unbequemen Lage dem katholischen Landesfürsten gegenüber hoffen. Man ahnte richtig, — was manche Politiker noch nicht einsehen wollen, daß die Auflehnung gegen die Kirche in der innigsten Bezie¬ hung zu der gesellschaftlichen Ordnung — zum Staate stehe. Unter die von Luther ungerichteten Wirren mitten hin¬ eingezogen, wünschte Ferdinand aufrichtig Einigung der Chri¬ stenheit, Frieden der Gemüther, Erhaltung der Kirche. Als daher der Reichstag zu Nürnberg 1524 in dieser Hinsicht wieder erfolglos geblieben war, errichtete Ferdinand mit den beiden Herzogen von Baiern, dem Erzbischöfe von Salzburg und noch eilf anderen Bischöfen im nämlichen Jahre zu Re¬ gensburg einen Receß, worin sie erklärten: daß das Worm¬ ser Edict des Kaisers wider Luther und seine Anhänger in ihren Ländern genau beobachtet werde; nichts in den Sacra- mentcn, den kirchlichen Gebräuchen und im Gottesdienste solle geändert; die verheirateten Priester und entsprungenen Mönche nach der Strenge der Canones bestraft werden u. s. w." Allein seine fast immerwährende Abwesenheit von seinen Erb- ländern und seine Abhängigkeit von seinem Bruder Kaiser Karl V-, der lange in der Täuschung befangen blieb. Al¬ les mit Milde und auf friedlichem Wege ausgleichcn zu kön¬ nen, waren die Ursachen, daß Ferdinand dem Abfalle von der Kirche nicht mit jener Entschiedenheit entgegentrctcn konnte, wie von seiner Anhänglichkeit an die Kirche wohl zu erwar¬ ten gewesen wäre. So wurde Anfangs, wo es ein Leichtes 32 gewesen wäre, obigen Beschluß in Ausführung zu bringen, die Abwehr der Neuerung versäumt, — sie konnte sich un¬ gehindert auch in der Steiermark verbreiten und festsetzen. Insbesondere ist die Anwendung des Kunstgriffes in der gan¬ zen folgenden Geschichte nicht zu übersehen, daß der Prote¬ stantismus sich un vermerkt etwas au maßte, dieses im Stilleu erweiterte, und dann mit dem An¬ sprüche auftrat, es sey eine gewährleistete Ge¬ rechtsame. Vorzugsweise war es auch hier der Adel, wel¬ cher Luthers Lehre, da sie den herrschenden Neigungen Rech¬ nung trug, mit Eifer ergriff und zu verbreiten suchte. So machte sich Johann Friedrich Freiherr v. Hofmann, 1574 Lan¬ desverweser in Steiermark, Luthers Lehre zu Nutzen, und ließ sich von seiner Gemahlin Marie Salome v. Starhemberg trennen, die dann der Freiherr Wolfgang von Jörger hei- rathete. H Die Land leute, unter welchem Ausdrucke in den Schrif¬ ten und Urkunden dieser Zeit die Herren vom Adel vor¬ kommen, sandten trotz wiederholter landesfürstlicher Verbote, die Söhne außer Land auf akatholische Lehranstalten, von wo sie, wenn nicht das ganze Lutherthum, doch den Haß gegen die katholische Kirche heimbrachten. Auch lutherische Magi¬ ster kamen häufig mit herein. Da die Landstände einen be¬ deutenden Antheil an der Landesverwaltung hatten, so wur¬ den allmälig die einflußreichsten Stellen, namentlich in der Justiz und im Kriegswesen, mit Lutheranern besetzt, und durch das Patronatsrecht auf Pfarren war die Einschiebung von Magistern und Prädikanten als Seelsorger ermöglicht. Die jeder neu aufstrebenden Parthei eigene Dreistigkeit hatte die Einschüchterung der Conservativen zur Folge, die daher den¬ selben nur zu leicht das Feld räumten. Auch imponirteu die si MiNH. des histor. Vereines f. St. 1853. S. 88. 33 Prädikanten dem Volke, wie es von Luther irgendwo heißt: „mit prächtigen Scheltworten". Die zu Klagenfurt 1769 ge¬ druckte Geschichte der Religionsneuerung in Steiermark, Kärn¬ ten und Kram (aus Haufiz tem. II. entnommen), erzählt un¬ ter andern ein merkwürdiges Beispiel, wie das Lutherthum verbreitet wurde. Ein Bürger zu Judenburg, dem ein Söhn¬ lein geboren worden, veranstaltete ein Taufmahl, woran zehn Gäste, dortige Bürger und Auswärtige, worunter einer, der Taufpathe, Lutheraner war, Theil nahmen. Man wurde wäh¬ rend des Mahles heiter und vertraulich, der Lutheraner er¬ zählte von Luther und schlug plötzlich vor, auf das „Wort" (die Lehre) Luthers einen Becher zu leeren. Die Gäste, ob¬ wohl hiedurch unangenehm betroffen, hielten es doch in „bäuri¬ scher Gcschämigkeit" für unhöflich, die Aufforderung abzuleh¬ nen, und standen nach dem Vorgänge des Zntrinkers alle auf,— der traute Pokal ging im Kreise herum, und als der letzte denselben geleert hatte, nahm der Vortrinker sie beim Worte, zog das lutherische Bekenntniß schriftlich hervor, — alle un¬ terschrieben und waren so Lutheraner geworden. Wein und gemeine List vertraten hier die Stelle der Belehrung und Ueberzeugung. Erzherzog Ferdinand, bereits als König von Böhmen 1527 gekrönt, erließ am 20. August im nämlichen Jahre ein Mandat gegen die Ketzer, worin geklagt wird, daß ungeach¬ tet des Wormser Ediktes „die fremden Lehren an etlichen und vielen Orten nicht allein nicht abgestellt, sondern in stätigcr Mehrung und Ausnehmung gewachsen; überdem gar Wieder¬ täufer und Sakramentirer sich im Lande hcrvorgethan hätten '). Diese fanatische Sekte der Wiedertäufer war für Kirche und Staat noch gefährlicher als die Lutheraner. Nach dem tz Waldau, Geschichte der Protestanten re. S. 46. 3 34 lutherischen Grundsätze der Schriftforschung fanden sie in der heil. Schrift, daß man Kinder nicht taufen dürfe, weil sie des Glaubens nicht fähig seyen, weßhalb jeder Erwachsene wieder getauft werden muffe. Nach ihrem Begriffe von christ¬ licher Freiheit sollte nicht nur alle kirchliche, sondern auch die weltliche Obrigkeit abgeschafft, und auch die Gemeinschaft aller Güter eingeführt werden. Sie spielten daher auch bei dem Bauernaufruhr in Dentschland eine Hauptrolle. Nach Unterdrückung desselben und durch Verfolgung von Seite der Lutheraner kamen viele von ihnen auch nach Steiermark, wie die Visitation vom Jahre I5S8, wovon gleich die Rede seyn wird, ausweist. 5. Zustand der Klöster. Das Beispiel Luthers, eines meineidigen Mönchs, und seine Lästerungen über die Verbindlichkeit der Klostergelübde, machte auch in Steiermark einigen unzufriedenen Mönchen Muth, sich der lästigen Regel zu entledigen. Es wird zwar gewöhnlich behauptet, der Verfall der Klosterdisziplin sey zur damaligen Zeit besonders arg gewesen; aber die Geschichte lehrt, daß es zu jeder Zeit auch in diesen frommen Asylen solche gab, die zu schwach waren, großen Versuchungen zu widerstehen, — und diese waren wohl zu keiner Zeit so ver¬ führerisch und verwirrend, als in jenen Tagen, wo die Frei¬ heit des Fleisches als ein Privilegium des Christenthumes ver¬ kündet wurde. Dagegen finden sich um diese Zeit auch viele treffliche Männer in den verschiedenen Orden, und was Steier¬ mark betrifft, so hat hier das Lutherthum bei weitem nicht jenen zerstörenden Einfluß auf die vielen Klöster geübt, wie es anderwärts der Fall war. Einer der ersten Abtrünnigen dieser Art war der Prior 35 der Karthänser zu Seiz, Peter III., der schon 1527 sein Kloster und die katholische Religion verließ'). Anmerkung. Schuld und Sühnnng stehen in der Welt- und Kirchcngeschichte oft in seltsamen, aber vom sinnigen Be¬ obachter geahnten Zusammenhänge. Daher sagt Aqrsilin Cä¬ sar (Gesch. 7, 102) richtig: „den Schandflecken, welchen Pe¬ ter, Prior zu Seiz, seinem Orden in der Karthause zufügte, hat der Prior Andreas im Jahre 1531 wieder ausgelöscht, der von den herumschwärmenden türkischen Räubern getödtet wurde, weil er seine Karthans nicht verlassen wollte". In Folge der vom Erzherzog Ferdinand im Jahre 1528 angeordneten Landesvisitation wurden auch die (nicht exem¬ ten) Klöster untersucht, und das Visitations-Protokoll") vom nämlichen Jahre weist nach, daß von Rein (mit 13 Con- ventualen) bereits „zwei Brüder aus dem Kloster gcloffen sind, von wegen der luthrischcn Sekten". Auch ein Schul¬ lehrer, Meister Hans, sey da gewesen, der lutherische Büchel verbreitet hatte; auch „hab er zu den Kirchfärtern geredet, die gen Straßyndel (Straßcngel) seynd kemmen, was sie bei dem Steinhaufen wellen thun?" Er war aber schon vorder Visitation entlassen worden. In Neuberg (Neunberg) sagt der Abt: „er hab seinen Unterthanen — Geistlichen und Weltlichen — die Lutherischen Sachen nit gestatt, aber sie seynd nit derselben Meinung ge¬ wesen". Doch erklärte sich der ganze Convent vor der Vi¬ sitation eidlich für katholisch. Das Frauenkloster in Admont (mit 11 Nonnen) fand man sehr verwahrlost; „man hat etwa in 14 Tagen keine Meß gelesen, denn sie haben nichts darauf gehalten; von ibre Brüder und Freund haben sie lutherische Bücher und ss Fröhlich vixloraat. II. 2) Seckauer Ord. Archiv. 3 * 36 Tracktatl zugeschickt erhalten". Vier sind „ausgelassen", die eine kam wieder zurück, drei haben sich verheirathet. Sie haben von einem Alterthnm, so eine Königin Sophia zum Kloster gegeben, das goldene Blech unter sich getheilt und jede 3 Loth erhalten. Sie wurden eindringlich vermahnt, und der Befund fürs weitere dem Bischof von Laibach, als da¬ maligen Administrator, angezeigt. Später wurde zu Gratz Herr Hans Eibiswalder angeklagt, „er hab in das Frauen¬ kloster zu Admont lutherische Bücher hineingegeben, dadurch die Klosterfrauen bewegt worden seynd auszulaufen. Er hab ihnen selbst aufgesperrt und die Kleinoden und Heiligthumb hab er bei Nacht weggeführt". Des andern Tags ist mit den Herren (Benedictinern zu Admont, 14 an der Zahl) verhandelt worden. Prior sagt: „Sie haben in 16 Jahren kein Khutten gehabt; sie habens oft begehrt, habens nit erlangt. Sie haben ein Stift mit 32 fl., die theilen sie untereinander, vermögen ihnen aber davon nit Khutten zu kaufen. Der Pfarrer soll sich in die lutherische Sekt eingelaßen haben, er (Prior) Habs aber nit gehört". Dann wird nur noch beigefügt: „Wo die Stadt Rot¬ tenmann nicht wär gewesen, so wäre diese Sekt in das Thal nit kommen"' Diese letztere Angabe bestätigte sich bei der Visitation des Chorherren-Stiftes Rottenmann (Propst mit 3 Chorherren). Der Propst klagt die Bürgerschaft an wegen Verweigerung des Zehents, Mißachtung des Gottesdienstes und Haltung eines lutherischen Predigers. Dagegen wird dem Propst vor- geworfen, daß er „so kindisch Ding" bei seinen Predigten vor¬ bringe, daß man lachen müsse. Ferner, daß er keine taug¬ lichen Prediger halte. (Von dem religiösen Zustande der Stadt Rottenmann wird später die Rede sein.) Im Chorherrenkloster Pöllau (Pölan, Propst mit 11 Chor¬ herrn und 2 Laienpriestern) wurde alles im besten Zustande 37 befunden, und „sind den lutherischen und andern verführeri¬ schen Sekten ganz entgegen". Im Stifte Vorau (Voraw) finden sich mit dem Propste Stephan noch 16 Chorherren vor, und es ist seltsam, daß nach Aquilin Cäsar ^) 11 Jahre später, im Jahre 1539, nur mehr 2 Chorherren da waren. Es war dies ohne Zweifel eine Folge lutherischer Umtriebe, die sich bei der Visitation zeigten, und wovon, wie es scheint, ein v crh eirath et er Kaplan im Schlosse Thalbcrg, der eifrig lutherische Büchel verbreitete, die meiste Schuld trägt. Der Propst hat zwar „nach seinem Vermögen die lutherischen Sachen gestraft und die Chorbrüder haben sich nachmals in die geistliche Zucht geben", doch meint er am Ende, „er weiß nicht, ob er sei¬ nes Lebens sicher sey". Nebst zwei andern war vorzüglich der Pfarrer zu Dechantskirchen, Herr Kaspar, vom Lnther- thnm angesteckt. „Auf der Kanzel hat er gesagt, das Jahr will ich euch zugebcn, daß ihr das Sakrament empfangt, aber aufs Jahr soll ein Jeder die Wort sprechen, wie der Prie¬ ster, denn ein Jeder ein Priester mag sein. Auch hat er auf der Kanzel gebetet, helft mir Gott bitten umb die Pfarrer zu Pirkfeld, Friedberg und Grafendorf; der allmächtige Gott wolle sie bekehren zu dem rechten christlichen Glanbcn. Ist aus den Ursachen geschehen, daß sie nit seines lutherischen Glaubens scynd gewesen." (Ein echt lutherischer Kunstgriff.) Doch hat sowohl dieser Herr Kaspar als die andern beiden vor der Visitation widerrufen, und sie sind von dem Erzprie¬ ster von Pöllau auf sonderlichen Befehl der Kommissäre ab- solvirt worden. Das Franenklostcr zu Goß (Abtissin mit 27 Jung¬ frauen) zeigte sich ganz tadellos, — „seyndt den lnthrischcn und derselben Anhänger Sekten ganz entgegen". >) Aquilin Cäsar Geschichte VII. 105. 38 In St. Lambrecht (23 Mitglieder) hat sich ein „gutes klösterliches Leben vorgefunden. Der Prälat zeigt nur an, daß ihm einer seiner Holden, ein Bauersmann, 3 lutherische Büchel zugcbracht habe, die er (Prälat) verbrennen ließ. In gleicher Weise war in den Stiften Seckau (mit 21) und Stainz (mit 8 Chorherren) alles in der Ordnung. Zuletzt werden in dem Visitations-Protokoll noch die übrigen Kloster im Lande Steier aufgeführt, nämlich: „Kartu¬ ser: zu Sei; und Geirach; Parfotter (Barfüßer, Franziska¬ ner) zn Gratz, Judenburg, Frieda», Laukowitz; Minores: zu Bruck, Zilli, Marchburg; Augustiner: zu Judenburg, Rad- kersburg, Fürstenfeld; Karmelitern zu Voitsberg; Prediger: zn Gratz, Leoben, Pcttau und im Sannthal zum Klösterl. Fraucnklöster, Prediger-Ordens: zu Gratz, Marenberg und Studenitz. — „Diese haben die Kommisiäre nicht sonderlich visitirt, in Ansehung ihrer Freiheiten; aber sich erkundigt, daß sie den lutherischen Sekten nicht anhängig, sonders des Glauben, wie von Alterher scyn." 6. Allgemeine Kirchenvisitation im Jahre 1528. Weil die wiederholten Verordnungen gegen die Verbrei¬ tung der Ketzerei wenig fruchteten, so wurde von König Fer¬ dinand, im Einvernehmen mit dem Kardinal Mathias, Erz¬ bischof von Salzburg, und Christoph (Räuber) Bischof von Laibach, zugleich Administrator des Bisthums Seckau, eine allgemeine Laudesvisitation durch eigens hiezu ernannte Kom¬ misiäre im Jahre 1528 augcordnet. Diese mußten alle be¬ deutenderen Orte bereisen, die Pfarrer, Benesiciaten, Gesell- priester (Kapläne), dann auch die Richter, Zcchmeister und Amtsleute vorladen, und „erstlich die Geistlichen und nach¬ mals die Laien befragen, welcher Maßen sie sich mit sammt 39 ihren Pfarrleuten hielten in dem heiligen christlichen Glauben, von Gott, der heil. Jungfrauen Maria, heil. Sakramenten, Meßlesen, Fasten und Feyertäg, Verkünden, Furleiten für die Seelen rc., dann was jeder Theil zu den andern Beschwerde hätten und derhalb Einsehung zu thun". Wir geben hier einen Auszug aus dem Visitations-Pro¬ tokoll'), wobei auch die damalige Schreib weise, nament¬ lich bei den vorkommenden Kirchenorten, beibehalten werden soll, da es für die vaterländische Geschichte von einigem Be¬ lange ist. Die Kommission fing am 8. Mai 1528 in Gleis dorf an, wo „alle seynt nacheinander, sonderlich und jeder allein auf seine Eidpflicht fleißiglich gefragt und verhört worden, aber bei ihnen nit befunden, daß weder geistlich noch weltlich mit lutherischen oder ander neuer kezerlichen Sekten befleckt, sondern bei den christlichen Glauben in christenlichcn Kirchen blieben seynt". Aber ein anderer seltsamer Umstand kam in Gleisdorf zur Sprache: „Die Pfarrlcut haben angebracht, wie der Pfarrer am Sonntag, als (überdies) Sanct Jörgentag ge¬ west, keine Meß noch Predigt gehalten, das doch an einem solchen heiligen Tag billig seyn soll. Dagegen hat der Pfar¬ rer in Verantwortung angezeigt, wie die Kirchen durch die Bauern im vergangenen Aufstand mit gewaltigen Einfall, Kriegsübung und dergleichen Frevel öffentlich entweiht und entehrt worden, dermaß, daß von Rechtswegen nach Ordnung der christlichen Kirchen billig Interdikt gehalten worden, so lang die Kirchen nit wiederumb geweiht ist". Welche Bewandtniß cs mit diesem Aufstande hatte, ist nicht zu ermitteln. Uebrigcns erscheint auch hier ein Chri¬ stoph von Reichenbnrg als Friedensstörer zwischen der Geist- i) Im Seckauer Ordinariats-Archiv. 40 lichkeit und den Pfarrleuten, indem er diesen letzteren verbot, den Gulden Römisch an die Kirche zu zahlen, „um Jndult wegen des Interdiktes", — was sie früher gethan hatten. Es wurde angeordnet, daß die Pfarrleute ehestens Anstalt treffen sollen, die Kirche weihen zu lassen, wo beigefügt wird, daß es ihnen kein Geld kosten solle, wie man ihnen früher cingercdet und sie damit abgeschreckt hatte. Wie strenge die Kommissäre auch gegen Geistliche ver¬ fuhren, zeigt sich hier, indem „der Gesellpriester, Herr Seb. Sandler, der mit Zechen und Spielen in Wirthshäusern sich ärgerlich gehalten, zu Straf in die Kaichen geschafft und in eisernen Ring geschlossen wurde. Als er aber über Nacht darin gelegen, ist er Morgens auf erbarc Fürbitte durch die Kommissäre wieder begnadigt und ledig geschafft worden". Nach Eleisdorf wurden für die nächsten Tage auch vor¬ geladen die Pfarren: St. Margareten an der Raab, Pickelbach, Hartmannsdorf, St. Ruprecht a. d. Raab, Waitz und Feistritz. Es fand sich alles in der Ordnung; nur der Vikarius zu St. Ruprecht zeigt an, daß des Preiner Pfleger zu Fladnitz den Holden seines Herrn verboten habe zu opfern; und aus Feistritz wurde angezeigt, daß der Hauslehrer des Herrn Christoph von Mindorf „lu¬ therisch sey, und dieselbe verführerische Seckt lehre und aus¬ breite". Beide wurden nach Hartberg berufen. H Bei der Visitation zu Hartberg am 12. Mai haben Rath und Gemeinde die Bitte angebracht, daß ihr eigener Pfarrer bei ihnen residiren, oder seinem Vikarius die Pfarre übergeben werden möchte. Uebrigens wollten sie „keine Luthe- si Christoph von Mindorf war Inhaber der Herrschaft Feistritz und 1490 Landesverweser in Steiermark (Schmutz Lex.); und der Haus¬ lehrer war ohne Zweifel, wie so viele andere in dieser Zeit, aus Deutschland hereingekommen. . 41 rischen" bei sich dulden, und ein Bürger ist bestraft worden, weil er einen Wiedertäufer eine Nacht beherbergt hatte. Dort erschienen anch die Pfarren und Pfarrleute von Pischelsdorf, Stubenberg, Waltersdorf, Ebers¬ dorf, Steinbach, Grafendorf, Wort, Burgau und Neubau, worunter von Burgau eine Beschwerde gegen Herrn Erhard von Polhaim vorgebracht wurde, der aber damals außer Land war und somit nicht zur Verantwortung gezogen werden konnte. Am 15. Mai wurden zu Vorau vernommen die Pfar¬ ren: Friedberg, wo Peter Perth zu Waldbach genannt wird, der „nichts von der Meß hält und andere vom Got¬ tesdienst abweist". Dann St. Jakob in Wald, Wenig zell und Munichwald. Hier klagt der Pfarrer über den vcr- heiratheten Priester in Thalbcrg, (wie schon oben bemerkt) der viel Unordnung stiftete. Ferner St. Lorenzen bei Vorau und Tcchantskirchcn. Hier wird Herr Maximilian Stein¬ peiß beschuldigt, daß er die Bauern vom Opfern u. dgl. ab¬ halte. Es wurden deßhalb mehrere Pfarrleute vorgerufen und befragt, „aber sie haben nichts wollen sagen, vielleicht aus Furcht ihrer Obrigkeit". Weiter wurden zu Vorau noch vor¬ genommen: Die von Birk feld, Str all eck, Gasen, Rat¬ ten, Fischbach und Anger. Diese Gebirgsgegenden wa¬ ren von Neuerungen durchaus verschont geblieben, auch sonst gab es keine Klage. Dann finden wir die Kommissäre in Neuberg. Hier, so wie in Spital, Langenwang, Mürzzuschlag, Veit sch und Zell „scyndt alle des alten Glaubens und den Lutherischen entgegen". In Kymberg (Kindberg) wurden vernommen die von Kruegla (Krieglach), Stanz, St. Lorenzen und St. Mar ein. Zu Krieglach finden sich zwei Tuchschcerschleifer aus der Schweiz, welche lutherische Bücher haben und solche 42 Lehre verbreiten. Besonders schwere Beschuldigungen aber wer¬ den von vielen Zeugen gegen den Gesellpriester Herrn An¬ dre vorgebracht. Er verkaufte lutherische Bücher und pre¬ digte, „man soll den Gaypfaffen nicht glauben, die die Leute verführen, wie man den Bär am Ring herumführt". Als er das Mandat wegen der Visitation von der Kanzel verlas, setzte er bei: „Es muß Gott erbarmen, daß man solche Ding lesen, das Wort Gottes aber schweigen muß. Es werd aber bald überall das lautere Evangelium verkündet werden". Als in Krieglach ein starkes Ungewitter Schaden angerichtet hatte, predigte Herr Andre, es sey kein Wunder, daß sie der Blitz getroffen, weil sie mit dem Affenspiel (dem allerh. Sa¬ krament) um die Kirche gehen. Er verwarf die guten Werke, denn „Christus hat Alles gethan, wir bedürfen nichts zn thun". Er wurde nach Bruck geliefert, wo er widerrief. In Bruck fand man die kirchliche Ordnung schon sehr gestört. Es wurde erklärt, „der luthrischen Burger seyn fast (sehr) viel". Leider ging hier die Geistlichkeit mit schlechtem Beispiele voran. Zwei davon sollen Weiber gehabt haben, und haben sich selbst gerühmt, sie haben Eheweiber. Ein Doktor Ottmar habe den Anfang mit den lutherischen Sachen ge¬ macht, und so habe man schon seit 3 Jahren unter Pfarrer Taucher die meisten kirchlichen (Zeremonien unterlassen. Aus Maister Christoph Puch maiers Predigt in der Filiale St. Ruprecht wird angeführt: „Gott hat hinwcggenommen den Himmel, die Höll und die Sünd. Der Teufel ist nichts mehr, man darf keine Sorg mehr ans ihn haben". Die Folgen da¬ von waren, daß nicht nur der Schulmeister, sondern auch der Thurner und Andere sich das Predigen anmaßten, und da die Priester den Weihbrun nicht geweiht haben, „hat man nachmals unsauber Ding darin gethan"; ferner daß zu Licht¬ meß einer „mit einem brennenden Spann" in die Kirche kam, und daß man zuletzt am Sonntag in der Kirche herumsprang, 43 „zwar nur im Chor, aber im Langhaus (Schiff) nit". Der Thurner hat mehrere Wiedertäufer bei sich beherbergt, „und lutherisch mit ihnen disputirt". Da eben Jahrmarkt zu Bruck war, so suchte man bei den „Buchführcrn" nach lutherischen Büchern, und es fand sich, daß solche öffentlich fcilgebothen wurden. Sie wurden weggenommen und in Gegenwart der Kommission auf dem Platze verbrannt. Vor der Kommission zu Brnck klagt der Pfarrer von Kapfenberg, daß Herr Wolfgang von Stubenberg eine Stiftung aufgehoben habe, die die 66 Pfund tragen soll. Ebenso beschwert sich der Pfarrer von Bärn eck, daß ihm Herr Wilhelm von Pcrneckh eine Stiftung entzogen habe. In St. Dionysen, Tragöß, St. Kathrein in der Laming und St. Martin bei Kapfenberg war Alles in der Ord¬ nung. In der Breitenau aber hatte der Vikarius öffent¬ lich gepredigt, der heil. Petrus sey nie lebendig zu Rom gewesen. Er wurde bestraft. In Leubeu (Leoben) war auch der Vikarius, Herr Paul, bereits ganz lutherisch, er hatte häufig das bekannte verfüh¬ rerische Wort im Munde: „ihm sei Christus allein genug,— wer schwach im Glauben ist, der mag wohl die Heiligen an¬ rufen". Nebstbei hatte er aber „seine Dirn" zum Weibe ge¬ nommen, jedoch wie er sich ausdrückte, „nur mit Unterscheid gcheirathet". Es wurde ihm „ernstlich befohlen, die Dirne weg zu thun". In den nach Leoben vorgerufenen Pfarren: Tropf- ein, Kammer, Keichelwang, Mautern, Wald, St. Michael, Göß und Wasen kommen nur einige ge¬ ringe Verirrungen vor. Am 1. Juni kam die Kommission nach Admont, wohin Gai fern (Gaishorn) und St. Gallen beschicden waren. Unter Andern ist hier die Rede von einem Wiedertäufer, der gefangen genommen und dem Landeshauptmann zugeschickt worden ist. 44 In Rottenmann hatte die Irrlehre sehr um sich ge¬ griffen, in Folge der Predigten, die ein Herr Christoph in des Matsee rs Haus gehalten hatte. Der unberufene Prcdikant war auch schon mit 10 Wochen Kerker gestraft worden, Vernachlässigung der heil. Sakramente der Buße und des Altars und Uebertretung des Fastengebotes kommen häufig vor, auch einige Konkubinate. Am Schlüße der Visitation wur¬ den mehrere lutherisclie Schriften verbrannt. Nebst Luther hatte auch schon Zwingli hier seine Verehrer; auch Wieder¬ täufer trieben sich da herum. In den übrigen Pfarren die zur Kommission nach Rot¬ tenmann berufen waren: La sfing, Lietzen, Jrdning, St. Lorenzen und App en berg sah cs nicht viel bes¬ ser aus. Nach Gröbming wurden berufen: A n sse e, Mittern¬ dorf, Pürg, Hans und Schladming. In Aussee wird vom „Paumfalkchen" gerühmt, daß er strenge Aufsicht führe, damit die christliche Ordnung erhalten werde. Der Pfarrer aber beschwerte sich, „daß die Pfarrleute die Begräbniß nicht ansagen, sondern nach Gefallen ihre Tob¬ ten in den Friedhof legen". In Schladming zeigen sich noch viele Nachwehen des Reformations- und Revolutions-Schwin¬ dels von 1525. Die Geistlichkeit klagt, daß die Knappen nur die Gemainbeicht (allgemeines Schuldbekenntniß) thun, und nicht anders wollen absolvirt seyn. Auch werden die Tobten ohne Vorwiffen des Pfarrers begraben. Ehebrecher finden sich mehrere. Das nämliche kommt theilweise in der Pfarre Haus vor. Im Abschiede der Kommission wird angeordnet: „Weil die Priester viele Knappen auf ihre Gemainbeicht absolvirt tz Christoph Ritter von Praunfalk war damals (nach Schmutz) Verweser in Aussee. 45 haben, so sollen die Priester ihrer gethanen Absolvirung auf die Gemainbeicht ans der Kanzel Meldung thun, daß sie die¬ selbe nur gethan ans Verhüthnng mehreren Ungemachs, und die Pfarrlent auf die Beicht recht vermahnen. Dem Landrich¬ ter aber soll Befehl gegeben werden, daß er die offenen Ehe¬ brecher gehörig strafe". In Murau wurden der Stadtschreiber und der Bader als Störer der kirchlichen Ordnung und als Sektirer bezeich¬ net. Der Sohn des letzteren predigte nach lutherischen Bü¬ chern. Als aber der Priester ans der Kanzel gesagt hatte: „Es soll ein jeder seines Handwerks warten, und lassen pre¬ digen, wems zugehört, da seynt die Bürger dem Prediger dro- lich gewesen". Auch hat der Stadtschreiber den Prediger zur Rede gestellt „wider das Fürbitt der Heiligen". Der Stadt- schrciber hat auch im ober» Bad (Einöd) eine Schrift anhef¬ ten lassen, folgenden Inhalts: „Himmlischer Ablaßbrief. Unser rechter Bischof und ewiger Priester I. CH., der da Schuld und Pein hat wahrhaftig zu vergeben, um welches Willen Gott die Sünd verzeiht, nicht nm Geldes Willen, gibt allen und jeden Chriftgläubigen nit allein zur Vesper, Metten und Complet Zeit, sondern heut alle Tag, alle Stund und Augen¬ blick Ablaß aller Sünd, so sie glauben, daß I. CH. für die Sünd gestorben, wie das alles Matth. 16, Mark. 14, Luk. 22. I. Cor. 12. 1. Joh. 2 wohl gegründet ist rc." Die Bürger hat¬ ten zwar den störischen Stadtschreiber entlassen wollen, aber „Herr von Lichtenstein hat geschafft ihn wieder auf; un eh men". Der Stadtschreiber ist doch nur mit 14 Tag und der Bader, der auch an der Schrift betheiligt war, mit 2 Tag Gefängnis bestraft worden. Nach Murau kamen auch St. Jörgen, Stadl, Oberwölz, St. Peter und R anten. Die Pfarrleute von Stadl gaben an, es sey ein lutherischer Geistlicher, Herr Jörg Schratl, in Ramingstein gewesen, den halte jetzt der 46 Pfleger von Katsch auf, aber sie hätten sich um seine Pre¬ digten nicht gekümmert. Der Pfleger wurde vernommen, wollte aber nicht zugestchen, daß er den Prediger aufhalte, derselbe sey noch in Ramingstein, wo er eine Behausung habe. — Da der Ort nicht im Bereiche ihrer Vollmachten lag, so konnte die Kommission nichts verfügen; und der Mann hatte seinen Standpunkt an der Gränze zwischen Salzburg und Steier¬ mark zu seinen Umtrieben gut gewählt. Der Pfarrer zu Oberwölz zeigt an, daß der Pfleger da¬ selbst in der Fasten Fleisch gegessen habe. Der Pfleger gesteht das auch und sehr bei, er habe auch die heil.Schrift gelesen, da stehe nichts, daß das Fleischeffen verboten sey. Da es aber die königliche Majestät verbiete, so wolle er fortan an Fast¬ tagen nicht mehr Fleisch essen, denn er fürchte die königliche Majestät mehr als Gott. Nach St. Lambrecht kamen die Pfarren von Fro- jach, St. Marein, St. Veit, Neumarkt, Teufen- bach, Scheifling, Hof, St. Peter, St. Blasie und St. Thomas bei Scheifling. Die Zechleute von Frojach klagen, daß der „Windischgrätzer" den Zechent von 7 Höfen verweigere. In St. Marein wurde Klage geführt, daß die Sammlung nicht mehr gegeben werde. In Huntsmark wurden vernommen die von St. Martin in Gr/ut, St. Margareth und in der Wiegn. Ueber den Schreiber in Frauenburg wird geklagt, daß er manche Irrung verursache. Dann kommen in diesen Gegenden auch Klagen vor wegen des „Seelgerät" (Todten- gottesdienst) und daß man den Pfarrern keine Schlüssel zum Kirchengnt lasse. In Judenburg gab es keine Irrung im Glauben, aber der Pfarrer klagt, daß er vorhin 5 Hilfspriester gehabt habe, jetzt könne er nur 2 halten, weil man den Priestern nicht mehr so viel gibt, wie früher. Doch finden sich daselbst 6 Beneficiaten vor. 47 Dahin wurden auch beschicken: St. Jörgen, Pels, St. Oswald, Zeyring und St. Johann in der Schei¬ ben. Der Pfarrer zu Pels und St. Peter werden angeklagt: jener, daß er Wein schenke, dieser daß er Kaufmannschaft treibe. In Zeyring predigte ein gewisser Schmierschmid und behauptete, der heil. Geist rede aus ihm. Dann kommen noch Obdach, Weiskirchen, Fons¬ dorf und St. Peter. In Obdach werden 2 Ehebrecher und ein Winkelprediger namhaft gemacht, welcher auch beim Weine das Evangelium lese. In Seccau, dann in der Gaal, St. Margareth, St. Marein, St. Stephan, Kumentz und St. Ja¬ kob kommt nichts vor, als daß der Pfarrer in der Gaal den Verlust zweier Hueben beklagt. Zu Knittelfeld waren nebst dem Vikarius 2 Kaplane, 1 Frühmesser und 5 Beneficiaten. Ein Bürger wird angeklagt, daß er zwei Eheweiber habe; und andere drei, daß sie im offenen Ehebrüche leben. Auch Lind, Groß- und Klein¬ laming wurden dort vernommen. Die Kommission zog nun über die Stubalpe nach Voits- berg, wohin auch berufen waren: Piber, St. Pankra¬ tzen, S t. Barthelme, Gaistal, Kainach, Stallho¬ fen, Sala, Köflach, Geleschrott (Edelschrott) und Pack. Der Pfarrer von Köflach klagt: Ein gewisser Zapfel habe seine Verwandte im vierten Grade heiraten wollen, und als der Pfarrer die Kopulation verweigerte, „hat sic Herr von Herberstein im Geschloß von Lankowitz lassen znsammen- geben". In Stainz wurden vernommen: Mooskirchen, St. Merten, Holleneck, Lugest, Hengsberg, Preding, St. Stephan, Gambs, St. Florian, Micheldorf/ Schwa m berg, Osterwitz, Frciland und Sausal; wo überall nur unbedeutende Mißhelligkeiten abzuthun waren. 48 In Marnberg, wohin auch Eibiswald, Alten- mark, St. Peter, Remschnig und Sellenhofen ka¬ men, beschwert sich der Pfarrer von Eibiswald, daß Herr Christoph Eibiswalder (der Gutsherr) die Testamente an sich nehme, und wenn für die Kirche etwas testirt wird, läßt er es nicht ausfolgen. Viel Irrungen mache ein Mönch, der sich mit einer Weibsperson beim Richter aufhält, und der als Glaser anher gekommen ist. Er soll nach Gratz geliefert werden. Zur Visitation am rechten Drauufer vereinigte sich zu Dranburg ein Erzpriester der Diöcese Aglar (Aqnileja) mit der Kommission. Zu Wind isch gratz dreht sich die ganze Verhandlung der Visitation nm einen gewissen Hans Haas, der von Wien gekommen, aber schon vor Abhaltung der Vi¬ sitation wegen Unruhstiftnng nach Gratz geliefert, und dort wie es scheint, gehenkt worden war, da ein Bürger von Win- dischgratz angeklagt wurde, sich geäußert zu haben, es wäre besser, wenn man den König (Ferdinand) gehenkt hätte, als den Haas. Er hatte im Spitale und auch in Privathäusern protestantischen Gottesdienst gehalten und die Kommunion an circa 70 Personen in Brot und Wein ausgetheilt mit den Worten: „Der Glaube, den du hast in den Tod Jesu Christi, der führe dich in das ewige Leben". In Folge seines Trei¬ bens gab es viele Störungen der kirchlichen Ordnung. Bei der Frohnleichnams - Procession gab es kaum 30 Personen. Mehrere Bürgersfranen maßten sich selbst das Predigen an. Fünf Bürger widerriefen schriftlich ihre Jrrthümer, und wur¬ den absolvirt; und als dann der falzburgische Kommissär I)r. Vinzenz Fürbeckh eine eindringliche Predigt hielt und am Schlüße die Aufforderung beifügte: „wer noch Gnad und Absolution begehrt, der mag in den Chor umb den Altar ge¬ hen," — kamen noch 27 Männer, darunter ein Kunz von Windischgratz und 25 Weiber, welche auch absolvirt wur¬ den. Dabei aber mußte der Stadtschreiber öffentlich in der 49 Kirche ausrufen, daß keiner den Andern deßhalb verunglimpfen soll bei schwerer Straf und Un- gnad. Endlich sind mehrere lutherische Bücher öffentlich auf dem Platze verbrannt worden. Die umliegenden Pfarren: St. Jörgen, Schö n st e in, St. Merten bei Windischgratz, St. Margareth, St.Jo- h a n n u. S t. V eit waren von den Irrlehren noch wenig berührt. In Cilli, wo sich der Vikar mit 2 Kooperatoren und 16 Beneficiaten vorfinden, erfrechte sich der Kooperator Ru¬ pert Furtmüller sogar vor der Kommission eine „ungeschickte" Predigt zu halten. Es wurde ihm das Predigen und Beicht¬ hören in den Erblanden auf ein Jahr untersagt. Nach Cilli kamen die Pfarren: Präs berg, in der Pack, Rietz, Heil. Kreuz, St. Marein, St. Jörge», Pallen- stein, Landsberg, Kynisberg, Mansberg, Tif- fer, Roihitsch, St. Barthlme, St. Peter, St. Paul, Sarenfeld, Höllenstein, Weiten st ein, Fraslach, Tüchern, Neukirchen, Greiß, Gueten- dorf und Laufen. Dann sind noch zu Sei; vernommen worden, die Pfarren Gonowitz, Feistritz, Kersbach und Lapriach. Die Weitensteiner beklagen sich, daß ihr Pfarrer nicht windisch könne, und ihnen Niemand das Wort Gottes sage, auch zu Ostern nicht. Sonst aber sind in diesen Gegenden, die schon der Sprache wegen den Neuerern weni¬ ger zugänglich waren, wieder die Besitzer der Herrschaften, die das Volk gegen die katholische Geistlichkeit aufzuregen such¬ ten. Ein Ramschiffel (Herr von Schallek und Einöd) erklärte den Kommissären ins Gesicht, die Visitation werde wenig Frucht bringen. Franz von Lichtenberg, Jörg von Triebeneck und Gaisruck auf Buchenstein haben jeder einen „ausge¬ loffenen Minich" (Mönch) auf ihren Schlössern. Ebenso un¬ terhält die Herrin auf Altenburg einen apostasirten Geistli¬ chen mit seinem Weibe auf ihrem Gute „und hat ihren Bauern 4 — 50 — gefchaft, daß sie zu ihres Kaplans Predigt sollen gehen, aber, (setzen die Leute hinzu) er predigt seltsam Ding". Alle ge¬ nannten Herren, so wie die 'Hausfrau des Katzianers zu Rietz, haben ihren Bauern verboten, für ihre Nutzungen der Kirche den Zins zu entrichten, zu opfern oder Begängniß (Gottesdienst) halten zu lassen. Herr von Lichtenberg droht dabei, wenn sie dergleichen thnn, müßten sie ihm zweimal so viel zahlen. Am 2. Juli war die Visitation zu Marchburg. Hier befanden sich nebst dem Vikarius 11 Bencficiaten, aber es heißt: „es seyen wenig Priester hier, die celebriren, und es ge¬ hen wenig Leute zur Kirche". Doch von lutherischen Sachen weiß man sonst nichts, als daß mehrere solche Bücher, dar¬ unter auch vom Pfarrer zu Lembach abgeliefert und verbrannt wurden. Der Vikarius klagt über Zehentverweigerung. Dahin beschieden waren: St. Lorenzen, Lembach, Kötsch, Maidsperg (M. Rast?) Schleinitz, Pulscha, St. Peter, Jaring, St. Leonhard, Leutschach, Wit¬ sch ein und Gambs. Von St.'Peter werden nicht weniger als 11 notorische Ehebrecher namentlich angeführt, welche, wie auch einige von Jaring, — iu herkömmlicher Weise vom Landrichter abgcstraft werden sollen. Der Pfarrer von Schlei¬ nitz gibt an, daß 60 Personen nicht kommunicirt haben. Es wurde dem Landrichter befohlen, sie mit 3 Tage Haft bei Wasser und Brod zu strafen. Wenn sie dann binnen 14 Ta¬ gen nicht das heil. Sakrament empfangen, sollen sie außer Land ziehen. In Rädkers bürg, wo in Summa 15 Priester ange¬ geben werden, wird ««gezeigt, daß ein dortiger Pfleger luthe¬ rische Büchel habe. Ferner beschweren sich die Zechleute, daß die Frau des Herrn Friedrich von Gleinitz (eine geborne Stubenberg) einen zum Gotteshaus St. Merten bei Rad- kersburg gestifteten Weingarten vorenthalte. Eben so hat Herr 51 Hans von Kainach einen zur nämlichen Kirche geschaften Weingarten eingenommen und gibt der Kirche nichts. Der Pfarrer erzählt, daß durch Anstiftung eines Frem¬ den ans Nürnberg am Aschermittwoch eine Procession von 24 Personen zur Verspottung des Heiligen, unter Vor¬ tragung eines Kreuzes, worauf ein Häring gehangen, aus des Eckhenbergers ") Haus ausgegaugen sei; und auch ein anderes änliches Spottspicl wird angegeben. Nach Radkersburg mußten erscheinen: Frieda» mit sei¬ nen Filialen: Sonntag, heil. Geist und St. Nikla; dann heil. Kreuz, Luttenberg, Abstal, Muerckh, Klech, Halbenrein, Sd. Benedikte«, Gnaß, Stra¬ ti en und St. Georgen in Bücheln. In Halbenrain hat Herr Jörg von Poppendorf (damals auch Besitzer der Herr¬ schaft Halbcnrain) während der Predigt des Pfarrers, seinen Bauern aus Büchern gepredigt, und die Bauern sagten, des Poppendorfer Predigt wäre seiner (des Pfarrers) nicht gleich. Er hat auch die Bauern, besonders an Tagen wo sie kom- municiren sollten, aus der Kirche zu sich gefordert. Die Bau¬ ern haben auch durch den Poppendorfer eine „Gschrift" mit 10 Artikeln an die Kommission eingelegt. Nebstbei aber kla¬ gen die Bauern auch, daß Poppendorfer ste im Weinzehent erhöht habe, bei dem Eimer nm ein Viertl. Der Pfarrer zu Gnaß bekennt, daß er der Christoph Lambergerin das Sakrament in zweierlei Gestalt gege¬ ben habe, weil ste selbes nicht anders habe empfangen wollen. ') Diese Herren von Kainach waren in Luttenberg begütert, nahmen Lu¬ thers Lehren an, mußten deswegen aus Steiermark auswandern, und übersiedelten nach Oesterreich. Schmutz Lex. 2) Ulrich Egkenberg der Ahn des später so blühenden Geschlechtes starb 1448. Seine Söhne, Balthasar und der obgenannte Hans legten den Grund zur Macht des Hauses durch die Anordnung, daß Hans das Verlagshaus zu Radkersburg übernahm, Balthasar aber Münzmei- . ster Kaiser Friedrichs IV. zu Gratz wurde. 4 * — 52 — In Str ad en aber klagen die Pfarrleute, ihr Pfarrer, Herr Wolfgang Suppan habe gelobt, in einem Jahr Prie¬ ster zu werden, er thut es aber nicht. Es wurde ihm von der Komisston anfgetragen, bis Mitte Fasten gewißlich stch zum Priester ordiniren zu lassen. — Dagegen beschwert sich der Pfarrer: — Fruewirth zu Kramersdorf habe ihm unter die Augen gesagt, wenn eine Sterblichkeit ausbricht, soll er sich nicht in der Pfarre sehen lassen, denn es sey in der Gemeinde die Jnzicht gegen die Priester, sie vergiften den Weihbrunn daß die Bauern sterben müssen. In Mureck hielt sich ein Schullehrer, Magister Philac- terins, auf, welcher auf einen Flosse nach Mureck gekommen, nnd von den Schiffleuten dem dortigen Schullehrer als ein guter Prediger empfohlen worden war. Er wollte in Mureck das Predigen nicht lassen und suchte sich mit der Lüge zu helfen, er sey in Bruck von der Kommission craminirt und nichts Unrechtes befunden worden, während ihm dort viel¬ mehr das Land verboten worden war. Was mit ihm gesche¬ hen wird nicht angegeben. Zn Leibenz (Leibnitz) wurde zuerst die Pfarre Wil- don veruommcn. Diese besaß der Erzpriester zu Gratz, Doc- tor Johann Tettenhaimer, der in Wildon einen Vikar hielt. Gegen diesen, wie gegen Tettenhaimer brachten die Pfarrleute einige Beschwerden vor, unter andern, daß er ein großes Absenzgeld verlange, dabei aber der Pfarrhof in Abbau (Ver¬ fall) komme. Tettenhaimer tritt schriftlich dagegen auf, nnd beschuldigt die Bürger verschiedener Gewaltschritte gegen sein und der Kirche Eigenthnm. Die Sache wurde später in Gratz begliechcn. Nach Leibnitz wurden auch beschieden: St. Margare¬ then, Wolfsberg, mit der Filiale Jagerberg, St.Veit am Vogau, St. Jörgen, Gamlitz, Kirch bach und heil. Kreutz. Der Pfarrer von St. Veit klagt über Ladla (La- 53 dislaus) von Ratmannsdorf, daß er den Bauern geschafft habe, der Pfründe Grundstücke zu entziehen. Zur Verantwor¬ tung aufgefordert, erklärte Ratmannsdorf, er erkenne die Kom¬ missäre in dieser Sache nicht für Richter, indem er ihre Voll¬ macht nicht gesehen habe. Der Pfarrer in heil. Kreuz be¬ schwert sich, daß Herr Christoph Prandner seinen Holden ver¬ boten habe Gottesdienst halten zu lassen, wer es thut, soll ihm 1 Pfund Pfennige zahlen. In Fe ldbach, Tr autmansd orf und Fehring fand sich keine Irrung im Glauben; wohl aber Zehentverweigerung und andere Verkürzungen der Pfründen-Einkünfte. Zu Fürsten feld wird der Hauslehrer des Stadtschrei¬ bers beschuldigt, daß er der lutherischen oder ökolampadischen Sekte angehöre, er läugnct es aber. Der Komentor (Komthur) sollte 5 Geistliche halten, er hielt aber nur 3 und entschul¬ digte sich, daß das Einkommen jetzt schmal sey, übrigens seyen die Priester ja nur zum Messen lesen, worauf er nichts halte. In den übrigen zu Fürstenfeld vernommenen Pfarren: Jlz', Regkersburg, Söchau und in der Filiale Altcn- markt war alles in der Ordnung. In Rein wurden vernommen Frohnl eiten, Uebel- bach, Feistritz und Gratwein. In Frohnleiten fanden sich luthrische Bücher vor, und Ulrich Pelz mit seiner Haus¬ frau wurde als des Luthcrthums verdächtig angegeben und von ihm erzählt, daß er zum Beneficiatcn von Pfanberg, als er eben das heil. Sakrament am Halse zu einem Kran¬ ken getragen, gesagt habe: „Mein Sakrament ist ein Himmel das da ist nichts". In Gratwein, (damals noch nicht nach Rein incorporirt) hatten der Pfarrer und der Gesellpriestcr lutherische Bücher gehabt, sie aber schon wieder weggcgebcn. Nach Gratz wurden zur Visitation am 14. Juli berufen: Straßgang mit 3 Gcsellpriester, 1 Kaplan, 1 Beneficiatcn, 54 dann 2 Priestern zu St. Merten. (Pfarrer war Jakob Rad- kersburger, Hostaplan Königs Ferdinand.) Dann die Pfarren Passail, Fladnitz, Sembriach, St. Stefan, Sche¬ kel, Fernitz, St. Veit am Aigen, St. Leonhart, St. Peter, Sackenthal (St. Johann), der Beneficiat von Arnfels und der Pfarrer von Vasalsberg. Man steht aus den Verhandlungen, daß die Umgebung von Gratz von der Nenerung schon ziemlich angesteckt war, wie z. B. ein Weib von Straßgang sich geäußert hatte: „Sie nehme Wunder, daß die Leute das Sakrament nehmen und meinen, daß sich Gott im Ofen bachen laß". Die Pfarre Straßgang blieb übrigens, als später überall herum das Lutherthum ver¬ breitet war, dem alten Glauben treu ergeben, und es wird seit dem Jahre 1596 das Andenken daran durch eine Proces- sion in die Egydi- (jetzt Domkirche) alljährlich noch gefeiert. — Der Vikar am Schocket klagt, daß Herr von Gleinitz ver¬ biete „daß man den Priestern kein Geschafft oder Testament soll geben". Vom Pfarrer in St. Veit am Aigen aber wird angezeigt er habe gepredigt: „Bist du zehn Jahre in einem Kloster, ist nichts, bet und faste, ist nichts; allein glaub an das Leiden und Urstend Christi, so wirst du seclig". Auch von der Mutter Gottes habe er gesagt, sie sey ein Weib wie ein anderes, und der Zeuge setzt bei, seine Hausfrau habe darüber geweint und sich sehr betrübt. Die mei¬ sten Klagen beziehen sich aber zuletzt auf die zwei Prediger von Gratz, Maister Procopi und Herr Jörg, welche als Gastprcdiger in der Umgebung lutherische Lehren verbreiteten, so daß der Pfarrer von Fernitz erklärte, wenn man den beiden nicht Einhalt thue, so werde die ganze Visitation nicht fruchten. 55 7. Religiöser Zustand in Gratz. Der Anfang der protestantischen Neuerungen in Gratz wird nach Rosolenz, Aquil. Cäsar und andern gewöhnlich in das Jahr 1530 gesetzt; allein aus dem Visitationsprotokollc von 1528 ergibt sich, daß schon dazumal des verderblichen Stoffes viel vorhanden war. Der Landeshauptmann Sigmund v. Dietrichstein, der Bürgermeister Simon Arbatter, der „Alt Bürgermeister" Mathes Hcrrer und die Stadträthc un¬ terstützten nicht nur die Neuerungen, sondern widersetzten sich auch den kath. Predigern, und entzogen den Kirchen ihre Ein¬ künfte. Vom Bürgermeister wird ausgesagt, er sey in die „lutherischen Sekten ganz vergisst". Der Landeshauptmann schützte die beiden Hauptverführcr Prokopius und Jorg, in¬ dem er sic auf das Schloß nahm, wo sie ungehindert pre¬ digen konnten. Auch zwei andere Prediger: „die zwecn Hansen, Eggcnbcrger und den schwarzen Hans" die man ihres kutherthnms wegen abgestellt hatte, hat der Landeshauptmann wieder ausgenommen und gehalten. Auch von „der Hanptmannin" geschieht Erwähnung daß sie nichts von Sakrament halte. Das schlimmste hierbei war noch, daß Dietrichstcin selbst der Kommission feindselig entgegen trat, mit der Behauptung, ihre Vollmacht sey „wieder die F re i- heitcn dcrLandschaft" daher auch die Kommission gegen die Adelichen nichts vornehmen konnte. Die einzelnen Aussagen geben ein sehr trübes Bild von dem Zustande der Hauptstadt. Nachdem der Stadtpfarrer dem Meister Prokopius und seinem „Gesellen" Herrn Jörg das Predigen in der Kir¬ che verboten hatte, predigten sie in den Häusern, insbe- — 56 — sondere im Hause des Malers Kaspar, daher selbes auch die Synagoge genannt wurde. Später nahm sie der Landes¬ hauptmann, wie oben bemerkt wurde, in das „Geschloß" auf, wohin viel Leute zu ihren Predigten kamen. Ihre Leh¬ ren waren z. B. „Stiel, raub, mordt, brich deine Ehe, Gott straft nit, es ist keine Sündt, Gott straft allein den Unglau¬ ben. — Ich such in der Schrift hinten und vorn und kann nit mehr finden als zwei Sakrament. — Die Kirchen nutzen nichts; geh in den Tempel deines Herzens, der Steinhaufen wird dich nicht feelig machen. — Beichten kann man mit wenig Worten, — man soll sich das nicht so ins Gewissen nehmen. — Das Sakrament ist nichts anders, als ein Brod und ein Zeichen und Gedächtniß des Abendmahles. — Chri¬ stus hat genug für uns gethan, wir bedürfen nicht beten, fasten und Kirchen gehen; alle guten Werke sind nichts. — Die alten Doktores haben den Glauben verhalten, und das Evangelium unter der Bank gelassen u. dergl." Wie diese Männer die christliche Freiheit und Duldung verstanden ha¬ ben, zeigen folgende Worte einer Predigt: „Die alten Dokto¬ res und Prediger wollen Herrn Prokopium und ander die das Evangelium predigen, verwerfen; da soll alle Welt dazu thun und helfen, Leib und Guet daran setzen, daß man die¬ selben (die katholischen Prediger) austilg". Ein Prediger bei den Franziskanern sprach kräftig gegen diese Jrrlehrer, und forderte sie öffentlich zu einer Disputation auf. Dazu ließen sie sich weislich nicht herbei, wohl aber wurde derselbe häufig durch Schimpfen, Singen u. dgl. in seiner Predigt von ihnen gestört. Auf die Einrede, wie denn die beiden Herrn doch manchmal die Messe lesen, da sie doch nichts davon halten, wurde lachend erwidert, sie thun das nur, wenn sie Geld dafür bekommen. Ebenso wird ihnen nachgesagt, wenn Jemand Bittgelder für die Verstorbenen übergibt, so „nehmen sie das Geld und lassen sie Narren seyn". — 57 — Nächst diesen beiden scheint Maister Ruprecht Harter der „alte Schulmeister" in dieser Synagoge der Neuerer eine Hauptrolle gespielt zu hohen. „Er hat in der Gassen zu Gratz, die man nennt im Sackh, viel bösen Samen gcsäet." Seine Schulkinder lehrte er lutherische Gesänge, aber er be¬ saß auch schon die Schriften des Zwingli und Oekolampa- dins, und bildete im Sinne Zwingli's seine Schüler zu Bil¬ derstürmern ans, indem er sie anleitetc, Bilder zur Schule zu bringen und zu verbrennen. Es mußte schon weit gekom¬ men seyn, da sich die Geistlichen, besonders, wenn sie sich zur heil. Messe ankleiden ließen, von ihm verspotten lassen mußten, wobei er auch behauptet, ihre Weihe sey nichts, „er sey alsowohl ein Pfaff wie sie". Im Verhöre vor den Visitatoren zeigte er sich ziemlich störrisch, und er wurde wie die obgenannten beiden dem Stadtrichter in Verwahrung gegeben. Als eifrige Beförderer des Lutherthums werden noch genannt: Peter Schnitzer, der von Bruck wegen Ketzerei ausgewiescn und in Gratz als Bauschreibcr ausgenommen wurde. Thomas Brundorfer ein Lehrgrhilfe, der sich durch Verhöhnung und Zertrümmerung von Bildern und Krucifiren hervorthat. Hans Leib, der die Patencn von den Kelchen nahm und als Teller auf seinen Tisch legte. Stirich der lu¬ therische Bücher auch in die Kirche mit nahm. Die Maler Kilian und Kaspar, welcher letztere die Leute abredete, Prie¬ ster zu den Leichenbegängnissen beizuziehen. Auch einige Bür¬ gersfrauen werden namhaft gemacht. Nebstbei wurde auch ein Wiedertäufer aus Steier in Gratz verhört. Die Neuerungen wurden mächtig unterstützt und begün¬ stigt durch den Bürgermeister und durch die Räthe. Der er¬ stere durfte sich heraus nehmen zu bestimmen, daß das Evan¬ gelium nach der Predigt gelesen werden soll, und hat den Prediger nach seinem Gefallen von dem Predigtstuhl 58 „auf und ab gehen heißen. Die gestifteten Jahrtage ließ er nicht halten und ist die meiste Ursache gewesen, daß die Meß und Zeremonie der Kirche nit sind gehalten worden, denn er hat Etliche zu sich genommen, und nach der Predigt stracks mit ihm ausgeführt". Ihm stand getreulich der alte Bürgermeister zur Seite. Er hatte dem Erzpriester Bücher gezeigt und gesagt: „Schaut ihr Pfaffen, also habt ihr uns betrogen, da seht ihr, daß das Sakrament nichts sey". Er schrie dem Prediger bei den Franziskanern zu, man soll ihn von der Kanzel herabwerfen, weil dieser gegen die Jrrthümcr des Prokopius und Jörg redete. Überhaupt zeigte es sich, daß sich der Protestantismus in Gratz mit einer gewissen stürmischen Heftigkeit cindrängte. Ans dieser dem Visitations-Protokolle entnommenen Dar¬ stellung ersieht man, wie weit bereits im Jahre 1528 in Stei¬ ermark die Neuerung gediehen war, es zeigt sich dabei auch unter andern, daß Propst Rosolenz in seinem Berichte H dem Adel kein Unrecht zufügt, wenn er sagt: „Was unbefugter Griff und Rank gebrauchten sich nicht etliche der Landlcute (Adel) zu Abhaltung der armen Unterthanen von dem katho¬ lischen Gottesdienst u. s. w." Das Visitationsprotokoll weist nach, daß, wo irgend eine bedeutende Störung der kirchlichen Ordnung stattgefunden hatte, gewöhnlich der Gutsherr darin verflochten war, durch Beschützung und Aufmunterung der Neuerer oder wenigstens, indem er Stiftungen und Gaben der Kirche und dem Klerus nicht nur selbst entzogen, sondern auch die Untergebenen dazu ««geleitet oder gar gezwungen hat. Daß dies aber nicht eben aus Eifer für eine erkannte bessere Sache geschah, sondern aus Selbstsucht und Freiheitsgelüstcn hervorging, zeigt sich übrigens klar ans der Handlungsweise, worin nirgends ein si Rosolenz, Gcgenbericht Bl. 9. — 59 — edleres Streben sichtbar ist. Und bei den übertretenden kath. Priestern und Mönchen ist es sonst immer ein Weib, daß ihnen das reine Wort Gottes zuerst einbrachte. 8. Weiterer Fortgang des Protestantismus bis zum Lode Ferdinands!. Nach vollbrachter Visitation berichtete die Kommission an den Landesfürsten, daß die früher erlassenen Verordnungen in Religions- und Kirchcnsachen wenig beobachtet worden, daß die geistlichen Stellen von den weltlichen Patronen nach Willkühr besetzt, die kirchlichen Güter und Einkünfte von den¬ selben eingezogen werden u. dgl. Die Folge dieses Berichtes war ein neues scharfes landesfürstliches Dekret vom 17. No¬ vember 1528, worin die gefundenen Mißbräuche aufgezählt, und für die Zukunft streng verboten werden; die entzogenen kirchlichen Güter, Einkünfte und Stiftungen sollen zurückge- stellt, die Pfründen ohne Verzögerung mit solchen Geistlichen besetzt werden, die vom Bischöfe gut geheißen sind '). Allein auch dieses Dekret wurde nicht beachtet, und konnte um so weniger durchgesetzt werden, da schon im nächsten Jahre die Türken in die Erblonde einbrachen. Diese Türkennoth hat die katholische Kirche nicht nur in Steiermark, sondern im ganzen Umfange des Reiches, außer dem Raube und der Zerstörung, auch andere unberechenbare Nachtheilc verursacht; und man muß den politischen Zustand der österreichischen Länder um diese Zeit wohl im Auge behalten, um den Verfall der kirchlichen Angelegenheiten und den damit verbundenen Fort¬ schritt des Protestantismus sich zu erklären, indem dieser, — ein Geist der Negation, — eben in Unruhen und Zwiespalt sein gedeihliches Element fand. h Klein, Geschichte des Christenth. in Oesterreich u. Steicrm. IV. S6. 60 Die so häufig geschmähte und verachtete katholische Kir¬ che sollte gleichwohl den besten Theil der Kosten des Türken¬ krieges beischaffen, indem Ferdinand 1529 mit päpstlicher Be¬ willigung den 4. Theil der kirchlichen Güler in Steier und Kärnten verkaufen oder versetzen ließ. Vergebens begaben sich Bischof Räuber von Seckau und Valentin, Abt von St. Lambrecht, zu dem Könige, um die Forderung abzuwendcn. Er erklärte, daß die Umstände cs nicht anders zulaffen; und in den nächstfolgenden Jahren wurden noch weitere Forderungen gestellt. Die Räthe, die Ferdinanden zu dieser Maßregel vermochten, waren heimliche Lutheraner, die dabei nicht so sehr die Nothwendigkeit des Landes, als vielmehr die Untergrabung der katholischen Kirche und die Beförderung des Nutzens ihrer Partei im Auge hat¬ ten. Dieß zeigte sich vorzüglich, als jene Maßregel vollzogen wurde. Denn die Kirchengüter, welche damals verkauft wur¬ den, brachten meistens lutherische Herren um einen Spottpreis an sich, so daß sie selbe nachmals zehnmal theurer verkauften. Bei der Wegnahme der Kirchcnkostbarkeiten, wurden von den dazu bestellten Beamten, die gleichfalls meist Lutheraner wa¬ ren, vieles Kirchengeräth unbrauchbar gemacht, die Reliquien weggcworfen, Kirchenbücher zerrissen und auf die Seite ge¬ schafft H. Zwar bat der gute Ferdinand in seinem Testamente vom Jahre 1543 „darauf bedacht genommen, solches zu ver¬ güten, in Anbetracht, daß Alles solches für die Ehre und den Dienst Gottes gewidmet gewesen, wolle er sein Gewissen da¬ mit nicht beschweren, und wenn er es nicht bei seinem Leben könnte, so ersuche er seine Erben, es sobald als möglich, von seinetwegen zu erstatten". Mit Rücksicht auf die oben ange¬ deuteten Spottpreise wird beigefügt: „Von dem, was diese Güter damals, als sie von den Klöstern verkauft worden, tz Klein, Geschichte des Christenthums. IV. 60. 61 mehr werth waren, als der Kaufpreis, sollten die Käufer die Hälfte verlieren oder ersetzen" H. Die Ungunst der Zeiten ließ jedoch diese frommen Bestimmungen nie zur Ausführung kommen. Von den vaterländischen Geschichtsforschern werden die ersten Spuren des Lutherthumes in das Jahr 1530 gesetzt, in welchem Jahre sich ein lutherischer Prediger iu der Ge¬ gend der Deutsch-Ordens-Kirche am Lech vorsindet, der seine Lehre im Geheimen verbreitete. Dann ein lutherischer Schul¬ lehrer Namens Bartholomäus Elster, lateinisch Picea, welcher zu Gratz Predigten, unter dem Titel eines evangelischen Un¬ terrichtes, herausgab. Nebst diesen pflegte ein alter halbblin- dcr Mann, mit Namen Balthasar, unter einer großen Linde bei Allerheiligen (im heutigen Paradeis) in Luthers Weise zu predigen, zu welchem der müßige Pöbel häufig lief. Daß jedoch der Anfang solchen Treibens nm einige Jahr weiter hinauf zu setzen sey, hat sich in der oben erzählten Visitation gezeigt, und aus diesen Thatsachen sieht man nur, daß die landesfürstlichen Mandate nicht beachtet wurden. So wie im deutschen Reiche die protestirenden Reichs¬ stände in Folge des Reichstages zu Augsburg 1530, wo das sogenannte Augsburger Bckcnntuiß überreicht wurde, eine fe¬ stere Stellung gegen Kaiser und Reich einnahmcn, eben so zeigen sich auch die Stände von Inn er öfter reich von da an immer dreister gegen ihren Landes¬ herrn, und als Ferdinand wegen eines nen bevorstehenden Türkeneinbruches einen Landtag zu Innsbruck 1531 abhielt, konnte es der landständische Ausschuß schon wagen, ibm die Bitte vorzutragen: „Der König wolle es bei den Bischöfen dahin bringen, daß sie die Pfarren mit gelehrten Pfarrhcrren Buchholz, Ferdinand I. VIII. 742. 62 und Predigern bestellen, welche das klare Wort ohne menschliche Zusatz verkünden" Das Wort „menschlicher Zusatz — menschliche Satzung" war aber überhaupt sehr verführerisch, und es mochte der Sinn desselben damals noch nicht Allen klar gewesen seyn. Luther und seine Anhänger erklärten alles als „menschliche Satzung", was mit der heil. Schrift „im Widerspruche" steht; aber das war eben die verführerische Täuschung, daß man weiter behauptete, was nicht wörtlich und klar in der heil. Schrift steht, sey mit derselben im Widerspruch; daß aber die heil. Schrift die alleinige Glanbensquelle sey, wurde ohne weiters angenommen. In welcher drückenden Lage damals die religiösen Kör¬ perschaften den weltlichen Großen gegenüber sich befanden, davon gibt das Stift Rein ein anschauliches Beispiel. Dort drängte sich der Freiherr Hans Ungnad im Jahre 1533 als Verweser des Stiftes mit landesfürstlicher Genehmigung ein. Es wurde der Kniff angewendet, daß sein Sohn Ludwig ver¬ sprach, den Ordenshabit in Rein zu nehmen, was jedoch nie geschah. Der Vater nahm sofort Besitz vom Stift, verwan¬ delte selbe in eine weltliche Kommende, deren Erträgnisse er mit seiner Familie genoß, nnd welche er anch für seine Fa¬ milie erblich zu machen beabsichtigte. Die wenigen Konven- tnalen, die es bei solcher Wirthschaft noch aushielten, suchten den unvermeidlichen Untergang des Hauses dadurch zu retten, daß sie im Jahre 1549 einen neuen Abt Dur lach er wähl¬ ten Da Ungnad nicht anders weichen wollte, so mußte man sich mit einem fast unerschwinglichen Jahresgehalte für ihn abfinden; und es wurden ihm die Aemter Hirscheg und Qualsdorf (Kalsdorf) nebst anderen Nutzungen überlassen. Buchholz, Ferdinand I. VIII. 153. 2) Diplom, cine. 8tirisz II. 51. 63 Als Beispiel seiner Gebarung mag noch dienen, daß er volle 16 Jahre die Steuern von den Unterthancn einhob, und vom Prälaten sich zahlen ließ, sie aber in die Landeskasse nicht ablieferte, die das Stift in einer Summe von beiläufig 6000 fl. nachmals zu zahlen hatte. Daß ein solcher Mann zum Lu- therthum übertrat, kann uns nicht wundern, wohl aber, daß er Landeshauptmann in Steiermark war. In den 50ger Jahren zog er außer Land und starb um das Jahr 1564. Nach seinem Tode wurde das Stift in einen Proccß mit dessen Söhnen verwickelt, der durch eine Reihe durchtriebener Ränke und Ungerechtigkeiten, die von den land¬ schaftlichen Behörden unterstützt wurden, über das Jahr 1593 hinaus dauerte, und in Folge dessen unter Andern im Jahre 1584 das Amt Hirschegg für Rein verloren ging, indem es als Ungnad'sches Gut (da es Ungnad doch nur zum Frucht¬ genuß gehabt hatte) gepfändet, und an den damaligen Lan- desverwescr, Sigmund von Herberstein, von den ständischen Verordneten verkauft wurde. Um aber bei dieser Gelegenheit noch einen andern guten Fang zu machen, wurde die Pfarr¬ kirche Hirscheck, mit ihren zwei Filialen der Landschaft Vor¬ behalten, „nm an derselben der wahren angsbnrgischen Kon¬ fession zugethane Prediger einzusetzen". Wie aber Ungnad sich den Lvwentheil zueigncte, so ließ er seine Gesinnungsgenossen auch au der Beute einigen Antheil nehmen. Im Jahre 1536 zog Sebastian von Windischgrätz die Gülten, Gründe und Weingärten der Reiner Pfarreien Thal und Feistritz an sich, so daß in den dortigen Kirchen bis 1571 kein Gottesdienst mehr gehalten werden konnte H. Dieser nämliche Hans Ungnad hat in seiner Eigenschaft als Landeshauptmann von Steiermark jene Bittschrift unter¬ zeichnet, welche die Lutheraner der österr. Lande dem Könige ') planus vixlouiatLrium Runense. 64 Ferdinand am 13. Dezember 1541 zu Prag vorlegten. Der unglückliche Ausgang des Feldzuges gegen die Türken in die¬ sem Jahre, wo auch Ofen an sie verloren ging, bewog den König Ferdinand, die Stände seiner Erbländer auf einen Landtag nach Prag zu berufen, um von ihnen Beiträge zur ferneren Führung des Türkcnkrieges zu erwirken. Diese Ge¬ legenheit benützten nun die lutherischen Ständeglieder, vom Könige die freie Religionsübung zu erwirken. Aus Steier¬ mark sind nebst Ungnad noch unterzeichnet aus dem Herren¬ stande, Georg von Herberstein und Johann von Weisbriach, dann einige Ritter und die Städte Gratz und Radkersburg. Die Unterzeichneten finden heraus, daß die Türkennoth eine Strafe Gottes sey, und keine Hoffnung bleibe, als wenn sie alle sich mit rechter Pvm'tenz und Zuversicht des Wortes Gottes zu ihm kehren. Die vornehmste Ursache sey die Ver¬ achtung des Wortes Gottes. Aus biblischen und heidnischen Geschichten sey überall klar zu verstehen, daß Gott die Reiche nicht um der alltäglichen Sünden des Volkes, sondern um Abgötterei und Verachtung seines Wortes bestrafe. „Sodann leider diese höchste Sünd, daß wir das angebotene Gotteswort nicht annehmen, noch uns in eine rechte christliche Pönitcnz schicken mögen, auf uns allen liegt, wie möchten wir dieser Strafe entfliehen. Gott aber bie¬ tet zuvor dem Volke sein göttliches Wort (das Lnther- thum) an, daß cs der Strafe entgehen könne, wie die Nini¬ viten damals gerettet worden rc." Die Bitte ging dann da¬ hin, Ferdinand möge bei der Geistlichkeit darob seyn, daß die Lehre von der Rechtfertigung, guten Werken und Buße nach dem Sinne des Regensburger Interim (eigentlich nach den lutherischen Artikeln von Schmalkalden, — wo diese Artikel zum rechten christlichen Verstand gekommen seyen) eifrig ge¬ predigt und zugleich das Sakrament des Altars denen, die selbes aus christlicher Neigung unter zwei Gestalten begehrten, 65 also gereicht werde. Um solches wurde aufs Flehentlichste ge¬ beten, damit man ohne Furcht vor der göttlichen Strafe den Türken Widerstand leisten könne. (Daß die altbegründete Lehre der katholischen Kirche den Zorn Gottes herabziehe, war frei¬ lich ein eben so leichtes als kräftiges Argument für die An¬ nahme der neuen Lehre.) Ferdinand antwortet unterm 8. Jänner 1542, er habe immer gewünscht, daß das Wort Gottes nach seinem wahren christlichen Verstand verkündigt werden möge. Was aber den eigentlichen Gegenstand ihrer Bittschrift betreffe, so versehe er sich, daß sie die Vergleichung in Religionssachen von einem Koncilium gehorsamlich erwarten mögen, und mittler Zeit keine Aenderung noch Neuerung suchen und vornehmen möch¬ ten, sondern sich in der Religion und sonst gegen kön. Ma¬ jestät halten würden, wie ihre ehrlichen Altväter sich gegen Gott nnd gegen die Vorfahren des Königs gehalten hatten rc. Wie wenig aber die Ausschüsse sich der königlichen Anord¬ nung zn fügen geneigt waren, zeigt eine replicirende Antwort, wo sie wieder von der „Hauptsünde der Abgötterei" (kath. Gottesdienst) reden, und ihre kniefälligen Bitten erneuern '). Inzwischen wurden die Neuerungen eifrig fortbetrieben und leider findet sich auch ein Abt von Admont, Valentin Abel, als Lutheraner ?). Er war von Jugend auf im Kloster erzogen worden, wechselte schon viele Jahre mit Luther Briefe und entschied sich nach langem Schwanken endlich für das Lutherthum. Er wurde erwählt 1545, abdicirte 1568 und starb 1575 y. si Buchholz. si Diplow. 8tir. II. 259. °) Admonter Katalog. Anmerkung. Es wäre interessant. Liesen Brief¬ wechsel zu kennen und zu sehen, ob Luther auch hier als so zarter Gewissensrath sich erwies, wie aus einem seiner Briefe an Len Chur- 5 66 Daß der Bischofsstab von Seckau, womit auch das Gene¬ ralvikariat für die Salzburger Diözese in Steiermark verbun¬ den war, um diese Zeit eine schwere Bürde war, läßt sich wohl denken, und cs ist nicht zu wundern, daß der gute Chri¬ stoph von Lamberg, welcher 1542 zum Bischöfe von Seckau ernannt worden war, diese Würde schon 1546 freiwillig uie- derlegtc, und sich nach Salzburg, wo er früher Dompropst gewesen, wieder zurück zog. Sein Nachfolger Johann von Malentheim wohnte in seinem letzten Regierungsjahre 1549 noch der denkwürdigen Provinzial-Syuode zu Salzburg bei. Aus den Verhandlungen dieser Synode ersieht man, wie selbst Ferdinand in Auffas¬ sung seines Verhältnisses zur kirchlichen Gewalt sich nicht klar war, oder vielmehr durch die lutherischen Ständeglicder getäuscht und verwirrt, den heilsamen Anordnungen der kirch¬ lichen Obern entgegentrat. Auf dieser Synode, die auf den Wunsch Ferdinands gehalten wurde und aus 70 kirchlichen Personen bestand, kamen folgende „Onpituln" zur Sprache: daß Pfarrer und Prediger von Laien eigenmächtig und gewaltsam eingesetzt werden; daß das Altarssakrament häufig unter beiden Ge¬ stalten verlangt werde; daß die Patrone ihre Kirchen unbe¬ setzt lassen und die Einkünfte derselben an sich ziehen; daß die Laien die Freiheit der Prälatcnwahlen stören, und sich Klo¬ fürsten Johann, welchen die protestantische Zeitschrift Sophronizon 13. Jahrg. 6. H. mittheilt, zu ersehen ist. Der Brief bespricht die tendirte Neligionsveränderung Les Abtes zu Fulda. Luther rathet dem¬ selben vom Uebertritte ab, unter andern auch deswegen, weil er als Abt des Klosters „vielen helfen und mit der Zeit die Kloster-Gräuel schwächen könnte", sagt aber dann: „Wo aber der Abt sich be¬ schwert, daß er nicht zur Ehe greifen kann, wollt ich lie¬ ber rathen, daß er eine heimliche Ehefrau nehme". Also eine heimliche Ehefrau nehmen, und so die Kloster-Gräuel schwächen! 67 stervisstationcn anmaßen; daß Kirchengütcr geschmälert und verschleudert, und die Rechte der Geistlichkeit verschiedentlich verletzt werden; rc. Als aber gegen diese Mißbräuche und Anmaßungen die geeigneten Vorkehrungen von der Synode erlassen werden sollten, traten die Gesandten der weltlichen Fürsten, des Herzogs von Baiern und des Königs Ferdinand mit der Einsprache entgegen, diese Erlässe müssen erst dem Fürsten eingesendet nnd von ihnen genehmigt werden. Dage¬ gen hatte die Synode um so weniger etwas einznwenden, als man ohnehin zur Vollziehung der Dekrete der Hülfe welt¬ licher Fürsten bedurfte. Allein Ferdinand schickte die Synodal- beschlüffe erst den betreffenden Ständcgliedcr zu, mit der Mah¬ nung, die bisherigen Eingriffe in das Kirchenwescn zu un¬ terlassen und das gethane Unrecht gut zu machen. Diese aber läugneten die von der Synode vorgebrachten Beschwerden und führten dem Könige zu Gemüthe, wie sehr seine Rechte dadurch gekränkt würden, daß eine Versammlung von Geist¬ lichen ihm gleichsam Gesetze vorschreibe u. dgl. Ferdinand ging in die Falle, schickte eine Gesandtschaft nach Salzburg, und ließ dem Erzbischöfe und den wieder versammelten Bi¬ schöfen seine Unzufriedenheit mit den Verordnungen der Sy¬ node zu erkennen geben, und die Zurücknahme oder Abände¬ rung derselben verlangen. Hieraus entspann sich zwischen dem Erzbischöfe nnd Fer¬ dinand ein Streit, der noch unter ihren Nachfolgern fortdau¬ erte und erst im Jahre 1568 beigclegt wurde. Die lutheri¬ schen Stände hatten ihren Zweck, — Hintanbaltung oder doch Verzögerung ernstlicher Maßregeln gegen ihre Umtriebe, vollkommen erreicht H. In die 40ger Jahre fällt auch eine Unternebmung der lutherischen Stände, die in ihrem Beginne geringfügig und h Hansiz 8erw. 8. 648. Dalham eouo. 8rckisd. 329. 5 * 68 arglos schien, aber gleichwohl in der weiteren Entwicklung von gewichtigem Erfolge und der Mittelpunkt des hiesigen Protestantismus wurde; — die Errichtung der später soge¬ nannten Stiftschule in der Gegend des jetzigen „Paradcis" in Gratz. Dort besaß Siegfried von Eggenberg ein mit ei¬ ner Kapelle versehenes Haus sammt einem Garten. Dieses Alles verkaufte er an die lutherischen Stände, welche zuerst eine Schule errichteten, dann bald die Kapelle zu einer Kirche erweiterten, und einen lutherischen Gottesdienst darin einführ¬ ten. Das Jahr der Errichtung läßt sich nur beiläufig aus einer Bittschrift der, steir. Landstände vom Jahre 1580 an den Erzh. Karl entnehmen, wo es heißt: „daß wir und un¬ sere Voreltern gucts über 40 Jahre unsere eigene Schule allhier öffentlich gehalten rc". Wir werden später auf diese Anstalt, die den beiden folgenden Landesfürsten viel zu schaffen machte zurückkommen. Im Jahre 1544 ordnete Ferdinand, da er erfahren hatte, daß viele Pfarren und Kirchen sich in einem elenden Zu¬ stande befinden, eine neue Visitation an, über deren Resul¬ tat man jedoch nichts vorfindet. Aqnil. Cäsar merkt darüber nur an, daß man bei derselben fand, wie die Grafen von Montfort die geistlichen Stiftungen zu Pfanberg und zu St. Barbara in Pcggau eingczogen hatten H. Was konnten auch solche wiederholte Kirchenvisitationen helfen, sie konnten nur das Uebel konstatiren, das ohnehin offenkundig war: daß die kirchlichen Subsistenzmittel vielfach geschmälert, die Geistlichen in ihrer Wirksamkeit mannigfach gehemmt waren, und die ketzerischen Lehren unter dem Schutze der Gutsherren freien Spielraum hatten. Da müßte Gewalt mit Gewalt Hindangehalten und die weltliche Macht dazu auf¬ geboten werden. h Aquil. Cäsar. VII. 100. 69 Diese aber war schon größtentheils in den Händen luthe¬ risch Gesinnter, und so waren schon die Berichte an den Lan- desfürsten in dieser Beziehung gewöhnlich einseitig, und die Befehle desselben zu Gunsten der Religion und Kirche kamen selten in Vollziehung. So wußte die schon größtentheils luthe¬ rische Bürgerschaft von Fürstenfeld eine landcsfürstliche Be¬ willigung zur Einziehung des dortigen Augustinerklosters sammt dessen Besitzthume zu erschleichen, doch wurde die Bewilligung auf Vorstellung des Generalvikars des Ordens bald wider¬ rufen, 1549. Allein die Bürgerschaft war nicht gewillt die Beute heraus zu geben, erst auf einen neuen Befehl im Jahre 1551, konnte durch die beordnetcn landesfürstlichen Kommis¬ säre, den Abten von Rein und den Viccdom in Steier, der Orden wieder in sein Recht eingesetzt werden. Auch die Mi- noriten in Bruck wurden in den 40ger Jahren zum Answan- dern genöthigt und das Kloster blieb durch 40 Jahre ver¬ lassen, wie eine dortige Inschrift andeutet: llmretieornm in- .jnria per 40 mmornm Spatium desolatum. Da die damals einflußreiche Würde eines Landeshaupt¬ manns in Steiermark in den Händen des bereits vom Lnther- thum ganz eingenommen Hans Freiherr» von llngnad war, so fand der Protestantismus alle mögliche Unterstützung, und es wurde auf dem Landtage zu Stadt Steier, die noch zu Steiermark gehörte, im Jahre 1547 beschlossen, Abgeordnete von Jnnerösterreich zu Kaiser Karl V. und dem Könige Fer¬ dinand nach Augsburg zu schicken nm Religionssreibeit zu erlangen. Dem Ansuchen wurde natürlich nicht willfahrt, aber das hinderte die Herren nicht, ihre Angelegenheit im Laude fortwährend zu fördern, und als König Ferdinand im Jabre 1551 an den Landeshauptmann einen schriftlichen Verweis wegen seiner Lauigkeit in Handhabung der landesfürstlichen Verordnungen mit einer Strafandrohung ergehen ließ, legte Ungnad sein Amt nieder, und ging nach Urach im Würten- 70 bergischen, von wo aus er noch durch Besorgung des Druckes einer slovenischeu Bibel für das Lutherthum in Steiermark zu wirken beflissen war. In Gratz war cs aber bereits so weit gekommen, daß man im Jahre 1552 es nicht mehr wagen konnte, die Frohn- leichnahmsprocession zu halten; sie unterblieb bis in das Jahr 1572. Draußen in Deutschland hatte unterdessen durch den uner¬ warteten Verrath des Churfürsten Moritz von Sachsen die katholische Sache einen schweren Schlag erlitten, und der Passauer Vertrag 1552 mit dem Religionsfrieden von Augs¬ burg hatte der Reformations - rind Revolutionsparthei eine feste politische Stellung gegeben. Dieß scheint, wie auf Karl V., so auch auf Ferdinands Gcmüth sehr nicderdrückend gewirkt zu haben, denn dieser letztere war von jetzt an viel nachgie¬ biger gegen die fortwährenden und immer maßloseren For¬ derungen der Protestanten. Im Juni 1554 überreichten die lutherischen Stände von Steiermark, im Vereine mit denen von Oesterreich ob der Enns, dem Könige eine Bittschrift, in welcher sie um die Genehmigung des von ihnen bereits ange¬ nommenen Gebrauchs der Kommunion unter beiden Gestalten ersuchten. Ferdinands Bescheid darauf war gnädiger, als man es nach seinen bisherigen Verfahren vermuthen sollte. Er sagte darin, er wolle die Sache weiter überlegen, unterdessen habe er zu ihnen das Vertrauen, daß sie sein im Februar desselben Jahres ergangenes Edikt, womit die Kommunion unter beiden Gestalten verboten wurde, halten würden. Daß solche Mahnung fruchtlos war, versteht sich nach dem Bishe¬ rigen von selbst. Wie unter solchen Umständen das Wohl des Vaterlandes bestellt war, zeigte unter andern der Landtag zu Wien 1556. Ferdinand hatte die Stände von Nieder- und Jnnerösterreich dahin beschieden, um die nöthigen Unterstützungen gegen die 71 Türken zu erlangen, welche bis in die südliche Steiermark Streifzüge unternahmen, wie denn 1555 die Karthanse von Seiz hart mitgenommen, und der dortige Prior zu Tode ge¬ martert wurde. Aber die starre Partheisncht gab der Stimme der Menschlichkeit und dem lautem Rufe des Vaterlandes kein Gehör. Die Abgeordneten der weltlichen Stände überreichten gleich zn Anfang des Landtages eine Schrift, mit der unum¬ wundenen Erklärung, sie hatten von den Ihrigen den Befehl, bevor etwas Anderes in Berathnng gezogen würde, mit dem Landesfürsten wegen der Religion zu unterhandeln. Sie ba- then dann um die Bewilligung, die ihrige frei ansüben zn dürfen, und um Aufhebung aller einer solchen Uebnng entge¬ genstehenden Verordnungen und Anstalten, und beriefen sich dabei unter Andern auf die im Augsburger Frieden ausge¬ sprochene Religionsfreiheit. Ferdinand aber bcschied ihre For¬ derungen ganz im Sinne dieses Friedensschlusses: er sep ent¬ schlossen, in der katholischen Religion zn leben und zu sterben, und könnte sie laut jenes Friedensschlusses verhalten, seine Religion zu bekennen, er wolle dieß zwar nicht, aber noch weniger könne er ihnen freie Ausübung ihrer Religion gestat¬ ten; — diejenigen aber, denen dieß nicht anständig sey, kön¬ nen außer Land ziehen. Uebrigens wolle er ihnen nicht wehren, das heil. Abend¬ mahl unter zwei Gestalten zu empfangen, unter der Bedin¬ gung, daß sie den übrigen katholischen Lehren und Gebräuchen tren bleiben, und zu keiner besonder» Sekte sich bekennen '). Durch die weitere Zudringlichkeit dieser Abgeordneten ließ er sich endlich doch zn dem unüberlegten Schritte verlei¬ ten, daß er seine gegen die Unkatholischen früher erlassenen Verfügungen außer Wirksamkeit setzte, wodurch er seinen Nach¬ folgern die Regierung sehr erschwerte, und den Muth der Lu- -) Klein IV. ISO. 72 - — therischen erhöhte, wie denn unter Andern im Jahre 1562 die Bürger von Judenburg in das dortige Franziskancrkloster einbrachen und die Mönche vertrieben. Daß der gute Ferdinand über das Wesen der Reforma¬ tion noch in seinen letzten Lebensjahren sich nicht klar gewor¬ den war, beweisen seine Bestrebungen, seine protestantischen Unterthemen durch das Zugeständniß des Laienkelches zu ver¬ söhnen und für die Kirche wieder zu gewinnen. Es hat aller¬ dings den Schein, als ob die katholische Kirche hierin den Wortlaut der heil. Schrift gegen sich hätte, da Christus das heil. Abendmahl in beiden Gestalten eingesetzt, die Kirche aber die Gestalt des Brodes zum Empfange des Sakramentes für genügend erklärt, wofür übrigens auch Joh. 6, 52 spricht. Die Protestanten unterließen auch nicht, laut die Kirche zu schmähen, daß sie das Sakrament verstümmelt habe, und sich nicht an Christi Ordnung halte. Es gehört freilich keine besondere theologische Gelehrsam¬ keit dazu, einzusehen, daß Christus dort das heil. Meßopfer eingesetzt habe, wobei allerdings beide Gestalten wesentlich nothwendig sind, daß aber das heil. Sakrament des Altars, das aus dem heil. Opfer hervorgeht, in jeder Gestalt Chri¬ stum ganz enthält; — aber die obige Beweisführung, von dem offenen Widerspruche mit der heil. Schrift, blieb immer — und bis auf unsere Tage,— ein beliebter und frucht¬ barer Anhaltspunkt, die katholische Kirche im falschen Lichte darzustelleu. Es ist bekannt, daß Ferdinand durch seine Gesandten auf dem Koncil zu Trient um Gestattung des Laienkelches drin¬ gend bitten ließ, und dieses erklärte, daß für einzelne Fälle der Papst diese Bewilligung ertheilen werde. Auf die dießfälligen Schritte Ferdinand's bei dem Papste Pius IV. ermächtigte dieser durch ein Breve vom 16. April 1564 die Erzbischöfe in Ferdinand's Ländern, daß sie denen. 73 die es verlangen, die Kommunion in beiden Gestalten bewil¬ ligen können, wenn sie meinen, damit größeres liebel vermei¬ den zu können. Auch in Steiermark wurde von diesem Zuge¬ ständnisse Gebrauch gemacht; allein obwobl es heißt, daß hierauf zwei Drittheile Lutheraner wieder katholisch geworden scyen '), so war dieses katholisch werden nur äußerlicher Schein; bald verlangte man mehr Zugeständnisse und da sie nicht bewilligt werden konnten, waren die angeblichen Katho¬ liken wieder Lutheraner. Nach zwei Jahren wurde die Be¬ willigung vom Papst Pius V. wieder zurückgenommen, denn man erkannte, daß „die Wankenden durch jenes Zugeständniß nicht befestigt, die Gefallenen nicht aufgerichtet, die Irrenden nicht auf den Weg des Heiles zurückgeführt wurden". Doch wurde die Kommunion unter beiden Gestalten noch lange nachher in einzelnen Orten aus Schonung beibehalten, und wahrscheinlich knüpfte sich daran der Gebrauch, den Laien nach der Kommunion mit der Hostie, einen Schluck von nicht kon sekrirtcm Weine zu verabreichen, was in manchen Pfar¬ ren bis an das gegenwärtige Jahrhundert herab, in Uebnng war. — Ferdinand war bald nach Verkündigung des ersten oben genannten päpstlichen Schreibens am 25. Juli 1564 gestor¬ ben. Wie sehr ihm der reine katholische Glaube am Herzen lag, zeigt auch noch sein Testament, worin er seinen Kindern so rührend zuspricht, und unter Andern sagt: „Ich betrachte das Wesen der Welt, und wie die Ketzereien und neue Sek¬ ten sehr überhand nehmen, und daß ihr nicht werdet unan¬ gefochten bleiben, Euch darein zu verführen, und prineipniiter hab auf Euch Maximilian mehr Sorg, als aus Euer an¬ der keinen; dann ich hab allerlei gesehen und gemerkt, das mir einen großen Argwobn bringt, als wollest Du Marimi- si Klein IV. 164. 74 lian von unserer Religion fallen und zu der neuen Sekten übergehen, unvonuötben, dieselbigen Ursachen anznführen. Gott wolle, daß das nicht sey, nnd daß Ich Dir darinen unrecht argwohnen soll; denn Gott weiß, daß mir ans Erden kein größeres Leid noch Bekümmerniß fürfallen möchte, als daß Ihr, Maximilian, als der ältere und der am meisten wird haben zu regieren, solle von der Religion fallen; es wäre mir auch von Euch andern ein groß Leid und Bekümmerniß, nnd so groß, daß Ich wollt viel lieber Euch todt sehen, als daß Ihr in die neuen Sekten und Religion fallen solltet; und bitt Gott ganz treulich täglich, daß er Euch davon behüten solle, und ehe daß er Euch darinen fallen sollt lassen, ehe wollt er Euch, dieweil Ihr, als ich hoffe gute Christen seyd, von dieser Welt abfordern". Zuletzt ermahnt er sie noch, den Schwestern zu helfen, „daß sie verheirathet werden wohl und ehrlich, doch mit Katholiken und nicht mit Ketzern" Nicht ohne tiefe Rührung kann man auch die Worte je¬ nes merkwürdigen Gebetes lesen, welches Ferdinand oft und mehrcntheils lateinisch gebetet, und das sein Beichtvater nach dessen Tode bekannt gemacht hat. Es lautet zu deutsch: „Herr der Herrschenden! Erbarme dich der Kirche, welche du er¬ worben hast mit deinem Blute, gib ihr zurück die liebliche Eintracht, die sie durch den erschrecklichen Dogmenstreit verlor. Einige sie im Baude des Friedens, auf daß zurückkehre die alte Gottesfurcht und die erbliche wechselseitige Liebe. O, daß ich solches sähe, und daun lebte! Denn diese Entzweiungen, die ich sehe, und die Vielfachheit der Sekten, machen mir dieses Leben bitterer als jeglicher Tod, Soll ich nicht ein Besseres erleben, o gütigster nnd gerechtester Gott, so laß meinen Geist in Frieden ausgenommen werden" °). h Kodicill vom 10. August 1555 zu Händen seiner drei Söhne. Bei Buchholz VIII. 753. 2) Buchholz VIII. 757. 75 Diese Gesinnungen des Verblichenen gingen insbesondere auf den jüngsten der 3 Söhne, auf Karl, den künftigen Re¬ genten in Steiermark über, der verdientermaßen der besonderen Vorliebe des Vaters sich zu erfreuen hatte; und die katholi¬ sche Glanbenstreue des edlen Vaters in so feierlicher Weise, wie oben im Testamente ausgesprochen, mußte, wenn es noch nöthig gewesen wäre, auch ihm jenen entschiedenen Glanbens- muth geben, der ihn auch in den schwierigsten Verhältnissen, wie wir sehen werden, nie wanken ließ. LS. Der Protestantismus unter Karl II. s. Nrtigions-Zuftand bei dem Ucgirnmgs-Antriite Kart's tl. Karl, der zufolge der Anordnung des Vaters Jnneröster- reich erhielt, war schon im März 1564 noch bei Lebzeiten Ferdinand's, zur Huldigung nach Gratz gekommen. Man kann sich eines bittern Gefühles kaum erw ähren, wenn inan sieht, wie dieser Fürst, der wie Wartinger bemerkt, „ein Regent von hohem Werthe war, der mehr als irgend ein steiermär¬ kischer Herzog vor ihm, für äußere Sicherheit, für Provinz¬ verwaltung, Gesetzgebung, Landeskultur, Unterricht nnd Re¬ ligion tbat", vom Antritte seiner Regierung an, bis zu sei¬ nem Tode „umlagert von heftigen Protestanten" in der Er¬ füllung seiner Regentenpflichten und in den edelsten Bestre¬ bungen immerdar gehemmt, seines Lebens kaum jemals recht froh werden konnte. Die lutherischen Stände der 3 Herzogthümcr waren schon früher übereingekommen, — wahrscheinlich im Vertrauen den jugendlichen kaum 24jahrigen Landesfürsteu leicht nach ihrem 76 Sinne stimmen zn können, — demselben nicht eher huldigen zn wollen, als bis er ibnen freie Hebung ihrer Religion zu¬ gestanden hätte. Doch Karl erklärte fest und ernstlich, es handle sich jetzt nm die Erbhuldigung, wenn sie Neues in Religions- sachen wünschen, so wissen sie ja, wem die Gewalt hierin zu- kömmt, ihn aber würden sie nie dahin bringen, daß er für sie ein Urheber neuer Religionen werde 0- So huldigten ihm die Stände in Steiermark am 2V. März 1Z64 unbedingt und Karl bestätigte „alle Recht, Freiheiten und gu¬ ten Gewohnheiten, wie das von Alters her ge¬ kommen ist". Bald nach dem Regierungsantritte des Erzherzogs er¬ schien ein Erlaß: „in der Religion sollen keine Neuerungen eingeführt, — geraubte Kirchengüter zurückerstattet werden, — fremde Prädikanten das Land räumen". Allein den Prote¬ stanten war das Protestiren gegen landesherrliche Verfügun¬ gen schon unter Ferdinand geläufig geworden. Es wurde in gewohnter gewaltsamer Weise fortreformirt, und auch jeuer Theil von Steiermark, der noch vom Lutherthume wenig be¬ rührt war, die eigentliche damalige Seckauer Diözese blieb nun nicht mehr verschont. Die Franziskaner von Lankowitz waren, wie leicht zu denken, das erste Opfer. Man entzog ihnen die Lebensmittel, verjagte sie gewaltsam aus ihrem Klo¬ ster, plünderte dasselbe rein aus und machte es zu einer Wein- fäffer-Niedcrlage Wie sehr auch Kunst und Wissenschaft bei solchen stür¬ mischen Plünderungen der Klöster zu Schaden kam, kann man daraus schließen, daß die benachbarten Adeligen 3 Wägen voll Bücher, Gemälde, Handschriften und H a u s g cräth sortführten. si Hist. äneiim 8t. III. N. --) Aqull. Cäsar VII. 185. 77 Insbesondere waren es die Landtage, in denen jedesmal die lutherischen Stände mit dem Begehren nm Anerkennung ihrer Religion austraten. — Karl betrachtete sich als Schirm¬ herr der Kirche, und zeigte sich als solcher bereit, allfällige Beschwerden wegen vorkommenden Mißbrauchen in gehöriger Weise zu beheben. Daher erklärte er gleich bei Eröffnung des ersten Landtages 1.565: „Mit Gott gedenke er seine Regie¬ rung zu beginnen; Gottes Ehre, Förderung des christlichen Lebens, Einigung derjenigen, welche zum Bckenutuiß Christi berufen sind, werden sein wesentliches Augenmerk scyn. Viel Zerrüttung habe sich in der Kirche eingeschlichen, durch der Bischöfe und Prälaten Nachlässigkeit, durch der bestellten Prie¬ ster Untüchtigkcit und ärgerliches Leben; daher auch ein so großer Abfall, größer, als er, bevor er ins Land gekommen, denselben sich gedacht; und nichts bekümmere ihn so sehr, als zu sehen, wie die christliche Kirche, für deren Einignug Chri¬ stus sein Blnt vergossen, bei diesen unser» letzten Zeiten ab- getheilt und zerrissen worden sey. Denn bei Saumseligkeit der Priester hätten sich Miethlinge überzwerch in die Gemeinden e i n g e d r n n g en, ordnungswidrig des Kirchen¬ amtes sich nnterwunden, und Spaltungen veranlaßt, wie sie nun vor Augen lägen. Aber auch die, so sich der Angs- burgischen Konfession angemaßt, hätten sich so zerstückt, daß unter diesen Schein jeder die Re¬ ligion nach seinem eigenen Kopf cinzurichtcn sich herausnchmc. Sein fester Vorsatz sey, den Mißbräu¬ chen zu begegnen, die Aergerniffe zu heben, schädliche Neue¬ rungen, die jeder eigener Gier gemäß sich erlaubt, zu besei¬ tigen, die Einheit herzustellcn. Bei solcher Gesinnung müsse es ihn sehr schmerzen, daß seine Religion, selbst seine Person, dieß sogar in seiner Residenz, bisweilen verunglimpft werde, und Dinge geschehen, die dem fürstlichen Ansehen zuwider gingen. Um jenen Allem vorzubeugen, wünsche er, daß die 78 Landleute einigen friedsamen wohlgesinnten Männern Vollmacht ertheiltcn, die bei einer von ihm beabsichtigten Religionstrak- tation ohne nutzloses Disputiren die zweckmäßigsten Mittel berathcn und erwägen möchten, wie den Mängeln abznhclfen und eine christliche Vergleichung zu Stande zu bringen sey '). Daß Karl in diesem Anträge die Schuld der Zerrüttung in der Kirche etwas zu stark auf Rechnung der Nachlässigkeit der Bischöfe und Prälaten, und der Untüchtigkeit der Priester schreibt, mag theils in irrigen Berichten, wie sie schon seinem Vater zugekommen waren, theils in dem Bestreben des Erz¬ herzogs, den Lutheranern gegenüber ganz unpartheiisch zu er¬ scheinen, einige Entschuldigung finden; übrigens fehlte es aber an ärgerlichen Beispielen, die freilich mit besonderer Vorliebe und mit Vergrößerung (damals so wie jetzt) besprochen wur¬ den, allerdings nicht; was jedoch nur von Priestern und Mön¬ chen, keineswegs aber nach klaren geschichtlichen Vorlagen, von Bischöfen und Prälaten gesagt werden kann. Daß jedoch diese öffentliche Rüge gegen die hohe und niedere Geistlichkeit von Seite des Landesherr» nicht nur zweck¬ los, sondern auch unklug war, zeigte die Antwort der Land¬ leute (Stände) des Landtages. Sie stimmen nicht nur dem Erzherzoge bei, sondern, als habe derselbe bei weitem zu we¬ nig gesagt, erhoben sie förmliche Klagen über die Fahrlässig¬ keit, Geldgier und Gewissenlosigkeit der Bischöfe und Prälaten, welche aus allen Kräften die Berufung geschickter, gelehrter und tauglicher Priester (lutherischer Predikanten) verhindern; dann über Fressen, Saufen, Unzucht rc. der nieder« Geistlich¬ keit. Gleichsam zum Gegensätze knüpfen sie daran die Bitte: „der Erzherzog möge sie bei der augsburgischen Konfession gewähren lassen" und setzen die kühne Behauptung bei: Diese Konfession sey einträchtig von dem ganzen Lande tz Hurter, Geschichte Ferdinands II. I. 87. 79 angenommen worden, außer von den Bischöfen und Prälaten. Weiter versichern sie heuchlerisch: von Zertrennung und abweichender Meinung unter ihnen selbst wüßten sie nichts. Die Replik des Erzherzogs enthält unter Andern eine zwar allgemein gehaltene Widerlegung des sogenannten Augs¬ burger Bekenntnisses, wo die treffende Bemerkung vorkömmt: „Daraus müßte man schließen, daß der christliche Glaube bei den Deutschen sich erst seit 40 Jahren angefangen und daß unsere frommen Vorältern von Anbeginn ihrer christlichen Re¬ ligion aller Gnaden Gottes beraubt, und in der gräulichsten Abgötterei allweg gesteckt wären, dann wäre es ja gleichviel, wenn sie im Heideuthumc verblieben wären". Da übrigens dieser Landtag die Forderungen in Be¬ treff der Kriegsbeistcuer und anderer Gelder größtenthcils bewilligte, so blieb die Rcligionsangclegenheit auf sich beruhen. In ähnlicher Weise wurde in den folgenden Landtagen verhandelt, die, weil die Stände ihre Leistungen immer nur auf ein Jahr bewilligten, alljährlich gehakten werden mußten. Immer kam die Augsburger Konfession zur Sprache, und die Forderungen zu ihren Gunsten steigerten sich von Jahr zu Jahr. Immer mußte der Erzherzog wenigstens versprechen, daß er Niemanden in seinem Gewissen beschweren wolle. Der Erzherzog verband damit natürlich nur den Sinn, daß er Niemanden um seine religiöse Ueberzcugung befragen und zur Theilnahme an einem Gottesdienste, der ihm nicht zusagt, anhalten wolle; aber die Lutheraner glaubten sich schon in ihrem Gewissen beschwert, wenn sic nicht öffentlich Gottes¬ dienst halten nnd das Katholische mit Gewalt beseitigen durf¬ ten. Daher der immer wiederkehrende Streit in Religions¬ sachen. Im Jahre 1568 traten die lutherischen Verordneten nach Versuchers Art mit einem guten Rathe vor den Erzherzog und stellten vor: „Viele Prälaturen, Klöster und Psarreien wären 80 von des Erzherzogs Vorfahren in guter Meinung gestiftet worden. Jetzt würde in denselben ärgerlicher Mißbrauch und Abgötterei getrieben, unwürdige Personen genößen deren Ein¬ kommen, anstatt dasselbe zur Erhaltung des göttlichen Wortes (in ihrem Sinne) zn verwenden. Er solle dieses Vermögen verwalten lassen (natürlich durch Lutheraner), den Geistlichen ihren Unterhalt daraus geben, und den Ueberfluß an sich zie¬ hen, bis wieder der rechte Geist in die Stiftungen zurückkeh¬ ren würde. Ferner besäßen die Kirchen und Klöster große Reichthümer an Gold und Silber, es scy besser, Er nehme dieselben, als daß die Türken sie raubten". Darauf ging der Erzherzog nicht ein, wobl aber berief er die Prälaten nach Gratz, wo er ihnen mündlich und dann schriftlich auftrng „eine Reformation in geistlichen und zeitli¬ chen Wesen" in ihren Klöstern vorznnehmen '). In Betreff der Seckauer Diöcesc erhielt der Erzherzog vom Archidiakon, Propst zu Seckau im Jahre 1570 den be¬ ruhigenden Bericht, daß alle Pfarren, mit Ausnahme des hä¬ retischen Pfarrers zu Obdach, sammt ihren Untergebenen gut katholisch seycn, daß jedoch von diesen letzteren Viele das heil. Abendmahl in beiderlei Gestalten nehmen -). 10 Jesuiten in der Steiermark. In der bekannten „kurzgefaßten Geschichte der Steier¬ mark", heißt es S. 79 in der 3. verm. Schulausgabe: Die Erzherzogin Maria habe mit Hilfe ihres Bruders Herzogs in Baiern 2 Jesuiten durch den steierm. Hofkanzler Schranz st Hutter I. 112. Fröhlich, Diplomat. I. 298. 81 heimlich von Baiern kommen lassen. „Indessen war di-sse Mission hier (in Gratz) schon bekannt; und als Schranz mit den Jesuiten die Vorstadt durchfuhr, steckte man auf dem Schloßberge unter dem Rufe: „die schwarze Brunst kommt aus Baiern" die Feuerfahne aus, und eine stürmische Schaar Lutheraner drang zur Murbrücke hin, um ihnen den Eintritt in die Stadt zu verwehren, zog sich aber betroffen zurück, als sie an Schranzens Seite zwei Männer in bairischer Rit- terkleiduug hereinfahren sah. Schranz stellte die verkleideten Jesuiten Karln vor, der sie bald so lieb gewann, daß sie sich diesem Fürsten nicht nur ohne Gefahr entdecken konnten, sondern von ihm auch — öffentliche Lehr- und Erziehungs¬ anstalten erhielten." — Das wäre nun allerdings eine pi¬ kante Geschichte, die aber weder den Jesuiten noch weniger den entgegenstürmenden Lutheranern und auch dem Erzherzoge nicht zur Ehre gereichen würde. Allein es gehört das Ganze in das Reich märchenhafter Sagen! und schon Kiudermann sagt in seinen „Beiträgen zur Vatcrlandskunde" S. 276, wo er den Brief des Jesuiten-Generals LorZiu an den Erzher¬ zog abdrucken ließ, mit Recht: „der Brief dient zum Beweise, daß sich die Jesuiten in Jnnerösterrcich nicht ei «gedrängt haben, sondern daß sie Karl dahin berufen hat, ja daß er, um sie zu erhalten, bitten mußte Bevor noch Karls Gemalin, Erzherzogin Maria nach Gratz kam, September 1571, hatte Karl längst schon die Je¬ suiten gekannt, sie lieb gewonnen und mit ihnen verhandelt. Kaiser Ferdinand I. hatte die Gesellschaft Jesu ermächtiget überall in seinen Landen frei zu lehren und zu predigen?), si Man vergleiche auch Muchar „Gründung der Universität Gratz" in steierm. Zeitschr. Neue F. I. 2. H. S. 36. -) Buß. die Gesellsch. J. II. 684. 6 82 und so hielt schon im Jahre 1556 der Jesuit Martin Stevor- dian zu Bruck Predigten 0- Der Erzherzog Karl hatte sich von der segensvollen Wirk¬ samkeit der Jesuiten in Wien persönlich überzeugt, und wollte er seine Länder nicht ganz dem Protestantismus verfallen sehen, mußte er auf Mittel denken. Mag es auch Uebertreibung seyn, wenn es in einer al¬ ten Handschrift heißt, daß um die Zeit von 1570 in einem Jahre zn Gratz nur zwei sich zur österlichen Beicht und Kom¬ munion einfanden, so war doch der Zustand der Religiosität jedenfalls ein höchst trauriger. Es wurden daher die Domi¬ nikaner, damals noch inmitten der Stadt zum heil. Blute (heutige Stadtpfarre) zum Predigen anfgefordert, da dieß ohnehin der besondere Beruf ihres Ordens sey. Allein es wurde erwiedert, die Ordensbrüder seycn zum größten Theile Italiener und der Landessprache nicht mächtig, einige Jüngere seycn zwar Deutsche, aber zum Predigen nicht geeig¬ net 2). Daher bat der Erzherzog in einem Briefe von Lai¬ bach 27. J.üiner 1570 den Rektor der Jesuiten zu Wien, Förster, er möchte ihm einen Fastenprediger für Gratz sen¬ den. Er bemerkt in dem Briefe: „Wir haben für diese Zeit gar keine Prediger in Gratz, und doch ist dieß sehr nöthig, da viele sich gleichsam verschworen haben, auch noch die we¬ nigen, die in unserer katholischen Religion verblieben sind, zu verführen, aufdaß keine Spur von unserer heil. Religion zurückbleibc. Solchen Nebel zu wehren ist jetzt mein vornehm¬ stes Augenwerk, und ich habe in dem Herrn das feste Ver¬ trauen, von euerem Orden hierin unterstützt zu werden" ^). Wirklich kam noch im nämlichen Jahre ?. Stefan Rimel ^) si 8c>eber Ulst prov. 8. 1. S. 60. -) Nist. 6ollv. krssäie. Kesse. Manuscript. 3) Blairi. üixloin. Kun. Much ar nennt ihn nach dem Vorgänge Aquil. Cäsar's irrig „Khe mel" 83 nach Gratz. Sein Eifer wurde mit herrlichen Erfolgen ge¬ krönt; es konnte sogar schon im Jahre 1572 die Frohn- leichnams-Procession, die seit 1552 unterblieben war, wieder gehalten werden, was denn auch auf des Erzherzogs Anord¬ nung mit besonderer Feierlichkeit geschah. Leider starb Rimel noch im nämlichen Jahre im Stifte Rein an einer anstecken¬ den Krankheit. Mittlerweile hatte sich Karl in einem Schreiben an den Jesuiten-General Franz Ilorgin gewendet, welcher ihm unter andern antwortete: „Obwohl wir großen Mangel an Ar¬ beitern leiden, so wollen wir doch nach Kräften zur Förderung des geistigen Wohles der erzherzoglichen Unterthanen beitra¬ gen" i). Auch war schon im Mai desselben Jahres der Rector des Hauses zu Wien, ?. Emerich Förster nach Gratz gekom¬ men, um mit dem Erzherzoge das Nöthige zu besprechen, insbesondere wegen der Schulen, die sie errichten und leiten sollten. Zur Aufnabme der Jesuiten und ibrcr Schulen mnßte ein neuer Bau geführt werden, wozu wieder die Prälaten des Landes, die ohnehin so vielfach bedrängt waren, bei¬ steuern mußten. Der Platz wurde neben dem damaligen Stadt¬ pfarrhofe zum heil. Egydius angewiesen. Im Jahre 1572 kam ?. Stefan Kreuzler mit Gerard Pastel nach Steiermark, welcher letztere auch zu Pettan, mit vielem Erfolge predigte. Im nächsten Jahre vermehrte sich ihre Zahl auf12. — Karl, der eben von Judenburg, wohin er sich 1572 wegen der Pest begeben hatte, zurückgekommen war, beschied sie zu sich, reichte ihnen freundlich die Hand und verhehlte ihnen nicht, daß sie hier einen schweren Stand haben, und gleich Schafen h Das Schreiben vom 24. Juli 1571 ist in Kindcrman's Beiträgen I. S. 273 abgetruckt. 6 * 84 unter Wölfen zu wirken haben werden Somit trat das Jefuiten-Kollegium in Gratz ins Leben. Ihre Hauptbestim¬ mung war Schulunterricht, und die Schülerzahl erhob sich bald auf 200, so daß sic die Schulen sowohl im Raume als auch in den Lehrfächern zu vermehren veranlaßt waren. Im folgenden Jahre 1574, da die Anstalt hinreichend versorgt war, erließ Karl den Befehl, daß aus allen Städ¬ ten seiner Länder die Knaben, welche sich den Wissenschaften widmen wollen, in das Studium der Jesuiten nach Gratz geschickt werden sollen, da noch immer viele außer Land oder in der lutherischen Stiftschule ihre Bildung suchten. Daß die Gegner der katholischen Kirche in den Jesuiten ihre ärgsten Feinde erblickten und sich ihrer zu entledigen suchten, ist eine ganz natürliche Sache; es ist aber bemer- kenswerth, daß sie sich der nämlichen Kunstgriffe bedienten, wie sie seither an den verschiedensten Orten so oft in An¬ wendung kommen. Als im Jahre 1575 eine pestartige Krank¬ heit in Gratz herrschte, starben insbesondere im Bereiche der lutherischen Stistschule viele Personen; — da hieß es, die Jesuiten haben dort die Brunnen vergiftet ^). In zwei Lutheranern gehörigen Häusern wurden von muthwilligen Knaben die Fenster cingeworfcn, da hieß es, es waren Jesuiten-Zöglingc. Als der Erzherzog einen genauen Nachweis verlangte, mußten die Ankläger zuletzt gestehen, so¬ wohl von der lutherischen als von der katholischen Jugend höre und sehe man viel Unziemliches. Auf dem Landtage zu Bruck 1575 machte man die Vertreibung der Jesuiten zur ersten Staatsangelegenheit, die Vertreibung der Türken folgt erst nach jener, obwohl eben um diese Zeit Karl's Feldherr Herward von Auersberg in einer unglücklichen Schlacht an ss 8oeder. Rist. xrov. ^.ustr. 8. Derselbe S. 188. 85 der kroatischen Gränze gctodtet und sein Sohn gefangen wurde i). Als Hauptgrund, warum die Jesuiten nicht im Lande zu dulden seyen, wurde geltend gemacht, weil sie Fremdlinge scyen; und doch waren die vielen lutherischen Prädikanten bei weitem zum größten Theile hereingewanderte Ausländer! — Auch die große Türkennoth, — so behauptete man auf dem Landtage, — komme offenbar von den Jesuiten her, de- renwegen der liebe Gott das Land strafe. In dem lebhaften Streite hierüber machte ein lntberifchcs Mitglied des Land¬ tages den Witz: „man solle die Jesuiten gegen die Türken schicken" — worauf der Bischof von Seckan Georg Agrikola erwiederte: „Da könnten die Türken leicht Papisten werden, dann wehe euch! ihr sagt ja selbst, daß die Jesuiten in Ge¬ winnung der Menschen so gewandt sind; sendet lieber euere Prädikanten dahin, dann habt ihr an den Türken Bundes¬ genossen ?). Erst nach langen Verhandlungen gelang es der Festigkeit des Erzherzogs, das Verlangen wegen Austreibung der Je¬ suiten und wegen Gewährung lutherischer Religionsfreiheiten für dießmal zu beseitigen. Die Jesuiten lebten indessen mit der ihrem Orden eige¬ nen Geschicklichkeit und Ausdauer ihrem Berufe, obwohl sie, wie der Erzherzog offen den lutherischen Ständen gegenüber sich vernehmen ließ, — auf der Straße vor Schmähworten und Tätlichkeiten nicht sicher waren. Auch die Herstellung der in Gratz überall bisher vernach¬ lässigten Gotteshäuser ließen sie sich angelegen scyn. So wurde Von ihnen die uralte Pauluskirche bergestellt, welche, wie der tz Aquil. Cäsar VII. 151. Locker 198. 86 Bericht sagt, „am Bergabhange schauerlich gelegen war" (Ätn dorriäum ast inastioss rontis): wahrscheinlich war ihr Anblick durch die jetzigen Nebenhäuser noch nicht verbaut. 11. Weitere Umgriffe des Protestantismus^ insbesondere in Bbersteicr. Während in Gratz das katholische Bewußtsein durch die Bemühungen der Jesuiten almällig wieder erwachte, und in der festen Haltung und klugen Umsicht dieses Kollegiums ei¬ nen festen Haltpunkt gegen das fortwährende Andrängen des Protestantismus gefunden hatte, war die obere Steiermark den Uebergriffen desselben schutzlos preisgegeben. Das Lutherthum wurde in den Gegenden des Enns- und Paltenthales die „hofmännische Religion" genannt, denn die Freiherrn von Hofmann spielten dort durch einen Zeitraum von 30 Jahren die Päpste, nur mit viel ärgerer Tyrannei, als man sie sonst den römischen Päpsten anzudichten pflegt. >). Das Geschlecht der Hofmanne zu Grünbüchl (Stammsitz bei Rottenmann, dermalen ein Bauernhaus) seit 1532 Frei¬ herrn auf Strechau, war dort oben reichlich begütert, ange¬ sehen und mächtig. Vorzüglich sind es die Brüder Hans Fried¬ rich Freiherr von Hofmann und Adam Ferdinand, welche ihre einflußreichen Aemter bei der Regierung in Steiermark zur «Einführung und Verbreitung des Lutherthums in einer Weise benützen, daß der Abt Lorenz von Admont den Vi¬ sitatoren seines Stiftes im Jabre 1579 in seinem Berichte sagte: „Die Gewaltthätigkeit des fürchterlichen Friedrich Hofmann an den admontischen Pfarren habe er oft, — aber leider ohne den mindesten Erfolg der Landesregierung angezeigt". ) Muchar in Hormaier Archiv. Jahrg. 1819 S. 475 ff. — 87 — Daß dieser Eifer für die „reine Lehre" in der Ueber- ,zeugung feinen Grund gehabt habe, dürfte schon der Umstand zweifelhaft machen, daß Hans Friedrich Hofmann seine Ehe mit Salome von Starhemberg auflösen ließ, welche später dem Freiherrn Jörger angetraut wurde. Auch sind seine Un¬ ternehmungen in dieser Richtung überall von List oder Ge¬ walt begleitet. Ferdinand I. hatte im Jahre 1564 schriftlich verboten, Niemand solle bei Verlust des ganzen Kaufschillings irgend ein geistliches Gut ohne ausdrückliche Erlaubniß des Landes¬ fürsten an sich bringen, doch nahmen die lutherischen Verord¬ neten (deputati) die Pfarren Lassiug, Oppenberg und Lietzen, welche dem Chorherren-Stifte Rottenmau einvcrleibt waren, in Besitz. Der Vorwand dazu war zwar ein auf dem Stifte haftender Steuerrückstand von 300 fl., in Wahrheit aber steckte Hans Friedrich Hofmann dahinter, welcher mit diesen Pfründen einen lange bereiteten Plan ausführtc. Mit Zu¬ stimmung der Landesvcrordneten berief er auf die Pfarre Lassiug den Magister Schrechsmelius aus Regensburg mit einem „Hilfsdiakon", welche nebenbei auch die beiden andern Pfarren besorgen sollten. Die Einkünfte der Pfarren behielt Hofmann für sich, den Prädikanten wies er einen firen Ge¬ balt an, mit dem Versprechen, daß auch ihre Witwen mit dem halben Gehalte seiner Zeit bedacht werden sollen. Ob die Unterthanen daran Gefallen fanden oder nicht, darnach fragte Hofmann nicht, und als es jene Prädikanten gar zu arg trieben und ihre Wirksamkeit immer weiter ausdehnten kamen zwar Klagen an den Erzherzog Karl, aber die Mittel, die dieser anwcndete, hatten keinen Erfolg. Auch der Propst von Rottenmann Ulrich Lang, früher Stadtpfarrer i» Gratz schilderte wiederholt seine traurige Lage dem Erzberzog; — er legte nach fruchtlosen Kampfe 1584 feine Würde nieder. Auch nach St. Kuniguud im Walde, iucorporirt nach Ad- 88 mont, stellte Hofmann einen lutherischen Vikar, ebenso nach Mautern, und als dieser letztere von den Pfarrinsassen ver¬ trieben wurde, setzte er mit Gewalt einen andern Prädikan¬ ten ein, der eben von Kallwang vertrieben worden war. Sol¬ che Verbreitung des „reinen Evangeliums" muß wohl Stau¬ nen und Unwillen erregen. Doch hören wir weiter, wie es der andere Hofmann, Adam, mit der Pfarre Pöls machte. Dort war 1570 Pfar¬ rer Marimilian Pitterkraut gestorben; sogleich maßte sich Adam Hofmann, Besitzer der Herrschaft Offenburg (nun Ruine bei Pöls), als allmächtiger Vogtherr die Verleihung der Pfarre an. Ein würdiger Mann war auch eben bei der Hand, es war Georg Khuen, „einer löblichen und ehrsamen Land¬ schaft des Fürstenthums Steier bestellter Prädikant". Dieser sah sich in seiner Stellung zu Gratz durch seinen beliebteren Kollegen, David Tonner zurückgesetzt, und hatte denselben „im Landhaus, im obern vordem Saal, zu Boden geworfen, ihn mit Fäusten und Füßen dermaßen traktiret, bis er ein gutes Genügen gehabt" ^). Da er nun in Gratz nicht füglich mehr amtiren konnte, so wurde er entlassen, aber doch „von einer löblichen Landschaft" dem Hofmann für die Pfarre Pöls empfohlen. Er erhielt sie auch mit einem Verleihungs- Dekrete 1573, worin sich Hofmann „als derzeit eigenthumb- licher Inhaber der Pfarre Pöls" nennt, und sie dem „Herrn Magister Georg, umb seiner reinen Lehr, christlichen Verstands und Lebens willen, und weil auch die Pfarreiung zu Pöls sein begehrt, (?) verleihet, in solcher Gestalt, daß er derselben Pfarr und Pfarrleut mit dem reinen ungefälschten Wort Got¬ tes für sich selbst, oder durch einen christlichen und tauglichen Vikar: waidnen und versorgen soll". tz Rosolenz Bl. 123. 8» — Jedoch erntete Hofmann schlechten Dank von seinem Schützlinge. Es entspann sich bald ein heftiger Streit zwischen beiden, der pfarrlichen Einkünfte wegen. Khuen zitirte seinen Patron in das steirische Hofrecht und trieb es so arg, daß der Superintendent Chyträus zu Gratz am 7. December 1578 ein scharfes Warnungsschreiben an ihn erließ, ihn zum Frieden und zur Einigkeit mit Herrn Hofmann ermabnte, und ihn bat, daß er der Pfarrgcmeinde zu Pols, welche sich erst kürzlich der augsburgischen Konfession ergeben hatte, kein Aer- gerniß gebe. In Folge dieser Zerwürfnisse mußte Khuen außer Land ziehen, jedoch wie Rosolenz binzufügt, „mit schwerem wohlgespickten Beutel". Hofmann besetzte die Pfarre 1581 wieder mit einem Prädikanten Pittorf, dieser wurde jedoch durch eine vom Erzherzoge abgcordnete Kommission im folgen¬ den Jahre mit Weib und Kindern fortgeschafft und ein katho¬ lischer Pfarrer, Albert von Hornberg eingesetzt H. Unterdessen hatte Ferdinand Hofmann zu Thalhof zwi¬ schen Rottenmann und Strechau ein prachtvolles Bethhaus gebaut, 1578, und den I>r. Senger zum Prädikanten bestellt. Die Sache ging so gut, daß er sogar Willens war, dort eine Superintendentur zu gründen, vr. Senger scheint auch in der lutherischen Prediger-Manier gut bewandert gewesen zu sepn; 1588 hielt er eine gräuliche Lästerpredigt gegen die katholische Messe und wendete unter Andern den Beweis an, die Messe sey ein pures deutsches Wort, und komme her von den Jahrmeffen in Mailand, Frankfurt, Straßburg re. Die lutherischen Verordneten waren auch dem Hofmann für seine Bemühungen sehr erkenntlich, ertheilten ihm große Lobsprüche und gewährten ihm den Nachlaß von jenen 300 Gulden Steuerrückstand; und doch hatte man jenes Rückstandes wegen die Pfarren in Beschlag ge¬ st Steierm. Zeitsch. Neue F. III. 2. S. 145. 90 n o IN m e n. — Man sicht, nm was es diesen Leuten zn thun war '). Der damalige Probst von Rottenmann Johann Mnchitsch bat den Erzherzog dringend nm Hilfe, und es kamen auch 1587 erzherzogliche Kommiffarien, um jene Pfarren für das Stift znrückzufordcrn; sie mußten aber unverrichteter Sachen ab¬ ziehen, denn die Unterthemen, auf den Beistand des Freiherrn gestützt und Von ihm aufgcmuntert, erwiesen sich widerspen¬ stig; und obwohl Hofmann nach Gratz zur Verantwortung gefordert wurde, so blieb es doch beim Alten, bis erst zu Ende des Jahrhunderts die entschiedenen und kräftigen Ma߬ regeln Erzherzogs Ferdinand auch dort wie im ganzen Lande die Ruhe und Ordnung wieder herstellten. Auch das benachbarte Lavantthal Kärntens mußte den verderblichen Einfluß hofmannischer Umtriebe erfahren. Es gelang dem Hans Friedrich Hofmann die Stelle eines Vice¬ doms auf den dort gelegenen Gütern des Bischofes von Bam¬ berg zu erlangen, 1578. Es gelang ihm dieß wahrscheinlich dadurch, daß er dem Bischöfe von Bamberg Johann Georg Ritter von Gibelstatt, der oft in Geldverlegenheit sich befand, durch Darlehen sich gefällig erwiesen hatte. Groß aber war die gerechte Entrüstung des damaligen Papstes Gregor XIII., als er diesen Umstand durch den Kardinal von Trient, der vom Erzherzoge Karl hievon unterrichtet wurde, erfahren hatte. „Ein Wolf also, — schrieb der Papst an den Bischof von Bamberg, — ist des Hirten Rathgeber und Stellvertreter. — Wir schämen uns, das zu berichten, was er gegen die Geist¬ lichkeit und gegen jeden Gutgesinnten unternimmt und aus¬ führt rc." Aber erst durch den folgenden Bischof Ernst von Mengersdorf wurde er 1583 entfernt. Nun sollte Bamberg erst inne werden, was es an Hofmann nicht nur in geistlicher. h Muchar a. a. O. — 91 sondern auch weltlicher Beziehung für einen Statthalter gehabt habe; wozu noch der Umstand kam, daß Lavant damals von 1572—1584 keinen Bischof hatte. In den Städten Wolfs¬ berg und St. Leonhard war schon der größte Theil der Bür¬ ger lutherisch und in den katholischen Kirchen und Kapellen wurde protestantischer Gottesdienst gehalten. In weltlicher Beziehung aber war der Bicedom bei seinem Austritte nicht nur dem Hochstifte die für jene Zeiten bedeutende Summe von 24.000 sl. schuldig geblieben, sondern er machte auch dem Hochstifte den Besitz des Gutes Neubau bei Wolfsberg strei¬ tig, welches er für Bamberg angekauft hatte, so daß dieses denselben erst 1588 erlangen konnte H. Solcher Art waren die Beschützer nnd Beförderer des „reinen Wortes Gottes" in unserem Laude! 12. Der denkwürdige Landtag zu Bruck 1578. Daß der Erbfeind der Christenheit, der Türke, für die Protestanten ein willkommener Bundesgenosse war, das hatte Erzherzog Karl auf allen Landtagen zur Genüge erfahren. Sie waren nicht damit zufrieden, daß Karl ihrem Treiben zu Gratz, wo sie längst ihren eigenen Gottesdienst kielten, nichts in den Weg legte, wenn stc nur den gewöhnlichen äußerlichen Anstand gegen die Katholiken, besonders gegen Priester, nicht gar zu arg verletzten; — sic verlangten, und zwar von Jahr zu Jahr dringender, eine bestimmte schriftliche Gutheißung der Hebungen ihrer Sekte, welche sie schon ein¬ fach hin „die christliche Religion" zu nennen anfingen. Zu solchen Forderungen wurden nun besonders die Landtage be- ') Tangl, Reihe der Bischöfe von Lavant S. 251. 92 nützt und von solcher Bewilligung sollte erst die Zusage einer Hilfe der Landständc gegen die Türken abhängen. Bisher hatte die entschiedene Haltung des Landesfürsten solche For¬ derungen immer abgewiesen, mit der Erklärung, sie sollen sich mit dem zufrieden stellen, daß er ihr Gewissen durch keinerlei Zwang beschweren wolle. So hatte er ans dem Landtage von 1572 auf das Ansuchen der lutherischen Stände, ihre Religion „zu affeknriren", versprochen: „Die dem Herrn und Ritterstande sammt Weibern, Kindern und Gesinde und angehörigen Religionsverwandten, niemand ausgeschlossen, nicht wider ihr Gewissen beschweren zu wollen; ihre Prädi¬ kanten unangefochten und unverjagt, ihre Kirchen und Schulen uncingestellt, aber auch die (katholischen) Vögte und L c h e n s h c rr e n bei i h r c n a lt e n w o h l h e r g e b r a ch t e n Rechten u n b e d rän g t zu lassen, bis man sich der Reli- gionssacheu halber christlich und friedlich aus Gnade des All¬ mächtigen verglichen haben würde. Dabei versehe er sich, daß Herren und Ritter die für sich und die Ihrigen angelobte Bc- dingniß, die Bekenner der katholischen Religion in jeder Bezie¬ hung unangefochten erhalten zu wollen, treulich erfüllen; auch jeden, der hierwider etwas vornehme, zu verdienter Strafe zie¬ hen, und sonst in Allem schuldigen Gehorsam erweisen würden". Auf dem Landtage von 1575 zeigten die lutherischen Stände die praktische Wahrheit jener Fabel, wo der Wolf dem Lamme wegen Friedensbruch Vorwürfe macht. Es hieß: die im Jahre 1572 getroffene „Pacifikarion" werde nicht be¬ achtet, es habe den Anschein, als sollte (durch die Jesuiten) im Lande eine Inquisition (!) eingeführt werden. Sie (die Lutheraner) würden nicht als Glieder der Kirche betrachtet (!), ihre Religionsverwandten müßten sich verbergen, die Prädi¬ kanten auf dem Lande wurden verjagt, (freilich wo sie sich aufdringen wollten) u. dgl. Der Erzherzog antwortete: „Er halte die Pacifikation getreu, es wäre nur zu wünschen. 93 sie hätten dieselbe eben so wenig überschritten als er. Wenn je ein Theil über den Bruch zu klagen habe, so seyen es nicht sie, sondern er. Er wolle übrigens nochmals ernstlich verfü¬ gen, daß von beiden Seiten sich gebührlich und bescheidentlich betragen werde, daß Niemand zn begründeter Beschwerde Ur¬ sache finden könne" 0- Traurig aber war in dieser Beziehung der Ausgang des Landtages zu Bruck, 1578. Je näher die Gefahr vor den Türken, je größer der Schrecken war, den sie bereits über Steiermarks Gränzeu herein verbreiteten, desto fester bestan¬ den die lutherischen Ausschüsse vieses Landtages darauf, nichts gegen die Türken unternehmen zu wollen, wenn ihnen nicht volle Religionsfreiheit zugestanden würde. Wir entnehmen die Beschreibung dieses denkwürdigen Landtages einer in der k. k. Universitätsbibliothek zu Gratz vorhandene» Abschrift aller Aktenstücke desselben Der Landtag wurde nach Bruck verlegt, weil in Gratz eine ansteckende Krankheit herrschte. Er bestand ans den Aus¬ schüssen, als Bevollmächtigte der vier Länder, wovon in den wichtigsten Aktenstücken 45 unterfertiget sind. Am Neujahrs¬ tage 1578 wurden die Anträge des Erzherzogs den Abgeord¬ neten eröffnet: „Ihr fürstl. Durchlaucht wollen zu Gott hof¬ fen, seine Güte werde dem Werk, darumb man zusammen gekommen, Scegen und Gnad erthcileu, daß cs nicht ohne Frucht abgehe, sind auch bereit, ihr ganzes Vermögen daran zu setzen. Die Ausschüsse werden wissen, wie gewaltig der Erbfeind unseres christlichen Glaubens, der Türk, hcrfürge- st Hurter, Ferdinand II. I. 268. -h „Universal-Landtag, so die fürstl. Durch!. Erzh. Karl zu Oesterreich mit Steier, Kärnten, Krain und Garz, zu Prugg an der Muhr ge¬ halten im Jahre 1578". (Zwei gleichlautende Abschriften in der k. k. Universiiäts-Bibliothek zu Gratz.) 94 krochen, und leider bereits Ihrer fürstl. Durchlaucht christ¬ liche Lande gar erreicht und seine Tyrannei darin dermaßen geübt, daß es erschrecklich zu hören ist. Fremde Hilfe ist halt nur zu wünschen, aber nicht zu hoffen. Von der Reichshilfe ftyen dnrch Bemühen des Landesfürsten nur jährliche 140.000 fl. bewilligt worden. Die getreuen Lande müßten halt allein Gott den Herrn um seinen Beistand an- rufcn, doch daneben alles dasjenige, so immer in ihrem Ver¬ mögen ist, bis an den äußersten Nagel tröstlich thun und vornehmen zur Rettung und Schätzung des geliebten.Vater¬ landes, unserer allein seeligmachenden Religion und Freiheit". Dann folgen die Anträge wegen besserer Befestigung der Gränze, Vorsorge für Munition und Proviant, dann wegen der Beisteuer auf 5 Jahre, wobei „des armen Bauernmannes, der ohnedas beschwert und belegt genug ist, möglichst geschont werde", ferner Bestellung des Kriegsrathes u. s. w. (1. Jän¬ ner 1578). Die Antwort lautet auszugsweise: „Der fürstl. Durch¬ laucht Propositiones und väterliche Vermahnung haben die Lande Steier, Khärndten und Kram sammt der fürstl. Graf¬ schaft Görz mit vollmächtiger Gewalt allhier anwesende ge¬ horsamsten Ausschüsse mit gebührender Reverenz empfangen, und nach längst angehört und vernommen. Sie danken für die Zusicherung Ihrer fürstl. Durchlaucht bei diesem hohen christlichen Werk, darumben man zusammen gekommen, ihr ganzes Vermögen aufzusctzen, und sich allenthalben dermaßen zu erweisen, darob die getreuen Lande zu ihrem Begnügen ersättiget und zufrieden seyn sollen. Auch sic hoffen zu Gott, daß dieses Werk zu Erhaltung der wahren christlichen Reli¬ gion des geliebten Vaterlandes, Weib und Kind und der gan¬ zen Christenheit zu Gueten soll gedeihen. Dazu gehört nun vor Allem, daß Euere fürstl. Durchlaucht mit denselben gehorsambsten Landleuten und Unterthanen christliche Lieb 95 und Geduld tragen und erweisen wollen. Und wie ihnen gleichwohl gar nit zweifelt, Ihre fürstl. Durchlaucht werden derselben getreuen Landschaften, als die sich außer der Herrn Bischöfe und Prälaten und ihrer An¬ gehörigen einhöllicz zu der christlichen Augsbur- gisch en Konfession bekennt, sich ihrer erkennten christ¬ lichen Wahrheit und Religion, - die christlichen Prediger, welche der Augsburgischen Religion zugctban, nit abschaffcn, dann ibnen, denen gehorsamsten Landen die scharpfen und ernste lichen Befclch, so deswegen unterschiedlich hin und wieder ausgegangen, oder etwa noch ausgehen möchten ganz schwär- lich und kümmerlich fürfallen. Und da auch der allmächtige Gott nit allein bei diesen Rathschlägen, sondern auch bei wirk¬ licher Leistung und Vollziehung des ganzen Werkes mit seinen Secgen kräftig seyn, und von denen gehorsamsten Landen die schwere Bürde willig und mit Lieb dargebcn soll werden, s o erfordert die unvermeidlich große Noth durst, daß dieses Orts ein gewißer und gleicher Ver¬ stand gesucht und erhalten werde, daß sich nicht nur die anwesenden Ausschüsse, sondern auch die getreuen Land¬ schaften selbst gewißlich darauf zu verlassen und zu getrösten haben; daß sie und männiglich in Landten, wie obsteht, dieses Orts ässe kurir t werde". „Wie dann auch die gehorsamsten Ausschüsse anjetzo sich freundlich und nachbarlich mit einander vergleichen wollen, damit bei ihnen gnete und gleichmäßige Ordnungen aufgerich- tec und gehalten werden, auf daß keine frembde Sekten, so dieser ihrer erkennten Konfession und christlichen Religion zu¬ wider, in denen Landen sich cinschleichen, sondern mit christli¬ cher Einigkeit und Vertraulichkeit Alles gehandelt und die Unordnungen darunter bei ihnen ab- und eingestellt werden". „Dann fürs andere: Haben die gehorsamsten Ausschüsse mit eifrigen Gemüet zu Herzen geführt, und was Notb, Jam- 96 mer und Elend nunmehr diese Lande wegen des überlegenen Erbfeindes der Christenheit- des Türken, stecken, da es leider gleichsam an dem, daß man entweder in sein unchristlich Vie¬ hisch, Machometanischc Servitut mueß gerathen, oder die Sachen zur Gegenwehr anders, als bisher beschehen, an die Hand nehmen; wenn sie daneben gchorsambst bedenken, wie süß und lieblich cs ist, im lieben Vaterland zu feyn, dem un¬ ermessenen gütigen und barmberzigen Gott in wahrer Er- kenntnuß seines seeligmachenden Worts zu die¬ nen und anznrueffen mit seinem lieben Weib und Kinder in Gottesfurcht und Erlernung christlicher Tugenden zu Pflan¬ zung des christlichen Rahmens zu leben, in gneter Ruh und Sicherheit das Seinige zu besitzen und zu genießen, gleiches und gottgefälliges Recht zu geben und zu nehmen. Im wi¬ drigem Falle aber, wie es sogar eine schreckliche und jämmer¬ liche Gestalt ist, mit Augen anzuschcn, daß das liebe Vater¬ land von einen solichen erschrecklichen Tyrann überfallen, ein¬ genommen, zerrissen, die christliche Religion, Gottes Ehre ver¬ tilgt, Weib und Kind in Schänd, Schmach und Spott gesetzt, die liebe christliche Jugend zum Machometismus gezwungen, aus Christen Türken und Heiden gemacht werden, unter wel¬ chen Feind und seinen Gubernament alle Tugenden erloschen, christliche Polizei und alles Recht aufgehebt, die armen gefan¬ genen Christen mehr als eine viehische Servitud, Jammer, Spott und Elend erdulden. So müssen ja die oftbemeldeten gehorsambsten Ausschüsse, wann sie Alles solches treuherzig erwägen, anders nit sagen, dann daß es gar ein steinernes Herz seyn müßt, der nit mit all sein Vermögen, Kräften, Ge¬ danken und Sinn dahin trachten und sich bearbeiten wollte, diesem nachent vor Augen stehenden Unglück aller Möglichkeit nach aufs beste und stärkeste zu wehren und zu steuern". Nach solchen Herzenscrgießungen aber kommt der hin¬ kende Bothe. — Von einem Eingehen in die Anträge, wie 97 es doch die von ihnen selbst geschilderte dringende Noth er¬ forderte, ist keine Rede, sie stellen vielmehr Forderungen. Die Steuer von Kärnten nnd Görz scy nicht immer ganz auf die Gränzc verwendet worden, das soll künftig ge¬ schehen. Dann fragen sie, wie viel denn der Erzherzog ans Eigenem zu thun gesonnen sey, — und wie die 140.000 fl. der Reichshilfe verwendet wurden. Die weltlichen Fürsten des Reiches sollten von den ein¬ gezogenen reichen Stiftern und Spitälern auch etwas bei¬ steuern, endlich soll man bei den welschen Potentaten, Geist- und Weltlichen auch um Hilfe anlangen n. s. w. „Wann nun Ihre fürstl. Durchlaucht auf dieß alles eine schließliche Ant¬ wort geben, dann wollen sie unverzüglich zu den Hauptpunkten dieser bevorstehenden Traktaten greifen". Diese ganze Antwort (vom 4. Jänner) ist ein seltsames Gemisch von Unwahrheit, Anmaßung und Heuchelei. Unwahr war es, daß sich die Landschaften alle, außer den Bischöfen und Prälaten, einhellig (einhellig) zur Angsburgischen Kon¬ fession bekannten. Die anwesenden Ausschüsse vielleicht, — aber in den Landschaften war es sicherlich nicht der Fall. Ueberdicß hatten die Ausschüsse von Görz, wie später der Erzherzog selbst ihnen bedeutete, nicht einmal irgend einen Auftrag, in Religioussachen etwas zu verhandeln. Dann das Gejammer in Betreff der Türkennotb! Daß es den Ausschüssen nicht so weich ums Herz war, haben sie bald darauf gezeigt, indem sie nichts zur Hebung derselben bewilligen wollten, wenn ihnen ihr Sekteniutereffc nicht affekurirt würde; nnd wenn sie von „steinernen Herzen" sprechen, zielen sie offenbar auf die Festigkeit des Erzherzogs, mit der er bisher ihrem fort¬ währenden Dringen widerstanden hatte. Die Replik des Erzherzogs hat das Datum vom 6. Jän¬ ner. Es wird unter Andern erklärt: „Weil Ihre fürstl. Durch¬ laucht bisher in denen durch die Ausschüsse angezogenen Re- 7 98 ligionssachen Niemanden beschwert, darmnben so bleibt es da¬ bei, daß die getreuen Landschaften bei ihrer erkennten und bekennten Religion nnturbierlich und unangefochten belassen werden; begehren aber, daß sie auch herwiederumb Ihre Durch¬ laucht und ihren christlichen Gewissen nit bekkimbern und an¬ fechten, sondern Ihrs sammt denen Herrn Bischöfen und Prä¬ laten und allen andern ihren Religions-Verwandten, was Standes und Wesens die immer seyen, in ihren Städten, Märkten und allen andern cigenthümlichen Gütern die Re¬ ligionsdisposition, wie von Alters Herkommen gänzlich lassen, und nichts durchaus fürnehmen oder attentiren, das denselben per äireetmu va! ostligmun zuwider oder präjudicirlich seyn möchte; da es der natürlichen Billigkeit gemäß ist, daß man Ihrer Durchlaucht und Ihren Religions-Verwandten so viel znlasse, als man von Ihrer Durchlaucht zu haben begehrt, das ist, nachdem die Lande (Stände) in Gewissenssachen für sich selbst und die Ihrigen umbekümmcrt seyn wollen, daß sie Ihrer Durchlaucht und Angehörige gleichfalls auch zu Ruche und Frieden lassen, weil ein jeder seines Beginnens und Führ¬ nehmens bei dem allmächtigen Gott selbst Rechenschaft und Antwort geben wird müssen. Ihre Durchlaucht erklären aber¬ mals, daß sie weiter, bei Verlierung Ihrer Seeligkeit nicht zu gehen wissen. Die Ausschüsse können nit in Abred stellen, daß Ihre Durchlaucht dießfalls mehr als ainicher (irgend ein) Fürst im Reich seinen Unterthanen einer und der andern Re¬ ligion zugethan, Nachsehen, und eben damit schwere Verant¬ wortung bei Gott und der Welt auf sich nehmen, sie dürfen also mit solch gnädigsten Nachsehen und Toleriren dankbarlich zufrieden seyn, bis etwa die Sachen durch Schickung Gottes auf einmüthigere und leidentlichere Mittel und Weg kommen u. s. w." In Betreff der übrigen Anforderungen der Ausschüsse gibt der Erzherzog Rechenschaft über die Verwendung der von 99 ihnen angezogenen Zuflüsse, namentlich seyen die Görzer Stenern auf die frianlische Gränze, welche auch zu sichern war, ver¬ wendet worden. Was seine Beisteuer betreffe, so werden sie nicht verlangen, daß er seines ohnehin „geringschätzig ordi- nari Einkommens hinfür geratbc (entbehre)", er werde aber das Möglichste thun, und verbinde sich über sein voriges De¬ putat noch jährlich 20.000 fl. zu geben. — Um fremde Bei¬ hilfe habe er sich viel Mühe gegeben, auch bei den welschen Potentaten; aber nur der Papst habe zur Befestigung der welschen Gränzen 20.000 Kronen bewilliget. Die Ausschüsse mögen doch zu weiterer Berathschlagung der so dringenden Sachen greifen. Hierauf folgt ein weitläufiges Aktenstück vom 19. Jän¬ ner, als Ergebniß der Berathung über die Gränzvertheidigung und die übrigen Propositionen. Die Ausschüsse gehe» zwar ernstlich in die Sache ein und zeigen den besten Willen, aber dann kommt der Beisatz: „Letztlich aber so steht diese ganze Sache an dem, was nun Eure fürstl. Durchlaucht der gehor¬ samsten Landen dieses Orts thun mögen, und wie man sich Vergleichen werde können. - Es muß eine Versicherung in Religionssacheu den Armen als denen Reichen, und denen Reichen als denen Armen, so sich zu unserer christlichen Kon¬ fession bekennen und bekennen werden, nothwendiglich er¬ folgen; die gehorsamsten Lande, bei dem ihnen einst dieses Orts zugesagt (1572), unbetrübt, und den freien Lauf des allein seeli g mach end en W orts ung estört las¬ sen. Und sonderlich weil die, so dieser Augsburgischen Kon¬ fession zugethan, bisher vom Gegentbcil, den Jesuiten und An¬ dern ganz schmählich für verdambte Ketzer ansgeschrien, ihnen so die mit Todt abgehen, an etlichen Orten im Land das Erd¬ reich nit vergünt, und auf freier Straße unbegrabeu gelassen werden, darob in Wahrheit viel ehrliche Leut ein starkes Nach¬ denken babcn, daß soliches Alles den verglichenen Religions- IW Handlungen straks zuwider sey; Ihre fürstl. Durchlaucht wol¬ len solche schmähliche Antastungen und unchristliche Handlung bei denen Gegentheilen ab- und einstellen und sie zu christli¬ chen, sanftmüthigen Gemüth gnädigst weisen und halten lassen". Da haben wir also die Augsburgische Konfession als das alleinseligmachende Wort, dem man freien Lauf lassen, d. i. beliebig gegen die katholische Kirche zu schalten und walten gestatten müsse. Bei der überschwenglichen Rede¬ weise in Betreff des Begräbnisses sieht man sich ganz in un¬ sere Zeit Versetzt. Wo ibre Tobten unbegrabcn ans freier Straße gelassen wurden, wird nicht angegeben, wahrschein¬ lich ist damit der bald darauf in einer Einlage vorkommende Fall gemeint, wo zu Stein in Kram der katholische Priester die verstorbenen Lutheraner nicht auf dem katholischen Fried- Hofe begraben lassen wollte, wo sie daun „auf den Freitbof eines Landmannes haben müssen beerdigt werden". Nun aber traf dieß Schicksal, Verweigerung der Bestattung oder schimpf¬ liches Begräbniß damals diejenigen gewöhnlich, welche in pro¬ test a n t i s ä gewordenen Städten katholisch geblieben wa¬ ren. Veit Dietrich berichtet dem M e l a n ch t h o n mit gro¬ ßem Triumphe, daß der alte 88jäbrige Patricier Konrad Haller, früher einer der angesehensten Männer Nürnbergs, weil er bis zum Tode seinem katholischen Glauben treu ge¬ blieben, auf Befehl des Stadtrathes, selbst iu Gegenwart des Königs Ferdinand, mit Schmach und Schande außerhalb des Kirchhofes begraben worden sey; und iu einer von den Mag¬ deburger Predigern im Jahre 1554 entworfenen Kir- chenordnung heißt es: „Welche als pure Papisten verstürben, denen sollte man billig unfern Kirchhof ganz abschlagcn, aber weil wir hoffen, solcher Leute sind nicht viel, müssen wir's geschehen lassen, daß sie auf unsere Begräbnisse, doch an einen sonderlichen Ort, gelegt werden; so aber Mönche, Nonnen oder des geistlichen Gesind's oder Geschmeißes unter uns. 101 denen wollen wir den Ort unseres Begräbnisses ganz abge¬ schlagen haben" i). Diesem Protokolle der Ausschüsse sind mehrere Entwürfe, Instruktionen und Ueberschläge beigelegt, wo unter den Be¬ diensteten bei dem Heere auch ein',,ev au g e li sch er Prä¬ dikant" aufgeführt erscheint, von einem katholischen Feld- kaplan ist keine Rede. Die Erledigung der obigen „clusstien," der Ausschüsse von Seite des Erzherzogs ist vom 24. Jänner. „Was den Reli¬ gions-Artikel betrifft, erklärt der Erzherzog, — werde er in allen billigen Sachen gerne entgegen kommen, daß er aber einiger Zerrittlichkcit wegen, sein christliches Gewissen mit der begehrten durchaus glcichgehenden Freistellung der Religion beschweren, und darumb sein ewiges Heil verscherzen solle, das werden hoffentlich die getreuen Lande, so wenig als ir¬ gend ein anderer Christenmcnsch, weder rathen noch zumucthen können, weil es denen Geboten Gottes und der christlichen Lieb in allweg zuwider wäre. Darum sollen sie mit den bis¬ herigen Erklärungen zufrieden seyn, und billig nicht allein auf sich, sondern auf seine fürstl. Durchlaucht und die anderen getreuen Mitglieder der Landschaften bedacht seyn, welchen ihre und der ihrigen Seeligkeit ebenso wohl, wie den Andern angelegen ist, sie auch dcrowegcn von der Religion, darinen alle ihre fromben christlichen Borältern Herkommen, darinen sie geboren, getauft und erzogen, nicht wegdringen lassen wol¬ len. Seine fürstl. Durchlaucht würden nichts lieber sehen, als daß die Sachen allenthalben in christlicher Brüderlichkeit und Liebe fürlieffen und werden bei den katholischen dafür sor¬ gen, daß Niemand eine billige Beschwerde haben soll, verse¬ hen sich aber, die Landschaften werden soliches bei den Ihri¬ gen gleichfalls mit Ernst verfliegen, sonderlich aber mit Ernst h Döllinger, Refermaiion I. S3V. 102 darob seyn, daß sie Ihre fürstl. Durchlaucht und alle diesel¬ ben Religionsverwandte ihn ihren Städten und Märkten und andern eigenthümlichen Güetcrn gleichfalls allenthalben un¬ betrübt und unbekümmert lassen, und ihnen zu Klagen nicht Anlaß geben werden". Im klebrigen werden weitläufige An¬ träge und Anordnungen mitgetheilt und die Versammlung drin¬ gend vermabnt, die Sachen in schleunige Berathung zu neh¬ men, wie es der Lande selbsteigene äußerste Nothdurft erfordert. Die nächste Einlage an den Landesfürsten vom 29. Jän¬ ner handelt schon ausschließlich von Religions fa¬ ch en, und voran steht die kühne Erklärung, daß sie, be¬ vor hierin nicht ihr Wille geschieht, zu den an¬ der n H a u p t a r t i k e l n icht g r c i se n können. Sic sagen dann unter Andern: „Die gehorsamsten Lande-Ausschüsse geben in diesen Allen, darin sie so bekümmerlich beschwert werden, Ihrer fürstl. Durchlaucht fürstlichen Person keine Schuld, denn cs ist ihnen bewußt, daß dieselben denen gehorsamsten Lan¬ den mit rechter angeborner Milde und Sanftmüthigkeit wohl¬ gewogen sind. Die Hauptursache dieses Mißverstandts sind eben die Jesuiten und etliche zugetbane Doktores, und wie dieselben ander Orten durch Anrichtung der Inquisition viel Unglück und Bluetbad gestiftet, also hören sie noch heut zu Tags nicht auf, die Verbitterung zwischen der christlich-from¬ men Obrigkeit und derselben getreuen Unterthancn anzurich¬ ten; wie denn allhier und zuvor zu Judenburg von dem Hof¬ prediger ans der Kanzel gehört worden, daß er diejenigen, die dieser Konfession zugethan, öffentlich und mit diesen Wor¬ ten beschuldigt hat, gleichwie man sich aus der römischen Kir¬ chen Joch und Gehorsam ausgezogen, also wollte man gern der weltlichen Obrigkeit auch thun. (Man sieht der Prediger hat ihre schwache Seite berührt.) Etliche lassen sich öffentlich vernehmen, man wolle die Sache noch dahin bringen, daß man seine fürstl. Durchlaucht die Abso- 103 lution abschlagc, bis man den Lutherischen — wie mans nennt — mehreren Ernst gebrauche. (Sie wollen also schon nicht mehr lutherisch heißen!) Item der Türke sey der Lutherischen Glück, sonst würde man anders mit ihnen umge¬ hen; und was dergleichen ungebührliche Reden mehr seyn. Dann hat man unerhörte Inquisitionen angestellt, wie jetzo in Leoben geschieht, und dahin gedeutet, als ob es weltliche und bürgerliche Sachen betreffe, so es doch allein darum zu thun, daß die armen Burger daselbst, sich mit ihrem Gewissen ent¬ schuldigt, daß sie am Gottsleichnahmstag bei dem Umgang nit gewesen". (Die Sache aber verhielt sich ganz anders.) „Und daß man je länger je mehr denen armen Christen der Augsburgischen Konfession in dem Landt stark zuesetzt, diesel¬ ben ganz und gar verhaßt macht, ausketzert und verdammt, auch in die Höll hineinflucht, so doch bcmeldte christliche Kon¬ fession der biblischen und apostolischen Lehr gemäß und dar¬ aus wohl fundirt ist, dringen die gehorsamsten Ausschuß, daß dieser Artikel, daran ihnen das meiste und höch¬ ste gelegen ist, vor Allen andern herfürgezogen und zu redlicher Richtigkeit gebracht werde. — Flehen also um schrift¬ liche Assekuration, daß männiglich in Landen hoch und nieder Standes, also auch in Städt und Märkten und auf dem Gay, welche sich zu dieser Konfession frei, gutwillig und un¬ gezwungen bekennen, durch was Mittl cs immer ge¬ schehen kann, nnbetrüebt und nnverfolgt und gänzlich in Rübe gelassen werden, — daß auch die Pfarrer diesen armen Leuten das Begräbniß nicht verweigern. Dafür sollen jene Pastoren und Prediger, die der Augsburgischen Konfession zuwider handeln, oder mit andern Sekten und Jrrthümern befleckt sind, ganz und gar ernstlich aus ihrer Mitte abge¬ schafft werden. Insonderheit sollen die Jesuiten keine geistli¬ chen Güter im Lande erhalten, und wenn das geschieht, so werden auch die Landleute die von ihren Vor ältern gc- 104 stiften Kirchengüter wieder zurücknehmen, und zur Ehre Gottes ihrer Gelegenheit nach anwenden, n. s. w." Dieses Aktenstück ist vom 29. Jänner 1578 und von 45 Ausschüssen unterfertigt, darunter Hans Friedrich und Ferdi¬ nand Hofmann. Beigelegt wurde eine Bittschrift, unterfertigt von zwei armen Mitbürgern zu Stein, an die „Wohlgebornen, Edlge- strengen und ehrenfesten, gnädigen und gebietenden Herren" (Ausschüsse), daß nach Stein kein Prediger zu kommen sich getraue, und daß ein verstorbenes lutherisches Ehepaar nicht auf dem katholischen Friedliche begraben werden durfte. Die nächsten Tage darauf, (das Datum ist nicht ange¬ geben) ließ der Erzherzog seine „endliche, und einmal für alle Zeit gnädigste Erklärung" an die Ausschüsse gelangen: „Es kommt Seiner fürstl. Durchlaucht frembt sür, als woll¬ ten die Lande für ihre Bewilligung desjenigen, so alles zu ihrer selbst, Weib und Kind Sicherheit unvermeidentlich von- nöthen ist, hinwiederum (vom Landesfürsten) Sachen erzwin¬ gen, die ihnen sonst nicht wohl bewilligt werden könnten. Er wisse sich nicht zu erinnern, daß irgend ein Landmann vom meisten bis an den wenigsten in den an ge¬ zogenen Religio ns fach en irgend betrübt worden wäre. Auch fallen die Sachen der fürstl. Durchlaucht desto ungelegener für, daß die Ausschüsse in ihren Klagen nur an¬ dere Leut, und nit Ihre fürstl. Durchlaucht beschuldigen, da dieselben mit Wahrheit sagen könnten, daß sie an den Orten, wo Sie Ihre Religions-Disposition bedingt haben, das ist, in ihren Städten, Märkten und andern eigcnthümlichcn Herr¬ schaften alles selbst verordnet und fürgeuommen haben. Es kommen Se. fürstl. Durchlaucht auch von den Prädikanten allerhandt Reden für, in die ein christlicher Lehrer nicht leicht ausfallcn soll. Die Ausschüsse mögen glauben, daß die zu Leoben vorlängst angestellte Erkundigung, nicht der Meinung, 105 wie sie berichtet, geschehen, sondern, nachdem sich daselbst etli¬ che allerlei Konspirationen und Verbinduussen an¬ gemaßt, die straks wider Ihre fürstl. Durchlaucht Auctorität gerichtet, und daher keineswegs zu gedulden war, so waren solche Erkundigungen nothwcudig, — und es soll darüber nach Gebühr nnd Billigkeit gehandelt werden. An die von Stein haben sürstl. Durchlaucht den Befehl ausgehcn lassen, in der Religion nichts zu verändern, sondern darüber Ihre sürstl. Durchlaucht Disposition zu erwarten, und dabei bleibt es wie billig in dieser nnd den andern Jbrer sürstl. Durchlaucht Städten, Märkten und andern Gütern, weil cs auch jeder Landmaun (Gutsherr) mit den seiuigen auch also haben, und sich darüber kein Maß oder Ordnung vorschreiben lassen will, zumal weil Ihr sürstl. Durchlaucht auch zum wenigsten so viel auf den Ihrigen, als jeder Landmaun auf dem Seiuigen aller natürlicher Vernunft und Billigkeit nach, befugt ist, und sol¬ ches von Niemand Rechtsiunigeu widersprochen werden kann. Daß aber Ihrer fürstl. Durchlaucht auf ihren eigcnthümlichen Städten, Märkten und Herrschaften die Religions-Disposition benommen, und einem jeden frei seyn solle, darwidcr, was ihm beliebt und lüstet per äireetnm vel edliguum fürzuneb- men und zu lieben, daß wird hoffentlich Niemand verlangen". „Die Herren Ausschüsse sollen auch so viel wissen, daß denen Jesuiten bisher »och kein geistliches Gnct, außer des alten Pfarrhofs zu Gräz — Ihr fnrstl. Dnrchl. Lehenschaft - darumbeu auch dem Pfarrer in anderweg Abtrag geschehen — in diesen Landen gegeben worden, und die Veränderung, so Ihre fürstl. Durchlaucht mit Studcniz gedenken fürzunebmcn, so ist damit ein Seminarium vermaint, um darin eine Anzahl Schüler zu erziehen; darumb so sind die Herren Ausschüsse der Sachen nit recht berichtet. Was aber sonst ingcmain die gestifteten Mieter anbetrifft, wissen die Ausschüsse selbst wohl, was einmal zu Gottes Ehre gestiftet ist, daß dasselbe nimmer 106 znrückgcnommen werden kann. Man solle also sanstinüthig und christlich mit einander leben nnd in den strittigen Religions¬ sachen Gottes allmächtige Einsechuug in Geduld und Liebe erwarten; daneben aber dem Fürdringen des Erbfeind allen möglichen Widerstand thun, nnd von allen denjenigen abste- hen, so sein tyrannisches' Fürbrechen befördern möchte". Die Antwort der Ausschüsse vom 4. Februar zeigt, daß sie sich weder durch klare Worte überzeugen, noch im Ange¬ sichte der allgemeinen Noth auch nur beschwichtigen lassen wollten. Die Antwort gilt übrigens sowohl der obigen schrift¬ lichen, als auch einer mündlichen Erklärung, die der Erz¬ herzog ihnen gegeben habe. Sie sagen: „die Landschaft hat ein solches Vertrauen auf unsere Personen gestellt. Alles das zu betrachten, was der Lande Nothdnrft nnd Versicherung er¬ fordert. Die Verordneten in Steier haben diesen ausdruckcnt- lichcn Gewalt und Befelch, wann zuwider der Pacifikation in Religionssachen im wenigsten Beschwerungen erfolgen sol¬ len, Sie alle Bewilligung ein- und abstellcn. Deren ans Kärnthen Ausschüsse haben diesen lantern Befelch, wofern ihre Beschwerungen nit dermaßen erledigt, daran eine ehrsame Landschaft billig zufrieden seyn kunte, so sollen sie in kein Bewilligung einlassen". „Als haben die aus Krain nicht minder dessen hohe Ur- sach, — weil ein Prediger zu Krainburg abgeschaft worden. Die von der fürstl. Grafschaft Görz, ob sie gleichwohl nit alle unserer christlichen (lutherischen) Religion zugethan seyn, so fordert es doch deren, so dieser Religion verwandt, höchste Nothdurft, daß sie nit abgesondert, sondern ebensowohl als die andern Lande dieses Orts unbetrücbt und zn Ruhe gelas¬ sen werden wollen". Dann suchen sie die Bemerkungen des Erz¬ herzogs zu widerlegen, und verlangen unbeschränkte Religions¬ freiheit. Dazu kommen einige Beilagen, wo die Abgeordneten der Städte und Märkte Gleiches mit den Landleuten verlangen. 107 Der hierauf erfolgten Erklärung des Erzherzogs, welche wieder ohne Datum ist, aber vom 5. Februar seyn muß, sicht man einige Wehmuth au, die leicht erklärlich ist, da die so klar ausgesprochene redliche Gesinnung des Landesfürsten sei¬ nen „gebietenden" Unterthanen gegenüber ohne allen Erfolg blieb. — „Belangend die Religions-Disposition — heißt es — wollen Ihre fürstl. Durchlaucht nochmals für alle Zeit so viel vermeldet haben, daß sie dieselbe in ihren eigenthümli- chen Städten, Märkten und Herrschaften gänzlich Vorbehalten, und in denselben keine andere Religion ererziren lassen, doch daneben weder die von der Bürgerschaft noch jemands andern in seinem Gewissen beschweren, sondern denselben aus son¬ dern Gnaden nachsehen wollen, daß siedesbalben keiner Verfolgung oder Bedrängniß nit befahren sol¬ len dürfen. Dagegen sollen auch sie Seiner fürstl. Durch¬ laucht und dcu Katholischen nichts zumuthcn, so ihrer bisher erkennten katholischen Religion abbrüchig oder präjudicirlich seyn möchte. Bei diesen lautern, klaren und Hellen Verstand des so oft gemachten Erbietens, Vortröstens, Vertragens und Nachsehens lassen es Ihr fürstl. Durchlaucht allezeit verblei¬ ben und halten für unnothig, die unterschiedlichen von Aus¬ schüssen vorgebrachten Partikularitäten zu verantworten, son¬ dern wollen hiermit der Sache ein Endschaft machen. Die Ausschüsse mögen Ihrer fürstl. Durchlaucht als ikrem von Gott fürgesetzten Haupt nicht ein mehreres als ihnen selbst zumuthen, sondern sich an solcher Ihrer fürstl. Durch¬ laucht milden Erbieten, Vertragen und Nachsehen, so auf die göttliche und natürliche Gleichheit gegründet ist crsättigen lassen, und darauf in Gottes Namen zu Abhandlung und Schlüssung der Gränitz-Nothdurften ohne ferneres Verziehen schreiten, und sich so erweisen, damit Ihre fürstl. Durch¬ laucht noch länger ihr gütiger Landesfürst bleiben und die 108 l a n d c s fü rstlich e Authorität allenthalben erhal¬ ten werde". Es hat kainn je ein Landesfürst freundlicher, wir möch¬ ten fast sagen demüthiger seinen Untergebenen zu Herzen ge¬ sprochen, wobei jener überdieß das klare Recht auf seiner Seite hatte. Bei solchem Uebermaß des selbstsüchtigen Trei¬ bens im Angesichte der gemeinsamen Noth, dringt sich voraus die Uc! crzeugung auf: das unter solchen Umständen, und in solcher Weise Abgerungene kann keinen Bestand haben. Die Ausschüsse weichen nicht nur nicht, sondern wieder¬ holen untcrm 6. Februar ihre früher» Forderungen und ge¬ hen nur noch weiter. Sie verlangen: „daß in der von Ihrer fürstl. Dnrchlaucht vorbehaltenen Disposition jene Städte und Märkte nicht gemeint werden sollen, bei welchen vor der Zeit ehe Euer fürstl. Dnrchlaucht in derselben Regierung ge¬ treuen, und noch bei Kaiser Ferdinand hochlöblichster Gedäch- nuß Zeiten christliche Seelsorger, Prediger und Schuelen un- sererer Konfession zugethan gewesen, und anjetzo allenthalben noch seyn und künftig gehalten möchten werden; also auch wo die Landschaften ihre Versamlnng halten und ihre Verord¬ neten Amtshalber seyn, die Prediger bei sich haben mögen, und das blxöroitium roliZionis freigelassen werde.- Und weil nns die schriftliche jüngst allhier gegebene Erklärung der Religionspacisication etwas verdunkelt unlauter und ge¬ gen die Vorrige gar ungleich vorkommt u. s. w.-und da Ewer Fürstl. Durchlaucht noch bei den vorrigen unlau¬ ter» Umständen und Erklärung verharren, auch sich gegen uns nochmalen darüber wie anjetzo nit lauter solches Alles, wie obsteht, festiglich zu halten, gnädigst würden eröffnen, so wer¬ den wir, die ans Steier nnsers Theils, Kraft vorhergehenden Landtäge Beschluß, d i e B ew i llig n n g einstellen müss en. „Die aus Kärnthen auch in Kraft ihres empfangenen Be- felchs in eine Bewilligung anjetzo sich nicht einlaffen werden — WS — können. Denen aus Kram gleichermaßen soliches zu tbun be¬ schwerlich will fallen". — Daneben aber vor Gott und der ganzen Christenheit mit einem demüthigen Fußfall vor Ewer fürstl. Durchlaucht zu erkennen wollen geben, daß wir unseren Landesfürstcn den gebührlichen Gehorsam und schuldigen Respekt in allweg leisten". Dann kommt noch eine Einlage vor, in welcher die Aus¬ schüsse von der Gränzvcrtheidignng und von der Pflege derfim- titia weitläufig handeln. Diese Schrift hat das Datum von 8. Februar und mit ibr zugleich wurden zwei Berichte mit Schilderungen der großen LandeSgcfahr dem Erzherzoge vor¬ gelegt. In dem einen bitten die Herren Julius Graf von Salmb, Ehrenfried Graf von Ortenburg und Ladislaus P o p el Freiberr, weil schon die Gegend von Vorau von den Türken bedroht sey, flehentlich um Hilfe — „daß wir nicht sammt unfern armen Unterthemen diesem tyrannischen Erbfeind als Schlacht-Schaf unter seinen bluetigen Säbel frei gelas¬ sen werden — bitten um unsers allgemeinen christlichen Glau¬ bens willen, ihr Herren wollet mit uns Mitleiden ha¬ ben". Die zweite Beilage enthält eine ebenso dringende Bitte um Hilfe von Seite einiger „Adelspcrsonen" zwischen der Mur und Raab, welche von den Türken sehr nahe bedroht seycn. Zwischen diesen Aktenstücken und den nächstfolgenden fehlt in der oben angeführten handschriftlichen Sammlung offenbar der Zusammenhang. Es ist nun von der Religion weiter keine Rede mehr; die Ausschüsse geben in die vom Erzherzog bean¬ tragten Verbandlungen zur Rettung des Landes ein, und tref¬ fen verschiedene Vorkebrungcn obne bemerkbaren Widerstand. Eben dahinein fällt die wichtigste Thatsache des Landtages, welche, weil sie mündlich verhandelt wurde, in die Aktenstücke desselben nicht ausgenommen worden ist. 110 Wir können diese denkwürdige Thatsache unser» Lesern nicht besser vorführen, als wenn wir die Erzählung davon aus dem vortrefflichen Werke Hurters: „Geschichte Kaiser Ferdinands II." wörtlich hier folgen lassen, welche einem abschriftlichen Berichte im k. k. Haus- und Staatsarchiv von I)r. Wolfgang Schranz, der bei den Verhandlungen gegenwär¬ tig war, entnommen ist. „In eben diesen Tagen war (cs ist vermnthet worden, nicht ohne Einvcrständniß mit den Ausschüssen) der Obrist Wichard von Auersberg von der Gränze hergeeilt, um durch mündlichen Bericht den Eindruck, den die verschiedenen (obigen) Schriften machen mußten zu verstärken, nnd die Notbwendig- keit schleuniger Hilfe noch dringender vor Augen zn stellen. „Karls Räthe (zumal, da unter denselben mehrere nnkatbo- lische sich befanden, die eher auf der Landlcute, als auf des Fürsten Seite sich neigten) erwiesen sich unschlüssig; er selbst, als dann noch die Prälaten, die in Ahnung des Bevorste- benden, um Schutz bei ihren Gerechtigkeiten baten, zweifel¬ haft, zaghaft; dies; in einer solchen Weise, daß sogar schwarze Gedanken von möglicher Ermordung aller Katholiken ihn schreckten". „Hier stand nun Auersberg's Schilderung von der be¬ denklichen Lage der Gränze, die Furcht vor der türkischen Uebermacht, dort der unkatholischcn Stände beharrliches Sträu¬ ben gegen alles Mitwirken zur Abwendung der Gefahr, so¬ fern ihnen nicht willfahrt werde. Zwischen solches Gedränge in die Mitte getrieben, blieb dem Fürsten unter der Wahl, das Land den Türken, oder die katholische Kirche in demsel¬ ben der Bewegungspartei preis zu geben, kein Ausweg. In Hoffnung, bier doch noch einige Schranken setzen zu können, entschied sich der Erzherzog zwar ungern und nicht ohne ge¬ gründetes Mißtrauen, obwohl jene Schranken würden geach¬ tet werden, für daß letztere; denn die Unkatholischen der bei- 111 den weltlichen Stände hatten wohl begriffen, wie günstig ih¬ nen die Verhältnisse waren, um nicht allein das bisherige sicher zn stellen, sondern dessen Gränzen wesentlich zu erwei¬ tern. Deßwegen zeigten sie sich mit dem Auerbotcneu keines¬ wegs zufrieden, sondern verlangten Freiheit zu unbedingter Verbreitung ihrer Meinungen, nud daß das Recht des Für¬ sten, dieses zu verhindern, anfgegeben werde. Sollten sie ge¬ rade jetzt, wo alle Anzeichen des Augenblicks günstig für sie standen, gefälliger sich erweisen, als zu anderer Zeit? Der Ausgang und die Folge hat es dargethan, daß sic den win¬ kenden Sieg benützen wollten. Sie beharrten um so strenger bei ihren Forderungen". „Man trat daher zusammen; nicht zu odentlicher Sitzung, sondern zu einer Unterhandlung zwischen gegenüberstebenden Parteien; nicht in dem gewohnten Versammlungsort, sondern in der erzherzoglichen Burg, am 9. Februar des Morgens vor dem Frühmahl. Auch die Abgeordneten der Städte und Märkte waren zugegen, einzig die Prälaten fehlten. In Ge¬ genwart der vier geheimen Räthc sprach der Erzherzog zu den Ansscküssen: „„Ich hätte erwarten dürfen, daß ihr mit meiner Erklärung euch zufrieden gestellt hättet, zumal ich mied nicht erinnern kann. Versprochenem jemals zuwider gehandelt zn haben, wie ich auch ferner nicht zn thun gedenke, so man andrerseits ebenfalls sich gebührlich Verhalten wird. Wenn ich mir zwar die Disposition in meinen Städten und Märkten und auf meinen eigenthümlichen Gütern ausdrücklich Vorbe¬ halte, so dürft ihr deßwegen nicht der Meinung seyu, wie man davon sagen will, daß ich die Prädikanten und Schulen zu Grätz, Laybach, Klagenfurt und Judenburg zu vertreiben gedenke; doch daß ihr das Schmähen und Lästern ebenfalls abstellet, mich und meine Religionsverwandten nicht sogar mit spöttischen Worten, nicht allein durch die Prädikan¬ ten, sondern auch durch andere, wie man wobl weiß, angrei- 112 fet, und wenn man einen auf der Gaffe oder sonst steht, ihm einen Spott anhänget, welches nicht seyn soll, sondern man soll brüderlich und christlich von einander reden. Ich will, wie bisher, den Bürgern der Religion wegen kein Härchen krüm¬ men; daß sie aber Prädikanten ihren Gefallens in die Städte und Märkte aufnehmen, das kann ich auch nicht dulden. Ich bitt' euch, als meine lieben Unterthanen, um Gottes willen, ihr wollet das Mißtrauen bei Seite setzen und glarrbcn, daß ich meine Zusagen treulich halten werde, denn ich stelle sie nicht auf Schrauben. Ich meine es mit euch väterlich. Ge¬ denket jetzt, weswegen wir zusammengekommen sind, und sor¬ get für die armen Christen an der Gränze"". „Zuletzt gelang cs de» Vorstellungen der beiden Frei¬ herr» Hanns von Kobenzl und Georg Khcvenhillcr, wie der Erzherzog niemals von seinen Zusagen weichen werde, daß sich die Landlentc zufrieden gaben". „Mit der Erklärung in Betreff der Prädikanten in den genannten vier Städten war der Erzherzog den Aus¬ schüssen nm einen bedeutenden Schritt entgegengekommen. Sie baten um einige Frist zur llebcrlegung. Es mochte ihnen wohl cinlcuchten, daß mehreres kaum zu erhalten seyn dürfte, allein schon hiemit Wesentliches gewonnen sey, die Zukunft leicht neuen Zuwachs gewähren könne. Nach einer halben Stunde erschienen sie wieder in der fürstlichen Kammer, und der Frei¬ herr Friedrich Hofmann erklärte im Namen Aller: „„Das Zugesagte entspreche ganz ihrer am vorigen Tage cingegebe- nen Schrift, sie wollen sich damit, als einer Ratifikation der¬ selben, begnügen. Der Erzherzog möge nur das vielfältige Flehen ihrer „Gewissensangst" zu gut halten. Zuverlässig wür¬ den sie sich's angelegen seyn lassen, alles Lästern und Schmä¬ hen abzustellen. Mit freudigen: Gemüth wollten sie nun an die Berathschlagung gehen, und sich so erweisen, daß der Fürst zufrieden seyn werde"". Der Erzherzog crwiedcrtc: „„er sey 113 von ihnen richtig verstanden worden; der Abbitte hätte es nicht bedurft; sie sollten hinfort nur nicht jedem Anbringen glauben, sondern zuvor genau sich erkundigen, wie auch er solches zu thun pflege"". „Wie auch die Ausschüsse in den Erzherzog dringen mochten, daß er ihnen schriftlich Etwas zustelle, dicß konnten sic nicht erhalten; seinem Wort sollten sie glauben. Deßwegen wurde eine Akte über das Verabredete durch sie selbst verfaßt. Diese überbrachten sie dem Für¬ sten eine Stunde später. In welcher Weise sie das Bewil¬ ligte zu nehmen gesonnen waren, zeigte sich jetzt schon. Sie hatten nämlich die Worte lsiueingefügt: „„der Erzberzog ver¬ pflichte sich zu dem Bewilligten für seine Erben und Nachkommen"". Hievon war auch nicht von Ferne die Rede gewesen; dazu bätte sich Karl nie für befugt gehalten. Erst verwakrte er sich mündlich gegen diesen eigenmächtigen Zusatz, strich sodann denselben hinweg, so daß die Schrift nur unter Beseitigung dieser Worte anerkannt wurde. Ebenso wenig unterzeichnete er dieselbe, wie sehr auch die Ausschüsse in ihn drangen; er überließ dieses seinen geheimen Rätben. Dieser eigenen Unterschrift weigerte er sich aber nicht zweideutiger Gesinnung wegen, sondern weil er dafür hielt, fürstliche Würde erheische für gegebene Zusagen unbedingtes Vertrauen, auch obne schriftliche Bekräftigung zu fordern. Darauf wußten die Ausschüsse nichts Eiligeres zu thun, als die Akte, durch 40 der Anwesenden unterschrieben und besie¬ gelt, nnverweilt in alle österreichischen Länder hinauszusenden. Denn obwohl man sich gegenseitig zugcsagt hatte, das Ver¬ abredete nicht weiter laut werden zu lassen, so wurde dieses von Seite der Laudleute doch nicht beachtet. Weithin, bis nach Italien wurde das Vorgegangene schnell ruchbar. Dabei glaubten sie, den Erzherzog, obwohl Mitbethciligtcn und zu¬ gleich Landesherr», dennoch gänzlich umgehen zu dürfen. Hie- 8 114 mit nicht zufrieden, gaben sie sofort der erworbenen Bewilli¬ gung eine dem Sinne des Erzherzogs zuwiderlaufende Aus¬ legung, vornehmlich darin, daß sie die ihnen in den vier Städten bewilligte Freiheit des Gottesdienstes deuteten, als wäre dieselbe den Einwohnern eingeräumt worden". „Nach des Erzherzogs Tode vollends trugen sie kein Be¬ denken dem Kaiser vorzugeben, jener habe die Uebereinkunft dennoch für seine Erben eingegangen. Sie legten sogar dem Oberhaupte des Reichs und des Hauses eine Urkunde vor, in welcher die ausgestrichenen Worte in voller Giltig¬ keit wieder erschienen. Die Erzherzogin Maria widersprach in der Folge, unter Berufung auf das vorhandene Original, dieser Fälschung mit aller Entschiedenheit; und wie beharrlich nochmals unter Ferdinand jene Worte wollten festgehalten werden, eben so beharrlich wurde deren Echtheit immerwäh¬ rend abgelehnt" H. Der hier errungene Sieg schien den Ausschüssen so wich¬ tig, daß sie darauf eine Medaille schlagen ließen, mit dem steirischen Panther und der Unterschrift: InsiMia Urovincialium Oueatus Ltiriso. Auf dem Ilv. Kanstat * katisntia * Ouris. Ueber einem flammenden Herzen ist ein aufgeschlagenes Evan- gelienbuch, auf dessen rechter Seite Schriftzüge, auf der lin¬ ken das Krnzifir zn sehen sind, über welche ein Stengel mit 3 Rosen emporragt '). Die weitern Verhandlungen dieses Landtages gehören nicht hierher, und wir bemerken nur, daß mit gemeinsamen Einvcrständniß die kräftigsten Maßregeln zur Gränzvertheidi- gung getroffen, und der Landtag in der ersten Hälfte März geschlossen wurde. si Hurter, Gesch. Kaiser Ferdinands II. I. 842. °) Bergmann, Medaillen ausg. M. II. 48. US 13. Die «indische Bibel. Im nämlichen Jahre 1578 brachte der Krainer Georg Dalmatin, (sonst irrthümlich auch -luii llobilu ') genannt), die Uebersetzung der lutherischen Bibel in's Slovenische zu Stande. Zwar hatte schon früher der abgefallene Domherr von Laibach Primus Trüber das neue Testament in krai- nerischer Sprache herausgegeben, allein dieses hatte keine sol¬ che Verbreitung gefunden, als die ganze Bibel Dalmatin's. Die krainerischen Landstände hatten den Druck derselben einem Buchdrucker in Laibach zu übertragen beschlossen, nachdem aber Erzherzog Karl davon Kunde erhalten hatte, wurde auf seinen Befehl jene Druckerei gesperrt. Die Landstände gingen jedoch deßhalb von dem gefaßten Beschlüsse nicht ab, und schickten den Ueberfetzer Dalmatin nach Gratz, nm dort die Drucklegung der Bibel zu besorgen. Die Landstände von Steier¬ mark und Kärnten schienen damit nicht ganz einverstanden, und schlugen vor, cs möge die Uebersetzung vor der Druck¬ legung von sprachkundigen Theologen geprüft, und deßhalb vorerst eine Versammlung derselben in Laibach veranstaltet Diesen Beinamen (Stuttenjörg) soll er erhalten haben, weil er seinen katholischen Glauben um den Preis einer Stutte gegen den luthe¬ rischen vertauscht hat. Die krainerischen Stande haben jedoch (nach Valvasor) in einer offenen Schrift dagegen protestirt, und nachgewie¬ sen, daß dieser Spottname nicht ihrem berühmten Bibeldoktor Dal¬ matin, sondern einem Andern, den sie namhaft machen, beigelegt worden sch. Es muß aber dieser Spottname, wenigstens im sloveni- schen Theile der Steiermark ziemlich vulgär geworden sehn, da noch heut zu Tage ein dort häufig vorkommender Bogel, die Goldamsel, Turi kobila, (sonst eigentlich vuZa) genannt wird. 8 * 116 werden. In Folge dieses Vorschlages versammelten sich am 24. August 1581 die Delegirten in Laibach, um Dalmatin's Ucbersetzung zu prüfen. Aus Steiermark war Dr. Jeremias Homberg er, eiuer löbl. steir. Landschaft Prediger, zugegen; und für Kram unter Andern auch Bohorizh, Schulrektor in Laibach, Verfasser der ersten slovenischen Sprachlehre. Nachdem sich die Versammlung in Betreff der Uebersetzung Dalmatin's geeinigt hatte, schickten die krainerischen Stünde Dalmatin und Bohorizh mit einem Empfehlungsschreiben an den Churfürsten von Sachsen nach Wittenberg (10. April 1583). Dort angelangt, schloffen die Abgeordneten mit dem Buchhändler Samuel Seclfisch derart den Vertrag, daß er 1500 Exemplare, jedes auf 280 Bogen Median-Papier mit zierlicher Schrift und schönen Figuren drucken, und ihm die Landschaft in Kram für einen Ballen von 5000 Bogen zwan¬ zig Gulden zahlen sollte '). Am Neujahrestage 1584 erschien dieses denkwürdige Druckwerk unter dem Titel: „Ililstin, tu ja, vkö tvstu pikmu, ltariZu inn uoviga Tettameutn, llovöuksti tolmačeno, llrusi sturm Dalmatina. Bibel, das ist, die ganze heilige Schrift, Windisch. 1584". Die gebundenen Exemplare wurden bis Leipzig in Fäs¬ sern auf Kosten des Buchhändlers, und von da auf Kosten der krainerischen Landschaft nach Laibach geliefert. Die sümmt- lichen Kosten beliefen sich auf 8000 si., wovon die Landschaft Steicr 1000 ff. bezahlte ^). Aquil. Casar bemerkt hierzu: „Wider die Türken und zum Festungsbau hatten die Land¬ stände kein Geld. Mit welchem Gewissen konnten sic denn die st Hans Ungnad, dcr zum Protestantismus abgefallen, und aus den innerösterrcichischen Landern nach Urach in Würtenberg ausgewandert war, betheiligte sich mit großem Eifer an diesem Unternehmen. ") Klun „Beitrage zur slov. Literaturgeschichte" im Aufmerksamen Nr. 16 I. 1856, nach Schnurrers „slov. Bücherdruck". 117 allgemeinen Landschaftsgclder zu solchen Ausgaben verwen¬ den?" Man hat bedauert, daß durch die katholischen Kirchcn- visitatoren besonders nnter Erzherzog Ferdinand II. so viele lutherische Bücher verbrannt worden sind. Wenn darunter, — was nicht zu zweifeln — auch häufig diese Bibelüber¬ setzung begriffen war, so ist das wahrlich nicht zu bedauern. Abgesehen von dem verfälschten Inhalte, darf man nur auf die Holzstiche der ersten Blätter, wo Eva in schmutzigem Na¬ turalismus dasteht, einen Blick werfen, um zu erkennen, daß kein Hausvater, der von Zucht und Sitte noch einen Begriff hat, solche Dinge in seinem Hause dulden könnte?). Auch andere nicht minder abscönc Bilder kommen vor. Cham wurde verflucht, weil er die Scham seines Vaters entblößt ansah; in dieser „heiligen Schrift" aber liegt das in schamlosem Bilde (Bl. 6) zur bequemen Beschau vor. Im IV. Buch Mosis 6. 25 wird erzählt, daß Phinees dem israelitischen Manne, der zum Acrgerniß der Juden zu einer Mcdianitin sich begab, in d ie Un z ucht s k a m m c r h i n e i n g ing, und sie beide mit einem Speere durchstach; — hier sieht man aber diese beiden in der allerunzüchtigsten Stellung offen daliegen (Bl. 94). Seltsam paffen hiezu die Worte Dalmatin's in der Dedika- tion an die Stände der 3 Länder, die der Bibel vorgcdruckt ist. „So macht uns die heil, biblische Schrift nit allein gc- lert, besser und frömmer, sondern sie macht uns auch durch den Glauben an Christus vor Gott im Himmel gerecht, daß ein Mensch Gottes (wie Luuet Paulus redet) durch die Schrift, als durch ein kräftiges Mittel, Werkzeug und Trieb des heil. Geistes, vollkommen scyn kann". st Aquil. Jul. Cäsar „Geschichte Steierin." Vil. 211. st In zweien Exemplaren, die in den beiden öffentlichen Bibliotheken zu Gratz sich vorfinden, sind diese Abscönitäten verklebt. 118 Wenn wir den Inhalt berücksichtigen, so ist selbstverständ¬ lich, daß die Uebersetzung nach Luther's Sinne gegeben ist, und auch die hie und da beigefügten Erklärungen sind nicht nur ganz in seinem Geiste, sondern überbieten ihn noch hie und da. Wo nur irgend eine Gelegenheit sich ergibt, wird gegen die Kirche und ihre Anstalten durch Schmähung und Verdrehung losgezogen, und wo es nicht anders geht, müssen großartige Fälschungen nachhelfen. Der Uebersetzung ist eine allgemeine Vorrede (silwuiu prustguvor) über die ganze heil. Schrift vorausgeschickt, wo vor allem diese heil. Schrift als die alleinige Glau¬ bensquelle eingeschärft wird, und mit welchen Beweisen! — Hören wir nur einen: „Wir müssen es für ganz gewiß hal¬ ten, daß wenn auch ein Engel vom Himmel ein anderes Evan- gelium predigen würde, als das, welches in diesem Buche geschrieben ist, der sey verflucht und verdammt". („Vs kastar bi tuäi vu ^.ugsl ost Xedes en strugi Lvangeli prestigovul, stnstor tu, kir zu v' lstib Uugvab supilluu, tu iiuu preklet inu ferstuuruu biti".) Und dabei wird Gal. 1, 8. citirtü In gleicher Weise wird der Tert 2. Thim. 3, 15. „Und weil du von Kindheit an die heil. Schriften kennst rc." verdreht; und wo überhaupt irgend in der heil. Schrift von der christlichen Lehre im Allgemeinen die Rede ist, da wird immer die heil. Schrift dafür unterschoben. Vom Glauben heißt es z. B.: „Wer immer Christum im Worte dieses Evangeliums in herzhaftem Vertrauen in sich aufnimmt, der ist so in ihn eingepflanzt (susigzeu), daß Gott Vater nicht schaut, wer er sey, sondern wer Christus ist, auch nicht, was er gethan hat, sondern was Christus ge- than hat; daher ihm Gott auch seine Sünden nicht mehr an¬ rechnet. Joan. 15, Rom. 11." (Freilich eine bequeme Sache!) Als Sünde gegen den Glauben wird unter andern angeführt: „Wenn die Leute sich unterstehen, Werke zu thun, die Gott 119 in seinen zehn Geboten nicht befohlen hat, sondern die sie selbst erdacht haben, als: Messen, Vigilien, Fasten, Processionen, Mönch- und Nonnenwesen. O Gott! wie werden sol¬ che Leute am jüngsten Tage bestehen!" Bei Lesung solcher Stellen traut man kaum seinen Augen, man liest sie noch einmal, aber die Stelle lautet wirklich so. — Daß der Papst schlimm weg kömmt, versteht sich auch von selbst. „Christus allein ist das Haupt der Kirche. Daher, wer immer sich so erhebt und sagt, er sey an Christi Stelle das Haupt seiner christlichen Kirche, der ist wahrhaftig der Mensch der Sünde und das Kind des Verderbens. II. Thess.2,3. Daher muß sich jeder wahre Christ von einem solchen falschen Haupte (oä tusto lullst gluvo) nach Gottes Anweisung tren¬ nen, nnd hinausgehn aus Babel, wenn er an dessen Sünden nicht Theil nehmen, und dafür die Strafen leiden will. (Jes. 52)". Die bis auf den heutigen Tag bei den Protestanten fest¬ stehende Verleumdung der katholischen Kirche wegen Anbe¬ tung der Heiligen kommt auch hier vor. „Wer immer außer den einen Gott u8ch die lieben Heiligen, die schon lange ge¬ storben sind, nnd die, wie der Prophet bezeugt, (welcher denn?) nichts Von uns wissen und uns nicht kennen, an betet, der erneuert den heidnischen Götzendienst". Von der Uebersetzung und Erklärung der heil. Schrift nur einige Proben. Die bekannte Stelle Matth. 16, 18. heißt hier: ,/I'i st katar, iuu uu leto 8stulo stosstam fest Lvclutl moja Omuiuo'^. (Du bist Petrus und auf diesen Felsen will ich bauen —meine Gemeinde); und in der Randerklärung heißt es: „kotru8 v darristkim la rozsta auu tstulu. Iuu vst stürmst aiststi la katri, su vola tigu lp08nunju,stutaru 8. katar latukuj lturv, stutaru ja tu 8kulu, nu kutora ja 8. katru8 iuu vst sturlristanisti sasistuni. Pu lposnunja jo Fmuiu, tustu tucli imo". — (Petrus heißt auf griechisch ein Fels. 120 Und alle Christen stnd Petri, wegen des Bekenntnisses, wel¬ ches hier Petrus macht, welches (Bekenntniß daher) der Fel¬ sen ist, auf welchem der heil. Petrus und alle Christen gebaut stnd. Das Bekenntniß ist allgemein, also auch der Name.) Man sieht, zu welchen wunderlichen Erklärungen man seine Zuflucht nehmen mußte, um die dem Petrus und seinen Nachfolgern von Christus ertheilte Gewalt wegzudeuten. Bei der Stelle Matth. 24, 26. „Wenn sie euch sagen, siehe, er (Christus) ist in der Wüste so gehet nicht hinaus: siehe, er ist in den Kammern, so glaubet es nicht", steht die Anmerkung: „Io ch t.p nies kubo rosäiloni lVlinilbsti Orclni, stntori on äobor leden v' nnunM riebest s' äolli Mbso, inu lnä^ nistur nu kuiniZu pravilu Obriktnkn novisbuso, to- inurib na kvoso Nonikbtvn, inolitvo inu torä loben. 8nkob pust ko sclus tv llruiui uli lvunno tv Hokbtri. knkb^bavo ko tv stupokbsti Losbsi poti lnn 8'tistto, leer vn^bo äs di Aäovist per eni 6orgvi vorib oäpnktstu iwol stustor per tos ärngi". (Das sind die unter sich gctheilten Mönchsorden, welche ein gutes Leben in äußerlichen Dingen mit Werken suchen, und die Leute nicht auf den einckl wahren Christus hinleiten, sondern auf ihre Möncherci, Gebete und hartes Le¬ ben. Insbesondere aber sind jetzt jene Kammern die Klöster. Die Wüsten aber sind die päpstlichen Wallfahrten und Stif¬ ter, welche lehren, daß der Mensch bei einer Kirche mehr Ablaß erhalte, als bei der andern.) Das Sakrament der letzten Oehlung wird in folgender Weise abgefertigt: Bei der Stelle Mark. 6, 13. „Die Apo¬ stel salbten viele Kranke mit Oehl, und heilten sie" steht die Anmerkung: „stoZri ko s' olsoin lloluisto b' säruvsn, inu uistur st kinorti sdulbuli. Is toga so potlo v llupokbtvi on 8uoruinont su to nu sinorti bolno siniklili, stutori bi volilen kpoäobnilsto inoZol NuZäulovinu 8bulbu inionovun biti, stu- toru so Lriktuku b' pogrobn sbulbulu. Lrluttb. 26". (Die 121 Jünger haben mit Oel die Kranken zur Genesung und nicht zum Tode gesalbt. Daraus Kat man später im Papst- thum ein Sacrament für die Todtkranken erdacht, welches viel passender die Magdalenen-Salbnng genannt werden sollte, welche Christum zum Begräbnisse gesalbt hat.) Die Beweis¬ stelle für dieses heil. Sacrament, Jac. 5, „Ist Jemand krank unter euch, so rufe er die Priester der Kirche rc." wird durch falsche Uebersetzung entkräftet: „stališ gcln dolan? tu po- Icii-stn lr'kobi to Ktariklio ost Mnajno oto." (Ist Jemand krank? der rufe zu sich die Aeltesten aus der Ge¬ meind e.) Seltsam ist die Vorrede zur Apostelgeschichte; cs wird gesagt: „Wir dürfen dieses Buch nicht so lesen, daß wir etwa ans dem Thun der Apostel bloß gute Werke und ein Gott wohlgefälliges Leben lernen, wie wir bisher gethan, und wie auch der heil. Augustin und viele Andere, dieses für das Beste darin halten. Sondern darauf müssen wir achten, daß der heil. Lucas mit diesem Buche die ganze Christenheit bis zum Ende der Welt, das wahre, größte und vorzüglichste Stück unseres christlichen Glaubens lehrt, nämlich, wie wir Alle vor Gott gerecht werden müssen bloß durch den Glauben. — Und mit diesem Buche kann man unfern Geg¬ nern kräftig den Mund stopfen, welche uns auf das Gesetz und auf unsere Werke Hinweisen, und ihre närrische Unwis¬ senheit (kvojo norro nesaktopnokt) der ganzen Welt offen¬ baren". Echt lutherisch ist die Vorrede zum Briefe Pauli an die Römer: Mota IM jo ta pravi poglavitni listnic noviga 'loktamonta, iuu ta nar /liiktoklii Lvangoli.^ (Dieser Brief ist das wahre Hauptstück des neuen Testamentes, und das allerrcinste Evangelium.) Dann wird behauptet, daß es keine andere Sünde gebe, als den Unglauben; und daß nur der Unglaube die Wurzel jeglicher Sünde sey. Weiter heißt cs: 122 „Im letzten Kapitel warnet Panlus die Christen zu Rom vor den menschlichen Lehren, gerade als ob er genau voraus gesehen hätte, daß aus Rom und durch die Römlinge die verführerischen und trügerischen Canones und Decretales und all der menschliche Trug von Satzungen und Geboten kom¬ men werde, der jetzt die ganze Welt ertränkt, und der die¬ sem Briefe und der ganzen heiligen Schrift den Weg verlegt hat, daß nichts übrig geblieben ist, als der Götze: der Bauch, dessen Diener sie der heil. Paulus in diesem Briefe nennt. Gott erlöse uns von ihnen." Köstlich ist die Uebersetzung und Erklärung des so in- haltsreick en Verses Röm. 13, 14. „Ziehet den Herrn Jesum Christum an, und pfleget der Sinnlichkeit nicht zur Erregung der Lüste. — „OdlsiMts Oosxoäu st. 0. iuu vuräsvujts tu M688U, uli vkuj tulln, äs usbo dotilivu.« d. h. Versuchet euer Fleisch, aber immer so, daß cs nicht wollüstig werde. Dazu die Erklärung: „Tu js, »smurtrujts vuklligu Mvotu LÜ68 IISMOöss 8' xrstsklstw kvstuktjo t!M ZÜUVM.jg,, poktou, pruWovunju, kukor Iiiuuvei äslujo^. Das ist: „martert nicht euren Leib übermäßig mit zu schwerer Frömmigkeit, mit Wa¬ chen, Fasten und kirchlichen Begängnissen, wie die Heuchler thun!" Es ist wahrhaft merkwürdig, mit welcher Aengstlichkeit von guten Werken abgemahnt wird; daher denn auch in I. Petri 1, 10. „Darum, Brüder, befleißet euch um so mehr, euren Beruf und eure Auserwählung durch gute Werke gewiß zu machen", — die unbequemen Worte der Vulgata: „durch gute Werke" in dieser Uebersetzung ohne weiteres aus¬ gelassen werden. — Dafür werden in dem Terte Röm. 3, 28. „Wir halten dafür, daß der Mensch durch den Glauben ge¬ rechtfertiget werde, ohne die Werke des (mosaischen) Ge¬ setzes", — zwei Worte hineingeschoben, damit er recht be¬ weiskräftig werde. „8utu ml tsräuu äsrödimo, äs Movill 123 pravi^bou postano, pros M ts poktavs, Is klrusi voro°°. („Wir halten fest dafür, daß-nur durch den Glau¬ ben"); und am Rande steht die kepflose Anmerkung: „Der Glaube erfüllt alle Gesetze, die Werke aber erfüllen nicht einen einzigen Buchstaben des Gesetzes". („Vora stopolni vko postavo; Oolla pa nostopolnio ono rRorsto nilrar ost po- stavo"). Die Einleitung zum 2. Briefe Petri warnt vor „fal¬ schen Lehrern, welche mit Werken herumgehen, und hier¬ durch Christum verläugnen. Petrus malt sie so genau nach ihrer Habsucht, Hoffart, Hurerei und Heuchelei, daß man klar sieht, daß Petrus damit die falschen Geistlichen meine, die heut zuTage im Papstthume sind, welche die ganze Welt durch ihre Habsucht verschlungen haben, und hochmüthig ein freies, fleischliches, weltliches Leben führen"; (inu polaso provsotnu on kras wokson stesbolklri loben). Im 1. Briefe an Timotheus ist es auf eine völlige Ver¬ wirrung der Begriffe in Betreff der Kirchenregicrung ange¬ legt. Es heißt in der Vorrede: „Im 3. Kapitel schreibt er, was für Personen die Bischöfe oder Kirchendiener und Prediger und ihre Eheweiber seyn müssen", („Icalrovo perlbono imajo biti Lbkoti ali corlcvnni klnsbabuisti inn krsstAarrst inn nM kastonllro skens«.) Nun aber werden im Terte 3, 8. die Diakonen auch „klnsbabniki", wie oben die Bischöfe, genannt. Dagegen erscheinen die Priester, über welche der Bischof Timotheus gesetzt ist, hier einfach als „starilbi", offenbar als Gemcinde-Aelteste, also als Laien. Endlich schien unserem Uebersetzer die dunkle Offenbarung Joannis ganz vorzüglich geeignet, dem protestantischen Wahn¬ witze Zeugniß zu geben. Die in mannigfachen Bildern dort vorgeführten Feinde der Kirche Christi sind die Gegner des Protestantismus zur Zeit des Uebersetzers; darunter auch Faber, Eck, Emser, dann Kaiser, Könige und Fürsten, 124 und obenan immer der Papst. Dagegen Kap. 11, V. 4 u. 5, „die zwei Oelbänme und die zwei Leuchter, die vor dem Herrn der Erde stehen: nnd wenn Jemand sie beschädigen will- so muß er gleichfalls getödtet werden", — das sind die Prädicanten, welche das Wort Gottes rein bewahren, den Christen zum Troste; und V. 7., das Thier, das aus dem Abgrunde heraufsteigt, — das ist der Papst. Die zwei furchtbaren Thiere, Kap. 13, bedeutet das eine das Kaiserthum, das andere mit zwei Hörnern das Papst- thum, und der Uebersetzer seufzt darüber in der Vorrede: „Welche Schändlichkcitcn und welchen Schaden das Papst- thum ««gerichtet hat, kann hier nicht aufgezählt werden. Es hat die Welt erfüllt mit seinem Götzendienste, mit Klöstern, Stiftern, Heiligen, Wallfahrten, Fegefeuer, Ablässen, Ver¬ bot der heil. Ehe, und andern Stücken menschlicher Lehren und Werke. Und wer kann bemessen, wie viel unschuldiges Blut durch die Päpste vergossen wurde u. s. w." „Im 15. und 16. Kapitel kommen die 7 Engel mit den 7 Plagen. Da nimmt das heil. Evangelium zu, und das Papstthum wird abgcthan an allen Orten durch viele ge¬ lehrte und fromme Prediger, nnd der Stuhl des Thieres, die päpstliche Macht, wird finster und verächtlich. Die Päpst¬ lichen wehren sich zwar, aber es wird ihnen nichts helfen; bald werden sic nackt dasitzen." „Wir sollen daher dieses Buch wohl benützen, auf daß wir uns auch von manchem Aergcrniß nnd Jrrthum bewah¬ ren. Denn, da noch so gewaltige Mächte, Kaiser, Könige, Fürsten, Päpste, Bischöfe, weise und gelehrte Männer der wahren christlichen Kirche entgegen sind, und dieweil die wah¬ ren Christen ohne Macht und Schutz und dem äußeren An¬ scheine nach in großer Trübsal und Widerwärtigkeit unter Ketzern nnd bösen Leuten (den Katholiken) versteckt sind, so gcrathen Viele hierdurch in Vorurtheile und Verwirrung, fein- 185 den die wahre Kirche an, halten die Christen für Ketzer und die Ketzer für Christen. (XarlsÜMiste sa IvWarjo, inu XvWrja 8n Larksiknists äorsstö.), wie es bisher nnter dem Papste und unter dem Türken, und bei allen Ketzern ge¬ schehen ist, und sie verlieren den Artikel des Glaubens, der da heißt: Ich glaube an eine heil, christliche Kirche n. s. w." Diese Proben mögen genügen, um den Geist des hier- ortigen Protestantismus auch von dieser Seite zu kennzeich¬ nen. Die heil. Schrift, das Buch der frohen Botschaft, — des Friedens, wird zur Brandfackel benützt, und es läßt sich auch hieraus zum Thcil das wilde Treiben der Neuerer ge¬ gen die Kirche erklären. Auch erscheint es vollkommen ge¬ rechtfertigt, daß man das Buch nicht in den Händen des betrogenen Volkes lasten konnte, sondern bei der Gegenrefor¬ mation überall verbrannte, so zwar, daß es dermalen zu den bibliographischen Seltenheiten gehört. 14. Schule und Bethaus im „Stift". Der Mittelpunkt und eigentliche Herd des steiermärki¬ schen Protestantismus war das von lntberischen Ständen bei¬ läufig im Jahre 1540 errichtete „Stift" in Gratz, dort wo jetzt das sogenannte Paradeis steht. Es war Anfangs eine einfache Schule mit einer (ursprünglich katholischen) ') Kapelle; später eine Art von Akademie mit Bethaus, wo zu¬ letzt 19 Bedienstete -), Rector, Subrcctor, Magistri und Prä¬ dikanten für dcn Protestantismus wirkten, und reichlich aus der landschaftlichen Kasse (wozu auch die katholischen Stif- 1) Es heißt im StiftLriefe der Clarisserinncn: „die daran stossende Kirche Allerheiligen, deren non Eggenberg altkatholischc Stiftung". -) Macher, tlrssoium sivp. «leserrpt. S. 78. 186 ter bcisteuern mußten) besoldet waren. Die Entstehungsge¬ schichte ist aus den Verhandlungsacten des Landtages von 1580 ersichtlich '). Die lutherischen Stände erklären da, „daß sie und ihre Voreltern schon über 40 Jahre ihre eige¬ nen Schulen allhier gehalten, und daß die Stiftskapelle durch einen Landstand auf seinem eigenthümlichen Grund erbaut, dann von einer ehrsamen Landschaft mit barem Gelde von Seifried von Eggenberg ?), nnd hernach von anderen Perso¬ nen mehr Grundstücke dazu erkauft, und die Kirche und Schule in Kraft der Freiheit erbaut worden". Dieß letztere geschah hinterlistiger Weise im Jahre 1568, als Erzberzog Karl auf einige Zeit nach Spanien gereist war °). Die Magistri und Prädikanten des Stiftes wurden meist aus dem Auslande von den Ständen berufen, nnd man kann immerhin zngeben, daß durch diese Anstalt der Volksuntcr- richt gehoben und ein wissenschaftliches Streben angeregt worden sey 4). Ob aber die wahre Bildung dabei gewonnen habe, das dürfte aus der Cbarakteristik dieser Männer und aus der Schilderung ihres Treibens nach katholischen nnd protestantischen Berichten und ihren eigenen Hinterlassen¬ schaften unschwer zu beurtheilen seyn. Die ersten Prädikanten daselbst, David und Andre, lasen und sangen noch die katholiche Messe mit Wandlung und Elevation, aber in deutscher Sprache °). Der Unterricht in si Aquilin Cäsar Geschichte VII. 106 u. 209. 2) Damit stimmt nicht zusammen eine Urkunde erst vom 12. Mai 159S datirt, wonach Hans Ulrich von und zu Eggcnberg den Augsbur¬ ger Rciigionsvcrwandten der Landschaft des Herzogthums Steier die Kapelle sammt den angehörigen Behausungen in das Eigentbuin über¬ trägt. (Registratur der k. k. Finanz-Landes-Directton zu Gratz.) ") Rosolenz, Bl. 6. 4) Steierm. Zeitschr. Neue Folge. II. Jahrg. I. Heft, S. 94. °) Rosolenz. Bl. 122. 127 der Religion war noch ganz zahm, wie wenigstens der nächst¬ folgende Prädikant Georg Khuen (Ounius) in einer Land¬ tagspredigt sich vernehmen läßt: „Da läßt man die Knäb- lein und Diernlein nach einander beten, und hort, ob sie das Vater Unser, den christlichen Glauben, die 10 Gebot, die Wort vom heil. Sakrament der Taufe, vom Schlüsselamte, und der Einsetzung des Hochwürdigen Abendmales sammt Aus¬ legung inne haben. Da eraminirt man sie, wie sie sich des Abends beim Schlafengehen Gott befehlen n. s. w." Aber von diesem nämlichen Georg Khuen, der bier so sanft spricht, findet sich in einer späteren Leichenpredigt für eine adelige Frau zu Linz, wo er nach der Ausweisung ans Steiermark Pastor war, die Stelle: „Wollte Gott, daß ich mein Leben auch so seliglich, wie sie gethan, schließen könnte; denn die letzten Worte, die sie in diesem Leben gesprochen, seynd ge¬ wesen: „„Herr Georg, ich bekenne hiemit vor Gott, meinem Herrn, daß ich allen Papisten von Grund meines Herzens feind bin, darauf will ich sterben"" ?). Khuen hatte übrigens seltsame Schicksale. Er war von Geburt ein Nürnberger und 1558 zu Heidelberg lutherischer Prediger. Als aber dort der Churfürst Friedrich die refor- mirtc Lehre einführte, wurde er seines Amtes entsetzt. Er kam nach Eßlingen und von dort 1564, von den lutherischen Ständen berufen, nach Gratz. Eine Zeit lang war er hier, als ein beredter und im Acußern wohlgestalteter Mann, in großem Ansehen; und es mochte auf das gemeine Volk zu Gunsten der neuen Lehre keinen geringen Eindruck gemacht haben, wenn, wie Rosolcnz erzählt, dieser große, starke, braun- bebartete Mann inmitten der ihm von den Ständen beigege¬ benen Schutz- und Ehrenwache von Landschafts-Trompetern, si Georg Khuen, Erkl. der h. Evangelii. Bl. 2. 2) Aquilin Cäsar. VII. 180. 128 Heerpaukcrn, Offizieren und Dienern einherstolzirte. Seine Wohnung hatte er im Landhause, wo er auch, während die Stiftkirche gebaut wurde, zur Winterszeit in, der Gerichts¬ stube, und zur Sommerszeit im großen Saale, der aber auch als Fechtfchule diente, seine Predigten dielt. „Indessen", sagt der Protestant Raupach ^), „weil er bei seinen guten natürlichen Gaben zugleich den Hochmuth sehr bei sich herrschen ließ, so verfiel er allmälig mit einigen Vor¬ nehmen aus dem Herren- und Ritterstande, wie auch mit einigen seiner Kollegen in Verdruß und Mißhelligkeit. Der böse Sinn dieses Mannes aber äußerte sich insonderheit, als die Stände im Jabre 1573 sich entschlossen hatten, ihr Kir¬ chen- und Schulwesen durch Dr. Chrvtäus in einen besseren Stand setzen zu lassen. Denn, da Magister Khuen sich leicht vorstellen konnte, daß er nach dieser neuen Einrichtung nicht medr, wie bisher, in Kirchen- und Schulsachen nach eigenem Gefallen würde schalten und walten können, zumal, da ein besonderes Kirchcnjudicinm, dem er unterworfen war, sollte angestellt werden; so bezeigte er sich nicht nur über die Be¬ rufung des vr. Cdrvtäns sehr mißvergnügt, sondern vermied auch bei dessen Ankunft und Aufenthalt in Gratz seinen Um¬ gang auf alle Weise, und suchte, wo er nur konnte, dessen Bcrathschlagungen zum Besten der Kirchen und Schulen zu verwirren, wo nicht gar zu uichte zu machen. Wodurch so¬ wohl, als durch a n d c r e Ursach e n, Magister Kbuen der¬ maßen entrüstet ward, daß er am 23. Mai 1574 auf öffent¬ licher Kanzel sein Lehramt nicderlegte, auch von den Ständen seines Dienstes gerne entlassen wurde." Unter diesen anderen Ursachen führt Rosolenz auch die an, daß Khuen sich mit seinem Kollegen Magister David Tonner ebenfalls nicht vertragen konnte, und der Streit si Raupach, krssd^teroloZia austriaca. S. 78. 189 zwischen diesen beiden Magistri zuletzt in thätliche Mißhand¬ lungen, nnd zwar im Landhause selbst, ausartete. Khuen zog sich nun auf die Pfarre Pols in Obersteier, die oder vielmehr deren Erträgnisse, er schon neben seinem hiesigen Amte besessen hatte, zurück. Allein auch dort kam er bald mit seinem Vogte, Freiherrn von Hofmann, der ihn früher in diese Pfarre eingeschwärzt hatte, der Einkünfte wegen, in Konflikt. Khuen klagte seinen Gönner und Herrn bei dem steierischen Hofrechte, dieses entschied jedoch gegen ihn, nnd er zog, zwar mit schwerem, wohlgespickten Geldbeutel, zum Lande hinaus. Nun versuchte er sein Glück in Handelsspe¬ kulationen, und zwar mit Waffen und Kriegsartikeln, aber ein mit solchem Rüstzeug befrachtetes Schiff ging ihm auf der Donau zu Grunde, und er war genöthigt, wieder im Prädikanten-Amte zu Linz seinen Unterhalt zu erwerben. Er legte aber 1581 dort sein Amt nieder und findet sich 1584 zu Bensheim. Sein weiteres Schicksal ist nicht bekannt. Magister David Thvnner kam 1570 von Ulm nach Gratz. Er war ein abgefallcner katholischer Priester, wodurch er, zum Aerger seines Amtskollegen Khuen, mehr Vertrauen bei den Leuten und dadurch mehr Gewinn an Beichtgeldern u. dgl. hatte. Denn Viele blieben, ungeachtet der neuen Lehre, doch fest der Ansicht, daß nur ein von einem Bischöfe ordinirter Geistlicher die Sakramente giltig spenden könne ^). Ur. Venedi¬ ger machte ihm bittere Vorwürfe, daß er die Sakramente des >) Rosolenz, B. 147. erzählt unter Andern: „Georg Sommerauer ist ein grober Prädikant zu Arnfels gewesen, daß ihn der Herr im Schloß wegen seiner Grobheit bet seinem Tisch nit hat wollen ge¬ dulden. Aber, weil er ein abgesallener Priester gewesen, und seine Gewalt von einem Bischof gehabt, haben ihn die Landherren haufen- weis zu der Empfahung des Sakraments gebraucht, und von Fernen zu sich auf ihre Schlösser beruft, unangesehen sie andere u »ge¬ weihte Prädikanten stets bei sich gehabt haben". 9 130 Geldes wegen ertheile, wogegen Thonner einen Jnjurienproceß erhob, der von den ständ. Verordneten hat beigelegt werden müs¬ sen. Aber nicht nur mit Khuen und Venediger, sondern auch mit dem gleichzeitigen landschaftlichen Theologns Homberger lebte er in Streit und Zank, wegen der Coucordienformel und dann wegen Einführung des neuen Kalenders. Endlich verfiel er noch in den Calvinismus und mußte diese seine „Ketzerei" noch auf dem Todtenbette vor den ständischen Verord¬ neten widerrufen. In seiner Leichenrede suchte ihn sein Kol¬ lege vr. Zimmermann zu entschuldigen '). Dieser vr. Zimmermann wurde aber seinerseits wie¬ der von einem andern Kollegen, Magister Balthasar Fi¬ scher, als Ealviner, Schweukfeldianer und Wiedertäufer bei einer ehrsamen Landschaft mittelst eingelegter Klageschrift (welche „von erregten Grimm verfaßt und unzimblichen In¬ halts ist") angegeben. Fischer wurde jedoch mit derbem Be¬ scheide abgewiesen, da die Landschaft jene Jrrthümer bei vr. Zimmermann nicht finde, und wird ihm oxxrekss verwiesen „die stumpfierliche exprodutio seines (Zimmermanns) Docto- rats, die giftige bstction, die unzeitigen miiiW und strafmäßi¬ gen, auch neidischen Anzüg seiner Besoldung, als wenn er sein Amt nicht thue u. s. w." Er wurde später, obwohl ein ge- borner Gratzer, „seines bösen lästerlichen Maules wegen" aus dem Lande geschafft?). Nichts besser war Hieronimus Peristerius, der als Rector der Stiftsschnle 1580 vom Freiherrn Hans Hof¬ mann in Gratz eingeführt wurde. Zuerst Prediger in Thü¬ ringen, wurde er seines Amtes als Flacianer entsetzt, und lebte eine Zeitlang im Eril, bis er in Regensburg ausgenommen wurde, welche Stadt er 1574 wegen flacianischen Bewcgun- tz Nosolenz, B. 124. «) Ders. B. 133. 131 gen räumen mußte. Im Jahre 1576 kam er als Prediger nach Villach. Dort war schon ein Erz-Flaciauer, Johann Hauser, angestellt, und man hätte glauben sollen, daß die Gleichgesinnten sich gut vertragen würden. Allein da Hauser seine Materie vor der Gemeinde so beftig betrieb, den Pe- risterius öffentlich einen Mamelucken und falschen Lehrer nannte, so stand Peristerius gegen ihn auf und bewirkte dessen Aus¬ weisung. Hauser zog an die Grenze gegen Ungarn und Pe¬ risterius schreibt: „Ich höre, Hauser mache cs auf der unga¬ rischen Gränitz mit seinen Glaubensgenossen also, daß sich Alles zum Aufruhr schicken soll, bannet und ver¬ flucht ans der Kirchen Alle, welche seinen Schwarm und Gift nicht billigen wollen". Aber auch Peristerius mußte von Villach fort, und nachdem er zu Regensburg den Flacianismus ab¬ geschworen, wurde er den steirischen Ständen empfohlen und kam 1580 nach Gratz. Es litt ihn jedoch auch da nicht lange, das Gratzerischc Ministerium war ihm ein Babylon, daraus er bald erlöst zu werden wünschte, was auch 1586 durch den Befehl, das Land zu räumen, geschah H. In sei¬ nen Briefen an Hans Staiuberger zu Schläming (Schlad- ming) kommen interessante Aufschlüsse über den Segen der neuen Lehre vor. Z. B. „Allhier zu Villach ist der Pöfel noch sehr verwirret und wüthet sehr. Ich traue mir nit sicher in die Kirche allhier zu gehen, vor dem grausamen Wüthen mei¬ ner Widerwärtigen, muß also des Gottesdienstes beraubt sein; Gott wolle sich über mich erbarmen und mich sampt den Meinen aus Sodoma gnädig führen". In einem andern Briefe: „Daß es Mühe und Arbeit hat in allen christlichen Kirchen und Schulen, klage ich mit Euch, und mit uns alle fromme Christen. Freilich gibt es wunderliche Köpf: Vier Meilen von hinnen (vonGratz) hat ein Prediger den andern, nmb der Disputa- h Raupach, krssbxt. austriaca. S. 136. 9 * 13S tion von der Erbsünd willen, in einer Täfern zu Todt geschlagen, und der Tödter ist gefänglich ein¬ gezogen worden. Was will noch werden?" -— „Den 12. De- cembris (1580) seynd alle Herren und Landleut allhier (Gratz) gen Hof erfordert, und das Decretum fürstl. Durchl. anhö¬ ren müssen, daß sse ihre Kirchen und Schuelen allhier zu Grätz zusperren, und hinfürder auf dem Landhaus sollen pre¬ digen lassen, und nicht mehr als zween Prädikanten halten, welche mit der Bürgerschaft durchaus nicht sollen zu schaffen haben, inmassen sie auch die Burgerskinder in ihre Landschul nimmer sollen gehen lassen. Seynd große Veränderungen vor¬ handen, Gott wolle sich über uns erbarmen. Mein gnädiger Herr, der Herr Hofmann rc. hat viel zu schaffen, und bedarf unseres Gebetes wohl, Gott wolle ihm beistehen. Ich hoffe, Gott erhöre unser Gebet, und wird dem Faß den Bo¬ den aus stoß en, wie wir in der letzten Bitte des Vater unser wünschen und begehren: sov Olbera nos a Nal,o. Denn das jetzige Wesen der Welt bestättigen die Zahlbuch- staben, welche darinnen begriffen seynd, und wenn man sie heraußer setzt, so findet sich iVIVlüI. Jahr, d. i. 1601. Und wenn man alle Prophezeiung zusammen bindet, so muß man bekennen, daß sie in der sechsten Bitte zusammen stimmen" '). Rosolenz bemerkt dazu: Allerdings ist anno 1601 dem Faß der Boden ansgestoßen worden (durch Erzherzog Ferdi¬ nands II. Gegenreformation), aber nicht nach der Meinung des Peristerius. Kaspar Kratzer war ehemals im Jesuiten-Kollegium zu Wien, wo er ein kaiserliches Stipendium genoß, trat aber dann in Tübingen zum Protestantismus über, und hatte sich dort durch öffentliche Disputationen „gegen die Abgötterei des Papstthums" großes Lob errungen. Als 1580 die Rek- h Nosolenz, B. 125 ff. 133 torsstelle in der Stiftschule erledigt war, verwendeten sich die steiermärkischen Stände an die Universität Tübingen, nm einen gelehrten und eingezogen en Mann, der für diese Rektorsstelle geeignet wäre. Die Universität schlug diesen Kratzer vor, „weil er ein gewaltiger Disputator sey, und auch bei den Jesuiten, welche, wie man weist, ihre visei- pulos gut abrichten können, viel profitirt habe". Er wurde nun, jedoch nur als Prorektor berufen, und verstän¬ digt, daß er sich auf Unkosten der Landschaft nach Grätz ver¬ fügen nnd wegen des nothwendigen Unterhaltes und Besol¬ dung kein Bedenken haben soll. Als er schon auf der Reise hieher begriffen war, wurde den Landständen bedeutet, daß der Erzherzog den Kratzer, „als einen der Kaiserl. Majestät gewesenen und entrunnenen Stipendiaten nicht im Lande dul¬ den könne", und bereits der Befehl gegeben sey, ihn, wenn er hereinkommt, gefänglich cinznziehen. Die Stände schickten daher den Sekretär Hirsch dem Ankommenden entgegen, der ihn unterdessen in das Schloß Weiher brachte, und dort unter den Schutz des Landstandes Willhelm v. Rattmannsdorf stellte. Von da richtete Kratzer ein klägliches Schreiben an die Verordneten: „daß er sich nicht genugsam verwundern könne, warumb die Jesuiten also grimmiglich gegen ihn gesinnt seyen, und mit ihm begehren zu handeln wie Jezabel mit den Propheten des Herrn: daß er neben seinem eigenen Spott auch großen Schaden und Unkosten (durch die Reise hierher) gehabt. Zu diesem allen meinem Unfall bckbumert mich mein Eh eg cinah cl, dieweil das Weibsbildt von wegen Schwachheit der Natur etwas unbequem zu dem Kreuz ist". Dabei mahnt er die Verord¬ neten, sie sollen „dem göttlichen Willen nicht widerstreben und sich von der geschehenen Vocation (Kratzers) nicht abschrecken lassen, weil Gott sonst, wenn man gnete gegebene Gelegenhei¬ ten sürüber gehen läßt, desto weniger Gnaden und Segen gibt". 134 Man ließ ihn nun nach Gratz kommen, allein gegen seine amtliche Bestimmung bloß für die Schule, — fungirte er auch in der Stiftskirche, worauf der Erzherzog ihn sogleich abschaffen ließ. Die Stände wiesen ihm zeitweilig Eggeu- berg, als einen gefreiten Ort, zum Aufenthalte an, um unterdessen für ihn zu unterhandeln. Von da schrieb er unter Andern an die Verordneten: „Ew. Gnaden sollen mit mir ein stark Gemüeth fassen, daß es nur Schreckworte seyn, wo¬ mit man Ew. Gnaden begehrt von meiner Person abwendig zu machen. Ich kann auch bei mir selber nit abnehmen, wer sich wollte unterstehen, und mich in einem gefreiten Haus einer Ehrs. Landschaft angreifen, dieweil die ganze Bürger¬ schaft mir günstig ist, und Ihre fürstl. Durchlaucht d ieWo- chen nit wird al hie seyn mit seinem Hofgcsind, wie mir für gewiß ist anzeigt worden". (Bei solchen Gesinnungen der Prädikanten sind die vielen tumultuarifchen Auftritte der Protestanten leicht erklärlich.) Obwohl nun die Stände sich wiederholt für ihn verwendeten, so hatte doch der Erzherzog bei dem ungestümen Drängen Kratzers um so mehr Ursache, auf seiner Entlassung zu bestehen *). Um die nämliche Zeit war Jeremias Homberger „einer ehrsamen Landschaft Pastor", der sich aber, wie Ro- solenz bemerkt, als den allgemeinen Seelsorger der ganzen Stadt betrachtete, und „gar grimmiger und Wolfsmäßiger Natur gewesen ist". Seine öffentlichen Lästerungen gegen die katholische Kirche führten einen Streit zwischen dem Erzher¬ zog und den Ständen herbei, worüber Kindermann °) 25 Ak¬ tenstücke abgedruckt hat, womit er jedoch noch nicht beendet war. Homberger hatte nämlich am Freitage nach dem Frohn- leichnamsfeste 1580 im Stift gepredigt, und nebst anderen Kindermanns Beiträge II. 279. ») ,, ,, I. 32 ff. 135 „ärgerlichen Lästerungen öffentlich gesagt, daß solches Fest und Prozession nichts anderes sey, als pnrlantcre Abgötterei und Gräuel vor Gott", — (man darf dabei nicht vergessen, daß der Landesfürst mit seinem ganzen Hofstaate daran Theil genommen hat) — „auch alle diejenigen, so es gestift, be¬ fördert und mitgegangen, als rechte Abgötterer in Abgrund der Hölle verdammt und verflucht, — item diejenigen, so den Himmel getragen, Schmeichler und Suppencsser wären; — denn Christus hätte das Sakrament allein darumb eingesetzt, daß man's messen, aber nicht, daß man's herumb tragen und radbrcchen solle. Ferner, daß unter den zwei Spitzen der Inseln lauter Schelmen, Bösewichte, Vollsauser und Bluet- hunde stecken. An solchem noch unersättigt, hat er am Sonn¬ tag hernach, wo im Evangelio von den fünf Joch Ochsen die Rede ist, abermalen von der Prozession und hohen Obrigkeit schimpflich und spöttisch zu reden angefangen, und daß der Papst derjenige sey, der die fünf Joch Ochsen gekauft, und dabei auch Erzherzog Ferdinand und Ihre fürstliche Durch¬ laucht (Erzherzog Karl) zweien Joch Ochsen daraus ver- gliechen". Der Erzherzog befahl, daß der Landeshauptmann und die Verordneten dem Homberger eine schriftliche Verantwor¬ tung abfordern, und dem Erzherzog ehemöglichst zukommen lassen sollen. Aber die Verordneten glaubten diesem Befebl nicht Nach¬ kommen zu dürfen, und erklärten, ihre Prädikanten unterlie¬ gen bloß ihrer Jurisdiction, und auch der Landeshauptmann habe nichts dabei zu schaffen. Sie übernabmen vielmehr, da Homberger „an beiden Händen kontrakt, daß er nit schreiben kann", dessen Vertheidigung, und meinten, er habe seinem Amt und Berus nach, mit gutem Grund wider dieses Fest, doch mit solcher Bescheidenheit geredet, wie er es vor Gott, aus dem heil. Wort Gottes weiß zu verantworten". Uebri- 136 gens weisen sie auf die katholischen Prediger, welche auch die Protestanten schmähen und verketzern, (denn Jrrthum Nach¬ weisen hieß damals wie jetzt bei ihnen „schmähen und ver¬ ketzern") — der Erzherzog solle das früher abstellen, dann wollen auch sie ihren Prädikanten auflegen, „sich mit Beschei¬ denheit, so viel immer menschlich möglich, und so viel sich thun läßt, zu verhalten". Der Erzherzog bestand auf seiner Forderung: die Ver¬ antwortung Hembergers „in die Federn zu bringen", was, wenn er nicht zu schreiben vermag, „wohl durchs Dictircn geschehen kann". Nach einigen Tagen gab Homberger seinen „diktirten Bericht", worin er fast Alles eingesteht, aber Eini¬ ges anders (doch immer schlimm genug) zu erklären sucht. So habe er als diejenigen, die zum Gastmahle nicht kommen wollten, die jüdischen Priester gemeint, was aber auch zu accomodiren sey auf den Papst und seinen ge¬ weichten Haufen. Er habe nicht die Erzherzoge Ferdi¬ nand und Karl zwei Joch Ochsen geheißen, sondern habe das auf alle Personen bezogen, denen das weltliche Regiment anvertraut ist, habe aber keinen Fürsten namhaft gemacht. Die geistlichen Prälaten und die Jesuiter habe er mit rech¬ ten Eifer gestraft, wie sie von Luther und andern recht und billig gestraft werden, habe auch gesagt, „sic verbergen mit äußerlichen Schein und Pracht ihre Abgötterei, gottlos, ruechloscs und schändliches Leben. Ich acht's auch recht und billig, daß man ihnen ihre Schalkheit aufdecke, und sie mit ihren rechten Farben abmale, damit sich die einfältigen Schäf- lein Christi von solchen Wölfen nit verführen lassen. Ich will auch Pauli Galath. 6. folgen und wünschen, daß sie aus¬ gerottet werden, weil sie die Gemaine Gottes verführen und betrüben-und mit sich in die Hölle schleifen" H. h Kindermann Beitrage I. 53. 137 (So äußert sich der Prediger „des reinen Wortes" seinem Landesfürsten gegenüber, wie mochte er zu seinen „einfältigen Schäflcin" gesprochen haben.) Obwohl durch solches Geständniß die Schuld Homber- ger's offen am Tage lag, so wollte sich der Erzherzog doch damit begnügen, daß ibm das Predigen untersagt werde. Allein die Verordneten wollten dem nicht entsprechen, hielten viel¬ mehr eine allgemeine Versammlung der Stände ab, und er¬ klärten, Homberger sey noch nicht (von ihnen) verhört wor¬ den, während das obige Geständniß der Erzherzog bereits in der Hand hatte. Nachdem noch viele Schriften zwischen dem Landesfürsten und den Ständen in Betreff dieses Mannes gewechselt worden waren, mußte man durch Bedrängnisse von Außen und durch deu hartnäckigen Widerstand der Stände genöthigt, die Sache auf sich beruhen lassen, nnd Homberger durfte wieder die Kanzel besteigen. Allein endlich wurde sein ungestümer Eifer auch den Seinigen unerträglich. Als näm¬ lich auf kaiserlichen Befehl der neue Kalender auch in Steier¬ mark eingeführt, und von den andern Männern des Stiftes, darunter Kratzer, angenommen wurde, lärmte Homberger da¬ gegen, bloß darum, weil er vom Papste her kam. Er bekam seine Entlassung und zog am 11. November 1585 zum Paulusthore hinaus '). Das sind die Männer, die sich in der Schule nnd Kirche des Stift's am meisten bemerkbar machten, und wir babcn gesehen, in welcher Weise. Außer diesen fungirten zwar noch mehrere andere, mitunter als gelehrt gepriesene Männer: Marbach, Stadius, Rhcgius, Gogrcvius, Pappins, Gablmanu, Frei u. a., aber merkwürdiger Weise litt es keinen lange hier. Eines Mannes müssen wir noch gedenken, der unter den Obigen eine ehrenvolle Ausnahme bildet; cs ist der große >) Lloräax. Larolus ^.rclüä. Llrsscii 1701. 0. 7. 138 Astronom Joannes Keppler. Es war ein glücklicher Zufall, daß auch er, wie mehrere andere Männer des Stiftes aus Würtenberg hierher berufen wurde. Denn damals (1593) war er erst 22 Jahre alt, und man hatte wohl keine Ahnung von seiner künftigen Größe; vielmehr hatten ihn die Theolo¬ gen zu Tübingen zu einer Anstellung alldort für untauglich erklärt, ihn seiner Verpflichtungen gegen Würtenberg entho¬ ben und ihn gerne den Ständen Steiermarks überlassen. Sein erstes Amtsgeschäft in Gratz war die Verfassung des steier¬ märkischen Kalenders für 1594 nach der neuen gregoriani¬ schen Zeitrechnung. Seine nächste Schrift über die Bewegun¬ gen der Himmelskörper machte in der gelehrten Welt großes Aufsehen, brachte ihn aber auch wegen der Behauptung, daß die Erde stch bewege, bei den Theologen in Mißkredit, je¬ doch bei weiten mehr bei den protestantischen, als bei den katholischen H. Als im Jahre 1598 auf Ferdinand II. Befehl alle Prädikanten nnd Magistri des Stif¬ tes die Stadt verlassen mußten, wnrde der Mathematikus Keppler ausdrücklich ausgenommen, weil der Erz¬ herzog seinen wissenschaftlichen Werth zu schätzen wußte, und es wurde ihm zur Sicherheit ein landesfürstlicher Schutzbrief zngestellt. Er lebte nun zurückgezogen, seinen gelehrten For¬ schungen (der Sage zufolge in der sogenannten Einöde) aber in engem Verbände mit den Jesuiten zu Gratz. Daß die Je¬ suiten wünschten, den großen Gelehrten für die katholische Wahrheit zu gewinnen, wer mag ibnen das verdenken? Ob¬ wohl er später seiner protestantischen Gesinnung wegen ver¬ anlaßt wurde, fortzuziehen, so fand er doch bei seinen Glau¬ bensgenossen nirgends mehr ein so friedliches Asyl, wie er es bei den Jesuiten gehabt hatte. In Linz 1612 wurde ihm vom protestantischen Prediger Hizler das Abendmal wegen Wolfg. Menzel n. Gesch. der D. 430. 139 abweichender Meinungen versagt '), und 1620 gelang cs ihm mit genauer Noth, seine Mutter, die man als Here zu Weil in Würtenberg angeklagt hatte, vom Feuertode zu retten. Auch in der Ferne blieb er immer in vertraulichem Brief¬ wechsel mit den Jesuiten in Gratz, und es finden sich in der Universitäts-Bibliothek acht eigenhändige Briese Kepplers vor, die er an den Jesuiten ?. Joannes Gulden geschrieben hatte. In einem derselben spricht Keppler ausdrücklich von „ehren¬ vollen Verfügungen für ihn, als Beweisen der erzhcrzoglichen Gunst" -). Daher gesteht auch I)r. Schleiden (Protestant) °), daß Keppler seinen Ruf den Jesuiten verdanke, wäbrend seine Glaubensgenossen, die protestantischen Tbeologen zn Tübingen, sein Unglück begründeten. Er starb zu Regensburg 1630. 15. Der protestantische Ritus im Stift. Es ist eine bekannte Thatsache, daß die Protestanten die katholische Liturgie nur allmälig abänderten, es Anfangs dem äußern Anscheine nach ziemlich beim Alten ließen, und so die Leute nnmerklich aus der katholischen Kirche in ihre trost- und gnadcnlceren Bethäuser hinüber führten. So haben die zwei ersten Prediger im Stift: David und Andre, welche abgefallene Priester waren, noch die katholische Messe, aber in deutscher Sprache gelesen, die Wandlung mit Elevation si Rauxack III. 307. >) „Oum lssps aiwiksein, clooreta midi donorsria: kavoris ^rckicku- ealis wktimoina". Diese 8 Briefe sind abgedruckt in den Wiener Jahrbüchern der Lit. 121. Band. 2) Or. Schleiden Studien. Leipzig 1827. 140 verrichtet, die Kommunion aber in beiden Gestalten und bei einem andern Altäre nach der Messe gereicht H. Allein bald reformirte man weiter und ließ ein Stück nach dem andern fallen. Solches erstellt man aus dem luthe¬ rischen Rituale (Agende) des J e r e m i a s H o m b e r g er, wel¬ cher um 1580 Prädikant im Stift zu Gratz war?). Zuerst lieht: „wie man tauffen soll". Natürlich ist die Salbung und Beschwörung ausgelassen, aber die Handaufle¬ gung und die in der katholischen Kirche üblichen Fragen: „Widersagst du dem Teufel, u. s. w.", sind alle beibehalten. Dann Vermahnungen und Gebete vor, und Danksagung nach der Taufe. Das Gebet des Herrn beginnt hier noch mit: „Vater unser", nicht mit dem später beliebten: „Unser Va¬ ter". Die lutherischen Schlußworte: „denn dein ist das Reich u. s. w." sind nnr in der Formel bei der Taufe angefügt, später kommt das Gebet des Herrn ohne selbe vor. Das apostolische Glanbensbekcnntniß ist ganz katholisch, mit Aus¬ nahme der Worte: „eine heil, christliche Kirche". Der Unter¬ richt für die „Jachtanffe" (Nothtaufe) ist mit lobenswcrthcr Sorgfalt gegeben. Dann kommt: „Ordnung d c s H e r r n A b e n d m a l s. — Man fahrt an mit dem Gesang, Komm heil. Geist: hier¬ auf wollt ich, daß alter christlicher Gewohnheit nach ein ge¬ meine Beicht und Anruffung nm Vergebung der Sünden ge- schec, und dann die Absolution gesprochen würde. Darauf singt man das Kprie mit dem Gloria in crcelsis Teutsch, oder mit der Zeit auch lateinisch. Man mag auch zuweilen si Nosvlenz B. 122. 2) Es hat den Titel: „Christliche Agenda, auffs einfältigste zu tauffen, und andere Kirchensachen zu verrichten, so von denen gebraucht wer¬ den mag, welche an Orte kommen, da die Kirch vorhin kein Agen¬ den haben, wie ich Jeremias Homberger zuweilen hab thun müssen". 141 andere Lieder oder Psalmen singen. Hierauf wollt ich daß man, alter Gewohnheit nach, eine Kollekten und die Epistel lese. Sols aber nit seyu, dring ich auch uit darauf. Nach der Epistelverlesung singe man das Graduale, Halleluia und ein Sequenz, zu der Zeit verordnet, oder sonst ein Deutsch Lied. Darauf folget die Verlesung des Evaugclii, sammt der Auslegung der Predig". Man sieht, daß bis hierher alle, auch die kleinen Theile der katholischen Messe Vorkommen, während weiterhin das Wesentliche — der Kanon— ganz aufge¬ geben ist; was übrigens bei nicht ordinirtcu Liturgcn auch nicht anders seyn kann. „Nach vollendeter Predig soll der Glaub oder Symbo- lum Niceuum gesungen werden, und darauf folgt diese Ver¬ mahnung zu den Kommunikanten". In dieser Vermahnung wird gesagt, daß Christus „uns sein Fleisch zu einer Speise, und sein Blut zu einem Trank gegeben hat,-und wer diesen Zeichen, die er von Christo empfeet, festiglich glcu- bet, der bleibt im Herrn Christo u. s. w." Dann kommt das allgemeine Sündenbekenntniß vom Prädikanten gesprochen und darauf die Absolution: „Ich, als ein berufener Diener der christlichen Kirchen, aus Bcvelch unseres Herrn Jesu Christi sage euch frei, ledig und los, von aller ewcr Sünde im Na¬ men des Vaters u. s. w." Dann folgt eine kurze Ermahnung, das Vater unser, und darauf der Tert der Einsetzung des heil. Abendmales, beiläufig nach Matth. 26. 26—28., worauf es heißt: „Wer sich nun angezeigt hat, der komm in rechter Furcht Gottes herzu". — „Und wenn der Diener das Brot reichet, spricht er: Nimb hin nnd iß, das ist der Leib unsers Herrn Jesu Cbristi, der für dich gegeben ist, und wenn er den Kelch reicht: Nimb hin und trink, das ist das Blut un¬ sers Herrn Jesu Christi, das zur Vergebung deiner Sünde vergossen ist"; darauf folgt eine kurze Danksagung und Be¬ nediktion. In einer folgenden Anleitung: „Des Herrn Abend- 14S mal aufs allerkürzeste zu halten", wird das Ganze mit der allgemeinen Beicht, Absolution, Vater unser und Darreichung der Kommunion abgethan. Dagegen kommen in der Abthei- lung: „Wie man die Kranken kommuniciren soll" verhältniß- mäßig viele Gebete, Zusprüche u. dgl. vor. Der „Einlcittnng der Eheleute" (Trauung) geht die dreimalige Verkündigung voraus. Bei der Kopulation werden die Stellen Gen. I, 27., Matth. 19, 3—9 und Eph. 5, 25—29. vorgetragen; wo in letzter»! Texte das dreimal vorkommende Wort: Kirche, immer mit „Gemeine" gegeben ist. Der gegen¬ seitige Konsens wird mit den Worten abgegeben: „Ich N. nimmc dich N. mir zu einem ehelichen Gemahl, und gelob dir meine trew". Seltsani ist es, daß hier der „Priester" kopulirt, während vorne bei der Kommunion der „Diener" das Brot reicht. Bei der „Begrebnus der Christen" wird nur angegeben, in welcher Ordnung man gehen und welche Lieder (deutsche und lateinische) man singen soll. Dann eine kurze Anrede, Gebet mit Vater unser, und zur endlichen Abfertigung spricht man den gewöhnlichen Segen". „Der Herr gesegne und be¬ hüte dich, der Herr erleuchte sein Angesicht über dich, und sep dir gnädig. Der Herr hebe sein Angesicht auf dich, und gebe dir Friede", (noch gut katholisch). Folgt „ein fein christlich Gebet" nach der Predigt all¬ zeit zu sprechen, worin die Worte stehen: „Du wollest auch deine Gnade darzu erzeigen, daß unsere Widersacher dieWahrheit erkennen, von ihrer Widerwärtig¬ keit «blassen, und sich mit uns friedlich und sanftmütiglich zu leben begeben wollen". Auch von einer „Zusammenkunft an Freytagen zur Li- taney" ist die Rede, aber nicht ersichtlich ob darunter noch die katholische Andachtsweise oder irgend eine Karrikatur da¬ von zu verstehen sey. 143 In Betreff des katechetischen Unterrichtes wird cingc- prägt: „Der Diener des Worts nimpt ein Stuck aus dem kleinen Katechismo I)r. Lutheri, wie es die Ordnung gibt; repetieret dcisselbig oft on einige Veren derung der Worte in der kurzen Auslegung des Heyligen Lutheri, und darnach legt crs etwas weitleuffi- ger ans". Für das Jahr 1582, wo Erzherzog Karl genöthiget war, gegen die argen Uebergriffe der Protestanten ernstlicher anf- zutreten, steht hier auch „ein christlich Gebet, gefielt aus drin¬ gender Not im November des 1582. Jahres, nmb Erhaltung des göttlichen Worts und Besteudigkcit des Glaubens". Darin kommen die heuchlerischen Worte vor: „Ach Herr — ver¬ schon unser und unser armen unmündigen Kind¬ lein" (was hatten etwa diese zn fürchten). „Herz lieber Vater, wehre den lügen und mordt des leidigen Antichrists, laß ihm sein fürnemcn, zu Unter¬ drückung deiner armen Christenheit nicht gelin¬ gen". — Den Schluß der Agende macht der „Bericht, wie die Ordination der Prädikanten zu Grätz in Einer Ebrsamen Landschaft Khirchen gehalten wird". Es wird zwischen Special- und Gencralvokation oder Berufung unterschieden und erklärt, daß die drei Landschaften Steyr, Khärndten und Krain kei¬ nen zum Kircheudienste zulasseu, es sey dann, nach alter apo¬ stolischer Ordnung, ihm mit Auflegung der Hände nnd An- rnffnng Gottes, vor der ganzen Gemeine das hochwirdige Ampt befohlen n. s. w. Die Ordinationsformel lautet: „N. Auf solche deine Zusage nehmen wir dich auf „in den Hey- ligen Orden des Predi gampts n. s. w," Dann fol¬ gen Gebete und Gesänge. Hier ist auch der paffende Ort noch Einiges anzumer¬ ken, „auf was Weise die Prädikanten ihre Sakramenta spen- 144 diren" ^). „Keine gewisse Form ihr Kirchenamt zu verrichten, haben sie nie gehabt, nnd hat's schier ein jeder nach seinem Kopf gemacht. Einer hat in einem Chorrock gepredigt; ein Anderer hat cs fahren lassen, der Dritte hat ein Gespött daraus getrieben. — Was die Kommunion belanget, hat sich zu Grätz in der Stift zugetragen, daß dem David Donner in Rcichung des Sakraments eine Hostie entfallen, welche er nit wiederum aufgehoben, sondern straks mit dem Fließ und Schucch auf der Erden zerrieben; welches ein Kommunikant ersehen, straks aus der Kirchen in das Kollegium (der Jesui¬ ten) zu dem Pater Johann, Hofprediger, gangen, ihm solches klaget, Unterweisung begehret, nnd katholisch worden". „Die Weis, welche sie gemeiniglich gehalten, wenn sie das Volk mit ihren Sakramenten versehen, ist diese gewesen: Die Hostien und eine Kandl mit Wein fetzten sie auf den Altar, und sprachen die Wort: In der Nacht da der Herr verrathen ward rc., und da nochmals die Kandel leer wor¬ den, nnd mehr Kommunikanten vorhanden gewesen, hat der Messner beim nächsten Wirth ein Wein geholt, welcher in Kelch gegossen, denen Kommunikanten ohne alle vorgehende Recitirung nnd Wiederholung der vorgemcldtcn Konsekrations- wort für ein Sakrament gegeben werden. Den übcrgebliebc- nen Wein aber hat der Meßner zu sich genommen, und in seinem Mittagmal ausgesoffcn. Und der Prädikant Stainer hat öffentlich zu Klagenfurt gepredigt, der Wein, welcher durch den Schlund hinab gehe, der sey ein Sakrament, wel¬ cher aber den Kommunikanten über den Bart hinab fließe, sey kein Sakrament, und sey hierin» nichts anders vonnothen, als daß man Maul und Bart wische. Erst Jarno 1588 hat sich (wie mir Herr Stephan Fuchs, Jäger in Untersteier, erzählet) mit einem luther. Prädikanten dieser Fall zugetragen: h Rosolenz, Gegenbericht Bl. 137. — 145 — Am heiligen Ostertag, als gedachter Prädikant ans einem Saal etliche Personen gespeiset hatte, nnd ein alter Mann den Becher ausgetrunken, nnd noch drei Personen übrig waren, die da anch noch wollten getränkct werden, da schicket der Prädikant eilends gen Keller, lasset den Becher, welcher wohl gcfähig (umfangreich), wieder füllen, gehet darnach damit zum Fenster, hebet die Augen gen Himmel, prumblet etwas darüber, und gibt also denen drei übrigen Kommunikanten zu trinken. Den übrigen Rest Wein, so in dem Becher verblieben, nimmt mein lieber Herr Stephan, nnd damit der Kuchen (Küche) zu, welchem alsbald der Or¬ ganist auf frischen Fueß uachfolget. Der Prädikant begehrt ein Frühstück, Welches ihm und dem Organisten guetwillig ist geben worden. Nachdem nun mit der Suppen und Früh¬ stück ein Grund gelegt worden, trinket der Prädikant dem Organisten eins zu; der Organist thut Beschaid und sagt darauf: Herr Stepban ist es a^er nicht Sünd, daß wir das Blut des Herrn allda in der Kuchcy, und vor dem Feuer also stark trinken, dann wir ja nicht nüchtern seynd? Darauf antwortete Herr Stephan: Es ist kein Blnt mehr, dieweil man es nit geneust. Ey, saget der Organist: messen wir es denn nit? ich habe gesoffen, daß mir die Augen übergangen. Antwortet der Prädikant hinwieder: Ja wir messens, seynd aber darzu nicht bereit noch geschickt, und derohalben ist cs kein Sakrament: söffe also den Becher gar aus". „Item ist auch weltkündig, was der Prädikant Marimi- lian Biber für ein Ganckclmännlcin mit sich getragen, aus welchen er den Lutherischen ihr vermeintes Sakrament ge¬ reicht und spendieret. Den Bauern gar schwarze und kleine Hostien, den Burgern etwas schönere, denen vom Adel aber gar schöne weiße". Von diesem Prädikanten Biber spricht anch der Prote¬ stant Raupach wozu er freilich bemerkt, es sey dieß eine Sa- 10 146 che, die die Lutherischen nicht angehe; aber die Wahrheit der Thatsache erkennt er an, und sagt: „daß er in Oesterreich und Steiermark herumgeschwärmt, und wo er Gelegenheit gesunden, den Evangelischen heimlich das Abendmahl ausge- theilt hat. Zu seiner Bequemlichkeit hatte er sich eine Ma¬ schine angeschafft, in welcher er an Oblaten von verschiede¬ ner Größe nnd Güte immer einen Vorrath bei sich hatte; welche (Maschine) aber wegen ihrer Gestalt nothwendig an¬ stössig seyn mußte, indem sie äußerlich nicht anders, als ein sogenanntes Heinzlein oder Gaukelmännlein anzusehen war; mit einem sächsischen Hut und mit einer wächsernen Nasen; mit der linken Hand sprechet es sich, die andere streckt es von sich und wirft's in die Höhe, als ob es predigte. Die Hosen seynd weit, und in Form eines ziemlich großen Beu¬ tels gemacht, von mancherlei Farben, den man mit Schnür¬ lein auf- und zuziehcn kann; darinnen seyn die Oblaten für die Kommunikanten gelegen" ^). Er wurde 1588 zu Wien ge¬ fänglich eingezogen und tratt wieder zur katholischen Kirche zurück. Als Lieblingslieder der Protestanten notirt Rosolenz folgende: „Erhalt uns Herr bei Deinen Wort, Und steu'r des Papsts und Türken Mord. Der Papst hat sich zu todt gefallen, Von seinem hohen Thron. ' Aus tiefer Noch schlag Pfaffen todt Und laß kein Mönch nicht leben" ?). si Naupach, Evang. Oest. III. S. 84. b) Nosolenz B. 10. 147 16. Fruchtlose landesherrliche Verfügungen. In der „kurzgefaßten Geschichte der Steiermark" heißt es S. 67. „In den letzten Regierungsjahren ward der durch große Sorgen und viele Leiden geschwächte und kränkliche Herzog (Karl) unter den ungünstigsten Verhältnissen zu viel¬ leicht zu harten Schritten gegen die Protestanten verleitet". Allein, wer war zumeist Schuld an den großen Sorgen und — Eben die Protestanten. Selbst die Türkennoth wäre wenigstens vermindert worden, wenn die protestantischen Stände in der Hilfleistung willfähriger gewesen wären, und nicht immer Forderungen, die auf die Protestantisirung des ganzen Landes abzielten, dazwischen geschoben hatten. Die „harten Schritte" waren nur nothgedrungene Abwehr von Uebergriffen und ungerechten Anmassungen. Schon nach dem, was wir bisher von dem Treiben der Protestanten in der Steiermark gesehen haben, kann man billig fragen, wo war oder ist irgend ein protestantischer Landesfürst, der derglei¬ chen von katholischen Unterthanen geduldet hätte. Wie ganz anders haben solche gegen harmlose und ruhige Katholiken in ihren Ländern gehandelt. Allerdings erließ der Erzherzog seit dem Jahre 1580 ernste und strenge Verordnungen in Religionsangelegenheiten, die natürlich den Protestanten sehr ungelegen kamen. Häufig will man das noch jetzt, wie es die Protestanten damals thaten, den Jesuiten in Gratz zur Last legen. Die Sache verhält sich aber so. Bei dem Regierungsantritte des Erzherzogs war der Schulunterricht und die höhere wissenschaftliche Bildung, ja selbst der religiöse Volksuntcrricht in Gratz keineswegs günstig bestellt; und eben darum fand die Irrlehre so leicht Eingang. — Das erkannte der Landesfürst und er spricht es 10 * 148 im Stiftnngsdiplome der Gratzer Universität aus: „Durch veredelte Erziehung, durch gründliche Bildung in allem Zwei¬ gen der Wissenschaften allein nur kann der katholische Glaube der Väter aufrecht erhalten, und wo er getrübt worden, wie¬ der in seine alte Reinheit zurückgebracht werden". In keiner andern Weise konnte er so schnell und sicher seinen schönen Zweck erreichen, als durch Berufung der Jesuiten, und seit 1573 bestand in der Residenzstadt ihr Kollegium und eine Schulanstalt mit sichtbaren, allen Wünschen entsprechenden Folgen. Eben so eifrig und glücklich waren sie in Abhaltung von Christenlehren und Predigten. Hierdurch war der Vor¬ wand, daß die protestantische Schule im Stift eine nothwen- digc Sache sey, behoben; und hatte der Landesfürst das Be¬ schicken derselben bisher dulden müssen, so konnte und mußte er jetzt darauf dringen, daß die Jugend dem protestantischen Einflüsse entzogen und in die katholische Anstalt der Jesuiten geschickt werde. Dagegen traf der Stadtrath von Gratz die Verabredung, daß kein Bürger einem Jesuitenschü¬ ler eine Herberge gebe. Deßgleichen wurde angeordnet, daß die Bürger in ihrer ordentlichen Pfarrkirche dem Gottes¬ dienste und den Predigten beiwohnen sollen. Der Stadt¬ rath von Gratz setzte dafür eineStrafe auf das An hören katholischer Predigten H. Der Landesfürst befahl wohl auch, daß das protestantische Stift gesperrt werde, und den protestantischen Ständen solle nur gestattet seyn, für sich zwei Prediger im Landhanse zu halten; es blieb je- dochAllesbei m Alten. Das waren „die harten Schritte" — aber sie hatten so wenig Erfolg, als andere Verfügungen auf dem Lande gegen die Eingriffe der Protestanten in vielen Pfarrkirchen. Die dahin gesandten landesfürstlichen Kommissäre t) 8oeller x. 205, 2S8. 149 wurden „gemeiniglich schimpflich, spöttlich und verächtlich traktirt und abgewiescn" H. In dem Brücker Vertrage 1578 hatte Karl mit schwe¬ rem Herzen zugestehen müssen, die protestantischen Prediger zu Gratz und Judenburg zu dulden; — wie weit aber war es gekommen! Nicht nur daß die Stände in die Pfarren ih¬ res Patronates, — und selbst in landesfürstliche Pfründen, — ihre Prädikanten mit Gewalt einführten, auch in der Nähe jeder größer« Ortschaft der Steiermark wurden Bethäuser ge¬ baut, um die Einwohner dahin zu locken. Rosolenz zählt folgende Bethäuser auf: „Neben der Stadt Rottenmann auf des Herrn Hofmanns Grund; neben Schlad- ming bei Neuhaus; neben Marburg bei Windenau; neben Cilli zu Scharfenau; neben Radkersburg bei den Herbersdor- fischen Bindhütten; neben Leibnitz beim Krottenhof; in Schwan¬ berg beim Gaillerhof; neben Feldbach zu Kalsdorf; neben Neumarkt bei des Jöbstls Schloß bei Lind; neben Oberwvlz bei Altenhofen". Wie planmäßig die Protestanten ihre Sache zu fördern wußten, (wobei,—nebenbei gesagt,— auch die Katholiken jetzi¬ ger Zeit manches lernen könnten), entnehmen wir aus fol¬ gendem Berichte Khevenhillers: „Obwohl Ihre Durchlaucht anno 1579 das axoreitium Augsburgischer Religion derge¬ stalt, daß die Katholischen in ihren Städten, Märkten, Schlös¬ sern, Pfarren und Klöstern unperturbirlich verbleiben sollen, zugclaffen; so seynd doch die meisten Städt und Märkt zugefahren, daß nit allein die Stad t- räth keinen Kath olischen im Ratb, oder zn einem bürgerlichen Amt, oder Kanfung eines Hauses wollten kommen lassen; sondern auch die Hand¬ werkszunft en machten Verbindnuß, daß kein ') Rosolenz B. 12 — ISO — Maister einen Handwerksgesellen, sodemkatho- lischen Glauben zugethan, über 14 Tag aufhal¬ ten, sondern ihn seiner Arbeit, damit die katho¬ lischen Handwerksleut nit Gelegenheit in die Stadt und Zünften einzuschleichen hätten, — entlassen sollte. Desgleichen wurden keine zu Burgern, sie hätten den zuvor sich zu der Augs- burgisch en Konfession durch einen leiblichen Eid¬ schwur verbunden, ausgenommen ^). 17 Fruchtlose Bemühungen der Bischöfe. Die Klagen und Bitten des Erzbischofs von Salzburg und des Seckauer Bischofs, als dessen Generalvikars, fanden bei dem Landesfürsten zwar jederzeit ein freundliches Gehör, aber nicht immer Abhilfe, wie folgende Daten ein Beispiel geben. Bischof von Seckau, Georg (IV. Agricola), beschwert sich 1581 bei dem Erzbischöfe, daß ein gewißer Mathias Amman die Jurisdiktion über die Frauenkirche bei Leibnitz und die Filiale St. Siegmund in Haimschuh an sich ziehe, unter dem Vorwande, daß er die Vogtei dieser Kirchen erkauft habe. Es sey zu fürchten, daß er auch dort sektische Prediger be¬ stellen werde, wie er ohnedieß „in seinem Krottenhof beflissen ist, die armen Unterthanen auf die neue Religion zu ziehen. Denn, wenn die Unterthanen dahin gefordert werden, müs¬ sen sie vor ihrer Handlung einePredigt hören". Auf die Verwendung des Erzbischofes bei dem Erzherzog, daß dieser den Bau eines neuen lutherischen Bethauses bei Leibnitz untersagen möge, wurde die Erledigung ertheilt: „Auf i) Khevenhiller Verä. I. 288. 151 das Schreiben, das Kirchengebäu, so Mathes Amman, In¬ haber des Krottcnhofes bei Lcibnitz aufzurichten und hektische Prediger darin halten zu lassen, Vorhabens seyn solle, betref¬ fend, geben Wir hiemit soviel zu freundlicher Antwort zu vernehmen, daß Wir solches Kirchengebäus halber nothwen- dige Erkundigung einzuziehen, und alsdann darwider nach Ge¬ legenheit der Befindung gebührende Ein- und Abwendung zu thun nit unterlassen wollen, wie Wir uns dessen von Landes¬ fürstlichen Amtswegen schuldig erkennen rc." Allein bald sah sich der Erzbischof genöthiget, dem Erz¬ herzog zu berichten: „daß gedachter Amman ungehindert mit seinem Gebäude fortfahre. Demnach gelangt nochmals an E. L. unser freund- und dienstlich bitten, solchen des Ammans vorhabenden Bau mit allen Erst abschaffen, und ihm densel¬ ben nicht gestatten". Der Bau wurde jedoch fortgesetzt, — und mittlerweile ändert sich ganz in gewohnter protestantischer Weise die Scene; nun sind die katholischen Kirch en ober» die Un¬ ruhestifter und sollen zurecht gewiesen werden. Unterm letzten Martii 1585 gibt „Eine Ehrsame Landschaft in Steyr, so anjetzo allhie (in Gratz) bei einander versamblet ist", an die damals anwesenden Kommissarien des Erzbischofs von Salzburg folgende Zuschrift: „Uns hat die arme bedrängte Bürgerschaft zu Leibniz anjetzo mit großer Betrübniß und Be¬ schwerung zu erkennen geben, wasmassen sie durch den Vice¬ dom zu Leibniz ganz unbillig in Religions- und Gewissenssa¬ chen beschwert werden, indem er ihnen die Predigten göttli¬ chen Worts außer des Marktes Leibniz zu vernehmen, ganz und gar mit unerhörter Schärf und Bedrängnuß, auch Ab¬ schaffung aus dem Markt thuet verbieten, welches uns in Wahrheit ganz frcmbt und nit wenig beschwerlich fürkombt, daß er so vermessen sich herfürbricht und so unbedächtig zu¬ wider der einst verglichenen kueisieution, welche dießorts 152 einen Theil so wohl den andern im ganzen Land zu Erhal¬ tung der.Ruh und Einigkeit mit großer Ooutcstatiou zu hal¬ ten zuegcsagt ist worden. Und weil wir dann weiter sehen müssen, zu was schädlicher neuen kcrturbation dieser Handel endlich gcrathen, und daß etwa ein anderer Landmann auch diese Occasion suchen und ergreifen möchte, seine Untertha- nen, welche der katholischen römischen Religion zuegethan, auch mit solcher Bedrängnuß zu molestiren", (das haben aber ja eben der obgenannte Amman und viele Andere schon gethan) „und hernach ein Unglück nach dem andern erweckt möchte werden rc., — haben daher nichts können unterlassen unser« Gn. Herrn von Salzburg mit mehreren zu schreiben, und um Einstellung solcher Neuerung zu bitten; daneben Euch auch freundschaftlich zu vermahnen, Ihr wollet Eurem bei¬ wohnenden Verstand nach, für Euch selbst bei ernennten Vicc- dom die Sachen zum Besten moderircn helfen rc. Datum Gräz im Landtag". An der Rückseite der Zuschrift von Außen sind acht nud zwanzig Siegel aufgedrückt, was uns einen Ma߬ stab gibt, wie weit der Protestantismus bereits gegriffen hatte. In gleichem Sinne schreiben sie an den Erzbischof, wo¬ bei sie sich auch auf die Handlungsweise des Erzherzogs be¬ rufen, und sagen: „obwohl er aus Antriflung (Aufreihung) der unruhigen Jesuiten und Nuntii wider die arme Bürger¬ schaft zu Gräz auch beschwerliche Handlungen fürgcuommen, so sind dieselben doch also beschaffen und moderirt, daß die Burger frei gelassen werden, die christlichen Predigre» des heil. Wort Gottes und die Nießung der hochwürdigen Sa¬ kramenten außer der Stadt Gräz zu besuchen, wo und wie es ihnen gelegen ist". Der Erzbischof Johann Jakob unterließ nicht, darauf am 6. April 1585 gebührend zu antworten. Er sagt: „Auf euer Schreiben wollen wir euch zu gnädiger Antwort nit 153 verhalten, daß wir als ein christlicher katholischer geistlicher Fürst — uns immer nach bestem Vermögen beflissen haben, damit wir unsere Unterthanen allenthalben bei gnetem Fried, Ruhe und Einigkeit erhalten und alle verderblichen Mittel des Ungehorsamb und Unordnung verhüten und abschneiden möchten. — Daß aber zu solchem kein bequemeres Mittel zu finden, als die allgemeine christlich katholische allein selig¬ machende römische Religion, das gibt nit allein die Historie zu erkennen, sondern es bezeugts auch die tägliche Erfah¬ rung. Denn welches Land oder Gegend von den verderblichen Sekten nnd Spaltungen unange¬ fochten blieben, das ist auch in gueten Fried nnd Einigkeit erhalten worden. Was dann im Gegen¬ spiel ans den verderblichen Neuerungen in Glaubenssachcn für Uurath und unwiederbringliche Nachtheil und Schaden entstanden und noch täglich mit höchsten Schmerzen nnd Ver¬ derben zu erwarten, das ist vielmehr mit Hcrzleid zn klagen und zu beweinen, als unterschiedlich zu erzählen". -— Er be¬ merkt weiter, daß er über die Bürger nnd Unterthanen zu Leibnitz nicht nur als Oberhirt in geistlichen, — sondern als ihre Obrigkeit auch in politischen Sachen zu gebieten habe; sic sepcn aber nicht nur in religiöser Beziehung in Jrrthnm geführt worden, sondern „sie sind auch dem Viccdom in mancherlei Wegen ungehorsam gewesen und ihm den Trutz erzeugt, welcher Trutz und Unge¬ horsam allein ausderNeuerunginderReligion erfolgt ist. Daher wir den Ursach genommen, nnscrm Vicedom, die bemceldtcn ungehorsamen Bürger, ihres erzeug¬ ten Trutz halber der Gebühr nach zu strafen, und gar aus dem Gericht zu schaffen, befohlen haben. Derhalben nur sie, die Burger, und wir gar nit, der Neuerung halber, der sie allein zu vermessenen Jrrthum und Trutz so beharrlich nach-- trachten, beschuldigt werden müssen". 154 Solcher Ansicht sind jedoch die Verordneten der steieri¬ schen Landschaft nicht, und sie suchen in einer weiteren Zu¬ schrift vom 27. Jnni 1585 den Erzbischof zu belehren, und sagen: „Was Sie als katholischer Erzbischof für Ihre Per¬ son sich thuet befleißen, — wollen wir uns in eine Dispu¬ tation nicht einlassen, dann ein jeder mueß vor dem strengen Richterstuhl Gottes am jüngsten Tag seines Glaubens, Thuen und Lebens Rechenschaft geben, nach Laut des heiligen gött¬ lichen Worts sin8tu8 8 ua Ms vivot". ') Das gelte aber auch für die Unterthanen, „den wo eine jede Obrigkeit die armen Unterthanen ihres Gefallens zu diesem oder jenem Wege in Religions- und Gewiffenssachen zu dringen Macht haben soll, so wurd es nit 8un üsto vivet ju8tu8 heißen, sondern wann man nur glaubt, was die Obrigkeit, so wur¬ den die Unterthanen seelig. Dieweil wir aber das Wider¬ spiel im Wort Gottes lauter und klar befinden, so muß es bleiben und bestehen in Ewigkeit, wie uns der purlautere Buechstab göttliche» Worts lehrt". (Der selbstgemachte Tert ist purlautercs Gottes Wort!) „Daß aber Ew. fürstl. Gnaden die römische Religion für das beste Mittel zur Er¬ haltung Fried und Einigkeit erachten, das können wir, wie auch viel fromme gottesfürchtige Christen, keineswegs finden. Denn wie weit die römische Kirche von der uralten katholi¬ schen Kirchen, und dem heiligen Wort Gottes, der heiligen Propheten, Christi, unseres allein Seligmachers und der Apo¬ steln Lehr ist abgewiechen, das bezeugen alle Historien und die apostolischen Ooneilin, welche das Wort Gottes zur Richt¬ schnur genommen, und des Papstes Gewalt und Zwang nit haben fürbrechen lassen". (Was für apostolische Ooneilin wohl die Herren hier meinen mögen?) „Es seyn si Sie gehen in der Fälschung der Bibeltexte etwas weiter als Luther, denn „Sus, iicls" hat einen ganz andern Sinn, als das biblische „ex ilüs". Uebrigens hat auch Dalmatins Uebersetzung „kvojs vers". — 155 — in dieser Nsstöri von vielen hochgelehrten ansehnlichen Leuten große Bücher voll angeschrieben, welche die Romanisten im wenigsten weder in ihren Ooueiliis und sonsten uit widerlegen künten; daher den auch bei Kaiser Laroli und si'eräinuvcil hochlöblichster Gedächtnuß Zeiten, christlich und löblich für- gesehen worden, daß diejenigen, so der christlichen Augsbur- gischen Confession zuegethan, welche in allen Artikeln christ¬ licher Lehr dem heiligen Wort Gottes, der Propheten und Apostel Lehr zuestimmt, nit minder als die römische Religion, im heiligen römischen Reich, und den dazu gewidmeten Län¬ dern ihre Lseuritsöt haben soll. — Wir wissen zwar, daß unsere Gegentheil steif darauf dringen, die hoch eoiitastirtö UvIiZiouspueisieutioii aufzuhebcn, aber Gott wird einst auf- wachen und solchen pkrturbutoiibus putriW et communis paeis eine andere Meinung zeigen; — — dabei denn auch des frommen Kaisers Nuxiwstmui Regel wohl zu erwägen, die er oft und vielmals von sich hören lassen: Wer sich un¬ tersteht, die Gewissen der Menschen zu zwingen, der greift Gott in sein Gericht, und verliert letztlich den Gewalt auf Erden. Demnach bitten sie u. s. w. Datuin Gräz im Lands¬ und Hofrechten 27. Juni 1585" Man sieht, wie weit cs bereits gekommen war: daß man dem katholischen Oberhirten sagen konnte, seine Religion sey eine falsche, und ihm mit dem Gerichte Gottes und Ver¬ luste seiner Gewalt drohen durfte. Man kann sich demnach nicht wundern, daß das Bethaus mit seinen Prädikanten und der gewaltsamen Prosclytcnmacherei fortbestand, bis im Jahre 1600 die Drohung der Landschaft in umgekehrter Weise in Erfüllung ging, wo „Gott eine andere Meinung zeigte, der Protestantismus „den Gewalt" verlor und das Bethaus in die Luft gesprengt wurde. Akten im Seckauer Ordinariats-Archiv. 156 18. Der Protestantismus in den letzten Lebenswahren Erzherzog Karls II. Ueber das Walten der Protestanten in den letzten Le¬ bensjahren Karl's entnehmen wir noch einige Daten dem „Gegenberichte" des Propstes Rosolenz. Es ist dabei nicht zn übersehen, daß Rosolenz Zeitgenosse der Thatsachen, und ohne Zweifel Augenzeuge bei manchen derselben war. Denn es zeigt die Universitäts-Matrikel, daß er am 26. April 1590, als päpstlicher Alumnus zu Gratz, zum Magister der freien Künste und der Philosophie, und am 23. April 1602 zum Doctor der Theologie promovirt wurde ^). Sein „Ge¬ genbericht ist gedruckt zu Grätz 1607. Wir entnehmen dem¬ selben nur Einiges: „Wie die katholischen Christen allenthalben in Städten und Märkten allerlei Verfolgung ausstehen mußten, also hat man ibrer auch auf dem Lande noch weniger verschont. Was nnbefucgter Griff und Nänk gebrauchten sich nicht etliche der Landlcut (Adeliche) zu Abhaltung der armen Unterthanen von dem katholischen Gottesdienst! Denn an den Tägen ihrer lu¬ therischen Predigten stellten sie an: Verhöre, Vergleiche und andere Handlungen, zu dem Ende, auf daß, wann die Unter¬ thanen erschienen, sie nachmals bei ihren ketzerischen Predig¬ ten verbleiben mußten. Ja, viele derselben wurden gar dazu bezwungen, und da sie nit willig erschienen, waren sie umb ihr Ausbleiben mit scharfen Worten angefahren, und biswei¬ len in die Keuchen geworfen. — Gar oft mußten die Unter¬ thanen ihren Herren auch an den Festtagen roboten: und da- si .4.ctL kae. tüsol. Umversitatis 6rsseeusis. 157 mit sie auch an den verbotenen Tagen zu dem Fseischessen gewöhnt würden, — wann sie sonst durch die Woche einiges Robotbrod nit bekommen, gab man ihnen am Freitag Kraut, mit Fleisch und Speck gekocht, zur Sättigung ihres hungeri- gen Magens. Unter anderu hat sich einer befunden, der an dem Feste Oorporis Ostristi seinen Unterthanen Mist auszu¬ führen anferlegt; als sie sich aber dessen, wie billig, verwi- dert, hat es letztlich der Mayer selbst, (der neben und durch die Prozession gefahren), derselben zu einem sonderbaren De- spect verrichten müssen." „Wenn die Herren Bischöfe und Prälaten die ihnen zu¬ gehörigen Pfarren mit katholischen Priestern ersetzen, oder dieselben visitiren wollten, wurden sie mit Spießen, Stangen und Prügeln abgetrieben. Herr Bischof von Seckau wollt die Pfarre Muregk, seiner Lehenschaft, mit Herrn Gregor Fliegendorfer ersetzen, aber der Widerstand war so groß, daß man mit dem Pfarrer wiederumb nach Haus ziehen, und die hektischen Preligkanten daselbst gedulden mußte. Als der jetzige Bischof von Seccaw (Martin Brenner) ^.uuo 1585 ins Landt kommen, und sein eigeutbümliche Pfarr in der Stadt Radkersburg visitieret, hat er befunden, daß die Vicarii da¬ selbst von den Burgern dermaßen verfolgt, und so übel ge¬ halten worden, daß keiner nit hat können bleiben, ja in einem Jahr waren sncccssive acht Vikari nacheinander, deren gleich¬ wohl der letzte über drei Jahr verblieben, aber seines Leibs und Lebens nit sicher gewesen. Ja, sie hatten zusammen ge¬ schworen, daß sie ihn, so er zu ihnen käm, wollten umbrin¬ gen. Es hatte auch der Rath den Burgern verboten, daß sie mit ihm kein Gemeinschaft haben sollten. Schulmeister, Succentor, Meßner und Todtengräber waren alle lutherisch. Und als Seine fürstl. Durchlaucht auf des Bischofs Anhalten, Herrn vr. Jöchlinger, Kammer-Prokuratoren, und Herrn vr. Gaillern zu Kommissarien verordnet, welche mit der Burger- 158 schäft der pfarrlichen Gerechtigkeit halber handeln sollen, seyn die Radkersburger in solche Vermessenheit gerathen, daß sie die Kvmmissarien über das Fenster hinaus werfen wollen, und sich auf die verordnete landesfürstliche Kommission also ungehorsam erzeigt, daß sie zwcen Predigkanteu anfingen zu halten, da sie zuvor nur mit einem sich begnügen lassen: das war die Wirkung dieser Kommission. Weiter, als Herr Bi¬ schof von Seccaw seine Pfarre zu Klech visitiren wollen, war er, unter dem Schein der Vogtobrigkcit, vor dem lutherischen Schranengericht des Gewalts (Gewaltthätigkeit!), beklagt, in welchem er auch wäre erkennt (verurtheilt) worden, wenn Ihre fürstl. Durchlaucht hierin der Billigkeit nach, nit das Beste gethan hätten. Wiederum sein eigentkumbliche Pfarr zn S. Johann im Sacken (Saggathal) zu visitiren, ward er durch Spieß und Büchsen des ungestümmen Pöfels daran verhindert. Als er ^.nuo 87 durch das Advent in seiner cigen- thümlichen Pfarr gepredigt, und in der heil. Christnacht die Meß celebriert, liefen die lutherischen Buben mit bloßen Weh¬ ren in die Kirchen, tumnltuirten und trieben allerlei Muth- willcn, also, daß allein ein Streich wäre geschehen, hätte man ikme und seiner Clerisey den Garaus gemacht; und sol¬ che Buben verblieben alle unbestrafter, unangesehen solche Be¬ strafung der Ordnung nach begehrt worden. — Der Pfarrer von Schwanberg kam mit seiner Procession auf Leibnitz, da ward er von einem vom Adel sammt seinen Reitern mit sei¬ nen Pfarrleuten auf offenem Feld angegriffen, mit den Kir¬ chenfahnen zerstreut, und verjagt. Ja gar dem Pfarrer zu Pirkfeldt, Joanni Betulcto, ward das hochwürdigste Sakra¬ ment des Altars, so er zu einem Kranken geführt, (welches abscheulich ist zu vernehmen) durch einen vom Adel von dem Hals hinweggerissen, und auf die Erd geworfen. — Diese gottlose Thaten verblieben alle ungestraft, allein darumb, ns tuwultus störst in populo". — — IL9 — »Ihre fürstl. Durchlaucht fiengen an etliche der geistli¬ chen (Patronats) Pfarren, auf ihr beschehenes Begehren, zu reformiren; wie nun dieselbige Kommission abgegangen, wol¬ len wir etliche Erempel erzählen. Auf Anruffeu des H. Bi¬ schöfen zu Chiemsee schickten Ihre fürstl. Durchlaucht vorge¬ dachten Doktor Jöchlinger und Primum Wanzl, Landpfleger zu Wolkenstain, auf Gröbming, und war neben ihnen auch ein salzburgischer Erzbischöflicher Gesandter, — daß sie den lu¬ therischen Predigkanten abschaffeu, und eineu katholischen Prie¬ ster in dieselbe Pfarr einsetzen sollten. Wie nun der salzbur- gische Gesandte auf die Kanzel stieg, und angefangen zu pre¬ digen, bald erhub sich ein Gcschrey, er sollt sich trollen, oder über die Kanzel herab geschossen werden. Es ward ein gro¬ ßer Auflauf, von der Kanzel mußte er sich begeben, den Man¬ tel riß man ihm vom Leib, den Hut schlug man ihm vom Kopf, man gab ihm starke Püff, Stoß und Schlag; er ent¬ rann in eines Kirschners Haus, und versteckte sich, und mußte letztlich heimlich durchs Gebirg entlaufen. Wollten die landes¬ fürstlichen Kommisarii ihr Leben fristen, säumten sie sich auch nicht lang, machten sich auf ihre Pferde und mußten ent¬ reißen". — „Jodokus Zeller, Layenpricster, war zwar ^.uno 84 in die Pfarre Haus eingesetzt, aber bald darauf mit einem Waid¬ messer hinterrücks niedergeschlagen, daß er sich nicht verwußte, und alle vier von sich strecket. Da er auch bei seiner Filial zu Essach den Gottesdienst verrichten wollt, ward er mit Stei¬ nen empfangen, daß er entreiten mußte. Seynd ihm auch sonst andere Muthwillen, sogar bis in seinen Pfarrhof zuge¬ fügt worden, daß er viel Trübsal von seinen Pfarrleuten, bis er sie durch seinPredigcn und Best ändigkeit zu Früchte u gebracht, ausgestanden. Es hatten auch Ihre fürstl. Durchlaucht Kommissarien verordnet, die neu Kir¬ che zu Kalsdorf, im Viertl Vorraw, einzuziehen. Da sie nun 160 solches m's Werk richten, und das lutherische Erercitinm ein¬ stellen wollten, kam eine Reiterei von 30 Pferden sammt vie¬ len Vauren, die trieben und jagten die Kommissarien von der Kirchen hinweg, welches dem Landesfürsten zu großen Spott gereichte". Aehnliche Vorgänge erzählt Rosolenz noch weiter von Lietzen, Jrdning, Oppenberg und Obcrwölz, alles nur beispiels¬ weise, was aber von einer argen Verwilderung des Volkes Zeugniß gibt. — Wie weit es mit dem landesfürstlichen An¬ sehen gekommen war, zeigen folgende Vorfälle. „Als H. Doktor Jöchlinger und Doktor Fischer ^.uno 89 nach Feldbach geschickt waren, einen katholischen Rath und Marktschreiber daselbst einzusetzen, wie auch den Rath zu ver¬ ändern, da geschahen solche Auflauf und Zusammenrottungen, daß ste ermeldte Herren Kommissarien aus dem Rathhaus über's Fenster hinaus werfen wollen, und ste derhalben bei weitem nicht konnten in's Werk richten, wie ste im Befelch hatten. Und obwohl ste Leopolden Gastinger zu einem Richter verordnet, ime anch das Markt-Siegel und Ladcnschlüffel über¬ antwortet, so haben doch die Burger nach der Kommissarien Abzug, den katholischen Richter auf das höchste verfolgt, heim¬ liche Zusammenkünften wider ihn gehalten, und sind an dem heil. Ostertag zu Pertlstein durch eine lutherische Lärmenpre¬ digt dermaßen entzündt worden, daß sie zu Abend zusammen geloffen, den Richter herausgefordert, sein Hans gestürmt, und da ihm sein Schwager sammt seinem Dienern in solcher Gefahr zu Hilf kommen wollen, ist er so heftig verwundet, zerhanet und jämmerlich, bis in die Gefahr seines Lebens, zer¬ schlagen worden, daß es zu erbarmen gewesen" H. Dann wurde ein lutherischer Stadtrichter eingesetzt ^). si Rosolenz B. 9 ff. Herzog 6osr»og. S. 638. — 161 — „Ainst war Ihre fürstl. Durchlaucht im Murboden ob Judenburg auf der Jagd und Waidwerk; es kam ein Geschrei aus, als wann der Predigkant von Oberwölz wäre gefangen worden; gähling geschah ein Auflauf von Bauren mit Weh¬ ren, Püchsen und Helleparthen, daß es kein anderes Ansehen hatte, als wollten die Böswicht Ihre fürstl. Durchlaucht sel¬ ber umbbringen. Weiß auch nit was geschehen wäre, wenn der Predigkant nit ungefähr unter sie komm, und durch sein Gegenwärtigkeit den Rumor gestillt hätte" Aber nicht nur auf dem Lande finden wir solche Roheit und Verwilderung der Sitten; in der Landeshauptstadt stand es damit nicht besser, und die Ab Mahnung von guten Werken, die das neue Evangelium mit sich brachte, trug überall ihre Früchte. Es konnte aber auch nicht anders seyn, da nicht nur die oben angeführten Gewaltthaten ungestraft blieben, damit, wie Khevenhiller dazu bemerkt, unter dem Volke keine Unruhe entstehe; sondern selbst Gerichts- räthe in Gratz, die Freilassung von Verbrechern, die ihre Weiber gemordet haben, nicht nur anriethcn, sondern darauf bestände». Daher nicht nur häufige Konflikte der Scholaren mit Handwerkern, wobei Mancher mit blutigem Kopfe heim¬ geschickt wurde, an der Tagesordnung waren; sondern förm¬ liche Duelle unter gemeinen Leuten mit tödtlichem Ausgange, oder auch anderweitige Morde, wovon Bischof Stobäus meh¬ rere aufzählt -). Aus dieser unruhevollen Zeit stammt auch die Verord¬ nung, die an beiden Fronten des Landhauses noch jetzt auf Tafeln zu lesen ist, und welche lautet: „Mit der fürstl. Durch¬ laucht Erzherzogens Karl zu Oesterreich, unsers gnädigsten Herrn und Landesfürsten gnädigsten Vorwissen, Wissen und tz Rosolenz B. 13. Khevenhiller I. 524. Ltovoei blpistolss. S. 21. 234, 265, 281. 11 162 Ratifikation hat Ein Er. Hochlöbl. Landschaft dieses Herzog- thums Steyer, im Landtag unter andern auch dahin beschlos¬ sen und Befehl gethan, daß Niemand, wer er auch seyn mag, sich unterstehe, in diesem hochgcfreyten Land-Haus zu rumoren, die Wehr, Tolch oder Brodmesser zu zucken, zu balgen und zu schlagen, gleichfalls mit andern Wehren ungebühr zu üben, oder Maulstreich auszugeben, sondern hierinnen aller Gebühr und Bescheidenheit mit Worten und Werken zu gebrauchen, welche aber darwider handeln, daß dieselbe nach Gelegenheit des Verbrechens an Leib und Leben nnnachlässig sollen gestraft werden, darnach sich mäniglich zu richten. Actum Grätz den 80. Februarji 1588" '). 19. Der Schriftsteller Peter Muchitfch. Daß auch der Meinungskampf in Schriften (wissenschaft¬ lich kann man ihn kaum nennen) zu dieser Zeit, insbesondere in Sachen der Religion in derber Weise geführt wurde, ist bekannt; man darf nur die Titel der damaligen Kontrovers- Schriften lesen. Desto mehr muß es auffallen, daß die prote¬ stantischen Stände in Steiermark einem vaterländischen Schrift¬ steller, der in Vergleich mit seinen Gegnern noch sehr artig genannt werden muß, sogar in Anklagestand versetzten, bloß weil er die angegriffene katholische Lehre fest und entschieden vertheidigte. Es war Peter Muchitsch, geboren zu Eilli, vr. der Philosophie und Theologie, Professor der griechischen Sprache an der Universität, dann Domherr zu St. Stephan in Wien. Später kam er nach Gratz, war da Stadtpfarrer ?) i) Polsterer. Grätz, S. 112. Sein Porträt in der Propste! der Hauptstadt. 163 und Erzpriester, endlich Propst zu Pöllau. Schier H nennt ihn einen apostolischen Mann, durch dessen Eifer viele zum katholischen Glauben zurückgeführt wurden. Er hatte noch zu Wien Theses, oder Lehrsätze von der Rechtfertigung, d. i. Be¬ gnadigung des Sünders drucken lassen. Der Tübinger Pro¬ fessor Heerbrand war über dieselben mit der gewohnten Un- gcschliffenheit hergefallen, was Muchitsch vor der Hand un¬ beachtet ließ. Als aber bald darauf jener Heerbrand an der Spitze der Würtemberger Theologen auch gegen das Werk des berühmten Bellarmin, über das tridentinische Koncilium, in gleicher roher Weise eine Schrift veröffentlichte, nahm Mu- Hitsch davon Veranlassung, sowohl seine eigene frühere Schrift, als auch das Werk Bellarmins in einem neuen Buche zu ver- theidigen, unter dem Titel: kseänZoAia oder Schulführung der würtembergischen Theologen (Grätz 1588). Hierin hat zwar Muchitsch „den Erzketzer Luther" und „der Ketzer Grob¬ heit und Unhöflichkeit" nicht gelinde behandelt; aber es er¬ schien im folgenden Jahr wiever von M. Holder, Stiftspre¬ diger in Stuttgart ein Buch unter dem Titel: „Bericht von den überkunstreichen Buch des wahnwitzigen Propst zu Pellen in Steiermark I)r. P. Muchitsch"; worin dieser als „hirnkrank, Esel, Stockfisch, Sau rc." zeichnet wird. Muchitsch antwortete mit einem neuen Werke: „Anderer Theil ?Wäa,§o- giu, — worin auch sonderlich der W. Theologen und in ge- main aller lutherischen Predikanten abscheuliche Gottlosigkeit, Narrheit, Betrug und Falschheit entdeckt werden". (Grätz 1589). Die nämlichen Landftände nun, die vor ein Paar Jahren die Lästerungen des Prädikanten Homberger gegen die katho¬ lische Kirche und gegen den Erzherzog, so eifrig in Schutz ge- tz 8cdiör, 8pseimen 8tzwiB litsrutss. Von diesem Peter Muchitsch ist zu unterscheiden Johann Muchitsch. welcher früher Hofkaplan Karls II. und um diese Zeit Propst zu Rottenmann war. sHormayr Archiv 18IS.) 11 * 164 uommen hatten, ereiferten sich gewaltig gegen Muchitsch; — eine Anwendung der allgemein beliebten protestantischen Pra¬ xis, jede Abwehr gegen protestantische Angriffe als Verfol¬ gung und Friedensstörung anzuklagen. Als nämlich Muchitsch, Propst zu Pöllau, und als solcher Mitglied der steirischen Landstände geworden war, wollten ihn diese nicht in ihrer Mitte dulden, und erklärten, daß keiner neben ihm auf dem Landtage sitzen werde, wenn er nicht widerrufen und größere Bescheidenheit für die Zukunft versprechen wolle. Wirklich gab Muchitsch 1589 eine Erklärung, worin er „ehrlich be¬ zeugen" will, daß er in seinem Buche „keinen Herrn oder Landtman in diesem Landt" angegriffen habe H. 20. Karl's II. Tod. So tritt uns in Karl's letzten Lebensjahren in der Steier¬ mark wie im religiösen, so auch im socialen Leben und in wissenschaftlicher Beziehung überall ein trübes Bild entgegen, — abgesehen von den fortdauernden türkischen Kriegesunru¬ hen. Was aber des Erzherzogs größte Sorge im Leben war, die Beschützung des katholischen Glaubens, — wurde endlich auch die Ursache seines frühen Todes ^). Wir entnehmen di e Begebenheiten bei dem Tode dieses edlen Fürsten wieder dem Berichte des Zeitgenossen und ohne Zweifel auch Augenzeugen Rosolenz Erzherzog Karl hatte im Jahre 1590, um die katholi¬ sche Sache im Stadtrathe zu Gratz zu stützen, zwei katholische Bürger dazu verordnet, wogegen sich aber die Bürgerschaft si Hurter. Ferd. II. II. 500. 2) Historiu äueuru Ltiriss. III. II- Rosolenz B. 15. 165 dermaßen widersetzte, „daß sie Konjuration und Verbindnuß gemacht, nnd nit allein mit Mund zusammcngcschworen, son¬ dern auch solche hochverbotene Konspiration mit Petschaften und Handschriften verfertiget und bekräftiget hat". Die Ercesse, die von der verschworenen Partei, besonders gegen Geistliche in Gratz verübt wurden, zeigen, daß sie eben so muthwillig nnd verwegen, als zahlreich war. Auf den Bi¬ schof von Gurk, Statthalter in Steiermark, wurde, als er in die Hofburg reiten wollte, aus einem Hanse ein ganzer Haufen von Holzscheitern geworfen, daß sein Pferd unter ihm zu Boden fiel. Den päpstlichen Gesandten Malaspina packten die lutherischen Studenten und der Pöbel öffentlich an, und er hatte kaum Zeit, sich unter das Kirchcndach der Stadt¬ pfarre zu flüchten. Auf den Bischof von Seckan, Georg Agri- kola, ging auf offener Straße ein Lutheraner mit bloßem Schwerte los. — Es findet sich nicht, daß solcher Frevel irgend zu verdienter Strafe gezogen worden wäre; — aber die Justiz war ja größtentheils in protestantischen Händen. Im Frühjahre 1590 begab sich Karl sammt seiner Ge¬ mahlin und den Kindern in das damals berühmte Bad Man- nersdorf bei Larenburg, zur Erholung und Stärkung feiner geschwächten Gesundheit. Bei seiner Abreise trug er dem Stadt- rathe auf, Religionsstörungen hindan zn halten, und darüber zu wachen, daß die Bürger nicht an dem protestantischen Got¬ tesdienste im Landhause theilnehmen. Als der Landesfürst die Stadt verlassen hatte, ließ sich alsbald eine umhcimlichc Stim¬ mung daselbst spüren, cs wurden geheime Zusammenkünfte ge¬ halten, es schien sich etwas Unheimliches vorzubcreiten '). Bald ergab sich eine Veranlassung zum Ausbruche. Ein Bür¬ ger von Gratz, seines Handwerks ein Faßbinder, erklärte öf¬ fentlich, daß er dem Befehle des Erzherzogs zum Trotze, sei- 0 Ilistoria, äueum Ktiriss I. c. 166 nm Sohn in die lutherische Schule zu schicken sich nicht ver¬ wehren lasse. Der Stadtrichter Spiegel erhielt daher Befehl, den Buben, der sich mit eben so „trutzigen" Reden, wie sein Vater, vernehmen ließ, auf dem Rathhause in Verhaft zu se¬ hen. Als dieses in der Stadt bekannt geworden, „erhob sich ein ganz gefährlicher Aufruhr mit Zusammenkäufen, mit Büch¬ sen, Helleparden und Schlachtschwertern. Der Richter und die Seiuigen wurden umringet, man schrie: er solle den Ge¬ fangenen herausgeben, sonst wollten sie das Rathhaus stür¬ men, nud ihn zn Stücken hauen. Ein Schlosser, Benedikt, schwinget sein Schlachtschwert gegen den Richter, sprechend: „Spiegel! Eine feste Burg ist unser Gott, eine starke Wehr ist diese meine Waffe; gib ohn Verzug den Gefangenen her¬ aus, oder den Kopf will ich dir zerspalten". Der Stadtrich¬ ter, wollte er das Leben retten, mußte willfahren. Nach sol¬ chem Siege durchstürmte die Rotte, die durch herbeigelaufcue Handwerksburschen auf eine Anzahl von LOV—500 anwuchs, die Stadt, unter Anführung des Erasmus Fischer, Kanzelli¬ sten bei der Landschaft, eines Gratzer Prädikanten Bruders. „Als diese nun etliche Stunden nacheinander ihren Muthwil- len mit Saufen, Ausgießung gottloser Reden und Drohungen öffentlich und auf freier Gassen also getrieben, daß sich kein Mensch, außer denen die ihnen anhängig waren, blicken lassen durfte, und augenblicklich zu erwarten war, daß sie nicht allein ins Rathhaus einen gewaltigen Einfall thun, sondern auch die Häuser in der Stadt, voraus der Katholischen, stürmen und plündern würden: dessen sie sich auch vernehmen ließen, wie denn menniglich in großer Sorg gestanden: siche, da schickte Gott selbst ein Mittel. Es entstand um Mitternacht ein Ungewitter mit Blitz und Donner, das man Anfangs zwar nicht achtete, als aber bald darauf ein überaus erschrecklicher, sehr prausender naher Donnerstreich seinen entsetzlichen Hall gab, da neigte und tuckte sich die ganze Rotte, nichts anders 167 vermeinend, als hätte man vom Schloß eine Chartaunen auf sie und gegen den Platz abdrucken lassen. Da ging sie ein solcher Grausen und Schrecken an, daß sie sich straks von ein¬ ander begaben, und in kurzer Zeit kein Mensch mehr auf dem Platze und in den Gassen sich finden ließ; ja das böse Ge¬ wissen ängstigte mehrere in so weit, daß sie auch die Ankunft Ihrer Durchlaucht nicht erwarten wollten, sondern weiter ge¬ wandert sind". Der Statthalter schickte den Regimentsrath Corradetz an den Erzherzog, um über das Vorgefallene Bericht zu erstatten. Obwohl die Badekur noch nicht vollendet war, wollte er den¬ noch zurückcilen, um die Ruhe herzustellen. Die Reife nahm er über Maria-Zell, wo er mit der ganzen Familie durch Em¬ pfang der heil. Sakramente der Buße und des Altars sich stärkte. Auf der weitern Reise nach Bruck befiel ihn ein hef¬ tiges Fieber, welches ihn so schwächte, daß er in einer Sänfte zu Schiffe getragen werden mußte; da die Reise von Bruck uach Gratz auf der Mur unternommen wurde. Am 7. Juli kam er in Gratz an, aber schon am 10. gab er, nach noch¬ maligem Empfang der heil. Sterbsakramente, seinen Geist auf. Rosolenz macht hierzu die Bemerkung: „Er war, als ein Vater des Vaterlandes von allen Treuherzigen billig be¬ weinet: denn seine Demuth, Sanftmuth und Gütigkeit war so groß, daß ihn Jedermann liebte, respektirte und die gebüh¬ rende Ehrfurcht erzeugte, diejenigen ausgenommen, bei wel¬ chen sammt dem alten Glauben, die alte deutsche Pietät und Gottesfurcht erloschen war, deren denn auch nicht gemangelt, welche ob diesem unzeitlichen Todt sich erfreut, triumphirt und gefrohlocket, als wenn er von Gott gestraft worden, daß er die Religion zu reformiren, und etlichen Rebellen (ihrem Ver¬ meinen nach) die Köpf abznreißen entschlossen gewesen. Was -) Rosolenz B. 16. 168 sich NM von den Feinden des wahren Glaubens, an vielen Orten für Tumulte, muthwillige Handlungen und Empörun¬ gen wegen der Religion zu Lebzeiten des anjetzo in Gott ru¬ henden Fürsten zngetragen, ist landkündig, — und kann nit alles geschrieben werden". Daß der Erzherzog bei seinen Bemühungen zur Erhal¬ tung der katholischen Religion selbstständig und aus tiefer religiöser Ueberzeugung gehandelt habe, wird noch durch sein Testament in würdiger Weise bestätiget. Es heißt darin: „Wir bekennen und glauben vom Grund unseres Herzens alles das, so in dem heiligen und katholischen Symbols begriffen ist, und die heilig römisch Kirch allenthalben iinxlieitö et explieite befiehlt zu glauben, zumal auch alles dasjenige, so von den heiligen Kanonen und allgemeinen Koncilicn, bevorab von dem jüngst gehaltenen Koncilio zu Trient zu glauben fürgehalten, geboten, beschlossen und erklärt ist". Auch die Söhne und Töch¬ ter sollen /,unserer katholischen Religion durchaus anhängig bleiben. Dann sunst und im widrigen Fall (davor sie doch Gott der Allmächtige gnädiglich nnd ewig behüten wolle) sic nit allein von der Lueassion gänzlich ausgeschlossen, sondern auch alles andern Unterhaltes und Hilf xrivirt seyn sollen". — Aber nicht nur sie sollen in der katholischen Religion ver¬ harren, sondern sie werden ernstlich ermahnt, dieselbe auch „in unfern Landen zu erhalten, nnd das schädlich sektisch Wesen soviel möglich auszureuten". Dieses Testament ist im Jahre 1584 verfaßt. Während der 6 Jahre bis zu seinem Tode hatte er aber noch manche bittere Erfahrung von protestantischer Seite gemacht, daß er es für nöthig erachtete, die Anordnungen seines Testaments in dieser Richtung zu verstärken. Das that er in einem nach¬ träglichen Kodicill, worin er sagt, er habe in seinem Testa¬ mente seine Erben und Söhne in Betreff der Religion dahin vermahnt: „daß sie nach Möglichkeit verhüten sollen, 169 damit außer der katholischen allein seeligmachenden Religion fremde und sektische nit gestatt und geduld werden. Diese zwei Worte (nach Möglichkeit, so zweiflig und gleichsam auf Willkühr gestellt sind) wollen wir von weniger Verdacht und Zweifels willen, hiemit gänzlich aufgehebt und dahin korrigirt und erklärt haben: daß unsere Erben und Nachkommen, so jederzeit im Regiment seyn werden, solliches in allweg zu thun schuldig und verbunden, auch kein andere, als die katholische Religion zu dulden schuldig sepn sollen, wie unsere Erben unsere diesorts den Landleuten gegebene Kon- cessiou in Religionsfachen, (er meint den Bruckervcrtrag von 1587 und spätere mündliche Zugeständnisse), so auf Wohlge¬ fallen und aus Gnaden gefolgt, nicht binden oder präjudicie- reu solle" '). Wäre demnach auch der Nachfolger, Ferdinand II., nicht selbst so fester katholischer Ueberzeugung gewesen, so war er durch den letzten Willen des Vaters gebunden, die Länder von dem Irrglauben zu reinigen, wie er sich auch hinwiederum in seinem eigenen Testamente auf dieses väterliche Vermächt- niß bezieht "). ZM. Der Protestantismus unter Ferdinand II. 21. Die Regentschaft der Erzherzoge Ernst und Maximilian. Besonders schwer wurde durch den Tod Karl's dessen Wittwe, die edle Erzherzogin Maria getroffen, denn es war ihr nicht unbekannt, daß sic nächst den Jesuiten der vorzng- >) Testament und Kodicill in Hurter Ferdinand II. 2. B. Anhang. si lEormaiu nach Sociali« Augustus S. 49. 170 lichste Gegenstand des Hasses der Protestanten war. Nach menschlichen Bemessen mochten sich trübe Aussichten für die katholische Kirche eben so, wie für sie und ihre Kinder, deren Letztes sie noch unter dem Herzen trug, und nach einem Mo¬ nate gebar, öffnen. Auch konnte sie auf einen ausgiebigen Schutz des Kaiser Rudolph II., auf den während der Min¬ derjährigkeit ihres ältesten zwölfjährigen Sohnes, Ferdinand H, das Meiste ankam, nicht viel rechnen. Aber mit den Gefah¬ ren wuchs auch ihr Gottvertrauen und ihr christlicher Muth. Wie indessen auch die Verwegenheit der Protestanten zu¬ nahm, zeigte sich sogleich in Feldbach. — Dorthin waren im Dezember 1590 einige Geistliche gekommen, und hatten beim Stadtrichtcr die Herberge genommen. Da wurde das Haus gestürmt, das Thor aufgehackt und geschrien: „Hui Pfaffen heraus, der Karl ist gestorben". Kaum hatten sie Zeit, sich in den ersten Stock zu retten; man mußte die Stiege mit Kästen und Bänken verbarrikadiren, um sich gegen die wilde Rotte zu Vertheidigen. Auch der dortige Pfarrer, Georg Mu- nichius, war seines Lebens nicht sicher. Einmal wurde er des Nachts in seinem Pfarrhofe überfallen, und als er sich im Nachtkleide über die Dächer flüchten mußte, wurde auf ihn geschossen. Ein anderes Mal erhielt er sogar von dem Ge¬ richtsdiener einen gefährlichen Messerstich. Er wurde über¬ haupt mannigfach in der Weise mißhandelt, daß er das Ge¬ hör verlor, und für die Seelsorge untauglich, sein Amt auf¬ gab. Die Hauptanstister wurden zwar gefänglich nach Gratz gebracht; aber wie wenig sie eine ernstliche Strafe befürch¬ teten, zeigte ihr Benehmen. Als nämlich der Statthalter, Bischof von Gurk, sie zur Sinnesänderung mahnte, nm sie in Freiheit setzen zu können, haben sie sich die Bärte abschee- si Ferdinand war damals in den Studien zu Ingolstadt unter der Lei¬ tung des Obersthofmeisters Jakob von Attimis (Attems) (Schmutz. Ler-) 171 crn lassen, und erklärt: sie hätten sich auf erhaltene Vermah¬ nung, bereits umgewandelt '). Bald nach Karl's Tode, im August 1590, kamen die protestantischen Landstände in Gratz zusammen, und sandten einige aus ihrer Mitte an den Kaiser nach Prag, um dem¬ selben nebst andern Beschwerden, insbesondere ihre Klagen gegen die Jesuiten und die Erzherzogin Wittwe in Religions- angelegenheiten schriftlich und mündlich vorzntragen. Nach längerem Bedenken entließ der Kaiser die Abgeordneten mit dem Bescheide, sich ruhig zu Verhalten, bis die Angelegenheit der Regentschaft geordnet seyn wird ?). Inzwischen wurde von den in Karl's Testamente bezeich¬ neten Vormündern Erzherzog Ernst, Bruder des Kaisers, zum Landesverweser bestimmt, welcher im Jänner 1591 sein Amt übernahm. Seine Regentschaft ist ein fortwährender Kampf gegen die Bestrebungen der Protestanten. Er handelte hierin ganz im Sinne des seeligen Land es fürsten, sowohl aus religiöser Ueberzeugung, als auch aus dem Grunde, um dem rechtmä¬ ßigen Erben und Nachfolger, der damals in den Studien zu Ingolstadt sich befand, keine Schwierigkeiten zu bereiten. Aber auch die Widersetzlichkeit und die Gewaltthaten der Prote¬ stanten dauerten fort. Auf der landesfürstlichen Pfarre zu Aussee waren Prä¬ dikanten eingedrungen. Der Erzherzog Ernst befahl 1592 dem dortigen Verweser, sie fortzuschaffcn und einen katholischen Pfarrer einzusetzen. Aber es rotteten sich gegen 500 Prote¬ stanten dort zusammen, um den Verweser im Amthause zu überfallen, und alle Papisten todtzuschlagen. Der Verweser mußte sich auf das Schloß Wolkenstein sammt seiner Familie ') llsrroZ Oosmogra^dis. 638. Rosvlenz. B. 14. 2) Cäsar, 7, 374. 172 flüchten, rmd durfte sich in Auffee nicht mehr blicken lassen '). Einen theologischen Alumnus aus Gratz, der in die Kirche zu Obcrwölz gekommen war, würden die Einwohner erschla¬ gen haben, wenn ihn nicht Herr von Perwaug, der dortige Pfleger, gerettet hätte ^). Besonders störrisch aber blieb die sektische Partei in Gratz. Zur Zeit der Regentschaft des Erzherzogs Ernst hatte der Papst gegen die Türken, die Steiermark mehr und mehr bedrohten, eine ansehnliche Hülfe gesandt. Da meinte der Erzherzog, die Protestanten sollten schon dieses Umstandes wegen, nicht nach ihrer beliebten Weise, Papst und Türken in eine Linie stellen, und daher das Lied, das täglich im Stift gesungen wurde: „Erhalt uns Herr bei Deinem Wort, Und steu'r des Papsts und Türken Mord", billiger Weise fallen lassen. Allein obgleich ein Dekret mit dieser Aufforderung an die Landschaft gerichtet wurde, so dauerte der Gesang doch fort, wie ehedem ^). Dabei sorgte das Stift eifrig durch sogenannte Ordi¬ nationen für neue Prädikanten vorzüglich für Obcrsteier ^). h Nosolenz Bl. 18. 2) Cäsar 7, 227. Rvsolenz Bl. 18. ss Von dem religiösen Geiste der damaligen Prädikanten gibt ein in der Missionszeit in Obersteier 1759 konfiscirtes Buch ..Postill von Musäus, Franks. 1583" einen Beleg. Der einstmalige Besitzer, Prädi¬ kant Math. Faber, schrieb hinein: „1592 bin ich zu Gräz examinirt und ordinirt". Dann, nach zwcl Aufzeichnungen von gebornen Töch¬ tern kommt die Note: „1596 den 13. Dezember hat mir Gott einen lieben Sohn bescheert, Romans Isas, — getauft zu Frojach, — geboren unter dem Zeichen der Waag, gegen Morgen, eine Stunde vor Tags, — gut gezeigt". kHauptstadtpfarre-Archiv.) 173 Im Jahre 1593 erhielt der Erzherzog Ernst eine an¬ dere Bestimmung: der König von Spanien übertrug ihm die Verwaltung der Niederlande. An seine Stelle kam als Lan¬ desverweser sein Bruder, Erzherzog Marimilian, zugleich Hoch- nnd Deutschmeister. In den Beziehungen der Protestanten zur Regierung änderte sich aber hierdurch nichts: Marimilian handelte im Geiste seines Vorgängers, und die Protestanten glaubten auf eine bloß stellvertretende Regierung noch weni¬ ger achten zu dürfen. So ist die kurze Landesvcrwaltung des Erzherzog Marimilian in religiöser Bestellung nur eine unun¬ terbrochene Reihe von gegenseitigen Beschwerden, die von bei¬ den Seiten an den Kaiser zu Prag gelangten, der aber nur in wenig kräftigen Erlässen beide Theile zu beschwichtigen und zur Nachgiebigkeit zu stimmen suchte; was für die Regierung nachtheilig, — weil bei den Protestanten ohne Erfolg war. Das oben angeführte Lieblingslied der Protestanten um des¬ sen Abstellung sich schon Erzherzog Ernst bemüht hatte, wurde jetzt noch häufiger und lauter abgesungen; dann fallen auch die maßlosen öffentlichen Schmähungen gegen die katholische Kirche von Seite der Stiftsmänner Fischer und Zimmermann, wovon oben die Rede war, in diese Zeit. Dagegen hatte der traurige Zustand der inncrösterrcichi- schen Länder die Aufmerksamkeit des Oberhauptes der Kirche auf sich gezogen. Papst Klemens Vlil, erließ 1592 wenige Tage nach seiner Erwählung an Erzherzog Ernst ein Breve, worin er ihn zur Wachsamkeit gegen die Fortschritte der Irr¬ lehre ermahnt. Zugleich trug der Papst dem Patriachen von Aquileja und dem Erzbischöfe von Salzburg eine Kirchenvi¬ sitation in den erzherzoglichen Gebieten auf Ueber Ersu¬ chen des Papsts hat der Erzherzog Marimilian den Kirchen¬ fürsten seine Unterstützung zugesichekt, und den Patriachen tz Casar 7, 37S. 174 von Aquileja noch besonders auf die nachlässigen Pfarrer zu Cilli und Stein aufmerksam gemacht. Der Bischof vou Seckau übernahm die Visitation sowohl in seinem eigenen klei¬ nen Sprengel, als auch für die Salzburger Diöcese in der Steiermark. Als er aber auf des Erzherzogs Anordnung zu Cilli, statt des bisherigen lutherischen, einen katholischen Ma¬ gistrat einsetzte, nahmen das die protestantischen Stände so übel auf, daß sie bei dem Landpfleger, obwohl es auf des¬ sen Befehl geschehen war, dagegen eine Beschwerde ein¬ legten H. 22. Ferdinands II. Rückkehr in sein Land. Da Erzherzog Maximilian bald nach Antritt seiner Ad¬ ministration 1594 auf Befehl des Kaisers als Heerführer in den neu ausgebrocheucn Türkenkrieg ziehen mußte, so wurde die Abberufung des künftigen Landesfürsten aus den Studien in Ingolstadt beschleunigt, und er traf nach fünfjähriger Ab¬ wesenheit, im März l595 in Gratz wieder ein. In diesen fünf Jahren hatte sich aber der religiöse Zustand zu Gratz sehr zum Schlimmen gewendet, und die Zahl der Protestan¬ ten so vermehrt, daß sich bei den Protestanten die boshaft¬ witzige Sage bilden konnte: — beim Antritte der Regierung Ferdinands habe am Osterfeste außer ihm und einigen Hof¬ leuten, nur noch der Scharfrichter die heil. Kommunion empfangen H. Wie von einer unheimlichen Ahnung aufge¬ regt, — finden wir die Prädikanten in Steiermark bei der Ankunft Ferdinands äußerst rührig. si Khevenhiller S. 1199. 2) Klein, 4, 3l6. 175 Gegen den Willen ihrer Angehörigen, insbesondere der protestantischen Stände, „haben sie das Lenliren (lästern, wahrscheinlich vom italienischen senZIinre, — aufschneiden) ans den Kanzeln und in der Konversation so geübt, daß Herr Hofmann, (der eifrige Beförderer des Protestantismus), in öffentlichem Landtag prophezeite: „„Unsere Gottschändigen Prädikanten werden uns noch um Kanzel, Schul und Kirchen bringen"". Und als auch die Landherren daselbsten ihre eige¬ nen Prädikanten um Gottes Willen gebeten, sie sollten be- scheidentlicher verfahren, und sich des übermäßigen Scalirens enthalten, gaben sie straks zur Antwort, sie kirnten der Sa¬ chen anderst nicht thun, weil sie zu diesem Eifer durch die Kraft des heil. Geistes getrieben würden, welches dann zur Vornehmung der Reformation und der Prädikantcn-Abschaffung einen großen Vorschub verursacht -). Im Sommer 1596 erreichte Ferdinand seine Vogtbar- keit (Volljährigkeit), und es handelte sich nun um die Huldi¬ gung der Erbländcr. Die protestantischen Stände machten zwar, wie man nicht anders erwartet hatte, einige Schwie¬ rigkeiten, und verlangten die Gewährleistung freier Religions¬ übung, laut des Bruckervertrages von 1578. Ueberhaupt be¬ riefen sie sich bei jeder Gelegenheit auf jenen Vertrag, ob¬ schon es einerseits klar war, daß die Nachfolger Karl's durch denselben nicht gebunden waren, da Karl die Worte „meine Erben" eigenhändig ausgestrichen hatte, — und anderseits die Gränzen jenes Vertrages längst von den Protestanten nach allen Seiten hin überschritten worden waren. Doch ging die Huldigung zu Gratz am 12. Dezember 1596 ungestört und mit großem Glanze vor sich °). Khevenhiller 1355. Cäsar 7. 236. 176 23. Die wahre Reformation durch Ferdinand. Die Zeit, in die wir hier Hinblicken ist ein Wendepunkt der Geschichte, wodurch das religiöse und wohl auch das po¬ litische Schicksal der Steiermark, — und der damit verbun¬ denen Provinzen, — ja der österreichischen Gesammtlande für alle Zukunft hin entschieden wurde. Es ist die Rück¬ kehr zum katholischen Glauben, — Die wahre Reformation. Schwer,—ja unmöglich schien die Ausführung, und nur Wenige waren es, die die Sache doch eines Versuchs werth hielten, noch Wenigerer die einen glücklichen Erfolg erwarteten. Der gläubige, fromme, gottvertrauende Ferdinand unternahm und vollzog die That, ohne den rechtlichen und sittlichen Standpunkt irgendwie zu verlassen, — ohne An¬ wendung irgend eines tadelswerthen Mittels, — und dafür steht er, — man kann cs ohne Uebertreibung behaupten, — in der ganzen Weltgeschichte als der bcst- verleumdete Mann da, so daß der Versuch seiner Ehren¬ rettung einen Geschichtsschreiber selbst vor den Augen man¬ cher Katholiken schon verdächtig macht. So sehr ist die Geschichte in der protestantischen Anschauung befangen, — durch Lüge und Entstellung ver¬ wirrt, — nur vom Hasse gegen die katholische Kirche diktirt. Möchten die vorliegenden Blätter Einiges zum bessern Vcrständniß beitragen! Um die nämliche Zeit als die Huldigung zu Gratz stattfand, sollte auf Anordnung des Erzherzogs, auf dessen Pfarre zu Mitterndorf der eingedrungcne Prädikant abge¬ schafft, und ein katholischer Pfarrer eingesetzt werden. Dazu wurden der Abt von Admont, der Pfarrer an der Pirk, und der Pfleger zu Wolkenstein abgeordnet. Aber „sie wurden 177 empfangen, wie andere Kommissarii zu Erzherzog Larsli Leb¬ zeiten seyn traktirt worden. Als sie daselbst angekommen, ward ein großer Auflauf der ganzen Nachbarschaft, schwuren sammt den Prädikanten, einen Religionseid, daß sie eher Leib, Gut und Blut bei einander lassen, als der Reformation statt- thun wollten. Da nun die Kommissarien dem angehenden Pfarrer die Kirche zu übergeben vermeinten, erhub sich ein Geschreu: Hinaus mit den papistischen Dieben, hinaus mit den papistischen Mönchen und Pfaffen, hinaus mit den anti- christischen Schelmen! Sie griffen über das zu den Wehren, Penglen und Zaunstecken, es war ein großes Getümmel, tob¬ ten und wüthetcn; — des Pflegers Schreiber und zween Ad- montische Reiterknechte wurden sehr übel geschlagen und ver¬ wundet, kaum daß die Herren Kommiffarii in die Sakristei entwischten. Als man an der Thür stürmte, da begehrte der Pfleger durch ein vergittertes Fenster Fried und Geleit, dem ward mit einem Büchsenschuß geantwortet. Als endlich die Schlüssel fürkammen, und den Rebellen überantwortet wor¬ den, hat sich der Hanf verloffen, und seynd die Kommiffa- rien herausgegangen, aber nicht ohne Gefahr Leibs und Lebens und sind wohlabgeschmiert wieder nach Haus ver¬ reist" °). Aehnliches geschah im Mai 1598 zu Radkersburg, wo¬ bei auch nicht unbedeutende demokratische Elemente zum Vor¬ schein kamen. Wegen vielfältigen Ungehorsam sollten dort zwei weltliche Kommissäre, nebst dem landesfürstlichen Ver¬ walter der Herrschaft Radkersburg, den dortigen Stadtpfar¬ rer zu einem fürstlichen Anwalt einsetzen, und in dem politi¬ schen Stadtwcsen nothwendige Verbesserungen vornehmen. Um die Sache mit weniger Aufsehen abzuthun, wurden der Stadt- h Nosolenz Bl. 17. 2) Khevenhiller 1552. 12 178 richter,' der Stadtschreiber und etliche vom Rathe in das lan¬ desfürstliche Schloß Oberradkersburg beschicken. Sie erschie¬ nen aber auf wicderhohlte Vorladung nicht, und zwangen so die Kommissäre, die Verhandlung in der Stadt vorzunehmen, wo unterdessen das Volk aufgewiegelt worden war. Als die Abgeordneten einen Rathsherrn seiner Stelle entließen, und dieser, damit ganz zufrieden, sich entfernen wollte, brach der Sturm des versammelten Pöbels los. Es galt vor Allem dem Pfarrer, der an der Seite der Kommissäre stand: „Straks fort mit dem Pfaffen, Heist es, sonst wollen sie ihn zum Fen¬ ster hinaus werfen". Als die Kommissäre Miene machten die Aufwiegler aus der tobenden Menge zu bezeichnen, riefen alle zusammen, und hoben, wie zum Eide die Finger in die Höhe, daß sie sich nicht von einander separiren lassen, daß sie alle für einen Mann stehen wollen. Es blieb den Kom¬ missären nichts übrig, als sich vom Rathhause weg zu bege¬ ben. Sie nahmen den Pfarrer in die Mitte, und brachten ihn nur mit Mühe aus der Gefahr, während die Menge schrie: „Mit den Pfaffen an den Galgen". Als nachher ver¬ lautete, der Landesfürst werde Kriegsvolk in die Stadt legen, rüsteten sich die Radkersburger zur Gegenwehr und vermein¬ ten auch durch die Gränitzer und benachbarten ungarischen Arianer, der Religion halber, beschützt zu werden. Um dieselbe Zeit kam auf seiner Reise nach Baiern der apostolische Nuntius Graf Portia durch Eisenerz und nahm dort sein Nachtlager. „Da schmeckten die evangelischen Eisen¬ erzer einen Papisten" und rotteten sich bewaffnet um das Gasthaus. Als ein deutscher Diener mit der Ausrede, es sey ein weltlicher Herr, der im Auftrage des Erzherzogs reise, die Menge beschwichtigen wollte, fing man an zu spotten: „Was Erzherzog Ferdinand! Wir sind Herren allhier!" Die Dienerschaft ahnte Schlimmes, wenn der Herr erkannt würde, ließ Wein auftragen, und nachdem die Bezechten nach und 179 nach in Schlaf verfielen, zogen .sie noch in der Nacht still weiter. Auch zu Klöch kamen arge Gewaltthätigkeiten vor; dem Pfarrer wurden die Urbanen nnd Stiftbriefe genommen, und die Kirchenornate zerrissen. In Halbenrain bewarf man den Vikar sogar am Altäre, unter Gotteslästerung mit Stei¬ nen i). Solches Treiben konnte der Landesfürst unmöglich län¬ ger dulden, denn es war nicht mehr nur die Religion und Kirche, sondern auch die öffentliche Ruhe in hohem Grade gefährdet "), und cs war zu erwägen, „daß der Landesfürst seiner eigenen Städte, Märkte und Pfarren nicht mehr mäch¬ tig war, und daß unter dem Scheine der Religion eine jegliche Rebell-ion ihr hätte eine Farbe anstreichen können ^). Daß billige Zugeständnisse an die Protestanten nicht das geeignete Mittel zur Beruhigung des Landes waren, davon konnte sich Ferdinand aus der drangvollen Regierung seines Vaters hinreichend überzeugen. Halbe Maßregeln tra¬ gen gewöhnlich denKeimdesVerderbens in sich, — und so war Ferdinand fest entschlossen, die katholische Religion in seinen Erblanden von Grund aus wieder herzustellen. Aber nicht mit unüberlegter Hast ging er an das eben so große als schwierige Werk. Eine fromme Wallfahrt nach dem Gnadenorte der Gottesmutter zu Loretto, und nach Rom h Rosolenz 19. ") Auch in dieser Richtung ist der Geist des Protestantismus sich völlig gleich geblieben. Noch in diesem Jahre (1859) droht die A. Allg. Z. Nr. 220, Laß „von der gerechten Lösung der dringenden Frage der Parilätsrechte für Nichtkatholikcn die innere Ruhe der Monar¬ chie abhängt". (!) b) Khevenhiller S. 1718. 12 * — 180 — sollte demselben vorausgehen. Er unternahm die Reise im Frühjahre 1598. Es ist wahrhaft zu verwundern, wie diese Wallfahrt Ferdinands, die sich doch aus dem Drange eines gläubigen katholischen Gemüthes so einfach erklären läßt, so mannigfach verdächtiget, und selbst von heimischen Geschichtschreibern mi߬ deutet worden ist. Auch der Vater der steiermärkischen Ge¬ schichte Aquil. Cäsar schreibt: „Er reiste in Geheim nach Rom, allwo er sich mit Klemens VIII. röm. Papste unter¬ redete, welche Maßregeln er zur Vertilgung der verwirrten neuen Lehre in seinen Ländern ergreifen solle" H. Unter „rei¬ sen in Geheim" ist aber nur soviel zu verstehen, als man jetzt mit „ineoAistto reisen" besagt; — er hatte bei 40 Per¬ sonen in seinem Gefolge. Daß ferner der Erzherzog nicht zu Rom, sondern zu Ferrara deu Papst begrüßte, und daß von dem Vorhaben Ferdinands in Betreff der Protestanten dabei gar keine Rede war, erweist Hurter aus Briefen und an¬ dern Dokumenten aufs klarste. Nach protestantischen Grün¬ dungen 3) nahm aber der Papst dem zaghaften Ferdinand sogar einen feierlichen Eid zur Vertilgung aller Ketzer ab. Dagegen erzählt einfach und wahrheitsgetreu sein Beichtvater, Ferdi¬ nand habe im Heiligthume zu Loretto Gott gelobt, er werde, — auch mit Einsetzung seines Lebens, — aus Steiermark, Kärnten und Kram die Sekten und ihre Lehrer abschaffen H. Wäre es aber auch, daß der Papst den jungen katholischen Fürsten zu diesem Unternehmen ermuntert hätte, so läge darin nichts Tadelswerthes, außer wenn man der Lüge, von einer Vernichtung der Ketzer mit Feuer und Schwert, wovon die Geschichte nicht die leiseste Spur aufweist, Glauben schenkt. si Cäsar 7, 241. 2) Hurter III. 415 ff. s) Findet sich zuerst in llnnnveri Relutio xsrsecutionis guss in 8tirin etc. ch I/UinorniLiil S. 2. 181 Nach seiner Rückkehr von Rom begann er die Gegen¬ reformation, und wurde hierbei, wie billig, durch die Bischöfe von Seckau und Lavant auf das kräftigste unterstützt. 24. Die Fürstbischöfe Martin Brenner und Georg Itobiius. In großen Ereignissen der Geschichte treten gewöhnlich auch große Männer hervor; oder vielmehr ist es die göttli¬ che Vorsehung, die den gewaltsamen Bestrebungen menschlicher Leidenschaften durch erleuchtete und thatkräftige Männer, als ihre menschlichen Werkzeuge, lenkend entgegcntritt. Ferdinand hätte ohne die aufopfernde Mitwirkung und den Seeleneifer der kirchlichen Oberhirten das große Werk nimmer durchfüh¬ ren können; denn er konnte wohl die äußern feindseligen Ele¬ mente, die auf der Kirche lasteten, wcgräumen; —> aber die eben so nöthige Erneuerung und Kräftigung der Religion in den Seelen der Verirrten und Verführten bewirken, — kann nur die geistliche Gewalt. Zu diesem Zwecke erweckte die Vor¬ sehung die beiden obgenannten großen Kirchenfürsten. Martin Brenner H war im Jahre 1548 in dem schwä¬ bischen Markte Dietenheim an der Iller geboren Rosolenz entwirft von ihm folgendes Bild: „Er war ein hocherfahr¬ ner, demüthiger, gottesfürchtiger, exemplarischer Fürst und Herr, mit einem rechten aufrichtigen deutschen Herzen begabt, welcher von Jugend auf sich in hohen Schulen Deutsch- und Welschlands hat finden lassen, nämlich zu Ingolstadt, Padua, Bologna und Pavia, in welchen hohen Schulen er Ilwses >) Wird auch „Prenncr" geschrieben, jedoch häufiger in obiger Weise, k. Nuriun in ^.ustr. suern schreibt: Martin von Brenner. ?) Unweit davon, in Oberkirchberg, erblickte auch der Fürstbischof von Seckau Roman Zängerle das Licht der Welt. 182 xdilo8oxliiea8 und tli6olo8ien8 publioi8 tWi8 6xeu88O8 mit hohem Lob und Verwunderung oppugniert und defendiert. UnAwtor nrtiuw ist er zu Dilling en, Lg.ccnIaur6U8 HisoloZiss zu Padua und voetor HiooloMB zu Pavia geworden. Nach solchem hat der Erzbischof zu Salzburg ihn zu einem Stadt¬ pfarrer daselbst deputiert und letztlich Lamo 1585 zum Bi¬ schof gen Seckau verordnet" '). Der Erzbischof von Salzburg hatte die trefflichen Eigenschaften Brenners wahrscheinlich kennen gelernt, als dieser seit 1575 Erzieher des Grafen Wolf¬ gang von Montfort, und der 3 Söhne des Grafen Fugger war. Er kam am 24. Mai 1585 als Fürstbischof von Seckau in die Steiermark und sein erstes Unternehmen war, seinen eigenen kleinen Sprengel, — dann, als General-Vikar des Erzbischofs, — auch die übrigen Pfarren zu visttiren. Er be¬ saß das Vertrauen der Erzherzoge Karl und Ferdinand im hohen Grade, die ihm verschiedene wichtige Gesandtschaften und politische Geschäfte übertrugen. Sein Hauptverdienst aber ist die Zurückführung der Steiermark aus den Banden der Irrlehre zum katholischen Glauben, woher er den Beinamen der Apostel der Steiermark, und auch: „Ketzerham¬ mer" (wnIl6U8 ÜMötieoruin) erhalten hat, mit welchem auch der heil. Hieronymus bezeichnet worden ist, und zwar in dem Sinne, daß er durch die zermalmende Kraft seines Wortes die Jrrthümer der Häresie bloßzustellen verstand. Zu diesem Zwecke führte er auch die Hauptschriften der Gegner: das Konkordienbnch, die Werke Luthers und dessen Übersetzung der heil. Schrift auf seinen Missions- und Visitationsreisen be¬ ständig mit sich. Daraus ist auch erklärlich, daß die Pro¬ testanten, vor Allen David Rungius °) ihn beschuldigen, er tz Nosolenz B. 33. Rosolenz B. 104. 2) David Nunzius, Von der tyrannischen Päpstlichen Verfolgung des heil. Evangeliums. Bl. 22. 183 habe die Augsburgische Konfession gelästert, denn es ist eine bekannte Sache, daß bei den Protestanten eine gründliche Wi¬ derlegung ihrer Lehren auch jetzt noch „Lästerung" dersel¬ ben heißt. Von seiner segensvollen Wirksamkeit für die Wiederher¬ stellung der Religion wird später noch öfters die Rede seyn. Aber auch die zeitliche Ausstattung und Befestigung des Bis- thums nach den Bedürfnissen der Zeit erhielt unter ihm man¬ chen Zuwachs. So wurde vom Salzburger Erzbischöfe die Herrschaft Seckau dem Seckauer Bisthume geschenkt, und Bi¬ schof Brenner legte auf dem dazu gehörigen Schlosse eine Rüstkammer an, aus welcher 600 Mann konnten bewaffnet werden. Nachdem er durch 30 Jahre in einer so hochwichti¬ gen Zeit den Hirtenstab geführt, legte er 1615 denselben nie¬ der, um sich für den Hingang in die Ewigkeit, welcher ein Jahr darauf schon erfolgte, vorzubereiten. Er liegt in dem damals zum Bisthume gehörigen Schlöffe Retzhof, unweit Leibnitz begraben. Sein Andenken ist auch in einer Medaille erhalten, welche sein Brustbild im geistlichen Gewände dar¬ stellt, mit der Umschrift: Nartiuus I). Lpiseox. Leeeovis. Auf dem Rv. im Felde Schwert und Bischofsstab über's Kreuz gelegt mit der Umschrift: ?ro Deo et katrin. 1612 '). An Druckschriften sind von ihm vorhanden: Die lateinische Rede bei der Ordination des Erzherzogs Leopold, jedoch in weitcrm Umfange (58 Seiten), als sie mündlich gehalten wurde; dann: Bericht von der Kommunion, und: Traktat vom Stande der klösterlichen Jungfrauen. Eben so erfolgreich wie Bischof Brenner hat in die große Angelegenheit der Gegenreformation Angegriffen: Georg Sto- bäus von Palmburg, Bischof von Lavaut, jedoch in an¬ derer Weise. Während jener durch Wort und That, durch >) Bergmann, Medaillen ausgez. Männer ll. 49. 184 Visitationen, Belehrung und Anordnung, unmittelbar die Hä¬ resie bekämpfte, und die kirchliche Ordnung wieder herstellte, hat Stobäus mehr durch seine weisen Rathschläge, — die er dem Erzherzog gab, — und wo es nöthig war, durch ermun¬ ternden Zuspruch, der guten Sache gedient. Er war von ade¬ ligem Geschlechte aus Preußen, hatte in Rom seine Bildung erhalten, und war Domdechant zu Briren, als er 1584 auf das Bisthum von Lavant, welches durch 12 Jahre verwaist gewesen war, berufen wurde. Er war ein Mann von glü¬ hendem Eifer für die katholische Religion, und verband mit einer für jene Zeit nicht gewöhnlichen Bildung und Gelehr¬ samkeit, einen hohen Grad von Klugheit, Gewandtheit, Men- schenkenntniß, Welterfahrung und Charakterfestigkeit ^). Der Erzherzog Ferdinand ernannte ihn bald nach seiner Ankunft in Gratz, zum Statthalter alldort 1597, und hatte an ihm seinen bewährtesten Rathgeber. Auch der wichtigste Akt Ferdi¬ nands — die Gegenreformation, — wurde so durchgeführt, wie es Stobäus, unter Anführung der Gründe, am zweck¬ mäßigsten erachtet hatte. Davon geben noch dessen gesammel¬ ten Briefe Zeugniß Wir führen aus denselben Einiges an. Der päpstliche Nuntius hatte dem Erzherzoge eine Schrift übergeben, worin die Einführung der Inquisition in den in¬ nerösterreichischen Ländern beantragt war. Das abverlangte Gutachten des Bischofs Stobäus lautet dahin: Es ist zu un¬ terscheiden zwischen den deutschen Provinzen: Steiermark, Kärnten und Kram, und zwischen den Gebieten am adriati- schen Meere. In welcher Weise die Einführung der Inqui¬ sition in den deutschen Provinzen nur möglich sey, sieht er nicht ein. Denn was soll, was kann man inquiriren dort, wo Alle offen der Häresie anhängen, und frei ss Tangl, Reihe der Bischöfe von Lavant. S. 2S4. si KeorZii Ltobvsi äs kalmadurgo ltPistoles aä äivsrsos. Venstiis 1749. 185 dem Luther huldigen? Oder wenn man inquiriren will, -— wie will man dann diejenigen vor Gericht stellen, die das Gericht und das Kriegswesen in ihrer Hand haben. Denn bis jetzt ist die eine und die andere Gewalt bei den Akatho- lischen. Es kann hier demnach die Inquisition in keinem Falle nützen, wohl aber viel schaden. Denn bei dieser Gelegenheit könnten uns die Sektirer leicht Trauerspiele vorführen, wenn sie wollten. Daß sie aber wollen, wird Niemand zweifeln, der ihren Geist kennt. Uebrigens ist es der Zweck der Inquisi¬ tion, die Ketzer hindanzuhalten von den Gränzen, oder wenn sie bereits eingeschlichen sind, die Verbreitung zu verhüten. In jenen Provinzen aber haben sie bereits überhand genom¬ men und herrschen dort; — es käme die Inquisition zu spät. Im italienischen Gebiete, wohin die Ketzerei noch nicht gedrun¬ gen, könne man sie allenfalls zur Vorsicht einführen H. Besonders merkwürdig ist für uns aber jenes Schreiben, worin Stobäus auf die Frage des Erzherzogs: ob und wie die Gegenreformation in Angriff genommen und glücklich zu Ende geführt werden könnte "). Stobäus will seine Ansicht nach folgenden Punkten darlegen: I. Ob die Zeit für diese Reformation geeignet; 2. auf welche Weise sie vorzunehmen; 3. wo der Anfang zu machen sey. In Betreff des ersten Punktes wird es nicht an solchen fehlen, die da meinen, jetzt, wo der Türkenkrieg noch dauert, soll man in Religionssachen keine Bewegung Hervorrufen, da¬ mit nicht zu den bestehenden Drangsalen neue hinznkommen. Aber das ist ein von Kleinmüthigkeit Angegebener, der katho¬ lischen Sache nachtheiligcr Rath: denn die Sektirer würden nimmer so viel vermögen, wenn die Katholiken nicht so furcht¬ sam wären. Und warum sollen sie nicht vielmehr uns, als Ltodoei Dpistolss x. 29. ?) Ltoboei Lxistolss x. 16 ff. 186 wir sie fürchten? Die Häretiker setzen auch während dieser Kriegszeit zum Verderben unserer Religion alles in Bewegung, und die Katholiken sollen gegen sie nichts unternehmen? — Nun über die Art und Weise: — Hierüber gibt es ver¬ schiedene Ansichten. Die Einen wollen mit den Waffen, An¬ dere mit Schmeicheleien, wieder Andere mittelst öffentlicher Disputationen die Reformation durchführen. Zu den Waffen rufen jene, die da meinen, die Ketzerei habe sich bereits so allgemein und so fest eingewurzelt, daß sie nur mit äußerster Gewalt wird ausgerottet werden können. Die zu Schmeiche¬ leien rathen, glauben, daß man mit Schönthun die gereihten Gemüther besänftigen und an sich ziehen müsse. Was endlich die Disputationen betrifft, so sey dieß das einzige Mittel, wahre Ueberzeugung zu bewirken. Weit entfernt von allen diesen Ansichten ist die des Bi¬ schofs. Das Waffenglück zu versuchen, erscheint ihm als ein wahnwitziges und gefahrvolles Mittel, — das Schönthun und Disputationen eine kindische Spielerei in so ernsthafter Sache. Man habe die beiden letztem Mittel oft angcwendet, was haben sie gefruchtet? — Die beste Rcformationsweise aber ist, daß der Erzherzog ohne Waffengeklirr und künstliche An¬ schläge sein von Gott ihm verliehenes fürstliches Ansehen ein setze, und befehle, daß alle seine Unter¬ themen katholisch seyn, und die das nicht wollen, über die Gränzen ziehen müssen. Denn eine wunderbare Macht liegt in dem fürstlichen Ansehen, insbesondere in so ernsten und heiligen Dingen; die Bösen werden mit Furcht, die Guten mit Ehrfurcht erfüllt. Nur muß sich der Landesfürst auch die Herzen der Unterthanen zu gewinnen wissen, was insbesondere durcb gute, das allgemeine Wohl fördernde Einrichtungen er¬ zielt wird. Endlich, wo soll man mit der Reformation beginnen? — Unter allen Ständen herrscht die Häresie, es ist nicht mög- 187 lich alle auf einmal zurückzuführen. Nicht mit den Adeligen, oder mit den Bürgern, oder mit dem Landvolke, sondern mit den Prädikanten ist der Anfang zu machen. Auch nicht mit allen Prädikanten auf einmal, denn ihre Zahl ist zn groß; sondern mit denen zu Gratz, welche die Führer der übrigen sind. Ihnen muß fest und bestimmt befohlen werden, daß sie in kurzer anberaumter Frist das Land räumen; — die Un¬ gehorsamen sind mit strenger, selbst mit Todesstrafe zu be¬ drohen. — Der Bischof fügt bei, er könne dem Erzherzog gewissermaßen im prophetischen Geiste die Versicherung aus¬ sprechen, daß in ganz kurzer Zeit seine Länder dem katholischen Glauben wieder znrückgegeben seyn werden. Uebrigens, schließt der Bischof, kann man immerhin zur Sicherung der Ordnung und Ruhe, ein Paar hundert katholische Soldaten in die Stadt legen. Der Erzherzog hat auch, wie wir gleich sehen werden, hiernach seine Maßregeln getroffen. 25. Beginn der Gegenreformation in Grah. Durch die entschiedene feste Haltung des Landesfürsten den Protestanten gegenüber, aufgemuntcrt, faßte auch der ka¬ tholische Klerus Muth und Vertrauen zur Vertheidigung sei¬ ner von den Sektirern so vielfach verletzten Rechte. An die Stadtpfarre zu Gratz wurde eben zi^^chter Zeit ein that- krästiger Mann, Lorenz SonabendH^brufen. Bald nach seinem Antritte erließ er den 13. August 1598 ein Schrei¬ ben an die Prädikanten des lutherischen Stiftes zu Gratz, mit einem Verweise, daß sie sich erkühnen, in einen fremden Schafstall einzudringen, da sie zu Gratz ohne Vollmacht tau¬ fen, das Abendmahl austheilen. Tobte begraben, Ehen ein¬ segnen u. dgl.; würden sie davon nicht abstehen, so sehe er 188 sich zu schärferen Maßregeln genöthiget. Dieses Begehren des Stadtpfarrers wurde von den Prädikanten als eine An¬ massung mit Hohn abgewiesen, und ihm bedeutet, daß er sich bei den Verordneten des Landes anfragen möge. Der Stadt¬ pfarrer wandte sich an die Verordneten, die aber sein Begeh¬ ren als Störung des Friedens erklärten, und die Sache auf einen Landtag schoben. Jetzt zeigte der Pfarrer das Geschehene dem Erzherzog an Nun begannen die ewig denkwürdigen Maßregeln Fer¬ dinands, und wurden mit einem Erfolge gekrönt, der selbst die kühnsten Hoffnungen übertraf. Am 13. September 1598 erließ er an den Landeshauptmann und die Verordneten ein Dekret, in welchem ihnen alles Ernstes auferlcgt wurde, daß sie ihre Stiftprädikanten, und das ganze Stift-, Kirchen- und Schul-Erercitium, sowohl zu Gratz als zu Judenburg, und in allen landesfürstlichen Städten und Märkten und deren Bezirken, innerhalb 14 Tagen abthun und abschaffen, auch die unterhaltenen Prädikanten und Diener anweisen, inner¬ halb dieses Termines die landesfürstlichen Länder zu räumen und sich darin keineswegs weiter betreten zu lassen, und die Verordneten sollen sich der Bestallung solcher Personen für¬ derhin gänzlich enthalten. Die protestantischen Stände waren aber schon seit der Regierung Karl's zu sehr gewohnt, sich durch solche Zumu- thungen nicht beirren zu lassen; so achteten sie auch dieses Befehles nicht, soiMrn machten in gewohnter Weise schrift¬ liche — Ferdinand antwortete ihnen hier¬ auf mit Erneuerung seines unwiderruflichen Befehles; und erließ am 23. September ein Dekret an die Stiftsprädikan- ten, Schulrektoren und Schuldiener, daß sie sich in Kraft des fürstlichen Dekretes, von Stund an alles Predigens und Schul¬ tz Aquil. Cäsar 7, 381. 189 haltens gänzlich enthalten, nnd binnen acht Tagen alle Erb- lande ränmen sollen. Der erste Theil des Befehles wurde nnn zwar beachtet, aber zum Weiterziehen machten sie nicht die geringste Anstalt. Sie vertrauten dabei auf den Schutz ihrer Herren, und cs machte sich eine unheimliche Spannung bemerkbar. — Ferdinand fand es gerathen den gesetzten Termin abzu¬ kürzen; er beordnete den Christoph Paradeiser, als Stadt¬ hauptmann, mit einem Fähnlein Soldaten die Stadt zu be¬ setzen, verstärkte auch die Besatzung auf dem Schloßberge, und ließ am 28. September Vormittag den Befehl anschla¬ gen: „daß die Prädikanten sich noch bei scheinen¬ der Sonne ans derStadtGratz lind deren Burg- fr ied gewißlich erheben, und innerhalb acht Tagen Ihrer fürstl. Durchlaucht Lande gewißlich räumen, und sich weiter darinnen bei Verlust ihres Leibs und Lebens nit be¬ treiben kaffen sollen, damit Ihre fürstl. Durchlaucht nit ver¬ ursacht werden, die vorbedrohte Straf wirklich erequieren zu lassen" H. Sie zogen nun hinaus aus Gratz, wo im Stifft ihrer 19 beisammen waren "), und bald folgten ihnen die Prädikanten von Judenburg und andern Städten. — Das war am Vorabende des Michaelifestes, und als man dem Erzherzog die Nachricht brachte, sein Befehl sey vollzogen, — die «katholischen Dok¬ toren hätten Gratz verlassen, sprach er die Worte des Psal- mes: „Nicht uns Herr! nicht uns, — Deinem Namen ge¬ bührt die Ehre", zog sich sogleich in sein Gemach zurück, und erstattete Gott auf den Knien in tiefster Demuth seinen Dank °). Nosolenz Bl. 24. 2) Nicker. Krsseiuni topogr. p. 78. s) l,s.iiwrmLm p. 57. 190 So war der Anfang gemacht, nnd damit schon das Schwierigste gegen alle Erwartung vollbracht; die Katholiken waren darüber freudig erstaunt, die Gegner überrascht und entmuthigt. So gingen 3 Monate in dumpfer Ruhe vorüber. Im Jänner 1599 aber kam der Landtag zusammen. Es war voraus zu sehen, daß die protestantischen Stände das Geschehene aufgreifen, und die verlangte Türkenhilfe von der Zurücknahme jener Maßregeln abhängig machen würden. Aber die Festigkeit des Erzherzogs in seinen Grundsätzen und dem landesfürstlicheu Rechte einerseits, — so wst andererseits seine Milde in Anwendung dieser Rechte, überwand alle Schwie¬ rigkeiten. Den in einer weitläufigen Schrift eingebrachten Be¬ schwerden der Stände, antwortet er in einer ausführlichen Darlegung des Zustandes, in welchen seine Länder durch die gewaltsame Einführung der Neuerungen gekommen waren, und fügte die entschiedene Erklärung bei, er werde bei seinem Vorhaben bis in den Tod verharren. Als aber darauf bei Ueberreichung einer Gegenvorstel¬ lung der Untermarschall, Ehrenreich von Saurau, „eine solche scharfe, giftige und vermessene Rede" vor dem Landesfürsten und den geheimen Räthen hielt, daß er die kirchliche Herstellung „eine jämmerliche perseeution, und Bedrängnuß der Gewissen" nannte, — die ständischen Pri¬ vilegien so weit ausdchnte, daß er daraus „eine Republick machen wollte" — endlich dem Landesfürsten mit den feind¬ lichen Venecianern, Ungarn, und Reichsständen drohte, und das Beispiel des Abfalles der Schweitzer und Niederländer vorhielt, — so daß selbst diejenigen, die denselben zum Spre¬ chen aufgestachelt hatten, darob erschrocken und stch schämten; die geheimen Räthe aber der Meinung waren, „man solle ihn in Arrest nehmen"; — da ließ dennoch Ferdinand den 191 Frevel auf sich beruhen, — „Ihrer fürstl. Durchlaucht Fromb- keit hat es alles mit Geduld übertragen" ^). Endlich ließ der Landtag den Religionsstreit fallen, und ging in die Anträge des Landesherrn ein, jedoch unter der Verwahrung, daß dieß ihrer Religionsfreiheit nicht nach¬ theilig seyn dürfe. Diese Verwahrung wurde eingelegt, weil man immer noch hoffte, der Erzherzog werde seine Verfügung für die Dauer nicht durchsetzen können. Daher schliechen sich noch dann nnd wann Prädikanten in Gratz ein, nm im Bet¬ hanse des Stiftes gelegentlich ihre Funktion vorzunehmen; wie es z. B. bei dem Tode einer Frau geschah, wo ein öf¬ fentliches Leichenbegängniß nach protestantischer Weise gehal¬ ten wurde. Da aber Ferdinand das Aufhörcn des akatholi- schen Kultus für Gratz als eine vollendete Thatsache anerkannt wissen wollte, so befahl er, die Schlüssel der Stift¬ kirche abznverlangen. Als diese ans wiederholte Aufforderung nicht heransgegeben wurden, ließ er die Kirche durch drei sei¬ ner Räthe mit Gewalt einnehmen und sperren. Dieses Verfahren, das eine nothwendige Folge der frü¬ heren Anordnungen war, hat Anlaß gegeben zu der Meinung, die sich vielfach auch in einheimischen Nachrichten findet, daß das Stiftgebände den Ständen, deren Eigcnthum es war, mitGewalt entrissen worden sey, um es in ein Klo¬ ster zu umstalten. Dem ist jedoch nicht so, wie man sich schon aus der Stiftungsurknnde -) des Klarisserinnen-Klosters hätte überzeugen können Dort heißt es: „Als das Stift mit tz Rosolenz Bl. 25. Khevenhiller 2057. Lnmorrnnm 73. 2) Hercog LosmogiÄplus. ^.ustr.-^rnnciscanir. S. 743, wo auch eine Abbildung des Klarisserinnen Klosters beigegeben ist. °) Der Stistbrief in Abschrift in der Registratur der k. k. Finanz-Lan- des-Direktion in Gratz. 192 der altkatholischen Kirche Allerheiligen leer wurde, haben wir uns um deren Erhandln ng willen bei der Landschaft angemcldet, bat sie (die Landschaft) nns aber sol¬ che Behausung sammt der Kirche stracks, willfährig, frei, und gutwillig, zu unserm dankwürdigeu Gefallen in Gehorsam über- und in koks68, neben allen dazu gehörigen alt und neuen dazu aufgerrichteteu Briefen, Scheinen und Urkunden eingeben lassen". Es liegt uns aber nun über die Schenkung des Stift¬ gebäudes an die Erzherzogin Mutter die Original-Urkunde vor, welche wir, um die verbreitete Ansicht von gewaltsam mer Aneignung vollkommen zu entkräften, hier ihrem ganzen Wortlaute nach folgen lassen: „Auf daß der Durchlauchtigsten Hochgebornen Fürstin und Frauen Maria Erzherzogin zu Oesterreich, Pfalzgräfin bei Rhein und Herzogin in Ober- und Niederbaiern, unserer gnädigster Frauen und verwittibten Landesfürstin Eine Ehr¬ same Landschaft dieses Herzogthums Steyr in jetzo gehalte¬ nem Landtag aus vielen beweglichen Ursachen, sonderlich aber, daß Hochgedachte Fürstliche Durchlaucht von langen Zeiten bishero Ihre gnädigste mütterliche Affektion und Wohlneigung gegen den getreuesten Landständen in viel weg gnädigst er¬ scheinen lassen, und in Werk mannigfaltig erwiesen, auch noch fürbaß Ihrs ein ehrsame Landschaft zu fürstlichen Gna¬ den befohlen seyn zu lassen, — jederzeit willfährig erkendt, von natürlicher Rechtswegen zu etlichermassen Erzeugung ih¬ res gehorsamen dankbaren Gemüth's bei mebr hochgedachter fürstl. Durchlaucht sich gehorsamst einzustellen schuldig befun¬ den. — Also hat derselben eine ehrsame allgemeine Land¬ schaft das Stiffthaus allhier zu Grätz, wie dasselbe theils von dem Herrn von Eggenberg theils auch von andern ei- genthümlich erkauft, durch Ehrsame Landschaft von neuen er¬ hebt und erbaut worden, mit allen Rechten und Ehren, wie 193 dasselbe mit Rain, Dachtrauff, Liecht, Ein- und Ausfarth umbfangen, mit aim Ort an die Kirchen und Aschingcrische Behausung, mit dem andern an des Herrn Abt von Admont Hoff, mit dem dritten gegen die Muhr, und mit den vierten in den Bädgässel gelegen und stossend für freieigenthümlich vonirt, verehrt und übergeben. Also und dergestalt, daß mehr hochgenannte fürstl. Durchlaucht und derselben fürstliche Erben solliche Behausung und Einfang nun hinfüro von dato clits Vonntion8-Brieffs als mit ihrem frcieigenthümlichen Guet, deroselben gnädigsten Gelegenheit und Wohlgefallen nach, ohne einer ehrsamen Landschaft oder menniglichs von derentwegen Irrung, Einred oder Widersprechen thuen, handeln und las¬ sen mögen und sollen, wie Sy gnädigst Verlust (gelüstet) und verlangt. Es hat auch eine Ehrsame Landschaft aus Ir¬ rer und Ihrer Nachkommen Gewehr und Nutzen, sammt de¬ nen darüber habenden Kauf- und Schirmbriefe, in Ihrer fürstl. Durchlaucht und derselben fürstl. Erben Nutz und Gewehr, Kraft dis Briefs ganz und gar gehorsamst über¬ geben und eingeantwort. Alles gehorsamst, getreu und ohne Gefährde". „Dessen zu wahrer Urkund haben die getreuesten Land¬ stände im Nahmen einer allgemeinen ehrsamen Landschaft die¬ sen Vouations-Bricff gehorsamst aufgericht, und mit deren der geistlichen und weltlichen Herren und Landleutc, so viel sich deren in jetzigem Landtag beisammen befunden, angebornen Jnsiegel und Petschaft bekräftigt. Geschehen zu Grätz im Landtag den andern Tag Martii 1602". (Zierlich geschriebene Pergament-Urkunde mit 45 «»hängenden Siegel-Kapseln) '). Die ernsten Maßregeln des Erzherzogs vom Jahre 1598 sollen eine Verschwörung der Protestanten gegen das Leben >) In der Registratur der k. k. Finanz-Landes-Direktion zu Gratz. 13 194 der erzherzoglichen Familie ') und der katholischen Lehrer?) zur Folge gehabt haben. Jndeß fehlen hierüber nähere Da¬ ten, und nur soviel ist bekannt, daß der ständische Sekretär Kandelberger, der für das Haupt der Verschwörung galt, und der Landstand Gabelkofer zur Haft gebracht und ge¬ richtlich vernommen wurden. Wir erwähnen dieses Umstandes auch nur deßwegen, weil in einem bekannten Werke ange¬ geben wird: „Als auf Befehl Ferdinand II. 1598 alle Pro¬ testanten die Steiermark verlassen mußten, sollen die ständi¬ schen Sekretäre, Kandelberger und Gabelhofer, einigen ver¬ borgen zurückgebliebenen Anhängern der neuen Lehre Vorschub geleistet haben, weßhalb sie auf den Schloßberg gebracht, und ersterer später enthauptet wurde". Eines der vielen Beispiele auch bei den einheimischen Schriftstellern, die Protestanten als wahre Märtyrer hinzustellen. — Bei Kandelberger kann der hier angegebene Grund seiner Haft schon darum nicht der richtige seyn, weil er von Prag, wohin er in Angelegenheiten der protestantischen Stände gegangen war, auf Befehl des Kaisers nach Gratz geliefert, und zufolge schriftlicher Wei¬ sung des Kaisers gütlich und peinlich befragt werden sollte. Von einer Todesstrafe findet sich nirgends eine Andeutung. 26. DieWurchsührung der Reformation in der Provinz. Nachdem der Mittelpunckt der protestantischen Wirksam¬ keit im Stifte zu Gratz behoben war, kam es darauf an, mit möglichster Beschleunigung das Volk in der ganzen Pro¬ vinz zum katholischen Glauben zurückznführen. Man konnte 1) Hurter, Ferdinand IV. 224. 2) 8todssi sxist. S. 27. Der Gratzcr Schloßberg. Gratz 1856. S. 37. 195 dabei um so mehr auf guten Erfolg hoffen, da es bekannt war, daß der bei weitem größere Theil nur verführt oder gezwungen sich der Neuerung hingegeben hatte. Der Erzher¬ zog bestimmte zu diesem Unternehmen einige Kommissionen, an denen meistens auch der Bischof Martin Brenner Antheil nahm; wobei ausdrücklich bemerkt wird: „des Bischofs Ar¬ beit ist allzeit gewest, predigen, das Volk craminircn, und ans den Jrrthumben zu dem Weg der Wahrheit zu führen. Mit Bestrafung der Ungehorsamen und Zerstörung der new- erbauten hektischen Kirchen seynd die andern Herren Kom- missarien okkupirt gewesen" Um den allfälligen Wider¬ stand zu brechen, wurden den Kommissären Soldaten mit¬ gegeben. Die Reformations-Kommission hatte den Auftrag, in allen Pfarren katholische Seelsorger einzusetzen, die etwa noch vorhandenen Prädikanten zu vertreiben, die Bethäuser zu zer¬ stören, die lutherischen Bücher zu verbrennen, und die Ein¬ wohner den Eid schwören zu lassen, daß sie alle Sekten und deren Anhänger meiden, der katbolischcn Religion zugethan seyn und dem Landesfürsten in Allem gehorchen wollen. „Die¬ ser Ayd ist aber allein denjenigen fürgehaltcn worden, deren Beständigkeit man sich gänzlich vertröst, und wo man keine Mainaydigkeit besorgt hat. Denjenigen aber, so sich etwas wankelmüthig erzeigt, aber doch darneben für friedlie¬ bende Leuth, welche zu Aufruhr nit geneigt, ge¬ halten wurden, hat man Termin zu ihrer Bekehrung in sechs, acht, zwölf Wochen, ja wohl vier, sechs und mehr Monat ertheilt, und ihre Nahmen verzeichneter dem Pfarrer über¬ geben, und befohlen, darob zu seyn, auf daß sic sich entwe¬ der bei der Kirchen Gottes gehorsamlich einstellen, oder ih¬ ren Weg weiter- nehmen. Viel seynd Jahr und Tag geduldet si Nosolenz Bl. 34. 13 * 196 worden; desgleichen auch ihrer viel gar keinen Ayd geschwo¬ ren, sondern man ist mit dem, daß ste katholisch gebeichtet und kommnnicirt, vergnüegt gewesen: ja man hat sich mit ihnen also geduldet, daß sich niemand einiger Ueber- eilung mit Fueg nit wird beklagen können" ^). Es ist nöthig dieß zu bemerken, da man so viel von stürmi¬ scher, gezwungener und grausamer Bekehrung liest. Dieser „Reformation waren alle, anch nobilitirte Per¬ sonen unterworfen, allein die wirklichen Landherrn (Stände) ausgenommen, wider welche Ihre fürstl. Durchlaucht nichts anders attentirt, als daß ste bei denselben die Prädikanten abgeschafft, und alles Erercitium Augsburgischer Konfession verboten und eingestellt". Um aber den Anordnungen der Kommission an den ein¬ zelnen Orten auch einen nachhaltigen Erfolg zu sichern, wurde den Kommiffarien eine Instruktion mitgegeben, welche sie über¬ all den Bürgermeistern, Rathen und der Bürgerschaft abschrift¬ lich zu hinterlassen hatten. In dieser Instruktion war nicht nur auf die Religion, sondern auch auf das Schulwesen, auf Polizeiord¬ nung, Reinlichkeit, überhaupt auf das durch die Neue¬ rungen zerrüttete Gemeinwesen bis zur Feuerlösch- ordnung herab Bedacht genommen. — Die Ortsobrigkeiten sollen mit gutem Beispiele voran gehen, den Gottesdienst in der Pfarrkirche fleißig besuchen, und in allen geistlichen An¬ gelegenheiten sich nur an die verordneten katholischen Seelsorger wenden. Die Sonn- und Festtage sollen wie¬ der feierlich und christlich gehalten werden, und vom „bö¬ sen Mißbrauch" des Kaufens und Verkaufens und der werk- tägigen Handtierung an denselben hat es abzukommen. i) Rosolenz Bl. 34. 197 Der Besitz von sektischen Büchern wird bei Strafe von 50 Dukaten untersagt. Den Prädikanten A bei höchster Un- gnad und Straf kein Unterschleif zu gestatten; wird einer betreten, fo soll er in Verwahrung genommen, und »»verweilt an Ihre fürstl. Durchlaucht darüber berichtet werden. Die Obrigkeit soll bedacht seyn, daß die Kinder zu den ordentli¬ chen Pfarr- und andern katholischen Schulen geschickt werden. Wer einen Privatlehrcr halten will, muß denselben vorher dem Pfarrer zum Eramen vorstellen. Die Zünfte und Bruderschaf¬ ten, welche eine Zeit her abgekommen sind, sollen wieder er¬ richtet werden. „Die Stadtthurmer sollen an Sonn- und Feier¬ tagen beim Gottesdienste mit ibren Musikinstrumenten die Ehre Gottes befördern helfen". So oft Jemand stirbt, soll es dem Herrn Pfarrer «»gezeigt werden. Die Rechnungen - über Gelder der Kirchen, Spitäler und sonderlich der ar¬ men Pupillen sollen alljährlich ordentlich gelegt werden. Keinem andern als Katholiken darf das Bürgerrecht crtheilt werden, und der Pfarrer hat darüber zu entscheiden, ob Je¬ mand katholisch ist. „Da es sich aus glaublicher Erfahrung oftmals zugetragen, daß diejenigen, so sich aus der Gnad Gottes, wiederum in die katholische Kirche einstellen, deswe¬ gen von andern Sektischen injurirt, mit Schmachwort ange- tast und übel traktieret werden, so soll der Rath gegen sol¬ che mit Bestrafung an Leib und Guet fürgehen. Das Schel¬ ten und Fluchen, Poltern und Schreien in den Wirthshäu- sern und auf den Straßen wird streng verboten, müssigge- hendes herrenloses Gesindel ist abzuschaffen. Unsauberkeiten, dadurch die Luft inficiert und schädliche Krankheiten vcrur- 'sacht werden möchten, sind abzustellen". Gegen Feuersgcfahr soll durch Bestellung tauglicher Personen und anderer noth- wendiger Sachen, Fürsorge getroffen werden. Endlich soll diese Instruktion alljährlich dem versammelten Rathe vorge- 198 lesen, und Richter und Rath für die genaue Befolgung der¬ selben verantworMch gemacht werden H. Das sind jene so verschrieenen harten und grausa¬ men Maßregeln, die bei der Gegenreformation in Anwen¬ dung kamen. Die erste Kommission, bestehend aus dem Freiherrn An¬ dreas von Herberstein, dem Abt von Admont, dem Kammer¬ rath Alban von Maßheim und dem Landespostmeister Friedrich von Paar, wurde nach Eisenerz beordnet, und zwar mit starker militärischer Bedeckung, da die dortigen Einwohner schon bei einer frühern Gelegenheit dem landesfürstlichen Kom- misiär Trotz geboten hatten. Die Kommissäre versammelten sich am 14. Oktober 1599 in Leoben. Das Militär wurde § sogleich voraus an den Prebüchl gesandt, weil die Eisenerzer sich anschickten, dort den Weg durch den Wald zu verhauen. Hieran verhindert, besetzten die Eisenerzer den Kirchthurm und Berg mit Geschütz, bewaffneten sich aus dem Zeughause und setzten sich in guter Ordnung zur Wehr. Wahrscheinlich hätte die Kommission auch jetzt unverrichteter Sachen abzie¬ hen müssen, wenn nicht durch die kluge Vorsicht des Landes¬ fürsten zu rechter Zeit 300 Scharfschützen von Aflenz und Neuberg her, über die Berge erschienen wären. Nun entfiel den Aufrührern der Muth, sie übergaben die Kirchenschlüssel und legten die Waffen nieder. Ohne Schwierigkeit wurde jetzt die alte Kirchenordnung hergestellt, die Anführer der Wider¬ setzlichkeit hatten sich zum Theil durch die Flucht gerettet, einige aber wurden nach Gratz geliefert, von wo sie jedoch größtentheils gleich wieder nach Hause entlassen wurden. Von da begab sich die Kommission nach Aussee, wo durch das in Eisenerz Geschehene der Trotz bereits gebrochen war. Richter, Rath und Bürgerschaft wurde in das Amthaus Rosolenz, B. 3b ff. 19S beordnet. Hier wurde ihnen idr Ungehorsam und rebellische Widersetzlichkeit, die sie gegen ihren Erbherrn gezeigt, vorge¬ halten, mit der Erklärung, daß sie wegen ihrer Treulosigkeit mit Leib, Hab und Gut in Strafe verfallen seyen, und sie haben ihre Freibriefe, Urkunden und Waffen abzuliefern. Am folgenden Tage erschienen obige wieder, thatcn einen Fußfall und begehrten Gnade; — die wurde ihnen auch gewährt, nachdem sie den Eid geleistet, hinfür dem Landesfürsten ge¬ horsam zu seyn, zu keinem Aufstande Ursach zu geben, sondern solche verhüten zu helfen, sich der sektischcn Prädikanten und ihrer Lehre gänzlich zu enthalten, und den eingesetzten katho¬ lischen Pfarrer zu gehorchen. Aufgerichtetc Galgen hier und zu Eisenerz sollten insbesondere den etwa rückkehrendcn Prä¬ dikanten zur Warnung dienen. In Schladming, diesem „wahren Ketzcrnest" wie Ro- solenz sagt, geschah das nämliche; — das neue Bethaus in der Au, unweit des Schlosses Neuhaus, wurde niedergerissen, der Hauptverführer Hans Steinberger nach Gratz geliefert, aber auch bald wieder freigegeben. Zu Rotten mann, wo die Bürgerschaft lutherisch, fla- cianisch und kalvinisch durcheinander war, wo jeder glaubte, was er für gut ansah, und nur papisti sch Niemand seyn wollte, wurde der vvrgeschriebenc Religions- und Untertha- neueid ohne Widerstreben geleistet, worauf die sektischen Bü¬ cher verbrannt und die Hofmann'sche Kirche in die Luft ge¬ sprengt wurde. In Keich elwang (Kallwang) und in Wald wurden die Pfarren mit katholischen Priestern besetzt, nachdem die Prädikanten schon vor Ankunft der Kommission die Flucht ergriffen hatten. Die Kommission kebrte hierauf nach Gratz zurück. 200 L 7. Fortsetzung. In der Stadt Rädkers bürg hatte sich die Religions- neuerung zu einer förmlichen Selbstregierung mit Hindanse- , tzung aller landesfürstlichen Anordnungen ausgebildet. Seit- ' dem die landesfürstlichen Kommissäre im Mai 1598, wie wir oben gesehen haben, mit Schimpf und Schmach von dort hat¬ ten weichen müssen, beharrte die Stadt in offenem Widerstande, indem sich die Einwohner auf die starken Manern und auf die Hilfe der arianischen Nachbarschaft in Ungarn ver¬ ließen. Die Bessergesinnten wurden durch allerlei Mittel ver¬ folgt, kein Katholik wurde zu einem Stadtamte, einer Rathsstelle, nicht einmal zu einem Haus¬ kaufe zu gelassen. An der jetzt dorthin beordneten Re¬ formations-Kommission betheilte sich auch Bischof Martin Brenner. Man erkannte die Nothwendigkeit, hier vorsichtig und fast kriegsmäßig vorzugchen. Am 17. Dezember 1599 zog die Kommission mit der landesherrlichen „Quardia" und 170 wohlbewaffneten bischöflichen Unterthancn vom Schloße Seckau ob Leibnitz aus. Unter Begünstigung eines dicken Nebels ka¬ men sie der Stadt nahe, Herr von Paar rückte schnell mit einer Rotte Musketiere vor, und besetzte das Thor; und ehe sich's die Einwohner versahen, waren alle Gaffen der Stadt mit Soldaten besetzt. Znr vollen Sicherheit wurde jedoch in der Nacht vom 19. Dezember noch eine militärische Hilfe von 500 Mann herbeigezogen. Nun wurde , der Rath und das Volk vor die Wohnung des Bischofs beschieden, dieser hielt ihnen ihre vielfältigen Widersetzlichkeiten vor, und suchte sie durch Belehrung zum katholischen Glauben zurückzuführen, was jedoch für jetzt nur theilweise gelang. Dann wurden katholische Rathsherren an die Stelle der bisherigen lutheri- 201 schen gesetzt; es war jedoch ein solcher Mangel an katholi¬ schen Bürgern, daß man sogar dem Schulmeister eine Raths¬ stelle und dem Pfarrer die Stadtanwaltschaft übertragen mußte. Den nach Ungarn geflüchteten Bürgern wurde eine Frist zur Rückkebr gesetzt, und als sie nicht Folge leisteten, ihre Habe eingezogen. Einige wurden aus Stadt und Land ge¬ schafft; denen aber, von welchen keine neue Meuterei zu be¬ sorgen war, zur Bekehrung der Termin bis Ostern gestellt, welcher übrigens nachmals verlängert wurde. Zur Vorsicht wurde eine kleine Besatzung dort belasten. Während die Kommission noch zu Radkersburg weilte, sollte auch die Pfarre Klöch sammt Halbenrain mit ei¬ nem katholischen Priester ans des Erzherzogs Befehl besetzt werden. Es mußte aber auch das mit bewaffneter Hand durch¬ geführt werden, da sich die Vogtobrigkeit (Herr von Rad- mannsdorf- widersetzte. Die Kirchen wurden mit Gewalt ge¬ öffnet, gesäubert, die alten Bilder, die unter dem Dache la¬ gen, wurden wieder aufgestellt, und alles zum katholischen Gottesdienste hergerichtet. Am 5. Jänner 1600 zog die Kommission nach St. Le¬ onhard in den win bischen Bücheln. Dort hatte sich zwar kein Lutherthum, aber eine andere gar seltsame Sekte gebildet, als ein Beleg zu der alten Erfahrung, daß in auf¬ geregten Zeiten, wenn der große Haufe in seinem Glauben einmal irre wird, er sich leicht die auffallendsten Thorheiten gefallen läßt. Es war eine schwärmerische Sekte, deren Glie¬ der Springer, auch Pnrzler oder Werfer genannt wurden, welche bei ihrem Gottesdienste „seltsam gaukeln, wun- derbarlich springen, und gleichsam über die natürlichen Kräfte sich überwerfen, und wenn sie darauf in einen tiefen Schlaf gerathen, und darnach wiederumb erwachen, erzählen sie un¬ glaubliche Ding: — zeigen an, wie sie Gott auf seinem Thron sammt dem himmlischen Heer gesehen, wie ihnen Chri- 202 stus sammt seiner wertben Mutter und Aposteln erschienen, und befohlen, daß sie der Welt sollen predigen, und den Un¬ tergang und alles Unglück verkündigen, wenn sie nicht an dem Ort, an welchem sie pflegen zu springen, eine Kirche bauen; dann so solches werde geschehen, so werden die hei¬ ligen Engel Gottes das heilige Grab aus dem jüdischen Land zu bemeldter Kirchen bringen. Die Springerstifter haben durch ihre Betrügereien und falschen Visiones das gemeine Volk verursacht, daß sie Geld, Getraid, Wein, Kühe, Ochsen, Flachs und anderes, was sie gehabt, haufenweis geopfert, und eine Kirche, so sie zum heiligen Grab genannt, erbauet, und den Herrn Bischof zu Scccau gar oft gebeten, daß er solche consckriren und weihen wolle. Aber die Herrn Kom- missarii haben solche Kirche zerstört und verbrennet" H. Drei Sektenführer wurden gefänglich eingezogen. Darauf verfügte sich die Kommission nach Marburg, wo der gejammte Rath, der zuvor mit katholischen Männern besetzt wurde, in Gehorsam entgegen kam, und die Kommis¬ säre in die fürstliche Burg begleitete. Es hatte zwar früher hier viele Unordnung gegeben, aber durch die Ermahnung des Bischofs wurden fast alle Einwohner zur katholischen Reli¬ gion zurückgebracht. Etliche „nobilitirte Personen", welche die Bekehrung der Bürger zu verhindern suchten, wurden aus der Stadt geschafft. Darunter war auch ein verschlagener Me¬ dikus, welcher, um für gut katholisch zu gelten, bei seiner Seligkeit schwur, er habe sich am Baue des Bethauses nicht im mindesten bctheiligt, bis er mit Siegel und Handschrift überwiesen wurde, Laß er sogar der Baumeister gewesen war. Die Bürgerschaft leistete den Religionseid und erhielt die ge¬ wöhnliche Instruktion. Dann wurde noch die im fürstlichen Landgerichte erbaute lutherische Kirche, sammt Schule, Pfarr- h Rosolenz Bl. 4V. 203 und Friedhof zu Windenau H mit Pulver gesprengt und dort ein Hochgericht aufgestellt, und als solches nächtlicher Weile umgehackt worden, wurde dafür ein dreifacher Galgen errich¬ tet. „In des Prädikanten Haus haben die Soldaten keine andere Beute, als des entloffenen Prädikanten Heiraths- brief in einer Alm ar (das slovenische omar, Wandkastcn) gefunden." In Pettau fanden sich nur gegen 60, die nicht recht katholisch, „sondern zum Theil ganz, zum Lheil halb luthe¬ risch" waren; in Win d i sch fei st ritz waren gar nur 3, und es wurde die Gegenreformation an diesen Orten und dann in Gonowitz vom 17. — 20. Jänner ohne Anstand durch¬ geführt. Auch in Cilli, obwohl „die gefährliche Jufection darin sehr grassirte", fand die Kommission wenig Schwierigkeit; „seyn auch nit mehr als 5 unnütze und trotzige Personen aus der Stadt fortgeschickt worden". Das dortige lutherische Bet¬ haus in Scharfenau war in doppelter Beziehung merkwürdig. Es war ein prachtvoller Rundbau, auf 20 Marmor-Pfeilern ruhend, nebstbei aber auch sammt dem Friedhöfe kriegerisch befestigt, „mit Streichwehren und Thurm versehen, was nach gemeiner Sage an die 20,000 Thaler gekostet hat, die aus dem gemeinen Säckel der Landschaft genommen wurden. Al¬ les wurde mit grosicmFroh locken der umliegenden Bauer sch ast mit Pulver gesprengt" ?). Man zog dann über Windischgrätz unVM a h re n- bcrg, welche beide Orte keiner besonderen Reformation be¬ durften, gleich nach L e ibni tz. Unterwegs hatten nur die mit- >) An der Stelle dieses Friedhofes sind erst vor einigen Jahren meh¬ rere Leichen ausgegraben worden; — eine Widerlegung der gegneri¬ schen Berichte, daß man bei der Gegenreformation auch die Prote¬ stantischen Leichen aus den Gräbern herausgeworfen habe. -) Rosolenz Bl. 41, 804 ziehenden Soldaten unter Herrn von Paar's Anführung Ei¬ niges zu thun: es wurden die Mauern des protestantischen Friedhofs zu Arnfels umgestoßen, und die dortige Kirche als Filiale dem Pfarrer von St. Johann übergeben. Auch das Bethaus bei Schwanberg, so wie zwei Kirchen, wo ebenfalls die Springer-Sekte ihr Unwesen trieb, — die eine auf einem hohen Berge bei Leutschach (H. Geist?), die andere in der Sobath ') — wurden bei dem Durchzuge zerstört. Nach Leibnitz wurden auch die Repräsentanten der Ein¬ wohnerschaft von Eibis wald, Lentsch ach und Wild on beordnet; in 4 Tagen war das Reformationsgeschäft für alle diese Orte beendet, und am 28. Jänner 1600 das von Am¬ man bei Krottenhof erbaute Bethaus sammt den Friedhof¬ mauern zerstört. „Weil in dem Saal des Preiner'schen Mal¬ ler Hofs bei Lang unsiäthige und zum Despect katholischer Religion, wider Münich und Nonnen abscheulische Gemälde sich befunden, ist eine Tschetta (slovenisch) Soldaten zur Aus¬ tilgung solches lästerlichen Wesens dahin geschickt worden, welche die Wände dieses Saales deformirt und auch die ge¬ schriebenen Famoß-Reime ausgelöscht haben" ?). Anfangs Februar 1600 kehrte die Kommission nach Gratz zurück und erstattete schriftlichen Bericht über das Vollführte. 28. Fortsetzung. Im März desselben Jahres wurde eine neue Kommis¬ sion ungeordnet, und hierzu dem Fürstbischöfe von Seckau der Landesvizthum Alban von Moßheim, der Regierungs-Rath Angelus Costede, und als Hauptmann der Quardia Christoph 1) Ist vielleicht der Name: Sobath,— Sabath, mit dem Hexen-'Sabath der Springersckte in Verbindung? — 2) Nosolenz Bl. 42. 205 Ritter von Prank bcigegeben. Diesmal galt es Obersteier. Auf dem Wege dahin wurden dem Wirthe auf der Tratten, den Bürgern zu Peckau, Frohn leiten und an andern Orten Viele Bücher abgenommen und eine lutherische Kapelle zu Peckau zerstört. Zu Bruck wurden nur 5 Hartnäckige fort¬ gewiesen. In Leoben, wohin auch die Bürger von Vor¬ der» berg und Trofaiach berufen waren, ging Alles glück¬ lich von Statten, wiewohl früher das Lutherthum in dieser Gegend sehr verbreitet war, was sich auch dadurch bestä¬ tigte, daß an die 12000 sektische Bücher verbrannt wurden. Ohne Schwierigkeit geschah die Reformation in Knit- telfeld; — in den mehr abgelegenen Pfarren Groß-und Klein-Lobming mußten erst die Prädikanten verjagt und katholische Pfarrer eingesetzt werden. Zu Judenburg, „weil in dieser Stadt ein großer Adel pflegt zu wohnen", mußte man mit einiger Vorsicht zu Werke gehen; es wurde die Quardia von Aussee her verstärkt und der Einwohnerschaft bei versperrten Stadtthoren die frü¬ heren Ercessc streng vorgehaltcn. Darauf aber folgte, wie ge¬ wöhnlich die Ermahnung und „treuherzige Unterweisung" von Seite des Bischofs, wozu auch die Obda cher, Zeiringer und Weißkircher vorgeladen waren. Der Erfolg war so günstig, daß nur 9 unentschieden verblieben, denen ein Ter¬ min von 6 Wochen zur Auswanderung oder Bekehrung ver¬ stauet wurde. Die Kirche St. Martin zu Lind, welche die Lutheraner den Katholiken entzogen und zu ihrem Erercitium gebraucht hatten, wurde wieder für den katholischen Gottes¬ dienst hergestellt; auch der lutherische Friedhof zu künftigem ka¬ tholischem Gebrauche unverletzt gelassen. Zur Herstellung der protestantischen Kirche zu Franen- b urg für den katholischen Gottesdienst gab der dortige Pfle¬ ger freudig die vorhin geretteten Kelche und Meßgewande heraus. — S06 — Zur Reformirung von Neumarkt, „welches ein ver- gifftes, mit allerlei Jrrthnmen angefstlltes Ort gewesen, und wo die Banerschaft in selbigem Revier sich nicht wenig schwie¬ rig erzeigt", mußte wieder mehr Sorgfalt verwendet und der militärische Schutz von St. Lambrecht her mit 300 Schützen vermehrt werden. Zuerst wurden „zwei hektische Synagogen nächst bei des Jöbstl Schloß zu Lind" zerstört, dann der Markt besetzt und die Thore gesperrt. Nach einer dreistündi¬ gen Belehrung bekehrten sich sogleich 102 protestantische Bür¬ ger; an 14 blieb die Ermahnung wirkungslos und wurde ih¬ nen die Zeit von 6 Wochen zum Abzüge eingeräumt; vier Unruhestifter aber wurden sogleich fortgewiesen. Der Prädi¬ kant zu St. Margareth bei Silberberg wurde fortgejagt, ein anderer zu St. Helena war entwichen. Zu Teuffenbach, wo nach Vertreibung des Prädi¬ kanten die Kirche wieder katholisch eingerichtet werden mußte, wurden die Kommissäre freudig überrascht, als vom Schlosse herrliche Meßkleider, Kelche und allerlei Kircheuornat herge¬ bracht wurde. „Es soll vor Jahren ein Schloßherr von Teuf¬ fenbach gesagt und befohlen haben, man wolle dergleichen Sa¬ chen wohl verwahren, dann es solle die Zeit kommen, daß man solche Meßgewandt und Ornat wiederumb werde her- fürziehen". Auch die Bauern bceiferten sich, die unter dem Kirchcndache verborgenen Bilder hervor zu suchen und in die Kirche zu bringen, und „haben daneben vermeldt, sie hät¬ ten allzeitverhofft, es würde wiederumb zu dem alten Stand kommen, und wöllen jetzundt desto lieber sterben, daß sie diese Zeit des alten Glau¬ bens erlebet haben" st Nosolenz Bl. 46. — In manchen Pfarren wurden zum Andenken an das freudige Ereigniß dieser Rückkehr besondere jährliche Feier¬ lichkeiten eingeführt. Sv z. B. wird in der Pfarre Holleneck 807 Auf dem Zuge nach Mu rau wurde die Pfarre Fre¬ i'ach mit der Filiale bei dem alten, damals schon zerstörten Schlosse Saurau geordnet, dann nebst Murnu alle Pfarren und Filialen in dem Umkreise von Stadl, Ranten und Schober „aus der Gewalt der Prädikanten erobert und mit katholischen Priestern besetzt". So war der obere Murboden der katholischen Kirche vollkommen wieder zurückgegebcn, und die Kommission begab sich am 8. April über die Stubalpe nach Voitsberg, wel¬ cher Ort nebst den nmliegenden Pfarren desto leichter geord¬ net wurde, da die Prädikanten bereits entflohen waren. Nur der gewesene lutherische Pfarrer in Packha (Pack) versuchte es, ans seinem Posten zu verbleiben, nnd versteckte sich vor der Kommission unter dem Dache, „aber er wurde dort er¬ tappt und nach Gratz geschickt, den man nachmals aber wie¬ der auf freien Fuß gesetzt, und aus dem Land hat laufen lassen". Nach Gratz zurückgekehrt, konnte die Kommission dem Landesfürsten einen erfreulichen Bericht erstatten. 29. Fortsetzung. Ende Mai des Jubeljahres 1600 wurde die Kommission, aus den Obgenannten bestehend, neuerdings entsendet, und noch alljährlich am „schönen Sonntage" (Sonntag nach Fronleich¬ nam) das hochwürdigste Gut von der Patrizi-Kirche aus in feier¬ licher Prozession zur Pfarrkirche getragen, zur Erinnerung, daß zur Zeit des Protestantismus der damalige Pfarrer, als er vom Guts¬ herrn zu Holleneck verjagt wurde, das Hochwürdigste aus der Schlo߬ kirche in die Filiale zum heil. Patriz rettete, und daneben in ei¬ ner Winzerei, bis zur Gegenreformation Ferdinands, die Wohnung nahm. 208 zwar in das Vorauer Viertel, längs der ungarischen Gränze. Zunächst sollte in Rädkers bürg die Gegenrefor¬ mation, die man im vergangenen Jahre angebahnt hatte, voll¬ endet werden. Dort war schon ein bedeutender Umschwung zum Bes¬ seren eingetretcn. Die Kommissäre waren am Vorabende des Frohnleichnamsfestes angekommen, daher wurde „die Prozession in großer Zahl und besonderer Frohlockung des Volkes, mit Losbrennung des Geschützes und vielen fliegenden Fahnen gar stattlich und trinmphirlich gehalten, und ist das Hochwürdige Sakrament von dem Herrn Bischof getragen worden". Die Bürger waren bereits fast alle katholisch, aber an die 40 An¬ dere, „so meistentheils Sachsen, Brandenburger, Voigtländer und Hessen gewesen, wollten — obwohl ihnen die katholische Lehre nicht übel gefallen, — doch auswandern, was ihnen zugestanden wurde. Des zehenden Pfennigs (Abfahrtsgeld) war aber wenig, da deren fast jeder sich des Spruches: vmniu IU6N IN6LUIN Porto, berühmen kundt. Sonst seyndt woll auch etliche entlassen, deren Namen geschrieben stehen in den Büchern der Wirth und Kaufleut H, welche hernach im rö¬ mischen Reich (nachdem sie in Armut und auf den Bettel¬ stab gcrathen) ausgegebcn, daß sie Haus und Hof, deren sie nie gehabt, der Religion halber haben verlassen müssen, und bei ihren Glaubensgenossen durch Mitleiden das erhalten, was sie durch ihr thun und lassen sonst nicht hätten erhalten können". Dann wurde das lutherische Bethaus bei der Her- berstorfischen Bindhütte, so wie auch das Schul-, Prädikan¬ ten- und Meßnerhaus niedergerissen "). Nun kam Feldbach an die Reihe, wo die Bürgerschaft wegen den früher an Geistlichen und Weltlichen begangenen Nosolenz Bl. 47. KhevenMer S. 2212. 209 Gewaltthätigkeiten um Gnade bath, und sich auch, bis auf 9, katholisch erklärte. Diese letzteren wurden mit einem Termin von 6 Wochen des Landes verwiesen. Weiterhin wurde noch das schöne neue Bethaus zu Kalstorf, mit einem festen Thnrme, zerstört, und die Pfarren an der ungarischen Gränze hinauf bis landeinwärts gegen Anger und Birkfeld ohne An¬ stand reformirt. Die gewesenen Prädikanten haben sich nach Ungarn geflüchtet, mit Ausnahme von zweien, Michael Stein¬ bock und Michael Freyßmuth, welche katholisch wurden. In¬ nerhalb 20 Tagen wurde dieser große schöne Landstrich der nordöstlichen Steiermark beruhigt, und „es kann nit be¬ schrieben werden, was die Bauerschaften für eine Freud und Frohlockung gehabt, daß der ka¬ tholische Gottesdienst wiederumb ist angcstellet worden. Sie ließen läute» alle Glocken, versprachen den Pfarrern allen Gehorsam, lobten Gott von Herzen, daß es wiederum zu dem alten Glauben kommen, weil sie weder Glück noch Heil bei dem Lutherthum erfahren hätten" °). Am 17. Juni kamen die Kommissären nach Gratz zurück. 30. Fortsetzung. Den Kommissären wurden nur ein Paar Tage zur Ruhe gegönnt, am 23. Juni zogen sie schon wieder nach Eisen¬ erz, für welches die bei der früheren Kommission gesetzte Frist zur Rückkehr in die Kirche bereits verstrichen war. Vier Tage verwendete der Bischof znr Belehrung und Ermahnung mit solchem Erfolge, „daß nur mehr 18 Radmeister und Burger in ihrer Halsstärrigkeit, wie auch in des landes¬ fürstlichen Amtmans Schuldbuch verblieben, und der- h Rosolenz Bl. 48. 14 SIV halben (gleichwohl ohne Bezahlung ihrer Schulden) ') fort¬ geschickt worden" ?). Die Uebrigen haben mit Hand und Mund zugesagt katholisch zu leben und zu sterben; so wurde das früher aufgestellte Hochgericht hinweggeräumt und die Be¬ satzung zurückgezogen. Hinter Eisenerz in der Rad mar befanden sich bei dem dortigen Kupferbergwerk viele Holzknechte, Köhler und Bau¬ ersleute. Die Kommissäre trugen fast Bedenken, sich unter dieses verwilderte, und überdiesi vom Lutherthum aufgeregte Volk zu begeben, da sie nur etwa 80 Musketiere bei sich hatten. Doch wagten sie es in Gottes Namen, und es zeigte sich nach kurzer Belehrung, daß die Leute nur aus Unwissen¬ heit und Religionsbedürfnisi in die Irre geführt worden wa¬ ren. Da sie besonders zur Winterszeit in keine Kirche kom¬ men konnten, so baten sie wenigstens um eine eigene Kapelle und einen Friedhof, und der Erzherzog bewilligte ihnen so¬ gleich den Bau einer schönen Kirche, die schon 1602 einge- weiht werden konnte. Mittlerweile hatte man in Erfahrung gebracht, daß im Umkreise des Admontischen Gebietes sich eine große Anzahl hektischer Personen befinde; daher begab sich die Kommission nach St. Gallen. Man fand dort an die 400 lutherisch Ge¬ sinnte, die aber „auf das treuherzige Zusprechen des Bischofs so wie auch des anwesenden Abtes von Admont, mit Aus¬ nahme von 36, sich sogleich von dem Jrrthume lossagten. Dann ließ der Abt seine Unterthanen, an der Zahl bei 600, in Admont zusammenkommen, darunter zeigten sich 307 lu¬ therisch, „welche zu den Prädikanten nach Rottenmann und si Wenn man so sehr beklagt, daß mit der protestantischen Auswande¬ rung viel Geld außer Land ging, so hat man hier wie auch ander¬ wärts Beispiele, wie viele unbezahlbare Schulden hinterlassen wurden. 2) Rosolenz Bl. 49. Lil Lietzen auszulaufen pflegten. Diese alle, außer vier, haben sich eines besseren besunnen, und sind katholisch worden". Bedenklicher war der Religionszustand in S chl a d m i n g; dort hatte sich der überhaupt mehr leidenschaftliche Flacianis- mus der Gemüther bemächtigt, und man verspürte von der dort früher abgehaltenen Kommission nicht viel Besserung. Man fürchtete gewaltsamen Widerstand, daher wurde auch die Quardia verstärkt. Es blieben auch die Ermahnungen an 110 Knappen und Landleuten und 23 Bürgern fruchtlos, sie zogen die Auswanderung, wozu die gewöhnliche Frist ertheilt wurde, vor. Gröbming bedurfte keiner Reformirung mehr, obwohl sich unweit davon ein Prädikant noch auf seinem Maierhofe aufhielt, welcher fortgewiesen wurde. Bei Neuhaus wurde ein hektisches Bethaus zerstört und an der Stelle ein Hoch¬ gericht gesetzt; und zwar hier zu dem Zwecke, daß man da keine Leichen, mit Umgehung des katholischen Begräbnisses, beerdige. Zu Jrdning, Aussee und Mitterndorf fand sich kein Einziger, der nicht seine katholische Gesinnung mit Hand und Mund bezeugt hätte. In den Pfarren von Rotten mann, Lietzen, Op¬ penberg und Lassing war die sämmtliche Bauernschaft bald gewonnen, aber unter den Bürgern von Rottenmann mußten 20 mit Ansetzung des Termins von 6 Wochen auö- geschafft werden. In Kindberg, Mürzzuschlag, Langenwang, Krieglach undSpital, so wie in derVeitsch, wurdeAlles, obwohl mit einiger Mühe, in Ordnung gebracht; — aber in Kapfenberg wurde der Kommission bei ihrer Ankunft von der Bürgerschaft einhellig erklärt, sie wollen eher das Land verlassen, als katholisch werden. Nachdem jedoch von der Kommission der dortige Prädikant fortgewiesen und ein katholischer Pfarrer ein- 14 * — SIS — gesetzt worden war, „haben sie sich mit gnetem Gemüth zu der katholischen Religion begeben". Am 21. Juli war die Kommission wieder nach Gratz zurückgekehrt. 31. Gegenreformation in der Hauptstadt. Nachdem Ferdinand durch die Maßregel im September 1598 in Gratz den faulen Sumpf aufgerührt und die infi- zirenden Elemente entfernt hatte, ließ er denselben eine ge¬ raume Zeit ruhig verdunsten. Durch die Wiederherstellung und Belebung der kirchlichen Funktionen konnte die katholische Re¬ ligion wieder ihren wohlthätigen Einfluß unbehindert über die Einwohner üben, und daß, was unterdessen auf dem Lande geschah, mußte die Ueberzeugung verschaffen, daß die Zeiten der Widersetzlichkeit gegen landesfürstliche Verfügungen in po¬ litischer und religiöser Richtung vorüber sind. Nachdem im ganzen Lande das kirchliche Leben, wenn auch noch nicht völlig geordnet, so doch in eine bessere Bahn gelenkt war, sollte nun auch in der Hauptstadt Gratz die Re¬ formation vorgenommen werden. Es wurde ein Dekret be¬ kannt gemacht, nach welchem alle Einwohner, die Stände- glieber allein ausgenommen, am 31. Juli 1600 in der Pfarrkirche zu erscheinen hatten. Zur bestimmten Stunde er¬ schien auch der Erzherzog selbst mit seinem ganzen Hofstaate. Der Bischof bestieg die Kanzel und hielt eine ausführliche Rede. Solches geschah auch am folgenden Tage. Hierauf wurden die Bürger einzeln von den Kommissären vorgerufen, und nebst anderem vorzüglich über ihre bisherige Religionsgesin¬ nung befragt. Hierdurch gelangte man zur erfreulichen Kenntniß, daß seit der Verfügung vom September 1598, welche einzig und allein die Prädikanten betroffen hatte, die Zahl derer. 213 die wieder katholisch geworden sind, schon 32 über die Hälfte der Einwohner betrug. Denen, die sich noch für lutherisch angaben, wurde be¬ fohlen, sich sogleich zu erklären, ob sie katholisch werden oder auswandern wollen. Die meisten entschieden sich alsbald für die katholische Kirche; denjenigen, welche Bedenken trugen, wurde eine Zeit festgesetzt, nach welcher sie sich zu erklären hätten. Nur zwei wurden auf der Stelle aus der Stadt ge¬ wiesen: der Eine, „ein juristischer Doktor, welcher auf die Frage, weß Glaubens er wäre, zur Antwort gab, er wäre nit lutherisch und auch nit päpstisch, sondern er wäre ein Christ, und nur Christus sei sein Seelsorger. Nach solchem scynd ihm böse Brief vorgewiesen worden, in welchen er seine Petschaft und Handschrift nicht laugnen konnte, darauf ist er stracks zum Thore hinausgeschafft worden. Ein anderer fre¬ cher Gesell trieb unnütze Reden, der mußte sich auch sogleich forttrollen" '). Auch der berühmte Astronom Keppler war vor dieser Kommission erschienen, und es scheint, daß er sich nicht un¬ bedingt gegen die katholische Religion erklärt hat, und daß man nach seinem Benehmen die Erwartung hegen konnte, ihn für die katholische Kirche zu gewinnen °). Wie dem aber im¬ mer sey, so viel ist gewiß (wie schon oben nachgewiesen wor¬ den ist), daß die allgemeine Regel der Ausweisung bei ihm nicht in Anwendung gekommen ist. Am 8. August wurden die Bürger abermals zusammen¬ berufen, um den Religionseid abzulegen, den auch die meisten ohne Anstand leisteten. Am Abende desselben Tages wurden bei 10,000 unka¬ tholische Bücher vor dem Paulusthore an einem Abhange des st Nosolenz. Bl. 52. st Hurter Ferdinand. IV. 250. 214 Schloßberges verbrannt, und an der Brandstätte am 10. Au¬ gust der Grundstein zu einem Kapuziner-Kloster gelegt. Die Anzahl der sektischen Bücher, die bei der Gegenre¬ formation an verschiedenen Orten dem Feuer überliefert wur¬ den, war eine sehr große, und man hat darüber nicht nur den Erzherzog eines finstern Eifers beschuldigt, sondern auch bedauert, daß hierdurch die Aufklärung und Wissenschaft ei¬ nen unersetzlichen Verlust erlitten habe. Was nun den finstern Eifer betrifft, so sollte man nicht vergessen, daß Luther auch die päpstliche Bulle, das kanonische Recht und andere katholische Werke dem Feuer überliefert; — Calvin aber nicht nur die Schriften seines Gegners Servede, sondern auch diesen selbst verbrannt hat. Wie viel aber für Aufklärung und Wissenschaft durch Vertilgung der sektischen Bücher verloren gegangen sey, kann jeder Unbefangene aus den hier und da noch vorfindigen Po¬ stillen, Gesangbüchern und polemischen Traktätleins aus jener Zeit, voll von Schmähungen nicht nur über die Kirche und ihre Lehre, sondern auch über Personen — leicht beurthei- len. Uebrigens gibt selbst der heftige Rungein seinem leidenschaftlichen „Bericht" zu, daß „das Sektirerische Bücher Verbrennen ein altes Herkommen in der Christenheit ist, wie in der Apostelgeschichte geschrieben steht" (Apost. Gesch. 19, 19); nur beklagt er, daß darunter viele Bibeln u. dgl. ge- gewesen seyen, und also „Gottes Wort" verbrannt worden. — Aber was wenigstens die auch in Steiermark eingeführte windische Bibel von Dalmatin betrifft, so wurde schon nach¬ gewiesen, daß abgesehen von dem verfälschten „Worte Got¬ tes", die Vertilgung derselben schon wegen der darin vorge¬ stellten ekelhaften Bilder im Interesse der Sittlichkeit lag. Steierm. Zeitsch. 3. J. II. 130 Anm. 2) Bericht von der tyrannischen päpstlichen Verfolgung in Steiermark rc. Bl. 2S. 215 32. Rückblick auf die „blutige" Gegenreformation. Daß der Protestantismus nach dem, was wir bisher ge¬ sehen, in Ferdinand seinen siegreichen Feind erkannte und als solchen haßte, ist erklärlich *); daß er aber im Vergleiche mit manchen protestantischen Herrschern seiner Zeit, die ungleich härter mit ihren katholischen Unterthanen verfuhren, ein groß- müthiger Feind war, wird nach der beliebten protestanti¬ schen Geschichtschreibung böswillig ignorirt. Auch das ist er¬ klärlich. — Unverantwortlich aber ist, daß auch katholische und dabei auch einheimische Geschichtschreiber den protestan¬ tischen Berichten blindlings nachschreiben, und von „bluti¬ gen Verfolgungen der armenProtestanten" reden. Dem redlichen Geschichtsforscher muß schon der Um¬ stand verdächtig erscheinen, daß die protestantischen Berichte überall nur im Allgemeinen von „grausamen, bluti¬ gen" Verfolgungen sprechen,— nirgends aber Thatsa- chen vorzubringen vermögen. Man lese die zwei vor¬ züglichsten Quellenschriften in dieser Richtung. Amandus Ha¬ nauer schreibt in der Vorrede, daß „in der Verfolgung der protestantischen Bekenner zu Gratz, wie das Gerücht sagt, einige schon getödtet wurden, andere jeden Augenblick mit dem Tode bedroht sind" ^). David Runge kann auch nur si Bor einigen Jahren ließ sich ein protestantischer Reisender Ferdinand's Gruft im Mausoläum zu Gratz öffnen, und, nach der kupfernen Kap- sel mit dem Herzen Ferdinands in der Nische links langend, preßte er dieselbe, mit den bittersten Aeußcrungen gegen dieses tyranni¬ sche Herz, krampfhaft mit den Händen. — Die Kapsel ist aber längst leer. e) Vera, solista et persxicua Relativ Uistoriss tristissimss psrssen- tionis, gues io Ltiria ete. ^uetore Hanauers, anno 1601. Vorrede LI6 sagen: „Wie man glaubwürdig berichtet, daß es etlichen das Leben gekostet habe" '). Eine Thatsache dieser Art sucht man aber in beiden Schriften, wovon besonders die zweite ihrer Ungezogenheit wegen merkwürdig ist, vergebens. Das nämliche gilt von der „Historischen Erzählung" des Odon- tius, wovon weiter unten. Diese drei sind aber die einzigen gleichzeitigen (von 1601 und 1603) protestantischen Berichte über diese Ereignisse. Die späteren Geschichtschreiber haben aus diesen Quellen ge¬ schöpft, — aber das, was diese als „Gerücht" erzählen, als „Thatsache n" hingestellt und bejammert. Und nach solchem Vorgänge lesen wir auch in vaterlän¬ dischen Werken: „Von dem Tumult, der durch die Gegenre¬ formation im Lande entstanden ist, und von den Ausschwei¬ fungen und blutigen Auftritten, welche dabei fast allenthalben statt hatten,istdieLandesgeschichte angefüllt" 2). (!)— Eben so: „Nach einigen ernsten und selbst blutigen Auftritten zu Mitterndorf, Eisenerz, Neu¬ markt und Graz — gewann endlich das Land Einerleihcit in Glaubenslehren" °).-Von blutigen Auftritten kann aller¬ dings in so fern die Rede seyn, als von Protestanten ein Paar Pfarrer verwundet worden sind, wie wir früher ge¬ sehen haben; und eben so waren die Protestanten zu blutigen Auftritten gegen die Reformations-Kommissäre allerdings be¬ reit, aber sie wurden durch die beigegebene „Quardia" daran verhindert. Kein Protestant aber wurde seines Glaubens wegen 2. Seite: „Ht kört kamu, nonnulli oeeisi sunt, nonnullis etium Huoliböt momenta mors imwinet." ft Bericht und Erinnerung von der tyrannischen Bäpstischen Verfolgung des H. Evangelii in Steiermark rc. Durch O. vaviäem llungvum. 1601. Bl. 18. ft Repertorium der steierm. Geschichte von Kindermann. S. 376. ft Kurzgefaßte Geschichte der Steiermark. Von Wartinger. S. 81. 217 am Leben gestraft, wie es mit vielen Katholiken in andern Ländern geschah. Ein Ehepaar zwar, Simon Heising er und sein Weib Eva, welche lutherisch waren, wurden aller¬ dings im Gefängnisse erdrosselt, jedoch nicht ihrer Religion wegen, sondern weil sie durch Prophezeiungen und schwärme¬ risches Treiben die öffentliche Ruhe gefährdeten. Sie kamen aus Schwaben, schliechen sich im Jahre 1601 als angebliche Propheten in Gratz ein, und behaupteten von Gott eigens nach Gratz gesendet zu sepn, um das jüngste Gericht für den nächsten September anzukünden. Die unsinnigen Reden die der Mann vorbrachte, suchte das Weib aus der heil. Schrift zu beweisen, vorzüglich aus Moses und Daniel, worin sic Weissagungen über ihren Mann finden wollte. Als fie cin- gezogcn und verhört wurden, ergossen fie sich über Gott, Re¬ ligion und Obrigkeit in tausend Schmähungen, das Weib nicht minder als der Mann. Da fie weder durch Ermahnungen noch durch Drohungen zum Schweigen gebracht werden konn¬ ten, wurde der Scharfrichter zu ihrer Erdrosselung beordner, obwohl einige der Ansicht waren, daß man sie vielmehr als Irrsinnige behandeln sollte '). Auch die folgende Geschichte hat zur Verunglimpfung des Verfahrens Ferdinand's viel beigetragen. 33. U. Paulus Ddontius. Wo irgend von der „tyrannischen Verfolgung des Evan¬ geliums" in Steiermark die Rede ist, da wird auch der Prä¬ dikant von Wald st ein, Paulus Odontius aufgeführt. Allein sein blinder Fanatismus und seine freche Widersetzlich¬ keit hätten wahrlich Schlimmeres verdient, als ihm wider¬ fahren ist. Er hat seine Erlebnisse in sehr romanhafter Weife tz Stobssi sxlstolss x. 114. 218 und im rohesten Style selbst beschrieben ^). Wir geben im Folgenden die Erzählung aus diesem Buche, welches sich schon durch einen Holzstich auf dem Titelblatte in eigenthümlicher Weise empfiehlt, wo zwei Wölfe, der eine mit einem Welt¬ priester-Talare und Quadrat, der andere mit einem Mönchs- Habite bekleidet — ein Lamm zerreißen. Eben so schließt das Buch mit einer häßlichen Karrikatur des Papstes. Wie es übrigens mit der Wahrheitsliebe und Genauigkeit des Erzäh¬ lers stehe, ist aus manchen Angaben zu entnehmen; z. B. daß ihn die Jesuiten im Kerker zur Anbetung der Heiligen vermahnt hätten; wie er auch für seine Gegner weltlichen und geistlichen Standes nie ein ehrbares Wort hat: der Papst ist der römische Antichrist, die Jesuiten: Jebusiter oder Esauiter, Herr von Mooßheim ein sonderlicher Mameluk, Costede ein henkermäßiger blutdürstiger Italiener u. dgl. Paulus Odontius war aus Werda in Meißen ge¬ bürtig, und wurde 1595 als Alumnus im Kollegium des Stif¬ tes zu Gratz ausgenommen, wo er mit solchem Erfolge sich im Predigen übte, „daß das Konsistorium bald seine Quali¬ täten und die ihm von Gott verliehenen Gaben verspürte". Im März 1598 wurde er von der Witwe Hy polita, Freiin von Wind ischgr ätz als Prediger auf ihr Schloß Wald¬ stein berufen. Dieselbe starb jedoch auf einer Reise nach si Kurze und wahrhafte historische Erzählung, wie und welcher Gestalt Paulus Odontius, gewesener evangelischer Prediger zu Waltstein in Steierin, wegen der Lehr und Predigt des heil. Evangelii, von der grätzerischcn Inquisition gefänglich eingezogcn, auch umb dessen stand¬ haften Bekenntnis; zweimal zum Tode verurtheiit, aber durch göttli¬ che Hülf allein, wiederum aus der Feinde hende und Banden wun- derbarlicher weise loß und ledig worden. Beschrieben von ihme selb- sten. Magdeburg!. 1603. 2) Hypolita starb, nach dem Zeugnisse des Odontius selbst, ^nno 1598 im Oktober; — in dem Werke: „der Gratzer Schloßberg", Gratz 1856 219 Oesterreich, die sie in Begleitung des Odontius unternommen, „um dieselbe Zeit, da die Prediger des heil. Evangclii aus Gratz verjagt wurden". Odontius erwartete daher, er werde von den Vormün¬ dern der jungen Herren von Windischgrätz seines Dienstes entlassen werden, allein er erhielt die Aufforderung, wieder nach Waldstein zurückzukehren; und er hielt es für seine Pflicht, dieser „Vokation zu folgen", — wobei mau sieht, daß dieser Prediger des „reinen Wortes" cinen ganz absonderlichen Be¬ griff vom Gehorsam hatte. Er erzählt, daß, seitdem er wieder in Waldstein war, zwei Dekrete von der „Inquisition" zu Gratz ausgegangen sind, worin allen Herren und Land¬ ständen aufgctragen wurde, ihre Prädikanten abzuschaffen; — daß überdieß viele andere Special-Mandata vom Landes- Herrn an die Vormünder und an den Pfleger zu Waldsteiu gekommen waren, den Odontius zu entlassen; weil aber ihm (dem Odontius) selbst kein „Mandatum" zugekommen war, so mußte er seiner „gnädigen Obrigkeit folgen" — und blei¬ ben, um „die abscheulichen Jrrthume des verdammlichen Bapst- thums zu widerlegen", wobei er auch die Freude erlebte, daß mehrere, „die alberest dem römischen Antichrist im Rachen ge¬ steckt, und aus dem Kelch aller Abgötterei und Greuels der Babilonischen Hure getrunken, wiederumb nüchtern gemacht, und demselben entrunnen sind. Welches dem geschornen Geist¬ losen Haussen zu Gretz über die maß übel verdrossen". Eine solche Mißachtung wiederholter landesherrlicher Be¬ fehle durfte nicht ungestraft fortbcstehen. Im April 1602 er¬ hielt Hauptmann Böttinger Befehl, das Schloß Waldstein zu bekennen, und den Prädikanten nach Gratz zu bringen. Ob S. 37. aber wird berichtet, daß sic im Jahre 1602 sammt ihren Söh¬ nen, in Eisen auf dem Schloßberge saß. (Die armen verfolg¬ ten Protestanten!) 220 es dabei so fürchterlich zuging, wie Odontius die Einnabme des Schlosses beschreibt, und wobei in seinem Zimmer von den Soldaten an Geld und Gut bei 1500 fl. im Werthe ge¬ raubt worden seyen, — lassen wir dahingestellt. Odontius hatte sich im bloßen Hemde geflüchtet, „ließ sich aber dann gutwillig berfür" ^), wurde vom Hauptmanne gefangen ge¬ nommen und nach Gratz geführt, und dort „in der fürstlichen Burg in ein Gewölb, welches die Brnnncrin genennet wird, geleget, und in demselben zehen Wochen gefänglich gehalten". Die beiden jungen Herren von Windischgrätz zogen sammt dem Pfleger auch mit nach Gratz, um sich über das Gesche¬ hene zu beschweren und ihren Prädikanten zu Vertheidigen ?); aber ihre Widersetzlichkeit zog ihnen anch Gefangenschaft von einigen Wochen auf der Festung zu Gratz, und eine Geld¬ buße zu. Im Gefängnisse besuchten ihn nun zu wiederholten Ma¬ len die Jesuiten, und suchten ihn für die katholische Kirche zu gewinnen. Daß er sich nicht bekehrte, wird ihm Niemand übel nehmen, daß er aber in den Bemühungen der Jesuiten nichts als List, Betrug und Falschheit erblickte, zeigt nur, daß er einer unpartheiischen Prüfung nicht fähig war. Gleich Anfangs besuchten ihn drei Jesuiten, sprachen ihm freundlich (er sagt zwar „höhnisch und spöttisch") zu, daß ihm seine Bande, wie einst dem Apostel Paulus, zum Heile gereichen können. Als er, um mit ihnen über Glaubenssachen zu disputiren, eine Bibel verlangte, wurde ihm eine solche zugestellt. Sie kamen die folgenden Tage, abwechselnd mit andern, wieder; da sie jedoch nichts ausrichteten, so trat das si So erzählt Odontius. Stobäus (sxist. S. 129) aber sagt er sey nach langen Suchen in der Fleischkammer verborgen gefunden worden. 2) Stobäus berichtet dagegen, sie seyen am andern Tage nach Gratz zur Verantwortung citirt worden. 221 weltlich-richterliche Amt an ihre Stelle. Der „Mameluck und J.p08tatu" Moßhaim, Vitzthum in Steier, und „der Henkcr- messige blutdürstige Itulus" Costede befragten den Gefangenen über Verschiedenes, nnter Andern: ob die Landschaft in Steier noch andere Prediger hielte? Ob ein heimlicher Vertrag in dieser Beziehung bestehe? Ob die Landschaft den Herren von Windischgrätz nicht Beistand versprochen habe? Auf welche Hilfe er (Odontius) sich den» bei feiner andauernden Wider¬ setzlichkeit verlassen habe? Ob man nicht in den hektischen Kon¬ venten wider den Landesfürsten gebetet habe? u. dgl. Da er wenig Bescheid geben konnte oder wollte, so wurde das Ver¬ hör mehrmal wiederholt. Am 8. Mai brachten die beiden Richter auch den Henker sammt zwei Knechten mit, die auch Folterwerkzeuge („die Reckleiter") mit sich führten. Odoutius will aber in dem Henker und seinen Knechten nur verkleidete Jesuiten erkannt haben. (!) Mit der Folter war es übrigens keineswegs Ernst gewesen. Inzwischen besuchten ihn die Jesuiten täglich, und da eben die Bitt-Tage gehalten wurden, so forderten sie ihn auf, die Litanei mit ihnen zu beten, „welche desselben Tages in der Procession öffentlich geplert wurde". Allein er wollte hie¬ von und von der „Anbetung der Götzen" nichts wissen, und verlangte, sie sollten ihm in der ganzen Bibel „ein Modell zeigen, daß irgend ein Prophet, Patriarch oder Apostel einen Verstorbenen angerufen oder an gebetet hätte". Deßunge- achtet setzten die Jesuiten durch zwei Monate ihre Bemühun¬ gen fort, und zuletzt kam noch der Rektor selbst, und mahnte ihn im Auftrage des Landesfürsten, er möge sein Seelenheil bedenken, — Gnade oder Ungnade hänge davon ab. Da Alles ohne Erfolg blieb, wurde Odontius dem Stadt¬ gerichte übergeben, welches ihn nach der im Jahre 1598 er¬ gangenen landesherrlichen Verordnung zum Tode verurtheilte. Dabei beklagt sich Odontius, daß unter seinen Richtern auch — sss — etliche gesessen, und ihre Beistimmung gegeben haben, wel¬ che vormals seine Zuhörer gewesen. „Er habe den Tod, zum Troste seiner Beichtkinder, willig und gerne erlei¬ den wollen", aber man gab die Hoffnung seiner Bekehrung noch nicht auf und „es kamen zu unterschiedlichen Malen zu ihm allerlei Ordensbuben, als Eselsfarbe Barfüsser, graue Kapuciner und schwarze Esauiten, ihr Heil nochmals an ihm zu versuchen". Durch die fürstliche Begnadigung vom 29. Juli 1602 wurde das Todesurtheil in Galeerenstrafe umgeändert, was aber nach des Odontius Meinung nur darum geschehen sey, „um ihn durch dieses Mittel dem hellischen Vater, dem Bapst, als ein evangelisches Schlachtlamb zu überliefern". Er wurde nun in Ketten zu Wagen mit acht Soldaten bis Oberlaibach geführt. „Dieweil aber von Ober Labach aus ins Welschland mit Wägen zu reisen ein unmöglich Ding ist, weil die Päß so eng und böse, daß an manchen Orten die einzelnen Saum- Roß schwerlich fortkommen mögen; mußten derwegen die Hü¬ ter nothhalben ihn an den Füßen von den Eisen los machen, damit er zu Roß fitzen und reiten kunte". In Senosetsch gelang es ihm jedoch zu entfliehen; — was er mit vielem Wortgepränge, mit der wunderbaren Be¬ freiung des Apostels Petrus aus dem Kerker vergleicht, das aber in sehr trivialer Weise sich ergab. Als man in Seno¬ setsch das Nachtquartier genommen hatte, verlangte der Ge¬ fangene in den Hof, um seine Nothdurft zu verrichten. Sein Wächter wies ihn in einen Stall und wartete an dessen Thür. Der Stall hatte aber ein offenes Hinterpförtchen, durch wel¬ ches Odontius an die Stadtmauer und durch eine ebenfalls unverschlossene Thür ins Freie gelangte, worauf er sogleich dem nahen Walde zueilte. Seine Wächter (die Malchusbrü- der), die ihm sogleich mit Fackeln nachsetzten, benahmen sich etwas ungeschickt, worin Odontius erkennt, daß sie von Gott — 883 — mit Blindheit geschlagen waren. Nachdem er zwei Tage in einer Steinkluft verborgen gelegen, zog er „ungessen und un¬ getrunken" Tag und Nacht in den Wäldern, bis er am fünf¬ ten Tage nach feiner Flucht von ferne Laibach ersah. Auf mannigfachen Umwegen über die Gebirge erreichte er glücklich Sachsen. Daß übrigens die Behandlung, die er während der Gefangenschaft erfuhr, keine so harte war, beweist der Um¬ stand, daß er Geld mit ssch führte, was ihm jetzt auf der Flucht sehr zu Statten kam. 34. Schluß. Schriften, wie die obige des Odontius, mit ihren ma߬ losen Schmähungen und Uebertreibungen mußten auch dem protestantischen Auslände erschreckende Begriffe über die „In¬ quisition" in Steiermark und über Ferdinand beibringen. Dazu kamen Briefe, welche die Protestanten nach Deutschland schrie¬ ben, und die heuchlerischen Klagen von Ausgewanderten, daß sie ihr Vermögen in Steiermark zurücklaffen mußten, während sie in Wahrheit nur Schulden hinterließen '). Daher wurden dem Erzherzoge von allen Seiten her Schreiben zugesandt, welche Bitten, Warnungen, Vorwürfe und Drohungen enthiel¬ ten. Nachdem dieß Ferdinand ein Paar Jahre lang ausge¬ halten hatte, gingen ihn im Jahre 1605 die protestantischen Ständeglieder wieder um Erlaubniß an, ihre Religion aus¬ üben zu dürfen. Sie meinten, sein Eifer für die katholische i) Auch die Gemeinde-Kassen wurden bei dieser Gelegenheit in Anspruch genommen: so erhielt Georg Fistulator (Pfeifer), gewesener lutheri¬ scher Gesellpriestcr zu Mureck, am 14. Jänner 1600 aus der dortigen Marktkasse 10 fl. „zu einer kleinen Reisezebrung"; und im folgenden Jahre wurde seiner zurückgebliebenen „Wittwe" eine Unterstützung bewilligt. (Murecker Rathsprotokoll.) 224 Religion dürfte sich nun gelegt haben, und setzten ihre Hoff¬ nung auf seine natürliche Herzensgüte. Sie bathcn ihn um die Erlaubniß, ihren Gottesdienst halten zu dürfen, nm die Zurücknahme der gegen das Lutherthum erlassenen Verordnun¬ gen, und um Gestattung der Rückkehr für die Ausgewander¬ ten. Sie brachten auch einige seiner Räthe auf ihre Seite, die ihm demnach vorstelltcn, er müsse von seiner Strenge ge¬ gen die protestantischen Ständeglieder nachlassen, sonst würde der größte Theil des Adels mit seinem Vermögen das Land verlassen, und dieses dadurch arm und wüst werden. Wirk¬ lich kam es dahin, daß bereits im Rathe Ferdinands darüber verhandelt wurde. Einige Räthe waren dafür, andere dar- wider i). Den Ausschlag darüber gab wieder der Bischof von Lavant, Stobäus, Statthalter von Gratz, der durch ein schrift¬ liches Gutachten den Erzherzog mittelst der triftigsten Gründe bewog, sich selbst getreu zu bleiben. Er mahnt ihn, er möge in der Berthe idigung des katholischen Glaubens eben so beharrlich seyn, wie die Geg¬ ner in der Verfechtung ihrer Neuerung. Diese ar¬ beiten für ihre Gelüste, er aber kämpfe den Kampf Gottes. Durch jede Nachgiebigkeit werden die Akatholischen, wie die Erfahrung lehrt, nur verwegener, uno es steht wieder das Ganze, — auch das landesfürstliche Ansehen, in Gefahr. Will man uns mit dem schrecken, daß der Adel auswandert? — Nun, wir wollen ihm dazu goldene Brücken bauen; — an des¬ sen Stelle wird ein anderer besserer erstehen. Wollen sic sich an uns nicht anschließen, so mögen sie ziehen, es wird aber ihre Zahl nicht so groß seyn. Der Erzherzog möge also mit Gottvertrauen das so glücklich Begonnene, zur Vollendung führen si Klein IV. 383. 2) Ztobssi exisl- S. 75. 285 Ferdinand machte zwar den Protestanten keine positiven Zugeständnisse, aber er konnte oder wollte nicht verhindern, daß sie den lutherischen Gottesdienst über der Landesgränze besuchten, oder herumschleichende Prädikanten solchen auch im Lande heimlich hielten. Daß aber Ferdinand treue Dienste und hohe Geistesgaben auch bei Andersgläubigen zu schätzen wußte, zeigt sich an Sigmund Freiherrn von Herberstein, der als Protestant bis an sein Lebensende Landeshauptmann in Steier¬ mark blieb. Von Zeit zu Zeit gab es jedoch auch offene Bewegun¬ gen, besonders damals, als die Protestanten in Oesterreich unter König Mathias wieder mit Erfolg ihr Haupt erhoben hatten. Noch im Jahre 1613 schreibt Stobäus: „Welche Mü¬ hen und Sorgen mir die Reformation während meiner zwölf¬ jährigen Statthalterschaft verursacht hat, bezeugen diese meine grauen Haare" H. Es ist natürlich, daß die Protestanten sich lange nicht mit dem Gedanken vertraut machen konnten, daß die Errun¬ genschaften ihrer vor kurzem noch so mächtigen Partei nun ganz zu Nichte sollen geworden scyn. Die ausgewiesenen Prä¬ dikanten bemühten sich auch, noch von der Ferne herein auf ihre Anhänger zu wirken. Ein gewisser Hosius „hat nach seinem Abzug eine lange Predig heimlicher Weis nach Grätz geschickt, in welcher er neben vielen lästerlichen Antastungen katholischer Religion, seinen gewesten Zuhörern den katholi¬ schen Gottesdienst bei Verlust ihrer Seeligkeit verbeut, und befiehlt ihnen, daß sie sollen dahin schauen, trachten, und ge¬ denken, damit die ausgeschafften Prädikanten wiederum zu Grätz introducirt werden. Und schreibt daneben diese auf¬ rührerische Wort: Es sollen alle sammtlich und sonderlich in den drei Landen, Steyr, Kärndten und Crayn zusammen se- h 8tobWi oxist. S. 36S. 15 S26 tzen, für ein Mann stehen, und ehe Leib und Leben, Gut und Blut darüber begehren einzubüffen, dann das köstliche Kleinod des Predigamtes zu verlieren" *). Als jedoch wiederholte Versuche, die vorige Religions¬ freiheit wieder zu erlangen, keinen gewünschten Erfolg hatten, traten allmälig auch die Adeligen zur katholischen Kirche zu¬ rück; andere ließen wenigstens ihre Kinder in derselben erzie¬ hen; andere endlich wanderten aus, wovon jedoch einige spä¬ ter wieder zurückkehrten. Ueber die Umwandlung in religiöser Beziehung bei den Adeligen in dieser Zeit, findet sich in den eigenhändigen Auf¬ zeichnungen des Seckauer Bischofs Jakob Eberlein in seinem Kalender vom Jahre 1629 eine interessante Bemer¬ kung. Derselbe notirt zum 18. Jänner desselben Jahres: „Land¬ tag (eomitin) zu Admont, wobei zugegen waren: die Bischöfe von Seckau und Lavant, die Prälaten von Rein, Neuberg, Seckau und Stainz, dann 16 Poceres, davon 3 protestan¬ tisch und 13 katholisch. Unter den 13 katholischen waren nur zwei katholisch erzogen, die Andern waren Alle Kon- vertirte" ^). Das gibt uns einen kleinen Maßstab zum Ver¬ gleiche des religiösen Zustandes, wie ihn Ferdinand in seinem Lande angetroffen, und wie er denselben umgewandelt hat. Solche Umwandlung konnte nicht durch die bloße äußer¬ liche Abstellung und den Verbot des Protestantismus zu Stande kommen; es mußte das geistige Leben im Innern der katholischen Kirche angeregt und gehoben werden. Dafür wurde denn auch angelegentlich gesorgt. Das Nothwendigste war die Herbeischaffung eines berufseifrigen Klerus: — daran aber war im Lande großer Mangel, und aus einem Visitations- Protokolle vom Jahre 1617 °) ist ersichtlich, daß unter den h Nosolenz Bl. 82. Seckauer Ordinariats - Archiv, Kalender von 1629. 2) Seckauer Ordinariats-Archiv. — S27 Seelsorgern nur wenige Einheimische, und der größte Theil aus dem Auslande Berufene waren, — aus Deutschland, na¬ mentlich aus Baieru, und für den slovenischen Theil ans Kram und Görz. Auch ist es natürlich daß die bessern Zustände nur a l l- mälig sich Bahn brechen konnten, und die Zucht und Ord¬ nung, woran durch 80 Jahre gerüttelt worden war, nur langsam wieder Wurzeln fassen konnte. — Aus dem Visita¬ tions-Protokolle von 1617 ergibt sich unter andern, daß die Spendung des heil. Sakramentes der letzten Oehlung beinahe überall ganz außer Gebrauch gekommeu, und - auch der katho¬ lische Ritus bei Begräbnissen noch wenig in Uebung war. Die Seelsorger wurden daher angewiesen, beides wieder ein¬ zuführen; insbesondere aber wird dringend eingeschärft, daß der katechetische Unterricht an Sonntagen (Christen¬ lehren) fleißig solle gehalten werden. Auch hat auf dem Lande wohl an Sonn- und Feiertagen, — selten aber an den Wochentagen ein Gottesdienst, — nicht einmal ein heil. Messe stattgefunden, da die alten Stiftungen für Jahrtage („Seelgeräth") abhanden gekommen, und solche nicht im Geiste des Protestantismus waren; auch war das Volk des Kirchenbesuches ganz entwöhnt. Ueber das sittliche Verhalten des Klerus finden sich auch noch betrübende Bekenntnisse; — in den Anordnungen in dieser Beziehung zeigt sich jedoch ne¬ ben den eindringlichsten Ermahnungen, eine von den Zeitver¬ hältnissen gebotene schonende Milde. Doch, der katholischen Kirche, — das lehrt ihre ganze Geschichte, — wohnt eine Gotteskraft inne, wodurch sie aus sich selbst zu neuem und frischen Leben sich entfaltet, wenn sie nur der äußern gewaltsamen Hemmnisse entledigt ist. Bald sah man das Volk wieder freudig seine katholischen Pflichten üben, und die reichen Gnaden- und Tugendmittel gebrauchen, „jetzt betet man wieder, man beichtet oft, man kommunicirt 15 * 228 mit großer Andacht; — das Bolk kommt fleißig in die Kir¬ chen, also, daß, obschon in der ainigen Stadt Grätz alle Sonn- und Feiertag auf's wenigste an sechs Orten Predig zu einer Stund gehalten wird, dennoch an keinem Ort die Zuhörer manglen. Das Gnadenopfer wird in allen Kirchen in Beiseyn vieles Volks verrichtet; man singet, man klinget, man lobet Gott an allen Orten mit alten katholischen Gesän¬ gen, man hört zu Feld die schönen alten katholischen Rueff und andächtigen Psalmen, welche mit großem Hall und Schall von denen einfältigen gesungen werden. Diese Veränderung hat gethan und gemacht die Rechte des Allerhöchsten. Psalm 76, 11" Andererseits fehlt es nicht an Sagen von protestanti¬ schem Uebermuthe aus dieser Zeit seiner Demüthigung. Wir wollen nur eine, durch ein Denkmal beglaubigte, anführen. Unter den Kirchengefäßen der Abtei zum heil. Grabe bei Lai¬ bach findet sich ein schöner alterthümlicher Kelch mit der Inschrift unten am Gestelle: daß der letzte Lutheraner aus der Familie von Weißeneck (Schloß unweit Wildon) aus demselben zu trinken pflegte, und endlich, da er einesmals die in der heil. Messe den Kelch nehmenden Priester spöt¬ tisch nachahmend sagte: „So leeren die Pfaffen den Kelch", rückwärts niederstürzte und mit zerschelltem Kopfe todt blieb ^). si Rosolenz B. 156. Die Inschrift lautet: „(Älioem dune Uodilis vir Onus. NuttNius kosursll odtulit oonArsZutioui vivss VirZ. NuriB ^.ssumptss, gusiu smerut uuuo Dom. N. v. 6. V. u 6urutors vom. u >Vsis- ssusglr 8tiries kroviuo. in tumiliu Ultimi VutNsruui. Ilio sx eo poturs solitus vieo guucium, 8uosräots8 in Nissu oulicem sumsu- tss imituus Nis verdis: 8ie kopi ouliesm sxNuuriuut; — retror- sum iuxsus osrsbrem illisit st kuclit, st mortuus sst. vuotum iu ures IVsissonsgk oirou >ViIäou uä murum situ". Und im Ge¬ denkbuche der Stiftung ist angemerkt: „lustruetu Mit 8uoristiu per 229 Mit der von Ferdinand dnrchgeführten Gegenreforma¬ tion ist die Geschichte des Protestantismus in der Steier¬ mark in soferne abgeschlossen, als hierdurch das zum größten Theile bereits dem Protestantismus verfallene Land nun im Ganzen der katholischen Kirche wieder zurückgegeben war. Vollkommen beseitigt wurde derselbe jedoch bekanntlich nicht. Eine geringe Zahl von „Evangelischen" blieb in Geheim, besonders in mehr abseitigen Gegenden von Obersteier, zu¬ rück. Diese erhielten und vermehrten sich durch sorgfältig be¬ wahrte und still verbreitete Traditionen, dann durch Emissäre und Bücher von Außen nach und nach so sehr, daß unter der Kaiserin Maria Theresia, Missionen und andere Anstalten zu ihrer Bekehrung versucht wurden, die aber nicht immer glücklich gewählt, und daher auch wenig erfolgreich waren, und mitunter mit Translokation nach Ungarn und Siebenbürgen endigten *). — Die noch Ucbrig gebliebenen konnten infolge des Toleranzpatentes von 1781 sich wieder öffentlich vereinigen; — bei welcher Gelegenheit jedoch — nach Aussagen bejahrter Männer, — auch manche Katholi¬ ken, von dem Jubel der Protestanten „über diese Gnaden¬ zeit, die man ja nicht unbenützt lassen soll", — bethört und verlockt, sich für „Evangelische" ausgaben. Zum Schluffe noch die Bemerkung: Wer den Charakter des Protestantismus, wie er sich in unserer Steiermark dar¬ stellte, unbefangen betrachtet, wird finden, daß er ganz der nämliche war, wie ihn schon Erasmus, der gefeiertste Ge¬ ll. j?uuäatorsrn äiversü saorä suppelleetili acl saeritioium Mssss nsesssaria; juter rsligua calioeiu proäigiosuin, a eonZrs- gg-tioiis vivss VirZ. in 6wlos asmimtss I.abaoi xretio eomMra- tum traäiäit, eum Lao inserixtione:"—Dann folgt die Inschrift, wie oben. h Die quellenmässige Darstellung bleibt einer folgenden Abhandlung Vorbehalten. 230 lehrte seiner Zeit schildert, —> er, der mehrere Jahre hin¬ durch dem Reformator Luther seinen Beifall zollte, bis er zu bemerken anfing, „daß diese Neuerungen viele verdorbene und aufrührerische Leute erzeugen, und sah, daß es auch mit den schönen Wissenschaften den Krebsgang gehe" H. Er schrieb später an Melanchthon: „Das Evangelium hat einst in der Welt ein neues Menschengeschlecht erzeugt. Was aber jetzt dieses Evangelium erzeuge, mag ich nicht sagen. —> Die, welche ich früher für die Besten, für zur Tugeud gebo¬ ren erklärt hatte, sind jetzt schlechter geworden, wie ich sehe. — Sie schreien in einen fort „Evangelium" dessen Ausleger aber wollen sie selber seyn" „Ich weiß nicht, schreibt er wieder, wie es in eurer Kirche steht: gewiß gibt es Leute in ihr, von denen ich fürchte, sie werden Alles Verkehren, und die Fürsten dahin bringen, Gute wie Böse mit Gewalt zu Paaren zu treiben. Sie führen immer das Evangelium, das Wort Gottes, den Glauben, Christum und den Geist im Munde, wenn man aber auf ihre Sitten sieht, so verkünden diese etwas ganz Anderes". „Einst machte das Evangelium die Wilden sanft, die Räuberischen wohlthätig, die Händelsüchtigen friedfertig, die Fluchenden zn Gegenden; — diese aber, die Anhänger des neuen Evangeliums, werden wie rasend, rauben mit Trug fremdes Gut, fangen allenthalben Aufruhr an, und reden auch den Verdienstvollen Böses nach. Ich sehe neue Heuch¬ ler, neue Tyrannen, aber nicht einen Funken evangelischen Geistes" ^). tz Heß, Leben des Erasmus II. S. 578. ") Dpist. Lrasini, p. 602. Opx. onw. eä. I,uxä. III. k. 818. 819. Druck und Papier von Jos. A. Kienreich in Gratz.