NalLVLM. Diographischc Zkhzc von Georg Kosmov. (Geparat-Abdruck aus Nr. 38 und 39 de« „Triglav".) Franz Malavasiö ward am 18. August 1818 in der Laibacher Vorstadt Gradisa im Hause Nr. 55 geboren, von welchem Wohnorte aber seine Eltern, Franc und Apollonia,, geborene öelickar, bald fortzogen, um in Waitsch, dann in Kolesie das Müllergewerbe zu betreiben. Auch dessen wurden sie müde und nahmen ihren Sitz mit ihrer Familie — zwei Knaben nnd drei Mädchen — in ihrem eigenen Hause in Laibach Nr. 18 in der Karlstadter-Vorstadt. Hier hatten sic Roggenbrot eigener Erzeu¬ gung zum Verkaufe, die Mutter unseres Schriftstellers stand noch beson¬ ders im Rufe vortreffliche Kuchen zn backen. Zu dieser Zeit begann Franz, im Alter von 10 Jahren, die Normalschule zu besuchen. Mit seinen Stu¬ dien gieng es anfangs nicht am besten, wahrscheinlich nur aus dem Grunde, weil er slovenischer Eltern Kind und der deutschen Sprache nicht mächtig war, in welcher damals sämmtliche Gegenstände gelehrt wurden. Doch hatte er es auch darin bald so weit gebracht, daß der Schullehrer bei sei¬ ner Prüfung den Backel ruhen ließ, wenn er gleich hin und wieder ein slovenisches Wort in den deutschen Satz einschmnggelte. Er war ein stiller, ruhiger Schüler und wurde seiner Aufmerksamkeit halber oft zur Aushilfe saumseliger Kameraden, die ihre Aufgabe nicht gelernt hatten, aufgerufcn, und — da er sich öfter wirklich auszeichnete, öffentlich belobt. Diese Ehre war des Knaben Haupttriebfeder zum Fleiße und so kam es, daß er nach drei Jahren die Normalschule mit sehr guten Zeugnissen verließ. Ob er nun seine Studien an den Nagel hängen, oder sie am Gym¬ nasium fortsetzen solle, darüber war Malavasiö gar nicht unschlüssig; aber sein Vater erschreckte ihn mit der Drohung, ihn zu einem Bäcker oder Schuster in die Lehre zu geben, damit er lerne, wie fremdes Brod munde. Nur der Ueberredung der Mutter hatte er es zu verdanken, daß dieser Entschluß nicht ausgeführt wurde, da sie dem Vater vorstellte, aus dem fleißigen Normalschüler werde ein fleißiger Gymnasiast werden und treffe dieß ja nicht ein, so sei es nach Jahr und Tag noch immer Zeit, ihn ein Handwerk lernen zu lassen. Diesem klugen Vorschläge fügte sich der Vater, wenn auch nicht sehr gerne, und Fränzchen begann zu singen und zu jubeln, als er hörte, sein sehnlichster Wunsch sei erfüllt. Am 4. November 1830 trat Malavasiö ins Gymnasium ein und widmete alle seine Zeit der Erwerbung von Kenntnissen, wobei ihn sein tüchtiger Lehrer, Prof. F. Heinrich treulich unterstützte. Daß seine Eltern damit groß zufrieden waren und der Vater ihn nicht mehr mit dem Phantom eines Lehrbuben ängstigte, bedarf keiner Erwähnung. Er voll¬ endete die erste lateinische Schule mit recht gutem Erfolge, ebenso die zweite. In der dritten hatte er schon den dritten Platz errungen und wurde mit einem Schnlpreise betheilt. — Als Heinrich den Hellen Sinn des Knaben und seine Begabung für Poesie erkannt hatte, suchte er den¬ selben auf alle Weise zu wecken und zu fördern und daher kam es, daß der junge Syntaxist die Erstlingsblüten seiner Mnse in deutscher und slovenischer Sprache unter dem Pseudonym „Milko" erscheinen ließ. So machte Malavasiö, immer einer der besten Schüler, das Gymnasium durch und verließ es am Ende des Schuljahres 1836. Sein letzter Professor war C. Martina! gewesen. Zu Allerheiligen desselben Jahres bezog er die „Siebente", damals Philosophie genannt. Hier begann er, einige Ge¬ genstände schwieriger und unangenehmer zu finden; so hatte er besonders mit der höheren Mathematik seine liebe Noth. Vielleicht trug an seinen schwächeren Leistungen auch seine fortwährende Beschäftigung mit Unter- richtertheilen Schuld, da er sich dieß als armer Student auch angelegen sein lassen mußte. Trotzdem hatte er am Ende des Jahres 1839 die Philosophie mit gutem Fortgänge absolvirt. Neben diesen Fächern hörte Malavasiö wißbegierig anch andere, deren Betreibung dem freien Willen der Studierenden anheimgestellt war; so im Jahre 1837 die Naturwissenschaften, worüber Dr. Fr. Hlubek Vorträge hielt. Mit besonderem Eifer trieb er auch Slovenisch bei Pro¬ fessor F. Metelko und zeigte bei der öffentlichen Prüfung am 10. Juli 1839, daß er der Sprache vollkommen Herr sei. Zugleich besuchte er die Vorträge über alte Geschichte von Prof. E. Rebitsch und auch darin blieb er nicht zurück. Nach Ablauf seiner philosophischen Lehrjahre wußte Malavasiö nicht, wohin er sich wenden sollte; er dachte und dachte darüber nach, welcher Weg für ihn einzuschlagen wäre — in der That ein wenig er¬ freuliches Sinnen für einen 21jährigen Jüngling ohne Vermögen, ohne hinreichende Unterstützung. Seine Bekannten erinnerten ihn, zur Buchhal¬ tung einzntreteu, da er hier am schnellsten sein eigen Brod essen könnte, — allein — die Ziffern waren ihm schon seit langem ein Dorn im Auge. Jedes Fach will ich lieber ergreifen, als bei der Buchhaltung — sagte er mir häufig — hier will ich niemals meine Zeit versitzen. So schlenderte er hie und da herum, die Zeit verstoß, er hatte keine lohnende Beschäfti¬ gung, kein Brodstudium noch begonnen und ein Schuljahr war verloren. Damit man ihm jedoch nicht das „cioloo iar uisirte" zum Borwurf machen könne, hörte er Dr. I. CH. Pogaöar's Vorlesungen über „Er¬ ziehungskunde"; zugleich gab ihm das Privatunterrichten durch das ganze Schuljahr 1840 viel zu thun. Im Herbste desselben Jahres gegen Aller¬ heiligen traf ich ihn in der Nähe der Post; mit zufriedener Miene sagte er mir: „Sieh, Lieber, soeben habe ich an unseren Freund M. Z. in Graz einen Bries abgesendet, worin ich ihm melde, daß ich nächste Woche daselbst eintreffen werde, um dort die Rechtsstudien zu machen; ich will sehen, ob es gehen wird! Z. schreibt mir, daß er mir eine Lek¬ tion verschafft habe, die ich sogleich autreten kann und wodurch ich für Alles gedeckt bin." — „Gott verhelfe Dir dazu! erwiederte ich, bevor Du uns jedoch den Rücken kehrst, müssen wir uns noch einmal einen ver¬ gnügten Abend machen!" Und so geschah's als Abschiedsseier. Nach etwa 12 Tagen schrieb er mir schon fröhlich aus Graz, daß er wirklich die Stelle eines Informators bei dem Assekuranzbeamten Q. erhalten habe, von dem er in Kost und Wohnung freigehalten werde. „So fehlt mir jetzt nichts anderes, als noch zuweilen ein Nebenverdienstchen und Geld für andere Bedürfnisse, aber Gottlob! daß ich nur Kost und Wohnung habe; ich hoffe, mit der Zeit schon etwas zu bekommen." Aber das freute ihn nicht, täglich dachte er mehr nach Laibach zurück, vor¬ zugsweise, weil ihn der Gedanke ausschließlich beherrschte, er könne sich durch seine Kenntniß der slovenischen Sprache am leichtesten und schnell¬ sten etwas erwerben. In Graz blieb er nur zwei Jahre. Da man aber in Laibach ernst¬ lichst von der Herausgabe der „Novice" zu sprechen anfieng, da litt es ihn nimmer in der Steiermark, er eilte nach Laibach, gab dem ^us Ab¬ schied und wollte sich ganz der „Novice" widmen. Als im Jahre 1843 die krainische Landwirthschafts-Gesellschaft auf besonderes Betreiben des Erzherzogs Johann die Befugniß erhielt, die „Novice" erscheinen zu lassen, und sie die Redaktion ihrem Sekretär, Herrn Dr. I. BleiweiS anvertraute, wurde dabei auch Malavasiö, auf Antrag des Dr. Blei- weis, als Uebersetzer angestcllt. Zu jener Zeit gab es nämlich noch äußerst wenig slovenische Schriftsteller, sie waren so zu sagen Weiße Sperlinge, daher mnßte das Meiste aus anderen Sprachen übersetzt werden und eben für diese Arbeit war Malavasiö wie geschaffen. Doch auch dabei blieb er nicht. Seine Mutter und seine Schwester machten ihm Vorwürfe, was er denn doch denke, daß er bei keinem Stande lange ausharre. Dieser Vor- Wurf gieng ihm aber so sehr zu Herzen, daß er beschloß zur Finanzwache zu treten, sei es, wie es wolle, von welchem Vorsatze ihn aber glücklicher¬ weise sein Freund, der bekannte heimatliche Literat Babnigg, abbrachte. B. kam nämlich eines Tages bald nach 11 Uhr in seine Wohnung. Er pocht an die Thüre, hört aber keine Antwort aus der Stube. Er trit zu Malavasiö' Mutter und fragte sie, ob Franz nicht zu Hause sei. „O Wohl, er ist zu Hause", gab sie ihm freundlich zur Antwort; „be¬ mühen Sie sich nur hinein, ich glaube, er kleidet sich eben an, um aus¬ zugehen". B. trit in die Stube mit den Worten: „Guten Tag, Franz, du bist ja ganz in Gedanken versunken, hast gar nicht gehört, als ich an¬ klopfte und wie ich sehe, bist Du im Begriffe fortzugehen, wohin führt Dich denn Dein Weg?" — „Zum Finanz-Kommissär Kr - z". — „Was hast Du denn bei ihm zu thun?" sragi B. neugierig. — „Ach was! ich bin Alles überdrüßig; schon so vielerlei habe ich unternommen und es ist mir nie geglückt. Noch dieß letzte will ich versuchen, ich will sehen, ob mit mehr Erfolg!" — Und nun erzählte ihm Malavasiö Alles, seine Unzufriedenheit und seinen Entschluß. B. aber fiel ihm in die Rede: Thue doch dieß nicht, Franz! das ist ein Dienst, den Du nur in der äußersten Noth ergreifen solltest und meiner Ansicht nach kannst Du diesen Schritt noch lange ruhen lassen; Du hast ja bei der Mutter die Wohnung und Kost; für die Kleidung erwirbst Du dir hie und da auch einiges Geld, was willst Du mehr? Höre mich an, wäre es nicht klüger. Du studiertest die Chirurgie, in drei Jahren vollendest Du den chirurgischen Kursus, machst die Prüfungen und bist Dein eigener Herr; ungebunden und hast Du etwas Glück, so kann Dir ein gutes Einkommen und ange¬ nehmes Leben nicht fehlen. Folge mir, Du wirst mir später Recht geben; schlage Dir die Träumereien aus dem Sinn, gehe zu Dr. Zh. und hole dießbezüglich seinen Nath ein, er ist ein erfahrener Mann und wird Dich gewiß unterstützen. Und nun geh, geh und laß die verzweifelten Gedanken! — „Ich danke Dir, mein Freund, fast möchte ich sagen, Du hast mir einen Stein vom Herzen genommen. Deinem Nathe will ich folgen, warte nur einen Augenblick, wir wollen sehen, was meine Mutter dazu meint." — Die Mutter bekräftigt freudig Alles, damit sie nur ihr Fränzchen zu Hause behalte. Uebrigens stimmte diesem Vorsatze Malavasiö's Jedermann bei, dem er nur etwas davou erzählte. Als die chirurgische Schule im Laibacher Spitale im Herbste 1845 eröffnet wurde, trat Malavasiö in dieselbe ein. Zuerst fand er au einigen Gegenständen nicht sonderlich Gefallen; weil er aber einsah, diese würden ihm zuerst zu einer selbstständigen Stellung verhelfen, so betrieb er sie fleißig, besonders froh darüber, daß seine Professoren gegen ihn so freund¬ lich gesinnt waren. Es verflossen drei Schuljahre, wie Frühlingsnebel, so schnell. Nach absolvirtem theoretischen Kursus befaßte er sich 1848 mit der medizinischen Klinik, um sich in der Heilkunde auszubilden und seine Aufgabe zu lösen. Nach kurzer Zeit unterzog er sich den strengen Prüfun¬ gen und erhielt das Diplom eines Chirurgen. Da aber eben zu dieser Zeit die Landesregierung einen Uebersetzer der kais. Gesetze und Verordnungen in die slovenische Sprache für das Land Kram brauchte, so war die Konkursausschreibung dieser Stelle Wasser auf Malavasiö's Mühle. Um diese Stelle, mit welcher ein Gehalt von monatlich 50 sl., seit 1861 nur monatlich 20 fl. verbunden war, bewarb er sich, erhielt sie auch und verblieb in derselben bis zu seinem Tode, der ihn am 28. Januar 1863 im 45. Lebensjahre zur größten Betrüb¬ nis; seiner Witwe und zweier Töchter ereilte. Ich brauche nicht erst zu sagen, daß Malavasiö ein trefflicher Dich¬ ter war, — seine Lieder singen und sagen von ihm — nur dieß haben wir zu beklagen, daß er kurz vor seinem Tode noch ziemlich viele unge¬ druckte Gedichte einem Slaven, — seine Witwe meint, einem Kroaten — lieh, der aber jetzt spurlos verschwunden ist. Wünschenswerth wäre es, die¬ ser schickte die Gedichte der Witwe zurück, damit die Freunde des Ver¬ ewigten sie doch an's Tageslicht fördern und dem Drucke übergeben könnten Außer seinen Gedichten schrieb er auch in Prosa und übersetzte sehr lehrreiche und unterhaltende Büchlein: 1. ^ormlat kralj svi sin 12 Unclijs. Aus dem Deutschen des Chr. Schmid. Laibach 1840. 2. Clonovsta. AuS dem Deutschen des Chr. Schmid. Laibach 1841. 3. Dimotsj in kilsmon. Aus dem Deutschen des Chr. Schmid. Laibach 1842. 4. Klrarsm 12 stamo. Eine Erzählung aus dem 15. Jahrhunderte. Laibach 1845. 5. 2Iata vas. Goldmacherdorf, lehrreiche und kurzweilige Erzählung. Laibach 1849. 6. kravi Llovenoc. Zeitschrift zur Bildung der Nation. Jahr¬ gang 1849. 7. Llovsnska Llovnioa 2a p>rvo slovensko solo. Laibach 1849. 8. Oöo Krok Ruäeoki, 0. k. maršal. Laibach 1852. 9. 8 trie Domova koöa ali Li vij soj o 2ainoroor v rolmik clrLa- vak severno Omoriko. Laibach 1853. (Eine Uebersetzung von „Onkel Tom's Hütte", von Mrs. Beecher.) 10. I-sLnjivi kljukec. Laibach 1856. (Eine Uebersetzung des Münchhausen.) 11. Lrivioa 2a krivico. Eine Erzählung aus der Zeit der russi¬ schen Kaiserin Katharina H- Laibach 1859. 12. Kram und das Deutschthum? Entgegnung auf die Flugschrift: „Das Deutschthum in Kram". Laibach 1862. Darin widerlegt er deutsche Ansichten. Dies war sein letztes Werk. Gedruckt bei Josef Blasnik in Laibach. — Bcrlag von Georg Kosmao.