ATLANTI • 25 • 2015 • n. 1 Digitale Archivierung in Österreich Susanne FRÖHLICH, Mag. phil . Österreichisches Staatsarchiv, Abteilung Archiv der Republik (ÖStA/AdR). Archivarin und Bestandsgruppenleiterin für Justiz, Auswärtige Angelegenheiten und Oberste Behörden. Koordinatorin für die Bewertung und Übernahme digitaler Akten sowie Kundenkoordinatorin und Fachexpertin des Digitalen Archivs Österreich, Nottendorfer Gasse 2, A-1030 Wien e-mail: susanne.froehlich@oesta.gv.at Elisabeth SCHÖGGL-ERNST, Mag. Dr. phil. Steiermärkisches Landesarchiv, Karmeliterplatz 3, A-8010 Graz e-mail: elisabeth.schoeggl-ernst@stmk.gv.at Digital Long-Term-Preservation in Austria ABSTRACT Long-term-preservation is a much discussed topic and a lot of institutions seem to deal with this question. But most of them are only saving digital data. The authors give a review on considerations and strategies for a long-term preservation of cultural heritage in Austria. The Austrian State Archives already have established an electronic long-term archive for the permanent storage of digital data, called "Digital Archive Austria". The modular software is based on the Open Archival Information System (OAIS) reference model and follows the concept of a service-oriented architecture with an interface to archival information systems. A web shop with a billing system is part of the service for the access to digital data. For reasons of cost efficiency the Austrian Federal Chancellery has purchased a general license enabling all Austrian provinces, cities, communities and other public authorities to use this archive solution without having to pay license fees all over again. Key words: long-term preservation, e-records, digital data, cultural heritage, OAIS reference model, archival information system La conservazione digitale a lungo termine in Austria SINTESI La conservazione a lungo termine e un argomento molto discusso e molte istituzioni sembrano affrontare questo problema, ma la maggior parte di loro salvano solamente dei dati digitali. Gli autori offrono una panoramica su considerazioni e strategie per una conservazione a lungo termine del patrimonio culturale in Austria. L'Archivio di Stato austriaco ha gia istituito un archivio elettronico di lunga durata per la memorizzazione permanente di dati digitali, denominato "Digital Archive Austria". Il software modulare si basa sul modello di riferimento Open Archival Information System (OAIS), e segue il concetto di un'architettura service-oriented con un'inter-faccia per i sistemi informativi archivistici. Un negozio web con un sistema di fatturazione e parte del servizio per l'accesso ai dati digitali. Per ragioni di efficienza dei costi, la Cancelleria federale austriaca ha acquistato una licenza generale che consenta a tutte le province, le citta, le comunita e le altre autorita pubbliche austriache di utilizzare questa soluzione di archiviazione, senza dover nuovamente pagare diritti di licenza. Parole chiave: conservazione a lungo termine, archivi elettronici, dati digitali, eredita culturale, OAIS, sistema di archiviazione delle informazioni Dolgoročna digitalna hramba v Avstriji IZVLEČEK Dolgoročna digitalna hramba je tema mnogih razprav in veliko institucij se ukvarja s tem vprašanjem. Vendar jih večina digitalne podatke samo hrani. Avtorji v prispevku predstavljajo premisleke in strategije za dolgoročno ohranjanje kulturne dediščine v Avstriji. Avstrijski državni arhiv je že vzpostavil elektronski arhiv za trajno shranjevanje digitalnih podatkov "Digital Archive Austria". Modularna programska oprema temelji na Odprtem Arhivskem Informacijskem Sistemu (OAIS) in sledi konceptu uporabniško usmerjene arhitekture z vmesnikom do arhivskega informacijskega sistema. Spletna trgovina s sistemom za zaračunavanje je del storitve za 265 ATLANTI • 25 • 2015 • n. 1 Susanne FRÖHLICH - Elisabeth SCHÖGGL-ERNST: Digitale Archivierung in Österreich, 265-274 dostop do digitalnih podatkov. Zaradi stroškovne učinkovitosti je avstrijska Zvezna vlada kupila splošno licenco, ki omogoča vsem avstrijskim deželam, mestom, občinam in drugim javnim organom, da uporabljajo to arhivsko rešitev, ne da bi morali plačevati licenčnino. Ključne besede: dolgoročna hramba, e-arhivsko gradivo, digitalni podatki, kulturna dediščina, OAIS, arhivski informacijski sistem Digitale Langzeiterhaltung in Österreich ZUSAMMENFASSUNG Langzeitarchivierung ist ein viel diskutiertes Thema, und viele Institutionen scheinen sich damit zu beschäftigen. Aber die meisten setzen Langzeitarchivierung mit der dauerhaften Speicherung der Daten gleich. Die Autorinnen geben einen Überblick über Überlegungen und Strategien zur dauerhaften Sicherung des kulturellen Erbes in Österreich. Das Österreichische Staatsarchiv hat bereits ein Langzeitarchiv für die dauernde Archivierung digitaler Daten geschaffen, das „Digitale Archiv Österreich". Die modulare Software basiert auf dem Referenzmodell des Open Archival Information System (OAIS) und folgt dem Konzept einer serviceorientierten Architektur mit einer Schnittstelle zu den Informationssystemen. Ein Webshop mit einem Zahlungssystem ist Teil dieses Services für den Zugang zu den digitalen Daten. Aus Gründen der Kosteneffizienz hat das Österreichische Bundeskanzleramt eine Generallizenz erworben, die es allen österreichischen Bundesländern, Städten, Gemeinden und anderen öffentlichen Stellen ermöglicht, sich dieser Langzeitarchivierungslösung anzuschließen, ohne weitere Lizenzkosten übernehmen zu müssen. Schlüsselworte: Langzeiterhaltung, digitaler Daten, Kulturerbe, OAIS, Archiv Informationssysteme 1 Elektronischer Akt und digitale Langzeitarchivierung - ein Überblick Der elektronische Akt ist in der öffentlichen Verwaltung des Bundes und der Länder in unterschiedlichem Umfang eingeführt. Während die Bundesverwaltung in Wien bereits seit mehr als zehn Jahren elektronische Akten erzeugt, ist die Umsetzung in den österreichischen Bundesländern verschieden weit gediehen. Neben den Bundesministerien sind die Landesverwaltungen von Vorarlberg (seit 1996) und Salzburg (seit 2010) flächendeckend auf eine vollelektronische Aktenführung umgestiegen. Auch das Land Niederösterreich, das bereits seit 1993 den elektronischen Akt verwendet, hat diesen beinahe zur Gänze im Einsatz. In Wien wird zwar in allen Magistratsstellen elektronisch protokolliert, der ausschließlich elektronisch geführte Akt inklusive Content ist jedoch nur rudimentär umgesetzt. Die Länder Oberösterreich und Steiermark peilen eine vollständige Ausrollung bis 2018/20 bzw. 2016 an. Das Bundesland Kärnten arbeitet hauptsächlich mit einer elektronischen Protokollierung, während das Burgenland eine solche gerade erst einführt. In sechs der neun Bundesländer sowie in der Bundesverwaltung kommt der elektronische Akt der Firma Fabasoft zum Einsatz. Drei Landesverwaltungen verwenden entweder selbst entwickelte Programme oder andere Produkte. In einigen Ländern erfolgte die Implementierung der elektronischen Verwaltung in Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Landesarchiv. Hier wurden die Aktenbewertung und Aussonderung als wichtige Schritte für die Archivierung diskutiert. Dort, wo den Archivaren eine Mitwirkung nicht ermöglicht wurde, müssen viele grundlegende und vorausschauende Überlegungen für eine Langzeitarchivierung erst im Nachhinein erfolgen. Erfahrungen aus der Zeit der elektronischen Protokollierungen zeigen, dass die deskriptive Metadatenerstellung nachlässig durchgeführt worden ist. Den Anwendern wurde ein einfaches Wiederfinden der Daten in der elektronischen Welt verheißen. Daher erachtete man eine Aktenführung gemäß Aktenplänen und eine aussagekräftige Formulierung von Aktenbetreffen als minder wichtig. Wenn also aus den Metadaten nicht immer sinnvolle Informationen über den Akteninhalt zu entnehmen sind, konnte man sich in der analogen Welt notfalls noch durch die Einsichtnahme in den Akt behelfen. Beim elektronischen Akt, dessen Inhalt andernfalls nur mit Hilfe von Volltext- und semantischen Recherchen zu erschließen ist, wäre die exakte Metadatenerstellung allerdings umso wichtiger. Von den Verwaltungen der österreichischen Länder hat sich bis dato lediglich das Land Salzburg bereits für eine Lösung zur Langzeitarchivierung seiner elektronischen Daten entschlossen, die eine Einstiegsvariante darstellt. Alle anderen Landesverwaltungen haben sich mit diesem Thema entweder noch nicht auseinandergesetzt oder sie sondieren den Markt. Die meisten warten die kommenden 266 ATLANTI • 25 • 2015 • n. 1 Susanne FRÖHLICH - Elisabeth SCHÖGGL-ERNST: Digitale Archivierung in Österreich, 263-274 Entwicklungen und vor allem die Erfahrungen des Österreichischen Staatsarchivs mit der Langzeitarchivierung ab. Im Folgenden wird die einzige in Betrieb stehende umfassende Lösung der Langzeitarchivierung in Österreich näher erläutert. 2 Das "Digitale Archiv Österreich" 2.1 Vom Projekt zur Lösung Im Jahr 2000 wurde auf politischer Ebene ein neues 10-Jahresprogramm zur Weiterentwicklung der Europäischen Union beschlossen. Diese sogenannte "Lissabon-Strategie", sollte die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Mitgliedstaaten stabilisieren bzw. steigern und die EU mit Hilfe moderner Technologien zum dynamischsten und innovativsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt machen. Im Schlussprotokoll des Europäischen Rates von Santa Maria da Feira im Juni 2000 wurde dies wie folgt definiert: "Der Europäische Rat billigt den umfassenden "e-Europe"-Aktionsplan 2002 und fordert die Organe, die Mitgliedstaaten und alle anderen Beteiligten auf, seine vollständige Durchführung bis 2002 sicherzustellen und langfristige Perspektiven für eine wissensbasierte Wirtschaft zu entwickeln, die dazu beitragen, daß die gesellschaftliche Integration mittels der Informationstechnologien gefördert und die digitale Kluft überwunden wird. Als kurzfristige Priorität sollten die notwendigen Schritte unternommen werden, um die Kosten für den Zugang zum Internet durch eine Entflechtung auf der Ebene der Teilnehmeranschlüsse zu senken. [...j"1. Die Umsetzung der Vereinbarungen von Lissabon erfolgte auf nationaler Ebene und bedeutete im Falle Österreichs den Startschuss zu einer beispiellosen E-Government-Offensive im Mai 2003. In knapp 15 Jahren wurden in mehreren Etappen zahllose Rechtsgrundlagen, Gremien, Initiativen und Projekte auf dem E-Government-Sektor auf den Weg gebracht, welche international bereits mehrfach mit Auszeichnungen und Preisen gewürdigt wurden. Auch ist Österreich in vielen Bereichen federführend und beispielgebend in der Anwendung digitaler E-Gov-Lösungen2. Für die öffentliche Verwaltung vollzog sich der digitale Paradigmenwechsel auf Bundesebene im Rahmen der flächendeckenden Einführung des "ELAK im Bund" im Jahr 20043. Auf Basis des vollwertigen Dokumentenmanagementsystems "E-Gov-Suite" der Firma Fabasoft sind seitdem alle Bundesministerien dazu angehalten ihre alltägliche Aktenführung weitgehendst papierlos und ohne Medienbrüche abzuwickeln. Ebenso gelten seit diesem Zeitpunkt ausschließlich die mittels ELAK erzeugten Dokumente als rechtliche Originale und sind somit gemäß Bundesarchivgesetz die zu archivierenden Unterlagen der österreichischen Bundesverwaltung. Bereits kurze Zeit später entstanden im Rahmen einer innerösterreichischen Kooperation zwischen Bund, Länder, Städten und Gemeinden (BLSG) diverse Arbeitsgruppen4, welche sich mit den neuen digitalen Herausforderungen beschäftigten. So wurde bereits 2005/2006 die sogenannte "di-gLA-Konvention", ein allgemeines Empfehlungsdokument zu Grundsätzen der digitalen Archivierung, herausgegeben5. Parallel dazu wurde ein elektronischer XML-Standard (EDIAKT II) entwickelt, der den Austausch unterschiedlicher Verwaltungsdokumente zwischen den einzelnen Behörden ermöglichen bzw. erleichtern sollte6. 1. Europäisches Parlament (2000). Europäischer Rat Santa Maria da Feira 19.-20.06.2000: Schlussfolgerungen des Vorsitzes. Punkt 20. Zu finden unter http://www.europarl.europa.eu/summits/fei1_de.htm (Download vom 11.05.2015). 2. Eine Aufzählung der aktuellen Good/Best-Practices aus 15 Jahren E-Government in Österreich findet man unter http://www.digitales.oesterreich.gv.at/site/5250/default.aspx (Download vom 11.5.2015). 3. Details zu Konzepten und Umsetzung des elektronischen Aktes finden sich unter http://www.digitales.oesterreich.gv. at/site/5286/DesktopDefault.aspx?tabid=5286 (Download am 11.5.2015). 4. Ausführliche Informationen zu allen Projekten und Arbeitsgruppen der BLSG sind unter http://reference.e-government. gv.at/Dig__Langzeitarchivierung.740.0.html (Download am 11.5.2015) zu finden. 5. Empfehlung für die digitale Langzeitarchivierung von Verwaltungsinformationen. digLA-Konvention V 1.0.0. BLSG, 23.5.2006. Zu finden unter http://reference.e-government.gv.at/uploads/media/digLA_1-0-0_20061115_05.pdf (Download am 11.05.2015). 6. Empfehlung für das XML-Schema zu EDIAKT II. EDIAKT II-Konvention V 1.1.0. BLSG, 14.12.2005. Zu finden unter http://reference.e-government.gv.at/Veroeffentlichte-Informationen.601.0.html (Download am 11.05.2015). 267 ATLANTI • 25 • 2015 • n. 1 Susanne FRÖHLICH - Elisabeth SCHÖGGL-ERNST: Digitale Archivierung in Österreich, 265-274 Das Österreichische Staatsarchiv (ÖStA) als die für die Archivierung des Bundesschriftgutes zuständige Stelle7 war in Folge dazu aufgefordert, ein für digitales Material geeignetes Speichermedium, ein digitales Archiv, zu entwickeln. Auf Initiative des dem Staatsarchiv vorgesetzten Bundeskanzleramtes wurde 2006 eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, die basierend auf den allgemeinen Erkenntnissen der digLA-Konvention und dem bereits als Referenz vorgegebenen OAIS-Modell erste konkrete Anforderungen für ein digitales Archiv des Österreichischen Staatsarchivs erarbeitet hat. Da offensichtlich war, dass das Staatsarchiv ein Projekt dieser Größenordnung nur mit externer Unterstützung, insbesondere mit einem Partner der die technische Entwicklung verantwortet, durchführen kann, wurde ein spezifisches Ausschreibungsverfahren gestartet. Ab April 2007 wurden in langwierigen internen Evaluierungsprozessen die Rahmenparameter für ein digitales Archiv abgesteckt und 2008 in einer ersten Runde zur "Interessentensuche" veröffentlicht. Die darauffolgende Bieterrunde gemäß den gültigen Ausschreibungsgesetzen brachte im Dezember 2009 den Zuschlag für Atos IT Solutions and Services (damals noch Siemens IT Solutions and Services). Als Subunternehmer und Softwarelieferant fungiert die in Abingdon, Oxfordshire, beheimatete Firma Tessella/Preservica. Als rechtlicher Vertragspartner sowie als Betreiber der technischen Infrastruktur im ÖStA tritt das Bundeskanzleramt (BKA) auf. Weitere Projektteilnehmer waren das Bundesrechenzentrum (BRZ) als operativer Betriebsführer des ELAK im Bund, sowie indirekt Fabasoft als Zulieferer der E-Gov-Suite und der Hersteller des im Archiv verwendeten Archivinformationssystems, die scope solutions ag. Innerhalb von 15 Monaten entstand aus dem Projekt "digLA im Bund" das "Digitale Archiv Österreich" (digLA), welches in einer ersten Version am 28. März 2011 im Wiener Schloss Laudon vor ausgewählten Vertretern österreichischer Archive und Körperschaften der Öffentlichkeit präsentiert wurde8. Bis Ende 2011 wurde die als "zweite Projektphase" definierte Access-Lösung "Webshop" realisiert, zwischen 2012 und 2013 fand der erweiterte Probebetrieb des digitalen Archivs statt. Im Zuge dessen wurde die Software in wesentlichen Punkten weiterentwickelt und vor allem operativbetriebliche, sicherheitstechnische und organisatorische Abläufe an die rasch wachsenden und sich stetig ändernden Anforderungen angepasst. Seit Sommer 2013 befindet sich das Digitale Archiv Österreich in Vollbetrieb. 2.2 Allgemeine Grundlagen und Anforderungen Auf Basis des Wissensstandes von 2007 wurden von Anfang an folgende Parameter für die Entwicklung des Digitalen Archivs Österreich festgelegt: Als Primärziel galt die Archivierung des ELAK im Bund unter Verwendung von EDIAKT II als Ingestformat. Die Möglichkeit zur Einlagerung von Datenbanken/Fachanwendungen, Digitalisaten, Webseiten oder anderen digitalen Daten wurde hintenangestellt. Seit 2013 gibt es im Vollausbau des digLA aber bereits die Möglichkeit mittels einer "neutralen" Ingestschnittstelle auch Formate unabhängig von EDIAKT II zu übernehmen. Sämtliche Betrachtungen bei der Entwicklung des digLA basieren auf den Empfehlungen des international anerkannten Referenzmodells für Langzeitarchivierung "OAIS - Open Archival Information System Reference Model" sowie der Einhaltung gültiger archivfachlicher und technischer Standards und Softwareprodukte wie ISDIAH, ISAAR(CPF), ISAD(G) bzw. EAG, EAC-CPF, EAD; METS, PREMIS, PRONOM; DROID, JHOVE u.s.w.. Als vorrangiges Archivformat wird PDF/A 7. Siehe hierzu die einschlägige österreichische Archivgesetzgebung: Bundesgesetz über die Sicherung, Aufbewahrung und Nutzung von Archivgut des Bundes (Bundesarchivgesetz). BGBl. I/162/1999. Zu finden unter http://www.ris.bka. gv.at/Dokumente/BgblPdf/2002_164_2/2002_164_2.pdf (Download am 11.05.2015). Verordnung der Bundesregierung über nicht archivwürdiges Schriftgut des Bundes. BGBl. II/366/2002. Zu finden unter http://www.ris.bka.gv.at/ Dokumente/BgblPdf/2002_366_2/2002_366_2.pdf (Download am 11.05.2015). Verordnung des Bundeskanzlers über die Kennzeichnung, Anbietung und Archivierung von Schriftgut des Bundes (Bundesarchivgutverordnung). BGBl. II/367/2002. Zu finden unter http://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblPdf/2002_367_2/2002_367_2.pdf (Download am 11.05.2015). Bundesgesetz, mit dem ein E-Government-Gesetz erlassen wird sowie das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Zustellgesetz, das Gebührengesetz 1957, das Meldegesetz 1991 und das Vereinsgesetz 2002 geändert werden. BGBl. I/10/2004. Zu finden unter http://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblAuth/BGBLA_2004_I_10/ BGBLA_2004_I_10.pdf (Download am 11.05.2015). 8. Die Nachlese zur Veranstaltung findet sich unter http://www.bundeskanzleramt.at/site/5755/default.aspx (Download am 11.5.2015). 268 ATLANTI • 25 • 2015 • n. 1 Susanne FRÖHLICH - Elisabeth SCHÖGGL-ERNST: Digitale Archivierung in Österreich, 263-274 (aktuell Version PDF/A-lb) verwendet, die Umwandlung des Contents, soweit technisch möglich, erfolgt im Zuge des Ingestprozesses durch das Bundesrechenzentrum (BRZ) im Auftrag der aktenproduzierenden Bundesdienststellen. Weiters war die Gestaltung eines workflowbasierten, modularen, mandantenfähigen Gesamtsystems, das barrierefrei, in deutscher Sprache und ohne größere Hilfestellung ("selbsterklärend") bedienbar sein sollte, gefordert. Die Einhaltung österreichischer Gesetzgebungen in Bezug auf Archivierung und IT-Systeme versteht sich von selbst9. Hierzu gehören auch Anforderungen wie eine mehrfach redundante Speicherung der Daten an verschiedenen Standorten, diverse Datensicherheits-, Datenschutz- und Katastrophenkonzepte, eine umfangreiche Rechte- und Rollenverwaltung sowie die Festlegung mannigfacher betrieblicher, organisatorischer und archivfachlicher Prozesse. Der Hauptstandort der technischen Infrastruktur befindet sich in Wien, als Backup-Standort wird das Zentrale Ausweichrechenzentrum des Bundes (ZAS) in St. Johann in Pongau genutzt. Von archivischer Seite wurde naturgemäß die Umsetzung aller notwendigen Fachprozesse gefordert, deren Spektrum den gesamten Archivierungszyklus von der Erzeugung und Anbietung der Daten über die Aussonderung, Bewertung, Skartierung/Löschung, Übernahme/Einlagerung, Erschließung und Erhaltung bis hin zur künftigen Benutzung umfasst. 2.3 Umsetzung der Fachprozesse Die "Erzeugung" der Daten geschieht im Zuge der täglichen Verwaltungsarbeit der Bundesbehörden, welche im ELAK im Bund "digital born" Akten erzeugen. Als Grundlage dafür dienen ELAK-Handbücher, diverse Materiengesetze und die allgemein gültige "Büroordnung des Bundes" von 2004, welche die (analoge) Kanzleiordnung der Bundesverwaltung ersetzt hat10. Bei der Protokollierung des Aktes wird nach einem genau festgelegten Schlüssel die Geschäftszahl/Aktenzahl vergeben, die, abgesehen von einer Zahlenkombination und der aktuellen Jahreszahl, auch Rückschlüsse auf die zuständige Organisationseinheit (Bundesministerium - Sektion - Gruppe - Abteilung) zulässt. Abbildung 1: Geschäftszahl im ELAK im Bund; Quelle: Fröhlich, eigene Darstellung 2015 Da durch dieses Prinzip keine Aktenzahl im Bund zweimal vorkommen kann, war es möglich jene als "Persistent Identifier - PI" (eindeutige Kennzeichnung/Signatur) für digitale Objekte im Archiv zu verwenden. Der Persistent Identifier bildet zusammen mit weiteren unveränderbaren, strukturierten deskriptiven und technischen Metadaten, den sogenannten "Significant Properties" (signifikanten Eigenschaften), einen der Eckpfeiler digitaler Datenhaltung. So sind diese Metadaten die Basis für sämtliche Erschließungsvorgänge, diverse Workflows, interne und externe Suchindizes und nicht zuletzt für die Auswertungen zur Durchführung des Preservation Plannings. Das Digitale Archiv Österreich ist in der Lage, jederzeit ohne Mithilfe Dritter Formatmigrationen durchzuführen. Diese (system)interne Produktivpreservation ist eines der besonderen Alleinstellungsmerkmale der österreichischen digitalen Lösung. 9. Siehe hierzu die Allgemeinen Vertragsbedingungen der Republik Österreich für IT-Leistungen (AVB-IT) zu finden unter http://www.bbg.gv.at/kunden/beratung/vergabekompetenz-center/gesetze-verordnungen/oesterreichische-verga-bevorschriften/allgemeine-vertragsbedingungen-der-republik-oesterreich-fuer-it-leistungen-avb-it/ (Download am 11.5.2015). 10. Der Gesamttext der Büroordnung ist unter https://www.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=33038 nachzulesen. (Download am 11.5.2015). 269 ATLANTI • 25 • 2015 • n. 1 Susanne FRÖHLICH - Elisabeth SCHÖGGL-ERNST: Digitale Archivierung in Österreich, 265-274 Die nach Ablauf systemeigener Skartierfristen durchzuführende Anbietung und "Aussonderung" der archivreifen Daten erfolgt auf organisatorischem Wege durch die aktenproduzierende Stelle. Im Auftrag derselben wird durch das Bundesrechenzentrum der Content in PDF/A umgewandelt sowie pro Akt/Geschäftszahl ein EDIAKT-Paket zur Übergabe an das digLA erzeugt. Die vorbereiteten Datenpakete werden dem Archiv gemeldet, sodass die Archivmitarbeiter die entsprechenden In-gestprozesse anstoßen können. Im Zuge des Ingestworkflows werden alle OAIS-konformen fachlichen und technischen Qualitätsprüfungen ("Quality Assurance") durchgeführt. Fehlerhafte Pakete werden je nach Voreinstellung der Workflowschritte ganz abgewiesen, zur manuellen Kontrolle "angehalten" oder unter Vorbehalt dennoch eingelagert. Der österreichische Ingestworkflow besitzt zusätzlich eine "Prüfung ob die Geschäftszahl bereits existiert", womit die Eindeutigkeit des oben erwähnten Persistent Identifiers zusätzlich garantiert wird. Abbildung 2: Ingestworkflow Digitales Archiv Österreich; Quelle: Fröhlich, eigene Darstellung 2015 Der fachlichen Feststellung der Archivwürdigkeit von archivreifem Schriftgut kommt im digLA eine ganz besondere Bedeutung zu, da eine prospektive Bewertung bedingt durch die österreichische Verwaltungsstruktur und Gesetzeslage kaum bis gar nicht durchgeführt werden kann. Es ist zwar möglich, im Produktivsystem einen sogenannten "Aussonderungsstatus" gemäß Bundesarchivgutverord-nung11 zu vergeben, dieser wird in der Regel aber aus Sicht des Aktenproduzenten und dessen Anforderungen an den "lebenden" Aktenlauf gesetzt und nicht gemäß archivisch-historisch-wissenschaftlicher Kriterien. Da das Österreichische Staatsarchiv bis dato keinen Einblick in die aktive Aktenführung erhält, ist daher eine fachgerechte Einstufung der Unterlagen vor einer allfälligen Archivierung nur marginal möglich. 11. Vgl. hierzu Bundesarchivgutverordnung §3 Abs.1. Es sind vier Vermerke möglich: A=archivwürdig, S=zu skartieren, D=Datenschutz und V=unter Verschluss ins Archiv. Diese Stati werden von den Aktenproduzenten ohne Rücksprache mit Archivaren vergeben. Mit „S" wären ausschließlich Akten gemäß BGBl. II/366/2002 (Nicht archivwürdiges Schriftgut des Bundes) zu kennzeichnen. „D"-Akten sind dem Staatsarchiv nach Ablauf interner Aufbewahrungsfristen anzubieten und können von diesem ebenso als „S" oder „A" eingestuft werden. Das „D" bezieht sich lediglich auf die besondere Vertrauenswürdigkeit im Zuge des „lebenden Aktenlaufes" und impliziert nicht automatisch die Archivwürdigkeit der Unterlagen. Akten mit dem Vermerk „V" wären vor Abgabe gemäß der Informationssicherheitsgesetze zu „deklassifizieren" und im Anschluss wiederum nach „S" oder „A" einzustufen. 270 ATLANTI • 25 • 2015 • n. 1 Susanne FRÖHLICH - Elisabeth SCHÖGGL-ERNST: Digitale Archivierung in Österreich, 263-274 Um diesem Problem möglichst ressourcenschonend Herr zu werden, wurden im Digitalen Archiv Österreich alle Varianten einer möglichen Bewertung inklusive der allfälligen Weitergabe von Schriftgut an externe Dritte (z.B. Landesarchive) mittels entsprechender Workflows implementiert. Zugleich sind im Ingestbereich Skripts hinterlegt, die eine halbautomatische Zuordnung zu den benötigten Aussonderungsvermerken ("Neuklassifizierung") in Massenverarbeitung ermöglichen. Die Erschließung von Archivgut kann im digLA auf mehreren Wegen erfolgen. Zum Einem können Metadatenänderungen wiederum mit Hilfe von Workflows durchgeführt werden. Hier ist anzumerken, dass alle Prozesse im System sowohl manuell als auch automatisch und für einzelne Pakete ebenso wie im Batch-Verfahren gestartet werden können. So ist zum Beispiel die Vergabe einer einheitlichen Schutzfrist für ganze Tektonikbäume (Bestände/Teilbestände) durch klassische "Suchen-Ersetzen"-Funktionen möglich. Die gezielte Änderung einzelner Felder (z.B. Verbesserung falscher Familiennamen) erfolgt im sogenannten "Metadaten-Editor", der ein Subset an vorab definierten deskriptiven Daten als Klartext anstatt als XML-String wiedergibt, um den Archivarinnen und Archivaren die Bearbeitung zu erleichtern. Weiters können Datenpakete um Content (z.B. digitalisierte hybride Aktenteile) ergänzt werden oder aber auch aus dem System gelöscht werden. Diese "Löschprozesse" stellten anfangs eine besondere Herausforderung für die Software-Entwickler dar, da aus einem digitalen Langzeitarchiv im Normalfall nichts wieder entfernt werden sollte. Bedingt durch die oben genannte spezielle österreichische Gesetzeslage zur Bewertung sowie durch einige andere juristische Vorgaben waren diesbezügliche Workflows aber unumgänglich. Nunmehr ist es möglich, sowohl Content zu entfernen (die Metadaten bleiben erhalten) als auch ganze Pakete inklusive aller Metadaten und Backupsicherungen unwiderruflich zu skartieren. Als zusätzliche Möglichkeit der archivischen Erschließung wurde die Anbindung des im Österreichischen Staatsarchiv im Einsatz befindlichen Archivinformationssystems (AIS) scopeArchiv an das digitale Archiv gefordert. Diese Metadatenschnittstelle, umgesetzt mittels OAI-PMH, erlaubt einen permanenten, bidirektionalen Datenaustausch zwischen beiden Systemen, sodass im AIS aktualisierte Metadaten direkt in das digitale Archiv gelangen können und umgekehrt. Die Benutzung von digital archiviertem Schriftgut im Rahmen des OAIS-konformen AccessModuls erfolgt mittels mehrerer "DIP-Varianten". Je nach Consumer-Anforderung können unterschiedlichste Dissemination-Information-Packages erzeugt werden und z.B. lediglich mit der jeweils gültigen oder mit allen bestehenden Repräsentationen, mit oder ohne deskriptive und/oder technische Metadaten ausgeliefert werden. Die deskriptiven Metadaten werden als METS-Files, die technischen gemäß PRONOM-Registry übertragen, das gesamte DIP wird als ZIP-Ordner zum Download bereit gestellt und kann entweder als XML oder als Klartext mit Hilfe des EDIAKT-Viewers gelesen werden. Der Zugriff auf das Archivgut kann intern über das digitale Archiv selbst erfolgen, hierzu steht eine Volltextsuche zur Verfügung, entsprechende Berechtigungsstufen sind durch ein Rechte-RollenKonzept gewährleistet. Die externe Recherche ist über einen an das digLA angeschlossenen Webshop möglich, welcher alle State-of-the-Art Möglichkeiten einer 24-Stunden Online-Bestellung und -Benutzung des Schriftgutes bietet. Der Webshop ist technisch, fachlich und organisatorisch voll einsatzfähig, da das im Archiv gelagerte Schriftgut bis dato aber noch der gesetzlichen Schutzfrist unterliegt, ist derzeit noch kein Online-Zugriff möglich. Die reinen Metadaten können aber auch über das Que-ry-Modul des AIS über die Homepage des ÖStA abgerufen werden12. Um die im digitalen Archiv notwendigen Erhaltungsprozesse abzudecken, wurde im Österreichischen Staatsarchiv eine Preservation-Group gegründet, die zukünftig an Hand ausgefeilter Preser-vation-Pläne dieselben umsetzen soll. Eine aktive interne Formatmigration ist mit dem digLA jederzeit möglich, zur Auswahl stehen "Extraction", "Presentation" und "Preservation", weiters differenzierbar in Test- oder Produktivmigration. Generell steht unter anderem für diese Aufgabe ein komplettes di-gLA-Testsystem parallel zum Produktivsystem zur Verfügung. Sollte für größere Migrationsprojekte die Auslagerung der Preservation an externe Dienstleister in Erwägung gezogen werden, sind auch dafür bereits Betriebsprozesse und Workflows vorgesehen. Die "BIT-Preservation" wird durch man- 12. Auf der Homepage des Österreichischen Staatsarchivs http://www.oesta.gv.at/ zu finden unter http://www.archivin-formationssystem.at/suchinfo.aspx 271 ATLANTI • 25 • 2015 • n. 1 Susanne FRÖHLICH - Elisabeth SCHÖGGL-ERNST: Digitale Archivierung in Österreich, 265-274 nigfach redundante Speicherung und explizite Datenschutz- und Datensicherheitskonzepte garantiert. Deren Einhaltung obliegt dem Verantwortungsbereich des externen Betriebsführers des digLA. 2.4 Administration und Mandanten Abgerundet werden die gemäß OAIS-Modell geforderten Rahmenbedingungen für digitale Archive durch eine funktionierende Administration. In diesem Zusammenhang wurden neben den bereits bestehenden organisatorischen Vorgaben des ÖStA - Personal- und Budgetplanung, technische Ausstattung, Beschaffung und sonstige Ressourcen, die um digitale Belange erweitert wurden - zusätzliche "digLA-Gremien" ins Leben gerufen. Diese dienen nicht nur der internen Verwaltung des digitalen Archivs, sondern sind insbesondere die zuständigen Ansprechpartner für zukünftige Mandanten. Das Digitale Archiv Österreich ist darauf ausgerichtet, dass neben dem Österreichischen Staatsarchiv auch weitere Archive das bestehende System als eigene, unabhängige Mandanten nutzen können. Der Vorteil besteht darin, dass das Bundeskanzleramt als Vertragspartner und Lizenzhalter anderen öffentlichen Körperschaften einen Beitritt zum digLA ohne vorherigen Ausschreibungsprozess ermöglichen kann. Sollte man sich dazu entschließen, das digLA in der jeweils aktuellen Ausbaustufe mit denselben Rahmenbedingungen wie das ÖStA zu nutzen, genügt eine einfache Beitrittserklärung. Individuelle Anpassungen wie zum Beispiel ein eigenes Metadatenschema, eine spezielle Rechte-Rollen-Verwaltung oder unterschiedliche Reports für den Mandanten verstehen sich von selbst und sind im Paket enthalten. Darüber hinausgehende erweiterte mandantenspezifische Anforderungen können auf eigene Kosten in Auftrag gegeben werden und sind mit dem technischen Partner getrennt zu vereinbaren. Abbildung 3: Mandantenschema des Digitalen Archiv Österreich; Quelle: Fröhlich, eigene Darstellung 2015 Jeder Mandant hat automatisch Sitz und Stimme in den digLA-Gremien, allen voran entsendet jedes teilnehmende Archiv einen Kundenkoordinator in das Change-Control-Board (Betriebssteuerungsteam), das bereits seit 2012 regelmäßig tagt und alltägliche Themen des digLA diskutiert. Im Weiteren bilden die Gremien die Basis zur positiven Weiterentwicklung des Gesamtsystems, indem gemeinsam über Problemlösungen abgestimmt und entschieden werden kann. Als mittelfristiges Ziel wird vor allem eine Kostenreduktion durch kooperativ gesteuerte Projekte (z.B. Synergieeffekte bei der Implementierung notwendiger neuer Workflows, Reports oder Preservationprozesse) angestrebt. 272 ATLANTI • 25 • 2015 • n. 1 Susanne FRÖHLICH - Elisabeth SCHÖGGL-ERNST: Digitale Archivierung in Österreich, 263-274 Um Missverständnissen vorzubeugen sei noch hinzugefügt, dass das Österreichische Staatsarchiv für die p.t. Mandanten keine Dienstleistung im engeren Sinn anbietet. Die Datenhaltung erfolgt in getrennten Datenbanken, ebenso ist jeder Mandant für sein Archivgut und seine Prozesse selbst verantwortlich. Kein Archiv erhält Einsicht in die Daten eines Dritten, ebenso wenig können Workflows mandantenübergreifend durchgeführt werden. Lediglich die in den oben genannten Gremien abgestimmten Entwicklungen werden, wenn gewollt, für alle Kunden gleichermaßen umgesetzt. 3 Zusammenfassung und Ausblick Resümierend kann festgehalten werden, dass die Realisierung des Digitalen Archivs Österreich als erfolgreich abgeschlossen betrachtet werden kann. Technisch sind alle Anforderungen aus der Projektkonzeption umgesetzt, alle Archivprozesse implementiert, die geforderten Schnittstellen programmiert, die administrativen Abläufe definiert worden. Die zugrundeliegende Software wurde nach den Erfahrungen im Probebetrieb bereits mehrfach adaptiert und weiterentwickelt, die technische Infrastruktur im operativen Bereich neu aufgesetzt und angepasst. Durch die Verwendung von Service Orientierter Software-Architektur (SOA), einer Vielzahl an Open-Source-Produkten und der Einhaltung internationaler Standards ist eine hohe Unabhängigkeit des digitalen Archivs auch im Falle eines möglichen Betreiberwechsels oder neuer, nicht abschätzbarer, technischer Entwicklungen gewährleistet. Die digLA-Gremien sind als Steuerungselemente tätig und können aktiv dazu beitragen, dass auch zukünftig die rechtlichen, technischen, fachlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen sukzessive den aktuellen Anforderungen an ein vertrauenswürdiges Langzeitarchiv angepasst werden. Als nächster Schritt wäre es wünschenswert, die von den Mitarbeitern des Staatsarchivs in den vergangenen Jahren erworbene Expertise zum Thema Langzeitarchivierung gewinnbringend zu nutzen und insbesondere anderen/kleineren Archiven zur Verfügung zu stellen, um die Etablierung der digitalen Archivierung in Österreich zu fördern und zu unterstützen. Ein erster Ansatz dazu findet sich in fachlichen Arbeitsgruppen, die sich österreichweit mit den neuen digital-archivischen Herausforderungen befassen und einheitliche Lösungen anstreben. So hat unter anderem die "Arbeitsgruppe Justiz" des Verbandes Österreichischer Archivarinnen und Archivare unter der Führung des ÖStA in Zusammenarbeit mit Vertretern der Landesarchive, des Bundesministeriums für Justiz und des Bundesrechenzentrums einen Anforderungskatalog erarbeitet, der die Aussonderung von Metadaten aus diversen Justizdatenbanken ermöglichen soll. Jene werden für die digitale Datenhaltung immer wertvoller und ersetzen inhaltlich zunehmend den eigentlich zu archivierenden Verwaltungsakt. Da diese Datenbanken, Fachanwendungen oder Register heutzutage zumeist überregionale Gültigkeit haben jedoch zentral verwaltet werden, sind die Archive gefordert gemeinsame Lösungen zu erarbeiten. Denn nur in kollektiver Abstimmung von politisch Verantwortlichen, technischen Experten und Archivwissenschaftern wird man in Zukunft auf dem Gebiet der digitalen Archivierung erfolgreich und ressourcenschonend arbeiten können. Alle beteiligten Organisationen werden nur in einem kooperativen Arbeitsprozess dafür Sorge tragen können, dass auch die nächsten Generationen an ForscherInnen und ArchivbenutzerInnen nicht nur technisch einwandfrei lesbares, sondern auch inhaltlich gehaltvolles Schriftgut zur Benutzung vorfinden werden. Quellen Allgemeine Vertragsbedingungen der Republik Osterreich für IT-Leistungen (AVB-IT). Bundesbeschaffungs GmbH Wien, 2015. Zu finden unter http://www.bbg.gv.at/kunden/beratung/vergabekompetenz-center/geset-ze-verordnungen/oesterreichische-vergabevorschriften/allgemeine-vertragsbedingungen-der-republik-oester-reich-fuer-it-leistungen-avb-it/ (Download am 11.5.2015). Best Practice Catalogue e-Government Austria. Bundeskanzleramt Wien, Juli 2008. Zu finden unter http:// www.digitales.oesterreich.gv.at/DocView.axd?CobId=33428 (Download am 11.05.2015). Bundesgesetz über die Sicherung, Aufbewahrung und Nutzung von Archivgut des Bundes (Bundesarchivgesetz). BGBl. I/162/1999. Zu finden unter http://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/ BgblPdf/2002_164_2/2002_164_2.pdf (Download am 11.05.2015). 273 ATLANTI • 25 • 2015 • n. 1 Susanne FRÖHLICH - Elisabeth SCHÖGGL-ERNST: Digitale Archivierung in Österreich, 265-274 Bundesgesetz, mit dem ein E-Government-Gesetz erlassen wird sowie das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Zustellgesetz, das Gebührengesetz 1957, das Meldegesetz 1991 und das Vereinsgesetz 2002 geändert werden. BGBl. I/10/2004. Zu finden unter http://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblAuth/ BGBLA_2004_I_10/BGBLA_2004_I_10.pdf (Download am 11.05.2015). Büroordnung 2004. Bundeskanzleramt Wien, 2004. Zu finden unter https://www.bka.gv.at/DocView. axd?CobId=33038 (Download am 11.5.2015). Empfehlung für das XML-Schema zu EDIAKT II. EDIAKT II-Konvention V 1.1.0. BLSG, 14.12.2005. Zu finden unter http://reference.e-government.gv.at/Veroeffentlichte-Informationen.601.0.html (Download am 11.05.2015). Empfehlung für die digitale Langzeitarchivierung von Verwaltungsinformationen. digLA-Konvention V I.0.0. BLSG, 23.5.2006. Zu finden unter http://reference.e-government.gv.at/uploads/media/digLA_1-0-0_20061115_05.pdf (Download am 11.05.2015). Europäisches Parlament (2000). Europäischer Rat Lissabon 23-24.03.2000: Schlussfolgerungen des Vorsitzes. Zu finden unter http://www.europarl.europa.eu/summits/lis1_de.htm (Download am 11.05.2015). Europäisches Parlament (2000). Europäischer Rat Santa Maria da Feira 19.-20.06.2000: Schlussfolgerungen des Vorsitzes. Zu finden unter http://www.europarl.europa.eu/summits/fei1_de.htm (Download am II.05.2015). Verordnung der Bundesregierung über nicht archivwürdiges Schriftgut des Bundes. BGBl. II/366/2002. Zu finden unter http://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblPdf/2002_366_2/2002_366_2.pdf (Download am 11.05.2015). Verordnung des Bundeskanzlers über die Kennzeichnung, Anbietung und Archivierung von Schriftgut des Bundes (Bundesarchivgutverordnung). BGBl. II/367/2002. Zu finden unter http://www.ris.bka.gv.at/Doku-mente/BgblPdf/2002_367_2/2002_367_2.pdf (Download am 11.05.2015). SUMMARY The authors give a review on considerations and strategies for a long-term preservation of public records and cultural heritage in Austria. Since 2005/2006, working groups consisting of members of federal and provincial administration and local authorities published a policy document for digital long-term preservation. The Austrian State Archives were required to develop a digital archive based on the OAIS reference model. The primary objective was the preservation of the digital federal administration by using the exchange format EDIAKT II. In 2011 the first version of the "Digital Archive Austria" (digLA) was presented to the Austrian archivists and representatives of the Austrian administration. In the same year, a web shop with billing system was established. Between 2012 and 2013, extended test operations took place. During this period, the software was further developed and adopted to workflows, to changing requests, and in relation to compliance with international archival and technical standards. In summer 2013, the "Digital Archive Austria" started full operations. For reasons of cost efficiency, the Austrian Federal Chancellery has purchased a general license enabling all Austrian provinces, cities, communities and other public authorities to use this archive solution without having to pay license fees all over again. Typology: 1.02 Review Article Submitting date: 12.03.2015 Acceptance date: 09.04.2015 274