Nr. 4100. IX. 1914. Folium officiale Dioecesis Lavantinae. Cerkveni zaukaznik za Lavantinsko škofijo. Kirchliches Verordnungs-Blatt für die Lavaitter Diözese. Inhalt. 06. Hirtenschreiben mit Verhaltungsmaßregeln für Klerus und Volk während des Krieges. 66. Hirten schreiben mit Verhaltungsmaßregeln für Klerus und Holk während des Krieges. durch Gottes Gnade und Erbarmung Fürstbischof von Lavanl, entbietet den hochwürdigen Seelsorgern und dem gläubigen Bolhe seiner Diözese Gruß. Segen und alles Gute im Namen des Kerrn! Reminiscere miserationum tuarum, Domine, et misericordiarum tuarum, quae a saeculo sunt, ne umquam do minentur nobis inimici nostri ! Libera nos Deus Israel ex omnibus angustiis nostris ! Gedenke, o Kerr, deiner Erbar-mungen und deiner Gnaden, die von Ewigkeit her sind, damit niemals misere Feinde über uns herr-s ch e n! Errette uns, Gott Israel, aus allen unseren Drangsalen! (Aus dem 24. Psalme entlehnter Eingang der Votivmesse zur Zeit des Krieges). Im Äerrn geliebte Diözesanen! )m lieblichen Feste Mariä Schnee, Maria ad N i v e s, den 5. August, an welchem Tage im Jahre 1716 auf Anrufung der alterseligsten Jungfrau der große Sieg unter Prinz Eugen bei Peterwardein über den Feind Österreichs errungen wurde, erhielt ich aus Nom das folgende ernste Breve, das Seine Heiligkeit Papst Pius X. am 2. August dieses Jahres an den katholischen Erdkreis richtete. „Während nahezu ganz Europa in die Strudel eines furchtbaren Krieges hineingerissen wird, dessen Gefahren, dessen Niederlagen, dessen Ausgang jeden bei nur einiger Überlegung sogleich mit Trauer und Abscheu erfüllen, sind Wir selbst aufs schwerste betroffen und mit bitterster Trauer erfüllt, umsomehr, als Wir besorgt sind um Keil und Leben so vieler Bürger, so vieler Völker. In dieser so großen allgemeinen Verwirrung und in dieser entscheidenden Stunde fühlen und denken Wir, daß väterliche Liebe und apostolische Pflicht von Uns verlangt, daß Wir die Kerzen aller Christ-gläubigen um so eifriger dahin lenken, wohei^die Kilfe kommt, zu Christus, dem Fürsten des Friedens und dem mächtigsten Mittler zwischen Gott und den Menschen." „Alle Katholiken des Erdkreises sollen nach Unserer Mahnung zu seinem Throne der Gnade und Barmherzigkeit Zuflucht nehmen, besonders die Männer aus dem Klerus; deren Aufgabe wird es außerdem sein, aus Geheiß der Bischöfe in jeder Pfarrkirche öffentliche Betstunden zu veranstalten, damit der barmherzige Gott, gleichsam ermüdet durch die Bitten der Frommen, die traurigen Fackeln des Krieges um so schneller abwende und in seiner (Siile die Leiler der Staaten Gedanken des Friedens denken lasse und nicht solche der Betrübnis. Rom, Vatikan, am 2. August 1914. Papst Pius X.“ Der berufene Friedensapostel, der gemeinsame Vater der Christenheit muntert im obigen Schreiben alle Katholiken des Erdballs auf, sich vor Gott, dem Kerrn über Krieg und Frieden, zu versammeln und ihn um Vermeidung oder doch Einschränkung des Krieges anzustehen, fest überzeugt, daß das Schifflein Petri unversehrt alle Stürme der Zeit bestehen wird. Im Übrigen werden die katholischen Christen in allen Ländern jene Pflichten getreu erfüllen, die ihnen ihr gutes Gewissen auf-erlegt. Die Bischöfe sotten in diesen schweren Zeiten, die über uns hereingebrochen sind, Betstunden anordnen, und die Diözesanen, ganz besonders die Priester, sotten sich eifrig zum Gebete versammeln und den Kerrn bestürmen, auf daß er uns aus den Kriegsnöten und Bedrängnissen erlöse. Bereits am Feste der HI. Martha, den 29. Juli, schrieb ich fromme Andachten und Gebete während der Zeit des Krieges für die ganze Diözese vor. Und zu meiner nicht geringen Freude erfahre ich, daß die erteilten Weisungen von Priestern und vom Volke gar gern und genauest beobachtet werden. Mit dem Schreiben vom 1. August 1914 beauftragte ich alte Pfarrämter, milde Geld-gaben für Krieger oder für deren arme Familien an das F. B. Ordinariat zu senden, damit sie von ihm an die zur Entgegennahme berechtigten Süllen abgegeben werden. 3m Rundschreiben vom 6. dieses Monats wurden der ehrw. Seel-sorgegeisttichkeit eingehende Verhaltungsmaßregeln für die gegenwärtige so unruhig bewegte Zeit gegeben. Zudem hielt ich selbst am 29. Juli eine kernige Ansprache an das vor meiner Wohnung versammelte Publikum und feuerte es an, in diesen schicksalsschweren Tagen unentwegt zu Gott zu stehen für Kaiser und Vaterland. Und am 2. August zelebrierte ich eine heilige Feldmesse und richtete nach Erneuerung des Fahneneides an die christlichen Soldaten den Appell, die siegessicheren Waffen der Ehrfurcht gegen Gott, des Gehorsams gegen den Kaiser und der Liebe zum österreichischen Vatertande heldenmütig zu führen. Um aber meine lieben Diözesanen, vornehmlich alte Seelsorger, noch mehr für das opfer-volle Walten und Wirken zum Keile und Wohle des bedrängten Vaterlandes uni) seiner tapfern Armee anzuspornen und zu befeuern, übermittele ich ihnen noch das nachstehende Send- und Lehr-schreiben. Mein innigstes Bittgebet ist und bleibt aber der Eingang zur Votivmesse in der Zeit des Krieges: Gedenke, oKerr, deiner Erbarmungen und deiner Gnaden, die von Ewigkeit her sind, damit niemals unsere Feinde über uns herrschen! Errette uns, Gott Israel, aus allen unseren Drangsalen! Teuerste im Kerrn! hätte ich gedacht, daß mir Worte fehlen werden, um eine Untat als das zu bezeichnen, was sie ist. Und eine solche ward am Sonntag, den 28. Juni dieses Jahres in der Landeshauptstadt von Bosnien vollbracht. Sie ist die unmittelbare Vorgeschichte unserer jetzigen Bedrängnisse und Betrübnisse. Noch heute kann ich es nicht fassen — dieses Entsetzliche. Ich möchte es immer noch lieber nicht glauben, wenn ich es nicht müßte. Zwei wohlgezielte Revolverschüsse trafen an diesem verhängnisvollen Tage Österreich-Ungarn ins Kerz. Der hochedte Erzherzog-Thronfolger, Franz Ferdinand von Österreich-Este, und seine erlauchte Gemahlin wurden durch einen gedungenen Meuchelmörder an einem Tage erschossen. Unsterbliche Verdienste erwarb sich der glaubensstarke Erzherzog um das Vaterland und um die Armee. Wir haben für das ermordete Thronsolgerpaar, für den trauernden Kaiser und für das hartbedrängte Vaterland gebetet, und wir werden weiter beten. Um aber die schrecklichen Folgen der Bluttat besser begreifen zu können, hören wir, was die heilige Schrift vom Fürstenmorde hält und sagt. Als dem jugendlichen David seine Begleiter rieten, den in der Kühle Engaddi schlafenden König Saul zu töten, da rief der junge Keld zu den Leuten: „Der Kerr sei mir gnädig, daß ich dies nicht an meinem Gebieter, dem Gesalbten des Kernt, verübe, daß ich meine Kand an ihn legen sollte; denn er ist der Gesalbte des Kernt". Und David brachte den Ungestüm seiner Leute durch driugettdes Zureden zum Schweigen und verschonte Saul. (I. Rcgg. 24, 7. 8). Als ein Amalekiter den König Saul tötete, ihm die Krone, die auf seinem Kaupte war, nahm uni) die Spange von seinem Arm und sie mit der Trauerbotschaft zu D a v i d brachte, da zerriß dieser seine Kleider, und alle Männer, die bei ihm waren, klagten und weinten und fasteten bis zum Abend mit Saul und um seinen Sohn 3 o -n alh a n, daß sie durch das Schwert gefallen waren. Sodann sprach David zu dem Boten: Warum hast du dich nicht gescheut, deine Kand auszustrecken, mit den Gesalbten des Kernt zu töten? Und David rief einen von seinen Leuten und sprach: Stoße ihn nieder! Und er schlug und tötete ihn. Und David stimmte an das ergreifende Klagelied über Saul und über seinen Sohn 3 o -nathan, die Kerrlichsten, die auf den Bergen 3srae!s erschlagen, die gefallen sind wie Kelden. (II. Rcgg. 1, 10. 14—19). Eine furchtbare Strafe ereilte die beiden Mörder 3sboseths, des Sohnes Sauls. Die Unholde kamen in sein Kaus und erstachen den auf seinem Bette Schlafenden und schlugen ihm den Kopf ab. Als sie das Kaupt 3sboseths zu David nach Kebron brachten, da gab dieser seinen Leuten Befehl, die Mörder des Unschuldigen zu töten. Den Getöteten hieben sie alsdann Künde und Füße ab und hingen sie am Teiche zu Kebron auf. (II. Rcgg. 4, 10—12). Ein Mann weigerte sich, den ungehorsamen Sohn Davids. Ab sa lo m. zu töten, als dieser nach verlorener Schlacht flüchtig auf seinem Reittiere mit dem Kopfhaare an einer ästigen großen Eiche hängen blieb. Als ihm 3oab dafür zehn Sekel Silber und einen Gürtel versprach, ant- wortete der edle 3sraelite: „Wolltest du auch tausend Silberlinge in meine Kände wägen, so würde ich dennoch meine Kand nicht an den Sohn des Königs legen." Da nahm der Feldherr 3oab drei Wurfspieße und stieß sie dem undankbaren Sohne in das Kerz. Als David davon Kunde erhielt, ward er traurig, ging in das Obergemach und weinte. 3nt Gehen aber seufzte er: Mein Sohn Abfalottt, Absalom mein Sohn! Wer gibt mir, daß ich statt deiner sterbe? Absalom, mein Sohn, mein Sohn Absalom! Und als das Volk sagen hörte: der König trauert mit seinen Sohn, da vermied es an diesem Tage in die Stadt zu gehen. (II. Rcgg. 18, 11. 12. 14. 33; 19, 1-3). Als Kaß und Tücke den Fürsten A btt er ermordeten und als David die Trauerbotschaft erhielt, weinte er um A b n e r, rufend: Nicht wie Feige zu sterben pflegen, ist Abner gestorben. Und David sprach zu seinen Dienern: Wisset ihr nicht, daß heute ein Fürst und der Größte in 3srael gefallen ist? Möge der Kerr dem, der Böses getan, nach seiner Bosheit vergelten! (II. Rcgg. 3, 27. 33. 38. 39). Meine Lieben! Nun wisset ihr, welch himmelschreiende Sünde der Fürstenmord ist, die die göttliche Gerechtigkeit ganz besonders zur Bestrafung herausfordert. Kein Wunder, daß ein Sturm der Entrüstung orkanartig in allen Landen, in denen wahre Bildung und Gesittung herrschen, losbrach, als am 28. 3uni laufenden 3ahres der Klageruf erscholl: Wisset ihr nicht, daß ein Fürst, der größte Fürst nach dem Kaiser in Österreich, gefallen ist und gefallen ist unter der Kand von ruchlosen Verrätern und Verschwörern. Franz Ferdinand war ein Fürst, stammend aus dem edelsten und ehrwürdigsten Fürstenhause der Welt, aus Kabsburgs Kerrscherhaufe, und war berufen, die von Gott verliehene, mächtige Kaiser-Königs-krone seiner Väter dereinst zu tragen. Er war ein Fürst von tiefer Religiosität, von ritterlichem Mute, von hingehendster Liebe zu allen Völkern und Stämmen Ssterrreich-Ilngarns. Und an seiner Seite ist dem verabscheuungswürdigen Attentate zum Opfer gefallen eine echte Fürstin, leuchtend durch ihre Tugenden und Taten, durch ihre bewundernswerte Treue zu ihrem hohen Gemahl. Sie ist am gleichen Tage, zur gleichen Stunde gefallen. Und am selben Tage und in derselben Stunde haben drei unschuldsvolle Kinder ihre teuren und lieben Eltern verloren. Das unschuldig vergossene Blut unseres hoffnungsvollen Thronfolgers und das unschuldig vergossene Blut einer wehrlosen Frau und Mutter schreit zum Kimmel empor um Rache. Doch die Rache ist nicht unser, sondern dessen, der durch den Mund des großen Weltapostels Paulus spricht: Mein ist die Rache. (Rom. 12, 19). Der Kerr wird der Zahler und Vergelter sein. Wir wollen nur unsere Pslichtschuld dem gemordeten Fürstenpaare gegenüber tun, wollen der Verewigten stets im Gebete eingedenk bleiben. Der Keld Judas Machabaus brachte eine Sammlung von zwölftausend Drachmen Silbers zusammen und sandte sie nach Jerusalem, daß davon ein Sündopfer für die im Kampfe Gefallenen dargebracht würde, indem er gut und fromm betreffs der Auferstehung gesinnt war. Es ist ein heiliger uuö heilsamer Gedanke für die Verstorbenen zu beten, damit sie von ihren Sünden befreit werden. (II. Mach. 12, 43. 46). Und so wollen auch wir für die beiden hohen Verblichenen beten» auf daß sie stehen unter den Hl. Königen und Fürsten des Himmelreiches, deren Tugenden sie auf Erden so treu nachgeahmt, und auf daß sie für die irdische Fürstenkrone die Krone des ewigen Lebens empfangen. Die beiden Toten werden fortleben in ihren Werken, durch ihr Beispiel; sie werden leben in der himmlischen Verklärung und werden beten für ihre Kinder, für ihr Österreich» für die Kabs-burger Familie. Meine Lieben! Es war wohl gerecht und geboten, daß Österreich-Ungarn zur Sühne der Greueltat in Sarajevo, die die ganze gesittete Welt wie ein Blitzschlag vom heiteren Kimmel aufgeschreckt hatte, die Verschwörer und Mörder zur Verantwortung zog. In der kraftvollen Rote vom 23. Juli 1914 wurden die notwendigen Forderungen zur Sühne des Fürstenmordes und zur Sicherung der österreichisch-ungarischen Monarchie an das ränkesüchtige Serbien gestellt. Sie waren die reife Frucht langer und sorgfältiger Erwägungen. Da Serbien in seinem Übermut dem gerechten Verlangen zur festgelegten Zeit nicht in befriedigender Weise entsprach, erfolgte am Abend des 25. Juli der Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit dem Österreich so feindlich gesinnten Nachbarstaate. Ferner wurde auf Grund Allerhöchster Entschließung Seiner Kais, und königl. Apostolischen Majestät vom 28. Juli 1914 an die königlich-serbische Regierung die Kriegserklärung gerichtet. Gleichzeitig geruhten Seine Majestät von Ischl aus am 28. Juli ein Allerhöchstes Kand-schreiben und Manifest zu erlassen. Das kaiserliche Manifest an die Völker Österreich-Ungarns ist ein weltgeschichtliches Dokument von einnehmender Einfachheit, von ergreifender Wahrheit, von erhebender Entschlossenheit. Eindrucksvollst lautet schon der Eingang des Kaisermanifestes und zuversichtlich mis Gott vertrauend klingt sein Schluß. Aber vernehmet, meine Lieben, den unverkürzten Wortlaut des denkwürdigen, klassischen Manifestes! Au meine Völker! Es war Mein sehnlichster Wunsch, die Jahre, die Mir durch Gottes Gnade noch beschicken sind, Werken des Friedens zu weihen und Meine Völker vor den schweren Opfern und Lasten des Krieges zu bewahren. Im Rate der Vorsehung ward es anders beschlossen. Die Umtriebe eines haßerfüllten Gegners zwingen Mich, zur Wahrung der Ehre Meiner Monarchie, zum Schutze ihres Ansehens und ihrer Machtstellung, zur Sicherung ihres Besitzstandes nach langen Jahren des Friedens zum Schwerte zu greifen. Mit rasch vergessendem Undank hat das Königreich Serbien, das von den ersten Anfängen seiner staatlichen Selbständigkeit bis in die neueste Zeit von Meinen Vorfahren und Mir gestützt und gefördert worden war, schon vor Jahren den Weg offener Feindseligkeit gegen Österreich-Ungarn betreten. Als Ich nach drei Jahrzehnten segensvoller Friedensarbeit in Bosnien und der Herzegowina Meine Kerrscherrechte auf diese Länder erstreckte, hat diese Meine Verfügung im Königreiche Serbien, dessen Rechte in keiner Weise verletzt wurden, Ausbrüche zügelloser Leidenschaft und erbittertsten Kasses hervorgerufen. Meine Regierung hat damals von dem schönen Vorrechte des Stärkeren Gebrauch gemacht und in äußerster Nachsicht und Milde von Serbien nur die Herabsetzung seines Keeres auf den Friedensstand und das Versprechen verlangt, in Einkunft die Bahn des Friedens und der Freundschaft zu gehen. Von demselben Geiste der Mäßigung geleitet, hat sich Meine Regierung, als Serbien vor zwei Jahren im Kampfe mit dem türkischen Reiche begriffen war, auf die Wahrung der wichtigsten Lebensbedingungen der Monarchie beschränkt. Dieser Haltung hatte Serbien in erster Linie die Erreichung des Kriegszweckes zu verdanken. Die Hoffnung, daß das serbische Königreich die Langmut und Friedensliebe Meiner Regierung würdigen und sein Wort einlösen werde, hat sich nicht erfüllt. Immer höher lodert der Haß gegen Mich und Mein Haus empor, immer unverhüllter tritt das Streben zutage, untrennbare Gebiete Österreich-Ungarns gewaltsam loszureißen. Ein verbrecherisches Treiben greift über die Grenze, um im Südosten der Monarchie die Grundlagen staatlicher Ordnung zu untergraben, das Volk, dem Ich in landesväterlicher Liebe Meine volle Fürsorge zuwende, in seiner Treue zum Herrscherhaus und zum Vaterland wankend zu machen, die Heranwachsende Jugend irrezuleiten und zu frevelhaften Taten des Wahnwitzes und des Kochverrates aufzureizen. Eine Reihe von Mordanschlägen, eine planmäßig vorbereitete und durchgeführte Verschwörung, deren furchtbares Gelingen Mich und Meine treuen Völker ins Herz getroffen hat, bildet die weithin sichtbare blutige Spur jener geheimen Machenschaften, die von Serbien aus ins Werk gesetzt und geleitet wurden. Diesem unerträglichen Treiben muß Einhalt geboten, den unaufhörlichen Herausforderungen Serbiens ein Ende bereitet werden, soll die Ehre und Würde Meiner Monarchie unverletzt erhalten und ihre staatliche, wirtschaftliche und militärische Entwicklung vor beständigen Erschütterungen bewahrt bleiben. Vergebens hat Meine Regierung noch einen letzten Versuch unternommen, dieses Ziel mit friedlichen Mitteln zu erreichen, Serbien durch eine ernste Mahnung zur Umkehr zu bewegen. Serbien hat die maßvollen und gerechten Forderungen Meiner Regierung zurückgewiesen und es abgelehnt, jenen Pflichten nachzukommen, deren Erfüllung im Leben der Völker und Staaten die natürliche und notwendige Grundlage des Friedens bildet. So muß Ich denn daran schreiten, mit Waffengewalt die unerläßlichen Bürgschaften zu schaffen, die Meinen Staaten die Ruhe im Innern und den dauernden Frieden nach außen sichern sollen. In dieser ernsten Stunde bin Ich Mir der ganzen Tragweite Meines Entschlusses und Meiner Verantwortung vor dem Allmächtigen voll bewußt. Ich habe alles geprüft und erwogen. Mit ruhigem Gewissen betrete Ich den Weg, den die Pflicht Mir weist. Ich vertraue auf Meine Völker, die sich in allen Stürmen stets in Einigkeit und Treue um Meinen Thron geschart haben und für die Ehre, Größe und Macht des Vaterlandes zu schwersten Opfern immer bereit waren. Ich vertraue auf Österreich-Ungarns tapfere und von hingebungsvoller Begeisterung erfüllte Wehrmacht. Und ich vertraue aus den Allmächtigen, daß Er Meinen Waffen den Sieg verleihen werde. Franz Joseph m. p. Stürgkh m. p. Das überwältigende Manifest fand allenthalben in der ganzen großen Monarchie jubelnde, enthusiastische Aufnahme. Allerorts erfolgten großartige patriotische Kundgebungen. Denn bei dem hohen Edelsinn und bei der vielerprobten Friedensliebe unseres erhabenen Kaiser-Jubilars ist den Untertanen klar, daß der angesagte Krieg ein notwendiger und gerechter Krieg ist. Unser geliebter Landesvater hat beit Krieg nicht gewollt. Derselbe wurde ihm allsgezwungen. Mit vorbildlicher Langmut wurden die gröbsten Verletzungen des Völkerrechtes ertragen, insolange noch zu hoffen war, daß der heimtückische Feind auf dem friedlichen Wege der Unterhandlungen zur Erkenntnis seines Unrechtes bewogen werden könnte. Erst als alle Mittel der friedlichen Verständigung ergebnislos blieben, da wurde dem Gegner der Krieg erklärt, um ihn in die Schranken des Rechtes zu verweisen, aber nicht um zu erobern, nicht um un-gezähmten Ehrgeiz zu befriedigen. Dies alles trug bei, daß gleich bei der Veröffentlichung des kaiserlichen Manifestes eine Begeisterung und ein Opfermut unter den Völkern sich zeigten, die die kühnsten Erwartungen übertreffen. Nunmehr denken alle Bürger des gewaltigen Kaiserreiches dasselbe, empfinden dasselbe, fühlen sich als Glieder einer großen Einheit des altehrwürdigen Habsburgerreiches. Nun erscheinen alle politischen und nationalen Differenzen ausgeglichen. Nun belebt und beseelt alle Parteien des österreichisch-ungarischen Großstaates das Gefühl der hingebungsvollsten Liebe zum väterlichen Monarchen, zum wunderherrlichen Vaterlande. Wie es schon nach der teilweise angeordneten Mobilisierung hin über alle Kronländer brauste, so dröhnt es jetzt nach der allgemeinen Kriegsferligmachung um so mächtiger: Gut und Blut für unfern Kaiser,! Gut und Blut fürs Vaterland! Doch bloße, wenn noch so wuchtige Worte genügen niemals, am allerwenigsten in Kriegszeiten, deren schwere Folgen gar nicht berechnet werden können; ihnen müssen sich Talen, große Taten, außerordentliche Taten beigesellen. Deshalb reihe ich an die bereits getroffenen Verfügungen noch weitere Anordnungen für den opferfreudigen Klerus und für das aufopferungsvolle Volk. Vorab müssen in diesen gefahrvollen Zeiten die ehrwürdigen Priester ihren Aufgaben voll und ganz gewachsen sein. Der Klerus von Lavant hat das biedere Volk im patriotischen Geiste erzogen, damit es in ernsten Tagen seine heiligen Pflichten gegen Kaiser und Vaterland willig und treu erfülle. Ins- besondere wird die Geistlichkeit jetzt ihre Obliegenheiten gern und gewissenhaft erfüllen. Sie soll belehrend, tröstend und beruhigend auf die Bevölkerung einwirken, damit sie durch grundlose Gerüchte nicht in Unruhe, nicht in unnötige Sorge verseht werde. Hier gilt die Warnung des göttlichen Heilands im Evangelium der Votivmesse zur Kriegszeit: Videte, ne quis vos seducat! Audituri enim estis proelia et opiniones proeliorum. Videte, ne turbemini! Sehet zu, daß end) nielli and verführe! Ihr werdet von Krie-gen n iti) Kriegsgerüchten hören. Sehet zu, daß ihr euch nicht verwirren lasset! (Matth. 24, 4. 6). Die Gläubigen sollen zu Werken der christlichen Nächstenliebe aufgefordert werden. Es muß des Lavanter Klerus Ehrensache sein, in Wort und Tat an allen vaterlündisd)en Veranstaltungen und Sammlungen zugunsten der Krieger oder ihrer armen Familien teilzunehmen oder sold)e selbst einzuleiten und die Gläubigen zur werktätigen Teilnahme anzueifern. Die Seelsorger werden ihre Pfarrlinge zur gegenseitigen Aushilfe und Unterstützung bei den verschiedensten Arbeiten liebevoll auffordern. Der Krieg soll uns lehren, daß wir nur eine Familie, daß wir ein Volk von Brüdern sind. Er soll alle einander nahebringen, daß sie vergessen, was sie sonst trennt und scheidet. Alle müssen helfen, der Kriegsnot abzuhelfen und die Begleiterscheinungen des Kriegszustandes zu lindern. Jetzt bewahrheiten sich die im oben genannten Evangelium stehenden Worte Jesu Christi: Volk wird wider Volk auf stehen und Reich widerReich. Und es werdenSeu-chen, Hungersnöte und Erdbeben sein Ort für Ort. (Matth. 24, 7). Die Priester werden alles vermeiden, was Mißverständnisse, Verdächtigungen, schiefe Urteile, Unwillen und Mißfallen wie immer und wo immer erregen könnte. Sie müssen alle ihre geistigen und (eib(id)en Kräfte dem Dienste des bedrohten und bedrängten Vaterlandes weihen und widmen. Die Standesehre muß Hod) und heilig gehalten, der gute Name muß nad)haltigst gesd)üht und gesd)irmt werden. Geliebte Gläubige! Unser liebes und schönes Vaterland braucht jetzt Männer, die nicht wanken und nicht weichen in der Treue gegen Thron und Altar. Leute gilt der Auf des großen Helden Judas Machabäus an die Seinen: Rüstet euch und zeiget euch als wackere Männer und seid bereit, gegen diese Völker zu Kämpfen, die sich wider uns vereint haben, um uns unser Heiligtum z u ver-nichfen! (I. Mach. 3, 58). Die felsenfeste Hoffnung, die der erhabene Monarch aus seine Untertanen seht, soll und muß sich vollends bewahrheiten. „Ich vertraue auf Meine Völker, die sich in allen Stürmen stets in Einigkeit und Treue um Meinen Thron geschart haben und für die Ehre, Größe und Macht des Vaterlandes zu schwersten Opfern immer bereit waren." Mit unbeschreiblicher Begeisterung folgte dem Rufe des geliebten Kaisers ein guter Teil der Diözesanen unter die schwarzgelbe unüberwindliche Fahne und Flagge des glorreichen Hauses Habsburg, die da die vielen Völker Österreich-Ungarns stets untrennbar geeinigt hat und unablässig vereinen wird. Und alle die zum Kriegsdienste ein-berufenen Lavantiner werden in alter Treue und Tapferkeit für Kaiser und Reich streiten und siegen oder wie Helden fallen und sterben. Und die daheim Gebliebenen werden ihre Mühen und Arbeiten gern vervielfachen, um zur glücklichen Beendigung des furchtbaren Krieges, zur baldigen Erreichung der Segnungen eines ehrenvollen Friedens das ihrige beizulragen. Ihre unbegrenzte Liebe und Treue zur Allerhöchsten Dynastie und zur altehrwürdigen Monarchie, d e r g u t e n M u t-te r aller öft e r r e i ch i s ch - u n g a r i s ch e n Völ-k e r und Nationen, werden Wunderwerke wirken — mit dem allesvermögenden Segen von Oben. Im Herrn geliebte Diözesanen! wie so zeitgemäß ist die Lesung in der Volivmesse während der Dauer des Krieges ! Sie ist genommen aus dein 42. Kapitel im Buche des großen Klagepropheten Jeremias. „In jenen Tagen traten alle Führer der Kriegsscharen herzu", so hebt die Epistel an, „und sprachen zum Propheten Jeremias: Bete du für uns zum Herrn, deinem Gott! Und es erging das Wort des Herrn an Jeremias. Und er berief alle Fürsten der Kriegsscharen und das ganze Volk, Klein und Groß, zu sich, und sprach zu ihnen: So spricht der Herr, der Gott Israels, an den ihr mich gesandt habt, um euer Flehen vor ihn zu bringen: Wenn ihr im Lande ruhig wohnen bleibet, so will ich euch erbauen und nicht zerstören, pflanzen und nicht ausreihen; denn schon bin ich versöhnt durch das Leid, das ich euch angetan habe. Fürchtet euch nicht vor dem Könige in Babylon, vvide m ihr jetzt zagt und bebt! Fürchtet euch nicht vor ihm, spricht der Herr: denn ich bin mit euch, um euch zu Helsen und euch aus seiner Hand zu erretten. Und ich werde euch Erbarmen finden lassen und mich eurer erbarmen und werde euch in euren Landen wohnen lassen — spricht der Herr, der Allmächtige." (Jer. 42, 1. 2. 4. 9—12). Meine Lieben! Auch wir wollen uns in aller Demut und mil aller Zuversicht in dieser furchtbaren Kriegszeit recht eifrig an den allmächtigen und allgütigen Gott mil Fürbitten und Gebeten wenden. Er ist unser Trost und unsere Zuflucht. Wir hoffen es demütig, der starke Helfer in der Not werde uns nicht verlassen, sondern uns festigen mit seinen Worten: Nolite metuere, quia v o b i s c u m sum ego, ut salvos vos faciam ! Et dabo vobis misericordias et miserebor vestri. Besonders müssen wir beten, daß der König der Könige unseren fürsorglid)en Landesvater beschütze und segne, daß er uns sein kostbares Leben erhalte für und für. Und wir werden für den schwer heimgesuchten Kaiser beten, daß er wie David auf Gott vertraue, daß er sei — weise wie Salomon, beherzt wie Gedeon, ergeben wie Job. Ferner wollen wir aud) für den neuen Thronfolger und für das ganze Kaiserhaus mit Inbrunst andauernd beten. Es ist schrecklich, wie unser glorreiches Herrscherhaus von den grimmigen Feinden Österreichs gehaßt wird. Maria, die glorwürdige Schuhsrau Österreichs, und alle seine heiligen Schutzengel und Patrone mögen immerdar wachen und walten über Kabsburg. Ja, jehl sollen geschehen Gebete, Billen und Fürbil-ten für Könige und für alle, die in obrigkeitlichem Ansehen stehen. Wenn je, braucht das Vaterland, das in diesen schweren Zeiten so von listigen Feinden und Verrätern umgeben ist, unser Gebet, das Gebet der Großen und der Kleinen, besonders das Gebet der Unschuld. Und wir wollen für unser Vaterland und für dessen tapfere Armee jedes nur mögliche Opfer an Zeit und Arbeit, an Geld und Gut. an Leiden und Entsagung bringen. Der Krieg ist in der Kand Gottes ein mächtiges Mittel, um die Menschen sittlich zu erneuern, um sie zu läutern und zu bessern, sie in der Tugend zu üben und Verdienste sammeln zu lassen. Die Tage der Prüfung wenden den Blick des Menschen vom Irdischen zum Kimmlischen. Der junge Tobias betete in der Trübsal: Zu dir, o Kerr, wende ich mein Angesicht, zu dir erhebe ich meine Augen. Gepriesen sei dein N a me, du Gott unserer V ä t e r, der du, nachdem du zuvor gezürnt, Barmherzigkeit übest und zur Zeit der Drangsal die Sünden jenen nachlässest, die dich an rufen. (Tob. 3, 13. 14). Demütiget euch also, rufe ich zum Schlüsse mit St. Petrus, dem Apostel des Glaubens, unter die gewaltige Kand Gottes, damit er euch erhöhe z u r Z e i t d e r K e i m-suchung, indem ihr alle eure Sorgen auf ihn werfet; denn er sorgt für euch. Seid n ü ch t e r n u n d wachet u u d st e h e t se st im Glauben! Der Gott aller Gnaden aber, der uns in Christus Jesus berufen hat zu seiner ewigen Kerrlichkeii, er wird uns, nachdem wir eine kurze Weile gelitten haben, vollenden, stärken und festigen. Ihm ist die Kerrlich-keit und Ke rr sch a st von Ewigkeit zu Ewigkeit. Gnade sei euch allen, die ihr in Christus Jesus seid! Amen. (1. Petr. 5, 6 ff). Marburg, am Feste des Hl. Märtyrers Laurentius, den 10. August 1914. t Michael' Fürstbischof. Anmerkung. Das vorstehende Send- und Lehrschreiben ist von den Seelsorgern den Gläubigen am Sonntage nach dessen Eintreffen von den Kanzeln zu verlesen. Der zweite Hirtenbrief folgt nach. F. B. Lavanter Ordinariat zu Marburg, am 14. August 1914. t Michael, Fürstbischof. St. CyrilluS-Buckdruckerei, Marburg.