'-----«^ 44 ^——---- ' Freytag den Zi, October 182Z. N a ch t l i e d. ^Vchon wieder ruft mlt hohlem Munds Der Tag mir feine Sterbestunde So bang aus düstrer Höh' herab; Vald löscht die Zukunft sein Gedächtniß, lwd es empfängt auch sein Vcrmächtniß In dcr Vergessenheit das Grab. Wie ruhig schied er von dem Throne, Und legt' in Frieden still die Krone In seines jüngern NruderS Handj Und dieser läßt den Schlaf noch walten, Daß neue Kraft sich muß entfalten; Sein hcil'ger Fried' umschwebt das Land. Ach, fand' anch mich der süße Schlummer! —» Muß ich allein im wachen Kummer Nur Zeuge seines Segens seyn? Wann schwebt er auch auf mich hernieder, Und wiegt die matten Augenlieder In seliges Vera/sftn ein? Du nahst mit Trost so manchem Vette, Umschirmest jede Lagerstätte Mit heil'gem Dunkel, stille Nacht! O ruf' auö diesem matten Herzen Den wilden Kampf so langer Schmerzen, Um die die Kraukenlampe wacht! Am Fenster rauscht das Nachtgesieder, Und Schrcckensangst durchzuckt die Glieder, Ein trübes Ahnen mich umarmt. Der Träume sibrische Gebilde Ziehn mich in düstre Angstgesilde, Wo sich kein Engel mein erbarmt. Da tönt's j — Erst eine von den Stunden Hat sich der Schmerzensuacht entwunden; -^. ' ,'ze schleicht der Seiger fort! Die Freude nur hat rasche Flügel, Und naht sie auch mit goldnem Zügel, Ist doch nur karg ihr Himmelswort. Vald lenkt sie zu dem Heimatbslande, Wenn hier, üu düstern Erdgewande, Der Schmerz um Thron «nd Hütte schleicht, Und Keinen schont mit ssiner Sendung; ' Bis einst des Irdischen Vollendung Der Erdgeborne hat erreicht. Doch ist's nicht süßen Wahns Vethönmg, So fühl' ich selige Erhörung Dem nniden Herzen leise nah'n. Ss ruhn die marternden Gefühle, Und eng umschränkt die wilden Spiel» Der Phantasie Gesetzcsbahn. Umarmt den Müden, heil'ge Mächt« Des Schlafs, und tragt in tiefe Nacht« Ihm huldvoll seinen Kummersinn.' Ist auch nur kurz des Leidens Mindrung Das Unglück hascht nach jeder Lindrung, Die kleinste Gunst ist ihm Gewinn! Die Kreuzspinne. (Aus Freyherrn v. Hormayr's Taschenbuch vaterlandische Geschichte IV. Jahrgang.) In die rasch wechselnde Fluth und Ebbe des sturin-bewegten Innern sich verlierend, saß auf dem Wall des alten Schlosses zu Verona, dem eilenden Laufe der Elsch nachblickend, der edle Giuseppe C 0rna-ro. — EineZ verdienstreichen Hauses Sohn, war er voil Kindheit an auf den Flotten des alten, machtigen WWedig heimisch; — siark und offen, voll ungedulbi- Mzeu Ehrgeitzes^ Großes zu wirken, aber ohne den «li^glichen Ehrgeitz, etwas Großes zu werden, re-ßndungsreich, klar, wenn sein äußerst leidenschaftliches Semüch, wenn das Bewußtseyn stets reiner Absichten ihn über Sich Selbst und über die Außenwelt nicht täuschten, ein sehr schlechter Unterhändler, aber gebo- W»en für einen a u sg e sp röchlenen Zustand, der Erste im Entbehren und Entsagen, und doch ein Freund des Feunkes, der Freude, der Lust, gegen seine Untergebenen fürstlich freygebig und fürstlich strenge, allzeit gerecht, kriegerischer Beredsamkeit in hohem Grade «ächtig, unerschöpflich an Korper, jetzt eben acht und zwanzig Jahre alt, — in Aug, Haar und Färb« durch tziä verehrte Mutter, «m Deutscher, im Innern des Italianers stürmische Muth, beynahe noch ein Knabe »nd Schiffshauptmann in Quarner, in spaterer Jugend «it allgemein gepriesener Uneigennützigkeit, Pvovedl-»sr von Istrien, durch solchen frühen großartigen Gelrauch und durch erprobtes Vertrauen in seine Kräfte «on einem vorherrschenden Wesen, das wohl den Obern mit dienstwilliger Freudigkeit sich neigte, das ihn zum Abgott seiner Soldaten machie, das aber Seines Gleichen nicht leicht vertrugen, außer sie kannten ihn inni. ger oder waren von derselben Sitte mit ihm. M Seit dem berühmten Seesieg über den großen Bar-larossa, ftit «r die Balbuin« auf Constantinopels Thron gesetzt, bewachte der Marcuslöwe um so unduldsamer di« ausschließende Herrschaft der adriatischen See, nicht «llein symbolisch durch dls Dogen Vermahlung mitdie^ fem Meer am Himmelfahrtstage, sondern durch die .seltsamsten Ansprüche und gewaltthatige Ausdehnung derselben, insonderheit gegen,den Kaiser, König von Ungarn und Böhmen, Rudolph, in Dalmatien und Oroatien und gegen den in Grätz residirenden Erzherzog Ferdinand als Herrn zxKrain, Isterreich und auf der winbischen Malt. S» rissen sie mitten im Frieden Mqrano wieder an sich, nahmen die österreichischen Schiffe, blockinen die Seeplätze. Ihr Feldherr Savor, gnan verwüstete daS österreichische Gebieth, Malatesta warf den großen Gränzgraben ein und versentle die Schiffe, In dieser Anmaßung war ihnen Niemand hmder. licher, als eine Hand voll kühner Seeräuber, an unglaub. licher Entschlossenheit und M Grausamkeit den Vlt«l, lienb rüdern, Boucaniers und Fl i b u-sticls zu vergleichen, aus Rumelien, Bulgarien und vo>: d»r Bühne der Großthaten Ecanderbegs flüchtig, daher: «Überläufer, U sk oke n" genannt, seltsam in Sitten und in gotteüdienstlichemGebrauchen, abergläubisch, blutdürstig, unternehmend, dieser wichtigen Pc,ffe sichet« ste Wnchteie ruhigen Ustoken wurden den Türken zum angenehmen Schauspiel, auf der Gränze reihenweise aufge» hängt, andere trotz des gegebenen freyen Geleits auf die Galeeren geschmiedet. So meinte er Österreich zu ermüden, oder die Uskoken den Türken in die Arme zu werfen. — Cornaro, der Ausgezeichnetste seiner Hau^tleure, wagte es, kühn gegen seinen Oberfeldherrn auftretend, der Signorie das Unchristlichste und Unftolinsche seines Verfahrens zu cntschleyern. Der Erzherzog, der spanische Vothschafter zu Venedig, die spanischen Vicelönigezu Neapel Md Mayland droht,«», Donato wurde zurückberufen, und der noch so junge Cornaro erhielt den Oberbefehl. — Zu sich nahm er z,ue^ alte Freunde, Bernardo Contarini und seinen Sohn Giulio und den Locotenenten Antonio Barbo, feinen Schulfreund, Waffenbruder und in jeder Hin-^kcht sein Geschöpf. Bey mittelmäßigenGaben war Barbo «oi! augenblicklicher kecker Entschlossenheit, gleichviel, <»ß zum Guten oder Schlechten, was Cornaro als blinden Eifer und seltene Hingebung ehrte. — Einerseits setzte Coc«,aro den Bau des festen Pülmänova gegen Aste»r«ich fort, baute auf den Inseln Veglia und Osero «nd gegen Giubba im morlachischen Canal starke Forts, büß die Uskoken sich nur mehr mit äußerster Gefahr in Bie See wagen konnten, und ein aufrichtiges, freund, schaflliches Znfammenwirken mit de^ von Ferdinand zu» Bändigung or heimlich feinen Gegnern weit vergrößert hiinerbracht wurde, in der Verworfenheit, dem edelstolzen Corna-ro, jede Klugheitsregel, jede Warnung als Feigheit darzustellen, die Freunde durch Steigerung feiner H,f-tigkeit von ihm zurück zuhalten und ihn wo möglich so weit gehen zu machen, daß er nicht vor° nicht rückwärts, noch auch' mit Ehre stehen bleiben konnte. —-Der Hof zu Gratz both dem Cornaro, zum Zeichen seiner Erkenntlichkeit ein heimgefaNenes großes 3ehe» ia Krain und ein Regiment. Ec schlug es aus. D«e Senat beschenkte dagegen den erzherzoglichen Vicedo» Nabatta, mit einer 6000 Dukaten werthen güldn«n Kette und mit einer prächtigen Barke. — Baröo, übe» diese Eintracht höchst mißvergnügt, fand und gebraucht« Maulwurflkünste, den Rabatta in Gratz, alt von Ve, nedig bestochen, verdächtig und bey den Nskoken vt», haßr zu machen, die ihn auch späterhin ermordet«» und mit viehischer Lust sein Blut tranken. Immer «n» gere Schlingen zog er um Cornaro, dessen Heftigkeit des Verrächers bester Bundesgenosse war. -^ Bald v«5« wickelten sich die Unterhandlungen. Rabatta erhielt B«« fehl, nach jetzt wieder hergestellter Nuhe, die Schlei» fung der neu angelegten Forts und völlig freye Schiff» fahrt zu begehren; dagegen Cornaro, im Widerspr»» ch« mit den frühern Äußerungen, der Iiskoken gänzli» che Entfernung und der Flüchtigen Auslieferung, bi« Visitation alle« bewaffneten und unbewaffneten Fahr» zeuge verlangen, und daß gar kein armirtes Schiff mehr auilaufen dürfe, sey es auch unmittelbar von CroaNens OberZeneral patentisirt! Cornaro, über diese gänzlich geänderte Spracht «nt^ rüstet, dachte am besten zu thun , wenn er den Barb» seinen Freund, der um Alles wisse, nach Venedig «i-orbne. Cornares Feinde harrten seiner mit Ungeduld. — Die bloße Wahrheit, hätte den Borbo nicht weit, geführt. Erdachte also lieber daran, daß die gröbste Lüge in der Regel das meiste Glück mache, und daß den Feinden, auch die verbrauchtesten Kniffe, willkommen seyen' — Barbo war wenige Tage in Vene« dig, als beym gesuchten Anlaß eines neuerlichen, ge^ ringfiigigen Er^esses der llstokcn, die Unterhandlungen sistirt, Co>'na»'o zurückberufen wurde. In Mestre fand er den Befehl, zu Verona oaS Weitere abzuwarten. von w!> der Commandant des Castell Vecchio, seine fortwährende Correspondenz mit Rabatta, übe? die lwch vorhandenen Inciden^püncte einbegleiten w«rd?. — Cornaro gehorchte, tief ergrimmt und ernstlich bekümmert um das Los seines Freundes Barbo, ob er etwa wohl in den„Bl«ykamm?r„« schmachte, oder gar den düstern Weg über di« „Brücke der Seufzer" betreten habe.? M In Vecona's altem Castelle fand er sich bald, wie » »n VateriHaus. Der greise Commandant, die ehrwür, dige Matrone, zwey Tochter, ein Knabe, gewöhnten sich nach den ersten StUüden, Cornaro, dessen Thaten langst der Gegenstand ihrer Unterhaltung und dessen unerwartete persönliche Nahe Allen höchst bedeutend war, als vertrauten Hausgenossen zu betrachten. — In wenigen Tagen , als seine freundliche Offenheit und kräftige Warme die Herzen ausgeschlossen und die vorschnelle Blüche seither Bekanntschaft, als reife, gezeitigte Frucht erprobt hatte, tral noch eine, nicht durch Geburt, aber durch Vertrauen diesem Hause angehörige Tochter hinzu. Das war für Cornaro entscheidender als Verhandlung und Kampf, als Ruhm und Verläumdung! W" Em in blutiger Schlacht, im Toben des Meeres bber der Volkswuth, unter Sorgen und Ranken er--starktes und dennoch rein gebliebenes Gcwüch, das gar teine Kindheit, das feine Jugend nur,für die rauhe Wirklichkeit des Krieges, Aller wieder Alle gehabthat, aus dieser Schneewüste auf ein Mahl im Frühling der Liebe zu sehen, bas ist fürwahr ein rührender Anblick ! — Die erste Liebe hat doch oft »mr der Neu heil mächtigen Neitz, gilt oftmahls nicht dem Geliebten, sondern nur dem Bedürfniß zu lieben, ist oft nur ein schwellender Übergang aus der Kindheit, «ine Morgenröthe, wohl die Sonne ankündigend, doch noch nicht selber die Sonne! — Aber reif und klar, Gold und Flitter wohl unterscheidend, die nach Platos Wahn loögerißne Hälfte der unsrigen plötzlich zu finden, zu «rkennen/ das schmilzt mit Blitzesgewalt, Ahnung und Wahrheit, Einbildung und Vernunft ineines zusammen für immer! Auch ihr Innerstes hatte des Fremden Anblick getroffen. Ein, die Blumenköniginn beschämendes Er-»öthen verrieth es. —> Die schönsten, blonden Locken fioss?n um die belle Stil'nc. D!e treuen blauen Augen, meist gesenkt, oft in den Ty m süßer Thränen getauchr, vernähen schüchtern, b?y so viel Milde könne ai'H , heiße Liebe wohnen! Des Mu>des frische Röche und die garten Wangen umspielte eine Wehmuch, die wohl noch ein Mahl jenen wilden Löwen am schwachen Ro« senband gezügelc hätte und ein Lächeln, sittig und sin« mg und im Schweigen ber.dt. >— Im Auge wohnt die Eeele — und diese Augen waren meist halbgeschlossen — und dennoch welche Gewalt?! Dec hohen Alcen plastische Götterbilder haben auch keine Augensterne und doch welchen Blick? und mahlen die christlichen Mei» ster der Anmuch Höchstes, die jungfräuliche Mutter, so g,:ben sie ihr diese h a l b g e sch l o sse n e n Aug«'N! — Be!vegt und ruhig, leicht und tief, glänzend hei» ter und in Weichheit aufgellst, mahnte die Liebliche, a l le Farben gehört?« zum himlnlischen Licht! —^ Daß sie eine Fremde, daß sie hie h er g efl ü cht st sey, umwölkte sie vollends mit zauberischem Helldunkel. — Sie zählte ihren sechszehltteu Sommer uno man nannte sie Elisa. Wenn der gesellige Abend das ganze wackre Haus in einen Kreis bannte, wenn der Comuiandant in Fra» gen uüerschöpsllch, in seinem Erstaunen osr selber erstaunlich und durch breite Zuthat von Wahrheit und Dichtung aus dom eignen Leben, höchst langweilig ward, wcnn dann Cornaro das Wort nahm, Blitze im Aug, den Arm erhoben, als trüge er noch wie vor den Stab des BefeYIs, aber das gauze Innere in Arbeit, wenn in seiner Rcde, noch Bedarf oder Wahl, Schwert oder Ohlzweig, Gründe und Spott, Bild uüd Funke wechselten, wie hing Elisa entschieden und schüchtern an Mund und Blicken! Wie eilig kehrte sie wieder, wenn ein Hausgeschäft sie rief und horchte von Neuem, mitleidend die Leiden, mittragend die Gefahrch-, mitziehend die fernen Züge, der Verlaumdung zürnend, in hastige Thränen zerfließend, ob seiner unverdienten Ver« kenulttlg/ den Regenbogen im lieblichen Antlitz, wenn bey plötzlich glücklicher Lösung, sonniges Lächeln di, Zähreu überwand! — Oh, wer also zu hören vermag, sey gewiß, daß dem andern nie der Faven des leben^ digen Wortes gebreche! (Die Fortsetzung folgt.) Gedruckt bey Ignaz Aloys Edlen vonKleinmayr.