wann würde mitteleüropr VON DEN 5LWEN BESIEDEU? BEITRAG ZUR KLÄRUNG EINES GESCHICHTS-UND GELEMRTEN-IRRTUMS. — Von MARTIN XUNKOVKZ, k. u. k. Hauptmann (Teschen, Öst. Schlesien). T ☆ I Zweite, uvesentlich uermehrte Husgabe. KRE(T)5IER 1QOG. Druck und Verlag von Heinrich Slovak in Kremsier, Uorreöe zur zuzeiten Rusgabe. Innerhalb einer relativ kurzen Zeit wurde eine neue Ausgabe dieser Studie notwendig, — wohl das objektivste Merkmal, daß sie ohne jede Reklame oder Unterstützung seitens der Presse, einen größeren, selbsturteilenden Interessenkreis gefunden haben muß, trotzdem sie die berufenen Fachgelehrten totzuschweigen oder als wertlos zu erklären für besser befunden haben. Ich habe von allem in der ersten Ausgabe Gesagtem hier nicht viel wesentliches zu ändern, wohl aber sehr wichtiges zu ergänzen, da die fortgesetzte Forschung mittlerweile den dargelegten Hypothesen und Behauptungen nur wieder neue, sehr massive Stützen zugeführt hat. Es erforderte dies, um die Übersichtlichkeit nicht ungünstig zu gestalten, nachdem der Text ungefähr um das doppelte zugewachsen ist, eine neue Gruppierung des II. Abschnittes, obschon sich eine genaue sachliche Scheidung der Erklärungen buchstäblich nicht durchführen läßt. Soweit mir die Besprechungen des Buches in deutschen, slavischen und italienischen Druckschriften zur Kenntnis gelangt sind, habe ich selbstredend jenen, welche meine Arbeit günstig beurteilten, nichts zu entgegnen; jenen Rezen- senten aber, bei denen meine Forschungsresultate keine Sympathie gefunden, will ich hier auch meine Ansicht entgegenstellen. Allen gegenteiligen Kritiken kann in erster Linie der Vorzug der Bequemlichkeit nicht abgeleugnet werden, weil sie sich mitWiderlegungen grundsätzlich nicht befassen; sie finden alles schlecht, falsch, unmotiviert und gewinnen hiemit im ersten Anlaufe die große Menge, welche ihre Gedankenarbeit durch andere besorgen läßt; jene wenigen aber, welche die Arbeit einer Selbstbeurteilung unterziehen, werden dieser Pauschalkritik schwerlich jemals zustimmen können. — Einige Rezensenten betrachteten meine Darlegungen sogar vom politischen Horizonte ; diesen kann ich nur entgegnen, daß ich alle meine Forschungen vom objektiven Standpunkte der Wissenschaft und lauterer, unentwegter Wahrheitsliebe auffasse und die Resultate auch niedergeschrieben hätte, wenn sie völlig entgegengesetzt ausgefallen wären. Doch wer nicht krankhaft nach Rang, Geld und Ehre strebt, kann resigniert auch über solche Imputationen hinweggehen und wird nicht die Wissenschaft dadurch prostituieren, daß er seine Forschungsergebnisse etwa in usum delphini präpariert! Im allgemeinen war zu entnehmen, daß den Kritikern nicht nur das notwendige Rüstzeug zur Beherrschung dieses-Wissensgebietes mangelt, sondern vor allem die Gabe der nötigen Objektivität abgeht, welche unbedingt zu den Postu-laten gehört über wissenschaftliche Hypothesen und abweichende Auffassungen sachgemäß urteilen zu können; jene-Wissenschaft aber, die nur gewissen Herzenswünschen entsprechen will, ist eben keine Wissenschaft! — Einen Grundfehler begehen vor allem jene, welche immer mit der geharnischten Phrase kommen: das ist historisch, als ob dies ein Axiom wäre; die-Völkergeschichte ist eben noch keine in allen Teilen abgeschlossene, geklärte Wissenschaft, und enthält namentlich der älteste Teil viele Daten, die sich mit den Tatsachen und der Logik absolut nicht decken; wenn daher jemand als Dogma aufstellt, es ist historisch, daß die Slaven im 5. oder 6. Jahrhunderte in Mitteleuropa eingewandert sind, auf dieser Basis alle Forschungen in despotischer Weise niederhält und jeden einen Phantasten oder Ignoranten nennt, der sich dem nicht sklavisch beugt, so ist gerade dies der Kernpunkt dessen, was ich in meiner Schrift beweisen will, nämlich daß der Begriff historisch und wahr nicht immer identisch sein müssen, denn sonst würden wir uns um ganz diametrale Dinge doch nicht Jahrhunderte lang herumstreiten. Bedauerlicherweise haben die vielen Irrtümer der Voreltern trotz aller unangenehmen Erfahrungen die Enkel nicht milder, nicht vorsichtiger gestimmt. Man vergißt gar so leicht, daß ein Galilei vorerst gefoltert wurde, damit die Welt das Drehen der Erde um die Sonne nicht erfahre, und W. v. Humboldt ist vergessen, der schon vor nahezu einem Jahrhunderte die Erkenntnis ausgesprochen, daß »durch die Ortsnamen, die ältesten und dauerndsten Denkmäler, eine längst vergangene Nation gleichsam selbst ihre eigenen Schicksale erzählt und es fragt sich nur, ob ihre Stimme uns verständlich bleibt«. — Und diese Stimme glauben wir jetzt zu erkennen; will man aber dieses Erkennen heute gewaltsam und mit Waffen jeglicher Art unterdrücken, so ist dies doch nur ein müssiger Kampf um Zeitgewinn, denn die Wahrheit, die ja ein ewiges Leben vor sich hat, gelangt schließlich doch zum unbestrittenen Siege. Ich gebe es ja gerne zu, daß die Stellungnahme gegen einschneidende Änderungen manchem, der die gangbaren Ansichten in der Jugend ohne kritisches Denkvermögen als Dogma aufgenommen hat, von einer gewissen Pietät diktiert wird; aber die Hochachtung vor der mittelalterlichen Lehrweise ist lediglich Privatsache, und wer lieber beim Kienspan sein Leibblatt liest als beim elektrischen Lichte, der mache dies mit sich selbst aus, fordere es aber ja nicht von anderen! Den Nachweis eines Irrglaubens haben »Fachmänner« niemals kampflos zugegeben, was ja menschlich erklärlich ist, denn jeder Gelehrte, der das ganze Lebensalter hindurch auf falscher Basis geforscht hat, wehrt sich schon aus subjektiven Gründen dagegen die Frucht seines Schaffens noch bei Lebzeiten zur Makulatur verwandelt zu sehen; aber der Fortschritt kennt keine zarten Rücksichten, und würde er sie üben, so stünden wir schließlich noch heute auf Homers Scheibengestalt der Erde! — Es ist daher gewissen . Forschern, welche sichs auf einem Aste recht bequem eingerichtet haben und das Absägen desselben sogar der rechtzeitigen Übersiedlung vorziehen, recht unangenehm, wenn sich ein unzünftiger Störefried in ihr Pachtgebiet verirrt, in der Gelehrten-Garküche etwas tiefer in die Töpfe gückt und dann seine Beobachtungen und Erfahrungen preisgibt. Aber die ehrliche Arbeit verträgt jede Kontrolle; nur die Falschmünzer arbeiten hinter verriegelten Läden und stemmen sich gegen die Türe, wenn die Polizei Einlaß heischt. — Wer daher unter allen Umständen zu reifen Mostbirnen gelangen will, muß zumeist erst das Wespennest im Baumstamme beseitigen, was allerdings für beide Teile recht unangenehm ist; doch die Beulen, welche die Tiere dem Angreifer beibringen, schwellen bald ab, indes sich die verteidigende Wespenfamilie doch um ein anderes Heim umsehen muß. — Ungefähr so steht es mit allen Wissenszweigen, welche durch Gelehrten-Eigensinn von jeder weiteren Entwicklung abgeschnitten werden; jede neue Arbeit, jede neue Anschauung ist zur Unterdrückung indiziert, zumal wenn man wittert, daß dem Neuerer nicht der Doktorhut und das Professorendiplom vorangetragen werden, als ob wir nicht wüßten, daß auf dem Handelsschiffe die gleiche Flagge weht, ob dasselbe nun Korinthen oder — Guano führt! Der Inhalt dieses Buches hat daher den angeborenen Nachteil, daß er bei unserem kurzsichtigen Standpunkte eine geteilte Aufnahme finden muß; daß er aber trotzdem jedem Leser genug Neues, Unbekanntes und Überraschendes bietet, das wird kaum jemand verneinen wollen, und ist jene Kritik, — ich kann es stolz und schlicht zugleich erwähnen — der Sache am nächsten gekommen, welche meinte: »Die Anekdote mit dem Ei des Kolumbus wiederholt sich hier: wir alle hätten dasselbe wissen können, aber wir wüßten es eben nicht!« — Das Werk bildet aber in dieser Fassung durchaus keinen. »Abschluß«; es sind hier nur etliche rohe Bausteine ausgebrochen; die feinere Steinmetzarbeit und das Aneinanderfügen mögen nun andere besorgen! — Die Dimensionen dieser Forschung wachsen eben mit jeder neuen Determination und vergrößern von Tag zu Tag das Arbeitsfeld, welches nun ein Einzelner weiter weder selbst beackern noch abräumen kann. Der Verfasser ist- sich auch dessen vollbewußt, daß dieses Buch in allen Teilen weder auf Vollständigkeit noch Fehlerlosigkeit Anspruch erheben darf; daß aber das behandelte Thema im allgemeinen eine Indikation bietet, welche den Stempel der Offenbarung dessen trägt, was das freie, unbeeinflußte Auge in der Natur gesehen, das wird der gerecht denkende Leser auch rückhaltslos zugeben müssen-Überdies kann sich jedermann vom Werte oder Unwerte meiner Lehren meist sehr leicht selbst überzeugen, wenn er in einem ihm gut vertrauten Gelände Mitteleuropas die hier gebotenen Anhaltspunkte mit den vorliegenden Verhältnissen vergleicht, denn in jeder Gegend lassen sich Analogien finden, und ist mir bis jetzt unter den zahlreichen Mitteilungen nicht eine einzige zugekommen, welche die Übereinstimmung nicht bestätigt hätte. Mit dieser Publikation soll daher schon eine Systematik der topographischen Etymologie geschaffen werden, um einen allgemeinen Ratgeber und Führer zu bieten, damit nicht jeder Forscher immer wieder von neuem beginnen müsse und auf diese Art über die ersten und zeitraubendsten Schwierigkeiten rascher hinwegkomme. Zum Schlüsse danke ich an dieser Stelle allen jenen, welche mir vergleichende Berichte oder orientierende Daten sowie sonstiges Hilfsmaterial zugesendet haben ; allen jenen aber, welche diese meine Arbeit nicht anerkennen und meinen separatistischen Forschungsgang hemmen wollen, sei hiemit offenherzig anvertraut, daß ich deshalb doch, unbekümmert um Haß oder Sympathie, weiter abseits der Heeresstraße wandeln werde; für diejenigen, welche mir folgen, wird der Fußsteig einstweilen genügen; werden es deren viele, so wird er schon breiter getreten und auf diese Weise von selbst zur Heerstraße werden; und für den, der etwas glauben soll, was er nicht glauben w i 11, ist dieses Buch nicht in die Welt gegangen! Teschen (Ost, Schlesien), im Juni 1906. Sn wissenschaftlichen Kreisen sowie in allen Geschichtswerken gilt als Grundsatz, daß die Slaven im 6., frühestens im 5. Jahrhunderte Mitteleuropa besiedelt hätten, und daß der Wechsel der Bewohner des erwähnten .Gebietes einen Teil der Völkerwanderung ausmache. Trotz der dadurch sehr gefestigten Stellung konnte aber diese Behauptung niemals eine allseitige Anerkennung finden, weil es stets Zweifler gegeben, welche — mehr oder wreniger offen — erklärten,'daß man der Geschichtschreibung in dieser Hinsicht nicht den vollen Glauben schenken könne, und daß die wahre Tatsache mit der geschichtlichen Meinung in so manchen Stücken im offenen Widerspruche stehe. Und tatsächlich ist es ganz unglaublich, daß eine so widersinnige Sache, wie dieses Begebnis in der Völkergeschichte, durch Jahrhunderte nicht vom Grunde aus erschüttert werden konnte, und daß der einmal ausgesprochene Irrtum, bis auf wenige Adepten, deren Stimme aber keine Hörer fand, stets weiter gefestigt und gelehrt wurde. Es ist daher endlich allen Ernstes notwendig, daß das Spinngewebe der Überlieferung — und es ist tatsächlich nur ein solches — zerrissen werde, denn der Beweis, daß die Slaven schon lange vor der. geschichtlich und wissenschaftlich markierten Zeit in Mitteleuropa wohnten, liegt ziemlich klar am Tage, nur gehört eine rückhaltlose Offenheit und der Mut dazu einer Irrlehre keine weiteren Konzessionen zu machen, lediglich aus Rücksicht, es könnte dadurch eine bereits altehrwürdige Ansicht zertrümmert, oder aus Sorge, es müßte eine auf diesem Axiom aufgebaute Kultur wieder erschüttert werden. Dieses ist jedoch eine unmotivierte Furcht, denn zu unserer heutigen Kultur wurden die Bausteine ganz international und unbewußt zusammengetragen, daher nur jene Forschung den Weg zum Ziele finden wird, welche die Spur der Wahrheit und Natürlichkeit verfolgt, gleichviel und unbekümmert darum, ob dabei die holde Sagenwelt, die mythische Überlieferung oder das in der Schule Angelernte in Trümmer zerfällt. Der rastlose Forschertrieb läßt sich durch derartige kleinliche Bedenken und Rücksichten keineswegs aufhalten trotzdem den Quell der Wahrheit, selbst unter dem hochgeschütteten Trümmergeröll der Vorzeit weiter zu suchen und wird ihn auch finden, sobald die Macht der Autorität, die Vorurteile und Ü b e r 1 i e f e-r u n g em weniger hoch e i n g e s c h ä t z t werden, als die Gewalt der Gründe. Das Recht nach der Wahrheit zu forschen ist aber ein allgemeines; es mögen sich daher die Fachgelehrten und Historiker nicht daran stoßen, wenn ein Unberufener aus Wahrheitsdrang gleichfalls ihre Domäne betritt, denn es handelt sich hier nicht etwa um einen krankhaften romantischen Patriotismus, sondern lediglich um die durch berechtigte Zweifel erweckte Forschung nach einem realen Bilde der Wahrheit von einem bisher inferior beachteten Standpunkte — und in diesem Sinne wolle die vorliegende Arbeit auch aufgenommen werden! — Das Resultat dieser Forschungen läßt sich in folgenden Satz zusammenfassen: Die Slaven sind allem Anscheine nach ein in Mitteleuropa autochtones, bis weit in die Diluvialzeit zurück durch sprachliche Spuren nachweisbares Volk. Die in diesem Satze gefaßte Quintessenz langjähriger Untersuchungen und Wahrnehmungen kann ich mit subjektiver Überzeugung als eine Tatsache, der Welt gegenüber aber als eine Hypothese bezeichnen, für deren Berechtigung ich auch Belege erbringen will — denn wer jemand in die Wüste des Zweifels führt, ist verpflichtet ihm auch den Weg in ein Kanaan zu weisen — möge sich auch manche Behauptung oder Meinung später in diesem oder jenem Punkte, als auf falschen Prämissen fußend, entwirren. — Dem Aufbaue jenes kompendiösen Satzes dienten folgende Studien zur Grundlage: I. Die Forschung nach der Entstehung und Bedeutung der topographischen Namen in Mitteleuropa im allgemeinen ; II. die Forschung über die geographische Verbreitung der topographischen Namen slaoischer Provenienz sowie die Applikation derselben auf die Bodenbeschaffenheit und die Bodenbedeckung des Namensbereiches; . III. die Prüfung des Zusammenhanges des Naturmythus und der Volksphantasie mit Einst und Jetzt. I. □ie Forschung nach der Entstehung und Bedeutung der topographischen Hamen in fTlitteleuropa im allgemeinen. oo CJber die Entstehung und Bedeutung topographischer Namen obwalten noch heute vielfach Ansichten, die geradezu ans Lächerliche streifen. Und schließlich ist dies nicht einmal verwunderlich! Es fehlt auf allen Linien die Erkenntnis für das Unmögliche und Unnatürliche; über so manche geschichtliche Begebenheit stolpert schon die Logik; es entscheiden auch nicht immer die Mittel blanker, objektiver Wissenschaft sondern entweder eine unfehlbare Kapazität, der subjektive Fanatismus oder ein kritikloses Urteil. Wenn jemand allen Ernstens schreibt: Vindobona bedeute »Die Gutes Verheißende« ; Graz habe den Namen nach den »Grazien« erhalten; Znaim (böhm. Znojmo) stamme vom slavischen Zeitworte »znojim« (— ich schwitze); das romantische Felsgelände Roßtrappe im Harz habe den Namen nach den Hufspuren des reitenden Odin erhalten; Mödling bedeute »die Sprechende«; Slaven sei gleichbedeutend mit »Sklaven«*) und ungezählte Erklärungen dieser Art, — so muß man dies umsomehr bedauern, je höher als Autorität der Erklärer eingeschätzt wird, denn es befinden sich genug Hochschulprofessoren darunter, die ungeprüft oder unbewußt solche unlogische und dabei sinnlose Deutungen aufstellen oder gutheißen. Und auch dieses ist eine natürliche Folge, denn demjenigen, der ewig in demselben Streite steht und stets von demselben Standpunkte aus forscht, ergeht es gar leicht, wie dem Verirrten im großen Walde; er sucht nervös den Ausweg und läuft dabei im Kreise herum; würde er aber das für solche Fälle bewährte Hilfsmittel anwenden, den höchsten Baum des Waldes erklimmen und sich einmal über die Baumwipfel hinweg orientieren, so könnte er den Blick für das Große, Weite und Richtige nicht verlieren. Wer daher zur Erklärung eines topographischen Namens (wozu ich auch alle Volksnamen zähle) schreitet, muß sich vor allem darüber klar werden, welches die älteste noch erhaltene Namensform war, da diese meist noch natürlicher aussieht und weniger Gelegenheit hatte irgendwie verballhornt zu werden; hat er nun mit seinem verfügbaren Sprachschätze das namengebende Wort erkannt, so ist jetzt noch die eigene Besichtigung der Lokalität notwendig, um zu vergleichen, ob der früher sprachlich festgestellte Begriff in einem sichtbaren oder natürlichen Zusammenhänge mit den tatsächlichen lokalen Verhältnissen steht; dies ist aber oft mit großen Schwierigkeiten verbunden, weil einerseits der Ort im Laufe der Zeiten seine ehmals namengebenden Bedingungen durch die Kultur eingebüßt haben konnte, andererseits haben die Ortsnamen mit den sprachlich bekannten Lautreflexen gebrochen, sobald sie in eine andere *) Die Form »Serbi«, sowie »Servi« (wobei die Labiales wechselten), dürfte Veranlassung geboten haben, daß man aus »Servi« im Wege der Übersetzung »Sklaven« erhielt, da man dieses Wort für ein lateinisches nahm, und dies später noch unwissenderweise dahin erweiterte, daß »Slave« und »Sklave« identisch seien. Sprache übernommen wurden, sich daher etymologisch schwer nach rückwärts verfolgen lassen. Um weiter den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem grundlegenden Worte und der Lokalität hersteilen zu können, ist es auch notwendig, daß der Forscher in allen Reichen der Naturwissenschaft . bewandert sei, daß er große Vertrautheit mit den folkloristischen und kulturellen Verhältnissen sowie den geschichtlichen Begebenheiten der Umgebung habe, und schließlich ein praktisch geübtes Auge für das Erkennen der Bodenbeschaffenheit und Bodenbedeckung besitze, und alle diese Hilfsmittel organisch in eine Relation bringe. Nur mit diesem Rüstzeuge, sozusagen mit einer »praktischen« Etymologie und Autopsie, ist es möglich schwierigere topographische Namen mit der unverkennbaren Richtigkeit zu deuten. Gewiß erreicht man mit dem Studium der Wurzelformen beim grünen Tische auch manch richtiges Resultat, aber die weit überwiegende Zahl läßt sich auf diese Weise nicht zutreffend erklären; überdies begehen die Theoretiker bei solchen Untersuchungen meist den gewichtigen Fehler, daß sie in dem Worte Feinheiten suchen, die ein natürlich gegebener Name eben nie besitzen kann. Alle topographischen Namen haben nämlich eine ganz natürliche, das Gebiet, auf das sich der Name erstreckt -1-sei dies nun ein Weiler, Dorf oder eine Stadt; Flur, Wiese, Acker- oder Waldterrain; Bach, Fluß, Teich oder See; Tal, Hügel, Berg oder Gebirge; Volk, Provinz oder Staat — im allgemeinen charakterisierende Bedeutung, und ist die Namengebung aus irgendeiner unvermittelt erkannten Äußerlichkeit des betreffenden Objektes hervorgegangen; zumeist wären die Ortslage (Höhe, Tiefe, Ebene, Schlucht, Hang), dann die Beschaffenheit des Bodens in wirtschaftlicher Hinsicht (sumpfig, sandig, steinig, bewaldet, kahl, vulkanisch), nützliche Mineralien und Gesteine, die Flora mit ihren dem Menschen wichtigeren Vertretern (Baumwuchs, Weideplatz, Arzneioder Nutzpflanzen) maßgebend; sonstige konkrete Motive kommen schon seltener vor; abstrakte und künstliche Namen waren aber bei der ersten Bezeichnung einer Ansiedlung niemals im Gebrauche, weil dies ja auf den ersten Blick widersinnig wäre. — Man suche daher in diesen Namen keine tiefsinnigen mythologischen, symbolischen oder genealogischen Deutungen, sondern denke stets an die primitivste Natürlichkeit an »die Sprache d e s B o d e n s« ; konkrete Anschauungen und unbeeinflußte physiche Beobachtung, nicht aber abstrakte Reflexionen entscheiden ausschließlich in der Namengebung. Deshalb sind auch die Erklärung und Deutung eines topographischen Namens nur dann als reell und gesichert anzunehmen, wenn sie jeder Methode der Prüfung standhalten. Diese Behauptungen mögen nun durch einige typische Beispiele ihre Bekräftigung finden. a) Namen, bei welchen eine unnatürliche, widersinnige und den Forscher störende Anpassung vorliegt; z. B. aus »Zabje« (= Froschlacke) wurde im deutschen Gebrauche »Schwabendorf«; aus »Strm breg, Strmec« (= steiler Berg) wurde »Sternberg« ; aus »Locna ves« (— Dorf mit feuchtem Wiesengrund) wurde »Latschendorf« und »Lanzengorf«; aus Spilja ( = Höhle) wurde »Spielberg«; aus »Lhota« (Wiese) wurde Allod, Elgot, Öhlhiitten und Althütten. b) Beispiele, daß ein sinnloses Wortaggregat kein natürlicher Name sein kann; z. B. »Osterberg« ist hervorgegangen aus »Ostri breg« (= spitzer Berg); »Malahorn« aus »Mala hora« (= -kleiner Berg); daß der Name »Imst, Imsterau, Imsterberg« in dieser Form bedeutungslos ist, darüber ist kein Zweifel, und ist der Beweis der natürlichen Entstehung erst möglich, wenn man weiß, daß der Ort im Jahre 764 noch »Humiste« (= Ort, Ansiedlung an einem Berge, denn »hum« bedeutet slav. Berg, »humisté« eine Gegend am Bergfuße) lautete. c) Beispiele, daß man das Grundwort falsch auslegt, wenn man sich an künstliche oder abstrakte Begriffe hält; z. B. in Deutschland kommt der Ortsname »Werben« wieder- holt vor, und wurde dahin ausgelegt, daß dort Militär ausgehoben wurde; tatsächlich stammt der Name von »vrba« (= Weidenbaum), bezeichnet sonach ein Gebiet, wo vornehmlich Weiden wachsen; »Oblat« bedeutet nicht Ansiedlungen, welche an die Kirche Abgaben für »Oblaten« leisten müssen (wie ein Forscher der Ortsnamen in Tirol behauptet), sondern den bewohnten »Berghang« (slavisch »oplata«) im allgemeinen; es mußte auffallen, daß der Name »Oblat« nie für sich, sondern stets in Verbindung mit einem Bestimmungsworte auftritt, das erst entscheidet, welchen »Berghang« man bezeichnen will (z. B. Sannd Jacobs Oblat, Oblay zu Berchach, Oblat Vierschach u. a.); Dobrovce, Dobersdorf, Dober dol, Dobrunje u. ä. wurden aus »dobro« (= gut) abgeleitet und oft zu »Gutendorf, Gutental« übersetzt, und doch haben sie alle des Wort »dob« (?= Eiche) zur Grundlage und bezeichnen eine Gegend mit »Eichenwuchs«. Glanzberg heißt nicht so, weil er etwa glänzt, sondern weil ein Gebirgsweg über denselben führt (klanec); Rotte, Roth, Raut, Reuth ist kein deutscher Begriff, wie allgemein behauptet wird, sondern hat das slovenische rovte, ruta zur Basis, womit ein Neuland, d. i. ein in eine Bergwiese verwandelter Wald bezeichnet wird (nach rvati, ruti — ausreißen). Slavisch en Ursprungs ist der Name deshalb, weil er in rein slavischen Gebieten oft vorkommt, in deutschen Gegenden aber stets nur im Kreise slavischer Ortsnamen und in Verbindungen angetroffen wird, aus welchen zu ersehen ist, daß man die Deutung des Wortes gar nicht kannte, als man den deutschen Namen schuf; z. B. Rothneusiedl enthält eine Tautologie; aus rovte, rovtine wurde Rothwein, Rottenmann, Rodein, Rodaun, Rottenberg, Rottendorf u. a. Die Kot-Alpe (bei Turrach) hat mit dem Kote nichts zu tun, denn man benennt eine Lokalität nicht gerade nach dem Aussehen in der Regenzeit; »kot« heißt vielmehr im Slavischen Winkel; tatsächlich heißt die Nebenalpe die Winkler-Alpe, eine weitere daselbst »im Winkel«. d) Beispiele, daß man einen Ortsnamen falsch deuten kann, wenn man sich die Lokalität nicht besehen hat; z. B. bei Bruck a./M. ist das Dorf »Zlaten«; man möchte bestimmt annehmen, daß der Name von »zlato« (= Gold) herrühre, indes stammt er von »slatina« (= Säuerling), weil sich dort eine solche Quelle befindet; liest man den Namen »Pohlsee«, so denkt man sofort an einen See; der Name bedeutet jedoch nur »poljce« (kleine Ebene) und einen See gibt es dort nicht; »Strasserberg« ist kein Berg, auf den eine Straße führt, sondern die Stelle, wo einst eine »straža« (= Wache gegen Feindesgefahr) stand; »Eselsberg« ist nicht aus dem Begriffe »Esel« hervorgegangen, in der Meinung, daß dort einst wilde Esel weideten, sondern ist ein Berg mit einem »Wetzsteinlager«, und für den Wetzstein gebraucht der Slovene auch den Begrif »osel«*) wie für den »Esel«, was aber zur falschen Übersetzung führte; es gibt mehrere »Silberberg« (z. B. bei Leibnitz, bei Gloggnitz), bei denen an einen Bergbau nicht zu denken ist, — das erstere liegt im Neogen —; der ursprüngliche Name war »zrebrovje« (= Bergabhang, namentlich wenn er viel Wasserrisse hat, also rippenartig aussieht), denn rebro bedeutet Rippe; der Übersetzer dachte aber an »srebrovje«. = Silbergegend u. a. Die topographischen Namen sind erfahrungsgemäß keinen tiefen Änderungen unterworfen, da sie zumeist nur an eine andere Sprache angepaßt oder aber übersetzt wurden. Diese Anpassungen sind aber dadurch allein, daß nur ein Laut vertauscht, ausgeworfen oder eingeschoben wurde, von solchem Einflüße, daß der wahre Name oft schwer oder gar nicht mehr erkannt werden kann, namentlich wenn nur eine Lesart zu Gebote steht. So weit bekannt, haben z. B. die Römer weniges übersetzt, sondern sie formten nur die Vorgefundenen Namen *) Der ursprüngliche Begriff für Wetzstein ist aber überhaupt nicht »osel«, sondern »ocelj« (= Stein zum Stahlschärfen). so ihrer Sprache zu, daß sie ihnen mundgerechter wurden, wodurch aber diese neuen Formen allerdings ein derartiges Bild erhielten, daß wir sie heute recht schwer wiedererkennen. So schreibt Pompinus Mela (Chorographia III. 30*): Montium altissimi (erg. in Germania) Taunus et Retico, nisi quorum nomina vix est eloqui ore romano; in »Retico« (Rhätikon) ist wohl bestimmt das noch heute gebräuchliche slovenische »rt, rtje, rtina« (= hoher Berggipfel, Felszacke) erkennbar, ein Wort, welches für die Römer gewiß schwer wiederzugeben war; der heutige Taunus ist jedoch mit dem obengemeinten Gebirge kaum identisch, da er doch nicht zu den höchsten Gebirgen gehört ; auch kann eine etymologische Erklärung dieses Namens in bestimmter Weise nicht gegeben werden, da eben das Gebirge, welches Mela so bezeichnet, nicht genau erkennbar ist; aber aus Analogien läßt sich schließen, daß er damit die Schweizer Alpen meint und daß der Thuner-See hiebei namengebend war; denn die heutigen Ortsnamen: Tunjice (Nachbarort: Mlaka), Htonjecka ves, Hotinje, Hotunje, Hottingen (Vorstadt Zürichs), Hoticina bei Castelenovo lehnen sich alle an das slovenische Wort: tonje, htonje**) in der Bedeutung: tiefe Wasserstelle; tatsächlich befinden sich vorbenannte Terraindetails auch bei diesen Ortschaften. Es muß also auch der Originalname für »Taunus« nicht, wie hier geschrieben, gelautet haben, weil er eben für den Römer schwer auszusprechen war; es muß daher (abgesehen von der üblichen Diphthongbildung: »u« zu »au«), dem »t« noch ein Konsonant vorangegangen sein und ich vermute, daß dies ein »h« war. Auch ist es ganz verfehlt diese Namen im keltischen Sprachschätze suchen zu wollen, da wir ihre für den Römer schwer auszusprechende Form in den slavischen Sprachen noch heute haben u. zw. in der zusprechenden natürlichen Bedeutung, *) Mela entnahm seine Daten dem Hanno Carthaginiensis (500 v. Chr.), Hipparchos (2. Jahrh. v. Chr.) und Cornelius Nepos (95—25 v. Chr.). **) Es mag auch sein, daß die Bewohner jenes Gebietes, ähnlich wie heute'die Obersteirer, das »o« wie etwa als »au« tönend, aussprachen. 2‘ während wir sie im Keltischen erst künstlich konstruieren müßten, um ihnen die Eigenschaft der schweren Aussprache zu verschaffen; ob sie aber dabei auch eine natürlich zutreffende Bedeutung haben würden, darum wird wenig gefragt. Die Ursprache hatte einst offenkundig nicht den Vokalreichtum der modernen Sprachen, was man den Idiomen der heutigen Naturvölker noch immer ansieht. Die ältesten Begriffe waren daher alle konsonanten reich und sehr vokal arm. Die Vokalophilie ist erst eine Errungenschaft der Kultur, namentlich bedingt durch den Verkehr mit anderen Völkern, welche die ihnen schwerfälligen Silben der Nachbarsprache durch Vokaleinschiebungen abtönten. Jene Sprachen, welche viel Mitlaute haben, sind daher die älteren und dabei an Casus wie Verbalformen reicheren, als die Dependenzsprachen; so ist z. B. der Urbegriff »prn« (= Alpenweide) für die modernen Sprachen leichter sprechbar gemacht worden, indem entweder ein e vor das r, z. B. Pernik, Pernica, Bern. Bernhard, oder aber nach dem r, wie bei: Prenj, Prem, Prente, Prein eingeschoben wurde. Die Eigentümlichkeit der harten Sprache erforderte namentlich Vokaleinschiebungen an jenen Stellen, wo sich Konsonanten häuften; so wurde aus »Tržčje« (eigentlich »trgovišče« = Marktort) bei den Römern »Tergeste« ; aus »Ptuje« (fremdes Gebiet) Petuvio, Petovium, jetzt Pettau; aus »Loče« (richtig: Ločje, die nasse Gegend) == Lotodi, aus »Pod bregom« (slav. Gegend unter dem Berge, deutsch Boppard) zu Baud ob riga u. a. Wie man schon aus diesen Beispielen sieht, handelt es sich bei der Anpassung lediglich um solche an slavische Urnamen. — Dasselbe gilt aber auch betreffs der Übersetzung derselben. Übersetzungen nahmen fast ausschließlich die Deutschen vor — denn die sonstigen Sprachen spielen dabei keine fühlbare Rolle — und begann dieser Prozeß intensiv mit dem Beginne des 12. Jahrhundertes, also in der Zeit der ersten teilweisen Germanisierung der von den Slaven bewohnten Gebietsteile; daß aber diese Namen nicht später von den Slaven übersetzt wurden, wie man allenthalben behauptet, wissen wir daraus, daß uns die ursprünglichen Namen aus den Zeiten vor der Übersetzung ja zumeist in alten Urkunden, in den Erd- und Salbüchern, sowie Urbarien erhalten sind. Eie Anpassung an die slavischen Namen deutscherseits führte auch nicht mehr zu so schwierigem Erkennen des Originalnamens, wie bei den römischen, weil dies-etwa 1200 Jahre später geschah und die primären Namen im Volksgedächtnisse leichter die Kontinuität aufrechthielten. Ein ganz ungewöhnliches Beispiel einer Anpassung ist z. B. die deutsche Namensform »Baumöhl« für ein Dorf in Südmähren; nichtsdestoweniger ist diese sinnlose Entstellung des böhmischen »Podmole« (ein Ort an einer »Talmulde«, was sehr zutreffend ist) hier in keiner Weise irreführend; es ist höchstens zu bedauern, daß der skurille Einfall irgendeines Witzboldes amtliche Anerkennung fand. Hingegen kam es bei demselben Grundworte (mola, zmola) vor, daß es sich im deutschen in »Zmollnigg« richtiger erhalten hat, als im slovenischen »Smolnik«, weil dem Slovenen »zmola« in der Bedeutung »Talmulde« heute nicht mehr bekannt ist, er daher wähnt der Name habe »smola« (= Pech) zur Grundlage; es sind daher alle Namen in der Form: Smolnar, Smoljan, Smol-nikar sowohl als Orts- als Personennamen etymologisch richtig mit dem anlautenden »z« zu schreiben. Solche Anpassungen führten aber ansonsten in ungezählten Fällen doch zu irrigen Namensauslegungen, woran freilich nur unser unklares und unmethodisches Denken und Schließen schuld ist, weil wir die Scheingründe mit den Vernunftsgründen allzuwenig in Einklang bringen; man glaube daher nie, wenn die Sache sprachlich noch so klipp und klar zu sein scheint, daß je ein Ortsname so unmotiviert kam, wie etwa, um sich eines volkstümlichen Spruches zu bedienen, — die Fliege in den Milchnapf! So ist »Gastein« dahin erklärt worden, daß viele Gäste die heißen Quellen besuchen. Die Auslegung ist gewiß naheliegend aber an sich widersinnig, denn Gastein mußte eher, als »Gäste«, doch eigene Bewohner, daher auch einen eigenen Namen haben. Zudem ist Gastein durchaus nicht die Bezeichnung für den Ort mit den heißen Quellen, sondern für die bewaldete Umgebung (slav. Hostinje, alte Form: Gastuna) im Gegensätze zu »Golling« (slav. golnik) = kaltes Gebirge. Der richtige Name für das Bad Gastein ist »Toplice« (slav. warme Quellen) und ist dieser Name daselbst ja auch in der Verballhornung »Tobelrisse« erhalten geblieben. — Allgemein glaubt man die Stadt Brünn habe von den Kelten den Namen erhalten (brynn, briin = Berg), was an sich unnatürlich ist, denn der Berg in Brünn heißt »Spielberg«, d. i. jener Berg, in dem sich, wie in allen Höhen gleichen Namens, eine Höhle (slav. spilja) befindet oder befand; Brünn bezieht sich aber auf die um den Spielberg liegende Ebene mit schwarzem Humusboden, den der Slave mit »brno polje« (brnja slov. Dammerde) bezeichnet; tatsächlich führt der nordöstlich gelegene Teil Brünns den Namen »Schwarze Felder«, worin wir noch die richtige Übertragung des »brno polje« ins Deutsche klar erkennen. Abgesehen davon, daß auch in dieser Hinsicht ein gewisser Rechtszustand beachtet und die Sicherung der sprachlichen Zugehörigkeit nicht ausgeschaltet werden sollte, müßten die historischen Namen von amtswegen geschützt und von niemandem mutwillig abgeändert werden, weil sie eben den Ort natürlich charakterisieren. Allerdings ist es heute in vielen Fällen schwer wissenschaftlich den wahren Urnamen festzustellen; es müssen aber vor allem der klare Blick und die logische Denkart in diesem Forschungszweige obenan stehen, denn alle Gelehrsamkeit muß hier als Phantom zusammenbrechen, wenn sie nicht durch natürliche, unvoreingenommene und persönliche Beobachtung gestützt wird.*) *) Der Werdegang zu den vorliegenden Erfahrungen war gleichfalls bedeutenden Schwankungen und Täuschungen unterworfen, denn ursprünglich hing ich gläubig an den Alltagserklärungen, wie ich sie hörte; als ich mich aber überzeugte, daß in dieser Hinsicht keine Logik herrschte, wurde ich Anhänger der Keltomanen; doch der tiefere Einblick in diese Hypothese überzeugte mich von dem sprachlichen Irrtum, denn die ver- Es muß auch allgemein gewarnt werden bei der Erforschung unserer Ur- und Kulturgeschichte der Mythologie ein zu großes Feld einzuräumen; gut dreiviertel derselben sind später zugetragener Flitter und dichterische Erweiterungen, die sich zum großen Teile in die natürliche Vorstellung des Urmenschen gar nicht einfügen lassen; namentlich hat jene mit topographischen Namen nichts zu tun und kann man rundweg alle Auslegungen dieser Provenienz für wertlos erklären. So hat sich z. B. Dr. von Peez*) ein Gebiet zurechtgelegt, aus dessen topographischen Namenseinzelheiten man sich mnemotechnisch die germanische Mythologie leicht merken könnte. Er sagt (p. 89): ». . . die Verbindung mit so vielen bedeutungsvollen Götternamen findet sich doch nur hier an der Grenze von Niederösterreich und Mähren und zumeist in einem kleinen Bergiande zwischen der March und dem Marchfelde, der Thaya und dem Göllersbach. Hier liegen Hollabrunn (Holla). Völlabrunn, Pohlsbrunn, Pohlsdorf und Baiderndorf (Pohl, Beiname Balders) ; sodann in unmittelbarer Nähe Hadersdorf und Hadres, an den blinden Hödur gemahnend, welcher Baldern unfreiwillig erschoß; ferner Misteldorf als Erinnerung an die Waffe, womit dies geschah; endlich Wultendorf (Wodensdorf?), Erasbrunn d. i. Brunn der Era (Freia Holla), Ketlas-brunn (Götzelsbrunn), Hagendorf, Enzersfeld (Riesenfeld), Enzersdorf (Riesendorf), alles mythologische Namen, die, auf einem kleinen Bezirke gehäuft, von großer Heiligkeit des Ortes und wahrscheinlich von großen geschichtlichen meintlichen keltischen Namen hatten stets eine siavische Wurzel: nun irrte ich noch dahin, daß ich nicht immer auf das natürliche Bild beim Namen eines jeden Terrainobjektes drang, was aber schließlich nach vielen Vergleichen und Beobachtungen auch zu den festen hier dafgelegten Grundsätzen führte. Ich hatte als Offizier hiezu reichliche Gelegenheit, da ich außer den eigenenen Reisen jährlich anläßlich der Manöver durch ein Vierteljahrhundert stets andere Gegenden der Monarchie kennen lernte, und so vielfach an Ort und Stelle die Relation zwischen Namen und Namenberechtigung selbst überprüfen konnte. *) Dr. A. v. Peez, Erlebt — Erwandert. Wien 1902. Ereignissen reden. Es ist auf deutschem Boden keine Stätte bekannt, wo die alten deutschen Götter noch so deutlich erkennbar auf ihre Enkel herabblicken«. — Nun so poetisch geht die Namengebung eben nicht vor, und möge der Verfasser die nachstehende ernüchternde Richtigstellung im Interesse der Wahrheit ruhig hinnehmen: alle Ortsnamen mit »Holl« stammen von »gol«, bezeichnen sonach ab geholzte Gegenden; das wird er wohl natürlich finden, nachdem er an anderer Stelle (p. 88) erzählt, Oberösterreich habe 177 Namen, welche eine Rodungslokalität verzeichnen; Pohlsbrunn und Pohlsdorf liegt »polje« (Feld) zu Grunde u. s, w.*) *) Dr. Peez bringt für seine Beweisführung, die ihm nur allzugroße Subjektivität und parteiischer Eigensinn diktiert haben konnten, denn Patriotismus einerseits und Rechtsirrtum andererseits können doch nicht die sich berührenden Extreme freier Forschung sein, ganz absonderliche Beispiele. — Aus den vielen, geradezu krassen sprachlichen Dissonanzen führe ich nur folgende an: Die Endungen itz, iza, icha in den topographischen Namen hält Peez von neuem für eine Quelle slavi-scher Irrtümer; ihm ist Göpfritz nur eine genetivische Ortsnamenbildung, daher: Gottfrieds Heim (Hof): tatsächlich bedeutet Göpfritz (wie Gobernitz, Goberz u. a.) eine' Binsengegend, eine Gegend mit feuchtem Grund (slov. Kobrcje); der Zuname »Schestak« ist auf einmal ein uralter deutscher Name, bezw. das gotische Sesitak (Bedeutung?): das Wort ist jedoch slavisch und bedeutet (dasselbe wie lat. Sextus) den Sechstgeborenen; Kissingen soll schon deshalb deutsch sein, weil es auf »ingen« ausgeht; daß es aber vor vier Jahrhunderten Kisecke hieß, das ist ihm bedeutungslos: das alte Bojerheim ist im Laufe der Völkerwanderung in ein Böhmenland umgewandelt worden; daß aber dies zwei verschiedene, aber organisch zusammenhängende Begriffe sind, das ist ihm unbekannt; ihm sind die Suffixe: ing. dorf. heim, hausen Kriterien des deutschen Ursprungs topographischer Benennungen; dies ist jedoch unrichtig, denn diese sind nur Zugaben oder. Verballhornungen deutscherseits, denn die Hauptsache dabei ist doch das Bestimmungswort. Wenn er z. B. Lausheim als einen deutschen Namen schonungslos anführt, so will ich dies schon der Ästhetik halber dahin richtigstellen, daß es kein deutscher und auch kein zoologischer Name ist, sondern ein »Lu-zanje« (oder ähnlich), welche seine morastige Gegend bedeutet.— Der Forscher behauptet ansonsten Dinge, die ja der einfachsten Logik widersprechen; so z. B. (p. 73): alle Städte in Böhmen sind von Man kann heute so manches nur verstehen, wenn man das Lebende neben das Abgestorbene stellt, d. h. wenn man Gestaltungen, wie sie sich heute unseren Augen bieten, mit einst vergleicht, da man doch auf para-lelle oder naturgemäße analoge Verhältnisse rückschließen muß. — Wer heute die Verbreitung der magyarischen Sprache in den Ländern der ungarischen Krone oder der italienischen in Südtirol näher betrachtet, der wird doch zugeben müssen, daß sich dabei durchaus nicht das Volk in anthropologischer Hinsicht ändert oder eine kleine Völkerwanderung abspielt, sondern die Bewohner nehmen in ihren Stammsitzen eine andere, sei es aufgedrungene oder den Lebens- und Verkehrsbedingungen entsprechende Sprache an, aber der Grundstock bleibt derselbe. — Völker verlassen ja nicht als solche ihre Sitze, wie sich etwa ein Garnisonswechsel vollzieht, oder werden gar durch andere ersetzt; besondere Einflüsse seitens fremder Elemente sind das Um Deutschen gegründet worden; er wird schon etymologisch für diese Behauptung niemals den Beweis erbringen können, abgesehen davon, daß der Begriff Stadt nur eine formelle Differenzierung ist, denn eine Ansiedlung wird erst zur Stadt erhoben und nie — seltenste Fälle ausgenommen — gleich als Stadt gegründet. So ist Düsseldorf heute gewiß eine deutsche Stadt, trägt aber das deutsche Suffix »dorf«, sonach müßten die Deutschen schon das Dorf begründet haben; dieser Behauptung stellt sich aber der Vorstadtname Bilk daselbst in die Quere, denn alle alten Städte hatten einen Platz für die Wäschebleiche und diese heißt slavisch: bilka, belidla, u. drgl. — Die Städte entstehen aus größer gewordenen Ansiedlungen; an der Entstehung und Kultur des Ortes ändert aber die Erhebung zur Stadt absolut nichts, obenso wie ein Neugeadelter ja deshalb keine Umwertung in anthropologischer oder morphologischer Hinsicht erfährt, wenn er sich noch so verändert gebärdet. Dieses häufige Hervorheben von Städtegründungen ist nur eine unbedachte Ieoninische Anmaßung; den Gefühlen der gerechten Anerkennung würde es eher entsprechen jene hervorzuheben, welche die erste Ansiedlung unbewußt in einer für die Fortentwicklung günstigen Lage anlegten, gleichgiltig ob es Deutsche oder Slaven waren, denn »roden« und »Titelgeben« ist doch zweierlei! — Und zu alledem sagt Peez (p. 71): »Wie es kam, daß in dem durch seine zentrale Lage und den Gürtel seiner Berge so überaus wichtigen Böhmen so wenig Spuren deutscher An- und Auf des scheinbaren Wechsels, im Grunde wechseln aber nur die Sprachen. So ist es einzig erklärlich, daß z. B. die topo- und ethnographischen Begriffe in jenen Gebieten, welche heute die Deutschen bewohnen, fast ausnahmslos slavischen Ursprungs sind, weil die ansäßigen Slaven die Sprache der »Fremden«, wie sie die Deutschen eben im allgemeinen nannten, nach Einbuße der eigenen wirtschaftlichen und politischen Superiorität annahmen, ohne sich mutmaßlich dabei eines fühlbaren Überganges bewußt geworden zu sein. — Und dafür, daß die erwähnten Namen slavischen Ursprungs sind, sprechen eben die ältesten Namensformen, welche uns heute, mehr oder weniger Jahrhunderte alt, wenn man sich an das Hören von Jahrtausenden vorläufig schwer gewöhnt, als Kronzeugen für die Beweisführung dienen, d a ß d i e S1 a v e n k e i n e E i n w a n-derer gewesen sein können! © © © Siedlung aus früher Zeit sich finden, ist schwer zu sagen. Wahrscheinlich wurden sie durch Kriege und innere Verfolgung zerstört oder unkenntlich gemacht. Nach Franken oder Sachsen genannte Orte sind noch nicht nachgewiesen. Ganz flüchtig taucht in der Kriegsgeschichte von 1866 ein Frankenwald (Branca-Wald) bei Nachod an den nach Glatz führenden Pässen auf etz.« —• Gründlicher konnten seine Ansichten von niemand entwertet werden, als er dies hier selbst besorgt. Die vermuteten Deutschen Ansiedlungen sind nie dagewesen; und der »Frankenwald« ist eben eine »Branca« (branka = Wehr), d. h. eine feindliche Einbruchstelle, ein Punkt, wo man sich am günstigsten zur Wehre setzen konnte, (z. B. Blockhaus, Wachhaus, Tor) wie ansonst an ähnlich beschaffenen Gebirgspässen; und trotz dieser ureinfachen Erklärung müssen die »Franken« die Wahrheit verschleiern! —Alle Namen der Form Brank, Prank, Frank, Vranov, Vransko u. ä. weisen schon nach ihrer äußeren Beschaffenheit und Lage auf einen fortifikatorisch ausgenützten Punkt der ältesten Landesverteidigung hin (bran = Verteidigung, branik = Verteidigungsmauer, Hüftmauer). Vergleiche man nur den natürlichen Zwinger Branzevci bei Töplitz in Krain, Pranck in Obersteiermark und die natürlich feste Stellung am Branyszko, dem Passe aus der Zips nach Eperies, wo sich am 5. Feber 1849 ein blutiges Gefecht abspielte, weil die Österreicher die ungemein günstige Verteidigungsstellung daselbst sofort erkannten, und man wird über diese Etymologie nicht mehr zweifeln. Die Forschung über öie geographische Verbreitung äer topographischen Hamen slauischer Proüenienz unö äie Flpplihation äer-selben auf äie Boöenbeschaffenheit unö Boöenbeäecfcung öes Hamensbereiches. IT^ie sprachwissenschaftliche Durchforschung der topographischen Namen ergibt das interessante und bisher allzuwenig beachtete Resultat, daß sich die weit überwiegende Zahl dieser Namen in Mitteleuropa auf das Slavische zurückführen läßt und nur in diesem Sprachzweige eine Erklärung mit entsprechendem, natürlichen Sinne ergibt*). — Die nichtslavischen Namen dieses Gebietes bezeichnen, soweit sie auch erforscht und gedeutet sind, zumeist sekundäre Ansiedlungen auf einer bereits früher verteilten Gemeindeflur, welche aber erst nach der politischen Besitzergreifung der slavischen Gebiete durch die Deutschen und die darauf erfolgte Germanisierung ins Leben gerufen wurden, und sich meist als Burgen, Schlösser *) Ein typisches Beispiel hiefür bilden wohl die Ortsnamen Palfen, Pölfen, Balma, Pelva u. v. ä., die Ansiedlungen in der Nähe einer Felswand oder eines auffallenden Felsblockes bezeichnen. Die Herkunft des Namens suchte man im Rhätischen, Kymbrischen, Bretonischen, Provencalischen, Kottischen, in den Mundarten Tirols und der deutschen Schweiz nachzuweisen; daß aber die alten Slaven, — übrigens die Böhmen und Slovenen noch heute, — einen Felsblock >balvan« nannten, darauf verfiel niemand. und Meierhöfe repräsentieren. Diese dürften mitunter originaldeutsche Namen haben, was man billigerweise so lange zugeben muß, bis nicht alle Namen durchforscht und ob ihrer Entstehung und Bedeutung geklärt sind. Auf Grund reichlicher Erfahrungen kann ich aber bereits heute eröffnen, daß auch von den Namen dieser Art bei weiterer Forschung wenige verbleiben dürften, denen man diese Entstehung dauernd zuerkennen wird, wenn hiebei mit besonderer Vorsicht und bei voller Ausschaltung der vorgefaßten Meinungen vorgegangen wird*). — Es wurde bereits erwähnt, daß die Ansiedlungen .namens »Sternberg« aus »Strm breg« (= steiler Berg, steiles Ufer) hervorgegangen sind, was die beigegebenen Abbildungen zur Genüge erweisen.**) Desgleichen ist die Ansicht des malerischen Felsentales »Rosstrappe« doch bezeichnend für das zerklüftete Felsgebiet (rozdrapa). »Rossbach« ist ein Bach, der durch einen Bergspalt fließt, was der Slave mit »rozpoka, razpoka« bezeichnet und was auch stets in der Natur zutrifft. Man möchte auf den ersten Blick glauben, daß der Name »Rosenberg, Rosental« von »Rose« herrührt und zweifellos deutsch ist; dies ist jedoch nicht zutreffend, denn so pflegte man die Fundorte des Feuersteins, jenes ehedem sehr, wichtigen Bedarfsartikels, zu bezeichnen ; der Slave nennt aber solche »rozen breg, *) Bisher fand ich nur einen Namen älteren Datums, 'welcher zweifellos deutschen Ursprungs ist —• trotz arger Entstellung — und das ist der jetzige Meierhof Sternthal auf dem Pettauerfelde. Die Besitzer der Herrschaft Thurnisch legten auf ihrem ausgedehnten Besitze an der Stelle des heutigen Meierhofes einen Schafstall an, welcher in den alten Renteiakten noch als Stöhrenstall (auch schon Stöhrenthal) nach dem ahd. stero, mhd. stere (d. i. Widder) bezeichnet erscheint. Hier wurden daher, da das Gut ob seiner Bodenqualität fast ausschließlich Schafzucht betreibt, die Stöhre (Widder) gehalten. — Es ist selbstredend, daß der Name auch mit Tal nichts zu schaffen hat, da der Meierhof inmitten eines 500 km2 gelegenen Feldes liegt; aber gerade der Umstand, daß der Name mit Tal in keiner natürlichen Relation steht und mit Stern ein sinnloses Wortkonglomerat gibt, führte mich zur umso intensiveren Nachforschung, welche aber jahrelang resuitatlos blieb. **) Auch Stramberg (Mähren) ist desselben Ursprungs. rožen dol« (= Hornsteinberg, Hornsteintal). Einen Berg oder ein Tal nach einigen »Rosen«, welche einst doch nur Heckenrosen gewesen sein konnten, zu benennen, ist doch unnatürlich, da solche in Folge allgemeiner Verbreitung für die Namengebung belanglos bleiben. In den meisten Fällen bedeutet aber »Rosenberg« einen hornartigen Berg (slav. rog, rožič = Horn), welcher Begriff von den Deutschen bei der Übersetzung mit »roža« (= Rose) verwechselt wurde. Die Namen slavischen Ursprungs lassen sich aber nicht nur durch die deutschen Gebiete Österreichs und Deutschlands, (was ja ohnehin nicht geleugnet wird), sondern auch in der Schweiz, Italien, Spanien, Frankreich, Niederlande, nördlich bis Holstein nahezu untrüglich verfolgen; daß aber die östlichen und sonstigen südlichen Gebiete Europas zum großen Teile leicht erkennbare slavische Namen besitzen, bedarf nur einer vorübergehenden Erwähnung. Es wäre für jeden Fall vom hohen Interesse für die Wissenschaft, zumal für die Ur- und Kulturgeschichte, festzustellen, welches die äußersten Grenzen der topographischen Namen slavischer Genesis sind, da man heute nur mehr auf diese Weise ernstlich ergründen kann, wie weit die einstige Besiedlungszone der Slaven, die zweifellos weit größer war als die heutige, gereicht habe. Dies müßte aber eine Arbeit sein, welche nach einheitlichen Grundsätzen und gleichen Vorbedingungen alle topographischen Namen Europas untersuchen und sprachlich feststellen würde; die Lösung selbst erheischt jedoch einen immensen Zeitaufwand, da man manchem Namen jahrelang erfolglos nachforschen kann, und einen großen Stab von Sprachgelehrten, trotzdem wir in dieser Hinsicht schon einzelne gute Publikationen und Kleinarbeiten besitzen*). *) Es gibt aber auch Werke über Ortsnamen-Auslegungen, die mit einem bewunderungswürdigen wissenschaftlichen Apparate und mit großer Mühe verfaßt wurden, die aber für die Wissenschaft wertlos, wenn nicht der Irreführung wegen geradezu schädlich sind, weil unter Hunderten oft kaum ein Name richtig erklärt ist. Wie erwähnt, sind aber Deutungen von topographischen Namen meist primitivster Natur und kann diesbezüglich nicht genug zur Vorsicht und Rigorosität gemahnt werden, da es sogar weniger schwer ist, die Fiktion bei der Erklärung eines ungewöhnlichen Namens zu nichte zu machen, als das Richtige bei jenem Namen zu treffen, wo die Selbstverständlichkeit jede weitere Nachprüfung für überflüssig hält. Hiefür diene folgendes konkrete Beispiel. ln der slovenischen »Zeitschrift für Geschichte und Volkskunde« p. 72. Anm. (Marburg 1904) erklärt Universitätsprofessor Dr. Strekelj, daß »Crmnica« (im Tscherme-nitzer Graben westlich Marburg a./D.) einen Bach mit rotem (crmna, crvna voda) Wasser bedeute. Dies wäre ja glaubwürdig, allenfalls auch natürlich, wenn das Gestein, welches der Bach passiert, etwa Porphyr, roter Marmor u. dergl. wäre; hier ist dieses jedoch nicht der Fall. Die Erklärung ist vorerst daran gescheitert, daß sich der Erklärer wohl nicht überzeugte, ob die Berechtigung, das Wasser rot zu nennen, wirklich vorhanden ist, da niemand ein Wasser unbeeinflußt als r o t bezeichnen wird, wenn diese Eigenschaft nicht bis zu einer für jedermann wahrnehmbaren Grenze zutrift't; aber für den. Sprachkenner lag die zuversichtlich richtige Bedeutung schon im Worte. Und doch ist die Deutung auch von diesem Standpunkte nicht zutreffend ; der Bach »Crmnica« hieß ursprünglich »Zrmnica«, und bedeutet sonach ein Wasser, das über Konglomerat fließt, d. h. das einen Boden ausgewaschen hat, wo man seinerzeit freiliegend das Material zu Hand-, Haus- und Wassermühlsteinen gewinnen konnte. Durch die Darstellung dieses Namens im Deutschen, wo der z-Laut mangelt, ist dieses schwierige Erkennen der Urform verursacht und die Originalaussprache mit der Zeit auch im Slavischen verwischt worden. — Deshalb ist es vielleicht nicht unbegründet, wenn ich anschließend auch die Genesis, wie ich zu dieser Erklärung kam, darlege, weil es manchem Forscher zugleich einen Wegweiser bieten kann, welche Methode in schwierigen Erklärungsfällen schließlich doch zum Ziele zu führen vermag. — Ich konnte für den Namen »Crmozise« (Dorf bei Rohitsch in Steiefmark) durch Jahre keine natürliche Erklärung finden, da ich fortgesetzt durch die einleitende Silbe »crn« gebannt war. Eine gründliche Besichtigung jener Gegend machte mich aber auf ein Konglomeratlager aufmerksam, wobei ich mir die Frage stellte, ob nicht etwa von hier die Leute dereinst ihre Mühlsteine geholt haben mochten, da sie doch, wie Ausgrabungen zeigen, Mühlsteine aus Konglomerat anfertigten. Solche Steine heißen aber in Untersteiermark »žrmeljšek«, die Hausmühlen »žrmlje«, und da schon der altslavische Begriff »žrny« in der gleichen Bedeutung vorkommt, so konnte ich nicht mehr im Zweifel Schloß Sternberg in Mähren. sein, daß das hier vorhandene Konglomeratlager in der Umgebung als »zrnozisce« bekannt war, und diese Bezeichnung später auf die in der Nähe davon entstandene Ansiedlung überging, welche somit soviel als »beim Mühlsteinbruche« bedeutet. — Dieser Umstand allein konnte jedoch nicht als unbedingt richtig aufgenommen werden, da hier irgendein Zufall im Spiele sein könnte. Ich ging nun daran, mich zu überzeugen, ob bei den ähnlich lautenden Orten wie: Crmlensek, Crmla, Cimnica dieselben 8 Vorbedingungen obwalten, was wirklich auch zutraf. Und ohne alle diese Feststellungen hätte man weiter nie auf die Idee verfallen können, daß z. B. auch der Name »Črna gora« (Steiermark) entgegen seiner Namensentstehung unrichtig gesprochen und geschrieben wird. Ich stellte nun auch fest, daß der ganze Berg einen Konglomeratstock bildet, daher der ursprüngliche Name wohl »zrna gora« lautete, so lange man sich von dort noch den Mühlsteinbedarf holen konnte, denn seit dem Kirchenbaue war dies allerdings nicht mehr zulässig. — Daraus folgt weiter, daß es angezeigt wäre, auch bei den vielen Namen in der Zusammensetzung mit »črn«, als: Črno brdo, Črn potok, Črn les, Črnomelj, Černovice, Černovir, Černi grad, Černin u. s. w. nachzuforschen, ob sich dort kein für die einstigen Kulturbedürfnisse so wichtiges Konglomeratlager befindet, und welche Zonen diese Namensdeutung umfaßt, da der Begriff »črn« (schwarz) als Bestimmungswort für eine Lokalität natürlicherweise in den allermeisten Fällen unbegründet ist*). Es scheint aber, daß in Österreich allein *) So hat man z. B. »Črna gora« (Maria Neustift bei Pett.au) als »schwarzer Berg« dahin gedeutet, daß die Kirchenmauern schwarz seien und daß dies sogar einem Wunder aus der Zeit der Türkeneinfälle zugeschrieben werde. Diese Beweisführung ist in jeder Hinsicht hinfällig, denn der mächtige Konglomeratfelsen, auf dem die Kirche steht, war eher als die Kirche; war die Kirche schon als Neubau schwarz, so wäre sie wohl »Črna cerkev« (deutsch etwa in der Form »Schwarzkirchen«) benannt worden; diese war aber zur Zeit der Erbauung sicher nicht schwarz, da der verwendete Muschelkalk und Sandstein nicht diese Farbe haben, und ist ihr heutiges Aussehen, wie bei jeder alten Mauer, nur deshalb dunkel, weil sie eben gar nicht oder nicht rationell getüncht wird. — Ähnliches ist bei Černa hora in Mähren der Fall; das Schloß steht auf einem mächtigen Konglomeratblock. Man glaubte, der Name rühre davon, weil der Hügel mit Nadelwald (Schwarzwald) bepflanzt sei. Wie mir aber der Besitzer (Graf August Fries) jetzt mitteilt, ist meine Namenserklärung nicht nur geologisch richtig, sondern die Anpflanzung selbst bestehe erst seit dem Jahre 1863, indes der Name schon Jahrhunderte lang urkundlich bekannt ist. — Sonach müßte auch dieser Name historisch und sprachlich richtig: Zrna gora (böhmisch Žerna hora) lauten. einige Hundert topographischer Namen, die bisher keine natürliche Begründung aufweisen, auf diese Art in Bezug auf ihre tatsächliche Entstehung erklärt erscheinen. So naheliegend es aber auch wäre, beim Hören des Namens »Crmozise« auf »zrnozisce« zu verfallen, so wird man auf diesen doch sehr fernliegenden Gegenstand erst Sternberg in Kärnten. eingelenkt, wenn man die Fundorte jener Gegenstände sucht, welche die Kulturgeschichte den Urbewohnern als bekannt zuschreibt, da das Vorhandensein solcher schon behufs leichterer Orientierung durch irgendeine sachgemäße Benennung vorausgesetzt werden muß, und wird unsere Vorfahren hiebei wohl derselbe Gedankengang geleitet haben, der auch uns heute maßgebend ist. Dieses Beispiel möge aber jenen Forschern nach Ortsnamen stets vor Augen schweben, wenn sie die Sache ernst nehmen, daß eine Auslegung ohne Selbstbesichtigung der Lokalität sowie ohne stete Rücksichtnahme auf die kulturgeschichtlichen Momente in vielen Fällen fraglich bleiben muß. Die Forschung nach den topographischen Namen im Zimmer ist allerdings die bequemere, aber nicht die — zuverlässigere! — Ebenso führen andere topographische Namen zu gleichen Schlußfolgerungen. Ich erwähne hier nur drei Orte gleicher Type: Triest, Znaim, Trzec (bei Pettau). Alle bezeichnen einen Platz, wo Märkte abgehalten werden. Schon in jener fernen Zeit, als es noch kein Geld als Kaufmittel gab und die Verkehrsverhältnisse noch primitivster Art waren, brachte man zu gewissen Zeiten und an bestimmten Orten seinen Produktionsüberschuß dort zum. Angebot, wo an gleichen Artikeln Mangel herrschte und erwarb hiefür im Tauschwege jene Bedürfnisse, welche die eigene Heimat versagte. Bei Triest, welches schon bei den Römern den sla-vischen Namen in der Bedeutung Handelsplatz führte, ist darüber kein Zweifel, denn hier tauschten die Festländer ihre Artikel gegen jene der Inselbewohner ein.*) — Bei Znaim ist die Lage eine ähnliche, denn hier befindet sich eine deutlich wahrnehmbare Grenzscheide verschiedener Naturprodukte; während der östliche Teil vorwiegend Wein, Obst und Gemüse produziert, ist die Gegend westlich davon mehr für den Feldbau geeignet und bildet überdies eine *j Die Börse bezeichnet man daselbst noch heute als »Tergesteo« ; vermutlich war hier der vorrömische Marktplatz. — Nach Analogien wie: Trsteno, Trstenika und Ortschaften ähnlichen Wurzelwortes am Adriatischen Meere kann Triest, wie diese, den Namen auch von »trst« (= Schilf) haben, und machte sich hier vielleicht eine Diffusion der sprachlich ähnlichen Begriffe trst und trg (= Markt) geltend. Stramberg in Mähren, ausgesprochene Waldzone. Dieser Teil brachte nun Zerealien, Bau- und Brennholz sowie Holzerzeugnisse zu Markte und tauschte dafür Wein, Obst, Leder und sonstige Industriegegenstände ein. Der Platz, wo dieser Tausch oder Umtausch bei gegenseitiger Berücksichtigung der Entfernungen stattfinden konnte, wird an Stelle des heutigen Znaim gewesen sein, und war die ursprüngliche Namensform dieses Ortes »snem« (altsl. cri>H'iM'f>), welches »Markt, Versammlung« bedeutet. — Wenn man aber bei Znaim gar keinen Rückschluß machen kann, in welcher Zeit die ersten Märkte daselbst abgehalten wurden, da die älteste Namenserwähnung erst in die zweite Hälfte des Mittelalters fällt, so ist man bei »Tržeč« (Dorf südlich Pettau) in dieser Hinsicht auf Annahmen angewiesen, denen man eine reelle Fundierung nicht absprechen kann. Das heute ganz bedeutungslose Dorf Tržeč (slav. = kleiner Markt, 1440 Maerktl, 1450 »zum Maergtlein«) war jedenfalls einst der Marktplatz, wo die Produkte des Koloser Gebirges, des großen Draufeldes und des benachbarten kroatischen Gebietes zum Tausche zusammengetragen wurden. Dieser Punkt ist aber schon von der Natur wie zum Handelsplätze' geschaffen. Durch den Ort führt die Straße Cilli-Rohitsch-Pettau; von hier zweigt die Straße gegen Kroatien ab; hier ging ungefähr die Nord-Südgrenze zwischen Noricum und Pannonien; die beiden Flüsse Drau und Pulsgau scheiden in der Linie West-Ost die Tiefebene der Drau vom Mittelgebirgsstock der Kolos und des Macelj. Und doch ist es für den ersten Blick unerklärlich, wieso diese kleine Ansiedlung als Handelsplatz überhaupt eine Rolle spielen konnte, da ja 6 km nördlich die Stadt Pettau lag, die bekanntlich ein bedeutendes Emporium der Römer war und bereits damals eine ständige Brücke über die mächtige Strombarriere der Drau hatte. Es ist aber ziemlich sicher, daß es an dieser Stelle niemals zu einer Ansiedlung mit dem Namen »Tržeč« gekommen wäre, wenn zu jener Zeit Pettau schon bestanden hätte. Da es bekannt ist, daß die Drau in grauer Vorzeit ihr Bett Rosstrappe weit südlicher hatte, als dermalen, und sie hiefür als Zeugen eigene Diluvial-Terrassen zurückließ, ist es wahrscheinlich und sowohl durch die Terrainkonfiguration als auch das noch heute nahe an Tržeč reichende Inundationsgebiet der Drau begründet, daß der Draufluß diesen Ort nördlich unmittelbar begrenzte. Die Bedeutung eines Handelszentrums verlor es aber, als sich das Draubett gegen die Windischen Büheln zu verschob und die isolierte Bergkuppe, heute Oberpettau genannt, zur Schaffung einer verteidigungsfähigen Ansiedlung einlud; es besaß daher der frühere Handelsplatz schon längst vor dem Beginne unserer Zeitrechnung nichts weiter mehr als den slavischen Namen, als alleinige Erinnerung an die einstigen besseren Tage. Überdies nennen die Umwohner die Umgebung von Tržeč auch »Trnek«, ohne daß man heute erfahren kann, welcher bestimmte Punkt eigentlich damit benannt sein soll. Aber in diesem Begriffe steckt gleichfalls eine paralelle Marktbezeichnung, denn am Popovo polje (Hercegovina) heißt der Marktplatz wie Markttag auch »Dernek«; in Krain bezeichnet das Volk damit auch die Marktzeit (trjak), welche in Laibach anfangs Mai fällt. Es scheint dies ein bestimmter Punkt gewesen zu sein, wo zu einer allgemein üblichen Zeit (hier also um Pfingsten, denn »trjaki« heißt slov. auch Pfingsten) Angebot und Nachfrage um die Feldarbeiter erledigt wurde; die Grundbesitzer des Pettauerfeldes erledigen noch heute die Mahd-und Druschakkorde mit der armen Bevölkerung des Kolos-Gebirges vor Beginn des Sommers nach dem vormittägigen Sonntagsgottesdienste. Zwischen Gewerken und Schmieden wurde der Akkord seinerzeit um den 1. Mai geschlossen, was die slovenischen Knappen- und Metallarbeiter mit »v trjacih je kordeh« (um Pfingsten ist Akkordschluß) ausdrückten.*) *) Jene Marktsteüen aber, wo man vornehmlich »pas« (die metallenen Gürtel und Gürtelschließen, der Hauptschmuck der Frauen in den südlichen Ländern bis heute), ausarbeitete oder zum Verkaufe brachte, nannte man Nachdem es sich aber hier hauptsächlich darum handelt, zu erweisen, daß es slavische Namen schon lange vor Beginn unserer Zeitrechnung gegeben, werden im Anschlüße vorwiegend solche Namen etymologisch erklärt, die in den ältesten Schriftstellern Vorkommen, also älter sind, als die dermalige Zeitannahme der Slaveneinwanderung; daß es sich dabei zumeist um Volks-, Gebirgs- und Flußnamen handelt, ist selbstverständlich, weil diese weit beständiger sind, als Ansiedlungen, daher die Namen der letzteren erst in zweiter Linie dieser Aufgabe eine Stütze bieten können. Jene Deutungen aber, welche Namen jüngeren Datums berühren, oder r i c h t i g e r, ü b e r welche sich keine älteren Namen erhalten haben, mögen als Beweis dienen, daß man sie trotz aller Kontaminationen als der slavischen Sprache zugehörig und nach unentwegt gleichen Naturgesetzen gebildet, erkannt hat. 0 0 Bruppe àer Hamen für UJeiàeplâtze. Ein ungewöhnlich erfolgreiches wissenschaftliches Resultat ergab die Untersuchung der verschiedenen Weide-platzbenennungen, denn die Organisation der Weidegerechtsame bildet offenkundig die Uranfänge unserer politischen Verfassung. Die Völkergeschichte bezeichnet die ältesten Bewohner ihrem Lebensunterhalte und Gewerbe nach als Jäger-, Fischer- pasar, pazar, pazariste u. ä., und hat unser Begriff Bazar diesen Ursprung, ist also durchaus kein türkisches Wort. — In den Chroniken alter Städte findet man unter den Gewerbetreibenden auch die »Paßmacher« angeführt: auf Anfragen, was man darunter verstehe, konnte mir bisher niemand eine positive Auskunft geben. Es sind dies die Erzeuger des »pas«, also Gürtler in jener Zeit, wo man noch keinen eigenen deutschen Ausdruck hiefür gebrauchte. und Hirtenvölker, die ein nomadisierendes Leben führten, also kein seßhaftes Volk waren. Die nähere Beobachtung und Überprüfung dieser Behauptung bestätigt sich aber durchaus nicht. Weshalb soll z. B. ein Fischer, der am Meeresufer einen günstigen Fischfangplatz gefunden, nicht daselbst ständig ansäßig bleiben, denn schließlich ergänzt sich ja der Fischstand durch Zuzug und natürliche Vermehrung, und weshalb soll der Mensch ungeschickter sein, als das Tier, welches einen günstigen Lagerplatz immer wieder von neuem aufsucht. Es gibt ja noch heute primitive Ansiedlungen genug, die lediglich im Fischfänge und Fischhandel ihre Existenzbedingungen finden, wobei sie noch mit vielfacher Konkurrenz zu rechnen haben; sie wechseln den Fischfangplatz, wenn dies der Erfolg heischt, ansonsten kehren sie aber stets in ihr ständiges Heim zurück. — Dasselbe gilt für die Jagd. Man suchte einen Platz auf, wo viel Jagdwild festgestellt wurde, und ließ sich dort nieder. Sollte da etwa die Familie mitgezogen sein ? Gewiß nicht, weil dies schon für den Jagderfolg an sich nachteilig wäre. Auch ist dies durch die Selbsterhaltung begründet, denn geht der nomadisierende Jäger immer unstät herum, so stößt er dabei unwillkürlich auf andere Jägersippen, was zu einem Streite führen muß, und die Geschichte spricht ja von Jagdvölkern und nicht von einzelnen Jägerfamilien. Schließlich wird der Mensch wohl auch die primitivsten Verpflegsvorsorgen, wie sie etwa der Hamster hat, für jene Zeit, wo die Fischerei oder die Jagd erfolglos ist (See- und Schneestürme, strenger Winter, Überschwemmungen), nicht verabsäumt haben ; oder sollte er zu dieser Zeit auch herumgewandert sein? — für so unpraktisch und gegen sich selbst rücksichtslos dürfen wir wohl auch den Urmenschen nicht halten ! — Man findet auch meist an einem Platze die Knochen der unterschiedlichsten Tiere (z. B. Pfedmost in Mähren, Paris u. a.), da der Jäger die Beute immer wieder auf dieselbe stelle, d. i. zu seiner Hütte und Familie brachte. — Sicherlich ist es aber ein unbedingter Irrtum, wenn die Geschichte auch die Hirtenvölker als Nomaden bezeichnet. Justinus schreibt z. B.: »Die Skythen ließen ihre Herden ohne Aufsicht von Ort zu Ort ziehen, ohne zu fürchten sie zu verlieren, weil der Diebstahl strenge bestraft wurde« — wobei es eben gar nicht heißt, daß sie selbst mitgezogen sind, denn dann wäre ja das Verlieren und Stehlen der Herde umsomehr ausgeschlossen gewesen. Es ergibt sich daraus von selbst die Erklärung, daß der Bewegungsraum für die Herden natürlich abgegrenzt war, denn andersfalls wären sie wohl nicht so sorglos gewesen, da sich das Vieh in unbegrenzten Räumen doch leicht verläuft.* Es ist richtig, daß die Hirtenvölker Nomaden waren, aber nur innerhalb eines Kalenderjahres; sie zogen im Frühjahre von ihren Wintersitzen mit denHerden auf die nächstenWeideplätze und trieben sie, nachdem diese abgegrast oder infolge der Sonnenglut ausgedorrt waren, weiter in die höheren, kühleren Regionen, also auf die Gebirgs- und Alpenweiden, kehrten aber gegen den Herbst wieder zu ihren Stammquartieren zurück. Wir haben also unter dem Nomadisieren der Hirtenvölker nur einen jährlichen Turnusverkehr, nicht aber einen dauernden Domizilwechsel zu verstehen. Und Nomaden solcher Art gibt es in Gebirgsgegenden unverändert auch heute; die obersteierische Almwirtschaft ist z. B. anfangs Mai auf den Niederalmen, im Juli und August auf der Hochalm, dann wieder Niederalm, worauf um den 15. Oktober die Heimkehr erfolgt; die Herdenbesitzer von Trebinje und Stolac in der Herzegovina ziehen im Frühjahre allmählig mit ihren Herden bis auf die höchsten Alpenweiden der Prenj planina und bis zum Quellgebiete *) Um Zugehörigkeitsstreite zu vermeiden, wurden die Tiere verschiedenfarbig gekennzeichnet und geschieht dies bei gemeinschaftlichen Weideplätzen noch heute. der Narenta, und kehren im Herbste langsam in ihre ständigen Wohnsitze d. i. in die wärmeren Niederungen zurück, wo nach der Regenperiode (September—Oktober) der Graswuchs von neuem ansetzt, so daß die Herden durch die günstige Ausnützung der klimatischen Verhältnisse fast ununterbrochen Grünfutter genießen können. — Schließlich sind die Alpenweiden und Sennereien in Tirol, Salzburg, Schweiz u. a. auch nichts weiter als ein partielles Nomadisieren, denn auch auf dem Balkan ziehen ja nicht die ganzen Familien, sondern nur die hiezu unbedingt notwendigen, vorwiegend weiblichen Mitglieder mit den Herden, für welche bereits vielfach in den angestammten Weidegebieten auch stabile Unterkünfte errichtet sind.*) Die Benützung solcher allgemeiner Weideplätze, welche z. B. im Okkupationsgebiete Staatsgut (praedium) sind,**) führte aber oft zu ■ größeren Streitigkeiten und erbitterten Kämpfen, weil sich bestimmte Bewohner in einem gewissen Raume durch jahrhundertelange Benützung verjährte Nutzungsrechte erworben haben, daher fremde Eindringlinge mit Gewalt fernhielten. So haben die steten Kämpfe der Montenegriner, Albanesen, Türken fast durchwegs diese Entstehung, denn das Weiderecht ist für jene Gegenden, wo es nur kargen anderen Erwerb gibt, von den ältesten Zeiten her eine heikle und wichtige, zumeist sogar eine *) Die Zigeuner führe man als Beispiel für Nomaden auch nicht an, denn abgesehen von den seßhaften, wandern nur solche herum, die ihren Unterhalt als ambulante Schmiede, Kesselflicker, dann Wahrsager u. s. w. fristen wollen, was ja auch nur in der besseren Jahreszeit zutrifft. **) Ähnliche Verhältnisse obwalten auch heute auf der skandinavischen Halbinsel. — Anläßlich der Unionstrennung zwischen Schweden und Norwegen wurden Staatsvertrage abgeschlossen, wobei unter den fü nf Konventionen eine auch die Bestimmungen über die Renntierweiderechte der nomadisierenden Lappländer enthält. Hienach haben die Lappen beider Staaten das Recht, mit ihren Renntieren sich im andern Staate während bestimmter Monate auch ohne Einwilligung der Grundbesitzer aufzuhalten. Es handelt sich also überall nur um eine jährliche Wanderzeit mit den Herden, und nicht um ein Verlassen der ständigen Wohnsitze. Lebensfrage. Die konstante Kampfbereitschaft brachte es auch mit sich, daß diese Völkerschaften einen ausgesprochen kriegerischen Charakter auf-weisen. Aus diesem Grunde entwickelte sich in jeder Gemeinde, welche einen kommunalen Weideplatz besaß, oder auf einem neutralen Boden verjährte Weidegerechtsame genoß, ein natürliches Bedürfnis, daß eine angesehene und allgemein geachtete Person der Gemeinde mit der Vertretung und Wahrung aller Rechte der Gemeinde, worunter die des Weidens einstens die wichtigsten gewesen sein mochten, betraut wurde. — Wie nun später dargelegt wird, hatten die gemeinsamen Weideplätze je nach ihrer Lage, Beschaffenheit und Ausdehnung verschiedene Namen, aus denen auch die Bezeichnung für den Rechtsvertreter der Gemeinde hervorgegangen ist, die sich sogar zumeist bis heute in der Form erhalten hat, wenn die Funktion indes auch modernisiert wurde. — Der Carina stand einst der Car vor, der Čehovina der Čeh, der Občina der Oče, der Optina der »Opat«, der Paša der Paša (harampaša heißt noch heute in einigen Gegenden Dalmatiens der Dorfälteste), der Varda der Var (jetzt far, Pfarrer, bei den Ägyptern Pharao), der Zupa der Zupan (auch župnik u. s. w-*) *) Es ist wohl überraschend und doch so naturgemäß, daß sich die Begriffe für die höchsten Personen wie für die höchsten Gottheiten aus der primitiven Verfassung entwickelten, weil der Älteste einer Gemeinde die weltliche und geistliche Obrigkeit zugleich repräsentierte; nach der Trennung der Funktionen ging aber der gangbare Name auf diesen oder jenen Teil über, oder erhielten sich auch gemeinsam. — So bezeichnete bei den Alanen »ala« mutmaßlich noch den Ältesten einer Weideplatzgemeinde, den Mohammedanern ist aber dies heute schon die Bezeichnung für die höchste Gottheit. Dem Slovenen ist »oče« noci) der Vater (Erzeuger) aber zugleich auch der Himmelsvater; übrigens rufen alle Slaven Gott mit »očenaš«, die Deutschen mit »Vaterunser« an. Analog ist auch im Lateinischen der Seelenhirt zu »pater« und »pastor« geworden. — Der »opat« (als Vorsteher einer »optina«) wurde im Deutschen zu »Abt«, (d. i. Kloster-Ältester), die »optina« zu »opatija« (z. B. Abbazia und »Abtei«). So finden wir auf dem Wege einfach natürlicher Betrachtung die Urform unserer heutigen Staatsverfassungen wieder, wobei nur der Unterschied besteht, daß mittlerweile Gemeinden zu Staaten wurden und daß folgerichtig z. B. der Car nicht mehr der Vertreter einer Gemeinde sondern solcher eines Reiches ist, da. sich die Vergrößerung und Vermehrung der Gemeinden und dementsprechend die Würde des Ältesten derselben in gleichem Verhältnisse entwickelten, als mehrere Gemeinden denselben Rechtsvertreter anerkannten. Var, Varda. Einen Weideplatz in der Niederung, namentlich in lichten Auen längs der Flußläufe, dann auf den Höhen mit etwas Baumwuchs, in der Nähe einer Quelle, nannte man seit altersher: var, varda, vardisce u. ä. Dieser Name ist über ganz Europa verbreitet, wenn auch der Weideplatz mittlerweile eine andere Bestimmung erhielt. Die Begriffe: var, varda u. s. w. haben am Balkan bis heute ihre ursprüngliche Form und Bedeutung unverändert behalten. Andere Namen dieser Genesis sind: die Flüsse Vardar und Warthe (die durch Weideplätze fließen); an der Warthe saßen einst, wie Ptolemäus schreibt, die »Polani« oder »Bulanes« (poljani = Ebenebewohner); in den Pyrenäen die Vardulli, von denen Mela (III, 15) sagt: Vardulli una gens hinc ad Pyrenaei iugi promunturium pertinens cludit Hispanias; dann: Var um flumina utraque ab Alpibus delapsa, sed Var um quia Italiam finit aliquanto notius (Mela III, 72); Varus fiumen (Mela II, 74); Vardaei (Ardaei) in Dalmatien; Varini (Plinius, Tacitus); dann : Warta, Warth, Wartenstein, Wartenberg, Werth, Wörth, Werder; aus der Var an der Temes ward Temesvär; analoge Bildungen sind Kaposvär, Vukovar, Dombovar, Petervardein u. a., wo die früheren Weideplatzgemeinden mit der Zeit zu Städten wurden. Kaiserswerth ist eine »gajska varda« — ein Weideplatz im Haine (also eigentlich ein Pleonasmus); Donauwörth = der Weideplatz an der Donau, d. i. am großen Flusse, Auf der ägyptischen Una-Aufschrift finden sich auch »uar« und »uart«; die Ägyptologen legen dies als große Stadt, große Festung aus, was jedoch nicht richtig sein kann, denn erstens erhält niemals eine große Stadt als solche erst den Namen, sondern hat ihn schon von der Urbesiedlung her, und. zweitens ist die Hieroglyphe dafür ein Z i e g e n b o c k, das zutreffendste Objekt in einer Bilderschrift für eine Weide mit Baumwuchs. Diese zwei Begriffe bezeichnen nahezu zweifellos Weideplätze längs des Nil, denen ursprünglich ein »varao« (Pharao) als ältester Vorstand, der aber später, nach Entwicklung dieses Gebietes zu einem Reiche, in gleichem Fortschreiten des Amtes die Königswürde innehatte. — Derselbe Ausdruck hat sich bei den Slovenen im Worte »far«*) (und »fara« = Gemeinde im kirchlichen Sinne) erhalten, der nunmehr den Seelen h i r t der Gemeinde bedeutet und wohl das Grundwort für den deutschen Begriff »Pfarrer, Pfarrherr« bildete. Der Älteste einer Gemeinde war einst die weltliche und kirchliche Autorität unter einem für seine Gemeindeinsassen, was ja heute vielfach (z. B. in Montenegro**) noch fortbesteht, und ist schließlich ja jetzt zumeist noch die Gemeinde und Pfarre ein katastral sich deckender Begriff. — Daß man heute »far« schreibt, ist daraus erklärlich, daß man im althochdeutschen Alphabete das »F« noch nicht kannte, daher einst wohl auch »var« schrieb; später dürften aber die Slaven, da die Amtierung Jahrhunderte lang deutsch war, die neuere deutsche Schreibweise unbewußt selbst angenommen haben. *) Die Bezeichnung »far« war noch im 17. Jahrhunderte (ebenso wie »Pfaff«) eine ehrende für den »Priester« ; seither hat jedoch eine Umwertung ins Verächtliche stattgefunden, und wird überdies allgemein als Germanismus angesehen. Die Römer nannten »far« bereits den mit Spelt besäten Weideplatz, also: Acker. **) Daher auch »knjaz, knez «sowohl Fürst, als auch Priester und Ortsvorsteher bedeuten kann; hat also die progressive Wandlung vom Dorfältesten zum Fürsten noch nicht völlig eingebüßt. Die Slovenen gebrauchen den Begriff »varda« heute nicht mehr, besitzen aber noch stamm- und sinnverwandte Wörter in: varuh (= der Hüter),-vardevavec (= der Schafhirt) und vardevati (= Vieh hüten, beaufsichtigen). — Wir haben in »var, varda« ein Wort, welches dem Urwortschatze des Menschen angehört haben mui3, daher es auch in anderen Sprachen in ähnlicher Form und Bedeutung vorhanden ist. (Vergl. deutsch: Warte, warten (pflegen, hüten), ital. guardare, franz. garder u. s. w.).*) Car, Carina (der breitere Stadtteil Mostars mit türkischen Friedhöfen und angrenzenden Weideplätzen), Carina, Carici und Carigrad (Dalmatien), Carevič (auf Sabbioncello), Carigrad (Konstantinopel), Careva gomila (bei Almissa), Carevo polje (bei Ogulin), Carine (bei Busovača mit Busolje, wo sonach drei Namen gleicher Bedeutung Zusammentreffen, Carina (viele Orte in Kroatien) u. a. bezeichnen anscheinend einen Weideplatz am Bergfuße. Der Älteste einer solchen Weideplatzgemeinde dürfte »car« genannt worden sein und bezeichnete man die Abgaben, die er hiefür in lebenden oder toten Naturalien erhielt,, als »carina«. Ein Ackerland wird hiebei ursprünglich nicht gewesen sein, weil sonst der »car« (analog wie der »župan« — s. župa) keine Abgaben sondern mehr Ackerland erhalten hätte. Der patriarchalische Urbegriff »car« hat im Laufe der Zeiten die Bedeutung für die höchste Instanz eines Herrschers erreicht; hingegen hat sich die Bedeutung für »carina« (= Abgabe, Zoll) bis nun bei den Südslaven unverändert erhalten. — Das Wort »cärina« kennt in der Bedeutung: Weideplatz, Pferch, Hürde — heute nur mehr die russische Sprache. Der Beginn des Namens »car« als Ältester einer Gemeinde verliert sich bereits im Nebel der vorhistorischen Zeit, denn die Ägypter bezeichneten mit »Zar« schon den *) Die Albanesen nennen die Sippen, weiche gemeinsamen Besitz, d. i. eigene Weideplätze, haben: Farai. Kommandanten einer Festung (z. B. Tyrus*). Sie kannten auch eine Stadt am Meere, namens »Zar«, und verzeichneten als Eigentümlichkeit derselben, daß man ihr Süßwasser mittels Schiffen zuführen müsse, was bei »Zara« einst zutreffend war, wenn die vorhandenen Zisternen über den Sommer nicht ausreichten. — Tatsächlich finden wir die meisten Namen dieser Richtung in unverfälschter Form im südlichen Europa vor, während in anderen Gegenden ein Lautwechsel eingetreten sein muß. — Sonstige topographische Namen gleichen Ursprungs scheinen im deutschen »Saar« (Fluß, der einen Weideplatz durchfließt) und die mit diesem Begriffe zusammengesetzten Ortsnamen zu sein. Über die Herkunft und Bedeutung des Begriffes »car« ist schon das Verschiedenste wie auch Unglaublichste geschrieben worden. Als Beispiel, wie weit die vorstehende Auslegung und die Ansicht des sonst gelehrten Dr. Honegger auseinandergehen, folge hier des letzteren Meinung über dieses Thema: »Die Moskowiter sind keine Slaven. Der beste Beweis dafür ist der Name ihrer Herrscher. (!) Kein Volk der Welt hat je seinen Fürsten mit einem Fremdworte benannt, aus dem Worte Czar aber konnten die vereinten Bemühungen aller panslavistischen Philologen kein slavisches machen. Es ist ein unzweifelhaft tatarisches, asiatisch wie die Sitten und Gebräuche am Hofe von Moskau«. Dieser Logik zufolge müßten alle Völker, die heute einen »Kaiser« haben, Römer oder Griechen sein ! Prenj. Eine Weide im Hochgebirge nennt man heute am Balkan noch »prenj« und dürfte die ursprüngliche Form »prn« gewesen sein, da die ältesten Begriffe einsilbig und tunlichst vokallos waren. — Topographischer Namen dieses Ursprungs gibt es an Hunderte u. zw. alle in hohen Gebirgs- *) Alle Daten dieses Buehes, welche Altägyptisches betreffen, sind dem Werke Dr. Baranski’s »Die Urgeschichte Nordeuropas« (Lemberg 1903) entnommen. gegenden, wie: Prenj planina und Prenje (Herzegovina, kommt mehrmals vor), Premier, Prent, Prem, Prennergereut, Prentel, Brantstatt (prenjisce ?), Preining, Preinalpe, Brenta. Bernina, Pyrenäen, Pernice u. a. m. — In Tirol, dann bei Knittelfeld in Obersteiermark kennen und gebrauchen die älteren Leute noch »Prentlerin« für Sennerin, »prenteln« für den Betrieb der Sennwirtschaft, und »Prente« für die Viehzucht auf der Alpe im allgemeinen. Daß die Alpenbewohner auf hohen Punkten auch Kastelle hatten, wissen wir von Horaz, welcher in einer Ode (Buch IV, Ode XIV) sagt: Milite nam tuo Drusus Genaunos, implacidum genus, Breunosque veloces et arces Alpibus impositas tremendis deiecit acer . . . Desgleichen erfahren wir von Virgil, daß wir es mit Hirtenstämmen zu tun haben, denn er spricht von den Alpenvölkern als‘»den Reichen der Hirten« (regna pastorum — Georgica III-474). Trtra, Tatra. In Dalmatien bezeichnet man das Schaf auch mit »trtra«, was aus dem Antreiberuf »tr, tr« entstanden sein dürfte. Dieser Begriff ging dann auch auf Gebirge über, welche günstige Schafweideplätze aufweisen. Der Wert dieser Weide läßt sich zwischen »varda« und »prenj« einreihen, liegt sonach in mäßig bewaldeten Gebirgen. In der Herzegovina gibt es eine »Trtra planina«; mutmaßlich bedeutet auch »Tatra« dasselbe und dürfen wir auch aus dem ethnographischen Begriff »Tataren« auf deren Beschäftigung als »Schafhirten« schließen. — Auf slovenischem Gebiete kommt der Ort »Tatre« in Istrien vor. Ovcari, Ovca gora sind in den Gebieten der Südslaven häufig vorkommende Ortsbezeichnungen für »Schafweideplätze«. Ovca gora ist sonach der auch auf deutschem Gebiete häufig vorkommende »Schafberg«. Balkan. Die Bezeichnung für die große Halbinsel galt ursprünglich wohl nur kleineren Gebietsteilen, entwickelte sich aber später zu dem Gesamtnamen, der im allgemeinen auch den Teilen entspricht. »EaJiBKa« bedeutet im Russischen noch heute »Schaf« und sind die Namen Balkanje, Balkovina, Baljke, Balki, Balkow, Balkovci, Walch, Walchen, Vlahi, u. a. nichts weiter als Bezeichnungen für »Schafweideplätze« im Berglande. — Der alte Name »Hämus« für die Balkanhalbinsel ist insoweit organisch verwandt, als er sich aus den vielen »Hum« (= Bergkuppen), auf welchen die Weideplätze waren, bildete. — Der Name Balkan hat, obschon ansonst fast alle ethnographischen Begriffe auch Weideplätze bezeichnen, in jüngerer Zeit die Oberhand für die Gesamtbezeichnung des »Hämus« gewonnen. Ruda, Rudine, Rudisce, Ruda voda u. ä. sind in Mitteleuropa und am Balkan ungemein häufig und bezeichnen kleinere Schaf Weideplätze. — Den Slaven wird diese Erklärung überraschen, weil man sonst unter »ruda« Erz versteht. Ich habe mir jedoch, auch anfänglich dieser Etymologie anhängend, durch Besichtigung von vielen solchen Plätzen die Überzeugung verschafft, daß nur die obige Deutung zutreffend sein kann. — Die Anspielung auf Erzlager wäre ja auch unnatürlich, wenn solche nicht schon von außen erkennbar sind, denn der Urbewohner benannte alles so, wie er es eben gesehen oder wie er es wirtschaftlich zu verwerten dachte. — Die Kroaten besitzen übrigens noch den veralteten Ausdruck »rudine« in der Bedeutung: Weideplatz. — Daß man unter »rüde« auch Erzlager versteht, ist richtig, doch ist diese Bezeichnung eine spätere.*) Dalmatien bezeichnet eine unfruchtbare und steinige Gegend, welche zum großen Teile nur als »Schafweideplatz« verwendbar ist. — Diesen Namen kennen schon die ältesten Schriftsteller, welche die Bewohner als »Dalmatai, Delmateis« benannten. — Die Stadt »Zupanjac« in Dalmatien bezeichnen sie als die einstige römische Stadt »Delminium«; merkwürdigerweise bedeutet aber »zupanjac« auch einen Weideplatz *) C. Ptolemäus erwähnt auch ein Ruda in Drangiana und Parthien, .Rudia in Italien und Rauda in Spanien.. (vergl. župa). — Die Grundlage zu diesem Namen scheint den Slaven heute nicht mehr bekannt zu sein, nur die Albanesen gebrauchen noch »delija« (= Schaf), »delmine« und »dalm« (= Schafweideplatz). Wenn' man im Albanesi-schen der Wurzel das Suffix »at« anhängt, so bezeichnet »Dalmat« ein Gebiet, welches von Hirten bewohnt wird, was hier ja auch heute im Innenlande vollkommen zutrifft. Es kannten aber die alten Slaven sicherlich auch dieses Wort, denn es ist nicht erklärlich, wieso inmitten von durchwegs slavischen Ortsnamen ein vollkommen Fremder eingedrungen wäre. — Daß »delija« Schaf bedeutet, bestätigt auch Strabo. — Tolmino (Tolmein) in Istrien scheint desselben Ursprungs zu sein, desgleichen die Insel Delos. — In Dalmatien finden sich unter den Bewohnern ältester Zeit folgende kleine Stämme, welche alle auf Hirtenvölker schließen lassen: Vardaei (varda), Manii (maina) und Dalmati. v Zupa ist ein mehrfach vorkommender Name in der Bedeutung »sonniger Weideplatz« (also ohne Baumwuchs); Zupanjac (das römische Delminium) bedeutet etymologisch dasselbe; Zupa bei Ragusa führt auch den Namen Breno (Prenj, also wieder Weideplatz). Die Zupa hatte als Ältesten den »župan« (oder župnik, welch letzterer Begriff aber heute mit »Pfarrer« identisch ist), und hatte dieser später für seine Funktion, da er keine Abgaben erhielt, stets eine Hufe Landes, die »župan«-Hufe oder »županija« mehr zugewiesen, so daß er auf die Dauer seines Amtes zwei Hufen Feldes besaß, wo es eben auch Felder gab. Der »župan« ist im modernen Sinne der Vertreter der politischen Gemeinde und ist es dies schon seit Jahrhunderten. Es hat sich aber in einigen Gemeinden Untersteiermarks, Oberkrains und im Venetianischen noch die uralte Verfassung des »gmanjski župan« (ein Pleonasmus, welcher aber zum Unterschiede von dem modernen »župan« jetzt notwendig ist), des Vertreters einer Hutweidegemeinde erhalten, und ist dies wohl noch der letzte Originalrest der ältesten Genleindeorganisation. — Da ich die Verhältnisse aus meiner eigenen Heimat kenne, will ich dieselben, wie ich sie gesehen, an dieser Stelle veröffentlichen, nachdem sie wohl verdienen der Vergessenheit entrissen zu werden. — Hat die Gemeinde (außer dem sonstigen Besitz) eine eigene Hutweide, so besorgt die wirtschaftlichen Angelegenheiten der »župan«, dessen Funktion nur ein Jahr dauert und im regelmäßigen Turnus alle Mitglieder des Weidegerecht-sames passiert. Der »župan« nimmt den Gemeindehirt auf, beaufsicht die Zahl des Weideviehes, damit nicht jemand ungebührlich oder abnormal viel Vieh der Weide zuführe, er vereinbart den Pachtschilling für die Weidemieter, er vergibt die Mistnutzung, weist die Robot zu, falls auf der Hutweide welche Arbeiten nötig werden (Grabenreinigung, Instandhaltung des Zaunes u. ä.), und zahlt die Grundsteuern. Um Allerheiligen wird nun die »sosečka« d. i. die Zusammenkunft aller das Weiderecht besitzenden Nachbarn (sosed) in Gegenwart des Gemeindehirten abgehalten; der »župan«, welcher auch für eine entsprechende Bewirtung zu sorgen hat, legt die Jahresrechnung über sein Gebahren vor; der Gemeindehirt erhält an Ort und Stelle den vereinbarten Hüterlohn in Zerealien, mitunter auch einiges Geld; die Berechnung basiert sich hiebei auf die Zahl des erwachsenen Weideviehes; sodann werden noch Vorschläge, Klagen oder sonstige die Sache betreffenden Angelegenheiten besprochen, worauf die Funktion für das folgende Jahr dem an die Reihe Kommenden übergeben wird. ■— Dieser Vorgang dürfte also noch der Zeit entstammen, als die Gemeinde eben noch nichts weiter besaß, als eine gemeinschaftliche Hutweide. In Salzgewinnungsgegenden war župan gleichbedeutend mit »Salzrichter«. Kozak, Kozarevo, Kozara, Jarčje, Jarc-Kogel (Steiermark), Kozje, Kozji vrh u. a. bezeichnen alle Weideplätze für Ziegen (koza = Ziege, jarac = Ziegenbock). — Das Volk der Kozaken (= Ziegenhirten) im südlichen Rußland ist allgemein als kriegerisch bekannt und sei hier nochmals erwähnt, daß jedenfalls auch hier nur konstante Kämpfe um das Weiderecht die betroffenen Völkerschaften in einer erhöhten Kampfbereitschaft erhielten, daher es kommt, daß die höhenbewohnenden Hirtenvölker, so paradox es auch klingt, als Soldaten höher bewertet werden, als die Bewohner der Ebene, die Ackerbauer. Die Kozaken erwähnt schon Plinius als Volksstamm zwischen dem Bug und Don. Majna bedeutet in Bosnien, Dalmatien wie auch in den slovenischen Gebieten einen guten Weideplatz, der meist längs eines Flußlaufes gelegen ist. Mainac ist der Bewohner an einer solchen Stelle; Main ist der Fluß, welcher durch solche Weideplätze fließt. — Aus »majna« wurde, da der Begriff auch in ausgesprochen und sprachlich unbeeinflußten slavischen Gegenden vorkommt, wohl das deutsche »Gemeinde«, und gelangte der Ausdruck »Gmeinder«, wie er allenthalben noch als Zuname vorkommt, auch zur Bezeichnung des »Ältesten«. Die Mainoten des Plinius waren im Pelopones ansäßig, in jenem Gebiete, welches als Hirtenland (z. B. Arkadien) vielfach hervorgehoben wird. Schon Chateaubriand zählt sie zu Völkern slavischen Ursprungs.*) Pasa ist im allgemeinen ein gu ter We id e p 1 at z. Mit diesem Grundworte scheint der ethnographische Begriff »Basken«, ein Hirtenvolk in den Pyrenäen, verwandt zu sein, denn diese sind in sprachlicher Hinsicht zweifellos ein Zweig der slavischen Sprachgruppe, möge diese Ansicht von jenen, die ein subjektives Interesse daran finden, noch so wuchtig bekämpft werden.**) Die Basken sind ein Splitter jener Slaven, die einst Spanien bewohnten, und nur infolge ihrer *) Der Monatsname »Mai« bezeichnet sonach auch die Zeit des schönsten Graswuchses. **) VergL: Joh. Topolovsek, Die basko-slavische Spracheneinheit. Wien, 1894. isolierten Wohnsitze von der Romanisierung nicht intensiv betroffen wurden; das Gebirge bildet stets eine natürliche Wehr der Entnationalisierung, weil der Verkehr zu große Schwierigkeiten bietet und der Gebirgsbewohner daher auch seine althergebrachten Sitten und Gebräuche mehr wahrt, also an seinem Volkstume zäher hält, als der Bewohner der Ebene, wo der gemischte Verkehr eine Anpassung an das Fremde schon aus Erwerbsgründen fördert. — Ebenso sind die »Bastarner« des Plinius und Mela ein Hirtenvolk (pasterne = Weideplatz) im östlichen Galizien, welches auch Lodomerien genannt wurde, was auch eine Wiesengegend (lhota = Wiese) bedeutet. Ebenso gibt es auf dem Livanjsko polje in Bosnien ein großes Weidegebiet, das: Bastarci, Bastasi, Bastaje genannt wird (mit der Quelle »Mainovac«). — Andere Formen sind: Pasicina, Pasina livada, Pasniki, Paschendorf, Bachsdorf, Pasterze (Großglockner) u. a. — Unter »pasten« (altslov. pazito = Weide) versteht der Slovene einen grünen Hügel, wo das Vieh gerne weidet.*) Die Behauptung, daß der baskischen Sprache die slavische zu Grunde liege und daß die Basken noch die Repräsentanten der einstigen slavischen Bewohner Iberiens *■) Das Pascha-Fest der Juden ist meines Erachtens ursprünglich nichts weiter als der Abschiedsschmaus der mit den Herden über den Sommer fortziehenden Hirten einer Gemeinde, denn Ostern gilt auch in den Alpenländern als der Beginn der Weidezeit und wird noch jetzt der aufgenommene Gemeindehirt angewiesen, sich am Ostermontage anzumelden. — Das Laubhüttenfest hingegen war die Feier der Rückkehr der Herden im Herbste, welche gleichfalls mit einem Schmause begangen wurde; die tatsächlich erbauten Hütten hatten wohl nur die Bestimmung für die Überwinterung der Herde. — Daß das Laubhüttenfest, welches gegen Ende Oktober gefeiert wurde, ein Erntefest gewesen wäre, ist entschieden unrichtig, weil im südlichen Klima jede Ernte im Vergleiche zu unseren Verhältnissen in Mitteleuropa mindestens ein Monat früher stattfindet; man begeht aber ein Erntefest eben am Schlüsse der Ernte nicht aber 2—3 Monate später. — In den Alpengegenden werden sowohl der Auf- als auch der Abtrieb der Herden auch noch heute durch ein Gelage gefeiert. bilden, findet vorläufig den heftigsten Widerspruch in der Gelehrtenwelt, welche ihre Ratlosigkeit mit der Satzung verschleiert, daß das Baskische eine keltische Sprache sei. Es dreht sich also alles in einem planlosen Rundlauf um das Keltische, weil dieses selbst den Gelehrten noch ein Rätsel ist, daher sie sozusagen die bekannten Grammatik-Verse variieren: Was man sich nicht erklären kann, das sieht man halt als keltisch an! — Tatsache ist aber, daß die älteren topographischen Namen sowohl im baskischen Gebiete, wie auf der iberischen Halbinsel überhaupt, slavische Grundwörter haben; dann, daß die ältesten Gebrauchswörter konkreter Richtung auch im Baskischen mit den slavischen — und unter diesen zumeist mit den slovenischen — die engste sprachliche Verwandtschaft zur Schau tragen. — Ich kann dermalen wohl nicht von spruchreifen Forschungsergebnissen auf diesem Gebiete sprechen, da es meine Verhältnisse nicht zuließen an Ort und Stelle den Kontakt zu bewirken, aber immerhin fand ich Beispiele genug, welche meiner Behauptung eine unleugbare Berechtigung verleihen. Außer den im Texte erklärten topographischen Namen dieses Gebietes vergleiche man noch folgende baskische Wörter: asmi = Brotkuchen; slov. presnik, presnec = Fladenbrot; bazka = Weideplatz; slav. paša, paška, pastvo, pastvisko; lat. pascua; behia = Weidevieh, Kuh; slov. beka — Schaf; bekati = blöken; charri, cherri = Schwein; slov. kerka = Schwein (seltener Ausdruck); derna = Handfläche; slov. drn = Zucken in der Hand; (vergleiche auch den deutschen Vulgärausdruck: Dern, Tern = Schlag mit der flachen Hand); err = Ende, Spitze; slov. rt = Spitze; ezcurra = Eiche; slov. sura = Korkeiche. (Escurial = Korkeichengegend) ; leka = Hülse, Schote; leča = Linse (bot.); liska = Moor, Sumpf; slov. bezeichnet man damit durchwegs Wassertiere und Sumpfpflanzen; Liska ist bei Mostar die feuchte, wasserreiche Gegend am rechten Narenta-Ufer; Nadlisk (Krain) = Ort ober der nassen Gegend u. a.; palanka = Stange, Stab; slov. planka — Zaunpflock; phuncella = Jungfrau; slov. punca = Mädchen; picher = Wassertopf; slov. pisker; pikar unfruchtbarer Boden; Pikre, Pekre, Ort in steiniger Gegend (Steiermark), Picardie (!); pikarda = scheckig; slov. pikast = gesprenkelt, punktiert; zama, sama = Last, Bürde; slov. samar = Tragtier; sa-mariti = ein Tragtier führen; (Samariter!); Saum weg ist sonach ein Slavismus und bezeichnet einen Weg, auf welchem man Lasten nur tragend fortbringen kann. Diese wenigen Beispiele müssen bereits jedermann stutzig machen, ob denn dies reine Zufälligkeiten sein können! — Čehi. Im Slovenischen bedeutet »ceh« noch heute einen Hirten, u. zw. wie man dies aus dem Vergleiche der verschiedenen Ortsnamen ersieht, einen Rinderhirten. Cehi, C'ehari waren also jene Bewohner, welche Rinderzucht betrieben. Auf Meleda heißen solche Ortschaften auch »Govedjari«. In der Herzegovina sind die Ortschaften »Ovčari« und »Čehari« nahe aneinander gelegen, wobei man aus der Qualität der Weidegründe sofort erkennen kann, daß die ersteren nur Schaf-, die letzteren aber auch Rinderzucht betreiben können. — Die topographischen Namen: Čeh (in den verschiedensten Ländern), Čehovina, Čehovini, Čechuvky, Čechovice u. a. bezeichnen also einen Rinderweideplatz, oder zeigen uns an, daß einst ein solcher dort war. — Čehotina in Bosnien ist sonach ein Fluß, der durch Rinderweideplätze fließt. — Die böhmischen Sagen wissen auch zu erzählen, daß ihr erster Anführer »Čech« hieß; dies ist insoweit richtig, daß in einer solchen Hutweidegemeinde der Älteste eben »čech« genannt wurde. Pannonien. Die Römer eroberten i. J. 35 v. Chr. den ganzen Komplex des heutigen Ungarn auf dem rechten Donauufer und bildeten daraus die Provinz »Pannonia«. Es scheint, daß vor dieser Zeit das erwähnte Gebiet den gleichen Namen führte, jedoch in viele Kreise geteilt war, welchen »pani« oder »bani« vorstanden, sonach in diesem Ländernamen gleichfalls ein slavisches Grundwort zu stecken scheint, umsomehr, als die Verhältnisse bis heute in mancher Hinsicht dieselben verblieben sind. Der höchste politische Beamte für Kroatien und Slavonien (dem Titel nach auch für Dalmatien) heißt »ban«; bestimmte Geldstücke heißen »banovac«; die Vaterlandsverteidiger heißen hie und da noch »banovci« ; ein Teil des ungarischen Gebietes außerhalb des einstigen Pannoniens heißt noch immer »Banat«. Im Böhmischen heißt ein herrschaftlicher Besitz, dem einst auch ein Gericht unterstand »panstvi«, und der Vorsteher einer »župa« in der altslavischen Verfassung hieß »župan« (= župe pan). Daß das Wort »pan« ein slavisches ist und soviel als »Herr, Hoheit, Spitze« bedeutet, ist zweifellos; es läßt sich aber der Nachweis erbringen, daß dieser Begriff auch in das Deutsche überging, aber später einer Metamorphose seiner Urbedeutung unterlag. Alle deutsche Wörter, die mit »bann« zusammengesetzt sind, führen das slavische »pan (ban)« im Grund- oder Bestimmungsworte; so z. B. Heerbann, Bannwald, Bannfluch, Bannrichter u. a., welche alle nur Rechte hoher Personen enthalten. Im Begriffe »Bannrichter« ist sogar die eingangs gestellte Behauptung noch gut nachweisbar*). *') Im althochdeutschen bedeutete »pan« noch: Hoheit, Herrscher; daraus formte sich wohl das neulateinische: bannus, bannum und das französische »ban«. Bis zur Mitte des 19. Jahrhundertes gab es noch zwei Gattungen von Richtern: gelehrte und Laien. Seit der fränkischen Herrschaft war es Brauch, daß schwierige Untersuchungen und große Verbrechen der Landesfürst durch eigens abgesandte Juristen erledigen ließ; sonstige gerichtliche Austragungen besorgten aber die Laienrichter, die, wie eine alte Quelle sagt (in Franconia judex et assessores sunt rustici) lediglich Bauern waren. Letztere wurden einfach »Richter« genannt, und ist bei den Slaven in verschiedenen Gegenden noch heute der Brauch, daß man den Gemeindevorsteher gewöhnlich »rihtar« nennt, was aus jener Zeit herrührt, wo er noch über kleinere rechtliche Fragen und Straffälle zu urteilen hatte. Kam aber einmal ein vom Herrscher abgesandter Richter, so wurde dieser des Unterschiedes wegen »pan rihtar« genannt; der lateinische Titel für letztere lautete tatsächlich auch »missi Dominici« (vom Herrn Abgesandte), während sie der Deutsche ursprünglich »gewaltboto«, dann aber kurzweg »Waldbot« nannte, was sodann auch im slavischen Gebrauche zu »valpot, valpet« wurde. Wenn man allenthalben die Auslegung hört, diese Gerichtspersonen hießen deshalb »Bannrichter«, weil sie die freien Handlungen eines Menschen »bannen« konnten, so muß dies sprachwissenschaftlich als ein Irrtum bezeichnet werden, umsomehr, als man i. J. 1537 noch »Pannwasser« (beim Ingeringbache in Steiermark) und 1726 noch »Paan« oder »Pannrichter« schrieb. Die slavische Rechtsterminologie ist deshalb auch sehr arm, weil das ganze Rechtswesen mit allen seinen Auswüchsen: dem Faustrechte, den Hexenprozessen, der Foltertechnik u. s. w. ausschließlich in den Händen der Deutschen lag, die bezüglichen Ausdrücke somit alle diesen Ursprung haben; die Slaven haben im ganzen nur einige Rechtsausdrücke aus ihrem früheren, patriarchalischen Leben herübergerettet; alles übrige sind entweder Übersetzungen oder Germanismen. Allem Anscheine nach haben sich auch die Namen: Pannonien, Panovina, Banat u. ä. aus ursprünglichen Gemeindeweideplätzen gebildet, deren Ältester eben »pan« genannt wurde. In Ungarn und Kroatien, wo reichliches Land zu geböte stand, dürften diese Weidegerechtsame an Flächenraum auch viel größer gewesen sein, als anderswo, und sind daraus mutmaßlich auch die großen Latifundien, wie sie im erwähnten Gebiete heute bestehen, hervorgegangen. Für diese Erklärung sprechen die zahlreichen Analogien, sowie der Umstand, daß der Hirtengott der Griechen, mit denen die slavische Sprache ältester Provenienz viel Verwandtschaftliches aufweist, auch »Pan« hieß. Bus, Busak, Busak, Bosak, Busovaca, Busnovci, Busnica, Busovnik u. a. bedeuten im allgemeinen einen Wiesen- oder guten Hutweidegrund (bus slavisch Rasen, Weide für Rind). Im Jahre 1399 schrieb man Bosnien als »regnum Bossinae«, denn der Fluß Bosna (das durch Wiesengrunde fließende Wasser) gab, da er ziemlich durch die Mitte des Landes fließt, Bosnien den Namen. — Ptolemäus nennt die Bewohner Bosci und Basci (also analog wie »Basken«). Ben Gerion (jüd. arab. Schriftsteller des X. Jahrh.) nennt das Volk »Buz« oder »Bozil« gemeinschaftlich mit den »Ongori« (Ungarn). Tatsächlich ist desselben Ursprungs auch »pusta«, was vielleicht richtiger »busta« zu schreiben wäre, und meinte Gerion damit wohl weniger Bosnien, als die grasreiche, fruchtbare ungarische Tiefebene, daher er sie direkte mit »Ongori« (Uher, Oger = uher, mong. Ochs) also den Ochsenhirten oder Ochsenzüchtern in Zusammenhang bringt*). Unter *) »Pusta« bedeutet heute im Slavischen gewöhnlich »Wüste«, und von einer solchen kann bei der großen Fruchtbarkeit der ung. Tiefebene nicht die Rede sein. Die richtige Bezeichnung ist jedoch die Einöde, d. i. ein isoliertes Gehöfte, dessen Grundstücke vom Weideservitute und Übertrieb befreit sind. Der Name ist im Allgau noch jetzt gebräuchlich. Pusta ist daher die vor dem Vorhandensein des Begriffes »tanya« gebrauchte Bezeichnung für einen einzelnen Wirtschaftshof. »Bosnia Argentina« bezeichnete man zu römischer Zeit wohl die Gegend um Srebrenica, wo sich bedeutender Silberbergbau befand*). Livada, Livadia (auf Krim und auch Griechenland, gr. Aißääiov), Livno, Livanjsko polje, Livonija (Livland), jiHBa = Gegend mit Pfützen) u. a. bedeuten eine mit schütterem Baumwuchs oder Gestrüpp versehene Wiesenoder Rasengegend, die gut berieselt wird, und in regenreichen oder aber sehr trockenen Jahren vorwiegend als Weide, in günstigen Verhältnissen aber auch zur Mahd benützt wird. In der Herzegovina gibt es die Kombination P a š i n a livada, wenn sich auf dem Weideplätze zugleich mehrere Quellen befinden. Alanen, Hellenen. Die heutigen Namen, als: Alan, Alanič (Dalmatien), Ala (Tirol), Alland und Allentsteig, Maria Elend (Niederösterreich) u. a. bezeichnen Weideplätze an einem Berghange und ist der Grundbegriff dafür noch im Russischen ajiaHt, auch enaHb (Viehweide, Weideplatz) erhalten. Alanen sind daher auch Viehzüchter. Wahrscheinlich ist es auch, daß der Name »Hellenen« desselben Ursprungs ist. Die gelegentlich immer wiederkehrende Anspielungen darauf, daß selbst Fürstensöhne den Hirtenstab ergriffen, bestärkt diese Ansicht, und hieß der Älteste einer solchen Hirtengemeinde »Elen« ("Ejuiöh), wie einen solchen die Griechen (analog wie die Böhmen den Cech) auch als Stammvater bezeichnen. — Der Höchste bei den Alanen dürfte analog »ala« geheißen haben; ob dieser Begriff mit »Allah« der Moslimins organisch zusammenhängt, wie car mit carina, župan mit župa, darüber müßten weitere Studien Klarheit bringen. *) Im Programm des Obergymnasiums in Mostar v. J. 1905 fand ich als Unterrichtsgegenstand »bosanski jezik« (bosnische Sprache) verzeichnet. Diese Neubildung soll dem sprachlichen Zwiespalt im Okkupationsgebiete die Spitze benehmen; es handelt sich hier wohl nur um eine Notbrücke, um nicht kroatisch oder serbisch schreiben zu müssen. Aland ist auch ein Nebenfluß der Elbe; die Alandsinseln (Finnland) sind in allen Geographien als solche mit fettem Wiesenboden hervorgehoben (Ochs heißt auch Alant; der Schäferhund französisch alan; allam ungarisch die Heimat, das Vaterland). Alemannen (Alamanni) sollen, wie die Sage erzählt, nach ihrem Nationalheiligtum Alah von den Nachbarn so benannt worden sein. — Sie wohnten angeblich an der Donau, am Oberrhein, in der Schweiz, in Schwaben im Elsaß, also wieder in Gebirgsgegenden. Ihr Name bezeichnet mutmaßlich dasselbe, wie Alanen, also: Viehzüchter auf den Alpenweiden, und hat der Name auch dieselbe etymologische Basis. Es ist naheliegend, daß sich aus alan in der verkürzten Aussprache aln, alm, albn bildete, woraus wieder, wahrscheinlich erst durch die römischen Schriftsteller, die große weidenreiche, daher von Hirtenvölkern bewohnte Gebirgsgegend Mitteleuropas zu »alpes« wurde, und sind anscheinend alle Namen, wie: Alb (Jura), Alba, Alba longa, Albaner Gebirge (Italien), Alban (alter Name für Schottland, welches aber als Scotia ebenfalls eine Weidegegend bezeichnet ; skot = Weidevieh,) Alme (Fluß, Westfallen), Albendorf (Preuß. Schlesien), Albania (Kaukasus), Albanien (Balkan; alle Nachbarn, als: Hellenen, Dalmatiner, Bosnien, Balkan bezeichnen ja auch Viehzüchter), Alberes (Ostpyrenäen), Albi (Frankreich), Albigenser, Albigau (Allgäu), Alba Julia (Karlsburg) u. v. a. desselben Ursprungs, dann in allen diesen Gebieten spielt die Rinder- oder Schafzucht noch heute eine erwähnenswerte Rolle*). *■) Dr. Bacmeister hat in seiner Publikation »Alemannische Wanderungen« (Stuttgart 1867) eine sehr geistreiche und wertvolle Arbeit geliefert, welche aber dadurch, daß er alle Ortsnamen auf das keltische und romanische basierte, besonders aber den Endsilben eine unverdiente Bedeutung beilegte, etwas entwertet wurde, da er Keltisch nicht mit Slavisch identifiziert. Hier einige Beispiele: Kisslegg (1239), Kisilecke (1280) ist ihm die römische Station Cassiliacum, (was auch richtig ist), doch die Namensform rühre aus der keltisch-römischen Zeit; tatsächlich ist es, ebenso wie Kissingen, Kisslau, Kiseljak und alle Gieshübl ein Čudi, ein den Russen zugezählter alter Volksstamm, scheint auch etymologisch ein »Hirtenvolk« zu bezeichnen, denn Čud, Čuh, Čoh bedeutet im Slavischen Kuhhirt, Viehzüchter. — Sonstige topographische Namen dieses Ursprungs sind Čudiny, Čudimirce, Čudislavce u. ä. Der Prophet Je: remias sagt: »Gegen Mitternacht wohnt seit Ewigkeit ein Volk, dessen Sprache wir nicht kennen noch verstehen, dessen Stimme donnert wie das Meer und es setzt sich auf das Pferd, bereit wie ein Mann zum Kampfe gegen dich, Tochter Zions.« Man glaubt, daß wir darunter einen Teil der Kozakenvölker zu verstehen haben. Quadi. Den vielfachen Erfahrungen zufolge entspricht das Qu in der lateinischen Transskription anderssprachiger Wörter dem H, wofür die Griechen fast durchwegs ein K ansetzten. Die Quadi (Tacitus) und Kovaöoi sind dasselbe slavischer Name, welcher einen Ort mit einer Mineralquelle bezeichnet, welche sich auch in allen diesen Orten vorfindet; Speier liegt an der Spira, und erscheint dieser Name schon im 8. Jahrhunderte in deutschen Urkunden; Bacmeister stellt die rhetorische Frage: ob es römischer Ziisarenwitz war, welcher den geschlängelten Bach mit den Windungen einer »Bretzel« verglich ; nein : Spira ist ein slavisches Wort und bedeutet ein fließendes Gewässer, welches viel Erdreich unter- und auswäseht und ist in sprachlicher Hinsicht ein Mäanderfluß wie die Spree und Spreča; Vodgoriacum (Gallien) soll lateinisch sein; in dieser Form allerdings; ansonst ist es ein Podgorica (Ort am Fuße eines Berges), wie der Name mit entsprechender Lage ja so häufig vorkommt: Mainz habe mit dem Maine nichts zu schaffen, meint er, weil Mogontiacum von Mogontius, einem keltischen Götternamen (!) stammt; tatsächlich heißt Mainz so, weil es am Maine oder richtiger an dem guten Weideplätze liegt. Ein keltischer Ort sei auch Aquileja, denn, dort wurde der keltische Gott Belenus verehrt; aus aquilegia sei dann später Aglai (Akelei) entstanden. Das Wahre daran ist wohl, daß es im Anfänge Oglej hieß, was einen günstigen Beobachtungspunkt, eine übersichtliche Höhe im Slavischen bedeutet; und dieses ist hier sehr einleuchtend, denn die Römer befestigten bald den Ort, weil er auch strategisch wichtig in der Linie des Okra-Passes lag und als Schlüsselpunkt Italiens von der Nordostseite erkannt wurde. (Slavische Namen beginnen äußerst selten mit a daher auch die vielen Irrtümer; so ist Alsen, Alse, Als, Alisa nichts weiter als eine Olsa, Olsa, Olšan, also ein Fluß, Bach, welcher eine Erl engegend durchfließt). und hießen einst wohl »Hovadi«, d. i. Viehzüchter, Rinderhirten. Noch heute hat der Begriff »hovado« die Bedeutung »Rind«, — dient aber auch als Schimpfwort, wie fast jede andere Bezeichnung für unsere Haustiere*). — Die Quaden sind sonach synonim mit Cehi, Govedjari, Busi, Majnoti, Alani usw. Das Wohngebiet der Quaden, zwischen der March und Gran, ist zweifellos für den Betrieb der Rindviehzucht sehr günstig. — Tacitus erzählt auch, daß sie zu jener Zeit den König Vannius (Varia) als Herrscher hatten; sie mußten daher schon damals eine alte und vorgeschrittene Kultur gehabt haben, wenn ihr Gemeindeältester bereits dem Römer in der Königswürde erschien. — Die Keltomanen sagen, die Quaden seien soviel als Waldbewohner oder Krieger (coti — kelt. = Wald, kad = Kiieger), welche Etymologie vollkommen unmotiviert dasteht, da »kot« und »kad« im vermeintlichen Keltischen etwas ganz anderes bedeuten. — Pluzine (kommt in der Herzegovina wiederholt vor) und bezeichnet eine auf der Höhe gelegene Viehweide, wobei meist auch Ackerboden vorhanden ist. Dem Montenegriner ist pluzina = Sennhütte; auch die Form »pruzina« bedeutet eine Hütte in der Nähe eines Pferchs. Stan, Stanarna, Samostan, Stanovi u. ä. sind einzelne Hirtenhütten im Gebirge (stan = Unterkunft), erbaut auf guten Weideplätzen. Planina, Planinica, Planinice sind Weideplätze im Hochgebirge. Skythen. Dieses war ein Volk, welches gleichfalls je nach Bedarf die Weideplätze wechselte, daher es mit den Nomaden für identisch gehalten wurde. Der älteste sla-vische Name für den Nomaden ist »skit« (russ. ckiitb, CKHTa.aeni», slov., kroat. skitac, skitez) in der heutigen *) Die Slovenen an der Grenze von Krain und Istrien, bezeichnen mit »govno« einen Schafweideplatz. — Chovati bedeutet dem Böhmen: züchten, erziehen, beaufsichtigen. Bedeutung: Landstreicher, Vagabund. — Daß sich diese Bedeutung in einem ununterbrochenen Zusammenhänge mit den einstigen .jährlich nomadisierenden Skythen bei den Slaven erhalten hat, ist nicht zu bezweifeln, umsomehr als sie Mela (II, 11) nachstehend schildert: vagi Nomades pecorum pabula secuntur, atque ut illa durant ita diu statam sedem agunt. — Auch aus diesem Satze kann man schließen, daß das Nomadisieren nur für die Sommermonate galt; im Winter entfiel dies naturgemäß. — Ob »skit« und »skot« (= Pferch) einst sachlich verwandte Begriffe waren, ist wahrscheinlich, jedoch nicht erwiesen. Katun bedeutet im Kroatischen: Sennerei, somit eine Alpenwirtschaft. Diese Alpenwirtschaften, sonst auch Kadunja, Kadunjaca u. ä. genannt, hatten gleichfalls ein abgeschlossenes Weideplatz-Gemeinwesen, denn in der Schweiz ist sogar die Bezeichnung Kanton zu .einem Begriffe für die politische Einteilung des Landes geworden. Schweiz bedeutet augenscheinlich einen fetten Weideplatz im Gebirgsterrain und findet sich als »svica« unter gleichen Vorbedingungen wiederholt in Kroatien, Krain und am Balkan vor. Krim bezeichnet einen vorzüglichen Schafweideplatz; man findet den Namen fast in allen Ländern Europas vor. Die Wolle der Schafe aus dem Krim nennt man auch »Krimer« Wolle. Lasva, Lastva (Lastua) deutet gleichfalls auf einen Schafweideplatz. Jap, Japar, Japra, Japod ist eine Gegend mit guten Rinder-Weideplätzen; der Älteste eines solchen Gemeinwesens war mutmaßlich der Japa, wie der Vater in manchen Gegenden bezeichnet wird. Tamar, Tamor, Tamara, Tamare sind Gebirgsweide-plätze, wo für den Pferch auch ständige Stallungen (tamor) vorhanden sind. Barania (Berg in den Bjeskiden) ist nach baran (= Schafbock) gleichfalls ein Berg mit günstigen Schafweiden. Schlesien. Gemischte Weideplätze, also solche für Rinder wie Kleinvieh, bezeichnet man mit: Sil, Zilje, Ziljevo, Siljevice und dürfte Schlesien, welches lateinisch als »Silesia« geschrieben wird, einst Siljasko oder ähnlich gelautet haben. Man glaubt, daß das Land vom Flüßchen Sleza, jetzt Lohe, den Namen erhielt; ist dies der Fall, so ändert sich die obige Behauptung nur insoferne, als sodann der erwähnte Fluß den Namen nach der grasreichen Gegend, welche er durchfließt, angenommen hat.*) Wenden. Die Etymologie der Begriffe Wenden, Winden führt auch, sofern nicht alle Anhaltspunkte trügen, dahin, daß wir darunter Bewohner von üppigen, fetten Weideplätzen zu verstehen haben. Vid bedeutet im Russischen ein Stück Landes im allgemeinen, vida ist im Slove-nischen die Bezeichnung für die Kuh (vidna krava = eine wohlgenährte Kuh), vidula = Hirtenquerpfeife; videm = Pfarrpfründengrund (böhmische Form viden), also, wie die Erfahrung lehrt, zumeist der beste Boden in einer gewissen Umgebung. Ähnliche Namen, die augenscheinlich dasselbe bezeichnen, kommen schon im Mittelalter urkundlich häufig vor, wie: Vidma, na Vidmi, Bidem, na Vidmem, am Wido u. a.; dann Widman, Vidmar, Wiedner, Widinge, Wittmannsdorf u. s. w. — Der Name für Wien hat sich in der ursprünglichen Form im Böhmischen als »Viden« (für den IV. Bezirk) fast rein erhalten und hat diese Erklärung, womit eben der zur Ansiedlung gehörige Weideplatz gemeint ist, Analogien zufolge volle Berechtigung, denn jede alte Ansiedlung ist an gewisse Bedingungen geknüpft, deren wich- *) Meine Ansicht in der 1. Ausgabe, Schlesien habe den Namen von siez, slaz, sliz erhalten, bedeute sonach eine E ib is c.hgege n d, mußte ich vollends fallen lassen, weil diese Erklärung für ein so großes Gebiet weder natürlich noch sachlich genügend begründet erscheint, wenn auch Scheingründe dafür sprechen. tigste: Weideplatz, Waschplatz, Bleiche, Lände (wenn am schiffbaren Wasser gelegen) waren, und findet man fast bei jeder heutigen Stadt slavische Lokalnamen für diese Bedürfnisse, die uns allerdings heute oft äußerlich fremd und unverständlich erscheinen.*) Es gibt kaum einen größeren Ort, welcher nicht bis heute einen oder mehrere dieser typischen Namen erhalten hätte. — Für Wien war sonach die Ufergegend des Wienflusses der Weideplatz für das in der Stadt gehaltene Rind. Dies ist auch deshalb vollkommen glaubwürdig, weil fast alle topographischen Namen der Umgebung Wiens slavische Grundwörter aufweisen und erbrachten die verschiedenen Erdaushebungen selbst den Beweis einer vorrömischen Ansiedlung an dieser Stelle. Daß aus Vid, Vidi, Videm, Vidomina (ältester Name Wiens nebst Vindobona) später Vindi, Vinidi, Vendi, Veneti, Vindelicii u. dgl. wurde, brachte wohl die Spracheigentümlichkeit mancher Völker, wie z. B. Polen, mit sich, welche einem Vokale in der Aussprache unter bestimmten Voraussetzungen ein n anhängen, sowie die römischen Schriftsteller, welche aus Unkenntnis der Sprache die Namen ihrem Idiome gesetzlos anpaßten. Dem polnischen Sprachgebrauche entsprechend müßte auch der Name Vantali (Vandali) denselben etymologischen Ursprung haben wie Wenden. Mit Rücksicht auf die vielen guten Weideplätze wiederholt sich aber auch der Name Wende sowohl in ethno-wie auch topographischer Hinsicht ungemein häufig; wir kennen die Wenden in Deutschland und in den Alpenländern Österreichs, Veneter in Venetien, Vindelicier am Bodensee, Vendee-er in Frankreich, Vantali an der Weichsel. Ortsnamen gibt es ungezählte, welche mit Wend und Wind zusammengesetzt sind; so z. B. Windhag, Winden, Windenau (vidnjava), Wintpassing (vidpasnik = fetter Weideplatz), Weinleiten (vinlit = die Weide in einem Fels- *) Vergl.: Linz, Düsseldorf, Kremsier (Belidla), Graz (Land, ebene Traten), Mostar u. a. ö gebiet), Vitanje (Weitenstein) Vitina, Wittingau (böhmisch Trebon, also der ältere, abgeholzte Teil, Wittingau hingegen als Vitinka die aus der Rodung gewonnene Weide oder aber einen an der Abstockung nächst gelegenen Teil bezeichnend), Windischgarsten, Windischgräz u. v. a. und sind dies bereits zusammengesetzte Wörter, die in den deutschen Kanzleien geschmiedet wurden, daher oft das Grund- und Bestimmungswort dasselbe besagen, weil die Bewohner zwei ähnliche Lokalitäten aus wirtschaftlichen Gründen verschieden benannt, die Kanzleien aber diese, ohne Kenntnis der Bedeutung, in einen Namen verschmolzen (z. B. Windpassing, Windischfeistritz).*) — Es ist auch höchstwahrscheinlich, daß die Phönizier gleichbedeutend sind mit Venetiern und täuscht uns nur der angelernte Gebrauch der griechischen Namensform. Dasselbe dürften auch die ^'Evszni (in Paphlagonien) bei Homer sein. Auch der deutsche Begriff Weide ist nur die diphtan-gierte Form von vid, denn schon Grimm übersetzte die althochdeutsche Form in »pastio«. — Grimm ist der Sache auch andererseits näher gekommen, denn er hält die alten Deutschen für Hirtenvölker, indem er schreibt: Nie legt der Mann sein Schwert ab, bei jedem Anlasse traten Hirtenvölker bewaffnet auf, was auch Tacitus an den Germanen beobachtete, denn er schreibt: nihil autem neque *)• In der 1. Ausgabe war ich noch der Ansicht, daß Wenden Kaufleute bezeichnen; doch bin ich nun zur Erkenntnis gelangt, daß diese Erklärung unmöglich richtig sein kann, weil so viel inferiore Orte diesen Namen tragen, wo es auch in erwerbstechnischer Hinsicht ausgeschlossen ist, daß die Bewohner hervorragende Handelsleute gewesen sein konnten, denn es stände dann auch die Zahl der Kaufleute zu den übrigen Bewohnern im groben Zahienmißverhältnisse. — Wir kennen wohl solche Volksgruppen, aber diese kommen nur vereinzelt vor und waren nicht ortsnamengebend. So heißen die Leinwandweber und Händler in Kroatien : Bizjaki, Bezjaki (bez = Leinwand, Gewebe), die Töpfer in Albanien Zin-zaren (cinija = Schüssel), die Krämer in der Backa (Slavonien) Grki (= Griechen), aber alle diese Namen sind doch schon sekundärer Bildung zuzuschreiben. publicae neque privatae rei nisi armati agunt. — Die Verhältnisse haben sich bis heute wesentlich modernisiert, weil das Waffentragen an besondere Bedingungen gebunden ist; dafür tritt aber der Cernogorze, Arnaute, Albanese noch immer ständig bewaffnet auf und steht der Slovene noch immer im berechtigten Rufe, daß ihm die Rauflust angeboren sei, weil er jede Arbeit unter Waffen verrichten mußte, so lange die Osmaneneinfälle an der Tagesordnung waren. Türken. Die Eigennamen: Türkei, Türke, Turje, Turjak, Turan, Tur. Turan, Tauern, Türingen, Tauris, Taurisker u. a. haben den slavischen Begriff »tur« zur Grundlage, womit ein W e i d e g e b i e t für Auerochsen (wilde Ochsen) zu verstehen ist. Es liegt hier eine analoge Bildung wie bei »bus« vor, denn »tur« bedeutet heute den Äuerochs selbst, ähnlich wie bos, ßovg nicht mehr den Weideplatz für Rind, sondern das Rind selbst bezeichnet; der Bison (Wisent) ist wohl auch nur ein aus »bus« entstandener Begriff, wobei das y der alten Schrift (in der Aussprache des u) fälschlich und doch so vielfach zu »i« wurde. Unter »Türken« haben wir auch nicht die Osmanen von heute zu verstehen, denn das von ihnen bewohnte Land hieß schon so vor Christi Geburt, was uns eine Stelle aus Alela (I, 116) beweist: »Budini Gelonion urbem ligneam habitant; iuxta Thyssagetae Turcaeque vastas silvas occupant alunturque venando.« Die über ganz Europa und zum Teile Asien ausgebreiteten, den »Begriff »tur« zur Wurzel habenden topographischen Namen beweisen, daß die Sprache, die darunter einen »Auerochsenweideplatz« verstand, sehr verbreitet gewesen sein muß, und kann dies nur die slavische gewesen sein, da sie die einzige in allen ihren Idiomen das Wort »tur«*) in dieser Bedeutung kennt. *) »Tur« soll in der nordsemitischen Sprache »Gebirge« bedeuten ; wenn diese Deutung richtig wäre, so ist sie nur metonymisch (der Ort für die Weideplätze) gebraucht, denn auch: Tauern, Taurus, Tauris u. a. bedeuten ein Gebirge, welches aber damit gekennzeichnet ist, daß sich dort Auerochsen vorfanden, daher doch der Name auf diesen Umstand Auffallend ist es, daß die zwei nahe verwandten Tiere »Auerochs« (bos primigenius) und »Wisent« (bos europaeus), slav. »bizon«, auch in topographischen Namen immer enge zusammen angetroffen werden, was rückschließen läßt, daß einst beide Arten nebeneinander lebten, von der Bevölkerung aber genau unterschieden wurden. So findet man in Mela (II, 22) den Satz: In litoribus Histro est proxima Histropolis, deinde a Milesiis deductis Callatis, tum Tomae et portus Caria et Pristis promuntorium. Fuit hic Bizon e, motu terae intercidit; dann (II, 24): Deinde est Bosphorus et Propontis, in BosphoruByzantion. Die Ortsbezeichnungen »Bizone« und »Byzantion« in der »Türkei« stehen sicherlich mit dem slavischen »bizon« im Zusammenhänge, und ist das Alter dieses Begriffes wohl ein sehr hohes, wenn die Stadt »Bizone« zu Mela’s Zeiten schon lange nicht mehr existierte. Bei den römischen Schriftstellern findet man noch die Tauriner (in Piemont), Turia in Spanien, dann die Bisontii (auch Abisontii) mit den Städten Bisontium (oder Bisontia). welcher Name sich im heutigen »Pinzgau« erhalten haben dürfte. — Plinius sagt auch: »Carni, quondam Taurisci, tune Norici, was nur beweist, daß man von den Wohnsitzen der damaligen Völkerschaften nur vage geographische Kenntnisse hatte und daß die Namensgrenzen der einzelnen Stämme keine festen waren, daher umso verschiedener aufgefaßt wurden, je vielfacher die namenbietenden Momente waren. — Die Stadt Zürich nächst dem Turgau hieß im Altertume »Turiacum«, wobei es auffällt, daß das anlautende t seit den älteren Zeiten u. z. in der Richtung von Süden gegen Norden, vielfach in z überging. Ortschaften, welchen die Begriffe »tur« und »bizon« als Wurzel dienen, lassen sich auch nördlich bis Holstein rückzuführen ist. — Weiters behauptet man, daß »tur, taur« im Keltischen auch »Gebirge« bedeutete. Es ist höchst eigentümlich, daß dieses Wort ganz willkürlich der semitischen und keltischen Sprache zugesprochen wird, wo man gar keine Beweise dafür hat, aber absolut nicht der slavischen, die diesen Begriff auf allen Linien kennt. verfolgen; so gibt es bei Stargard (Stargrad) ein »Turze« und eine »Bisnitz Au« (1189 als »Bisneze« und »Bisenci« geschrieben); auch die mährische Stadt Bisenz (böhmisch Bzenec) mit ihrem ausgedehnten Doubrava Walde hat von »bizon« den Namen, bedeutet sonach ein Gebiet, wo es Weideplätze für Wisente gab. Den vollkräftigen Beweis, daß »tur« in der Hauptsache nicht Gebirge bezeichnet, bietet uns sowohl der Umstand, daß der slovenische Name »Turjak« in das deutsche als »Auersberg« übersetzt wurde, wonach der Übersetzer doch im Klaren gewesen sein mußte, was »tur« bedeutet, als auch das sonderbare Zusammentreffen, daß in der Bezirkshauptmannschaft Schlan in Böhmen zwei Nachbarorte »Bisen« und »Turan« heißen, und daß z. B. Turany in Mähren ganz in der Ebene liegt. Die heutigen deutschen Begriffe »Auer« und »Ur« (ergänze »Ochs«) sind wohl auch nichts weiter, als abgeschliffene Formen von »tur« mit der typischen Diphtong-bildung bei »Auer« ; desgleichen ist »Wisent« die angepaßte Form für »bizon«. Celten. Die Römer hinterließen uns viele Namen für die Bewohner des Alpengebietes; einer der wichtigsten und verbreitetsten von diesen ist jener der »Celtae«, bei denen sie stets die geschickte Handhabung im Goldwäschen hervorhoben ; Strabo und Polybius wissen sogar zu erzählen, daß das Waschen von Gold aus dem Sande der Alpenflüsse und Bäche eine der frühesten gewerblichen Beschäftigung der keltischen Völkerschaften war. ■—• Es liegt daher die Vermutung nahe, daß diese Erwerbsrichtung auch für die Entstehung des Namens »Celtae« maßgebend war und man darunter im allgemeinen die Bevölkerung jener Gebiete, welche sich mit dem Goldwäschen befaßte, also: Goldwäscher verstand. — Wir wissen auch, daß dieser Erwerb noch in den römischen Zeiten sehr angesehen und verbreitet war, denn die Römer hatten z. B. bei den Goldwäschereien an der Drau sogar einen eigenen Aufsichtsbeamten, den »comes metallorum« ; es mußten sich also seinerzeit sehr viele Menschen und mit Rücksicht auf die vielen goldführenden Gewässer auch in vielen Gegenden zugleich mit Goldwäschen beschäftigt haben; Gelegenheit und Material war hiezu reichlich vorhanden, denn die Flußgebiete der Mur und Drau, dann der Inn, die Salzach und Enns bilden in Folge Passierung erzführender Formationen reiche Goldseifen. Es ist auch kein Zweifel, daß es im heutigen Nordtirol, Salzburg, Kärnten und Obersteiermark in Folge der geologischen Formation dieser Gebiete für die Urbewohner eine ganz ungewöhnliche Gelegenheit gab, sich auch mit dem Goldbergbaue intensiv zu beschäftigen, und wäre man logisch gezwungen anzunehmen, daß gerade das als Gelten bekannte Volk dasjenige war, welches sowohl dieses Gold selbst gewonnen als auch durch Goldschmiede, Münzer und Vergolder gewerblich verwertet hat. Die verschiedenen Schmucksachen, die wir in den Nekrologen so häufig finden, bestehen vielfach aus Gold oder sind vergoldet, ihre Muster zeigen von einer technischen Gewandtheit, die auf einen eigenen Gewerbestand von Goldschmieden, welcher ja auch eine entsprechende Lehrzeit durchgemacht haben muß, motiviert schließen läßt, und sind z. B. die Gürtelschließen in den prähistorischen Gräbern zumeist kunstvoller, als jene, welche von den Frauen auf dem Balkan heute getragen werden; und doch ist dem nicht so!*) *) Es hat auch jemand die Behauptung aufgestellt, die Kelten hätten den Namen nach dem »kelt«, d. i. dem meiseiartigen Beil aus Stein, Bronze oder Eisen, dessen sie sich im Kampfe bedienten. Das ist eine völlig sinnlose und unnatürliche Behauptung, denn -weshalb soll ein Volk nach einem ganz inferioren Werkzeuge den Namen erhalten? In diesem Begriffe »kelt« steckt vielmehr unser »Geld«, welches ursprünglich zeit, zlat (— gelb, Gold) oder ähnlich hieß, das heute noch eine Goldmünze im allgemeinen bezeichnet und sich in unserem: Gülden, Gulden noch erhalten hat. Das Goldgeld der Alten, welches man bisweilen auch ^Regenbogenschüsselchen« nennt, schreibt man den Kelten, Skordiskern Schon vom Standpunkte der Natürlichkeit erscheint es sehr unwahrscheinlich, daß ein so ausgedehnter ethnographischer Begriff tatsächlich mit dem Golde in Zusammenhang stehen könnte, da auch die Etymologie in diesem Falle zu wenig exakt zur Sache spricht. Ich glaube vielmehr, daß der Name »Celtae« jene bewohnten Weideplätze in den Gebirgsgegenden, welche an der Sonnenseite liegen, bezeichnet, denn hiezu berechtigt das häufige Vorkommen solcher Stellen am Balkan, die man »čele, cele, sele« nennt; die Bewohner solcher Gegenden sind die »čeledi«, wie die Böhmen noch heute eine ge ns, natio im allgemeinen bezeichnen; und direkte aus diesem Begriffe dürfte die römische Namensform hervorgegangen sein. — Die Gebirgsländer weisen eben viele topographische Namen auf, welche aus »čele« und »selo« (Ansiedlungj gebildet sind und heute in der Form: Schelleberg, Schelletau, Schelletitz, Zell, Zellnitz, Zill, Ziller, Sill u. v. a. bekannt sind. Im Deutschen behalf man sich oft mit der Differenzierung Sonnseite und Schattenseite, Sonnberg und Schattenb erg, welches schon Übertragungen des slavischen »prisoje« und »osoje« darstellen, falls der Unterschied ein augenfälliger war; handelte es sich aber nur um einen sonn seifigen Abhang, so entfiel der Pendantbegriff und begnügte man sich mit »čele« oder »selo«, denn der günstige Weideplatz hatte die Entstehung einer Ansiedlung daneben zur logischen Folge, und ist also derjenige, welcher die Wahl hatte sich die Sonnseite im Gebirge als Wohn- und Weideplatz zu sichern, der natürlichen Folgerung entsprechend, auch der ältere Bewohner daselbst gewesen. — Das Gebiet der Kelten muß sehr umfangreich gewesen sein, und erstreckte sich wahrscheinlich über die und Galliern zu. Die Aufschrift auf der konkaven Fläche BIATEE ist noch nicht in ihrer Deutung geklärt; die Aufschrift IIEAAZE dürfte penaze = peneze (Geld) bedeuten, d. i. die aus dem Silberherde, ■welcher slovenisch noch heute pina, pinezka lautet, hervorgegangene, geprägte Münze. ganze nördliche und mittlere Alpenzone, wofür ja die greifbare Natürlichkeit spricht, weil die Terrainverhältnisse und Lebensbedingungen überall nahezu die gleichen waren. Nun haben aber die Gebirge und Alpenwässer, sowie alle älteren Ansiedlungen, soweit sie erforscht sind, und dies ist bereits von den verschiedensten Seiten geschehen, Grundwörter, die nur im Slavischen eine sinngemäße und natürliche Bedeutung haben, daher es geradezu zweifellos erscheint, daß alles jene, dem der keltische Stempel aufgedrückt wird, slavischen Ursprungs ist. Es, ist heute wohl schon eine Notwendigkeit das slavische Gebiet zu betreten, wenn man seine Bedürfnisse nach Vergrößerung des Sprachwissens befriedigen will, und es ist sicherlich eine große Unterlassung, mag sie nun der Unkenntnis, Antipathie oder Gleichgiltigkeit entstammen, wenn man bei der Forschung nach den Urbewohnern Europas dies noch immer nicht berücksichtigt ; diese Einseitigkeit fiatte bedauerlicherweise nur den einen Erfolg, daß man bisher eigentlich keine Geschichte der Slaven schreiben konnte, weil sich stets das Keltentum in die Quere legte und der Begriff »keltisch« allein jeden Geschichtsschreiber wie die Schlange den Vogel hypnotisierte. Es ist und bleibt daher unverständlich, warum die zünftige »Historie« den ungeheuren Quellenwert der prähistorischen sowie auch der onomastischen Forschungen noch immer nicht anerkennen und verwerten will! Man' versuche es nur einmal das Keltische mit dem slavischen Sprachschätze zu vergleichen und man wird überrascht sein über die Identität und Verwandtschaft der Begriffe; das künstlich aufgebaute, oft nur in Bezug auf die Begriffsbedeutung dem Gefühle oder der Vermutung nähergebrachte »keltisch« ist lediglich ein Slavisch, welches im Sinne der heutigen Auffassung den Titel jener Volksstämme darstellt, aus deren Summe sich eben bis heute durch die Wissenschaft der Gesamtbegriff »Slaven« gestaltet hat. — Die Keltomanie hat aber mit ihrer intensiven Einsetzung aller Kräfte eigentlich selbst und unbewußt die Erkenntnis an den Tag gefördert, daß wir das Keltische mit dem Slavischen zu identifizieren haben, nachdem die Ähnlichkeit und organische Verwandtschaft umso schärfer hervortreten, je mehr Vergleiche angestellt werden. Unser ganzer Streit und die wissenschaftliche Kontradiktion ist, gleich dem Nebel in der Sonne, in jenem Momente zerronnen, wo man erkenntnisvoll zugibt, daß alles als keltisch angesehene nichts weiter als Slavisch im heutigen allgemeinen Sinne ist. Nur auf diesem Identitätszugeständnisse haben die bisherigen wissenschaftlichen Arbeiten auf keltischer Grundlage einen Selbstkosten wert; andersfalls ist die völlige Destruktion und Vergessenheit ihr unaufhaltbares Los!*) Diese Voransage werden Kenner des Slavischen wie des Pseudo-Keltischen bereits aus den früheren sowie den hier noch folgenden Beispielen als begründet ansehen müssen, wenn nicht schon die Erkenntnis genügt, wie höchst widersinnig es ist, daß die im 5. oder 6. Jah r-hunderte n. Chr. eingewanderten Slaven nahezu die gleiche Sprache gesprochen hätten, wie die Kelten, welche aber zu jener Zeit bereits die Weltbühne verlassen hatten und sonach mit den Slaven niemals in Kontakt getreten sein konnten! Dieser Szenenwechsel ist durch *) Eben ist in der »Steierischen Zeitschrift für Geschichte« (III. Jahrgang, 3. und 4. Heft) eine sehr reelle Publikation: Wer war die Urbevölkerung des Murbodens und wie erfolgte die spätere Besiedlung? von Franz Forcher v. Ainbach erschienen, welche den logischen und historischen Schluß ergibt, daß in jener Gegend die als Kelten gangbaren Bewohner Slaven waren. — Nur noch ein kräftiger Schlag und der Schaukasten mit dem Keltengerippe liegt in Scherben und Asche vor den' amtlich bestellten Verwesern der Wissenschaft! die Geschichtsschreibung ziemlich plump arrangiert worden, daher auch der Charakter des theatralischen nicht vollends hinweggetäuscht werden konnte. Nachstehend folgen einige Vergleiche des Keltischen mit dem Slavischen und zw.: a) Beispiele gleicher Bedeutung: paltenae, kelt. leinene Gewänder (als Abgabe); slav. plätno, platneno = Leinwand; hal, halen, kelt. Salz; slav. galen, galica = Salz; march, marhc, kelt. Pferd; slav. mrha, böhm mrcha = Mähre; luna silva, (Mondgebirge!) lunae lacus (Mondsee), kelt. lu = Wasser, lunn = Strömung; slav. lunja = größere Wasserfläche, auch inundiertes Gebiet;*) carmulum, kelt. Revolution (!) slav. grmljeva = Donnerwetter; kepolsceni (aus den »Leges Baiuuariorum«), kelt. Aderbrennen ; slov. k puščanji = zum Aderlaß kommen. Dies war ein Strafsatz für Rauferei; die slovenischen Burschen sagen noch jetzt: der kommt nächstens zum Aderlaß (pride k puščanji), d. i. also: angesagte Rauferei. b) Beispiele, wo die keltische Erklärung ganz sinnlos ist, hingegen die slavische die natürliche Auslegung bietet: Golling (ein Berg), kelt. gol = Bach; slav. gol = kahl; golnik = kahler Berg ; Gaisberg, kelt. gais = Bach; slav. gaj = Hain; gajski breg = ein Berg mit einer Waldparzelle; Varciani, Varcia (in Pannonien), kelt. var = Schutz, ian = Mann, sonach: Schutzleute; slav. barice, barce = kleine Sumpfgegend (Stadt Bares in Südungarn); *) Vergl. Luna Ligurum (Mela II. 72) — also schon eine unbewußte Anpassung an das Slavische, denn mit dem Monde (luna) kann der Name ja nicht auf einmal in Beziehung stehen! Ruspach, Rustorf, kelt. rus = Wald; slav. ruslo, rusava == Flußbachlauf, Gerinne eines Wassers, das bisweilen austrocknet; sind nur Namen für Wasserläufe; Traun, kelt. traon = Tal; slav. travna (voda), Wasser, welches einen Grasplatz durchfließt; Bielach, Bielaha, kelt. bil = Wasser; slav. biala, bjela = das eine Baumrodung durchfließende Wasser; Fischa, kelt. fis = Wasser; slav. visa (voda), ein von der Höhe kommendes Wasser; Isper, Ispera, kelt. is = Berg, pir = Wasser; slav. spira (voda), ein Wasser, welches fruchtbaren Boden unterwäscht (Spree, Spreca); Leitha, Liutha, kelt. leit = Wasser; slav. lhota, ein durch Wiesengrund fließendes Wasser; Vindobona, kelt. vi = Wasser, bona = Gründung; slav. videm. vidnjava = Weideplatz. — (Das künstliche Fabrikat des Keltischen sieht man schon aus diesen Beispielen, wo es bereits sechs Begriffe für Wasser gibt, während sich sonst alle Sprachen mit einem Ausdrucke abfinden müssen!); Göttweih, 1083 in monte Kotwigensi, kelt. coti = Wald, wie = geschlossener Ort; slav. kotvice = günstiger Ankerplatz (wie ist überhaupt nur ein Suffix); Sievering, kelt. syften sumpfiges Feld; slav. sibernik, sibrina = Bausteingegend; kann aber auch als Sibenik — Hartriegelgegend, also Gegend mit minderem Boden bedeuten. — Bei den letzten größeren Erdaushebungen ist auch der Beweis einer vorrömischen Niederlassung für Wien erbracht worden, welche erst die Römer erobert haben dürften. Die Bausteine dieser ältesten Periode stammen aus Sievering, wo die am Tage liegenden Felsen zur Eröffnung eines Steinbruches lockten, während das sonstige Gestein aus der Umgebung von Atzgersdorf herrührt. Vom morastigen Charakter Sieverings kann überdies keine Rede sein, da die Lage selbst .dies bestreitet; Briti, kelt. britt (bretonisch brito) = der Tätovierte. Man behauptet, daß das Tätovieren bei den Briten und Galliern allgemein gewesen sein soll. Dieses ist unrichtig, denn »briti« heißt bei allen Slaven rasieren, Barthaare entferne n, und wurden die Briti mutmaßlich zum Unterschiede von den Vollbartträgern (z. B. Russen), die »Rasierten« genannt. — Die Engländer sind auch noch heute keine Freunde des Barttragens. Wie wenig nun das Keltische und wie harmonisch hingegen das Slavische an den konkreten Begriff paßt, kann wohl schon aus diesen wenigen Beispielen ersehen werden. —- Alles dies macht den lebhaften Eindruck, als wäre einst eine kostspielige Vase abgesprengt worden und kein Künstler konnte das fehlende Stück ersetzen, bis nicht das echte Bruchstück rückgebracht wurde und erst auf diese Weise das Gefäß wieder durch einfache Verkittung das ursprüngliche Aussehen erhielt. * * * Es gibt zweifellos noch eine bedeutende Menge topo-wie auch ethnographischer Namen, welche auf den gleichen Ursprung zurückdeuten oder diese Vermutung zulassen, jedoch erfordern die Belege hiefür weiterer Analogienfunde, um denselben mit voller Gewißheit diese Urbedeutung zuerkennen zu dürfen. — So ist es nahezu sicher, daß der Name- Slaven, Slovenen, Slovaken, Slovincen, Slavonier u. ä. auch alle Wei dp 1 atzb e wo h n er bezeichnen, aber es fehlt der positive Beweis, so lange wir für das Wurzelwort slav, slov nicht die entsprechende Bedeutung finden. Es fällt auf, daß z. B. der Ort Laukowitz, der doch louka (Wiese) zur Grundlage hat, nebstbei die slavische Bezeichnung Slavikovice führt; Slabotinzen und Widma sind Nachbarorte, welche beide ungefähr dieselbe Bodenbeschaffenheit aufweisen. Dasselbe scheint bei dem Namen »Serben« der Fall zu sein, denn Srb, Srby, Srbic, Srbsko, Sorbi, kommen häufig als Nachbarorte von Ruda, Lhota, Celehowitz und anderen, Weidetriften bedeutenden Lokalitäten vor.*) Tatsächlich dürfte aber schon mit vorstehendem der Beweis erbracht sein, daß die meisten Völkernamen auf die primäre Hirtenorganisation deuten, was ja auch natürlich begründet ist. — Die Etymologie wird sich daher auf die Dauer nicht verschließen können auch die Entstehung der ethnographischen Begriffe den allgemeinen Gesetzen des unbeeinflußten historischen Geschehens zu unterwerfen, wodurch die Prärogative der differenzierten Abstammung von selbst hinfällig wird. Die lebende Stimme von Heute ist nur der leise, schwindende Widerhall des toten Einst! * * * An dieser Stelle möge auch die Deduktion über die Entstehung der Adelsvorrechte ihre Erwähnung finden, denn: Als Adam grub und Eva spann, Wer war da wohl ein Edelmann? Analog wie die fortschreitende Bewertung der Hoheitsnamen haben sich folgerichtig auch die Adelsdeterminationen stufenweise entwickelt. Der Freiherr ist als varo (baro, Baron) einst auch nur der Vorstand und Älteste einer Weideplatzgemeinde gewesen, und weil er als solcher abgabenfrei war, wurde aus dem varo im Deutschen, da dieses Vorrecht besonders auffiel, ein Freiherr. Ebenso ist im Begriffe Panierherr, Bannerherr das Wurzelwort »pan«1 (= Herr) zu suchen, bedeutet sonach ursprünglich den Herrn einer solchen Gemeinde. Daß er sich auch mit Fahne, Panier, Banner als äußerem Attribute seiner Hoheitsrechte umgab, zählt bereits zum Zeremoniell eines wreit *) So nennen die Chinesen die Mongolei mit ihren unermeßlichen Weidetriften als »Land der Kräuter«. späteren Datums. — Der slavische vitez (= Ritter) ist der Vorsteher einer vid, vida-Gemeinde, (z. B. Vitez-Planina), und hat sich besonders in weidereichen Gegenden, wie Ungarn, Kroatien, Galizien, dann Deutschland und Frankreich daraus ein ungewöhnlich zahlreicher niederer Adel entwickelt, wohingegen in den Karstgebieten dies nicht zur Geltung kam. Dieser Adel bildete sich dadurch, daß ein oder mehrere Familien in jeder Gemeinde, welche einst die Würde des Gemeindeältesten innehatten, dieselbe nach der Funktion als Titel weiterführten, ähnlich wie der abtretende Bürgermeister heute zum Ehrenbürgermeister wird, wenn er sich besondere Verdienste für die Gemeinde erworben. Diese fiktive Würde verblieb daher einer Familie als dauernde Anerkennung, indes eine andere den erblichen Titel dieser Funktion gewaltsam erwarb, indem sie alle Rechte an sich riß und die früheren Gemeindemitglieder mit der Zeit sogar zu Unfreien und Leibeigenen machte. Nur so ist die Entstehung der traurigen sozialen und Rechtsverhältnisse des Mittelalters zu erklären und in dieser natürlichen Weise die allmählige Entwicklung und Erstarkung der Vorrechte des Adels zu verstehen. Die Prädikate mit der Beigabe »von«, Ritter »von«, Freiherr »von« sind daher ursprünglich nur die Namen jener Gemeinden, denen die Träger vorstanden, daher die ältesten Adelsnamen etymologisch meist slavischen Ursprungs sind, wenn sie äußerlich auch deutsches Gepräge haben, weil schon die sinnlosen Wortkombinationen oft deutlich hinweisen, daß ein logischer Werdegang bei der Bildung der deutschen Namensform unmöglich obwalten konnte. (Vergleiche: Siegersdorf, Spielberg, Sternberg, Starhemberg, Rattenberg, Weitenstein, Rückenstein u. a.) □ □ Eruppe jener Damen, die eine Rodung, Hbstockung oder UJaldblösse bezeichnen. Die Bezeichnungen für abgestockte Waldstellen sind außerordentlich häutig und dabei sehr verschiedenartig; letzteres wurde anscheinend durch ganz unbedeutende Geringfügigkeiten im Äußeren der betreffenden Lokalität verursacht, so daß man aus dem Namen meist schon das Naturbild der Stelle erhält. Diese nuanzierendenBezeichnungen entstanden aber deshalb, weil der Urmensch, wie noch heute der Chinese, keine Wortkombinationen anwendete, sondern für jedes Objekt einer bestimmten äußeren Eigenschaft einen eigenen kurzen und dabei prägnanten Ausdruck hatte. Für den Autochtouismus der Slaven sind aber diese Namen, wenn sie sich zum größten Teile auch nicht bei den alten Schriftstellern vorfinden oder als solche noch nicht erkannt sind, doch von großer Bedeutung. Wo jemand einen Wald ausrodet, sich daselbst eine Hütte baut oder einen Weideplatz, Acker oder Weingarten anlegt, dort ist er eben der erste Bewohner gewesen, denn hat er sich wo ständig niedergelassen, so mußte er in einem mäßigen Umkreise für seine Bedürfnisse Vorsorgen. Hat nun diese Ansiedlung nach der hier vorgenommenen Rodung den Namen, so muß dieser Ansiedler ein Slave gewesen sein, wen n der topographische Begriff des B e s i e d 1 u n g s g e b i e t es ein zweifellos slavischer ist.*) Nachdem aber in ganz Mitteleuropa, — ja auch viel weiter hinaus —fast ausschließlich slavische Ortsnamen Vorkommen, und die nichtslavischen in dem- *) Dali einzelne Gebiete heute dementsprechende Namen führen, trotzdem sie jetzt üppige Wälder aufweisen, bezeugt nur, daß sie einst ausgerodet waren, was zumeist in jenen Gegenden zutrifft, wo Erzlager sind (z. B. Golling), da nur Holzkohle zur Feuerung der Schmelzöfen diente, daher diese Industrie in einer Gegend nur so lange währte, als es der Wald gestattete. selben Verhältnisse schwinden als die topographische Etymologie gründlicher wird, so müssen die ersten Ansiedler Slaven- gewesen sein, da ja Europa seit der historischen Zeit, wie wir es der Völkergeschichte doch zweifellos entnehmen können, stets mehr oder minder dicht bewohnt war. Sollte man dagegen einwenden, daß solche Rodungen durch eingewanderte Slaven etwa im 5. Jahrhunderte n. Chr., unbekümmert um die bodenständigen Bewohner vorgenommen und ihrer Sprache gemäß benannt worden wären, so fällt dies mindestens bei den Namen Trebinje, Asturia und Mons Cetius bereits in den Beginn unserer Zeitrechnung. Nachstehend werden nun jene Namen für Abstockungen, Rodungen und Waldblößen angeführt, welche als zu dieser Begriffsgruppe gehörig, festgestellt wurden, wobei es aber als sicher anzunehmen ist, daß hiemit die Zahl der Bezeichnungen noch bei weitem nicht erschöpft ist. Asturia, Stockerau (bei Wien). Dieser Name muß slavischen Ursprungs sein und im Beginne etwa »Štorje« (= Baumstrunkgegend) gelautet haben. — Als die Deutschen in die Gegend von Wien, welche Stadt ja auch einen Namen slavischen Ursprungs hat, vorgedrungen waren, fanden sie den .Ort »Štorje«, den sie sprachlich riphtig erkannt und in »Stockerau« umsetzten. Hätten sie nur den lateinischen Namen »Asturia« gehört, so würden sie niemals die Bedeutung des Grundwortes erkannt haben, was man ernstlich behaupten kann, denn der Name ist ja bis heute weder erkannt noch erklärt worden. — Die Römer fanden aber auch die Ansiedlung «Štorje« vor und bezeichneten sie ungefähr mit »ad storia, ad sturia« und paßten, da sie die Bedeutung nicht wußten, den Vorgefundenen Namen nur ihrer Sprache an. Haben aber die ersten Ansiedler die dortige Au abgeholzt und die Baumstöcke vermodern lassen, so sah weder der Römer noch der Deutsche später etwas davon, hielt sich daher nur an den Hörnamen der damals noch slavischen Bewohner. Und der erste Ansiedler kann doch nur derjenige gewesen sein, der berechtigt war der Gegend, die er abgestockt, urbar gemacht und besiedelt hat, den Namen »Štorje« oder »u štorju« (= bei den Baumstöcken) zu geben! Ansonsten kommt »Štorje« als Orts- und Gegendname ziemlich häufig vor, und bedeutet stets eine Ab s t o c k u n g in der Niederung. Trebinje. Die Stadt dieses Namens in der Herzego-vina war in der Römerzeit mutmaßlich die Hauptstadt der Provinz Terbunia, Travunia, die sich etwa im Raume Cattaro, Ragusa und jenem Teile, welcher die Umgebung von Trebinje selbst bildet, erstreckt haben dürfte. Es ist dies eine auffällig verkarstete Gegend, welche nur in der Niederung des Flusses Trebinjčica größeres Gestrüpp und einigen Baumwuchs aufweist. Unter »trebinje, trebež« versteht der Slave eine Waldung, die infolge Dichtigkeit gereinigt oder für einen Wohnsitz gelichtet wurde. Denselben Ausdruck besitzen auch die Basken, welchen »tre-baim« — ich bebaue, — »treb«, eine wohnbar gemachte Stelle bedeutet. . Es gibt zahlreiche topographische Namen dieser Art; z. B. in Steiermark: Trbovlje (Trifail), Terbovlje (Trofin, 1251 Trebonne), Trebež (1353 Trebs), 1103 Treuesse), Trebice (Trebitsch, 1352 Triebcz), Trebnik (Trefenikberg, 1404 Tryebrrik), Trebje (Trofaiach) u. a.; Triebner Tauern in Steiermark (Trebje, Trieblach), Trebačnik, Gebirge in Dalmatien, Trebevic, Gebirge in Bosnien, Treviso (lat. Tra-visium), Tarvis, Trofeng im Mürztale u. a. m.*) *) Bacmeister glaubt (Alemannische Wanderungen, Stuttgart 1867, p. 87), daß >trebir« altirisch sei, und .;lug bedeute. Dieses soll auch die Etymologie der Treviri (Urbs Trevirorum) sein! Er setzt deshalb notgedrungen zu, daß manche gallische Volksnamen, echt gallisch, ■etwas prahlerische Prädikate in sich schließen. Pleša. Dieses ist ein slavischer Ausdruck für eine Wald bloße, deren Längen- und Breitendime n-sionen nicht auffallend ab weichen. — Solche Namen sind sehr häufig; erwähnt seien nur: Mons Blesone bei Saxo Grammaticus (Hist. Danica), Plešac, Plešovice, Pleschaitz, Plešivec, Plesch, Plessberg, Pleszöw u. a. Lisa. Bedeutet meist Waldblößen, deren Längendimension auf fällt. — Verwandte Namen sind: Lisac, Lisec, Lišane, Lischan, Lischitz, Lischna, Lisia Gora.. Liske, Liskowa, Lisky u. a. — (Lisa = Streifen, länglicher weißer Fleck.) — In der deutschen Form oft in der Form: Leissberg, Leisserberg u. ä. Krča. Bedeutet kleinere Gebiete, die zwecks einer Weiden-, Acker- oder Weingartenanlage abgeholzt und wo zugleich die Baumstrünke ausgegraben würden. Solche Stellen befinden sich durchwegs in der Nähe von Ansiedlungen. — Andere Namensformen sind: Krčevina, Kertsch, Kartschowin, Krč, Krčanje, Krčin u. a. — (Krčiti = roden, urbar machen; krč, krča = Neubruch, Gereut, Kodeland). Siegersberg. Alle Ortsnamen in der Form: Siegersberg, Siegersdorf, Sigbartsberg u. ä. haben den slovenischen Begriff »žigrt« (auch šegrt, žegrčje) zur Grundlage. »Žigrt« bedeutet eine kahle Waldstelle oder den Bewohner selbst an einem solchen Platze. Die Wald bloße ist jedoch in diesem Falle durch Niederbrennen entstanden, denn »žig« bedeutet ein beabsichtigtes In brandsetzen, und ist der häutige Name »Brand« in den deutschösterreichischen Gegenden für Waldblößen — namentlich in Nadelholzgebieten — sicherlich desselben, wenn auch späteren Ursprungs. Dieses Niederbrennen einer zuvor in seiner Peripherie abgestockten Waldparzelle geschah in waldreichen Gegenden behufs Gewinnung von Acker-, Wiesen- oder Weideboden, und galt als Kompensation für das vernichtete Nutzholz die den Boden düngende Holzasche. Daß der Name: Siegersberg, Sighartsberg u. ä. mit dem Begriffe »Sieger« in keinem Zusammenhänge steht, bedarf keiner weiteren Erwägung, denn Namensdeutungen unter dieser Annahme sind, wenn sie überhaupt ernst gemeint waren, doch nur etymologische Spielereien, denen der reale Beweis vorenthalten wurde. So behandelt J. v. Zahn im III. Bande seiner »Styriaca« (Graz 1905) unter dem Titel: »Poetische Ortsnamen und andere« ein ähnliches Thema, legt aber der Entstehung derselben folgenden wesentlich verschiedenen Ursprung zugrunde. So schreibt er: »Wenn ein Grundherr an der Stätte, die ihm vor allen anderen lieb und an das Herz gewachsen war, eine Gründung vollzog, dann pflegte er aus dem Borne warmer Empfindung einen Namen hervoi'zusuchen, um ihn seiner Gründung anzulegen, gleichzeitig als Ausdruck seiner väterlichen Liebe und auch als Empfehlung der Stiftung an kommende Geschlechter. Dieser allgemeine Vorgang findet seine besondere Anwendung bei dem naturfreudigen Orden der Zisterzienser, welcher seine Niederlassungen in Frankreich : Liechtenthal, Goldenthal, Gutenthal, Gutenbrunn, Hellbronn, Gutenfeld, Liebenfeld, Liechtenort, Liebenort etc. nannte«. — Ich kann aber nicht umhin, die gewiß gutgemeinte und durch den äußeren Schein suggerierte Ansicht des Verfassers rauh zerstören zu müssen, da dies meine Erkenntnis sowie die mangelnde Natürlichkeit dieser Entstehung erheischen. — Diese Namen sind durchaus nicht aus dem »Borne warmer Empfindung« hervorgegangen, sondern sind natürlich begründete, bereits Vorgefundene s 1 a v i s c h e Namen gewesen, welche die Deutschen übersetzten oder ganz ohne Rücksicht auf die neue Bedeutung an paßten, wobei sie es allerdings nicht versäumten hoch- und wohlklingende Namen zu konstruieren. Daß Gutenfeld und Gutenthal identisch ist mit: Eichenfeld und Eichenthal ist an anderer Stelle erwähnt und werden, wie Hunderte von Analogien beweisen, ehedem etwa: Dobro polje und Dober dol gelautet haben, sofern sie heute keine slavischen Namen mehr führen. Liebenfeld und Liebenort hießen ursprünglich etwa Lipno oder Lipnica, was eine bewaldete Anhöhe im allgemeinen bedeutet und in Rußland (als Provinzialismus) noch heute die gleiche Bedeutung hat. Ob der Baumbestand die Linde (lipa) war, wie man allenthalben behauptet, ist sogar unwahrscheinlich, da man ansonst solche Anhöhen etwa als Lindenbüchl, Lindenberg u. ä. bezeichnet hätte. Liechtenthal, Liechtenort, Lichtenwald sind Anhöhen, welche sehr schütter bestockt sind. Solche nennen die Slaven: sevnica (durchsichtiger Wald) oder Svetla (erg. hosta; lichte Waldstelle). So hat das Stift Zwettl, slav. Svetla, seinen ursprünglichen Namen bis heute erhalten, während dessen künstlicher Name »Liechtenthal« längst wieder außer Kurs ist. Wie man aus diesen Beispielen ersieht, fassen solche unnatürliche Namensbildungen zumeist keine tiefen Wurzeln und holen wir uns in jenen Fällen, wo die Namensänderung gewaltsam geschah, die Urform aus den vergilbten Urkunden wieder hervor. Wenn man daher heute vielfach von Sla-visierung der Ortsnamen hört, so ist dies dadurch begründet, daß man die slavische Urform des Namens wieder anwenden und dem wahren, historischen Namen zum Rechte verhelfen will; von Neubildungen ist also hier keine Rede, sofern es sich nicht um vereinzelte geschichtswidrige Zwangsformen handelt.*) Osek (Esseg), dann die vielen Posek, Vosek sind alle Gegenden beigelegt worden, welche in größerem Stile abgeholzt wurden. (Sekati, osekati, posekati = hacken, abhacken.) *) Was die Deutschen vor etwa acht Jahrhunderten taten, das wiederholen heute die Magyaren, indem sie alle nichtmagyarischen topographischen Namen übersetzen "oder ihrer Sprache anpassen, was aber auch nicht hindert, daß einst bei geänderten ethnographischen oder politischen Verhältnissen die ursprünglichen und natürlichen Namen aus alten Büchern- wieder hervorgeholt werden können. — Die Geschichte kann uns sonach auch in dieser Hinsicht als Lehrmeisterin dienen! Sec, Sie, Zec. Sind sprachlich und sachlich innig verwandt mit Osek. Diese Namensformen wechseln selbst in ein und derselben Gegend, weil man sich da wegen der Häufigkeit derselben Bezeichnungsmotive kleine Unterschiede beilegte. Die älteste bekannte Form ist der Mons Cetius, — der Zezz bei Birkfeld, ein Ausläufer des Wechsel-Gebirges, welcher bei den damaligen slavischen Bewohnern etwa Seča (gora) lautete, — ist also ein latinisierter Name.*) Namen dieses Ursprungs sind überaus zahlreich; es seien hier nur die markantesten erwähnt: Siče, Seče, Žiče, Zeče, Seckau, Seggauberg, Siekovac, Zec planina. Der Name der jetzigen Klosterruine Seitz, slov. Žiče, führte, der deutschen Form entsprechend (zaje = Hase), zu der primitiven Notsage, es sei dort das Kloster zu gründen, wo vor dem Stifter zunächst ein Hase aus dem Walde springen werde. Tatsächlich gibt es topographische Namen in der Form »Hasenberg«, welche nur aus der falschen Übersetzung von Zec hervorgegangen sind. — ln Untersteiermark gibt es sogar ein »Sveča« (Dorf), in Obersteiermark (bei Admont) einen Lichtmeßberg und Lichtmeßbach. Dieses sind ganz eigenartige, durch willkürliche Übersetzung und Anpassung entstandene Trugnamen, deren Entstehungsspur zumeist sehr , schwer auffindbar ist, welche aber ursprünglich auch eine Rodung bezeichneten. — Es ist in vorhinein anzuzweifeln, daß diese Benennungen mit der Kerze (slov. sveča) oder dem kirchlichen Lichtmeßfeste jemals etwas zu tun hatten, und dies umsoweniger, da es sich dabei *) Baß Mons Cetius mit Kahlenberg, also Rodung (Seča) identisch ist, ersieht man aus Valvasor, welcher 1689 in seinem Werke: Die Ehre des Herzogtums Krain, (V. p. 110) schreibt: Er (der Karvankas) macht aber hinter dem Berge Cetio, das ist hinter unsrem Crainerischen Calenberge, seinen Anfang am Ufer der Sau etc. — Daß Professor Strekelj allerjüngst Žiče (Seitzkloster) noch als von Žitko, dem Namen des Besitzers des Žitča-Dorfes, auslegt (Zeitschrift für Geschichte und Volkskunde, Marburg 1906, p. 64), ist wohl schon sehr überflüssig, weil durch Forschung überholt. weder um eine Kirche oder ein Kirchdorf handelt. Die Slo-venen nannten den Monat Februar ursprünglich »sečanj«, d. i. der Monat des Bäumefällens, nachdem die Bäume im genannten Monate am saftlosesten sind.*) Diese Wortform ist auch noch in einer Handschrift v. J. 1466 in der Wiener Hofbibliotek erhalten. Da aber in diesen Monat das kirchliche Lichtmeßfest (2. Februar fällt, begann man, jedenfalls kirchlicherseits, den Namen »sečan« als »svečan« ( = Kerzenmonat) zu benennen. Nun ist aber die allgemeine Benennung für eine abgeholzte Gegend »seča«; der Berg bei Admont wird daher einst sečan (erg. breg) gelautet haben und der Bach, der von diesem Berge kommt, folgerichtig »sečan potok«. Da aber »sečan« und »svečan« zu einer Zeit gleiches bedeuteten und parallel gebraucht wurden, griff der Übersetzer, mutmaßlich ein Mönch Admonts zu der ihm berufsmäßig sympathischeren Bedeutung und prägte so die Namen »Lichtmeßberg« und »Lichtmeßbach«, womit der logische und sprachliche Zusammenhang des Ur- und Kunstbegriffes plötzlich abgerissen wurde. — Weitere Beispiele solcher trügerisch konstruierten Namen finden sich überdies an anderen Stellen dieses Buches. Die Bedeutung einer Rodung haben auch die .Namen Žica, dann Ceta und Cetinje, wobei nur das C infolge Mischung der glagolitischen, cyrillischen und lateinischen Schriftzeichen das äußere Erkennen trübt. Gersdorf, Gerlinzen Gerečja ves u. ä. bedeuten ausgeholzte Gegenden mit Nadelholzbestand, und solche Baumstrünke nennt der Slovene noch heute »grlj«. Diese werden von armen Leuten in den Wintermonaten ausgegraben. als »Kienholz« (Unterzündholz) in den Alpengegenden allgemein verwertet, und die Gegenden, wo solches zu gewinnen ist, als »grlovje, grljičje, grljevica« benannt. *) Die Kroaten nennen schon den Monat Jiinner »siečanj«, da des südlichen Klimas wegen die Bäume daselbst im Februar schon wieder Saft aufzunehmen beginnen, daher die Fällzeit mnemotechnisch vordatiert erscheint. Strettweg (Ort in Obersteiermark) lautete i. J. 1149 noch Strecuic und bedeutet sonach eine größere abgestockte Gegend mit belassenen Baumstrünken, denn štrekelj bedeutet dem Slovenen noch heute »Baumstrunk« (strcati = hervorragen). Golling (Golnik), Goldbreg (Colberg, Kahlenberg), Holleschau, Golleschau, Goličava, Golič, Goličina (Ga-litzin B.) u. a. sind durchwegs Bodenerhebungen, deren Kuppen kahl (sl. gol) sind. Koki. Kokarje, Kokorina, Kokorin, Kokaschitz, Skoki, Skoggen, Uskoken (Gebirge) u. a. bezeichnen Abstockungen u. zw. anscheinend solche von Eichenbeständen, da die Lokalitäten dieser Form meist mit Ortsnamen, welche an die Eiche anspielen, nachbarlich verbunden sind. Es bedeutet: kroat. kok = Baumstrunk; slov. kokava == Gestrüpp ; russisch KOKOpa, KOKopitna = abgehauenes Knieholz. Das Vorgesetzte S (bei Skoki wie Uskoki) ist die häufige Beigabe zur Bildung eines Sammelbegriffes. Die Erklärungen, daß diese letzteren Namen aus skoki, uskoki (= Flüchtlinge) entstanden seien, sind unbedingt als mißglückt anzusehen. — Einen »Skok«-Berg gibt es auch bei Busovača in Bosnien. Stupe, Stupi, Stubica, Stuppach, Stubenberg, Stubalm, Stupari u. ä. bedeuten Abstockungen, namentlich von härteren oder wertvolleren Holzarten (Eiche, Lärche, Eibe). Stup bezeichnet im Slavischen einen Baumstrunk. In Westpreußen nennt man die Holzstrünke des Eibenbaumes Eiben-Stubben; desgleichen auf Rügen (Stubbenkammer). Hiemit findet auch die unnatürlich zusammengesetzte und scheinbar reindeutsche Benennung »Stubenberg« ihre etymologische Erklärung. Bjelina, Beljak (Villach), Belski vrh, Bela peč, Beli potok, Billowitz, Belica, dann Velja, Veglia, Vellach u. ä. bedeuten eine trockene, auf einer Anhöhe zum Zwecke einer Wiese- oder Weidegewinnung abgestockte Waldparzelle. Der Ausdruck ist in diesem Sinne nur mehr im Russischen gebräuchlich, wo bjelin einen Rodenden, daher auch einen Pionier bezeichnet. Bei der Doppelstadt Bielitz-Biala bedeutet sonach jeder Name für sich eine Waldrodung. Naklo, na Naklem bedeutet einen Holzschlag in Form eines Durchschlags (russisch HaKJieB'f. == durchgehackte Stelle). — Man glaubt auch, daß dies einen Pfahlbau bezeichnet, namentlich weil es zumeist in der Lokalform gebraucht wird (na naklem = auf dem Holzschlage), doch wäre dies erst durch entsprechende Funde daselbst zu erweisen. Konjiča, Konjice, Könitz, Koniec, Koniaczow, Konjski vrh u. a. bedeuten alle eine abgestockte Stelle, denn konjič, konjič bedeutet in den südslavischen Idiomen einen Pfahl oder Baumstock. — Es ist wohl möglich, daß uns hier welcher Name begegnet, der auf das einstige Aussehen des Ortes erinnert, aber immerhin hat dies wenig Wahrscheinlichkeit für sich. Ich glaube, daß der Pfahlzeit eine bei weitem nicht zutreffende Bedeutung seitens der Archäologie zugemessen wird, denn sobald man in den Mooren, wie z. B. bei Laibach Pflugscharen findet, muß man annehmen, daß es seßhafte Leute waren, die zum großen Teile nicht auf dem Wasser gelebt haben konnten; ich halte folgende Hypothese für natürlicher: wohnte jemand an einem See, so sicherte er sich allseitig mit Palissaden u. zw. seeseits wegen Menschen, die in feindlicher Absicht gegen die Ansiedlung kommen konnten, landseits gegen Menschen und Raubtiere, d. h. wenn die Vorgefundenen Pfähle überhaupt nicht exklusiven Landbauten angehören, welche erst durch die Veränderungen des Wasserspiegels den äußeren Schein von Wasserbauten erlangt haben*). Daß der Mensch *) Schon der Landungsplatz für ein primitives Boot erfordert an sanft auslaufenden Ufern das Einschlagen einiger Piloten, um sich eine Rampe zu schaffen und schließlich auch das Fahrzeug an einer Stelle zu befestigen, wo es nicht auf dem Grunde aufliegen muß. direkte auf dem See gewohnt und dort den schwierigen Pilotenschlag ausgeführt hätte, ist nicht glaubwürdig, denn schließlich mußte er seine Herden, also seinen Lebensnerv, doch auf dem Festlande haben, und die sogenannten »Pfahlbauern« waren, wie die Funde aufweisen, sowohl Ackerbauer als Viehzüchter. Daß wir aber heute die Pfähle im Wasser finden, hat einen ganz anderen Grund. Alle Seen mit Pfahlbauten sind von Bergen umgeben; der Wasserspiegel des Sees steigt aber allmählich, wenn ein natürlicher Abfluß nicht vorhanden ist, weil die Erosionsprodukte der Atmosphärilien, das Alluvium, den Boden des Sees stetig heben; der Mensch mußte daher bei solchen Voraussetzungen mit seiner Hütte öfter bergwärts weichen und sich eine neue Unterkunft schaffen. — Bei allen Naturvölkern beobachtet man aber, daß sie das Material der alten Behausung aus Aberglauben nicht mehr zum Neubaue verwerten; so z. B. in der Herzegovina; entsteht ein Hausbrand, so wird — auf dem Lande — gar nicht gelöscht; die Ruine bleibt wie sie aus dem Feuer hervorging und der Besitzer siedelt sich an anderer Stelle von neuem an; daher stammen in solchen Ländern auch die vielen Hausruinen. — Auf diese Weise ist auch der Umstand erklärlich» daß sich im Lac de Chalain (Jura) der Wasserspiegel bereits 3 m über den Pfahlbauten befindet. Wir haben es hier daher wohl nur mit Uferschutzbauten zu tun, denn bei Konjice (Gonobitz in Untersteiermark), wo einst ein See war, deutet der Name Tepina auf einen Uferschutzdamm, der vermutlich nur aus einem mit Pfählen befestigten Flechtwerke bestand*). *) Im Laibacher .Moore sind Einbäume ausgegraben worden, die über 4 m tief liegen; wie soll nun ein 120 m2 umfassender horizontal liegender Kahn anders so tief gelangen, da er doch sicher als Wasserfahrzeug diente, als daß er seinerzeit im Wasser gesunken und später durch die Veränderung der Wasserstandverhältnisse so hoch mit Torf und Moor überdeckt wurde. Man wird aber nun sagen: woher rühren dann die diversen Funde in den Mooren her? Die Antwort ist sehr einfach: es sind dies eben jene wertlos gewordenen Gegenstände. die der Bewohner durch den Wurf ins Wasser beseitigte, daher man fast niemals einen gebrechlichen Gegenstand in ganzem Zustande auffindet; trifft man aber solche an. so können sie ebenso durch Kinder dahin gelangt sein, die sich wohl seit den prähistorischen Zeiten nicht besonders geändert haben dürften und nach wie vor alle zur Hand befindlichen Gegenstände ins Wasser zu werfen pflegen. Daß einmal eine solche Ansiedlung durch eine .Wasserkatastrophe (Wolkenbruch, Hochwasser, Torrenten) zu Grunde ging und dabei alle Gegenstände des Hauses vom Wasser fortgeschwemmt wurden, ist auch natürlich, da dies ja heute ebenso zutrifft; aber eingerammte Pfähle bleiben in den meisten Fällen stehen, da sie dem Wasser eine geringe Querschnittbelastung bieten; außerdem werden die Pfähle später nur noch mehr fixiert, wenn neues Alluvium hinzukommt. — Andererseits sind Seen ganz verschwunden oder zu Mooren geworden, wenn der See seinen oberirdischen Abfluß hatte und sich dieser durch die Erosion ein immer tieferes Rinnsal schaffte, so daß der Seewasserspiegel stetig sank und zuletzt der See selbst verschwand. Es müßte daher in verschwundenen Seen der Kulturgrad der Fundstücke gegen die Mitte zu-, bei noch bestehenden Seen aber ab nehmen; ob dies zutrifft oder überhaupt beobachtet wurde, ist mir nicht bekannt*). Pale, Palje, Palevo, Paal (bei Murau, berühmte alte Hämmer) u. a. bedeuten dasselbe wie Siegersdorf (zigrt) und haben das slavische Wort »paliti« (= niederbrennen) zur Grundlage. *) Es gibt allerdings noch heute Pfahlbauten, die ganz im Meere liegen (z. B. auf der Insel Celebes); ob dies mehr der Raubtiere, Giftschlangen und drgl. wegen oder aus hygienischen Gründern, damit die Grundlsee. Der Name lautete i. J. 1188 Chrungilsee, 1300 Chrungelsee, 1386 Krungelsee und bezeichnet den See bei der Abstockung, denn »krunkelj« ist im Slovenischen noch heute: der Baumstumpf, der Holzklotz. Da sich in der Umgebung von Aussee mehrere Seen befinden, darunter auch der die slavische Benennung tragende Toplitzsee (= warmer See), bezeichnete man ersteren im besonderen als solchen »bei der Abstockung«, und ist diese Erklärung hier umso leichter und glaubhafter, weil sich der Begriff »krunkelj« in den drei ältesten erhaltenen Namensformen ja nahezu unverändert erhalten hat, denn wir machen fast ausnahmslos die Erfahrung, daß die älteste Namensform stets der Urform am ähnlichsten ist und daß die Verballhornungen in dem Maße zunehmen, ja geringer der Einfluß des namengebenden Volksstammes wird. Die Deutung dieses Namens wurde bereits vielseitig versucht; während aber die sonstigen ob ihrer sprachlichen Entgleisung keiner Erörterung wert erscheinen, erfordert die jüngste, die des Universitätsprofessors Dr, Strekelj in Graz (im »Časopis« der historischen Gesellschaft für Untersteiermark p. 86/1904) doch der Erwähnung. Der Erklärer erkannte ohneweiters, daß der Name slavischen Ursprungs sein müsse und deutet ihn aus dem Altslovenischen »kraglo« (= rund) als kraglo jezero (= runder See). Nachdem aber gerade dieser tückischerweise obiger Definition nicht entspricht, denn er ist ungefähr 6 km. lang und 1 km. breit, meint der Ausleger, daß die Slovenen der alten Zeit bei solchen Dingen nicht mit dem Zirkel umgingen. Aber gerade diese Rechtfertigung der Auslegung, daß unsere Altvorderen, mögen sie auch welch Stammes immer gewesen sein, einen so verdorbenen Blick für die Natur gehabt hätten, fordert zur Erwiederung sine ira et studio heraus, denn Erfahrung lehrt das gerade Gegenteil: unsere Ebbe die ganzen Abfallstoffe mit sich nimmt, oder noch aus anderen Gründen geschieht, ist schwer zu entscheiden, wenn mann die lokal maßgebenden Gründe nicht kennt. Ahnen hatten, je weiter die Stufe nach rückwärts geht, ein umso ungetrübteres Auge, denn das beweist uns eben ihre gesamte impressionistische Namensgebung. — Es schwebt mir bei dieser Behauptung die allgemein herrschende Ansicht vor, daß der Indianer ein besseres physisches Auge besitze, als die Kulturmenschen. Dies ist jedoch ein Trugschluß, entstanden dadurch, daß der Wilde alles mit der Seele ansieht, d. h. seine Psyche ist derart, daß sie alle Zerstreuung, Belastung und Ermüdung des Gehirns ausschließt, sobald die Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Gegenstand gerichtet ist, daher auch die staunend natürliche und unbeeinflußte, daher bessere Beobachtung. Der Gebildete kann aber dabei nicht so leicht alle beeinflußenden Nebenumstände ausschalten, und kann ich, gestützt auf meine Empirie in dieser Hinsicht wohl erwähnen, welche Energie und welches physische Exerzitium dazu notwendig ist, um nur ein Moment einem einzigen Gegenstände die ganze Aufmerksamkeit zu widmen, wenn im Gehirne zugleich die verschiedenartigsten Eindrücke, Ideen und Spiegelbilder Platz genommen haben. Übrigens glaube ich, daß man auch heute von jedem Bewohner der Umgebung des Grundelsees, dem man die Anerkennung desselben als eines runden suggerieren wollte, in ehrenrühriger Weise abgefertigt werden würde, denn die sehr ungleichen Dimensionen lassen sich in diesem Falle bereits von den Randkommunikationen erkennen und die geologischen Verhältnisse gestatteten in den letzten tausend Jahren sicherlich auch keine andere Gestaltung. Außerdem befindet sich im Gerichtsbezirke Aussee auch die Ortschaft Krungl, welcher Name seine historische. Form bis heute nahezu unverändert beibehalten hat; und auch diese Ansiedlung hat mit rund nichts zu schaffen, da ihr hiezu alle Grundbedingungen fehlen, abgesehen davon, daß ein Ort eher den Namen erhält, als er durch den Ausbau eine bestimmte Form angenommen hat. C3 CZ3 Gruppe jener Hamen, öie mit Bodenerhebungen im Zusammenhänge stehen. Die Bodenerhebungen erhielten vielfach die Benennung nach den hervorstechendsten Merkmalen ihrer äußeren Formenbildung. Karner. Das Gebiet des heutigen Krain bewohnten einst, wie die Gelehrten behaupten, die »keltischen« Karner, woher auch der alte Provinzname »Carniolia«, welcher so viel als »Gebirgsland« bedeutet, stammen soll. Bis auf das »keltische« der Karner ist diese Behauptung auch richtig; aber das vermeintliche keltische »kam« (= Berg) ist nichts weiter, als das noch heute im slovenischen Gebrauche übliche »krn«, welches: Bergspitze, Bergkamm bedeutet; der häutige Familienname »Krnec, Krnc« bedeutet sonach einen Bewohner am Berghange; »krnica«, auch »karnica« wird eine Höhe am Abschlüße eines Kesseltales genannt, und kommen solche topographische Namen sowohl in Kärnten, Krain wie auch Steiermark wiederholt vor. Obige Provinznamen haben sich daher aus dem slavischen Begriffe »krn« herausgebildet. Rhätikon. Wurde bereits im I. Teile erklärt. Der Begriff rt, rat. rtje, rtina (im Baskischen rt, err = Spitze) für schroffe Bergkuppen, dann langgedehnte Bergrücken. ist ungemein häufig anzutreffen. Z. B.: Rat, Ostri rat, Dugi rat, Stonski rat, Rataj, Radgona, Radein, Radinci. Radomirje, Radno (d. Rückenstein), Rattenberg, Ratzenberg, Rath, Rathen, Ratschitz, Racice, Ratopolje, Ratschach, Rathausberg u. v. a. Die altägyptische Ober-Ratanliste nennt die Ratanvölker, worunter anscheinend jene zu verstehen sind, welche die Gebirgsländer, namentlich die Alpen und den Balkan bewohnten. — Hum, Hämus, Böhmen. Unter »Hum« (Nebenformen Um, Umac, Hom, Ham, Cham, Holm, Kulm, Kolin, Köln. Humac, Chumetz, Kumitz, Chlumetz) u. a. versteht der Slave eine mäßig hohe Bergkuppe mit meist sanftem Oberteile; gewöhnlich finden sich solche Höhen in der Nähe von Ansiedlungen ; in unbewohnten, ausgesprochenen Gebirgsgegenden ist der Name nicht anzutreffen. In Europa sind diese Namen sehr häufig; die Form »Hum« hat sich aber in ihrer Ursprünglichkeit besonders in den südslavischen Ländern erhalten. — Gebiete mit mehreren »Hum« erhielten dann die Kollektivbezeichnung,: Pohumje, Predhumje, Zahumje ; die römische Bezeichnung »Hämus« für den Balkan hat jedenfalls diesen Ursprung. Desgleichen ist die Bezeichnung »Böhmen« in den älteren Formen: Bojohämum, Bainohaimai (ptolemäische Karte), Bojoheim, Böheim wahrscheinlich nichts sonst als ein ursprüngliches »pohumje«, d. i. das Hügel- und Mittelgebirgs-land der heutigen Provinz Böhmen. Es werden hier einst auch die gleichen Verhältnisse betreffs des gemeinschaftlichen Weiderechtes gewesen sein wie in den übrigen Provinzen ; die Bewohner trieben die Weidetiere in den Sommermonaten je nach dem Grasvuchse frei herum, führten also in der Sommerzeit ein nomadisierendes Leben, was auch dazu geführt haben mag, daß man unter »bohémien« schließlich einen unstSten Menschen, dann Bummler oder Zigeuner zu verstehen begann. Die Ägypter bezeichneten das Amonland (?) als Hämo-nia ; die Ummani sind als ein Teil der Ratanvölker von ihnen verzeichnet worden. Aus dem 15. Jahrhunderte v. Chr. hinterließ Thutmosis III. ein geographisches Werk mit 119 topographischen Namen; darunter auch »Hum«. — Polyhistor nennt als Stammvater der Äthiopier in der babylonischen Genealogie den »Hum«. (Ich erwähne dies alles ohne weiteren Zusatz, da die Übereinstimmung zum weiteren Nachforschen der Identität herausfordert). Ossa. Gebirge mit Spitzen Kuppenformen heißen vielfach Ossa, Osser, Oster nach dem Slavischen: os, ost, oster (— scharf, spitzig). So gibt es ein Ossa-Gebirge in Griechenland, an der böhmisch-bayerischen Grenze und in Portugal; Aussee mit seinen spitzen Bergformen hieß im 12. Jahrhunderte noch Oussa, Ossach, Assach; Osser, Oster, Ossowka, Ossowiec, Osterberg kommen ansonst noch häufig vor, — Daß Ossa von »osoje« (Schattenseite) stammen würde, ist für ein ganzes Gebirge höchst unwahrscheinlich, weil unnatürlich. Gorali sind die polnischen Bewohner der westlichen Karpaten, also Bergbewohner (gora = Berg) zum Unterschiede von den Poljaki, den Bewohnern der galizischen und russischen Ebene. — Der griechische Schriftsteller Appianus (140 n. Chr.) nennt sie Korallen (in Gemeinschaft mit Sarmaten). Es scheint, daß die Goralen identisch sind mit den von Prokopius (de bello gothico II, 11) erwähnten Horjuli und Herulern. Pogorje, Pohorje, Zagorje sind Sammelbegriffe für Gebirgszüge ähnlich wie: Pohumje. Höhen, welche zur Beobachtung und Sicherung feindlicher Unternehmungen dienten. Seinerzeit, als die Verteidigung des Bodens und der Habe nicht in militärischen Händen lag, mußte sich jeder selbst der feindlichen Übergriffe erwähren; nachdem aber der einzelne hiezu zu schwach war, organisierten die Gemeinden oder die Bewohner einer Gegend gemeinschaftlich den nötigen Beobachtungs- und Verteidigungsdienst. Diese Vorkehrungen zerfielen in drei Gruppen: Beobachtungsdienst: pandurica und straža genannt; optischer Signaldienst: grmada; Verteidigung: grad, gradina, gradišče, tabor. Pandurica ist ein Beobachtungsposten (pandur = Beobachter, Wächter) auf einer übersichtlichen Höhe, welcher, wie noch heute bei feindlichen Anlässen, auf phonetischem 7 Wege, also durch lautes Zurufen, auf die drohende Gefahr aufmerksam machte; als Höhenname kommt »Pandurica« nur auf dem Balkan vor. Straža (Wache) hatte denselben Dienst wie der »pandur«, nur kommt der Name hauptsächlich in Mitteleuropa vor; alle Namen mit »Strass« wie: Strassberg, Strassengel, Strassgang, Strasserperg, zu Strasy, Straßburg auf deutschem, Straža, Stražnica, Straški vrh u. ä. auf slavischem Gebiete haben diesen Ursprung. Grmada ist ein Beobachtungsposten auf einer übersichtlichen Höhe mit einer Hütte und vorbereitetem Holz-und Reisigmaterial, um durch Feuer- oder Rauchsignale, (nach Erfindung des Pulvers auch durch Pöllerschüsse), auf die feindliche Gefahr aufmerksam zu machen. — Dieses Verständigungsmittel fand Herodot bei den Griechen (481 v. Chr.), Xenophon bei den Karduchen, Caesar bei den Galliern und i. J. 1878 bedienten sich desselben auch die österreichischen Okkupationstruppen in Bosnien; auf den Trajanssäulen in Rom sind solche Feuersignalposten der Skythen abgebildet; die Indianer kennen ebenso diese Feuerpost wie sich Klytemnästra auf gleiche Art den Fall Trojas signalisieren ließ. Diese Grmadas, deutsch auch Kreid- und Gereutfeuer genannt, weisen ein unregelmäßiges Netz auf, deren Maschen je eine solche grmada bildete; von dieser konnten 2—3 andere das Signal abnehmen und waren die Punkte im Terrain derartig vorteilhaft ausgesucht, daß es möglich war einen Türkeneinfall im Raume von der Kulpa bis an die oststeierische Grenze an einem Tage zu avisieren. — Am Balkan nannte man eine solche Schutzhütte »karaula« ( = Wachhütte; russisch Kapayjrs = Wache). — Grmada kommt als Höhenbezeichnung nicht besonders oft vor; dies hat darin seinen Grund, weil die straža und grmada meist vereinigt waren. Grad, Gradina, Gradišče, Tabor. War die feindliche Gefahr signalisiert, so begaben sich alle Kampffähigen auf ■den vorbereiteten Yerteidigungspunkt, welcher als grad. gradina oder gradišče, Gradiška. Gradec, Hradec, Hradisko, Hradište, Ogrodzon u. ä.) bezeichnet wurde. Es waren dies .auf mehr weniger schwer ersteigbaren Höhen zur Verteidigung hergerichtete Punkte. Solche Plätze sind noch, ganz abgesehen von den bis nun erhaltenen Namen, meist darnach leicht zu finden und zu erkennen, daß auf dem höchsten Punkte der Höhe oft noch heute Steinschutt liegt und Ausgrabungen an solchen Stellen mitunter Funde aus prähistorischer Zeit an den Tag fördern. Gradina bedeutet daher heute auch: Ruine, Schutthaufen. Diejenigen Yerteidigungspunkte aber, die eine weite feste Mauer und für den letzten Kampf innen auch noch einen soliden Bau (Kirche, Kapelle, Haus) hatten, wo man auch Waffen, Proviant und sonstige Bedürfnisse hinterlegte, sowie die Verwundeten pflegte, nannte man »tabor«. Der Berg Tabor ist schon aus der Biblischen Geschichte bekannt; weiters ist ein solcher in Syrien; im II. Bezirke von Wien gibt es ein »Am Tabor«, mutmaßlich ein Verteidigungspunkt gegen jene, die hier von jenseits auf der Donau landen wollten; in Kroatien und Böhmen gibt es mehrere Orte dieses Namens; in den Alpenländern dienten die meisten auf Bergkuppen erbauten Kirchen als »tabor« oder stehen auf einstigen Tabor-Plätzen. Auf der Balkanhalbinsel habe ich bisher den Namen »tabor« noch nicht angetroffen; es scheint hier »kula«, ein solider, mit Schießscharten versehener, mitunter krenelierter Rundbau, dann »erceg«, ein Bau mit Zwinger, Hüftmauern und allerlei Vorsorgen für längere Verteidigung (Rondenweg, Zisternen, Wohnräume) mit »tabor« identisch zu sein. Brana, Branka, Branky, Vransko, Vranduk u. ä. sind aber im besonderen jene hradisko, grad, gradina u. s. w. oder tabor’s, die ein Tal an der schmälsten Stelle, namentlich dort, wo das Talgewässer an einer vorspringenden Bergnase einen scharfen Bug macht, verteidigen soll. — frain bei 7* Znaim (Vranov), Branky bei W. Meseritsch, Vranduk an der Bosna sind in dieser Hinsicht Muster einer künstlich verstärkten Natur-Talsperre. Man findet daher auch an solchen Punkten stets Burgen oder wenigstens Ruinen. Ein sehr anschauliches Beispiel für meine Behauptungen gibt die beigeschlossene Kartenskizze, wenn auch die Situation in der Natur, welche eine bewunderungswürdige, ja mustergiltige Anordnung des Beobachtungs- und Verteidigungsdienstes von Einst bietet, hier nicht plastisch zum Ausdrucke kommt. »Stražnica« gewährt die Beobachtung im allgemeinen nach allen Richtungen, hat aber kein günstiges Glacis; »Hradisko« dient zur speziellen Verteidigung der Tallinie Hochwald-Koslowitz, ist also nur ein ergänzendes Glied der zu sichernden Gegend; »Tabor«, ein idealer Verteidigungspunkt mit einer mäßigen Tafelkuppe, deren künstliche Herstellung augenscheinlich ist, gewährt jedoch, obschon niederer als Stražnica, nach allen Seiten eine von toten Räumen freie Abwehr, was namentlich für die einstigen Nahkampfverhältnisse eine Grundbedingung war. Während die benachbarten Höhen bewaldet sind, weisen diese noch heute nur spärlichen Baumwuchs auf, ein Beweis, daß man auch dereinst für den Überblick über die Annäherungslinien des Feindes vorsorgte und überdies wahrscheinlich auch von der Stražnica aus optisch oder phonetisch darüber orientiert wurde.*) □ □ *) Wer diesen Kartenteil näher ansieht, wird hier wieder die bekannten Namen für Weideplätze vorfinden, so: Koslowitz, Kozna (erg. hora), Palkowitz (richtig: Baljkovice), Lhotka, Bernadianka (richtig: Prna-dianka), Hovenki und vielleicht noch weitere, deren etymologische Deutung aber noch nicht beweiskräftig ist. — Dasselbe wiederholt sich überall, wo Weideland zum Teile die Bodenbedeckung ausmacht. : ■ ■ '*-#• ' *£m'i$k mm -zjlM.’tillJmiL '■¿.V/fl- ■: : ;£{'/■ „ •'* • ■sfe'N ¿•- ,$/at o|? .ino-rp «r ■ ; la kamenku • V'\ • -i an» fegSl ifeö^JS ■ < Jtrr: .:• ..—--bCS^'i- vsy-; li Lä: SsflK Kosliin'il'/::' 1? - Sk. m ■?“: ^livsjti , §gg^*||! X." '• • V ? jöV •ß:yb nj ky £££ --¿4j Aus der Umgebung von Frankstadt (Mähren). Eruppe öer Hamen, öie mit LUasser im Zusammenhänge stehen. Viele Namen dieser Gruppe bieten dem Weiterforschenden ein ungemein weites Feld zur Spekulation, wie und wann dieselben entstanden sein mögen. Voda (slav. Wasser). Mit der einfachen Bezeichnung eines Wassers sind viele Namen abgetan, so z. B.: Bodensee. Bode (warme und kalte), Bodenheim, Bodenwerder, Bodenbach, Botnischer Meerbusen, Bodden (mehrere Strandseen und Buchten der Ostsee) u. a. Talasa, Atlantis. Der Dalmatiner (wie auch der Herzegovze) nennt die normale Bewegung des Meeres : voda talasi = das Wasser bewegt sich mäßig. Es scheint, daß diese Eigenschaft im allgemeinen maßgebend war für die Bezeichnung eines großen Wassers, welches der Ebbe und Flut unterworfen ist, und daß sowohl die griechische Bezeichnung dalaaaa für das Meer, sowie der Name »Atlantis« obigen Ursprung haben.*) Schwarzes Meer. Dieses heißt im Slavischen »Črno morje«, welcher Name eben in »Schwarzes Meer« übersetzt wurde, und dürfte es bisher kaum aufgefallen sein, daß diese Übersetzung sprachlich unrichtig, sowie die Bezeichnung überhaupt unnatürlich ist. Wir kennen auch ein rotes, gelbes und weißes Meer; daß das letztere nach den schwimmenden Eisblöcken den Namen erhalten haben mag, ist wohl einleuchtend, daß aber ein Meer rot, gelb oder gar schwarz wäre, das widerspricht jeder Vorstellung der beobachteten Meeresfärbung. Tatsächlich bedeutet auch »črno morje« ein Meer mit seichten Ufern, also ein für die Landung und Schaffung von Hafenplätzen ungünstiges Meer, in welchem berechtigten ) In der Maya-Sprache (Amerika) heißt »atl« auch Wasser, Meer. Rufe es tatsächlich steht.— Das russische »černij« (pl. tantum) bedeutet: flacher Strand, flaches Ufer, auch Ufer mit Röhricht; allerdings ist dieser Begriff im Russischen als Provinzialismus heute nur mehr wenigen verständlich. — Aber derselbe Name wiederholt sich für Flüsse und Bäche fast in allen Ebenen, Sümpfen und Morästen, wo die Wasserläufe nahezu im Niveau des Uferrandes fließen, brüchige Ufer haben und sehr leicht austreten. So ist im feuchten Wiesengebiete entlang der Pulsgau in Untersteiermark ein Gewirr von Bächen, welche alle Črnec oder Reka heißen, wobei aber eigentlich niemand im klaren ist, welcher Name dem oder jenem zukommt, denn »črnorečje« ist ein Sammelname für alle Wasseradern in einem nassen Gebiete. — Das Laibacher-Moor hat den Cirnovecgraben, dann den Ort Črnuče; einen Črnec Bach gibt es am Mostarsko blato, im Pößnitz- und Murgebiete; der als Radobolje (richtig Ratopolje) bezeichnete Bach heißt eigentlich Črnica, sowie der Stadtteil, den er durchfließt; Črnivir ist ein Bach im Svitavsko blato; Crna rjeka und Crnčevič sind Wasseradern im feuchten Gebiete bei Mlinište in Dalmatien u. a. — Gewässer dieser Art scheinen im Deutschen im Übersetzungswege zu: Schwarzwasser, Schwarzbach, dann Schwarzsee u. ä. geworden zu sein, ohne daß hiezu eine sichtbare Berechtigung gewesen wäre. Mähren, Markomannen, Mauren. Die österreichische Provinz Mähren bietet für die eingangs aufgestellte Behauptung eine hervorragende Beweiskraft. Die geologischen Verhältnisse dieses Landes lassen uns keinen Moment im Zweifel, daß wir es hier mit einem marinen Gebiete zu tun haben, bei dem nur die höheren Bodenerhebungen einst aus dem Meere geragt haben konnten. Die Umwohner nannten diese unter Wasser stehende Gegend etwa: moravo, morjevo (= dem Meere gleichend) und meinten damit eben kein Meer, sondern ein dem Meere ähnliches Gebiet; die Bewohner bezw. Umwohner wurden von den Nachbarn deshalb auch »Moravani«, also genau so, wie noch heute benannt; und diese »Moravani« sind die »Markomannen«, über deren Wohnsitze und Sprachzu-gehörigkeit schon die verwunderlichsten Ansichten geschrieben wurden.*) Daß ein großer Teil Mährens einst mit Wasser bedeckt war, dieses ersehen wir auch aus den topographischen Namen dieses Gebietes, und wer sich der Mühe unterzieht, gewisse Ortsnamen in Bezug auf ihre Berechtigung zu prüfen, wird meiner Behauptung zustimmen müssen. So gibt es bei Misslitz einen Ort »Jezerany«; . der Nachbarort heißt »Marsovice« (hieß wohl ehedem »Morovice«); diese Ortschaften erhielten sicher noch den Namen zu jener Zeit, als in der erwähnten Gegend noch ein größerer See bestand; sie liegen auch um kraterförmige Tiefen, welche noch Wasser enthielten, als in der sonstigen Umgebung schon der Seecharakter geschwunden war. Weiters gibt es daselbst eine Menge Namen, wie: Moravany, Mofice, Moravice, Moratice, Moravicany, Jezera, Jezerni, Jezernice, Jezirko, Ostrov, Ostrüvek, Ostrovany, Ostrovacice u. v. a., die auf den ersten Blick zeigen, daß hier ein größeres stehendes Gewässer sein mußte; das mährische »Mars«-Gebirge hieß einst wohl: Morski hribi ■— heute nur mehr als »Hriby« benannt, und ist die Bezeichnung »Mars« nur aus dem im Deutschen üblichen Vokalwechsel (o in a) in der Stammsilbe, wie bei March, Laak u. s. w. hervorgegangen. Daß aber dieses meerähnliche Gebiet schon viele Jahrtausende vor unserer Zeitrechnung ein geschlossenes, trockenes Gebiet war, müssen wir, abgesehen von den geologischen Verhältnissen, daraus schließen, daß das »Großmährische Reich« Samos doch nicht aus einigen Uferdörfern bestanden *) Aus der mir in der Zeit der Schlußredaktion dieser Arbeit zugekommenen Publikation: P. Papacek. 0 predslovanske dobe v Cechäch — Prag 1892 — erfahre ich daß auch dieser Forscher unter ähnlichen natürlichen Prämissen erkannte, daß die Markomannen nichts weiter als »Moravani« sind. haben konnte, und hätten die »Moravani« mit den Römern Seekriege führen müssen, wenn ihre Wohnsitze damals noch eine mäßig unterbrochene Wasserfläche gewesen wäre. Die topographischen Namen Mährens sagen uns auch, daß die Deutschen frühestens im 12. Jahrhunderte in Mähren Ansiedlungen gegründet haben konnten, denn alle Ortschaften, deren Gründung nicht in die Zeit der Germani-sierung fällt, tragen Namen slavischer Provenienz, und geben jene Punkte, die Hradiste, Hradisko, Velehrad und ähnlich lauten, am untrüglichsten die einstigen Grenzen an, da die fortifikatorischen Punkte jedenfalls mehr oder weniger an der Grenze und an den augenscheinlichsten Einfallspunkten angebracht waren. Alle jene Namen aber, die aus der Seezeit Mährens herrühren, reichen wohl weit hinter die Römerzeit zurück. Ist es nicht sonderbar, daß das 2 km breite Defile, welches die Becva bei Prerau durchbrochen hat, gerade den zutreffenden Namen »Pferov« (= Durchbruch) führt, was doch nicht erst in historischer Zeit geschehen sein kann, und daß sich hier eine offene Kontinuität des Menschen mit der Beobachtung der einstigen wirklichen Vorgänge nicht bezweifeln läßt. Und dieser Durchbruch muß schon lange vorher stattgefunden haben, als z. B. das Mammut lebte, denn sonst hätte man in Pfedmost, welches in diesem Durchbruche liegt, nicht massenhafte Reste dieses prähistorischen Tieres finden können, weil sie sonst fortgeschwemmt worden wären. Die heutige deutsche Form »Mähren« ist wohl nur ein Rechtschreibungsfehler für »Meeren«, der uns nicht nur die Übersetzung des slavischen Urnamens, sondern die weitere Bestätigung bietet, daß die Form von »morje« abstammt; übrigens kommt der Name »Morren«*) sowie »Marhen«**) für Mähren noch in Urkunden jüngeren Datums vor. *) Schrift der Verordneten der Landschaft Steyr an den Erzherzog Ernst (Landes-Reg. Archiv Salzburg, Hofkriegsrechtsakte 1570—1592). **) Landesdefensionsordnung der Landstände ob der Enns i. J. 1591 (Oberöst. Landesarchiv Linz, Bd. 584 F. L. 83). Aus dem Namen March des Flußes »Morava« hat sich auch der deutsche Name »Mark« für die »Grenze« eingebürgert, weil eben die March zugleich die Grenze gegen Osten in älteren Zeiten bildete. Dieses wissen wir aus einer Analogie, wo ganz ähnliche Verhältnisse, wie bei Mähren obwalten: es ist dies das Gebiet des großen Draufeldes zwischen Marburg, Pettau und Friedau in Untersteiermark. Während das über 1500 m hohe Bacher Gebirge ein Urgebirge ist, gehören die Höhen, die das Draufeld umgrenzen, u. z. die Windischen Büheln und das Kolosgebirge (Haloze) gleichfalls dem marinen Gebiete an. Das Draufeld (auch Pettauerfeld) war einst ein großer See, verbunden mit dem pannonischen Meere, welches die heutige große ungarische Tiefebene bedeckte, und hieß noch am Beginne des Mittelalters »Zitinesfeld« (von »sitina« = Schilfgegend); am östlichen Hange des Bacher Gebirges'befindet sich die Ortschaft »Morje« (deutsch: Mauerbach); die Kirche von Unter-Pulsgau heißt beim Slovenen noch immer: Sv. Stefan ob jezeru, ebenso auch Maxau im Seitentale der Drann: Sv. Andraž ob jezeru*). Und als Gesamtname dieses ganzen Wassergebietes galt den zeitgenössischen Slaven »Morje« und blieb es so bis gegen das Ende des Mittelalters; denn i. J. 895 hieß Untersteiermark (iuxta Sowam) noch »Marchia«, 1025 wird die Cillier, 1125-die Pettauer Gegend so genannt, hatte aber in dieser Zeit schon die teilweise Bedeutung von: Mark, Grenze, — namentlich der Bodenformation wegen, da längs des ganzen Ostens von Steiermark das gebirgige Gebiet in das flache (ungarische Tiefebene) übergeht. Es ist daher zweifellos, daß dieses »Marchia« aus gleichen Gründen hervorgegangen ist, wie »March« in Mähren. "*) Es ist gewiß auch keine freie Erfindung, daß in Gegenden, welche wirklich einst Seen waren, die Leute noch heute Stellen zeigen, wo Hinge und Hacken befestigt waren, an denen seinerzeit die Vorfahren ihre Kähne und Fahrzeuge anbanden; namentlich ist dies in Bosnien und der Herze-govina vielfach der Fall. Auf diese Weise, d. i. durch genaue Beobachtung der geologischen Verhältnisse und Anpassung der vorhandenen topographischen Namen daran, die doch seinerzeit auch nicht ohne Grund gegeben wurden, läßt sich Wesentliches zur Rekonstruktion des Bildes, wie unsere heutigen Gebiete in der vorhistorischen Zeit ausgesehen haben, beitragen. Die häufigen, mit »morje« zusammenhängenden etno-graphischen Namen als: Pommern (Pomorzani = die längs des Meeres Wohnenden), Primorci in Istrien (= die beim Meere Wohnenden), Morisker (Bewohner von Mauretanien), Mauren (vornehmlich die arabischen Spanier) die Halbinsel Morea (etwa: das Land im Meere) lassen darauf schließen, daß einst die Slaven sehr ausgebreitet waren, denn, wenn auch eingewendet werden würde, daß diese Namen dem lateinischen »mare« entstammen, so ist diese Einwendung mindestens beim . Namen »Pomorzani« (Pommern) bei dem Umstande, daß auf dieses Gebiet die Römer niemals einen Einfluß übten, völlig unmotiviert. Daß Belizar i. J. 534 dem Reiche der Vandalen mit seinen Truppen, die aus den Völkern der Balkanhalbinsel zusammengesetzt waren, in Afrika ein Ende gemacht habe, mag ja geschichtlich richtig sein, daß aber bei dieser Gelegenheit die darunter befindlichen slavischen Krieger irgendeinen Einfluß auf die Namengebung ausgeübt hätten, ist schon deshalb abzuweisen, weil der Name »Mauretanien«, der auch »morje« zur Grundlage hat, schon Jahrhunderte vorher bekannt war und Mela (III, 90) den heutigen Gibraltarfelsen »Skala Hannibalis« nennt, worunter auch schon die slavische Bezeichnung »Skala« (— Fels) besonders zum Nachdenken herausfordert. Flußnamen. Die Flüsse erhielten ihre Namen fast durchwegs nach dem Gebiete, das sie durchfließen; von diesem abweichende Namen sind sehr selten. — Viele Flußnamen wurden schon an anderer Stelle etymologisch erklärt; es mögen hier noch folgen : Bistrica. Es gibt hunderte von Flüssen und Bächen dieses Namens und bezeichnen alle das Durchfließen eines grasreichen Bodens. Der ursprüngliche Name ist »bustrica«, weil sie einen bus, busak (= Weidegrund) passiert und hat sich in der slavischen Aussprache das alte y, welches als u ausgesprochen wurde, später in i verwandelt. Die Römer schrieben noch Bustricius, die alten Namensformen sind Viustricz, Vustritz u. ä. •— Man glaubt allgemein, daß Bistrica ein schnell fließendes Wasser (bister = rasch) bezeichne. Dem ist nicht so, denn jedes fließende Gewässer hat nahezu die gleichen Eigenschaften: im Oberlaufe, also in der Gebirgsgegend, fließt es rascher, in der Ebene angekommen, langsamer, müßte also naturgmäß stets den Namen wechseln. Es gibt aber auch Höhen, welche Bistrica, Na bistrim, Bystro lauten und kein Wasser bezeichnen können, weil sich daselbst kein Bach oder Fluß vorfindet, oder der Wasserlauf selbst eine abweichende Benennung hat. Die Namenswandlungen lassen sich z. B. beim Fluße Pößnitz (Untersteiermark) noch genau verfolgen: ältester Name: Businica, Busnica; im deutschen Gebrauche wurde vermutlich nach der Zwischenform Büssnitz ein Pössnitz, was zur Folge hatte, daß die Slovenen heute auch schon »Pesnica« sagen. Laba (slav. Name für die Elbe, lat. Albis) deutet auf ein Gewässer, das durch Wiesengründe fließt. Lab, lap muß ein Urausdruck für einen Weideplatz sein, denn Lappland ist ein ausgesprochenes Weidegebiet, laba ist dem Slovenen die Bezeichnung für die Kuh, labuzje ist dem Russen das Steppengras, Gras mit dicken Halmen. Der Fluß Laibach wurde früher Labach geschrieben, wobei »bach« kein Grundwort, sondern der slovenische Lokal ist, bezeichnete sonach das Wasser, welches die grasreichen Gründe des Laibacher Moores passiert. Bei Pettau ist ein Lava-Bach, welcher die nassen Wiesengebiete längs der Drau durchschneidet; in Serbien der Lab. — Die lat. Form Albis ist sonach eine ähnliche Umbildung wie »Alpen«. Polskava (d. Pulsgau) fließt zum großen Teile über das Pettauer-F e 1 d (slav. polje). Lech (röm. Ligus) fließt über das Lechfeld; ljeha = Wiese, Acker; ligota poln. = Wiese. Drau (früher meist Traa geschrieben), slov. Drava, von den Umwohnern Dravnja und Travnja ausgesprochen, durchfließt Wiesengegenden (trava sl. Gras); desselben Ursprungs sind die Namen Dravinja (d. Drann. alt Trann), dann die vielen Traun, Trave, Travni potok u. ä. Marica, Morava (Maruš lat. Name für die March) sind Flüsse, die eine mara (slav. Humusboden, fruchtbarer Ackerboden) passieren. Jasenica, fließt durch eine Eschengegend (jasen sl.Esche). Olsa, durchfließt ein Erlengebiet (olsa, jelša sl. Erle). Jamnica, Jamočki potok, Lim durchfließen eine mit Ulmen bewachsene Gegend (jam slov., lim kroat. Ulme). Piva (Bosnien), Pivka (Poik in Krain) bedeuten eigentlich Karstschlünde, in welchen einzelne Flüsse verschwinden und an anderer Stelle, stets mit veränderten Namen, wieder hervortreten (pivka slav. Karstloch, welches mit unterirdischen Höhlen kommuniziert). Buna, Bunica sind Karstflüsse, welche eine derartig starke Ouelle haben, daß sie gleich als fertige Flüsse aus dem Karste treten (bunar kroat. Quelle, Brunnen). Mur, Mürz (slav. Mura, Murica) sind Flüsse, welche durch Murgänge, also große, mit Gesteinstrümmern bedeckte Flächen, ihren Lauf genommen haben. Daß »mura« ursprünglich ein slavischer Begriff für Steingerölle war, ersieht man daraus, daß der Begriff noch heute in gleichem Gebrauche ist, und daß man die Mürz noch im 9. Jahrhunderte mit der slavischen Diminutivform Moriza, Muoriza bezeichnete. Donau (1644 Thonau, lat. Danubius, Ister) entstand aus dem slavischen Begriffe tunja (russ. tonja) womit im allgemeinen ein tiefes, also größeres fließendes Wasser zu verstehen ist. Weil aber die Donau naturgemäß im Oberlaufe noch nicht diesen Bedingungen entspricht, heißt sie dort auch noch Brege und Brigach, also Ge-b i r g s w a s s e r. Desselben Ursprungs sind wohl auch: Don, Duna, Dunajec sowie der Thuner-See. — Daß daher der Name keltischen Ursprungs wäre, ist schon deshalb ein ausgesprochener Irrtum, nachdem gleiche oder ähnliche Namen in Gegenden Vorkommen, die niemals von Kelten (im mißverstandenen Sinne) bewohnt waren. Kroaten. Es ist gewiß kein Zufall, daß sich der Name Karpaten, Chorbaten, Charwaten u. ä. um die ganze ungarische Tiefebene erstreckt. Die »Karpaten« (als Gebirge) umfassen im weiten Halbkreise nördlich und östlich, zum Teile auch nordwestlich, die »Horvati« (Kroaten) als Volksstamm südlich und noch westlich — bis zum Eintritte der Drau auf das ungarische Gebiet — die erwähnte Ebene; die östlichen Grenzgebirge Steiermarks und Niederösterreichs führen zwar nicht etwa den Namen »Karpaten«, es sind aber längs der ganzen Linie noch kroatische Ansiedlungen vorhanden, welche bezeugen, daß auch dieser Teil mit dem Namen in einem organischen Zusammenhänge steht. — Die ungarische Tiefebene war einst, wie die geologischen Verhältnisse dartun, ein Meer; als dieses zu schwinden begonnen, bildete dasselbe noch lange Zeiten hindurch eine feuchte Gegend mit einzelnen Seen (wie z. B. Plattensee*), Neusiedlersee). Da aber der alte Slave eine nasse, sumpfige Gegend »korba« nannte, erhielten die Grenzgegenden samt ihren Bewohnern der Namen »Korbati«, was sonach »Ufergebirge, Uferbewohner« bedeutet. ■— Das Grundwort »korba«, welches sich bis heute nur noch im Russischen erhalten und bisher diese Bedeutung nicht wesentlich geändert hat, kommt auch in sehr vielen topographischen Namen, wie Korpula, Skorba, Karwin, Charvin u. a. vor, welche alle entweder an einem Gewässer liegen oder deren Dorfflur mindestens einen nassen Bodencharakter hat. *) Der Plattensee hieß ursprünglich wohl »Blato«, wie der Balkanslave noch heute einen See mit wechselndem Wasserstande nennt; den See »Blatno jezero« zu nennen, wie es jetzt bei den Slaven gebräuchlich ist, wäre daher unnötig. Der Name Kroaten begegnet uns bei den alten Schriftstellern in verschiedenen Formen. Die Ptolemäische Karte nennt sie: Karbones ; Polybius : Carpi (in Gemeinschaft mit den Goten); Ephorus : Karpidai; arabische Schriftsteller: Karvaten und Harvaten. Der Bischof von Zengg führt noch heute den Titel: von Modrus und Korbavia. Kroaten gibt es aber auch in sonstigen Gebieten, die einst mehrweniger sumpfig waren, so: in Kärnten, in Steiermark, im Riesengebirge, in den Sudeten, in der Tatra und an der Saale. — Ein Teil von Großmähren hieß nach Ossolinski: Groß-Chrowatien; es ist dies wohl der Übergang, dem der Name konform mit der Abnahme des Wassers in Mähren folgte. Palacky schreibt: Dieses Chro-vvatien mit der uralten Hauptstadt Krakau, ausgebreitet an der oberen Oder und Weichsel, auch Groß- und Weiß-Chrowatieri (Bialochorwati) genannt. — Krakau d. h. Krakovo heißt tatsächlich im Slavischen eine Tümpelgegend, und weisen auf gleiche Terrainverhältnisse auch Krakau in Krain (2 mal), bei Murau in Steiermark und Krakow in Mecklenburg. — Mutmaßlich sind die Skorbisker oder Skor-disker der Alten auch nur Korbati mit dem anlautenden »S« als Zeichen des Sammelbegriffes. Bar, Barje, Paris. Ein sumpfiges, durchweichtes Gebiet nennt der Slave: bar, barje, barislje, barce, barice u. ä. und gibt es in Europa ungezählte Namen dieser Art. — Der interessanteste von diesen ist wohl der Name der französischen Haupstadt. Das Terrain von Paris, wo die Flüsse Seine, Marne und Oise nahe Zusammenkommen, war einst zweifellos sehr feucht; die Gegend hieß bei den Römern: civitas Parisiorum (Parisia); die Bewohner nannten sie Parisi oder Parisii; die Ansiedlung selbst: Lutahezi, Lukotitia. Lutetia Parisiorum. Dieses Parisia und Parisii ist wohl nichts weiter als die Bezeichnung für die Bewohner und die Ansiedlung in der sumpfigen Gegend, ähnlich wie wir ja auch heute einen Ortsnamen Parizlje (an einem nassen Wiesengebiete in Untersteiermark) haben. — Bei den Ausschachtungen für die Pariser Stadtbahn hat man eigentümliche Altertümer an den Tag gefördert. Die tieferen Schichten lieferten ungewöhnlich grob gearbeitete Messer aus Kiesel, daneben lag ein vollkommen erhaltener Mammutzahn und der Backenzahn eines Rhinozeros. — Aber schon vor 40 Jahren wurden verschiedene Werkzeuge des steinzeitlichen Menschen, dann Knochen des Mammut, Rhinozeros, der Urform des Rindes, Pferdes, Hirsches, Renntieres und Nilpferdes gefunden, was den sicheren Schluß zuläßt, daß der Mensch schon vor ungezählten Jahrtausenden von der Stelle, auf der jetzt Paris steht, Besitz ergriffen haben muß. t Aber auch der Name Lutahezi, Lukotitia, Lutetia ist slavischen Ursprungs, denn lhota, loka, louka bedeutet: Wiese u. zw. eine gut bewässerte. Der Doppelname rührt daher wohl von dem Umstande, daß ein Teil dieser Gegend gute, ertragreiche Wiesen, der andere aber mehr versumpften Boden hatte. Travnik (Bosnien). Ein Analogon bildet die Stadt Travnik. Der eine Teil hat guten Wiesengrund (slavisch travnik), der andere mehr mooriges, versumpftes Gebiet, daher die Römer die Stadt noch Leusaba = luzava (luza = Sumpf, Tümpel) nannten. Vergleiche noch: Lusitanien (Portugal), Luzice (Lausitz, lat. Lusatia), Lacus lausanicus, Lausanne u. a. — durchwegs Gegenden mit nassem Boden, oder gar noch Seen mit versumpften Ufern. Der Sumpfsee »Lugeum« der Römer am Okra-Passe in Krain ist wohl nur der bekannte Cirknitzer See von heute, d. i. der intermittierende See, in welchem viel »sirek«, sirk (= Moorhirse) wächst. — Travnik hat wohl deshalb einen lateinischen Namen, weil dort einst seitens der Römer Alluvialgold gewaschen wurde. Ljubljana (Laibach), Ljubno (Leoben), Lupic, Lju-buski. Ljubinje u. ä. sind Ansiedlungen an oder bei einer nassen Gegend und stimmt dies wohl bei allen Namen dieser Grundform. Die Basis bildet das Wort »ljupa«, welches aber die Slaven in der Bedeutung: morastige, kotige Gegend nicht mehr gebrauchen. Die Russen nennen noch »ljupa« vulgär einen »Schmierfink«; und »ljupati« heißt: im Kote waten; im Baskischen bedeutet »ljupeca« einen lehmigen Boden. — Nachdem aber so viele topographische Namen in allen Gegenden dieses Grundwort führen, wird einst wohl auch »ljupa« bei den Slaven im allgemeinen Gebrauche gewesen sein. Man vergleiche nur noch: Lübben und Lübbenau, die sumpfige Gegend an der Spree, bekannt als Spreewald. Lend, Linz. Die Hauptstadt von Oberösterreich nannten die Römer »Lentia«. Die Grundlage zu diesem Namen bildet das Slovenische »lenta«, womit man einen günstigen Platz zum Landen von Schiffen und Flössen an einem Flußufer bezeichnet. Dieselben Namen führen auch Stadtteile von Wien, Graz, Marburg, Klagenfurt an den dortigen Gewässern, wo man tatsächlich mit den Wasserfahrzeugen gut aniegen kann. — Die Begriffe: lenta, lentati (= landen) sind also durchaus nicht deutsch-bayerischen Ursprungs, denn alle diese Städte haben an sich schon slavische Namen, und hat sich die Ansiedlung lediglich deshalb entwickelt, weil eben daselbst eine günstige Landungsstelle war. — Linz war jedenfalls einmal von Slaven umwohnt, wofür auch die Namen der Umgebungsorte sprechen.*) — Desselben Ursprungs sind auch die verschiedenen Lind, dann Lindau. Mostar. Der Name der herzegovinischen Hauptstadt wird zumeist als »most star« (= alte Brücke) ausgelegt. Das ist ein Nonsens, denn bis zum Jahre 1884 bestand nur *) In der Donau bei Linz fanden vor etlichen Jahren badende Knaben das Bruchstück einer alten silbernen Platte, auf welcher außer verschiedenen religiösen Figuren Inschriften in zyrillischer, glagolitischer sowie in sonstigen heute noch unbekannten Schriftzeichen sichtbar sind. Die Platte befindet sich jetzt im Olmützer Museum. diese einzige Brücke, und es wird doch niemand die einzelne Brücke vom Neubaue an als »alte Brücke« bezeichnet haben. — Mostar liegt zwischen dem Podvelez und Hum eingeengt und muß diesen Engpaß jedermann, der vom Meere ins Inland oder umgekehrt gelangen will, passieren, denn es gibt weder für den Kaufmann mit den Tragtieren, noch für den Eroberer einen anderen gebahnten Weg. An diesem Defilé zum Meere entstand auch natürlichermaßen eine Ansiedlung und wurden die Bewohner bei der vom Meere bis Konjica einzigen Brücke über die Narenta als »Mostarji« (= Ansiedler an der Brücke) benannt, woselbst wahrscheinlich auch ein Zollhaus stand. Tepa, Theben, Tepina. Der slavische, heute nicht mehr gangbare Ausdruck »tepa« bedeutet: Damm, Schutzmauer, Uferschutz. Solche »tepa« finden wir in jenen Gegenden, wo das Wasser großen Schaden anzurichten pflegt. Der Ausdruck wurde schon von den Ägyptern in ähnlichem Sinne gebraucht. Thutmosis III. erhielt als Tribut: Wagen von Tephölzern, d. h. vom Holze des Teplandes. Welches Land hiemit gemeint ist, bleibt unklar; es muß aber dies ein den Überschwemmungen ausgesetztes Meeresland gewesen sein, welches durch Dämme vom Meeresufer geschützt war und das auch das hiezu geeignete Holz besaß. Auch wird eine Insel Tep erwähnt. Zur Zeit der XI. Dynastie wurden große Kanäle ausgeführt; da gab es einen eigenen Oberaufseher über die Dämme und Wasserkanäle, der »Verwalter von Tep-t« hieß. — Längs des Nil befand sich seit den ältesten Zeiten ein Gewirre von großen und kleinen Kanälen, um das wasserheischende Ackerland zu berieseln, nicht aber durch den steigenden Nil gleich alles rapid überfluten zu lassen; und dieses Kanalsystem hatte große Dammvorrichtungen und Schleusen nötig. Hievon dürfte Theben in Ägypten den Namen haben. Desgleichen Ursprungs sind wahrscheinlich auch Theben bei Preßburg (um den Stromstrich der Donau abzulenken), Tepe bei Littai in Krain (der Save wegen) und Tepina, Tepanje bei 8 Gonobitz in Steiermark, wo durch Uferschutzbauten, als dort noch ein See war, das Abspülen der fruchtbaren Bergnase verhindert werden sollte. — Am klarsten leuchtet aber diese Erklärung in Mostar hervor. An der schmälsten Stelle des Narenta-Durchbruches, wo knapper Raum für die ohnehin schmale Hauptstraße geblieben ist, befinden sich zwei Uferschutzmauern, genannt die Velika und die Mala Tepa; beide haben vor allem den Zweck den Stromstrich der Narenta, welcher gerade gegen diesen schmalen Punkt die Richtung nimmt, abzulenken und gleichzeitig auch den Anprall gegen den linksseitigen Landpfeiler der berühmten alten Brücke abzuschwächen ; und diese zwei Bauten müssen uralt sein, denn sie müßten eher aufgeführt worden sein, bevor man ernstlich zum Baue der Brücke schreiten konnte*). Ostrov, Otok. Beide bezeichnen im Slavischen eine Insel. Nun gibt es aber Benennungen von Stellen, bei welchen man heute nur mehr des Namens wegen rückschließen kann, daß in jener Gegend einst ein Gewässer war, wobei dieser Punkt eine Insel bildete. Die Namen Otok bei Adelsberg, Otok bei Vinkovce, Otočac, Ostrov, Mähr, und Ung. Ostrau, Ostrožac (Herzegovina), Ostrvica (Slavonien), Ostrovo, Ostrožno u. v. a. bestätigen dies sowohl in Bezug auf ihre Lage als auch geologische Beschaffenheit. Alle zeigen uns an, daß sie etwa in der Quartärzeit noch Inseln waren und daß sie zweifellos aus jener Epoche auch schon ihre Namen führen, denn nach dem Weichen des Wassers hätte sie doch niemand mehr als Inseln benannt. *) Bei der großen Wasserkatastrophe im Herbste 1905. als mächtige Torrenten auf Mostar eindrangen und Häuser zum Einsturze brachten, haben die beiden Mauern, obschon sie der größten Torrente (jener aus der Konakschlucht) ausgesetzt waren, doch kräftig standgehalten. - Das volkstümliche Schmähwort »Tepp«, wie es in Österreich vielfach gebraucht wird, scheint diesen Ursprung zu haben, indem man damit einen geistig inferioren Menschen, der sozusagen jedem als Prellstein dient, stigmatisiert. Und gerade dieser Umstand führt uns auf ganz unerwartete und doch naturgemäße Analogien, welche uns zeigen, daß derselbe Name an den verschiedensten Punkten unseres Erdballes dasselbe 0 bj e k t bezeichnet, daß daher die Entstehung der Sprachen auch nur einen monistischen Ursprung haben konnte, denn dieselbe Vorstellung, dieselbe Erzählung, derselbe Name auf verschiedenen Erdpunkten ist ohne eines leitenden Einflußes logisch nicht verein barlich. — Ich führe als Beispiel hiefür noch einige Namen an, die nicht etwa dem Gebiete der Mythe sondern der realen Wirklichkeit entstammen. Die Ptolemäische Geographie führt Austeravia als Bernstein i n s e 1 an ; Austrasien nannte man das Gebiet zwischen der Maas und Mosel, in welches auch Bar (= morastiges Gebiet) einbezogen war, und sonach wohl auch Inseln bildete; Österreich ist als Austria das Inselgebiet der March und Donau nördlich von Wien; und Australien ist an sich eine Inselwelt ohne Konkurrenz. — Alle diese sind entweder noch Inseln oder waren es einst, da sie der Terrainkonfiguration nach zur Inselbildung offenkundig geeignet sind; alle führen das Grundwort »ostrov« (Insel), im Kollektivbegriffe aber »ostrovje, ostrovlje« (Inselgebiet), und trotzdem gehört doch einiger Mut dazu nur anzudeuten, daß sie alle desselben sprachlichen Ursprungs seien, da sich unser Gesichtskreis, unsere angelernte Vorstellung und unsere Engherzigkeit im kosmopolitischen Denken gegen eine solche Behauptung auflehnt; und doch werden wir uns allmählig zu Konzessionen herbeilassen müssen, denn die Natur ist in ihrer Konsequenz hartnäckiger als alle menschliche Hartnäckigkeit*). *) Es ist selbstverständlich, daß diese Namensbildungen nicht als slavische im heutigen Sinne aufzufassen sind, aber sie gehören eben zum U r wort schätze des vorhistorischen Bewohners unserer Weltteile, und gerade der Umstand, daß sich diese Begriffe bei dem Slaven allein in Form und Bedeutung unverändert erhalten haben, eröffnet uns ein neues Feld für die Lösung dieses Rätsels. Obalj, Obale, Obala bedeutet im Slav. Ufer, namentlich an größeren Gewässern. Der Name kommt auffallenderweise häufig in Gegenden vor, wo einst ein See war, dessen Bestehen aber heute nur geologisch erkennbar ist. In Begleitung dieser Namen findet man oft auch: Jezero, Primorci u. drgl. Luka, Kotor, Gubavica, Ston (Zaton) sind Bezeichnungen für Buchten am Meere oder größere Binnenseen, und kommen oft in Gegenden vor, die heute bereits trocken sind. »Luka« (auch Leuke, Leukas) bedeutet einen Hafenplatz. »Kotor« eine größere, mit dem Meere durch einen Kanal verbundene, schützende Bucht; Gubavica (z. B. am Mostarsko polje, ist heute bebautes Feld, war einst, als hieher noch das Meer reichte, ein Meerbusen (russ. ryöä = Bucht). Ston, Zaton (ital. Stagno) kommt an der Meeresküste sehr häufig vor und bedeutet gleichfalls eine Bucht, die kleineren Fahrzeugen wohl Schutz bietet, nicht aber die Tiefe für größere Schiffe besitzt. Zalom, Salamis. Unter zalom (russ. 3aJiOM'£ = Bucht) versteht man eine mit Wasser ausgefüllte Tiefenlinie, eine Abtrennung zweier Gebietsteile durch Wasser. Beim Cer-vanj-Gebirge (in der Herzegovina) scheidet heute der tiefe Einschnitt des Zalomska-Flußes das Gebiet, welches einst vom Meere ausgefüllt war. — Es scheint, daß die Meerenge bei Salamis denselben sprachlichen Ursprung hat, da das Terrain auch heute dafür spricht. Zimomor. Die höchste Kuppe der vorerwähnten Cer-vanj planina heißt Zimomor, richtig »Cim u moru« (= die Felskuppe im Meere). Es mag die höchste Erhebung des genannten Gebirges (1921 m) einst, als der Mensch schon existierte, weit aus dem Meere geragt haben, denn die gesamten Kalkgebirge des Karstgebietes sind nach den neuesten Forschungsergebnissen lediglich ein Produkt der Ablagerung des Meeres. — Cim, Cima, Cimon, Cimone, Zimberg, Zimburg sind übrigens sehr häufige Benennungen von einzelnen Gebirgskuppen, namentlich isolierter Gebirgszüge in den verschiedensten Weltteilen. Der östliche Talhang der Cervanj planina heißt heute noch Morinje (= Meeresgebiet). Slatina. Ein überaus häufiger Name für Lokalitäten, wo ein Säuerling oder überhaupt ein Wasser mit mineralischen Substanzen entspringt; die Grundsilbe ist sol (= Salz).*) K issingen hieß im J. 1544 noch »Kisecke« (slav. kiseljka = Sauerwasser), bedeutet sonach eine Quelle mit Sauerwasser oder Wasser mit Beigabe von salzigen Substanzen im allgemeinen. Toplice heißen jene Lokalitäten, wo sich warme Quellen (toplo = warm) befinden. —■ Dieser Name ist ebenfalls sehr häufig, wenn auch vielfach entstellt, w. z. B.: Tobelrisse (Gastein), Toblbad (bei Graz), Tepl (in Böhmen), Töplitz (in den verschiedenen Provinzen); Römerbad (bei Cilli) am Toplitzbache hieß früher »Toplice« u. a.**) *) Es sei hier ein interessantes Beispiel angeführt, wie man den Gegenbeweis erbringen kann, daß ein Name tatsächlich begründet und nicht aus der Phantasie geholt ist. Ich fand im Okkupationsgebiete eine Ansiedlung, die Slatina genannt wird, konnte aber jahrelang daselbst keinen Säuerling finden, und wußten mir die Landesbewohner diesbezüglich auch keinen Bescheid zu geben. Doch ich benützte jede Gelegenheit, um herauszufinden, ob der Name hier doch nicht natürlich begründet ist. Endlich fand ich in einem Kukuruzfelde eine ergiebige schwefelhältige, kalte Quelle — denn wäre sie warm, so würde der Ort Ilidze, Banja oder Toplice lauten — welche sich bereits nach vier Metern eigenen Abflusses in einen Siißwasserbach ergießt. — Die Auffindung war erschwert, weil sich die Quelle in einem bebauten Acker befand; andererseits ist der Bevölkerung die Bedeutung für den Begriff »slatina« bereits entschwunden, denn sie nennen eine schwefelhältige Quelle in jener Gegend heute »smrdelj« (= übelriechendes Wassef); aber diese Quelle kannten die Umwohner sehr gut, denn sie benützen das Wasser äußerlich zur Heilung von allerlei Hautausschiägen und innerlich gegen Gicht — angeblich beides mit großem Erfolge. — Das Wasser ist überdies ungewöhnlich radioaktiv. — (In Ungarn gibt es das schwefelhältige Bad Smrdak bei Hohes). **) Anläßlich des Baues der Südbahn ersuchte der damalige Besitzer die Bahnverwaltung um eine Haltestelle mit dem imposanteren Namen »Römerbad« statt des gangbaren »Toplice«, was ihm auch gewährt wurde, weil die Quelle angeblich schon bei den Römern in Benützung war. Lombardei. Gegenden, welche durch Bewässerungsanlagen fruchtbar gemacht wurden, heißen in Kroatien, Bosnien und der Herzegovina »lumbarda«, denn »lumbati« bedeutet daselbst: Bewässerungs- (auch Entwässerungs-) Gräben ziehen. — Tatsächlich kommen diese Namen nur in ebenen, wasserreichen Gegenden vor. □ □ 0ruppe der Hamen botanischen und zoologischen Ursprungs. Die Pflanze übt als die hervorragendste Bedeckung des gewachsenen Bodens einen bedeutenden Einfluß auf die Namengebung, denn um eine Gegend näher kennzeichnen zu wollen, namentlich beim Fehlen sonstiger sichtbarer Momente, sagt man: dort bei den Eichen, beim Buchenwalde, am Erlenbache u. ä.; im langen Gebrauche festigten sich aber diese Namen derart, daß sie sich auch dann weiter erhielten, wenn das namengebende Motiv längst beseitigt war; daß es sich dabei lediglich um fixe Pflanzenobjekte, nicht aber etwa um eine wechselnde Saat, eine einzelne Blumenart u. drgl. handelt, ist selbstredend. — Von den Bäumen spielen bei dieser Namensgruppe die E i b e und die Eiche die Hauptrolle. Eibe (taxus baccata). Die Eibe hat in onomastischer, dann volkswirtschaftlicher, medizinischer wie auch kulturhistorischer Hinsicht eine derartige Bedeutung, daß eine eingehendere Beschreibung an dieser Stelle schon deshalb notwendig erscheint, um auf den volkstümlichen Wert dieses Baumes aufmerksam zu machen sowie hiemit tunlichst die Schonung desselben anzuregen. Die Eibe ist über ganz Europa verbreitet und kommt überdies in Kleinasien wie Nordafrika vor, befindet sich aber schon seit langem im Absterben. In Schleswig-Holstein kommt sie nicht mehr vor, Mecklenburg besitzt nur mehr zwei Exemplare; in den Alpenländern haben sich noch einzelne größere Exemplare erhalten; auf dem Balkan findet man von der Eibe selten mehr als den Strauch; am besten hat sie sich in England u. zw. künstlich erhalten, denn man findet sie dort auf jedem Friedhofe und Landsitze. Sie unterliegt demselben Schicksale, dem so viele Tiere bereits zum Opfer gefallen sind, da alle ihre Teile schonungslose Verwendung finden; sie kämpft aber auch mit biologischen Schwierigkeiten, denn die schwindende Bodenfeuchtigkeit infolge Kultur, sowie die schwere Fortpflanzung und der langsame Wuchs beeinträchtigen ihre Verbreitung im Großen wie das Gedeihen des einzelnen Individuums. — Sie liebt vor allem kalkhaltigen, frischen, etwas feuchten Boden, daher sie schattige Orte vorzieht; sie kommt aber auch auf dem Urgestein fort. Die Eibe hat getrennt ge-schlechtige Blüten, daher es Vorkommen kann, daß ein ganzer Forst nur männliche, der andere nur weibliche Exemplare aufweist. Der Same bleibt auch keimfähig, wenn er den Darmkanal eines Vogels passiert hat, daher das vereinzelte Vorkommen auf Mauern nur auf diese Weise erklärlich ist, da der Same sonst des Flugapparates entbehrt. Der weibliche Baum trägt schöne rote Beerenfrüchte, die süßlich schmecken und von einigen Vögeln gern aufgenommen werden. Das ungewöhnlich schöne, kernige und elastische Holz wird zur Erzeugung von Möbeln, Schnitzereien, Gefäßen u. ä. verwendet. Auch die Piloten im Hafen von Vla-divostok sollen zum großen Teile einem ausgedehnten Eibenwalde entstammen. Die älteste Verwendung des Eibenholzes scheint die zum Schnitzen des Pfeil- und Armbrustbogens gewesen zu sein; Homer erzählt, daß seine Helden Bogen aus Taxus (xöCov) hatten und findet man Bogen aus diesem Holze schon in den Mooren der neoli-thischen Zeit.*) Eine erhaltene Handelsnotiz besagt, daß im Jahre 1559—60 nicht weniger als 36.650 Eibenbogen aus Niederösterreich nach Nürnberg ausgeführt wurden. — Gegenstände von Eibe findet man auch in römischen und älteren Gräbern. Einst/ als man dem Baum noch die Gelegenheit beließ groß zu werden, gönnten sich reiche Leute auch Särge aus diesem edlen Holze; so wissen wir, daß die Leichen der ägyptischen Könige in Särge aus Eibenholz gebettet wurden. Der französische Botaniker Beauvisage, welcher die Särge der VI—XIII. Dynastie mikroskopisch untersucht hat, erkannte, daß sie aus dem Eibenholze bestehen; das bestätigen aber auch die Hieroglyphen, welche bereits 1600 Jahre v. Chr. dieses Holz »iv« nennen. Die Eibenzweige verwendete man ehedem, (in Westpreußen noch angeblich vor 30 Jahren) als Gräberschmuck, dann zur Ausschmückung von Kirchen bei feierlichen Anlässen. Mit Taxus-Zweigen besteckten sich die Griechen bei Todesfällen, denn die dunkelgrüne Färbung der Nadeln verleiht der Eibe ein düsteres Aussehen, sie galt daher stets als ein Symbol der Trauer; namentlich wurden die mit roten Beeren bedeckten Zweige zur Anfertigung von Totenkränzen sehr begehrt. — Man findet die Eibe noch heute auf den Friedhöfen (England) oder bei Kirchen (wie z. B. Maria Neustift bei Pettau) dann in der Nähe alter Burgen (z. B. Pernstein in Mähren, geknüpft an eine Sage, die sich mit der des Tannhäuser deckt; dann der Burgberg bei Oletzko in Ostpreußen), was zur Annahme berechtigt, daß der Baum einst vorwiegend zu Kultuszwecken diente.**) *) Den Deutschen war früher »Eibe« und »Armbrust« ein syno-nimer Begriff. **) Bis vor einem Menschenalter gehörte es in den slovenischen Gebieten als zum guten Rufe eines Hauses gehörig, wenn im Garten alle jene symbolischen und medizinischen Pflanzen vorhanden waren, die man zu besonderen Festlichkeiten, dann Krankheitsfällen benötigte, so z. B. die Der Baum selbst gilt als giftig, denn seine Blätter enthalten tatsächlich ein scharfes Alkaloid. Die Versuche haben ergeben, daß 4—5 gr Nadeln ein Kaninchen, 30 gr Hunde und 500 gr selbst Pferde töten. Caesar erwähnt (De bello gallico VI cap. XXXI) sogar einen Fall des Selbstmordes durch Eibengift, wonach sich Catuvolcus, ein König der Eburonen, durch Taxus, der in Gallien und Germanien sehr häufig ist, das Leben nahm. Auch in der Volksmedizin spielt die Eibe eine große Rolle. — Zunächst galt sie seit den ältesten Zeiten — namentlich bei den Römern — allgemein als Abortivum, indem ihre Nadeln mit denjenigen von Juniperus sabina vermengt genossen wurden. Die Seltenheit der Pflanze sowie die strafgesetzliche Verfolgung dürften heute der verbrecherischen Anwendung dieses Mittels entgegenarbeiten; immerhin hört man Andeutungen, wonach dies dem Volke noch bekannt sein dürfte. In Westpreußen gebrauchte man die Eibe auch gegen den Kropf der Pferde und gegen die Tollwut der Hunde, indem man ihnen Sägemehl des Eibenholzes reichte; auch soll der Saft als Gegengift bei Schlangenbiß vorteilhaft wirken sowie das Räuchern mit Taxus die Mäuse töten. Um die Eibe hat sich auch ansonst ein großer Sagenkreis gebildet. So behauptet man, daß sie in Europa die Rolle des Manzanilla-Baumes spiele, daher das Schlafen in ihrem Schatten schädlich, ja gefährlich sei; dieses ist ein Aberglaube, von dem ich mich persönlich überzeugt habe. — Bei den Griechen galt die Eibe als ein den Göttern der Unterwelt geweihter Baum. Bei den Germanen hatte sie einen ähnlichen Ruf, denn der Markt der Götterstadt Asgard war, wie die Edda sagt, mit Eiben bepflanzt. Sie wurde Bestandteile für den Palmbusch, als: Buchsbaum, Segensbaum, Schlingbaum, Traubenkirsche, Hartriegel, Waldrebe, Rosmarin und früher wohl auch die Eibe. Ein solcher Hausgarten machte den Eindruck eines kleinen botanischen Gartens; leider sind auch hier die Kulturideale dem Drange nach materiellem Nutzen gewichen. auch zur Geisterbeschwörung verwendet und namentlich von Hexen für ihre Zwecke, vermutlich in den meisten Fällen zum Aborticidium, unter sonstigem Hokuspokus gekocht und verabreicht. Die Stellen, wo der Eibenbaum reichlich vorkam, sind in vielen Fällen schon durch den bezüglichen Gegendnamen gekennzeichnet. Die Slaven kannten vier Namen für das genannte Gew.ächs, u. zw.: iv und iva, tis, negoj und sabina, wovon sich aber bis heute alle bis auf »tis« für den Gebrauch verloren haben, weil auch die Gelegenheit dazu durch das Absterben des Baumes geschwunden ist. Die Form »iv« und »iva«, (bret. ivinen, mittellat. ivus, franz. if, span, iva, ahv. iva, mhd. iwe), die wie schon erwähnt den Ägyptiern in der gleichen Bedeutung bekannt war, hat sich jedoch in unzähligen topographischen Namen erhalten. Es seien erwähnt: Ivan planina (Bosnien), Ivanjcica und lvanic (Gebirge in Kroatien), Ivan (Berg in Dalmatien), Ivan (Dorf in Südtirol), Iva vrh (Krain), Ivnik (d. Eibiswald), Ivancice (d. Eibenschitz*), Ivanje selo (d. Eibenschuß), Ivanjsevci (d. Eibersdorf), Ivan (d. Eibes), Iwansdorf (d. Fohnsdorf) u. a. Desselben Ursprungs sind auch die Namen Ebro, Ibar, Iberien, Eburonen, Ybbs, Ybm, Ebensee (Ybensee), Iwitz, Iwitzno, Ibenböm (bei Rostock), Iwenwerder u. ä. — Daß der Name slavischen Ursprungs ist, ersieht man daraus, daß sich in sprachlich unberührt gebliebenen Gegenden seine Urform erhalten hat. Was dazu führte, daß die Slaven jetzt unter iva die Sahlweide verstehen, ist klar: sie haben mit der Zeit die Bezeichnung für letztere, welche ig, iga, iha lautete, als iva auszusprechen begonnen, nachdem der Begriff »tis« für die wenigen noch vorhandenen Eiben genügte, d. h. das Wort kam wegen Mangel an Gelegenheit außer Kurs. Daß »iva« früher eine »Sahlweide« bezeich-nete, ist unmöglich, weil diese nur in feuchtem Boden fortkommt, während »iva« auch Gegenden bezeichnet, die hoch gelegen und stark verkarstet sind. *) Hieß im Altertume: Eburum, Eburodunum. Die zweite Bezeichnung für die Eibe ist »tis«. Namen dieses Ursprungs sind auch sehr häufig, so: Tisa (Fluß), Tisac, Tisovac, Tisovina, Tisek, Tisov, Tisch, Tischberg, Tischau, Tystyn, Tesnovice, Teschen, Tessin u. a. Daß diese Namen »tis« zur Grundlage haben, ersieht man aus den Namensformen in alten Urkunden. Wie viel ist schon der Name der mährischen Stadt »Tischnowitz« (böhmisch Tisnov) erklärt worden, und doch schrieb man im Mittel-alter noch »Tissinov« ; dort ist auch der 790 m hohe Berg »Tisüvka«; Teschen, das im polnischen Cieszyn lautet, wurde zur »Freudenstadt« etymologisiert, statt zur »Eibengegend«. Ein weiterer Name ist »negoj«. Ortschaften dieses Ursprungs sind in Untersteiermark Negovo und Neguski vrh, welche in der Gegend liegen, wo sich auch die botanisch gleichbedeutenden Ivanjci, Ivanjsovci, Ivanjski vrh und Tisina vorfinden. Auf dem Balkan kommt der Name als Njegovac, Njegus, Njegovo wiederholt vor. Die äußere Namensabweichung bei Negova wird dadurch wettgemacht, daß der Ort i. J. 1130 noch als »Negojne selo« geschrieben wurde. Daß »negoj« die Eibe bedeutet, sieht man aus der Übersetzung des Ortnamens Nehova (bei Marburg) in: Ebenkreuz ; ebenso dürfte der Negoi-Sattel diesen Namensursprung haben. — Wahrscheinlich ist es, daß »negoj« nicht die Taxus baccata, sondern eine Abart, vielleicht die Taxus brevifolia oder cuspidata bezeichnete; im Russischen bezeichnet HerHOH heute den Lebensbaum, das slovenische »negnoj« den Goldregen (cytisus laburnum), dessen Holz man als »falsches Ebenholz« bezeichnet, während jenes der Eibe als »echtes Ebenholz« gilt. — Ob der Name »sabina« die Eibe, eine Abart derselben oder eine Juniperus-Spezies darstellt, ist einstweilen nicht nachweisbar. Man bringt den Namen mit der berüchtigten Poppea Sabina in Zusammenhang, welche die Pflanze als Abortivum benützte, was jedoch unzutreffend ist, da die von dieser Pflanze herrührenden Namen, Savus und Sabiner Gebirge schon früher bestanden. Namen dieses Ursprungs sind noch: Savina (bei Cattaro), Sabinsko und Savinsko (häufiger Gegendname), Saba (jetzt meist als »žaba« geschrieben, ist ein Gebirgsteil in Dalmatien), Sabanov dol u. a. Es sei noch die Königin von Saba erwähnt, welche mit ¡edlen und wohlriechenden Hölzern Salamo beschenkte*). Eiche. Das größte Kontingent der Ortsnamen gab die Eiche, was ja erklärlich ist, denn ihr wertvolles Holz findet die verschiedenartigste Verwendung, deshalb auch die Gegenden mit Eichenbestand viel Beachtung fanden. Sie hat bei den Slaven verschiedene Bezeichnungen erhaltendie wichtigsten sind: dob, dub; hrast, rast; il, ilj. zelenika; liber; grm, crveni grm; cer. Dob, dub. Alle Namen: Dobrava, Dubrava, Dobrovlje, Dobrič, Dober dol, Dobro selo, Dobruvje, Dubrovnik (Ragusa); Dobrovce u. a. bezeichnen eine Gegend, wo sich ein Eichenwald befindet oder doch einst befand. In der deutschen Übertragung hat sich vielfach der Fehler eingeschlichen, daß man die Form »dober, dobro« für das deutsche »gut« nahm und daher sinnlose Neubildungen, als: Gutendorf, Gutental, Gutenberg, Gutenfeld, Gutenbüchl, Gutenstein u. a. schaffte. Es kann daher überall, wo in einem deutschen Ortsnamen »gut« als Grundwort vorkommt, auf die Eiche als namengebendes Objekt rückgeschlossen werden. Hrast, rast. Hieher gehören: Hrastje, Hrastnik, Hrastovec, Hrasno (oft in Krasno übergegangen), Raška gora, Raštelica, Rastovača, Rašljani, Rax-Alpe u. a. sowie der ethnographische Name : Rasci, Rašci, Raščani, die Bewohner der großen Eichengebiete Slavoniens und der angrenzenden Gegenden. *) Die über die Zweckgrenzen des Buches hinausgehende Würdigung des Eibenbaumes soll die ehrwürdige und kulturhistorische Bedeutung derselben wieder wachrufen. Es wäre erwünscht, die wenigen noch vorhandenen Exemplare in Mitteleuropa mit Zäunen zu umfassen und entsprechende Aufschriften anzubringen, ja Kreuze und Bildstöcke daselbst aufzustellen, damit dem Baume die verdiente Schonung zuteil werde, was beim Landvolke auf diese Weise noch am ehesten erreicht wird, wenn man schon den Schutz nicht gesetzlich sichern will. II, ilj, zelenika ist die Bezeichnung für die Eichenspezies Quercus Ilex, die immergrüne Eiche. Dieses Ursprungs sind am Balkan, denn höher kommt dieser Baum heute nicht mehr vor, sehr viele Namen, wovon erwähnt seien: Ilija, Ilino brdo, Iljine gradine, Iljasevci u. a. Der wichtigste Name der »il« zur Basis hat, ist aber jedenfalls »Ilirija«, also die Eichengegend an der dalmatinischen Küste, welcher Umstand auch die Schiffahrt begünstigte, weil das Schiffbaumaterial gleich in der Nähe war. Das Wappen Illyriens ist auch ein Ruderschiff. Zelenika kommt als Ortsname in den südlichen Ländern meist dort vor, wo sich ein auf »il« basierter Name bereits vorfindet, vermutlich der leichteren Unterscheidung wegen. Liber, libernik bedeutet im Slovenischen noch heute den starken eichenen Trambaum im gedielten Zimmer, bezeichnet sonach auch eine Eiche, anscheinend die großblättrige. Der wichtigste Name dieses Ursprungs ist Liburnia, die bekannte römische Provinz, umfassend das westliche Kroatien und das nördliche Dalmatien samt einigen Inseln, welche sonach etymologisch jene Gegend bezeichnet, die großstämmige Eichenwaldungen enthält. Der Name hat sich auch in »Liburne« erhalten, worunter Cäsar und Horaz leichte, schnellsegelnde Zweiruderer, benannt nach den illyrischen Liburnern, verstehen. Die Liburner sind also entweder die Bewohner einer Eichengegend, oder, was wahrscheinlicher ist, waren sie unter den Illyriern speziell die Liburnen-Erzeuger, also Schiffbauer, daher auch das erwähnte Wappen. — Andere Namen dieses Ursprungs sind : Liberca in Krain, Liburnia in Kärnten, Livorno in Italien, Libourne in Frankreich, von denen die beiden letzteren heute bedeutende Schiffswerften sind; der mit Eichenbestand veisehene Teil der nächsten Umgebung von Teschen hieß ehedem auch: Liburnia. Grm, crveni grm bezeichnen im Siidslavischen heute die Kermes- oder Scharlacheiche (Quercus coccifera) mitunter auch die Eiche im allgemeinen, namentlich dort, wo in einem engen Raume schon die übrigen Namen für die Eiche aufgebraucht sind. Diese Feststellung ist besonders wichtig, weil sie die Lösung des vielumstrittenen Namens »Germanen« bringt. Es hat wohl schon Mahn (Über den Ursprung und die Bedeutung des Namens Germanen) die annähernd richtige Deutung »Wäldler« (grm slav. Gestrüpp, niederer Wald) gegeben, aber das richtige ist sonach: Bewohner von. Eichengegenden, was wohl auch die besondere Verehrung der Eiche begreiflich macht. — Grimm und Leo haben den Namen noch dahin gedeutet, daß er aus dem keltischen »garmvyn« (= Schreier, schreiender Krieger) herrühre, was an sich als unnatürlich nun keine weitere Beachtung verdient. Ein kleines Pendant der Germanen befindet sich aber auch im Süden, u. zw. in der Herzegovina an der Bahn Mostar-Gravosa zwischen den Stationen Zavala und Poljice; es ist das ärmliche Dorf »Grmljani«, welches eine kleine Oase mit ziemlich üppigem, auffälligem Eichenwuchs inmitten des sonst kahlen Karstgebietes darstellt*). Daß es »Eichengegend« bedeutet, ersieht man nicht nur daraus, daß dort dieser Baum allein auffällig gedeiht, sondern es haben die benachbarten Ortschaften als: Dubljani (Eichengegend), Dracevo (Dorngestrüppgegend), Drienjani (Hartriegelgegend) u. a. gleichfalls Namen botanischen Ursprungs. (Des Interesses wegen wurde eine kleine Karte dieser Gegend beigegeben.)**). Cer (= Zerreiche) gab: Cerovec, Cerje, Cersak, Cero-vlje u. a. den Namen. *) Es ist anzunehmen. dal.i einst die einzelnen Namen nur auf bestimmte Spezies der Gattung Quercus angewendet wurden, was im großen auch noch heute gilt. Die Sache wäre daher des Studiums des Botanikers wert, wie weit sich die Yerbreitungszone einer Art mit den bezüglichen topographischen Namen deckt. **) Es sei hier noch erwähnt, daß die Ableitung des Namens Germanen von ger (= Stange, Lanze), wie wir sie noch allenthalben hören, ganz unnatürlich ist, denn ein Volk wird nicht deshalb den Namen erhalten haben, weil der Einzelne hie und da eine Stange oder Lanze in Karte mit dem Orte Grmljani nebst Umgebung, behufs Beweisführung des vorwiegend botanischen Ursprungs der Ortsnamen daselbst. 'o'dj.rnii': «1 Sfnijf ........ ,, iyw/i \obrir!. “ VA*' Jhr/.irn. ■■Vrieopjr ■rriicft mSMm'y W g SSAiotnii ; '¡¡0$.'h/anJja V v*"äpjZ "'•• ' \- -¿r; ■ .. fcp ,. ’■ O.Ihthlj'nM,K^\,^),nipwi ■ ,. ■■■' Vi^Irkmi/rL, . / Drrslu'it irlUfynidtn täept ^hsuirii*). . W2 , VhikjUirt ■ y ■ Intibin, tft/ß . S.i üif.&($ ühisicL \-fOZO ’ C" ; fL}’(iftrti£h>ii-, ■v sn ripifyhfi .,, ,:rtr cnift rt,S; *fifh>ä ■ .,. ... ' ■ ■ ■' V . ' . ;"■'7*4 (Ylqrlunriq., —A > p | MKf Orlfici \sü WiWn tX- •f >Mte ■■ 'N -¡¡‘■pi'riiol: \' ‘ : iltfrtiMd ' ®Mw X /?%«. : m ■ ■ ■’. 65/ -riäTHtf-y . v/y (iffujy >- ‘ • '^•.njiknj^fn yypj Orrhrir^y'.Glit ", y -yi«i¿u r/,/7«. VtOmi. ,U Uiuii %tb*>upn $8S&k ; ••' "Mr Sn.S.MiohiUl O. iulAfi. 'Ojjriid^ 7bpW/'onr,y.s^ •puh’ Ifnljkctvifi,. iCicüiS PxS* ,-S k^W-'lgÄ 'iffirifufh. '%V5Cia I. G I U PPANA - 'S&fiipfa .Ti/aiin dv\ Außer der Eibe und Eiche wurden bisher keine Ortsnamen festgestellt, welche vor den Beginn unserer Zeitrechnung reichten. Fichte. Das heutige Sachsen (im Altertum »Saxonia«), ein an Nadelholzwaldungen auffallend reiches Gebiet, erhielt aus diesem Grunde von den Slaven den Namen »Sasko« (die Fichtengegend nach russ. cocHa = die Fichte, slov. sosen = die Tanne, böhmisch sosna = die Tanne (Lokalismus). Es scheint, daß bei den alten Slaven kein genauer Unterschied zwischen pinus picea und pinus alba eingehalten wurde, obschon spezialisierende Namen bekannt waren, was ja heute auch nicht anders ist, denn die Wenigsten unterscheiden genau zwischen den beiden Baumgattungen. Für diese Erklärung des Namens »Sachsen« spricht noch der Umstand, daß sich hier auch das »Fichtel-Gebirge« mit dem »Fichtelberg« befindet. Die »Saxen« erwähnt das erstemal der Kirchenvater Hieronymus i. J. 409 n. Chr. Buche. Gab den Namen der waldreichen Provinz Bukovina, sowie vielen Gegenden und Ansiedlungen als: Bukovo. Bukovje, Bukowitz.Bukowa, Bukowan, Bukowiec u.a. Weissbuche. Die Südslaven und Russen nennen den Baum »grab« die Slovenen »gaber«, die Böhmen habr, Namen dieses Ursprungs sind: Grab, Grabovica, Grabova draga, Gabrovje, Gabrje, Gabrnik, Habr u. a. Wallnuss. Der Wallnußbaum slav. orah, oreh, orech gab ungezählten Orten den Namen. — Man behauptet allgemein, daß der Nußbaum erst im Mittelalter aus Asien nach Europa gebracht worden sei; dieses ist unbedingt die Hand nahm. — Wichtiger ist aber der Umstand, daß der Name Germanen von den ersten Jahren unserer Zeitrechnung bis zur Reformation gar nicht bekannt war, denn erst durch das Studium der römischen und griechischen Klassiker (Casar, Strabo, Tacitus u. a.) ist der Name wieder zu unserer Kenntnis gelangt. Es ist daher auch zweifelhaft, ob die Germanen vor Christus überhaupt mit dem ethnographischen ■Begriffe deutsch von heute identifiziert werden dürfen. unrichtig, denn man findet in den prähistorischen Erdhöhlen in Niederösterreich und Mähren oft abgebrannte Nußkerne, welche einst als Beleuchtungskörper gedient haben mußten. Tatsächlich brennt ein getrockneter Nußkern, auf die Spitze gestellt, an 12—15 Minuten, und dieses Beleuchtungsmaterial werden sich die Leute von damals wohl nicht aus Asien haben bringen lassen. Überdies ist die Wallnuß ein Waldbaum, welcher am Balkan noch 700 m hoch vorkommt. Birke. Das slavische »breza« kommt angepaßt der deutschen Sprache als: Fresen, Friesach, Fressenberg, Fres-nitz u. a. vor. Der Fluß Berezina (spr. Berjözina) in Rußland hat diesen Namen, weil er Birkengegenden durchfließt. Medlika, Medjuka. Darunter versteht man eine »Holzbirnengegend«. Es sind dies namentlich solche Birnbäume, deren Obst erst durch die Edelfäule genießbar wird, dadurch aber auch einen guten honigsüßen (med slav. Honig) Geschmack erhält. Namen dieses Ursprungs sind: Melk, Mödling, Möttling, welche alle einst in der Form »medeliha« geschrieben wurden. In rein slavischen Ländern gibt es häufige Namen dieses Ursprungs mit mehr oder weniger um »medjika« sich bewegenden Formen. Daß es sich in allen F'ällen um einen slavischen Namen handelt, beweist uns die für Mödling wichtige Urkunde aus dem Jahre 904, was die Stadt veranlaßte i. J. 1904 die Milleniumsfeier zu begehen. Dort wird in einem Tauschvertrage »ad sliuuinihha et ad medilihha« angeführt; ersteres ist dem Slaven auf den ersten Blick als »Zwetschkengegend« (slivnica, slivno), das zweite aus Analogien als »Holzbirnengegend« erkennbar. Mögen nun diese Namen aus dem Keltischen oder Slavischen bisher wie immer gedeutet worden sein, Tatsache ist, daß noch die jüngste Lösung, medilihha bedeute »die Sprechende«, was sich angeblich auf den Fluß bezieht, entschieden unrichtig weil unnatürlich ist, umsomehr als der Mödlinger Wildbach einst »bruhlja« (jetzt Brühl als Gegendname) gelautet haben muß, denn dieses bedeutet im Slovenischen eben einen »Wildbach«. Der Beweis für diese Erklärung wäre sofort beigebracht, wenn sich »sliuuinihha« fände; es kann dies auch nur ein Gegend- oder Riedname sein, der nun die Form: Schleinitz, Schleinz u. ä. haben dürfte, weil andere Namen derselben Abstammung heute auch schon diese oder ähnliche Namensformen aufweisen; in alten Urkunden, Katasteraufnahmen, Urbarien ist der Name wahrscheinlich noch zu linden und wäre damit der Zweifel gelegt, ob im erwähnten Tauschvertrage überhaupt Mödling oder Melk gemeint ist. Prähistorische und römische Funde bei Mödling beweisen aber für jeden Fall, daß seit der Hallstätter-Periode hier eine Ansiedlung bestanden haben muß*). Die vielen ähnlichklingenden Namen, wie: Medvedje, Medvece, Medvedovo selo u. ä. deuten äußerlich wohl auf ihre Abstammung von medved (= Bär) hin, es hat aber diese Erklärung mit Rücksicht auf die Lage der Orte gar keine Wahrscheinlichkeit für sich und sind wohl auch: aus: mednice, medvejke, medjika (= Holzbirnengegend), oder medvednik (= Weißdorngegend) gebildet, denn z. B. Medvece liegt am Rande des Pettauer Feldes und hat zum Nachbarorte »Trnovec« (= Dorngestrüppgegend). Dorn. Für dornige Pflanzen, welche im allgemeinen bezeugen, daß der Boden noch nicht gerodet oder überhaupt steril ist, sind die Begriffe: trn, drac und glog im Gebrauche. *) Handelte es sich der Stadt Mödling lediglich um die Tausendjahrfeier des dokumentarischen Bestandes, so ist dies gewiß ein löbliches Zeichen der Achtung für die Vergangenheit, wenn dieses »medilihha« eben »Mödling ist. Ob aber dieses »medilihha« wirklich auf Mödling deutet, ist gegenstandslos, denn die Ansiedlung an dieser Stelle mit dem slavi-schen Namen ist zweifellos weit älter. — Wie Geschichte »gemacht« wird, zeige ein Passus aus den Zeitungsschilderungen anläßlich der genannten Feier: »Der deutsche Kaiser Heinrich II. schenkte seinem Liebling, dem Markgrafen Heinrich I. das Gebiet zwischen der Liesing, der Triesting und dem Dürren Bache, aber lange vorher, schon i. J. 904 gründeten Ansiedler deutscher Abstammung den Ort »Medilic«, dessen Gründung also genau vor 1000 Jahren erfolgte«. — Darüber steht kein Wort in der Urkunde, und diese ist doch das älteste 9 Trn in: Ternitz, Ternowetz, Trnice, Trnovo u. a.; drac in: Drasendorf, Drazence (richtiger daher Dracence), Dracevici u. a.; glog in: Gloggnitz, Glogovac, Glogov brod, Glo-govisce u. a. Volkovina, anscheinend »Wolfgegend« (volle = Wolf), bezeichnet aber richtiger eine Gegend, welche als Weideplatz wegen schädlicher Viehfutterpflanzen verrufen ist, — also: eine Grasfläche, welche als Weide gemieden wird (Wollgras, Binsen u. drgl. = volk). Weide. Die Begriffe, welche den Weidenbaum bezeichnen, sind: ig, vrba, sala und rakita. Ig kommt in lg. Igg-dorf, Iska vas, Izioa (Bach, der eine Weidengegend durchfließt) vor; vrba (in der deutschen Form oft als »Werben«) in: Vrba, Vrblje, Vrbovec (Urbau), Vrbica, Vrbovec, Vrbovlje u. a.; sala bezeichnet im Sanskrit Wasser, ist sonach ein Baum, welcher am besten am oder im Wasser fortkommt, woraus auch die Bezeichnungen salix und Salweide hervorgegangen sind. Die Salzach nennt Indic. Arnonis noch Igonta. Die Keltomanen haben »ig« als Salm erklärt, es müßten sonach die Flüsse Sala, Saale, Salica, Salzach, Sola u. ä. sehr salmreich sein, was aber nicht zutrifft. Rakita, die Bachweide, gab den Böhmen die Bezeichnung für Österreich, d. i. jene Gegend östlich von Retz (Niederösterreich), wo die alten Rakaten wohnten. Es ist dies tatsächlich eine sehr weidenbaumreiche Gegend, welche mit dem Fortschreiten gegen Wien immer sumpfiger wird, daher die Weide dem Schilfe den Vorrang läßt. Im Böhmischen bedeutet aber heute rakos = Schilf, sonach ist »Rakousko« (Österreich) im allgemeinen als feuchte, etymologisch als »Schilfgegend« anzusehen. Dokument! — Alles, was darin Mödling tangiert, ist Folgendes: Der Chorbischof Madalvin von Passau erhält als Ersatz für abgetretenen Grundbesitz die Gebiete »ultra montem Commigenum ad sliuuinihha et ad medilihha«. — Das ist jedenfalls ein Schulbeispiel unmoralischer Geschichtsschreiberei, wo wir doch die Begriffe »wahr« und »historisch« zu identifizieren gewohnt sind. Cypresse, slav. sevlija, kommt im Namen Sevilla, einer tatsächlich cypressenreichen Gegend vor. Schilf wird von den Slaven auch mit: »trst« oder »rogoza« bezeichnet. Nach letzterem hat auch Ragusa den Namen und wurde damit wohl der am Meere gelegene Teil bezeichnet; die am Berghange liegende Ansiedlung führte jedoch den Namen »Dubrovnik«. Im Festungsgraben wächst noch heute Schilf. — Diese Pflanze (sowie auch die Typha-Art) war deshalb namengebend, weil sich an solchen Punkten die Korbflechterei zu einem verhältnismäßig einträglichen Gewerbe entwickelte. Alle Packgefäße für Obst wurden einst, da sonstiges Material fehlte, aus gespaltenem Schilfe erzeugt und ist dies auch noch heute daselbst der Fall. Die sonstigen Bäume bieten als topographische Namen meist keine Erklärungsschwierigkeiten, da sie sich ziemlich gut, ja oft, trotzdem sie heute von Bewohnern nichtslavischer Zunge gebraucht werden, unverändert erhalten haben: z. B. Brest (Rüstergegend in Frankreich; ebenso in der kähe: Brezilian [Birkengegend]); die Erle in: Jelša, Olsa, Olsany u. a.; der Ahorn in: Javorje, Jauernigg, Auer; die Esche in: Jasen, Jasenovac, Jasenica, Aßling; der Hartriegel in: Drenik, Drenovac, Drenovik dann: Sibinj, Siebing, Siebenreut, Šibenik u. s. w. * *-* Anschließend sei erwähnt, daß Ortsnamen zoologischen Ursprungs begreiflicherweise nicht zahlreich sein können, nachdem die Tiere eine zu labile Bodenständigkeit haben, daher das Kriterium, d. i. der konstant gleich wirkende Eindruck, für die Namengebung mangelt. Namen, welche an die Riesensäugetiere oder an eine Fauna, die jetzt in den Tropen lebt, erinnern würden, sind bisher keine wahrgenommen worden; die topographischen Anspielungen an die Saurierzeit stehen nur mehr mit Ortssagen im losen Zusammenhänge, bieten also keine realen Beweise. — Bei der Etymologie der Namen dieser Richtung ist besondere Vorsicht nötig, da unter den bekannten Grundbegriffen leicht solche mit phonetischem Gleichklang aber mit wesentlich anderer, für die Lokalität sprechenderer Bedeutung verborgen sein können.*) Gruppe der Hamen geologischen und mineralogischen Ursprungs. Die Namen dieser Gruppe sind meist älteren Datums; ihre Etymologie ist von hervorragendem Werte für die Beweisführung des Autochtonismus der Slaven, sowie für die Urgeschichte der europäischen Bevölkerung in kultureller und wirtschafts-technischer Richtung. Noricum. Die aus der römischen Geschichte bekannte Provinz Noricum, welche nach der beiläufigen politischen Umgrenzung etwa die östlichen Alpenländer (Norische Alpen) umfaßte, wird allgemein als von den keltischen Norikern bewohnt angesehen. Daß jedoch die Bewohner keine Kelten waren, gilt so ziemlich als abgetan, da sich alle vermeintlichen Sprachreste derselben stets als slavische Wurzelbegriffe entpuppen. Aber auch der Name »Noricum«, sowie alle damit verwandten Begriffe, sind augenscheinlich slavischen Ursprungs und von den umwohnenden Slaven diesem Gebiete begründeterweise gegeben worden. *) Es gibt Höhen, die Srnjak (= Rehberg) heißen; wir kennen aber auch Gebirge, welche: Jelenac, Jelenaca, Jelen vrh, Leljen u. ä. heißen; es mag sein, daß hier das Vorkommen von Hirschen (jelen) maßgebend war, ebensogut können aber solche Namen auch einen Tannwald oder einen Berg mit Wach h ol derges tr ü p p (jela) bezeichnen. Das Grundwort dieses Eigennamens ist vermutlich das altslav. Hopi> (= Höhle), slav. nora (kraterförmige Vertiefung), russ. Hopa (= Höhle, Loch, Grube) böhm. nor, nora, nore (= Tiefe), norice (= Bilch, ein in den Baumhöhlen wohnendes Nagetier). In einem russischen Werke (Beryndoj, Kijev 1627) ist »Hop^u't« noch gleichbedeutend mit »Slovenus«. —Weitere Zusammensetzungen sind: ponor (nuHoprf> = locus, ubi fluvius sub terram abscenditur. Mikl.), ponikva*) (eine Erdsenkung), welches Wort auch sehr vielen Ortsbezeichnungen den Namen gab. Obschon jedes Kalksteingebiet zur Bildung von Höhlen außerordentlich neigt und der Karst selbst darin geradezu einzig dasteht, erfährt diese Namenserklärung hiedurch zwar eine natürliche aber in diesem Falle nicht zutreffende Bestätigung. Es ist vielmehr wahrscheinlich, daß diese noras industriell entstandene Gruben und Stollen waren, denn die Leute jener Zeit scheinen sehr viel Bergbau, namentlich auf Eisen, Kupfer und Gold betrieben zu haben, und diese Beschäftigung in den Gruben und Stollen konnte ihnen den Namen Norici, Nord verschafft haben. Man stößt in Obersteiermark, Salzburg, Kärnten und Tirol auf ungezählte alte Baue. In den Mitterbergalpen bei Bischofshofen sind reiche Kupfererzfundorte vorhanden, wo man noch auf alte Stollen kam. Auf den außen sichtbaren Halden hat man festgestellt, daß hier der Bergbau auf einer Höhe von 1500 m betrieben wurde; außerdem öffnete man hier viele Gruben, deren Verhaue nicht eingestürzt sind, *) Wenn die bekannte Erdsenkung »Macocha« in Mähren durch die Volksphantasie eine sagenhafte Namenserklärung gefunden, so liegt kein Grund vor diesen Glauben gewaltsam zu zerstören. Dem Etymologen muß aber der subtile Unterschied auffallen, welchen das Volk unbewußt in den Benennungen machte, denn »maciha«, wie der Name etwa ursprünglich, gelautet haben mag, bedeutet ein trockenes Gebiet, welches beständig nachgibt, sich also senkt (v. »maci« nachgeben, senken), und Punkva, wie der Bach, der durch die Erdsenkung fließt, genannt wird, bedeutet hingegen ein Gewässer, welches sich in die Erde senkt, d. h. in ihr verliert (ponikati = senken, verschwinden). in denen man noch die Schlögel- und Eisenarbeit ersehen kann. In diesen Verhauen hat man nicht nur vom Gestein mit Kraft abgesonderte Erzklumpen gefunden, sondern auch eine Anzahl von Kienfackeln, Holzbühnenbestandteile, hölzerne Tröge, kupferne und bronzene Schlögel, welche von den einstigen Bergleuten herrühren. Es sind sogar Steingeräte zum Vorschein gekommen, die zum Aufbereiten der Erze gebraucht wurden. — In der Nähe der Gruben sowohl wie auch entfernt, in der Mitte des Waldes, stößt man auf Ruinen von Schmelzöfen; auf einem Platze fand man einen ganz wohlerhaltenen Schmelzherd. — In den hohen Tauern kamen, als ein Gletscher teilweise abschmolz, an der Stelle Ruinen von Knappenhäusern und alten Bergwerkstollen zum Vorscheine. Die außerordentlich reichen Funde an Gold-, Bronze-und Eisengegenständen aus der prähistorischen Zeit bestätigen daher direkte, daß der Bergbau einst ganz bedeutend gewesen sein muß, daß die Kenntnisse der Metallmischungen (Bronze), die Zubereitung der Rohstoffe, die technische Gewandtheit und Vielseitigkeit in den Mustern, die Modellierkunst (z. B. Strettweger Opferwagen, Nordendorfer Schmuck) auf einer hohen Stufe standen. Die Noriker lieferten den Römern das »norische« Eisen, (welches niemals »keltisches« Eisen genannt wird) wahrscheinlich ist es aber auch, daß das norische Eisen in andere Gegenden, namentlich in die Balkanländer verfrachtet wurde. Die Hauptstadt der Noriker soll »Noreja« gewesen sein, welche man am Hörfelde bei Neumarkt in Steiermark vermutet; die genaue Stelle ist nicht bekannt, daher wir auch nicht wissen, wo die Römer im Jahre 113 v. Chr. von den norischen Tauriskern geschlagen wurden. Es ist aber sicher, daß eine Ansiedlung namens »Noreja« sowohl im Gebiete der obersteierischen als auch der kärntnischen Eisenerzlager gelegen war; das steierische »Noreja« muß in der Gegend des heutigen Trofaiach (1080 Treuia, slov. Trebja = abgestockter Wald) gelegen haben, denn dort finden wir noch heute das Gebiet »Nöring« ; dort fließt auch der »Nörningbach« (um 1400 der Erczpach in derNuring); desgleichen befinden sich in Kärnten noch heute die Ortschaften : Inner-Nöring, Vorder-Nöring und Nördnach, welche wohl alle den Begriff »nora« zum Wurzelworte haben. — Erwähnt soll hier noch werden, daß auch in Schweden ein bedeutender Eisenbergbau bei der Stadt Nora am Norasee besteht; Norwegen nennen die Slaven »Norsko« desgleichen ist der Fluß »Noarus« des Strabo nicht die Save, wie man zumeist annimmt, da Strabo diesen Fluß auch kennt und nennt, sondern wohl die Laibach. — Noreia, Norici, Noricum sind sonach wohl jene Gegenden, wo Bergbau im Betriebe war und Bergbautreibende wohnten, wobei die vielen Gruben, Stollen und Gänge, im Slavischen »nora, nore« genannt, namengebend gewesen sein dürften, um diese Gegenden und deren Bewohner im besonderen zu determinieren. Das sattbekannte Bezweifeln, als hätten die alten Bewohner unseres Erdteiles — ausgenommen die Griechen und Römer — keine eigene rechtschaffene Kultur besessen, ist eine natürliche Ungerechtigkeit, denn jede Kultur ist, sobald sie diesen Namen trägt, nichts weiter als eine Sammlung des Kulturschuttes aus alten Zeiten und Welten, welche umso besser ausfällt, je größer die Auswahl und je rigoroser die Wahl ist. Es darf uns daher nicht befremden, daß die alten Völker des Alpengebietes in der Gewinnung des Eisens sehr bewandert waren, wenn wir lesen, daß selbst bei afrikanischen Negerstämmen eine eigene Eisenindustrie vorgefunden wurde, die es auch verstehen in primitiven, kegelartigen Lehmgebilden das Brauneisenerz zweckentsprechend zur Schmelze zu bringen. Desgleichen ist es festgestellt, daß die Herstellung des Eisens zu Stahl schon längst vor unserer Zeitrechnung bekannt war. Es dürfte nicht überflüssig sein an dieser Stelle auch einige Schriftsteller anzuführen, welche die Slaven als die ältesten Bergleute in Europa bezeichnen, und bringe ich hier nur jene Stellen an, die schon Jan Kollar in seinen »Erklärungen zu Slävy dcera« (1832) älteren deutschen Schriftstellern entnommen hat. So sagt Henze (Gesch. des Fränkischen Kreises, p. 96): »Frühzeitig legten sich die Slaven auf den Bergbau. Die ergiebigen ungarischen Bergwerke wurden von ihnen erfunden, die böhmischen erhoben sich ebenfalls sehr bald, und unsere Yoralters in ausnehmender Blüte gestandenen Bergwerke stammen wahrscheinlich von ihnen her. Weil die Slaven die ersten waren, welche sich mit dem Bergbau vorzüglich beschäftigten, sind noch so viele slavische Wörter im Bergbau gebräuchlich, als: Flötz, Kuks, Kies, Kipricht, Schacht, Schwaden, Kobalt, Schicht, Seiffen, Spath, Stollen, Meiter u. s. w.« — Herder (Ideen, T. IV. 1792, p. 37) sagt: »In Deutschland trieben die Slaven den Bergbau, verstanden das Schmelzen und Gießen der Metalle«. — Adelung (Vor. zu Thams böhm. Lex. Prag 1788, p. 5) schreibt: »Wir finden den Bergbau, die Handlung und manche mechanische Arbeiten -bei den Slaven sehr frühe im Gange und zwar früher als in dem mittleren und nördlichen Deutschlande, welches sich nicht schämen darf, manches in diesem Stücke von den Böhmen erlernt zu haben. In dem südlichen Deutschland ist der Bergbau unstreitig ein Überbleibsel der römischen Kultur; allein in dem mittleren und nördlichen ist er allem Ansehen nach ein Abkömmling der Slavischen«. — Isis (1822, Heft 5, p. 1) führt an: »Die Slaven taten sich sehr frühzeitig im Berg- und Hüttenwesen hervor«. Diese Urteile deutscherseits, die meist nicht weiter durch einleuchtende Beweise fundiert sind, seien nachstehend als berechtigt dargelegt. — Vor allem haben alle Gebirge Europas, so weit sich deren Etymologie verfolgen läßt, slavischen Ursprung und sind gerade jene Gegenden, welche einst Berg- und Hüttenwerke hatten, umso reicher an slavischen Namen topographischer Richtung. Man vergleiche nur die erzführenden Gebirge in Siebenbürgen, Nordungarn, Schlesien, Böhmen, Steiermark, Tirol, Schweiz, Pyrenäen, Apeninnen u. s. w. — Einen weiteren, sehr massiven Beleg gibt die Prüfung, ob die bergtechnischen Begriffe, wie sie zuvor angeführt wurden, tatsächlich slavischer Genesis sind, was aber zutrifft, denn der Slave hat für jeden Begriff den lautlich verwandten weit kürzeren, daher primären Ausdruck, wohingegen der römische und deutsche im Wege der Übernahme und Anpassung länger geworden ist und meist durch ungewöhnlichen Klang das Stigma des Fremden an sich trägt. — So wurde aus dem Slavischen »cad« das vom Plinius II. (Füstoria naturalis 1. XXXIV) erwähnte »cad-mium« im Deutschen zu »Schwaden« ; der scharlachfarbene Traubenkobalt heißt bei Plinius »brotrytis«; der Slave nennt den roten Farbstoff »broc« ; Scharsach ist dem Deutschen der weiche Stahl, dem Slaven »zarica« d. i. das Eisen aus der Rotglühhitze; das cassiteron gilt schon Homer als Helmmetall; der Kroate nennt aber den Helm »kacida« ; au'ch die Käferfamilie Cassidae hat diesen Ursprung, nachdem sie sich mit ihrem unverhältnismäßig großen Halsschilde den Kopf vollkommen deckt; kok, kolk (spr. kuk) bedeutet dem Slaven »einen Teil des erzhältigen Berges, d. i. den ideellen Anteil an einem Bergwerke«, im Deutschen als »Kuks« benannt; zik, deutsch »Schicht«, zeigt eine schwache Erzoder Kohlenmächtigkeit an; scoria (bei Plinius) bedeutet Schlacke; im Slavischen bezeichnet dies die Kruste, welche sich an der erstarrenden Schlacke bildet; sip (= Geschiebe) d. Seifen u. s. w., alles Begriffe, denen besonders ein sprachlich gebildeter Bergtechniker nähere Beachtung widmen könnte. Wir gewinnen daher immer mehr den Eindruck, daß die älteste aller Industrien der Bergbau war und daß mit diesem die Slaven im innigen Zusammenhänge stehen, denn wer den Fundorten aller der Bedarfsartikel des täglichen Lebens von einst, wie wir sie eben in der Erde wiederfinden, etymologisch näher tritt, findet auch, daß sie alle slavische Namen tragen; so z. B.: Nordendorf (im einstigen Vindelicien, von nora; Selzen bei Mainz (selce = kleine Ansiedlung); Mainz (Ansiedlung an einer Hutweide); Hallstatt (galisce = Salzgegend), Strettweg und Krungl in Obersteiermark (Waldrodung) u. s. w. Sollte also jemand anderer an diesen Stellen seine Toten mit allen industriellen und gewerblichen Beigaben begraben haben und nicht die Bewohner jener Gegenden selbst? * * * Die vorstehende Etymologie von Noricum hat aber zweifellos nur eine bedingungsweise Richtigkeit, denn es gibt auch Lokalitäten, welche einen mit »nor« zusammengesetzten Namen führen, bei denen aber von einem bestandenen Bergbaue keine Rede sein kann, weil sowohl die Tradition wie die Geologie dagegen sprechen. Die topographischen Namen Norm (Böhmen), Norovice (Mähren), Norici hora, Norinak (Schlesien), Norsinci (Steiermark), Nori hum (Dalmatien) u. a. bezeichnen Gegenden, in welche die Weideplätze mit Waldparzellen bu nt wechseln, daher man wohl auch mit »nor« (slov. = abnormal) jene Leute bezeichnete, welche aus irgendeinem Grunde, namentlich Kleidung, abstachen. Das Deutsche »Narr« ist desselben Ursprungs und stellen wir uns darunter vor allem eine bunt gekleidete Person vor; den gleichen Eindruck macht aber auch die Bodenbedeckung in den so bezeich-neten Gebieten. Cassiterides. In der alten Geographie wird ein bisher unaufgeklärtes Gebiet genannt, über welches Mela (III, 73) schreibt: In Celticis aliquot sunt, quas quia plumbo abundant uno omnes nomine Cassiteridas adpellant. — Es fällt hier auf, daß von plumbum (Blei) gesprochen wird, indes Pli-nius (Hist. nat. XXXIV) schon weiter unterscheidet, indem er plumbum nigrum atque candidum mit der Bemerkung anführt, daß letzteres die Griechen »xaoaiteQog* nennen. Die Ansicht, daß die Alten einen Unterschied zwischen Blei und Zinn nicht kannten, ist daher hinfällig, denn sie unterschieden vorerst die Farbe der beiden Metalle, wußten aber auch für jedes eine andere praktische Verwertung. So versteht Homer unter ^Y.a.aonsqog< das Metall für Helme; diese waren aber auch aus Zinn und Bronze erzeugt, und heißt der Helm, wie bereits erwähnt, im Süd-slavischen noch heute »kacida«; die Bronze selbst setzt aber die Kenntnis des Zinns voraus, da sie ja aus einer Mischung von Zinn und Kupfer hervorgeht und von allen Slaven als »bron« bezeichnet wird. — Nun heißt Zinn altslav. »kositer« und »kositar« (vielleicht richtiger »kocidar« ausgesprochen), und gebrauchen diesen Begriff noch heute die Polen, die Südslaven, die Rumänen und Griechen*). Es befand sich aber der Bleireichtum des Mela in »Celticis«, vermutlich im heutigen Kärnten als dem relativ bleireichsten Gebiete in den Ländern der »Kelten«, derjenige des Plinius aber in Lusitanien (Portugal) und Galaecia (Galizien in Nordspanien), also Gegenden, die einst slavisch waren, weil die Fundorte selbst etymologisch noch heute zweifellos als slavisch anerkannt werden müssen. Liest man nun, daß die Zinninseln (Cassiterides insulae) in Britannien gelegen seien, woher sich die Phönizier ihren Bedarf an Zinn und Blei holten, so ist dies nach Diodor vollkommen richtig, aber er sagt ebenso, daß in Iberien (an der Küste) viele Zinngruben sind und liegen Lusitanien und Galaecia, welche Plinius als Hauptfundorte erwähnt, auch am Meere, wenn sie allerdings keine Inseln sind. Ich glaube daher, daß wir unter »Cassiterides in Celticis« Slaven zu verstehen haben, welche entweder im Gebiete der Blei- und Zinnfundorte wohnten, mit dem Zinne selbst Handel trieben, oder, was noch wahrscheinlicher ist, die Träger jener Industrie waren, deren Produkte wie: Bronzegegenstände, Helme, Fibeln, Gürtelschließen u. a. wir in den Gräbern vorfinden. ) Assyrisch: Kasazatirra. Die Kritik hat mir den Vorwurf gemacht, daß ich das »cassiteron« im Gebrauche der Släven nicht als Gräzismus anerkannt habe. Nun fällt aber die Sache, ob die Slaven von den Griechen Wörter genommen haben oder umgekehrt, sehr zu ungunsten der Griechen aus, und führe ich außer der Tatsache, daß sich im heutigen Griechenland noch viele Ortschaften zweifellos slavischen Namens vorfinden, und den sonst zerstreut im Buche vorkommenden Bedenken für die gegenteilige Ansicht noch folgendes an, was uns Plinius (Hist, nat.) erzählt: Das Schuhmachen habe Boethius erfunden; wer denkt dabei nicht an bot (böhmisch Stiefel), bucar, obucar (kroat. Schuhmacher); die Wahrsagung stamme von einem gewissen Car; dem Slaven ist aber car — Zauberei, carnik = Zauberer; die Töpferei habe Choröbus erfunden; dem Slaven ist crep, cerep = Topf; das Pflügen mit Ochsen begann Buzyges; dem Bosnier ist busak, busak = Ochs; der Kampf mit Knütteln hieß bei den Griechen phalanga; der slovenische Bauernbursche rächt eine derbe Verbalinjurie noch immer mit der »planka« = Zaunpfahl, Knüttel; die Kirke-Sage ist aus der Odyssee bekannt; der Bewohner des Bacher-Gebirges in Steiermark nennt noch heute da und dort das Schwein = kirka usw. Die naheliegende Antwort, dies seien reine Zufälligkeiten, wird bei den meisten doch schon ein bedenkliches Kopfschütteln hervorrufen ; aber die Professoren, welchen ja das Suchen und Vergleichen solcher Analogien eine leichte Arbeit und beruflich zukommende Pflicht wäre, könnten noch sicherlich eine Menge weiterer Belege erbringen, wozu der Ferne stehende weder Zeit noch Gelegenheit findet*). *) Hier sei noch folgende sprachliche Merkwürdigkeit erwähnt. Strabo schreibt, daß sich die Japuden am Monte Albius (Sneznik in Krain), nachdem ihre Gegend unfruchtbar ist, von Dinkel und Hirse ernähren (VII. 5. 4, p. 315: Ivrcoa ?)£ icr/LOola y.al Leiä v.ai y.eyxQio %d noXhx ZQcfpoUcVüjv). Nun kennt meines Wissens nur der Slovene das Wort »kihra«, womit aber weder Dinkel noch Hirse bezeichnet wird, sondern die beiden Lathyrus-Arten: Erdnuß (Saubrot) und Platterbse (Kichererbse); von ersterem ist die wie Kastanien schmeckende Knollenfrucht Gallier. Schon der römische Geograph Claudius Ptole-mäus (2. Jahrh. v. Chr.) erwähnt die um Aussee in Steiermark wohnenden Kelten als Halonen, Halaunen, welcher Name wohl nichts weiter als jene Bewohner bezeichnet, welche die Salzsiedereien betreiben. Dieser Umstand, sowie die Tatsache, daß alle Örtlichkeiten des Alpengebietes, welche Salzlager aufweisen, wie: Hall in Tirol, Hall in Steiermark, Hallein, Hallstadt, Reichenhall gleichlauten, berechtigen zum Schlüsse, daß das Grundwort hiezu »hal« oder »gal« war. Nun bezeichnet aber der Slovene noch heute das reine Speisesalz als »sol«, jedes bitterschmeckende Mineral aber, ob dies nun ein Alaunit, Vitriol oder Halit ist, als »galica, galicija« oder »galun« (letzteres noch speziell für den Alaun); im Handel gebraucht man auch noch den slavischen Ausdruck »Galitzinstein« für Kupfervitriol und schwefelsaures Zinkoxyd. — Es ist daher augenscheinlich, daß die einstigen Bewohner der Salzdistrikte unserer Alpenländer als »Galici« oder »Galuni« bezeichnet wurden, daß dieser Name dann weitere Dimensionen annahm und bei den Römern zu »Gallia« (adjektivisch g a 11 i c u s) wurde, worunter sie bereits mehrere Provinzen Europas zusammenfaßten. Weiters unterliegt es keinem Zweifel, daß die österreichische Provinz »Galizien«, wohl das salzreichste Gebiet Europas, aus demselben Anlasse den Namen erhielt; dasselbe gilt auch von der spanischen Provinz »Galizien«, sowie den gleichnamigen Ortsgebieten in Untersteiermark und Kärnten, obschon heute von einer Salzindustrie daselbst keine Rede ist.*) genießbar und soll den ältesten Völkern als Brotfrucht gedient haben, die letztere liefert eine erbsenähnliche schmackhafte Samenfrucht. Ich weiß nun keine Deutung, wie der Slovene allein zu diesem griechischen Worte kommt, denn dies erzählen ja die römischen Geschichtschreiber vor Christi Geburt und die Slovenen kamen ja 5.—6. Jahrhunderte später; sie bezeichnen damit gleichfalls eine genießbare Frucht, die aber nur als Notbehelf dient, ebenso wie Dionys v. Halikarnassus erzählt, daß Rom im J. 492 v. Chr. wegen Getreidemangel Dinkel und Hirse aus Etrurien als Surrogate beziehen mußte. Es würden da Zufälligkeiten schon zur Hauptsache werden 1 ~) In »Galizien« in Untersteiermark wurde ehedem Kupfervitriol gewonnen. Die Verwandlung des g in h, welche in den nord-slavischen Sprachen allgemein beobachtet wird, brachte es mit sich, daß eben »Galizia« zu »Halicz«, gališče« (= Salzstätte) zu »Hallstatt« wurde. Namentlich dürfte die Erklärung des letzteren Namens den Archäologen objektiver Richtung willkommen sein, die sich über die große Nekropole daselbst wundern, sowie die der slavischen so ähnliche Ornamentik auf den dort ausgegrabenen Tongefäßen mit den vermeintlichen keltischen nicht in Einklang bringen können, und überdies nicht glauben wollen, daß der Name Hallstatt ebenso slavischen Ursprungs ist, wie der aller älteren Ortsnamen in dieser Umgebung. — Auch die griechische Form für eine Salinenstadt ist bekannt, denn der erwähnte Pto-lemäus nennt die galizische Stadt Kalusz als »Kalisia«. Hingegen blieb in den südslavischen Sprachen wie im Baskischen das g unverändert, ja man weiß sogar, daß auch schon die Ureinwohner der genannten spanischen Provinz »Gallaeci« (jetzt in der Form »Gallegos«) hießen.*) Unter dem Begriffe »Gallier, Galliker« haben wir daher ursprünglich jene Bewohner zu verstehen, deren Lebenserwerb die Salzsiederei bildete. Črna gora. Es gibt eine Menge Namen dieser Form, welche oft als »Schwarzer Berg« ins deutsche übertragen wurden, aber richtigerweise »žrnagora« geschrieben werden sollten, worunter, wie dies schon an anderer Stelle erklärt wurde, ein Konglomeratberg (slav. žrn, žrnec = Konglomerat, auch Mühlsteinquarz) zu verstehen ist, von welchen Stellen sich die Leute seit jeher ihren Bedarf an Haus- und Wassermühlsteinen beschafften.**) *) Ob sich der Name »Gallaeci« auf die Salzgewinnung, hier also Seesalz, bezieht oder auf Bleilager, denn eine Art Bleischmelzung nannten die Alten »galena«, ist einstweilen in bestimmter Weise nicht festzustellen. (Yergl. Artikel: Cassiterides). **) Ein typisches Beispiel, welcher Unfug mit einzelnen Ortsnamen getrieben wird, sei hier angeführt: Der große Wallfahrtsort Maria Neustift in Untersteiermark heißt: Črna gora, Črna, Ptujska gora, Sv. Marija na Apeninnen. Dieses durch Italien streichende Gebirge bedeutet im Slavischen Kalkgebirge (apno = Kalk), was auch geologisch richtig ist. Udresnje ist in der Herzegovinä ein Talkessel, dem man es schon bei flüchtiger Beobachtung ansieht, daß er durch den Einsturz eines deckenden Gewölbes entstanden ist; und Udresnje bedeutet nach dem slavischen udreti, udirati (= einstürzen) ein Einsturzgebiet. Podirac. In Frankreich trägt ein Berg, welcher die Eigentümlichkeit hat, daß er immer kleiner wird, seit undenklichen Zeiten diesen Namen, und führte diese Eigentümlichkeit wohl einst die Umwohner dazu ihn »Podirac« (slav. podirati se, verb. durat. = langsam einstürzen) zu benennen. Erst im Vorjahre gelang es einem kühnen Forscher der Sache auf den Grund zu kommen. Er ließ die trichterförmige Kuppe öffnen und entdeckte darunter eine große 90 m tiefe Höhle. Die Bergkuppe muß einmal aus irgendeinem Grunde eingebrochen sein, wobei sie sich ober der Höhle verkeilt hat; Teile davon stürzten allmählig in die Höhle, die Atmosphärilien sorgten von außen für die Nachfüllung und so kam der Berg zu diesem vollkommen berechtigten Namen schon in jener Zeit, als dort noch Slaven gewohnt haben mußten. Gori (Spezialkarte), Nova Štifta und schließlich Maria Neustift bei Pettau und doch fehlt unter allen diesen noch der natürliche und richtige Name: Zrna gora. — Es wäre schon vom kulturhistorischen Standpunkte notwendig in diesen Dingen eine Wandlung zu schaffen, — denn im Namen selbst steckt die älteste Geschichte eines jeden Ortes, und die Namen, die meistens aus Unkenntnis oder Gleichgiltigkeit verballhornt wurden, auf einen einzigen u. zw. den historischen zu reduzieren. Würde man damit nicht große Konfusionen bei der Bahn, Post und sonstigen Ämtern beseitigen und sich selbst die Arbeit erleichtern? Wem nützt dies etwas, wenn man: Gorica, Gorizia, Goritzen und Görz schreibt, denn der Urname ist und bleibt doch »gorica« (= niederer Berg), und erscheint trotz dieser Entstellungen die angepaßte Namensform der betreffenden Sprache doch fortan als ein Fremdling! Mramori. Gegenden, wo sich Marmorlager befinden, sind oft schon durch den topographischen Namen angedeutet, wobei es auffallend ist, daß wir heute oft tief graben müssen, um sich von der Wahrheit der Namengebung überzeugen zu können. Manche Stellen dieses Namens bezeichnen damit eine Art Hallstädter Kalkes. Pakljina. Gegenden mit Asphaltlagern, nennt der Slave pakljina. Er versteht darunter etwas Gebranntes, obschon die wissenschaftliche Theorie über die Entstehung des Asphaltes noch nicht klargelegt ist*). Lončari. Im Karstgebiete kann man beim Auffinden eines Ortes, namens Lončari (slav. Töpfer) stets darauf schließen, daß sich in der Nähe ein Töpfertonlager befinden muß. Merkwürdigerweise findet man jedoch diesen Ton oft erst metertief unter dem Eozän, wobei aber heute von einem Töpfereibetriebe daselbst keine Rede mehr ist. Es ist dies für den ersten Blick ein Rätsel, aber an der Sache ist etwas Konkretes, denn in fernen Zeiten sind sicherlich hier Töpfereien betrieben worden, weil die Gräberfunde der Umgebung eine deutliche Sprache von dem Bestehen einstiger gut entwickelter keramischen Industrie sprechen. Mara, Šmarje. Unter Šmarje, Šmartno versteht der Slovene eine Gegend mit fettem, schwarzem Ackerboden (šmara = Humusboden), und ist diese Form nur ein Kollektivname für das Grundwort »mara« (bask. merla). Diese Entstehung haben daher die vielen Šmarje (deutsch St. Marein), Marnoselo, Marinaves, Marindorf, Marjanka, wahrscheinlich auch Maraton**) u. a., welche sonach nicht als Namen *) Erwähnenswert ist es, daß sich z. B. die Streichrichtung der Asphaltlager in der Herzegovina, Dalmatien und auf der Insel Giuppana in südöstlicher Richtung in Italien fortsetzt und daß ungefähr in dieser Gegend Mittelitaliens noch eine kroatische Sprachinsel anzutreffen sei; cs läßt dies noch die einstige Landverbindung der apenninischen mit der Balkan-Halbinsel vermuten. *) In Griechenland gibt es viele noch heute leicht als slavisch erkennbare Ortsnamen; so bei Sparta: Prasto (Perasto = Holzbirnengegend), kirchlichen Ursprungs anzusehen sind. Der Begriff Meier, ursprünglich Mahr, hat auch diese Entstehung, daher Meierhof = marovo. Unter terra marna versteht der italienische Bauer jenen vorzüglichen Humusboden, welchen er zwecks Düngung und Verbesserung seiner Äcker herbeischafft. 3 0 Gruppe sonstiger Hamen ethno-unö topographischer Richtung. Avaren. Die Slaven nannten die Avaren »Obri« d. h. letzteres ist die ursprüngliche Namensform, während »Avaren« als eine erst durch die lateinische Spracheigentümlichkeit aus »Obri« entstandene Form bezeichnet werden muß. Die alten Deutschen bezeichneten Leute von hohem Wuchs »Hünen« (Heunen im Nibelungenliede), woraus in jenen Sprachen, die keinen Umlaut kennen, »Hunnen« wurde; da aber »Obr« im slavischen einen Mann von großer Statur, also einen »Hünen« bezeichnet, sind sonach die als »Hünengräber« bekannten alten Begräbnisstätten nichts weiter als Gräber aus der »Obr« = also Avaren = Zeit. Nun kennt man aber die Avaren allgemein als Leute mongolischen Stammes und vom niederen Wuchs; wie kommt es nun, daß die »Hünengräber« Skelette von Menschen sehr hoher Gestalt enthalten? Es ist wahrscheinlich, daß wir es hier mit einer Slavengruppe zu tun haben, deren Vertreter von den Deutschen »Riesen«, von den Nachbar- Kastanica (Kastaniengegend), Goriea (Hügel), Sitina (Binsengegend); bei Patras: Kamenica (steinige Gegend) u. a. — Maraton besteht aus »mara« i== schwarze Erde), dem die Griechen unnötigerweise noch X^m- (= Erde) angehängt haben, weil sie die Bedeutung von »mara« nicht mehr erkannten. 10 slaven aber »Obri« genannt wurden; denn der männliche Menschenschlag der Slaven in Krain, auf dem Balkan, dann in den ehmals slavischen, heute preußischen Provinzen ist in Europa noch heute derjenige, welcher das größte Prozent an Männern von ungewöhnlicher Höhe zählt. Über die »Hunnen« sind wir gewohnt zu lesen, daß sie die ärgsten Barbaren waren, die sich ihr Genußfleisch auf dem Sattel mürbe ritten, klein von Gestalt, häßlich u. d., durchwegs abträgliche Beschreibungen, und sollen dabei: Hünen, Riesen genannt worden sein, denn dem Deutschen sind dies synonyme Begriffe! Es ist eigentümlich, daß die Geschichte über die Hunnen lediglich jenen schriftstellernden Zeitgenossen Attilas Daten entnahm, die über ihn und seine Scharen nur das Gräulichste zu erzählen wußten, während andere, wie Priscus, der die Verhältnisse wesentlich lichtvoller schildert, unberücksichtigt blieben. Tatsache ist, daß uns da Vorfälle geschildert werden, die sich niemals mit der Kritik und Logik werden vereinbaren lassen. Wie ist es z. B. erklärlich, daß ein solcher Barbar par excellence, wie Attila, die Burgunderfürstin Kriemhilde zur Gattin erhält, daß das Hochzeitsfest in Wien durch 17 Tage gefeiert wird, daß die Burgunder den Hof Attilas besuchen, dessen Residenz große Paläste bildeten, daß er um Honoria, die byzantinische Kaiserstochter werben läßt, wo die Geschichte doch erzählt, Attila habe wenig Kriegsglück gehabt, sei aus Italien unverrichteter Dinge zurückgekehrt, ist i. J. 451 auf den Catalaunischen Feldern fast vernichtet worden, indes er allgemein gefürchtet war, ihm der Kaiser von Byzanz den jährlichen Geldtribut namhaft erhöhen mußte u. a. — alles ein Beweis, daß man es hier mit einem Geschichtsirrtum oder einer Geschichtsfälschung plumpster Art zu tun hat. Überdies hat es stets Standesunterschiede gegeben, und ehedem sicherlich noch größere denn heute, und doch kann sich niemand dermalen bei erweiterten sozialen Ansichten etwa eine ernste Brautwerbung eines besiegten Indianerhäuptlings bei einer euro- päischen Herrscherfamilie vorstellen. War aber Attila ein solcher Wildling, wie ihn die Geschichte hinstellt, so hätte er sich seine ausgewählte Braut wohl mit Gewalt geholt oder hätte selbe rauben lassen ; etikettmäßige Brautwerbungen sind aber in diesem Milieu ganz undenkbar. Gibt man auch zu, daß manches nur eine Sage sein mag, so ist es befremdend, daß gerade die Sage schöne Worte und humane Handlungen für einen Barbaren findet, da sich dies, wenn es nur annähernd so arg gewesen wäre, im Volksmunde und in der Sage nur noch dunkler gestaltet hätte. Es ist daher augenscheinlich, daß die »Hunnen« der Deutschen und die »Obri« (Avaren) der Slaven dasselbe u. z. ein slavisches Volk waren, daher auch die geschichtliche Bemerkung, erst die Avaren hätten ihr Dienstvolk, die Slaven, mitgebracht, eine unbegründete ist, und den Zweck sowie die sehr durchsichtige Tendenz hat, in dem Momente, als die Existenz der Slaven in Mitteleuropa schon blicht mehr geleugnet werden konnte, sie wenigstens als inferior hinzustellen*). Porphyrogenetes schreibt übrigens noch i. J. 949: »Sclavi, qui et Abari nuncupati«, dann an anderer Stelle: »Sclavi sive Abari« und »Abari sive Hunni.« Schon die ganze Geschichte der Völkerwanderung ist, wie sie heute dargestellt wird, eine vom Grunde aus mißglückte, kritiklose und einseitige Schilderung einer Zeitepoche, die es in Wirklichkeit solcherart nicht gegeben, wo anscheinend ein und dasselbe Volk unter verschiedenen Namen geschichtliche Aktionen ausgeführt hat, von denen *) Auch der Name »Attila« klingt slavisch und scheint so viel als »Väterchen« zu bedeuten: zum mindesten klingt aber der Name eines der Söhne Attilas, Dengesic, slavisch. — Als kleiner Beweis für die Oberflächlichkeit diene der Umstand, daß die zeitgenössischen Geschichtschreiber Attilas nicht einmal bestimmt sagen können, in welchem Jahre und wo die in ganz Europa gefürchtete »Geißel Gottes« gestorben ist. es selbst keine Ahnung haben mochte. Wir wissen ja auch, daß bis zur Zeit des Aneas Silvius (geb. 1405, gest. 1464) in der damaligen Gelehrtenwelt von der sogenannten Völkerwanderung nichts bekannt war und fiel es keinem Geschichtschreiber oder Chronisten bei zu verneinen, daß die Slaven von altersher jene Gegenden bewohnten, welche sie auch heute innehaben, oder daß sie ausgerottet worden wären. Aneas Silvius mutmaßte aber, da er sich gleichfalls die ethnographische Situation in Europa nicht erklären konnte, es müssen im V. oder VI. Jahrhunderte unter den damaligen Völkerschaften große Unruhen geherrscht haben, was ein Wandern einzelner Stämme von Ort zu Ort verursachte, und auf diese Weise seien die Slaven in ihre heutigen Wohnsitze gelangt. — Weil es ein Papst gesagt, mußte die Sache auch richtig sein, und hat sich bis heute fast niemand die Mühe genommen über das Unlogische und und Unnatürliche der Behauptung nachzudenken. So kann es Vorkommen, daß verschiedene Schriftsteller ein und dasselbe Volk verschieden benennen, und ist dafür der Beweis heute geradeso erbringlich, wie von ehedem ; wer würde z. B. in 1000 Jahren, wenn alle sonstigen Behelfe verloren gingen, daraus klug werden, falls er eine Zeitung von heute fände, die von »Cechen« spricht, und eine zweite dasselbe von den »Böhmen« erzählt, daß beide gleiches bezeichnen ? Wenn alles dies heute bewußt geschieht, weshalb soll es einst nicht in erhöhtem Maße auch unbewußt geschehen sein ! — Solcher Art können daher die Quellen sein, aus denen wir unsere Geschichte schöpfen, und solche sollen nicht ungeprüft zum Dogma erhoben werden ; von solchen Kannegießereien und Willkürlichkeiten hängen oft unsere Überlieferungen ab und gelten nachher als Marksteine der Wissenschaft ! Russen. Es ist eine allgemein verbreitete, wissenschaftlich ausgesprochene Ansicht, es hätten die Russen ihren Volksnamen von den »Ruodsen« (= Ruderern) erhalten, welche i. J. 891 n. Chr. in der Schlacht bei Löwen geschlagen, sich an die Küsten des baltischen Meeres flüchteten und daselbst eine neue Heimat gründeten. Dieses, sowie eine zweite Erklärung, die Bezeichnung stamme von dem Gründer der russischen Monarchie, Rurik, gehört vollends in das Reich der Sage. Die Russen wurden von den benachbarten Slaven nach ihrer Haarfarbe »rusi« (altslov. rus. — flavus) die »Blonden« genannt. Tatsächlich sind die Weißrussen noch heute flachsblond, im Gebiete von Minsk gibt es sogar auffallend viel Albinos, und wurde ihnen wohl aus diesen Gründen deutscherseits später auch die Bezeichnung »Weißrussen« beigelegt, weil sie »Bjelorusi« genannt wurden; war aber in diesem Falle die Haarfarbe maßgebend, weshalb soll sie es beim Grundnamen nicht gewesen sein! Überdies kann der Begriff »rus« auch »rotblond« und zugleich nach mancher Dialekt-Auffassung Menschen »mit großem Vollbarte« (Longobardi ?) bezeichnen. Die landläufige Behauptung, daß nur die Germanen blond waren, ist eine unbegründete und einseitige; Tatsache ist, daß bei den Nordslaven, wie: Böhmen, Wenden*) Nord-und Weißrussen die blonde Haarfarbe noch heute, trotz Mischungen, stark vorherrscht. Daß bei der Bezeichnung eines Volksstammes die typische Haarfarbe maßgebend sein konnte, ist sehr naheliegend, da ja dies jedermann zur Äußerung herausfordert, der selbst nicht so gefärbt ist. Ein Teil der Russen führte einst auch den Namen »Roxolani«, welche schon Tacitus nennt, und verlegt man deren Wohnsitze zumeist nach Schweden und an die Mündung des Njemen; bei den Finnen gebraucht man angeblich noch jetzt den Namen »Rossolain«. Sigmund Freiherr von Herberstein, ein gründlicher Kenner Rußlands, *) Im Spreewalde findet noch jetzt jährlich der Haarmarkt statt; die Wendinnen verkaufen dort ihr blondes, reiches Haar — das gesuchteste und schönste, welches käuflich zu erwerben ist —• um einen ziemlich hohen Preis (durchschnittlich 70—90 Mark). behauptete schon um das Jahr 1549, daß auch die W a-räg er Slaven waren, und war um diese Zeit jene Behauptung weit begründeter als heute, da die Beweise jünger waren. Es kann dies ja auch nicht anders sein, denn zum mindesten sprechen die Namen dafür. Die »Roxolani« (Rossolani) sind jene nördlichen Bewohner Rußlands und Skandinaviens, die mit dem Salze des Polareises Handel trieben; dieses Salz heißt in allen slavischen Sprachen »razsol, razsola« ; und die Händler mit diesem Salze wurden folgerichtig auch »Razsolani«, woraus »Roxolani« wurde, genannt. — Die »Waräger, Waranger« hießen bei den Griechen »BctQcty/oi«, was wohl nur aus (Dqaywi, slav. Vranci, Voronci entstanden sein kann und Leute mit dunklen Haaren bezeichnete. Die byzantinischen Chronisten zählen auch die »Dro-miten« zu den Russen, was auch richtig zu sein scheint, denn so nannte man jenen Teil derselben, welcher die bewaldeten Gegenden des nördlichen Rußland bewohnte (nach /tpoMü == Dickicht, Windbruchstelle, Waldblöße). — Wenn daher die sonstigen Slaven die Russen als Roxolanen, Waräger, Dromiten bezeichneten, so waren diese eben Teile der russischen Slaven, und dürften obige Namen ebensolche topographische Entstehung haben, wie man heute im besonderen Bayern, Sachsen, Hessen u. a. kennt und unterscheidet, und doch sind alle der Sprache nach Deutsche und Bewohner von Deutschland. — Man darf nie die Vorstellung außerachtlassen, daß die einzelnen geographischen Begriffe einst einen sehr geringen territorialen Bereich umfaßten, und daß nur aus irgendeinem zufälligen oder für uns heute nicht mehr erkennbaren Grunde ein Name später die Superiorität über einige Nachbarnamen erlangte. So erzählt Moses von Chorene (7. Jahrh.), daß es in Thrakien allein zu seiner Zeit 25 slavische Stämme gab, die jeder für sich einen eigenen Namen führten, da es einst an der Erkenntnis der sprachlichen Zusammengehörigkeit wie an einer größeren geographischen Übersicht mangelte. Deutsche, Nemeter. Die Etymologie des Wortes »deutsch« gibt uns in Bezug auf die Entstehung einen wesentlich anderen Schluß, als wir ihn durch die bisher autoritative Erklärung Grimm’s kennen. Die Slaven haben die in ihren festen Wohnsitzen auftauchenden Germanen anfänglich als »tuj, tujec, tujci« (= peregrinus, fremd) bezeichnet; aus diesem Grunde werden sie später selbst, u. zw. im Althochdeutschen »diutisc« und »tiusch«, im Altsächsischen »tbiudisc«, im Altniederländischen »duitsch« genannt.*) Dies bestärkt auch die Hypothese, daß die Slaven schon längst in Westeuropa ansässig gewesen sein mußten, wenn sie die Deutschen so benannten, weil man in keiner anderen Sprache eine hiezu anpassungsfähige Wurzel in der Form »tujec, tujc« (der Fremde) findet. Überdies wäre es eine Anomalie und Unnatürlichkeit, wenn etwa der Zugewanderte den festen Ansiedter einen »Fremden« nennen würde, sondern umgekehrt, und läßt dies wohl den klaren Schluß zu, wer daselbst zuerst wohnte. Im Begriffe »deutsch« ist aber auch der ohnehin nichtdeutsche Laut »c» (tsch) auffällig, und daß er sich gerade in der Bezeichnung »deutsch« vorfindet, ist umso überzeugender, daß er fremden Ursprungs sein muß. Übrigens sind anscheinend alle deutschen Wörter mit »c« fremden Ursprungs; vergleiche: Peitsche, Kutsche, Bratsche, Kartätsche u. a.; sonstige gebräuchliche deutsche Wörter mit diesem Laute entbehren aber jeder tieferen Bedeutung, da sie meist Naturlaute wiedergeben und vielfach nicht der Schriftsprache angehören; vergleiche: hatschen, quatschen, *) Im bayerischen Dialekt hatte »deutsch« auch die Bedeutung »Teufel, böser Geist«; weil aber in der Umgebung von Laibach die Slo-venen das Wort »tajc« in demselben Sinne gebrauchen, scheint es, daß dieser Begriff seinerzeit mit den deutschen Kolonisten in Krain Eingang fand und diese Bedeutung annahm, als sich ein gewisser Antagonismus zwischen dem Stammvolke und den Einwanderern entwickelte. — In der Königinhofer Handschrift ist die Bedeutung »fremd« (cuzy) und »Feind« identisch für »niemec« und »deutsch«. quitschen, tratschen, pfutsch, lutschen u. a. Grimm behauptet auch, daß man »diutisc«*) in der Bedeutung »volkstümlich« gebrauchte. Das ist vollkommen glaubwürdig, weil »diutisc« nur ein substantivisch gebrauchtes Adjektiv ist, dem etwa noch »Leute« anzuschließen käme; ein ganz ähnlicher Fall bietet sich auch in der slovenischen Sprache, wo »ljudski« sowohl »volkstümlich« aber auch »fremd« zugleich bedeutet, welcher Begriff aber sonst mit »tujec, tuj«**) nicht sprachlich verwandt ist. Die Bezeichnung »deutsch« seitens der Slaven ist wohl schon uralt, und war der ursprüngliche Volksname, wie ihn uns die Römer, äußerlich an ihre Sprache zugeformt, erhalten haben: »Teutonen«. Die Mythe erzählt zwar, daß Tiusco, ein Sohn des Kriegsgottes Tiu, der auch den Beinamen Wodan’s bildet, der Stammvater der Teutonen sei. Dies ist eine aus der Erklärungs-Verlegenheit hervorgegangene, posthume Erdichtung, weil man sich die Frage der Namensentstehung nicht anders beantworten konnte. Diese Erklärung heischt aber die Beantwortung der Frage, weshalb die Germanen von den Slaven »Fremde« benannt wurden. Nach den neuesten Ergebnissen der Forschung sei die Urheimat der Germanen im hohen Norden Europas zu suchen. Die Geschichte behauptet wohl, daß der Volksstamm der Teutonen sowohl vor als auch nach der Niederlage bei Aquae Sextiae i. J. 102 v. Chr. in Holstein seßhaft war, doch ist dies stark zu bezweifeln, denn alle älteren topographischen Namen in Holstein sind slavischen Ursprungs. — Am wahrscheinlichsten ist es, daß der deutsche *) Lange fehlte auch die Entscheidung, ob es richtiger sei »teutsch« oder »deutsch« zu schreiben, Grimm endete diesen Streit damit, daß er entschied »teutsch« sei niedersächsisch, »deutsch« aber hochdeutsch, daher das letztere das richtigere sei — wie die Et\-mologie zeigt, ein sprachlich unrichtiges Schlußwort! **) Daß sich in das Wort »tujci« spater ein »e« einschob, ist im Deutschen etwas gewöhnliches, da die Sprache die Diphtonge bevorzugt; vergleiche: Peitsche aus »bic«. Reußen aus »Rusi«, Leute aus »lid«. Reutte aus »ruta«, Hostein aus »host\'n« u. v. a. Volksstamm sich bei seiner nördlich begrenzten Entfaltung südwärts ausbreitete, dort auf die autochthonen Slaven stieß, welche die alten Schriftsteller als ein überaus zahlreiches Volk anführen, und erhielt jener bei dieser Gelegenheit den natürlichen und zutreffenden Namen »Tujci« (Fremde). —-In dieser Ansicht bestärkt uns auch der Umstand, daß der südwestliche Kroate den Deutschen einen »Tudesak« (tugj = fremd) nennt, woraus auch die italienische Bezeichnung: todesco, tedesco für den Deutschen hervorgegangen ist. Daß »Nemci« (Nemeter, weil sie deren Rede nicht verstanden; nem = stumm, oder dessen Sprache man nicht versteht) und »Tujci« dasselbe Volk bezeichnete, darin bestärkt uns auch noch der russische Chronist Nestor (f 1116), der da erzählt, daß »nemec« soviel bedeutet, als »nemec« und »tujec« zugleich, also einen »Fremdsprachigen« — ein Zeichen, daß damals die parallele Entstehung der beiden Namen noch fühlbar war, daß aber die Bedeutungen sich schon deckten. Lechen, Lechiten sind die Bewohner von Gebieten mit gutem Wiesen- und Ackerland (ljeha, liha, liga = Wiese, Acker). Herzegovina. Es muß auffallen, daß es auf dem Balkan eine Provinz gibt, die einen Namen deutschen Ursprungs hat, denn es wird ausnahmslos behauptet, daß der Name durch den Heimfall des Landes an einen Herzog entstanden sei. Doch dem ist nicht so, denn wäre dies geschehen, so hieße das Land vojvodina, weil bei dem Südslaven der äquivalente Begriff für den Herzog so lautet, abgesehen davon, daß ja deutsche Herzoge niemals in diesem Lande regierten. Die Kroaten und Serben sprechen ja auch nicht von der Herzegovina, sondern von Erceg-Bosna, welcher Name der geschichtlichen Entwicklung auch am besten zu entsprechen scheint. Den Begriff »erceg« findet man heute in keinem Wörterbuche (außer in der Bedeutung »Herzog«) und wissen auch die Leute darüber keinen Bescheid, weshalb man Erceg- Bosna sagt, oder meinen höchstens, daß der Name von jener Zeit stamme, als Herzog Stephan im Lande regierte. Wer sich aber die Linie Vrhgorac (Dalmatien), Ljubuski, Pocitelj, Hutovo, Ragusa, Cattaro, Castelnuovo ansieht, wird bemerken, daß sich in dieser Zone ein gegen das Meer gerichteter Verteidigungsgürtel hinzieht. So hat die Umgebung von Vrhgorac vier Erceg-Lokalitäten, die Schloßruine bei Ljubuski heißt Ercegusa, und Castelnuovo hieß ursprünglich Erceg novi. Alle diese Punkte scheinen Verteidigungsglieder einer Befestigungslinie gegen einen Angreifer vom Meere her (Narentaner ?) gewesen zu sein und haben sich bis heute, ausgenommen bei Vrhgorac, die Teile auch als Ruinen erhalten. Diesen entgegengestellt waren an der Narenta das große Fort Mugarello (muga slav. Grenzwall) und Gabela (slav. Zollstation) und vermutlich noch andere fortifikatorische Objekte, die heute nicht mehr auffallen, weil sie zerfallen und vergessen sind. In dem Begriffe »erceg« steckt aber die Wurzel »erz, arx«, worin die Bedeutung von etwas Festem, Starkem liegt, also: Waffenmaterial, Waffenplatz, Burg, und wurde dieses Wörtchen später auch bei Erhöhungen von Standestiteln, wie: Erzherzog, Erzbischof, Erzpriester — angewendet. Ursprünglich dürfte daher »erceg« ein Fort, eine Festung ältesten Stils bezeichnet haben, und nannte man darnach jene Provinz, welche durch diese Fortifikationen gesichert war — und dies war hier Bosnien — richtigerweise Erceg-Bosna = das befestigte Bosnien. — Es ist auch unnatürlich, daß der Titel Herzog daraus entstanden sei, »weil er vor dem Heere zog«, da das künstlich zusammengesetzte Wort sowie namentlich das Imperfektum dabei bedenklich sind. — Übrigens kommt der Name als Ortsbezeichnung häufig vor und scheint im allgemeinen eine permanente Verteidigungsvorsorge auf einer Höhe zu bedeuten, denn es sind damit ausschließlich nur Höhen oder Objekte bezeichnet, welche mit ersteren im Zusammenhänge stehen; so gibt es z. B. in Steiermark: Herzogberg (bei Kindberg), Herzogberg (bei Voitsberg), Herzogberg (Hercegovcak, bei Radkersburg), am Herczbperg (bei Anger, 1406), Herzogbüchel (bei Knittelfeld), Herczogenperg (bei Köflach), Herzog-goritzen (bei Cilli) u. a. Es ist daher ziemlich sicher, daß wir unter »erceg« anfänglich eine uralte Verteidigungslokalität zu verstehen haben, woraus später der Titel Herzog hervorging, weil man dem Kommandanten eines solchen wichtigen Postens den gleichlautenden Titel beilegte. Allem Anscheine nach ist das Grundwort auch hier »rt« (Bergspitze), welche mit einem fortifikatorischen Objekte gekrönt war, und sind topographische Namen wie: Mons Hercynia (in Rätien), Hardt und Harz, Arco (Tirol; mit Ruinen auf der hoch über den Ort ragenden Bergspitze), Arcos (Spanien; mit einem befestigten Felsenberge), Arta (auf Mallorca; mit kyklopischen Steinbauten auf dem nahen Gebirge), Arth (Schweiz; am Fuße des Rossberges), Erzerum (Kleinasien; Stadt mit Zitadelle; hieß früher Karin [vergl. krn] vermutlich als es noch nicht befestigt war, und liegt in einer Gebirgsgegend), Akropolis, Akrokarinth*) u. a. wohl desselben Ursprungs und Zeugen eines homologen Sprachstoffes in der Natur spräche »des Bodens«, daher auch der Einheit der Sprachen und vielleicht auch der Einheit des ganzen Mensche n g eschlechte s.**) *) Athen nannten die Dichter auch OTSCßav&iov noXlQ — die veilchenfarbene Stadt. Dieses Epitheton ist eben eine dichterische Phantasie, denn in orecpaveiov steckt wohl der Begriff »stepen« (= Felsstufe), wie am Balkan solche, meist mit Ruinen gekrönte Höhen genannt werden. Dieses »stepen« ist hier die Akropolis, und wird ein einstens oben darauf befindlicher Felszahn im besonderen als arco, acro bezeichnet worden sein. — Es ist also doch kein Zufall, daß alle Lokalitäten ähnlichen Namens eine auffallende Felserhebung haben, die doch nicht die Natur erst dem Namen zuliebe improvisiert hat. **) Den Baumeistern bezw. Züchtern der strengen Rassenbiologie seien an dieser Stelle die Forschungen des Dr. v. Velics empfohlen, welcher in der Einleitung zur Publikation: »Über Ursprung und Urbedeutung der An dieser Stelle ist es allenthalben auch angebracht, die Hypothese der weiteren Entwicklung der Urverfassung zu veröffentlichen. Während »erceg« ein befestigtes Grenzgebiet zu bezeichnen scheint, mußten die einzelnen, einen gemeinschaftlichen Besitz verwaltenden Gemeinden auch eine weitergehende Vereinigung zum Schutze ihres Besitzes und ihrer Weideplätze vorbedacht haben. Es hat eine ernste Berechtigung zu behaupten, daß dies der vojvod, vojvoda war, d. i. ein für die Verteidigung eines größeren Gebietes ein voraus designierter Führer, was auch die Etymologie bestätigt, den voj = Zug, Korps, Heer; vojna, vojska = Krieg; vod, voditi = Führer, führen. Die Punkte, wo solche militärische Führer wohnten, galten als Sammelplätze der Wehrfähigen, und hatten auch darauf hinzielende Bezeichnungen; solche Orte liegen, den Knüpfungspunkten eines großmaschigen Netzes ähnlich über ganz Mitteleuropa, lassen sich aber besonders auf dem Balkan verfolgen. Die Ortsnamen lauten z. B. Vojno, Voj-nica (Fojnica), Vojnik, Bojiste (richtig Vojiste), Vojvod, Vojkovo, Vojna vas, Voitsau, Vojetin, Vojnicky, Wojkow, Woiden u. a. — So weit meine Beobachtungen reichen, ist die eine Seite eines solchen Verteidigungsviereckes oder Ergänzungsbezirkes ungefähr 40 km, wobei aber berücksichtigt werden muß, daß der Vojvod tunlichst in der Mitte seiner Wirkungssphäre wohnte. Mehrere solche Verteidigungsbezirke bildeten nun eine Vojvodina, deren Führer dann aus den vojvod’s hervorging Wörter« (Budapest 1902) zur Bekräftigung der interlingualen Hypothese schreibt: »Hautfarbe, Gesichtswinkel und Haarbeschaffenheit sind wahrscheinlich verschwindend leichtwiegende Momente der Argumentation für die vielerlei Art des menschlichen Geschlechtes und für die Verschiedenheit der Quellen der menschlichen Sprache, in Betracht der schlagenden Beweise, welche die unbegrenzte Fruchtbarkeit zwischen Menschen verschiedener Hautfarbe, der gleiche anatomische Bau, Gleichförmigkeit der physiologisch-biologischen Erscheinungen (gleiche Anzahl des Pulsschlages, gleiche Körpertemperatur, gleiche Dauer der Schwangerschaft u. s. f.)> vorzüglich aber die gleiche physische und ethische Veranlagung uns an die Hand geben«. und auch den Titel veliki vojvoda = Großwoiwode, wie dies die Titulatur bei Serbien, Siebenbürgen u. a. beweist, führte. — Derselben Entstehung sind daher wohl auch die Namen Boji, Bojuvari (bojevati = kämpfen); desgleichen ist der Begriff: Wodan, Wodk, Wode, wie bei sonstigen Beispielen, anfänglich an den Führer eines voj zurückzuführen, wobei sich mit der Zeit eine Umwertung für die Gottheitsbenennung vollzog. Daß es einst Herzogswahlen gab, wo noch ein Bauer gewählt wurde, wissen wir von Unrest, einem kärntnerischen Geschichtsschreiber, welcher erzählt, daß es in Kärnten um 820, d. i. nach dem Einfalle der Hewn (Hunnen, womit aber heidnische Kroaten gemeint sind) keinen Herrn und keinen Herzog gab. Und nun wählte das Volk »und namen für ainen gemainen man von paurn geschlacht, den machten sy zum herrn und hertzoge im landt Quarantano«. — Die Hauptfunktion desselben war sonach offenkundig die Leitung der Landesverteidigung, damit ein einheitlicher Vorgang gewährleistet sei, also durchaus kein bloßer Ehrentitel. Um ein Beispiel der militärischen Urverfassung darzulegen, führe ich nachstehend die Kommando-Zentralen auf der ungefähr 100 km langen Strecke Mostar—Nevesinje— Gacko—Montenegro an : Für Bjelopolje bei Mostar in Vojno ; für Nevesinjsko polje in Bojiste (richtig: Vojiste; ein sonderbarer Zufall: jetzt Militär-Übungslager); für das Zalomska Tal in Fojnica (Vojnica); für Gacko polje die Vojvodova kuca (vojvod Zimonjic lebt daselbst noch heute). In diesen Orten wohnten die Führer des Aufgebotes, hier sammelte man sich, hier fanden die militärischen Beratungen statt. — Logischerweise heißt beim Balkanslaven der Kriegsschauplatz mnemotechnisch ratiste, d. i. der Kampfplatz auf den rat’s, den befestigten, meist schwer einnehmbaren Gebirgs-kuppen, da ja eine Kriegführung in der Ebene hier ausgeschlossen ist. 0 0 Uornamen, uuelrhe aus Öen topographischen Begriffen heruorgegangen sinö. Die Darlegung, in welchem organischen Zusammenhänge die topographischen Namen mit der Bodenbeschaffenheit selbst Zusammenhängen, zeigt uns auch, daß unsere heutigen Vornamen dieselbe Genesis haben müssen, —- In den Urzuständen, bei mäßiger Bevölkerungsdichtigkeit, wo es nur bodenständige Bewohner gab, genügte ein Name für die Person, der dem Terrainteile, welchen der Träger ständig innehatte, angepaßt war, womit zugleich Verwechslungen und Zweifel behoben wurden. Dieser primären Determination folgten aber später, als die gangbaren Namen schon zu allgemein waren, daher infolge ihrer Häufigkeit die Prägnanz einbüßten, Patronjmiika, Vulgonamen sowie sonstige unterscheidende Zunamen. Es gibt ursprünglich daher keine Eigennamen in grammatischer Hinsicht, sondern nur durch längeren Gebrauch zu solchen gewordene Gattungs-, Stoff- und Sammelnamen; nur dadurch, daß man einer bestimmten Person unter den gleichen Lokalitätsbedingungen ständig denselben naturgemäß motivierten Namen beilegte, wurde dieser erst zu einem Spezialnamen (vergleiche z. B. Ivan, Russen, Apeninnen, Rosstrappe u. a.). Die Behauptungen der Etymologen, die Namen: Lu-kavci, Ivanjkovci, Gajovci, Iljasovci wären einst Hauskommunionen (zadruga) gewesen, denen ein Luka, Ivan, Gaj oder Ilija Vorstand, sind vollends hinfällig, denn der Vorsteher hieß nicht immer so, und kennen wir ja jetzt die natürliche Entstehung dieser Ortsnamen. — So hat Miklo-sich in seiner Publikation : »Die Bildung der Ortsnamen aus Personennamen im Slavischen« die Sache gerade verkehrt erklärt, nämlich, daß die Ortsnamen erst aus Personennamen entstanden seien. — Der Irrtum ist sehr leicht bewiesen: bus, busna, bosna war zuerst, und der Ansiedler daselbst wurde Busnjak, Bosnjak, Bosjanin genannt; soll der Fremde, welcher hier den Weideplatz okkupiert hat, und vielleicht von einem brdo (Berg) gekommen ist, gerade schon »Busnjak« geheißen haben, abgesehen davon, daß der kürzere Name stets der ältere ist! — Brdjani sind merkwürdigerweise immer dort, wo es ein »brdo« gibt; der Berg bildete sich doch nicht erst, als die Brdjani (Bergbewohner) dort festen Fuß faßten! — Studencani sind die Bewohner bei einem studenec (Quelle, Brunnen); soll hier der Brunnen erst später entstanden sein, als die Studencani schon da waren, denn jede Ansiedlung setzt die Erledigung der Wasserfrage voraus: gewiß nicht, denn der Name sagt ja: die Bewohner bei der Quelle! — Ratibor ist aus rat (Bergrücken) und bor, vor (Überfuhr, Furt) entstanden, und muß bei jedem Ratibor, Ratiborice u. ä. von denen ich keines persönlich kenne, eine Höhe knapp an einem fließenden Wasser sein, wo sich anschließend daran eine Furt, Überfuhr (oder jetzt eine Brücke) befindet; der Bewohner heißt oder hieß ebenso, weil er dort wohnte, und es konnte durch ihn wohl die Überfuhr geschaffen worden sein, aber nicht der anstoßende Bergrücken! — ln der Natur gibt es eben kein : f i 1 i u s ante patrem! Das Resultat der Forschungen mit diesem Schlüsse kommt wohl unerwartet, dürfte aber im allgemeinen nicht befremden und nur jene enttäuschen, die sich unsere gangbaren Vornamen unnatürlich, poetisch und möglichst hochtrabend auslegten. — Ich lasse hier jene Vornamen folgen, die ich bisher als aus den topographischen Namen hervorgehend, festgestellt zu haben glaube, und schließe jene Auslegungen behufs Vergleichung bei, welche einige deutsche Deuter, anscheinend an der Hand eines althochdeutschen Lexikons oder nur aus eigener Phantasie niedergeschrieben haben.*) *) Ich entnahm die deutschen Auslegungen der Schrift: Dr. Franz Tetzner, Namenbuch (Reclam, Leipzig). Dobrun = Bewohner einer Eichengegend; Gaj (Gallus) = Ansiedler an einem Haine (d. der Hahn) ; Helen, Helena = Ansiedler an einem Weideplätze (Helena d.: die Fackel, der Mastkorb!); Ilija = Bewohner einer Eichengegend (d. der Gottverehrer; Eli = mein Gott); Johann, Ivo, Ivan, Iva, Jovan, Juvan, Juan, Iwar, Iwein = Bewohner einer Eibengegend (d. Gottesgeschenk; Iwein = der Gute); Krok, Krak = Bewohner einer Morastgegend; Lazar = Bewohner einer Rodung (d. Gotthelf; laz = Waldwiese. — Im Mittelalter sagte man statt roden auch »Lasmachen«); Luka, Lukas = Bewohner einer Wiesengegend (lug, loka, lhota = Wiese; luka = Hafenplatz, daher wenn am Meeresufer vorfindlich auch: Ansiedler an einem Hafenplatz) ; (d. der Erleuchtete; hat als Apostel das Attribut eines Ochsen); Ljubusa, Ljupusa, Ljubica = Bewohner einer versumpften Gegend; Mara, Maria, Marian, Marius = Bewohner einer Gegend mit vorzüglichem Ackerboden (d. Maria = die Bittere; Marius = der Glänzende, der Widerspenstige, derMeermann); Moritz, Mofic = der am Meere Wohnende (d. Mohr); Njegus, Njegovan, Niko, Nigo, Ingo = Bewohner einer Eibengegend ; (Nikolaus d. — Volkssieger); Obren = Ansiedler an einer Talsperre (obrana, obfan, branca, branka = Talsperre, Verteidigungspunkt); daraus entstand wohl auch unser Franz (d. der Freie), welches richtig Branec, Branc geschrieben werden müßte. Otokar = Inselbewohner (d. der Stammsitz-Wackere!); Peter = Bewohner eines Felsgebietes (d. der Fels, Stein); Pernat = Ansiedler an einem Alpenweideplatze (d. Bernhard = der Bär, der Starke); Premysl = Ansiedler an einem Vorgebirge (misl), einer Bergnase; Salamon, Salma = Ansiedler an einer Meeresbucht (d. Sa-lamo = Friedrich; Salma = Kleidung); Sava, Sabbas, Sabin, Sabina = Bewohner einer Eibengegend (d. Sabin = der Kluge); Sieghart, Siegbert = Ansiedler an einer Waldrodung (d. Sieghart = der Sieg-Starke; Siegbert = der Sieg-Glänzende) ; Simon (richtig Cimon) = Ansiedler an einer Felskuppe (d. Erhörung); Stanko, Stana = Einzelbewohner im Gebirge (stan, stanica samostan = Einzelgehöft); Stephan = Ansiedler an einem vorspringenden Berge, an einer Bergstufe (stepen; d. Kranz); Vid, Vida, Veit = Ansiedler an einem guten Weideplätze. Daß diese Deutungen dem kräftigen Natursinne des einfachen Menschen mehr entsprechen, als alle sonstigen sinnlosen Interpretationen, ist wohl einleuchtend! Hypothese über öie Zeit öer Uerteilung öer Dorffluren. Einen Anhaltspunkt für das ununterbrochene Bewohnen desselben Gebietes durch dieselben Bewohner schon in der vorrömischen Zeit gibt uns aber auch das Studium des Zeitpunktes der Verteilung der Dorffluren. Schon in meiner etymologisch-kulturhistorischen Studie: »Die Ortsnamen des Oberen Pettauerfeldes« (Marburg a./D. 11 1902) deutete ich auf den augenscheinlichen Zeitirrtum hin, daß die Dorffluren Untersteiermarks etwa in der karolingischen Zeit ihre bis heute gütigen Gemarkungen erhalten hätten, denn es hat den motivierten Anschein, daß die Verteilung des Gemeindeareales nach den heutigen Umrissen schon vor dem Eindringen der Römer stattgefunden haben müsse. Ich kann für diese Behauptung wohl nur ein typisches Beispiel anführen, da ich mich mit den näheren Studien der Dorffluren nicht befassen konnte; vielleicht ergeben aber die Flurforschungen in sonstigen Gebieten, wo auch römische Straßenzüge nachgewiesen sind, dasselbe Resultat. Wie aus der beiliegenden Skizze zu ersehen ist, kann die römische Straße, welche von Windisch-Feistritz in Untersteiermark (an den römischen Marmorbrüchen vorbei) gegen Haidin (damals Poetovio) führte, von Schikola bis Pettau getreu verfolgt werden, d. h. die Trace der heutigen, die beiden erwähnten Ortschaften verbindenden Landstraße deckt sich vollkommen mit der einstigen römischen Poststraße. Ich behaupte nun, daß z. B. die Gemeinden Pon-gerzen und Unter-Jabling bei der Verteilung des Bodens nicht relativ so kleine Teile, Ober-Jabling aber gar nur einige Quadratmeter jenseits der römischen Straße zugemessen erhalten hätten, wenn diese Kommunikation zur Zeit der Verteilung schon bestanden hätte, während aber die Dorffluren von Drasendorf und Micheldorf an der benannten Straße enden, bei denen uns die Skizze auf den ersten Blick zeigt, daß es später aufgeteilte- aus dem arrondierten Flurbesitze von Zirkowitz herausgeschnittene Partien sind; nun ist es aber bekannt, daß der ganze nördlich der Schikola-Haidiner-Straße gelegene Teil einst zum Dominium der Herrschaft Studenitz gehörte, und später, wie die Tradition behauptet, von den Inwohnern von Zirkowitz rückerworben wurde*). Bei der ersten Abtrennung war also die römische *) Diese letzteren Daten, sowie die Skizze sind der Publikation des Dr. Vladimir Levee: Pettauer Studien. Untersuchungen zur älteren Flurverfassung — entnommen. (Mitteilungen der Anthrop. Ges. in Wien 1899.) Die rotgezeichnete Kommunikation ist vermutlich die alte römische Straße. Poststraße schon maßgebend, da die Einwanderung der Deutschen und Einführung ihres den Slaven unbekannten Lehenswesens in diese Gegend ältestens in der karolingischen Zeit stattfand. Ansonsten ist es aber wahrscheinlich, daß der Block von Zirkowitz nördlich der römischen Straße, ehe der Dominialgrund wurde, auch an die drei Gemeinden Zirkowitz, Drasendorf und Micheldorf, analog wie bei den sonstigen Gemeinden, in der Längenrichtung des bezüglichen Besitzes, also gleichfalls unbekümmert um die römische Straßenanlage, auslief. Es ist daher mit Berechtigung anzunehmen, daß die heutige Flureinteilung schon vor dem Eindringen der Römer die gleichen Konturen hatte, und daß derselbe Volksstamm ununterbrochen darauf gewohnt haben müße, weil es höchst unwahrscheinlich ist, daß bei einer späteren Verdrängung des Stammbewohners, oder bei einem größeren Interkalare der Bebauung dieses Bodens die Straßenzüge für die Besitzgrenzen nicht maßgebend gewesen wären, zumal es sich darunter um Geringfügigkeiten handelt. Überdies ist es bekannt, daß die römischen Heeresstraßen ziemlich breit waren und daß entlang derselben vielfach die Bestattung der Toten erfolgte; es ist daher die Annahme begründet, daß die Verteilung der Dorffluren früher stattgefunden hat, als die römische Straße bestanden, daß daher die heutigen slavischen Bewohner daselbst — die Slovenen — ununterbrochen diesen Boden innegehabt haben mußten. Sollte man etwa bezweifeln, daß der genannte alte Straßenzug der richtige sei, so braucht dagegen nur erwähnt zu werden, daß niemand in der weiten 500 Itm2 umfassenden, fast einem Tische gleichen Ebene eine den Lisieren der Dorfflur folgenden Straßentrace — möge es nun welches Volk immer gewesen sein — angelegt hätte, da dies nach der Flurskizze eine mäanderartige, die Straßenentwicklung unsinnig verlängernde Linie ergeben hätte, und eine römische Poststraße führte doch bestimmt von Pulsgau nach Pettau oder wenigstens über das Pettauer Feld. Wenn man sich weiter die Entstehung der einzelnen Ansiedlungen vergegenwärtigt, so kann man in diesem Falle füglich nicht anders denken, als daß die Kontinuität mit den Urbewohnern noch heute fortbesteht. Wer ein Stück Bodens urbar gemacht, hat ihn, um sich einerseits vor wilden Tieren und Feldschaden zu schützen, andererseits aber um seinen Besitz zu kennzeichnen, umzäunt. Das ist wohl natürlich, aber auch noch etymologisch bekräftigt, denn eine solche Umzäunung hieß eben eine Umzäunung, in der slavischen Form: optina, opina (Herzegovina), opčina, občina (von obtinjiti = umzäunen; tinje = Zaun). Kamen Anrainer dazu, so wurde der Plural angewendet; optine, opine, občine. Aber auch die lokalen Ortsnamen sprechen dafür. — Wer soll den Boden, wie bei Siköla (aus školje = Steinsplitter, auch Schotter; scoglii,im ital. Gebrauche die schmalen, wie Rückenflossen aussehenden und aus dem Meere ragenden Felszacken), wo der Humusboden in den Schotterboden übergeht, dies später so klar festgestellt haben, als derjenige, der damit die erste und fühlbarste Arbeit hatte! — Der Ort Stanošinci (fälschlich heute Starošinci, 1265 Ztanossen) bedeutet: die Ansiedler; ebenso Sela bei Pragerhof und Sela bei Pettau, welches auch »Ansiedlung« heißt, und die Slo-venen der Umgebung werden doch nur deshalb diese als Ansiedler bezeichnet haben, weil sie das Nachbarterrain rodeten und sich dort ansiedelten; ebenso gäbe es daselbst nicht heute auch Trniče, Trnovce und zweimal Dračence (= Dorngestrüppgegend; trn, drač = Dorn), wenn zur Zeit, als es schon Stanošince und die beiden Sela gab, alles bebaut gewesen wäre. — Nun muß aber dies schon lange vor der Tracierung der römischen Straße — und wer weiß, ob diese Bezeichnung vollkommen zutreffend ist —-stattgefunden haben, denn zur Zeit des Straßenbaues muß das ganze Gebiet schon kultiviert und vollends in »občine« verteilt gewesen sein, weil sonst derjenige, welchem durch die Straße ein geringfügiger Teil abgetrennt wurde, wohl darauf verzichtet oder sich durch neue Rodung seinen Besitz arrondiert hätte, da ja fruchtbarer Boden, wie sich dies ja heute zeigt, überall an seine Raine grenzte. — Schließlich haben wir auf diesem Gebiete auch zwei bereits den Römern bekannte Namen, die slavischen Ursprungs sind, d. i. Pul-tavia (heute Polskava = der Bach, welcher über das Feld (Pettauer Feld) fließt, und Poetovio (heute Ptuj, Ptuje = das fremde Gebiet, mutmaßlich jenes am linken Drauufer), die man ja schließlich auch zur Beweisführung heranziehen kann, denn die slovenischen Namen entsprechen vollkommen dem, worauf sie hinweisen, die lateinischen Formen sind aber ein sinnloses Wortaggregat. * * * Wenn nun in Europa die meisten ethnographischen, sowie viele Gebirgs- und Flußnamen im Altertume, wenn im allgemeinen in Mitteleuropa die meisten topographischen Namen slavischen Ursprungs sind, so müssen sie wohl von Slaven herrühren, denn es konnten doch unmöglich Slaven, wenn sie erst zur Zeit der Völkerwanderung hierher vorgedrungen wären, Jahrhunderte voraus irgendwelchen Einfluß auf die Namengebung geübt haben ; und wenn so viele Völker slavische Namen tragen, so müssen ja doch eher Slaven da gewesen sein, um die Gelegenheit zu haben, jemandem einen Namen zu geben; wenn sie aber später gekommen wären, so hätten sie schon festgelegte Namen vorgefunden und würde wohl niemand eine neue Namengebung beachtet haben, ebensowenig wie Römer und Deutsche in dieser Hinsicht wesentlich etwas änderten noch ändern konnten. Wo sind überdies die Millionen von Menschen hingekommen, die von den Römern unterjocht wurden, zumal diese so staatsklug waren und jedem Volke Religion, Sprache und Sitte beließen ? Wie kommt es, daß nach dem Sinken der west- römischen Macht auf einmal Millionen von Slaven Mitteleuropa in ungezählten Ansiedlungen bewohnen, und doch gab es auf diesem Gebiete, so lange römische Macht gebot, keine derartigen Vernichtungsschlachten, daß man an ein förmliches Ausrotten der früher in Mitteleuropa ansässigen Völker denken könnte und daß diese Völker sofort und so massenhaft durch Slaven ersetzt worden wären! Sollte übrigens eine so großartige Umwälzung, daß auf einmal Millionen bodenständiger Menschen durch ebensoviel Slaven abgelöst worden wären, stattgefunden haben, so konnte sich, abgesehen davon, daß ja dadurch ein halber Weltteil irgendwo menschenleer geworden wäre, die Sache wohl nicht so unbemerkt abwickeln, daß es die römischen und griechischen Schriftsteller, welche sonst ganz belanglose Vorgänge verzeichneten, gar nicht wahrgenommen hätten, denn unter den Völkern, die in der bekannten großen Völkerwanderung genannt werden, findet man, wie die dermalige Geschichte behauptet, verhältnismäßig wenig Slaven. Wenn man daher so viele geographische Namen in den verschiedensten Gegenden mit slavischem Wurzelworte aus vorchristlicher Zeit kennt, welche die vollkommen zutreffende Charakteristik und die lokale Übereinstimmung mit dem damit belegten Objekte offen dartun, so kann dies, selbst bei krassesten Vorurteilen — an vielen Hunderten von Namen doch keine bloße Zufälligkeit sein. Die gesamten Beispiele und Erklärungen in diesem Buche sind daher durchaus nicht vom Verfasser konstruiert, erfunden oder erdichtet worden, denn die Beweise sind ja einerseits in den Sprachen niedergelegt, andererseits — und das ist das weit wichtigere — stehen sie draußen, für jedermann sichtbar, im offenen Lande! * * * Die Studien ergaben überdies das Resultat, daß diese auf der Autopsie begründete topographische Etymologie auch in militärischer (zum Teile auch touristischer) Hinsicht in unbewohnten Gegenden, wie im Hochgebirge oder namentlich im Karstgebiete, ganz willkommene Angaben bieten kann, vorausgesetzt, daß man eine Militärkarte besitzt. Liest man diese, so möchte man oft gerne wissen, wie es an einem erwünschten Punkte in Bezug auf Bodenbedeckung, Hilfsquellen und taktische Verhältnisse aussehen mag und hiefür gibt in vielen Fällen schon der Name jener Gegend eine reelle Andeutung. — So ist es dem Kommandanten eines Nachrichtendetachements sehr wissenswert, ob er an einem zu passierenden Punkte z. B. Futter für Pferde und Tragtiere finden werde, ob genügend Wasser vorhanden sei u. drgl. — Liest er in der Karte z. B. Ovčina, so kann er wissen, daß dies nur ein Schaf Weideplatz ist, also eine mehr weniger magere Weide; die etwa auf der Karte verzeichnete hiezu gehörige Wasserquelle mag auch schon versiegt sein; findet er »Pg.šina livada«, so sagt ihm der Name, daß es dort eine fette Weide gibt; überdies ist daselbst Baumwuchs; die Stelle muß konstantes Wasser haben, denn »livada« bezeichnet eine bewässerte Weide. — Solche Folgerungen sind hier empirisch berechtigt, wohingegen die auf der Karte ersichtlichen Quellen, Brunnen und Zisternen im Hochsommer oft trocken und leer stehen. Weist die Karte eine »lokva« (= hervortretendes Grundwasser) auf, so kann man ausnahmslos überzeugt sein, daß man dort Wasser, wenn auch kein hygienisch zum Trinken geeignetes, finden wird. — Wer eine Höhe namens: Straža, Stražnica, Pandurica, Grmada, Pogledak, Oglej, Ogladnica, Ogrodzon, Grad, Gradina, Strassburg, Strassberg u. drgl. zu besetzen oder anzugreifen hat, kann im voraus überzeugt sein, daß dies ein Punkt ist, welcher nicht nur sehr gute Übersicht bietet, sondern der auch schwer einzunehmen ist, denn die Naturvölker suchten sich für ihre Sicherheit die günstigsten Beobachtungs- und Verteidigungspunkte aus, und wir können mit absoluter Bestimmtheit solche Punkte auch als die taktisch wichtigsten in einem gewissen Umkreise ansehen. Kenntnisse dieser Art können im Ernstfälle allenthalben einen momentanen taktischen Vorteil bieten und ist z. B. für die Balkanländer, wo die topographischen Begriffe zumeist sprachlich rein erhalten sind, hiezu nicht mehr als die Bedeutung von etwa hundert einschlägigen Begriffen wissenswert und einige Kenntnis des Karstcharakters. III. Die Prüfung öes Zusammenhanges äes Naturmythus unö öer Uolksphantasie mit Einst unö letzt. A ür die Hypothese der Synchronie der Slaven mit der Diluvialzeit und den Autochthonismus derselben in Europa gibt es auch einige Anhaltspunkte. Daß wir topographische Namen haben, die aus jener Zeit stammen, da unsere Erde noch kein geregeltes Flußsystem hatte, und jede heutige Ebene noch ein Meer oder See war, wurde bei dem Eigennamen »Mähren« und »Mar-chia« in Steiermark nachzuweisen versucht, denn wenn sich die Kunde an die Verhältnisse einer fernen Zeit bei den dortigen Bewohnern erhalten hat, so kann dies sicherlich nicht der Ausfluß eines Studiums, sondern nur eine ununterbrochene Überlieferung sein. Übrigens haben alle Anspielungen an einen einstigen See auffallenderweise nur slavische Bezeichnungen. Die Slaven ein autochthones europäisches Volk zu nennen, dazu berechtigt auch die altslavische Mythologie, denn es scheint, daß die germanische Religion nicht nur dem slavischen Naturmythus sehr nahe steht, sondern daß sie geradezu auf derselben aufgebaut ist. Dies bestätigen uns auch — wenn auch indirekte — deutsche Gelehrte, wie Golther, Schönbach u. a., von denen z. B. der erstgenannte meint: »Mehr als die Hälfte des durch J. Grimm zum Aufbaue der germanischen Mythologie angehäuften Materiales ist hiezu unverwendbar, weil es einem späteren und jüngeren Zeitalter entnommen, für diese Epoche daher anachronistisch ist. Und noch mehr: vieles darunter ist überhaupt nicht deutsch, weil zum Teile die heidnischen Gebräuche von den christlichen verdrängt wurden, zum Teile haben sich aber Mythen alter nordischer Völker als solche deutschen Ursprungs eingereiht. Bei der Untersuchung mythologischer Quellen ist es Hauptsache, sich der unzutreffenden und unbrauchbaren Beweise zu erwehren«. Schönbach geht noch weiter*): »Jene sozusagen naive Freude zu suchen und zusammenzusetzen, welche seinerzeit J. Grimm fühlte, ist heute zum großen Teile schon geschwunden und mußte einer nüchternen Kritik Platz machen. Wir ersehen bereits, daß der germanische Himmel nicht viele Bewohner besitzt und wissen, daß die üppig wuchernde Mythologie der nordischen Völker und Inseln die ziemlich ärmliche Kenntnis über die germanische Götterwelt ergänzen mußte; wir sind jetzt überzeugt, daß unsere dem Namen nach bekannten Gottheiten nicht genügend umschrieben sind, wir erkennen nicht mehr ihre Gesichtszüge, dürfen daher auch nicht als Wahrheit auslegen, was uns die christlichen Epigonen im Volksglauben zurückließen«. Ich hielt es für opportun diese beiden Ansichten vorauszusenden, auf daß meine diesbezüglichen Behauptungen nicht allzu unvermittelt erscheinen. Was diese Forscher behaupten, ist sicherlich richtig, nur ist da eine Zeitmetathesis eingedrungen, die vor allem richtiggestellt werden muß, denn nicht so sehr die Einflüsse ') Zeitschrift des deutschen und österr. Alpenvereines, 1900. der christlichen Zeit sind diejenigen, welche am wirksamsten für den Aufbau und die Zusammensetzung der germanischen Mythologie waren, sondern wohl schon die Volksreligion der alten Slaven aus der Urzeit, die bei der sukzessiven natürlichen Entwicklung von Sprachzweigen von dem Stammvolke unbewußt mit- und überging. Daß auf dem organischen Wege der Trennung oder Annäherung sprachliche Splitter, religiöse Ansichten, Sitten und Gebräuche im Wechselverkehre der Völker die normalen Grenzen überspringen und auf fremden Gebiete Wurzel fassen, das ist auch heute unvermeidlich und dabei selbstverständlich, denn jedermann übernimmt gerne vom Fremden — ohne eingehende Prüfung — alles, was ihm daran gefällt, sei dies nun ein Ausdruck, eine Phrase, Mode, Kunstrichtung, Sport u. drgl. Es ist auch kein Zweifel, daß J. Grimm bei der Zusammenstellung der deutschen Mythologie mehr von der idealen Begeisterung als dem ernsten Forschungstriebe geleitet wurde, und sind seine bezüglichen Arbeiten eine geistreiche Kompilation aus den verschiedenen Volkssprüchen und Gebräuchen, deren Provenienz aber nicht kritisch geprüft erscheint, ebenso wie S i m r o c k nach eigener Phantasie die urgermanischen Götter bildete; bei nüchterner Untersuchung schwindet aber fast der ganze germanische Olymp irp besten Falle bis auf einige Götternamen und etliche zerstreute Notizen über heidnische Opfer und Feste. — Wer daher die als germanische Mythologie kostümierte Frau schonungslos entkleiden will, wird dabei wohl nur ein Puppengestell antreffen. Der gelehrte M. Koch schrieb darüber bereits vor einem halben Jahrhunderte*): »Genau besehen erscheint die germanische Alle-Welt-Taufe als der größere Übelstand, teils wegen seines zähen Festhaltens und teils deshalb, weil er, begünstigt von großen Gelehrten, tief in die Anschauung *) Mathias Koch, Über die älteste Bevölkerung Österreichs und Bayerns. — Leipzig 1858. des Volkes eingedrungen ist. Findet aber ein Mißbrauch aus Irrtum statt, so hat ihm das bessere Wissen zu steuern. Die meisten haben sich in die germanische Anschauung so tief hineingearbeitet, daß sie der Trennung von ihr das Beharren im Irrtume vorziehen«. Solches schreibt und behauptet man, und doch Wales mir bisher nicht möglich nur einen deutschen Forscher zu finden, welcher wenigstens angedeutet hätte, daß die germanische Mythologie durch die altslavische beeinflußt worden wäre, obschon dies ziemlich offen am Tage liegt und es ja bekannt ist, daß etwa bis zur Hälfte des Mittelalters nicht die geringste Spur einer germanischen Götterlehre zu finden ist. So ist der germanische Altvater »Wodan, Woden, Wuotan«, wenigstens sprachlich, slavischen Ursprungs, möge er nun den Germanen als Gott der Winde und Stürme, als Schutzherr der Schiffer gegolten haben oder im Binnenlande zum Range des obersten Gottes gelangt sein, weil ihm daselbst das Patronat über das Wasserelement naturgemäß entfiel. Schon seine Attribute, die beiden Raben Munin und Hugin, von denen der erste angeblich den Verstand, der zweite die Gedanken Wodans repräsentierte, sind derart plumpe Erklärungen, daß sie bereits das natürliche Denkvermögen über Bord werfen mußte, denn das Referat des Denkens wird wohl die primitivste wie geistreichste Volksphantasie ihrem obersten Gotte, worin ja dessen Hoheit kulminiert, belassen haben, und besorgten allenthalben dessen Attribute die Umsetzung seiner Gedanken in Taten; übrigens hat sich eine Naturreligion gewiß nicht mit abstrakten Dingen und theosophischen Betrachtungen abgemüht. Man bleibe nur dabei und belasse den beiden Raben die naturgemäßen Aufgaben des B1 i t z e n s und Donnerns, denn »munja« heißt bei den Balkanslaven noch heute Blitz, und der Slovene und Kroate gebraucht noch immer »huk« für großes Gepolter, also vermutlich einstauch für Donner. Es ist auch auffallend, daß die germanischen Götternamen zumeist sinnlose Aggregate von Lauten sind, was in anderen Religionen doch nicht so sehr der Fall ist, umsomehr als wir wissen, daß die menschliche Sprache nur innerlich begründete, eine Idee in sich tragende wahrhafte Wörter bildet; es können daher gerade Eigennamen nur aus den in der Sprache schon vorhandenen bedeutungswerten Wurzelwörtern gebildet sein*). — Man behauptet allerdings, daß Wodan den Namen von »va« (= wehen) erhielt, sei daher die Personifikation für Sturm und Wind; diese Auslegung ist jedoch sprachlich unrichtig, denn das Charakteristische ist hier das »o« in der Grundsilbe, welches in allen bekannten Formen beibehalten ist, sowie nicht minder das »d(t)«, welches nicht unmotiviert allen Namensformen anhaftet, aber auch kulturgeschichtlich unglaubwürdig, denn die alten ackerbautreibenden Bewohner am Unterrheine verehrten auch einen Gott, namens ¡>Vo-danaz«, die alten Pommern den »Wode. Wodk«, worin wir unbedingt den Begriff »vod« als Wurzel ansehen müssen. Und diesem Namen liegt nicht etwa »voda« (= Wasser), sondern »vöd« (Zug), »voditi« (führen, leiten) als Grundwort vor, sonach Wodan gleichbedeutend ist mit »vodar, vodej, vodnik« (= Führer, Ältester), welche Formen dem pommerschen Wodk (vodnik), Wode (vodej) auch am nächsten kommen, denn daß »voden« als Adjektiv im praktischen Gebrauche zur Bezeichnung für eine Standesperson oder Gottheit gedient hätte, ist höchst unwahr- *) So ist die Etymologie de^ Namens der germanischen Göttin Fricka dermalen nicht bekannt; aber in der Edda wird der Stein, mit dem sie sich zu schmücken pflegt, »brisingamen« genannt. Darunter versteht man im Slavischen den Uferstein, das ist jenen Stein, der zur Zeit der Flut ans Meeresufer geschwemmt und von den Umwohnern während der Ebbe aufgelesen wird, und kann darunter wohl nur der Bernstein gemeint sein. Brizni kamen wurde aber, da eben brieg, breg sowohl Ufer als Berg bezeichnet, nicht ganz sinngemäß in Bergstein übertragen, woraus sich mit der Zeit der harten Aussprache wegen Bernstein bildete. scheinlich, weil der Naturmensch wohl Substantiva nicht aber substantivisch gebrauchte Adjektiva, welche letztere doch schon der genetischen Fortbildung der Sprache entstammen, angewendet haben wird. — Wodan versieht sonach anfänglich auch die Funktion eines župan, car, ala, paša u. drgl., ist also wahrscheinlich nur die Bezeichnung für eine Hoheitsperson in der ältesten Verfassung, welche später, ebenso wie in anderen Fällen, auf die höchste Gottheit überging, was mit dem ausdrücklichen Vorbehalte gesagt sein will, falls Wodan tatsächlich jemals zuvor, ehe die deutsche Mythologie aufgebaut wurde, als oberste Gottheit galt, was aber wenigstens zur Römer zeit noch nicht gewesen zu sein schein t*). — Daß die regierende Wassergottheit daher zur Hauptgottheit avanzierte, ist höchst unwahrscheinlich und dies umsomehr, als Wodan gar kein Attribut besitzt, welches irgendwie an seine frühere Machtsphäre erinnern würde; daß aber die Raben, das Pferd, sein Ritt auf der Rosstrappe u. drgl. spätere poetische Zutaten ohne jede naturgemäße Entwicklungsphase sind, ersieht jedermann schon aus der Etymologie der Rosstrappe, wo der mythischen Entstehung die natürliche schroff entgegen gestellt wurde. Und eine Vorstellung beim primitiven Volke, die keinen ursächlichen, naturgemäßen Anfang hätte, gibt es absolut nicht, und wird es einem Helldenkenden niemals beifallen auf die Dauer Sagen lediglich als Produkte spielender Phantasie anzusehen, wenn sich auch der wahre Kern infolge vieler bunter Umhüllungen gut verborgen erhält.**) — So kennen wir den allgemeinen Volks- *) Die Chiapanezi auf Yukatan nennen ihren Stammvater auch »Wotan«. **) Wer sich in dieser Hinsicht weitere Beweise holen will, lese das Werk: Dr. R. v. Grzetič »O vjeri starih Slovjena (Über den Glauben der alten Slaven) Mostar 1900. — Ihm sind fast alle Berg- und Flußnamen mythologischen Ursprungs, die ich aber alle als profan-irdisch erkannt und gedeutet habe, soweit mir eben deren Etymologie bekannt ist. glauben, daß man in eine Wiege, in welcher ein Kind gestorben ist, kein zweites mehr hineinlegen soll, da sodann auch dieses sterbe. Das ist aber ursprünglich kein Aberglaube, sondern die nüchterne Prophylaxis gegen weitere Erkrankungen, nachdem das Kind ja an Scharlach, Masern, Typhus, Meningitis u. drgl. gestorben sein kann. A'Ian setzt bei uns daher die Wiege außer Gebrauch. Dem Naturmenschen ist aber dieses nicht genug, sondern er stellt die Wiege selbst auf das Grab (z. B. in manchen Gegenden der Herzegovina), indem er hiemit in rigoroser Weise und doch unbewußt den Gegenstand der Ansteckung entfernt, aber auch zugleich das Grab symbolisch schmückt, wie es natürlicher, sinnvolle r und z u t r e f f e n d e r nicht der kostbarste Grabstein vermag. — Dieser Aberglaube enthält sonach eine sehr wichtige hygienische Maßregel, verdient also jene Bezeichnung durchaus nicht. — Ein weiteres Beispiel bietet uns die fast bei allen Völkern verbreitete Werwolf-und Vampyrsage (bei den Slaven: vukodlak = Wolfshaar). — Der Werwolf (Mannwolf), meist der verstorbene Mann, sucht nachts am liebsten sein Todeshaus auf und pflegt dort geschlechtlichen Verkehr mit seiner Frau, und zwar merkwürdigerweise nur dann, wenn sie schön und jung ist.*) —- Während wir darüber nicht lange nachgrübeln und es ohneweiters als einen müßigen Volksglauben hinnehmen, die Gelehrten dies allenthalben auf die Tollwut basieren, erklärt sich der Montenegriner in seinem geraden und freien Sinne die Sache sehr natürlich, denn er. weiß, daß junge, schöne Witwen, welche die Frucht eines Liebesverhältnisses vor der Welt beschönigen wollen, mit Entsetzen zu erzählen trachten, daß nächtens der Selige zu ihnen komme und sie beschlafe. Während nun die einen den Popen holen, die andern Dornpfähle bereit halten, um den Werwolf zu durchbohren, lachen die dritten als die *) Der Slovene nennt ihn nebst velkodlak auch prilog, d. i. Beischläfer. wissenden Unwissenden still über die weibliche Schlauheit und Erfindungsgabe in Verlegenheitsmomenten. — Der Name selbst wird wohl dadurch entstanden sein, daß sich der Geliebte ein Wolfsfell über den Kopf stülpte, um beim Verlassen des Hauses unter dem Schutze dieser Vermummung nicht etwa erkannt zu werden. Dieser Aberglaube ist daher auf ein frühzeitiges Witwentum berechnet, was namentlich in jenen Ländern, wo das Heiraten der Witwen verpönt oder nicht gebräuchlich ist, entstanden sein dürfte, um auf diese Weise dem Verzichte jugendlicher Witwen auf jeden weiteren geschlechtlichen Verkehr einen motivierten Ausweg vorzubereiten, nachdem unmoralischer Wandel einer strengen Kritik und oft sehr harter Dorfjustiz unterworfen war. Wenn nun der Kulturmensch diesen Aberglauben rundweg negiert, ohne zu wissen, daß demselben eine reale Basis zugrundeliegt, so kennt hingegen der Naturmensch die wahre Entstehung und glaubt doch an den Werwolf, weil ihm die Möglichkeit des vereinzelten Erscheinens eines solchen nicht ganz ausgeschlossen erscheint. — Ungefähr so sind alle unsere Sagen, Märchen, Mythen und volksgläubigen Erzählungen zu nehmen; sie alle haben einen sehr prosaischen Kern, den aber poetischer Flitter mehr oder weniger in das Dunkel verdrängt hat. So müssen wir auch auf natürlich-analythischem Wege dem Uranfange unserer Mythologie entgegengehen, denn auch die gesunde menschliche Phantasie geht den organischen Weg vom Natürlichen zum Phantastischen, und gab es ursprünglich gewiß eine scharfe Grenzlinie zwischen der wahren natürlichen und der trügerisch unnatürlichen Bildung unserer heutigen Sagen-, Märchen-und Legendendichtungen. Nachstehend folgen noch einige Beispiele mythologischer Begriffe, welche slavischen Ursprungs sind: Der deutsche »Schratt« (Kobold) stammt wohl vom slavischen »škrt, škrat, škratelj« Waldgeist, der das Knarren der Waldbäume verursacht; ebenso ist die Bezeichnung »med« (met, Honigwein) für den Nektar der germanischen Götter bestimmt ein Wort slavischen Ursprungs. Überdies haben sich manche Gebräuche, wie z. B. das Versorgen der Spinnräder und die Abnahme des Werges von der Kunkel für die Zeit von Weihnachten bis zum Dreikönigstage (»die bösen Zwölf«), weil sich sonst die »vehtra baba« (»Perchta«) zum Spinnen einfinden konnte, als Erinnerung an die stürmischeste Zeit des Winters, die Zeit der »wilden Jagd«, erhalten; ich fand aber diese Volksmythe im Kolos-Gebirge und auf dem Pettauer-Felde in Untersteiermark, also in einer rein slovenischen Gegend, wo es ganz ausgeschlossen ist, daß man etwa Grimm gelesen und dann die Lektüre allgemein ins Praktische übertragen hätte; es ist dies ein alter heidnischer Brauch, der sich gerade beim sprachlich nicht gemischten slavischen Volke ununterbrochen bis heute erhalten hat; — und wenn Weber in »Dreizehnlinden« vom Brauche erzählt, daß man den letzten Apfel auf dem Baume, die letzte Weizenähre auf dem Felde als »Vogelzehent« zurücklassen müsse, auf daß sie im nächsten Jahre noch besser gedeihe, so ist in der vorerwähnten Gegend genau derselbe Brauch zu finden, wo selbst eine Beere von der letzten Traube unter gleichem Segenswunsche auf den Weinstock aufgelegt wird; alles wohl Reste einer aus der Urzeit her stammenden Naturreligion! Auf dem gleichen Gebiete fand ich auch die Redensart: trpim ko črna grada! (== ich stehe so viel aus, wie die schwarze Scholle); und diese Redensart ist nichts weiter, als der Nachklang des Rechtssymboles, wie er unter der Form »chrene chruda« in der Lex Salica vorkommt. Welchen Wert die Auslegungen Grimm’s haben, sieht man in diesem F'alle. denn er deutete obigen fremdklingenden Begriff als »reines Kraut«, obschon die darin genau beschriebene symbolische Handlung diese Auslegung vollends unmöglich macht. Doch dieses ist eine uralte slavische Rechtssatzung, welche die salischen Franken von den Slaven übernommen haben dürften, und die sehr alt sein muß, denn die Lex 12 Salica wurde schon im J. 490 n. Chr. in barbarischem Latein kodifiziert.*) Und man kann sich das Vorkommen eines so exotischen Spruches in zwei derart entfernten Lokalitäten doch nicht anders erklären, als daß dieses Rechtssymbol einmal bei den Slaven allgemein bekannt war. Mit tiefem Bedauern muß daher die Wissenschaft die Tatsache verzeichnen, daß so mancher bedeutungsvolle Begriff und Brauch, der Völker sterben, Reiche untergehen und ganze Götterwelten in Konkurs geraten sah, hiebei seinen Geburtsschein einbüßte; wenn sich aber trotzdem einmal ein solcher Begriff oder Brauch durch Jahrtausende erhalten hat, so ist es wohl Sache der Gelehrtenkreise, ihm objektiv seine Priorität in der Kulturgeschichte zu wahren, damit er zur Lichtung der heutigen Ansichten über unsere Kulturverhältnisse gegen die Urzeit zu beitrage, ehe er selbst dem Lose des Vergessenwerdens anheimfällt. Eine beweiskräftige Stütze für den Autochthonismus der Slaven bietet auch die Lokalsage vom Zlatorog auf dem Triglav. Die alten Slaven besaßen eine sehr ausgebildete Mythologie, was sich damit erhärten läßt, daß sie für die meisten Naturkräfte eine eigene Gottheit hatten. So saß ihnen in *) Ich wies, wie ich glaube, als erster, in meinem Werkchen: Die Ortsnamen des Oberen Pettauer Feldes. Marburg a. D. 1902 — auf die slavischen Ausdrücke in Lex Salica, welche wohl auch ein Beweis sind, daß die Slaven schon längst vor der Verfassung dieses Gesetzbuches am unteren Rheine gewohnt haben müssen. — Vergleiche p. 121 der Lex Salica, ed. Behrend. — Die Erklärung der »chrene chruda« des Pastors Frenzei in seinem Schriftchen »Der Belus oder Sonnendienst in den Anden« aus dem Keltischen ist der Bedeutung wohl näher gekommen aber doch ebenso anfechtbar, wie seine Auslegung von »kemenate« aus dem kelti-tischen »caoimhe« (= Genossin) und »nad« (Wohnung), also eine Art »Frauengemach« grundfalsch ist, da das Wort doch zweifellos das sla-vische »kamen, körnen« (= Stein) zur Grundlage hat, und jenen Raum im Hause bezeichnet, wo man Feuer anzumachen und zu kochen pflegt, was naturgemäß eine Auslegung der betreffenden Stelle, bezw. eines Teiles der Wand, wenn das Haus aus Holz ist, mit Steinen erheischte. Der Russe gebraucht noch heute den Begriff »komnata« für: Wohnraum, Zimmer. den Julischen Alpen, auf dem höchsten Punkte dieses Gebietes der »Triglav«. Allgemein glaubt man, daß der Ge-birgsstock von drei Zinken oder Spitzen den Namen habe, und fühlt zugleich, daß dies heute sinnfällig ist, weil selbst eine ungewöhnliche Phantasie nicht behaupten kann, daß man hier drei einigermaßen auffällige Spitzen bemerken 12* könne, wie dies schon die beigegebene Ansicht zeigt. Es ist aber wahrscheinlich, daß dereinst wirklich drei auffallende Spitzen vorhanden waren, von denen aber zwei stärker abbröckelten, denn es ist offenkundig, daß der Urmensch bei der Namengebung vorerst von der natürlichen Anschauung ausging, und sich erst daraus die mythische Benennung entwickelte: Der Urslave hat aber einst diesem Gebirgsstocke dadurch unbewußt den Namen gegeben, daß er die höchste Höhe mit dem höchsten Gotte identifizierte, deshalb dahin auch den Sitz seines Gottes »Triglav« (= Dreikopf) verlegte, welcher hier (auch heute an der Grenze von Krain, Kärnten und Italien) eine besondere Fernsicht habe und so auch das Tun und Treiben der Menschen überblicken könne, umsomehr als ehedem die Höhe als nicht ersteigbar, also als unkontrollierbar galt. Hier war wohl einmal der südslavische Göttersitz und hier auf dem höchsten Punkte des Gebirgsstöckes lebten in einer blühenden und üppigen Szenerie der Triglav, die Vila’s, die Rojenice (Schicksalsgöttinnen), der Skrat, Zlatorog u. a. m. — Hieher dürfte sich der Slovene gewendet haben, wenn ihn Mühe und Sorge drückten, und hieher blickte sein Auge, wenn sich das- Herz froh und glücklich fühlte; daher kommt es, daß der Triglav als Berg sowie seine ganze Umgebung*) noch heute dem Slovenen wie ein Heiligtum *) Es scheint auf den ersten Blick, als ob zwischen Triglav, Wochein und Veldes in mythologischer Hinsicht irgendein organischer Zusammenhang bestünde, was jedoch nicht der Fall ist. Es darf hiebei nicht unerwähnt bleiben, daß »Veles, Velez« ursprünglich einen großen, schwer zugänglichen felsigen Berg bezeichnet und daß wir darin das slavische Wort »vele« (groß, erhaben) angewendet finden. Es ist möglich, daß man solche Felshöhen mit dem Hirtengotte »Veles« identifizierte, weil er von seinem erhöhten Standpunkte leicht das verlaufene Weidevieh überblicken konnte, man daher bei Abgängen des Viehes zu ihm betete. — Alle Örtlichkeiten namens »Veles« weisen aber tatsächlich einen hohen Felsberg auf, wovon ich die Situation in der Hcrzegovina und in Krain persönlich kenne, Veles in der Türkei, Veles Bianca, Veles Rubio, Veles Malaga auf der pyrenäischen Halbinsel, Veles de la Gomira bei Marokko aber durch Beschreibungen als Felsburgen oder Felskastelle beschrieben erscheinen, ohne daß er für dieses Gefühl eine besondere Begründung wüßte. Es ist aber möglich, daß jene Höhe einmal — vielleicht in einem Zeiträume, wo dieses Gebiet der Erde im Perihelium stand — wirklich üppig bewachsen war; als hierauf eine Glazialzeit folgte, wurde allmählich die Kuppe sowie der ganze Gebirgsstock zu einem Steinmeere. Die Sage vom erzürnten Zlatorog, welcher die blühenden Hochflächen im Zorne zerwühlt und zu einem zerklüfteten Felsgebiet gemacht, dürfte wohl nur eine an sich unfaßbare, daher mythische Erklärung sein, wie sich der prähistorische Slave diese überraschende Umwandlung auf dem Wege vieltausendjähriger Überlieferung erklärte. Wollte aber doch jemand glauben, daß die Sage vom Zlatorog*) erst nach dem 5. oder 6. Jahrhunderte, als die Slovenen nach der bisherigen Ansicht die Alpenländer besiedelten, entstanden sei, so ist dies, ganz abgesehen von der möglichen eigenen Beobachtung — denn der Triglav war zu dieser Zeit gewiß keine blühende Alpe, sondern schon ein Felsmeer — nicht möglich, weil dies ja niemand geglaubt hätte, und obendrauf die christliche Lehre schon im 4. Jahrhunderte längst über Aquileja vorgedrungen war, es daher wenig Aussicht gehabt hätte, Anhänger für eine ad hoc künstlich aufgebaute Mythologie zu finden. Wie sollen wir uns daher die reinslavischen Namen »Triglav« und »Zlatorog« erklären, wenn in der heidnischen Zeit hier noch keine Slaven wohnten, ein natürlicher Beweis, daß die Kelten der Alpenlän'der eben Slaven waren. — Auch gibt es im Triglavgebiete einen »Veliki Bogatin« (= großer Reicher), »Mali Bogatin« (= kleiner Reicher) finde. — Die Italiener nennen den Velež auch dementsprechend: Monte Alto. — So ist auch Yelehrad ursprünglich nichts weiter als eine festere Verteidigungsvorsorge auf der Bergkuppe südlich des heutigen Yelehrad, denn eine solche Befestigung wird niemand im Tale anlegen! *) Die Sage vom Zlatorog wurde deutsch von R. Baumbach, slo-venisch von A. Aškerc u. zw. von beiden episch meisterhaft bearbeitet. und den »Zlatnik« (= Goldgrube). Alle diese Namen sind auch nicht grundlos entstanden und sind manche der im genannten Gebirgsstocke befindlichen Höhlungen menschlichen Einflüssen zuzuschreiben; eine wissenschaftliche Untersuchung dürfte wahrscheinlich ergeben, daß dereinst hier nach Gold gegraben wurde; als aber später die goldführenden Adern endeten und sich der Bergbau nicht mehr lohnte, verfielen die Stollen, irgendein Erdbeben verschüttete alle sichtbaren Zeichen einstiger montanistischer Tätigkeit und nur noch die Sage pflanzte im romantischen Kleide die Kenntnis fort, es befänden sich in den Höhlen des Triglav Goldmassen, die man mit »700 Fuhrwerken« nicht wegschaffen könne*). Daß in jedem Namen ein Stück Wahrheit steckt und daß der Volksinstinkt nur deshalb nicht irrt, weil er den Zusammenhang von Einst und Jetzt niemals verloren oder unterbrochen hat, mögen folgende Beispiele zeigen. — Den Geologen befremdet es leicht, wenn er in einer Gegend einige vulkanische Gesteinsfragmente findet und sich diese in einem ganz fremden Milieu nicht erklären kann; weiß er aber, daß sich in der Nähe eine kraterartige Vertiefung befindet, die z. B. der Slovene: »zega, zekno, zegar« (Krater, auch Öffnung des Schmelz- oder Kalkofens) nennt, so erhält er damit die Bestätigung, daß hier einmal ein vulkanischer Berg war, und daß diesen der Mensch selbst noch gesehen haben muß; und dies war wohl nicht im 5. oder 6. Jahrhunderte n. Chr. Geb., sondern aller Wahrscheinlichkeit nach noch in der Tertiärzeit, so wie es unbedingt abzuweisen ist, daß diese Erkenntnis den geognostischen Kenntnissen des primitiven Gebirgsbewohners entsprossen sei, wenn sie schon einen Fachgeologen vor ein Rätsel stellt. — Sieht man sich aber in einer solchen Gegend nach näheren Argumenten *) Daß es vor der Gletscherzeit bereits einen Bergbau gab, dafür findet man auch Beweise im Rauriser-Tale (Hohe Tauern). In dem heutigen Hüttwinkel kamen mit dem abschmelzenden Gletscher alte Bergwerksstollen und Ruinen von Knappenhäusern hervor. um, so kann man sich auch weiter überzeugen, daß dies durchaus keine Zufälligkeiten, unmotivierte Einfälle oder Traumgebilde sind. So ist gerade bei »Zega«, einem Orte bei Studenitz in Untersteiermark, nicht nur der Krater selbst durch den Namen festgelegt, es befindet sich da nicht allein die kraterförmige Vertiefung und das vulkanische Gestein sporadisch im Umkreise, sondern der anstoßende Berg selbst heißt noch immer »Besni« oder »Besniski breg« (= Feuerspeiender, wütender Berg). — Ebenso befindet sich in den Karpaten zwischen dem Fluße Czyroka bis zur Wielka Aga eine Gebirgskette, welche die Bevölkerung als »Wyhorlat« (ausgebrannter Vulkan) bezeichnet. Die Geologie beweist, daß dort vor undenklichen Zeiten Vulkane waren, was noch heute die Kraterformen sowie die umliegende vulkanische Asche beweisen. Ein anderes Vorkommnis, das uns auch rätselhaft dünkt, möge gleichfalls.hier Erwähnung finden. — In den Gemeinden Maria-Neustift, Monsberg und Stoperce (Untersteiermark) wird seit langen Jahren der feste, graue Sandstein, welcher sich vorzüglich zu Platten, Stufen, Türstöcken u. drgl. eignet, in Massen gewonnen. Die Steinbruchbesitzer machten ehedem viel Mißgriffe, da sie Stellen öffneten, die wohl anfangs gutes, später aber unbrauchbares Material lieferten; erst als sie Steinbrüche in einer Gegend aufschlossen, welche die Umwohner als »Pesjak« (= Sandsteinberg) bezeichnen, gelangte man zu einem ausgezeichneten Material, welches schon Jahrzehnte abgebaut wird und stets von gleicher Qualität bleibt. — Es entsteht nun die ernste Frage, wie kamen die Leute dazu die Gegend so zu benennen, wo sie von den geologischen Verhältnissen deshalb keine rechtschaffene Kenntnis haben konnten, da das Gebiet bewaldet ist und eine ziemlich dicke Humusschichte ebenso besitzt, wie die anderen minderwertigen Steinbrüche. Und erst jetzt kann man behaupten, wie berechtigt der Name ist, und wie unnatürlich man ihn bisher als »Pesjak« (= Hundsberg; pes = Hund; pesek = Sand) auslegte, denn bis zu dieser Publikation wird es kaum jemanden geben, der die sachgemäße Deutung des Namens wahrgenommen hätte. Die Unterbrechung der etymologischen Kontinuität war sonach auch vom materiellen Nachteile für die ersten Unternehmer. — Um sich dieses Rätsel zu erklären, kann man nur annehmen, daß die Umwohner schon den Berg kannten, als er noch in Bildung, also noch nicht mit Humus und Baumwuchs bedeckt war, und dies kann wohl nur in jener Epoche gewesen sein, als die Sandablagerung aufhörte, also am Schlüsse der Neogenzeit! Etwas ähnliches bieten auch die Namen jener Gegenden, die Kohle enthalten. — Der Name »Karwin« ist als großes Steinkohlenlager in Öst. Schlesien bekannt; es haben aber auch alle sonstigen Namen dieser Art Kohlenlager, wenn solche heute auch nicht geöffnet sind; so ist Carvin in Frankreich eine Kohlengrube im Abbaue; die Ortschaften Skorba, Korpa, Skorblje (Skrblje) in Untersteiermark liegen alle auf ungeöffneten Kohlenflötzen, was daraus zu schließen ist, daß Bohrungen in der Umgebung diese Behauptung bestätigten. Wie hat sich nun dieser Name erhalten, der an etwas anknüpft, was in der Tertiärzeit zum letztenmale zu sehen war, seither aber von mehrweniger mächtiger Schichtung bedeckt ist. Hat da nicht der Mensch den Zusammenbruch der großen Farnwälder noch mitangesehen und in der konstanten Überlieferung unbewußt den Verkohlungsprozeß derselben erlebt, denn »korb, karb« bedeutet im Russischen, wo sich das Wort noch erhalten hat, nicht etwa »Kohle«, sondern ein »nasses Gebiet, einen Sumpfwald ?«*) Die Weiterforschung auf dieser Basis dürfte noch ganz ungeahnte Resultate für die Ur- und Kulturgeschichte des Menschen sowie auch nahmhafte Vorteile in volkswirtschaftlicher Richtung bringen. Allerdings kann ein einzelner nur *) So kam es vielleicht auch, daß der Kohlenstoff »Carbon« die Kohle »carbo« benannt wurde, weil der erste Fundort ähnlich lautete. in einem begrenzten Gebiete die gründliche und gewissenhafte Durchforschung bewältigen; es wäre aber im allgemeinen Interesse zu wünschen, wenn sich Vertreter dieser Richtung für alle Territorien fänden. — Ich habe meinerseits den praktischen Beweis erbracht, daß meine Thesen richtig sind, denn auf Basis der topographischen Etymologie suchte ich lokale Analogien und fand auf dieser Basis tatsächlich alte Bergwerke, Erzstätten, Nutzsteinlager, Mineralquellen u. a. in jenen Gegenden, die mir früher ganz unbekannt waren. — Mögen nun diese ernsten, an Zeit und Geld überaus kostspieligen Erfahrungen und Lehren, wenn sie einstweilen auch von den Gelehrten älterer Observanz und den Erbpächtern der Wissenschaft als geistige Errungenschaft nicht das »piacet« erhalten, so doch jenen natürlich denkenden Gläubigen materiellen Nutzen bringen, welche sie in der Praxis verwerten wollen, denn ist die Etymologie eines Namens richtig, so wird die Natur hiezu den Gegenbeweis selbst erbringen! * * * Ein weiteres Hilfsmittel die Slaven als europäische Autochtonen zu bezeichnen, bieten auch die zahlreichen Drachensagen. Nichts berechtigt dazu anzunehmen, der Urmensch könnte nur in Asien entstanden sein und habe dann die Wanderung angetreten, da wir dann schon einmal nicht wüßten, wieso auf die später entdeckten Weltteile Amerika und Ozeanien Menschen gekommen wären. Weshalb soll aber die Natur, die vollendetste und allmächtigste Meisterin, nicht in Europa dasselbe hervorgebracht haben können, was sie in der vermeintlichen »Wiege des Menschengeschlechtes«, sowie auf den verschiedenen unzugänglichen Südseeinseln hervorzubringen vermochte! Wieso kommen wir nun dazu, von Drachen zu sprechen und ihr Aussehen schon in einer Zeit zu kennen, wo von geologischen Kenntnissen in dieser Hinsicht noch keine Rede war; wie kommen ganz bestimmte Lokalitäten dazu, daß sich die Erinnerung an Drachen daselbst wacherhalten hat? — Eine ziemlich erklärliche Antwort: die Sage ist eben keine Sage, sondern der Mensch hat die Saurier der Jura-und Kreidezeit noch gekannt und wahrscheinlich ist auch der Urmensch derjenige, der dieser verhaßten Fauna selbst, — bis auf das Krokodil und die sonst unschädlichen Saurier als: Leguan, Chamäleon, Basilik u. a. — ein Ende bereitet hat. Zu allen Zeiten standen nützliche, wie auch schädliche und gefährliche Tiere auf dem Index; ebenso wie wir heute dem Bären, Wolf, Luchs, Steinbock, Biber, Löwen, Tiger, der Wildkatze u. a. nach Möglichkeit an den Leib gehen, den Auerochsen (bis auf einige Parkexemplare in Rußland), den Wisent u. a. aber schon als ausgerottet betrachten müssen, weil die Jagd nach ihnen zu intensiv war, und sie sich infolge ihrer Größe selbst, sowie auch ihrer Brut leichter finden und vernichten ließen, wie etwa die Giftschlangen, denen die Erde Zuflucht und Vermehrungsschutz bietet, oder die Krokodile, die sich als Wassertiere der Verfolgung leicht entziehen können und sich trotzdem nur deshalb erhalten haben dürften, weil sie bei den Ägyptern Schonzeit von amtswegen hatten, so kann es auch den Drachen ergangen sein. Und weshalb soll einer derartigen Sage nicht Reales zugrunde liegen, wo wir jetzt Lebenden schon so manche Sage in Wirklichkeit umgewandelt sehen mußten! Wir Älteren entsinnen uns noch der Knabenjahre, wo wir im Homer lesen. Unsere Professoren erzählten uns, die Ilias sei die Fassung einer Reihe von Volkssagen, und man sei längst darüber klar, daß es kein Troja oder gar einen Palast des Priamos gegeben; das ganze stelle nur einen langwierigen Kampf um die Oberhoheit zwischen Griechenland und Kleinasien dar; die Odyssee sei gar nur ein Märchenbuch eines pharntasiereichen Dichters. So betete einer dem andern nach und so glaubte man es. Aber es kam einer, der es nicht glaubte, und dieser Zweifler war Schliemann. Der zähe Norddeutsche grub an der vermeintlichen Stelle von Troja und fand die Phantasterien Homer’s als Tatsachen dargestellt. Der Bauplan von Troja entspricht der Schilderung in der Ilias; die geringfügigsten örtlichen Angaben in der Odyssee stimmen äußerst genau mit der Wirklichkeit überein, und ist dieses Gedicht eines der schönsten und besten Seefahrerbücher. Aus ganz demselben Grunde kann auch angenommen werden, daß der Mensch bereits ein Zeitgenosse der Saurier war und daß die Drachensagen ununterbrochen bis heute fortgetragene Erzählungen sind, die in den Zeiten der realen Wahrheit ihren Beginn ansetzten, und muß der Mensch in jener Zeit schon eine solche Geistesstufe erreicht haben, daß er imstande war, die Erinnerung an diese Tiere in Überlieferungen zu erhalten. Wir finden aber auch an sehr vielen, weit von einander entfernten Orten die gleichen Drachensagen, u. zw. vornehmlich solche, wo die Menschen durch freiwillige Gaben, nicht nur in Tieren, sondern auch in Kindern, Jungfrauen bestehend (wie z. B. Lindau, Krakau, Blagaj (Herzegovina), Gonobitz (Steiermark) u. a.*), die Drachen zu besänftigen pflegten; es mag dies daher rühren, daß sich solche in isolierte Gebiete flüchteten und man ihnen daselbst nicht beikommen konnte; wahrscheinlich war aber dies erst eingetreten, als die Saurier schon sehr selten waren, das menschliche Auge an ihren Anblick nicht mehr gewohnt, daher jedes, solche Tier außerordentlich gefürchtet war. Daß sich die menschliche Phantasie irgendwelche Fabeltiere ausgedacht hätte zu einer Zeit, wo noch niemand wissen konnte, daß es ähnliche Tiere tatsächlich einmal gegeben, ohne hiezu Vorbilder gehabt zu haben, ist sehr unwahrscheinlich und dies jetzt umsomehr, als wir wissen, daß diese phantastischen Tiere wirklich lebten; man hatte über sie übertriebene Vorstellungen, sie erhielten mit der *) Vergl. die Andromeda-Sage. Zeit bizarre Beigaben, aber im allgemeinen sind die Angaben für das Äußere dieser Tiere doch recht zutreffend. In letzter Zeit gelangte man anscheinend zu weiteren Beweisen des Tertiär-Menschen; so fand man in einer Höhle Schottlands Zeichnungen von Menschenhand aus der vordiluvialen Zeit, desgleichen an den Wänden von Höhlen in der Dordogne Zeichnungen von Löwen, Bären und Rhinozerossen ; in unberührten Tertiärschichten in Deutschland wurde platte Feuersteinlamellen gefunden, welche sich nur ergeben, wenn man den Feuerstein erhitzt und dann rasch abkühlt; in den Anthrazitgruben Eaglehille in Pennsylvanien wurden inmitten versteinerter Schwämme und Farne der unzweifelhafte Abdruck eines Menschenfußes festgestellt. Professor E. Stasi behauptet Beweise gewonnen zu haben, daß in den Erdhöhlen der Provinz Terra d’ Otranto schon zur Zeit der Riesensäugetiere in Italien Menschen gelebt haben. Erwähnenswert ist auch eine Stelle aus Saxo Gram-maticus (Hist. Danica) über Berge, wo sich Drachen aufhalten : ibi que (Island) in montes Blesone reperisse dracones alatos, galeis ornatos et gladios sub pinnis pectoralibus gerentes. Es fällt hier auch der Gebirgsname auf, welcher wahrscheinlich einst »Plesa« (slav. kahler Berg) hieß; auf Island haben wir auch »Thule« zu suchen, welches im Slavischen (russ. Tyjia, slov. tulj, tuljava) noch heute: versteckter Ort, Schlupfwinkel bedeutet. Auch der Begriff »Drache« muß von einem einzigen Volke ausgegangen sein, da in Europa alle Sprachen diese Tierfamilien in der ungefähren Form »drak« kennen, während z. B.* die slovenische Sprache nebstbei mehrere Spezies unterscheidet; außer »drak« als allgemeine Bezeichnung, kennt sie noch den »zmaj«, d. i. jenen Drachen, der in Berghöhlen wohnt und bisweilen, wenn er böse wird, den Berg erschüttert; es ist darin wohl die primäre Erklärung des Erdbebens enthalten; sie kennt den »ses«, den Drachen, der dem Menschen nur das Blut aussaugt; den »pozoj«, ein Drachenungeheuer, den »molavar« einen Drachen mit Schlangengestalt, und vielleicht noch andere, die mir aber nicht bekannt geworden sind. Die Wahrnehmung, daß ein Volk so viele Unterscheidungen eines Tieres kennt, ein anderes aber nur einen Ausdruck hiefür hat, welcher obendrauf dem ersteren eigen ist, läßt vermuten, daß eben dieses Volk, einst Gelegenheit hatte, die Unterschiede bei eigener Beobachtung zu machen; welches Volk aber dies war, ist in dieser Hinsicht völlig gleichgiltig, aber eine mehr oder weniger homogene Sprache muß in einer Gegend einmal eine allererste gewesen sein, darüber ist kein Zweifel. Was einst Natur war, daraus wird heute Kunst und noch diese Kunst wird zur Künstelei herabgedrückt ; uns gelten noch immer Phantasie und strenge Forschung als Gegensätze schärfster Art und trotzdem machen wir immer wieder die Erfahrung, daß die Phantasie Dinge denkt, die der Forscher später staunend in der Wirklichkeit, in der Natur entdeckt, denn jede Phantasietätigkeit hat auch ihr tiefinnerliches Gesetz. Das erste bekannte und illustrierte Werk über die Drachen (»Schlangenbuch« von Konrad Gesnern) ist bereits im Jahre 1589 in Zürich gedruckt erschienen, also zu einer Zeit, wo die Geologie noch keine Ahnung von einer Saurierzeit hatte, und doch sind die verschiedenen Typen dieser »Tracken«, wie sie dort genannt werden, den Spezies der später ausgegrabenen und rückkonstruierten Saurier und fliegender Reptilien im allgemeinen ähnlich dargestellt. Der Verfasser meint auch, daß sie »allerorten diese schlimme Erde unsicher machen, besonders aber India und Morenland*), *) Unter »Morenland« versteht der Verfasser wohl die Ufer des Mittelländischen Meeres; wohin er Indien verlegt, bleibt unklar. Die Etymologie von »India« ist bisher ungelöst geblieben; es muß aber irgendeine in Europa gleichfalls gütige, anscheinend mit dem Wasser zusammenhängende Bedeutung haben, da wir auch hier ein Indija (bei Stagno in Dalmatien), Indjija (Ort in Sirmien) und Innichen (Tirol), welches im Mittelalter: India, Indica, Indiha lautete, kennen. aber auch im lieben Alpengebirge sind sie anzutreffen, wo sie sich am Eingänge von südwärts gelegenen Höhlen zu sonnen pflegen«. Tatsächlich ist dies auch eine typische Eigenschaft der Krokodile und Eidechsen, was daher wohl der ganzen Sippe eigentümlich war. Daß sich daher solche Sagen und Schilderungen so ad hoc, ohne welche vorbildliche Anregung entwickelt hätten, daran ist nicht mehr zu glauben. Schlu^ujort. Fis ist unvermeidlich, daß in einer solchen synthetischen Arbeit, zu welcher wohl viele, aber meist verwitterte Bausteine zugetragen werden mußten, Irrtümer und falsche Fundierungen unterlaufen können; der große Bereich des in Erwägung gezogenen Stoffes erheischt daher noch' eine intensive Detailarbeit, da vorläufig nur die eigene Beobachtung und die daraus gefolgerte natürliche Erklärung das Hauptwort sprechen. Von den Hilfsquellen konnte ich keinen ausgiebigen Gebrauch machen, drängte aber auch nicht dazu, da ich befürchtete, dadurch wieder in das Geleise jener ausgetretenen Wege zu geraten, die bisher zu keinem Ziele führten; ich trete hier mehr weniger bewußt als Eklektiker auf, indem ich die Beantwortung der gestellten Frage auf ein größeres Gesichtsfeld und auf weite Forschungsräume basiere. Nachstehend sollen nun noch jene Anhaltspunkte hervorgehoben werden, die einige der vorausgesandten Behauptungen kommentieren sollen, da ansonst so mancher Schluß als zu wenig begründet und zu unvermittelt erscheinen dürfte. Ich glaube daher, daß es angemessen ist auch die subtileren Gründe hier am Schlüsse zu offenbaren, auf daß sich der Gedankengang des Lesers mit dem des Autors leichter assimiliere. Die Tatsache- läßt sich nicht ableugnen, daß die Sprachwissenschaft ehedem sehr einseitig arbeitete, weil die Forscher oft die erforderlichen Sprachkenntnisse nicht besaßen, und namentlich die slavischen Sprachen fast gar nicht in den Kalkül zogen; was aber diese Adepten als Dogma hinstellten, das führte die späteren Forscher zum Irrtume, denn diese setzten wieder ihre Studien dort ein, wo sie bereits ein geläutertes Gebiet vorzufinden glaubten. Und darin steckt der Hauptteil unserer geschichtlichen Irrtümer, daß wir ein Volk immer erst die Weltbühne betreten lassen, sobald dessen geschriebene Geschichte beginnt, — ein Fehler vergleichbar mit dem, wie wir auch alle einst im naiven Kindersinne glaubten, daß die Sonne unmittelbar hinter dem nächsten Gebirge unseres Horizontes aus dem Ozean steige. Aber in der Entwicklung eines Volkes, welches plötzlich agierend auftritt, muß eine, nicht einmal annähernd in Zahlen bestimmbare vorbereitende Zeit vorangegangen sein, und daran denkt man oftmals nicht. — Man spricht auch gar so gerne von der Unkultur unserer prähistorischen Vorfahren, wo man sich dagegen beschämt fühlen müßte, wenn man die Kultur von einst mit der vermeintlichen Überkultur der Jetztzeit vergleicht.*) Fragen wir uns nur, ob heute wohl ein Prozent der ganzen lebenden Menschheit die Zusammensetzung der Bronze, die Gewinnung des Eisens, die Herstellung des Glases kennt; die eisernen Pflugscharen, die man aus dem Laibacher Moor ausgegraben, zeigen einen *) Man kann sich heute gar nicht vorstellen, wie jemand aus einem Handstücke Syenit, Jadeit, Nephrit oder Eklogit. eine Axt mit der Ausnehmung für die Handhabe ohne mechanische Vorrichtungen hersteilen könnte; es ist aber auch ganz undenkbar, daß unsere Vorfahren dies ohne welche technisch - mechanische Vorteile zustande gebracht hätten; sie halfen sich eben auch mit Vorrichtungen, die eine langwierige Handarbeit ersetzten. unvergleichlichen Fortschritt gegen den heutigen| Bauer in der Herzegovina. der noch jetzt kein Stück Eisen am Pfluge oder Wagen kennt; die in den verschiedenen Nekropolen Vorgefundenen Gürtelschließen mit Reliefarbeiten sind weit kunstvoller, als sie auf dem Balkan heute von den einheimischen Gold- und Silberschmieden erzeugt werden können; wie viel Arzneipflanzen kannte' ein jedes Bauernweib noch vor einem Menschenalter, die heute nicht mehr ein zünftiger Pharmazeut kennt; die Geologie ist oft in Verlegenheit ein Gestein bestimmter Struktur zu determinieren, aber ein alter Winzer weiß hiefür sehr detaillierte Unterschiede und nennt alle Abstufungen der Gesteine seines Weingartens mit zutreffenden, altererbten Namen, die aber leider schwinden, weil die Theorie auf allen Linien die Praxis verdrängt. — Auf Morinje, einem unheimlich öden Gebiete in der Herzegovina findet man alte Gräbergruppen, mit 60—70 Ein-Block-Grabsteinen in solchen Dimensionen, daß jede Erklärung mangelt, wie diese Kolosse hieher geschafft wurden, da es keinen Fahrweg gibt, und wer sich hier begraben ließ, da ja nach allen Weltrichtungen hinaus viele Kilometer weit keine Ansiedlung anzutreffen ist. Aber auch da gibt uns die topographische Etymologie Auskunft. In dieser Gegend waren einst Bergwerke, anscheinend auf kupferhältiges Erz; das gewonnene Metall wurde auf dem Wege, der bei den Friedhöfen vorüber führt, weiter verfrachtet; in der Nähe werden auch die Wohnhäuser der Beamten und Knappen gewesen sein; die Gegend war sonach seinerzeit gut bevölkert; die Bewohner waren wohlhabend, denn der Friedhof ist immer ein guter Maßstab für die Beurteilung der Vermögensverhältnisse eings Ortes.*) Als aber das Brennmaterial für das Schmelzen der Erze, wozu nur Holz- *) Jener Offizier, der als Quartiermacher in jedem Dorfe zuerst den Friedhof aufsuchte, sich nach den Grabstätten die vornehmsten Familien vormerkte, und erst dann den Gemeindevorsteher aufsuchte, erleichterte sich dadurch wesentlich seinen Dienst, da ihm die. besten Quartiere, wie dies oft versucht wird, nicht mehr verschwiegen werden konnten. kohle zur Verfügung stand, ausging, war es aus mit der Montanindustrie und die Beamten und Arbeiter zogen ab; das Gebirge stand jetzt kahl, die Quellen versiegten, die Straßen und Häuser verfielen*') und nur die kyklopischen Grabsteine erhielten sich. — Aus diesem geht auch die anscheinend richtigste Erklärung für die Entstehung des kahlen Karstes hervor. Her grimmigste Feind des Waldes war sonach der Bergbau, und weil der Wald nicht rationell aufgeforstet wurde, ging zugleich mit dem Walde auch der Bergbau zugrunde und die Bora hatte ein leichtes Spiel die schüttere Humusschichte wegzufegen; die blühende Waldgegend war in kurzer Zeit in eine Steinwüste verwandelt.**) Das Wenige aber, das sich durch Zufall, unbewußte Überlieferung und organische Kontinuität erhalten hat, das ist der uralte Stammbaum der Wörter und Begriffe unserer Länder-, Volks-, Berg- und Flußnamen aus einer fernen Zeit; diese sind die einzig lebenden Zeugen, da wir das Auffinden schriftlicher Beweise aus jener im Nebelgrau liegenden Ära nicht mehr zu erhoffen haben, die den Wechselfällen unserer Erdbewohner getrotzt; diese haben auf ihrer angestammten Scholle das Andenken an jenes Volk erhalten, welches sie zuerst gebraucht hat, und ersetzen uns jetzt den Mangel einer geschriebenen Geschichte unserer Vorzeit. Die Summe so vieler ethno- und topographischen Namen in Europa mit ihrem slavischen Würzelworte spricht nun beredt dafür, daß die s 1 a v i s c h e Sprache als die *) Man hört allgemein, daß die gepflasterten Reitwege auf dem Balkan, »kalderma« genannt, türkischen Ursprungs seien. Das ist ein Irrtum; die Kommunikationen dieser Art sind die Reste der einstigen Kunststraßen, deren Unterbau jetzt offen liegt; die soliden steinernen Brücken beweisen dies an so mancher Stelle, wo sie für eine nur als Reitweg bestimmte Kommunikation eigentlich einen Luxus bilden, weil man das Tragtier allenthalben durch den Bach schreiten lassen kann. **) Die Ansicht, daß auf diese Weise die Bora entstand, ist eine landläufige Fabel, denn sie wird schon bei Homer als der scharfe Nordwind ßOQeccg (slav. bura, burja) erwähnt, welcher aus dem unvermeidlichen Ausgleiche der Luft in der Alpenzone mit der Seeluft hervorgeht. Ursprache, wenigstens in Europa, angenommen werden muß, denn weiter als bis an die Tertiärzeit läßt sich wohl kaum eine Sprache verfolgen. Aber diese Ursprache kann ebensogut mit einem anderen Namen belegt werden, denn der Begriff »slavisch« gehörte kaum zum Urwortschatze in der heutigen erweiterten ethnographischen Fassung; da wir aber vorläufig keinen anderen prägnanteren Namen-für diese Ursprache haben, die Benennung »indogermanisch« ganz unzutreffend, »ursprachlich« vielleicht zu weitgehend ist, kann sich die wissenschaftliche Terminologie nur an jene Ausdrücke halten, die mit Rücksicht auf die heutigen Verhältnisse am anpassungsfähigsten und dabei natürlichsten sind. Der verläßlichste Führer in die Urzeit des Menschengeschlechtes kann wohl nur unsere Sprache sein und bildet die Summe jener Begriffe, die ein Volk dereinst seinen Ansiedlungen, Bergen, Flüssen, Seen, Tiere n, Pflanzen. Mineralien, dann G e b rau c h s g e genständen, sowie schließlich seinen G o 11 h e i't e n beigelegt hat, dessen UrSprachschatz, welcher zugleich dessen Urgeschichte repräsentiert. Jenes Volk aber, dem die grundlegende Aktion dieser Urbenennung, namentlich aller noch heute unverändert bestehenden Terrain teile seiner jetzigen Wohnsitze zufiel, muß auf diesem Boden auch das U r v o 1 k gewesen sein! Überdies macht es den Eindruck, als wenn das heutige slovenische Idiom, welches von den Sprachgelehrten ohnehin als die Grundsprache der großen slavischen Völkerfamilie angesehen wird, mit diesem alten Wortschätze die meiste Identität oder doch Verwandtschaft hätte. Man kann dies nicht nur daraus folgern, daß sich nahezu alle vorhandenen topographischen Wurzelwörter in unveränderter Bedeutung in den heutigen Wohnsitzen derSlovenen vorfinden, sondern namentlich den Hauptgrund darin suchen, daß die Alpen, von den Slovenen seit jeher ununterbrochen bewohnt, als Urgebirge oder doch älteren Formationen angehörend, am wenigsten geologische Katastrophen mitgemacht haben dürften; es scheinen daher vor allem die Alpen einen natürlichen Einfluß auf die erste Entwicklung und den Werdegang des Urmenschen in Europa gehabt zu haben, da alle tiefer gelegenen Gebiete ob ihres Wassercharakters hiezu nicht förderlich gewesen sein konnten; erst dann, als die Existenzbedingungen in den tieferen Lagen günstiger wurden, zog sich der Mensch allmählig hinab. Es muß daher jener Gelehrte, der den europäischen Urmenschen »homo alpinus« benannte, den überaus klaren und richtigen Blick für die ideale Lokalität gehabt haben, wo sich in Bezug auf die geologischen Verhältnisse der Mensch überhaupt entwickeln und erhalten konnte. Hier waren auch die Lebensbedingungen, retrospektiv betrachtet, sicherlich günstig: ergiebige Jagd und Fischerei; saftige Weideplätze für den Betrieb der Viehzucht; große Salzlager in den Norischen Alpen, aber auch Seesalz; kupferhältige Erze (Kupferzeit); Lager von Blei und Zinn zur Erzeugung der Bronze; Eisenerzlager bester Qualität (norisches Eisen); Berggold (Norische Alpen) und Waschgold (in allen Alpenflüssen) u. s. w. — daher alle Bedürfnisse, welche unsere Funde der prähistorischen Zeit rechtfertigen. — Das hohe Gebirge ist auch dasjenige, wo der Urmensch zur Zeit hoher Wasserstände oder Hochfluten Schutz suchte und fand, sich daher auch gelegentlich der »Sintflut«, wenn in Europa irgendwo möglich, nur in den Alpen retten und erhalten konnte. Ich glaube aber auch in Bezug auf die Entstehung der verwandten Sprachen und Dialekte eine Hypothese anführen zu müssen, die man nicht so gleichgiltig bei Seite stellen soll. Die Wandlungen unserer europäischen, von Fr. Schlegel unmotiviert »indogermanisch« benannten Sprachen scheinen durch die Präzession der Erde sehr beeinflußt gewesen zu sein. Daß der Neigungswinkel der Erdachse gegen die Ebene der Erdbahn nicht konstant ist, gilt als erwiesen; die Anziehungskraft des Mondes wie auch der Sonne auf die äquatoriale Anschwellungszone bringen es mit sich, daß in einem Zeiträume von etwa 25.000 Jahren die beiden Hemisphären das Perihelium und Aphelium vollends wechseln; daß dies schon mindestens einmal der Fall gewesen sein muß, darüber ist kein Zweifel, weil in der tropischen Zone, wie z. B. in Afrika, in den Kordilleren, die Vergletscherung und die Eiszeit in den Erdschichten ebenso vorhanden und nachgewiesen ist, wie in der gemäßigten Zone; die Kälteperioden, die man daher in allen Formationen der Erde zu erkennen glaubt, sind durch die Präzessions-Rhytmen in den erwähnten approximativen Zeiträumen vollkommen begründet.*) Es ist daher ziemlich sicher, daß der Mensch schon einen Teil der Tertiärzeit unserer Erdgeschichte miterlebt, daß er die Epoche zwischen dem Tertiär und dem Diluvium, die Glazial- und Interglazialzeiten überdauert hat. Und weshalb soll der Mensch seinerzeit solche klimatische Extreme nicht überwältigt haben, da er dies noch heute erweist, und) wir viel kleinere und niedrigere Wesen kennen, wie z. B die Höhlenkäfer, die die Glazialzeit in den meisten Gegenden *) Es sei z. B. der Name Pasterzen-Gletscher erwähnt. Der Name bedeutet im Slavischen »Weideplatz«. Der frühere Weideplatz auf der Alpe wurde jedoch in der Eiszeit zum Gletscher, aber der Naihe verlor sich damit nicht. Und dieser Gletscher befindet sich auf dem Großglockner, welchen der Slave »Veliki Kiek» nennt. »Glöckner« ist wohl aus »Kiek« entstanden, nachdem auch die einzelnen Teile dieses Bergstockes slavische Namen haben (z. B. Brusnica, Laprovje, Tisnica u. a.). Im Mittelalter schrieb man noch: Grosskleckner, spater Großklöckner. (Kiek, kleka = Berge mit Wachhold erwuchs). — Am Nordostkap Asiens, also .am. nördlichen Eismeere befindet sich beim Dorfe Dudinskoje vortreffliche Steinkohle in reichen Mengen und am Tage liegend, so daß eine bergwerksartige Gewinnung unnötig ist. Wie kommt nun dorthin ein Lager von Kohlen ältester Formation, wo es ja fast keinen Baumwuchs gibt; — ein Beweis, daß es aber einst hier bei einem milderen Klima einen sehr üppigen Baumwuchs gegeben haben muß. — Die Wärme zieht dermalen anscheinend gegen Norden; das zeigen auch ornithologische Beobachtungen, denn manche Wandervögel ziehen nicht mehr fort, die vor etlichen Dezennien noch den Süden aufsuchten. überlebt haben. Wären aber z. B. die Saurier der Tertiärzeit lediglich der Glazialepoche wegen zugrunde gegangen, so wären wohl die meisten oder alle übrigen Lebewesen zugleich umgekommen; und doch kamen die übrigen fort und nur die gefährlichen Saurier — ausgenommen das Krokodil — endeten, wie bereits erwähnt, wahrscheinlich aus ganz anderen Gründen. Es wäre daher auch zu erwägen, ob nicht diese Prä-zessions-Rhytmen einen maßgebenden Einfluß auf die Bildung von Dialekten und Dialektmischungen übten, weil auch die Sprache seitens des Klimas gewisse Veränderungen erfährt, auf diese Weise daher auch Rassen-, Sprach- und Kulturmischungen entstanden sein mögen. Die Berechtigung zu dieser Vermutung gibt uns auch die etymologische Betrachtung der drei europäischen Haupt-sprachzweige: slavisch, germanisch und romanisch. Die heutigen Sprachunterschiede sind tatsächlich bedeutend; geht man aber weiter zurück in jene Urzeit, wo es noch keine abstrakten Begriffe gab und der Mensch nur jene Objekte in der Natur zu' benennen hatte, die ihn umgaben oder zu seiner Existenz in irgendwelcher Beziehung standen, so sieht man, daß diese noch heute bei allen erwähnten Sprachen nahezu gleichlautend sind. Man findet, je weiter man zurückgeht, ein konzentrisches Zusam.menfließen aller jener Begriffe, die augenscheinlich dem Urmenschen bekannt sein mußten. Es ist doch unmöglich, daß die Menschen im Urzustände, sobald sie der Sprache mächtig waren, nicht einen Ausdruck für jene Objekte oder Handlungen gehabt hätten, mit denen sie in ständiger und unvermeidlicher Berührung waren oder die ihnen besonders auffielen, als: Vater, Mutter, Bruder, Schwester, Sonne, Mond, Meer, Wasser, Salz, Drache, Auerochs, Licht, Nacht, arbeiten, flechten u. a., und gerade diese haben zumeist in allen indogermanischen Sprachen den gleichen Stamm, ja mitunter noch äußerlich die gleiche Form, ein sprechender Beweis, daß sie alle von einer Zentrale, einer Sprachquelle und einem Sprachschätze ausgegangen sind, daher man die Synglosse, d. h. den gemeinsamen Ursprung der einzelnen Sprachgruppen durchaus nicht als ein Phantasiegebilde hinstellen soll.*) Es erscheint uns dies wohl rätselhaft, aber wie alle Welträtsel so lenkt auch dieses unentwegt auf eine monistische Lösung hinaus, denn dieVereinigung der Empirie und Spekulation, d. i. der sinnlichen Erfahrung und des logischen Denkens neigt auch bei dieser Frage zur Naturphilosophie der Einheit des Ursprungs. Dies ist aber auch ganz natürlich, denn der Mensch benennt die Gegenstände immer nach dem Eindrücke, den sie auf ihn machen, und diese Empfindung und Wahrnehmung ist allerorts nahezu die gleiche. Aber diese eine Ursprache muß bei der Weiterverbreitung Änderungen erfahren haben, welche mit der Entfernung wuchsen; und dieses kann uns nicht befremden, da wir ja noch heute wahrnehmen, daß sich schon in zwei benachbarten Dörfern geringe Wortunterschiede finden; welche Differenzen ergeben sich aber bereits zwischen gleichsprachigen Bewohnern, die ein größerer Gebirgszug trennt! Welche Wandlungen sind in den Sprachen im Laufe der historischen Zeit vorsichge-gangen, welche die Wissenschaft noch festgestellt hat, und was geschah erst in den Zeiträumen, die sich der Erforschung entziehen!**) —• Die Gelehrten beobachten ihre Objekte der Forschung zumeist mit gefärbten und nicht mit achromatischen Gläsern, und ist es selbst beim Einsätze *) Dasselbe gilt zum Teile auch für die Kunst. Die Sphynx-skulpturen fand man nicht nur in Babylon und Ägypten, sondern auch in Sibirien sehr zahlreich vor. **) Die modernen Bestrebungen, ein einheitliches sprachliches Verständigungsmittel — eine Kunstsprache (Volapük, Esperanto) — zu schaffen, können nur einen ephemeren Erfolg haben, denn alle lebendige Rede verändert sich im Gebrauche beständig und ist es eine Utopie an eine dauernde Originalität zu glauben, denn je verbreiteter sie wird, desto rascher wird sie der Änderung unterliegen und dann kann die Sache vom Anfang beginnen 1 — Der Erfolg scheitert schon im Prinzipe, weil eine bewußter Objektivität auch hier, wie auf jedem Gebiete, so paradox es allenthalben klingt, das Einfachste zu erkennen auch das Aller schwierigste. Die Sprache des Urvolkes hatte einen beschränkten Wortschatz, wie auch das hinterlassene Inventar desselben mit wenigen Begriffen erschöpft ist. Aber diese wenigen Urbegriffe zogen weitere Kreise, verloren dabei das ursprüngliche Aussehen in dem Maße, als sie sich im Gebrauche von ihrem Stammboden entfernte n, ä h n 1 i c h dem Steine, der ins Meer geworfen eine Kreisbewegung hervorruft, die sich in immer schwächeren Wellen in der Unendlichkeit des Meeres verliert, so daß schließlich der Erreger dieser Bewegung nicht mehr erkannt oder beachtet wird. Die Begriffe aber, welche der Mensch im Urzustände bildete und gebrauchte, sind nur in einer Form allen »indogermanischen« Sprachen eigen, daher man eigentlich im Zweifel sein sollte, welchem Sprachzweige die Priorität zuzuschreiben wäre; da aber die meisten und ältesten unveränderlichen Objekte wie : Länder, Flüsse und Gebirge Namen führen, die auf den ersten Blick als solche slavischen Ursprungs erkannt werden müssen, umsomehr, als die grundlegenden Begriffe hiezu die slavischen Sprachen allein heute noch kennen, so kann die Sprache des »homo alpinus« wohl nur die heute als slavisch bezeichnete gewesen sein. Allerdings darf es nicht unerwähnt bleiben, daß uns hier auch schon ein mehr oder weniger historisches Material vorliegt und daß uns die ältesten Sprachreste trotz ihrer scheinbaren Einfachheit bereits in einer so reichen derartige Selektion der Wörter, die jeder Zunge genehm wäre, nicht denkbar ist, sobald sie in praktische Verwendung tritt. So sagt der Slovene für Straße: cesta, der Bosnier: cesta, der Herzegovze: testa. — Walter von der Vogelweide hat vor sieben Jahrhunderten auch in deutscher Sprache geschrieben, aber dieses Geschriebene versteht heute niemand mehr ohne besondere Vorbereitung! Ausgestaltung Vorkommen, daß wir die Urformen nicht immer mühelos und mit positiver Sicherheit auslösen können. Wir wissen nichts Exaktes darüber, welche Wandlungen die Begriffe von der Grenze der historischen Zeit bis zu den Uranfängen der Sprachmechanik durchgemacht haben, verfügen aber immerhin über gänug Anhaltspunkte für das Erkennen der Urform, denn sind wir nur einmal bei einem einsilbigen Worte angelangt, so berechtigt dies zur Annahme, daß diesem nicht mehr viel Schlacken aus der prähistorischen Zeit anhängen können, denn schließlich erschöpfen sich die Laut-Permutationen einfacher Silben doch eher als die Reihe jener Objekte, die der Urmensch zu benennen hatte. Und eben diese Urformen finden den meisten Gleichklang mit jenen Begriffen des slavischen Sprachschatzes, die wir als die ältesten in den topo- und ethnographischen Namen Europas erkennen und deren reale Harmonie uns a u f f ä 111. — Es ist wohl kein Zweifel, daß dieser äußersten Grenze des historischen Erkenntnisses noch viele Jahrtausende vorausgegangen sind, ehe der Mensch die durch die Natur des konkreten Gegenstandes suggerierten, stets auf eine äußerst subtile Onomatopöie anklingenden Laute zum erstenmale aussprach, • für deren kausale Berechtigung wir aber jetzt infolge unserer Vielseitigkeit das natürliche Erkenntnisvermögen eingebüßt haben. In den jetzigen Hypothesen, welche unsere europäischen Hauptsprachen auf das Sanskrit basieren, sehen wir nur wieder die krankhafte Eigenart des Menschen, alles Unfaßbare stets in weite Ferne und in noch unbekanntere Gebiete zu verlegen, indes die Erklärung und die Wahrheit selbst unmittelbar vor den Augen liegt. — Die Präzessions-Theorie macht uns daher auch die Abzweigung der Inder erklärlicher. Dieselben dürften ihre einstigen europäischen Sitze, als die Glazialzeit in diese Gegend heranrückte, gezwungen verlassen haben, übersetzten den Bosporus oder umgingen den Kaukasus und rückten mit der Zeit in ihre heutigen Wohnsitze vor, wo ihnen schließlich wieder das Meer, so wie den in Europa Verbliebenen eine Grenze setzte; die sprachliche Verbindung mit Europa wurde jedoch durch fremde Sprachkeile im Rücken unterbrochen. Wäre umgekehrt das Sanskrit und das Volk der Inder der Ausgangspunkt der europäischen Sprache und Bevölkerung gewesen, so bliebe es völlig unerklärlich, weshalb ganz Europa durch sie bevölkert worden wäre, sie aber selbst auf ihre nächsten Nachbarn in Asien gar keinen Einfluß genommen hätten, und müßte die Sprache der Inder geradezu ganze Länder semitischen und mongolischen Sprachgebietes übersprungen haben. Dieses klimatische Rotieren oder Oszillieren dürfte es daher verursacht haben, daß unsere bisher als »indogermanische« bekannten Sprach-gruppen zu so vielen Sprachzweigen gekommen sind, weil mit der Zeit jeder weitere Kontakt mit der Ursprache verloren ging und für jene Begriffe des Fortschrittes, die der Urmensch noch nicht kannte oder gebrauchte, auf verschiedenen Punkten verschiedene neue Wörter entstehen mußten.*) Wie nun aus alledem ersichtlich, wurden hier Beispiele, Hypothesen und Belege genug vorgebracht, welche die offene Bekämpfung eines augenscheinlich großen geschichtlichen Irrtums rechtfertigen; vielleicht gibt diese Arbeit Männern der Wissenschaft einen kräftigen Impuls zur eingehenden Nachprüfung des gegebenen Beweismateriales. — Es ist einmal Tatsache, daß wir bereits mit Strahlen nach allen Richtungen feste Körper durchleuchten ; das Licht des Auges späht tausendfach verstärkt in unendliche Himmelsgefilde hinaus; aber den Schatten, der auf unserer Vergangenheit liegt, sind wir nicht imstande zu durchdringen. — Soll daher diese wichtige Frage gelöst werden, so muß vor allem *) So gab es im Unvortschatze gewiß keinen unser »spazieren« bezeichnenden Begriff; da sich aber dieser in den verschiedensten Gegenden später gebildet hat, lautet er auch in allen Sprachen verschieden. die Gelehrtenwelt den untrüglich vorhandenen Widerspruch gewisser Naturgesetze zu den derzeitigen Ansichten zugeben, die starren Satzungen ihrer despotischen Doktrin entkleiden und die Gesamtforschung dem Geiste natürlicher, schrankenloser Wahrheit unterwerfen. Es ist aber eine bedenkliche Voreingenommenheit, wenn spezifisch fachliche Kreise irgendein Wissensgebiet als ihre unantastbare Domäne betrachten und niemand dreinreden lassen, als ob es unbekannt wäre, daß auch viele sehr einschneidende Erfindungen und Entdeckungen durchaus nicht von Fachleuten herrühren, denn alle Wissenschaft ist ihrem Wesen nach nichts weiter als mitgeteilte Erfahrung. — Und solche Erfahrungen verkünde ich hier; sie sind zum großen Teile Ergebnisse einer neuartigen Forschung, denn den Autochthonismus der Slaven haben schon andere vermutet aber mit unzulänglichen Belegen gestützt; die Völkerwanderung haben schon manche als ein Märchen erkannt, sie, aber nicht vom Kerne gelöst; über Nomadenvölker spricht man von jedem Katheder, aber nicht vom Turnusverkehre derselben; man forscht uns e re n Volks-und Hohei tsnamen nach, indem man ihre Erklärung in der Mythologie und,Mystik sucht, indes sie sich jedem offenen Auge sichtbar auf dem gewachsenen Boden dar bieten u. s. w. — Mögen nun diese Forschungsergebnisse einerseits ein Deputat bilden zur Klärung und Erweiterung unserer ältesten kulturellen und ethnographischen Geschichte, andererseits aber auch beitragen zur Nivellierung der des weiten Gesichtskreises entbehrenden sinnlosen Dezentralisierung des organischen Monismus sowie des Wiedererkennens der ewiggleichen Naturgesetze im Leben des Menschen und seiner Sprache! UERZEICHNIS der im Texte etymologisch erklärten Eigennamen. Seite Abisontii.........................70 Akropolisj Akrokorinth .... 155 Ala, Alan, Alanic, Alanen, Alland, Allentsteig....................61 Alandsinseln......................62 Alb, Alba, Alba Conga, Alban, Albania, Albaner Gebirge, Al-beres, Albi, Albigenser, Albi- gau, Alme.................62 Allod........................16 Als, Alse, Alsen, Alisa.... 63 Althütten....................16 Apeninnen....................143 Aquileja.....................63 Arco, Arcos, Arta, Arth . . 155 Assling......................131 Asturia......................82 Atlantis.....................101 Auer.........................131 Auersperg......................71 Aussee.......................97 Austrasien, Austria, Australien, Austrasien, Austeravia . .115 Avaren.......................145 Bachsdorf....................55 Balkan, Balkanje, Baljke, Balki, Balkovina, Balkovci, Balkow . 51 Seite Balma..........................28 Banat..........................60 Bar, Barje.....................110 Barania........................66 Bares . .................... . . 76 Basken.........................54 Bastarner......................55 Baudobriga . . . '......20 Baumöhl........................¿2 Belidla........................26 Berezina.......................128 Bernadianka....................100 Bernina........................50 Besni, Besniški breg .... 182 Bezjaki, Bizjaki...............68 Bielach, Bielaha...............77 Bilk . 26 Bisen, Bisenz, Bisneze, Bisnitz-Au 71 Bisontii, Bizone, Byzantion . . 70 Bistrica, Bystro, Na bistrim . . 107 Bjalorusi ........................149 Blesone mons...................84 Bode, Bodensee, Bodenheim, Bodenwerder, Bodden, Bodenbach, Botnischer Busen............101 Bogatin, Mali, Veliki .... 182 Bojište........................156 I Boppard........................20 Bosak, Bosna, Bosnien, Bosci, Bozil, Bosnia, Argentina, Bus-nica, Busnovci, Busovnik , . Brana, Branka, Branky . . . Branca, Brank, Branyszko, Bran- ževci........................ Breno........................... Brenia, Brantstatt.............. Brest........................... Brézilian....................... Brdjani......................... Briti........................... Briihl, Bruhlja................. Briinn.......................... Bukovo, Bukovje, Bukowitz, Buko- wan, Bukovina................ Bulanes......................... Buna, Bunica.................... Bus, Busak, Bušak............... Busovača, Busolje............... Carina, Carine, Carici, Carigrad. Careva gomila, Carevo polje, Carevič..................... Carvin......................... Cassiliacum.................... Ceh, Cehari, Cehotina, Čehovina, Čechovice, Cechuvky . . . Celten......................... Cerje, Cerovec, Cerovlje, Ceršak Cerna hora..................... Cieszyn........................ Cim, Cima, Cimon, Cimone . Cirknitzer See................. Cirnovetzgraben................ Crmlenšek. Črmnica. Črmla, Črmožiše.................... Črna gora...................... Črnica, Črnivir, Crnčevič, Črna rjeka, Črnuče.................. Seite Črno morje....................101 Čud, Čuh, Čudini, Čudimirce, Čudislavce.......................63 Dalmatien.....................51 Delminium.....................51 Dernek........................40 Deutsche......................151 Dober Dol, Dobersdorf, Dobrovce, Dobrunje...................17 Dobrava, Dobrovlje, Dobrič, Dobro selo, Dobruvje.............124 Dombovar......................46 Don, Duna, Dunajec .... 109 Donau.........................108 Donauwörth....................46 Dračevo.......................126 Dračeviči.....................130 Drasendorf, Dračence .... 130 Drau, Drava, Dravinja .... 108 Drenik, Drenovik, Drenovac . . 131 Drienjani.....................126 Dromiten......................150 Dubljani......................126 Dubrava, Dubrovnik .... 124 Ebonsee.......................122 Ebro, Eburonen................122 Eibes, Eibiswald, Eibenschitz, Eibenschuß, Eibersdorf . . . 122 Elend (Maria).................61 Elgot, Eilgoth................16 Erzerum.......................155 Eselsberg.....................18 Fichtelgebirge, Fichtelberg . . 127 Fischa........................77 Frain.........................99 Seite 60 99 27 52 50 131 131 159 78 128 23 127 46 108 60 48 48 183 62 57 71 126 34 123 116 111 102 33 142 102 Seite Frank............................27 Fresen, Fressenberg, Fressnitz, Friesach...........................128 Gabrje, Gabernik, Grab, Grabo-vica, Grabova draga, Gabrovje 127 Gaisberg..........................76 Galaecia.........................139 Galizien, Gallier................141 Gastein..........................123 Germanen.........................126 Gießhübl..........................62 Glanzberg.........................17 Glog, Gloggnitz, Glogov brod, Glogovac, Glogovišče . . . 130 Gobernitz, Goberz, Göpfritz . . 25 Golling...........................23 Gorali............................97 Göttweih..........................77 Görz, Gorica, Gorizia .... 143 Govedjari.........................63 Grad, Gradec, Gradina, Gradiška, Gradišče.......................99 Grki, Griechen....................68 Großglockner.....................197 Gubavica.........................116 Gutenberg, Gutendorf, Gutenfeld, Gutental.........................124 Habr.............................127 Hall, Haliein, Hallstadt, Halicz . 141 Hämus.............................51 Hellenen..........................61 Heruler, Horjuli..................97 Herzegovina......................153 Herzogberg, Herzogbüchel, Herzoggoritzen................155 Horvati..........................109 Hotinje, Hotunje, Hoticina, Höt-tingen, Htonječka ves ... 19 Seite Hovenki........................100 Hradec, Hradisko, Hradište . . 99 Hrastje, Hrastnik, Hrasno, Hrastovec ..........................124 Hum............................51 Humište . 16 Jamnica, Jamniški potok . . 108 Jap, Japar, Japra, Japod ... 65 Jarčje, Jarc-Kogel.............53 Jasen, Jasenovac...............131 Jasenica.......................106 Javor, Jauernigg...............131 Ibar, Iberien..................122 Jelen, Jelenača, Jelen vrh . . . 132 Jelša..........................131 Jezera, Jezerany, Jezerno, Jezernice, Jezerko...................103 Igg, Iggdorf, Iška vas, Ižica, Igonta.......................130 Ilija, Ilino brdo, Iljine gradine, , Iljaševci, Ilirija...........125 Imst, Imsterau, Imsterberg . . 16 Isper, Ispera..................77 Ivan, Ivanič, Ivanjčica, Ivanje selo, hvansdorf, Itvitz, Itvitzno, Iwenwerder...............• 122 Kaisers wert.....................46 Kalisia, Kalusz.................142 Kaposvar.........................46 Karpaten........................109 Karwin..........................183 Katun, Kadunja, Kadunjača . . 65 Kiseljak. Kisslau, Kisslegg . . 62 Kissingen........................H7 Klek............................197 Kobrčje..........................25 Korba ..........................183 Koslowitz........................100 Seite Kot-Alpe........................17 Kotor...........................116 Kozak, Kozaken, Kozje, Kozji vrh, Kozara, Kozarevo ... 53 Kožna...........................100 Krakau..........................110 Krc, Krčevina, Krča, Krčin, Kar-tschowin, Krčanje, Kertsch . 84 Krim............................65 Kroaten.........................109 Lab, Laba, Lava.................107 Laibach.........................107 Lanzendorf, Latschendori' ... 16 Laukowitz.......................78 Lausheim . 25 Lausanne, Lausitz...............111 Lašva., Laštva..................65 Lech............................108 Lechen, Lochiten................153 Leissberg, I-eisserberg . . . . 84 Leitha..........................77 Leljen.............. ... 132 Lend, Lentia, Linz . . . . .112 . Leusaba.......................111 Lhota...........................16 Lhotka..........................100 Liberca, Liburnia, Libourne, Livorno ...........................125 Lim.............................108 Lisa, Lisec, Lisky, Liske, Lisia gora, Lischan, Lischitz, Lischna 84 Livada, Livadia, Livno, Livanjsko polje, Livonija.............61 Ljubinje, Ljubljana, Ljubuški, l.ju-binje, Ljubno, Leoben, Lupič . 111 Loče............................20 Ločna ves.......................16 Lodomerien..................54 Lombardei.......................118 Lončari.........................144 Seite Lotodi........................20 Lübben, Lübbenau ................ 112 Luka, Lenka, Leukas .... 116 Lusitanien. Lužice............111 Lutetia, Lutahezi . . . .111 Macocha.......................133 Mainoten, Main, Mainac, Majna . 54 Mainz.........................63 Mala hora, Malahorn .... 16 Manii.........................52 Marica........................108 Marin, Marinaves, Marindorf, Marjanka, Maraton .... 144 .Markomanen, Mauren, Mähren . 102 Mars-Gebirge..................103 Maršovice . ......................103 Mauretanien...................106 Medvedje, Medvece, Medvedovo selo.......................129 Melk, Mödling, Möttling . . . 128 Morava........................105 Moravany, Moravice, Moratice, Moravicany, Morice . . . . 103 Morea, Morisker ... . . 106 Morinje.......................117 Morje.............................105 Mostar........................112 Mramori.......................144 Mur, Mürz.....................108 Negovo, Njegovac, Njeguš, Negoi- sattel, Nehova.............123 Nemeter . . . 153 Nordendorf....................137 Noreja . 134 Noricum ..........................133 Nöring, Nördnach, Nörningbach, Nuring, Noarus, Norwegen, Norsko.....................135 Norin, Norici hora, Norinek, Nori-hum, Norovice, Noršinci . 138 Seite Obajl, Obala, Obale . .116 Oblat.........................17 Obri..........................145 Oglej.........................63 Ogrodzon......................99 Öhlhütten.....................16 Olsa, Olša, Olšan.............63 Olsany........................131 Ongory........................60 Ossa, Osser, Ossovka, Ossowiec, Ossach, Oster, Österberg . . 97 Osoje.........................73 Ostrov, Ostrüvek, Ostrovany, Ostrovactca................103 Ostrvica, Ostravo, Ostrožno, Ostrožac, Ostrau...........114 Otok, Otočac..................114 Ovžari, Ovca gora.............50 Paklj ina.....................144 Palfen, Pölfen, Pelva .... 28 Pal ko witz...................100 Pandurica.....................97 Pannonien.....................58 Paris, Parižlje...............110 Pasičlna, Pašina livada, Pašniki, Paschendorf, Pasterze ... 55 Pernice.......................49 Pesjak........................183 Pesnica, Pössnitz.............107 Petenvardein..................46 Pettau, Petovio, Ptuj .... 20 Phönizien.....................68 Pinzgau ........ 7" 70 Piva, Pivka...................... 108 Planina, Planinica............64 Plattensee....................109 Pleša, Plešac, Plesch, Pleszöv, Pleschnitz, Pleschberg, Plešivec, Plešovice ....... 84 Plužine.......................64 Seite Podgorica.....................63 Podirac.......................143 Podmole.......................22 Pogorje, Pohorje..............97 Pohlsee.......................Ig Pohlsbrunn, Pohlsdorf .... 25 Polani........................46 Poljaki.......................97 Polskava......................107 Pommern, Pomoržani .... 106 Prank.........................27 Prasto, Perasto...............144 Prenj, Prenje, Prenner, Prem, Prent, Pr.entel, Prennergereut, Preining, Preinalpe .... 50 Pferov, Prerau .... . 104 Primorci......................106 Prisoje.......................73 Punkva 133 Pusta..........................60\ Pyrenäen......................50 Quadi ..............................63 Radobolje, Ratopolje .... 102 Ragusa........................131 Rakaten, Rakousko.............130 Rasci, Rašci, Raštelica, Raška gora, Rax-Alpe.............124 Ratibor, Ratiborice...........159 Rhätikon ...........................19 Römerbad......................117 Rosenberg. Rosental . . . . 29 Rossbach . . . . . . .29 Rosstrappe....................29 Roth, Rotte, Reuth, Rothwein, Rothneusiedl, Rottenmann, Ro- dein, Rodaun, Rottenberg, Rottendorf, Raut.................17 Roxolani ....................149 Ruda, Ruda voda, Rudine, Rud išče, Rudno.............................51 Sette Ruspach, Rustorf.............77 Russen .... .................148 Saale, Sala, Salica, Salzach, Sela 130 Sabiner-Gebirge................123 Sabinsko, Savinsko, Sabanov dol 124 Sachsen, Sasko.................129 Salamis . 116 Samostan . . 64 Savina, Savus.................. . 123 Schelleberg, Schelletau, Schelletitz 73 Schleinitz, Schleinz...........129 Schlesien, Silesia, Sill, Siljevice 66 Schwabendorf...................16 Schwarze Felder.................23 Schwarzes Meer.................101 Schwarzbach, Schwarzsee, Schwarzwasser...............102 Schweiz........................65 Scotia, Schottland.............62 Serben, Srb, Srby, Srbič, Srbsko, Sorby.......................79 Sestak.........................25 Sevilla .............................131 Sibinj, Siebing, Šibenik, Siebenreut 131 Sievering......................77 Silberberg.....................18 Skala Hannibalis...............106 Skorba, Skorblje, Skrblje . . 184 Skythen........................64 Slatina........................117 Slaven, Slavonier, Slovenen, Slo-vaken, Slavikovice, Slabotinzen 78 Smolnik, Smoljan, Smolnikar, Smolnar.................... . 22 Šmarje............................144 Spielberg, Špilja..................16 Spira, Spreča, Spree .... 63 Srebrenica.........................61 Srnjak............................132 Stan, Stanarna, Stanovi ... 64 Seite Stargard .........................71 Sternberg, Strm breg, Strmec 16 Sternthal.....................29 Stramberg.....................29 Straža, Stražnica, Strass, Strassberg, Strassengel, Strassgang, Strasserberg, Strasy, Strassburg, Straški vrh .... 98 Stockerau.....................82 Ston, Stagno..................116 Štorje........................82 Studencam.....................159 Tabor.........................99 Tamar, Tamara, Tamare, Tamor 65 Tataren, Tatra, Tatre, Titra . . 50 Taunus, Tunjice, Thuner-Seè . 19 Temesvér......................45 Tepa, Tepanje, Tepe, Theben . 113 Tergeste, Triest..............20 Ternitz, Terncwetz, Trniče, Trnovo.....................130 Teutonen......................152 Thule.........................185 Tis, Tisa, Tisac, Tisovac, Tisek, Tisovina, Tisch, Tischberg, Ti-schau, Tisüvka, Tystin, Tischnowitz, Teschen, Tessin, Tei- novicc..........................123 Tolmein, Tolmino...................52 Toplice, Töplitz, Tobelrisse, Tobl- bad, Tepl.......................117 Traa, Trann, Traun, Trave, Travni petek...........................108 Travnik............................111 Trcbinje, Trebjc, Trebitsch, Trebnik, Terbunia, Travunia, Trbovlje, Trebice. Trebačnik, Trebevič, Treviri, Treviso, Trieblach, Triebner, Tauern, Trofcng, Trcfaiach .... 83 Seite Triglav...........................180 Trnek..............................39 Tržeč, Trst........................36 Turje, Turjak, Turan, Tur, Turan, Turze, Turiacum, Turia, Türkei, Türken, Tauern, Tarisker, Tau- riner, Tauris..................70 Cldrešnje........................143 Uher..............................60 Urban............................130 Var, Varda, Vardar, Vardišče, Varus, Vardulli, \'ardaei 45 Varda, Varciani...................76 Venetier, Vitanje, Vitina ... 68 Vid. Videm, Vidma . . . . 66 Vindi, Vinidi, Vindomina, Vindobona, Vindelicii, Venti, Veneti, Vendée, Vantali................67 Vlahi.............................50 Vodgoriacum.......................63 ~ Vojno, Voj niča, Vojnik, Vojvod, Vojetin. Vcjnicky, Vojkova. Vojna vas, Voitsau .... 156 Volkovina........................130 ! Vranov, \Tanduk, Vransko 99 Vrba, Vrbica, Vrblje, Vrbovlje, Vrbovec.......................130 \ Vukovar...........................45 j Walch, Walchen....................51 Waräger..........................150 Seite Warth, Warthe, Warta, Wartenberg, Wartenstein, Werth, Werder, Wörth................46 Wenden, Winken, Wido, Wieden 66 Werben.......................16 Wien, Windenau, Windhag, Wint-passing, Weinleiten .... 67 Wittingau, Windischgarsten.Win-dischgratz, Windischfeistritz . 68 Woiden, Wojkow...............156 Wyhorlat.....................183 Ybbs, Ybbensee, Ybm .... 122 Žabjo........................16 Zagorje......................97 Zalom........................116 Žara..............................48 Zaton........................116 Žega.........................183 Zell, Zill, Ziller, Zellnitz ... 73 Zilje, Ziljevo...............66 Zimberg, Zimburg.............116 Zimomor......................116 Zinzaren .........................68 Zitinesfeld ....................1 105 Zlaten.......................18 Zlatnik .........................182 Zmolnigg.....................22 Znaim........................36 Žrmnica......................32 Župa.........................52 Zupanjac.....................51 Zürich................... . 70 INH RLT . - Seite Vorwort zur 2. Ausgabe.......................................3 Einleitung...................................................9 I. Die Forschung nach der Entstehung und Bedeutung der topographischen Namen in Mitteleuropa im allgemeinen...............................................13 II. Die Forschung über die geographische Verbreitung dertopographischen Namen slavischer Provenienz sowie die Applikation derselben aüf die Bödenbeschaffenheit und die Bodenbedeckung des Namensbereiches . . . . ,.....................28 Gruppe der Namen für Weideplätze........................41 Gruppe jener Namen, die eine Rodung, Abstockung oder Waldblöße bezeichnen........................................81 Gruppe jener Namen, die mit Bodenerhebungen im Zusammenhänge stehen..........................................95 Gruppe der Namen, die mit Wasser im Zusammenhänge stehen 101 Gruppe der Namen botanischen und zoologischen Ursprungs . . 118 Gruppe der Namen geologischen und mineralogischen Ursprungs 132 Gruppe sonstiger Namen ethno- und topographischer Richtung . 145 Vornamen, welche aus dem topographischen Namen hervorgegangen sind.............................................158 Hypothese über die Zeit der Verteilung der Dorffluren .... 161 III. Die Prüfung des Zusammenhanges des Naturmythus mit der Volksphantasie mit F,inst und Jetzt . . . 169 Schlußwort..................................................191 Verzeichnis der im Texte etymologisch erklärten Eigennamen . . . 205 Inhalt......................................................212 ©