Theologische Venintwortlichcr Rcdactcur und Verleger: I>r. Johann Chrys. Pogazhar. 32. Samstag den 11. August. 1849. Vorschläge zur religiösen Wiedergeburt des Volkes. Von Dr. Alois Schlör. »Mich erbarmt des Volkes!« — so rief aus der Tiefe seines liebevollsten Herzens der göttliche Heiland, da seinem Blicke viele Tausende begegneten, denen cs sowohl am irdischen Brot gebrach, de» Hunger des Leibes zu stillen, als auch am himmlischen Brot der Lehre, weil sic bei all' ihrer Lcrubegierde keine Hirten hatten, die sie ans gesunde, nahrhafte Seelenweide fuhreten. (Matth. 9. Mark. 6.) — Hat nicht auch die neueste Zeit dieses zweifache Elend, hie und da in entsetzlicher Gestalt, uns gezeigt, und der Brust jedes wahren Menschenfreundes gar oft den Seufzer ausgepreßt: »Mich erbarmt des Volkes?« — Doch was nützt dieses Seufzen, dieses wehmüthige Anblicken und Bedauern? Hier muß man helfen, Hand ans Werk legen, damit cs besser werde, und vor Allem, die Wurzel aller Leibesund Geistesnoth anszurotteu suchen, das ist, die Sünde. — »Die Sünde macht die Völker elend.« (Spr. 14, 34.) Aus dieser Wahrheit aber, für welche unsre Tage die zahlreichsten und schlagendsten Demonstrationen liefern, folgt, daß vorzugsweise der Clerns berufen und befähigt ist, den Uebeln der Gegenwart abzuhelfen; und ks dürfte von dieser Seite eine kräftige, durchgreifende Hülfe nicht mehr ferne sein, nachdem unsre hochwürdig-sten Bischöfe auf ihrer Versammlung zu Wien, die ein so glänzendes Denkmal ihres oberhirtlichen Eifers ist, gewiß auch über manche Mittel der religiösen Wiedergeburt deS Volkes sich verständigt haben. — ■ißozn nun aber meine Vorschläge in dieser Beziehung? Fürwahr! ich würde gegenwärtig über dergleichen Dinge schweigen und die Belehrung Anderer geduldig abwarten, wenn ich nicht erst unlängst von sehr achtbarer Seite aufgefordert worden wäre, meine unmaßgeblichen Ansichten über Verschiedenes, was unsrer Zeit Roth thnt, ans-zusprechen. Von dem aufrichtigen Wunsche beseelt, zur Erhöhung der heil. Kirche, die ich als meine Mutter innigst liebe, mein Scherflein beizutragen, folge ich ohne Reinliche Bedenken der mir gewordenen Aufforderung, obwohl ich nichts völlig Neues oder Originelles zu bie- ten weiß; jedoch glaube ich versichern zu können, daß meine Vorschläge und praktische Winke nicht sowohl aus einer bloßen Theorie, sondern größtenteils aus Erfahrung und persönlicher Anschauung hervorgehen, und daher ihre Ausführbarkeit und Nützlichkeit um so weniger zn bezweifeln ist. Freilich ist auch hier nicht zu vergessen, daß nicht Alles (und in derselben Weise) für Alle ist, wie auch daß nicht Alles ans der Stelle ins Werk gesetzt werden kann; man muß prüfen und sichten, nach Verschiedenheit der Verhältnisse und Kräfte inodificiren, mir das und in so weit behaltend, was und wie cs ersprießlich scheint. Ich werde meine Mühe hinreichend belohnt glauben, wenn ich so glücklich bin, Andere, in den Überzeugungen, die sie mit mir theilen, zu bestärken oder durch meine Propositionen sie auf neue, bessere Gedan> ken zu leiten oder überhaupt den Eifer für die religiöse Erneuerung des Volkes in etwas zu beleben. Uebrigens stelle ich Alles dem Urtheile unseres hochwürdigsteu Episkopats anheim, mit welchem die Priester in vollkommener, kirchlicher Uebereinstimmung leben und wirken sollen. Diesen in uusern Tagen doppelt wichtigen Grundsatz bitte ich meine Leser bei jedem Punkte dieser Vorschläge sich wohl vor Augen zu halten; denn jedes eigensinnige und eigenmächtige Unternehmen, jedes allzu ungestüme Drängen und Treiben ist mit Grund verdächtig, und kann bei aller guten Absicht, von der es etwa Anfangs ausging, keinen gesegneten Erfolg sich versprechen. Es ist uns zwar erlaubt, unsere Wünsche und Erfahrungen mit Bescheidenheit zu offenbaren; zu ihrer Verwirklichung aber muß die Gutheißung und Sendung der höheren Hierarchen erwartet werden. Indem ich mit dieser Gesittung meine Propositionen niederzuschreibcn mich anschicke, empfehle ich vor Allem — zur kräftigen Erweckung des gläubig frommen Sinnes — außerordentliche Andachten, besonders Volkserercitien. A. Außerordentliche Andachten — Volks-erercitien. Daß ich gerade diesen Punkt voranstelle, dürfte Manchen für meine Pastoralmarimen nicht besonders einnehmen. Matt wird vielleicht verflicht, zu meinen, ich liebe nur auffallende, gcräufchcrregende Manifestationen und lege zu großen Werth auf momentanen Effekt. Das ist nicht der Fall. Die späteren Artikel (denn ich habe noch gar Vieles zu besprechen) werden zur Genüge dar-thun, daß ich die allgemein üblichen, religiösen Bildungsmittel und ihre stille Wirksamkeit keineswegs mißachte, obwohl ich eine mehr als gewohnheitsmässige Anwendung derselben wünschen muß. Hm aber die Regeneration eines dem Christenthum so sehr entfremdeten, in ein neues Heidenthum versinkenden Geschlechtes wirksam einzuleiten und zu derselben einen haltbaren Grund zu legen, ist nach der Ansicht vieler einsichtsvollen Männer, mit denen ich zu sprechen Gelegenheit hatte, gleichsam eine neue Ankündigung des Evangeliums mit aller Kraft apostolischer Sendung — eine Ankündigung, wie die des alten Gesetzes in den Tagen des Josias, Königs von Juda — wie die des christlichen Gesetzes unter Hei-denvölkern — nothwendig. Daß dieß nicht ohne einiges Aufsehen geschehen könne und dürfe, versteht sich von selbst; drillt eben das soll bezweckt werden, daß das weltumfassende Christenthum nicht in verborgene Winkel eingefchloffen und zu einer bloßen Privatsache erniedrigt werde, sondern öffentliche Anerkennung, öffentlichen Einfluß wieder gewinne. Den Propheten fordert Gott im alten Bunde auf: »Rufe, und höre nicht auf, zu rufen; wie ehte Posaune erhebe deine Stimme, und verkündige meinem Volke seine Müsse thateu.« (Jsai. 58, 10 Und den Aposteln im neuen Bnnde gebeut der Herr: »Fürchtet euch nicht! Nichts ist verhüllet, was nicht soll enthüllet, noch verborgen, was nicht soll gewußt werden. . . . Was ihr ins Ohr gehört, das prediget auf den Dächern.« (Matth. 10.) Sollen diese Mahnungen au die Diener Gottes nicht besonders in unser» Tagen beherziget und befolgt werden. Allgemein sind die Klagen über Unglauben, Jndif-ferentismus auf der einen — über todten Formalismus und Stagnation auf der ändern Seite. Einige haben Geist und Form des Christenlebens verloren; Andere behalten noch gewisse Formen bei, aber ohne belebenden Geist. Eine Hauptursache dieses Uebels, zunächst in Oesterreich, erkennt man ziemlich einstimmig im System des Josephinismus. Dieses muß aufgegebeu werden, also auch seilte allzu langweilige und sterile Goltesdienst-ordnnng, die wahrlich nicht geeignet war, ein gläubig frommes Leben zu wecken und zu fördern. Eine bestimmte Ordnung muß zwar in allen Dingen sein; aber die Ordnung des Cultus hat die Kirche vorznzeichnen; und diese, obwohl die Erhabenheit mit Einfachheit verbindend, bietet doch in ihrem Ritus gar viele Abwechslung und vergißt bei ihrem Festhalten an dem Herkömmlichen und Alten nicht, von Zeit zu Zeit neue Formen einzuführen. Wie viele neue Andachtsübungen und Feste sind im Lanfe der Jahrhunderte bis jetzt entstanden, um nach den verschiedenen Bedürfnissen der Zeit den geschwächten Glauben zu kräftigen, die sinkende Flamme des Eifers wieder anzufacheil! Man denke nur z. B. an das majestätische Frohnleichnamsfest mit seinem Trinmphznge, dessen Anblick dem berüchtigten Atheisten Diderot*) Bewunderung und Ehrfurcht abzwang — an die liebliche Andacht zu Ehren des heil. Herzens Jesu, die gar viele kalte Ehri-stenherzen heilsam erwärmet hat. Es ist also dem kirchlichen Geiste nicht gemäß, nur darauf zu dringen, daß man immer beim Gewöhnlichen, beim Alten bleibe. Neue Bedürfnisse und Verhältnisse erheischen auch neue Vorkehrungen und Maßregeln. Unsere Zeit ist führwahr keine ordentliche, sondern eine sehr unordentliche und außerordentliche Zeit; unser Elend ist kein gewöhnliches; unsere Bedürfnisse sind mitunter ganz eigener Art; warum aljo nicht auch ungewöhnliche, außerordentliche, in ihrer Form (wenigstens für uns) neue Andachten und Uebmi-gen, um das Volk vom geistigen Schlafe aufzurütteln und das christliche Bewußtsein mächtig zu beleben? Soll unserer jammervollen Zeit geholfen werden, so muß vor Allem der Geist des Gebetes nnd der Buße recht erwachen. Wer die ungeheuren Ereignisse der letzten Jahre mit christlichem Ange anschaut, wird darin ein Gottesgericht erkennen, dessen Schlägen — nur der Arm des reuigen Gebetes Einhalt thnt, durch welches der Allmächtige so gern sich überwinde» läßt. Diese fromme Ueberzeugung wurde gleich i» Folge des ersten Sturmes gar Manchen klar und lebendig; aber die Massen konnte sic so bald nicht durchdringen, weil einerseits der Jn-differentismus, anderseits der panische Schrecken alles lähmte. Mau seufzte wohl zum Himmel ans, aber heimlich und verstohlen; man betete, aber größtentheils vereinzelt, obwohl man das Bednrfniß nach Vereinigung, nach gemeinschaftlichem, lautem, feierlichem Gebete lebendig fühlte und noch fühlt. Wie schmachteten, besonders im vorigen Jahre manche Laien nach einer Leitung und Anleitung zum Gebete! Mit welchem Eifer, der den Cle-rns eben so tief rühren als beschämen mußte verbreitete eine fromme Magd unentgeltlich Taufende von Gebeten, in welchen um Erhaltung des so schwer bedrohten katholischen Glaubens zu Gott gefleht wurde! Wie zahlreich eilte mau endlich zu den öffentlichen Betstunden, die auf höhere Anordnung vor dem ausgesetzten Allerheilig--steu gehalten wurden! Doch diese Andachten, die man gar oft und bei weit geringeren Anlässen abhält — tit welchem Verhältnisse stehen sie z» den außerordent- *) ^ptanetje abgeschmackte Rigoristen in Neligivnssachen (schreibt Diderot) fennen die Wirkungen äußerlicher Neligionsgebräu ?c ovf m*t- Nie sahen fit . . . de» Enthusiasmus der Äenge am Frohnleichnamsfeste, der sich selbst meiner zuweilen bemächtigt hat. Nie habe ich die langen Reihen Prie stcr ut ehrwürdiger Kleidung, nie die jungen Akolylben aiv gethj» mit weißen Chorhemden . . . nie habe ich jene Menschenmenge, die in andächtiger Stille vorhergeht und folgt, gesehen, ohne tief gerührt z» werden. Niemals hörte ich den feierlichen, von den Priestern angestiminlen, und von einer unzähligen Menge Männer, Frauen, Mädchen und Minder mit hoher Begeisterung beantworteten Gesang, ohne daß meines Herzens Innerstes erschüttert, mein ganzes We,en in religiöse Gefühle aufgelöst, nnd meinen Augen heiße Thränen entlockt worden wären.« (Chateaubriand Schönheiten des EhristenthnmS l Bd. 7 Kap.) lichen, unerhörten Begebenheiten, die in unfern Tagen einen ganzen Welttheil bis in seine tieften Grundfesten erschüttert haben? Wahrlich! da scheint mehr von-nöthen, um Gottes Zorn zn versöhnen; da bedarf cs einer stärkeren Salbe, um so tiefe Wunden zu heilen. Was thaten die heidnischen Stimmten, als Gott ihre Stadt mit dem Untergang bedrohte? Was that man vor 18 Jahren in Wien, als die Cholerasenche verderbenschwanger nahte? Ich erinnere mich noch mit Rührung der regen Andacht, der Büßpredigten, der Prozessionen, der nnab-. sehbaren, aus allen Ständen gesammelten Beterschaar, die durch mehrere Tage zum Heiligthum der jungfräulichen Gnadenmutter wallte. *) Und — was die Krone dieser Andacht war — welche ungewöhnliche Zahl von Pönitenten, die die Beichtstühle in jener Zeit umlagerte»! Denn damals erkannte noch der größere Theil des Volkes, daß die Wurzel des Elends — die Sünde sei, und das beste Gegengift — die Buße. Jetzt ist leider! das Bewußtsein dieser Wahrheit in nur allzu Vielen verschwunden; um dasselbe wieder zn erwecken, ist daher uothwendig, nicht bloß zn allgemeinem, feierlichem Gebete — in so allgemeiner, kolossaler Noch — aufzufordern , sondern dieses auch mit angemessenem, kräftigem Unterrichte zu verbinden. Dieser Unterricht hat nach meiner Ansicht von der Darstellung der sogeiiamiteu ewigen Wahrheiten anszugehen, die eilte wunderbare Macht auf die rohesten Gemüther ansüben. Die Grundlage der sittlich religiösen Wiedergebnrt ist ein ernstes Nachdenken über sich selbst, über Gott und Ewigkeit. Man muß recht erkennen, was der Mensch sei, woher er sei, wozu er hienieden lebe, wohin er gehe. Die ins Materielle so tief versenkte Menschheit muß mit der Gewalt des göttlichen Wortes zur Betrachtung des Ueberirdischen, Ewigen, Göttlichen emporgehoben werden, das sic vergessen zu haben scheint. Sie muß ihre höhere Bestimmung klar erfassen; sie muß erkennen lernen, wie weit sie davon abgeirrt, welchem fürchterlichen Abgrund hier und dort sie zulaufe, und wie kein Heil — kein physisches und geistiges, kein zeitliches und ewiges — für sie sei, außer in Jesus Christus, dem göttlichen Welterlöser, dessen Lehre — untrügliche Wahrheit, dessen Leben — das heiligste Vorbild , dessen Blut — die Versöhnung aller Sünden und ein unerschöpflicher Gnadenquell ist, der immerdar in den Sakramenten der katholischen Kirche fließt. — Klare Erkenntniß der Menschen- und Christenwürde, folglich auch *) Wallfahrten und Prozessionen sind ein gewaltiger Hebel der Andacht, sie sind eine laute, öffentliche Kundgebung des religiösen Lebens, wodurch viele Laue erwärmt, und die Ungläubigen im heilsamen Resxect erhalten werden. Eben darum sind die Letzteren diesen Andachtsäußernngen todfeind; denn sie möchten dem Christenthnme den Charakter der Oeffentlichkeit ganz entziehen, damit sie allein aus den Gaffen und Straßen triumphirai könnten. Möchten manche sonst Gutgesinnte durch den Vorwand von obwaltenden Mißbrauchen sich nicht dazu verleiten lassen, mit den Feinden der Religion gemeinschaftliche Sache zu machen! Erkenntniß Gottes — Abscheu und Reue über die Sünde — würdiger Empfang der heil. Sakramente und dadurch lebendige Vereinigung mit Christus, der das Licht und Heil der Welt ist — ist das nicht die geistige Wiedergeburt und Erneuerung des Menschen, auf welche die sogenannten Exerzitien mit so glücklichem Erfolge hinwirken? Warum will man dieses so kräftige, vielbe-währte, vou der Kirche empfohlene und gesegnete Mitel nicht anwenden? In Steiermark wurden vor einigen Jahren an mehreren Orten auf dem Lande Volksererzitien gehalten, die man an gewisse Festlichkeiten, z. B. Patrozinium der Kirche, Übertragung eines heiligen Leibes, das vierzig-stündige Gebet, Vorbereitung auf die Osterbeicht u. dgl. anschloß. Ueberall ging die Andacht, welche acht oder fünf oder wenigstens drei Tage währte, ungeachtet der zahlreichen Volksmenge in der fchönsten, erbaulichsten Ordnung vor sich, so wie mit höchst erfreulichem Erfolge. Veraltete Feindschaften, Concubinate, Aergernisse verschiedener Art wurden anfgehoben und beseitigt, ungerechtes Gut ward zurückgestellt, die ganze Gemeinde neu geordnet und besonders die Jugend durch religiöse Bündnisse gegen die Verführung der Welt gesichert. Mit Freu« deuthräuen dankte die Gemeinde ihrem ordentlichen Seelsorger, der ihr eine solche Scelenweide verschafft hatte. Und wer waren diejenigen, welche diese außerordentliche Andacht leiteten? Es waren eifrige Männer aus verschiedenen Orden, und in Ermanglung derselben (denn der Geist Gottes rocht, wo er will) auch fromme Welt-priester, die mit Gutheißung und unter dem Segen des Diöcesanbischofs sich zu dem heiligen Werk verbanden, nach gemeinschaftlichem Plane predigten, katechesirten beichthörten u. s. w. Die Zeit- und Ortsnmstände wohl berücksichtigend, vermied man hiebei das allzu Auffallende und doch Au-ßerwesentliche, was die Andacht mit dem Schreckensnamen einer Mission hätte verschreien können; denn auch der große Missionär, Alphousus von Liguori, gab seinen Söhnen, die er nach Deutschland sendete, die kluge Mahnung, dort in anderer Weise aufzutreten und zn lehren, als in Italien. Es lassen ja die Erereitien (und diese sind der wesentliche Inhalt der sogenannten Missionen) ungeachtet ihres festbestimmten Planes gar viele Modifikationen zn, durch welche sie sich allen Verhältnissen der Zeit, des Ortes, der Personen anpassen; und erst unlängst hat ein Priester mit den Zöglingen eines Erziehnngsin-stitutes diese Andacht vorgenommen, mit so herrlichem Erfolge, daß über die dadurch bewirkte Umwandlung die Obern und Untergebenen sich höchlich freuen. Nach so vielen, tröstlichen Erfahrungen — welche Bedenken hegt man, welche Schwierigkeiten findet man, die der Aufnahme der Nolkserercitien im Wege stehen? — »Die Sache macht zu viel Lärm, zu viel Aufsehen,« sagt man. — Guter Gott! Soll in unfern Tagen nur das Laster und der Unglaube das Vorrecht haben, zu schreien und sich breit zu machen, während der Glaube und die Frömmigkeit dazu verurtheilt wären, sich in verborgene Winkel zurückzuziehen und fchvit still zu sein? Ich gebe zwar gerne zu, daß eigentliche Missionen in ihrer vollständigen, alten Form für unser Zeitalter nicht gerathen sind, besonders in Provinzen und Städten, die noch zu sehr in politischer Gährung begriffen, keine Bürg-schaft für äußere Ordnung und Ruhe bieteu. Aber eine mehr feierliche Andacht, mit Erercitien verbunden (die man überdieß in größerem oder kleinerem Umfange an-stelleu kann, wird, wen» sie auch einiges Aufsehen und Geräusch erregt, nirgends schaden. Was schaden wohl in dem so unruhigen Paris die großartigen Novänen, die der fromme Erzbischof jener Stadt bei verschiedenen Gelegenheiten anordnet? Was schadet die Bewegung, die sein feierlicher Zng durch die Gassen und Straße», in Begleitung seines Domkapitels und zahlloser Gläubigen, hervorrnst? Weder die Diener der Kirche noch die umsichtigen Staatsmänner können hier irgendwelche Rach-theile für das öffentliche Wohl erblicken; nur die Revolutionäre finden dabei nicht ihre Rechnung, und gewab-ren zu ihren« Schrecken, wie ihrem höllischen Fanatismus der christliche Enthusiasmus in den Weg tritt. Eine solche Opposition aber ist ein viel wirksameres und nachhaltigeres Mittel gegen die Revolution, als die größten und tapfersten Armeen. Daß diese ohne den Clerus und die Religion nicht im Stande sind, die aus Europa entflohene Ordnung zurückzuführen und dauerhaft zn begründen, hat neulich der französische General Oudinot öffentlich ausgesproche». Doch »woher die Männer nehmen, die dem hier erwähnten geistlichen Werke gewachsen sind?« — Ich kann nicht zweifeln, daß in jeder Diöcese sich einige Priester finden lassen, die Verstand, Erfahrung und Eifer genug besitzen, um mit Gottes Gnadenbeistand (der bei solcher Gelegenheit überreichlich zu sein pflegt) — aus den Ruf und unter der Oberleitung des Ordinarius — nach freundschaftlicher Berathung mit dem Ortsseelsorger — unter kluger Berücksichtigung der obwaltenden Verhältnisse — das empfohlene Geschäft auf sich zu nehmen. In Baiern, auch in Böhmen, beabsichtigen mehrere eifrige Priester, zur Abhaltung von Volkserercitien sich mit einander zu vereinigen. Gleichgesinnte und Gleichbcfähigte dürften sich überall finden, die (nach einem Vorschlag des österr. Volküfrenndes) als wandernde Prediger gesendet werden könnten, um, wie in frühem Jahrhunderten die Jünger des heil. Dominikus und Andere, den katholische» Glaube» und das katholische Leben mächtig auszuwecken. Es wird ja doch auch von dcu neueren Pa-storallehrern zugegeben, daß es sehr nützlich sei, in eine Pfarrgcmeinde zuweilen fremde Priester alö Prediger und Beichtväter herbeizurnfen; doch was nützt eine einzelne Gastpredigt, ein einzelner, unvorbereiteter Bcicht-tag? Wenn aber durch mehrere Tage, durch eine ganze Woche ein wohlberechneter Predigtcyklus von eifrigen Männern, die die Gabe des Wortes haben, abgehalten, das Volk durch diese Vorträge und entsprechende An-dachtsübungen bestens disponirt und dann durch die sorgfältigste Ausspendnng des Sakraments der Buße in den Stand der Gliade versetzt wird; so kann der Erfolg nur ein großer und erfreulicher sein; es ist zur geistigen Regeneration des Volkes ein haltbarer Grund gelegt, auf dem freilich dauu von den Ortsseelsorgern fortgebaut werden muß. Bei tiefer meiner Ucbcrzcuguiig fchcütt cs mir vor Allem Roth zu thun, inbrünstig Gott zu bitten, daß Er in Seiner unendlichen Erbarinuug überall apostolische Männer erwecke und mit höherer Geistesweihe ausrüste, die, gleich den einstigen Oblaten des H. Ambrosins zur Zeit deS heil. Earl Borromä, den Bischöfen sich zur beliebigen Verfügung anbieten, und von ihnen gesendet htngchcn, die Botschaft des Friedens wieder anznkünden, den die Welt zwar verlieren, aber nicht geben kann. Ach! wann wird die gesegnete Zeit herbeikommen, in welcher (wie Gaume iu seiner Geschichte der häuslichen Gesellschaft prophetisch spricht) aus den Dampfschiffen und Eisenbahnen, die für wühlerische Emissäre ein so bequemes Vehikel rascher Verführung sind, die Glanbensboten der katholischen Kirche eiligst die Länder durchstiegen werden, überall Spnren des Segens hinterlassend — durch den Rainen Dessen, in dem alle Völker der Erde gesegnet werden! — Bis dahin hoffe ich keinen eigentlichen, entschiedenen Umschwung zum Besseren, obwohl allerdings eine Vorbereitung dazu ersichtlich ist. Setzen wir fort, was zum Heil begonnen ist; sammeln wir unsere Kräfte; verbannen wir die zu große Furcht, und versuchen wir, die kirchliche Freiheit zu gebrauchen, die uns gegönnt ist — dann »wird sich erfreuen die unwegsame Wüste, d i e E i n ö d e wird frohlocken, und erblühen gleich der Lilie. Kräftig wird fie keimen und freudig aufjauchzen . . . man wird schanen die Majestät des Herrn, die Herrlichkeit unseres Gottes.« (Jsai. 35.) r Dominus pars liacrcdilaiis mcac.44 Ps. 15, 5. Gelegcnhcitsgedanken bei der Erthcilung der heil. Priesterweihe. Zu den Füßen des geistlichen Oberhirten mederge-1 unken kniet der Jüngling; »der Herr ist der Antheil meines Erbe« strömt es über seine Lippen, der Herzensausdruck, in welchem er mit Schichtleistung auf seine Ansprüche der Welt gegenüber sich dem Herrn zum Opfer darbringt, während der Bischof znr sichtbaren Darlegung, zur Bekräftigung diefer Ausscheidung aus der Welt und der freiwilligen Hingabe an den Herrn, dem an der Pforte zum Allerheiligsten Harrenden einen Theil seines Haupthaares abschneidet — ihm die h. Tonsur erthcilt. Welch dein Anscheine nach zwar „»ansehnlicher, doch in seinem Wesen, in seiner Bedeutung folgenreicher, erha- Nachdem der besagte Diener der Kirche zur Aufdek- ben feierlicher Act! Nun erst erhält die fragliche Weihe- kung der eigentlichen Quelle der Mißachtung des geistlichen formet ihr entsprechendes Gepräge. Standes freimüthig und in nicht gar schonenden Fragen Durch das Beschneiden des Haupthaares, welches, in (»Seid ihr wirklich Priester, weil ihr den geistlichen Rock üppiger Fülle das Haupt umwuchernd, ein so fruchtbarer dann und wann anhabet? Seid ihr rc>? — Seid ihr Stoff eitler Hoffart und Sinnenlust ist, soll der Weih- rc> zc.) an die betreffenden Beschwerdeführer sich gewen- ling losgebundeii werden von der Welt und ihrer schnöden Lust; entrückt dem bloßen Naturlebeu, welches nur im Bestreben durch unendliche Selbstsetzung zu seinem Selbstbewußtst» vorzudringen sich abmühet, mittelst des niedersten der Triebe, als dessen Symbol das Haar angenommen wird, tritt er in eine höhere Region des Lebens, die Regio», wo Gottes beseligender Hauch fühlbarer wehet, wo das rein Sinnliche seines heimathlichen Bodens sich verlustig zu sehen hat. In dieser Region nun soll der Herr der einzige Zielpnnkt seines Strebens und Lebens sein, der Herr sein einziges Loos, er des Herrn vorzügliches Eigenthum — xxtpos (im Gegensätze zu Volk; so bei Clemens v. Rom und dem h. Ignatius; so in den apost. Constitutionen, bei Tertullian u. and.). Bürger der irdischen Welt wird nun der Cleriker auch Bürger einer überirdischen; keiner ganz angehörend soll er der Vermittler der erhabenen Urharmonie beider werden — Restaurator des durch den Ungehorsam Adams gestörten Einklanges der Natur-mit der Geisterwelt? Welch herrlicher Antheil seines Erbe, welch erhabene Aufgabe seines neu eingegangenen hohen Verhältnisses! Getragen von dem Bewußtsein seiner hohen Würde, schwebend zwischen Himmel und Erde, wird er, wie die Sonnenblume zum Sonnenlichte, sein Sinnen nur zum Himmlischen hinwenden; sein Herz, dem Irdischen, das nun nicht mehr sein Loos ist, verschlossen, wird er nur dem himmlischen Lichte, dem himmlischen Duste erschlossen halte», und sich der Erde nur zuwenden, um dieselbe mit diesem den Regionen des Himmels entlehnten Lichte zu erleuchten und zu erwärmen und mit deren beseligenden Dufte sie anzuhauchen. Nicht berückt durch das bunte Getriebe und Gewühl der Welr, wird er, erhaben über alle Wechsel des Tages, seinen höheren Zielpunkt, sein höheres Loos sich nicht aus den Augen rücken lassen; — »der Herr ist der Antheil meines Erbe« das wird die einzige Norm seines Denkens und Trachtens, seines Handelns und Wandelns sein. — Solches Gewicht, solch hohe Bedeutung scheint diesem unseren Spruche jener würdige Diener der Kirche beigelegt zu haben, welcher im verflossenen Jahre in der Agramer Zeitung Nr. 49 *) eiuer gewissen Partei des kroatischen Clerus entgegengetreten ist, indem diese zu Gunsten einer gar zu übertriebenen Popularität gemäß den Forderungen des Zeitgeistes gewisse Formalitäten, welche den geistlichen Stand von allen übrigen Ständen abgewendet haben sollen, und darunter vorzüglich den Cölibat, abzustreifen beschlossen hatte. *) S. Laib. Kirchenzeitung Nr. 8 u. s. w. 1848. det, fügt er bei: »Seid versichert, die Geschichte beweis't es, daß Ihr, wenn Ihr im Sinne eueres göttlichen Stifters Priester sein, auch angesehen, geachtet und geliebt werdet. Warum buhlt Ihr um die Verschmelzung eueres Standes mit der Welt? Habt Ihr ja bei der Einweihung zum geistliche» Stande gesagt: »Herr! du bist mein Erbtheil«. Nicht leicht wird wohl Jemand, der mit dem Charakter des Priestcrthnuis im Reinen ist, anstehen wollen, mit uns die Wahrheit und Consequenz dieser Sprache gebührend anzuerkennen; und wer sich an deren offenen Freimütigkeit stoßen könnte, möge bedenken, daß solcher Sprache auch öffentliche, den geistlichen Stand gar »icht ehrende anticölibatische Debatten »»d Petitionen vorans-gegangen, traurige Ausbrüche des im betreffenden cleri-kalischen Körper um sich greifenden Aussatzes. Uni so entschiedener jedoch werden wir uns zu Gunsten des bemerkten Eiferers für die Sache der Kirche aussprechen, um so näher und rückhaltloser in seine Ansicht entgehen, wenn wir die Taktik vor Auge» haben, iu welcher seine Gegenpartei ob solcher Sprache ihm begegnet. »D des Rabbi,« fällt ihn diese durch ihren Koriphäus Herrn Pfarrer Paul Stooß *) an, »der sich erfrecht, feine gehä-ßige und gefühllose Herabsetzung des priesterlichen Ansehens mit einigen apostolischen Deutungen zu bekräftigen. Findet man denn einen so entartete», jeder Liebe zu sich selbst und zu dein Nächsten baren Christen, der nicht als den beißendsten Sarkasmus annehmen müßte jenen harten Vorwurf, daß wir deßhalb, weil wir Priester bei der Weihe ausgesprochen: »»Herr dn bist mein Erbtheil«« von der Welt nichts zn fordern hätten. Kann etwa nicht jeder Christ Christum für sein Erbtheil halten? Heißt das wohl was anders, als die ewige Wahrheit und Liebe den gläubigen Christen ab- und nach Art übler Aristokratie den Priestern allein zuwenden, als ob dieses Erbtheil nicht auch ändern Laien-Christen zukäme.« Dieß die wortgetreue Sprache dieser Partei. Die Plattheit und Plumpheit, die Zweideutigkeit, relative Unwahrheit, Inkonsequenz und absolute Leidenschaftlichkeit solcher Sprache durch eine umständlichere Beleuchtung hervorheben wollen, hieße den natürlichen Widerwillen, welchen sie in unfern Lesern nothwendig erzeugen muß, durch einen erkünstelten abstumpsen und verdrängen. Das natürliche, gesunde Urtheil unserer Leser enthebt *) Wir hätten seines Namens jetzt geschont, nachdem aber seiner anhaltende» Halsstarrigkeit in Nr. 20 unserer »Theolog. Zeitschrift« Erwähnung geschehen, möge durch seine abermalige Erwähnung in dieser Abhandlung sowohl über seine Partei als auch direkte über den edlen und muthigen Verfechten kirchlicher Satzungen, Bischof Haulik, einiges Licht hiemit verbreitet werden. uns somit bcr Mühe, dieselbe näher zu besprechen, wenn leidenschaftlicher Unsinn übrigens aus eine Rücksichtnahme je Anspruch machen kann. Sie ist ja nichts anderes, als eine unverdauliche Frucht, entsprossen jenem Boden klerode-magogischer Gelüste, auf welchem wir, um nicht weitaus herzuholen, einen Ronge und Dowiat, einen Füster, Pauli, Scholl, einen Gioberti, Guerazzi und Chatel sammt deren Consorten ihre empörenden Rollen spielen zu sehen die betrübende Gelegenheit hatten. Auf diesen Boden nun hiuverdrängt sieht man die ihrem Wesen nach scharf von einander geschiedenen Begriffe *\npos und x«« nur ihrer Bezeichnung nach noch unterschieden; auf diesem Boden muß jene heilige Begeisterung für Gott und seine b. Kirche schwinden, welche im Bewußtsein des Werthcs und der Erhabenheit seines auserkorenen Erbtheiles die Brust des Gottgeweihten so hoch anschwellt; — und cs ist wohl erklärlich wenn auf solchem Boden die Znmuthung: ■»der Herr ist der Erbthcil des Clerikers, er hat mit der Welt nun nicht mehr zu liebäugeln« — als eine egoistisch aristokratische Arroganz sich abgewiesen sehen muß. Wir aber, denen der Werth und die Würde des priesterlichen Erbtheiles über alles gehet, werden uns dieses hohe uns zugetheilte Loos, worin unser Adel besteht, nicht so leichten Kaufes aus den Händen winden lassen, sondern erklären allen demogogischen Tendenzen entgegen: Indem wir dem Herrn zum Eigenthume uns hingegeben, und dafür den Herrn zum Antheile unseres Erbe erkoren, sehen wir uns als ein besonderes von der Welt ansgeschiedenes Eigen-thum des Herrn an, — als Besitz und Besitzer des Herrn *) im eminenteren Sinne. Ungeachtet dieses unseres Ausspruches, ungeachtet solcher Ausscheidung des Clcrus aus der Welt, behaupten wir weiter, daß der Clcrus mehr denn irgend ein anderer Stand der Welt angehöre. ,,Wo wir immer im grauen Alterthume dem Prie-sterthume begegnen, (und wo trifft man cs nicht an?) finden wir es in .einem gewissen Gegensätze zn allen übrigen Ständen. Mit einer heiligen Scheu und Ehrfurcht blickt der alte Perfe und Bobylonier zu seinem Magier empor, nicht minder als der Aegypter, Grieche und Römer zu seinem Priester oder der Germane zu seinem Druiden. Und was Wunder? — Wenn, wie Cicero sagt, keine Nation so wild ist, daß sie nicht einige Kenntniß von einer Gottheit hätte, so ist mit dieser Vorstellung von der Gottheit auch das Bewußtsein eines gewissen Verhältnisses zu derselben miteinbegriffen, und zwar vor allem das der Abhängigkeit, aus welcher wieder das Bedürsniß der gänzlichen Hingabe an die Gottheit in Anbetung und Dank, wie auch der Versöhnung mit derselben absolut resultirt. Und diese Abhängigkeit von der Gottheit, oder: diese Hingabe an dieselbe und die Versöhnung mit ihr sind die beiden Grundelemente aller Religion,; ohne jene ist von dieser gar keine Rede. Den Ausdruck, die Manifestation dieses Verhältnisses zur Gottheit — des *) H. Hieronymus an Ncpvtia». der Abhängigkeit — finden wir in den Opfern, welche, verschieden nach der Verschiedenheit der Vorstellungen von der Gottheit sowohl, als auch jener der Bilduugs-stnse und der Bedürfnisse der Opfernden, bei jedem Volke vorfindig waren, weil ein wesentliches Bedürsniß für den sinnlichen Menschen znm Ausdrucke seines Verhältnisses zur Gottheit. Wie nun die Religion ohne Opfer, so sind <111 ch Opfer ohne bestimmte ans d c m V o l k e a n s-gefchiedene Diener des Opferns — ohne Priester nirgends vorzufinden; denn „sancta sanctis“ war eine auch dem heidnischen Alterthume nicht unbekannte Idee, welches es der Ehrfurcht gegen die Himmlischen schuldig zu sei» glaubte, alles Profane vom nähern und unmittelbaren Dienste derselben fernzuhalten. Daher begegnen wir eigenen von ändern ganz geschiedenen Orten, mochten es Tempel oder Haine gewesen sein, ganz vorzüglich zum Dienst der Gottheit geweiht; die Gaben selbst, weit gefehlt, daß die erste beste der Gottheit dar-gebracht werden könnte, mußten aus der Menge profaner Gegenstände ansgeschieden werden, um zu diesem besonder» Zwecke dienen zn können; rein mußten sie sein, wie auch die Gefäße, in welchen sie dargebracht wurden, und zu keinem ändern Gebrauche dienlich, weil die Ehrfurcht gegen die Himmlischen solches fordete; — sancta sanctis. Wenn nun der Ort, der Altar, die Gaben und Gefäße für den Dienst der Gottheit ganz auserwählt sein mußten, wird es wohl nicht nothwendig sein, umständlicher nachzuweisen, daß auch derjenige ausgesondert und auserwählt zu sein hatte, dessen Bestimmung cs war, an diesen Orten, beim Altäre diese Gaben der Gottheit darziibringen; denn so wenig dieses in gemeinen zu profanem Gebrauche dienlichen Gefässen geschehen durfte, so wenig auch durch profane gemeine Hände — Grund genug, warum das heidnische Alterthum in seinen Priestern Wesen höherer Art, vom gemeinen Volke Ausge-schiedener Ansehen zu müssen glaubte. In seinen Priestern als Opfernden erblickte aber auch das Alterthum Repräsentanten des Volkes, welche mit Altäre erscheinen, mit im Rainen des Volkes Gnade und Versöhnung von dem Himmel zu erflehen, oder den Tribut des Dankes und der Anbetung ihm zu zollen, so wie es hingegen in ihnen auch Repräsentanten der Gottheit verehrte, indem cs in ihren Aussprüchen den knndgegebenen Willen derselben erkannte, und durch dieselben sich die Huld und Gnade des versöhnten Himmels zngemittelt sah. Und so erblickten alle Völker in ihren Priestern Menschen, welche mit den Himmlischen einen nähern Umgang zu pflegen hatten, und welche eben deßhalb vom profanen Volke aus-geschieden mehr dem Himmel als der Erde anzngchören schienen, daher, sammt der Bestimmung des Cultus überhaupt, das Alterthum auch die erste Einsetzung des Prie-sterthnms von den Göttern her datirte. Die im heidnischen Alterthume den Daten der Geschichte gemäß vorfindige Idee von einer höheren beson- deren Weibe des Priesterthumes und dessen Gegensa- Leviten anstatt aller Erstgebornen aus den Kindern tze zu allen übrigen Ständen finden wir in ihrer schön- Israels.« *) sten Reinheit, größten Klarheit und stärksten Haltbarkeit Wir sehen hiemit auö dem auserwählten Volke selbst ausgeprägt im Judenthume. War ja das Judenthum Einen der 12 Stämme ausgeschieden und auserwählt, den selbst ei» von allen übrigen Völkern ansgeschiedenes, Stamm Levi, welcher in seiner hierarchischen Gliederung, vor allen ändern auserwähltes mittelst der Beschnei- Aaron und seine Abkömmlinge an der Spitze, als Reprä- dnng Gott besonders geweihtes Volk mit der bestimm- senrant des ganzen Volkes ausschließlich dem Dienste des ten Aufgabe, die wahre Kenntniß von Gott und dem Heiligthums geweiht, einerseits durch Besorgung des Opfer- richtigen Verhältnisse der Menschheit zu ihm aufrecht dicnstcs im Namen des Volkes dem Allerhöchsten Anbe- zu erhalten und als Grundlage z« dienen zum weltumfassenden , weltbeseligeuden Bane der Kirche Jesu Christi. Und wenn sich da Jehovah mit Vorliebe den Gott Abrahams, Isaaks und Jacobs nennen läßt, könnte daraus nicht geschlossen werden, als ob ihn die ändern Völker nichts angingen, als ob er nicht ihr Gott wäre? Wohl zwar nach dem nämlichen Grundsätze, nach welchem Gott als Erbtheil des Clerns nicht auch Erbantheil des gläubigen Volkes sei» könnte; doch daS eine ist so widersinnig als das andere. — Blicken wir ferner etwas tiefer in die Form des jüdischen Cnltns, schlagen wir auf die Bücher Mosis, und — wir staunen ob der Umständlichkeit, ob den ins kleinste Detail sich erstreckenden Bestimmungen für die Verwaltung des Opferdicnstes und anderer religiösen Hebungen nach allen ihren Beziehungen. Jehovah, der Eine Wahre ist gar nicht gleichgültig, auf welche Weise das auserwählte Volk das Verhältniß gänzlicher Abhängigkeit von ihm offenbaren solle; Er der ewig Heilige übernimmt es selbst, das Volk die Art und Weise zu lehren, wie er angebetet und versöhnt werden wolle, lieber den Ort, das Heiligthum, dessen Bestand-tbcile sammt bereit Eigenschaften, dessen Länge, Breite und Höhe, über die Beschaffenheit der Opfergaben, Opferkleider 2c. erhält Pkoses die genauesten, die mindesten Nebensachen berücksichtigenden Vorschriften; alles mußte dem profanen Gebrauche entzogen, ans der Menge des Gleichartigen ausgeschieden, rein, dem Herrn besonders geweiht werden, in so ferne es nur in einiger, auch entfernteren Beziehung zum Dienste des Herrn gestanden. Uebcr alles detaillirt finden wir aber die Vorschriften, welche Moses in ■ Betreff der Minister des Gottesdienstes überkommt. So wie im patriarchalischen Zeitalter die Handhabung des religiösen Lultus ausschließlich dem Erstgebornen als dem Stammeshaupte zugefallen, so hatte der Herr auch, nachdem die 12 Familien im Lande Gossen zum Volke sich erweitert, die Erstgebornen zur Verwaltung seines Dienstes sich auserwählt; deßhalb ging der nämliche Todesengel, welcher beim Auszuge aus Aegypten alles Erstgeborne Aegyptens gewürgt, an den Erstgebornen Israels schonend vorüber. Statt dieser dem Dienste des Herrn geweihten Erstgebornen trat in der Folge der Stamm Levi ein; denn: »Ich habe mir aus den Kindern Israels die Leviten anstatt jedes Erstgebornen gewählt,« spricht der Herr zu Moses; >,die Leviten sollen mein sein.« (Rum. 3,12.) und wieder 3, 41. i-jch bin der Herr; nimm für mich alle tuug, Dank und Sühne dargebracht, andererseits aber als Ausleger des Gesetzes, und Verwalter der durch daS mosaische Gesetz «»geordneten Dtscipliit als Verkündiger und Vollzieher des göttlichen Willens angesehen wurde. (Schluß folgt.) Die Berathungen der Wiener Bischofs-Synode. Die constitntionelle Zeitung aus Salzburg bringt uns darüber Folgendes: «Die österreichischen Bischöfe haben ein Koncil gehalten, und dadurch ein Recht in Ausübung gebracht, welches sie als Bischöfe allezeit hatten, als Staatsbürger aber erst fett den jüngsten Zeitkäufen ausüben durften. Es wäre irrthümlich zu glauben, die Bischöfe hätten zn ihrem Zusammentritte einer ministe-, riellen Anregung bedurft, oder einer ihnen zuvorkommenden kaiserlichen Berufung; die Eingangsworte des erlassenen Sendschreibens an die Gläubigen begegnen einer solchen Meinung, und sprechen nur von einem Entgegenkommen, was gewiß mit -Zuvorkommen« nicht gleichbedeutend ist. Der dem Kaiser von den Bischöfen für die Zusammenberufung ansgedrückte Dank also, von welchem in dem nämlichen Schreiben die Rede ist, muß angesehen werden alö eine dankbare Anerkennung jenes freundlichen Entgegenkommens; denn nur in diesem Sinne wollten und konnten die Bischöfe die kaiserliche Einladung verstehen. Tie Bischöfe haben bei diesem Koncil »ihr Augenmerk,« so sageu sie selbst, »vor allem darauf gerichtet, wie die Hindernisse zu beseitigen seien, welche ihrer freien, segensreichen Entwtckelnng bisher hemmend entgegentraten. Sie haben Beschlüsse gemacht (nicht Entwürfe, Vorlagen), welche . ... in den einzelnen Diöcesen auf dem kirchlich vorgezeichneten Wege ins Leben eingeführt werden.« Die Bischöfe haben hiermit, wenn auch die Beschlüsse selbst annoch nicht veröffentlicht wurden, was auö weisen Absichten geschehen mag, ein Wort schweren Inhaltes geredet. Bischöfe, welche eine Sprache führen, wie sie in jenem Erlasse zu vernehmen ist, so voll Kraft und apostolischer Würde, so tiefen Verständnisses und Ernstes, nötigen uns das feste Vertrauen ab, daß jene Ausdrücke *) Ser Herr Slooß möge die Frage, die sich hierbei umvillkühr-lich aufdrängt, beantworten: ob denn Gott, welcher dieLevi ten als sein Eigenthum erklärt, nur ein Gott der Leviten oder auch des übrigen Israels gewesen? »Beschlüsse,« und »cs wird eingeführt werden« eine volle Wahrheit enthalten. Wir begegnen zwar in Ansehung der so klar versprochenen Einführung der Klausel, »sobald cs zur Reife gediehen sein wird;« allein man kann diese zu erwartende Reife gewiß nur auf einige der sicherlich gefaßten Beschlüsse beziehen, als etwa der Ausfolgung des gcfamm-tcn Kirchcnvcrmögcns, Bisthümer-Besetzung, des Patronats-, Präsentations- und Denominationsrechtes geistlicher Pfründen, der Berufung, Anstellungsweife, Besoldung der Theologieprofcssvren, des Verhältnisses der Bischöfe zur Universität und allen Lehranstalten, der Beibehaltung oder Zurücklegung staatlicher Ehrentitel der Bischöfe (Fürsterzbischöfe k.), des Eherechtes u. A. m. In den genannten Verhältnissen haben Staat und Kirche zu viele Berührungspnnkte und Jneinandergeschlun-genheiten, als daß dieselben nicht einer gegenseitigen Erwägung, Berücksichtigung und Einverstäudigung bedürften. Wir glauben uns aber nicht zu täuschen, wenn wir uns der festen Meinung überlassen, daß manches Beschlossene keiner weitern Zeitigung mehr bedürfe. Wir halten nämlich dafür, daß von den Bischöfen neben den bereits genannten auch mehrere solche Beschlüsse gefaßt worden seien, deren alsogleich erfolgenden Durchführung nichts mit Fug im Wege stehen kann. So haben — wir hoffen cs ohne alles Bedenken — die Bischöfe ohne Zweifel beschlossen, das Institut der Diöccsansynode, und überhaupt der Synoden in weiter gehenden Kreisen ins Leben treten zu lassen; so werden sich ferner die Bischöfe über die Einrichtung geistlicher Gerichtsstellen geeinigt haben; so wird die Unstatthaftigkeit des entwürdigenden Placetum regium von ihnen ausgesprochen sein; auch werden sic im Einklänge mit der Verfassung vom 4. März die Errichtung von Unterrichtsanstalten für sich in Anspruch genommen haben. In Betreff dieser Beschlüsse sehen wir nicht ein, wozu es eines Verständnisses mit der Staatsgewalt bedarf. — Die Synoden anlangend, »da ja solche unter den gegenwärtigen Umständen ganz an der Zeit sind, braucht man nur »das zur Ausführung Erforderliche unverzüglich vorzukehren.« Es gehört dieses zur organischen Lebensentwickelung der Kirche, und es bewegt sich die Kirche' hiebei auf ihrem eigensten Gebiete, welches treu zu hüten die Bischöfe die heiligste Verpflichtung haben. Was das Placet betrifft, bedarf es nach unserem Dafürhalten nur einer nochmaligen Erklärung, keiner Verständigung mehr, daß sich die Kirche solche Fesseln, welche sic nie verdiente, um so weniger könne gefallen lassen, als »der Staat durch Auflassung der Prävcntiv-Maßrcgclu allcn Classcn dcr Gesellschaft freiere Bewegung gestattet.« Wir vertrauen demnach mit vollem Rechte, daß auch die österreichischen Bischöfe in dieser und noch mehrfacher Beziehung alsogleich ohne Verzug, sich zu gerireu werden beschlossen haben, nach dem Grundsätze ihres hochwürdig-sten Bruders, des heldenmüthigen Bekenners Stephan Marilley, Bischofs von Lausanne und Genf, der vor dem Staatsrathe von Freibnrg freimüthig aussprach: »Wollten die Mächte der Erde sich derlei Rechte anmaßen, so müßten ihnen die Bischöfe immer dieselbe Antwort geben, welche die Häupter dcr Synagoge von den Aposteln erhielten: »Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen.« Welche Beschlüsse in Ansehung der Schule gefaßt worden seien, mit welcher Kraft hiebei die Bischöfe den der Kirche nöthigen Einfluß wahren zu wollen entschlossen sind, ist leicht zu errathen aus ihrem Erlasse an die Gläubigen, worin sie auf die Verantwortung Hinweisen, welche sie treffen würde, wenn sie es angehen ließen, daß man die Kindlein und Christus auseinanderreiße. Wie endlich in Ansehung der Katholiken-Vereine die Bischöfe werden beschlossen haben, dieselben zu befördern nnd z« befestigen, schließen wir mit Recht aus den hie-her bezüglichen Worten des nämlichen Erlasses, wo sie von der so nothwendigcn Entschiedenheit sprechen, und den Guten das Zusammen stehen empfehlen zur Verteidigung der Wahrheit, des Rechtes und der Ordnung. Solche entschiedene Haltung müssen demnach auch wir von solchen Bischöfen erwarten, nnd wir werden, — ohne Anstand sprechen wir unsere Hoffnung aus — mit Nächstem praktische Folgen ihrer Entschiedenheit und auch ihres beschlossenen Zusammenstehens znr »Verteidigung des Rechtes gewahren.« Verschiedenes. Wien. Von dem Hirtenbriefe unserer Hochwürdigsten Bischöfe an die Gläubigen hat der Wiener Katholikenverein bereits 47,000 Ereinplare abgesetzt. — — Am 7. August d. I. ist in Wien das Militärspital des wohlthätigeu Fraue'nvcreins mit Segenmesse, Predigt (des Hrn. Canonicus Vcith) und Aufnahme von 25 Verwundeten feierlich eröffnet worden. Ein Beweis, daß Glaube und Liebe noch lebendig sind. — Die Herrn Dr. Hock und Schern er sind aus der Redaction des »Oesterreichischen Volksfrcun-des« ansgefchieden; erstem hat auch seine Stelle im Ausschüsse des Katholikenvereines nicdcrgclcgt. Personal - Nachrichten. Aus der Laibacher Diöcese. £cr Pfarrer von Senozece, Herr Anton Flora, ist am 1. August d. I. und der Kooperator von Gutenfeld Herr Franz Narobc, am 3. August d. I. gestorben. Gedruckt bei Josef Blasnik in Laibach.