Jtr. 310. 1869. n. RinMkS MràilP-MN für die Cöoantcr Diözese. Inhalt: I. Mittheilung bc» StaatSgesetzeS betreffend die Versöhnnngöversuche vor gerichtlichen Ehescheidungen, und Weisungen darüber sowie über da« Gesetz betreffend die Eheschließung zwischen Angehörigen verschiedener christlicher Confessione». II. Mittheilung des Gesetze» betreffend die Beweiskraft der Geburt»-, Trauung»- und Eterbematriken der Israeliten. III. Mittheilung der Ministerialverordnung betreffend de» Vollzug der, den Ucbertritt von einer Kirche oder NeligionS-gesellschaft zur andere», regelnden Bestimmungen de» Gesetze» vom 25. Mai 1868. IV. Empfehlung de» Werke»: „Handbuch der Pastoral", herauSgegcben vom Prof. Dr. And. Gaßner. I. Das Reichsgesetzblatt für das Kaiserthum Oesterreich — ausgegeben und versendet am 5. Jänner 1869 — enthält zwei neue Staats - Gesetze vom 31. Dezember 1868. Das erste betrifft die Versöhnungsversuche vor gerichtlichen Ehescheidungen und lautet wie folgt: §. 1. „Die den Ehegatten durch die §§. 104, 107 und 132, a. b. G. B., auferlegte Verpflichtung, den Entschluß zur Scheidung ihrem ordentlichen Seelsorger zu eröffnen, ist aufgehoben. Es bleibt denselben jedoch unbenommen, diesen Entschluß ihrem ordentlichen Seelsorger zu eröffnen und von diesem ein schriftliches Zeugnis; darüber zu erwirken, daß der von ihm vorgenommene Versöhnungsversuch (§§. 104, 107 a. b. G. B.) vergeblich war. §• 2. Das zur Scheidung der Ehe zuständige Gericht hat, soferne das Scheidungsgesuch (§§. 105 und 107 a. b. G. B.) nicht mit dem Zeugnisse des ordentlichen Seelsorgers über die vergeblich vorgenommenen Versöhnnngsversuche (§. 1) belegt ist, vor der Amtshandlung in der Hauptsache die im §. 104 a. b. G. B. vorgeschriebenen Vorstellungen an die Ehegatten zu drei verschiedenen Malen in Zwischenräumen von je acht Tagen zu richten. §. 3. Das Protokoll, welches über die Vornahme des dreimaligen Versöhnungsversuches zu führen ist, hat nur das Ergebniß des Versöhnungsversuches zu enthalten. §. 4. Dieses Gesetz tritt mit dem Tage der Kundmachung in Wirksamkeit ; mit dem Vollzüge desselben ist der Minister der Justiz beauftragt." In diesem Staatsgesetze wird also bestimmt, daß Ehegatten, welche sich scheiden lassen wollen, zwar wie bisher den Entschluß zur Scheidung ihrem ordentlichen Seelsorger eröffnen und uoit diesem ein schriftliches Zeugnis, darüber, daß der von ihm vorgenommene dreimalige Versöhnungsversuch vergeblich war, erwirken können; es wird jedoch zugleich die Bestimmung getroffen, daß solche Ehegatten den vorgenannten Entschluß zum Behufe der Versöhuungsversuche nicht n othwe n dig ihrem Seelsorger vortragen müssen, sondern daß sie, anstatt zum Seelsorger, wenn sie lieber wollen, dreimal zum Gerichte gehen und jedesmal dort ihren Entschluß zur Scheidung zu Protokoll erklären und von einer Gerichtsperson den gesetzlich vorgeschriebenen dreimaligen Versöhuuugsversuch vornehmen lassen k ö ititeli, bevor das Scheidungsgesuch bezüglich der bürgerlichen Wirkungen der Ehe beim lv e l t l i ch e n Gerichte eingereicht wird. Der dreimalige Versöhuuugsversuch vor der gerichtlichen Ehescheidung, welchen das allg. bürg. Gesetzbuch §§. 104 und 107 angeordnet hat, bleibt daher, nach wie vor, die gesetzliche Vor-Bedinguug der Ehescheidung, doch so, daß dieser Versöhnungsversuch jetzt entweder von dem eigenen Seelsorger der Ehegatten oder von dein zuständigen weltlichen Gerichte vorgenannten werden kann. Ich meine, daß die Gläubigen meiner Diözese, im Falle Umstünde eine Ehescheidung, wenn auch nicht nothwendig — denn es ist ja die Ehescheidung immer eine mehr oder minder traurige Sache — so doch räthlich erscheinen lassen, es auch künftig vorziehen werden, sich an ihren Seelsorger statt an das weltliche Gericht zu wenden, um ihm ihren Entschluß zur Scheidung zu eröffnen, und ihn um die Vornahme der Versöhuungsversuche — wozu, wie schon gesagt, das weltliche Gesetz den Seelsorger nicht mehr verpflichtet — zu bitten. Wenn und so oft dies, geschieht, darf kein Seelsorger die an ihn sich wendende Partei etwa rundweg abweisen ; sondern es wird wiederholt die genaue Beobachtung der diesbezüglichen Bestimmungen meiner „Weisungen an die Geistlichkeit für ihre seelsorgliche Amts-thätigkeit in Ehesachen" (Mo. 5. August 1868 — sub III, Punkte e—incl. i eingeschärft; wobei ich insbesondere auf Punkt li aufmerksam mache, wo gesagt ist, wann der Seelsorger den die Scheidung verlangenden Ehegatte» das schriftliche Z c n g n i ß über die vorgenommeue dreimalige Ermahnung nicht ausstellen könne und dürfe. Das zweite der Eingangs erwähnten Staatsgesetze betrifft die „Eheschließung zwischen Angehörigen verschiedener christlicher Confessiouen" oder die s. g. gemischten Ehen. Hier erkennt das genannte Staatsgesetz mit Aufhebung des §.77 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (zu vergleichen meine obeitirten „Weisungen u. s. w." II. Punkte 4. und 5., Seite 20) auch solche Verbindungen als bürgerlich giftige Ehen an, bei denen zwei Personen, deren eine einer nicht katholischen christlichen Consession angehört, die Erklärung zur Einwilligung in die Ehe vor dem zuständigen nicht katholischen Pastor abgebeu. Diese Bestimmung des b ü r g e r l i ch e n Gesetzes berührt selbstverständlich dasjenige nicht, was bisher durch die kirchliche Gesetzgebung hinsichtlich der kirchlichen Giltigkeit einer-gemischten Ehe vorgeschriebe» war, und so lange die Kirche selbst daran keine Aeuderung voruimmt, noch immer vor der Kirche Geltung hat. Die Seelsorger haben nach der bisherigen Anordnung und Praxis jeden Fall einer gemischten Ehe mit seinen besonderen Umständen dem Ordinariate rechtzeitig vorzulegeu, um die geeigneten Weisungen dafür zu empfangen/ vor deren Empfang sie auch die Verkündigung einer solchen Ehe nicht vornehmen dürfen. Gesetz vom IO. Juli 1808, betreffend die Beweiskraft der Geburts-, Trauungs- und Sterbematriken der Israeliten. Mit Zustinnnung beider Häuser des Reichsrathes finde Ich anzuordnen, wie folgt: Artikel I. Die Matrikenbncher, welchen von den zur Führung derselben obrigkeitlich bestellten und besonders beeideten Israeliten über die Geburten, Trauungen und Sterbefälle der Glaubensgenossen ihres Bezirkes geführt, sowie die Matrikenscheine, welche als Auszüge dieser Bücher von ihnen ausgestellt werden, haben als öffentliche Urkunden volle Beweiskraft. Artikel II. Die bisher angeordnete Controle, Beglaubigung und Vidirung der israelitischen Matrikenbücher und der Auszüge ans denselben durch den katholischen Seelsorger hat zu entfallen. Artikel III. Die bestehenden Gesetze und Verordnungen über Matrikenführung bleiben in den, durch Artikel I und II nicht abgeänderten Bestimmungen aufrecht. Artikel IV. Dieses Gesetz tritt mit dem Tage der Kundmachung in Wirksamkeit. Artikel V. Mit dem Vollzüge des gegenwärtigen Gesetzes sind die Minister des Cultus und des Innern, sowie die übrigen Minister, in deren Wirkungskreis die Vorschriften desselben zur Anwendung kommen, beauftragt. Laxenburg, am 10. Juli 1868. Franz Joseph m. p. Auersperg m. p. Hafner m. p. G iskra m. p. Herbst m. p. III. Verordnung der Minister des Cultus und des Innern vom 18. Jänner 1869, betreffend den Vollzug der, den Uebertritt von einer Kirche oder Neligionsgesellschaft zur ändern, regelnden Bestimmungen des Gesetzes vom 25. Mai 1868, Reichsgesetzblatt Nr. 49. Zur Ausführung der Artikel 4, 5 und 6 des Gesetzes vom 25. Mai 1868, Reichsgesetzblatt Nr. 49, werden ans Grund des Artikel 18 dieses Gesetzes folgende Verfügungen getroffen: §. 1. Die zur Entgegennahme der Erklärung des Austrittes ans einer Kirche oder Religionsgcsellschast berufene politische Behörde ist die k. k. politische Bezirksbehörde (Bezirks-hanptmannschaft) des Wohn- oder Aufenthaltsortes des Meldenden, und in jenen Städten, die eigene Gcmcindestatute haben, die mit der politischen Amtsführung betraute Gemeindebehörde. §. 2. Die Eompetenz der Behörde zur Entgegennahme der Austrittserklärung ist durch die österreichische Staatsbürgerschaft des Anstretenden nicht bedingt. §. 3. Die Meldung muß bei der Behörde mündlich zu Protokoll gegeben, oder in einem an diese gerichteten, mit der Unterschrift des Austretenden versehenen Schriftstücke niedergelegt fein, und jene Angaben enthalten, die nöthig sind, um zu benrtheilen, wem sie zu übermitteln sei. Ist diesen Erfordernissen nicht entsprochen, so mich der Austretende zur Ergänzung des Fehlenden vorgcladen werden. §. 4. Die Identität der Person des Anmeldenden, und ob derselbe das vierzehnte Lebensjahr zurückgelegt, und sich in dem erforderlichen Geistes- und Gemüthszustande befinde, hat die Behörde nur dann zu prüfen, wenn Umstände vorliegen, die gegründete Zweifel zu erregen geeignet sind. §. 5. Die Austretenden sind von der über ihre Anmeldung getroffenen Verfügung schriftlich zu verständigen. Die schriftliche Verständigung kann unterbleiben, wenn die Partei, deren Identität nachgewiesen ist, hierauf verzichtet, oder wenn die mündliche Verständigung aiisreicht. Hajner m. p. Giskra m. p. IV. Die hochwürdige Geistlichkeit wird wiederholt ans das vom Herrn Theol. Professor Dr. Andreas Gaßner in Salzburg herausgegebene „Handbuch der Pastoral" aufmerksam gemacht. Dasselbe empfiehlt sich eben fo durch die Reichhaltigkeit seines Inhaltes, als durch den katholischen Geist, in welchem es abgefaßt ist. F. B. Lavanter Ordinariat zu Marburg, am 5. Februar 1869. Jakob Maximilian, Fürstbischof. Druck von 6. Janschih in Marburg.