•preis ganzjährig: Österreich T50 8, Deutschland 2 Mark. Italien 8 lüire, Ungarn 2-50 pengö. Tschechoslowakei 12 cK, Jugoslawien 25 Dinar, Schweiz 2*50 Franken, übriges Ausland 2 Soldmark. Unser fieiliger Vater plus XI. hat wie schon früher papst pius X. der 'Redaktion, den Abonnenten und Wohltätern den Aposto-lischen Segen erteilt. Für Wohltäter werden täglich heilige Messen gelesen. Mit Empfehlung der hochwürdigsten Oberhirten von Grixen, Grünn, ©raz, Lieitmeritz, Linz, Olmütz, Marburg, Orient, Driest und Wien und Druckerlaubnis des ©eneralobern. Left 3. März 1930. XXXIII. Jahrgang. Die Erscheinungen in Fatima und deren Folgen. (Fortsetzung.) Von den drei so hochbegnadeten Kindern ist das Geschwisterpaar Franz und Hyazintha Marto nicht mehr am Leben. Beide hat die Grippe hinweggerafft. Franz starb am 5. April 1919. Seine innige Andacht zur allerseligsten Jungfrau hatte immer mehr zugenommen. Mehrmals im Tage betete er in tiefer Sammlung den heiligen Rosenkranz. Hyazintha verschied am 20. Februar 1920. Kurz vor ihrem Tode gab sie nochmals die Versicherung a£>, daß die Gottesmutter ihr erschienen sei und ihr Mitteilungen und Offenbarungen gemacht habe bezüglich des Luxus und der sittengefährlichen Kleidung. Die Hochgebenedeite habe erklärt, daß das Laster der Unreinigkeit viele Seelen in die Hölle stürze. Lucia de Jesus, die einzige noch Überlebende, trat später in das Kloster der Dorotheerinnen zu Tuy ein. Nach Erfüllung ihrer Mission als Botin Mariens wurde sie zunächst in ein nordportugiesisches Institut gebracht. Von dort aus schloß sie sich der genannten religiösen Genossenschaft an, die sich hauptsächlich mit der Erziehung der weiblichen Jugend befaßt. Die Dorotheerinnen sind eine neuere, auch in Amerika verbreitete Kongregation, hervorgegangen aus einem um das Jahr 1830 im Rom gegründeten weltlichen Frauen- und Jungfrauenverein. Im Jahre I860 erhielt die Genossen- schaft von Papst Pius IX. die kirchliche Bestätigung unter dem Titel: „Lehrschwestern der hl. Dorothea".*) Die portugiesische Revolution vom 3. Oktober 1910 bezweckte nicht bloß den Sturz des Königshauses der Braganza und die Vertreibung des erst 21 Jahre zählenden Königs Manuel II., sondern vor allem die Vernichtung der katholischen Religion im Lande. Die Organisation der Revolution lag in den Händen des Großmeisters der portugiesischen Freimaurerei, Magalhaes Lima. Der erste Schlag richtete sich wie immer gegen die geistlichen Orden und Kongregationen, die durch eine Verfügung der Revolutionsregierung vom 8. Oktober 1910 für aufgelöst erklärt wurden. Was nun folgte, spottet jeder Beschreibung. Kirchen und Klöster wurden ausgeraubt und zerstört, Priester und Ordensschwestern mißhandelt, in die Gefängnisse geworfen oder gar ermordet, alles Heilige verhöhnt und mit Füßen getreten, die Bischöfe vertrieben oder gefangengesetzt. Die Freimaurer schafften sofort die kirchlichen Feiertage ab, verboten den Religionsunterricht, erleichterten *) Die heilige Jungfrau Dorothea erlitt zu Cä-sarea unter dem heidnischen Kaiser Diokletian den Märtyrertod durch Enthauptung. Ihre Reliquien ruhen zu Rom in der nach ihr benannten Kirche. Fest am 6. Februar. die Ehescheidung und schufen das sogenannte Trennungsgesetz zwischen Staat und Kirche vom 20. April 1911. Papst Pius X. erhob vor dem ganzen Erdkreis feierlichen Protest gegen dieses Schandgesetz, das die Kirche Trennungsgesetz nur das erste Glied einer langen Kette bitterster Leiden für das unglückliche Volk. Alle diese schrecklichen Tatsachen muß man sich vor Augen halten, mit die Bedeutung der Erscheinungen in Lucia de Jesus, das älteste der drei Hirtenkmder, denen die Mutter Gottes in Fütima erschienen ist. ihrer Güter beraubte und sie zur Sklavin des Staates herabdrückte; denn auch in den rein kirchlichen Belangen übte die freimaurerische Regierung die schlimmste Willkürherrschaft aus. Das katholische Portugal war in die Hände seiner Henker gefallen und das Fatima voll verstehen und würdigen zu können. Die verjagten Ordensleute fanden vielfach Schutz und Unterkunft in Spanien. Die Dorotheerinnen siedelten sich unter anderem in dem spanischen Städtchen Tuy, nahe der portugiesischen Grenze, an. Lucias dortiger Aufenthalt ist nur wenigen in Spanien und Portugal bekannt. Er wird geflissentlich geheimgehalten. Es ist unmöglich, sie zu sprechen. Sogar über die gewaltige Entwicklung, die Fatima als Wallfahrtsort genommen hat, wird sie absichtlich im unklaren belassen. Eine sehr weise Maßregel, um das auserwählte Werkzeug der demütigen Magd des Herrn in der Demut zu erhalten. Lucia verrichtet im Kloster die Dienste einer einfachen Laienschwester. Begreiflicherweise zeichnet sie sich aus durch eine hochzarte Andacht zur Mutter Gottes wie auch durch einen besonderen Eifer in der Anbetung des allerheiligsten Altarssakramentes. Übrigens dauern die Erscheinungen im Kloster fort. Die Ereignisse in der Coda da Jriä haben inzwischen sowohl für Portugal als auch für die ganze katholische Welt gewaltige Bedeutung erlangt. Die Erscheinungsstätte ist zum Ausgangs- und Mittelpunkt der religiösen Erneuerung des portugiesischen Volkes geworden. Hatten schon die Greueltaten der Revolutionsmacher die Katholiken aufgerüttelt, so wurden sie durch die Erscheinungen in Fatima noch stärker zur Abwehr des Kirchensturmes ermutigt und gestärkt. Deshalb richtete sich auch der Haß der Freidenker vor allem gegen Fatima. Am 6. März 1922 sprengten sie zur Nachtzeit mit vier Dynamitbomben die kleine Erscheinungskapelle samt dem Stumpf der Steineiche in die Luft. Umsonst! Nun begann erst recht der Zustrom der Pilger nach der Mulde von In einem an die Schriftleitung des „Stern" adressierten Brief vom 15. Dezember 1929 äußert sich der hochwürdigste apostolische Präfekt von Lydenburg ausführlicher über die Missionsarbeit des abgelaufenen Jahres und die Aufgaben der nächsten Zukunft. „Die Schwierigkeiten," schreibt Msgr. Mohn, „die wir hier infolge der vielen protestantischen Sekten zu überwinden haben, sind Ihnen bekannt. Die Schwarzen sagen: ,Wäret ihr früher gekommen als die Protestanten, dann wären wir alle zu euch gekommen/ — Nun bleibt uns nichts anderes übrig, als Seele um Seele zurück- Jriä. Niemand achtete mehr des Verbotes, die Gnadenstätte zu besuchen. Waren schon am 13. August 1917 gegen das Verbot der Polizei 18.000 Menschen nach Fätima geeilt, so zählten nach dem Bombenanschlag die Wallfahrer bald zu Hunderttausenden. Am 13. Mai 1928 haben ungefähr 300.000 Menschen im Tal von Irin der Himmelskönigin gehuldigt. Sogar der gegenwärtige Staatspräsident von Portugal und sein Regierungschef besuchten am 13. Mai 1929 den Gnadenort, allerdings nicht als betende Christen. Immerhin kennzeichnet diese Tatsache den Umschwung der Dinge und den guten Willen der jetzigen Regierung, mit der verfolgten, unterdrückten, geknebelten und doch immer siegreichen Kirche zu einem besseren Einvernehmen zu gelangen. Fraglos ist Fätima die Antwort des Himmels auf die Revolution. Seine Bedeutung darf indessen nicht auf Portugal allein eingeschränkt werden. Fatimas Pilgerziffer hat jene von Lourdes bereits erreicht, wenn nicht gar schon überschritten. Offenbar ist es auf dem Wege, ein Wallfahrtsort allergrößten Formats zu werden. Sein Ruf ist bereits über die Weltmeere gedrungen. Freilich, die Weltpresse hat die unleugbaren Geschehnisse reinlich zu verschweigen gewußt. Auch wir deutsche Katholiken haben kein Wort davon gehört, obschon Fätima ein religiöses Ereignis ersten Ranges darstellt. Vielleicht das bedeutendste der Gegenwart. (Fortsetzung, folgt.) zuerobern. Trotzdem nimmt die Zahl unserer Christen beständig zu. Der Sakramen-tenempfang ist zufriedenstellend: 1605 heilige Beichten und 4778 heilige Kommunionen. Auf M a r i a - T r o st fanden 53 Erwachsenentaufen statt, eine für die hiesigen Verhältnisse nicht zu verachtende Zahl. (Eine größere Gruppe von Katechumenen empfing zu Weihnachten das Sakrament der Wiedergeburt.) Erfreuliche Resultate hat auch unser kleines Spital für die Schwarzen auszuweisen. Manches Negerkindlein wurde mit dem Reisepaß für den Himmel ausgestattet. Auch einigen Erwachsenen ist vor Lydenburger Brief. ihrer Abreise in die Ewigkeit die Taufgnade noch zuteil geworden. Die aufopfernde Liebe und hingebende Fürsorge der Krankenschwestern hat die Stimmung gegen uns bedeutend gebessert. Auf Kosten der Mission wurden 41 Kranke verpflegt und an 1250 Personen Medizinen verabfolgt. In 390 Fällen leistete das Missionspersonal Samariterdienste. Auf 120, oft stundenweiten Krankenbesuchen, spendeten wir 250 armen Kranken Trost und Hilfe. Wie Sie sehen, zeitigt unser Arbeitsfeld schöne Früchte, obschon die Protestanten jahrelang vor uns ihre Tätigkeit begonnen haben. Leider vernichtete ein schweres Hagelwetter unsere hoffnungsvolle Ernte auf Maria-Trost, so daß wir genötigt sind, fast alle Nahrungsmittel um teures Geld zu kaufen. Überdies sind die Wohnhütten der Patres und Brüder, ohnehin nur armselige Lehm- und Strohbauten, in so elendem Zustande, daß sie Wind und Regen durchlassen und unbedingt erneuert werden müssen. Im Stationsbezirk von W i t b a n k bestehen acht protestantische Schulen. Dennoch hat unsere Schule die größte Schülerzahl aufzuweisen, insgesamt 130, die von drei Lehrkräften unterrichtet werden. Dringend notwendig wäre dort eine Art Pensionat (Boardingscool). Die Eröffnung einer neuen Schule außerhalb Witbanks steht bevor. P. Zorn arbeitet in Barberton tüchtig voran. Eine Schule ist im Bau begriffen; drei andere sind vorgesehen und sollten im Laufe des Jahres errichtet werden, um die günstige Gelegenheit nicht zu versäumen. Kiirzlich habe ich in Barberton die heilige In der Schatzkammer Gibt es mehr Leid auf Erden oder mehr Freude? Ist die Welt ein Tränental oder ein Paradies? Tausend Meinungen prallen bei dieser Frage hart aufeinander, tausend Antworten kreuzen sich bei der Beurteilung derselben wie schneidende Schwertklingen. Die einen verfluchen das Leben als unerträgliche Last, die andern finden nicht Worte, genug, seine Herrlichkeit zu preisen. Weder diese noch jene haben recht. Wenn du sehenden Auges und offenen Ohres bei den Men- Firmung an die schwarzen Neuchristen gespendet. Unsere wichtigste Neugründung im Berichtsjahre, ' die Missionsstation Glen-c o w i e unter dem Stamme der Bapedi, gewährt schon jetzt günstige Aussichten. P. Brandmeier erteilt bereits an drei Orten Religionsunterricht; auch eine Häuptlingsfrau besucht die Katechismusstunden. Die Schwestern nehmen sich der Kranken sorgfältig an. Dies ist stets das beste Mittel, um die Schwarzen zu gewinnen." Ergänzend hiezu berichtet der Stationsobere Pater Dr. Raffeiner, daß die neuangelegte 1400 Meter lange Wasserleitung vollendet worden sei. Die Bapedisprache biete bedeutend größere Schwierigkeiten als die Zulusprache. Ein Wörterbuch fehle noch gänzlich und die vorhandene kleine Grammatik sei völlig unzulänglich. Den zweiten Teil des Briefes bildet das alte und doch immer neue Kapitel: „Von den gebundenen Händen." Obwohl dessen Inhalt bekannt ist, liest man es jedesmal wieder mit Ergriffenheit und Spannung. „Wir arbeiten mit Schulden . . . Die Zinsen drücken . . . beste Gelegenheiten, das Missionswerk voranzubringen, müssen versäumt werden . . . O, diese leidige Mittelfrage! Welch enorme Summen opfern manche dem Luxus und wertlosen Vergnügungen, namentlich in der Faschingszeit. Mit einem Bruchteil davon könnte das Bekehrungswerk stark gefördert und eine reiche Seelenernte gewonnen werden. Daß endlich alle katholischen Kreise ihre Missionsverpflichtung und Missionsverantwortung erkennen möchten!" des göttlichen Herzens. schen herumgehst und wenn du deine eigene Erfahrung fragst, so wirst du gestehen müssen: Es gibt viel Freude auf der Welt, aber das Leid herrscht vor; man findet immer wieder auf dem Grunde jeden Freudenbechers einen bitteren Wermutstropfen. Es kommen Stunden im Leben, wo das Leid wie eine Flut über dir zusammenschlägt, wo kein Freudensternlein mehr durch die Nacht innerer und äußerer Leiden leuchten will; es gibt Augenblicke im Leben, wo jedes menschliche Trost- wort versagt und du meinst verzagen zu müssen. Für diese dunkelsten Stunden des Lebens ist die dritte Verheißung gegeben. Sie ist für das verzagende Herz ein Rettungsanker, ein wahrer Schatz von Trost und Beruhigung. Ich werde die Verehrer meines Herzens in ihren Leiden trösten. Hörst du, der Heiland selber will dich trösten! Wer verstünde es auch besser als er, der selber in die Tiefen menschlichen Leides, in verstummen. Allerdings hat er nicht jedes Kreuz abgenommen und jede Not behoben, aber er hat es durch das Licht der ewigen Wahrheit verklärt und die Kraft gegeben, es nach Gottes Ratschluß mit Geduld, ja mit Freuden zu tragen. Auch die Menschheit von heute schreit laut nach Befreiung von Leid, nach Trost im Schmerz. In tausendfacher Gestalt umringt uns die Not: Arbeitslosigkeit überall! Verarmung in breiten Schichten! Wohnungsund Nahrungssorgen lasten schmerzend aus Residenz eines Basuto-Hüuptlings. (Phot. von P. Bernhard Zorn. F. S. C.) Armut, Weh und Todesnot hinabgestiegen ist? Es ist eine oft gemachte Erfahrung, daß Menschen, die zeitlebens viel gelitten haben, am wirksamsten Trost spenden können. Bei solchen genügt oft ein Wort, ja schon ein Blick, den Schmerz zu lindern. Hat nicht der Heiland mit dem gütigen Herzen schon während seines Erdenwandels die schönsten Beweise dafür gegeben? Alles Leid hat sich vertrauensvoll um ihn gedrängt, die Kranken, die Unterdrückten, die Obdachlosen, die Versuchten, die an sich selbst und am Leben Verzagenden. Vor seinem milden und doch so mächtigen Trostwort mußte Leid und Klage zahlreichen Familien. Darum in vertrauensvoller Liebe hin zum Herzen Jesu! Er wird das Leid stillen oder Kraft und Gnade geben, es christlich zu tragen. Die Herz-Jesu-Verehrung wird euch ein Trost sein in schweren Stunden des Lebens, wie es schon so vielen Trost und Stütze gewesen ist. Ans vielen Begebenheiten nur eine. Vor einigen Jahren wurde der weit bebekannte Herz-Jesu-Apostel P. Mateo in eine arme Mietswohnung gerufen. Zwei junge Leute aus dem Arbeiterstande hatten vor nicht langer Zeit daselbst ein Heim gegründet. An ihrem Hochzeitstage hatten sie ihre Familie dem Herzen Jesu geweiht und Christus zum König der Familie erhoben. Ms der Pater eintrat, lagen die junge Frau und ihr Mann schwer krank auf dem Schmerz-zenslager. Das ärmliche Zimmer, das sie bewohnten, ließ großes Elend vermuten. Aber, was dem Besucher sofort in die Augen fiel, da war ein schönes Herz-Jesu-Bild, das recht auffällig am Ehrenplatz angebracht war. Nach einigen Worten der Aufmunterung und des Trostes sagte der Priester: „Ihr seid recht unglücklich, meine armen Kinder." „Unglücklich?" antwortete mit dem Ausdruck innerster Überzeugung die junge Frau, deren Augen vor Fieber glänzten, „nein, Hochwürden, wir sind nicht unglücklich! Wir haben gelitten, es ist wahr, aber wir haben mit ihm gelitten, — wir haben geweint, es ist wahr, aber wir haben mit ihm geweint. Als Sie den Heiland bei uns auf den Thron erhoben, haben Sie uns gesagt, er werde uns trösten in all unsern Mühen, er werde all unser Leid zu lindern wissen. Er hat es getan!" So tief haben diese einfachen Leute diese Verheißung des Herzens Jesu erfaßt und deren Erfüllung mitten in Not und Leid an sich erfahren. Ihr schmerzgebeugten Kreuzträger, schreibt euch zu tiefst in die Seele die Verheißung, die das Herz Jesu gerade für euch gegeben hat: Ich werde die Verehrer meines Herzens in ihren Leiden trösten. Der Schlüssel, der den Weg zur Schatzkammer und zur „Quelle alles Trostes" erschließt, heißt: Herz Jesu, ich liebe dich! Vom König der Tiere. (Fortsetzung.) In den jungen Löwen sind der Raubtiertrieb und die Jagdlust voll erwacht. Auch sie beißen sich in die tote Beute ein, obwohl ihre noch kleinen Zähne die zähe Haut des Wiederkäuers nicht durchdringen können. Die Mutter hat sie mit weichen, saftigen Fleischstücken zu versorgen. Wenn alle sich sattgefressen haben, zeigt der alte Löwe wieder den Weg, wobei er in seiner Befriedigung mit donnernder Stimme das Echo der nächtlichen Wildnis wachruft. Unterwegs stillen die beiden alten Tiere ihren Durst an einem Wassertümpel; die Jungen versuchen das gleiche zu tun, allein sie sind noch ungeschickt und ziehen einstweilen noch die fast versiegende Milch der Mutter dem Wasser vor. Bei Sonnenaufgang beziehen die Tiere wieder ein schattiges Lager und ruhen während des Tages aus. Nacht auf Nacht gehen die jungen Löwen mit ihren Eltern auf Beute aus und legen manchmal bis zu 80 Kilometer Entfernung in einer Nacht zurück, besonders dann, wenn Wasser und Wild spärlich sind. Nach zwei Monaten Jagdlebens hat die Mutter aufgehört, Milch zu geben, und sie verjagt die Jungen mit erhobener Tatze, wenn sie sich ihr nach alter Gewohnheit nähern, um zu saugen. Nach weiteren zwei Monaten, wenn die Jungen etwa ein halbes Jahr alt sind, erlaubt sie ihnen nicht mehr, in ihrer Nähe zu schlafen und gewöhnt sie mehr und mehr daran, für sich selbst zu sorgen. Wenn das Wild selten wird, nähert sich die Löwenfamilie wohl auch gewissen Einfriedungen, wo viel Fleisch beisammen ist, nicht davonlaufen lernn und gewissermaßen zum Raube einladet. Bei solcher Gelegenheit lernen die jungen Löwen einige neue Dinge kennen. In der Nähe solcher Fleisch- einfriedungen (Ställen, Biehparks) macht sich häufig ein neuer Geruch bemerkbar, der anders wie von Fleisch (Tierfleisch) und doch von Fleisch ist. Ferner finden sie heraus, daß diese neue Art von Fleisch einem aufrecht gehenden Wesen von seltsamer Erscheinung angehört (Menschen), das ihnen geheimen und tiefen Schrecken einjagt, von dem auch die sonst so mutigen Eltern nicht frei sind. Zudem haben diese schreckeneinjagenden Fleischwesen eine eigene Art, heftige Donner hervorzurufen (Gewehrschuß), die merkwürdigerweise Schmerz bereiten und Blut fließen machen, wie sie es gelegentlich an ihren Eltern beobachten können. Wenn die Jungen etwa zehn Monate alt sind, werden die Eltern immer unfreundlicher gegen sie und selbst die Mutter läßt sie nicht mehr von ihrer Beute fressen. So geht, kurz entschlossen, eines Tages das führende Männchen unter ihnen seine eigenen Wege und seine Geschwister gehen mit ihm. Sie verschaffen sich die notwendige Beute, indem sie zusammen angreifen. Bald treffen die jungen Tiere mit einer anderen Gruppe von Junglöwen zusammen, die sich gleichfalls selbständig gemacht haben, und die beiden Gruppen jagen fortan zusammen; die hoffnungsvollen Tiere werden immer kühner, geschickter und stärker. Weil aber in jeder der beiden Gruppen ein führendes Männchen ist, kommt es naturnotwendig eines Tages zum Kampfe um die Vorherrschaft zwischen den beiden Nebenbuhlern. Sie balgen sich ganz ernsthaft und bringen sich manche blutige Wunde bei, bis schließlich der eine als Sieger über dem unterworfenen Gegner steht und fortan als der anerkannte und unbestrittene Führer der ganzen Schar gilt. Eine der jungen Löwinnen schließt sich ihm besonders an; wenn er Wild jagt, begleitet sie ihn, und wo er ruht, rastet sie mit ihm. Fast ein Jahr lang bleibt das Rudel beisammen und jagt in Gemeinschaft. Da entstehen auf einmal Eifersüchteleien und Kämpfe unter den Männchen, während die jungen Löwinnen merkwürdige Unruhe zeigen. Plötzlich verschwindet ein Paar, Löwe und Löwin, und kehrt nicht mehr zurück zur Gesellschaft. Bald folgt ein anderes Paar dem Beispiele und schließlich ist der ganze Trupp in einzeln lebende Paare aufgelöst, jedes eine eigene Familie gründend. Die Länge des ausgewachsenen Löwen beträgt von der Nasenspitze bis zum Schwanzende bis zu drei Metern; die Schulterhöhe ist ein Meter; sein Gewicht beläuft sich auf 120 Kilogramm. Der Schwanz wird meistens geschleppt, was den Löwen auf weite Entfernung vom Jagdleoparden unterscheidet. Der Löwe kann ein Alter von dreißig und mehr Jahren erreichen, vorausgesetzt, daß nicht eine Gewehrkugel seinem Leben ein frühzeitiges Ende bereitet. Ungebeuer ist die Stärke des Löwen; ein ausgewachsenes Tier soll imstande sein, mit einem jungen Rinde im Rachen über eine Mauer zu springen. Negermütter mit Kindern im Thari (Tragsack), Amschau. I. Vatikan und Weltkirche. Im abgelaufenen Jubiläumsjahre haben 124.802 Pilger die Ewige Stadt besucht. Aus Italien selbst kamen 310 Pilgerzüge mit 85.000 Wallfahrern; aus dem übrigen Europa 133 Züge mit 36.000 Pilgern; aus Nordamerika 12 mit 2500; aus Südamerika 8 mit 600 Personen. 550 Pilger trafen aus Afrika ein und 152 aus Asien. Doch sind in diese Ziffern jene Pilgerzüge nicht inbegriffen, die Ende Dezember anläßlich der eigentlichen Jubiläumsfeierlichkeiten in der Papst-stadt weilten. Der „Osservatore Romano" vom 12. Jänner veröffentlicht den Wortlaut des neuen päpstlichen Weltrundschreibens: „Über die christliche Erziehung der Jugend". Mit Rücksicht auf dessen außerordentliche Wichtigkeit wurden von der Vatikanischen Druckerei amtliche Übersetzungen in den modernen Sprachen hergestellt. Der Heilige Vater weist nachdrucksvoll darauf hin, daß die Kirche einen doppelten Rechtstitel auf die Erziehung der Jugend besitzt. Einerseits den Eottesbefehl: „Gehet hin und lehret alle Völker", anderseits ihre übernatürliche Mutterschaft, kraft deren sie die Seelen zum Leben der Gnade gebiert, sie ernährt und bildet durch die Spendung der Sakramente und die religiöse Unterweisung. In dieser ihrer Aufgabe ist die Kirche vollkommen und in jeder Hinsicht frei und unabhängig von jeder irdischen Macht und Gewalt, gehe sie von Einzelpersonen aus oder vom Staate. Doch ist die Kirche stets bereit, soweit es ihren göttlichen und unveräußerlichen Rechten nicht widerstreitet, mit dem Staate gemeinsam am Wohle der Jugend zu arbeiten. Sie wahrt sich aber auch ihr volles Recht auf die körperliche Erziehung, denn diese kann die religiös-sittliche Erziehung fördern oder auch schädigen. Überdies ist es das Recht und die Pflicht der Kirche, den gesamten Unterricht, sowohl öffentlichen wie privaten, zu überwachen und die Jugend vor schlimmen Einflüssen zu schützen. Die Erziehungsmission der Kirche erstreckt sich auf alle Völker ohne Ausnahme. Und tatsächlich hat die Kirche in allen Jahrhunderten bis zur Gegenwart, wo immer sie Fuß fassen konnte, Schulen aller Gattungen bis hinauf zu den Universitäten gegründet, geleitet und zu hoher Blüte gebracht. Aus dieser Tatsache ergibt sich das geschichtliche Recht der Kirche auf die Völker- und Menschheitserziehung. Sehr eingehend behandelt das päpstliche Rundschreiben die auf dem Naturrecht beruhende Pflicht der Eltern, nicht blos; für die religiöse und sittliche, sondern auch für die körperliche und bürgerliche Erziehung ihrer Kinder Sorge zu tragen. Die Kinder gehören keineswegs dem Staate. Deshalb hat keine Regierung das Recht, die Jugend zu zwingen, ganz unterschiedlos die Staatsschulen zu besuchen, etwa selbst dann, wenn dem Kinde ebendort religiöse und sittliche Gefahren drohen. Da indessen der Staat für die allgemeine zeitliche Wohlfahrt zu sorgen hat, so obliegt ihm, die Kinder zu schützen, wenn die Eltern versagen, im übrigen aber die Unternehmungen der Kirche und der Familien zu achten, zu begünstigen und durch seine eigenen Schulen zu ergänzen. Im einzelnen verwirft der Papst die staatlichen Erziehungs- und Schulmonopole, das übertriebene Sportwesen und Athletentum, die gemeinsame Erziehung der Geschlechter und die neutrale oder Gemeinschaftsschule. Am Schlüsse spricht der Heilige Vater von den Gefahren, die namentlich die heutige Jugend umgeben, sowie von dem übernatürlichen Ziele der Erziehung. Ii. Weltmission. Die Einnahmen des Kind-heit-Jesu-Vereines im Jahre 1928 (letztes Berichtsjahr) betrugen 4,479.697 Mark. Auf Europa entfallen davon 3,383.132 Mark. An der Spitze steht Deutschland mit 1,047.546 Mark. Aus Nordamerika gingen ein 929.991 Mark, aus Südamerika nur 135.878, aus Asten 36.288, aus Ozeanien 22.212, aus Afrika 22.196 Mark. Der Eeneralodere der Maristen hat im verflossenen Jahre die zahlreichen Inseln der Südsee besucht, auf denen die Maristenpatres seit vielen Jahrzehnten an der Bekehrung der Polynesier und Melanesier arbeiten. Die Volksstämme, die die Inselwelt des Stillen Ozeans bewohnen, stehen teilweise noch auf einer sehr tiefen Kulturstufe. Um so erfreulicher sind die Missionserfolge, über die der Maristenohere sich gegenüber einem Vertreter der Fideskorrespon-denz in Rom folgendermaßen geäußert hat: Zwei Rassen teilen untereinander das Gebiet der Maristenmisston, die Polynesier und die Melanesier. Die ersten trifft man in Neuseeland, wo sie bei den Weißen wohnen und mit ihnen in guten Beziehungen stehen. Samoa und die Inselwelt Zentral-Ozeaniens hat auch poly-nesische Bevölkerung. Die Vitiinseln sind von beiden Rassen bewohnt. Neukaledonien, die Neuen Hebriden, die Salomonen sind melanisch. Beide Rassen sind sehr verschieden. Der Poly- nesier ist von offenem Geist und nimmt leicht an, was man ihn lehrt. Er ist gesellig, hat ausdrucksvolle Tänze, Gesänge von eindringlicher Schönheit, die er ohne Unterricht instinktiv harmonisiert. Gastlichkeit nach einem verwickelten Ritus zu üben ist ihm Herzenssache. Wo der Maristenobere hinkam, häuften sich die Geschenke zu seinen Füßen, während die Eingeborenen mit Handkuß an ihm vorbeidefilierten. Der Melanesier ist wenig entwickelt. Furchtsamkeit, mangelnde Ausdrucksfähigkeit kennzeichnen ihn. Dagegen zeigt er große Treue. Schlicht und wortlos ehrten die Melanesier den geistlichen Besucher. Die christliche Religion hat beiden Rassen schon ihren Charakter eingepflanzt. Die Sitten sind milder geworden, und am Gesichtsausdruck kann man schon den Getauften vom Ungetauften unterscheiden. Nichts ist eindrucksvoller als ein Hochamt auf diesen Inseln, besonders bei den Polynesiern. Alles singt mit, ohne Mühe die liturgischen Gesänge harmonisierend. Die Kirchen sind überfüllt. Jedes Dorf möchte sein eigenes Gotteshaus haben. Manche Kirche ist sehr einfach, andere sind Prachtbauten. Die Leute lesen keine Zeitungen und die große Politik interessiert sie nicht, wohl aber das Interesse der Gesamtkirche. Aus den Kreisen der Eingeborenen wurden an den Maristengeneral Fragen über die Lateranverträge gerichtet! 180 Priester der weißen Rasse, neun einheimische Priester, mehrere Gemeinschaften von Maristenbrüdern, mehr als 300 Ordensfrauen und eine beträchtliche Zahl von Katechisten stellen das Missionspersonal dieser Gebiete dar. Für Katechisten bestehen Spezialschulen, die teilweise wirklich blühen. Die Notwendigkeit eines Laienapostolates in Gestalt des Katechistentums wird in der Südsee überaus stark empfunden. Die Heranbildung eines einheimischen Klerus macht Fortschritte. Es besteht ein Oberseminar und ein Unter-semingr auf,Wallis. Zwei andere Unterseminarien (auf Viti und Samoa) wurden in den letzten Jahren gegründet. Im Apostolischen Vikariat der Vitiinseln besteht das Aussatzheim von Makogai. Pater Nicouleau starb dort nach mehrjähriger Seelsorgetätigkeit an der Ansteckung mit dieser schrecklichen Krankheit. Ein anderer Marist hat ihn ersetzt. 20 Ordensfrauen, darunter acht einheimische, pflegen 450 Leprakranke. Der Maristengeneral hat das Aussatzheim besucht und sich über den Frohsinn und die Tatkraft gewundert, mit der die Schwestern Tag für Tag ihr Leben aufs Spiel setzen. Wo die Missionäre auf den Südseeinseln protestantischer Werbetätigkeit begegnen, kann nur wenig Erfolg für den Katholizismus geerntet werden. Aber in letzter Zeit ist eine neue Tatsache festzustellen. Der Katholizismus hat selbst bei der protestantischen Bevölkerung gewonnen. Die früher stellenweise üblichen Anpöbelungen katholischer Priester sind hier gänzlich verschwunden. Mancher protestantische Eingeborene wird katholisch, wenn er ein katholisches Mädchen heiratet. Zu Otaki (Neuseeland) begrüßte ein protestantischer Maorihäuptling den Ma-ristengeneral Pater Rieu im Namen seines protestantischen Bischofs. In Vavau (Zentral-Ozeanien) brachten protestantische Dörfer ihm Ehrengaben und beteiligten sich an den Fest-tänzen. In den heidnischen Bezirken setzen oft nach einer Periode des gegenseitigen Kennenlernens Massenkonversionen ein. So auf den Nordsalomonen, wo die Bekehrungswelle sich den Kannibalenzentren nähert, die von Weißen noch nie betreten werden konnten. Der Missionär der Südsee hat viele Gefahren auf dem Meer und bei ermüdenden Steppenreisen auszustehen. Dazu kommt fieberhaftes Klima, Sprachenwirrnis, geringe Mittel. So gibt es ein gerütteltes Maß von Schwierigkeiten. Aber alle Missionäre halten gern bis zum Tode hier aus. Die Zukunft dieser Christengemeinden hängt von der Zukunft dieser Rassen ab. Mancherorts herrscht sehr große Sterblichkeit, nicht nur bei den Kindern, wo sie sich aus Mangel an Hygiene erklärt, sondern auch bei den Erwachsenen. Auf manchen Inseln Melanesiens scheint die Krise bei den Polynesiern überwunden zu sein. Die Maorie auf Neuseeland sind wieder in zahlenmäßigem Wachstum begriffen. In Toga und Samoa hält sich die Bevölkerungszahl, auf den ganz katholischen Inseln Wallis und Futuna wächst sie dauernd. Bei den Kanaken Neu-kaledoniens ist eine merkliche völkische Kraft-anspannung festzustellen. „St. Louis", Deutschlands größtes Motorschiff. Länge 175 m, Raumgehalt 17.000 Bruttotonnen, 1100 Fahrgäste. „Gehet hinaus in alle Welt. . Heller und reiner als im Getöse des Alltags klingt dieser Gottesbefehl in die Seelen und Herzen der Missionsjugend, sooft Patres, und Brüder in die Mission abreisen. Am 15. Jänner haben von Ellwangen aus wieder zwei Brüder und ein Pater die Reise in die Übersee angetreten. Bruder Andreas Kley und Bruder Michael Lešnjak schifften sich in Hamburg an Bord der „Watussi" nach Südafrika ein. P. Alois Jpfelkofer begab sich mit dem „St. Louis" nach Amerika. Mögen Gottes Engel sie geleiten und reiche Erfolge ihre Opfer und Arbeiten krönen! ZN 42 Stern der Neger Heft 3 i £)er FtauptlingssoFm von Tandem. Der Roman eines Schwarzen von ?. Johannes Emonts, 8. C. J. (Forschung.) i Doch weiter ging der Leidensweg, bis die Einsamkeit die junge Christenseele läuterte und sie reis machte zum Dienste für die Mission. So wird denn Dschembanas Weg enden im Gottesgehöft. Wie schloß er doch seine Erzählung: „Einsiedler wollte ich bleiben, wenn aber der gute Himmelsvater es lieber sieht, daß ich dir und den anderen Missionären helfe als Arbeiter oder als treuer Diener, so tue ich es gern, denn mein Arm ist stark, meine Füße sind jung, mein Leib ist gesund, und so gebe ich meine Arme und meine Füße, mein ganzes Leben dem Dienste der Mission. Mache mit mir, was du willst, mein Vater! Willst du, daß ich Einsiedler bleibe, so ist es gut; willst du, daß ich dir diene, so tue ich dieses." Sinnend hatte der Pater nochmals dieses alles durchdacht und der Sonne nachgeschaut, die ihren Tageslauf nahezu vollendet hatte. Nun stand er auf, ergriff Dschembanas Hand und sagte warm: „Mein lieber Freund, du hast nicht nur gesunde Arme und kräftige Füße, du hast auch einen klaren Kopf und ein großmütiges, edles Herz. Ich hoffe deine Kräfte nicht als Arbeiter und Diener, sondern als Lehrer unseres heiligen Glaubens zu verwerten. Doch darüber werden wir ein andermal sprechen. Jetzt laßt mich allein, damit ich im priesterlichen Tagesgebet dem guten Vater im Himmel danken und ihn Preisen kann für die gnädige Führung, die er dir angedeihen ließ." — Während nun der Missionär sein Brevier betete, bereiteten Katur und Dschembana ein wirklich üppiges Abendessen. Das Gesicht der Banßoträger glänzte darob vor Freude und Wohlbehagen. Ein derartiges Mahl wünschten sie sich jeden Tag, dann dürfe die Reise noch recht lange dauern. Die Sonne war untergegangen und das leckere Mahl war verzehrt, aber noch immer waren die Häscher nicht zurückgekehrt. Der Häuptling wartete mit Ungeduld darauf und kam, von zwei Dienern mit Fackeln begleitet, zum Missionär, der, in seinem warmen Mantel eingehüllt, sinnend und träumend vor seiner Hütte im Dunkeln saß. „Weißer", begann er, „ich muß noch einmal zu dir kommen." — „Du willst dich erkundigen, ob uns deine Hühner und sonstigen Geschenke gut geschmeckt haben? Ich wollte dir morgen dafür danken." — „Nein, das war es nicht. Daran habe ich überhaupt nicht gedacht; etwas anderes treibt mich so spät zu dir." — „Was denn?" — „Ich meine, die ausgesandten Leute müßten schon längst hier sein, und da sie nicht kommen, fürchte ich, daß ihnen im Geisterreich ein Unglück zugestoßen ist. Was hältst du davon?" — „Du meinst vielleicht, daß die Geister ihnen Übles zugefügt haben?" — „Ich wagte es nicht zu sagen, aber es ist so, wie du sagst." — „Die Geister nicht, Häuptling, darüber kannst du dich beruhigen, höchstens könnte es sein, daß die beiden Zauberer den Häschern zu entkommen suchten, und daß ihre Gefangennahme Schwierigkeiten gemacht hat. Die beiden scheinen verwegene Männer und zu allem fähig zu sein; daß sie sich leichten-Kaufes gefangen geben, ist daher nicht anzunehmen und wenn sie die Absicht der Leute gemerkt haben, haben sie sich sicher zur Wehr gesetzt, doch glaube ich nicht, daß ein Grund zur Befürchtung vorliegt. Die Versammlung war erst spät nach Mittag beendet, und der Weg ins Geisterreich ist weit. Auch ist zu bedenken, daß man mit Vorsicht zu Werke gehen mußte." Budangi kehrte in sein Wohngehöft zurück. Doch ehe er es erreicht hatte, erschallten von weitem laute Rufe durch die Nacht. Alles eilte vor die Hütten und lauschte gespannt, um etwas zu verstehen. Budangi war nach einigen Augenblicken wieder beim Pater und sagte frohbewegt: „Weißer, sie kommen, ja, sie kommen!" Noch verstand man nicht, was ausgerufen wurde; die Rufer waren noch zu weit. Katur war endlich der erste, der die Rufe Wort für Wort verstand und den Umstehenden zuflüstern konnte: „O, ihr Biambaleute hört! Wir kommen zurück!" — „O, ihr Biambaleute hört! Ihr werdet staunen!" — „O, ihr Biambaleute hört! Noch niemand hat so etwas gesehen!" Die Ausrufer be- gaunert immer mit denselben Worten, die nur dazu dienten, die Aufmerksamkeit der Zuhörer auf das Nachfolgende zu lenken. Die Leute teilten mit, daß sie im Geisterreich gewesen seien, den Geistersee, die Geisterhöhle, düs Geisterreich und noch manches andere gesehen hätten, das die Leute und den Häuptling und selbst den Einsiedler in viel zu berichten, aber anstatt in klaren Worten mitzuteilen, ob sie ihn gefangen hätten, deuteten sie in geheimnisvollen Worten an, daß sie von ihm etwas ganz Außerordentliches und Wichtiges zu sagen hätten, darob alle die Augen weit aufreißen und staunen würden. Was mochte es sein? Alle waren gespannt, keiner mehr als Budangi, Als Samson zu den Weinbergen der Stadt Thamnatha tarn, stürzte sich ein junger Löwe auf ifm, grimmig und brüllend. Samson aber, vom Geiste Gottes erfaßt, zerriß den Löwen. (Buch der Richter, 14, 5 ff.) Erstaunen setzen würde, kein Mensch hätte ahnen und denken können, was sie gesehen und mit eigenen Augen geschaut hätten. Fast ohne Unterbrechung erschallten die lauten Rufe. Bald konnte man die Stimmen deutlicher unterscheiden, und wettn einer der Rufer drei oder vier oder fünf Sätze laut und mit besonderer Betontmg und mehrfacher Wiederholung der Endsilben den Lauschern im Dorfe mitgeteilt hatte, löste ihn ein anderer ab. Vom Zauberer Gandem und seinem Bruder Gabanu hatten sie besonders der Häuptling. Die Dorfbewohner hatten alle den Rufern zugehorcht und kamen zu dem großen Dorfplatz, wo sich nach und nach eine große Volksmenge vor der Hütte des Paters ansammelte. Kein Mann, kein Bursche blieb da in seiner Hütte, alle kamen trotz der Kühle des späten Abends herbei. Selbst die Frauen standen zahlreich an den Zugängen des Platzes, um die geheimnisvoll angedeutete Nachricht zu hören. Die Scharen der Neugierigen machten den Ankommenden den Weg frei und ließen sie zum Hättptling, der sie gleich mit der Frage anredete: „Ihr wäret im Geisterreich?" — „Ja, großer Häuptling", antwortete der junge Bigmann Zadä, der sich am Zuge beteiligt hatte und nun als Sprecher auftrat. „Und ihr habt den Geistersee gesehen?" — „Ja, wir haben ihn gesehen und sind in die Geisterhöhle eingetreten." — „Und ihr habt Gandem nicht gesunden?" — „Doch, wir haben ihn gesehen, ihn und seinen Bruder." — „Und ihr habt ihn doch nicht mitgebracht?" — „Nein!" — „So habt ihr ihn entkommen lassen? Wo ist er denn, ich sehe ihn nicht bei euch." — „Wir konnten ihn nicht mitbringen." — „Weshalb denn nicht?" — „Er ist tot." — „Tot! So hat er sich zur Wehr gesetzt, und ihr habt ihn getötet?" — — „Nein, Häuptling. Er hat sich weder zur Wehr gesetzt, noch haben wir ihn getötet. Sie waren beide schon tot, als wir hinkamen." — „Beide tot, als ihr hinkamt? Wer hat sie denn getötet?" — „Wir wissen es nicht, aber es werden die Geister gewesen sein." Zandä, der junge Bigmann begann nun auf den Wunsch Budangis hin zu erzählen und ausführlich von der Reise ins Geisterreich zu berichten. Er tat es in der umständlichen Erzählungsweise der Schwarzen: „Großer Häuptling! Du hattest uns ins Geisterreich geschickt. Wir alle sind mutig, das weißt du, und wir kennen keine Furcht, aber als wir ins Geisterreich eintraten, da war es uns doch nicht ganz geheuer, aber wir nahmen unseren ganzen Mut zusammen und sind dem Pfade gefolgt, den der Weiße und Katur gegangen sind. Wir hofften, dem Zauberer zu begegnen, ehe wir an den Geistersee kamen, aber wir sahen weder ihn noch seinen Bruder. Da kamen wir an den See, ja wir sahen den See, den Geistersee. Von den Geistern selbst sahen wir nichts. Der See war schön und groß. Wir sahen und hörten auch die Stimmen der Geister. Sie waren so laut, so laut, daß wir kein Wort verstehen konnten. Und, großer Häuptling, ich sage die Wahrheit, und es ist nicht gelogen, wir sind unter der Stimme der Geister (unter dem Wassersall) hindurchgegangen, ich zuerst, die anderen werden es mir bezeugen. Also ich war der erste und wir gingen hindurch, die anderen hinter mir. Und die Stimme der Geister glänzte wie Feuer, gelb und rot und grün und blau (die Regenbogenfarben), und doch sind wir da durchgegangen, ich zuerst und dann kamen die anderen. Wir hatten Mut, viel Mut und ich hatte keine Angst, auch die anderen nicht. Und wir gingen und gingen und kamen an die Geisterhöhle und, o Häuptling, wir sind in die erste (in die vordere) hineingegangen, denn wir hatten keine Furcht. Und wir haben mit unseren Lanzen hineingestoßen, aber wir sahen keine Geister und auch Gandem, den Zauberer, nicht und auch Gabanu, seinen Bruder, nicht. Und in der zweiten (das heißt im hinteren Teile) war es ganz dunkel und sie hatte ein Loch (eine Tür) und wir haben hineingeschaut, ich zuerst und dann die anderen, ich viel länger als die anderen. Ja, da haben wir gezeigt, daß wir Mut hatten, denn drinnen war es ganz dunkel, und wir sahen nichts, und wir haben auch da mit unseren Lanzen hineingestoßen, aber es waren keine Geister da, auch Gandem und Gabanu nicht. Dann sind wir wieder unter den Geisterstimmen hindurchgegangen und am Geistersee vorbei, auf dem kleinen Weg am See vorbei, und wir sahen niemand, auch Gandem nicht. Und wir kamen an die Farm, von welcher der fremde Mann dort gesprochen hatte, und wir suchten Gandem, aber wir fanden ihn nicht. Auch die Hütte nicht, von welcher dieser Mann gesprochen hatte. Sie war nicht mehr da. Sie war ganz verbrannt. Wir haben gesucht und gesucht und überall gesucht und fanden Gandem nicht. Ja, wenn wir ihn gefunden hätten, Häuptling! Wir hatten Mut und unser Mut wurde immer größer, aber wir fanden ihn nicht. Dann gingen wir wieder an den Geistersee, und wir sahen keine Geister, aber wir sahen — o, was sahen wir! Wir sahen — einen Menschen. Und wir sahen ihn im Wasser und er rührte sich nicht. Ambidji sagt, daß er ihn zuerst gesehen habe, aber ich sah ihn auch sofort und ich sah zuerst, daß es Gandem war. Und er war tot. Und, o Häuptling, was sahen wir! Es ist keine Lüge, du weißt, daß ich immer die Wahrheit sage, und ich belüge meinen Häuptling nicht — was sahen wir; ja, ja, wir sahen einen zweiten Menschen im Wasser, einen zweiten Menschen und auch der rührte sich nicht, denn er war ebenfalls tot. Und, o Häuptling, wir kannten ihn. Wir haben es deutlich gesehen, wir haben es alle gesehen, du kannst sie fragen. Es war Gabanu, der zweite Zauberer, er war tot. Das haben wir alle gesehen, und es ist keine Lüge, denn ich, Zandä, der Bigmann, habe es gesagt. Dann sind wir wieder nach Biamba gekommen ohne Gandein und ohne seinen Bruder. Die lagen im Wasser, wo wir sie nicht erreichen konnten. Und sie liegen jetzt noch da, wenn die Geister sie nicht ganz hinabgezogen haben in die Tiefe. — Das haben wir gesehen, die wir im Geisterreich waren, und ich, Zandä, der Bigmann, der die Leute ins Geisterreich geführt hat." Die Leute hatten schweigend zugehört. Nur hie und da konnten sie einen leisen Ausruf des Erstaunens nicht unterdrücken. Nun aber, da Zandä seinen eigenartig vorgetragenen Bericht beendet hatte, schauten sie sich gegenseitig an und schlugen sich, wie es bei den Leuten des Gebirges üblich ist, zum Zeichen des Erstaunens auf die Lippen und sagten mehrmals hintereinander: Djimba, Djimba, das heißt unbegreiflich! Der Häuptling war wie außer sich. Ein Geheimnis reihte sich an das andere. Gandem und Gabanu, die beiden Brandstifter sollten im Geistersee liegen! Dann mußte es also doch wahr sein, daß die Geister dort wohnten, und dann wäre die Behauptung des Weißen falsch gewesen und nicht ihr Geisterglaube. „Was sagst du dazu, Weißer?" begann Budangi mit einem lauernden Blick auf den Pater. —• „Was ich dazu sage? Die beiden Bösewichter haben den Tod gefunden, den sie verdient haben. Nun brauchst du sie nicht mehr für ihr Frevel zu bestrafen", antwortete P. Klinkenberg. — „Ich wollte dich fragen, Weißer, was du dazu denkst, daß die beiden im Geistersee den Tod gefunden haben? Du sagtest mir doch, daß es dort keine Geister gibt. Wer anders aber als die Geister kann ihnen das Leben genommen haben? Du wirst doch wohl nicht annehmen, daß sie sich selber ins Wasser gestürzt haben?" — „Kann nicht jemand durch ein Unglück sterben?" — „Gewiß, aber wer sagt dir, daß sie durch ein Unglück ums Leben gekommen sind." — „Ich zweifle nicht daran, wenn ich auch im Augenblick nicht wissen kann, wie sich das Unglück abgespielt hat, ich müßte denn hingehen und genau nachforschen." — „Ich weiß nicht, Weißer, ob nicht doch die Geister ihre Hand im Spiele haben?" — „Oft genug habe ich gesagt und bewiesen, daß es weder Geister im Geistersee noch in der Geisterhöhle gibt. So will ich dir erklären, wie ich mir denke, daß die beiden den Tod im Wasser gefunden haben. Als wir, Katur und ich, lebend zurückkehrten, haben wir dir und den Leuten, die um uns herumstanden, erzählt, daß wir in dem kleinen Schiff dieses Mannes über den See gefahren sind. Uns ist kein Unglück zugestoßen, weil Dschem-bana zu rudern verstand. Vielleicht sind die beiden Zauberer ebenfalls über den See gefahren; da ihr aber keine Boote habt, weil die Gebirgswasser nicht fahrbar sind, so haben sie gewiß nicht rudern können. Vielleicht ist das Boot umgeschlagen, und die beiden sind ins Wasser gefallen. Der See ist tief und hat eine große Ausdehnung. 28enn dann Gandem und sein Bruder nicht schwimmen konnten, mußten sie elend ertrinken." Katur hatte dem Dschembana das Gespräch der beiden übersetzt und vernahm nun von ihm folgendes: „Den See muß man kennen. Ich selber wäre beinahe verunglückt, als ich zum erstenmal über ihn hinwegfuhr. Damals ahnte ich nicht, daß an einigen Stellen die Felsen bis ungefähr an die Oberfläche des Wassers reichen. Mein Boot neigte sich zur Seite und ich wäre beinahe ins Wasser gefallen. Dann habe ich genau nach den gefährlichen Stellen geforscht, um sie in Zukunft zu meiden. Vielleicht hast du gemerkt, daß ich dich und den Pater in einem kleinen Bogen über den See fuhr. Das tat ich, um die gefährlichen Felsen zu umfahren. Die beiden wußten davon nichts und das wird ihnen zum Verderben geworden sein." Katur übersetzte das seinem Vater, der den Grund einsah und sich damit zufrieden gab. Sein Geisterglaube war nun gewaltig erschüttert und zum Pater gewandt sagte er: „Weißer, du bist ein kluger Mann; ich sehe immer mehr ein, daß deine Gedanken schneller sind als die Füße der Antilope, daß sie klarer sind als das Wasser unserer Gebirgsbäche, daß sie tiefer sind als die Geistersee. Ich fange an zu glauben, daß unsere bisherigen Ansichten von den Geistern nicht richtig sind. Du warst im Geisterreich, Katur war dort, dieser Mann hat fünf Jahre dort gelebt, die Boten, die ich dahin aussandte, sind lebend zurückgekehrt. Ich muß gestehen, daß ich jetzt beinahe glaube, daß gar keine Geister dort sind." — „Du kannst mich begleiten, Häuptling, wenn ich morgen hingehe, um noch einmal das Geisterreich zu sehen und die beiden Toten aus dem Wasser herauszuholen." — „Die Toten aus dem Wasser holen! Weißer, das wolltest du tun? Du wirft sie doch nicht mehr zum Leben erwecken!" — „Wir können sie doch nicht im Wasser liegen lassen? -Wenn ich sie auch nicht zum Leben erwecken kann, so sollen sie doch in einem Grabe bestattet sein." — „Denkst du denn nicht daran, daß sie beide deine Feinde waren, die dir die Hütte anzünden wollten und vielleicht daran dachten, dir einen schrecklichen Tod in den Flammen zu bereiten." — „Gewiß denke ich daran. Sie haben mich gehaßt, weil ich der Mann Gottes bin. Der Mann Gottes aber haßt seine Feinde nicht, er liebt sie und ist bereit, ihnen Böses mit Gutem zu vergelten. Die Lehre der Zauberer ist der Haß; die Lehre des großen Geistes aber ist die Liebe. Die Lehre der Christen sagt: Liebe Gott, liebe deinen Nächsten, liebe auch deine Feinde, tue Gutes denen, die dich hassen, verzeihe denen, die dich beleidigt haben. — Täte ich es nicht, dann wäre ich nicht der Mann Gottes." — „Weißer", sagte der Häuptling, „so etwas würde kein Schwarzer tun. Bei uns heißt es: Haß gegen Haß; Beleidigung gegen Beleidigung; Tod gegen Tod!" — „Ich weiß es. Ihr setzet Haß gegen Haß, Tod gegen Tod, weil ihr die Lehre des großen Geistes nicht kennt. Aber ich hoffe, daß ihr sie lernt, wie Katur und Dschembana, die ganz gewiß den Böse-wichtern verziehen haben." Budangi schüttelte den Kopf, das war ihm zu schwer, das verstand er nicht, dennoch war er bereit, am andern Morgen den Pater zum Geistersee zu begleiten. Auch erlaubte er allen Biambaleuten, mitzugehen. Das Geisterreich, das sie bisher mehr als den Tod gefürchtet hatten, hatte nun seine Schrecken in Afrika. verloren. Nach einer letzten, kurzen Besprechung zog sich Budangi zurück und nach und nach zerstreuten sich auch die aufgeregten Volksscharen, denn die Nacht war schon weit vorgerückt. 23. Kapitel. Ein schöner Tag. Dringend hätte P. Klinkenberg zur Missionsstation zurückkehren müssen, doch blieb ihm jetzt nichts anderes übrig, als noch einen weiteren Tag zu opfern. Das angefangene Werk der christlichen Beeinflussung des Biambastammes mußte noch um einen Schritt weitergeführt werden. Die Gelegenheit dazu schien dem Pater äußerst günstig zu sein. Dschembana legte nach einer nochmaligen kurzen Vorbereitung in der Hütte. des Paters seine Beichte ab. Der Augenblick war bet, wo er endlich seine größte und schwerste Tat, den furchtbaren Totschlag dem Priester bekennen konnte. Tränen erstickten seine Stimme, als er sagte: „Mein Vater, du kennst schon meine größte und schwerste Sünde. Ich habe einen Menschen totgeschlagen, ich bin ein Mörder, und darum trage ich Schuld, daß der getötete Soldat, der viele böse Taten ans dem Gewissen hatte, im ewigen Feuer der Hölle brennen muß. Das habe ich getan. Diese und all die anderen Sünden, die ich dir gesagt habe, verdienen eine große und schwere Buße. Ich nehme sie gern und freudig auf mich, wie schwer sie auch sei. Ich will alles tun, auch das Allerschwerste, wenn du, mein Vater/ mir nur die Worte der Lossprechung gibst. Ich bin der verlorene Sohn, der reumütig zum Vater zurückkehrt." P. Klinkenberg war gerührt ob der reumütig und mit Zeichen größter Zerknirschung abgelegten Beichte. Er legte seinen Arm liebevoll um die Schulter des vor ihm knienden Büßers und sprach in Worten äußerster Milde und Güte von der Barmherzigkeit Gottes, der sich freue, daß der verlorene Sohn so reumütig zum Vaterherzen zurückkehre. Dann sprach er über ihn die Worte der Lossprechung. Das waren Augenblicke, so süß und kostbar, so traut und warm, so herzlich und innig, daß die beiden Gottes Gnade sozusagen greifbar gegenwärtig fühlten. Lange hatte die Beichte gedauert, dann aber, als es geschehen, drängten sich dem Einsiedler statt der Reuetränen die Freudentränen in die Augen, und statt vieler Dankesworte vermochte er nichts anderes zu tun, als nur die Hand des Paters warm zu drücken und zu küssen. Die Vorbereitungen für die heilige Messe wurden nun getroffen. Der Koffer mit den mitgebrachten Meßsachen wurde geöffnet und der Altar hergerichtet, diesmal nicht in der Hütte, sondern vor ihr im Freien. P. Klinkenberg hatte dem Häuptling und den Leuten des Dorfes vor dem Auseinandergehen am Abend gesagt, daß er am anderen Morgen die heilige Handlung der Christen begehe, zu welcher er alle einlade. Schon kamen die ersten Heiden heran und blieben in einiger Entfernung stehen. Heute sollte das hl. Opfer besonders festlich begangen werden. Katnr nahm sich daher einige von den ersten Neugierigen und holte mächtige Palmenzweige herbei, die er an der Wand hinter dem Altar befestigte und zu beiden Seiten des Altars in den Boden stellte. Die Leute mußten Blumen holen, soviel sie nur konnten. Die schönsten steckte er in leere Konservenbüchsen und stellte sie auf den Altar, der aus drei Kisten und einer darüber gelegten Schiebetür aus dem Häuptlingsgehöft bestand. Von dem überstehenden Dache der Hütte wehten einige bunte Tücher, die einen Ersatz für Fahnen darstellten. Auf dem Boden vor dem Altar wurden die Schlafdecken des Paters und darüber und in der ganzen Runde all die Blumen ausgebreitet, die übriggeblieben waren. Immer mehr Schwarze kamen herbei, nur der Häuptling fehlte noch. Endlich brachte ein Dschindar die Nachricht, Budangi sei bald mit dem Anlegen seines Festschmuckes fertig. Der Pater bekleidete sich nun mit den Priestergewändern und begann, als Budangi erschienen war, die heilige Messe. Katar und der Einsiedler empfingen mit rührender Andacht den Leib des Herrn. Die Schwarzen in der Runde betrachteten mit Staunen den andächtig und gesammelt daknienden Dschem-bana und schauten auf die heilige Handlung, die sie zwar nicht verstanden, deren geheimnisvolle Größe und Erhabenheit sie aber angesichts des Priesters und der beiden andächtigen Christen wohl ahnten. Für Budangi war an der Seite des Altars die Schlafdecke Katars ausgebreitet und der Reisestuhl des Paters daraufgestellt. Darauf saß der große Stammeshäuptling während der heiligen Handlung. Nach der Messe hielt P. Klinkenberg eine eindringliche Ansprache an Johanni Dschembana und an das umstehende Volk. Er zog einen Vergleich zwischen dem Heidentum und der christlichen Lehre, der wahren Lehre Gotes; er sprach von dem guten und großen Geist, der alle Menschen, auch die Schwarzen, lieb habe und sie zu Kindern Gottes machen wolle. Er sprach von der Mission, die nun ganz gewiß bald nach Biamba ausgedehnt würde. E i n Sohn des Biambastammes, Katur, sei ja bereits Christ und habe die Lehre Gottes als gut und schön erkannt; ein zweiter Christ habe fünf Jahre lang in nächster Nähe Biambas, im „Geisterreich" gelebt. Ein vielversprechender Anfang sei somit gemacht, und weil alle Biambaleute in diesen Tagen das scheußliche Treiben der Zauberer durchschaut hätten, so sei er gewiß, daß die Lehre der Christen guten Boden in den Herzen finden werde. So und ähnlich sprach der Missionär. Die Andacht des Einsiedlers und die Erinnerung an dessen wunderbare Auffindung und an die Erlebnisse der letzten Tage versetzten ihn in die rechte Stimmung. Das gab eine Ansprache, die so praktisch und schön, so herzlich und einfach, so begeistert und doch so klar war, daß der Häuptling nach der Predigt die Hand des Paters ergriff und sagte: „Weißer, du bist der Mann Gottes. Wenn ich es vorher nicht geglaubt hätte, dann würde ich es jetzt glauben. Ich habe alle deine Worte verstanden. Sie waren so schön, daß mir das Herz davon warm wurde. Du hättest noch lange sprechen können, ich wäre nicht müde geworden. Ja, du bist der Mann Gottes, du bist es wirklich!" — Die Zeit des Aufbruches zum Geisterreich wurden allen Leuten bekanntgemacht und gegen neun Uhr setzte sich der große Zug in Bewegung. Wenigstens hundertfünfzig Menschen begleiteten den Pater, der mit Dschembana, Katur und dem Häuptling am Ende der langen Reihe daherschritt. Alle Männer gingen einzeln hintereinander, alle waren mit Lanzen und Buschmesser versehen. Mehrere Gongs, die an starken Riemen getragen wurden, waren im Zuge. 30 Kalabassen Palmwein wurden mitgenommen. Zwei Ziegen und ein Schaf, sowie Palmöl, Bataten und andere Nahrungsmittel wurden in Hülle und Fülle mitgeschleppt. Für den Pater waren ein Huhn vorgesehen und frische Eier sowie eine Schale mit Honig. Im Geisterreich sollte ein frohes Fest begangen werden. So wollte es Budangi, die schwarze Majestät, die in neugieriger Spannung dem geheimnisvollen Geisterreiche und der Geschichte Dschembanas entgegensah. Die Gongs ertönten bei jedem Schritt. Die Männer sangen auf dem Wege, indem sie die interessantesten Begebenheiten der letzten Tage von den Vorsängern entgegennahmen und dann machtvoll wiederholten. Hunderte von Berschen wurden auf den Missionär gemacht, der den Katur heimgebracht, der den Einsiedler aufgefunden, der den Zauberer entlarvt habe. Auch Katur wurde reichlich bedacht. Johanni Dschembana kam dann an die Reihe und auch der Häuptling wurde nicht vergessen. Je näher man jedoch an den Geistersee kam, desto stiller wurden die vorher so lustigen Sänger. So ganz schien also die Angst vor den Geistern doch noch nicht geschwunden zu sein. Erst als alle den See erreicht hatten und keine Geister, wohl aber der prachtvolle Wasserfall, die gewaltige Felswand, der herrliche See und die reizende Umgebung zu sehen waren, lösten sich die Befürchtungen und mit einem lauten Gejohle begrüßten die Männer die Entdeckung des Geisterreiches. Diejenigen, die schon einmal in der Geisterhöhle gewesen waren, stürmten nun mutig voran, die Felswand entlang, die anderen folgten. Vor dem Eingang der Höhle warteten sie die Ankunft des Häuptlings und des Paters ab. Erst als diese mit Katur und Dschembana eingetreten waren, gingen auch sie hinein. Leider war die Einrichtung der Einsiedlerbehausung gänzlich zerstört. Töpfe und Kalabassen waren zertreten, die frischen Maisbündel lagen zerstreut auf dem Boden umher, der Katechismus Dschembanas war zerrissen, nur noch Fetzen waren übrig. Budangi schimpfte auf die Zauberer, die solches getan hatten; da man aber seine Worte nicht verstand, so gab er ihnen durch deutliche Gesten den nötigen Nachdruck. Wehe den beiden Verbrechern, wenn sie noch einer Bestrafung fähig gewesen wären! Es dauerte lange, bis alle ihre Neugierde befriedigt hatten. Dann gab der Einsiedler den Leuten zu verstehen, daß sie am See vorbeigehen sollten, da in der Höhle wegen des beständigen Rauschens und dumpfen Gedröhnes der herabfallenden Wasser eine Verständigung unmöglich war. Der Zug setzte sich wieder in Bewegung zum anderen Ufer. Noch hatte man nichts von den beiden Ertrunkenen gesehen, so scharf man auch danach ausgeschaut hatte, auch von dem kleinen Boot sah man nichts. (Schluß folgt.) Eigentümer. Lerausgeber und Verleger: Kongregation der Missionäre Söhne des heiligsten Lerzens Jesu. Verantwortlicher Redakteur für Österrei»: ?. Alois Wilflina F. S. C., Generalassistent, Missionshaus wraz; für Deutschland: ?. Leinrich Wohnhaas, F. S. C., Missionsseminar St. Josef, Ellwangen-Jagst, Württemberg. — Universttäts-Buchdruckerei .Styria", Graz.