-*» iVHl>i Llvi^^^t^^' " ' ^ ^rsct. -^/v ' »< ' ! i ZL >2 gud! rr- o ^ ??ÄcLii,I>t»r-vlrdiln»tkrl«rl« mit d,r Krilji»dlror»tion, «lhrim-r Knttz, Inhnbrr d>» k. k. 3S. Nnil» - Ankntml-K-giMlnts »nd kommmidirendlr Slnirni r» Vrng in tiikst-r Vrrehmng -er Verfasser. Vorwort. „Die Schlachte» uns'rer Väter sind Noch auszukämpfen dort; Ein gutes Christenschwert gewinnt Noch Arbeit fort und fort." So sang unser Dichter, Anastasius Grün, von jenem Boden, welcher seit Jahrhunderten von dem „Erbfeinde der Christenheit", von den Türken in schmachvollster Unterjochung festgehalten wurde und zu dessen Befreiung wiederholt unsere Brüder ans allen Gauen des mächtigen Gesammtstaates Oesterreich-Ungarn ausgezogen waren, denselben mit ihrem Herzblute düngend. Wieder und immer wieder bekam aber der Türke die ihm iil heißen Kämpfen abgerungenen Landestheile in seine Hände zurück und führte sein altes grausames Spiel mit den Christen fort. Endlich ist es im eben abgelaufenen Jahre den Staatsmännern Europa's gelungen, durch den vielgenannten „Berliner Vertrag" die Gewaltherrschaft des Türken zu brechen und Oesterreich-Ungarn erhielt — Dank der weisen Politik seines Premiers, des Grafen Andrassy — in dem vorzüglichsten Interesse unseres Staates das „Mandat" zur „Occupation" der uns zunächst gelegenen Theile der Türkei, zur Occupation von Bosnien und der Herzegowina. Friedlich sollte nach dem von der Türkei mitunterzeichncten und mitgarantirten Berliner Vertrage diese Besitzergreifung erfolgen; aber leider ließ sich die durch Jahrhunderte von den Türken in willenlosester Sklaverei gehaltene Bevölkerung dieser Länder im letzten Augenblicke verleiten, unseren einrückenden Truppen in wildester Empörung entgegenzutreten. Und so gingen die Worte des Dichters in Erfüllung: Die Schlachten uns'rer Väter sind Noch auszukämpfen dort; Ein gutes Christenschwert gewinnt Noch Arbeit fort und fort. Dank dem Heldenmuthe unserer braven Truppen, Dank dem Geiste und der Thatkraft ihrer Führer an der Spitze Se. Exe. FZM. Freiherr von Philip Poviä ward dieser Aufstand in verhältnismäßig sehr kurzer Zeit uud mit verhältnismäßig geringen Opfern niedergeworfen und die von der Herrschaft der Türkei befreiten Bewohner: Mohammedaner, Griechen und Katholiken, sie entsendeten gar bald ansehnliche Abgeordnete an das Allerhöchste Hoflager Se. Majestät unseres allergnädigsten Kaisers und Königs Franz Josef I., um Ihm, dem neuen Herrn, ihre Huldigung darzubringen. Ans den Thürmen und Thoren all jener befestigten Plätze, deren gewaltsamen Widerstand unsere ruhmreiche zweite Armee für immer gebrochen, weht heute das uralte Wahrzeichen Oesterreichs, die unsAl len gemeinsame schwarz-gelbe Fahne! Des neuen herrlichen mit dem theuren Blute unserer Landeskinder erkauften Besitzes hoch uns freuend, wollen wir daran gehen, in scharfgezeichneten und farbenfrischen Bildern die ewig denkwürdigen Kriegsereignisse des Jahres 18^8 ih. Bosnien und der Herzegowina zunächst deinüstcrrci chä s chen Volke, das ja in allen seinen 'stammen bei den jjingsten Kämpfen „da hinten in der Türkei^ durch die tüchklgstep Sohne vertreten war, in möglichst aetrcn^ ULLersicht _ü«-^ Llugen zu halten, und so zugleich auch der ferner stehenden ausländischen Lesewelt die vom Kriegsschauplätze nur einzeln und abgerissen zu ihr gedrungenen Berichte von den Heldenthaten unserer k. k. Armee in ein anschauliches Ganze zusammenzufassen. Der Schilderung dieser neuerlichen so glorreichen und sieggekrönten Erfolge unserer braven Truppen stelle ich aber voran zum Ersten eine übersichtliche Schilderung von Land und Leuten, dann einen kurzgefaßten Rückblick auf die hervorragendsten Marksteine in der Geschichte von Bosnien und der Herzegowina bis zur „Occupation", da mit dieser für die im Laufe der Zeiten so vielgeprüften schönen und zukunstsvollen Länder eine neue Aera beginnt, so Gott gibt die Aera ungestörten Friedens und bisher ungeahnter Volkswohlfahrt. Aus diesen Marksteinen ragen aber zwei ganz besonders empor und haben für uns Oesterreichs einen ganz besonders hohen Werth durch die goldig strahlenden Namen:PrinzEugen und Laudon, die Denksäulcn der Züge des „kleinen Abl>6" und des „deutschen Teufel" nach Bosnien! Bei Betrachtung' dieser unser österreichisch-patriotisches Gefühl mächtig ergreifenden Geschichtsmonumente, die an die glänzendsten Heldenthaten der k. k. Armee erinnern, wollen wir länger verweilen, ehevor wir die Kriegsbilder von 1878 an uns vorüberziehen lassen — die Heldenthaten der k. k. Armee unter Philipp oviö, welche uns neuerdings bewiesen haben, daß Oesterreich-Ungarn fest bauen kann „auf seine Söhne in Wehr und Waffen", welche, Oesterreichs Banner auf dem Castell von Sarajevo aufpflanzend, des patriotischen heimatlichen Dichters K. A. Kaltenbrunn er Worte *) zu neuen Wahrworten gemacht: Der Aar von Oesterreich fliegt empor, Ein Feigling, wer den Muth verlor. An Siegen und an Ehren reich, Frisch auf, frisch auf, mein Oesterreich. Laibach, im März 1879. Der Verfasser. *) „Nu mein Oesterreich" — abgedruckt im VIH. Jahrg. (1870 ' deS trefflichen, von Hofrath Baron Falke begründeten und redigirv Jahrbuches des 1. öst.-ung. Beamtcn-Verer..^ „Die Dioscuren" p. 228 - Land und Leute. Die Länder Bosnien und Herzegowina, die Oesterreich-Ungarn in Folge des „europäischen Mandates" „occupirt" hat, sind schon längst Gegenstand vielseitiger Aufmerksamkeit gewiegter Kenner von Land und Leuten und alle diese haben übereinstimmend die beiden Länder als ergiebig und ihre Bewohner als bildungsfähig bezeichnet, wenn nur der Bann gelöst würde, der seit Jahrhunderten hier auf Land und Leuten gelastet, wenn nur erst die türkische Herrschaft über dieselben beseitigt wäre. Das ist nun geschehen — ein neues Zeitalter hat begonnen ! Daher wird es räthlich sein, der Darstellung der geschichtlichen Ereignisse, wie wir sie geben wollen, eine übersichtliche Schilderung von Land und Leuten vorauszusenden, wie sich beide uns an dem heutigen bedeutsamsten Wendepunkte der Geschichte dieser Länder vor Augen stellen; denn es wird kaum eine kurze Spanne Zeit um sein, und der Boden, auf dem sich jüngst die „Occupation" abgespielt, wird ein vielfach verändertes Acußere weisen und die Bewohner, sie werden allgemach in die Strömung der europäischen Bildung und Gesittung hineingerissen sein zum Mindesten in dem Verkehre nach Außen, wenngleich sie auch mit der ganzen Zähigkeit des südslavischen und orientalischen Wesens noch geraumere Zeit am häuslichen Herde, im Heiligthume der Familie, an den alten Sitten und ^Gewohnheiten, an den alten Gebräuchen festhalten werden. ,,, Doch im Großen und Ganzen und bahnbrechend für Künftige Tage wird sich^,.alsbald auf dem Boden der stolzen „goldenen Bosna" und „im Reiche des Hl. Sava" rasch jener DaS befreite Bosnien. 1 Umschwung vollziehen, der dem allgemeinen Blicke Land und Leute im Lichte moderner Culturstrebungen zu zeigen im Stande sein wird! Daher halten wir das Bild fest, das uns Bosnien und die Herzegowina im Augenblicke der Occnpation durch „Oesterreich-Ungarn" weiset! * * * Die „illyrische Schweiz" hat man Bosnien und die Herzegowina genannt und mit vollstem Recht. Es sind Alpenländer im besten Sinne des Wortes — die dinarischen Alpen — reich an allen Schönheiten nnd Reizen der Natur und an den Süd- und Ostabhängen in den sich ausweitenden Thälern und Thalbreiten fruchtbar und ergiebig. Während die Eingeweide der Berge Bosniens und der Herzegowina aus edlen Metallen, Gold und Silber, aus Quecksilber, Blei- und Kupfererzen, aus Kohle bestehen, während an hundert Stätten Salz- und Sauerquellen, Schwefe lther men und andere heilsame Wässer aus dem Boden sprudeln und quellen, während die dichten Urwald -forste namentlich in der „goldenen Bosna" ungezählte Schätze von Nadel- und Laub holz in sich schließen und auf den malerischen Kalkfelsen der Herzegowina die Gemsen he erden lustig dahinschicßcn und im Dickichte der bosnischen Wälder Hirsch und Reh, Bär und Wolf und Fuchs und Luchs in stattlichen, das Herz des echten Waidmanns erfreuenden Exemplaren Hausen, erweist sich der „Culturboden" als reichgcsegnet an Früchten mit „goldenen Aehrcn" an Korn und Weizen, reich an Kukurutz und Hirse und namentlich in der Herzegowina ergiebig auch an Reis (xirinaö nach dem türkischen Worte: puintsoll so genannt). Von den Obst bau men schüttelt man die Hülle und Fülle an Aepfeln und Birnen, Kirschen und Weichsel», man pflückt die köstlichsten Pfirsiche, vor Allem aber gibt's da der trefflichsten Zwetschken in Menge, die ganze Gärten „wie auf die Erde gefallene Himmel" erscheinen lassen — blau über und über. Wenn auch kleine, so doch vorzüglich ausdauernde Pferde und Rinder, und ansehnliche Massen von Maulthieren und Eseln, das Schwein und das Schaf und die Ziege werden von den Bosniern und Hcrzegowzen für den Hausgebrauch und als Handelsartikel gezüchtet. Da und dort wird auch dem Geflügel eine besondere Sorgfalt gewidmet, dient es doch zur Bereitung eines der vor-nehmlichsten „Lieblingsgerichte", des „Pilaw". Die sorgsam gepflegte Bienenzucht warf den Bosniern und Hcrzegowzen schon bisher keinen kleinen Gewinn ab; die türkischen Näscher verbrauchen von dem köstlichen bosnischen Honig so viel möglich zu einer andern Nationalspeise, zur „Halva", die aus Honig, Oel und Rosenwasser bereitet wird, und zu den und jenen Schleckereien, mit denen sie sich das Leben versüßen! In den zahlreichen Flüssen und Flüßchen dieser Berglande tummeln sich: Lachs und Forelle, der Asch und Schiel, Barben, Hechte und Karpfen neben dem gewöhnlichen Weißfisch; auch Krebse fischt man in Bosnien und der Herzegowina von solcher Körperlänge, daß sie mit den berühmten Gurkerkrebsen Krains kühn sich messen können. Die Fischerei wird von den Spahien an die Bauern verpachtet. Die Haupt-Flüsse in Bosnien sind die Save und ihre Nebenflüsse, die Una, Vrbas, Nkrnja (Ukrina), Bosna und Drina, die Flüsse in der Herzegowina die Neretva oder Narenta, die TrebiZnica, die „LiStica" (diese beiden sogenannte „verschwindende Flüsse") und der Ibar; außerdem sind beide Länder ihrem Alpencharakter entsprechend von zahllosen Bächen und „Wasserfällen" erfüllt. Größere Lasten trugen bisher nur die Save und Narenta; die fischreiche Bosna ward als Frachtmittel nicht benutzt und einem österreichischen Schiffscapitän blieb es vorbehalten, ihre Ufer hinaufzufahren und sie als Wasserstraße zu erforschen und zu erproben. Sie geht als solche einer schönen Zukunft entgegen. Auch an Seen ist das „neue Land" nicht arm, wenngleich die meisten derselben nur zur Zeit der großen Regengüsse durch Massenaustritte der Wässer sich ansehnlich gestalten. Bleibende Seen von größerm Umfange gibts in Bosnien und der Herzegowina: Jezero beider Stadt gleichen Namens, Borci, Neteka, Prokos und den Gliva-See bei Jaicze. An den schon von Torquato Tasso besungenen und seither vielfach beschriebenen merkwürdigen See von Cirknitz in Jnnerkrain, dessen Gewässer verschwinden, so daß man an seiner Stätte nach dem Fischfang die Jagd treiben und den üppigen Boden mit Feldfrüchten bebauen kann, erinnert der See von Mostar (Nostarslco Plato), den die „LiStica" bildet, die an der andern Seite desselben als „Jasenica" weiter fließt. Wenn der See von Mostar abfließt, so bleibt ein Schlamm zurück, ein Dnngbvden bester Art, auf dem Gras und Getreide in Hülle und Fülle gedeihen und der namentlich den schönsten Mais zur Reife bringt. Und wie das höhlenreiche Karstland Jnnerkrains, so birgt auch der Karst des Herzegvwinaer Kalkalpengebietes seine verschwindenden Flüsse, so birgt er auch Tropfsteinhöhlen und Eisg rotten, die, näher erforscht, zu den vielbesuchten Merkwürdigkeiten unseres „Occupations-Schauplatzes" zählen werden. Auf daß man aber einerseits im lebhaften Geschäftsverkehre, anderseits als fröhlicher Tourist all die Vorzüge und Merkwürdigkeiten der an natürlichen Genüssen des Lebens und an „Reizen der Natur" reichen Länder Bosnien und Herzegowina leichtlich und bequem wird schauen und in sich aufnehmen können, werden die heute schon zum großen Theile in Angriff genommenen Eisenbahnen vollendet sein und werden zu den „Kreuz- und Querzügen" im neuen Lande, dessen Bewohner dann in das Geschäftsgctriebe unserer Tage gar bald werden hineingerissen werden, nach allen Richtungen die Straßen und Wege gebaut sein müssen. Denn bisher verdienten den Namen Fahrstraßen — und auch das nur bedingungsweise — nur die Verbindungslinie von Brod durch das Bosna-thal nach Sarajevo, daun jene zwischen Gradiska und Banjalnka und anderseits einzelne Fragmente, wie die neue Kunststraße zwischen der österreichischen Grenze bei Sign und Livno und jene von Metkovi« über Mostar nach Sarajevo, schließlich die Straße von Ragusa nach Trebinje. Alles andere, was Straße und Weg sich nannte in diesen Ländern, ist am besten bezeichnet mit den Worten des einheimischen Schriftstellers Juki 6 (oder wie er sich Pseudonym nannte: Slavoljub Bosniak), der also sagte: „Die Wege in Bosnien sind so beschaffen, wie sie sich von selbst machen (durch die Tritte von Mensch und Vieh), oder wie die Natur sie gemacht hat (durch die abfließenden Gewässer)." Wenn man die Beschaffenheit der Verbindungsmittel in diesen Ländern ins Auge faßt und dagegen betrachtet, wie doch die vornehmlichsten Städte mitunter ganz ein ansehnliches Aeußere weisen, ja mehr noch, wie die aus alten Zeiten stammenden zahlreichen Reste zum Theil großartige Bauten darstellen, so wundert man sich über den Fleiß und die Ausdauer, womit die Bewohner die sie rings umgebenden Hindernisse des Bodens und der äußern Verhältnisse zu überwinden, zu besiegen verstanden. Freilich Wohl muß man nicht vergessen, daß der klägliche Zustand, in dem namentlich die Verbindungsmittcl dieser Länder mit den Nachbarstaaten unterhalten wurden, sich seit dem Beginn der türkischen Herrschaft herschreibt, die ihre guten Gründe hatte, eben diese ihre Grenzlande möglichst außer zu naher und bequemer Berührung mit dem Auslande zu erhalten. -e Anders war cs vor der Eroberung durch die Türke», in der Zeit der Ungarn-Könige, der nationalen Bane und früher noch in den Tagen der Römerherrschaft. Aus all diesen Zeitabschnitten finden sich heute noch ringsum auf demBvdender goldenen Bosna und in der Herzegowina deutliche Spuren, die an die Größe und Herrlichkeit von Einst erinnern. Der dem erlauchten Hause Habsburg und den Völkern Oesterreich-Ungarns eigene hohe Sinn für die Reste grauer Vorzeit wird — wir sind dessen sicher — auch hier wie in den andern Ländern unserer Monarchie erhaltend und herstellend wirken, ja es werden unsere wissenschaftlichen Gesellschaften und Vereine — an der Spitze die von Sr. Exe. Baron Helf ert geleitete und so schöne Erfolge erzielende Centralcommission für Erforschung und Erhaltung historischer Denkmäler — gar bald Bosnien und die Herzegowina in das Bereich ihrer Thätigkeit cinbeziehen. Und großartig wird der Gewinn sein, den die Alter-thumsforschung, die römische, wie die mittelalterliche, hier wird ziehen können. Die bisherige Kenntniß lehrt uns schon, daß in diesem Theile des alten römischen Jllyrien zwölf größere oder kleinere Städte oder Stationen der weltumfassenden Noma gestanden: 8srvitium (Banjaluka), valmirium (Durajmjko poljs), Urao-torlam (OruäiSlra. biEnsIcu) all b'iix;« (Mah ovlan), Urüiäw (Konjca), IIvlumim (LivIIo), NuuctorliuiL oder Natrix (M osta r), Risiniam (Rogatica), 8arito (Sarajevo), (Travnik), Triduliuiu (Trebinje), Ktunovli (ViZegrad) und Gallium (die einstige Hauptstadt von Zahlumien der heutigen Herzegowina). Außerdem wissen wir und sehen wir noch die unverwüstlichen Reste der altrömischen Bäder zur Benützung der Schwefelthermen von Novipazar vor uns, gleichwie dieß auch in Banjaluka der Fall. Von den Bauresten, die man am Bielski do gegraben, erzählt man uns, daß der römische Kaiser Diokletian auf Ausflügen aus Dalmatien hier ein von ihm selbst erbautes Jagdschloß öfters bewohnt habe, was mehr Anspruch ans Wahrheit hat, als die Legende von der Erbauung der schönen Mo-starer Brücke durch Kaiser Trajan. Römisch aber sind die Ruinen des Wartthurines ans der Porin Planina, sowie die Spuren der Bürgin Pod-gradac, die eine römische Grenzburg gewesen, wo noch ein schönes Thor sichtbar und auch der Platz erkennbar, ans dem der Tempel gestanden; römisch sind die Spuren des Hochofens in Skvplje Gornje, wo man auch römische Eisenhalden und die Muthung ans goldhaltigen Kupferkies nachweisen kann. Aber das ist noch nicht Alles, was der fachgemäßen Besichtigung und Beschreibung harrt, da sind noch im Lande kreuz und quer der römischen Fundstätten gar manche, so in CipuliS, in MoSnej (Bezirk Travnik), in Svrakino Selo, in GlamoL, GlanioLko Polje, in Glavine, LjnbunLiL und Ba8a Rovina u. s. w. u. s. w. Einer der größten Fundorte für „Römisches" und, wie wir gleich sehen werden nicht für dieses allein, ist Plevlje. Die in einem freundlichen und fruchtbaren Thale gelegene Stadt, heute ein lebhafter Handelsplatz und wichtiger militärischer Punkt im Südostcn Bosniens, war unter den Römern ohne Zweifel gleichfalls eine wichtige Ansiedlung und man stößt hier allerwegs auf Ueberbleibscl dieser „römischen Zeit", Säulen, Stcinsärge, Gefäße aller Art, mit Figuren und anderen Darstellungen geschmückte Steine u. a. m. Nicht minder große Ausbeute wird neben dem „römischen Alterthumsforscher" der Forscher nach mittelalterlichen Denkmälern in Bosnien und der Herzegowina machen können. Da gibt es außer Resten von sogenannten „Heidcnburgen" Ruinen von mittelalterlichen Schlössern in Menge, darunter mehrere nachweisbar in die frühesten Tage der nationalbosnischen Herrschaft zurückreichend, so z. B. Vi enac, schon im 10. Jahrhunderte unserer Zeitrechnung erbaut; da gibt es alte Brücken so die über die Neretva gleichfalls aus dem 10. Jahrhunderte; die Kirchen, griechische und katholische, weisen oft ein ganz ansehnliches Alter auf, so in Cerin und PodmitaLje. Welche Fülle von Geschichtsdenkmälcrn vom 10. bis ins 15. Jahrhundert bieten aber nicht die zahlreichen, mit vieler Ehrfurcht bewahrten Friedhöfe mit ihren unzähligen Grabsteinen und altslavischen Schristzeichen?! Die Kirchen und Sakristeien der Klöster, der katholischen und griechischen, sie bergen Meßgewänder und Reliquien, Oelgemälde und Taufbecken (ein schönes silbernes in Fojnica) und dergleichen, die Bibliotheken der Klöster gar viele bisher noch nicht bekannte Handschriften und seltene Druckwerke, darunter viele slavische; bestand doch in Goradje eine von den griechischen Mönchen geleitete Buchdruckerei, welche kirchen-slavische Bücher lieferte, von den Türken aber vernichtet wurde. Die vorzüglichste Fundstätte, was mittelalterliche und national-slavische Reste betrifft, ist jedoch das altberühmte Kloster Sutiska im Bezirke Visoki, vom bosnischen Könige Tvrdko I. (1391) erbaut. Hier findet man die Grabstätten der bosnischen Könige, hier berühmte Reliquien, Meßgewänder, alte Porträts, hier vor Allem eine wohlgeordnete Bibliothek mit den kostbarsten alten Werken und Handschriften. Zudem ist die Gastfreundschaft der frommen Brüder eine sprichwörtliche. In einem andern bereits genannten Franziskaner-Kloster, in Fojnica, sind gleichfalls große Schätze an Büchern, und Handschriften zu finden. So traf Major Roskiewicz (der 1868 bisher vielbenutzte „Studien über Bosnien und die Herzegowina" herausgab) ein im Jahre 1443, also zwei Jahrzehnte vor der „Türkischwerdung" Bosniens und vier vor jener der Herzegowina angefertigtes Wappenbuch der einheimischen vornehmen Geschlechter, das jetzt bei dem bevorstehenden Eintritt der bosnischen Adclsgeschlechter in die Reihen der Aristokratie Oesterreich-Ungarns durch die Nachweisung des Adelsalters von hervorragend praktischem Werthe werden dürfte. Doch wenden wir den Blick von Römersteinen und Burgruinen, von Heiden- und Türkengräbern, von verborgenen Klosterschätzen und pergamentenen Adelsbriefen dem Leben und Weben des Augenblickes zu, richten wir unser Augenmerk auf die vornehmlichsten Städte und meist charakteristischen Orte in der stolzen goldnen Bosna und im Reiche des Hl. Sava, auf die Bewohner und ihre Lebensweise, auf ihre Bildungsfähigkeit und was sie trotz der türkischen Sklavenherrschaft geleistet haben. Man erwarte keine erschöpfende Darstellung; es sollen nur Schlaglichter sein! Den Namen Stadt führt in Bosnien und der Herzegowina gar viel, daher kommt es, daß wir eine Menge sogenannter Städte da finden mit einer Einwohnerzahl von 5000 bis 2000 Einwohnern. Es sind eben alte Erinnerungen, welche sich an diesen und jenen Ort knüpfen, der einst eine größere Bedeutung hatte, die dann im Wechselschicksal der Geschichte verschwunden ist. Die bedeutendsten Städte sind: Sarajevo (50000), Banjaluka (20000), M ostar (15000), Travnik (12000), FoSa(10000),NoviPazar (8000),Bielina (6000),BihaL, Zwornik, Unter-Tuzla und Livno (je 5000 Einwohner). Zwischen 5000 und 2000 Einwohner zählen: BrLka, Fojnica, Gorazda, GraöaL, Graöanica, Jaicze, Lippa, Prjedor, Skoplje, Srbrnica, TeZanj, TaLlidüa, Visoko, Varcar-Bakus, XepLe, Trebinjc, Ljnbinje, Maglaj, Stolac, Kozarac, Bilai, Sienica, OstroLac, Dervent n. a. m. Nur in den bedeutendsten derselben wollen wir auf unserem Durchfluge kurze Umschau halten, denn mehr weniger gleichen sie sich in ihrer äußeren Erscheinung mit den türkischen Moscheen und Verkaufsladen (Bazars), mit den vergitterten Fenstern der Türkenquartiere und den reinlicheren Wohnungen der Christen so ziemlich. Am nächsten unserem untern Savegebiete und im selben Flachland -- der Posavina — gelegen,'umgeben abwechselnd von weiten Culturen, von einem Fcldergürtel und von brachliegendem versumpftem Lande ist Banjaluka (sechs Meilen von Alt-Gradiska entfernt) jene Stadt, welche sich dem Gedächtnisse der Zeitgenossen durch den bekannten schaudervollcn Ueberfall vom 14. August 1878. auf Lebenszeit eingeprägt hat. Zwischen einer Hügelrcihe im Westen und dem reißenden Vrbasflusse eingezwängt, erscheint Banjaluka mit seinen mehr oder minder wohnlichen Häusern als eine endlose Gasse, die sich von Nord nach Süd in einer Ausdehnung von nahezu l Stunde dahinzieht. Die Zigeuner- und Rajahvorstadt zeichnet sich durch besondere Verwahrlosung aus, während die Wohnstätten der nicht geringen Handelswelt mit ihren Magazinen und Verkaufsbuden einen angenehmeren Eindruck hervorrufen. Interessant ist der Anblick der Stadt von einer die Vrbas übersetzenden Brücke, wo das Gewässer unter Einem dahintobt und man die fast senkrechten zur Vrbas niederfallenden Berglehnen vor sich hat. Jaicze, die alte bosnische Königsstadt, deren urälteste Johannes- und Lucaskirche in Moscheen umgebaut wurden, wie malerisch liegt sie, stufenförmig gebaut, in der nächsten Nachbarschaft des tiefblauen Plivasees, dessen Wasserstürze zu den schönsten zählen, was man in dieser Beziehung sehen kann; die alte stolze Königsstadt, noch heute ein fesselnd Bild, wie thront sie majestätisch an der Mündung der Pliva, die hier 90' hoch in die zwischen Felsen eingekeilte Vrbas stürzt. Da ist Travnik an steiler Lehne, in einer Seitenschlucht des LaZvathales emporklimmend, mit einer altehrwürdigen Burg auf den Felse .-en des Vlasiü mit weithin schimmernden Landhäuschen und Kiosken und unten im Thale großartige Kasern-bauten — ein reizender Anblick! Ein Paradies ist aber zu schauen: Die Lage der heutigen Hauptstadt Bosniens, des stolzen Sarajevo (Bosna Saraj). Wie mitten in einem Garten breitet sich zu beiden Seiten des von neun Brücken- übersetzten Gebirgsbaches Miljaöka die Ansicht von Aara>rvo. r r z t r unvergleichlich schöne Stadt aus, rings im Kranze von abwechselnd bewaldeten und freien Höhen umgeben. Das reizende Städtebild ist durch zahlreich emporragende Minarets belebt, nicht zu vergessen der zwei großen Moscheen, der Kaisermoschee und der Bcgowa Dschamia, der griechischen und katholischen Kirche, nicht zu vergessen des Castells im Osten der Stadt, nicht zu vergessen der meist aus Stein gefügten Brücken. Das Anziehendste für den Culturfreund ist das Marktquartier von Sarajevo. V. Gyurkowics zeichnet es — wie es Knaus und Vautier mit dem Pinsel kaum besser vermöchten — in der Wiener „Presse" in anschaulichster Weise also: „Die Tschar-schia, ein Gemisch von zahllosen Verkaufsbuden, füllen ein halbes Hundert von Gassen und Gäßchen. Dort sitzen Kaufleute und Handwerker, Mohammedaner, Christen, spanische und einge-wanderte Juden ruhig neben einander und preisen ihre ein- heimischen und fremden Waaren an. Hier der sehnige Schmied an der lodernden Feuerstelle den sausenden Hammer hantierend, daß die Funken sprühen und einem die Ohren gellen; dort der magere Sarof (Geldwechsler), der schmunzelnd und geschäftig seine Rollen mit Piastern, kaiserlichen Ducaten und Maria-Theresia-Thalern ordnet, dann wieder gedankenlos mit dem Rosenkränze spielt oder neidisch nach dem nächsten Sarof, seinem Concurrenten auslugt. Hier wieder der große Kaufmann, für den soeben von ermüdeten Lastthieren schwere Waarenballen abgeladen und unter dem Schweiße der halbnackten Hamals (Lastträger) in die Magazine eingelagert werden; dort wieder im ärmlichen Laden ein gemächlicher Türke, der rothe Thonpfeifen, Tschibukrohre und Nargileh feilbieten möchte, aber keinen Käufer findet, weil sein Nachbar, ein junger Grieche, nicht nur dieselben Waaren, son- dern auch Fez, Fransen, Troddeln und Schleier mit listigen Anpreisungen besser auszubieten versteht. Jetzt trabt ein verstaubter Gendarm über das gefährliche Pflaster, dann werden unbeladene Karawanen durch den Bazar getrieben. Eine verschleierte Mohammedanerin in klappernden Holzschuhen und braunem Ueberwurf bleibt vor einem Laden mit buntbedruckten Tüchern stehen; man zeigt ihr Allerlei, aber seufzend legt sie Alles beiseite, denn Alles ist ihr zu theuer und der vorsichtige Kaufmann gibt ihr nichts auf Borg" .... Ein rühriges Handelsstädtchen ist auch Livno, wo — dieß wollen wir besonders hervorheben — seit dem Erschlaffen der Türkenherrschaft (seit den letzten 50 Jahren) die erste katholische Kirche von allen in diesen beiden Ländern bestehenden erbaut wurde. Zeigt uns Trebinje (in der Herzegowina) das Urbild einer verwahrlosten Stadt mit engen übelriechenden Gassen, baufälligen Häusern und armseligen Verkaufsbuden, so erweist sich Wieder die Hauptstadt; der Herzegowina, das schöne Mostarwie ein kleines Paradies inmitten von Gärten, in denen die Südfrüchte reifen, der Oelbanm und die Myrthe gedeiht, Weinberge mit lustreichen Waldpartien wechseln und Alles in schönstem Pflanzenschmucke prangt. Und die Stadt selbst mit ihren 30 Moscheen, mit zwei griechischen und zwei katholischen Kirchen, mit einem Kloster der Barmherzigen Schwestern, mit Knaben- und Mädchenschulen, mit Gasthöfen u. s. w., mit ihrer herrlichenB rücke über die Narenta (17.8 Meter innere Höhe des Bogens, die ganze Höhe vom Wasserspiegel 19 Meter, die weiteste Spannung 27'3 Meter, die Breite des Bettes 38 5, die der Brücke 4'5 Meter), die Stadt, der Mittelpunkt des Handels der ganzen Provinz, sie entzückt den Fremden fast mehr noch als Sarajevo und das durch ihren Gegensatz zu dem fast durchgängig karstartigen Charakter der Herzegowina. Mustapha Ben Abdala Hadschi Chalfa — dessen geographisches Werk über Rumeli und Bosna Hammer Purgstall übersetzt hat — schreibt über die Entstehung der Mostarer Brücke folgendes: Da die meisten Gebäude jenseits des Flusses liegen, so passirte man denselben ehemals auf einer großen in Ketten hängenden hölzernen Brücke, die aber, da sie keine Pfeiler hatte, so schwankte, daß man nur mit Todesfurcht darüber gieng. Nach der Eroberung Mostars (durch die Türken) baten die Einwohner den Sultan Suleiman ihnen eine steinerne Brücke bauen zu lassen. Dieser schickte einen Baumeister Sinan, der es für unmöglich erklärte, hier eine Brücke zu wölben. Später verbürgte sich ein geschickter Tischlermeister des Ortes für die Ausführbarkeit des Vorschlags und die Brücke kam zu Stande. Wim von den Wcwoynern! Daß bei einer Wirthschaft, wie die türkische es gewesen, eine genaue sichere Angabe der Bevölkcrungszahl unserer Länder Bosnien und Herzegowina nicht erwartet werden kann, wird wohl Niemanden, der die bisherigen Verhältnisse da drunten auch nur vom fernsten Hörensagen kennt, Wunder nehmen. Jeder Reisende und Forscher hat andere Ziffern gebracht, und diese oft sehr auseinandergehenden Zahlen verglichen, kann man beiläufig annehmen, daß Bosnien 1 Million 125.000 Einwohner hat und die Herzegowina 290.000 — beide Länder könnten weitaus dichter bevölkert sein. Nach den „Confessionen" vertheilen sich die 1,125.000 Einwohner Bosniens auf 385.000 Mohammedaner, welche zumeist die Städte bewohnen, 561.000 sogenannte Altglauber, nichtunirte Griechen oder wie sie sich selbst nennen, lnsöuiri, 168.000 Katholiken, 6000 Zigeuner und 5000 Juden. In der Herzegowina sind unter den 290.000 Einwohnern 180.000 nichtunirte Griechen, 62.000 Mohammedaner und 48.000 Katholiken. Wenn mau die Volksverhältnisse von Bosnien und der Herzegowina näher ins Auge faßt, darf man aber keineswegs bei der Scheidung nach Confessionen stehen bleiben, das wäre hochgefehlt. Man muß vielmehr die Racen studiren, die sich uns auf diesem Boden darstellen. Bei nur etwas eindringlicher Betrachtung wird es Dir klar, daß Bosnien und die Herzegowina eigentlich nur von einer großen, gleichartigen Race bewohnt sind, von den Slaven. Mit Abrechnung der wenigen Zigeuner, die theils herumwandernd, theils ansässig, als Eisenarbeiter thätig, der gleichfalls an Zahl geringen Juden, die Handel treiben, und der im Distrikte Rascien wohnenden ureingcborenen Albanesen, die pelasgischen Stammes, sind alle Bcwohn er v o n Bosnien und der Herzegowina Angehörige des großensla-vischen Volksstam mes, denn die rechten National-Türken, die es bisher im Lande gab, waren bis auf wenige Andere die türkischen Beamten und das türkische außer Bosnien und der Herzegowina ausgehobcne Militär. Mit ihrem Verschwinden sind die National-Türken bis auf ganz wenige Familien aus diesen Ländern entfernt. Denn was dem mohammedanischen Glauben im Großen und Ganzen in Bosnien und in der Herzegowina anhängt, sind gleichfalls Slaven, welche nur des Vortheils und der Macht wegen den Glauben der türkischen Eroberer angenommen haben, in vielen Stücken aber noch Anklänge an die uralten slavischen Sitten und Gebräuche verrathen. Es gehen daher neuere Schriftsteller kaum fehl, wenn sie behaupten, daß möglicherweise durch die Verbreitung europäischer Bildung und Gesittung unter diesem Theile der Bevölkerung unseres „neuen Landes" nach und nach der Mohammedanismus desselben ins Wanken gerathen könnte. Doch lassen wir das. „Oesterreich-Ungarn", das als Rechtsstaat die Occupation mit der Vollmacht Europa's unternommen hat, und bei seinem Ein- rücken in Bosnien und der Herzegowina es verkündet hat, daß jede Confessio» wie jede Nation das gleiche Recht unter seinem Schutze genießen werde, es wird in keiner Weise irgend eine gewaltsame Aenderung herbeizuführen suchen, es wird — der Geschichte ihren Lauf lassen. Heute üben alle Culte ihren Gottesdienst frei und ungehindert. Innerhalb weniger Wochen haben seit den Tagen der beendigten Occupation die Mohammedaner am 4. December 1878 das große Fest des Knrban-Bajram (die Erinnerungsfeier an das Opfer Abrahams), haben die Katholiken in der Hl. Christnacht die Mette, zum ersten Male seit bald vier ^Jahrhunderten, haben am 18. Jänner 1879 die nichtunirten Griechen das Fest der Wasserweihe, die Procession durch die Gassen Sa-rajevo's und das Hinabtauchcn des goldenen Kreuzes in die Fluthen der MiljaLka unbehindert und unbeirrt vornehmen können. Die k. k. Truppen, die überall, wohin sie ihren Fuß setzen, in altcrerbter Ueberlieferung des österreichischen Armeegeistes fremde Sitten und Gebräuche, fremden Glauben ehren und schützen, sie haben diesen Festen nicht als müssige neugierige Zuseher, sie haben denselben als Theilnehmer angewohnt, um jeder dieser Hauptconfessionen des Landes zu beweisen, daß keine mehr über Zurücksetzung solle zu klagen haben unter der Regierung Oesterreich-Ungarns! Und bei diesen Festen konnte der Theilnehmer die Trachten und Costümc studiren, denn das Schönste, das Beste, was die Einen und die Andern an sich zu legen hatten, trugen sie an diesen Tagen. Da wurde dem Beschauer so recht klar der Unterschied zwischen der Pracht und dem Glanze, in welchen die Mohammedaner, die reichen Bcgs voran, auftreten können und bisher aufzutreten die alleinige Lust hatten, und der Einfachheit und Unscheinbarkeit, in der sich die „Rajah" — die Christen dieser Lande — bisher zurückzuhalten nöthig hatten oder vorzogen. Dunkle Stoffe, einfaches Fez, Opanken und Ledergurt sind die Kennzeichen der Rajah, buntes goldgesticktes Gewand, das stolze Turbangcwinde, Gamaschen und Schnabelschuhe das Kennzeichen der Mohammedaner. Während die Frauen der Rajah sich theils serbisch, theils morlakisch und manche aus Nachahmungssucht oder andern Gründen selbst türkisch kleiden, so ist die Mohammedanerin das treue Abbild der Nationaltürkin, wie sie im Oriente leibt und lebt, sic malt sich Augenbrauen und Wangen, sie färbt sich die Fingernägel und die innern Handflächen, sic geht in Gewändern von bunten Farben, läßt aber auch schon — und das gilt hauptsächlich von den Vornehmen — durch ei» vollends durchsichtiges Gewebe ihre Gesichtszügc in pikanter Halbverhüllung errathen! Hat der Mohammedaner, der nicht ungastfreundlich ist, Fremde zu Tisch gebeten, so müssen heute noch Frau und Kinder im Haremlik (Frauengemach) speisen, während der Herr des Hauses mit seinen Tischgenossen sich es im Selamlik, im Herrengemache, gütlich thut und auf Rechnung des Gastes auch den Genuß von Wein oder anderen geistigen Getränken — zuläßt! Aus den Häusern der Griechen tönt ringsum im Lande Bosnien und mehr noch in dev Herzegowina der alte serbische Volksgesang, ja hier erklingen die Lieder von den alten serbischen Helden, von den alten Kämpfen mit den Türken, von der Schlacht auf dem Amselfelde, neben Liebesliedern noch am vollsten — wie uns Miklvsich, der große Kenner des südslavischcn Wesens versichert — hier gibt es kaum ein Haus, in welchem die Gusla fehlen würde, jenes ursprüngliche einsaitige Instrument, auf welchem der Sänger sein Lied begleitet; selten sind Männer, welche die Gusla wicht spielen könne», auch manche Frauen und Mädchen verstehen es. . . - Trotz der unsäglichen Kämpfe, trotz der unsäglichen Bedrückungen hat sich hierin dem g anzen slavischen Volkszwcige und vornehmlich in den Anhängern der griechischen Kirche der alte slavische Volksgcist erhalten und es bedarf nur der richti- Typen- und Trachtenliildcr aus Bosnien und der Herzegowina. ciinv gen Leitung, um die hochbefähigten Bewohner Bosniens und der Herzegowina zu den Arbeiten und Strebungen der europäischen Cultur heranzuziehen und bald als tüchtige Mitarbeiter au dem großen Werke des Fortschritts wirken zu sehen. Haben sie doch bei all der riesigen Vernachlässigung und Hintauhaltung, mit der sich der Türke an ihrem Geiste versündigt hat, im Laufe der Zeiten einige Männer aus sich hervorgehen sehen, die mit aller Kraft sich selbst emporgearbeitet und bewiesen haben, daß der gedrückteste Menschengeist denn doch die Sklavcnkctten brechen kann, seien sie ihm auch noch so fest um Brust und Stirne gewunden. Mit goldenen Lettern stehen in der Geschichte Bosniens die Namen TomaZiL und JukiL, von denen der erste, ein Minorit des 16. Jahrhunderts, eine Chronik Bosniens und Croatiens schrieb, und der zweite, ein Sohn unserer Zeit, gleichfalls die Geschichte seiner Heimat zum Gegenstände seiner Forschung und Darstellung machte. * * * Die Bewohner von Bosnien und der Herzegowina, die wir nur erst im Vorbeigehen bei ihren jüngsten kirchlichen Festen im Fciertagsgewande geschaut, wollen wir nun etwas aufmerksamer beobachten im Werktagskleide, in ihren Häusern, bei ihren Arbeiten, in ihren vornehmlichsten Sitten und Gebräuchen, in ihrer Lebensweise, bei Spiel und Tanz. Die Tracht der Christen in Bosnien und der Herzegowina gleicht im Allgemeinen der Tracht der Montenegriner oder Serben, je nachdem sie den Einen oder den Andern räumlich näher sind, natürlich mit jenem Unterschiede, den der türkische Einfluß hervorgerufen hat. Die Bosnier und Herzegowzen bedecken ihr Haupt mit dem —- der rothen oder braunen Mühe. Da» befreite Bosnien. Das Oberkleid tragen sie über allein andern Anzuge und mit dem Gürtel schnüren sie sich nicht wie die Montenegriner ober, sondern unter dem Oberkleid. Während aber der Gürtel der Christen aus rothem Gewebe ist, tragen ihn die Türken zumeist aus grünem oder gezeichnetem bunten Stoffe. Auch an dem grünen oder rothen Saume der Gewandung erkennst Du leicht, ob Du einen Christen oder Türken vor Dir hast, doch nicht immer bestimmt. Statt der Tuchhosen der Montenegriner tragen einige Bosnier und Herzegowzen sogenannte „ÜaKire" d. i. lange, aber nur bis zum Knie weite, unter dem Knie aber enge und geschlossene Hosen aus Tuch. Außer diesen Hosen gebraucht nian auch in Bosnien und der Herzegowina die sogenannten „xsIonMLs", das sind kurze Tuchhosen auf die Art, wie sie die „ öiLsn" (Abkömmlinge der alten Illyrier) auf dem Karst in Jnnerkrain tragen; diese Hosen gehen aber nur bis unter das Knie, vom Fußgelenk bis zum Knie hinauf sind die Füße mit Gamaschen umhüllt, bis zum Gelenke reichen herauf aus den „Opanken" oder anderen Fußbekleidungen (Beschuhungen) die „Luruxs", das sind kurze wollene Strümpfe. Die Türken tragen „LkckSiro" und „Salvars", Pluderhosen, aus Tuch gefertigte, außergewöhnlich breite und lange Hosen, welche unter den Knieen zusammengebunden sind und sich hin und Herschwingen wie ein geleerter Sack. Wenn solche Hosen aus Leinwand oder Seide sind, so nennt man sie ciimsio oder lliluliss. (In Sarajevo werden sie nur von den türkischen Frauen getragen.) Die Tracht ist nicht überall gleich und finden sich vielfache kleinere und größere Verschiedenheiten sowohl bei Christen, wie bei Türken. Bei den türkischen Bewohnern in der Gegend von Ban-jaluka findet man meistenthcils kurze Obcrkleider und im Sommer weiße weite Leinwandhoscn. Dort herum und weiter hin gegen Jajcze tragen die Bosnier gerne und auch im Sommer weiße Pelze aus Schaffellen und zwar im Sommer so, daß das Fell nach außen kommt (wie man das auch da und dort in Ungarn antrifft), im Winter aber so wie es recht ist, das Glatte nach außen. Weiß sind auch, wie es schon der Name andeutet, die „dsffaLa" der Herzegowzen, Röcke mit Aermeln, ähnlich der „xuiffa" Montenegriner. Die Stadtbewohner von Sarajevo (auch die Christen) tragen im Winter sehr lange Pelze (Luratr genannt), außen von Tuch, innen mit Fuchs-, Billich- oder Maulwurffellen gefüttert, im Sommer aber die „ckLmiUs" d. i. lange Röcke mit Pelzeinfassung, aber ohne Pelzfütterung. Statt der einfachen bäuerlichen „Opanken" gebrauchen die Stadtbewohner auch Schuhe (Lravffs, wsstvs oder konäuro genannt) und Stiefel oder Stiefelchen aus schwarzem Leder, eine Art Pantoffel (paxnLs) und eigenthümliche Holzschuhe (nuLuls) mit hohen hölzernen Absätzen und ebensolchen Zehenstützen, an vier Ecken beschlagen, theils mit Riemen zum Zusammenbinden versehen, theils ohne solche Riemen mit ganzen Lederstücken, die von oben her an die hölzerne Unterlage angemacht sind. Die Christen in den Städten gehen auch in - den sogenannten „Illl-ü-r", das sind Schuhe ohne Absätze, den Pantoffeln ähnlich. Die Türken tragen auch außer den rothen Stiefeln oder „Lirom" gelbe Schuhe ohne Absätze, „tomuko" geheißen, welche sic beim Betreten ihrer „Oselmmisn" (Kirchen) ausziehen und vor der Thüre stehen lassen. Im Sommer gehen viele arme Bosnier insbesonders auf dem Lande bloßfüßig einher; doch auch mancher „Luxan" (Bürgermeister) geht mit bloßen Füßen, und nicht blos auf dem Felde und im Walde, sondern auch in seinem Amtsgebäude („Uiormk"), ja sogar in die Kirche. An der gegen Serbien gelegenen Seite trägt man sich, wie schon erwähnt, serbisch, an der gegen Dalmatien gelegenen dalmatinisch. Und mit ungeübtem Ange wirst Du schwer in einer unserer dalmatinischen Grenzstädte den Bosnier vom Dalmatiner unterscheiden, nur die Wandertasche wird Dir einen Wink geben. Und diese Wandertasche des Bosniers wird Dich aber auch unterscheiden lassen den Katholiken vom „Altglauber", vom griechisch-nichtunirten Bosnier. Trägt der Katholik eine Tasche („torbu.") mit Roth geziert mit rothen Fransen, so trägt der Grieche solche braun mit blauen oder schwarzen Fransen. In Travnik in Mittel-Bosnien haben die echten Türken lange „Kaftans", die zu Türken gewordenen Slaven überaus große „e-Uins" (Turbans), darunter das Haupt halb geschoren, und die Türkinnen ganz grüne lange Gewandung. In früheren Tagen trugen die Türken und die „Renegaten" Waffen, jene bekannten und berüchtigten HandZars, Pistolen und lange Gewehre, die Vornehmen kostbare Säbel... Jeder Bosnier steckte sich aber hinter den unteren ledernen Gürtel („sitaj", „sitnv" oder „bsimitg? genannt) kleine Messerchen, einen langen ötbull (Pfeife), Feuerzeug und andere Kleinigkeiten, ja manche sogar kleine Feuerzangen (moSWo). Doch überall hat man nicht zwei Gürtel, da und dort umgürtet man sich nur mit einem gewebten oder ledernen schmalen oder breiten Gürtel. Reiche christliche Kaufleute und andere vornehme Städter trugen sich schon vor der „Oceupation" europäisch, doch auch sie bedeckten ihr Haupt noch mit dem „I'o»", von dem eine blaue Quaste herabhängt. Nun den Blick auf die zumeist schönen Bewohnerinnen! Die Christinnen, Weiber und Mädchen, haben zumeist auf dem Haupte bunte Tücher, andere aber den „K-ükan", das ist ein rothes Käppchen, bei den Reichen mit Gold ausgenäht und befestigt durch sehr schone, mit glänzenden und schimmern- -Ligen Münzstücken benähte Bänder. Bei den Christinnen in Sarajevo ist das Käppchen rings von schwarzen Fäden umzogen. Auf den Rücken herab fallen ihnen ein oder zwei Zöpfe (xlstv-illoo) — in der Umgebung von Sarajevo haben die Mädchen allein zwei Zöpfe — die Frauen aber winden sich die Zöpfe rings um das Haupt. Das Untergewand der christlichen Frauen und Mädchen ist weiß, die Aermel des Hemdes, das sie mit dem Vortuch gürten, sind weit; in der Herzegowina findet man auch eigene Frauengürtel, welche da und dort von rother Farbe sind und türkisch „xatta" genannt werden. Als Oberkleid tragen die Bosniakinnen ihren „äLotc", welcher dem Oberkleid der „Weißen Krainerinnen" gleicht, aus weißem Tuch gefertigt ist und der Aermel entbehrt. In einigen Landestheilen hüllen sich diese christlichen Bosniakinnen in lange oder kurze Oberklcidcr mit oder ohne Aermel, die von der verschiedenen Form, in der sie auftreten, „jkllak", „äjeLvi'ina" und „Mmj" genannt werden, aus bunter Seide oder aus Wollgcwcbe; ältere Frauen tragen darüber noch eine Art Pelz (öur-ck), um dem schon verfallenden Leibe noch eine schönere Form zu geben! Die Bäuerinnen tragen da und dort außerdem noch einen Schooß aus dickem Tuch gemacht. Die Türkinnen ziehen sich, wie ich bereits oben erwähnt habe, zu Hause sehr schön au, ihre Tracht für den Ausgang ist aber minder schön; einem ungeschlachten rohen Sacke ähnlich ist ihr hell schimmerndes Obergewand, in das sie gehüllt erscheinen. Ihr Antlitz verhüllen sie sich bekanntlich mit einem Weißen Schleier (j»8maL), daß Du nichts als Augen und ein Stückchen Nase von ihrem Gesichte erblickst. Doch verhüllen in Bosnien eigentlich nur die verheirateten türkischen Frauen ihr Gesicht und das nur mit einem dünnen durchscheinenden Gewebe; die Unverheirateten gehen aber bloßen Gesichts und der Schleier fällt ihnen auf die Schultern herab, nur, sagt Navratil, dessen ausgezeichneter Schilderung der bosnischen Trachten ich dies entnehme, verhüllen auch sie sich, wenn ihnen ein Begegnender zu keck ins Gesicht sieht. Ueber solche Keckheit werden sie sehr böse und es ist schon der Fall vorgekommen, daß Bräute, denen Begegnende zu scharf ins Antlitz schauten, diesen ins Gesicht spuckten, zum mindesten sie dem Hausvater verklagten! In der Herzegowina jenseits von Jvan-Planina gehen auch die verheirateten Türkinnen und schon gar auf das Feld ohne Schleier. Das Hauptmerkmal, da und in Bosnien, die Türkin von der Christin zu unterscheiden, sind aber die gefärbten Nägel an den Händen der Türkinnen, die sich überhaupt, wie ich schon an anderer Stelle erwähnte, so gerne färben und schminken! Die Bewohner geleiten uns in ihre Wohnungen und Türke und Christ in Bosnien und der Herzegowina zeichnen sich, wie schon betont worden und gegenüber so manchen Schilderungen nicht genug betont werden kann, durch Gastfreundschaft besonders aus. Aber sprechen wir an der Schwelle des bosnischen Hauses noch ein paar Worte von der Art des Grüßens. Lebhaft und herzlich sind die Begrüßungen, die sie unter sich und mit Fremden wechseln. Der Christ wünscht dem ihm begegnenden Christen, daß „Gott helfen möge", er sagt: „komorü bo^" oder „LoZ ti pomaZao" („Gott helfe" oder „Gott helfe Dir".) Doch neben diesem uralt christlichen Gruße sagen die christlichen Slaven in den Städten auch schon: „Guten Morgen" (äobro „Guten Tag" (ckobar ck.ui), „Guten Abend" (äobar v«Ls svvLorj), Die Türken und zu Türken Gewordenen begrüßen sich am Morgen mit den Worten: 8abu Imjrasum (richtig: 8abal> bair oloüll) d. H. der Morgen gestalte sich gut. Der Gegengruß lautet: ^Ilab ra^osum (richtig: ^Ilab rarü olsüa), d. H. Gott sei barmherzig. Am Abend sagen sie: UZam Imjrosum (richtig: Iiair ok8Üil), der Abend werde gut ^ der Gcgen- gruß lautet wieder: Ulall r^o«>iu>. Wie sich hin und wieder die Südslaven zu allen Tageszeiten mit „Aäravo" (zur Gesundheit) begrüßen, so sagen die türkischen Slaven zu einander „wor-ebs,", richtig: ni-rrlial>»n, was soviel bedeutet als: „Raum", als ob sie für sich allein genug Raum wünschen würden. Wenn ein türkischer Slave in ein Kaffeehaus tritt, wo zusammen die türkischen und christlichen Bewohner in aller Freundschaft Kaffee trinken und Tabak rauchen, grüßt er zuerst die Türken auf Türkisch, dann die Christen ans Slavisch. Dies kann man namentlich in Sarajevo beobachten. Die bosnischen Türken begrüßen sich gegenseitig auch mit den Worten: „Kolaur" oder „8alk>,in alsllim", (richtig: Lalirm -rtchkum), Friede werde Euch. Doch dürfen mit diesen Worten sich nur Türken gegenseitig anreden, Gott behüte, daß sich während der türkischen Herrschaft ein Christ unterstanden hätte, einen Türken so zu begrüßen! Besehen wir uns das bosnische Haus. Das bosnische Bauernhaus (KaLa.) — meistentheils nur ebenerdig — ist halb aus Holz, halb ans ungebrannten, zwischen das Holzwerk blockhausartig eingelegten Ziegeln erbaut; noch öfters aber tritt an die Stelle der Ziegel ein Flcchtwcrk („xlotvr") welches der arme Bauer — der eigene Erbauer seines ärmlichen Heim — von außen und von innen mit Lehm überzieht, nur hin und wieder Lücken (Fenstcrchen) lassend. Ranchfänge vermißt Du fast immer bei diesen Häusern. Auch in den Städten gibt cs solche einfache mit Lehm versetzte Holzhäuser! Der reichere Türke hat gemauerte Häuser mit Stockwerk und einer Ringmauer, in welcher sich Lücken zum Abfeuern der Gewehre (türkisch mai-z-aio) befinden. Diese Mauern und diese Schießscharten haben auch in dem jüngsten Occupations-Feldzuge da und dort nicht die unwichtigste Rolle der Vertheidigung gebildet . . , , Eigenthümlicher Weise verwenden die bosnischen Türken nicht viel weder auf das äußere noch auf das innere Ansehen ihre Behausungen. In den äußerst niedrigen Zimmern mit hölzernen Decken findest Du als Zierde allein etwa irgend einen Teppich (türk, öiliw) auf dem Boden und hie und da an den Wänden künstlich geschnitzte kleine Schränke oder einen großen Kasten („äolap"), hinter dem Ofen die Badwanne. Tisch, Stühle und Bett braucht der Türke bekanntlich nicht. Sogenannte „minäorji", Matratzen auf hölzerner Unterlage, ersetzen ihnen Stühle und Betten; auf ihnen sitzen und schlafen sie! Die „armen" Türken, deren Häuschen gleichfalls aus Lehm gebaut sind, benützen als Sitz- und Schlafplätze Rohr-matten, die auf dem Boden ausgebreitet liegen. Mitten im kleinen Hofraum steht solch ein armseliges Türkenhäuschen und zählt in seinem Innern allein zwei Gemächer, ein Weiber- und ein Männergelaß! In den türkischen Herrenhäusern gibt cs viel mehr Zimmer und hat jedes seine eigene Benennung, wovon ich schon Eingangs gesprochen. Es ist selbstverständlich, daß in diesen Häusern alles Hausgeräthe sehr schön und sehr kostbar ist. In der „steinreichen" Herzegowina sind fast alle Häuser aus Stein gebaut, doch vermißt man öfters Fenster und Rauchfänge; es ist daher in solchen alles von Rauch angeschwärzt und mit Rauch erfüllt. Blos die Reichern haben ein anständiges Belt, beim Armen suchst Du das einfachste vergebens. Die Herzegowzen niedern Standes schlafen eingewickelt in ihre dicken „strulrs" wie die Montenegriner auf bloßem Boden oder auf einem Haufen Stroh um die Feuerstelle herum; im Sommer aber auch unter dem lieben freien Himmel. Die bosnischen Dörfer sind in der Anlage vielfach zerstreut und es dehnen sich zwischen den einzelnen Häusern Gärten, Weiden oder Gestrüppe aus. Die Christen legten bisher ihre Häuser meist weit weg von den Straßen und Wegen an, weil ihnen vorbeiziehende Türken in der Regel altes mit Gewalt Wegnahmen, wenn sie die Häuser nahe am Wege hatten! Auch in den bosnischen Städten sieht man die Häuser und Stadtviertel („umbolami") zwischen herrlichen grünenden Gärten, die das Auge weidlich entzücken; doch so eine türkische Stadt ist nur für den äußeren Anblick schön, im Innern herrscht in Allem große Nachlässigkeit. Bei den Katholiken und namentlich in jenen Sprengeln der Städte, in denen die Franziskaner ihren Einfluß haben, findest Du aber zum Unterschiede sonstiger geringer Reinlichkeit auffallende Ordnung und Sauberkeit. „Als unsere tapfern Soldaten in das blutig erkämpfte Sarajevo einmarschirt waren, erstaunten sie über die außerordentliche, wahrhaft holländische Reinlichkeit innerhalb der Christenhäuser. Buchstäblich vom Dach bis zum Keller wurde am Samstag alles gescheuert, selbst das Pflaster vor den Häusern gewaschen. Das Holzwerk ist die Sauberkeit selbst, die Wände fleckenlos und frisch getüncht. Die Höfe mit Blumenbeeten geziert, die Fensterscheiben klar und rein, in den Küchen alles spiegelblank!" Folgen wir den Bewohnern zur Arbeit im Hause und auf dem Felde. Im Haus und für das Haus bildet die Hausindustrie hier noch einen mächtigen Theil der Gesammtindustrie. Der Bauer bereitet sich alles selbst: seine Kleidung — das Lodentuch voran — seine Wäsche, sein Werkzeug und seine Geschirre, ja wie wir gesehen haben, auch das Haus! Und sind es zumeist-die Weiber, welche Tuch und Leinwand bereiten. Au Handwerken sind am meisten vertreten die Schuster — die sich in Pantoffelmacher „xuxuLurji^ und Opankenmacher „oxuuSarjl" scheiden — Schneider, Lederer, Pelzmacher oder Kürschner, Schmiede, Kesselschmiede — diese beiden „Zünfte" in Händen der Zigeuner — Weber Sattler und Riemer. Man trifft übrigens auch Uhrmacher, Lichtzieher, Geschirrmacher; Goldschmiede gibt es wenige. Große Noth herrscht an geschickten Tischlern, Wagnern und Maurern. Alle diese Handwerke verrichtet hier der sog. „äjunckor", welcher Alles in Allem ist, er mauert, er zimmert, er macht das Hausgeräthe, so weit es aus Holz, er deckt das Dach, er seht den Ofen. Und zu Allem dem braucht er blutwenig Werkzeug. Den Maßstab trägt er in sich . . . in den Augen; sonst be-nöthigt er nichts, kein Winkelmaß, kein Lineal. Die Wcißgärber und Kürschner haben in Folge der Beliebtheit des Pelztragens sehr guten Verdienst, doch sie können keine andern Häute bearbeiten als von Bären, Wölfen und Füchsen; alle übrigen senden sie nach Leipzig, die Hasenfelle nach Triest. Da die Schuster nur ungeschlachte Stiefel zu Wege bringen, so lieben es die Frauen der vornehmeren Welt in Bosnien, den Schuhbedarf aus Oesterreich und namentlich aus Wien zu beziehen. Auch die bosnischen Schneider beschränken sich mit ihrer Kunst auf den Hausbedarf. Die Arbeit auf dem Felde ist im Urzustände. Der Pflug weist die älteste und ursprünglichste Form und Gattung dieses so hochwichtigen und in den civilisirten Ländern so mannigfaltig verbesserten Ackergeräthes und entbehrt jedes Stückchen Eisens; die Bespannung bilden zwei, drei, auch vier Paar Rinder, hinter denen drei, vier, auch mehr Personen schreiend und ancifcrnd einhcrschreiten. Der Bauer Pflügt, hinter ihm geht sein Weib oder seine Tochter, die in regellose Einrisse >— Furchen kann man es kaum nennen — den Samen streut und mit deni Fuße die aufgelockerte Erde darübcrstrcicht. Die Egge ist in den meisten Fällen durch einen Bund Ruthen ersetzt. Der Segen des Himmels ist der Hauptmitarbciter bei der Bestellung des Feldes. Die reichliche Ernte wird ebenso ursprünglich eingebracht und den Dreschflegel kennt man hier nicht — aus dem üppigen Getreide wird das Korn gewonnen, indem man über die dichten Haufen der „goldenen Aehren" einen Rudel Pferde dahin jagt, die es mit ihren eilenden Hufen heraus- stampfen. Man wird an die ältesten Ueberlieferungen von dem Leben und Treiben der Völker erinnert, wenn man diese Art Volksleben betrachtet! Wie der Pflug und die Egge, so entbehren auch die Arbeitswagen („aradä") aller und jeder Eisenbestandtheile, Du triffst keinen Nagel, keinen Reifen aus Eisen, weder an der Achse noch an der Deichsel, und die Räder hat sich der Bauer selbst geschnitzt, nicht rund, beileibe, und auch nicht Rüder, was man so heißt, sondern volle Scheiben, sechs-, achteckig, die sich in eirunden ungeschmierten Achsenhöhlen Putschend und knarrend mühsam herumdrehen. Das sind Gefährte, daß sich Gott erbarme! Die Brachwirthschaft versteht sich bei solcher Feldwirthschaft wohl von selbst, und ein weites dankbares „Feld" eröffnet sich da dem rührigen Eingreifen unser landwirthschaftlichen Organe, dem Eingreifen der berufenen Regierungskreise, den Winken des Clubs der Landwirthe, der ja jetzt schon unter Leitung seines liebenswürdigen und kcnntnißreicheu Präses Christian Graf Kinsky einen Ausflug nach Bosnien — eine Studienreise — vor hat, den Winken der Fachblätter, an der Spitze die in aller Welt verbreitete, trefflich redigirte „Wiener landwirthschaft-liche Zeitung" von Hugo Hitschmann. Die Kost der Bosniaken und Hcrzcgowzen ist eine im Allgemeinen — die Reichen und Vornehmen und namentlich die „Begs" kommen da nicht in Betracht — sehr einfache. Roggenbrot, in der Asche gebacken und sehr lose, stachelt auf der Zunge, der frische Käse — meist von Ziegen — ist in Krümmchcn zerfallend eine beliebte Zugabe zu dem warmen Brot („Xull»"). Ein Lieblingsgericht des Bosniaken ist der Knoblauch (Inka), den er sammt dem Stengel in Salz taucht und mit Hochgenuß verspeist. Außerdem liebt er sehr die saure Milch (»irutk-r, Käsemilch); sie besteht aus zu Boden gefallenem Käse und darüber stehendem grünen Wasser, das saurer ist' als der sauerste Essig. Gönnt sich der Bosnier und Herzegowze mehr oder kann er sich mehr gönnen, so ißt er Eier, Früchte, Wild, Hühner, Hammelfleisch und dies letztere insbesonders gerne in der Mengung mit gedünstetem Reis als „Uilaav". Eine große Rolle spielt der schwarze Kaffee, den sich selbst ärmere Leute vergönnen können, da er als Zugabe zum Speisen gilt, wie etwa bei uns das Wasser. Gebrannte Wässer und Weine dürfen die Türken bekanntlich nicht genießen, das verbietet ihnen ihre heilige Satzung, der „Koran". Daher konnte unter der türkischen Herrschaft der Weinbau in diesen Ländern, die dafür so vorzüglich geeignet erscheinen, auch nicht in solcher Ausdehnung betrieben werden, als nun voraussichtlich bei der ausgesprochenen Gleichberechtigung der Confessionen unter der österreichisch-ungarischen Regierung geschehen wird, und so mag es auch hier nicht in den fernsten Zeiten dahin kommen, daß bei den Weinbautreibcn-den als gern gesehener Hausfreund unser Wcinmeister Babo mit seinen Lehren und niit seiner „Weinlanbe" Einzug halten wird. Und mit dem Weine wird auch die so lange unterdrückte Fröhlichkeit und Lebensfreude der armen Rajah wieder frisch auflodern, die bisher nur bei gewissen festlichen Anlässen des Familienlebens und da nur verstohlen sich Luft machen konnte. Denn der Türke gönnte der Rajah auch nicht den „Götterfunken" Freude. Nur wie ans einen Raub mochten die Christen ihre alten slavischen Lieder singen, ihren alten slavischen „Lola", Rnnd-tanz, um die auch bei ihnen beliebte Linde herum ausführen; — die Hochzeiten mußten so still als möglich gehalten werden und dursten namentlich keine der türkischen Gebetstunden stören. Und deren gibt es eine große Zahl. Wenngleich der Türke seinen „Sonntag", den Freitag, nicht so streng hält wie der Christ den seinen, da er fast den ganzen Tag arbeitet, zumeist handelt, und nur einmal in die Moschee (Dsvllimfla) geht, für die Seinigen Gebete zu verrichten, so betet er doch zu Hause täglich fünfmal, und zwar: 1. Morgens bei Sonnenaufgang „oaba", 2. zu Mittag 3. Nach- Typen- und Trachtenbilder aus Üosnien und der Herzegowina. mittag »iirincka iLinäija" 4. bei Sonnenuntergang „N,b8am„ oder „ak8am" und 5. in der Nacht zwei Stunden nach Sonnenuntergang „jaei", „jaaija." Dies letzte ist ihr vorzüglichstes Gebet wie bei den katholischen Christen das „Ave Maria". Des Weiteren über den Türkenglauben, über ihre Vorstellungen vom Leben im Jenseits, von ihren Himmeln mit den ewigen Freuden von ihren Begriffen der Hölle zu sprechen scheint mir überflüssig, da hievon schon soviel gesprochen und geschrieben worden, gleichwie über die unmenschlichen schweren Bedrückungen, welche die Najah in den türkischen Ländern erfahren hat, von den ungezählten Lasten und Abgaben, die der arme Bauer dem Reichen hat leisten müssen und dergleichen mehr. Nur einer gar zu sehr bezeichnenden üblichen Abgabe mag hier erwähnt werden. Wenn in einein christlichen Hause nämlich der Hausvater („8tarch8ina") starb, so nahm sich der türkische Grundbesitzer — denn der Grund gehört dem Türken — den besten Ochsen; seine Moral war die: Nimmt (Gott) den Hausherrn, warum kann ich nicht das beste Stück Rind nehmen? Das stimmte zu einem andern Vorgänge. Baute sich nämlich in kühnem Wagniß ein Christ in der Umgebung von Sarajevo ein schöneres Haus, so nahm es ihm der ergrimmte Türke oder „Renegat" und verkaufte es an einen Türken mit den Worten: „Für Dich, Christ, gehört das Korbgeflecht als Haus". Obendrein spazierte der kühne Bauherr „ins Loch". Solche Vorkommnisse sind -nun — Dank der österreichisch-ungarischen Occupation — hoffentlich für immer unmöglich. In Ruhe und Frieden, jeder seinen Sitten und Gebräuchen, seinem Glauben und seinen Traditionen, soweit sie nicht in das Gebiet des Nächsten hinübergreifen, ungestört nachgehend, werden bald „die Leute" in Bosnien und der Herzegowina das Bild vollentwickelter Volkskraft weisen, wird das „Land" weisen ein Bild rascher gedeihlicher Entwicklung der reichen Gottesgabcn. Marksteine in der älteren Geschichte Wosnicns nnd der Kerzegoivina. . Mehr noch als irgend eine andere Gegend Europa's ist der Boden der „goldenen Bosna" — deren Name urkundlich erst im neunten Jahrhunderte unserer Zeitrechnung auftritt — und jener des alten Zachlumien — seit dem fünfzehnten Jahrhundert Herzegowina genannt — mit Rücksicht auf die Kenntniß der frühesten Geschichtsereignisse, welche sich darauf abgespielt, in ein undurchdringliches Dunkel gehüllt. Erst durch die Geschichtschreiber der weltumfassenden Roma erhalten wir Nachrichten auch von diesen Gegenden im Südosten unseres Welttheils. Wir hören, daß hier vor Ankunft der Römer ein uralter slavischer Volksstamm der Illyrier saß, welches weitausgebreitete Volk ein großes Reich, Groß-Jllyrien (Ill/rioum ma^num), inne hatte, dessen Theile eben die heute Bosnien und Herzegowina genannten Länder bildeten. Das war im letzten Jahrtausend vor Christi Geburt. Philipp II. von Maccdonien, dem das große illyrische Reich von der Adria bis zum ägäischen Meere für sein Reich gefahrdrohend erschien, riß Jllyrien in zwei Theile, den einen südlichen zu Macedonien schlagend. Jllyrische Truppen waren es, welche später Alex ande.r dem Großen auf seinen Siegesfahrten in Asien durch ihren todvcrachtenden Heldenmuth die Gründung seines Weltreiches ermöglichten. Wie noch heute ihre Nachkommen, die Bosnier und Herzegowzen, gingen diese alten Illyrier leichtfüßig und behende in den Kampf und Weihten sich unerschrocken dem Tode. Unter der illyrischcn Königird Deuta — deren Lebensschicksale in unsern Tagen der croatische Dichter Dimitrije Demeter „auf die Bühne" brachte — bildete sich das illyrische Seeräuberwesen heraus, welches den Römern den erwünschtesten Anlaß bot, auch hier mit einem Heere zu erscheinen, nachdem ein römischer Abgesandter meuchlings ermordet worden war. Jllyricn ward zwar vorläufig Rom nur zinspflichtig, ging aber bald darauf unter seinem letzten Könige Genthios ganz in römischen Besitz über (168 v. Chr.). Ganz? — Doch nein! Nur die Küsten und der westliche leichter zugängliche Theil des heutigen Bosnien kamen rasch in die Gewalt der Römer; die „rauhen Felsensteige" der Herzegowina und Montenegros blieben ihnen noch fremd, denn der Freistaat der Dalmater, die sich hier in der Gebirgs-wildniß verschanzten, wehrte verzweifelt dem Andrängen der Fremdlinge. Durchwegs römisch wurden diese Lande erst nach dem Sturze Salona's im Jahre 78 v. Chr. Von da ab gehörten die beiden heutigen Länder Bosnien und die Herzegowina mehrere Jahrhunderte hindurch zum römischen Weltreiche. Wie überall, wohin das große Culturvolk vom Tiberstrande seinen Fuß gesetzt, so hat es auch hier belebend und fördernd gewirkt, auch hier hat es Städte gegründet, Straßen gebaut, den Handel angebahnt. Wie meistenorts verfielen aber mit dem Falle der Römer-Herrschaft auch hier die Anfänge der Cultur und die wüsten Kämpfe in der schrecklichen Zeit der Völkerwanderung tobten hier gar fürchterlich. Gothen und Avaren verheerten, was der emsige Römer geschaffen. Als sich die Wogen der Völkerwanderung einigermaßen gelegt hatten, da erschien zu den Resten der illyrischfflavischen Bevölkerung in Bosnien und der Herzegowina ein durch die Bulgaren in Thrazien vertriebener slavischer Volksstamm, der sich „Bosser" nannte und das Land Bosna (Bosnien). Das war um das Ende des 6. Jahrhunderts nach Christi Geburt. Aber „Illyrier" und „Bosser" sollten nicht lange Alleinherren bleiben. Bald zog ein croatisches Kriegsherr nach Bosnien und rasch darauf ein serbisches, sie theilten sich in die Beute, ersteres nahm den westlichen, letzteres den östlichen Theil. Illyrier und Bosser flüchteten sich aber nach ihrer oftbewährten Kriegsübung in die höher gelegenen Gebirge, auf die „steilen Felsensteige", wo sie sich in ursprünglicher Kraft ungebrochen bis in die fernsten Zeiten erhalten konnten! Ueber 700 Jahre währte die „nationale Herrschaft" und es regierte der „Banus" das Land auf Grund einer eigenthümlichen Verfassung. Es waren vorerst die „Tage" von Großcroatien und der Ban von Bosnien war einer der sieben Bane, die als Wähler (Kurfürsten) den König von Croatien zu wählen hatten. Der vielgefeierte croatische König Zvonimir — der heute gleich der Teuta mit dem ganzen Gepränge unseres jetzigen Theaterwesens, das noch gehoben ist durch die Pracht nationaler Gewandung, über die „Bretter" schreitet, welche die (südslavischc) „Welt bedeuten", — der König Zvonimir, er fand, wie uns die Chronik des bosnischen Minoriten Tomasiö (aus dem 16. Jahrhundert) erzählt, seinen Tod durch die „Slowenzen und Bosniaken". Der König hatte seine Untergebenen (Rcgnicolaren) zu einem Kreuzzuge gegen die „Ungläubigen", die Türken, aufgefordert, um das Hl. Grab aus deren Gewalt zu befreien; die „Slowenzen" und Bosniaken aber meinten, ihrer Weiber und Kinder gedenkend: „Was macht dieser König? Nie werden wirm ehr uns er Vaterland, nie mehr unsere Angehörigen sehen, wozu überredet er uns, das Mcer zu übersetzen? — Und sie steckten sich hinter den Secretär des Königs und hinter einen andern Sklaven, daß sie ihn ermorden mögen. Und diese beide ermordeten den König Zvonimir (20. April 1057) auf dem Felde Petrovopolje, knapp an der Kirche der Hl. Cäcilia. Nach dem Aussterben der nationalen Könige Kroatiens wurde König Colomanvon Ungarn im Jahre 1102 als König von Kroatien, Dalmatien und Slavonien gekrönt; die Krönung erfolgte in Biograd (2ara vooallia). In Zara erbaute man eine Festung für die ungarische Besatzung und Spalato brachte zu gleichem Zwecke den östlichen Theil seines diocletianischen Palastes zum Opfer. Nach Coloman's Tode gab es langwierige und wechselvolle Kämpfe zwischen Ungarn und Venedig um den Besitz der Ostküste der blauen Adria. Die Ungarkönige führten, wenn auch augenblicklich aus den Gebieten der westlichen Südslaven verdrängt, fort und fort die Besitztitel; so nannten sie sich nach der Hauptstadt des Na-rentagebietes: Chlumae Duces und der blinde Bela II. nannte sich 1138 „König von Rama", wie damals Bosnien geheißen wurde, welchen Titel bekanntlich Se. Majestät Kaiser Franz Josef I. noch heute als „König von Ungarn" führt! Bis in die Mitte des 14 Jahrhunderts wurden Bosnien und die Herzegowina von nationalen „Banen" regiert und lebt noch heute im Volke lebhaft die Tradition an das „goldene Zeitalter" der Bane Boriä (1141—1168) und Kulin (1168 bis 1204). Namentlich war es Ban Kulin, dessen Regicrungs-tage mit goldenen Buchstaben noch heute auf dem Markstein der Geschichte verzeichnet sind. Kulin suchte das Land in geistiger und wirtschaftlicher Beziehung zu heben. Unter ihm kamen versprengte Waldenser (Patarener) nach Da« befreite Bosnien. 3 Bosnien, wo sie sich Bogomilen, die „Gottliebcn", nannten. Diese Bogomilen eiferten gegen den Reichthum und die Macht der Geistlichkeit, sie predigten Gleichheit und Brüderlichkeit und trugen eine Einfachheit der Sitten zur Schau, welche ihnen namentlich unter der armen Bevölkerung der bosnischen Waldgcbiete rasch einen großen Anhang verschaffte. Aber nicht nur durch das Protectorat über diese Socialisten des 12. Jahrhunderts, deren Mitglied er selbst gewesen, hat sich Ban Kulin einen dauernden Namen in der Erinnerung seines Volkes erworben, er hat sich diesen auch durch die Hebung von Handel und Gewerbe gesichert. In erster Linie waren es die reichen Schätze in den Eingeweiden der „goldenen Bosna", deren Antagbringung er mächtig förderte. Ban Kulin ertheilte nämlich den Ragn sauern das Privilegium die Silber- und Eise nerze aus den Gebirgen um Sarajevo und aus der Jagodina-Planina zu schmelzen und zur Vertheidigung dieses Bergbaues legte er das Schloß Dubrow-nik au (heute eine Burgruine am Abhange des NaboLiö-Gebirges). Der spätere Einfall der Türken vernichtete diese Bergbau-Anlage. Die echte Staatskunst und die glücklichen Waffen des Ungarkönigs Ludwig, der Dalmatien ans den Klauen des „Löwen von San Marco", der Venetianer, befreite, und von dem gestützt der Ban Stephan IV. von Bosnien die unter den Nachfolgern Kuliu's an Serbien verloren gegangenen Haupttheile Bosniens wieder erobert hatte, ließen denn auch für Bosnien wieder eine neue Aera beginnen. Ban Stephan IV. erlebte es aber nicht mehr, daß s ci ne Tochter die Gemalin L u d w i g' s wurde, mit dem sie als Kind bei seiner Mutter aufgewachsen war — der Tod ereilte ihn (1357), als er die Reise zur Hochzeitsfeier antrete» wollte — und da er keinen Sohn hinterließ, so gelangte die Nachfolge in der Banuswürde und in der Regierung von Bosnien an seinen Brudersohn Stephan Tvrdko I. Mit diesem beginnt eine Reihe eigener bosnischer Könige (von 1370—1463). Tvrdko I. „zählte zwanzig Jahre kaum", da er die Regierung Bosniens als Banns halte antreten müssen; seine Mutter Helena half ihm die Lasten der Geschäfte tragen. Die hochmüthigen Edlen des Landes schämten sich jedoch, einem Jünglinge und einem Weibe zu gehorchen. Paul Kl »sie, ein Verwandter, der stärkste, hochmüthigste und größte seiner Neider, stellte sich an die Spitze der Unzufriedenen. Tvrdko aber, so jung er war, entbehrte nicht des entschlossenen Muthes, seine Gegner rechtzeitig zu fassen; er überfiel Klusiö in seinem Schlosse, wo eben eine geheime Versammlung der Verschworenen stattfand und nahm ihn gefangen. In gleicher Weise vereitelte er einen weiteren Anschlag seines Bruders Wuk, der gegen ihn ein großes Heer von zusammengerafftem müssigen Volke umliegender Länder aufgebracht und ihn beim Papste verklagt hatte, daß er die Bogomilen dulde und schütze! Tvrdko, der einen festen Sinn und eine große Thatkraft besaß, beseitigte alle sich seiner Regentschaft entgegenstellenden Hindernisse und schritt unverwandten Blickes auf sein großes Ziel, auf die Königswttrde zu. DerKönig Ludwig von Ungarn billigte sein Begehren, weil sich Tvrdko zu der ferneren Anerkennung der ungarischen Oberhoheit verpflichtet halte. Was nur an Pracht und Glanz erdacht und gefunden werden konnte, mußte zu der Krönungs feierlich! eit aufgeboten werden; ein halbes Jahr währten die Vorbereitungen. Endlich ging die Reise vor sich in Begleitung des gesammten Adels und von vier Abgeordneten aus jeder hervorragenden Stadt nach dem griechisch-orientalischen Kloster MiloSevo, wo der Erzbischof (Metropolit) den Stephan Tvrdko den I. als König von Ra seien, Bosnien und Primorien krönte. Damals war Milo 8 evo ein bedeutender Ort, heute ist es ein kleines Dorf (zwei Stunden östlich von Priepolje). Das von dem serbischen Volke hochgehaltene Kloster und zugleich dessen liebster Wallfahrtsort barg einst den Leichnam des heiliggesprochenen serbischen Schutzheiligen, des Erzbischofs Sava, welchen Leichnam der unmenschliche türkische Pascha Sinan im Jahre 1595 verbrennen ließ, gleichwie derselbe Tyrann auch die Verwüstung anderer dort bewahrt gewesener Reliquien anordnete. König Stephan Tvrdko I. regierte Bosnien in der friedfertigsten Weise und gründete mehrere Mönchsklöster, darunter auch dasaltberühmtc Franziskaner kloster Sutiska, das er seinem Schutzheiligen, dem Hl. Gregor, weihte und wo er (f 1391) auch seine Ruhestätte fand.*) Bosnien blühte unter Tvrdko I. in jeder Beziehung und es gelang diesem trefflichen Fürsten, welcher mit 20000 Bosniern und Kroaten die unglückliche Schlacht auf dem Amselfelde 1389 mit den Serben gegen die Türken mitgekämpft, aber seine Hilfstruppe noch rechtzeitig in Sicherheit gebracht hatte, für die erste Zeit die sich über Serbien sturmfluthartig ergießende Macht der Osmanen von Bosnien abzuhalten ! Bosnien genoß noch ein Paar Jahre bis zu Tvrdko's Tode (1391) der vollsten Ruhe. Leider währte dieser Zustand nicht lange. *) Außer Tvrdko I. liegen hier auch mehrere andere bosnische Könige u. a. auch der Erbauer der Kirche König ToMaS. Die königlichen Grabdenkmäler befinden sich durch Inschriften bezeichnet in einer Seitenkapelle. Wiederholt von den Türken zerstört, ward das Kloster 1554 wieder aufgebaut und im Jahre 1820 von Grund auf ausgebessert. In Sutiska stand zur Zeit der bosnischen Dynastie ein königliches Schloß, in welchem viele alte Urkunden (Diplome, Privilegien u, s. w.) ausgestellt wurden. Einerseits fortwährende größere und kleinere einheimische Aufstände unter den nachfolgenden Königen, die mehr weniger die Oberhoheit der ungarischen Könige anerkannten und auch feierlich verbrieften, anderseits die nun bald steten Kämpfe mit den das Gebiet von Bosnien unablässig angreifenden Türken ließen die Länder Bosnien und Zachlumien (Herzegowina) lange nicht zu Athem kommen und verhinderten eine naturgemäße allmälige Entwickelung des wirthschaftlichen und geistigen Lebens dieser von Natur so reichlich bedachten Gebiete. Die Wirren im Innern erreichten ihren Gipfelpunkt, als 1413 drei Gegenkönige das Land beherrschten: Ostoja (41424), Ostojiä (f 1435) und Tvrdko II. (f 1443). Weitere Thronstreitigkeiten machten es dem Sultan der Türken leicht sich in die Angelegenheiten Bosniens zu mengen, ja Sultan Mohamed II. wurde nach Erwürgung des Königs TomaZ durch seinen Halbruder Radivoj und seinen natürlichen Sohn Stephan von der Königin-Witwe Katharina geradezu ins Land gerufen, das der Türke nun (1462) mit Feuer und Schwert verheerte. Darauf ruft Stephan sein Volk zu den Waffen und schließt sich in seine Burgen ein; aber Bobovac fällt durch Verrath, Iajce leistet keinen Widerstand. Da flieht Stephan nach KljuL*). Der Sultan bietet ihm einen Vertrag an und Stephan übergibt KljnL. Der hinterlistige Türke aber benützt den Vertrag, um Bosnien ganz in seine Gewalt zu bringen; er läßt sich durch seinen Mufti von der Zusage, dem Stephan das Leben und einen Theil seines Landes zu lassen, entbinden und hält am 30. Juni 1463 über alle, welche nicht den *) Aus dieser Gegend stammen die nach der Licca ausgewanderten Mitglieder der Familie Philippovi6, die Voreltern Sr. Exe. des FZM. Josef Freih. v. Philippoviö und seines Bruders Sr. Exe. FZM Franz Freih. v. Philippoviä, Commandirenden in Agram. christlichen Glauben abschwören wollen, ans der Hochebene von Bilaj ein blutiges Gericht. Da gingen an einem Tage elendiglich zu Grunde: der KönigStephan TomaSeviä — es heißt, der Sultan habe ihm mit eigener Hand den Kopf abgehauen — dessen Oheim Ravivoj, viele Fürsten und Feldherren, die Blüthe des bosnischen Adels. 30000 Knaben ließ der Sultan unter die JaniLaren stecken, 200000 Einwohner, Männer, Weiber, und Kinder, in die Sklaverei hinwegschleppen. Die Edelleute Sokoloviö und Zlataroviö, welche die Ersten die türkische Religion, den Islam, angenommen hatten, legten 1465 den Grund zu der heutigen Stadt Sarajevo — zwei Stunden östlich von der 1235 an der Bosnaquelle erbauten Stadt Bosna. Der erste (türkische) Vezier Bosniens Kosrev Pascha baute um dieselbe Zeit ans den Höhen, wo gegenwärtig die sogenannte Festung steht, ein Schloß (Saraj) und die um dasselbe nach und nach entstehende Stadt wurde Bosna-Saraj oder Sarajevo genannt. Die Einwohner der alten Stadt Bosna übersiedelten nach Bosna-Saraj, welche nun die Hauptstadt des Landes und der Knotenpunkt des Handels wurde. Noch jetzt findet man an der Bosnaquelle Spuren von dem ehe-maligen Orte (Vrh-Bosna), unter andern die Grundmauern der Kirche des Hl. Blasius. Einige mit eingehauenen bildlichen Darstellungen versehene Steinplatten sind gegenwärtig in das Geländer der Bosnabrücke eingefügt. Die seit der unglücklichen Schlacht am Amselfelde stetig gewordenen Einfälle der Türken — 1398 erschienen sie zum ersten Male in Bosnien und zwar in Jajce — brachten es mit sich, daß die Bewohner von Bosnien und mehr noch die von Zachlnmien (Herzegowina) und ihre Führer sich nicht nur allein einerseits naturgemäß enger und immer enger an die Könige von Ungar» anschlossen, sondern daß anderseits ihr Auge sich auch auf die römisch-deutschen Kaiser aus dem erlauchten Hause Habsburg um Hilfe wenden mußte. So kam es, daß Stephan Kozaca, der Vojvode von Zachlumicn (Hum), als er „Herzog" werden wollte, sich (1440) von Kaiser Friedrich III. das Wächteramt am Grabe des Hl. Sava mit dem Titel eines „Herzogs des heiligen römischen Reiches" erwarb. Das Land Zachlumien hieß von nun an „Herzogthum vom heiligen Sava", woraus in Abkürzung und Umbildung der heutige halb deutsche, halb slavische Name: Herzegowina entstand. Aber diese Selbständigkeit des „Herzogthums vom heiligen Sava" währte nicht lange; sie ging bald nach dem Falle Bosniens gleichfalls (1483) zu Ende. Der Türke war durch die Eroberung von Bosnien und der Herzegowina der unmittelbare Nachbar von Ungarn und vom heiligen römischen Reiche deutscher Nation geworden und es begann nun jener mit wechselvollem Glücke durch Jahrhunderte geführte Riesenkampf der Staaten des Westens, der Stätten der Bildung und Gesittung, gegen die unablässig heraufdrängenden rohen, türkischen Horden! Es würde natürlich hier zu weit führen und läge außer dem Rahmen meiner Schrift, wollte ich an dieser Stelle eingehend davon sprechen, was Ungarn und was das „römisch deutsche Reich", was dessen östlichster Theil, was die alte Ostmark Oesterreich und in dieser wieder, was Krain, Steiermark und Kärnten sammt den Küstenlanden in der ununterbrochenen heldenmüthigen Abwehr der Türken und deren möglichsten Zurückdrängung aus Bosnien von der Mitte des 15. bis an das Ende des 17. Jahrhunderts und dann wieder im 18- Jahrhunderte im Sinne der Bildung und Gesittung des Westens geleistet haben! „Das Hinausdrängen der Türken ans Europa" — sagt Freih. von Heifert in seiner meisterhaften Schrift*) — „und *) Bosnisches von Freiherrn von Helfert, Wien lMnnz) p. 43 ff. die Wiedergewinnung der Länder, die einst zur St. Stephans-Krone gehört, haben seit der Mohaczer Schlacht die Fürsten aus dem Hause Oesterreich nie aus den Augen verloren. In dem Jnaugural-Eide der Könige von Ungarn, in den Reichs-fahnen und Wappen, die bei der Krönung vorangetragen werden, ist die „Recuperation der Avulsen" nie in Vergessenheit gerathen." Wiederholt tauchte der Plan, die Türken aus Europa zu verjage», in Deutschland auf. Der erste, der ihn verfolgte, war der „letzte Ritter" Maximilian I. und er legte 151? dem „Rcichsrathe" (Generallandtage) der fünf niederösterreichischen Lande zu Wels einen wohlausgearbeiteten Entwurf zum vereinigten Angriffe der europäischen Mächte auf die Türkei vor. Es war ein dreijähriger Feldzug in Aussicht genommen. Im Jahre 151.8 sollte derselbe in Afrika und Ungarn begonnen werden. Dort sollten der Kaiser und der König von Portugal mit der deutschen Nation und der französischen Flotte sich bemühen, die afrikanischen Könige von der türkischen Herrschaft zu befreien und dann zur Hilfe gegen die Türken zu bewegen. In Ungarn sollte der König von Polen mit den Ungarn, Böhmen, Mährern, Schlesiern, Niederösterreichern, Baiern u. s. w. im Vereine mit den Tartaren, Moldauern, und Walachen gegen „Smedern nud Khilien" ziehen, dieselben erobern, befestigen und im kommenden Jahre (1519) zu den Franzosen in Bosnien stoßen. Im Jahre 1519 sollten der König von England, Dänemark, der Hoch- und Deutschmeister von Preußen in eigener Person mit Hilfe der Moscoviter „so Pogner (Bogenschützen) und zu Schiff gut sein", den Türken die Hauptschlacht vor Algier liefern und den Nil erobern; zu ihnen sollte das afrikanische Heer stoßen. Der König von Frankreich sollte durch Friaul auf Bosnien ziehen, zu ihm, wie gesagt, der König von Polen mit seinem Heere stoßen, Adria-nopcl und Philippopel gewinnen, von dort aus Griechenland brandschatzen und von dieser Brandschatzung den Sold der Tar-taren und Walachen bestreiten, auch trachten, Negroponte oder einen andern Hafenplatz einzunehmen, damit im dritten Kriegsjahre das afrikanische Heer landen könne. In diesem dritten Jahre sollte nämlich das eben genannte Heer, nachdem es Afrika aus der Gewalt der Türken befreit, auf dem Meerwege zu dem französischen und Polnischen Heere stoßen, mit demselben vor Constantinopel ziehen und dieses, dann ganz Anatoli und die anderen türkischen Lande mit Hilfe des Königs von Persien einnehmen, und also den Türken den Garaus machen. Der König von Persien sollte halb Na-tulien, ganz Karamanien und Armenien erhalten und der Christenheit die andere Hälfte Anatoli's, ganz Egypten und Syrien lassen. Ueber die Theilung für die europäischen Mächte untereinander hätte vielleicht ein Congreß entschieden, möglich, daß Max an eine Wiederaufrichtung des „byzantinischen Kaiserthrones" für Deutschland beziehungsweise Oesterreich dachte! Sein „Reichsrath" aber, dem er den angeführten „Plan" zur Begutachtung vorgelegt, der Ausschußtag von Wels, erklärte sich sofort gegen jeden Angriffskrieg und es war — da Max bald darauf 1519 starb — weiter von diesem „Plane" vorläufig keine Rede mehr. Wie oft mochten später — da die Türken in Oesterreich verheerend wütheten — die „Abgeordneten" vom Welser „Ausschußtage", mehr aber noch die von ihnen damals so übel vertretenen „Königreiche und Länder" an Max und seinen „Plan" mit bitterem Schmerze und jene Ersteren Wohl auch vielleicht mit Reue gedacht haben?! An den Fürstenhöfen tauchte denn bei stets zunehmender Türkengefahr auch nach Maximilian dem Ersten wiederholt der Gedanke an die Versagung der Türken aus Europa auf. So unter Karl V. (1538), unter dem Czar Ivan (1557) — der dem Kaiser Ferdinand I. ein Kriegsbündniß „wider den türkischen Bluthund" antrug und 1629 nach der scheinbaren Be- eiidigung des großen deutschen Krieges, indem sich Maximilian von Baiern und der Wallcnstcin einigten, „alles ledige (freie) Kricgsvolk zur Befreiung der Griechen zu führen", welche Absicht jedoch an dem Erscheinen Gustav Adolph's diesseits des baltischen Meeres scheiterte. Spätere theilweise Aufnahmen des Planes durch Prinz Eugen und Kaiser Joseph II. will ich in den beiden folgenden Abschnitten ausführlich darlegen. Das Krvnland Oesterreichs, das durch den Anprall der Türken aus Bosnien die Zeiten über am meisten zu leiden hatte und deshalb sich aus dem Munde der Landesfürsten aus dem erlauchten Hause Habsburg wiederholt den Ehrenamcn „die Perle Oesterreichs" erwarb, dieses Land war meine Heimat Krain. Das Land Kra in, den „Vorstößen" der türkischen Pascha's aus Bosnien ununterbrochen ausgesetzt, glich vom Anfange des 15. bis zu Ende des 16. Jahrhunderts einem ständigen Feldlager gegen die Türken und sah den Erbfeind der Christenheit brennend, würgend, Alles vernichtend, fast Jahr um Jahr bis in die entferntesten Hochgebirgsthäler vordringen und Tausende und Tausende seiner Söhne und Töchter in die Sklaverei hinwegführen. Es ist das aber auch zugleich der glänzendste Zeitabschnitt der krainischen Landesgeschichte, was hohe Ruhmesthaten, was edlen Heldenmuth und selbstloseste Opferwilligkeit von Hoch und Nieder, von Greisen und Jünglingen, von Männern und Frauen betrifft, die stets alle nur eines Sinnes waren, des Hasses gegen die Türken und der glühendsten Begeisterung für Alles, was geeignet schien, diesen „Erbfeind" zu vernichten. Die schönsten, die erhabensten slovenischen Volkslieder — die der krainische Graf Anton Alex. Auersperg, der deutsche Dichter Anastasius Grün in meisterhafter Wiederdichtung dem deutschen Volke vermittelt hat — sie haben ihren Stoff aus der Zeit der Türkenkämpfe und das „Lied vom Herrn Räuber", es feiert in hochklingenden Siegestöuen die größte nationale That, die Schlacht von Sissek (1593 am Tage des Hl. Achatius), in welcher der krainische Held Andreas von Auersperg die glänzendste „Victory" über den Hass an Pascha von Bosnien erfochten hat. Wir kommen noch darauf zu sprechen. Das krainische Volkslied feiert aber neben den heimatlich nationalen Helden auch den Kralj MatjaS, den König Mathias Corvinus von Ungarn, den größten Helden gegen die Türken, welchen es gemeinsam mit den Liedern der süd-slavischen Brüder (der Serben und Kroaten) im Kreise seiner „schwarzen Legion" (Lorna vchska) in seiner Grotte im tiefen Ungarn heute noch lebend glaubt und an einem Tische sitzen sicht unter dem bei dem slavischen Volksthume so beliebten Lindenbaume! Mathias Corvinus war es auch, welcher, da der größere Theil von Bosnien und der Herzegowina von den Türken erobert und dann wieder insbesondere durch seine Thatkraft befreit war, den Emmerich Zapolha zum Ban ns von Bosnien (zusammen mit Kroatien und Dalmatien) ernannte und vom Papste das Zugeständnis) erhielt, daß die Einkünfte des Priorats von Vrana (in Dalmatien) dazu verwendet werden dürfen, die Ko st enderVertheidigungBos niens gegen die Türken mit zu bestreiten. Unter Sultan Bajazed II. (Ende des 15. Jahrhunderts), war, wie wir bereits gesehen haben, Bosnien ganz unter türkischer Botmäßigkeit gewesen. Doch die wackern christlichen Streiter Ungarns und Croatiens, an ihrer Spitze der ausgezeichnete Ban Johann Corvin von Dalmatien, Croatien und Slavonien, ließen die Muselmänner nicht zur Ruhe dieses Besitzes kommen und die allseitig glücklichen Angriffe Corvin's erregten unnennbaren Schrecken unter den türkischen Horden, was den Sultan auf die energischen Vorstellungen seines Veziers hin veranlaßte, selbst einen Waffenstillstand anzubieten, der zum „Frieden" führte. König W l a- dis laus II. von Ungarn wünschte den Frieden gleichfalls, weil die Venctianer, die steten Feinde Oesterreich-Ungarns und Vielverbündeten der Türkei, schon in Friedensverhandlungen mit den Pascha's standen, Papst Alexander gestorben und sein Nachfolger dem venetianischen Frieden beigetreten war. Es kam der Frieden von Ofen zu Stande 20. August 1503 unter folgenden für die Ungarn und das Land Bosnien gleich Vortheilhaften Bedingungen. Das Königreich Bosnien fiel den Ungarn wieder anheim, sodann die Festungen Belgrad, Senderov, Srebernik und 8abac mit allen dazu gehörigen wichtigen Punkten und festen Schlössern. Aber nicht lange währten die friedlichen Verhältnisse, neue Raubzüge der Türken nach Ungarn, nach Croatien, nach Krain, neue Kriege zwischen den Christen und ihrem „Erbfeinde", von diesem hervorgerufen, verwandelten namentlich die Herzegowina in ein stetes Feldlager, herüber und hinüber schwanken Siege und Niederlagen und wie zwischen zwei Mühlsteinen ward die „goldene Bosna" zerrieben und vernichtet. Es waren Jahrzehnte des Unheils und Schreckens. Da begann plötzlich ein neues Licht zu leuchten, das, von Deutschland ausgehend, allmälig auch die Ostmark erleuchtete, die Reformatio». Unserem slovenischen Volke in Krain, Steiermark, Kärnten und den Küstenlanden brachte diese neue Geistesbcwe-gung die ersten Anfänge der slovenischen Literatur. Die Reformatoren Trüber und Dalmatin übersetzten die Hl. Schriften in ihre sloveuischc Muttersprache, deren Laute nun zum ersten Mal in der Schrift festgehalten und durch den Druck verbreitet wurden. Die so außerordentlich günstigen Erfolge mit den Ueber-setzungen der Bibel, der Psalter u. s. w. ins Slovenische und dann in das Croatische brachten die Uebersetzer auf die Idee, die christliche Lehre Luther's noch weiter nachdem Südosten zu den slavischen Brüdern in der Türkei zu verbreiten und mit derselben die Wohlthaten der Bildung und Gesittung, ohne daß dadurch die nationale Eigenthümlichkeit derselben gelitten hätte. Trüber, der in Württemberg in der Verbannung lebte und der dahin übersiedelte inuerösterreichische Cavalier Freiherr von Ungnad, der größte Förderer „des Windischen Bücherdruckes", sie verfolgten diese Idee mit aller Kraft. Es wurde keine Mühe und keine Anstrengung gespart, um die in kroatischer Sprache gedruckten Bücher in den türkischen Ländern, in Bosnien, Serbien und Bulgarien, in Umlauf zu setzen. Ja selbst dem „Koran" wollte man auf diese Weise den Garaus machen und Trüber schreibt an Kaiser Max II., man werde dadurch (durch die Uebersetzungen der Bibel) auch die Türken zur Erkenntniß ihrer Sünde bringen, daß sie daraus erkennen, „daß ihr Mahomctischer Glaube ein falsch erpichter Glaube sei". Bei so weitaussehenden Zielen freut sich der Laibacher Protestant Mathias Khlombner (1561) gar sehr über den erfreulichen Fortgang des slavischen Bücherdrucks und den nicht minder erfreulichen Fortgang der Religion. Er schreibt an Ungnad zum Verkaufe der Bücher: „Die peste Versilberung wird sein auf Venedig. Dahin khumbt aus gantz Griechenland, Morea, Rogus, Dalmatien, Constantinopel und ander viel Volks; denn es hat der Orten viel Städt und eine zim bliche ciuilische Mannschaft, die ein guter Zunter (Zünder!) sein werden in ganzer Türkhey. An unserm Theil auf Wossen (Bosnien) ist es noch gfroren (geht es noch nicht), aber wird auch gmachs entleimt (gemach thauen — Fortschritt machen). Euer Gnaden werden die Frag ohn Zweiffel auf Moschkowit (nach Rußland) auch gehen lassen." Man sieht, schon wnrde auch das große rnssischeReich zu gleichem Zwecke ins Auge gefaßt; ein „Panslavist" würde offenbar der gute Herr Mathias Khlombner heute von der und jener Seite genannt werden. Daß es sich auch in Bosnien „allgemach entkeimte", dafür haben wir den sprechendsten Beweis in der Thatsache, daß uns schon 1563 ein gebürtiger Bosnier als Anhänger der lutherischen Lehre und als Schrift- und Sprachkenner entgegentritt. Nicolaus DrinovaLki, gebürtig ans Bosnien, stellt nämlich 1563 ein Zengniß darüber aus, daß die kroatische Bibelübersetzung sprachlich richtig und allen Crabaten — worunter eranch seine Bo^snier begriff — wohl verständlich sei. Wenngleich große Hindernisse einer raschen und einflußreichen Verbreitung dieses Bildungsmittels, der evangelischen Schriften, sich auf diesem südslavischen Boden des türkischen Reiches entgegenstellten, so wäre schließlich ganz sicher ein günstiger Erfolg nicht ausgeblieben, wenn nicht einerseits die Gegenreformation in Krain und anderseits die politischen Verhältnisse, welche eine kräftige Abwehr der stets neu und mit verstärkter Kraft anstürmenden Türken erforderten, die ersten Versuche, die Freiheit der Religion und die Anfänge der Gesittung nach diesen Landen zu tragen, zunichte gemacht hätten. Nur Kämpfe, blutige Kämpfe sollte der unglückliche Boden Bosniens auch fürder schauen! Die „Uskoken" (Ucberläufer) aus Bosnien, welche wie nach Dalmatien sich unter Ferdinand I. (1532) ans den Sklavenkctten der Türken auch nach Krain hinüber geflüchtet, erhielten auch jetzt noch immer neue Zuzüge. Sie dienten unserem wol eingerichteten krainischenNatio-nalheere (den sog. „ständischen Gültpferdcn" und dem „Aufgebote des gemeinen Mannes") wenn es unter seinen „fürtreff-lichcn" Führern der Auerspergen — aus welch altberühmtem Geschlechte der Held und Staatsmann Herbard VIII. von Auersperg*) 1575 bei Budaski (in Croatien) den Heldentod fand — den Apfaltern, Lambergcrn, Thurn, Kazianer u. A., die im Buche der Geschichte als „Jllyrische Grenzhelden" Prangen, „Züge in die Türkei" unternahm, als willige und ortskundige Führer. Heute gehört der Wohnsitz der „Uskvken", der District Sichelburg (ehemals krainisches Gebiet), zur Krone Ungarn. Die vielfachen Einfälle, die von den grausamsten Greuelthaten begleiteten „Türkenvisiten", von denen die Einnahme der in Unterkrain bei den „weißen Kramern" gelegenen Stadt Möttling die grausamste war — die Türken jchlngen allen Rathsherren die Köpfe ab und trugen die Rümpfe zurück in den Rathssaal und setzten sic ans die Rathsstühle, h öhnend, sic s ollten nun kopf-los das Wohl der Stadt weiter berathen — all die durch zwei Jahrhunderte angesammelte Schmach und Unbill rächte Krains Nationalheer im Vereine mit dem Steiermarks und Kärntens mit de» Croaten und den Reichshilfstruppcn in der entscheidenden siegreichen Schlacht von Sissek 1593, in welcher der Hassan Pascha von Bosnien und sechs seiner Begs das Leben lassen mußten und 8000 Türken zusammengehauen wurden oder ertranken. Tagelang waren die Fluthen der Save von dem Blute der Erschlagenen Freund und Feind geröthet; es war ein entscheidender Sieg, den die Waffen der Christen über den Erbfeind errungen und er bildet insoferne einen Hauptmarkstein wie in der Geschichte Krains, so auch in der Geschichte Bosniens, als von da au die übermüthigen und grausamen Raubzüge der bosnischen Türken und der von ihnen gegen die Christenbrüder mitgezerrtcn bosnischen Christen auf das zunächst gelegene krainische Gebiet für lange Zeit hin unterblieben! *) Siehe über ihn mein Werk: Herbard VII7. v. Auersperg. Wien t?62 (W. Braumiillcr). Die „nationale" That des krainischen Heeres, der herrliche Sieg von Sissek, er lebt noch heute im Munde des slavonischen Volkes frisch fort und im Dome zu Laibach und in der Achatius-Kapelle bei Stammschloß Auersperg wird die Erinnerung an diesen großen Tag (22. Juni) durch ein Hl. Meßopfer gefeiert, bei dem die celebrirenden Priester in Meßgewänder gekleidet sind, die man aus des Hassan Pascha im Zelte zurückgelassenen reichgesticktem Mantel gefertigt hat. Im krainischen Landesmuseum in Laibach prangt die Fahne mit dem Christusbilde, unte'' deren Devise: „In Iioe signo vin-eas" (In diesem Zeichen wirst Du siegen), Andreas von Auersperg das krainische Heer zu solch glänzendem Siege geführt hat! Und noch ein Jahrhundert später war der Nachklang des „Tages von Sissek" ein so mächtiger, daß der berühmte Abraham a St. Clara in seiner „redlichen Red für die krainerische Nation" nach Aufzählung der reichen Naturwunder Krains auch des wunderbaren Sieges der Krainer bei Sissek gedenkt und dabei den Helden Auersperg, der mit nur 4000 Kraincrn den 50.000 Türken des Hassan-Pascha entgegen gegangen sei in seiner wortspielreichen Sprachweise anruft: „Aber mein Auersperg soll das nicht ein Hassart (Hazardspiel) sein wider den Hassan? Das nicht! — sagt der Prediger — Volk und Führer vertrauten fest auf den Hl. Märtyrer Achatins, der Kram — Wunder über Wunder — nach der Länge und Breite als eine starke Mauer von purem kostbaren Achat umgibt!" Der Türke, der solange den Durchbruch nach dem Norden Europa's durch Krain, dann Steiermark, Kärnten, ja auf Zügen bis ins Salzburgische versucht hatte, er wandte, nun wieder mehr und mehr seine Aufmerksamkeit auf Ungarn; dem Laufe der Donau entgegen strebte er wieder nach Wien! Aber wieder — wie 1529, welche erste Türkenbelagerung Wiens ein Krainer, der Kriegssccretär Peter Stern „von La- bach" so schön beschrieben und b^i vvTcn Einsätze Herr Hans von Auersperg Kaiser MaE Jugcndtzespiele und Freund als Held sein Leben gelassen — ward bei seinem zweiten Erscheinen vor Wien 1683 der Türk^in -verzweifelter Abwehr zurückgewiesen von der Residenz des rö mlschA,,c uts chenKajfcrs. Durch die vereinte Kraft der heldenhafim Kricgs-meister Oesterreichs: eines Starhemberg, Kollonitsch, des H e rz o g s v o n L o th r in g en, des Polen Sobieski, des nachherigen FM. Lord Franz Ta affe n. a., der kaiserlichen Truppen und der Bürger Wiens wie nicht minder durch die beispiellose Opferwilligkeit eines der mächtigsten Cavaliere des Reiches, des Fürsten Ferdinand Schwarzenberg, der eine halbe Million zu Kriegszwecken opferte, so daß es zur Zeit sprichwörtlich war: er habe Wien ebenso durch Gold erhalten als Star Hemberg durch Eisen, durch die vereinte Kraft aller, welche die weittragende Bedeutung des Augenblickes erkannt hatten, ward der Türke unter ungeheuren Verlusten zur Aufgabe auch dieser zweiten Belagerung Wiens gezwungen. Diese schreckliche Niederlage der Moslim Angesichts des altehrwürdigen Stephansthurmes machte den Weg in die seit mehr als anderthalb Jahrhunderten von dem Halbmond beherrschten ungarisch-serbischen Gebiete frei. Nach dem Falle von Belgrad (1688) lagen Serbien, Bosnien, Albanien vor den kaiserlichen Feldherrn offen, und freudig jubelten die geknechteten Länder ihren Befreiern entgegen. Mit Begeisterung schlossen sich die wehrhaften Männer an die kaiserlichen Truppen, welche der Markgraf von Baden, Veteran i und Fürst Piccolomini siegreich vorführten. Alles Land von der Save bis Banjaluka wurde besetzt, der SanLak-Beg von Zwornik bei Tuzla geschlagen, ein anderes türkisches Heer bei Kostajnica vom Banus DraskoviL fast vernichtet 1689. Piccolomini gewann den griech. - oricnt. Patriarchen von Das befreite Bosnien. 4 Pe6 (türk. Jpek) für die Auswanderung seiner „Serben" nach Oesterreich und cs verließen 1689 und 1690 bei 40000 raizische Familien ihre Heimat und kamen nach PoLega, Syr- ^ mien, in die BaLka, in das TemeSer Banat, einige erhielten ' sogar Wohnsitze um Ofen und Komorn. Von Seiten des kaiserlichen Hofes wurde — wie Helfert betont — die südslavische Einwanderung in jeder Weise begünstigt, aber auch in den von den kaiserlichen Truppen besetzten auswärtigen Gebieten sollte den Christen („der Rajah") aufgeholfen werden. Ein Aufruf Kaiser Leopold I. vom 6. April 1690 an alle Völker von Jllyrien, Serbien, Albanien, Macedonien und Bulgarien verhieß denselben freie Religionsübung, Eigenwahl ihrer Voj-voden, Wahrung ihrer Rechte und Privilegien, ein kaiserlicher Erlaß empfahl den Generalen Mäßigung gegenüber den neuen Unterthanen. Leider aber machte Piccolomini's Nachfolger, der Herzog von Holstein, das „deutsche Regiment" in dem neuen Lande so verhaßt, daß die Bewohner dem heranziehenden Mu-stapha Köprili wie einem Befreier in Massen zuströmten und ihm in der Vertreibung der Kaiserlichen mithalfen. Doch schon das Jahr darauf 1691 erfocht der Markgraf von Baden wieder einen glänzenden Sieg gegen die Türken bei Slankamen, welchem 1697 die geschichtlich denkwürdige Entscheidungsschlacht bei Zenta durch den Prinzen „En gen io von Savoy" folgte. Im Anschlüsse an diesen seinen Feldhcrrnruhm so recht eigentlich begründenden Sieg unternahm der kleine Abb<; seinen „Zug nach Bosnien", wovon im nächsten Abschnitte ausführlich gehandelt wird. In den weiter gefolgten Kriegen der „Kaiserlichen" mit den Türken, welche Kämpfe nicht immer für die christlichen Waffen günstig waren, gab der „Erbfeind" dem Kaiser alsKönige von Ungarn im Karlowitzer Frieden (1699) Bosnien bis zur Tuzla zurück, doch ging diese Rückerwerbung, wie auch die Ausdehnung an dem ganzen bosnischen Ufer der Save, gewonnen ini Passarowitzer Frieden (1718), wieder verloren im Frieden von Belgrad (1739). Ueber das Benehmen der österreichischen Bevollmächtigten beim Abschluß dieses letztgenannten Friedens, wo es zweierlei Entwürfe des Friedensvertrages gab, den einen, den der Kaiser an den Bevollmächtigten Herrn von Villeneuve nach Constan-tinopel abgeschickt hatte und in dem von der Abtretung des bosnischen Save-Ufers kein Wort stand, und einen andern zweiten, der zur Thatsache ward und alles preisgab, fragt ein freisinniger zeitgenössischer Schriftsteller: Warum? „Man würde doch nicht sagen können, daß die Herren Bevollmächtigten keine Kenntniß des vorhergehenden Vertrages gehabt haben." „Die Zobelpelze, mit denen die Großveziere nie so freigebig sind, und die p rachtig angeschirrten Pferde, welchediese Herren gleich nach dem Vertrage zum Geschenke erhielten, mögen doch keine Zeichen der Undankbarkeit gewesen sein." In der That gab auch der Kaiser über die Aufführung der Bevollmächtigten seinen äußersten Zorn zu erkennen und beschuldigte sie der untreuen Verwaltung ihres Vertrauenspostens, sie wurden verhaftet und nach den Festungen Raab und Sigeth gebracht. Bei jedem der genannten Friedensverträge und bei den spätern Unterhandlungen wegen der türkischen Verhältnisse stritt man sich um die Grenzlinie zwischen Bosnien und Croatien. Die Türken suchten immer weiter um sich zu greifen und waren für Zugeständnisse nie zu haben. Die unvergeßliche Kaiserin-Königin Maria Theresia schreibt (1772): „Auf Serbien und Bosnien können wir nicht anders hoffen, als indem wir sie mit Gewalt den Türken abnehmen." Und der „große Franzose" Voltaire empfiehlt im selben Jahre seinem Freunde, dem „großen Preußenkönige" Friedrich II-, er möge doch mit seinen zwei Verbündeten die Theilung der Türkei vornehmen. Er schreibt an den „alten Fritz" aus Ferney 18. November 1772 wie folgt: „Weil die Türken ein sehr gutes Getreide und gar keine schönen Künste haben, so möchte ich es gerne sehen, daß Sie mit ihren zwei Bundesgenossen die Türkei theilen. Das wäre vielleicht nicht so schwer und wäre genug schön, daß Sie damit Ihre glänzende Laufbahn abschließen könnten, denn so sehr ich ganz Schweizer bin, so wünschte ich doch nicht, daß Sie Frankreich nähmen."*) Im Jahre 1774 traf ein türkischer Gesandter in Wien ein. Kaiser Joseph schreibt darüber an seinen Bruder Leopold (8. Juni): „Die Ankunft des türkischen Gesandten beschäftigt die ganze Stadt; man rennet ihn zu sehen, die Frauenzimmer lassen sich ins Gesicht guckenundsch »reich elnvondenDien er nundKüchen-jungen seines Gefolges, ohne daran Anstoß zu nehmen. Für mich hat das Ganze, da ich als Zuseher die Sache betrachte, den Anschein einer Comödie."*) Die auswärtigen Kriege, welche während der erwähnten Grenzstreitigkeiten Oesterreich und Deutschland beschäftigten, hemmten dieKaiserund Könige von Ungarn in ihr e n diesbezüglichen nachdrücklichen und gerechten Forderungen, „daher" — sagt ein zeitgenössischer Historiker — „blieb auch der Streit *) Oorrssponäauee äs I?röääriv uvse Voltrurs HI. p. 225 (XXIII. Band der Oeuvres). *) Maria Theresia und Josef II. Ihre Correspondenz sammt Briefen Josef II. an seinen Bruder Leopold herausgegeben von Alfred Ritter von Arneth II. x. 36. besonders wegen des Bezirkes von Novi bis heute (1787) noch unentschieden." Aber schon ein Jahr später erschien Marschall Laudon mit seinem Heere in Bosnien (1788) und erwarb sich bald von den Türken den Beinamen: „deutscher Teufel". Laudon's Zug nach Bosnien wird gleichfalls in einem eigenen Abschnitte zur Behandlung kommen, da er gleich dem Zuge Eugens in der Erinnerung der Nachwelt frisch und ungetrübt fortlebt. Der Friede von Sistovo (179l) schuf erst Verhältnisse, welche den Angriffsabsichten der Türken auf Oesterreich-Ungarn durch Hingabe der 1878 nun wieder besetzten so hochwichtigen Jnselfestung Adakaleh die Spitze abbrachen. Oesterreich-Ungarn und die Türkei blieben nun durch geraume Zeit durch äußere und innere Verhältnisse ausein-andergehalten. Die großen Kriege, welche Oesterreich am Ende des 18. und am Beginne des 19. Jahrhunderts mit den Franzosen durchzukämpfen hatte und dann die „Politik" des Fürsten Metternich, der an die Lösung der Orientfrage nicht gehen wollte, bewirkten es. Doch konnte trotz alledem Oesterreich von den in Bosnien seit 1826 — seit dem großen Aufstande derJani-Laren — stets erneuerten Ausbrüchen der Volkswuth gegen die Gewaltherrschaft der Moslim nicht unberührt bleiben, welche Aufstände und Empörungen auch über unsere Grenzen herüber zitterten. Wir spürten die Bewegung unter Hussein, dem „Drachen von Bosnien" (1831) wir spürten das Aufbäumen gegen die Greuelthaten des 6 engiö Aga, des Gouverneurs der Herzegowina (1836), welche gewaltsame Volksäußerung der kroatische Dichter und Banus Mazuraniö in einem meisterhaften Epos „6engiö Agas Tod" (übersetzt ins Deutsche vom bekannten Schriftsteller und Journalisten Kienberger) besungen hat, wir spürten die Raubzüge der Krajiner, deren räuberische Einfälle auf österreichisches Gebiet (1845) der damals mehr noch als Dichter, denn als Feldherr gekannte Oberst JelaLiö in einem glücklichen Gefechte zurückwies. Es kam das Jahr 1848. Da blickte die „rechtgläubige" (orthodoxe) Rajah der Herzegowina herüber nach dem freiheitlich aufstrebenden Oesterreich und richtete an den Sultan das Gesuch, ihr keine Bischöfe und Popen aus dem Phanar zu senden, sondern zu gestatten, daß der österreichische Kaiser den Patriarchen von Karlvwitz ermächtige, die geistlichen Stellen mit Geistlichen aus dem Banate, aus Syr-mien und der Baöka zu besetzen. Welches Geschick diese Bitte hatte, ist unbekannt: Erfolg hatte sic keinen. Wenn auch Oesterreich (1863) durch die Mission des Grafen Leiningen nach^ Constantinopel thätig für die von Omer Pascha bedrängte Oernagora eintrat, wodurch Montenegro seine heutige Selbständigkeit und Unabhängigkeit dem nachbarlichen Kaiscrstaate dankt, so hat cs doch für Bosnien und die Herzegowina nur mittelbar durch Förderung von Bildungszwecken daselbst, namentlich durch Unterstützung der ausgezeichneten U. U. Franziskaner und Trappisten, die als die vorzüglichsten Vorkämpfer für Bildung und Gesittung in diesen Ländern anzusehen sind, gewirkt. Im Großen und Ganzen ward aber bis auf Andrüssy die „Politik Metternich's" der Türkei gegenüber eingehalten. Erst dem Graf en And rässy ist es gelungen, der äußeren Politik Oesterreichs nach dieser Richtung hin eine andere Wendung zu geben, eine Wendung entschieden zum Besseren für O esterreich-Ungarn und für die heute von unserer glorreich cn tapfern Armee occupirten Lande: Bosnien und die Herzegowina! Prinz Kngen „der edke Miller" in Bosnien. Alles saß auch gleich zu Pferde, Jeder griff nach seinem Schwerte, Ganz still rückt man aus der Schanz; Die Musketiere wie auch die Reiter Thäten alle tapfer streiten, 's war fürwahr ein schöner Tanz. Ihr Constabler auf den Schanzen Spielet auf zu diesem Tanzen Mit Karthauncn groß und klein. Mit den großen, mit den kleinen Auf die Türken, auf die Heiden Daß sie laufen all' davon! Volkslied: „Prinz Eugen der edle Ritter" .... Die Schlacht bei Zenta 11. September 1697 war geschlagen — der geistvolle glückliche Sieger Prinz Eugen bezeugte in seinem Berichte (seiner „Relation") an den Kaiser und nicht als „gewöhnliches Compliment" den „tapferen Heldengeist" der gesammten „unvergleichlichen Armata". Den die Zeiten her in Hunderten von Büchern gepriesenen großen Erfolg und die materielle Bedeutung dieses denkwürdigen Sieges hat Anastasius Grün in seiner dichterischen Verherrlichung der Heldenthat des „kleinen Abbö" in die Worte gefaßt: Türk'sche Vcute, Rosse tragen Sieben Tausende sie kaum, Auf des Sultans tausend Wagen Hat die ganze noch nicht Raum. Sechzigtausend von Kameelen Sollen mühsam schleppen dran, Was die Todten nicht erzählen Dreißigtausend auf dem Plan, Aus zehn Tonnen von Ducaten Spricht es laut mit gold'nem Mund, Was vielhundertfach ihm*) thaten Fahnen schon und Roßschweif kund. Und besiegelt sei das Ganze Mit dem Sultanssiegel hier, Das vom Hals ich in der Schanze Nahm dem sterbenden Bester; Doch der langgerathnen Worte Kurzgefaßter Sinn ist der: Hingeschmettert liegt die Pforte, Schlafe ruhig, hoher Herr. Zur Verfolgung dieses glänzenden Sieges beschloß aber Eugen — der große Staatsmann — einen Einfall in Bosnien zn unternehmen. „Unter Anderem" — sagt Arneth in seinem vorzüglichen Buche über ihn — „hoffte Eugen im Innern von Bosnien unter der dortigen christliche» Bevölkerung Anknüpfungspunkte zu einer dauernden Verbindung mit den ungarischen Grenzländern, zu bleibender Unterwerfung unter das kaiserliche Szepter zu finden; er meinte die Fäden fortspinnen zu können, welche vor acht Jahren Piccolomini bei den christlichen Be-wohnern von Serbien und Albanien mit soviel Glück angeschlagen hatte!" Major von Angeli, welcher für das vom k. k. Generalstabe herausgegebene Prachtwerk über „die Feldzüge des Prinzen Eugen", die Züge gegen die Türken 1697—1698 fachgemäß und meisterhaft dargestellt hat, sagt in Erwägung der Gründe, welche den Prinzen zum Zuge nach Bosnien veranlaßten: „Man wird nicht irre gehen, die Aufklärung darin zu suchen, daß derPrinzden Schrecken *) Dem Kaiser Leopold I. vor den kaiserlichen Waffen bis in das Innere einer türkischen Provinz zu verbreiten wünschte, daß ihm daran lag, dem Feinde einen Beweis von der ungeschwächten Spannkraft des kaiserlichen Heeres zu geben und indem er als Sieger in Feindesland vordringend, die Vernichtung des türkischen Heeres constatirte, zugleich auch die Widerstandsfähigkeit des Gegners für den nächsten Feldzug abzuschwächen." H»rlnz Hugen. Ehevor Eugen aber diesen „Zug" ins feindliche Gebiet unternahm, berieth er sich mit seinen Generalen*) und theilte auch dem Kaiser seine Absicht mit. Er schreibt an Leopold I. aus dem Feldlager bei Szantova, 5. October 1697: „er habe sich zur Erhaltung (Conservation) der Armee an die Donau *) Schon im April 1697 ward aus Wien in der Instruction für FML. Grafen Auersperg, diesem freigestellt, mit dem Ban von Croatie» einen Streifzug nach Bosnien zu unternehmen. ziehen müssen, nachgehends aber mit der Generalität weiter überlegt, ob nicht gleichwohl vor Ende des Feldzuges (der Campagne) etwas vorgenommen (tentirt) werden könnte. Er habe sich genau unterrichtet (informirt), wiese nseitsder Sau (Save) das Land Bosnien beschaffen, ob der Sultan völlig von Belgrad hinabgezogen u. s. w. Er habe erfahren, daß nichts als die bloße Garnison und das Schiffs-Kriegszeug (Ar-mament) in Belgrad, in Bosnien aber gar wenig an Truppen sich befinde. — In sieben Märschen (ohne die Rasttage) hoffe er bei Brood zu stehen. „Drei nämlich mache ich bis Essegg und von dort vier bis Brood". „Aus Esscgg aber — fährt Eugen fort — ermangle nicht Euer kais. Majestät durch einen General-Adjutanten ferner allergehorsamst zu berichten, wie und ob noch dieser Einfall thunlich sein wird, insonderheit wcnn das Regenwctter fortdauern (continniren) sollte, so diesen Morgen kaum als (die vorausgesandte Abtheilung) das Detachement aus-marschirt war, wiederum eingefallen ist." Eugen hatte nämlich sofort nach abgehaltenem Marschallsrathe „ohne Zeitverlust" — wie er dem Kaiser anzeigt — „zu diesem Zuge commandirt in die 4000 auserlesene wohlberittene Pferd sammt 2500 Fußgängern von Füsiliers und Grenadiers, ingleichem die Mineurs und von der Artillerie 12 Stück (Geschütze und außerdem zwei Mörser) mit gehörigen Offizieren und Bedienten auch genügsamer Bespannung. Nicht minder befahl er an Croaticn, daß „auch dieselben Grenzer unter Oberst Kyba aufsitzen und gleichermaßen bei Banjaluka einfallen sollen"; auch gleich „wie schon hievor bei der Sau einige Verpflegs- (Proviant-) Anstalten gemacht gewesen", den Befehl zur „Verabfolglassung" ertheilt und zur Nachschaffung des Proviants von Sissck her eine Brücke über die Save schlagen („transportiren") lassen." Außer der genannten Grenzmiliz hatten sich dem Expeditionskorps die in Brood befindlichen Grenzer und die „dort herum" liegenden 200 deutschen Reiter anzuschließen, Feldmarschall Prinz Commercy, Feldzcugmeister Guido Graf Starhemberg, die Generale der Cavallerie Graf Gronsseld und Prinz Vaudemont, Feldmarschall - Lieutenant von Truchseß, Generalwachtmeister Graf Herber st ein nebst vielen berittenen Ober- und Unteroffizieren und Gemeinen machten die Unternehmung, welche Prinz Eugen persönlich befehligte, als Freiwillige mit. Sowohl der Kaiser als der Hofkriegsrath billigten rückhaltlos Eugen's Anträge bezüglich dieses Zuges nach Bosnien und ertheilten ihm vollkommen freie Hand, nach eigenem Ermessen seine Unternehmung auszuführen. Ueber diesen seinen Zug in die „goldene Bosna", der heute für uns in Oesterreich-Ungarn ein erhöhtes Interesse hat, führte „der edle Ritter" ein detaillirtes Tagebuch (in französischer Sprache), welches nicht nur die Ereignisse dieses Feldzuges mit voller Treue wiedergibt, sondern auch Bemerkungen über das Land und seine Beschaffenheit enthält, welche unsere Aufmerksamkeit heute doppelt zu fesseln vermögen. Ich werde in meiner Darstellung von Eugen's Kriegsfahrt nach Bosnien dieses Tagebuch ausführlich benützen und stellenweise wörtlich (in deutscher Uebertragung) wiedergeben. Unter strömendem Regen hatte, wie wir schon gelesen haben, das Expeditionscorps von Szantova den Marsch angetreten am Morgen des 5. October (1697) und gelangte am 7. Octobcr bis Essegg, wo Prinz Eugen schon Tags vorher (6. October) angekommen war, um sich von den getroffenen Vorkehrungen zu überzeugen und hierüber dem Kaiser zu berichten. Er zeigt dem Monarchen an (Essegg 8. October), „daß wegen des Proviants und harten Futters alle Anstalten gemacht", und daß er, „obschon das Wetter in etwas sich wieder gebrochen, nicht aber das ansehen habe, daß es continuiren dürfte (fortdauern möchte), den Marsch bis Brood fortsetzen wolle, von wo er unterthänigst berichten werde, ob er selbigen bis völlig hinein ins Bosnische prosequiren (verfolgen) könne". Im Uebrigen aber wiederhole er seine schon öfters vorgebrachte Bitte, Se. Majestät möge die baldige Geldhilfe („Succurs") und das Quartiersgeld („Quartiers-Repartition") soweit als möglich befördern, „denn wie länger ein und das andere ausbleibt, je mehr Verdruß entstehet für Euere kais. Majestät". Am Schlüsse seines Schreibens drückt Eugen die Hoffnung aus, daß er, wenn auch der Einfall nach Bosnien von Statten geht, gleichwohlam22. bis23. Octoberwieder in Essegg sich werde einfinden können! Am 10- October trafen die Truppen bereits in Brood ein, da kein Rasttag gehalten worden. Der beabsichtigte Brückenschlag war noch nicht in Angriff genommen, deßhalb ordnete der Prinz sofort die Ueberschif-fung der Truppen an. Die Cavallerie begann noch am 10. auf großen Fähren (b-rteaux) zu übersetzen, die Infanterie folgte auf Tschaiken und die Artillerie auf Pontons („Schanakles" — Schinakel); am 12. war das ganze Armeecorps über der Save, bis auf 1000 Pferde. Am 13. October begann der Vormarsch auf feindlichem Gebiet. Der Marsch ging größtentheils durch dichte Wälder, über steile Höhen, durch enge Thäler und tiefe Schluchten. . . . Oberst Khba mit 300 Pferden und ungefähr 2000 Grenzsoldaten war immer voraus, um die schon jahrelang nicht mehr besuchten Wege möglichst vom Dickicht zu säubern und in gangbaren Zustand zu setzen. Außerdem hatte er den Auftrag, wenn möglich zwei bis drei Schlösser und Palanken (mit Verschanzungen fPallissadenj umgebene Orte), die im Umkreise lagen, zu nehmen und so rasch es thunlich den letzten Paß von Sarajevo („Serail" schreibt Eugen) zu erreichen und dem Feinde zuvor zu kommen. Zur Deckung des Vormarsches gegen eine etwaige Unternehmung der feindlichen Besatzung von Banjaluka wurden 100 Pferde und 5 bis 600 Mann Grenztruppen mit dem Befehle in die rechte Flanke entsendet, gegen Banjaluka vorzurücken und dort bis zur Rückkehr der vorausgesandten Abtheilung des Detachement Stellung zu nehmen. Ein ganz gleich zusammengesetztes Commando sicherte die linke Flanke in der Richtung von Zvornik und hatte sich am 4- oder 5. Marschtage vor dem letzten großen Engpaß (Defilä) ^epLe wieder mit der Haupttruppe zu vereinigen. Die 1000 Pferde, welche zuletzt die Save überschritten hatten, bildeten die Nachhut. Bei gutem Wetter legte die Cavallerie in 3^, die Infanterie in 5 Stunden den ersten Marsch bis Peratovac zurück. „Guter Weg" — schreibt Eugen — „wenig Berge, man kann fast überall escadronweise marschiren, obschon immer durch Wälder, die jedoch sehr gelichtet, man hatte da Trinkwasser von einem Bach und mehrere Quellen." Beschwerlicher war schon der nächste Marsch — am 14. — gegen Kotorsko; 350 Arbeiter waren noch am Nachmittage dieses 13. October mit der Ausbesserung des Weges in dem gebirgigen, dicht bewaldeten und mit mehreren Engpässen (Defiläs) versehenem Terrain beschäftigt. Am 14. October 1 Uhr NM. lagerte das Corps bei der verödeten Stadt Kotorsko. Diese Stadt bezeichnete die äußerste Grenze, bis zu welcher kaiserliche Truppen im Laufe dieses Krieges im Bosnathale vorgedrungen waren; das Land selbst bis zur Save war gänzlich verödet und die Truppen kamen durch mehrere große Dörfer, welche schon seit Beginn des Krieges von ihren Bewohnern verlassen worden waren, wodurch es auch erklärlich wird, daß bisher gar keine Kunde von dem Anmarsche kaiserlicher Truppen in das Innere des Landes und zu den Besatzungen der festen Schlösser gedrungen war. „Unser Lager" — sagt Eugen — „ist jenseits des Flusses Bosna, deren Wasser sehr schön und gut ist, man kann cs überall durchschreiten; es wächst sehr leicht durch Regengüsse und wird dann unbenützbar, aber nur für sehr kurze Zeit." Mit nächstem Marsche betrat man schon bewohnte Gegenden und Oberst Kyba erhielt den Auftrag, alle befestigten Orte, welche er nicht im ersten Anlaufe nehmen könne, solange einzuschließen, bis er durch die Truppen der Hauptmacht (des Gros) abgelöst würde. Als sein erstes Ziel galt Doboj, wohin er noch am 14. October abging. Um den Vormarsch des ganzen Detachements noch so lange als möglich geheim zu halten, wurde ferner befohlen, „daß weder Tag- noch Scharwache geschlagen, noch Bouteselle*) geblasen werden dürfe". Am 15. war bereits das Gros gleichfalls vor Doboj, trotzdem es einen schwierigen Weg — die Bosna zur Linken, das Gebirge zur Rechten, von 7 bis 8 beträchtlichen Defilös und von mehreren alten Verhauen durchschnitten — zu überwinden gehabt. Um dem Feuer des Schlosses auszuweichen, mußte die Cavallerie zweimal über die Bosna setzen und die Infanterie war behufs Umgehung des Flußes genöthigt, den Weg über das Gebirge zu nehmen. Unmittelbar nach der Ankunft des Detachements vor Doboj bemächtigte sich ein Theil der Truppe der untern Stadt, wodurch dem Schlosse das Wasser abgeschnitten wurde; die Besatzung wies jedoch die Aufforderung zur Uebergabe zurück. Prinz Eugen beschloß daher die Veste mit Gewalt zu nehmen, einmal um sie — wenn gleich schwach besetzt — nicht im Rücken zu haben, dann um hier ein Proviantdepot für den Rückmarsch seines Detachements anzulegen; zugleich wollte er der Truppe, welche seit 11 Tagen ununterbrochen marschirt war, im Lager vor Doboj eine Rast gönnen. *) Signal zum Aufsitzen der Cavallerie. Eugen ließ noch in der Nacht die Mörser und Feldgeschütze aufführen und als die türkische Besatzung am Morgen des 16. diese „Aufforderung zum Tanze" sah und auch schon Minen an die Mauern gelegt wurden, da ergab sie sich auf Gnade und Ungnade. Die aus 80 Mann mit 5 Aga's bestehende Garnison wurde kriegsgefangen gemacht, die vielen Weiber und Kinder nach einem, türkischen Orte gebracht. Die Kriegsbeute war nur gering: 1 Feldstück, 1 Lärmpöller, 5 Fässer Pulver, etwas Blei und 4 Fahnen. Umso größer war aber — wie Major von Angeli mit Recht hervorhebt — der moralische Eindruck dieses Erfolges unserer kaiserlichen Waffen auf die Bevölkerung, da seit mehr als ei nein Jahrhundert keine feindliche Armee in dieser Gegend gesehen worden. Von Doboj an wurde die Gegend noch wirthlicher, die Dörfer waren gleichfalls nicht mehr. von ihren Bewohnern verlassen, Vieh und Lebensmittel wurden überall vorgefunden. Am 17. October setzte Eugen seinen Marsch längs des linken Ufers der Bosna gegen Maglaj fort. Ueber einen hohen Felsrücke», im Volksmunde der „Felsensteig" genannt, welches Defilö, wenn vom Feinde besetzt, ernste Schwierigkeiten hätte bereiten können, langte das Corps noch im Laufe des Vormittags gegenüber von Maglaj, einem Schlosse am rechten Bosna-Ufer, an. Wenngleich schlecht befestigt, zeigte sich Maglaj doch durch seine Lage auf steilem hohen Felsen stark und einem Geschütz-angriffe unzugänglich. Eugen konnte um die ungestörte Verbindung aufrechtzuerhalten, diesen Platz nicht in Händen seiner verhältnißmäßig starken Besatzung von 200 Mann belassen und er forderte die Garnison zur Uebergabe auf. Diese erfolgte denn auch nach dem kurzen Zwischenfall, daß Marodeure bis zn den Mauern vordrangen und die Festung das Feuer auf sie eröffnete; die Garnison erhielt die Gewähr des freien Abzuges mit Weib und Kind, aber ohne Waffen und Gepäck und mit der Bedingung, daß sie bis zum Rückmärsche des Corps von Sarajevo in dem Schlosse Maglaj eingeschlossen bleiben mußte! Inzwischen hatte der Commandant der Vorhut Oberst Kyba aus 2epLe gemeldet, daß sich dieser Platz nicht ergeben wolle. Eugen beschloß, kaum dort angekommen, ihn mit Sturm zu nehmen und schritt, die erbetene Bedenkzeit zurückweisend, d a der Feind bereits ringsum seine Streitkräfte sammelte und in jeder Verzögerung Gefahr lag, trotz der bereits eingebrochenen Dunkelheit zum Angriffe (am Abend des 18. Octobcr). Die 12 Geschütze eröffneten das Feuer gegen die Palissaden an der Nordseite der „Palanka" und eine halbe Stunde später griffen 400 Mann Infanterie und 300 Reiter zu Fuß von zwei Seiten den Platz an Dieses unbedeutende Schloß — in einem Thale am linken Ufer der Bosna — eigentlich nur eine Palanka mit einigen sie einschließenden Wachthäusern („Tschardaken") und einer dahinter liegenden Brustwehr, war an der Wasserseite mit einfachen, gegen die Ebene zu aber auf drei Seiten mit doppelten Palissaden und einem Graben mit Sturmpfählen versehen. Ungeachtet des feindlichen Feuers wurden die Palissaden weggeräumt und diePalanka im ersten Anlauf genommen. Ueber 100 Türken, welche sich im Dunkel der Nacht durch eine Ausfallspforte ins Freie zu retten versuchten, wurden gleich jenen, welche in der Palanka zurück blieben, zum größten Theil niedergehauen und hierauf der ganze Platz den Flammen übergeben. Die kaiserlichen Truppen hatten einen Verlust von 12—15 Mann todt und verwundet, Oberstlieutenant Baron Velm vom Rcgimcnte Salm war durch beide Füße geschossen. Die Besatzung hatte aus 300 Mann bestanden; als Beute gewann Eugen hier 7 Fahnen und 3 Feldstücke. Während dies vor ^epLe vorgegangen, hatte Oberst Ky b a auf dem Vormärsche nach Vranduk ein kurzes Gefecht mit einer feindlichen Abtheilung von beiläufig 200 Pferden glücklich bestanden, den Feind mit Verlust zurückgeworfen und viele Gefangene gemacht. Auch berichtete er an Eugen nach Aussage der Gefangenen, daß die Türken 2—3000 Mann stark zwischen 2epSe und Vranduk vor dem letzten Engpasse (Defilä) stünden und sich da verschanzten. Das Defilä war mehr als zwei Stunden lang und es harrte also, wenn die Nachricht wahr, der kaiserlichen Truppen ein schwerer Strauß. Engen setzte seinen Marsch von 2epöe aus fort! Anfangs war der Weg in gutem Zustand, nach einer Stunde war er aber schon so enge, daß es außerordentliche Mühe kostete, die Artillerie dnrchzubringen. Die Aussagen der Gefangenen fanden ihre volle Bestätigung. Obwohl bei Ankunft des Corps vom Feinde nichts mehr zu sehen war, hatte er in der That seit zwei Tagen vor dem Defilä-Eingange Stellung genommen und auch die Absicht gehabt, ernsten Widerstand zu leisten. Eine Schanzenlinie, welche sich links an die Bosna schloß und rechts weit auf das Gebirge hinaufzog, zahlreiche Verhaue und eine große Menge von Steinen, welche an den steilsten Stellen zusammengetragen waren, sprachen nur zu deutlich für die beabsichtigte Vertheidigung „bis auf's Messer", welche den kaiserlichen Truppen um so verhängnißvoller geworden wäre, als die Wirkung der Artillerie hier lahmgelegt war! Eugen's ganz entschiedenes Auftreten auf dem ganzen Zuge her und namentlich der Eindruck, den das hellauflohende 2epäe und die diesem Feuerbrande vorangegangene heftige Kanonade auf den Feind geübt, die Verluste, die Oberst Kyba ihm am selben 18. October zugefügt, all dieß zusammen brach Da« befreite Bosnien. 5 den Muth der Türken derart, das; sie in der Nacht vom 18. auf den 19. October mit Zurücklassung des Schanzzeuges, vieler Waffen und Pferde ihre starke Stellung verließen und sich in wilder Flucht nach dem Gebirge zerstreuten. Trotzdem war das Durchkommen durch das Defilä so beschwerlich, daß die Reiterei Eugen's erst um 3 Uhr Nachmittags, die Infanterie aber erst nach Einbruch der Nacht in's Lager gelangte. Die Artillerie und das Fuhrwesen konnten durch den Paß in seinem jetzigen Zustande schon gar nicht hindurchkommen und mußten vorläufig am Eingänge desselben verbleiben, bis die dazu befehligten Arbeiter die Nacht hindurch den Weg fahrbar gemacht hatten. Eine starke Stunde von Oravica, einem großen türkischen Dorfe, bezog Eugen's Hauptmacht ihr Lager. Sofort rückte Oberst Kyba mit der Nationalmiliz und 600 deutschen Pferden ab, um sich des letzten Passes zu versichern. Schon nach weniger Zeit aber verkündete Gewehrfeuer, daß das Gefecht mit dem Feinde eingegangen worden und bald traf auch die Nachricht im Lager ein, daß Oberst Kyba den Gegner geworfen habe und daß auch das Schloß Vran-duk vom Feinde geräumt sei. Der Nationalmiliz hatten die Türken kräftig widerstanden, als sie aber die wuchtige» Massen der abgesessenen 600 deutschen Reiter anrücken sahen, da räumten sie Defilä und auch — das Schloß. Der Kiajä von Bosnien, der persönlich die Türken angeführt, entging nur durch einen Zufall der Gefangenschaft, da ihn ein rai zisch er Hauptmann schon beim Turban gepackt hatte. Der Kiajä ließ dem Raizen den Turban in der Hand und — entfloh! Die Rathlosigkeit unter den Türken war eine allgemeine, „alle Gefangenen bestätigen — schreibt Eugen in seinem mehrerwähnten Tagebuche — daß dieVerwirrung („C o n f u s i o n") imLandeaußerordentlichgroßist." Die Wirkung also, die sich der „edle Ritter" von diesem seinem Zuge nach Bosnien versprochen, war nun schon nahezu erreicht. Doch das letzte Ziel mußte auch noch erreicht werden; Eugen mußte in Sarajevo einziehen. Der Kiajä hatte alle Autorität eingebüßt, die Truppen, die er vor Vranduk bei sich gehabt, waren auseinandergelaufen und er sah sich genöthigt, fast allein den Weg nach Sarajevo zu suchen. Eugen mit seinem Corps Infanterie und Cavallerie brach am 20. October in der Richtung gegen Zenica auf, die Artillerie mußte der Prinz aber der unfahrbaren Wege halber zurücklassen, unter Bewachung von 700 Mann unter einem Oberstlieutenant, welcher zugleich die Garnisonen von Maglaj und Doboj unter seinem Befehle und die Verbindung mit Brood aufrecht zu erhalten hatte. Handgranaten, Pechkränze und Munition nahm Eugen auf Tragthieren mit. Bei Zenica fand man die Brücke über die Bosna zerstört, so daß die Infanterie den Fluß auf den Pferden der Reiterei übersetzen mußte. Das Schloß Vranduk erhielt eine Besatzung und ward zur Sprengung vorgerichtet. Am 21. October wurde der Marsch über ein sehr unwegsames Gebirge fortgesetzt und langte das Corps nach vielen Mühsalen im Lager von Topaja („Doboj" — schreibt Eugen —) an, wo man den Oberst Kyba mit der Vorhut traf. Von hier bis Sarajevo waren nun nicht mehr als 7 Wegstunden, das Land ein Garten, der alle Bedürfnisse der Truppen vollauf befriedigte. Ueberall her kamen die christlichen Landleute in großer Zahl, baten um Schutzwachen und erklärten, sich dem Corps auf seinem Rückmärsche s* anschließen zu wollen, um mit demselben das von den Türken so grausam regierte Land zu verlassen. Die türkischen Einwohner hatten sich aber vor dem Herannahendes „kleinen Abbä" alle nach Sarajevo geflüchtet, wo sie in der Nähe der Stadt im freien Felde ihr Lager aufschlugen. Die Berichte von dort stimmten alle in dem Punkte überein, daß die Bestürzung im Lande unbeschreiblich, der Kiaj-l von Bosnien Tags zuvor verwundet und von nur wenigen Reitern begleitet in der Stadt angekommen sei. Ein gefangener JaniLar sagte aus, daß in und um Sarajevo wohl ungefähr 30.000 Mann versammelt seien, jedoch bestünden dieselben zum größten Theile ans unbewaffneten Bürgern und Kaufleuten. Außerdem befinde sich auch der abgesetzte Pascha von der Herzegowina mit etwa 40 Pferden im Lager der Flüchtigen vor der Stadt. Uebrigens denke Niemand weder an Flucht noch an Vertheidigung, denn man sei überzeugt, Prinz Eugen werde nicht nach Sarajevo, sondern über Travnik und Banjaluka nach Gradiska ziehen! Eugen nützte diese Nachricht bestens aus. Sofort sandte er einen Rittmeister mit 200 Husaren, 22 (Fähnrichs) Cor- nets und Fourieren auf Kundschaftsdienst und gab ihm ein in deutscher, türkischer und raizischer (serbischer) Sprache verfaßtes Schreiben mit, in welchem die Stadt Sarajevo aufgefordert wurde, sich zu ergeben und Abgesandte in's kaiserliche Lager zu senden, widrigenfalls alles mit Feuer und Schwert verwüstet werden würde! Dieses Aufforderungsschreiben an die Stadt Sarajevo ddo. Doboy (Topaja) 21. October 1697 lautet wie folgt: „Wir Eugenius Franz, Herzog von Savoyen und Piemont, Ritter des goldenen Vließes und der römisch kaiserlichen auch zu Hungarn und Böheim königlichen Majestät General Feldmarschall, Obrister über ein Regiment Dragoner und Dero wider die ottomanische Pforte streitende Haupt-Armada commandirender General, geben hiemit deich in der ottomanischen Stadt Serajevo bestellten Oberhaupt und fürnehmen Ansassen und endlich denen sämmtlichen Inwohnern kund und zu wissen, welchergestalten wir nach Gottes Gnade eben mit dem Kriegsheer, welches am 11. September dieses laufenden Jahres in dem Lager bei Zenta an der Theiß den Groß-Sultan geschlagen hier in der Provinz Bosnien und bereits in der Nähe der crsagten Stadt Serajevo uns befinden, da wir vorher durch die siegreichen Waffen Ihrer kais. und königl. Majestät unseres Allergnädigsten Herrn alle die Posten und Castelle welche unterwegs uns aufgestossen, glücklich erobert folglich unsern Marsch noch ferners zu prosequiren desto weniger Hinderniß haben, als wir nunmehr schon in das flache Land eingetreten sind. Nachdem wir aber in diese Landschaft nicht kommen mit der Intention, denen gerechten kaiserlichen Waffen noch mehreres Menschenblut aufzuopfern, sondern auch diejenigen mit Liebe und Güte anzusehen, welche Gnade verlangen und der römischkaiserlichen Devotion sich unterwerfen wollen, also haben wir uns besonders gegen die gesammte Stadt Serajevo tragender Commiseration, dieses Schreiben abzugeben entschloßen mit angehängter Erinnerung, wenn man zur Rettung ihres Unterganges eilen wolle, daß man also ein oder mehrere Deputirte zu uns abordnen könne, darob aber sich nicht verziehen solle, indem wir unseren Marsch ohne Verlust eines Momentes con-tinuiren, sodann kein Gehör mehr, weniger Zeit sein würde auf einigen Accord zu gedenken, wenn wir einmal mit der Macht besser annähern möchten. Diese unsere Mahnung meinen wir gut und erklären aber auch, wenn solche nicht angenommen, und in einer blinden Hartnäckigkeit sollte fortgefahren werden, daß wir alsdann die Güte in Schärfe verwandeln mithin alles mit Fener und Schwert vertilgen, ja sogar auch das Kind im Mutterleibe nicht verschonen wollen, allermassen hiezu das gröbere Geschütz, Mörser und Feuerwerk schon vorhanden stehen. Man mag sich anch durch eine schwache Hoffnung einiger Gegenwehr nicht verblenden lassen, zumal die Gedächtniß noch frisch ist, was großes ottomanisches Blut in diesem Feldzug schon verloren gegangen und wie auch wiederum erst in diesen letzt abgewichenen Tagen wider Jene verfahren worden, welche denen mit uns kommenden mächtigen Waffen zu widersetzen sich unterstanden, gestalten auch der jetzt nach Absterben des sonst in Bosnien gubernirenden Bassa substituirte Chiaja hat fliehen müssen. Wir wiederholen daher solche unsere gütige Anmahnung und versichern, daß allen denen, so zu uns möchten abgeordnet werden sicheres Geleit sowohl zu ihrem Hieher- als Zurückgehen solle vergönnt sein." Das Schreiben blieb unbeantwortet. Der abgesandte Rittmeister war zwar mit dem Feinde zusammengetroffen, hatte ein Scharmützel bestanden, einige Gefangene gemacht, den Hauptzweck, Nachricht vom Feinde und von der Stadt einzuziehen, aber nicht erreicht. Neue Recognos-cirungsabtheilungen gingen ab, mit dem gemessenen Befehl, sichere Nachricht vom Feinde und von den Vorgängen in der Stadt zu bringen. Gleichzeitig sandte Eng en einen „Cornet" vom Regiment Caprara mit einem Trompeter nach Sarajevo ab mit einer Abschrift des bisher unbeantworteten Anfforderungsschreibens! Obschon der Trompeter zum Zeichen der friedlichen Sendung fortwährend geblasen und der Cornet in hoch erhobener Rechtendas Schreiben gezeigthatte, wurde doch, als sie in der weitläufigen schon größtentheils verlassenen Stadt endlich auf Türken trafen, der Trompeter niedergehauen; der Cornet aber entkam mit fünf Wunden. Da diese Unterhändler nicht zurückkehrten, brach Eugen, wie er es sich übrigens für alle Umstände vorgenommen am 23. Oktober früh aus dem Lager von Visoko auf, nachdem die beiden Kundschastsabtheilungen eingerückt waren, und zog auf Sarajevo zu! Mitten auf dem Wege traf man den Cornet aus seinen Wunden blutend — Eugen war hoch empört über die Schandthat! Nun konnte von einer Schonung Sarajevo's keine Rede mehr sein. Wie paradiesisch denn auch die schöne große offene Stadt mitten im üppig prangenden Thale vom Hellen Sonnenlichte übergössen mit 120 Moscheen in Pracht daliegen mochte, Eugen ließ sie aus Strafe für die an den Seinen verübte Grausamkeit von seinen Truppen zuerst Plündern, um sie dann den Flammen zu übergeben. Wenngleich die Türken viel von den Schätzen vorher fortgebracht und vor ihrem Abzüge den Christen und Juden das Ihrige geraubt hatten, so trafen Eugen's Soldaten noch immerhin ganz gute Beute an den schwer beweglichen Kaufmanns-gütern, welche in der blühenden Handelsstadt in Hülle und Fülle aufgespeichert lagen. Nicht vor vollständiger Sicherung der Beute sollte nach Eugen's Befehlen die Stadt angezündet werden — aber Plötzlich brach Feuer aus und rasch um sich greifend äscherte cs ganz Sarajevo ein, es gab nicht ein Gebäude in Stadt und Umgebung, das vom Feuer verschont geblieben wäre — Bosna Sarai war ein Trümmcrh anfen! Der Feind floh nach allen Richtungen; die Christen aber kamen bittend und flehend zu Eugen, das Land verlassen und nnt ihm ziehen zu dürfen. „Ich hoffe" sagte Eugen — „alle Christen, welche es hier gibt, über die Save zu bringen." Eugen's Unternehmen hatte jetzt seinen Zweck erreicht. „Bei der Leichtigkeit aber" — hebt Major von Angeli hervor — „mit welcher ein verhältnismäßig schwaches Corps so rasche und tiefgreifende Erfolge erzielen konnte, drängt sich unwillkürlich der Gedanke auf, wie wenig mehr es bedurft hätte, um die ganze Provinz Bosnien dem Scepter des Kaisers zu unterwerfen." Und Eugen selbst, wenngleich nur in einem kleinen Nebensätze, spricht es aus: „wären nur wenig mehr Anstalten dafür getroffen, könnte das ganze Königreich eingenommen und behauptet werden" (pour xou gu'il oüt äos äispositions taitss, taut Io ro^auras so pourrait oooupor ot Aarckor). Nichts destoweniger hatte, wie gesagt, dieser Zug ins feindliche Land seinen Zweck vollständig erreicht, der herrliche Sieg von Zenta wäre in seinen Folgen nicht vollständig gewesen ohne den tiefen moralischen Nachdruck dieses eines Eugen würdigen „Streifs" nach Bosnien. Eugen sah sein Werk als vollbracht an und war nun nur darauf bedacht, seine Truppen in das eigene Land zurückzuführen. Achtzehn Tage hatte der Hinmarsch von Essegg nach Sarajevo gedauert, in vierzehn Tagen war der Rückmarsch beendet. Am 25. Octvber verließ Eugen das Lager von Sarajevo bei eisigkaltem Regen .... Immer größer wurde die Zahl der herbeiströmenden christlichen Landleute. Man gab ihnen Schutzwachen und Beförderungsmittel, um ihr Mitkommen zu erleichtern. Allesaber, wasdenTürken gehörte, wurde nach damaliger Kriegsübung wie es am Wege lag, schonungslos niedergebrannt, das Schloß von Brandnk gleich dem von Maglaj den Flammen preisgegeben und gesprengt. Die Kälte und der Schnee waren den Truppen empfindlich, der Feind aber belästigte sie fast nicht. Das Schloß Tesany leistete Widerstand, doch begnügte sich der Prinz mit dem Schaden, den die Artillerie dessen Mauern zugefügt. Am 5. November ging Eugen bei Brood über die Save, am 8. traf er mit seiner Reiterei in Essegg ein. So ward ein Unternehmen ruhmvoll beendet, welches ein völlig unerwartetes — wie Eugen's mehrgenannter Biograph Herr v. Arneth ebenso einfach wie trefflich sich ausdrückt — die Freunde in Erstaunen, die Feinde in Bestürzung versetzte. Der Kaiser ließ dem Prinzen, der, nachdem er seine Truppen in die Winterquartiere gelegt, nach Wien geeilt war, eine Reihe von Gnadenbezeugungen zu Theil werden und schenkte ihm unter Andern einen mit Edelsteinen reich besetzten, auf 20.000 Reichsthaler geschätzten Degen. Eugen's Zug nach Wien war ein Siegeszug in des Wortes vollstem und schönstem Sinne, der Jubel in Oesterreich-Ungarn war ein allgemeiner und ganz Deutschland jubelte mit Von der Theiß zum fernen Rheine Wölbt ein Freudenmünster sich. Drin die ganze Christgemeine Jauchzt: Herr Gott, wir loben Dich. Laudon der „deutsche Feufek" in ZLosnieu. Laudon rückt an, Rückt in das Schloß hinein Wird bald sein eigen sein, La — La -- Laudon. Altes Studeutcnlied. Die „Occupation" türkischer Provinzen schwebte schon 1770 Joseph II. vor für den Fall, als die Türkei in ihrem Bestände bedroht wäre. Er schreibt darüber an seinen Bruder Leopold: „Wenn die Russen mit Gewalt über die Donau gehen und gegen Adrianopel marschiren, dann ist die Zeit gekommen, daß wir ein Corps über die Donau führen, ihnen in den Rücken fallen und in Folge dessen sie zu einem überstürzten Rückzug zwingen, auf welchem ihre Armee zerstört werden könnte. Die Türken, vor ihrer Vernichtung bewahrt, würden sich viel leichter zu einer Entschädigung unserer thatsächlichen (reellen) Ausgaben verstehen. Sie bestünde in jenem Theile der Walachei, welcher im Frieden von Belgrad abgetreten worden war und zwischen dem Banat, Siebenbürgen, der Donau und dem Altflusse liegt." „Wenn aber," fährt er fort, „die Dardanellen (von den Russen) gewaltsam erzwungen würden und Constantinopel durch eine Empörung oder in anderer Weise dem Untergange nahe wäre und als Folge davon das ganze (ottomanische) Reich, dann müßten wir nothwendigerweise diejenigen Provinzen (des türkischen Reiches) besetzen (ooouxsr), welche uns belieben würde (Bosnien und die Herzegowina), ehevor wir sie den Russen lassen dürften." Und schon zwei Jahre später faßte Joseph Bosnien noch näher ins Auge. Er schreibt an seine Mutter unterm 22. Jänner 1772: „So erwünschlich als meines Erachtens nach wäre, den Krieg (mit Preußen) länger fortdauern zu machen, so überzeugend, muß ich doch frei gestehen, sind die Ursachen, so in jetzigen Umständen es mißrathen und welche Fürst von Kaunitz mathematisch beweiset. Es bleibt also nur die Frage, welcher von den mehreren Vorschlägen auszuwählen ist; vom militärischen, Politischen und Geldstandpunkte (militanter, politice und cameraliter), kann nichts uns mehr zusagen (conveniren) als das Glatzische und Neussische; Bayreuth und Anspach aber keineswegs. Sollte dieses nicht für möglich erachtet werden, wie ich es leider ohn Zweifel vorsehe, so wäre Belgrad mit dem Theil von Bosnien bis an den Golfo della Drina das Allernutzbarste; entfernt von Feinden deckte dieß das ganze Carl-städtische und also Jnnerösterreich (Steiermark, Kärnten, Kram und die Küstenlande) vor allem jemals möglichen türkischen Einfall. Dieses ist meine wenige (geringe) Meinung." . . . Es kam nicht dazu! Mehr als ein Jahrzehent war vergangen, da trat die orientalische Frage mit aller Macht an den inzwischen Alleinherrscher gewordenen Joseph heran. Joseph hatte mit der Czarin Katharina die berühmte Zusammenkunft in Cherson (1786) gehabt, nach welcher das sogenannte griechische Project — die Vertreibung der Türken aus Europa — seiner Verwirklichung näher zu rücken schien. Die Pforte eilte aber, dieser Gefahr zuvorzukommen und erklärte, gestützt von Preußen und England, an Katharina den Krieg (1787), an welchem sich dann Joseph als Rußlands Verbündeter betheiligte. Da, unmittelbar bevor die Dinge in Fluß geriethen, erhob sich in Oesterreich eine gewichtige Stimme fürdie Bedeutung Bosniens, die Stimme eines Fachgelehrten, die deutsche Stimme eines österreichischen Gelehrten, der zugleich ein ausgezeichneter österreichischer Patriot war und der vor nahezu hundert Jahren die Lage der Dinge und ihr Verhältniß zu Oesterreich beziehungsweise zu Ungarn so erfaßte, wie die gegenwärtige äußere Politik Oesterreich-Ungarns, wie das Berliner Concert der europäischen Mächte diese Lage, dieses Verhältniß erfaßten. Maximilian Schimek, dessen Name unter den besten Forschern der Geschichte in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts genannt wird, fühlte sich schon als Student von dem Studium der orientalischen Geschichte besonders angeregt und namentlich die Beziehungen, in welche sich die Osmanen mit gewaltsamer Hand zu dem Südosten Oesterreichs zu bringen gewußt, reizten seine Wiß- und Forscherbegierde. Da war „unbebautes Feld" für deutsches Gelehrtenthum. Frisch daran! Nach Besiegung des Hindernisses der Durchforschung ungemein vieler Quellen — welche bis dahin unbeachtet gelegen — brachte Schimek seine „politische Geschichte des Königreiches Bosnien und Rama vom Jahr 867 bis 1741" fertig, die dann 1787 im Verlage von Christ. Fried. Wappler in Wien im Drucke erschien. Schimek widmete sein mit so großem Fleiße und so tief-drinqcndem Verständnisse abgefaßtes, dazu so hervorragend zeitgemäßes Werk dem als „Kenner und Schützer der Wissenschaften" bekannten obersten Hofmarschall Cugen Reichs-grafenvonWrbna. Was uns an dem Buche vorzüglich anzieht und fesselt, ist der „Vorbericht", den wir als die „österreichische Stimme für Bosnien" bezeichnen. In einem durch die läuternde Wirkung der sich in eben jenem Zeitabschnitte des vorigen Jahrhunderts anbahnenden Blüthezeit der deutschen Literatur bewirkten natürlichen Tone, in der sie begleitenden reinen Sprache, die dem strengrichtigen Gedankenaufbau beredten Ausdruck gab, ist dieser Vorbericht geschrieben, eine Schrift, deren Schreibart über das Gewöhnliche weit hinausragt. Auf die besten und reinsten Quellen gestützt, die dem Verfasser zu Gebote standen, bietet er Ergebnisse, welche gcwißdie Zeitgenossen in mächtige Aufregung zu ^ versetzen geeignet waren. Doch hören wird die „Stimme" selbst. Sie hebt mit den Worten an: „Die Geschichtskunde that in diesem Jahr-s> Hunderte der Aufklärung ungemein große Fortschritte zur Vollkommenheit. Jene der westlichen Völker Europa's legte das bunte Kleid von fabelhaften Erdichtungen vorlängst ab und hat nun nicht mehr Ursache, vor den Augen der strengen Kritik zu erröthen, nachdem sie sich des innern Werthes und des gewissen Sieges wie die nackte Wahrheit bewußt ist. Desto trauriger ist das Aussehen ihrer Schwester, der Geschichte der östlichen Völker unseres Erdtheiles! Vielleicht, weil man cs der Mühe nicht werth achtete, sich um diese viel zu bekümmern, vielleicht auch, weil man ihren Einfluß auf das gegenwärtige Staatensystem für zu gering und unbedeutend ansah." Welch weitaussehcndcr Blick des tief forschenden Gelehrten! Deshalb, um einerseits seiner Zeit eine Zusammenfassung der Schicksale des für das gebildete Europa wichtigsten Theiles dieser östlichen Lande und andrerseits um nachfolgenden Geschlechtern in politisch-geschichtlicher Beziehung vorzuarbeiten, unternahm es Schimek, eben die Geschichte der östlichen Völker unseres Erdtheils zu seinen Untersuchungen und Betrachtungen zu wählen. „Meine Absicht" — schreibt er — „ist keine andere, als die europäischen illyrischen Provinzen, dieses uralte, nur von der ottomanischen Pforte an sich gerissene Eigenthum der Könige von Ungarn nach ihrem Ursprünge, ihrer Veränderung, ihren Kriegen und der jetzigen Lage näher und ordentlicher darzustellen." „Das Königreich Bosnien als die uns nächste Provinz fällt mir am meisten auf." Seine Forschungen über Bosnien, die er zunächst auf die Lesung der byzantinischen, venetianischen, ungarischen und türkischen Jahrbücher begründet hatte, berichtigte er durch die Untersuchung der bisher ungedruckten Urkunden, die er in Betreff dieses Reiches aus dem k. k. Hausarchive in Wien zu benützen die hohe Erlaubniß hatte. Es kann hier nicht der Ort sein, auf das Werk in seinen Einzelheiten, das ich jedoch in meiner geschichtlichen Einleitung ab und zu benützt habe, des Näheren einzugehen. Nur den Schlußsatz des umfangreichen (431 Seiten zählenden) Buches will ich hieher setzen. Schimek schließt nämlich seine Geschichtsdarstellung des bosnischen Reiches mit nachstehenden schwer wiegenden Worten: „Die Pforte aber" — sagt er — „hat kein anderes Recht auf dieses Reich, als daß sie es mit der bewaffneten Hand d a r a u f n a h m; seitdem sie es eingezogen hatte, seitdem bewarben sich auch die Könige von Ungarn bei jedem Vorfalle, selbes wieder anheim zu bringen. Nur stete heimische Aufruhre, die siebenbürgischen Stürme und der Neid der Mächte gegen das österreichische Haus hinderten sie an der Wiedereroberung desselben!" Joseph II. hatte der Pforte am 9. Februar 1788 als Verbündeter Rußlands den Krieg erklärt. Als solcher wäre er vertragsmäßig nur verbunden gewesen, den Russen Hilfsgelder zu zahlen oder Hilfstruppen zu senden; er zog es aber vor, die ganze Armee ins Feld zu schicken, damit Oesterreich später eben- falls seinen Antheil an den zu machenden Eroberungen erhalte und nicht das leere Nachsehen habe! Man erinnert sich hiebei an Joseph's Eingangs angeführte Briefäußerungen in Betreff Bosniens. Das österreichische Heer, das der Kaiser aufstellte, zählte 200 000 Mann Infanterie, 36.000 Reiter und führte nicht weniger als 800 Geschütze mit sich. Laudon. Bevor man ins Feld rückte, erschien Laudon bei Hofe und trug dem Kaiser seine Dienste mit den Worten an: „Eure Majestät haben zwar gute Generale, ich aber habe noch Leibeskräfte, vielleicht könnte auch ichin diesem Kriege zu etwas nützlich sein und ich biete daher Eurer Majestät meine Dienste mit aller Devotion an." Joseph klopfte Laudon mit seiner gewöhnlichen Vertraulichkeit auf die Achsel und gab freundlich zur Antwort: „Mein lieber Laudon, Sie haben schon das Ihrige gethan, Sie sind schon gebrechlich, genießen Sie lieber Ihre Tage in Ruhe." Krieg zu wissen und in demselben nicht mitthun zu können, verursachte Laudon aber vielen Gram. Ein General beschwerte sich bei ihm, daß er, obwohl mit den türkischen Grenzen genau bekannt, dennoch nicht ins Feld beordert würde. Mit betrübter Miene antwortete ihm Laudon: „Was wollen Sie? ich muß auch zu Hause sitzen — lernen Sie die Geduld von mir." Laudon's Betrübniß steigerte sich aber bis zur Bestürzung, als er von dem ungünstigen Verlauf des Feldzugs hörte. Vom 25. März (1788), da der Kaiser sein Hoflager in Fntak auf geschlagen hatte, bis Mitte August waren nur geringe Erfolge erzielt worden, die Veste öabac, auf die Joseph seine ersten Unternehmungen gerichtet hatte, war zwar gefallen, doch das glückliche Auftreten der Türken gegen das Banat nöthigten die Hauptarmee, bei welcher neben Joseph FM. Lacy sich befand, zum Stillstand. Nur die vereinigte russisch-österreichische Armee unter Suwarow (russisch) und dem ausgezeichneten Herzog von Sachsen-Coburg (österreichisch) war glücklich gewesen und hatte fast die ganze Moldau besetzt. Im Uebrigen jedoch waren die Erfolge, wie gesagt, nur sehr geringe, um so geringere, als Joseph eine so ansehnliche Macht ans die Beine gestellt hatte. Joseph erkannte, daß doch der Mann, welchen er für gebrechlich hielt, allein im Stande sei, Oesterreichs Fahnen zum Siege zu führen. Und im Volke Oesterreichs machte sich laut der Ruf und das Verlangen erkennbar, Laudonderalte Kriegs in ei st er solle von seinem Landgutc Hadersdorf zu Wien ab-und zur Armee berufen werden. Es geschah; Joseph übertrug ihm den Oberbefehl über die in Croatien und Slavonien aufgestellten Truppen, mit denen Fürst Liechtenstein am 20. April die Belagerung vonDubica begonnen hatte, von der er aber wieder hatte ablassen müssen, worauf der Fürst in eine heftige Krankheit verfiel. Schon die bloße Nachricht von der Berufung Laudon's auf den Kriegsschauplatz beseelte das Heer, welches einer wirklichen Aufmunterung bedurfte. mit neuem Heldenmuthe. Laudon hatte sich unumschränkte Vollmacht ausgebeten, die ihm auch bewilligt wurde. Am 12. August nahm er von Wien und den Wienern Abschied, die ihm Beifall zuklatschten und donnernde Vivats nachjubelten, als er dahin fuhr ..... Schon nach sechs Tagen — der Kaiser hatte ihm, um seine Reise zu fördern, Hofequipagen zur Verfügung stellen lassen — kam er (am 18. August) im Lager vor Dnbica an. Dieser Tag seiner Ankunft — schreibt sein trefflicher Biograph von Janko — wurde für unsere braven Soldaten ein wahrer Festtag, wo sie Laudon nur erblickten, da erfüllten ihre Jubel-rufe die Lüfte. Unter den vielen Ausrufen, die man da zu hören bekam, ist einer zu bezeichnend, als daß man ihn verschweigen könnte, zumal Laudon selbst darüber gelacht haben soll. Einige Soldaten nämlich, welchen das „Hoch Vater Laudon!" und „Es lebe der Held Laudon!" und dergleichen zu wenig schien, schrieen, als sie seiner ansichtig wurden, plötzlich: „Es lebe der heilige Laudon!" Dieß mochte ihnen als das wirksamste erscheinen! Doch Laudon entzog sich bald den Jubelkuudgebungen, und nahm bereits am Nachmittage des 18. August einen Kundschaftsritt vor, um die von Liechtenstein's Nachfolger General de Vins vorgenommenen Belagerungsarbeiten zu besichtigen. Er billigte diese Arbeiten und ließ gleich Tags darauf die Besatzung von Dnbica zur Uebergabe auffordern. DaS befreite Bosnien. 6 Allein sie schlug nicht nur ein solches Ansinnen ab, sondern beschloß sogar, unterstützt durch die Bosnier, welche der Pascha von Travnik herbeiführte, das verschanzte Lager der Kaiserlichen zu überfallen. Am 20. Morgens 3 Uhr wurde der erbitterte Angriff gegen beide Flügel unserer Armee unternommen, aber entschieden abgeschlagen. Laudon, der von Verschanzung zu Verschanzung ritt — schreibt Janko — befeuerte den Muth seiner Truppen und setzte sich hiebei derart dem feindlichen Feuer-aus, daß sein Pferd verwundet wurde. Das unglaublichste bei diesem Angriffe war jedoch, daß unsererseits nur zwei Mann blessirt wurden, während die anrückenden Feinde an 700 Mann verloren. Und doch verweigerte die kleine Besatzung von Dubica noch immer die Uebergabe. Laudon beschloß daher, die Holzverbauung der bei der ersten Belagerung (durch Liechtenstein) in die Umfassungsmauer geschossenen Bresche in Brand zu schießen und die Veste mit Hilfe der Flammen zu erobern. Bei der Ausführung dieses Beschlusses fand Artillerie- Major Hübner, ein ergrauter Krieger, der schon 1737 gegen die Türken gekämpft, seinen Tod; er wurde feierlichst in den Laufgräben mit allen militärischen Ehrenbezeugungen zur Erde bestattet. Die Breschebattericn arbeiteten unermüdlich fort; da erbot sich der kühne Jakopöeviü, Feldwebel des St. Geor-ger Regimentes, sich in die Verbauung der Bresche zu schleichen und sie mit Pechkränzen und Faschinen in Brand zu stecken. Am Abend des 23. führte er diese herzhafte That auch aus und kehrte, vom Brande beschädigt, glücklich zurück. Laudon ernannte ihn auf der Stelle zum Lieutenant. Die Bresche stand nun in vollen Flammen bis zum Einbruch der Nacht; der Kugelregen aus den Batterien hinderte alle Lösch- anstalten, die Flammen griffen bis in's Innere des Platzes — aber die Besatzung behauptete sich. Laudvn ließ nun auch noch die Reste des bereits zum größten Theil in Schutt geschossenen Schlosses der Festung in Trümmer legen. Seit dem letzten, mit so bedeutenden Verlusten fehlgeschlagenen Versuche der Türken, das Lager der kaiserlichen Truppen zu erstürmen, war ihr Muth gesunken, Uneinigkeit und Mißvergnügen zwischen ihre Schaarcn gesaet. Sie verließen von Tag zu Tag in zahlreicheren Haufen das Lager von Agino-Berdo, am 26. war es gänzlich verlassen. Jetzt sah die Besatzung von Dubica, daß auch ihre Stunde gekommen sei. Am selben Tage 9 Uhr Morgens ward von ihrer Seite um eine Unterredung angesucht. Sie ward unsererseits gewährt und vier Türken erschienen vor Laudon. Sehr unterwürfig baten sie um freien Abzug. Den konnte der Feldherr nicht gewähren. Nach dreistündiger Bedenkzeit erschienen sie wieder vor ihm und schlossen eine Uebergabe auf Gnade und Ungnade. Den ruhmwürdigen Vertheidigern ihrer Sache wußte Laudon solche Kapitulation möglichst ehrenvoll zu gestalten. 414 Mann kamen in Gefangenschaft, außerdem wurden 10 Metallkanonen, 3 eiserne Kanonen, 304 Flinten und andere Waffen, 6 Centner Pulver, sowie 100 Metzen Weizen und Hirse erbeutet. Dubica selbst ward gereinigt und in Stand gesetzt. Es war der September herangekommen und Laudon sah ein, daß ihm die vorgerückte Jahreszeit keinen Stillstand gönne, wenn das Ziel des Feldzuges noch erreicht werden sollte. Deßhalb ließ er 42 Pontons, 54 Lastwagen mit Be- lagerungswerkzeugen, 6 Bataillone, Vs Schwadron Husaren, 1 Compagnie Sappeure und Vs Compagnie Mineure nach Novi abrücken. Der Rest des Corps verblieb bei Dubica, um die Unna bei Novi zu bewachen. Laudon selbst nahm o» sein Hauptquartier in Dvor vor 'Novi (6. September). Laudon war der Meinung, daß es die Absicht des bei Priedor stehenden Feindes sein müsse, einen in der Nähe Novi's am Einflüsse der Sanna in die Unna gelegenen Berg Mihinovac zu erreichen, dessen rauhe Zugänge zu verschanzen und von dort aus dieselben Belästigungen für die Belagerer zu unternehmen, wie es vom Berge Begovstan und Agino-Berdo bei Dubica geschah, oder gegen diesen Ort zurückzukehren. Indessen that der Feind keines von beiden, weil er eine Vorrückung der Kaiserlichen über Kozaracz nach Banjaluka zu erwarten schien. Laudon benutzte sogleich diese Un-thätigkeit, indem er eine Brücke über die Unna schlagen, den Berg Mihinovac besetzen und eine „Redoute" daselbst auswerfen ließ. Am 7. September langte die von Laudon zur Belagerung von Novi ausgewählte Infanterie, 8900 Mann (in 10 Bataillonen), vor der Festung an, deren Beschießung am 11. September begann. Das Feuer der Unseren war so lebhaft, daß das türkische Geschütz bald zum Schweigen gebracht wurde. Die Belagerung ward nach dem damaligen Gebrauche nach allen Regeln der Kriegskunst sistematisch ausgeführt und erwies sich als ein Meisterstück ihrer Zeit. Schon litt man in der Festung Mangel an Lebensmitteln, aber eine Aufforderung zur Uebergabe blieb ungehört. Da ließen am 16. September Abends 80 fremde Bosnier bei Laudon um freien Abzug bitten, da sie durch den Ueber-muth der alten Besatzung stets an die gefährlichsten Stellen verwendet würden und die Noth um sich greife. Der Abgesandte, welchen aber Laudon in Gewahrsam bringen ließ, weil er an der Aufrichtigkeit des Antrages zweifelte, gab ferner an, daß in der Festung von 2000 Mann schon bei 300 theils dem Tode erlegen, theils durch Wunden kampfunfähig geworden seien. Als die Unseren am 17. gegen die „Vorgraben" herausgegangen waren, wurden die 80 Bosnier, die richtig erschienen, zu Kriegsgefangenen gemacht. In der Nacht zum 18. wurde der „Vorgraben" in Besitz genommen und die Mineurs gingen der Festungsmauer zu Leibe .... Inzwischen war die Nachricht eingetroffen, daß des Feindes ganze Stärke zu einem Entsätze von Novi aufgebrochen sei. Laudon traf sogleich alle Anstalten, um ihn gehörig zu empfangen und ließ die Festung während des 18. September mit gesteigerter Lebhaftigkeit aus allen Batterien beschießen. Am 20. erschien denn auch wirklich ein Entsatzcorps von circa 7000 Mann und griff unseren linken Flügel bei Mihi-novac an. Unsere Truppen, 5 Bataillone, schlugen aber, durch die Anwesenheit des rasch dahergcsprengtcn geliebten Feldherrn nicht wenig angefeuert, alle Angriffe entschieden ab, und brachten dem Feind einen Verlust von 300 Todten und Verwundeten bei. Nach dem dritten abgeschlagenen Sturm ließ Laudon zwei Compagnien in der einen Flanke und zwei in der entgegengesetzten hervorrücken. Der Feind, vollends entmuthigt, ergriff die Flucht. Laudon war ununterbrochen unter seinen Soldaten und ordnete alles Persönlich an und überwachte alles persönlich. Ja er ging darin oft zu weit. Deßhalb erlebte er denn auch folgendes Abenteuer: Laudon hatte sich zu weit vor die „Redouten" gewagt, ein Corpora! der Artillerie, welchem die gefahrvolle zu sehr ausgesetzte Lage seines Feldherrn großen Kummer machte, nahm sich die Freiheit, ihn zu erinnern, daß hier der Ort für ihn nicht sei, um sich länger da aufzuhalten. Als aber Laudon, darauf nicht achtend, noch blieb, kam der Corpora! wieder und sagte: „Ich kann Eure Excellenz hier nicht sehen," faßte ihn zugleich um den Leib und trug ihn nach rückwärts. „Hier" — sprach der Corporal — „sind Eure Excellenz etwas sicherer, denn wenn Sie uns verloren gehen, so ist Alles verloren." Laudon, gerührt über den edlen Willen des Mannes, beschenkte ihn mit sechs Ducaten und sagte: „Diese gebe ich Ihm nicht, weil Er mich zum Poltron gemacht, sondern wegen seiner guten Meinung für mich". Der Corporal eilte sodann zu seinem Posten zurück und that Wunder der Tapferkeit; er hatte nur zu gut über die Gefährlichkeit des Platzes geurtheilt, denn an derselben Stelle, von wo er den Feldherrn weggetragen, wurden zwei Kanoniere kurze Zeit nach Laudon's Entfernung getödtet. Während der Abwehr gegen das Entsatzhcer schwieg das Feuer in der Batterie keine Minute, die hier und in den Laufgräben befindlichen Truppen riefen aus freiem Antriebe ihrem „Vater Laudon" ein dreimaliges Vivat zu und feuerten selbst mit Kleingewehr auf die Festung. Am 21. sollte der Angriff von den Freiwilligen aller acht Bataillone unternommen worden, im Ganzen 15 Offiziere und 671 Mann. Die Stürmenden bildeten vier Colonnen, deren erste Reihen mit Cürassen und Pickelhauben ausgerüstet waren. Mit Muth und Entschlossenheit, mit aller Anstrengung gingen sie auf die Höhe der Bresche, aber die Türken begegneten ihnen mit verzweifelter Gegenwehr, mit heftigem Flintenfcuer und dem Gebrauche langer Lanzen; die Stürmenden wurden zu Boden geworfen und vom Steinregen und Balkentrümmern begraben. Laudon, selbst Augenzeuge, befahl der Reserve, die Anstrengungen der todesmuthigen Stürmer zu unterstützen. Aber gar bald gerieth die Reserve zwischen Trümmern und Todten in Verwirrung, da stieg unser Held Laudon in eigener Person in den Graben hinab, um sieggewohnt, die eigene Kühnheit den Unentschlossenen mitzutheilen. Allein vergeblich. Kugeln und Steine rissen immer mehr und mehr Leute in den überfüllten Graben nieder, bis es der Marschall für nöthig fand, die Stürmenden nach den Laufgräben zurückzuschicken. Mit Thränen rief er aus: „Noch ist mir kein Sturm abgeschlagen worden, als jetzt der siebzehnte." Unsere Verluste waren groß, denn man zählte 80 Todte und 210 Verwundete, also beinahe die Hälfte der verwendeten Mannschaft. Am 1. October ließ Laudon die Besatzung nochmals zur Uebergabe auffordern, da sie aber auch dießmal abschlägig antwortete, wurde die große Mine gezündet. Unter einem' entsetzlichen GeschreiderTürkenhobsichdieWasser-bastion in die Höhe und fiel zur Hälfte geborsten zusa Minen. Die Truppen standen zum Sturme bereit, aber neuerlich gabs einen Aufenthalt; die Gräben waren nämlich in Folge eingetretener Regengüsse mit Wasser gefüllt, es mußten also erst Dämme und Brücken zum Uebergang hergestellt werden. Das war am 3. Oktober geschehen. An diesem Tage — so wollte es Laudon — sollte der erneuerte Sturm auf Novi beginnen. Die Entwürfe bis in das Kleinste der Ausführung waren sein unmittelbares Werk. Wieder wurden die Freiwilligen sämmtlicher Bataillone ausgewählt und in drei Colonnen getheilt; im Ganzen verwendete man 39 Offiziere und 1399 Mann vom Feldwebel abwärts. Die Offiziere und die ersten Reihen waren wieder mit Cürassen und Pickelhauben versehen. Der Nebel hatte sich am 3. October Früh 7 Uhr kaum gehoben, als drei schnell aufeinander folgende Kanonenschüsse das Zeichen zum Angriff gaben. Die Abtheilungen setzten sich rasch in Bewegung und sahen ihre Tapferkeit, ihre Verachtung der Todesgefahr, welche ihnen durch Kugel, Schwert, Spieße und Steine drohte, trotz der hartnäckigen Gegenwehr der Besatzung, diesmal mit dem besten Erfolge gekrönt. Unter Laudon's Augen wurden gleichzeitig zwei Sechspsiinder aufgefahren, „placirt" und das Innere der Festung mit Heftigkeit beschossen. Die Türken suchten dieses Beginnen durch eine Mine zu vereiteln, welche aber nach ihrem Losgehen („Tagen") den Schutt auf die eigenen Mineure zurückwarf. Die Stürmer behaupteten die Höhe der „Courtine" (Mittelwall), welche rasch mit fünf Geschützen „gekrönt" wurde. Jetzt hatten die Kaiserlichen entschieden die Oberhand. Bald gaben die Türken jede Hoffnung, die Veste weiter behaupten zu können, aus und — ergaben sich, nachdem sie vorher vergebens um freien Abzug gebeten hatten. Die Garnison, 591 Mann, ward kricgsgcfangen erklärt und marschirte am 4. Oktober nach Dvor, dann nach Slavonien, der Pascha wie der Bey behielten ihre Waffen. Das Innere der Veste wies, wie das von Dubica, ein Bild grausenhafter Zerstörung! Die Türken hatten auch hier wie in Dubica ihren alten Ruf, ausgezeichnete Vertheidiger fester Plätze zu sein, auf das Glänzendste bewährt! Der Sieger fand in der vom Feinde geräumten Festung Novi 36 Kanonen, 4 Pöller, 130 Wallflinten, eine Menge Gewehre, Pistolen, Lanzen, Säbel u. s. w. 13.000 Musketenpatronen, 13.600 Pfund Pulver, einigL Tausend Kugeln, einige Tausend Metzen Weizen und Hirse, sowie eine Anzahl Schlachtvieh. Laudon's kühner Beharrlichkeit und der begeisterte Muth von 14.000 tapfern Freiwilligen hatten ihm Novi gewonnen. Ihr Verlust betrug 220 Mann todt, 353 Mann verwundet; der Feind hatte 400 Todte verloren. Laudon war jetzt Herr der ganzen unteren Unna, und konnte gestützt auf den Besitz zweier festen Plätze, seine siegreichen Unternehmungen bis an die Vrbas ausdehnen. Doch die vorgerückte Jahreszeit und die in ihr herrschenden Elemente nöthigten zum Schluß des Fcldzugs von 1788. Die Erwerbung von Berbir (Gradiska-Bosanska) das allein noch der vollständigen Freiheit auf der Save trotzte — Üabac war ja schon im Frühjahre genommen worden — wäre noch für dieß Jahr erwünscht gewesen, da es für den nächsten Feldzug ausgedehntere Unternehmungen ermöglicht hätte. Laudon traf zwar Anstalten zur Belagerung von „Berbir", doch die imnier näherrückende Regenzeit nöthigte ihn, das Unternehmen für dieses Jahr aufzugeben. Er verlegte seine Truppen in die „Cantouirungsquartiere". Nachdem er noch einen Abstecher zum Kaiser nach Semlin gemacht, dort einem Kriegsrathe und einem Theresiensordenscapitel beigewohnt, dann 8abac besichtigt und in Altgradiska das Commando an de Vins übergeben, reiste Laudon nach Wien. Hier ward der Sieger und Held aus Bosnien festlich begrüßt, er hielt am 9. December, von mehr als 20 Equipagen mit Männern und Frauen hervorragender Stellung, die ihm zwei Meilen entgegengefahren, eingeholt, seinen Einzug bei den geliebten Wienern, allseitig herzlichst und mit Jubel empfangen! Auch Kaiser Joseph kehrte nach Wien zurück (5. December). Alsbald wurde damit begonnen, den Erfolg des nächsten Feldzuges sicher zu stellen. Joseph bemühte sich, das Heer durch Nachschübe zu ergänzen und die Magazine zu füllen, auch durch Belehrung über die Kampsweise der Türken, die durch Ueberzahl, fanatischen Angriff, tollkühne Reiterei, gute Schußwaffen besonders wirkten,*) die Truppen gefaßter und ihre Führer in der Leitung sicherer zu machen. Laudon und Haddik hatten bereits die schwerfällige Kampfwcise der Unsern den Zeitverhältnissen und den Eigenthümlich' keiten des Feindes entsprechend umgeändert. Man hatte die großen, die Kavallerie einschließenden Vierecke abgeschafft, und Quarrä's *) Die Türken trafen auf 300 Schritte die Offiziere aus den Reihen der Unseren heraus. gebildet; die sogenannten „spanischen Reiter" fielen, der Kavallerie gab man Freiheit der Bewegung und die Geschütze manövrirten in den Zwischenräumen von Flügeln der staffelförmig aufgestellten Infanterie. Unter solchen Uebungen und dem Entwürfe der „Operationen" für 1789 rückte der Lenz dieses Jahres heran. Der Kaiser war inzwischen erkrankt und sandte nun den FM. Haddtk als Commandanten zur Hauptarmee, Laudon wieder zur croatisch-slavonischen Armee. Bevor aber beide noch zur Armee abgehen konnten, hatte sich die Krankheit Kaiser Joseph's so verschlimmert, daß er sich das Hl. Abendmahl reichen ließ. Die beiden Marschälle begleiteten die Procession und es war für die Zuseher ebenso rührend als erhebend, als der 79jährige Haddik den 73jährigen, von einem Unwohlsein noch schwächlichen Laudon unter dem Arme über die Hoftreppe führte. Das Publikum rief bei Laudon's Zurückkunft enthusiastisch „Vivat" und dem Helden traten Freuden-thränen in die Augen. Am 4. Mai ging Laudon zur Armee nach Croatien ab. Die Landschaft des benachbarten Krain, die dazumal noch in ihrer Gesammtheit den Kampf gegen den „Erbfeind der Christenheit" als eine österreichisch-patriotische That zu würdigen verstand, sie ernannte Laudon in der am selben 4. Mai abgehaltenen offenen Landtagssitzung zum „Mitlandmann" des Herzogthums Krain. „Durch Ihren Heldenarm geschützt — heißt es in dem Begleitschreiben — genießen die Stände des Herzogthums Krain in der Nachbarschaft des fürchterlichsten Krieges, umgeben von dem Geräusche der Waffen, die Wonne des Friedens." Laudon langte zur größten Freude der Armee am 8. Mai in Altgradiska an, von hier ging er am 17- nach Dubica und Carlstadt und ordnete die nach und nach versammelten Truppen. Das kroatische Armeecorps zählte im Ganzen jetzt 34500 Mann zu Fuß und 3000 Reiter, wovon 15.900 Mann mit 300 Pferden zur Belagerung von Berbir verwendet wurden. Am 9. Juni schlug Laudon das Hauptquartier iu Alt-Gradiska auf, wo sich seine zur Belagerung von Berbir bestimmten Truppen zu sammeln hatten. Berbir (Gradiska Bosanska) war ebenso befestigt wie Dubica und Novi, außerdem umgab den Platz in einem weiten Halbkreise dichtes Gehölz, welches den Anmarsch eines Entsatzheeres leicht verbergen konnte. Am 22, Juni waren alle Anstalten zum Uebergang über die Save getroffen. Vom Nebel begünstigt, ward eine Brücke geschlagen, die der Feind zu spät entdeckte. Um 8 Uhr Morgens am 23. ward mit der Beschießung Berbirs begonnen und dauerte die Kanonade bis in die Nacht. In derselben Nacht überschritten 4000 Arbeiter, von welchen jeder ein Schanzzeug und eine Pallissade trug, sowie vier Bataillone Infanterie mit 12 Kanonen die Brücke. Da die Linien, welche verschanzt werden sollten, bereits bezeichnet waren, so gingen die durch 270 Scharfschützen gedeckten Arbeiten ohne Störung von Statten. Vom 24. Juni bis 8. Juli wurde die regelrechte Belagerung — während welcher noch zwei Brücken geschlagen werden mußten — fortgesetzt; dazwischen mußte Laudon Anstalten treffen, um das unter dem Schutze des erwähnten Gehölzes herangerückte Entsatzcorps der Türken zurückzuweisen. Da sah man plötzlich am 8. Juli die bisher ruhig im Gehölz gestandenen feindlichen Abtheilungen ihre Zelte abbrechen und sich zurückziehen. Jetzt war auch für die Besatzung von Gradiska Bosanska die Stunde der Entscheidung gekommen, es schien, daß sie nur zwischen äußerster Vertheidigung und Ueber-gabe wählen könne. Aber der listige Türke wählte im letzten Augenblicke noch einen Mittelweg — die Flucht. Den ganzen Morgen des 8. Juli und bis Nachmittag 4 Uhr hinein standen die tief ins Gehölz zurückgezogenen -r ZLNkO SMI'ekL'' ^ Türken im lebhaftesten Verkehre mit dem Platze. Einzelne Reiter ritten kühn durch den Kugelregen der Belagerer nach Berbir, andere ritten von da nach dem Lager in's Gehölz. Es herrschte eine solche Thätigkeit, daß kein Schuß mehr von den Wällen fiel. Aber erst um 5 Uhr flüchtete aus der Festung, was flüchten konnte einzeln und zu Pferde mit dem Gepäck auf dem Rücken auf dem Wege nach Banjaluka ins Gehölz, begleitet von einen ununterbrochenen Gewehr-- und Geschützfeuer der Belagerer. Gleich darauf schien jede Spur eines Feindes verschwunden. Als mehrere „Freiwillige" des Bclagcrungscorps die Wälle erstiegen hatten und ihnen die Truppen aus den Laufgräben gefolgt waren, fand man die Festung leer, bis auf einen schlafenden Griechen von Menschen ganz verlassen! Die Besatzung, im Lause der Belagerung bis auf 50 Mann zusammengeschmolzen, war der Gefangenschaft durch ihre Flucht ins Gehölz zu dem 3000 Manu starken Entsatzhecr entgangen. Daß auch Laudon seine Siege gegen die Türken mit der Einnahme Belgrads <8. October 1789) krönte, gleichwie Prinz Eugen, ist wohl allbekannt, und noch heute kennt man die Volkslieder, die ihn dafür gefeiert, gleichwie die Volkspoesie 72 Jahre vorher den „Prinz Eugenius den edlen Ritter" für die Eroberung dieses wichtigen Platzes (15. August 1717) gefeiert hat, der heute die Hauptstadt des „frcundnach-barlichen" Serbenstaates bildet! AZW. Ireiherr von WhikippovW und die „Hccupalion." Vorbereitungen. Während der „Berliner Congreß" an der Fertigung seines Friedenswerkes rüstig arbeitete und die Mitglieder desselben sich klar geworden, daß in Bosnien und der Herzegowina bessere und zunächst die Ruhe der österreichischen Nachbarländer verbürgende Zustände hergestellt werden müßten, wurden die Verhältnisse in den genannten Ländern, insbesonders in Bosnien, von Tag zu Tag verwirrter. Zahlreiche umherstreifende Deserteurs des türkischen Militärs, eine Folge der durch den russisch-türkischen Krieg hervorgerufenen Massenconscriptivnen, trieben immer mehr und immer größeres Unwesen. Sie irrten raubend und plündernd von Ort zu Ort, von Gehöft zu Gehöft, legten sich in Banden in die Bauernhäuser ins Quartier, trieben von den Bauern Kontribution ein oder ließen sich mehrere Tage hindurch von ihnen verpflegen und suchten, wenn der eine Bauer erschöpft war, dessen Nachbarn auf. Natürlich fehlte es ab und zu nicht an Weigerungen von Seite der Bauern und dann gab es Kampf mit wechselndem und verschiedenartigem Ausgange. Die Städter wagten sich nicht auf die Landstraße, aus Angst, diesen Kämpfern und Räubern in die Hände zu fallen. In der That, cs verging kaum ein Tag, an dem nicht von solchen Kämpfen berichtet wurde. Das Maß der türkischen Wirthschaft in Bosnien war voll. Was Wunder daher, daß Oesterreich, welches durch die Vorgänge daselbst bereits arg genug ins Mitleid gezogen worden, auf dem Berliner Congrcsse durch seinen Minister des Auswärtigen Grafen Andr-issy auf eine Aenderung der herrschenden Zustände daselbst, auf eine endliche Regelung derselben drängte. Es war in der für die Geschichte Oesterreich-Ungarns denkwürdigen Sitzung des Congresses am 28. Juni 1878, daß und zwar gleich am Beginne derselben Se. Excellenz Graf Andrüssy sich erhob und ein Memorandum vorlas, worin u. A. darauf hingewiesen wurde, „wie Oesterreich seit drei Jahren genöthigt sei, mehr als 200.000 Flüchtlinge aus Bosnien mit einem Kostcnaufwande von bereits 10 Millionen Gulden zu unterhalten und wie diese Flüchtlinge sich weigern, nach Bosnien zurückzukehren, so lange es sich unter türkischer Herrschaft befinde". Graf AndrLssy zeigte ferner, daß die Türkei nicht im Stande, daß sie nicht in der Lage sei, die Ruhe in diesen Provinzen herzustellen und aufrecht zu erhalten, daß letztere immer in einem Zustande des Elends und von Empörungen gegen die türkische Herrschaft verbleiben würde, daß diese Aufrühre unvermeidlich die angrenzende (slavische) Bevölkerung Oesterreich-Ungarns ergreifen würden und daß der Congreß, wenn er die Fortdauer solcher Zustände gestatte, eine ernste Verantwortung für die künftige Ruhe Europa's auf sich nehme. Der Congreß möge zu irgend einem Entschlüsse kommen und Oesterreich werde, sobald dieser annehmbar erscheine und namentlich die dauernde Beruhigung der beiden Provinzen herbeizuführen vermöchte, der Erste ihm beitreten. Alsbald erhob sich der englische Bevollmächtigte Marquis of Salisbury und beantragte: der Congreß möge beschließen, daß Oesterreich mit der Occupatio» Bosniens und der Herze-gowina sowie mit der Verwaltung dieser Provinzen betraut werde; es sei im öffentlichen Int eresse Europa's gelegen, diese Provinzen unter den unmittelbaren Schutz eines mächtigen Staates zu stellen und dieser sei Oesterreich als der unmittelbare .Nachbar. Dieser Antrag ward von den Bevollmächtigten der übrigen Staaten gebilligt und Andrässy erklärte, daß er diesen vom Congreß gefaßten Beschluß im Namen der österreichisch-ungarischen Monarchie annehme. Oesterreich-Ungarn erhielt von Europa förmlich „d a s Mandat zur Occupatio n" und die Türkei unterzeichnete mit den „Berliner Vertrag", dessen Artikel 25 also lautet: „Die Provinzen Bosnien und Herzegowina sollen von Oesterreich-Ungarn besetzt und verwaltet werden. Da die österreichisch-ungarische Regierung nicht wünsche, sich mit der Verwaltung des Sandschaks von Novibazar zu befassen, welches sich zwischen Serbien und Montenegro in südwestlicher Richtung bis über Mitrowitza erstreckt, wird die ottomanische Verwaltung fortfahren, dort zu functioniren. Nichtsdestoweniger behält sich Oesterreich-Ungarn, um die Aufrechthaltung des neuen politischen Zustandes, ebenso wie die Freiheit und Sicherheit der Com-municationswege zu sichern, das Recht vor, Garnisonen zu halten und militärische und Handelsstraßen im ganzen Umfange dieses Theiles des alten Vilajets von Bosnien zu besetzen. Zu diesen Zwecken behalten sich die Regierungen von Oesterreich-Ungarn und der Türkei vor, über die Details sich in's Einverständniß zu setzen." Schon während der Congreß noch tagte, wurden in Oesterreich-Ungarn, wo man sich über den Ausgang desselben keinem Zweifel hingab, alle militärischen Vorbereitungen getroffen, um dem diplomatischen Ansspruche unsererseits rasch das militärische Eingreifen folgen zu lassen. Es mußte zugleich dafür Sorge getragen werden, bei uns das neue Wehrgesetz zu durchschlagendem Erfolge zu bringen und im Hinblicke auf das seit Jahren verwüstete und ausgesogene Land, das „zu occupiren" bevorstand, der operirenden Armee alle Bedingungen für ihr Wirken und ihre Existenz so rasch als möglich gleichsam aus den Boden zu stampfen. Dieser Sorge ward nach beiden Seiten hin das vollste Genügen. Kaum war die „Mobilisirungsordre" erlassen, so wirkten in den von derselben berührten Provinzen alle berufenen Faktoren mit aller Pünktlichkeit und Genauigkeit zusammen, so daß dem Geiste unseres neuen „Wchrgesetzes" in ersprießlichster Weise entsprochen werden konnte. Ich werde an anderer Stelle das Allerhöchste Handschreiben anführen, mit welchem Se. kais. und königl. Apostol. Majestät unser Allergnädigster Kaiser und Herr Franz Josef I. nach Beendigung des Occupations-zuges den Völkern beider Rcichshälftcn den Allerhöchsten Dank für die exacte Durchführung der Mobilisirung ausgedrückt hat. Zum ersten Male seit der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht wurden die Reserven „ins Feld" geführt und sofort zeigten sich wieder wie bei jedem Anlasse der den Völ -kern Oesterreich-Ungarns ureigene eminent patriotische Sinn und die sprichwörtliche österreichische Mildherzigkeit in ihrem glänzendsten Lichte. Das Loos der zurückbleibenden Reservistenfamilien ging den österreichischen Völkern besonders nahe und im Augenblicke waren Corporationen und Private aller Orten bei der Hand, um Beiträge für die meist Darbenden ans der Schaar der so Plötzlich Verlassenen zu sammeln. Wie immer, wo es gilt, gleich und ausgiebig zu helfen, erscheint aber auch hier der Allerhöchste Hof, das erlauchte hoheKaiserhaus an der Spitze der Geber und noch im späteren Verlaufe hat Se. Majestät der Kaiser anzuordnen geruht, daß das Erträgniß der Wohl-thütigkeitslotterie vom März d. I. den Familien der Mobili-sirten zu Gute zu kommen habe. Der Abzug und der Durchmarsch der mobilisirten Regimenter und einzelner Truppenkörper war in Dorf und Stadt von gleich herzlichen Abschiedsscenen begleitet und die aufrichtigsten und innigsten Segenswünsche für das Glück und den Ruhm des österreichischen Namens in dem neuen Laude begleiteten unsere Soldaten allwegs! Das Commandodes ursprünglich „13. Armee-corps" benannten Occu pationscorps hatte Se-Majestät in die Hände Sr. Excellenz des FZM-JosefFreiherrnvon Philippoviö gelegt, welcherdurch seine hervorragenden militärischen und sonstigen Eigenschaften, durch seine genaue Kenntniß der südslavischen Länder und speciell Bosniens, durch seine hohe geistige Bildung, durch seine bewährte loyale patriotische Hingebung an Dynastie und Reich, durch seine Beliebtheit in der Armee und bei denKameradenzu einer so bedeutungsvollen Mission als vorzüglich geeignet erschien und, wie der Erfolg lehrte, sich auch erwies. Eine besondere Auszeichnung ward den Occupationstruppen Seitens Sr. Majestät dadurch weiters zu Theil, daß Aller-höchstdiesclbe das Commando der mobilen Gebirgsbrigadc Sr. kaiserlichen Hoheit dem dnrchl. Herrn Erzherzoge Johann Salvator übertrugen. Diese Entsendung eines so hervorragenden Mitgliedes des erlauchten Kaiserhauses zur Occupa-tionsarmee rief in den Reihen derselben die lebhafteste Befriedigung hervor. Am 21. Juli traf FZM. Freiherr von Philippo viö in dem zu Brood stationirten Hauptquartiere ein und bereitete — des Allerh. Befehls zur Ueberschrcitung der Reichsgrenzen zur Stunde gewärtig — bei den allmälig sich nach den bereits bestimmten Uebergangspunkten zusammenziehenden Truppen alles zur Expedition Nöthige ans das Sorgfältigste vor. Da» befreite Bosnien. 7 Am 29. Juli erfolgte dieser Uebergang in das zu occupirende Gebiet von Bosnien. Wenige Tage vorher erließ der Commandirende der Occupationstruppen Se. Exe. FZM. Freiherr von Philippoviä eine Proklamation an die Bewohner von Bosnien und der Herzegowina worin er dieselben über die Absichten Oesterreich-Ungarns und über die bevorstehende Verwirklichung und Ausführung derselben aufzuklären suchte. Diese Proklamation, die dem altvstcrreichischen Rufe der Offenheit und Ehrlichkeit so schön entspricht, sie lautet wörtlich wie folgt: Bewohner von Bosnien und der Herzegowina. Die Truppen des Kaisers von Oesterreich und Königs von Ungarn sind im Begriffe, die Grenze Eures Landes zu überschreite». Sie kommen nicht als Feinde, um sich dieses Landes gewaltsam zu bemächtigen. Sic kommen als Freunde, um den Uebeln ein Ende zu bereiten, welche seit einer Reihe von Jahren nicht nur Bosnien und die Herzegowina, sondern auch die angrenzenden Länder von Oesterreich-Ungarn beunruhigen. Der Kaiser und König hat mit Schmerz vernommen, daß der Bürgerkrieg dieß schöne Land verwüstet — daß die Bewohner desselben Landes einander bekriegen — daß Handel und Wandel unterbrochen, Eure Heerden dem Raube Preisgegeben, Eure Felder unbebaut sind und das Elend heimisch geworden ist in Stadt und Land. Große und schwere Ereignisse haben es Eurer Regierung unmöglich gemacht, die Ruhe und Eintracht, ans denen die Wohlfahrt des Volkes beruht, dauernd herzustellen. Der Kaiser und König konnte nicht länger ansehen, wie Gewaltthätigkeit und Unfriede in der Nähe Seiner Provinzen herrschten, wie Noth und Elend an die Grenzen Seiner Staaten pochten. Er hat das Auge der europäischen Staaten auf Eure Lage gelenkt und im Rathe der Völker wurde einstimmig beschlossen, das, Oesterreich-Ungarn Euch die Ruhe und Wohlfahrt wieder gebe, die Ihr so lange entbehrt. Seine Majestät der Sultan, von dem Wunsche für Euer Wohl beseelt, hat sich bewogen gefunden, Euch dem Schutze seines mächtigen Freundes, des Kaisers und Königs anzuvertrauen. So werden denn die k. und k. Truppen in Eurer Mitte erscheinen . . Sie bringen Euch nicht den Krieg, sondern bringen Euch den Frieden. Unsere Waffen sollen Jeden schützen und Keinen unterdrücken. Der Kaiser und König befiehlt, daß alle Söhne dieses Landes gleiches Recht nach dem Gesetze genießen, daß sie alle geschützt werden in ihrem Leben, in ihrem Glauben, in ihrem Hab und Gut. Eure Gesetze und Einrichtungen sollen nicht willkürlich umgestoßen, Eure Sitten und Gebräuche sollen geschont werden. Nichts soll gewaltsam verändert werden ohne reifliche Erwägung dessen, was Euch wohlthut. Die alten Gesetze sollen gelten, bis neue erlassen werden. Von allen weltlichen und geistlichen Behörden wird erwartet, daß sie die Ordnung aufrecht erhalten und die Regierung unterstützen. Die Einkünfte dieses Landes sollen ausschließlich für die Bedürfnisse des Landes verwendet werden. Die rückständigen Steuern der letzten Jahre sollen nicht eingehoben werden. Die Truppen des Kaisers und Königs sollen das Land nicht drücken noch belästigen. Sie werden mit Geld bezahlen, was sie von den Einwohnern bedürfen. Der Kaiser und König kennt Eure Beschwerden und wünscht Euer Wohlergehens Unter Seinem mächtigen Scepter wohnen viele Völker beisammen und jedes spricht seine Sprache. Er herrscht über die Anhänger vieler Religionen und Jeder bekennt frei seinen Glauben. 7* Bewohner von Bosnien und der Herzegowina! Begebt Euch mit Vertrauen unter den Schutz der glorreichen Fahnen von Oesterreich-Ungarn. Empfangt unsere Soldaten als Freunde — gehorchet der Obrigkeit, nehmet Eure Beschäftigung wieder auf und Ihr sollt geschützt sein in den Früchten Eurer Arbeit!" Zugleich richtete Se. Excellenz als der Führer der Truppen an seine Soldaten einen „Befehl", in welchem er auch diesen die Ziele und Zwecke ihres der Humanität und Civilisation gewidmeten Zuges klar stellte und sie auf die Schwierigkeit ihrer Aufgabe aufmerksam machte, die jedoch Willenskraft und Ausdauer sowie die Disciplin österreichischer Soldaten mit Leichtigkeit überwinden werden! Die von den Truppen mit Jubel aufgenommenen Worte ihres Feldherrn, der es so trefflich verstanden, die neue Armee mit dem alten Armeegeiste in richtiger Anpassung an den Fortschritt der Zeiten anzurufen, sie lauten: Soldaten! Der Bürgerkrieg in seiner abschreckendsten Form, ein an unsern Grenzen fanatisch geführter Religions- und Raccnkampf zwang Hundertausende Flüchtlinge vor grausamer Verfolgung Schutz auf österreichisch-ungarischem Boden zu suchen. Seine Majestät der Kaiser, unser oberster Kriegsherr, nicht gewillt, das eigene Gebiet fremden anarchischen Bestrebungen als Tummelplatz preiszugeben und die endlich auch unsere Ruhe und Sicherheit ernstlich bedrohenden Wirren in den Nachbarländern noch länger zu dulden, haben im Einklänge mit sämmtlichen Großmächten Europa's und mit Zustimmung der Pforte beschlossen, diesem unheilvollen Zustande durch die Besetzung Bosniens und der Herzegowina in entschiedener Weise ein Ende zu machen. Treu den Grundsätzen der Loyalität, die von jeher das Gepräge unserer Politik gebildet, ist es auch dießmal nicht Erobernngslnst, sondern die unabweisliche Sorge für die eigene Wohlfahrt, welche uns die Grenzen des Reiches zu überschreiten gebietet. Soldaten! Eure Aufgabe ist klar vorgezcichnet! In einer Euch gleichzeitig bekannt gegebenen Proclamation wird den Bewohnern Bosniens und der Herzegowina in feierlicher Weise das Wort verpfändet, sie unter der Bedingung williger Fügsamkeit in die von mir zu treffenden Maßregeln, als aufrichtige Freunde behandeln, die Rechte jeder Nationalität und Religion, sowie bestehender Sitten und Gebräuche achten, Eigenthum und Hausrecht schützen zu wollen. Euer stets freudiger Gehorsam für die Befehle unseres obersten Kriegsherrn, Eure musterhafte Disciplin bieten mir sichere Gewähr für die Einhaltung dieses in Eurem Namen abgegebenen Versprechens. In Ausführung der uns übertragenen Mission werde ich keine Einsprache dulden, jedem, von welch immer Seite kommenden Widerstand zu begegnen wissen. Soldaten! Eure Aufgabe, edel und erhaben in ihren Zielen, ist eine schwere! Bedingt durch die Verhältnisse der Länder, die ihr betretet, stehen Euch mühevolle Märsche, mangelhafte Unterkünfte, Entbehrungen und Strapazen aller Art bevor. Doch mit voller Zuversicht vertraue ich Eurer Willenskraft und Ausdauer; für Euch ist kein Hinderniß groß genug, das Ihr nicht mit Leichtigkeit zu überwinden vermöchtet. Nochmals, Soldaten, wiederhole ich es — nicht zu einem Siegeszuge, zu harter Arbeit führe ich Euch, verrichtet im Dienste der Humanität und Civilisation. Diese Worte, in ihrer Anwendung so oft mißbraucht, sie sollen unter den Fittichen des Doppelaars durch Euch zu erhöhtem Ansehen, zu neuem Glanze, wahrer Geltung gelangen." „Empfangt unsere Soldaten als Freunde." Mit dieser Aufforderung schloß die „Proclamation" an die Bewohner der zu occupirenden Provinzen. Daß diese Aufforderung kein Gehör fand, dafür hatten in den ohnedies hartgeprüften Landen, die „geheimen Feinde" -Oesterreichs gesorgt. Daß aber diese geheimen Feinde Oesterreichs, denen die augenblickliche Empörung der Bewohner Bosniens gegen die anrückenden k. k. Truppen gelungen war, trotzdem schließlich nicht frohlocken konnten, das dankt Oesterreich-Ungarn dem Heldenmuthe seiner Armee und der Thatkraft nnd Umsicht ihres Führers! Orr Urlicrgang über die Savr. Am 29. Juli Morgens begann bei Brood, Altgradisca, Kostajnica und öamac der Ucbergang der k. k. Truppen über die Save und Unna zum Einmärsche in Bosnien. Bei Brood rückte die Hauptcolonne des Occupations-corps — VI. Jnfanterie-Truppendivision FML v. Tegetthoff, 39. Infanterie-Brigade und die Corpsreserven mit der Vorhut hinüber. Zuerst überschiffte das 27. Jägerbataillon, dessen Landung ohne jeden Widerstand erfolgte. Nun wurde mit gewohnter Geschicklichkeit, Genauigkeit und Schnelligkeit die „Brücke geschlagen", welche Arbeit in 2 Vs Stunden vollendet war. Während dieses Brückenschlags spielte sich ein unerwarteter und für die Türken bezeichnender Zwischenfall ab. Es kam nämlich über den Strom herüber zu unserm Commando ein türkischer Bimbaschi (Major) in Begleitung einiger Civilbeamtcn und wollte Sr. Exe. dem FZM. Baron Philippovie ein Schriftstück — einen Protest — gegen das Einrücken unserer Armee in Bosnien überreichen, nachdem doch der Sultan seine Zustimmung zu dem „Berliner Vertrage" gegeben. Der Com-mandirende lehnte jedoch die Annahme des Protestes natürlich ab, worauf die Türken das Schriftstück auf den Boden nieder- legen wollten, sich aber doch schließlich eines Besseren besinnend, dasselbe wieder mit sich fortnahmen. Als die Brücke fertig geworden, es war 8 V2 Uhr Morgens, rückten unsere Soldaten unter donnernden Hoch und Eljens hinüber, als Avantgarde: eine Husaren-Escadron, Infanterie und Gebirgsartillerie; die Musikbanden spielten die Volkshymne, die zu Tausenden am Ufer versammelte Volksmenge fiel mit Jubelrufen und begeisterten Xiviv's ein, welcher Jubel sich noch steigerte, als auf dem bosnische» Ufer die schwarzgelbe Kaiser-flagge aufgehißt wurde. Es war dieß ein hochfeierlicher tief ergreifender Moment; ein neuer Markstein ward in diesem Augenblicke in der Geschichte Bosniens aufgerichtet! Daß er eine so blutige Weihe erhalten sollte, wie sic alsbald stattfand, noch war es den allgemeinen Blicken verhüllt----------------! Unsere muntern Jäger hatten sofort das auf der bosnischen Seite gelegene Wachthaus bezogen und bildeten so die erste Ehrenwache der schwarzgelben Fahne im neuen Lande; eine Gruppe von circa 30 türkischen Soldaten umstand neugierig und verdutzt dreinschauend diese erste österreichische Hauptwache auf bosnischem Boden. Kanonendonner begrüßte die lustig im Winde flatternde Kaiserflagge und der Commandirende empfing bald darauf die rasch aus Brod bosanski (Bosnisch-Brod) herbeigeeilten, ihre Loyalität bezeugenden Begs und angesehenen mohammedanischen Grundbesitzer, dann Deputationen christlicher Notabilitäten, darunter Colonistcn aus Oesterreich-Ungarn (Slavonien), die sich daselbst mit Handel, Gewerbe und Oekonomie beschäftigen. Gleichzeitig wie bei Brood — 6 Uhr Morgens — war auch bei Altgradisca der Uebcrgang des Gros der VII. Jnfanterie-Truppendivision—Divisionär Se. königl. Hoheit FML. Herzog von Württemberg — und der Vorhut — unter Befehl Sr. kais. Hoheit des durchl. Hrn. Erzherzog Johann Salvator — in Angriff genommen worden. Auf einer riesigen aus drei zusammengekuppelten Schleppschiffen gefertigten Fähre, die vom Savedampfer Szamos „bugsirt" wurde, fuhren nach und nach drei Compagnien des 22. Inf. Regiments FML Weber über die Save. Nach der Landung dieser äußersten Vorhut wurde unmittelbar in das Innere Bosnisch-Gradisca's marschirt, es wurden alle Ausgänge besetzt, Vorposten aufgestellt, auch sich aller Karaulas (türkischer Wacht-häuser) im Festungsbereiche versichert. Nun ward auf einem riesigen Mastbaume auf dem Walle die kaiserliche schwarzgelbe Fahne gehißt. Im selben Augenblicke begannen 21 Salutschüsse von Alt-Gradiska herüber zu dröhnen, die Volkshymne erklang und ein donnerndes nicht endenwollendes ^ivio aus nahezu 16000 Kehlen der unter Waffen stehenden Truppendivision brauste durch die Lüfte. DieBevölkerung Altgradiska's, die christliche Rajahin Gradiska bosanska stimmte enth usiastisch in die Hochrufe auf Kaiser und Armee mit ein! Inzwischen waren mehrere der angesehensten Türken aus Gradiska bosanska in Alt-Gradiska eingetroffen, um Se. königl. Hoheit den Hrn. FML. Herzogvon Württemberg zu bitten, solange die Besetzung ihre Stadt zu verschieben, bis sie sich mit ihren Familien in Sicherheit gebracht hätten. Se. königl. Hoheit verwies aber die Bittsteller auf die vom Commandirenden des Occupationscorps im Namen Sr. Majestät des Kaisers und Königs Franz Joseph I. erlassene Proklamation, welche allen Bewohnern Bosniens oh ueUnterschieddcr Religion gleichen Schutz zusichere und jeden Grund der Flucht gegenstandslos mache. Während die Türken heimkehrten, ward die Schiffbrücke (von 25 Feldern) geschlagen und alsbald rückte die ganze Vorhut der VII. Truppendivision vollends nach der Festung und Stadt Gradiska bosanska hinüber. Vor den Thoren der Festung wurden die Truppen von FZAI. Herzog von Württemberg. FML. Grns K;-'>p-'>ry. FMH. Tovanoviü. dem Kaimakam (Kreisvorstand), dem Bimbaschi (Major) und Kadi (Richter) nebst fast allen Mohammedanern empfangen. Als Se. königl. Hoheit der Hr. Herzog von Württemberg nahte, begrüßten sie denselben auf's Ehrerbietigste nach türkischem Gebrauche und baten um Schonung für sich und ihre Familien. Se. königl. Hoheit ließ ihnen zur Erwiderung die Proclamation des Commandirenden vollinhaltlich kund machen. Dankend versprachen die türkischen Würdenträger, sich willig in alles zu fügen. Darauf besichtigte der Commandant die von den Truppen besetzten Punkte und sonst genommenen Aufstellungen. Somit war um Mittag herum in und nächst Gradiska bosanska die Occupation thatsächlich vorgenommen. Cavallerie-Streifpatrouillen wurden nach allen Richtungen vorgesandt, während sich die etwa 60 Mann betragende türkische Besatzung aus den Karaulas sammelte und lautlos den Rückzug nach Banjaluka antrat. Das Gros der türkischen Besatzung von Gradiska hatte sich schon Tags zuvor zurückgezogen. So vollzog sich die Überschreitung der bosnischen Grenze auch hier in der freundschaftlichsten Weise. Nachmittags gingen die Mohammedaner wie die Rajah ihren Beschäftigungen nach, als ob nichts geschehen wäre. Das Verhältniß der Bewohner ohne Unterschied der Religion zu den k. k. Truppen war vom ersten Augenblicke an ein entgegenkommendes, vertrauensvolles, das der Truppen gegen die Bewohner ein dem Armeegeiste entsprechend „joviales". So erfolgte dann auch der Uebergang des Gros der VII. Inf.- Truppendivision am nächsten Tage (30. Juli) ohne jeden Anstand. Desgleichen ward der Uebergang über die Unna bei, Kostajnica durch das 46. Inf.-Regiment bewerkstelligt, dessen Vorhut schon am 30. Juli Abends in Novi eintraf und die. Besetzung der Stadt (am 31.) widerstandslos vornehmen konnte und auch bei 8amac übersetzten die Vortruppen der XX Truppendivision (die 40. Inf.- Brigade, eine Division des 7. Husaren-, 1 Batterie-Division des 12. Artillerieregiments, 1 Genie-Compagnie und die Rcscrveanstalten) die Save, so daß an den beiden folgenden Tagen der Ort Türkisch-8amac vom Gros dieser Truppendivision, ohne Widerstand zu erfahren, besetzt werden konnte. Schon am 30. Juli Morgens hatte sich aber die Haupt-colonne des Occupationscorps unter FZM. Baron PhiliPPoviö von Brood aus in der Richtung gegen Süden in Bewegung gesetzt. Zunächst gings nach Dervent (Drvnta), eine Stunde von der Save landeinwärts in einer freundlichen Ebene gelegen, die erste Marschstation auf der neuen Fahrstraße von Brood nach Sarajevo. An diese Marschlinie knüpfte sich für unsere Truppen die Erinnerung an den besprochenen Zug des „Prinzen Eugen" im Jahre 1697. Seitdem, also seit 181 Jahren, war keine österreichische Heeresabtheilung mehr in das Herz Bosniens eingedrungen. Aber schon auf diesem ersten Marsche hatten unsere braven Soldaten von der ungeheuren Hitze, die an diesem Tage herrschte, sowie durch Mangel an Trinkwasser gewaltig zu leiden. Und kaum waren sie in das offene Lager von Dervent eingerückt, öffnete der Himmel seine Schleusen und wolkenbruchartiger Gewitterregen ging auf die der Nachtruhe so sehr bedürfenden ermatteten Truppen nieder und raubte ihnen die so nothwendig gewesene Erholung. So mußte nun am 31. Juli in Dervent Rasttag gehalten werden/ dessen Bewohner gleichfalls ihre Unterwerfung unter die „ihnen durch häufigen Grenzverkehr genugsam bekannte, milde und gerechte Verwaltung der österreichischen Regierung" ausdrückten. Nachdem die Pionniere und Genicabtheilungen die durch die Regengüsse der letzten Tage stellenweise unwegsam gewordene Straßen und fortgerissenen Brücken und Durchlässe in an- gestrengtester Arbeit wieder herzustellen befehligt worden, ward gleichzeitig am 1. August eine Husaren-Escadron (die 5. des 7. Regimeuts) unter Commaudo des Rittmeisters von Paczona über die Linie der Vorposten zur Ausforschung des Bosuathales vorgesendet. Diese Escadron bildete aber eigentlich nur die Bedeckung des mit der Durchführung der „Recognoscirung" betrauten Generalstabshauptmanns Theodor Milinkoviä, dem der Jäger-Oberlieuteuant Ferdinand Hayek beigegcben war. Letzterer führte bei 20.000 fl. Verpflegsgelder mit sich, welche die Kosten der ersten Verpflegung decken und zugleich „Geld unter die Bewohner" bringen sollten! Bisher lief alles glatt ab! Am selben 1. August wurde auch die Operation aus Dalmatien gegen die Herzegowina in Angriff genommen. Die XVIII. Truppendivision unter FML. Freiherr» v. Jovanoviö überschritt nämlich an genanntem Tage bei Ver-gorac und Jmoschi die herzegowinische Grenze, mit der Haupt-colonne gegen LjubuSka vorrückend. Dieser wichtige Puukt ward am 2. August ohne Widerstand besetzt und wurde die österreichische Flagge unter den Klängender Volksh y m n e auf dem Castell aufgehißt. Abgeordnete einheimischer Mohammedaner und Katholiken kamen dem Divisions-Commandantcn entgegen, um ihre Unterwerfung auszusprechen. Alle drei Brigaden der XVIII. Truppendivision waren Abends bei LjubuSka versammelt. Inzwischen war von der Save aus der Vormarsch der einzelnen Abtheilungen (Colonnen) des XIII. Armeecorps fortgesetzt worden. Unmittelbar nach dem Einmärsche der Truppen in Ban-jaluka kamen die angesehensten Begs zu Sr. kaiserlichen Hoheit dem Herrn Erzherzog Johann Salvator, bittend, ihre Er-- gebenheit zur Kenntniß Sr. Majestät des Kaisers zu bringen und sich bereit erklärend, diese ihre Ergebenheit durch die Bemühungen um ein freundliches Verhalten der Bevölkerung zu docu-mentiren; sie, die Begs, seien überzeugt, nur durch festen Anschluß an die österreichische Regierung die Bürgschaft für die Wahrung ihrer Religion und ihrer Sitten zu erreichen und hoffen zuversichtlich, daß ihr Land einer glücklichen Zukunft entgegen gehe! Welcher Gegensatz zwischen dieser Sprache und den Ereignissen, die sich kurze Zeit darauf in den Gassen und Straßen dieser schönen Stadt abspielten, welcher Gegensatz auch zwischen den herzlichen Versicherungen der Bewohner von Maglaj und dem sofort gefolgten — „Schreckenstage von Maglaj"! Nie Krvolutton in Sarajevo und Hadschi Loja. Während noch der Congreß in Berlin getagt, war in der Hauptstadt Bosniens, wo der Reichthum und die „Intelligenz", wo aber auch all jene Elemente ihren Hauptsitz hatten, die sich zur Erzeugung eines „Putsch" niedern oder höhern Grades zusammenzufinden Pflegen, das ohnedies schon unendlich geringe Ansehen der türkischen Regierung unter den Nullpunkt gedrückt worden und die Ohnmacht und die Willcn- und Rathlostgkeit der Regierung gegenüber dem Treiben der jedem Machtansehen feindseligen, von Tag zu Tag frecher ihr Haupt hervorstreckenden „Revoluzzer" brachten es dahin, daß es in dem paradiesisch schönen Sarajevo bald zu den zügellosesten Ausschreitungen des Pöbels kam. Und wie immer im Oriente ward auch hier und dießmal die Erhebung des Pöbels mit dem Heiligenschein des Glaubens-Fanatismus umgeben, so daß die urtheilende und richtende Geschichte die Betrüger und die Betrogenen nur schwer von einander zu sondern vermag! Hadschi Loja, der Sohn eines Imam (Vorbcters) und vom Eseltreiber zum Lehrer an einer Moscheeschule vorgerückt, später durch die Pilgerfahrt nach Mecca und Medina zum „Hadschi" geworden, ein im Gerüche vollster Heiligkeit stehender Mann, ein wilder Fanatiker, trat unter die ihm längst bekannten untersten Pöbelschichten Sarajevo's und verstand es, die rasch aufgeregten und fanatisirten Massen der Bevölkerung zunächst gegen die türkische Regierung aufzureizen. Am 21. Juli Pflanzte er im Hofe der Usren-Beg-Moschee die Fahne des Propheten auf und schon zwei Tage später war er der „Herr" in Sarajevo! Nunerklärte erdem Volke, daßdieOe st erreich er nicht als Freunde, sondern als Feinde der Mohammedaner ins Land kämen und die „Griechen" und „Katholiken" würden mit den Oesterreichern gegen die Anhänger des Mohammedanismus gemeinsame Sache machen. Daher müsse denn die ganze mohammedanische Bevölkerung wie ein Mann sich gegen die anrückenden Feinde, gegen die kais. Truppen des Occupationscorps erheben. Um aber leichteres Spiel zu haben, mußte auf Hadschi Loja's Antreiben der Militär-Gouverneur von Bosnien von seinem Posten entfernt und durch Hafiz Pascha ersetzt werden. Das war ein weiterer Schritt der Ohnmacht der türkischen Regierung und er trug gar bald seine Früchte — cs folgte alsbald die offene Empörung der Massen gegen das dem Scheine nach zwar noch bestehende, aber in Wirklichkeit schon gänzlich untergrabene türkische Ansehen. Die Revolution war fertig; die Pöbelmassen zwangen den Chef der Civilverwaltung Masar Pascha und den Militär-Commandanten Hafiz Pascha zu flüchten und die Stadt ihrer Herrschaft zu überlassen. . . Man stürmte die Wohnung Masar Pascha's und das Zeughaus und nachdem man das Heft fest in der Hand zu haben überzeugt war, da holte man die Flüchtigen ein, brachte sie nach Sarajevo zurück, entsetzte den Masar Pascha und zwang Hafiz Pascha, die Verwaltung des nun weiter zu „insurgi-reuden Bosnien" zu übernehmen. Man zerstörte die Telegraphenleitung nach dem Norden, damit unser anrückendes Occupationscorps ohne Nachricht bleibe und sandte — soweit es noch nothwendig war und dafür die „geheimen Feinde" nicht bereits gesorgt hatten — „Emissäre" zur Aufrufung der Insurgenten gegen die Oesterreicher nach allen Theilen des Landes. Schon arbeitete man auch in der Herzegowina weiter gegen Oesterreich und hielt da und dort revolutionäre Zusammenkünfte ab zum bewaffneten Widerstande gegen die österreichischen Truppen! Während der Pöbel die Straßen von Sarajevo „unsicher" machte, auch gegen die „eigenen Leute", arbeiteten „fanatisirte" Edle des Landes, mohammedanische und „griechische" Magnaten, die nebenbei um ihren Einfluß und ihre Macht besorgt wurden, im Stillen den offenen Revoluzzern und „geheimen Feinden" gegen Oesterreichs Machtentfaltung und Culturmission fleißig in die Hände. Der Schrrckenstag von Maglaj. Am 2. August war die vom Obercommandirendcn FZM. Baron Philippoviü zur Ausforschung des Bosnathales vorgeschickte 5. Escadron des 7. Husarenregiments in dem Städtchen Maglaj an der Bosna eingetroffen. Gcncralstabshauptmann Milinkoviö früher durch län> gere Zeit als Vicecvnsul dem k. k. Generalconsulate in Sarajevo zugetheilt — der das Kundschaftscommando führte, um einerseits verläßliche Nachrichten über den Zustand der durch u«o§Hf das erwähnte Unwetter zerstörten Brüchen und^-Vexhinissi mittel zu erhalten, anderseits aber hm in den ^üschchtenZdyr^, - -welche die Hauptmacht hindurchzukomnjen chatte,iProclamchionen ''Z zu vertheilen und das Volk auf dcw, Einmarsch der k. k. * Truppen vorzubereiten, sowie zugleich Äe^vcrfügbäreN 'Wr--pflegsvorräthe ausfindig zu machen, wurde überall, ^wo- -er hinkam, scheinbar mit Freude empfangen. Besonders in Maglaj hatten sich der Kaimakam (Kreisvorstand) und die angesehensten Einwohner zur unbedingtesten Unterwerfung bereit erklärt, für die Ruhe des Ortes verbürgt und auch Verpflegsvorräthe in bedeutenden Mengen in Aussicht gestellt. Es wurde Nachtstation gemacht. Schon erfuhr Hauptmaun Milin koviä Hierselbst von der Zusammenrottung mohammedanischer Bewohner des Thales im Dcfilö und auf den Höhen von l^epLe. Da sich jedoch, wie erwähnt, die Bewohner von Maglaj der größten Ergebenheitsäußerungen befleißigten und die erste Begegnung der Offiziere mit den Ortsbchörden sogar einen gewissen Anstrich von Herzlichkeit hatte, so glaubte Hauptmann Milinkoviö einer etwaigen drohenden Haltung der Eingebornen am Besten durch sein unerwartetes Erscheinen in ZepLe selbst zu begegnen. Die Escadron setzte demnach am 3. August ihren Ritt im Bosnathale fort und kam allmälig in das enge Thal der LiSnica, eines Nebenflusses der Bosna, welcher in Folge der letzten wolkenbruchartigen Regengüsse hoch angeschwollen war. Ein Zug unter Oberlieutenant von Dekleva bildete die Vorhut. Vier Stunden waren unsere Husaren bereits unterwegs, als die Spitzte der Avantgarde in dem engen Defilävon ZePLe Plötzlich mit Flintenschüssen empfangen wurde. Es waren dieß die ersten Schüsse, die seit dem Beginne der Occupatio» fielen: am 3. August nach 9 Uhr Morgens! Die Mohammedaner lagen in großer Zahl im Hinterhalt und das augenblickliche Auskunftsmittel der Unsern, den Avantgardezug absitzen zu lassen, um das Schwarmgefecht mit dem Feinde aufzunehmen, erwies sich alsbald als ungenügend, da der Feind in zu großer Uebermacht vorhanden war. Außerdem wurde auf den Bergkämmcn in den „Flanken" der Escadron eine.verdächtige Bewegung wahrnehmbar, welche mit Grund eine Umgehung oder gänzliche Einschließung befürchten ließ. Das Feuergcfecht wurde daher abgebrochen und der Rückmarsch nach Maglaj in Trab angetreten. Die Escadron war bereits 8 Stunden unterwegs, als sie wieder an ihrem Ausgangspunkte vor Maglaj anlangte. Welche Ueberraschung, welch schreckliche Enttäuschung sollte aber unseren braven Soldaten hier werden! Alle Ergenheits- und Freundschaftsversicherungen vom vorige nAben derwiesensich als eitel Lug und Trug. Man fand die Straße vor Maglaj verrammelt, die ganze Bewohnerschaft in Aufruhr und aus jedem Winkel des kleinen von Mohammedanern und Griechen bewohnten Städtchens, aus Gärten und Häusern und von den Höhen herab sauste das tödtcnde Blei des Feindes in die ermatteten Reihen der Escadron. Nirgends war da ein Ausweg zu finden; vor sich hatte man Baumstämme, gespannte Drähte und Steinhaufen, rechts die hochangeschwollene Bosna und dahinter den verräterischen Ort mit seinen „fanatisirten" Bewohnern, links zur Seite die steilen von den Insurgenten in Haufen besetzten Abhänge des walddichten Oswina-Gebirges. In dieser verzweifelten Lage gab es keine Zeit zur Ueber-legung und einige Husaren, unter ihnen Oberlieutenant Graf Chorinsky, sprangen von ihren Pferden, um das nächste Hinderniß, die Verrammlung, so gut es eben angehen möchte, hinwegzuräumen. Man kann sich leicht vorstellen, welch verheerende Wir» kung das wohlgezielte Feuer der Insurgenten in diesem Knäuel arbeitender Menschen anrichtete! Nahezu alle, die bei dieser Arbeit beschäftigt waren, büßten ihr Leben ein! Der Rest aber unter Rittmeister Paczona und Hauptmann Milinkovi 6 übersetzte unter Eljenrufen aufden Kaiser und König das furchtbare Hinderniß und jagte so -dann die Straße gegen Dobvj entlang, zu beiden Seiten unablässig beschossen. Noch manches Opfer kostete diese letzte verzweifelte Anstrengung, sich der vcrrätherischcn Umarmung zu entwinden! Gegen 5 Uhr Abends langten die zunächst versprengten Theile der Escadron bei den Vorposten der Hauptcolonne am Usorabache an (der kleine und große Usorabach fallen bei Doboj indie Save). Im ersten Momente zählte die unerwartet so arg mitgenommene Escadron einen Abgang von 70 Mann; zum Glücke fanden sich nach Wochen noch immer Einzelne, die versprengt worden, so daß sich die Zahl des Verlustes im Verhältniß zu dem schrecklichen Gemetzel schließlich noch immerhin günstig stellte. Die Zahl der bei Maglaj in Thätigkeit gewesenen Insurgenten wird auf 500 veranschlagt. Schon vor der Ausführung dieser Hinterlist gegen unsere Escadron und zwar unmittelbar nachdem sie gegen ^epöe aufgebrochen war, hatten bewaffnete Mohammedaner den in seiner Kanzlei arbeitenden Rechuungsoberlieutenant Hayek überfallen und ihn sammt seinem Rechnungsfeldwebel ermordet. Die Leichen dieser Beiden sowie die der meisten beim Ueberfall von Maglaj gebliebenen Husaren wurden später von den nachrückenden Truppen der Hauptcolonne in gräßlich verstümmeltem Zustande aufgefunden. Neben der Treulosigkeit und dem durch das (gar bald in deutlicheren Umrissen hervortretende) Hauptquartier der Jn- DaS befreite Bosnien 8 surgenten angefachten „Fanatismus" der Mohammedaner läuft also bei diesem ersten für die Unsern unglücklichen Zusammenstoße mit den Insurgenten auch ein gut Stück von Raubgier und Habsucht mit unter! Als die Nachricht von dem entsetzlichen Vorfalle bei Mag-laj in's Hauptquartier des Obercommandirenden FZM. Freiherrn von Philippoviv nach Kotorsko gelangte, rief dieselbe die getheilten Gefühle einerseits von Trauer und Schmerz um unsere Gefallenen und anderseits von Wuth über die Verräther gegen uns und zugleich Verführer der Ihrigen hervor. Der meuchlerische Ueberfall hatte mit einem Schlage die letzte Hoffnung auf eine unblutige Occupation zerstört und die Armeeleitung mußte nun zunächst auf alle jene Maßnahmen bedacht sein, die geeignet erschienen, die Sicherung der Truppen und des „Verpflegs-Trains" während des Marsches sowohl wie im Zustande der Ruhe unter allen Umständen zu verbürgen ! Ein Blick in die Herzegowina. vrr kühne Marsch nach Mostar. Nach den ursprünglichen Weisungen hätte die XVIII-Druppendivision unter Befehl des FML. Freiherrn von Joe vanovi« in zwei Abtheilungen über die herzegowinisch. Grenze gehen sollen. Die Hauptcolonne mit der zweiten und dritten Gebirgs-brigade und dem Stabsquartier sollte bei Jmoschi in die Herzegowina einrücken, während die erste Gebirgsbrigade von Ra-gusa über Slano nach Metkoviö zu marschiren und von da aus die neue Straße am linken Narenta-Ufer nach Mostar zu benützen hatte. Die Insurgenten, denen die Ausstellung der österreichisch-ungarischen Streitkräfte an den Grenzen natürlich nicht entgehen konnte, trafen gegen das Anrücken derselben ihre Anstalten. Sie errichteten auf den Höhen und den die Straßenzüge zunächst beherrschenden Bergrücken mächtige Steinhaufen, welche beim Herannahen unserer Truppen auf diese herabgerollt werden sollten. Hunderte von Vertheidigern hatten sich, ausgerüstet mit neu- und altartigen Waffen, ans den betreffenden Punkten festgesetzt, die Straße abgegraben oder verlegt und warteten von Tag zu Tag auf das Nahen unserer Truppen. Als FML. Baron Jovanoviü von diesen Vorbereitungen zu seinem freundlichen Empfange Kenntniß erhielt, faßte er einen Entschluß, welcher ebenso seiner militärischen Begabung und Umsicht, wie seiner Entschlossenheit alle Ehre macht. Er beschloß nämlich in letzter Stunde, weder die eine noch die andere der erwähnte» Linien zu benützen, sondern mit seinen 16.000 Mann einen Saumpfad einzuschlagender bisher noch niemals von Truppen betreten worden. Die von Ragusa nach Metkovio beorderte Brigade GM. Theodoroviö durfte demgemäß hier nicht Halt machen, sondern mußte in höchst anstrengenden und geheim gehaltenen Gewaltmärschen bis zu dem Grenzstädtchen Vergorac rücken. Hier überschritt sie die Grenze auf dem Saumwcge, welcher durch die malerische Schlucht von Prolog und über den Fluß TrebjeLat nach dem nahen LjubuZki führt. Die bei Jmoschi gesammelte Hauptcolonne dagegen überschritt uuter persönlicher Führung des FML. Baron Jova-noviä am 1. August in größter Stille und Heimlichkeit bei dem Schluchtendorfe Verbanje die dalmatinische Grenze und erreichte nach zweitägigen unerhörten und unbeschreiblichen Strapazen und Anstrengungen über den wasserloscn, theils felsigen, theils bewaldeten Rücken der örnagora und entlang der Hänge der Vr a na Planina ebenfalls Ljubuski, ohne auch nur einem einzigen Feinde begegnet zu sein. g* Ein Häuflein auf den Felsenk ämmen erschei -nender Herzegowzen h ätte dieser oft Mann hinter Mann aufgelösten, vorwärts kriechenden, aufwärts kletternden und so geradezu kampfunfähigen Colonne eine vernichtende Niederlage bereiten können! Aber wer hätte auch einer regulären, mit Sack und Pack belasteten Truppe das Wagestück zugetraut, einen durch so eine wilde Gegend ziehenden, selbst von den Eingebornen nur selten und ungern benützten Gebirgssteig mit Geschützen und Saumthieren einzuschlagen. Als am Nachmittage des 2. August sämmtliche drei Brigaden einschließlich der Tragthiercolounen sich auf den Höhen von Ljubuäka vereinigt hatten, war das gefahrvollste Stück Arbeit vollendet. Am nächsten Tage konnte wegen außergewöhnlicher Ueber-müdung der Truppen nur eine ganz geringe Vorrückung bis zu dem nur einige Kilometer entfernten Dorfe 6erna stattfinden. Die Insurgenten waren durch die ihnen so bereitete Ueberraschung verblüfft und ihre Führer waren rathlos. Nur einem Häuflein von 400 Insurgenten gelang es noch rechtzeitig, gegen das Brotno-Polje, welches die Unsern, ohne einen Schuß abzufeuern, erreicht hatten, zu eilen und am Morgen des 4. August auf den Höhen von chitluk sich der Avantgardebrigade des Obersten Klimburg entgegenzuwerfen. Diese Schaar war aber zu schwach, um die k. k. Truppen länger aufzuhalten. Nach einem wenig bedeutenden Scharmützel, in welchem unsererseits nur einige wenige Verwundete vorkamen, mußten die Insurgenten die Höhen räumen, während das 7. Jägerbataillon und ein Bataillon des 27. Infanterie-Negiments Ansicht von Mostar. „König der Belgier" die Flüchtigen bis zum Jesenicabache verfolgten. Jetzt waren die Jnsnrgenten-Führer ganz ans Rand und Band und sie wagten es nicht mehr, sich unsern Truppen ent- gegenzustellen. So kam es, daß die Brigade Theodoroviö am 5. August kampflos inMostar, der schöngebauten reinlichen Hauptstadt der Herzegowina, einrücken konnte. Am 9. August hielt daselbst FML. Baron Jovanoviö mit seinen Prächtig aussehenden Truppen den Einzug! Sofort nach Besitzergreifung der Stadt fand es FML. von Jovanoviö für nothwendig, in den Aemtern und Regierungsbehörden die durch die Jnsurgentenwirthschaft unterbrochene Ordnung wiederherzustellen, da Aemter und Behörden durch die stattgehabte Revolution und die während derselben vorgefallenen Morde ihrer Leiter beraubt worden Ware». Freiherr von Jovanoviö setzte alsbald einen neuen Kadi (Richter) ein, da die Insurgenten die fünf ersten Regierungsbeamten, darunter auch den früheren Kadi gemordet hatten. Die öffentlichen Gebäude, das von den Insurgenten zurückgelassene Kriegsmaterial wurde übernommen, dem rebellischen Theile der Bevölkerung wurden die vorgefundenen Hinterlader abgenommen und es wurde sofort verfügt, daß sich die Hauptsorge auf die Herstellung der Wege und der telegraphischen Verbindung mit Dalmatien erstrecke. Gleich am 7. August erfolgte die Vorstellung sämmtlicher Beamten aller Behörden beim Divisionscommandanten FML. Freih. v. Jovanoviö, bei welchem auch alsbald die angesehensten Männer von Mostar erschienen, um ihrer Freude über die Art des Vorgangs zur Wiederherstellung gesetzlicher Zustände und der Ordnung Ausdruck zu geben. Auch ward sogleich in der Stadt der heiße Wunsch rege, eine Huldigungskundgebung an Se. Majestät den Kaiser und König Franz Joseph I. vorzubereiten! Sir Gefechte bei Kosma und Mnglaj, 4. und 3. Ängnst. Wie wir schon oben erwähnten, traf die Kunde von dem meuchlerischen Ueberfall unserer Husaren-Escadron bei Maglaj die Hauptcolonne am 3. August in Doboj. Baron Philip povi 6, der sofort die Züchtigung der Ver-räther beschlossen, erließ eine Kundmachung, welche das Standrecht über alle von den k. k. Truppen besetzten Gebiete verhängte. Dem Standrecht sollte verfallen: 1. Jede Missethat an der Kriegmacht d. H. jede Verhinderung oder Theilnahme an der Ausübung militärischer Pflichten, jede Spionage, jedes Einverständniß mit dem Feinde oder mit Jemandem, der die Absicht hat, den k. k. Truppen zu schaden; 2. jeder Mord; 3. jeder Raub; 4. jede Brandlegung und 5. Empörung, wie jeder Aufstand. Wer sich der genannten Verbrechen schuldig gemacht, sollte, vor das Kriegsgericht gestellt, allsogleich und unnachsichtlich bestraft werden. Am 4. Morgens erfolgte der Vormarsch in mehreren Colonnen, um wenn nöthig, sofort in die Gefechtsbildung übergehen zu können. Das Gros brach um 10 Uhr Vormittags aus dem Lager von Doboj auf, konnte sich jedoch auf der stark beschädigten Straße nur langsam fortbewegen. Die erste Flankencolonne stieß um 4^ Uhr NM. auf Jnsurgentenschwärme, mit denen sich alsbald ein langsames Feuergefecht entspann. Es währte nicht lange, so ward auch die Vorhut der von GM. Müller befehligten Avantgarde von den Höhen bei Kosna her beschossen. Sofort „schwärmten" zwei Bataillone des Reserveregimentes König der Belgier Nr. 27 die bewaldeten Höhen hinan. Während das Inf.- Regiment Nr. 38 und zwei Bataillone des Inf.- Regiments Nr. 52 in der Reserve bliebe», suchten das 27. Jägerbataillon und ein Bataillon von Nr. 52 den linken Flügel des Feindes zu umgehen. Das Feuergefecht ward immer lebhafter und die Insurgenten, die Umgehung fürchtend, flüchteten sich in die Höhen des TrebaLko brdo. Inzwischen rückten am rechten Bosna-Ufer unter Oberstl. Baron Pittel zwei Bataillone vom Reserve-Inf.-Regimente Freih. v. MaroiLiö Nr. 7 mit zwei Gebirgsgeschühen gegen den schroff in das Thal abstürzenden Felskegel Kraljcvkamen vor. Da zeigten sich auf dem nördlichen Abhange Jnsurgenten-schwärme, die sich aber nach kurzem, auch vom linken Bosna-Ufer unterstützten Feuergefechte auf die Spitze des Kegels zogen. Oberstl. Baron Pittel ließ — um die Insurgenten auch von hier zu vertreiben — zwei Feldgeschütze auffahren, die jedoch nicht mehr in Thätigkeit kamen. Die Insurgenten verschwanden auch sofort von der Spitze unter dem Schutze der Dunkelheit in den waldigen Höhen der Paklanica Planina. Gegen Abend vereinigten sich denn auch, ohne vom Feinde belästigt zu werden, die Abtheilungen aus der rechten Flanke — sich in's Bosnathal hinabziehend — mit dem unterdessen gegen Kosna vorgerückten Gros der Vorhutbrigade. Das Defilä von Kosna war durch das Gefecht vom Feinde gesäubert und Angesichts dessen der Verlust unsererseits 2 Todte und 10 Verwundete (worunter ein Offizier) ein geringer. Die Insurgenten, deren Stärke circa 1500 Mann betragen, ließen 1 Todten und 5 Gefangene zurück; die Verwundeten nahmen sie größtenthcils mit sich. * * * Der Morgen des 5. August war unter strömenden Regen angebrochen; trotzdem setzte die Hauptcvlonne um 8 Uhr den Marsch nach Maglaj fort. Die Anordnung der Seitencolonnen blieb wie Tags zuvor, Unsere äußerste Vorhut ward alsbald von vereinzelten Jnsnrgentenschwärmen beschossen, die sich aber rasch gegen Maglaj zurückzogen, wo auch gegen ^ 5 Uhr NM. unsere Vorhut anlangte. Inzwischen war die linke Scitencolonne, das 7. Res.- Jnf.-Regiment unter Oberst!. Baron Pittel, schon in der Gegend von Maglaj eingetroffen und hatte durch einige Kanonenschüsse die am linken Bosna-Ufer gelagerten Insurgenten zum Rückzüge auf Xepöe gezwungen. Da war aber auch schon die rechte Flankencolonne des 47. Reserve- Inf.- Regiments — Oberst v. Kinnart — am Platze, um die Insurgenten bei Üaiskopolje in Flanke und Rücken zu nehmen. Das Gefecht währte nur eine halbe Stunde, der Feind sah seine volle Niederlage und gab sich einer regellosen Flucht hin; eine Abtheilung Insurgenten zwischen 20 und 30 Mann ward in die Bosna gedrängt und fand daselbst ihr Grab! Es war Abend geworden, unsere Truppen waren sehr erschöpft, die Wege durch den heftigen Regen grundlos — man gab die Verfolgung des Feindes auf. Unsere Verluste betrugen 3 Todte, 10 Verwundete; die Insurgenten hatten außer zahlreichen Todten und Verwundeten auch zwei Fahnen, viele Waffen, Munition und Lebensmittel in den Händen unserer Truppen zurückgelassen. Maglaj war mit Ausnahme weniger christlicher Familien ganz verlassen, seine v errätherisch en Einwohner hatten es beim Herannahen der Unsern für räthlich gehalten, zu fliehen; dadurch entging Maglaj seinem wohlverdienten Schicksale. Auf dem Marsche von Doboj nach Maglaj hatte man, wie schon erzählt worden, mehrere Husaren von der 5. Escadron, die sich an jenem Schrcckeustage in die Wälder gerettet hatten, ganz erschöpft angetroffen, andere fand man in der gräßlichsten Weise verstümmelt und beraubt. Deßhalb wurden mehrere mit den Waffen in der Hand ergriffene Insurgenten, bei denen man den gefallenen Husaren geraubte Gegenstände antraf, standrechtlich erschossen. Da unsere Truppen sehr erschöpft waren, da von der wiederholten Freilagcrung auf durchnäßtem Boden schädliche Einflüsse für die Gesundheit derselben befürchtet wurden, und namentlich auch, weil der-Nachschub der Verpflegsabtheilungen durch die elende Beschaffenheit der Straßen sehr erschwert und verzögert erschien, beschloß FZM. Freiherr v. Philippoviä — der Vater seiner Soldaten — für den folgenden Tag (6. August) Rasttag zu halten. Me Verstärkung des Grcupationprorps. Während der vorerzählten Vorgänge unsererseits erstarkten die Jnsurrection und der Einfluß und die Gewalt Hadschi Loja's immer mehr. Hadschi Loja ließ das Scheriat, das religiöse Gesetz des Koran, als das allein giltige bürgerliche Gesetz ausrufen und es zugleich in den Moscheen von Sarajevo verkünden, daß der Groß-Scherif von Mecca ihn bevollmächtigt habe, den Glaubenskrieg auszurufen. Alles, was Muselmann hieß, fühlte sich dadurch mehr oder minder verpflichtet mittelbar oder unmittelbar den Widerstand gegen die k. k. Truppen zu fördern und zu unterstützen. In Graöanica, das die XX. Truppendivisio» unter FML. Graf Szapary besetzt hielt, wiederholten sich seit der Besetzung die Ausstaudsvcrsuche der mohammedanischen Bevölkerung und am 4. August kostete es schwere Mühe und währte das Gefecht drei Stunden, bis der Aufstand niedergekämpft war. Die k. k. Truppen zählten 1 Todten und 4 Verwundete, darunter ein Offizier. Die über den sogenannten allgemeinen Widerstand der Mohammedaner nach Wien gelangten Nachrichten veranlaßten die k. k. Negierung, eine ausgiebige Verstärkung unserer Occupationstruppen eintreten zu lassen. Es wurden demnach die I., IV. und XXXVI. Jnsanterie-Truppendivision mit je zwei Brigaden und den zugehörigen Anstalten auf den Occupations-Schauplatz beordert. Durch eine besondere kaiserliche Verordnung wurden die dalmatinischen Landwehrschützen-Bataillone Nr. 79 und 80 dem Befehlshaber der Occupations-Truppen unterstellt, und deren Verwendung außerhalb der Landesgrenze gestattet, nachdem vorher schon die zeitweilige Verwendung der berittenen dalmatinischen Landesschützen genehmigt worden war. Srr Sieg bei Äalre, 7. Äugust. Eines der blutigsten Treffen, deren, wie wir gesehen, die k. k. Truppen bisher in Bosnien manche schon zu bestehen gehabt, ward jenes vor der befestigten Stadt Jaice am Vrbas-Flusse, sechs Meilen im Süden von Banjaluka und ebenso weit im Westen von Travnik. Nachdem die Colonne Sr. königl. Hoheit des Hern FML. Herzog von Württemberg ihren Einmarsch in Banjaluka bewirkt hatte, ward nach kurzer Rast der weitere Vormarsch ins Innere von Nordwestbosnien angetreten. Banjaluka selbst blieb von dem 22. Infanterie-Regiment besetzt, zur Sicherung dieses Platzes und der Verpflcgslinie zwischen hier und Gradiska. Schon in Varcar-Vakuf stießen die k. k. Truppen auf bedeutende Streitkräfte der Insurgenten. Die eigentliche Hauptmacht dieser (5000 bosnische Baschi-BoLuks und etwa 800 reguläre Mannschaften) hatte sich aber unmittelbar vor Jaice in sehr starker Stellung gesammelt. Die gesammte VII. Truppendivision bestand nur aus 6 V? Bataillonen, da die erste Gebirgsbrigade, die Tags zuvor in Varcar-Vakuf hätte eintreffen sollen, in Folge der äußerst schlechten und noch obendrein durch die Verpflegs-Nachschubs-colonne (1500 Wagen) verlegten Wege am 6. August erst Ratnia-Voda (2^ Meilen von Varcar-Vakuf) erreicht hatte. In Folge dieser unliebsamen Verspätung der ersten Ge-birgsbrigade war die Lage der VII. Truppendivision am 7. August iusoferne eine höchst bedenkliche, als die übrigen Brigaden der Division nebst dem Train im Gebirgsdefilö steckten und von kleinen Jnsnrgententrupps umlauert waren. Die Anfordungen, welche an die geringen Streitkräfte unsererseits gestellt wurden, waren demnach ziemlich bedeutend. Zahlreiche und starke Abtheilungen der Insurgenten bewegten sich gegen die nördlichen Theile der Lisina Planina, augenscheinlich um die linke Flanke der VII. Truppendivision zu umgehen und die Straße nach Varcar-Vakuf zu gewinnen. Da traf der Vorhut-Commandant, Se. kais. Hoheit Erzherzog Johann Salvator, sofort die nöthigen Dispositionen, um das Bestreben der Insurgenten zu vereiteln. Sechs Compagnien des 17. Infanterie-Regiments FZM. Freih. v. Kuhn entwickelten sich auf dem nördlich der Straße liegenden Theile der Lisina Planina und wurden bald durch drei Bataillone des Infanterie-Regimentes ErzherzogLeopold Nr. 53 verstärkt. Obgleich der Herzog von Württemberg, der auch hier wie immer eine außerordentliche Thatkraft und Umsicht entwickelte und seinen oft bewährten persönlichen Heldenmuth zu bester Geltung brachte, bereits gleich Morgens alle Reserven in die Gefechtslinie beordert hatte, erreichte der Kampf um 12 Uhr Mittags noch immer nicht seinen Höhepunkt. Einzelne kleinere Abtheilungen der Division mußten sogar dem heftigen Anpralle der Insurgenten Weichen und beieiner solchen Gelegenheit geriethen zwei Verwundete des53. Infanterie-Regimentes in feindliche Hä» de; ihre Köpfe st eck ten sofort auf den feindlichen Fahnen. Im Centrum und am rechten Flügel wurde das Feuer- gefecht immer heftiger und hatten bald auch die hier stehenden vier Compagnien des 17- Infanterie-Regiments und des 10. Jäger-Bataillons einen schwierigen Stand. Selbst um 1 Uhr Nachmittags noch kämpfte der Feind mit heldenhafter Zähigkeit. Erst als knrz darauf Oberst Hostinck mit 1?/^ Bataillon seines (des 53.) Jnfanterie-Regimentsallmälig den Feind in seinem rechten Flügel zu umfassen begann, gelang es, ihn auch zum Weichen zu bringen. Sofort wurden von dem Herzoge von Württemberg alle noch verfügbaren Kräfte auf unsern äußersten linken Flügel entsendet und der Feind immer mehr überflügelt, so daß er sich um 3 Uhr Nachmittags mit seinem rechten Flügel in vollstem Rückzüge befand. Das Centrum und der schwache rechte Flügel unserer Division hielten unterdessen, trotz aller Verluste der feindlichen Uebermacht Stand und schlugen sogar einige feindliche Vorstöße zurück. Zwei Gcbirgsbattcrien, welche schon um V,9 Uhr Früh auf äußerst beschwerlichen Pfaden beherrschende Posten erreicht hatten, verursachten dem Gegner die allergrößten Verluste. Abgesehen davon, daß ihr Feuer zwei feindliche KruPP'sche ^Geschütze sofort zum Schweigen gebracht, vertrieb es auch eine feindliche Abtheilung aus einem Gehöfte, wobei zwei gut angebrachte Schüsse genügten, den Insurgenten einen Verlust von 27 Todten zuzufügen. Gegen 5 Uhr Nachmittags, da der Feind erneuert Stellung zu nehmen versuchte, mußte ihm gegenüber ein kräftiger Bajonnet-angriff erfolgen, welcher im Zusammenhange mit einem kurzen Feuergefccht denn auch genügte, diesen letzten Widerstand zu brechen und den feindlichen rechten Flügel zun: eiligsten Rückzug zu zwingen. Jetzt zog sich auch das Centrum und der linke Flügel der Insurgenten von den Höhen der Lisina Planina herab, welcher Rückzug durch die nachdrückliche Verfolgung unserer Kavallerie und durch das ununterbrochene Feuer unserer trefflichen Artillerie sich bald in eine regellose Flucht verwandelte. Erst weit hinter Jaice endete, bedingt durch die eingebrochene Dunkelheit, die Verfolgung des Feindes. Alle unsere Truppen hatten Wunder der Tapferkeit und Bravour geübt und zählt dieser Sieg bei Jaice zu den schönsten und glänzendsten Waffenthaten in der an Ruhm und Ehren reichen Geschichte der k. k. Armee. Noch am Abende des 7. August ward Jaice von den k. k. Truppen besetzt. Die Verluste unsererseits waren nicht unbedeutende, man zählte an Todten 1 Offizier und 21 Mann, an Verwundeten 7 Offiziere und 158 Mann. Die Insurgenten dagegen hatten noch größere Verluste, ungefähr 70 Todte und 250 Verwundete und ließen außerdem an 300 Gefangene, 5 Geschütze, 2 Fahnen und eine bedeutende Menge Munition und Lebensmittel in den Händen der Sieger zurück. Die alte bosnische Königsstadt war durch den „Tag von Jaice" in unserem Besitz und damit die Hoffnung vorhanden, ohne ernsteren Widerstand Travnik erreichen und von da die Verbindung mit der im Bosnathale vorrückenden Hauptcolonne bewirken zu können! Nrr Sieg bet Arpöe, 7. August. Am selben Tage, da Jaice durch die eben geschilderte glänzende Waffenthat erreicht worden, erfocht auch die Hauptcolonne unter dem Commandirenden FZM. Baron Philip po-viö einen glänzenden Sieg bei Aepöe. Ueber diese durch verschiedene hervorragende Einzelheiten ausgezeichnete Waffenthat wollen wir den classisch-schönen offiziellen Bericht des Commandirenden, Sr. Excellenz FZM. Freiherrn von Philippoviö selbst sprechen lassen. Er lautet: „Gestern war ein wahrhaft schöner Tag, für unsere Waffen! Auf dem Marsche von Maglaj nach ^epöe, welchen ich in drei Colonnen disponirte und zwar die rechte Flügelcolonne von KagloviLi über LubatoviL, NoviSer undPon-jevo, die Hauptcolonne auf der Straße, die linke Flügelcolonne am linken Bosna-Ufer über BrankoviL und Zimica Vrh traf ich bald nach 12 Uhr Mittags auf den Feind in der Stellung Ponjevo-BrankoviL. DasAnrückengegendiesesehrstarkeStel-lung konnte über den ebenso steilen als wegen dichten Gebüsches kaum betretbaren Boden nur unter unsäglichen Schwierigkeiten vor sich gehen, doch wurdenalle Hindernisse durch die Energie der Offiziere, durch die Ausdauer und den guten Willen der Mannschaft und durch die Tapferkeit aller Truppen überwunden. Um 4 Uhr Nachmittags war der Feind aus der ersten Aufstellung mit großen Verlusten zurückgeworfen worden und setzte sich in der noch stärkeren Stellung /epackobrdo und Zimica Vrh zum zweiten Male fest. War schon das Vorkommen gegen die erste Stellung schwierig, so war dies hier noch im erhöhten Maße der Fall. Durch das concentrische und vorzügliche Zusammenwirken aller drei Colonnen wurde aber der, Feind nach hartnäckiger Vertheidigung um (U/s Abends nach /cpLe zurückgeworfen und erlitt ungeheuere Verluste an Mannschaft, an Waffen und Munition. Ein Bataillon anatolischcr Rcdifs, welches von Sarajevo mit den Aufständischen gekommen war, wurde nächst einer Karaula von den Compagnien der Hauptleute Schmidt und Gefecht bei Ärpür. Brasseur des 27- Feldjägerbataillons umzingelt und zur Waffen-strcckung gezwungen. Einen Stabsoffizier, sechs Hauptleute, eilf Subalternoffiziere und 360 Mann dieses Redifbataillons ließ ich nach Maglaj in das dortige Castell escortiren. Wäre die Bosna in der Höhe von XepLe nicht so seicht so würden viele Tausende der Aufständischen der Gefangennahme nicht entgangen sein; durch die vorhandenen Fürthen watend, war es ihnen jedoch möglich, sich auf dem regellosen Rückzüge zum größten Theile zu flüchten. Nach übereinstimmender Aussage der Gefangenen des Kai-makams und der Medschlik von XepLe betrug die Zahl unseres Gegners von gestern weit über 6000 Mann mit vier Kanonen. Der Zuzug aus Sarajevo mit zwei Nedifbataillonen war vollständig eingetroffen und ist eines dieser Bataillone im gestrigen Kampfe leider entkommen. Die Bewohner von Maglaj, von ^iepLe und Zenica, sowie auch die gesammte mohammedanische Bevölkerung von Doboj an südwärts nahm an dem Kampfe Theil, denn alle mohammedanischen Dörfer und Häuser fanden wir von ihren Bewohnern verlassen. Unsere Verluste konnten bis jetzt noch nicht genau ermittelt werden, sie betragen 6 Todte, worunter Oberlieutenant Kubin des 47. Reserve-Jnf.-Regimcntes und an 50 Verwundete. Brillant war der Muth, die Tapferkeit undnamentlichdieAusdaueraller amKampfe betheiligten Truppen derer st enunddritten Gebirgsbrigade der VI. Truppendivision. Die größten A n st reng ungen in der Ueberwindung der Bodenschwierigkeiten unter fortwährendem Kanipfe hatten die Reserve-Infanterie r e g i m e n t e r Nr. 47 und Nr. 7 zu b e-stehen; hervorragend rührig undwirksam bewährte sich das 27. F e l d j ä g e r b a t a i l l o n. Die enormen Schwierigkeiten in der Zufuhr der Ver-pflegsbedürfnisse auf der einzigen, in sehr schlechtem Zustande befindlichen Straße, die Nothwendigkeit zur Herstellung der vielen durch die Hochwasser zerstörten Brücken und Durchlässe veranlaßten das Corpscommando, den Truppen einen Rasttag zu bestimmen." Noch am Abende des 7. August war 2IepLe von den k. k. Truppen besetzt worden. Der Aebrrfall von vanjalnka, 14. August. Die VII. Truppendivision hatte beim Verlassen von Ban-jaluka (am 2. August) daselbst unter dem Commando des GM. Sametz nur 4 Compagnien vom Jnf.-Rcgimente Nr. 22 Freiherr v. Weber zurückgelassen, welche nur nothdürftig genügten, das verwahrloste Castell und die außer der Stadt gelegene Kaserne zu besetzen, während das im Norden der Stadt gelegene Feldspital mit 160 Kranken und Verwundeten sammt entsprechendem Sanitätspersonalc ohne Besatzung blieb. Die Bewohner von Banjaluka zeigten zudem, alsbald nach dem Abzüge der Division, die jNeigung zu einem Aufstande und schon zogen die Insurgenten, die sich bisher in den benachbarten Gebirgen versteckt hatten, näher an die Stadt heran. Alle Anzeichen sprachen dafür, daß man für den 14. August einen Ueberfall derselben zu gewärtigen habe. „Nurzögernd" — schreibt ein Augenzeuge in der „Trie stcr Zeitung" — brach die Tageshelle durch das Nebelgewölk des Vrbas-Thales, als ob sie die gräßlichen Scenen vorahne, die sie heute zu beleuchten hatte. Gespannt harrt Alles der Nachrichten, die von der Vorposten-Compagnie in SeraSica, dem äußersten Fühler gegen den Jnsurgentenherd Bronzeni-Maidan, komme» sollten. Da horch! Einzelne Schüsse ans den Höhen in der Richtung der Vorposten, Gewehrgeknattcr weit weg im Süden der Stadt Banjaluka. Unsere Vorposten sind im Westen und Süden überfallen/"-, der kleinere Jnsurgentenhaufe, immer noch weitaus der > Compagnie in SeraSica überlegen, zersprengt dieselbe und dringt unaufhaltsam im Thalwege der Cerkven nach Banjaluka vor, am Wege eine weitere Compagnie, die um 5 Uhr Früh als Verstärkung der Vorposten von Banjaluka abgerückt war, auseinander stäubend. Die große Jnsurgentenmasse wälzt sich über den Velikiboc und die Brankova, um südlich Gorni 8ers die Straße von Banjaluka zu gewinnen; die halbe Compagnie, welche hier die Sicherung besorgte, sowie die eben zur Straßcn-arbeit abrückende Pionnier-Compagnie sind im Nu erdrückt, nach einigen verzweifelten Schüssen ist die halbe Mannschaft verwundet, todt; die unbewaffneten Pionniere entkommen mit Mühe nach Kola, die Insurgenten nehmen sich nicht einmal die Mühe, an den herumliegenden Todte» ihre üblichen scheußlichen Verstümmelungen vorzunehmen; eiligen Schrittes, mit dumpfem Gemurmel stürzen sie ihren Fahnenträgern den steilen Hang gegen Gorni 8er hinab nach und dringen in hellen Hausen in die Stadt. Im Freilager vor der Kaserne sammeln sind einige Compagnien, aber welch ein erschreckend kleiner Haufen gegenüber den andringenden Insurgenten. General Sametz, der sich hier aufhält, hat noch keine genaue Nachricht von dem, was in SeraLica und Gorni 8er geschehen, keine der entsendeten Cavallerie-Patrouillen will mit der Aufklärung zurückkommen. Da knattert es plötzlich auch mitten in der Stadt . . . dann wieder rechts auf den Bergen, dann links jenseits der Vrbas, wo sogar 50 berittene Insurgenten anrücken . . . auch das Castell muß angegriffen sein, denn man hört deutlich andauerndes Schießen. GM. Sametz entsendet sofort, es war 6 Uhr Morgens, die 4. Compagnie des 22. Jnf.-Regiments unter Hauptmann Derin nach Banjaluka mit der Weisung, in der Hauptstraße der Stadt vorzurücken, sich den Durchgang bis zum südlichen Aus- Dai besreiie Bosnien. d gang der Stadt zu erzwingen, die aufständischen Bewohner Banjaluka's (denn bisher hatte man noch keine Kenntniß von dem Eindringen der Insurgenten in die Stadt) niederzumachen und über die vorgefundene Sachlage schleunigst Bericht zu erstatten. Aber diese Compagnie, welche bald hinter den ersten Häusern von Banjaluka verschwindet, hat kaum 200 Schritte gethan und eine Erweiterung der Hauptstraße erreicht, als sie in der Front heftig von den in Hellen Haufen in der Hauptstraße herfluthenden Insurgenten angeschossen wird. Die Vorhut und die Spitzen der in Seitengassen vorgehenden Flankenbedeckungen nehmen sofort Feuerlinie an und schießen in den unaufhaltsam vordringenden feindlichen Knäuel . . . die Compagnie selbst steht vorläufig noch gedeckt hinter vorspringenden Häusern. Aber der Commandant überlegt nicht lange; er gibt das Zeichen „Vorwärts" und in prächtiger Haltung rücken die tapferen „Weber" dem zehnfach überlegenen Gegner an den Leib. Die beiden Spitzen rücken einander immer näher, das Feuer wird immer lebhafter, das Gros der Compagnie sucht Stützpunkte in den Häusern, von denen einzelne steinerne Wohl im beginnenden Straßenkampfe von Nutzen sein können, aber die verräterischen Einwohner haben Thüren und Fenster fest verrammelt . . . und es ist in diesem gefahrvollen Augenblicke keine Zeit, dieselben gewaltsam zu öffnen, . . . jede Secunde ist kostbar. Ein in die linke Flanke des Feindes entsendeter Zug muß Haus um Haus stürmen . . . schon ist er im Begriffe, das letzte Haus zu nehmen, als auch von rückwärts feindliche Schüsse fallen. Die Compagnie wird nunmehr mitten in einer beiläufig 20 Schritte breiten Gasse, in welcher nur einzelne Häuser von ihr genommen sind, von allen Seiten angeschossen. Sie macht überall „Front", ihre Wuth kehrt sich aber vornehmlich gegen die verräterischen Einwohner, die nunmehr aus den ver- rammelten Häusern mit Hinterladern ein mörderisches Feuer-auf das kleine Häuflein Oesterreicher richten. Ein gräßlicher Straßenkampf entspinnt sich, die Spitze der Compagnie arbeitet gegen die Insurgenten, die Flanken und die Queue gegen die aufrührerischen Städter; Mann an Mann kämpft. Und obwohl jeder Schuß in dem dichten Knäuel der anrückenden Insurgenten Treffer ist, in immer dichteren Massen rücken sie an, unabsehbar . . . Der Commandant, der die Vernichtung seiner Abtheilung voraussieht, wenn sie auf offener Straße gegen die erschreckende Ueberzahl kämpfen soll, rafft zwei Schwärme zusammen, um zu einem stärker scheinenden Hause zu gelangen, das vom Feinde besetzt ist, aber Vortheile für den weiteren Kampf verspricht. Obwohl die Hälfte seiner Mannschaft hiebei fällt, gelingt es ihm doch, in das Erdgeschoß dieses Hauses zu dringen, wo einige Insurgenten niedergemacht werden. Die Thüre wird rasch verrammelt. Aber die Wände dieses Hauses sind von Lehm und leisten der alsbald von den Insurgenten gegen sie gerichteten Beschießung keinen Widerstand, das Zimmer, in welchem sich die Unsern verschanzt haben, gleicht bald einem Siebe; es gibt im ganzen Hause keine Deckung gegen das feindliche Feuer, 4, 6, 8 Btann fallen. Da, um das Maß voll zu machen, schlägt aus dem Erdgeschoß durch die Hausflur eine Feuerflamme in den ersten Stock. Ein „fanatischer" Insurgent hatte sich ebenerdig im Ofen versteckt gehalten, überlebte daselbst das Gemetzel, war mittlerweile unbeachtet hervorgekrochen und goß nun rasch Petroleum auf einen Strohhaufen, den er sofort anzündete . . . Mit dem Rufe „Feuer!" stürzt sich die tapfere Besatzung theils zum Fenster, theils zur Stiege hinab; der Brandleger wird niedergemacht, man sprengt die verschlossene Thür und tritt in's Freie — ! Von dem Reste der Compagnie keine Spur, aber weithin im Norden, in der Nähe der Caserne dumpfes Allah-Geschrei. s* Die Insurgenten sind über die Stadt hinausgedrungen und greifen die Unsern in der Caserne an! Da draußen auf der großen Wiese vor der Stadt und Caserne tobt nämlich schon eine Zeit her ein furchtbarer Kampf. Wieder ist es ein Augenzeuge, den wir citiren können, der vielverdienstliche Correspondent des „Pester Lloyd" und der Wiener „Vorstadt-Zeitung", Herr von B ukovics (inzwischen von Sr. Majestät mit dem Franz-Josef-Orden ausgezeichnet), der diesen Kampf also schildert: „In der rechten Flanke etwas vorgeschoben, ist die Caserne von einem Schützengraben gedeckt, welcher von der Stabswache, einem Lieutenant und etwa zwanzig Mann besetzt war. Ich kannie den Offizier und nahm mit seiner Erlaubniß in diesem Graben Stellung, denn von da aus konnte ich das Gefecht am besten übersehen. Es rückte uns langsam, aber unaufhaltsam sicher näher, besonders am rechten Flügel, wo die Unseren schon diesseits der Straße feuerten und die feindlichen Kugeln bereits über unsere Köpfe Pfiffen und sogar schon in die Caserne einschlugen; wir standen also, den Vrbas im Rücken, schon im Schußbereich des Feindes. Ordonnanzen flogen ab und zu, es war prachtvoll anzusehen, wie sie im Feuer wie auf dem Paradeplatze ritten, und bcwundernngs-werth, wie die Tapferen vom Regiment Weber sich schlugen. Trotzdem bog der rechte Flügel sich bedenklich ab und rückte immer näher. Es war ein kritischer Augenblick; einmal von der Straße abgedrängt, wären wir vom erwarteten Succurs abgeschnitten gewesen. General Sametz entsendete deshalb einen Zug Uhlanen in die rechte Flanke, um die Verbindung offen zu halten, und ließ gleichzeitig in die Schützenlinie den Befehl überbringen, auch um den Preis des Lebens unverrückbar fest zu stehen. Das war ungefähr um 9 Uhr und etliche Minuten; später ertönten aus weiter Ferne auf der Straße von Maglaj zwei Kanonenschüsse als willkommenes Signal, daß die brave Halbbatterie— unter Lieutenant Röhn vom 12. Fcstungsartillerie-Bataillon aus Altgra-diska auf Befehl des commandirenden Generalen in Agram Freiherrn von Philippoviö zur Hilfe gesendet — mit einer Bedeckung von zwei Compagnien des Infanterieregiments Wetzlar Nr. 16 im Anzuge sei. Ein donnerndes 2ivio aus der Schützenlinie und Caserne beantwortete die Schüsse, welche den Insurgenten solche Furcht einflößten, daß das Gefecht augenblicklich sichtbar, hörbar und fühlbar zum Stehen kam. Die neu angekommenen zwei Compagnien, welche nur die Stärke des erhöhten Friedensstaudes, also 120 Mann per Compagnie hatten, gingen trotz des forcirten sechsstündigen Marsches, von ihrem Commandanten Hanptmann Wabcrer geführt, im Laufschritt in das Gefecht, in welches sie um halb 10 Uhr eintraten. Die vier Geschütze, altartige Vierpfünder, gezogen von croatischen Vorspannspferden und bedient von der erforderlichen Mannschaft des 12. Festungsbataillons, traten um diese Zeit ebenfalls schon in volle Action, und gleich eines der ersten Chrapnels schlug in einen Jnsurgentenhaufen, der sich in der Stadt angesammelt hatte. Die Halbbatterie nahm eine den Feind flankirende Stellung ein; da ihr mit den Banernpferden alle Manövrirfähigkeit fehlte, ließ Lieutenant Röhn die Stränge durchhauen und die Geschütze von seinen Leuten bewegen, die croatischen Kutscher hingegen trugen freiwillig die Munition herbei. Wo die Kette der Insurgenten dichter wurde, da schlug eine wohlgezielte Kugel ein. Drei Stunden dauerte das Gefecht noch, aber sein Resultat war mit dem Eingreifen des Succurses entschieden, es mußte ein voller Sieg der Unseren werden. Wie sie vorgedrungen, wichen die feindlichen Linien wieder. . . . Die vier Geschütze und die Bedeckung waren um halb vier Uhr Früh schon von Maglaj aufgebrochen, weil auch dort Nachrichten und Anzeichen den Angriff erwarten ließen; bei Klabince hörten Hauptmann Waberer und Lieutenant Röhn das Gewehrfeuer, von da an wurde der Weitermarsch der Geschütze in Trab und der Truppen im Laufschritt fortgesetzt. Dabei bekamen die Geschütze einen Vorsprung. Hauptmann Waberer aber, der zu Pferd war, ritt mit ihnen. Da bemerkte er Plötzlich, wie ein Reitertrupp von 50 bis 60 Mann durch die Kukurutzfelder anritt, jedenfalls, um die Geschütze zu nehmen. Er machte den Lieutenant Röhn darauf aufmerksam, dieser ließ abprotzen und mit doppelten Kartätschenbüchsen jene zwei Schüsse abgeben, die bei den Unsrigen so große Begeisterung hervorgerufen hatten, und — keiner der Reiter tauchte mehr über dem Kukurutz empor. Auf dem Gefechtsfelde aufgefahren, dirigirte der noch sehr junge Offizier sein Feuer mit solcher Ruhe und Sicherheit in die Flanke des Feindes, daß er demselben furchtbare Verluste beibrachte. ... Das Gefecht auf der Wiese war um 1 Uhr Mittags schon glänzend gewonnen, denn um diese Zeit war die Linie des auf mindestens 4000 Insurgenten geschätzten Feindes durchbrochen und dieser selbst in die Berge versprengt." Um halb 1 Uhr war Hauptmann Derin, der wackere Commandant der 4. Compagnie von Weber, mit 11 Mann in's Castell gelangt, wohin er sich stets kämpfend durch Gärten und über Planken den Weg gebahnt .... zwei Schwerverwundete mußten zurückgelassen werden; um sie vor der unmenschlichen Wuth der noch nicht gebändigten Einwohner zu schützen, wurden sie in einem Faß versteckt und später abgeholt, denn die Stadt konnte an diesem Tage (14. August) von den Unsern, die ihre letzten Patronen verschossen hatten, nicht einmal durchstreift, geschweige denn besetzt werden. Ich habe diesen Uebcrfall beiBanjaluka mit Absicht ausführlicher behandelt und demselben die Berichte von glaubwürdigsten Augenzeugen zu Grunde gelegt, weil darüber bekanntlich die abenteuerlichsten Gerüchte, namentlich die Lage des Spitals betreffend, im Umlaufe waren. ss^"' Die von der geschäftigen Fama so sehr übertriebenen Er-eignisse beim Feldspital beschränken sich nach diesen Berichten auf die Thatsache, daß am Morgen des 14. größere Abtheilungen der Insurgenten unter der Führung des Hassan Beg unmittelbar auf dasselbe losgegangen waren. Die Thore waren eben geschlossen und das von den Insurgenten aus beherrschenden Punkten gegen die Fenster des Spitals eröffnete Feuer konnte den in den Zimmern gedeckten Kranken und Aerzten keine Verluste zufügen. Und als um beiläufig 9 Uhr die gegen das Spital wieder vorgedrungenen Insurgenten versuchten, die Thore desselben zu durchbrechen und in das Innere des Gebäudes zu stürmen, als die Gefahr für dieses Gebäude die höchste Spitze erreicht hatte, da nahte die Rettung, da erdröhnten die „Signalschüsse" der Halbbatterie und die Insurgenten hatten Anderes zu thun! Durch das ausgezeichnete Zusammenwirken der Unsern in und vor Banjaluka war der teuflische Anschlag der Insurgenten glücklich wett gemacht und ihnen die Lust zu ähnlichen Unternehmungen weiterhin gründlich benommen. Natürlich waren die Verluste unsererseits bedeutende. Man zählte 49 Todte (darunter 4 Offiziere und 1 Ver-pflegsbeamten), 121 Verwundete (einschließlich 4 Offiziere und 1 Regimentsarzt) und 7 Vermißte. -I- * >r- Dieser Ueberfall von Banjaluka ist auch schon für das Theater bearbeitet und erschien bei Grimm in Buda-Pest als Trauerspiel unter dem Titel: „Die Katastrophe von Banjaluka" Verfasser ist A. Rctlaw. Kaisers Geburtstag im „neue» Laube". Erhabener und erhebender wurde wohl Ka isers Geburt s-ta g nicht bald gefeiert, als an den Vortagen des 18. August 1878 und an diesem für Oesterreichs Völker so hochbedeutsamen Tag selbst von de» k. k. Truppen, die Schritt um Schritt das zu occupirende Land erobernd eben jetzt dem Hauptziele, dem Besitze der Hauptstadt in der „goldenen Bosna" immer näher und näher rückten, die äußersten Kräfte anspannend und getragen von dem Hochgefühle, ihrem geliebten Allerhöchsten Kriegsherrn ein liebwerthes Geburtstags-Angebinde zu bereiten. Die Hauptcolonne des XIII. Armeecorps, bei welchem sich der Corpscommandant Se. Exc. FZM. Freih. von Philipp oviä und der Divisionär FML. V.Tegetthoff befanden, und die aus 4 Bataillonen und 3 Batterien zusammengesetzt unter dem Commando des Obersten von Polz (vom Jnf.-Regimente Erzherzog Franz CarlP stand, rückte am 10. August 9 Uhr VM. aus dem Lager von^epöe und erreichte am selben Tage noch Vranduk, welches furchtbare Defilä— Dank den ausgezeichneten DispositionendesCommandirendenBaronPhilip-poviö ohne Schwertstreich in den Besitz der k. k. Truppen gelangte. Damit war der Schlüssel zu den weiteren Operationen gegen Sarajevo gewonnen. Am 11. August setzte die Hauptcolonne ihren Marsch über Zenica gegen Bnsovaöa fort. Am 12. August ersuchte der Gouverneur von Bosnien, Hafiz Pascha, begleitet von einigen Notabeln um eine Zusammenkunft mit Sr. Exc. FZM. Freiherrn von Philippoviä. Sie ward ihm gewährt. Hafiz Pascha stellte an den Commandirenden die Bitte, mit dem Vormärsche der k. k. Truppen einzuhalten, da von der Pforte keine Verständigung an die Bewohner des Occupa-tionsgebietes gelangt, anderseits auch die Proklamation Sr. Excellenz in Sarajevo nicht bekannt gemacht worden sei. FZM. Freiherr von Philipp ovi<- entgcgnete auf diese naive Zumuthung, daß die Occupation von Bosnien und der Herzegowina durch österreichische Truppen über einstimmigen Beschluß sämmtlicher Großmächte, welchem auch die türkische Regierung ihre Zustimmung ertheilt habe — erfolge und daß er, seinem erhaltenen Befehle gemäß, den Weitermarsch auf Sarajevo fortsetzen werde. Se. Excellenz forderte schließlich Hafiz Pascha und die Notabeln auf, die verführte Bevölkerung zu beruhigen und sie zum Einhalten in ihrem Widerstände zu bewegen, auch wurde ihm die Proklamation zur Vertheilung eingehändigt. Sehr werthvoll war das weitere Resultat der Unterredung mit Hafiz Pascha, welches feststellte, daß von türkischen regulären Truppen sich 30 Bataillone den Insurgenten angeschlossen und daß große Quantitäten von Waffen und Munition nach Bosnien geschafft und da zur Vertheilung gebracht worden seien. Am 13. August erfolgte die Verbindung der VII. Truppendivision unter Sr. königl. Hoheit FML. Herzog von Württemberg mit der Hauptcolonne bei Vitez, nachdem diese VII. Division am 10. August Travnik anstandslos besetzt hatte. Inzwischen hatte die XX. Truppendivision unter FML. Graf Szapary am 8^ 9. und 10. August harte Kämpfe bei Han Pirkovac und Dolja Tuzla zu bestehen gehabt und mußte sich wegen der großen Erschöpfung der Truppen und der täglich sich mehrenden und unbesiegbaren Verpflegs-schwierigkeiten auf Graöanica zurückziehen, um daselbst das Eintreffen von Verstärkungen abzuwarten. Die Jnsurrection hatte in dem ganzen nordöstlichen Theil von Bosnien eine ungeahnte Ausdehnung gewonnen und auch im westlichen Theile von Nordbosnien, der sogenannten Krajna, in den Bezirken von Bihaö, Petrovac, Kulen, Bakus, Kljuö, GlamoL und Livno war die Anarchie eine allgemeine. In BihaL wurde der kräftigste Widerstand vorbereitet, in Livno bei einer Empörung der Mohammedaner der türkische Militärcommandant getödtet.--------------------All diese Zu- stände nöthigten zur Sicherung der dalmatinischen Grenzen den Ausmarsch mehrerer Abtheilungen des 79. und 80. dalmatinischen Landwehrbataillons zu veranlassen (10. August), die ihre Streifungen bis in die Livno-Ebene ausdehnten! Am 13. August bestand die XX. Truppendivision ein Gefecht bei Graöanica, am 15. ein solches bei Türkisch-8amac und in jedem dieser Gefechte zeigte sich wie überhaupt in der ganzen Haltung der Division Szapary der allen Theilen der Armee gleiche Heldengeist! Wie schon Eingangs erwähnt, die Haupte olonne und die VII. Truppendivision machten die erfreulichsten Fortschritte; desgleichen, wie wir später sehen werden, die XVIII. Truppendivision unter FML. Freih. von Jovanovw in der Herze-gowina. Am 14. August hatte das vereinigte XIII. Armeccorps von Vitez den Wcitermarsch gegen Sarajevo fortgesetzt. Der Sieg bei Han Bölatovac. Der 16- August brachte dem vereinigten XIII. Armeecorps den herrlichen Sieg von Han Bölatovac. Wieder will ich einen Augenzeugen, den fachgewandten Berichterstatter der „N. Fr. Presse" über diesen in doppelter Beziehung hocherfreulichen Sieg sprechen lassen. Er schreibt: „Durch Recognoscirungen und Kundschafter war sichergestellt, daß sich bedeutende Jnsurgentenschaaren im Walddefilä zwischen OvLjjalnka und Han Mlatovac angesammelt haben. Sollte der Feind nicht wieder im letzten Momente abziehen, so war es sicher, daß es diesmal zum harten Kampfe kommen müsse. Dem Gefechtsplane entsprechend, wurden unsere Truppen schon am 15. nach jenen Punkten dirigirt, von welchen aus sie kommenden Tags am vorteilhaftesten in's Gefecht gebracht werden konnten. Am Abend des 15. stand die linke Flügelcolonnc, Brigade GM. Müller, 3 Bataillone und eine Gebirgsbatterie, östlich Brizi, die Mittelcolonne: 6 Bataillone, eine Gebirgsbatterie, und die Corps-Geschützreserve bei Buzo-vaöa; die rechte Flügelcolonne, Brigade Oberst Villecz, vier Bataillone und eine Gebirgsbatterie, vorgeschoben gegen Stina. Am 16. Morgens erfolgte die Vorrückung und zwar marschirte die linke Colonne um halb 7 Uhr, die rechte um halb 5 Uhr und die Mittelcolonne um halb 8 Uhr ab. Die beiden Flügelcolonnen hatten die Aufgabe, den Sattel von Bölatovac, die wahrscheinliche Hauptposition des Feindes, im Rücken zu fassen. Sämmtliche Trains blieben vorläufig bei BuzovaLa zurück. Feldzeugmeister Freih. von Philippoviä mit seinem Generalstabe, dem auch ich mich anschloß, folgte der Vorhut der Mittelcolonne. Kaum hatten wir Buzovaöa Passirt, als um halb neun Uhr von der Brigade Müller der erste Geschützschuß abgegeben wurde. Es folgte hier eine halbstündige Kanonade, welche bezweckte, die Jnsurgentenabtheilnngen, die sich während der Nacht auf den zweitausend Schritte von der Aufstellung Müller's entfernten bewaldeten Berghängen festgesetzt hatten, zu vertreiben. Um halb 10 Uhr stieß die Vorhut der Hauptcolonne dort, wo die Straße den Kozicabach übersetzt, auf den Feind. Von hier aus beginnt auch das Walddefilö, welches die Straße durch zwei Wegstunden durchzieht. Die das Defilö einschließenden Hänge sind zwar wenig steil, dabei aber sehr coupirt, unregelmäßig geformt und erschweren die Bewegung und die Uebersicht. Unserer Vorhut, bei welcher General st abschef Oberst Popp persönlich disponirte, gelang es indeß bald, in den Wald einzudringen. Es entwickelte sich ein sehr lebhaftes Plänklergefecht, an welchem von der Mittelcolonne das 39. Jägerbataillvn und zwei Compagnien MaroiLiä sowie ein Bataillon der Brigade Müller theilnahmen. Mittlerweile wurden von FZM. Baron Philippovie vier Geschütze einer leichten Batterie der Geschützreserve auf einen links von der Straße gelegenen Höhenrücken disponirt. Die Position war eine außerordentlich günstige, von der aus die feindliche Aufstellung bis zum Gebirgssattel übersehen und zum Theile ins Feuer genommen werden konnte. Die Ausfahrt der Geschütze war aber mit unendlichen Schwierigkeiten verbunden und erfolgte stellenweise im feindlichen Infanterie-feuer. Genau um 11 Uhr hatte diese Batterie Position gefaßt und den ersten Schuß abgegeben, eben in einem Augenblicke, in welchem das Jnfanteriegefecht eine Lebhaftigkeit annahm, wie man solche nur in Schlachten während des entscheidenden Momentes bemerkt. Das Eingreifen unserer Artillerie war sofort von sichtbarem Erfolge begleitet. Das Feuer des Feindes wurde schwächer, der Gegner trat den Rückzug an. Da indeß die linke Flügelcolonne des schwierigen Fortkommens wegen nur langsam Terrain gewann und wir überdies von der rechten Colonne noch keine Nachricht erhielten, verfügte FZM. Philip-poviö, daß das Centrum vorläufig zurückhalten solle. Um V4I2 Uhr vernahmen wir aus weiter Ferne im Rücken des Gegners Kanonendonner; es war kein Zweifel, daß die Brigade Villecz ihr Ziel erreicht hat, und so war es auch. Die Brigade war um halb 6 Uhr aus ihrem Bivouac bei Stina aufgebrochen und nach glücklicher Ueberwindung außerordentlicher Bewegungshindernisse um V4I2 Uhr auf dem Hange südlich von BSlatovac im Rücken des Feindes in einem Augenblicke eingetroffen, als beträchtliche Jnsurgentenkräfte, nichts Schlimmes ahnend, soeben im Abkochen begriffen waren. Oberst Villecz ließ sogleich seine Batterie auffahren und das Lager mit Hohlgeschossen bewerfen. Der Feind, welcher vollkommen überrascht wurde, ließ alles liegen und stehen und eilte nach den bewaldeten Hängen jenseits der Straße. An der panikähnlichen Flucht nahmen auch die zur eigentlichen Vertheidigung des Sattels bestimmten Insurgenten Theil, welche ihre verschanzte und vorbereitete Position in Eile verließen. Vier Geschütze, welche sie dort postirt hatten, wurden zwar aus den Geschützständen zurückgezogen, doch ist es wahrscheinlich, daß dieselben auf den unwegsamen bewaldeten Hängen östlich der Straße zurückbleiben mußten. Als wir um halb 3 Uhr auf dem Lagerplatze des Feindes anlangten, fanden wir bei 20 Zelte, zahlreiche Waffen, große Munitions- und Lebensmittelvorräthe, Kleider, Wagen, Pferde und dgl. Die richtige Disposition und das rechtzeitige Eintreffen der Brigade Villecz hat die glänzende Entscheidung gebracht. Unsere Verluste beliefen sich merkwürdiger Weise nur auf 14 Verwundete. Se. Excellenz der Commandirende meldete den Sieg telegraphisch an Se. Majestät Der oberste Kriegsherr geruhte hierauf an Freiherrn von Philippoviä nachstehendes huldvolle, enthusiastisch aufgenommene Antworttelegramm zu richten: „Ich danke Ihnen für das mir dargebrachte freudige Geburtstagsgeschenk, und spreche Ihnen und meinen braven Truppen für den neuerlichen Erfolg Ihrer Hingebung und Bravour von ganzem Herzen Meine Anerkennung aus. Sie haben dies allen unterstehenden Abtheilungen zu verlautbaren." Während das unentwegt auf sein Ziel — Sarajevo — vorrückende XIII. Armeecorps des Kaisers Geburtstag in altkriegerischer Weise unter Waffen „intar ai-ma" feierte, war es dem Stabe der XVIII. Truppen-Division gegönnt, im Lager von Mostar einer Feld messe beizuwohnen, welche zur Feier des Allerh. Geburtsfestes Sr. Majestät des Kaisers und Königs daselbst gelesen wurde. Die Bischöfe Medschliß und Notablen erschienen beim Divisions-Commandanten, um ihre ehrfurchtsvollsten Glückwünsche für das Wohl des Kaisers und Königs darzubringen und zu ersuchen, den Ausdruck unverbrüchlichen Gehorsams Sr. Majestät in ihrem Namen zu Füßen legen zu wollen. In der katholischen und in der griechisch-orientalischen Kirche wurde je ein feierliches Hochamt aus dem gleichen erhebenden Anlasse celebrirt, in der That eine hohe Freude für die durch Jahrhunderte unterdrückten Christen, nun am angebrochenen Freiheitsmorgen den Befreier, den christlichen Fürsten an seinem hohen Festtage würdig feiern zu können! Auch aus andern Städten des bereits occupirtcn Gebietes meldete der Draht in alle Theile des weiten mächtigen Oesterreich-Ungarn, daß die neuen Mitbürger den Geburtstag unseres geliebten Kaisers und Königs zu feiern sich beeilen. In Banjaluka erschien der Mutessarif beim StationsCommandanten GM. Sametz, um seine innigsten Glückwünsche für das Wohl Sr. Majestät des Kaisers und seine unwandelbare Ergebenheit auszudrücken. Bei festlicher Tagwache war die Stadt von ungeheurem Jubel erfüllt. In Gradiska bosanska — „Berbir" —haben gleichfalls der Kaimakam und die städtischen Würdenträger dem Stations- Commandanten ihre Ergebenheit für Se. Majestät den Kaiser ausgesprochen und ihre unterthänigsten Glückwünsche zum kaiserlichen Geburtsfeste dargebracht! Tausend und tausend heiße Segenswünsche stiegen an diesem 18. August des Jahres 1878 aus dem einer neuen glücklichen Zeit entgegengehenden, von Gott mit allen erdenklichen Schätzen reich gesegneten Lande für den neuen Herrn, für den endlichen Befreier aus dem Sklavenjoche empor aus den Herzen wahrhafter Patrioten dieses Landes, die alsbald, wo es die äußern Verhältnisse nur immer gestatteten, offen hervortraten und ihre Farbe offen bekannten als freie und freudige Anhänger der ihrem Lande die Freiheit und den Fortschritt bringenden „Oesterreicher". Der 18. August des Jahres 1878 bildet demnach einen der bedeutungsvollsten Marksteine in der Geschichte von Bosnien und der Herzegowina, zumal er auch der Vortag war der Einnahme der paradiesisch schönen und für den Besitz des Landes hochwichtigen Hauptstadt der stolzen goldnen Bosna, der Vortag war der Einnahme von Sarajevo! Dir Einnahme von Sarajevo, 19. Angnst. Am 29. Juli hatte das Gros des XIII. Armeecorps die Save bei Brood übersetzt und schon drei Wochen später — am 19. August — zog es siegreich in das fanatisch vertheidigte Sarajevo ein. Nach drei Wochen schon trotz der ungeheuren Mühsale, der außerordentlichen Strapazen, der vielen und großen Hindernisse, die den tapfern heldenmttthigen Truppen allüberall entgegenstanden ! Der hohe Geist und die entschiedenste Thatkraft des Feldherrn, die Ausdauer und die Opferwilligkcit, der Muth und die Heldenhaftigkeit der Truppen, sie haben es bewirkt, daß in verhältnißmäßig so kurzer Zeit und mit verhältnißmäßig so geringen Opfern, als es geschah, das Herz des bosnischen Landes eingenommen werden konnte. Noch waren, seitdem wir die Hauptcolonne den Sieg bei Belatovac erringen gesehn, bis zur endlichen Einnahme von Sarajevo einige größere und kleinere Gefechte zu bestehen; bei Kakanj am 15. und 16. und bei Visoka am 17. August, von denen namentlich letzteres hartnäckiger Natur gewesen. Insurgenten und reguläre türkische Truppen hatten die beherrschenden Punkte von Visoka stufenartig auf einer langen Linie besetzt und die k. k. Truppen bei Beginn des Kampfes mit einem mörderischen Feuer empfangen. Aber die tüchtige „Feuerdisciplin" der Unsern — Commandant FML. v. Tegett-hoff — die besondere Geschlicktichkeit in den taktischen Anordnungen der Truppenführer, sowie die Ausdauer unserer braven Soldaten machten den Sieg zu einem ziemlich unblutigen. Am selbe» Tage noch — am 17. August — waren das Gros des XIII. Armcecorps und die Division Tegetthoff am obern Laufe der Bosna vier Meilen vor Sarajevo eingetroffen; doch es mußte den ermüdeten Truppen am 18. August vor BlaLnj und Seminovac ein Rasttag gegönnt werden. Der nächste Tag — der 19. August — sollte die Hauptentscheidung und mit ihr die Belohnung für alle bisherigen Anstrengungen und Kämpfe, für all die Mühsal und all die Entbehrungen bringen, den Besitz von Sarajevo. Während aber die Truppen am 18. Rast gehalten, gönnte sich der Commandirende Se. Exe. FZM. Freih. v. Philippoviä selbst keine Ruhe. Noch am Nachmittage des 18., den er so gerne schon in Sarajevo gefeiert hätte, nahm der Feldzeug in ei st er mit zwei Escadronen des 4. Husarenregiments und zwei Geschützen eine Recognoscirung gegen die Stadt vor, auf welcher die Husaren von den die Höhen besetzt haltenden Insurgenten angeschossen wurden! Gestützt auf die durch diese Recognoscirung gewonnenen Wahrnehmungen erließ der Commandirende FZM. Freih. v. Philippoviä für den Angriff auf Sarajevo nachstehende allgemeine Disposition: „GM. Kaiffel (5 Bataillone, 1 leichte Feldbatterie und 1 Gebirgsbatterie) rückt am 19. August um 4 Uhr Früh aus dem Lager ab, auf der Straße bis ungefähr in die Höhe von JlidLe — biegt dort gegen Kotori ab, um dann eine Linksschwenkung respective Ersteigung der Abfälle der Jahornina zu bewirken und sodann Richtung auf DLbelo brdo und Sarajevo zu nehmen." „Oberst Villecz mit 3 Bataillonen und drei schweren Batterien der Geschützreserve hat die Direktion auf der Straße gegen Fratin, rückt jedoch um als zurückgehaltene Staffel figuriren zu können, nach GM. Kaiffel ab." Der Colonne des Obersten Villecz wurden außerdem l'/r Escadronen zugewiesen, während GM. Kaiffel nur V2 Escadron erhielt. FML. v. Tegetth 0 ff, mit den Brigaden Oberst Leinai 6 (4 Bataillone und 1 Gebirgsbatterie) und Oberst Polz (4 Bat. und 1 Gebirgsbatterie), sowie mit dem Detachement des GM. Müller (2 Bat. und 2 Feldbattcricn) den linken Flügel bildend, bekam im Allgemeinen den Auftrag, die Höhe Pasan brdo zu gewinnen. Der Aufmarsch in die Gefechtslinien erfolgte nach den ertheilten Dispositionen. Als Reserve folgten auf der von BlaLnj nach Sarajevo führenden Straße zwei Bataillone des 27. Reserve-Regiments mit zwei schweren Batterien. Die Oberleitung dieses umfassenden, dieses den Feind erdrückenden Angriffes führte Se. Exc. FZM. Freih. von PhilippoviS selbst ... sie war von dem glänzendsten Erfolge gekrönt! Das Feuergefecht wurde am linken Flügel von der Division Tegetthoff um '/z7 Uhr Früh durch eine Kanonade von den Höhen des Pasan brdo eröffnet, sie war gegen das Castell von Sarajevo gerichtet. Eine Stunde lang erdröhnten weiters die schweren Batterien der Colonne Villecz aus dem Centrum unserer Gefechtslinie gleichfalls gegen das Castell. Während dessen war es der Colonne Kaiffel gelungen, die nördlichen Abfälle der Jahornina zu ersteigen und den DSbelo brdo in das Feuer ihrer Geschütze zu nehmen, welchen sie denn auch bald in Besitz bekamen. Da fand sich daselbst der Commandircnde ein, denn von DSbelo brdo ist Sarajevo vorzüglich zu übersehen. Noch zwei Stunden lang, etwa bis IOV2 Uhr VM., währte der ununterbrochene heftige Geschützkampf, in welchem unsere ausgezeichnete Artillerie mit unseren herrlichen Geschützen abermals die glänzendsten Erfolge erzielte und Dai besreite Bosnien. 10 den Mohammedanern nach dem Ausspruche eines ihrer Führer wieder recht deutlich vor Augen führte, daß „mit Geschossen, die in der Luft zerspritzen", kein Kampf aufzunehmen sei. Ungefähr 60 Geschütze waren in Aktion. Während inzwischen die Bataillone des 7. und 47. Reserve-Regiments kräftig gegen die Südseite von Sarajevo vorgedrungen waren, begann nun nach 10 Uhr die Stadt in ihrem nordwestlichen Theile zu brennen. Jetzt war der Augenblick für den allgemeinen Sturmangriff gekommen. Mit aller Gewalt werfen sich die Bataillone des 52., 38. und 46. Infanterieregimentes auf die „Lisiärcn" der Stadt. Da aber der Feind diese zu rasch verließ — er wartete gar nicht den Sturmangriff ab — so kamen die ersten Abtheilungen unserer Truppen in die westlichen Theile der Stadt zu schnell, wo sich nun sofort ein äußerst blutiger, von den Insurgenten mit aller Verzweiflung geführter Straßenkampf entwickelte, an dem sich die „fanatisirten Bewohner" gleichfalls hervorragend beteiligten. Jedes einzelne Hans, jeder Hof in diesem Theile der Stadt mußte erstürmt werden; aus allen Fenstern und Thüren, von den Dächern schoß man auf die Unsern, ja selbst in den schon durch unsere Soldaten „gewonnenen" Häusern wälzte sich der Kampf so zu sagen von Gemach zu Gemach. Männer und Weiber, Kinder und Greise richteten ihre Waffen gegen die k. k. Truppen. Als ein Offizier in eines der Zimmer eines bereits erstürmten Hauses drang, fand er ein lOjähriges Mädchen mit angeschlagenem Gewehr sich gegenüber; in einem andern Hause hieb ein neunjähriger Junge mit einem HandSar um sich und konnte erst unschädlich gemacht werden, nachdem er mehrere unserer Soldaten verwundet hatte. Es ist begreiflich, daß in diesem „denkbar gräßlichsten" Straßenkampfe auch viele Weiber und Kinder ums Leben kamen, aber es war rührend zu sehen und ist wieder bezeichnend für Einnahme von Sarajevo. die sprichwörtliche Gutherzigkeit der österreichisch-ungarischen Soldaten, daß sie sich nach erfolgter Einnahme der Stadt um die Hilflosen und Leidenden inder opferwilligsten Weise annahmen. Nach 11 Uhr hörte das wüthende Ringen allmälig auf, die Kraft der Aufrührer und der von ihnen Verführten war gebrochen, noch hie und da Puffte ein Schuß eines besonders leidenschaftlichen Fanatikers, aber allgemach ward es stiller und immer stiller inder kurz vorher noch von den wildesten Leidenschaften durchtobten Stadt I —-------- Nach 12 Uhr begann die Reserve die Durchsuchung der Häuser und war damit in den ersten Stunden des Nachmittags zu Ende. Als nach 3 Uhr NM. der Commandirendc Se. Exe. FZM. Freih. v. Philipp oviö die Meldung empfing, daß auch das Castell von den k. k. Truppen besetzt sei, ließ er um 4 Uhr die kaiserliche Fahne auf demselben aufhissen und dieses gemeinsame Reichsbanner mit 101 Kanonenschuß salutiren, während die Musikkapelle des 46. Inf.- Regimentes die Volks Hymne anstimmte. < Ein weihevoller Moment, der Allen, die daran Theil nahmen, tief ins Herz griff, von allen Höhen erschollen die Hurrah-Rufe der k. k. Truppen! Es war dieß die großartigste Nachfeier von „Kaisers Geburtstag im neuen Lande". Um 5 Uhr hielt FZM. Freih. v. Philipp oviö unter dem Donner der Geschütze, dem Glockengeläute der christlichen Kirchen und unter dem Jubel des gutgesinnten Theils der Bevölkerung den feierlichen Einzug in die reizende Stadt der schönen stolzen „goldnen Bosna". Alsbald nach dem Einzuge empfing der Commandirendc im Regierungsgebäude (Konak), das er bezogen, die Deputationen der bisherigen Behörden, der türkischen Offiziere u. s. w. und zog sich sodann in die für ihn vorbereiteten Gemächer zurück. io* So war nach harten: sechsstündigen Kampfe die Hauptstadt Bosniens in der Gewalt Oesterreich-Ungarns und damit die Grundlage für die baldige gänzliche „Occupation" und Ruhe des Landes gewonnen. Wenn auch an sich genommen die Verluste unsererseits ziemlich große waren, die unsere Truppen bei dieser Einnahme Sarajevo's erlitten — man zählte 54 Todte (darunter 1 Offizier), 304 Verwundete (worunter 6 Offiziere) und 2 Vermißte — so waren diese Verluste im Vergleiche zu dem Erfolge, der errungen worden, nicht erhebliche. Der Feind ließ zahlreiche Vorräthe au Waffen und Munition zurück. Am nächstfolgenden Sonntage — 25. August — wurde der erste feierliche Gottesdienst nach Einmarsch der k. k. Truppen sowohl in der katholischen als griechischen Kirche und zwar in beiden Kirchen in Anwesenheit des Armeecommandanten Sr. Exe. FZM. Freih. v. Philip poviä, des gesammtcn Generalstabes, dann eines Theils des Offizierscorps von jedem Truppenkörper celebrirt. In beiden Kirchen gestalteten sich die Gottesdienste zu überraschenden wahrhaft rührenden Ergebenheitskundge bungen. Zum ersten Male seit Jahrhunderten konnten die,Christen Sarajevo's als freie Menschen unter dem Festgeläute aller Glockenbei offenen Thüren in vollster Sicherheit ihren Gottesdienst verrichten! Sas Ende der Gcrupation. Mit dem Besitze der Hauptstadt Bosniens war zwar Alles gewonnen, aber bei Weitem noch nicht alles — erreicht; noch standen hitzige Kämpfe an gar manchen Punkten bevor. Im Nordosten Bosniens, wie in den westlichen Theilen der Krajna bereiteten sich noch ernste Dinge vor und der Commandirende beeilte sich, nachdem seine Umsicht und Thatkraft den zügellosen Zustanden in der Hauptstadt Sarajevo gar bald ein Ende gemacht hatte, der Fortsetzung der Operationen sein Augenmerk zuzuwenden. Wieder trat eine namhafte Vermehrung und Verstärkung der Occupativnstruppen ein und das Militärverordnungsblatt, vom 22. August 1878 bestimmte die Bildung eines Armce-Eommando, an dessen Spitze Se. Exe. FZM. Joseph Freit Herr von Philippoviä gestellt wurde, dem Se. Majestä unter Einem das Großkreuz des Leopoldordens zu verleihen geruhten. Die Occupationstruppen wurden als die II. Armee be-: zeichnet und waren die höheren Stäbe wie folgt zusammengesetzt - Armeecommandant FZM. Joseph Freih. von Phi lippoviä. ChefdesArmee-Generalcommando: GM. Edler von Stransky. Chef des Generalstabs: GM. Edler v. Cornaro. Artillerie-Chef: Oberst Edler v. Gerlich. Genie-Chef: Oberst Ritter v. Mossig. Sanitäts-Chef: Oberstabsarzt!. El. Dr. Leiden. Intendanz-Chef: General-Intendant Schödl. III. Armeecorps:Commandant FML. Graf Sza-päry, Generalstabschef: Oberstl. v. Milde. IV. Armeecorps:Commandant FML. Baron Bie-nerth, Generalstabschef: Oberstl. Graf Schn len bürg. V. Armeecorps:Commandant FML. Baron Ram-berg, Generalstabschef: Oberst Baron Handel XIII. Armeecorps:Commandant FZM. Herzog Wilhelm von Württemberg, Generalstabschef: Oberstl. A l b o r i. Es kann nicht in dem Rahmen dieser in größeren Zügen gehaltenen Darstellung gelegen sein, den nun in Bosnien und der Herzegowina noch stattgehabten Kämpfen in die Einzelheiten zu folgen, nur die bedeutendsten sollen hervorgehoben werden, obschon es, was Heldenmuth und Ausdauer, Umsicht und Thatkraft der Führer und der Truppen anbelangt, schwer zu entscheiden kömmt, welchen dieser Kämpfe der Vorrang eingeräumt werden soll. Die Wichtigkeit und Bedeutung des Einzelnen für den Fortgang und die Beendigung der Occupation muß uns maßgebend sein; sonst aber, wir wiederholen es, muß freudigst anerkannt werden, daß überall und von Allen und bis auf den letzten Strauß, der zu bestehen war, die Pflicht auf das Glänzendste erfüllt wurde! Schon am 23. August hatte der Armee-Commandant größere Streifungen in der nächsten Umgebung der Hauptstadt angeordnet, aus dem doppelten Grunde, um die versprengten kleineren Jnsurgentenbanden aufzuheben und anderseits, um mit der gegen Gorazda und Rogatica geflüchteten Hauptmacht der Insurgenten neuerdings Fühlung zu erhalten. Diese Streifungen, bei denen GM. v. Kopfinger bis Glasiuac vordrang, währten vom 23. bis 27. August. Hiebei war man auch dem verwundeten Insurgenten-Chef Hadschi Loja schon auf der Spur, erreichte ihn aber nicht. Das am 3. September von der VI. Truppeudivision unter persönlicher Führung des Divisionärs FML. v. Tegetthoff — Rc-gimentscommandanten Oberst Baron Pittel, Oberst!, v. Schluten b erg — bestandene Recognoscirungsgefecht bei Mo kro auf der Rvmanja Planina, das mit einem Verluste von 13 Todten (darunter 1 Offizier) und 77 Verwundeten begleitet war, sicherte den Unseren den Besitz der Rvmanja Planina und die Straße gegen ViSegrad, die alsbald in brauchbaren Zustand versetzt wurde. -I- * * Wir wenden nun unser Augenmerk den Operationen des unter der Führung des FML. Grafen Szapäry stehenden III. Armeecorps zu, das sich in den letzten Tagen des August gebildet hatte. Die IV. Truppendivision, bestehend aus den Infanterie-Regimentern 8, 45, 49 und 54, dann dem 4- und 25. Jagerbataillon, überschritt die Save am 2. und 3. September bei Brood und erschien bereits am 4. und 5. in der Gegend von Doboj. Damit nahmen nun die Verhältnisse an der Bosna eine andere Gestalt an und eine beabsichtigte Beunruhigung der k. k. Truppen im Rücken durch eine allfällige Ansammlung von Insurgenten in TeZanj ward durch die rasche Besetzung dieses Ortes und die daselbst vorgenommene Entwaffnung vereitelt. Die Gefechte um Doboj am 4-, 5., 6. September, in welchen die Insurgenten unseren Truppen den hartnäckigsten, schließlich nur durch das Bajonnet zu brechenden Widerstand entgegensetzten — wobei unsere Verluste sehr bedeutende waren — hatten einen vorzüglichen Erfolg; sie machten die Straße nach Maglaj frei und sicherten so die seit Wochen in hohem Grade gefährdete Verbindung mit Sarajevo vollständig. * * * Auch im nordwestlichen Bosnien konnte sofort nach dem Eintreffen der Verstärkungen zur Entwaffnung der größeren Orte: Brouzeni, Majdan, Kozarac und Prjedor durch die 71. Infanterie-Brigade geschritten werden. Bei KljuL hatten sich schon in den letzten Wochen August ansehnliche Jnsurgenten-Schaaren gesammelt. Diesen ging am 4. September GM. Sametz mit drei Bataillonen des 22., einem Bataillon des 26. und einem Bataillon des 53. Infanterie-Regiments nebst zwei Gebirgsbatterien scharf zu Leibe, — er warf sie am 6 , nachdem das Gefecht bis in die'^ Nacht fortgesetzt worden, ans das linke Sana-Ufer und bemächtigte sich der Schanzen und des Ortes KljuL. Noch hielten die Insurgenten das Castell besetzt, das sie aber am 8. gleichfalls unseren Händen überließen, nachdem sie in ihrer rechten Flanke geschickt umfaßt worden. Der gleichfalls mit großen Verlusten erkaufte Besitz von KljuL (311 Todte und Verwundete) war aber für die Entwaffnung der Umgebung von Banjaluka von dem größten Werthe, man konnte nun Sanski Most, Skender Vakuf, Stari Majdan, Kotor und Kamengrad sofort besetzen. Inzwischen waren die Türken in einem kurzen Gefechte bei Han Prolog (7. September) geschlagen worden und ein Angriff unsererseits auf BihaL (gleichfalls am 7. September) erfolgt. Die großen Ansammlungen von Jnsurgentenschaaren bei dem kaum 5 Kilometer von dem österreichischen Grenzorte Zavalje entfernten BihaL bestimmten das Ueberschreiten der Reichsgrenze durch die 72. Inf.- Brigade unter GM. Zach (23. Jnf.-Reg. und 79. Reserve-Jnfanterie-Regiment). Bei BihaL und dem benachbarten Dorfe 2legar kam es zu heftigem Kanipfe und zogen die Insurgenten immer neue Verstärkungen an sich, ihre Stärke betrug im Ganzen 15.000 Mann, so daß sich GM. Zach bei eintretender Dunkelheit genöthigt sah, seine Truppen auf Zavalje zurückzuziehen. Unter dem Gefechte vor BihaL hatten die Insurgenten eine Abtheilung von 260 Mann gegen Zavalje auf österreichisches Gebiet beordert, um unsere Truppen im Rücken zu fassen. Diesen Plan machte ihnen aber die wackere croa-tische Landwehr (die 3. Compagnie des 80. Bataillons Agram) zunichte, welcher es gelang, fast die ganze herübergekommene Jnsurgentenschaar aufzureiben. Die Verluste der Unsern wie der Insurgenten bei BihaL waren bedeutende; wir zählten 98 Todte, 396 Verwundete. Am 8. September gab es auch einige kleine Geplänkel an de? österreichischen Grenze beiLjeskovac und ProsiLeni -ka rp en, bei welchen das 12. Jägerbataillon und das 88. kroatische Landwehrbataillou mehr minder lebhaft betheiligt waren. Werfen wir nach Längerem wieder einen „Blicksin. die Herzegowina" und lassen wir die Ereignisse daselbst vom halben August bis zur gänzlichen Oceupation (28. September) an uns vorüberziehen. Dem Uebersall bei Ravnice (13. August), wo Hauptmann Medved vom 32. Jnf.-Regiment mit einem großen Theile seiner Compagnie den Heldentod gefunden, dem Gefechte bei Oernici (17. August), in welchem GM. von Sch lüde rer die Insurgenten nach kurzem Widerstande vertrieben, nach dem Nachtgefechte bei PasiL Han (19. August) — wohin der rasch entschlossene Divisionär FML. Freiherr v. Jovanoviö mit den Truppen selbst aufgebrochen war und welches Dank der Ruhe und Besonnenheit der Führer, der Ordnung und der Disciplin der Truppen glänzend verlief — nach dem Entsätze von Stolac (21. August), bei welchem das 3. Bataillon Kaiscrjäger und das 33. Jägerbataillon Wunder der Tapferkeit verübten und der Wojvode MusiL mit seinen „Contre-Guerillas" die gänzliche Niederlage der Insurgenten herbeiführte, und nach der Besetzung von Neves inje (28. August), wodurch einer der wichtigsten Punkte der Herzegowina in unsere Hände kam, waren die Insurgenten der Herzegowina außer alle Verbindung mit den Insurgenten Bosniens gebracht! Sie waren in den südöstlichen Winkel des Landes um Trebinje eingekeilt. Die türkischen Besatzungen, die sich gegen die Insurgenten wacker hielten, räumten den von Ragusa anrückenden Oester-rcichern die von ihnen bisher besetzt gehaltenen festen Punkte, so am 2. September Drieuo, welches von Theilen der Brigade GM. von Pappenheim besetzt wurde. Am 7. September vollzog GM. Nagy mit dem 74. Jnf.-Regimente, einer Gebirgsbatt erie und vier Feldgeschützen die Einnahme von Trebinje. Die von den regulären türkischen Truppen geräumten und jetzt von den Insurgenten besetz- tenstarken Wachhäuser in der Umgebung vonTrebinje gaben den Unsern noch zu schaffen, doch gelang es der ausgezeichneten Wirkung unserer Artillerie, wie nicht minder dem lebhaften Vorgehen der Infanterie gegen die in Häusern und Weingärten gedeckten Insurgenten, diese zur Räumung der Wachhäuser und zur Flucht gegen Bilek zu vermögen. Am 15. September bestand ein zur Sicherung von Straßenarbeit von Trebinje nach Gorica entsendetes Bataillon des 74. Regimentes ein heftiges Gefecht daselbst mit den Insurgenten und den kurz vorher in voller Ergebenheit entgegengenommenen Bewohnern dieses Dorfes, die unsere Soldaten, als sie dann an den Häusern vorbeikamen, aus den Fenstern mit Schüssen empfingen. 46 Mann von uns blieben todt, 41 wurden verwundet. Daraufhin ließ GM. Nagy die Insurgenten aus den Wachhäusern von Trebinje mit einem verheerenden Feuer überschütten, so daß sie mehr als 300 Todte und Verwundete zählten und sich nach Grancarevo flüchten mußten. Am 16. September besetzte FML. Freiherr v. Jova-uoviö, der mit den Brigaden GM. v. Schluderer und Oberst v. Kl im bürg in der trefflichen Marschleistung von sechs Tagen den Weg von Mostar über Domaiioviä, Stolac, Dabar, Fatnica Plana und zuletzt über den rauhen Gebirgsstvck der Bcla Nudina nach Bilek — beiläufig 120 Kilometer — zurückgelegt hatte, Bilek ohne Widerstand, worauf auch Metokia (GaLko) besetzt wurde (18. September). Nach dem Gefechte bei Jasen (18. September), wo Jovanoviä die Insurgenten durch die Geschütze aus ihrem Hinterhalt treiben ließ, erreichte er <19.) Trebinje, wo Rasttag gehalten wurde. Die Besetzung von Grancarevo (21. Sept.) und die Einnahme von Klobuk (am 28. September) beendeten die Occupatio n der Herzegowina. Grancarevo war von seinen Bewohnern gänzlich verlassen, nachdem es am 20. aus zwei schweren Feldgeschützen trefflich beschossen worden. Am 23. war Rast, um sich auf die Unternehmung gegen Klobuk vorzubereiten, zu deren Durchführung GM. Nagy mit 2 Bataillonen des 74-, 1 Bataillon des 27. Inf-Reg., dem 3. Kaiserjäger- und dem 7. Feldjägerbataillon nebst zwei Gebirgsbatterien bestimmt war. Am 24. um 10 Uhr VM. begann die Colonne ihren Ausmarsch. Um 4 Uhr NM. stieß das 7. Jägerbataillon auf den überraschten Feind. Nach einem kleinen Geplänkel gingen unsere flotten Jäger munter vor, wurden aber bald aus der Veste Klobuk beschossen. Da ließ sofort GM. Nagy durch das Bataillon des 27. Jnf.-Reg. einige Höhen besetzen und die daselbst aufgefahrene Gebirgsbatterie begann ihr Feuer gegen das Schloß Klobuk. Man war aber hier nicht genug gedeckt, daher ließ GM. Nagy für diesen Tag die Truppen zurückgehen. Doch wurde am nächsten Tage die Beschießung wieder aufgenommen und durch drei Tage fortgesetzt. Jetzt trat Regen und Kälte ein, unsere Truppen waren dagegen ohne Schutz, da beschloß GM. Nagy, die Festung unmittelbar anzugreifen. Am 27. und 28. vorgenommene Recognoscirungen ergaben, daß das Schloß von seiner Besatzunggeräumt sei und so konnte denn am 28. September ^lO Uhr VM. von unsern Truppen der Einzug in die für uneinnehmbar gehaltene und thatsächlich ohne Artillerie uneinnehmbare hohe Veste gehalten werden; die kaiserliche Fahne ward gehißt und die Jnsnrrection in der Herzegowina hatte ihren letzten Schlupfwinkel verloren; die Insurgenten waren mit Rücklassung ihrer Todten und Verwundeten bei Nacht über die montenegrinische Grenze geflohen. Unsere Verluste waren gering. Noch am 28. September wurden die Festungswerke von Klobuk geschleift. Am 16. Octobcr zog Freih. v. Jovanoviö in Mostar wieder ein, von der Bevölkerung enthusiastisch empfangen. In der kurzen Frist von acht Wochen hatte er ohne große Verluste die schwierige Aufgabe der Occupation der Herzegowina gelöst. * * * Wir haben die Operationen im nordwestlichen Bosnien bei der Entwaffnung der Umgegend von Banjaluka verlassen. Nach dem Einlangen der nothwendigen Verstärkungen schritten hier GM. Zach und GM. Reinländer zum erneuerten Vorgehen gegen Bihaö, nachdem auch bereits die Gegeninsnrrection der Christen gegen die mohammedanischen Insurgenten im Wachsen war. Nach Erringung der festen Stellung beim Pfarrhofe von 2egar (15. Sept.) wurden am 16. Sept. die Verschanzungen des DebeljaLaberges erstürmt und am 18. gegen einen verzweifelten Wiedereroberungsversuch entschieden behauptet. Damit war aber auch schon Bi ha 6 selbst gefallen, von allen Seiten beherrscht, hißte die Festung am 19. September NM. die weiße Fahne und ergab sich. .Unsere einziehenden Truppen fanden 5 Geschütze, viele Waffen und zahlreiche Munitionsvorräthe. Die Besatzung, reguläres türkisches Militär, 1 Stabsoffizier, 32 Oberoffiziere und 139 Mann, wurden gefangen gemacht, die Insurgenten flüchteten nach Türkisch-Croatien. Am 26. September unterwarf sich Petrovac, bisher ein Hauptsammelpunkt der Insurgenten, freiwillig, und in den letzten Tagen September war nur noch die Gegend von Livno und der äußerste nordwestliche Theil der Krajna im Besitze der Jnsurrection. Und auch Livno fiel bald — am 28. September. Da sich hier seit Mitte September an 8000 Insurgenten und „Reguläre" angesammelt hatten, so warteten die Unsern das Eintreffen der Verstärkung ab, bevor sie gegen diesen Punkt Weiteres unternahmen. Am 26. September Mittags erschien der Corpscommandant Se. kvnigl. Hoheit FZM. Herzog von Württemberg mit der VII. Jnfanterie-Truppen-Division unter GM. Müller, bestehend aus den Brigaden: Oberst v. Villecz, GM. v. Pistory und kais. Hoheit GM. Erzh. Johann Salvator, östlich von Livno und schon am 27. begann das Anrücken der k. k. Truppen gegen Livno. Beim Tagesgrauen fuhren die Batterien auf den beherrschenden Höhen auf und es begann um 7V« Uhr Früh die Beschießung des Platzes aus 38 Geschützen. Die Wirkung unserer trefflichen Waffe erwies sich auch hier wieder als eine furchtbare; der Feind ward nach der Stadt gedrängt und die Geschütze konnten während der Nacht noch näher herangerückt werden. Kaum brummten die Geschütze am Morgen des 28. September, so erschienen auch schon Abgeordnete aus Livno und zeigten die Uebcrgabe dieses wichtigen Platzes an; um 9 Uhr Vormittags wehte bereits vom Castell von Livno die schwarz-gelbe Fahne. - Unsere Verluste waren gering, wir zählten nur 40 Todte und Verwundete, unter letzter« vier Offiziere. Der Feind ließ hier 500 Nizams, 14 Kanonen und viel Munition zurück. Se. königl. Hoheit der Herzog von Württemberg kann aber den 28. September 1878 als einen besondern Ruhmestag auf dem blätterreichen Lorbeerkranze seines kriegerischen Wirkens verzeichnen! * * * Den Rest unserer Betrachtung bilden nun die Operationen zur Beruhigung der noch übrigen wenigen Punkte von Bosnien, die sich noch in den Händen der Insurgenten befanden. Das vereinigte III. und IV. Armeecorps unternahm gemeinsam die Vorrückung in die Posavina und in die Bezirke von Tuzla und Zvornik. GradaLac wurde von Abtheilungen des IV. Armeecorps am 14. September nach kurzem Kampfe in Besitz genommen und am 16. September schritt die XIII. Truppen-Division mit der 25. und 26. Infanterie-Brigade an die Einnahme von Novi-BrLka, welches am 17. September nach ziemlicher Gegenwehr in die Hände der k. k. Truppen fiel. Mit diesem Punkte war eine wichtige Grundlage für das weitere Vorgehen gewonnen, verhältnißmäßig mit geringen Opfern; wir zählten nur 43 Todte und 148 Verwundete. Die Insurgenten flohen in die Berge und nach Serbien! Unterdessen war auch FML. Graf Szaparh nach einem Gefecht bei Doboj (15. September) mit seinem III. Armeecorps über GraLanica nach Han-Pirkovac vorgerückt (21. September), wo sodann nach wiederholten Versuchen die Herstellung der Verbindung mit dem IV. Armeecorps gelang. Nachdem am 21. September das Gefecht bei Majevica Planina von der 25. Infanterie-Brigade nach hartnäckiger Gegenwehr der Insurgenten und auf ungünstigem Terrain glücklich bestanden und am selben Tage durch die 26. Infanterie-Brigade die Besetzung von Bjelina erfolgt war, gelangte anderseits FML. Graf Szaparh am 22. September in den Besitz von Tuzla, das in Folge geschickten Vorgehens der Unsern der Feind ohne Widerstand geräumt hatte. Die Spitzen des IV. Armeecorps langten an und rückten in die Stadt Tuzla ein, und das Gros des III- Armeecorps bezog am selben Tage noch das Bivouac bei Tuzla. Nun mußte daran gedacht werden, noch Zvornik in die / ^s V/» ^ ) / ' ^» ., »» Gewalt zu bekommen, den letzten Stützpunkt der in Nordbosnien ^ H angesammelt gewesenen Insurgenten. / L Eher, als man dessen gewärtig war — man hatte noch . einen ernsten Widerstand vorhergesehen — gelangte mau ^ ans Ziel. Am 25. September kamen nämlich Abgeordnete aus Zvornik zum FML. Grafen Szaparh, erklärten die Unterwerfung und baten um möglichst rasche Besetzung ihrer Stadt. Diese erfolgte ohne Widerstand am 27. durch das 23. Reserve-Jnfanterie-Regiment und am 28. hielt der Stab des IV. Armeecorps mit dem Gros der 31. Truppen-Division seinen Einzug daselbst. Hier fand man 44 feindliche Geschütze und in Srbernica, das sich am 29. September unterwarf, 8 Geschütze. In denselben Tagen hatte GM. Baron Waldstättcn — von Tuzla gegen Kladanj entsendet — die Verbindung des III. mit dem XIII. Armeecorps beziehungsweise mit der von Sarajevo in Olovo eingetroffenen Abtheilung des Obersten von David hergestellt, während ein anderer Theil des III. Armeecorps (mit dem Hauptquartiere) von Doboj aus sich mit den im oberen Bosnathal vorgehenden Abtheilungen des XIII. Armcecorps verbunden hatte. Inzwischen war am 19. September über Befehl des Commandirenden FZM. Baron Philip Po via die 1. Truppen-Division von Sarajevo in die Richtung gegen die Drina vorgerückt, cs kam am 21. September zu Gefechten bei Senkoviü und Bardin-Ogiak, wobei unsere Verluste bedeutend waren, wir zählten 89 Todte und 270 Verwundete, dagegen waren aber zwei gezogene Geschütze, Fahnen, Munition und anderer Kriegsbedarf, den der 7000 Mann starke Feind zurückgelassen, in unsern Besitz gelangt. Am 22. September rückte die I. Truppendivision weiter in südöstlicher Richtung vor und gelangte noch am selben Tage anstandslos nach Rogatica, wo man viele Gewehre und viel Munition vorfand. -°L' Zanko LkinekÄt' Die Insurgenten waren in Heller Flucht!------------------- Am 2. October gelang es einer Offizierspatrouilleunter Com man dodesOberl. Stipeti6vom 37. Inf.- Regiment, in einem Weiler in der Nähe von Rogatica den verwundeten Jnsurgenten-Ch es Hadschi Loja gefangen zu nehmen. Die Besetzung der noch restlichen Punkte erfolgte nun rasch nach einander: am 3. Gorazda, am 4. ViSegrad und Oajnica, am 5. FoLa und Konjca. Vom 4. bis 15. October ward dann noch die Occupation der norwestlichen Krajna durchgeführt, welche nach dem Gefecht beei PeLi 6. und 7. October (unter GM. Reinländer — die Verluste der Unsern 52 Todte und 197 Verwundete), nach Streifzügen gegen Podzwizd und Vernograc, sowie nach der freiwilligen Unterwerfung von BuLim beendigt erschien. Doch nein — noch eine kleine, ganz kleine Veste, die Veste Kladn 8 leistete den letzten Widerstand und mußte vom 1. Jäger-Bataillon sogar eingeschlossen werden. Aber anch dieses „letzte Bollwerk" des Aufstandes mußte sich schließlich den k. k. Truppen ergeben und so konnte am 20. October 1878 auch die Occupation von Bosnien als vollendet betrachtet werden. * * * Die herrlichen Leistungen unserer braven Truppen einerseits und die schweren Verluste anderseits, welche die Armee und die Angehörigen unserer Soldaten in diesem Occupationszuge erlitten, beides fand im patriotischen Oesterreich-Ungarn die vollste Anerkennung, die innigste Theilnahme. An der Spitze der gleich hoch sich Freuenden und gleich tief Ergriffenen finden wir aber wieder die Mitglieder des Allerh. Kaiserhauses, beziehungsweise Ihre kais. und kön'gl. Apostolischen Majestäten. Als die Nachrichten von den sich mehrenden Kämpfen und den daran geschlossenen größeren Verlusten zum Allerh. Throne gelangten, da geruhten Ihre Majestäten unterm 31. August nachstehende Allerh. Handschreiben für die dießseitige Neichs-hälfte anden Ministerpräsidenten Se. Durchlaucht. Fürsten Adolf Auersperg zu richten. Sie lauten: Lieber Fürst Auersperg! Aus Anlaß der militärischen Ereignisse in Bosnien und der Herzegowina bekundet die ge-sammte Bevölkerung, vom altangestammten patriotischen Sinne geleitet, die wärmsten Sympathien für Unsere ebenso tapfer als hingebungsvoll kämpfenden Truppen und deren glänzende Erfolge. Die patriotische Theilnahme der Bevölkerung hat sich insbesondere der Hilfeleistung für verwundete Krieger zugewendet. Ich nehme hievon mit hoher Befriedigung Kenntniß und gebe dem lebhaften Wunsche Ausdruck, daß die werkthätige Unterstützung, welche die anerkennenswerthe Wirksamkeit der bestehenden patriotischen Hilfsvereine von Seite der Bevölkerung bisher gefunden hat, denselben auch fortan in jenem reichen Maße zu Statten kommen möge, welches dem Patriotischen Mitgefühle Aller für die Leiden der in treuester Pflichterfüllung Verwundeten entspricht. Indem Ich Sie beauftrage, dies zur allgemeinen Kenntniß zu bringen, fordere Ich Sie zugleich auf, den patriotischen Hilfsvcreincn die kräftigste Unterstützung zuzuwenden und insbesondere für ein dauerndes, ersprießliches Ineinandergreifen und Zusammenwirken derselben Sorge zu tragen. Schönbrunn, am 31. August 1878. Franz Joseph m. x. Lieber Fürst Auersperg! Von warmer Theilnahme und Fürsorge für das Wohl Unserer in ruhmvollen Kämpfen in Bosnien und der Herzegowina verwundeten Krieger erfüllt, bin TaS befreite Bosnien. 11 Ich überzeugt, in allen Frauenkreisen dem patriotischen Wunsche nach einer möglichst wirksamen Bethätigung des gleichen Mitgefühles zu begegnen. Insofern den bestehenden patriotischen Hilfsvereinen, deren bisherige verdienstliche Thätigkeit Ich mit aufrichtigem Dankgefühle begleite, die Bildung von mit ihnen in Verbindung stehenden Frauenvereinen wesentlich zu Statten käme, ist es mein lebhafter Wunsch, daß der stets bewährte milde und menschenfreundliche Sinn der Frauen die Errichtung solcher Frauenvereinc in möglichst großer Zahl anstrebe. Mir wird es zu hoher Befriedigung gereichen, der Bildung und gedeihlichen Entwicklung solcher patriotischer Franenvcrcine Meine volle Fürsorge und die möglichste Förderung zuzuwenden. Dies wollen Sie zur öffentlichen Kenntniß bringen und die Ihnen weiters geeignet scheinenden Einleitungen treffen. Ischl, am 31. August 1878. Elisabeth. Die Armee aber konnte ihre reichlichste Belohnung in dem durch Allerh. Armeebefehl vom 19. Octobcr ausgesprochenen kais. Danke finden. Dieser Armeebefehl Sr. Majestät des Kaisers lautet: Es ist nunmehr der Zeitpunkt gekommen, in welchem die II. Armee und die übrigen nicht in deren Verband gehörigen mobilisirten Truppenkörper und Abtheilungen nach Durchführung der Occupation Bosniens und der Herzegowina zum Theile wieder in normale friedliche Verhältnisse zurücktreten können. Den Unbilden außergewöhnlich ungünstiger Witterung, den Schwierigkeiten eines unwegsamen Bodens und unvermeidlichen Entbehrungen aller Art Trotz bietend, haben Meine braven Truppen in ruhmvollen Kämpfen den Widerstand einer irregeleiteten fanatisirten Bevölkerung gebrochen, durch musterhafte Mannszucht ordene die außergewöhnliche ruvveid und und ihre altbewährte Tapferkeit/ hoch zu halten gewußt und di^ gäbe in kurzer Zeit erfolgreich Der hohe Grad von GefechtZ Ausdauer und Marschtüchtigkeit, Abtheilungen ausnahmslos bethätigt selben die ungeteilte Anerkennung erworben; sie sind das Resultat aufopfernder Thätigkeit und der mühevollen Arbeit vieler Jahre, die nun in den eben vollführten Thaten den schönsten Lohn erkennen mag. Ich danke den Commandanten für ihre umsichtige Führung und für die thatkräftige Leitung der Operationen — Ich danke den Generalen, den Offizieren und der Mannschaft der zweiten Armee — Ich danke endlich allen jenen Angehörigen des Heeres, Meiner Kriegsmarine und Meiner beiden Landwehren, welche zur Mitwirkung bei Lösung einer schwierigen Aufgabe berufen waren, für die jederzeit bewährte Pflichttreue, für ihren Opfer-muth, für ihre Ausdauer und für das einheitliche Zusammenwirken Aller, wodurch allein Resultate erzielt werden konnten, die fortan eine ehrenvolle Stelle in der vaterländischen Geschichte einnehmen werden. Mit gehobenen Gefühlen, selbstbewußt blickt die ganze Armee auf die Erfolge unserer Waffen; möge sie darin eine mächtige Anregung zu fortgesetzter Thätigkeit und zu rastloser Weiterarbeit finden. Gödöllö, am 19. October 1878. Franz Joseph «>. p. Unter demselben Datum geruhten Se. Majestät an die Ministerpräsidenten Allerhöchste Handschreiben zu richten, in welchen der Bevölkerung von Oesterreich-Ungarn der Allerhöchste Dank für das Zusammenwirken bei der Mobilisirung ausgesprochen wird. Das an Se. Durchl. den Ministerpräsidenten der diesseitigen il* Reichshälfte Adolf Fürsten Auersperg gerichtete Allerh. Handschreiben lautet seinem vollen Inhalte nach wie folgt: Lieber Fürst Auersperg! Als die politischen Verhältnisse die Mobilmachung eines Theiles des stehenden Heeres, der Kriegsmarine und der Landwehren im Laufe dieses Sommers bedingten, war es das erste Mal seit dem Jnslebentreten der allgemeinen Wehrpflicht, daß Angehörige aller Stände und Bcrufsrichtungen unter die Waffen gerufen wurden, um die schwerste ihrer Pflichte» als Staatsbürger zu erfüllen. Mit hoher Befriedigung muß Ich es anerkennen, daß bei allen Truppenkörpern die Einrückung der Reservisten, der Land-wehrmänner und Ersatzreserven mit einer Raschheit und Pünktlichkeit erfolgte, welche es ermöglichte, niit einer die Erwartungen übertreffenden Schnelligkeit größere Armeekörpcr zu mobilisiren, in Kriegsbereitschaft zu setzen und hiedurch die Dauer der Operationen wesentlich abzukürzen. Dieses erfreuliche Resultat gibt erneuert den Beweis von dem regen Pflichtgefühl, von der Opferwilligkeit und der Vaterlandsliebe jedes einzelnen, durch die allgemeine Wehrpflicht betroffenen Staatsbürgers, gibt jedoch auch den Beweis von dem guten Willen und der Thätigkeit der Gemeinden, sowie von der zweckmäßigen Einwirkung aller politischen Verwaltungsstellen und Organe, — und freudig sehe Ich Mich bewogen, Sie zu beauftragen, der gesammten Bevölkerung wie auch den Gemeinde-Aemtern und den Ihrer Leitung unterstehenden Politischen Organen Meine vollste Anerkennung und Meinen Dank auszusprechen. Bei diesem Anlasse kann Ich es nicht verschweigen, wie wohl es Meinem Herzen thut, in allen Theilen der Monarchie für Unsere brave Armee von Neuem die regste Theilnahme angefacht zu sehen, welche sich vor allem in der unbegrenzten Opfcrwilligkeit und Fürsorge für das LoS der Reservistenfamilien, insbesondere aber für jenes der Verwundeten und Kranken kundgibt. Ich beauftrage Sie, auch in dieser Hinsicht jetzt schon der Bevölkerung Meinen kaiserlichen Dank kundzugeben. Gödöllö, am 19. October 1878. Franz Joseph m. x. Schlußwort. Was schon mitten unter noch währendem Waffengetöse unmittelbar nach der Einnahme Sarajevo's begonnen worden, die Begründung neuer gesetzlicher Zustände, ward nun nach gänzlicher Niederwerfung der Jnsurrection auf das Eifrigste fortgesetzt. Se. Excellenz der Armeecommandant FZM. Freiherr v. Philippoviö und an dessen Seite der im österreichischen Verwaltungsdienste vielfach bewährte ausgezeichnete „Organisator" Hofrath v. Rotky setzten sofort all ihre Kräfte ein, um sobald als möglich eine Ordnung in die Verwaltung dieser „neuen Länder" zu bringen. Als nach eingetretener „Reduction der Occupationstruppen" Se. Exc. der Herr Armeecommandant Freiherr von Philip-poviö seinem Wunsche entsprechend, auf seinen frühern Posten als Commandirender in Böhmen nach Prag zurückkehrte, da ward Se. königl. Hoheit der Herr FZM. Herzog von Württemberg an die Spitze der vereinigten Civil- und Militär-Verwaltung von Bosnien und der Herzegowina gestellt und Höchstdemselben der FML. Freih. v. Jovanoviö als Ad-latus bcigegeben. Hatten Se. Majestät der Kaiser alsbald nach beendigter Occupation Allerhöchstderen Generaladjutanten Se. Exc. FML. Ritter von Beck nach dem Occupationsschauplatze abgesendet, um sich genauen Bericht über die Zustände daselbst erstatten zu lassen, so ward im Verlaufe des Jänner 1879 unter dem Vorsitze Sr. kais. Hoheit des durchl. Armee-Jnspectors FM. Erzherzog Albrecht, des „ Helden und Siegers von Cnstozza," in Wien ein „Marschallsrath" zusammenbcrufen, welcher sich mit den Ergebnissen dieses Feldzuges eingehend zu beschäftigen hatte, und in den als ständige Mitglieder Sectionschef FML. Freih. v. Vlassits, als Stellvertreter des Reichskriegsministers, FML. Baron Schönfeld als Chef des Generalstabs, FZM. Josef Freiherr von PhiliPPooi 6 FML. Freih. v. Bienerth, FML. v. Tegetthoff und später noch die Generale Se. kais. Hoheit FZM. Erzherzog Wilhelm, FZM. Freih. v. K u h n, FML. Freih. v. Jovanoviä und GM. v. Stubenrauch beigezogen wurden. Inzwischen waren auch die zahlreichen Ordensverleihungen, und anderweitigen Decorirungen, sowie die Allerh. Anerkennungen und Danksagungen für die vom Heere und vom Civil geleisteten Dienste bei der Occupation erflossen und hatten namentlich die ausgezeichneten Leistungen des H. deutschen Ritterordens sowie des Maltheserordens und des Patr. Hilfsvereines für die Sanitätspflege, wie nicht minder die Leistungen der k. k. priv. Südbahn-Gesellsch aft für den ohne Störung des übrigen Verkehrs durchgeführten Transport der k. k. Truppen die wohlverdiente kais. Anerkennung gefunden. Die heimkehrenden Truppen wurden, wo sie immer durchkamen, mit Jubel von der Bevölkerung empfangen und es wird stets ein goldenes Blatt in der Geschichte der reichstreuen Stadt Wien bilden der imposante Einzug der k. k. Truppen in die Residenz Sr. k. u. k. Apvst. Majestät, bei welchem Siegesheimzuge die Soldaten und ihre Führer buchstäblich auf Rosen wandelten! Die Ernennung der Führer zu Ehrenbürgern einer Reihe von Städten schloß sich diesen Huldigungen in würdiger Weise an. Und wo die Laudcskiuder glücklich heimkehrten, überall dieselbe Freude, derselbe Jubel. Wer cs, wie der Verfasser dieses Buches, auch nur im Kleinen mitansehen konnte, mußte bis zu Thränen gerührt werden über die Herzlichkeit und Innigkeit, mit der die Heimkehrenden empfangen und mit der zu- gleich der noch Abwesenden, ja auch der nie mehr zurückkommenden heldcnmüthig Gefallenen gedacht wurde. Das kleine Laibach, die Hauptstadt meiner Heimat, es wetteiferte in dem Jubel und in der Dankbarkeit für die Sieger mit den großen Städten der Monarchie und gebührt der Gemeindevertretung, an der Spitze dem hochpatriotisch gesinnten Bürgermeister Regierungsrath Herrn Anton Lasch an der Dank des Landes Krain, daß seine Söhne in dieser Weise bei ihrer Rückkehr gefeiert wurden. Doch lassen wir unsern Blick von dieser Detailscene bei der Heimkehr wieder hinüberschweifcn in die occupirten Länder. Da rüsten sich schon die angesehensten Männer aller Confessionen in Bosnien und der Herzegowina, um Huldigungsdeputationen an das Allerhöchste Hoflager zu entsenden, das augenblicklich in Ungarn aufgeschlagen ist. Aus Mostar und Sarajevo pilgern die Notablen über Wien nach Ofen in die Königsburg und huldigen dem „neuen Herrn", Sr. k. und k. Apost. Majestät Franz Josef I., Allerhöchstwelcher die neuen Unterthanen mit der altherkömmlichen Huld und Gnade des erlauchten Kaiserhauses empfängt und deren Herzen im Sturme erobert. In Wien wird eine Commission zur weiteren Organisation und Verwaltung Bosniens und der Herzegowina aus den gewiegtesten Fachmännern gebildet und schließlich das „befreite Bosnien" unter die dircctc Leitung des vielbewährten Staatsmannes, des Reichsfinanzministers Sr. Exe. Baron Hofmann gestellt. Einer der hervorragendsten Kenner des Orients, der Sectionschef im Ministerium des Aeußern und des kais. Hauses Josef Frcih. von Schwegel, hatte von Sr. Majestät in huldvoller Anerkennung seiner ausgezeichneten Dienste im Interesse der Oricntpolitik wiederholte hohe Auszeichnungen, die Decoration mit dem Orden der Eisernen Krone 1. Klasse und die Geheimrathswürde erhalten. Anderweitige hohe Auszeichnungen werden dem a. o. Minister von Teschcnberg und Anderen zu Theil. Und wieder unsere Blicke nach dem hoffnungsreichen schönen Boden der „goldenen Bosna" und der nicht minder schönen Herzegowina wendend, sehen wir, wie sich da „alle fleißigen Hände regen" „im muntern Bund" — ... Da werden Eisenbahnen und Straßen gebaut — und der Name eines der besten österreichischen Patrioten, der Name Karl Baron Schwarz wird auch da wieder genannt — da werden schon Schulen errichtet und die frommen Brüder Franziskaner und TraPPisten, die durch Jahrhunderte für Cultur und Volkswohl da drunten ihr Möglichstes geleistet, sie fahren, nun von dem langen Drucke befreit, in erhöhtem Grade fort in ihrem segensreichen Wirken; Bildung und Gesittung in allen ihren Formen und Gestaltungen halten ihren Einzug in die solange vernachlässigten Lande. Frohe Hoffnung und freudiges Bewußtsein schwellt die Brust des freien Mannes, sei er nun Mohammedaner, „Grieche" oder Katholik oder welch Glaubens immer . . . ; unter der allen Unterthanen gleiches Recht und gleichen Schutz gewährenden österreichischen Regierung beginnt in der That schon die von Europa vorausgesehene neue Aerafür Bosnien unddieHerzegowinaundOe st erreich hält heute schon, was Europa von ihm erwartet hat und wird der Welt beweisen, daß diese Länder „Perlen" des Reiches sind, welches versteht, diese „Perlen" zur Geltung zu bringen. Ich vermag dieses Schlußwort zur Occupation Bosniens und der Herzegowina wohl kaum passender zu schließen, als daß ich, darauf anwendend die Worte Arneth's auf den Zug Eugen's wiederhole: „So ward ein Unternehmen ruhmvoll beendet, welches, einvöllig un erwartetes, die Freunde in Erstaunen, die Feinde in Bestürzung versetzte!" Aufruf zu Beiträgen an Büchern, Broschüren, Landkarten und dergleichen für die Mttitär-Mlüiothek in Sarajevo. „Mit gehobenen Gefühlen, selbstbewußt blickt die ganze Armee auf die Erfolge unserer Waffen, möge sie darin eine mächtige Anregung zu fortgesetzter Thätigkeit und zu rastloser Weiterarbeit finden." — Diese herrlichen Schlußworte des an die siegreiche zweite Armee gerichteten Allerh. Armeebefehls Sr. Majestät unsers Allergnädigsten Kaisers und Königs fanden alsbald ihr schönes Echo in den Reihen unserer braven k. k. Truppen auf dem Occüpationsschauplatze selbst. Man berichtet nämlich aus Sarajevo, daß sich daselbst zur Förderung geistiger Arbeit und weiterer Anregung bereits ein militärwissensch aftlicher-Verein gebildet hat, gleichwie solche bekanntlich in den größeren Garnisonsorten der Monarchie seit Längerem bestehen, zum besten Nutzen der Angehörigen unserer k. k. Armee und fördersamst einwirkend auf die Verbreitung kriegswisseuschaftlicher Studien auch in weiteren Kreisen. An die Bildung dieses militärwissenschaftlichen Vereins „im neuen Lande" schließt sich aber auch dort schon die Einrichtung einer entsprechenden Büchersammlung. Für diese nun im Entstehen begriffene militärische Bibliothek in Sarajevo möchte ich mit diesen Zeilen an die gesammte patriotisch gesinnte Bevölkerung unseres alles Patriotische mit Eifer fördernden Oesterreich-Ungarn, aber nicht minder an das befreundete Ausland, das dem Heldengeiste und dem jovialen Sinne unserer k. k. Armee seine Bewunderung und Sympathie stets freudig gezollt hat, die Bitte und Aufforderung um gütige Beiträge richten. Es handelt sich darum, dem militä rwissensch aft-lichcn Vereine in Sarajevo, dessen Bedeutung aber durch den Boden, auf dem er wirken soll, eine unberechenbar weittragende ist, Bücher, Broschüren, Landkarten und dergleichen zu spenden und zwar: kriegswissenschaftliche Werke, geographische und geschichtliche Werke, dann in weiterem Sinne, da diese ersteeurvpäische Bibliothek „im neuen Lande" auch eine allgemein bildende Aufgabe verfolgen kann, auch: Klassiker in allen Sprachen und schöne Literatur überhaupt, Nei sebeschreibungen und schließlich selbst: Unterhaltungsbücher (natürlich besserer Gattung). Unser Oesterreich-Ungarn, welches durch Jahrhunderte kein Opfer an Blut und Geld gescheut hat, um die europäische Civilisation gegen das Anstürmen der „Barbaren aus dem Osten" zu schützen, mag heute zuerst zur Hand sein, da es gilt: unsern k. k. Truppen in Bosnien und in der Herze- gowina die hochwichtige Aufgabe ihrer eigenen geistigen Weiterbildung zu erleichtern und in weiterem Verfolgen dazu beizutragen, daß Bildung und Gesittung Gemeingut werde auch der „neuen Brüder" im Völkerbünde unseres mächtigen Gesammt-staates: Oesterreich-Ungarn! Gefällige Beiträge wollen direct an den militärwissen-schastlichen Verein in Sarajevo oder an die unterzeichnete Verlagshandlung eingesendet werden; Frankirung wird erbeten. P. v. Andics. Karl Prochaslka, Verlagsbuchhandlung in Teschen, Seil« Vorwort.................................................................... V Land und Leute............................................................. 1 Marksteine in der älteren Geschichte Bosniens und der Herzegowina .................................................................30 Prinz Eugen „der edle Ritter" in Bosnien....................................55 Laudon der „deutsche Teufel" in Bosnien.....................................74 FZM. Freiherr von Philippoviä und die „Occupation" ... 83 Vorbereitungen........................................................93 Der Uebergang über die Save.....................................102 Die Operation aus Dalmatien gegen die Herzegowina . 107 Die Revolution in Sarajevo und Hadschi Loja.... 108 Der Schreckenstag von Maglaj....................................110 Der kühne Marsch nach Mostar....................................114 Die Gefechte bei Kosna und Maglaj, 4. und 5. August . 118 Die Verstärkung des Occupationscorps............................121 Der Sieg bei Jaice, 7. August...................................122 Der Sieg bei XepLe, 7. August...................................125 Der Ueberfall von Banjaluka, 14. August.........................128 Kaisers Geburtstag im „neuen Lande"..................................135 Der Sieg bei Han Bölatovac......................................138 Die Einnahme von Sarajevo, 19. August...........................143 Das Ende der Occupatio» . 148 Schlußwort . . 165 Aufruf zu Beiträgen an Büchern, Broschüren, Landkarten und dergleichen für die Militär-Bibliothek in Sarajevo . . 169 ' LIovrMs ^U2mcs 6l< 5S83981SS4S 00V1SS s