Blätter W Rrain. Deil age M Laib ach er Ieitung. ^>. 3R Erster 3ahrgang. R August 285?. P e l a. Eine Erzählung vom Kaukasus, nach Lermontoff von L. I. (Fortsetzung.) „«^öre mich", sagte Asamat mit heftigem Tone. „Ich bin zu Allem bereit — zu Allem. Soll ich meine Schwester für Dich stehlen? Wie tanzt sie! Wie singt sie! Und sie stickt in Gold, daß es ein Wunder ist, zu sehen. Der türkische, Sultan besitzt schwerlich so ein Mädchen. — Gut! Nur sprich das Wort! Erwarte mich morgen Nacht im Thale, jenseits, wo der Wasserfall ist. Ich will sie den Weg nach dem Nachbardorfe führen und sie ist Dein! Was meinst Du, ist Vela nicht so viel werth als Dein Renner?" Kasbitsch war eine lange, lange Weile still: endlich begann er, anstatt zil antworten, ein altss Lied halblaut zu singen.- , In unser»! Dorfe unten sind viel schöne Mädchen, Im dunklen Himmel ihrer Augen glühen Sterne. Geliebt zu sein von ihnen ist ein Loos wohl zu bcncivcn: Doch schöner ist die junge, lusi'gc Freiheit. Mit Gold kauft man die Schönheit, ach! so viel man will, Allein ein muthig Roß steht über jedem Werth, Schnell wic der Wind durcheilet es die Stcpven Und Wankelmut!) und Falschheit kennt es nicht. Es war erfolglos. Asamat quälte ihn, seinen Vorschlag anzunehmen, er weinte, raste, schwur, bis Kasbitsch endlich die Geduld verlor. „Geh,' fort, dummer Junge", sagte er, „Du mein Pferd reiten! Bei den ersten drei Schritten würdest Du herunterstiegen und Dciuen Hals auf den Steinen brechen." „Mir das?" schäumte Asamat wüthend und des Knaben Dolch traf den Stahlpanzer. Allein eine mächtigere Faust packte ihn und schleuderte ihn mit solcher Gewalt gegen diö Bretterwand, daß sie von dem Schlage krachte. Das ist ein hübsch Stück von einem Werk! dachte ich) ich eilte in den Stall, zäumte unsere Pferde auf und führte sie an die Hinterthüre. Binnen zwei Minuten entstand ein fürchterlicher Tumult j im Hause. Was sich dort zugetragen, war kurz dießi Asamat ! stürzte herein mit zerrissenem Veschmet und schrie, Kasbitsch ! habe ihn ermorden wollen. Alle Anwesenden sprangen empor, ergriffen ihre Waffen und der Tanz ging los. Alle schrien, schnauften, glühten; doch Kasbitsch war schon im Sattel und brach wie ein finsterer Geist, seinen Sarras schwingend, durch die Menge. Peichorin ging, um zu sehen, wie »'s enden würde, doch nahm er meinen Vorschlag an und wir ritten direct nach Hause. „Und was geschah ferner mit Kasbitsch?" fragte des Kapitäns Gast. Das gewöhnliche Glück dieser Bursche: er ging frei ab, ob verwundet oder nicht, der Himmel weiß es allein! Sie haben ein Leben wic die Katzen, diese Räuber. Ich sah z. V. einmal einen derselben im Gefecht, von Bajonnetstichen durchlöchert wie ein Sieb, und dennoch hieb er mit seinem Sarras noch um sich. — Dcr Kapitän schwieg eine Weile, dann fuhr er fort, auf den Boden stampfend.- Gins werde ich mir niemals Hergeben) der Teufel gab mir ein, als wir zurück nach dem Fort gingen, Petchorin zu erzählen, was ich im Stalle gehört hatte. Er lächelte auf eine so schlaue Weise,— er hatte seine Gründ«: d^zu, wic Ihr sehen werdet. Drei oder vier Tage nach der Hochzeit kam Asamat in das Fort und quartirtc sich wie gewöhnlich bei Petchorin ein, wo er stets mit Näschereien vollgestopft wurde. Ich war zugegen) die Unterhaltung drehte sich um Pferde und Petchorin sing an, Kasbitsch's Pferd zu loben, es wäre so feurig, so hübsch, so wie eine Antilope — kurz, es gab seiner Meinung nach kein gleiches auf dcr Erde. Des kleinen TartareN Augen begannen zu funkeln, doch Petchorin schien es nicht zu bemerken. Ich brachte das Gespräch auf andere Gegenstände, doch er verstand, es immer wieder auf Kasbitsch's Pferd zu lenke . Dasselbe geschah unveränderlich, so oft uns Asamat besuchte. Gegen das Ende von drei Wochen konnte ich deutlich bemerken, wie der Junge blaß und betrübt wurde, gerade so wie die Zeichen der Liebe in Romanen beschrieben sind. Kurios! Nun währte es nicht lange, sehen Sie, bis ich das ganze Stück List gewahrte. Petchorin marterte ihn bis zu dem Grade, daß er im Stande war, sich zu ersäufen. Endlich sagte er zu ihm: „Ich sehe, Asamat, Du hast eine große Liebe zu dem Pferde gefaßt) aber Du hast nicht mehr Aussicht, es i'e zu bekommen, als die Kehrseite Deines Rückens zu sehen. Sage mir doch, was würdest Du dem Manne geben, welcher Dir das Thier verschaffte? „Alles, was er verlangt", erwiederte Asamat. „„Wenn das der Fall ist, ich bin der Mann; Du sollst das Pferd haben, aber unter einer Bedingu g, schwöre, daß Du sie erfüllen willst."" 122 „Ich schwöre! Du schwörst auch!" „„Gut. Ich schwöre, das Pferd soll Dein sein; nur mußt Du mir Deine Schwester Vela dagegen geben; der Handel, denke ich, wird profitabel für Dich sein."" Asamat war still. „„Du willst nicht? Wie Dir beliebt! Ich dachte, Du wärest ein ganzer Mann, doch ich sehe, Du bist doch noch ein Kind. Es ist zu bald für Dich auf den Rücken eines Pferdes wie — > Asamat war ganz Feuer. „Aber mein Vater?" sagte er. ! „„Verläßt er nie die Wohnung?"" „O ja, zuweilen thut er's." „„Dann ist es gethan?"" „Gethan!" flüsterte Asamat, bleich wie der Tod. „Die Zeit?" ! „„Die erste Zeit, wo Kasbitsch Hieher kommt. Er versprach, zehn Schafe in das Fort zu bringen. Ueberlasse das Uebrige nur. Thue Dein Theil, Asamat." ^ Und so arrangirten sie die ganze Geschichte unter sich: keine sehr ehrliche Geschichte zu gestehen. Ich äußerte nachher z diese Meinung gegen Petchorin, doch er erwiederte lustig, das > circassische Varbarenmädchen sei einen so guten Gemal werth, ! wie er sei — denn nach der Denkungsart ihres Volkes war er in allen Ehren ihr Gatte — und der Kasbitsch wäre ein Räuber, i welcher bestraft zu werden verdiene. Urtheile selbst, was konnte z ich entgegnen? Aber zu jener Zeit wußte ich nichts von dem ^ verabredeten Handel. Wohl, sehen Sie! Kasbitsch kam endlich und frug, ob wir Schafe oder Honig nöthig hätten? Ich bat ihn, sie den folgenden Tag zu bringen. ^ „Asamat", sagte Petchorin, „morgen wird Karegos in ! meinem Besitz sein; wenn Vcla diese Nacht nicht hier ist, wirst Du nimmer das Pferd besehen." „Gut," sagte Asamat und eilte hinweg in das Dorf. Gegen Abend bewaffnete sich Petchorin und ritt aus dem ! Fort. Wie ne das Ding vollbracht, kann ich nicht sagen; Alles, ^ was ich weiß, ist, daß der Posten ein Mädchen quer über Asa-mat's Sattel liegen sah, Hände und Füße gebunden und ihren Kopf mit einem dicken Tuche verhüllt. Am nächsten Tage kam Kasbitsch mit zehn Schafen zum Verkauf. Nachdem er sein Pferd festgebunden, kam er zu mir herein. Ich bewirthete ihn mit Thee, weil wir es, obschon er ein Räuber, der Gastfreundschaft schuldig waren. Wir schwatzten von Diesem und von Jenem, als ich mit einem Male Kasbitsch erschrecken und die Farbe wechseln sah. „Was ist?" sagte ich. „Mein Pferd, mein Pferd!" schrie er, zitternd am ganzen Leibe. „Wohl, ich hörte Hufschlag. Irgend ein Kosak, vermuthe ich." — „Nein, russisch? Vorräthcrei! Verrätherei!" brüllte er, kopfüber aus der Thür stürzend wie ein wilder Panther. Mit zwei Sprüngen war er im Freien. Die Thorwache hielt ihr Gewehr vor und versperrte ihm den Weg. Zr sprang über des , Soldaten Flinte und lirf nnt aller Kraft und Macht die Straße entlang. Der Nebel klärte sich, eine Strecke — Asamat gallo-'ine hinweg auf dem Rücken des Karegos. KaZbitsch hob seine Flinte, als er lief und feuerte, dann stand er bewegungslos, bis er sich überzeugt hatte, daß er sein Ziel gefehlt; dann heulte er vor Wuth, warf die Waffe aus der Hand, schlug sie gegen die Steine und begann zu weinen wie ein Kind. Ans dem Fort hatten sich Viele um ihn versammelt — er bemerkte nichts — sie versuchten, mit ihm zu sprechen und verließen ihn endlich. Ich befahl, das Geld für die Schafe ihm zur Seite zu legen; er berührte es nicht, sondern lag mit seinem Gesicht auf dem Voden, wie ein todter Mann. Wollt Ihr es glauben? Er lag da die ganze lange Nacht. Gegen den nächsten Morgen kehrte er in das Fort zurück und forderte unser Volk auf, ihm den Namen des Diebes zu sagen. Die Wache, welche Asamat auf dem Pferde und ihn damit hinweg gallopircn gesehen, hielt es nicht für nöthig, ihm ein Geheimniß aus der Sache zu machen. Kasbitsch's Augen sprühten Fener bei dem Namen und sich anf der Ferse wendend, eilte er stracks nach dem Dorfe, wo Asamat's Vater wohnte. Aber er fand ihn nicht daselbst. Er war auf sechs Tage fortgegangen, und das war einer der günstigen Umstände; Asamat würde sonst schwerlich seine Schwester haben entführen können. Aber als der Vater zurückkehrte, da fand er weder Sohn noch Tochter zu Hause. Der spitzbübische Bursche! Er wußte wohl, sein Hals war nicht sicher, wenn er sich fangen ließ. So ward er von der Stunde nie wieder gesehen. Wahrscheinlich hatte er sich mit einer Bande Abreken vereinigt, oder seinen hitzigen Kopf in Tcrek oder Kuban abgekühlt. Sein Weg ging in die Gegend. Der Vater büßte später seines Sohnes Verbrechen. Kasbitsch zweifelte nicht, daß Asamat sein Pferd mit der Erlaubniß und Zustimmung seines Vaters gestohlen habe, so vermuthe ich endlich. Demzufolge legte er sich eines Tages an der Straße auf die Lauer, etwa zwei Werstc von dem Dorfe. Der alte Mann kehrte von einer fruchtlosen Nachsuchung nach seiner Tochter zurück; seine Usdcns (eine Art Vasallen) waren eine Strecke hinter ihm. Es dämmerte und er eilte langsam > vorwärts, wie ein Mann im tiefen Kummer wohl thun mag, als Kasbitsch wie eine Katze aus seinem Versteck sprang, sich ^ hinter dem alten Mann auf's Pferd schwang, ihn erstach und , auf den Voden warf, dann die Zügel ergriff und fort! Einige Usdens sahen die ganze Geschichte von einem Hügel aus und verfolgten den Mörder; allein vergebens! (Der ehrliche Marim Marimitsch blies heftige Rauch- i wölken von sich, trank einige Züge aus seiner großen Tasse und berichtete nun, wie streng er mit seinem Untergebenen verfahren "wäre, als er benachrichtigt worden, welche schändliche That der letztere herbeizuführen gesucht habe; allein das Unglück war ein- ! mal geschehen und der gutmüthige Kapitän tröstete sich, bei ! einem schlechten Handel am besten wegg-ekommen zu sein. Bela ! fügte sich, nachdem die erste Aufregung vorüber, in ihr Schicksal und bekannte nur, daß sie, seitdem sie zum ersten Mal Pct" chorin sah, nie aufgehört habe, an ihn zu denken.) ', „Sie war ein reizendes Mädchen, diese Vela", sagte del ^Kapitän. Ich wurde ihr endlich so gewogen, als ob sie nn'ine ! eigene Tochter wäre und auch sie war mir sehr geneigt. Sie müssen wissen, ich hab' keine Familie; seit den letzten zwölf Jahren hab' ich nichts gehört von Vater und Mutter. Früher hatte ich keine Lust, ein Weib zu nehmen und jetzt, wie Ihr seht, ist die Zeit zu dergleichen vorüber; es war daher eine wahre Gottesgabe für mich, solch eine Beute zu habeu. Sie sang uns oft vor, oder tan'te Lesgischjänze, und was für eine Tänzerin! Ich habe unsere Damen aus der Provinz gesehen, -^ ich war sogar einmal auf einem Balle der vornehmen Welt in Moskau, vor 20 Jahren — aber was war Alles, was ich sah, im Vergleich zu ihr? Pctchorin putzte sie heraus, wie eine Puppe mit Allem', was kostbar und hübsch war. Sie wurde immer schöner, ja, mit jedem Tage; es war wundervoll. Ihr Gesicht und ihre Hände verloren nach und nach die sonnverbrannte Farbe, eine sanfte Rothe erschien auf ihren Wangen, und wie lustig konnte sie sein und was für Streiche spielte sie mir oft, das liebe Mädchen! Gott mög' ihr gnädig sein. Nach vier Monaten gestalteten sich die Dinge so gut, als das Herz es wünschen konnte. Petchorin, wie ich glaube Ihnen ! schon gesagt zu haben, war ein ungewöhnlicher Liebhaber der Jagd. Vorher war seine ganze Lust, in den Wäldern den Bär und das Wild zu jagen; doch jetzt ging er selten außerhalb den Wällen des Forts. Nachgerade indessen bemerkte ich, daß er ! nachdenklich wurde, er schritt auf und nieder im Zimmer, die Hände auf dem Rücken. Dann ging er eines Morgens zum Schießen aus, ohne Jemandem ein Wort zu sagen, und blieb den ganzen Tag ans. Das geschah noch ein Mal und dann immer wieder. Da ist etwas faul, dachte ich; ich setzte mein Leben zum Pfanoe, cine schwarze Katze ist zwischen das Paar gesprungen. Es war so. Pctchorin's Leidenschaft fing an, zu verkühlen und Vela unglücklich zu werden. Eines Tages, als Pctchorin zum Jagen aus war, ging ich mit ihr auf den Wällen spazieren. Das Fort stand auf einer Erhöhung und die Aussicht von den Wällen war sehr schön. Aus der cineu Seite war eine offene Strecke, begränzt von Vergschluchten, weiterhin war ein Wald, welcher sich bis zum GebirgZkanlm erstreckte, hier und dort waren Dörfer mit rauchenden Schornsteinen und grasenden Pferden zu sehe». Auf der andern Seite lief ein schmaler Bach, um ein dichtes Gebüsch sich windend, das cinen Felsenhügel bekleidete, ein Vorgebirge der großen Gebirgskette des Kaukasus. „Wir setzten uns an einer Stelle der Bastion nieder, wo wir eine Aussicht nach beiden Seiten hatten", fuhr der Kapitän in seiner Erzählung fort. Plötzlich sah ich cineu Mann ans dem Walde reiten ans einem grauen Pferde. Er kam nach uns zu, hielt auf der andern Seite des Vaches und ließ sein Pferd Sprünge machen, als ob er toll wäre. Was Teufel ist das? rief ich. Sieh dort, Vela, Deine Auge» sind jünger als meine, was fnr eine Sorte Tänzer ist das? Zu wessen Vergnügen spielt er diese Possen? Sie blickte hin nach dem Reiter und rief: Es istKasbitfch! Und das ist minies Vaters Pferd! sagte sie, meine Hand ergreifend. Sie zitterte wie Espenlaub und ihre Angen blitzten. Ha, der Räuber! rief ich und genauer hmblickend, gewahrte ich qci'uq, es war Kasbitsch mit seinen schwarzen Zügen und seine Beinkleider so zerrissen nnd schmutzig wie immer. Komm hierher, sa^te ich ^u j^r Schildwachc,, sieh nach Deiner Flinte und schieß mir den Bin scheu dort. Du sollst eineu Sttbcrrubcl haben, wenn Du ihl' triffst. Sehr wohl, Ew. Gnaden, aber er steht keinen Augenblick still. Sag' ihm, daß er stillsteht, sagte ich lachend. Holla, mein guter Bursche, rief die Schildwache dem Reiter winkend, steh' ein Bischen still, willst Du? Wozu drehst Du Dich wie ein Kreisel? Kasbitsch hielt sogleich still und schien zu lauschen, denkend vielleicht, daß wir mit ihm sprechen möchten — allein das nicht; mein Grenadier zielte — puff! die Pfaune des Gewehrs brannte ab. Kasbitsch schlug die Sporen in sein Pferd und es machte einen Seitensprung. Dann, sich in den Bügeln erhebend, rief er etwas in seiner Sprache, schwang seine Nagaika (Reitpeitsche) gegen uns und — fort war er! Vier Stunden später kam Petchorin von der Jagd. Bcla warf sich au seinen Hals und kein Wort der Klage äußerte sie, kein Wort des Tadels wegen seiner langen Abwesenheit. Allein ich für meinen Theil konnte mir nicht helfen und ihn etwas tadeln. Denkt nur um Gottes Willen, sagte ich, Kasbitsch war soeben auf der andern Seite des Stromes und wir schössen auf ihn; es war das größte Glück, daßIhr nicht mit ihm zusammengetroffen. Diese Gersans sind ein rachsüchtig Geschlecht. Ihr glaubt, er habe keinen Verdacht, daß Ihr Asamat beigestanden? Ich wette, er hat Bela erkannt. Ich weiß, er faßte ein? große Liebe zu ihr vor einem Jahre; er sagte es mir selbst und auch, daß, wenn er die für ihren Vater nöthigen Geschenke anfge-l bracht haben würde, er sicher ihr Bewerber werde. Das machte Petchorin nachdenkend. Ja, sagte er, wir müssen vorsichtiger sein. Bela, von diesem Tage an mußt Du Dich nicht auf den Wällen sehen lassen. Am Abend hatte ich cine lange Erörterung mit ihm. Ich war erzürnt über sein verändertes Betragen gegen das arme ! Mädchen; deuu na'chstdem, daß er die Hälfte seiner Zeit den Jagd-Vergnügungen widmete, war sein Benehmen kalt; selten beachtete er ihre Beweise der Zärtlichkeit und sie bekam offenbar die,Auszehrung; ihr kleines Gesichtchen wu5de schmaler und ihre großen Augen trübten sich. Wenn er sie fragte: Was fchlt Dir, Bcla; bist Du erzürnt? antwortete sie: Nein! Ist irgend Etwas, das Du wüuschest? — Nein! Trauerst Du um Bruder und Schwester? — Ich habe nicht Bruder und Schwester. Es geschah oft, daß den ganzen Tag kein Wort von ihr zu bekommen war, als ja und nein. Kasbitsch zeigte sich nicht wieder; trotzdem konnte ich es ! mir nicht ausreden, daß er um nichts zu dem Fort gekommen ! sei uud daß er nicht irgend ein Unheil beabsichtige. Eines Tages geschah es, daß Petchorin mich beredete, ihn auf die Bärenjagd zu begleiten. Ich hatte es lange verweigert; die Jagd in der That war ein Ding, welches mich nicht sehr reizte. Er zwung mich indessen, mit ihm zu gehen, uud so rückten wir in der Morgenfrühe aus und nahmen eine Eskorte von fünf Soldaten mit uns. Wir schlugen die Büsche und das Gras bis zehn Uhr, aber kein Wild kam heraus. Ich ! denke, wir thäten besser, nach Hause zu gehen, sagte ich; was haben wir davon, daß wir da bleiben? Dieß ist offenbar kein glücklicher Tag. Doch Gregorii Alcrandrowitsch wollte im ! Eifer und in der Hitze nicht mit leerer Hand zurückkehren. ! Das war seine Art: was ihm in den Kopf kam, das mußte ^ geschehen; es war ersichtlich, seine Mutter hatte, ihm in der 5 Kindheit cine uerdc». bliche Reizbarkeit beigebracht. Endlich ent-; decklen wir Nachmittags eiüen Bären. — Pardauz! — Pardauz! Aber es sollte nicht sein; der Bär eilte in die Binsen und entwischte; der Tag war ein entschieden unglücklicher. Nachdem wir ausgeruht und ein wenig verschnauft hatten, machten wir' ! uns auf den Nachhauseweg. (Schluß folgt,) 124 Verschiedenes Giue Setz- und Ablege Maschine. In der großen Buchhandlung der Herren Trow und Comp. in New-York ist seit Kurzem ei»e Setz- (^('ln,w>in«--) und eine Ablege-(Djsll-ilMin^) Maschine im Gange, welche mindestens das Tagewerk von vier gewandten Schriftsetzern verrichtet, und zwar mit Hilfe zweier lenkender Hände. Die Setzmaschine gleicht ! den mannigfachen Versuchen, die in Wien, Leipzig, Paris und ^ London schon so oft gemacht wurden, nur mit dem Unter- j schiede, daß ihr Herr H. Mitchell, so heißt der Erfinder (ein Z Bruder des bekannten Irländers John Mitchell), zur Vollendung geholfen; die Ablege-Maschine scheint uns dagegen ' aanz neu. Veioe wirken vortrefflich. Wurden von den curo- j pä'ischen Erfindern die Buchstaben in senkrecht stehende Kanäle oder Röhren gebracht, die wie aus Orgelpfeifen auf die Klaviatur hinablicfen, an deren Winkelspitze sie die Zeilen ohne > Ende bildeten, so läßt ste Mitchell über horizontale oder wage- ^ recht bewegliche Bänder gleiten, von wo sie sich in endlose , Zeilen sammeln und im Winkelhaken abgebrochen werden. Daö Ablegen der Buchstaben geschieht überraschend, fast ohne alle menschliche Hilfe. Die Buchstaben werden seitenweise in eine Zirkelscheibe mit gespaltenem Rande gebrochen, der sich unausgesetzt um die Achse dreht und jeden Buchstaben durch eine Oeffnung in eine Vergrinne fallen läßt, aus der ec in den Setzkasten rollt. Jedem menschlichen Irrthum vorzubeugen, weisen Stifte, die gewissen Einschnitten entsprechen, die für ihn bestimmte Rinne so genau an, daß kein A an den Platz des H, oder kein R an den des K gelangen kann. Im Lager der Vnchdruckereibcsitzer ersten Ranges in New-York herrscht großer Jubel über das endliche Gelingen der Maschine. Da ihr Geschäft größtenthcils auf Nachdruck gerichtet ist, können sie jrkt die Produktionskosten bedeutend herabdrücken; beide Maschinen kosten nur 1000 Dollars, mit zwei Mädchenhändchen i ü 8 Dollars wöchentlich, beträgt jährlich kaum 800 Dollars, ! wahrend ihnen vier gewandte Setzer l'l 10 Dollars wöchentlich über 2000 Dollars jährlich kosteten; gewandte Setzer erhalten aber oft mehr als 10 Dollars pr. Woche. Im Landestellen sich die Produktionskosten noch geringer. (5jn industrielles Genie. Vor dem Pariser Zuchtpolizeigericht kam jüngst ein ganz einziger Fall zur Verhandlung. Vor den Schranken steht ein Mann, Namens Trochot, dessen Abendbeschäftiguug es war, die Portic'res der Kutschen den Theaterbesuchern zu öffnen. Er hatte es mit Bedauern bemerkt, daß seine freundliche Hilfeleistung nur zu oft übersehen werde, und es beschäftigte ihn der Plan, aufwelche Weise er die Betreffenden einer Zwangsgebühr unterziehen könnte. Sein ernstes Nachstmien hatte folgendes Vergehen zum Ergebniß: Wenn er beim Schließen der Kutschenschläge die eiwar-tetc Handbewegung der Heraussteigcnden nach der Tasche als Vorläufer des Trinkgeldes vermißte, so war er darauf bedacht, einen Zipsel oder eine Falte von dem Kleide der Gnädigen zwischen Schlag und Angel zu bringen, und dem Kutscher in ^ dem Moment, wo er abfahren wollte, ein Halt mit der Andeutung zuzurufen, daß das Kleid von Madame noch nicht los sei, woranf er voll Eifers den Kutschcnschlag öffuete, und das gefährdete Stück mit der mitleidsvollen Aeußerung befreite: Ach, mein Gott! wie doch das Kleid voll Koth ist. Einen schneeweißen Fetzen und ein Flaschchen Essig aus der Tasche ziehen, ! damit an dem Kleid so lange operircn, bis der schönste Lustre wieder zum Vorschein kam, war das Werk eines Augenblicks. 50 Centimes, auch einen Franc solch einem zuvorkommende»! Burschen gen-ichl, sind gewiß nicht zu viel. Aber iu dem Allem manifestirt sich noch immer nickt die rechte Erfindungsgabe; einen Fleck wegbringen, darauf versteht sich Jeder. Aber einen Fleck, einen Kothklumpen dort anzubringen, wo er im Augenblick nun einmal nicht ist, dürfte kaum Jedermanns Sache sein. Die linke, mit Koth beschmutzte Hand mußte unserm Industriellen diesen Dienst leisten und das Kleid der Dame beschmuz-zen, wa'hccnd seine rechte den Kiltschenschlag zuwarf, und auf diese sinnreiche Weise führte er das gemüthlichste Leben der Welt. Die etwas schmutzige Wohlstandsquclle des Erfinders wurde aber nur zu bald durch Polizcidiener zum Versiegen gebracht. Sein Manöver am Klitschentritt wurde nämlich uon ihnen schon so oft bemerkt, daß ihnen das Geschäft nicht so ganz in Ordnung vorkam; eine etwas nähere Beobachtung machte sie bald mit dem ganzen Kunstgriff bekannt, und der Netter in der Noth wurde höflich gebeteu, sich in das Polizeiamt mit zu begeben. Trochot wollte freilich zuvor die Hände waschen, um anständiger Weise vor Gericht zu erscheinen, die Sergeanten hüteten sich aber, anf diesen Wunsch einzugehen, worauf Wachebelcidiguug und Widersetzung seinerseits folgte, und nun steht der Mann vor der Zuchtpolizci und muß seine ritterlichen Dienste mit 14 Tagen absitzen. Wissenschaftliches. Das heurige Programm der hiesigen Untcr-Nealschule bringt eine Abhandlung des Herrn Lehrers Wilhelm Kukula über die Vcgeta-tions-Verh ä l tu i sse Laibach's und der nächsten Umgebung. Vei aller Anerkennung, die das lobcnZlvcrthe Streben verdient, durch Bearbeitung solcher Stoffe iu Schulprogrammeu zur Erweiterung naturwissenschaftlicher Kenntnisse beizutragen und die Schuler dadurch zur selbst-staudigen Forschung anzuregen, können wir doch nicht umhin, im Interesse der Vaterlandskundc einige argen Verstöße, die sich in der Abhandlung vorfinden, hier zn berichtigen: Der Verfasser gibt zuerst eine Skizze der gcugnnstischcn und meteorologischen Verhältnisse des Laibachcr Beckens und geht sodann zur Vegetation desselben über. Was die vctrographischc Tchildenmg anbelangt, so lesen wir in einer Anmerkung, daß sie auf Pros, Hacquct's Forschungen und auf eigenen Untersuchungen beruhe. Doch lountcn wir die Resultate der lctztern uirgeuds aufsindeu, vielmehr ist diese ganze Partie mitsammt den unterlaufeucn Irrthümer» größtcutheils wortgetreu der im , I. l834 erschicnenm Lippich'schen Topographie Laibach's entnommen, uud es wate die Angabc dieser Quelle umsomchr am Platze gewesen, da sie der ganzen Abhandlung zur Grundlage diente.^ Wir lesen ferner, daß das Gerölle der Save, der Großkahlcnbcrg, die Steiner-Alpen aus Urkalk bestehen, waS zwar in Lippich's und Hacquet's Werken ebenfalls steht, jedoch wird eine nur flüchtige Durchsicht der Hacquet'schcn Oi-^c:-wZr^Iü» ,',n!'mnl>!',n Jedermann belehren, daß diese Hacquet'sche Bezeichnung von dem, was mau jetzt unter Urkalk nnd Gneuß versteht, himmelweit verschieden sei, und es ist wahrlich ciu Anachronismus beim jetzigen Stande der Grognosic, und bei den vielen Aichaltspunktci,, welche die von Seite der geologischen Ncichsanstalt unternommenen und bereits publiziltcn Durchforschungen unseres Landes bieten, an der Stelle einer gcognostischcn Ueberschau nach dem jetzigen Standpunkte der Wissenschaft, die Lippich'schc veraltete und unrichtige Skizze zu reproduziren. Auch bei der weiteru Schilderung der Vegetations-Verhältnisse, welche auf den Lippich'schen Angaben beruht, hätten zum mindesten die Irrthümer des letztcru nicht aufgenommen werden sollen. So z. B. findet sich »ine und dieselbe Pflanze nnter zwei verschiedenen Namen, als OeiwUioi^ 8iI.M'1i-, und 0«^,. ii!-<»I!Im>,',, in den Wassergräben bei Rosenbach angeführt, wo sie wohl zu Lipftich's Zciteu '>orka»!, jedoch jetzt nicht mehr zu finden ist. Gar sonderbar klingt jedoch die Einreihimg der bei uns in hoher Achtung stehenden ^>-ni<'l> mant^na unt?r die Giftpflanzen, ferner die Bezeichnung der Morastgräbcn als Standort der als Schuttpflanze bekannten I^,-lus>l, 8<'ln'Iu^, und es läßt sich dic Genesis dieser Irrthümer nur dadurch erklär.«, daß sie auch in Lippich's Werke vorkommen. Wenn jedoch dic 8lrN!,r!» duI!)U5i> und dic 8üx,f!'n^ sttitr»«», beides botan. Raritäten, als sehr häufig und iu großer Menge vorkommend, bezeichnet werde», so ist es uuerNärlich, warum dem Gottes qnadrnkraut', (^nüola uMcmaU«, in dem mangelhaften und unrichtig»'" Giftpflanzen-Register das wohlverdnntc Plätzchen nicht vergönnt wurde, da ja dieses Kraut iu der sumpfigm Umgebung Laibach's in Masse" vorkommt. ^- Dnl>' und Verlag von Igu. v» Klein.nayV 35 F. ^5ami>erg in Laibach. — Verantwortlicher Ncoactmr: F. Bamberß>