^<^^ N eisen in ^- Arabien. Erster Band: Reise nach Sttdarabien und geographische Forschungen » nil und lilior !>>.'N südwestlichsten Iheil Arabiens 1>on tjeinrich Freiherr« uon Mnlt;nn. Mit einer Karte. Brau n s ch weig, Druck «öd ^crllig uou Frn'drich ^irwcg uud Sohn. 1^7 -l. A n k ü n d i g u n g. Vorliegendes Werk, auf dessen Erscheinen bereits in dcrMainnmmcr(1872) der Petcrmaun'schen 3)tittheilung, sowie in den Zeitschriften der Berliner, Londoner, Genfer und italienischen geographischen Gesellschaften aufmerksam gemacht wurde, füllt eine bedeutende Lücke in der Erdkunde Arabiens aus, indent es das Ergebniß geographischer Forschungen und Erkundigungen über einen bisher fast gänzlich nnbckanntcn Theil (den südwestlichsten) der arabischen Halbinsel enthält. Der erste Theil des Buches giebt in der Beschreibung de'' ^eise nach dem zn erforschenden Gebiet iu anspruchloscm Grwaudc tourist Hilde rungeu Aegypteus (uuter auderen auch die kurzweilige Bcschreibur ludic»^ bciln Khedive), Länder- und Völkerskizzcn des arabischen un< mischen Kilstculaudcs, Bcmerkuugcu eines Augenzeugcu über das mohamm^anische Pil-gerwescn, das der Verfasser durch seine bekaunte, im Jahre 1860 uuteruommcne Wallfahrt uach Mekka trefflich gceiguct ist, zn beurtheilen, sowie manche werth-volle Winke über Schifffahrt und Handel im Nöthen Meere, und die Aussichten auf Handelsverbinduugcn mit Dentschland; auch erhalten wir hier einen richtigen Einblick in abcssynische Verhältnisse. Viel Neues bietet das Capitel über die merkwürdige, bisher fast unbekannt gebliebene Erschcimmg des südarabischcu Pariathums. Wo wir uns jedoch gänzlich auf neuem Boden bewegen, das ist in dem zweiten Theile, den geographischen Forschungen. Da derselbe mehr wissenschaftlichen Inhalts ist, so wnrde er, der Uebersicht wegen, nach Art eines geographischen Handbnchs abgefaßt. Hier finden wir über zwanzig theils größere, theils kleinere Staaten physisch und politisch beschrieben, über welche unsere bisherigen Werke über Arabien kaum schwache Andeutuugeu enthalten. Es sind dies die Länder östlich, nördlich nnd westlich von Aden, deren tlimalische und agritole Verhältnisse, deren prographic, deren Völkerkunde und Geschichte hier zum erstenmal eingehend bchaudclt werden. Trotz der wissenschaftlichen Form dieses zweiten Theils, bietet derselbe doch auch dem Nichtgcographen viel Interessantes, uamcnMch in dou Eittmschildcrimgm, der Veschrcibuug der Haud' habung der Justiz sowie dls meilwmdigcn Gottesgerichts mit Feuerprobe. Auch über den bisher ganz unbekannten, östlichsten Kasfccdistrict von Arabien i g e n i,n und iN'cv den süllwestlicksten Okei! Arabiens. Reise nach Südarabien und Geographische Forschungen im und über dcn südwestlichsten Theil Arabiens von Heinrich Freiherrn von Maltzan. Mit einer Karte. Braunschweig, Druck und Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn. 18 7 3. Die Herausgabe einer Ucbcrsehuna, in französischer und englischer Sprache, sowie in anderen modernen Sprachen wird Vorbehalten. Vorwort. Aast unglaublich scheint es, daß in unserm, den geographischen Entdeckungen so günstigen Zeitalter, dein wir eine so bedeutende Erweiterung unserer Kenntniß von Afrika, von Central-asien, von Australien und der arktischen Zonen verdanken, und dessen stets reger Forschungstricb und Unternehmungsgeist uns täglich neue Errungenschäften in sichere Aussicht stellt, gerade ein geschichtlich und culturhistorisch so überaus wichtiges Land, wie Arabien, die Wiege des Islam, noch zum großen Theil wri-^ in-ooAniw geblieben ist. Mit Genauigkeit kennen wir von Arabien wenig mehr als die Küsten. Den Grund hievon bildet hauptsächlich die Unzugänglichkeit des Innern für den forschenden und mit dein nöthigen wissenschaftlichen Apparat versehenen Reisenden; denn der Forscher gilt als Spion, der mit Instrumenten Beobachtende gar für einen Zauberer, und schwebt beständig in der größten Lebensgefahr. Daneben die großen, fast unübcrsteiglichcn Hindernisse, welche der religiöse Fanatismus dem Andersgläubigen in Arabien entgegensetzt. Giebt es doch ganze Provinzen, die für »heilig« gelten und die folglich kein Nicht-Mohammedaner betreten darf; und zwar nicht allein das sogenannte heilige Gebiet (Mekka und VI Porwort. Medina), sondern auch andere, wie das streng orthodoxe Hadhra-maut, der sanatische G5f (Dschauf), das unbetretbarc Dawassir ?c. Ich hege nun zwar die Ueberzeugung, daß jene Gefahren durch große Opfer (Geschenke und immer wieder Geschenke an die Häuptlinge, damit dürste man vielleicht selbst den Fanatismus zu entwaffnen hoffen) zum Theil beseitigt werden könnten. Aber leider ist der Kreis der Freunde der Erforschung Arabiens nur klein und »keines Mäcenaten Güte« lächelt diesem Streben. Die wenigen kühnen Reisenden, die in unserm Jahrhundert einen , Zipfel des Schleiers, der dies unbekannte Land bedeckt, gehoben haben, mußten dies mit beschränkten Privatmitteln ausführen und hatten nichts zu opfern, als ihre Gesundheit und ihr Leben. Das haben sie denn auch redlich gethan. In Folge solcher Bestrebungen ist der nördliche und mittlere Theil der großen arabischen Halbinsel in unserer Zeit, namentlich durch Wallin, Sadlier, Palgrav e und Guarman i, wenigstens bruchstückweise, aus dem Reiche des Unbekannten gerettet worden. 'Oman und Wnen gehören ebenfalls zu den halberforschten Ländern. Von Jemen hat uns in allerneuestcr Zeit der muthige Reisende, Joseph Hale'vy, der unter unsäglichen Entbehrungen und Leiden, als arabischer Jude verkleidet, tief ins Innere vordrang, die bisher fast gänzlich unbekannte Osthälfte enthüllt, wiewohl die erwähnten Uebelstände ihm eine wissenschaftlich-geographische Erforschung natürlich zur Unmöglichkeit machten. Die genannten Ländertheile sind also, wenn auch leider noch lange nicht genügend, so doch einigermaßen bekannt. Da bleibt aber noch immer eine außerordentliche Masse des gänzlich Unbekannten. Namentlich gehört hierzu der südlichste Theil Arabiens. Hier taucht, wie eine Oase in der Wüste deö Unbekannten, das Vorwort. vii Neisegebiet unsers Landsmannes, von Wrede, auf. Dies Gebiet ist Hadhramaut, dessen (freilich gleichfalls nicht exact - wissenschaftliche) Erforschung wir diesem kühnen Pionier verdanken. Aber rechts und links von diesem Gebiet schwebte noch Alles im Nebel. In der Absicht, zur Verscheuchung dieses Nebels beizutragen, habe ich die Ncise unternommen, deren Verlauf und Ergebnisse das vorliegende Buch schildert. Dieses Buch-zcrsällt in zwei, wesentlich verschiedene Theile. Der eine ist, wenn man will, vorwiegend touristisch, der andere geographisch. Letzterer, der zweite Theil, enthält die Ergebnisse sowohl meiner eigenen Reisen im tiefsten Süden Arabiens, als der Erkundigungen, welche ich über dieses Ländergebict eingezogen habe. Diese Erkundigungen sind nicht ohne ein wohlüberlegtes System und nicht ohne eingehende Kritik gemacht worden, wie der Leser aus dem Ersten Capitel des zweiten Theiles dieses Buches (S. 193 u. ff.) ersehen dürste. Sind diese Erkundigungen und die nach ihnen entworfene Karte auch nur annähernd richtig, so wird durch sie über einen beträchtlichen Theil Arabiens (etwa so groß wie das Königreich Bayern) Licht verbreitet, über ein Land, welches früher für uns tadnia rasa war. Der erste Theil des Buches dagegen enthält die Reise nach (nicht in) Südarabien, die Küstenfahrten längst des rothen Meeres, einen Aufenthalt in Dschedda, in Aden, Nachrichten über Handel, Schifffahrt u. s. w. Während ich hoffe, daß der Freund der Erforschung Arabiens erkennen wird, daß der geographische Theil dieses Werkes demselben einen dauernden Werth sichert, schmeichele ich mir zu gleicher Zeit, daß der Liebhaber touristischer Lecture im ersten sowohl Unterhaltung als auch manches Wiffenswürdige finden werde. Vor allen Dingen aber möchte ich durch dieses Buch an- VIII Vorwort. regend wirken, damit die kleine Gemeinde der Freunde Arabiens sich vergrößere, der Forschungstrieb gleichfalls für dieses Land geweckt werde und unter den Forschungseifrigen sich auch Einer oder der Andere finden möge, der selbst sein Theil zur Entschleierung dieses umhüllten Landes beitragen wird^). Den 1. Juni 1873. Heinrich von Maltzan. *) Für den Nrabisten die Bemerkung, daß alle Namen nach Aufzeichnungen von Arabern arabisch geschrieben und von mir nach dem System dcr Deutschen Morgenländischen Gesellschaft transscribirt wurden, doch stets mit Berücksichtigung dcr Aussprache. So die Diphtongcn ai und au meist als langes e und als langes o, die turnen Vocale, wenn schwach, als kurzes e. Dschim ist durchweg „g" geschrieben, ghain zuweilen „rh", das Schluß-y im Relativ als einfaches „i", thc, einige Male als „z", tza fast immer „dh" (dhad): AlleS der südarabischen dialektischen Aussprache gemäß. Typographische Schwierigkeiten haben in den letzten zehn Capiteln zuweilen zur Wcglassung der Punkte und Striche unter d, t, z u. s. w, genöthigt, doch ist Sorge getragen, daß in den Itinerarien stets die volle Forin genau wiedergegeben wurde. Inhalt. Erster Theil. Reise nach Südarabien. Uegypten. Erstes Capitel. Neue Gestalt von Alexandrim ilnd Cairo. Ueberfahrt. — Europäische und lcvantimsche Elemente. — Nahrc und falsche Millionäre. — Das modernste Acgypten.— Paßplackereien.— Hotels. — Alerandrien. — Gin Schauderftroceß. — Menschenhandel. — Theater von Cairo. — Neubauten.— Die Hausmanisirung Cairos.— Gine seltsame Straße.— Erpropriirte Städter.— Die Nrtreme der Cultur, — Das alte Cairo...........S. 1 —6. Zweites Capitel. Tie Cultur, die alle Welt beleckt. Geschmacklosigkeit moderner Häuser, — Drei Rcformverwden. — Acgypten zu Nie? buhr's Zeit. — Europäcrthum. — Der Krösus von Gairo, — Falsche Millionäre. — Ein Lieferant. — Seltsame Begriffe von Fachkcmitniß. — Europäisch erzogene Aegypter. — Die goldene Jugend, — Offenbach's Tcrte arabisch. — Re aierungsschulen. — Unwissenheit. — Die Effcndi - Classe, — Arabische Gelehrsamkeit. — Mangel guter Volksschulen. — Hospital. — Irrenhaus. — Immo-ralität. . . . '........................S. ? — 14. Drittes Capitel. Em Besuch beim Khedive. Reichthum des Khedive, — Ucbertricbene Lobhudeleien. — Finanzmaßrcgel. — Verhältniß zum Sultan. — Das Kanzclgebct. — Zuganglichkeit des Vicckönigs. — Vorzimmer. — Der Zeitungöbcamte. — Schwinden des Prastigium Frankreichs.— Audienz. ^ Gespräch über Landeultur. — Gin komischer Mißgriff. — Nachahmung von Paris. — Fürstliche Familie. — Dienerschaft. — Der Erbprinz. — Vernünftige Ansichten. — Andere Mitglieder der Familie. — Die Mutter des Khedive. — Die Wittwe Said Paschas...............S. 15 —1!>. Süd arabisches in Maypten. Viertes Capitel. Eine Colmne von Hadrami^in Cairo. Handel Kairos mit Arabien. — Die Hadrami. — Vorurtheile gegen sie, — Ein arabischer KrösuS. — Ginftuß der Guropäisirung. — Seltsames Mißverständniß. — Der todte und der lebende Schech. — Ein Moslem als Freimaurer. — Europäische Schurkerei. — Der Schech der Hadrami. — Das Wirthshaus der Dö-"aner. — Physiognomien der Siidaraber. — Ihre Lebhaftigkeit. — Sonderbarer Empfanss. — Man hält mich für Wrede. — 'Abd el Hüd. — Mittheilsamkcit der hiesigen Di^ancr. — Vestätignua, der Wrede'schen Berichte. ^ Seltsame Steuer-eintreibung................... .... S. 20 —25. X ' Inhalt. Keife nach Urabien. Fünftes Capitel. Von Cciiro nach Dschedda. Vorbereitungen zur arabischen Reise. — Utensilien. — Diener. — Trefflichfeit der nubischen Dienstboten. — Unehrlichkeit der Aegyter. — Versorgungsweise init Geld. — Gin Mißgriff. — Der räuberische Diener. — List, um emen Widerwärtigen zu entfernen. — Eisenbahn von Cairo nach Suez. — Hotels in Sue^. — Vergnügungen in Suez. — Das Kaffeehaus. — Die Spielbank. — Origmclte Weise, Kunden herbeizuziehen. — Wirkliche uud angebliche Griechen. — Cine Spitzbubenbande. — Schwindel mit Steuer, Quarantäne und Telegraph. — Die Dampfschiffsgesellschaft. — Sonderbare Matrosen. — Der Commandär. — Zurückgesetzte Officiere. — Umständlichkeiten beim Billetvcrkauf. — Paßplackereien. — Ungerechte Behandlung der Gingebornen........S. 26 — 32. Sechstes Capitel. Ein Pilgerschiff. Pilgerreise vor dem Ramadan. — Türkische Pilger. — Enge Verpackung der Pilger. — Die Mctuasin. — Die Lebemänner des Orients. — Der Zemzeini. — Brodneid der Pilgerführer. — Schulmeisterei alter Türken durch knabenhafte Führer. — Das religiose „Geschäft". — Unwissenheit der Pilger. — Vorurtheilsfreiheit der Metuafin. — Sie wolleil deutsche Unterthanen werden. — Ve-kehrungcwersuche. — Der alte Bekehrer. — Langweilige Predigt. — Gründe für Bekehrung zum Islam. — Die Javanesen. — Ihr Schmutz. — Ihr Reichthum.— Wetteifer der Mctuasin um die Javanesen. — Todesfälle auf dem Pilgerschiff. — Sonderbare Bestattung. — Ankunft in Vambo. — Unsicherheit der Gegend. — Der hohe türkische Beamte und sein unverschämter Beschützer. — Ein entarteter Beduine. — Besuch in Vambo. — Der Statthalter. — Der Basar. — Pilgcr-einkleidung auf der Weiterfahrt. — Die Beichtväter des Islam. — Ihre intercs-sirte Nachsicht. — Ankunft in Dschebda. — Faulheit der Zollbeamten. — Leiden der Pilger.........................S. 33 — 45. Kegäz. Siebentes Capitel. Dschedda. Northeilhafte Veränderung der Stadt. — Die Eholeracommission, — Das Hüttcn-gewirre. — Die Prostitution lind ihr Viertel. — Die Hütteudörfer. — Steinhäuser. — Schöne Bauart. — Aecht arabische Hauseintheilung. — Einwohnerzahl. — Ihre Bestandtheile. — Die Dörner aus Hadramaut.— Die Handcls-aenies Arabiens. — Fanatismus und Mißtrauen gegen Reisende. — Eigenthümliche Namen. — Die griechische Colonie. — Ein Hotel m Dschedda. — Nrannt-weineiufuhr und Weinvcrbot. — Die Consulate. — Der Pascha von Dschcdda. — Ein grober alter Türke. — Lächerliche Lobhudelei. — Der ^Beschützer der Armen". — Wassermangel in Dschcdda. — Sogenannte RcgenzcU. — Wohlthätige Stiftungen. — Spcculationen der Waffervcrkäufer. — Die zerstörte Wasserleitung. S. 4« — 56. Achtes Capitel. Der wahre Herr von Hegaz. Irrthümer in Bezug auf die türkische Macht in Hegäz. — Wahre Stellung der türkischen Beamten. — Der Großschenf. — Sein' Politischer Einfluß. — Sein Reichthum. — Sein Beamteustab. — Ohnmacht des Paschas in einem Erbschasts-conflict. — Ausflug eines Franzosen nach Täyef. — Durch den Großschcnf aus Gefahr errettet. — Schattenautorität des Sultans. — Der „Diener der heiligen Städte". — Vorurthcilslosigkeit des Großschcnfs. — Sein Verhalten gegen Europäer. — Sein edles Benehmen................S. 57 -— 63. Neuntes Capitel. Der Ramadan in Arabien. Nichtigkeit des Ramadan. — Bestimmung seines Anfangs. — Der Bote von Mekka,— Nächtliche Geschäftigkeit. — Lebhaftigkeit des Markts. — Dcr Sklaveumarkt. — Negersklaven. — Mcssüüer. — Wohlfcilheit der Sklaven. — Die Tagesqualeu Inhalt. xi der Fastenden. — Ihre Streitsucht. — Gerichtsstillstand. — Der Diwan beim Pascha, — Eine Comödic. — Der gefangene Koch. — Ein witziger Verbrecher.— Beilegung eines komischen Conflicts. — Ein orientalischer Diplomat. — Vergnügungen im Ramadan. — Das Hüttendorf. — Fanatismus leichtfertiger Frauen. — Monotonie des Ramadan in Dschedda. ....... S. Ü1 — 74. Zehntes Capitel. Das Grab der Eva. Neue Gestalt des Grabes. — Grabcapelle. — Kuppel über den heiligen Nabel. — Gewaltsame Bettelei. — Die geheimnißvollc Nische. — Flucht vor den Bettlern.— Verfolgung dnrch Vctttcrschaareu. — Der gestrafte Diener. — Größenvcrhält-nisse des Grabes. — Willkürliche Veränderung derselben. — Trostlosigkeit der Umgegend von Dschedda...........'.........S. 74 — 78. Elftes Capitel. Der Handel voll Dschedda. Handelöfragc. — Segelschifffahrt von Europa nach Dschedda. — Dampfschifffahrt. — Art der Einfuhr europäischer Waare. — Ihr Absatz in Dschedda. — Vortheile der einheimischen Handclowcisc. — Europäischer Import. — Ostindischcr Import. — Aegyptischer Import. — Import der Griechen. — Einheimischer Seehandel. — Mittlere Frequenz des Hafens von Dschedda. — Handclssaison. — Cabotage. — Provenienz einheimischer Waaren in Dschedda.— Erport. — Dschcdda als Vermittlungshafeu. — Kaffeehandel von Hodaida. — Vorzüge der cinhei-mischen Kaufleute. — Hadrami. — Indische Kaufleute. — Ihre Beherrschung des Marktes. — Aneignung des einhcimischeu Handclsverfahrens dnrch Europäer. -^ Vortheilhaftc Geschäfte eiucs Marseille»- Hauses. — Die Hanptbcdiugung des Handelserfolgs in Arabien. — Aussichten für Absatz deutscher Fabrikate. — Waaren, die der Comurrenz erliegen. — Kaffeeprcise im Jahre 1670. — Abgaben von Waaren. — Preise für Waarentransport. — Geldwähruugen in Dschedda. S. 78 — 87. WafrikanWe Küste. Zwölftes Capitel. Suakin. Verfehlte Neisepläne. — Sprachliche Räthsel. — Lächerliche Auskunftsgeber. — Abfahrt von Dschedda. — Das Schiff Snatin. — Der Eommandär. — Seine Nautik. — Feststen. — Sein Dienstbuch. — Die sauren Aepfcl, — Streiche eines Italieners.— Der angeführte Arzt. — Nachtheile und Vorzüge einheimischer Schiffe.— Einfahrt in Suakin. — Die falschen Hciligengräber.— Das Land der Schwarzen. — TypnS und Physiognomien. — Die Frauen. — Tabackkauen.— Arabische Zahnstocher. — Besuch bei Montüz Pascha, — Ein gebildeter Moslem.— Larheit der Vornehmen im Glauben. — Der falsche Telegraph. — Englische Ingenieure. — Der Sauitätsageut. — Europäisches Elend in Suakin. — Gang durch die Stadt. — Gummihandcl. — Suakin, das Eldorado der Schwarzen. — Die schwarzen Mädchen. — Ihre moralischen Vorzüge. — Die Haartoilctte. — Ramadan-Jubel. — Montaz Paschas Culturpläne. .'......S. 88 —98. Dreizehntes Capitel. Massauwa. Fahrt von Suakin nach Massauwa. — Des Commandärs Proben der Nautik. — Insclarchipcl. — Einfahrt. — Kriegerische Gerüchte. — Angebliche englische Truppenlandung. — Die Baschi-Bozuts. — Der Sendschaf, '— Die Strafgarnison. — Die Insel Massauwa. — Elende Bauten. — Schwierigkeit des Unterkommens. — Ein deutscher Kaufmann. — Fanatische Hausbesitzer. — Consul Munzinger. — Eiu geborener Reisender. — Französisches Consulat. — Munziu-ger'ö Führung der englischen Erpcdition. — Undank der Regierung. — Missionäre. — Die Schweden in Massauwa. — Erfolge der Katholiken.' — Ein Gefangener Theodor's. — Merkwürdige Iagdabcntener eines Deutschen. — Einheimische Bevölkerung. — Abneigung gegen Europäer. — Dir Hadrami. — Die Vamanen. — Ihre commerciclle Stellung. — Der Gouverneur. — Seine Verbesserungen. — Galtencullnr, — Wassermangel. — Vautenrcform. — Strenge XI? Inhalt. Orthodorie der Einheimischen. — Das Sikr. — Musik. — Prostitution, — Schlimme gesundheitliche Folgen. — Ucbermäßige Haarsalbung der Frauen. — Garnison. — Die Veteranen aus Merico. — Schöne Landschaft. — Türkisches Fort. — Klima. — Fieber. — Meteorologisches.........S. 99 -112. Vierzehntes Capitel. Handel von Massauwa. Massauwas Hinterländer. — kommerzielle Bedeutung des Platzes. — Uebertriebene Anpreisung derselben. — Import in Massauwa im ersten Halbjahr 1864. — Provenienz des Imports. — Vertheilung des Imports. — ErPort. — Abnahme des ErPorts uon Abesstnien, — Verschwinden des abessinischen Kaffees.— Sklavenausfuhr. — Zunahme des Moschus. — Karawanenbetrieb. — Hafen von Massauwa. — Ginnahme des Zollamts. — Preise für Waarentransport. — Gewichte. — Maaße. — Münze....................S. 113-121. Fünfzehntes Capitel. Abessinischcs in Massauwa. Zustände in Habesch nach Theodor's Fall. — Theodor's Große und Bedeutung. — Sein Wahnsinn. — Die jetzigen Machthaber. — Ihre Ohnmacht und Zersplitterung. — Aba Kaisi. — Mädchenraub. — Ein „Rebell" in Habesch. — Mc-konen von Hamastcn. — Gefangene Fürsten. — Gin abcssinischer Gesandter. — Mißbrauch der Gastfreundschaft/ — Trunksucht der Abessinier. — Der Tädsch (Honigbier) und seine Bereitung. — Abessinischc Frauen. — Ihre Vorzüge. — Ehe zwischen Deutschen und Abessinicrn. — Der intcntionelle Morder Mnnzin-ger's, — Seine Mitschuldigen. — Seine Freilassung. — Gin Verbrecher als Philosoph, — Nothwendigkeit der Bewaffnung in Habesch. — Unsicherheit des Landes. — Ein Franzose am Hofe Kassa',?. — Schimpcr. — Die Griechen in Adua. S. 122 — 132. Kothcs und Arabisches Meer. Sechszehntes Capitel. Segelfahrt don Massauwa nach Aden. Englisches Segelschiff. — Kohlenverschweudung. — Der Kapitän des „Westward Ho". — Der Dragoman. — Ein Handclsgcnie. — Ueberfluß an Schiffsjungen.— Englische Matrosen. — Die Officicre. ^ Contrast der verschiedenen Schiffslheüe. — Der Pilot. — Seine schwindelhafte Nautik, — Der Lehrling des Lootsen. — Passionen eines arabischen Seemannes, — Verhältnisse des, Pilotcnthums. — Der Archipel von Dahlat. —Windverhältnisse. — Die Insel Zugur. —Kreuzfahrten.— Das Umschlagen des Monsuns. — Kurze Kreuzungen. — Schech Said. — Gin Monsunhafcn. — Insel Perim. — Väb cl Mandcb. — Windstille. — Ras 'Ara. — Gebel Qaü. — Die „Eselsohren". — Einfahrt in den Busen von Aden. — Der ostindische Pilot, — Besuche. — Parsi. — Vanianen. — Die kleinen Geschäfte des Kapitäns...............S. 133 — 141. Kiidarabien. SiebenzehnteZ Capitel. Leben in Aden. Stadt und Hafen. — Steiler Landweg. — Gasthofe am Hafen. — Der Parsi. — Gin ehrlicher Photograph. — Unterkommen m der Stadt. — Europäische Kaufleute. — Gin jugendlicher Schuldenmachcr.—Häuser in Aden.— Klimatisches.— Krankheiten. — Keuchhusten. — Sonnenstich. — Scorpionc. — Heilunq des Stichs. — Ausstattung der Häuser. — Wohnung im arabischen Viertel,— Wohlfeilheit des Lebens. — Lebenomittel, — Engländer in Aden, — Lebensweise der Officiere. — Lurus der Vornehmen. — Punkahs, — Englische Kirche. — Der Padre. — Gefälschte Inschriften. — Seltsame Trauung. — Damengesellschaft in Aden....................... . . . S. 142 — 152. Achtzehntes Capitel. Adens öffentliche Werke, Gebäude. Die Zisternen. — Negcnvcrhältnisse, — Aclteste Eisterncn. — Ihre Restauration. — Ihre Aufnahmefähigkeit. — Ocffentlicher Garten. — Festungswerke. - Aden als Seefestung. — Die Isthmuofestung, — Die Insel Sira. —Einheimische Stadt,— Inhalt. xiii Der Hauptmarkt. — Verschiedene Quartiere. — Moscheen. — Mangel an Alterthümern. — Das Grab des Mberüs. — Das Todtenhaus der Parsi. — Leichen-Vögel. — Barbarische Sitte, — Tempel der Vanianen. — Synagoge. — Katholische Capelle.......................S. 153—158. Neunzehntes Capitel. Adens Bewohner. Geringe Einwanderung den Engländern erwünscht. — Unmöglichkeit, die Einwan derer fern zu halten. — Zunahme der Bevölkerung. — Einwohncrlifte. — Ostindische Christen. — Ostindischc Moslems. — Schiiten. — Araber. — Schafei und Zaidi. — Qobayel und Raye. — Schriftgelehrte. — DerQadi von Aden.— Ein Astrologe. — Der Dragoman der Regierung. — Seme Wichtigkeit, — Somali, — Seltsamer Haarputz. — Somnlifraucn,— Vagabundcnthum.— Perser.— Der Krösus von Aden. — Gin fanatischer Schiite. -- Aauiaiicn. — Ihre Liebe für Thiere. — Ostindische Parias. — Neger. — Zingi und Sudani. — Parsi. — Handels- und Krämergeist.................S. 159 — 172. Zwanzigstes Capitel. Die Juden. Falsche Begriffe über Verbreitung der Juden. — Juden in Ecntralarabien. — Süd-arabicn von Alters her den Iudeu günstig. — Toleranz der Zaidi. — Intoleranz der Hadrami. — Vermischung mit arabischen» Blut. — Phystognomischeö.— Keine Sectircr in Südarabien. — Die Synagoge. — Der Obcrrabbiner. — Aussprache des Hebräischen. — Gewerbe der Juden. — Vortheilhaftc Ausnahmsstellung der Juden. — Schutz der Gesetze und der Sitten, — Demüthigungen. — Fanatismus der Araber. — Hoffuuug auf bessere Zustände. — Aufschwliug der Adencr Iudenschaft. — Beginnende Culturerncucruug......... S^ 173— 191, Einundzwanzigstes Capitel. Die südarabischen Pariakasten. Eigenthümlichkeit dcs südarabischen Pariawesens. — Religion der Parias. — Parias in Eentralarabieu. — Strenge Standesbcgriffe der älteren Südarabcr. — Ar-naud's Viertheilung der Parias. — Achdäm.—Abgesondertes Wohnen.— Stammesstolz der Beduinen. — Die tiefste Paria-Kaste. — Schumr. — Ihr Gewerbe. — Moscheeverbot. — Kupplerinnen. — Eine Paria-Sängerin. — Phi)-sionomisches. — Gin südarabischcs Schönhcitöregister in Versen. — Dialekt der Parias. — Ihr Ursprung. — Falsche Ansichten, — Unmöglichkeit, ihren Ur-spruug zu bestimmen. — Entstehung der Achdäm - Kaste. — Verschiedene Bezeichnungen für diese Kaste. — Die Ahl Häyek. — Freiheit von Steuern. — Die Parias sind keine Stämme.................S. 181 — 192. Zweiter Theil. Geographische Forschungen im und über den südwest lichen Theil Arabiens. Erstes Capitel. Allgemeines. I. Zweck und Natur der Forschungen. — II. Meine Informanten. — III. Zustandekommen der Karte. — IV. Itineraricn. — V. Orographie. — VI. Wadis. — VII. Klima und Vodencrzcugnisse. — Vlil. Typus der Bevölkerung. — IX. Abstammung der Völker. — X. Sociale Eintheilung der Südaraber. — XI. Bestätigung meiner Erkundigungen durch arabische Geographen. — XII. Ueber den Inhalt des beschreibenden Theiles..............S. 193 — 220. XIV Inhalt. Zweites Capitel. Wahidi - Länder. I. Name. — II. Geographische Lage. — III. Das Land der Unteren Wahidi. — /^. Grenze. — li/Seehäfen. — «. Gebirge. — I). Wädis. — tt. Klima und Vodcnerzeugnisse. - IV Bewohner. — (^.'Städte und Ortschaften. — I!. Alterthümer. — ^. Große zchuzeilige Inschrift von Ghoräb, — Ucbcrsetzung, — 2. Zweite Inschrift. — 3. Dritte'Inschrift. — 5. Politisches. — IV. Das Land der oberen Wahidi. — ^. Grenzen. — L. Gebirge. — «. Wädis. — I). Klima nnd Bodenerzcugnisse. — N. Bewohner. — 1< Städte und Ortschaften. — greise der Lebenomittel in Habban.— (^. Alterthiimer.— Inschrift von Naqb el Hagr.— Uebersetzung.— II. Politisches.— ,I. Sociale Zustände der Wahidi. S. 221—234. Drittes Capitel. Diebiland. I. Name. — II. Geographische Lage. - III. Grenzen. — IV. Seehafen. — V. Gebirge. ^ VI. Wädis. — VII. Klima nud Bodenerzcugnisse. — VIII. Stämme.— Wrede's Angaben über die Stämme. — Die sieben eigentlichen Diebiftämme. — IX. Ortschaften. - X. Politisches. — XI. Sprachliche (zigcnthümlichfeiten, — XII. Abstammung....................S. 234 — 238. Viertes Capitel. 'Nulaqiländer. I. Name. — Irrthümer in Bezug auf den Namen. — II. Geographische Lage. — III. Grenzen. — IV. Eintheitung. — V. Das Land der Unteren 'Auwaliq. — v^. Berge und Hochebenen. — Ii. Wädis. — (1. Klima und Vodenerzcugniß. — I). Stämme, — Irrthum in Bezug auf einen Stamm. — N. Städte und Ortschaften. — Irrthum in Vczng auf einen Städtcnamen. — IV Politisches. — VI. DaS Land der Mittleren ^Auwäliq. — ^V. Beschaffenheit des Landes. — iz. Stämme. — s). Städte und Ortschaften. — D. Politisches. — VII. Das Land der Oberen 'Auwnliq, — ^. Gebirge und Hochebenen. — li. Wädis. — <ü. Klima und Bodcncrzeugnissc. — D. Salinen. — l^. Stäinme. — 1«'. Städte uud Ortschaften. — t>. Seßhafte und Nomaden. — It. Qobayel und Raye. — Schlösser. — 1>. Polilischeo. — ^. Justiz. — I?'. Gottes- Inhalt. xv gericht. — IX. Oberyäfi^a. ^ H. Stämme. — V. Städte und Ortschaften. — «. Politisches. — X. Geschichtliches. — XI. Sitten, Religion,e. — Xll. Sprachliche Eigenthümlichkeiten. — XIII. Physiognomifches. ..... S. 283 — 30s), Neuntes Capitel. Rezaz. I. Name. ^- II. Geographische Lage. — III. Grenzen. — IV. Bodenerhebung. — V. Wadis. — VI. Klima und Bodenerzeugnisse. — VII. Mineralquelle. — VIII. Stämme. — IX. Städte und Ortschaften. — X. Politisches. — XI. Justiz,— XII. Blutrache, — XIII, Sitten, Religion u. s. w. — XIV. Parias. S. 301 — 309, Zehntes Capitel. Gezab. I. Name. — II. Geographische Lage. — III. Grenzen. — IV. Bodenerhebung. -V. Nadis. — VI. Flnßsysteme. — VII. Klima lind Bodmerzeugmssc. — VIII. Stämme. — IX. Ortschafteu. — X. Politisches.....S. 310 —313. Elftes Capitel. 'Aqäreb. I. Name. — II. Geographische Lage. — III. Grenzen. — IV. Bodenerhebung. — V. Nädis. — VI. Klima und Vodenerzcugnissc. — VII. Ortschaften. — VIII, Der Sultan der "Aaarcb und sein Hof. — IX. Regierung. — X. Justiz. — XI. Sitten , Religion u. s. w. — XII. Geschichtliches. . . .'.....S. 314 — 323. Zwölftes Capitel. 'Abdeli-Land oder Laheg. I. Name. — II. Geographische Lage. — III. Grenzen. — IV. Bodenerhebung. — V. Wadis. — VI. Klima und Aodenerzeugnisse. — VII. Stämme. — V11I. Städte und Ortschaften. — IX. Sultan, Dynastie und Hof. — X. Regieruug. — XI. Finanzen. — XII. Münze. — XIII. Militär. — XIV. Justiz. — XV. Auswärtige Politik. — XVI. Oberhoheit über fremde Stämme. — XVII. Geschichtliches.' — XVIII. Religion. -— XIX. Sitten und Gebräuche. — XX, Gastfreundschaft. — XXI. Europäer in Laheg. — XXII. Verrückte Heilige. — xxm. Juden und Parias.. ...................' . S. 324 — 349. Dreizehntes Capitel. Hauschebi - Land. I. Name. — II. Geographische Lage. — III. Grenzen. — IV. Bodenerhebung. — V. Nadis. — VI. Klima und Bodenerzeugnisse. — VII. Bewohner. — VIII.'Ortschaften. — IX. Politisches.......'..........S. 350 — 352. Vierzehntes Capitel. Anür - Land. I. Name. ^ II. Geographische Lage. — III. Grenzen. — IV. Beschaffenheit des Landes. — V. Wndis. — VI. Berge. — VII. Stämme. — VIII. Städte und Ortschaften. — IX. Politisches. — X. Alterthümer. — XI. Hamdam's Angaben über dieses Land.....................S. 353 — 360. Fünfzehntes Capitel. Schaheri - Land. I. Name. — II. Lage. — III. Beschaffenheit des Landes. — IV. Stämme. — V. Ortschaften. — VI. Religion. — VII. Politisches......S. 361 — 363. Sechszehntes Capitel. Kleine Stammesgelnete zwischen Dhala' nnd Mrim und Dhala uud Neda. I. Allgemeines. — II. Haqi. — Hl. Fegra. — IV. Gehaf. — V. Oa'teba. — ^. Ausdehnung des Landes. — V. Beschaffenheit des Landes. — 0. Wadis. — D. Stämme. — ^. Stadt. — IV Regierung. — O. Stellung der Juden. — H. Parias. — >I. Sitten uud Gebräuche. — VI. Merrais. — VII. Ahmcdi oder Auwas. — VIII. Hascha. — IX. Ahl Mahela oder Mauya. — X. 'Adarcb, — XI, 'Nmar. — XII. Sayadi. — XIII. Scha if. — XIV. Hobab. — XV. Ya-zidi. — XVI. Talab. — XVII. Hobeschi. — XVIII. Reda. — XIX. Gefe, — XX. Schliißbemcrtung...................S. 304 — 375. XVI Inhalt. Siebenzehntcs Capitol. Sobehi - Land. I. Name. — II, Geographische Lagt. — III. Grenzen. — IV. Bodenerhebung. — V. Wädis. — VI, Klima und Bodenerzcngnisse. — VII. Stämme. — VIII. Ortschaften. — IX. Politisches. — X. Geschichtliches. — XI. Religion. — XII. Kleidung......................S. 376 — 383. Achtzehntes Capitel. Hakmi und Meschalcha. Lage dieser beiden Küstengebiete, — Hafen von Schech Said. — Verkauf an eine französische Compagnie. — Schlechte Beschaffenheit des Hafens. — Faulheit des Rechtstitels. — Ansprüche der Pforte. — Aeration des Handele«. S. 384 — 385. Neunzehntes Capitel. Moqteri - Land. I, Name. — II. Ausdehnung des Landes. — III. Beschaffenheit des Landes. — IV. Wadis. — V. Stämme. — VI, Ortschaften und Schlösser. — VII. Politisches. — VIII. Sitten und Gebräuche............S. 38« — 389. Zwanzigstes Capitel. Hogriya. I. Name. — II. Geographische Lage. — III. Grenzen. — IV. Eintheilung. — V. Beschaffenheit des Landes. — VI. Wadis. — VII. Mineralquelle. — VIII. Gebirge. — IX. Stämme. — X. Stäote und Ortschaften. ^ XI. Märkte. — XII. Schlösser. — XIII. Religion. — XIV. Politisches. — XV. Sitten und Gebräuche........................S. 390 — 397. Einnndzwanzigstes Capitel. Kleine städtische Gebiete bei Ta izz oder Ta izziya. I. Name. — II. Geographische Lage. — III Grenzen. — IV. Zweck der Mittheilungen über die Ta izziya, — V. Beschaffenheit des Landes. — VI. Charakter dieses Gebiets in socialer Beziehung. — VII. Bewohner. — VIII. Politische Eintheilung der Ta'izziya, — IX. Städte und städtische Gebiete. S. 398 — 403. Zwenmdzwanzigstes Capitel. Dhn Muhammed und Dhn Hosam. Näthselhaftcs über diese Völker. — Bekanntschaften mit Dhii Mohammed. — Ein Schech der Dhu Hosain. — Eroberung der Umgegend von Marib. — Nichtigkeit der Dyu Mohammed. — Ihre ausgedehnten Eroberungen.— Stellung der beiden Stäinmc, — Ihre Wehrkraft. — Ursprung der Dhu Mohammed, — Die Haschid und Betil. — Soldncrstämme der Imame von Sana. — Vorfahren der beiden Stämme............:............S. 404 — 407, Erster Theil. Aeise nach Züdaiabien. M e g y p t e n. Grstes Capitel. Neue Gestalt von Alexandricn und Eairo. Uel'erfcihrt. — Europnische lind levantinische Elemente. — Wahre und falsche Millionäre. — Das modernste Acgyptm. — Paßpluckereien. — Hotels. — Aleran-drien. — Ein Schauderproceß. — Menscheiihliüdel. — Theater von Cairo. — Neu-lmuten. — Die Hausminusirunq Cairo's. — Eine ieltsmne Straßc. — Erpropriirte Städter, — Die Extreme dcr Cultur. — Dnü altl' Cairo. N5er die Ueberfahrt von Trieft nach Alexandrien im Herbst macht, uürd sich gewöhnlich schon auf dem Schiff m ägyptischen .Ereisen finden, gebildct aus Europäern, Griechen, Leuautinern, die im Nillaud Wuhnen, der Sommerhitze mifioheu waren und unn zlim Winter zurückkehren. Das Schiff „Apollo", das mich trug, führte sogar auch eiu Stück „ägyptischeu Hoflebeus" heim. Dies gruppirte sich um einen kleinen Priuzcn, zweiten Sohu des Khedive. Es war ein niedliches geschniegeltes Püppchen, mit Pariser Eleganz gekleidet, das kleine Fes kokett auf den: Ohr und einen „Zwicker" im Auge. Ns ich das letzte Mal Aegypten besucht hatte, sahen die Prinzen anders aus. Damals wär's auch ohue eineu Mamlukeutros; nicht abgegangen. Jetzt war von dem keine Rede, sondern zwei französische Mentors lind ein Kammerdiener sauch Franzose, wie es denn jetzt für vornehme Moslems der höchste gute Ton ist, Europäer zu Dienern zu haben) begleiteten die jugendliche Hoheit. Diese sprach anch fast immer französisch nnd verrieth im (Gespräch sehr den Kummer, von Paris, alls dein sie der Krieg vertrieben hatte, getrennt zu sein. Den Hauptstock der Gesellschaft bildeten aber griechische und levanti-uischc Krösussc. Diese Leute reisen oft mit so viel Familiengliedern, das'. 2 Ankunft in Alexandrien. sie ein Schiff halb füllen. Ein reicher Grieche hatte mit Kind und Kegel 20 Personen, ein anderer anch über ein Dutzend, mehrere an die acht Mitglieder. Sie kamen vom Sommeraufenthnlt in östreichischen Bädern, wohin viele reiche Alexandriner jährlich gehen. Geld sparen sie nicht. Ich kannte einen, der blos; für Zimmer in Trieft 100 Gulden täglich ausgab. Dabei sind es liebenswürdige Leute, d. h. auf der Neise. Zu Hause gelten sie zu diel, um nicht ein wenig den Krösusstolz zu verrathen. Diese Leute sind meist ganz französirt, schleppen auch immer einen französischen Hanslehrer, Gouvernante und Bonne mit sich. Griechisch sprechen sie. nur mit den Dienstboten, sonst stets französisch. Auch einige in Aegypten seßhafte Europäer mit wahren Millionär-manierm befanden sich unter uns. Ich erkundigte mich nach diesen Herren und Damen uud erfuhr allerlei Seltfames. Darin waren alle Befragten einig, daß das Vermögen dieser Personen noch zu machen sei. Aber sie hatten gelernt, daß im Orient derjenige, welcher reich werden will, damit anfangen muß, sich reich zu stellen. An bescheideneren Existenzen fehlte es anch nicht. Da war der unvermeidliche italienische Doctor, der griechische Advocat, der englische Telegraphist, die böhmischen Musikauten uud Harfenmüdcheu. Auch eine ganze Missionsanstalt hatte sich eiugefundeu, die Predigte und Lieder sang. Nebenbei unreinere Elemente, bestehend aus gewissen Wallachinnen, die, weil sie meist deutsch können, leider im Orient für „Deutsche" gelten. Fast alle diese Leute kannten Aegypten, d. h. das modernste. Ich kannte das etwas ältere und fand mich in ihren Beschreibungen gar nicht zurecht. Aegyfttm mußte sich gewaltig verändert haben, wenn es diesen Beschreibungen enisprach. In der That fand ich es so. Die Städte, die ich orientalisch verlassen, fand ich europäisirt wieder. Alexandrien hat sich, wie es heißt, sehr verschönert, d. h. es sieht aus, wie eine europäische Stadt. Das Orientalische war freilich hier nicht werth, conscrvirt zu werden, denn es war modern, geschmacklos. Anders mit Cairo; doch davon später. Gar nicht europäisch ist aber die Landung in Alexandrien. Diese ist noch mit allen Paß- und Mauthplackcreien verknüpft, wie sie die finstersten Zeiten nicht schlimmer kannten. Unter einer Stunde konnte man nicht durch und ins Hotel, und giebt wenigstens 5 Thlr. aus, für Boot, Dragoman, Wagen, Bestechungen u. s. w. Auch die Hotels haben sich modernisirt; ebenso ihre Preise. Letztere Hotels, Kaffeehäuser u. s. w. 3 sind übrigens in Alexandria durchschnittlich noch 25 Proc. billiger, als in Cairo und dabei ist Alles besser. Dennoch sind auch sie das Doppelte von dem, was sie 1654 waren. Damals zahlte ich Alles einbegriffen täglich 2 Thlr. 20 Gr., jetzt kostet Wohnung nnd Kost allein 4 Thlr., nnd Wein, Thee, Lichter schwellen die Rechnung ans s> Thlr. Dies in den billigeren Hotels. Wr ein solches galt das von mir erwählte Hotel Labat. Der Wirth, ehemaliger französischer Koch, wirthschaftete mit Luruö. Alles war trefflich. Freilich sollte ich ihn li Monate später im schönsten Bankerott finden. Seine Gläubiger ließen ihn übrigens als Geschäftsführer, nnd das war human, für ihn und die Reisenden, denn man lebte gut dort. Nenn man vom heutigen Alexandrien sagt, daß es etwa aussieht, wie eine schlechte Copie von Marseille oder Trieft, mit malerisch zerlumpt ten ägyptischen Bettlern als Staffage, so hat man es beschrieben. Anf dem Schiff war viel von europäischen Vergnügungen die Nede. Ich fand aber, daß diese sich znr Zeit auf ein Cllt'6 tl>^l,tllnt. beschränkten, wo eiu Lied gegen „leu 1>i-li88ie!i8" gesungen wurde. Die Kaffeehäuser siud alle gemein. Sehr besucht sind die östreichischen Vierstuben und gesucht deren Personal. Gine Viermamsell haite vor Kurzem zu einem Schauderproceß Anlaß gegeben. Ein reicher, aber persönlich sehr abschreckender Türke stellte ihr nach. Da aber die Hebe ihm Understand, so miethete er einige VravoZ, ließ sie raubeu lind gab ihr erst ill einem halbtodien Znstand die Freiheit wieder. Jetzt sitzt er auf der Galeere, d. h. was man hier so nennt, denn für Reiche kann im Orient selbst das Zuchthaus erträglich, ja zu einem Schauplatz der Wollust gemacht werden. Mein Diener kannte diesen Türken und besuchte ihn in seiner lKinsPerrnng, wo es nach ihm gar nicht an den Huris des Paradieses fehlte. Der Menschenhandel mit deutschen, namentlich östreichischen Mädchen wird übrigens auch hier auf empörende Weise getrieben. Alljährlich reisen „ehrwürdige" Matronen, Vorsteherinnen gewisser Anstalten, von hier nach Wien oder Pesth uud kündigen an, daß sie Dienstmädchen unethen wollen. Sie kehren dann gewöhnlich mit einem ganzen Serail zurück, und die Mädchen haben oft keine Ahnung ihrer Bestimmung. Mehrere junge Alexandriner erzählten mir merkwürdige Dinge über die Art und Weise, wie diese armen betrogenen Personen zu Fall gebracht werden. Vor zwei Jahren sprang eine, die sich der „Hausrcgel" nicht fügen wollte, ans den« Fenster und tödtete sich. Es hieß natürlich, sie sei wahnsinnig gewesen. Nach so etwas kräht kein Hahn! Wenn es aber gilt, einen Neger, der I/" 4 Neueste Gestalt Cairo's. es bei seinem Herrn gut hat, zu befreien, dann rühren sich die europäischen Menschenfreunde. Auf dem Eiscnbahnzug zwischen Alexandrien und Cairo konnte ich mich in Italien glauben. Wo ich hinsah, erblickte ich Italiener. Es waren die Opern-, Ballet- nnd Circns-Trnpften, die der Khedive für den Winter verschrieben hatte. Nnr die Comödie war durch Franzosen vertreten. Cairo verdankt diesem Fürsten vier Theater, von denen wenigstens drei jeden Winter spielen. Es ist dies der ncneste Versuch, das Land zn civilisiren. Die Europäer in Cairo freuen sich natürlich über diese Manie, die nur ihrem Vergnügen steuert. Die Sänger und Sängerinnen, mit denen ich zusammen reiste, schwammen in Seligkeit, denn hier wurden ihnen Preise gezahlt, wie sie sich's nie geträumt hatten. Mau sagte mir, die erste Sängerin bekomme 200 Pfund Sterling für jedes Auftreten. Alle anderen im Verhältniß. Sie hatten ein Eldorado gefunden. Alles dies zahlt der Khedive (man sagte einige Millionen jährlich). Durch Billetuerkanf geht wenig ein und felbst dies wird noch oft verschenkt. So ist es nicht selten, daß der Vicekönig einein seiner europäischen Günstlinge die Bruttoeinnahme von drei Theaterabenden schenkt, die sie selbst controliren dürfen. Nur der Circus soll, wie nur der Khedive selbst sagte, einen Theil der Kosten wieder einbringen. Man sprach viel von einer neuen Oper Verdi's, „Aida" betitelt. Der Khedive hatte von Verdi das Necht, sie zuerst aufführen zu lassen, theuer erkauft. Die Aufführung kam aber nicht zu Staude, da die bestellten Tccorationcn in dem damals belagerten Paris waren. Im Winter 1871—1872 holte man das Versäumte nach. Wie verändert fand ich die alte Chalifcnstadt, Cairo! Hier nannte man es „verschönert". Mir kamen die Veränderungen sowohl unschön als unzweckmäßig vor. letzteres weil die großen europäischen „Miethkasten" für Orientalen kaum zu bewohnen sind, deren Gewohnheiten es zuwiderläuft, mehrere Familien unter einem Dach zu vereinigen. Ganze orientalische Stadttheile waren verschwunden, und was erhob sich an ihrer Stellet Große easernenartige Paläste, Hotels, Ministerien, fünfstöckige europäische Miethshäuser, so nüchtern und geschmacklos, wie möglich. Das orientalische Viertel, das früher beim Platz der Esbetiye begann, ist nun um die ganze Straßenlänge der Musti zurückgedräugt. Diese Musti, sonst eine orientalische Vasarstraße, ist jetzt dicht mit europäischen Läden, Fri-seurbnden, Wein- und Branntwemkneipen besetzt. Die Esbekiye selbst, ihrer schönen Nä'ume beranbt, umgeben neue kolossale Monftrebanten, bei denen Hausmamsirung. 5 mau sich Allies, was Europa Nüchternstes hat, zum Modell genommen zu haben scheint. Die eine Seite ist mit Theaterbauteu ausgefüllt. Auf einev andern erhebt sich ein Mollstrehotel, halb Zcllengefängniß, halb Waarcn->uagazin. Unter den neuen Palästen des Khedive, seinen Ministerien u. s. w. ist kein einziger Bau, der geschmackvoll wäre. In den Seitenstraßen, wo die „Euroftäisirung" erst im Werk ist, sieht es noch schauriger alls. Dort hat die „Hausmanisiruug", für welche der Khedive sich in Paris cnthusiasmirt hat, den gewohuteu Vandalis-mus bethätigt. Hier ging sie noch rücksichtsloser zu Werk, als anderswo. Mau zog auf dem Stadtplan von einem Ende zum andern eine gerade Linie, die eine neue Strafte werden sollte. Alles, was auf dieser Linie stand, wurde niedergerissen, die Häuser oft in der Mitte durchschnitten, Garten, Brunnen, Moscheen, Kunstbauten zerstört. So ist es mit der neuesten Straße, die mitten aus der Stadt nach dem Bahnhöfe führt. Diese sehr breite „Straße" glich eiustweileu noch ciuem sandigen Wüstenweg, d. h. was ihren Boden betraf. Umgeben war sie rechts und lints von in der Hälfte, im Dritthcil, im Viertheil durchschuitteueu Häusern, die nun als künstliche Halbruinen sich seltsam uud unschön ausnahmeu. Da sah man ein halbes tapeziertes Zimmer, eine halbe Küche, einen halben Stall. Viele Zimmer hatten ein noch so bewohntes Ansehen, daß es war, als blicke man in die Geheimnisse dieser gewaltsam aufgedeckten Häuslichkeiten hinein. Natürlich liegt es in der Absicht, hier ganze Reihen europäischer Häuser zu errichten. Aber mit solchen Neubauten geht's, wenn nicht der Khedive selbst sie zahlt, sehr langsam. Europäische Privatleute und vornehme europäisirte Moslems, die baulustig sind, giebt es nicht genug. Die früheren Insassen, meist Moslems aus dem Mittelstand, haben weder Lust noch Oeld, europäisch zu bauen, was hier immer sehr kostspielig. Die erhaltene Entschädigung ist ein Spottgeld, kaum 30 Proc. vom Werth uud dieses soll oft noch als Steuerquote berechnet werden. Die Leute sind durch diese Gewaltmaßregel aus der Stadt Verbanut. Ich war neugierig zu erfahren, was alls ihnen wird? Nicht ohne Mühe gclaug mir's. Fragt man ägyptische Beamte, so wollen sie's nicht wissen (denn alle Unterthanen sind ja officiell „glücklich"), und den hiesigen Europäern ist es zu gleichgültig. Ich entdeckte es so zu sagen selbst. Eilist stieß ich iu der Nähe der Nbbas-siye, 1 Stunde von Cairo, auf ein neues Hütteudorf, voll Nilschlamm lind Ncisern erbaut. Einzelne Palmhüttcn waren noch im Bau. Ich sprach mit den Leuten und erfuhr, das; sie eiu Theil der expropriirten Städter seicu. 6 Das alte arabische Cairo. Die anderen lebton in ähnlichen Schuppen in anderen Dörfern. So fördert die Negierung zu gleicher Zeit zwei Extreme der Cultur. Sie europäisirt einen Theil der Stadt. Ein großer Theil der Bewohner aber wird gezwungen, zu einer Art von Naturzustand zurückzukehren nud ans Städtern besitzlose Landbewohner zu werden, elender als die Fellahs, die wenigstens Bauern oder Pächter sind. Man fragt sich, welche Geschmacksverirrung sich der Regierung bemächtigt haN Doch davon rede man ja in Cairo nicht. Alles gilt für „Verschönerung", für „civilisirt" und selbst die hiesigen Europäer loben es. Ihnen und den vornehmen Moslems gilt das ältere Cairo für geschmacklos, barbarisch. Und dennoch wie schön ist es, wie zweckmäßig für dies Klima und die Gewohnheiten der Moslems gebaut! Gehen wir in diesen vom Wandalismus noch unberührten Stadtthcil, sehen wir die schönen kunstvollen Moscheen mit ihren luftigen Terrassen und schlanken Minarets, mitunter vom ehrwürdigsten Alter, die Gänge, Bogen, Säulen, und oft in beträchtlicher Höhe gleichsam schwebenden Nalkone, die vielen Sebils (öffentliche Trinkbrunnen) mit ihren vergoldeten Gittern, die kunstvoll geschnitzten Fenster und Holzerker an den oberen Stockwerten aller arabischen Privathäuser, die säulenumgebencn Otäle (Fremdenhäuser), so haben wir einen Vegriff von dem Verlust, den Cairo durch Zerstörung vieler ähnlichen Vau-ten schon erlitten hat. Freilich ist im alten Stadttheil Vieles verfallen. Aber mit dem Zehntheil der Kosten jener europäischen Neubauten hätte man Cairo als „arabische" Stadt restaurircu und als eine „Perle des Orients" erhalten können, während, wenn das so fortgeht, es bald ausseheil wird, wie eine Arbeitervorstadt in einem industriellen Centrum Europas. Waren Neubauten nöthig, so fehlte es wahrhaftig nicht an unbenutztem Boden. K e g 1) p t e n. Zweites Capitel. Die Cultur, die alle Welt beleckt. Geschmacklosigkeit moderner Häuser. — Drei Resornlperioden. — Aegypten zu Nie-buhr's Zeit, — Europäerthum. — Der Krösus vun Cairo. — Falsche Millionäre. — Ein Lieferant. — Seltsame Begriffe von Fachkenntniß, — Europäisch erzogene Aegypter. — Die goldene Jugend. — Offenbach's Texte arabisch. — NegierungZ-schulen. — Unwissenheit. — Die Esfendi-Classe. — Arabische Gelehrsainkeit. — Mangel guter Voltsschulen. — Hospital. — Irrenhaus. — Innnoralität. Wie mit der Stadt, so ist's mit dem Innern der Häuser. Auch hier ist Alles „verschönert" nnd „eivilisirt". Die orientalischen Nandverzieniu-gen von Stuckatur nnd kunstvoller Schnitzerei werden als barbarisch mit europäischen Tafteten nbcrkleistert. Falsche Blumensträuße unter Glasglocken vertreten die Stelle einheimischer Kunstgegenstände. Die einfache orientalische Zimmerausstattuna., die der Lebensweise der Leute allein entspricht, wird verbannt. An Stelle der türkischen nnd persischen Teppiche mit ihren harmonisch gedämpften Farben kommen europäische Machwerke mit den intensivsten, schreiendsten Farbentönen, wie Zinnober, künstliches Ultramarin, Chromgelb u. s. w., die in Europa für „orientalisch" gelten, während der Orient znr Vlüthezeit gar kein einziges, nach unseren Begriffen „brillantes", d. h. intensives und ungebrochenes Farbenpigmeut besaß. Schwerfällige Möbel der schlechtesten Sorte kommen an die Stelle der Divanc, der kleinen Perlmnttcrtischchen nnd kunstvoll eingelegten Schreine. Alles dies ist den Leuten schrecklich unbequem, aber es ist „civilisirt", und die Parole ist von oben herab gegeben, daß die Aegypter sich civilisiren müssen. Schon dreimal wurde diese Parole von oben herab gegeben, unter Mehemed Ali, unter Said und in neuester Zeit unter Ismail. Eine „Re- 8 Europäer in Cairo, sonst und jetzt. form" wurde auf dic ander» gepfropft und was ist das Resultat'? Nun ja, ein Resultat läßt sich nicht leugnen. Der Fanatismus ist verstummt, wenn auch nicht verschwunden. Lesen wir frühere Berichte aus Aegypten, z. V. Niebuhr'Z: „Tie Europäer, selbst die Consuln, durften nur auf Eseln reiten und mußten absteigen, wenn ein vornehmer Moslem ihnen begegnete. Diesem lief ein Diener mit einem Knüppel voraus, der die Säumigen prügelte. Ein französischer Kaufmann wurde kurz vor unserer Ankunft zum Krüppel geschlagen, weil er nicht schnell genug abstieg. Bei 24 Ge-richtHäusern, bei den Casernen nnd einzelnen Moscheen dnrfte ein Europäer nicht vorbeireiten. Ins Quartier el Karafe, in die Nähe von Bad Na^r, in die von Sitt Zainnb dnrfte er gar nicht kommen." Das hat sich freilich gewaltig verändert. Jetzt ist eigentlich der Europäer der Herr der Straßen Cairo». Selbst des Khedive Vorläufer können nicht wagen, ihn unsanft auf die Seite zn schieben, während sie das Volk prügeln. Letzteres kann auch der Europäer ungestraft wagen und einzelne rohe Naturen treiben viel Mißbrauch damit. Selbst die Moscheen können mit Erlaubniß besucht werden, was weder in Tunis noch Marokko möglich ist. Cairo ist jetzt im Winter wie ein Weltbad geworden und bietet vielfache Vergnügungen, Theater, Spielbanken, in griechischen Kaffeehäusern gehalten, (^aty cliantant« n. s. w. Wenn der Khedive Bälle giebt, kostet ein Wagen oft 100 Francs, und doch finden fich Europäer, die es zahlen. Denn alle diese Freuden sind fast nur für sie. Ihr Hauptspaß sind die Corso-fahrtcn in der Schubra-Allee. Man ist erstaunt, die Menge eleganter Equipagen, geputzter Herren und Damen zu sehen. Unter letzteren sind auch viele Pariserinnen, die hier mitunter ganz ähnliche Fortnnen machen, wie im Quartier Bröda, und als reiche Damen Cairo verlassen. Die Europäer spielen in Cairo nicht dieselbe Rolle, wie in Alexan-drien. In letzterer Stadt stehen sie meist auf eignen Füßen, in Cairo sind sie alle, mit wenigen Ausnahmen, von: Khedive abhängig. Großer Reichthum findet sich nnr bei sehr wenigen. Der Krösus von Cairo ist, wie ich hörte, deutschen Ursprungs. Dieses Glückskind kam in wenig Jahren zu seinem Vermögen und zwar nicht durch Handel, sondern dnrch eine großartige Pachtung fürstlicher Güter. Der Vorgang ist bezeichnend für ägyptische Verhältnisse. Der Sohn und Erbe Abbas Pascha's fürchtete Confiscation seiner Güter durch Said, den ihm feindlichen Nachfolger seines Vaters. Davor konnte er sich mir schlitzen, wenn er diese einem Eu- Wahre und falsche Millionäre. 9 ropäer verpachtete. Er lebte in Constantinopel und verbrauchte dort jährlich weit mehr als feine Einkünfte. Daher zahlreiche Vorschüsse von Seiten des Pächters, dir sich, als der Prinz starb, auf mehrere Millionen beliefen. Das Erbe fiel zum Theil dem Staat anheiln. Said Pascha weigerte sich indeß anfangs, die Schnlden zu bezahlen und beschuldigte den Gläubiger des Betrugs. Dieser aber wusch sich glänzend rein. Er besaß nämlich l'ine Menge Blanco-Anweisungen, vom Prinzen signirt, die er unausgefüllt gelassen hatte. Said Pascha sah darin einen Beweis großer Redlichkeit, zahlte alle Schulden und schenkte dem Manu fein Vertraueu. Die Mehrzahl der für reich geltenden Europäer Cairo's ist es jedoch nicht. Sie verdienen viel, aber fie leben sehr kostspielig. Wer nicht ein glänzend montirtes Haus, zahlreiche Dienerschaft, elegante Wagen und Pferde, eine Loge in der Oper hat und überhaupt nicht Luxus macht, der gilt nicht für mehr, als ein kleiner Krämer. Alles dies kostet hier ungefähr das Vierfache, wie in Gnropa. Nicht als ob das Leben selbst theuer wäre. Es ist im Gegentheil billiger, als in Europa. Aber alles Europäische, jeder Luxusartikel wird mit Gold aufgewogeu. Ein Beweis: man verlangt für zwei möblirtc Zimmer oft 15») THIr. monatlich, und dabei sind sie elend möblirt. Im arabischen Quartier dagegen bekommt man für 14 Thlr. ein ganzes Haus. Diener in luxuriösen Häusern verlangen 40 Thlr. Monatslohn. Ein arabischer Bürger zahlt höchstens 7 Thlr. Aber Luxus, das ist die Parole, uud große Ausgaben geben hier eine Stellung. „Reich scheinen" ist deshalb eine Bedingung des Erfolges. Dieser beruht hier meist auf Geldgeschäften mit dem Staat oder der Daira (dem Privatbesitz des Khedive) und anf Lieferungen. Letztere erlangt man nicht rtwa durch solide Eigenschaften, sondern durch Beständigkeit im Anticham-briren, eine gewisse liebenswürdige Zudringlichkeit, Viele auch dadurch, daß sie sich bei Hofe „hänseln" lassen. „Den Hanswurst bei Hof spielet», das 'st auch eine Stellung in Cairo," sagte mir ein langjähriger Besucher dieses Hofes. Es schmeichelt dem Moslem, daß ein „eivilisirter" Europäer sich dazu hergiebt, Zielscheibe seines Witzes zu sein, der übrigens stets gut gemeint ist. Einem solchen wendet er auch im gegebenen Falle groftc Vortheile zn. Mitunter kommen allerlei Seltsamkeiten bei solchen Lieferungen vor. Es genügt nicht, daß der Staat fie verliehen hat. Man muß auch gute Freunde haben, die sie anbringen. Diese Vorsicht hatte ein großer Butter» 10 Gastfreundschaft des Vicekömgs. lieferant vergessen und fand sich dadnrch in der unangenehmen Lage, daß ein „Chemiker", der die Butter Probiren sollte, diese für gefälscht erklärte. In seiner Herzensangst lief er zu einem Frennde, von dem er wußte, daß er mit dem Chemiker gut stand. Dieser schlug ihm ein Comftagniegeschäft vor und Präscntirte nun die Butter unter seinem Namen. Und siehe da, die vorher für gefälscht erklärte wurde mm trefflich gefunden nnd die ägyptischen Soldaten bekamen sie zu essen. Manche dieser Lieferanten machen jährlich nur ein Paar Geschäfte, aber große, die so viel abwerfen, daß sie mit Luxus leben. Aber zu eigentlichem Reichthum bringen sie's nicht. Merkwürdig einträgliche Geschäfte machen auch die ersten Hotels, besonders seit der Khedive angefangen hat, Europäer dort frei zu halten. Für jeden solchen „Gast" zahlt er 60 Francs (1l> Thlr.) täglich. Die Bc-wirthung ist natürlich luxuriös. Jeder Gast hat das Recht, täglich so uud so viel Flaschen feiner Rothweine, Champagner u. s. w. zu trinken, wovon freilich die Damen, jungen Mädchen, denn oft sind ganze Familien zn Gast, wenig Gebrauch machen. Die Wirthe sehen diese Gäste sehr gern. Zur Zeit der Canaleröffnuug war iu den meisten Hotels von Cairo für selbst zahlende Oäste nicht unterzukommen, da der Khedive sie alle in Beschlag genommen hatte. Es war übrigens leicht eine Ginladungskarte zu bekommen. Man erzählte mir von einem deutscheu Handwerksburschcn, der ganz „abgebrannt" nach Cairo kam uud in großer Sorge war, wie leben. Da gab ihm Jemand den Rath, sich eine solche Karte zu verschaffen, was er auch that uud 14 Tage herrlich uud iu Freuden lebte. Er galt natürlich für einen „Schriftsteller". Es ist bedauernswerth, manche Europäer der bessern Art hier oft viel tiefer gestellt zu sehen, als andere. Der Orient ist eben ein Land, wo glänzende äußere Eigenschaften mehr gelten, als solide. Von Fachkenntnissen namentlich hat man hier die seltsamsten Begriffe. Der Europäer muß Alles verstehen, denkt man, und so ernennt man einen Chemiker zum Vorsteher einer Montirungscommission, einen Architekten zum Schullehrer u. s. w. „Hier übt Jedermann eine andere Profession, als die, welche er erlernt hat," sagte mir ein Kenner. Ganz so geht es mit den Aegyptcrn, welche die verschiedenen Vice-tünige in Europa studiren ließen. Giner dieser, den ich kannte, kam als geschickter Geometer von Paris zurück, nnd welches Amt erhielt er hier? Er wurde Vorsteher einer Strumpffabrik für's Militär. Im Ganzen gelten die, welche solide Kenntnisse errungen haben, weniger, als diejenigen, Guropäisirte Aegypter. 11 welche nlehr im Aeußern „von der Cultur beleckt" siud, fertig französisch Parlirm, sich elegant kleiden und fleißig im Antichambriren sind. Letztere bilden die „goldene Jugend". Sie finden meist ihre Verwendung bei Hofe, bei den europäisieren Großen oder im sogenannten „auswärtigen Amt", welches, da Aegyftten als Vasallenstaat strenggenommen keine äußere Politik treiben darf, blutwenig zu thun hat. Im Jahr der Canaleröff-nung hatte man jedoch eine ihrer würdige Beschäftigung gefunden. Damals war die Pariser Leichtfertigkeit ganz besonders hier im Steigen und man Mftfand das Bedürfniß, Offenbach'schc Operetten aufzuführen. Damit aber ja die wenigen Fellahs, die sich ins Theater verloren, etwas davon verständen, so ließ man die Texte durch die „goldene Jugend" ins Arabische übersetzen. Es wurde ein gräßliches Kauderwelsch zu Tage gefördert. Diese Literatur fand aber wenig Anklang. Die Aegypter empfanden danach kein „tiefgefühltes Bedürfniß". Es kam mir vor, als stelle man die in England und Deutschland Erzogenen weit den in Paris Gebildeten nach. Von ersteren, meist Ingenieuren, kannte ich mehrere, welche, obgleich durchaus tüchtig und im Dienst ergraut, es zu nichts brachten. Die in Deutschland Gebildeten sind größtcntheils Aerzte. Auch unter ihnen hatte ich Bekannte, die wahre Verbannungsposten, wie in Suakin, Dschedda, im Sudau einnahmen. Sie haben eben nicht den Schliff und der gilt hier Alles. Die in den ägyptischen Negierungsschulen Erzogenen haben in der Negel fast nichts gelernt, sich auch nur sehr oberflächlich „europa'isirt", obgleich sie natürlich, wie Alles, was nicht Fellah, Mollah oder Krümer ist, europäisch gekleidet sind. Sie sind sehr zahlreich, denn es giebt eine Menge Regierungsschulm, cine „OLolo pi-imairo", eine „6ooi6 ll68 g,rt8 6t M6-ti6r8", cine «cole lis cli-oit" u. s. w. Ich lernte viele der Nürschchen kennen, die hier ihre Erziehung genossen. Die Schulen sind nämlich zugleich Pensionate. In einigen Zweigen wird der Unterricht englisch, in anderen französisch ertheilt. Die letztere Sprache war von einigen Wenigen wirklich erlernt worden. Die sogenannten „Engländer" dagegen verstandeil kaum ein Paar Worte der Sprache. Die Jungen nannten sich nämlich untereinander „Engländer" oder „Franzosen". Ich kam einmal auf einer Eselsparthir nnter eine ganze Gesellschaft solcher kleiner „Engländer". Um ihre Kenntniß zn Prüfen begann ich ein englisches Gespräch. Die Jungen antworteten aber nur mit „Ja" und „Nein" und zwar ganz verkehrt, sagten mir aber auf Arabisch, sie Hütten alle schon 5 Jahr englisch 12 Die MM-Classe. getrieben, als ob das ein Trost sei, wenn man nichts gelernt hat. Der einzige, der mich verstand, war der Eselsjunge, der sein Englisch in den Straßen Cairos aufgeschnappt hatte. Es kann kaum anders sein, wenn man bedenkt, daft die Lehrer von Hause aus meist ganz andere Professionen getrieben haben, als die, welche sie lehren sollen. Sie sind anch der undankbaren Mühe satt, denn, ob etwas gelernt wird oder nicht, für sie hat es keine Folgen. Der einzige wirkliche Gelehrte, der hier war, der Aegyfttologc Prof. Vrugsch, gab sich viel Mühe. Da es aber seinen Schillern an aller Vorkenntniß fehlte, so mußte er anfangen, ihnen Elementarunterricht zu ertheilen und hatte wirklich die himmlische Geduld, dies zu thun. Die Aegypter sind übrigens sehr fähig und würden, bei gutem Unterricht, viel lernen. Alle in diesen Schulen Erzogenen gehören zur sogenannten Effcndi-Classe, die dadurch in Aegyftten eine ganz ausnahmsweise zahlreiche geworden ist. In der eigentlichen Türkei ist das anders. Dort ist „Effcndi" der Titel der Civilbeamten, den selbst höhere noch führen. In Negyftten ist aber der Titel in den letzten 15 Jahren so gemein geworden, daß ein höherer Beamter sich dessen schämen würde. Man verleiht einem solchen deshalb hier den militärischen Titel „Vey". Dadurch werden die Begriffe verändert. In Aegypten ist „Vey" stets mehr als „Effendi"; in der Türkei giebt es hochgestellte „Effcndis", die ganz ebensoviel, wenn nicht mehr find, als manche „Veys". So führte der Minister Fuad Pascha lange noch den Titel Gffendi, als er schon Gesandter war. Früher (1850) war dies auch in Cairo so. Jetzt ist aber die Effendi-Classe eine so zahlreiche und wenig achtbare, daß der Volksnumd sie „ein Dntzend für einen Pfennig" getauft hat. Wenn man es ernsthaft mit der Civilisirung Acgyptcns meinte, so sollte man damit anfangen, wirkliche „Voltsschulen" zu errichten, wo die Jungen zuerst ihre eigene Sprache nach rationellen Grundsätzen erlernten, ehe man ihnen französische Brocken beibringt. Aber mit den arabischen Schulen sieht es schlimm aus. Dort herrscht noch der alte Fanatismus, der verlangt, daß der Knabe erst den Qoran ftaftageimäßig auswendig wisse, ehe er etwas anderes lernt. Weiß er diesen auswendig, wozu immer acht Schuljahre gehören, dann erst kann er djc höhere arabische Schule, die in der Azhar-Moschce ist, besuchen. Diese hat einige tüchtige Gelehrte. Aber wie mir scheint, wird auch dort die Grammatik sehr unrationell betrieben. Ich kannte Schüler der Azhar-Moschee, welche Armenanstalten, Irrenhaus. 13 die Grammatik zwar auswendig gelernt hatten, fragte man sie aber nach dieser oder jener Form, so waren sie verblüfft. Sie mußten dann anfangen, das ganze Register abzuleiern. Die arabischen Werke über Grammatik sind auch meist so bänderreich und verwickelt, daß es wirklich eine Wohlthat wäre, wenn man eines unserer kurzen rationellen arabischen Lehrbücher übersetzen würde. Auch bei anderen öffentlichen Anstalten geschieht mehr Oberflächliches, als Zweckmäßiges. Man sprach mir viel von der Trefflichkeit des arabischen Spitals. Ich fand aber, daß sich Alles dort auf einige Paradezimmer beschränkte, die unter europäischen Aerzten stehe»:, und den Fremden gezeigt werden. Daher so viele optimistische Begriffe, welche Schriftsteller verbreiteten, die von Aegypten mir die officiellc Seite sahen und nicht mit dem Volk umgingen. Geht man aber unter dieses, so kann man jenen Optimismus nicht theilen. Betrachten wir z. B. die Armcn-anstalt in der Gema Tulnn. Dort liegt in einem halbverfallenen Gebäude Alles durcheinander auf schmutzigen Strohmatten, Arme, Kränkliche, Halbverrnckte u. s. w. Es ist ein Bild des Jammers und des Elends. Besuchen wir die Irrenanstalt in Bulaq, so sehen wir Schauderhaftes. Ich fand dort in einem schmutzigen Hof, in dem eine übelriechende Pfütze ftagnirte, einige zwanzig Verrückte, alle nackt, von Schmutz und Ungeziefer strohend. Dies waren noch die weniger Gefährlichen. Die Tobsüchtigen wurden wie wilde Thiere behandelt. Ein Arzt soll gar nicht in diese Anstalt kommen. In Bezug auf Moralität hat die „Ellroftäisirung" viel geschadet. Die alten orientalischen Laster sind keineswegs ausgerottet, nnr durch allen Unflath Enropas vermehrt. Im europäischen Viertel wimmelt es von Kneipen, die nur Aushängeschilder für Stätten des Lasters find. Dort treiben die „Wallachinnen" ihr Wesen. Für die Vornehmeren fehlt es nicht an „Hochstaplerinnen". Unter den Moslems ist die Zahl der Leichtfertigen Legion geworden. Auch viele frcigelafscuc Circassierinnen haben sich jetzt diesem einträglichen Gewerbe hingegeben. Sie sind sehr beliebt, denn sie gelten für Prachtstücke, die man früher nnr durch Kauf erwarb, jetzt aber „miethen" kann. Von jenem Vorurtheil gegen Europäer, das man noch in Tnnis und Dschedda findet, sind diese aufgeklärten Damen gänzlich frei. Sie kennen nur die Religion des Beutels. Auch giebt es eine Menge alter Weiber, die sich zu jeder Art von Vermittlungsgeschäft hergeben, selbst zu sehr heterogenen. Daneben blüht die Sitte der 14 Immoralität. Gefängnisse. Chauwals nach wie vor. Ihre Zahl ist keineswegs, wie About sagt, auf drei reducirt. Diese Wesen haben wirklich etwas Abschreckendes. Gs sind oft große, selbst gar nicht mehr junge Kerle, wie Frauen gekleidet und geschminkt, welche die erotischen Tänze aufführen, die beim weiblichen Geschlecht reizen können, hier aber nur Abscheu erregen. Man erzählte mir von einem Hohenpriester des Lasters, nnem Patriarchen der Kuppelei, welcher in einem Kaffeehaus der am Abbassiye-Weg gelegenen Vorstadt thront. Dieser soll für Geld selbst Kinder guter Familien verführen und verkuppeln und das Unglaubliche in diesem Fach leisten. Eine Schule des Lasters bilden auch die Gefängnisse, die übrigens schauderhaft sind, wo aber der, welcher Geld hat, sich doch Alles verschaffen kann. Viele Leute kommen wegen Erbärmlichkeiten, viele ganz unschuldig hinein, aber nicht wieder unschuldig heraus. Vor zwei Jahren wurde ein Polizeibeamter abgesetzt, der lange ungestraft die Gefängnisse zu schändlichen Zwecken ausgebeutet Hütte. Er lieft nämlich Personen, die er zu seinen Zwecken ausersehen hatte, die ihm aber widerstanden, unter irgend einem Vorwand einsperren, und da das Gefängniß alle Moralität untergräbt, so waren sie bald mürbe. U e g y p t e n. Drittes Capitel. Gin Besuch beim Khedive. Reichthum des Khedive, — Ucbertricbene Lobhudeleien. — Finanzmaßregel. — Verhältniß zum Sultan, — Das Kunzclgebet. — Zu^änglichleit dcs Vicekönia,s. — Vorzimmer. — Der ZeitunM>eamte. — Schwinden des Prästigium Frankreichs, — Audienz, — Gespräch über Landcultur, — Ein komischer Mißgriff. — Nachahmung wn Paris. — Fürstliche Familie. — Diencrfchaft. — Der Erbprinz. — VernUnf-Ua,e Ansichten/ — Andere Mitglieder der Familie. — Die Mutter dcs Khedive. — Die Wittwe Said Pafcha's. Wenn die persönlichen und Hofausgaben eines Fürsten den Maßstab für seine Wichtigkeit geben, so ist der Khedive der wichtigste der Welt. Seine Ausgaben übersteigen die des ehemaligen französischen Kaiserhofs, die doch in Europa für exorbitant galten. Freilich hat Aegypten in den letzten zehn Jahren seinen ohnehin schon großen Reichthum noch der Art vermehrt, daß selbst jene Ausgaben möglich wären, ohne das Land zu verschulden, wenn Ordnung existirte. Von einer solchen ist aber nicht die Nrde und so häuft man Schnlden auf Schulden. Nur die Daira, der ^rivatbesitz des Khedive, der sehr bedeutend ist, soll wenig verschuldet sein Und täglich anwachsen. Böse Zungen wollen behaupten, der Fürst verschulde absichtlich das Land und vermehre die Daira, da er trotz jenes Vertrags mit dem Sultan, welcher die Nachfolge feinem Sohne fichert, nicht an diese glaube. Jedenfalls ist der Khedive, von dem ja zur Zeit der Canaleröffmmg so viel die Rede war, geeignet, die Neugierde des Reisenden zu erregen, sei es auch nur, um die übertriebenen Lobhudeleien der Canalbesucher durch eigne Anschauung aufs richtige Maß zurückzuführen. Denn ein solcher Ausbund aller Vortresslichkeiten. wie ihn seine Gäste schildern, ist er denn doch nicht. Er ist aber anch nicht das G.gmtheil davon. Der Khedive ist 16 ' Verhältniß des Khedive zum Sultan. nicht besser und nicht schlechter, als ein anderer orientalischer Fürst. Daß er mehr für Europäer, unter denen viele Abenteurer, thut, als für sein Volk, und daß dieses Volk ärger wie je ausgesogen wird, ist Thatsache, aber er macht es nur, wie alle modernen 'orientalischen Fürsten. Natürlich weiß er selbst nicht viel vom Elend feines Volkes. Wer sollte es ihm sagen? Während ich in Cairo war, wurde eine Maßregel ins Merk gesetzt, wodurch viele hundert Beamtenfann'lien theils durch Entlassung, theils durch Herabsetzung der Gehalte in schwere Vedrängniß kamen. Ein Bekannter von mir berechnete die Summe, welche dadurch erspart wurde, und ein Paar Tage später wurde bekannt, eine Pariserin habe eben ein Geschenk von ungefähr derselben Werthsumme erhalten. Auf der einen Seite herzzerreißendes Elend, auf der andern sinnlose Verschwendung. Das ist Volk lind Fürst im Orient. Sonderbar ist das Verhältniß zum Oberlehnshrrrn, dem Snltan. Alle Paar Monate ein Conflict, den der Khedive durch Bestechung der Minister beilegen muß. Aber kaum ist er beigelegt, so tancht ein neuer auf. Es ist freilich kaum anders möglich. Denn stets kommen Handlungen der ägyptischen Negierung vor, die auf Unabhängigkeitsbestrebung gedeutet werdeu können. Die Zeitungen haben uns über die meisten dieser Handlungen berichtet. Aber noch nie hat eine von dein gesprochen, was vielleicht in Stambul am meisten böses Blut macht. Ich erfuhr es ganz zufällig und eben auch nur durch meinen Umgang mit den Einheimischen. Der Khedive hat nämlich das Kanzelgebct für den Sultan abgeändert. In der ganzen sunnitischen Welt, selbst da, wo der Sultan nur geistliche Autorität hat, betet man: „Gott erhalte unsern Sultan Abdulazlz." So lautete auch in Cairo noch vor wenig Jahren das Gebet. Jetzt hat man den Namen gestrichen und betet nur: „Gott erhalte unsern Sultan." Dieser Befehl wurde den Geistlichen durch die Polizei gegeben, so wenig Umstände macht man mit ihnen. Der Wegfall des Namens wird natürlich so gedeutet, daß man das Volk vorbereiten will, für „Snltan Ismail" zu beten. Hino iUac; irao! Dieser Umstand wurmt immer noch in Stambul und läßt sich dnrch keine Bestechung vertuschen. Umsonst betheuert der Khedive seine Unschuld. Man antwortet ihm: Warum wird das Kanzclgcbet nicht wieder hergestellt? Geistliche und Volk sehen diese Aenderung sehr ungern. Ich hörte sie sogar als gottlos bezeichnen. Alle Sunniten hängen eben an der geistlichen Autorität des Sultans, wenn sie auch seine weltliche oft keineswegs lieben. Palast des MMvc bei Bulaq. 17 Den Khedive in der Nahe zu sehen, ist nicht schwer. Er ist sich 'zu sehr bewußt, daß er persönlich einen gntcn Gindruck macht, mn Audienzen zu vermeiden. Anch ich kam zu einer solchen. Der Huf befand sich im Nilschluß beiVulaq, einem grüßen und nach dem, was ich sah, geschmacklosen Palast. Man fuhr bis dicht vor die innere Thür. Dort empfing mich der freundliche kleine Sekki-Pascha, der Kannnerherr, Veremunienmeister, das Hoffactotum des Khedive. Er führte mich in ein Vorzimmer, nm nun die Freuden des Antichambrirens zu genießen. Sie waren glücklicher Weise nicht vun langer Dalier, gaben mir aber doch Zeit zu allerlei Beobachtungen. Dieser Hof besitzt Alles, sogar einen Verbreiter vun Zeitnngsnach-richten, einem Beamten der „Agence Havas". Dieser, natürlich ein Fum-zose, verkündete eben im Vorzimmer, wu er sich mit sehr viel Selbstbewußtsein bewegte, einige kühne Unwahrheiten über den gerade schwebenden Krieg. Aber die ägyptischen Minister, die nm ihn herum saßen, hatten offenbar den frühern tiefen Respect vor Frankreich verloren und einige ironische Bemerkungen verriethen, daß der Glaube fehle. Mau sah, es war auch hier eine Herrschaft im Schwinden. Frankreich hatte in Aegypten lange den Ton angegeben. In Beziehung auf Moden, Sprache, Künste wird es ihn wohl anch behalten. Aber mit dem politischen Prestigium ist's vorbei. Als ich eingelassen wurde, fand ich den Khedive ganz allen: in einem Saal, der u. 1'NnM-o mit einer Menge steifer Sessel uud gerader Sophas moblirt war. Der Khedive hat mehr den tschertessischcn, als den türtischen Typus, was durch die Abstammung seiner Mntter erklärt wird. Nur seine übergroße Wohlbeleibtheit verräth den Türken. Sonst ist fein Gesicht fast regelmäßig, nicht häßlich, nicht ausdruckslos, feine Hantfarbe licht. Ein hellbrauner, etwas röihlicher, kurzgrschuittener Vollbart umgiebt das Gesicht. So ümge er steht, machl er einen guten Eindruck. Diefer wird vermindert, wenn er sich setzt, indem seine Eorpulenz ihn dann zwingt, die Beine etwas krumm zu halten. Er spricht geläufig französisch. Sem Lieblingsgespräch mit Unbe-tmmten ist über die Bodencultur. Er lennt sehr geimn die Beschaffenheit, die Producte, den Ertrag seiner Läudercien. Anch mil technischen Verbesserungen hat er sich beschäftigt. Manchmal hält er eine wahre Vorlesung über die Agrieultnr Aegyptens, und viele Enropäer, die sich nie mit diesem Gegenstand befaßten, haben schon von ihm gelernt. Ein Konsul sagte nur, daß er seine Haupttenutniß des Landes dem Khedive verdanke. Er ist übrigens kein Schwätzer, und vermeidet ^eilläufigleilen. Er Hal 18 Gespräck nut dein Khedive. sogar eine eigene Formel erfnnden, um eiu besprach, dav ihn fortreißen könnte, abzukürzen. Dann unterbricht er sich Plötzlich im vollen Redefluß mit der Formel: „osoi et cola etcetera", „dies und das und dasUebrige". Darin ist in der That der Inbegriff aller Dinge enthalten. Manchem Redner wäre diese Formel anzuempfehlen! Unser (Gespräch drehte sich unter Anderm auch mn die „Verschönerungen" Cairo's. Hier beging ich aus Unwissenheit einen großeu Verstos;. Ich bedauerte nämlich ganz naiv, daft die schönen großen Bäume des Es-betiye-Platzeö „abgestorben" seien und daß hier nur noch elendes Buschwerk wachse, das gar keiuen Schatteu werfe. Ich wusite nicht, daß diese noch sehr lebenskräftigen Bäume auf Befehl des Khedive ausgerissen nnd durch niedliche Bosquets ersetzt wurden waren, uin ein tleineö ,,«u^i'« ohne Schatten in einem schattrnbcdürftigen Lande mit Aufopferung schöner Bäume geschaffen, uon keiner geringern Hand bekommen, als von der des Herrn Hausmann in Person, der damalü noch in Paris absolut herrschte. Wie sollte etwas nicht für Aegypten passen, wav sich in Paris so schön aus-nahm'? Merkwürdig dabei ist, daß diese Bäume von den Iranzusen der ersten Repnblik gepflanzt worden warm, um nun, da sie emporgewachsen nnd den Stolz CairoZ bildeten, dnrch einen Franzosen des zweiten Kaiserreichs niedergerissen zu werdeu. Die Familie des Khedive besteht ans vier Söhne,; nnd sehr vielen Töchtern, wovon eine verheirathet ist. Der Schwiegersohn setzt ganz Cairo durch seinen übertriebenen Aufwand in Erstannen. Komisch ist es, welche Ehren schon fürstlichen Wickelkindcrn bezeigt werden. So fährt die kleine Enkelin des Khedive alle Tage in einer Staaksearosse allein mit einer europäischen Bonne spazieren, die steif wie Holz im Wagen sitzt und die kleine Prinzessin wie auf dem Präsentirtcller vor sich hinhält. Einen seltsamen Kontrast zu ihren orientalischen Herren bilden auch die englischen Kutscher und Jockeys des Hofes und der Großen, deren Livree europäisch hofmäftig ist. Es sind meist sehr gemeine rohe Bursche, die ihr Quartier in Bulaa, stets dnrch betrunkene Vrcesse in Unruhe versetzen. Und diese Kerle fahren jetzt die Damen dev Harem spazieren, denen sich früher kein Europäer auf Sehweite nähern dürfte! Daneben reitet ein jnnger Enuche, gewöhnlich der schönste, den man finden kann. Der älteste Sohn des Khedive. Taufik Pascha, soll nicht ohm' ,W)ig- Die ägyptischen Prinzen 19 teiteu sein. Man rühmt ihm nach, er habe die lächerliche Eivilisatious-komödie, wie sie jetzt in Aegypten ill Scene gesetzt wird, dnrch recht treffen Ironie gegeißelt. So soll er einmal seinem Vater gesagt haben: „Man scheint hier zn glanben, die Civilisation bestehe in Glacüehaudschu-heu nnd Pariser Moden, statt in Volksbildung." Er ist ein schöner junger Mann mit feingeschnittenen Zügen, fieht aber etwas blaß nud angegriffen ans. Diese Prinzen werden eben, tanm den Kinderschuhen eutwachsen, schon mit Gnar-lnd (weißen Sklavinnen) allznreich bedacht. Man scheint erotische Uebertreibung förmlich zur Vildnng eines orientalischen Jünglinge für nöthig zu halten. Der zweite Sohn, braun von Haut und unregelmäßig uon Zügen, aber im Aeußeru sehr geschniegelt, ist seiner geistigen Natur nach Passiv, sehr zu materiellen Genüssen neigend. Der dritte Sohn so!! der beste vou allen sein. Vielleicht ist dies auch ein Vorurtheil, das der Hof deshalb theilt, weil seiue Mutter eine Prinzessin war, während die anderen Söhne vou Sklavinnen sind. Er war zur Zeit iu England. Der vierte Sohn ist noch eiu Knabe, ein kleiuer Flcischklumpeu, den mau manchmal, von Eunuchen umgebeu, spazieren fahren sieht. Soust siud von männlichen Gliedern der Fürstenfamilie nur noch zwei in Aegypten, nämlich der Sohn Said Pascha's, der ziemlich schlecht behandelt wird, und cin Mnlatte, Sohn des Gründers der Dynastie uud einer Negerin. Dieser gilt kaum für ebenbürtig und ist ganz auf die Seite geschoben, obwohl er strenggenommen dieselben Rechte hat, wie alle Prinzen. Mnstapha, der Bruder, und Halim, der Vetter des Khedive, die ihm, als künftige Nebenbuhler seiner Söhue, besonders verhaßt sind (denn nach dem alten Gesetz gebührt einem von ihnen der Thron), zogen sich wohlweislich uach Eonstantiuopel zurück, und der Khedive taufte ihueu ihre Güter ab, damit sie ja nichts mehr hier zu thun Hütten. Zahlreich sind die weiblichen Mitglieder der Familie. Unter diesen ist anch die Mutter des Khedive, die noch sehr lebenslustig sein soll. Man erzählt sich allerlei Iutrigneu von ihr. Die Wittwe Said Pascha's soll vou großer Schönheit sein. Man sagt, der Khedive habe ihr oft die ^he angeboten, aber umsonst. Diese Dame ist sehr reich. Sie wirft Manchmal Geld unter das Volt nnd zwar werthvolleres, als der Khedive selbst, der dies auch zweimal jährlich thut. 2* Aüdarabisches in Kegypten. Viertes Capitel. Eine Eolonie von Hadrami in Cairo. Handel Cairo's mit Arabien. — Die Hadrami, — Aorurtheile gegen sie. - Ein arabischer Krösus, — Einfluß der Europäisirung. — Seltsames Mißverstand-niß. — Der todte und der lebende Schech, — Ein Moslem als Freimaurer, — Europäische Schurkerei, — Der Schech der hadrami. — Das Wirthshaus der Doaner, — Physiognomien der Eüdaraber. — Ihre Lebhaftigkeit. — Sonderbarer Empfang. — Man halt mich für Wrcdc. — 'Nbd el Hüd. — Mitteilsamkeit der hiesigen Dü'aner. — Bestätigung der Wrede'schen Berichte, — Seltsame Steuer- cintreibung. Es ist beachtenswerth, welche Rulle Cairo, obgleich es durch den Suezcanal zli einer vom großen WclthandclsN'eg lluberührteil Sackgasse geworden ist, dennoch furtfährt, bei Arabern zu spielen, namentlich bei den ächten, d. h. den Bewohnern der arabischen Halbinsel. Für sie gelten Alerandrien und der Suezcanal einstweilen noch nichts. Cairo ist nach wie vor ihr Emporium und eigentlich auch der nördlichste Punkt, wo fich eine Colonie ächter Araber findet. Namentlich ist es Hadramaut (im wei tern Sinne) welches seiue handelsbeflisscnrn Söhne hierher sendet. Tic Hadrami sind die Phönicier Arabiens, die Handelstalente. Man findet sie überall. Sie wissen Gcld auch ohne Capital zu machen. Crosier Fleif',, Ausdauer, Speculationstalent machen selbst einen Armen mit der Zeit zum Htanfherrn. In ihrem Vaterland ist Geld nicht zu Hause. Arm kommen sie nach Dschedda, vou wo viele nach Cairo gcheu. Aber immer haben sie m Dfchedda einige Jahre geweilt, ehe sie kommen. Sie halteu sich stets zu einander und grupftiren sich um eineu ihrer wohlhabendereu Laudsleute. Die audereu Araber wollen meist nichts vou ihuen wissen. Es besteht gegell sie ein ^ulurtheil, etwa wie es in Curopa unter christlichen Kalif- Gin lebender und ein verstorbener Sckech. 21 leuten früher gegen Juden bestand, d. h. sic sind den Leuten zn klug. Nicht als ob sie unehrlich wären. Da man aber sieht, das; sie mit nichts anfangen nnd wohlhabend werden, so denkt der Cairiner Kaufmann, daß diese Wohlhabenheit ans seiner Tasche stammt, natürlich oft mit Unrecht, denn der Handel erzeugt ja neue Werthe und ist nicht wie eine Spielbank, wo der Eine nur durch den Verlust des Andern reich wird. Selten kommt es vor, das; ein nicht ans ihrem Lande stammender Kaufmann den Mittelpunkt einer Colonie von Hadrnmi bildet. Dies war aber dennoch der Fall bei meinem Bekannten, Schech 'Abd cl Kernn el Kabelt, der, wie der Name sagt, aus Kabul stammte, aber mit den Hadrami durch Vcrschwägcrung verbunden war und jetzt als zu ihnen gehörig angesehen wurde. Er war sehr reich und hatte sein Vermögen in kürzester Zeit gemacht durch eine waghalsige Speculation, wie sie sonst Moslems selten nnternehmen. Er hatte nämlich sämmtliche Transportartikel einer großen Karawane in Arabien angekauft und wäre ruinirt gewesen, ohne die Vamn-wollkrisis in Acgypten, die Plötzlich alle Preise auf eine früher nicht geahnte Höhe hinaufschnellte. Er brachte seine Waaren nach Cairo, wo er die fabelhaftesten Preise dafür erhielt. So stand er plötzlich als Krü-sns da. Ich hatte ihn früher in Dfchedda gekannt, als er noch eine bescheidene Existenz führte. Neugierig, zn sehen, welche Veränderung der Reichthum bei ihm erzeugt habe, befahl ich einem der in Cairo unvermeidlichen Esels-jnngen, mich zu Schech 'Nbd cl Kernn zn führen. Dies gab zn einem tomischen Mißverständniß Anlaß. Statt in das Waarenhaus, brachte man mich Uor eine Heiligencapclle. Nichts vom Mißverständnis; ahnend, dachte ich, mein Bekannter sei vielleicht dort im Gebet begriffen, nnd wartete, bis er herauskommen würde. Nach langein Warten ungeduldig, bat ich einen eben Herauskommenden, er möge dem innen weilenden 'Abd rl Kernn sagen, ich erwarte ihn hier. Aber da kam ich schön an. Der Araber sah mich verblüfft an. Dann, wie vom heiligen Zorn über meine gottlose Zumuthnng ergriffen, rief er: „Schech'Abd el Kernn steht nicht ans seinem Grabe auf, um zu einem Christcnhund zu kommen." Also mein Bekannter war verstorben? So dachte ich anfangs. Bald aber löste mir ein vorübergehender Hadrami das Räthsel, der stehe»! blieb, nm dein Skandal, der im Nn Volksmassen um mich gesammelt hatte, zuzuschauen. Er kannte den lebenden Schech 'Abd el Kernn und führte mich zu ihm. Das Miß-Verständniß rührte daher, weil man in Cairo vorzugsweise Heilige, lebende 22 Ein arabischer Freimaurer. oder die Grabcapellen Verstorbener, nicht aber Kaufleute „Schech" nmnt, wie in Dschedda und Hadramaut. Ich >uar an die Grabcapelle eines solchen Längstverstorbeneu gerathen, der auch Schech 'Abo el Kerüu hieß. Mein Bekannter war in seinen Manieren noch immer der alte, freundliche, bescheidene Mann. Aber sein Aeußeres war sehr verändert. Er sah jetzt aus wie ein Engländer, nahm sogar im Hause das Fes ab, was der Moslem sonst verabscheuungöwürdig findet. Dies erklärte er dadurch, er sei jetzt englischer Untertlinn und sogar Frammason (Freimaurer) geworden. Ersteres nahm ihm Niemand übel, denn ein Moslem muß Unterthan einer europäischen Macht werden, wenn er seinen Besitz vor der Raub-sucht der einheimischen Behörden (die Regierung erhebt voll reichen Unterthanen ZwangSdarlehen, die oft deren ganze Habe ausmachen) schützen will. Das Freimaurerthum aber gilt für eine grosie .Ketzerei. Von einem Freimaurer kann man sich Alles, selbst des gottlosen Hutabnehmens versehen. °Abd el Kerün, der Millionär, hatte übrigens eine wahre Spelunke zum Bureau. Dort verbrachte er seine Tage und nur die Nächte in einem Prachtvollen Haus, wo seine Gattin, eine ssircassierin, wohnte. Er war so vornrthcilslos, daß er auf Reisen in Europa diese Gattin mitnahm und sie europäisch kleidete, also auch ohne Gesichtsverhüllung. Dennoch verstand er kein Wort einer europäischen Sprache. Dadurch kam er oft in Gefahr, bestohlen zu werden. So hatte er zur Kriegszeit französische Rente gekauft, aber, mit der ächt arabischen Vertrauensseligkeit, sich von seinem europäischen Agenten keine Quittung geben lassen. Dieser Schurke läugnete nun den Empfang der Summe und der Schech besaß kein Rechtsmittel gegen ihn. Dadurch verlor er etwa hunderttausend Thaler nnd noch viel mehr, wenn man den jetzt höhern Preis der Rente veranschlug. Im Handel der Araber geht eben Alles auf Treu und Wort. Betrug ist fast unbekannt. Darum muß jeder Moslem schweres Lehrgeld zahlen, wenn er mit Europäern Geschäfte zu machen beginnt. °Abd el Kcrim bildete den Anziehungspunkt für eine kleine Schmarotzer-schaar, klein aber gewühlt, die nur aus den angesehensten Hadrami bestand. Unter diesen glänzte ein altes spindeldürres Männchen, mit einem spinlichen weißen Ziegenbnrl, sehr marlirten semitischen Zügen und von einer sprudelnden Lebhaftigkeit, die alle meine Erfahrungen überstieg. Er überhaspelte sich förmlich im Gespräch und dieses wollte nie cndcu, wurde aber in Andacht angehört, denn der Alte war eine locale Größe, nämlich der Schech aller hier lebenden Südaraber. Er richtete sie, administrirte sie, Das Witthcchaucl der Hadrann, 23 zag ihre Stenern ein, prügelte sie, Alles theile mit, theilv ohne Erlaubniß der Regierung. Ich fragte ihn nach seiner Heimath nud erfuhr die interessante Thatsache, daß sowohl er wie alle seine hier lebenden Landslente ans einer nnd derselben, engbegriwztcn Landschaft, nämlich ans dem Wadi Do an in Vilad Veni ^Iea seien, dem Nrisegebiet Wrede's, das mich so vielfach interessirte. Man kann sich denken, daß ich die Bekanntschaft mit Schech Calah (so hieß er) cultivirte, nm so mehr, als sie mir die Aussicht eröffnete, noch andere Mitglieder der hiesigen Do aner-Colonie kennen zn lernen, von denen viele ihre Heimath erst vor kurzem verlassen hatten. Ich verabredete deshalb eine spätere Zusammenkunft, bei der er mich mitten in den Kreis seiner Schutzbefohlenen einführen sollte. Nach üblicher arabischer Gewohnheit fand der Schech sich mm allerdings nicht znr anberaumten Zeit ein. Die Zeit hat keinen Werth für den gläubigen Moslem, nnd genaue Stunden einzuhalten ist ihm etwa5 ganz Unbekanntes. Aber als ich schon dac-auf verzichtet hatte, jemals wieder etwas vom Schech (>alal) zn hören, erschien einige Tage später Plötzlich sein von ihm abgesandter Neffe, nm mich abzuholen und in den versprochenen Kreis einzuführen. Ich fand die Leute in einem Otäle (Wirthshans), gleichfalls im Qnarticr der Gemaliyn. Es waren lauter merkwürdig charakteristische nnd dnrchans edle Gestalten, das ächte Blnt Arabiens, sehr verschieden ebensowohl vom Aegypter, wie von dem mir so wohlbekannten Maghrebiner. Haben die Aegypter einen grobknochigen Körperban, breite, runde Gesichter, kurze stumpfe Nasen, große Augen, dicke Lippen, großen Mund, breiten Brustkorb, starken Vanch, ziemlich große Hände und Füße, röthlich-braune Gesichtsfarbe, su zeichneten sich dagegen diese ächten Araber durch eine ganz auffallende, aber keineswegs unmännliche Zierlichkeit aller ihrer Gliedmaßen, dnrch längliche, aber im Ganzen eher kleine Gesichter, durch feingebogene Adlernasen, mitt^ lere, aber außerordentlich lebhafte und feurige Augen, feine, düune Lippeu, einen kleinen, zierlichen Mnnd, einen dnrchauö muskelkräftigen, sehr wohlgebildeten, aber nicht im Geringsten zur Fettbilduug neigenden Körper, kleine, oft auffalleud medliche Hände nnd Füße, endlich dnrch eine ins Oliven-braune spielende, sehr schöne Gesichtsfarbe aus. Der Bart war bei Alleu sehr spärlich, aber ihr ganzes Wesen war so kräftig, sehnig und energievoll, daß sie trotz dieses Mangels einen sehr männlichen Eindrnck machten. Den größten Contrast gegen die Aegypter bildete ihre nberspmdclnde Lebhaftigkeit. Beim Sprechen funkelten, ja blitzten gleichsam ihce Augen. Alle 24 Verwechslung mit Wredc. Worte wurden niit seltener Energie hervorgestoßen. Die Unruhe ihres ganzen Wesens, dieser ächt beduinischc Zug, gab sich besonders dadurch kund, daß sie keine Viertelstunde ruhig dasitzen tonnten, während sonst die Moslems im geduldigen Dasitzen das Unglaubliche leisten. Mein Empfaug war anfangs ein sonderbarer und beruhte ans einem kölnischen Mißverständnis;. Ich hatte nämlich so viel Bekanntschaft mit ihren, Vaterland verrathen, welche ich dem Werte Wrcde's verdankte, daß die Doaner nicht anders glaubten, als ich müsse ihr Land bereist haben, und, da kein Europäer außer Wrede je dort war, ich müsse selbst dieser Wrede sein. Die meisten der Anwesenden waren zu jung, um Wrede, der vor 27 Jahren reiste, gekannt zu haben, und der Schech selbst war damals schon in Aegyfttcu gewesen. Da nun Niemand sie eines Bessern belehrte sdenu meine Protestatiouen wurden einfach nicht geglaubt), so blieben sie dabei, mich'Abo el Hnd (der angenommene Name Wrede's) zu nennen, und zwar so lange, bis ein anderer von ihren Landsleuten, ein Mann von etwa 50 Iahreu, hereintrat, der gleich an der Thür schou rief: „Wo ist dieser °Abd el Hüd? Ich habe ihn in Hadramaut gut gelaunt." Als man nun mich bezeichnete, nahm er mich scharf ins Auge, und sagte dann: „Das kann vielleicht ein Sohn von 'Abo el Hüd sein, aber dieser selbst, wenn er noch lebte, müßte ja jetzt im Grciseualtcr stehen." Dadurch war ich auf einmal in den Augen der Do aner so zu sagen rehabilitirt, denn da Wrcde als Moslem reiste, ohne Moslem zu sein, da er ihr jedem Andersgläubigen streng verschlossenes Land in Folge eines im Grunde heroischen, aber bei diesen Fanatikern als gotteslästerlich verdammten Wagstückcs betrat, so waren sie anfangs keineswegs übertrieben freundlich gegen den gesinnt, welchen sie für Wrede hielten. Jetzt wnrden sie alle sehr freundlich. Sie freuten sich sichtlich, daß ich Iutcresse an ihrem Lande nahm, wuudertm sich zwar immer wieder von Neuem, so oft ich eiue gewisse Kenntniß desselben verrieth lund dies war mir eine sehr werthvolle Bestätigung der Wahrhaftigkeit Nrede's), warm aber doch zugleich gern bereit, diese meine Kenutuiß noch zn vermehren. Gewöhnlich sind die Araber mißtrauisch, wenn man sie über ihr Land ausfragt. Dies war jedoch bei diesen To anern gar nicht der Fall. Im Gegentheil, viele derselben forderten mich geradezu auf, die Namen ihrer heimathlichen Ortschaften aufzuschreiben, ja einigemale nahmen sic mir sogar das Notizbuch ans der Hand und schrieben selbst diese Namen ein. Auf diese Weise erfuhr ich wirtlich Mancherlei, was sich selbst im Wrede'- Der Sultan von lshorebe. 25 schen Werke nicht findet, z. B. die Namen und anch ziemlich genau die Lage einiger kleinerer Ortschaften, die nnser Landsmann nicht erwähnt, aber im Ganzen wnrde mir Alles beinahe haarklein bestätigt, was Wrede anssagt. Seine früher mehrmals beanstandete Glaubwürdigkeit^) steht jetzt außer allelll Zweifel. Selbst einige abenteuerlich klingende Geschichten und Sittenerzählungen, die sich bei ihm finden, sind nur die getreue Wiedergabe der Wahrheit. So berichtet er dun der von Zeit zn Zeit stattfindenden Beschießung der Stadt Chorebe dnrch deren eigenen Sultan, der auf diese Weise die Steuern zu erpressen Pflegt. Die meisten dieser Do aner waren ans Chorebe selbst, der bedeutendsten Stadt des Wadi Do an, nnd bestätigten, daft ihre Vaterstadt fast allmonatlich eine folche Beschießung von Seiten ihres gütigen Landesherrn zu erdulden habe. Ein anderes Mittel, die Steuern einzutreiben, sei gar niemals im Gebrauch gewesen. Man sei an diese Füsilladen, denen immer Menschen zum Opfer fielen, schon so gewöhnt, daß man sie gar nicht mehr beachte, und erst, wenn einige Leichen das Resultat bildeten, ans Stcucrzahlen denke. Dieser Snltan ist in allerneuester Zeit vom Neglb von Makalla besiegt, gefangen und Chorebe erobert worden. Die Do ancr verglichen ihn scherzweise mit Napoleon III., der damals auch Gefangener war. Sie sangen ein politisches Liedchen zu Ehren des Siegers, das sie ihre „Marseillaise" nannten. Merkwürdiger Weise wußten sie viel von europäischer Politik. *) Man hat IN neuester Zeit auch aus dein Umstand, daß Wrede behauptet, den Namen ,/Nbd clHüd" geführt zu haben, einen Grund zum Zweifel an feiner Glaubwürdigkeit abgeleitet. Dieser Name ist nun freilich sowohl grammatikalisch (denn es müßte "Abd Hüd, ohne Artikel, heißen) als auch dem Sinne nach unrichtig, de,in man setzt nur den Namen Gottes den: ,/Abd" nach. Das beweist jedoch nur, daß Wrede kein geschulter Arabist war. Heut zu Tage sind aber auch die meisten Araber so ungebildet, daß sie sich nicht an diesen Fehler stoßen, denn Viele hörte ich diesen Namen ganz unbefangen wiederholen. Sie dachten aber dabei nicht an den Propheten „Hüd", sondern hielten „el Hüd" für eines jener uiclen Prädicate der Gottheit, welche die wenigsten Araber alle gehört haben. Keise nach-Arabien. Fünftos llapitri. Von Cairo nach Dschedda. Vorbereitungen znr nrabijchen Nl'eise. — Utcnsilicn. — Diener. — Trefflichteit der nulnschen Dienstboten. — Unehrlichkcit der Nessypter, — Versorgungsweifc mit Geld. — Ein Mißgriff, — Der ränberifchc Diener. — List, um einen Widerwärtigen zu entfernen. — Eisenbahn von Cairo mich Suez, — Hotels iu Suez. — Vera.ntia.un-gen in Suez. — Das Kaffeehaus. — Die Spielbank. — Originelle Weist, Kunden l>erbeiznziehen. — Wirkliche und ana,cbliche Griechen. — Eine Spil>bubrnbande. — Schwindel nnt Steuer, Quarantäne und Telegraph. — Die Dampfschisfsqcsrllschaft. — Sonderbare Matruscn. — Der <5ommandar. — Zurückgesetzte Ofsicicre. — Unl-ständlichkciten beiin Billetvertnuf. — Paßplackereien. — Nügerechte Behandlung der Vin<;cburnen, Es ist möglich, daß dk'scs Vuch lNlch einmal in dic Hältd,.' cincö Mcmncs gcräth, dcr eine ähnliche Ncise vorhat. Daruni will ich vorausschicken, was Alles zu einer solchen nöthig ist. Ein vollständiger Kochapparat, Tischzeug, ein Neisebett, ein Moökitonetz, zwei Neisestnhle, vor Allem aber ein Reisetisch, denn ohne Tisch wird sich der schreibselige Europäer bald unglücklich fühlen, und in Arabien ist eilt Tisch etwas Unbekanntes. Will man Wein tnnlen, so nehme man seinen sämmtlichen Bedarf mit, denn am ganzen Nöthen Meer (außer Suez) bekommt man nichts als sftiritnsartigen Vranntwein oder ein schändliches Präparat, das „griechischer Wein" betitelt, aber von den Vrcmntwcinhändlem in Dschedda oder Massauwn fabricirt nnd dann nnt dem Namen irgend einer griechischen Insel, wie Samos oder Cypcrn, getauft wird. Meistens heißt er „Commandäri", ist es aber nicht, denn der wirkliche Commandari ist ein guter, Malaga-artiger Weilt. Das gefälschte Getränk ist widerlich süß, sehr start und erregt oft schon nach dem erstell Glase Uebelteiten. Aegyptisäie mid nudische Diener. 27 Außerdem sehe man sich mich einem guten Diener „für Alles" nm. Er lnuß kochen, Zelt aufschlagen, Belt »lachen, packen, Zimmer reinigen n. s.w. können. Man nehnie nur nicht mehrere, denn unfehlbar wird der eine „Hammer", der andere „Amboß" sein und letzterer dann duch allen Dienst für den andern thnn müssel,, der schließlich bloß noch „znr Zierde" da sein wird. Ich meine das natürlich fnr solche, die nicht mit „Staat" reisen wollen. Denn wer letzteres will, der schleppe su viele Fnnllenzer mit sich, als er Lust hat, erwarte aber anch von ihnen nichts, als daß sie ihm dnrch ihre glänzende Erscheinung „Ehre" machen. Hie Regel ist im Orient, daß wenn man viele Diener hat, diese alle zusammen nicht so viel thun, als ein einziger, der tüchtig ist. Einen tüchtigen Diener findet man in Aegypten fast nur unter den Nubicrn (vul^u Verberiner). Sie sind intelligent, rührig, geschickt im Kochen nnd in allen Hantierungen und dabei respectvoll. Alles dies ist der ächtc Aegypter in viel geringerm Grade. Letzterer hat sogar eine große Neigung, unverschämt zn werden, und man muß ihn beständig an seine Stelle verweisen. Der Nnbirr dagegen zwingt seinen Herrn fast nie zum Tadel. Meine Erfahrung im Orient ist nicht gering. Ich habe es mit Leuten von verschiedensten Cunfessioneu, Stämmen nnd Hantfarben versucht, aber erst eine „Perle" von einem Diener gefunden, als ich einen Nubicr in meinen Dienst nahm. Der Lohn, den die Cairiner Diener vom Europaer beanspruchen, ist nicht gering. Aber man feilsche hierbei nicht. Ein geschickter Diener wird selten für wenig mitgehen nud, wenn er es thnt, sich durch Vetrug entschädigen. Zahlt mau aber den Nnbier gut, so wird er nicht betrügen (der Aegypter wird es stets), und der hohe Lohn wird schließlich noch als eiue kluge Finanz-maßregel erscheinen. In allen Hafenorten des Nöthen Meeres findet man freilich für viel geringern Lohn Diener, als in Aegypten, oft für ein wahres Spottgeld. Aber sie sind nur für den branchbar, der sich anf's „Abrichten" verlegen will. ^ Wein die Geduld fehlt, den Pagcnmeister zu fpielen, der hüte sich vor ihnen. Endlich, Wichtigstes von Allem, nehme man recht viel baares Geld mit, und zwar in Maria-Theresia-Thalcrn. Creditbriefe helfen gar nichts, denn in den meisten Fällen sind die Handelshäuser, an die sie gerichtet sind, so nnbedentmd, daß sie nicht zahlen können. Sehr oft wird man finden, daß sie dein Bankerott nahe sind, denn alle diese Häuser sind ephemere Erscheinungen. Reiche Enroftäer giebt es am Rothen Meere nicht. Ein Vantbillet hilft anch nichts. Will man es gewechselt haben, so muß 28 Unzumriäßlichkoit der Aeqypter. es ebeu nach Argypten zurückgeschickt werden, lind dann lommt daö l^eld oft erst nach einem Jahre. Alle diese Vorbereitungen hatte ich als „erfahrener" Neismoer in Cairo getroffen. Nur ftassirte mir in Snez ein Versehen, welchev zeigt, wie wenig selbst oft die schwererrungcne „Erfahrung" nützt nnd wie wir wieder nnd immer wieder Lehrgeld zahlen müssen. Ich ließ mich nämlich dort bereden, zu meinem trefflichen nubischen Diener, der den majestätischen Namen'Abdulmedschid führte, noch einen zweiten zn nehmen, was ich schon am folgenden Tage bereute, aber leider waren wir an diesem bereits unterwegs nach Dschedda. Der Kerl mußte also einstweilen behalten werden. Dieses Exemplar von einem „wohlempfohleuen" Diener war ein Araber aus Suez, Hamed mit Namen, der zwar alle guten Eigenschaften zeigte, so lange wir noch am Land waren, er also noch entlassen werden tonnte, aber sich als ein Ausbund aller Niederträchtigkeit entpuppte, sowie das Schiff uuter Dampf kam. Mein armer Nubier wnrde bald von ihm alö Helote behandelt, mußte Alles allem thuu und Monsieur Hamed benutzte seine Muße dazu, Bekanntschaften mit den frommen Pilgern anzuknüpfen, die mit uns reisten, nnd sie mit meinen Vorräthm zu traetiren. Unter meinen Hühnern brach plötzlich die Cholera aus, denn täglich berichtete mir Hamed omn natürlichen Tode des einen oder des andern, das er zu seinem Leidwesen „ms Meer werfen mnßte", nnd ich erfuhr erst später durch Zufall, daß er sie den Pilgern geschenkt und mit ihnen verspeist hatte. Einer von diesen Pilgern war nämlich naiv genug, sich bei mir für das Oefchenk der „schönen fetten Hühner" zu bedanken. Das Unglaublichste leistete er bei Ankäufen. In Suez hatte ich mich schon gewundert, daß man für vier Thaler nur ein wenig Gemüse bekäme. Aber in Mmbo sollte ich noch etwas Schöneres erleben. Ein mitreisender Enropäer bat ihn nämlich, ihm doch von der Stadt ein Paar Kerzen mitzubringen und gab ihm einen Thaler mit. Dieser Thaler ging ganz auf. Die Kerzen waren in H)ambo thcner uud man bekam für einen Thaler nur zwei Stück. Ebensoviel kostete ein Pfund Hammelfleisch. Ich selbst kaufte freilich au, folgenden Tage in eben diesem Yambo zehn Pfund für einen Thaler. Aber das von Hamed getaufte war von feinerer Qualität! Monsieur Hamed trug doch ein wenig zu dick auf, um lange behalten zu werden. Um mit ihm abzuschließen, will ich schnell noch berichten, wie ich mich seiner entledigte. Durch bloßes Wegschicken wäre dies in Dschedda gar nicht auszuführen gewesen. Er hätte Gsenbahn vun (^airo nack Suez. 29 sich dann einfach versteckt, bis das Schiff nach Suez abgegangen wäre. Ich Hütte consulansche Hülfe, Cuwasfen und Gott weiß welche Gewaltmittel noch anwenden müssen, mn ihn sicher anf's Schiff zu bringen. Außerdem ist in dem faualischeu Dschedda jeder Conflict eines Europäers mit einein Moslem (auf den Stand des letztern kommt es dabei gar nicht an) mißlich nnd lnuß vermieden werden. Wurde doch einer meiner Bekannten beinahe todtgrschlagcn, weil er einen Streit mit seinem Thürhüter hatte. Letz^ terer war freilich ein Said. Aber auch Hamcd war schrecklich fromm, fastete streng und verachtete, ja schimpfte beständig den Nnbier, weil dieser vom Privilegium, ans Reisen nicht zu fasten, Gebrauch machte. Die „frommen" Leute sind stets die gefährlichsten. Nur durch List konnt!' ich mich feiner entledigen. Eine treffliche gab mir mein Hansherr an die Hand. „Haben Sie nicht einen Koffer in Suez stehen lassend" „Gewiß, sogar zwei," antwortete ich. „Nun, so schicken Sie Hamed dorthin, nm ihn zu holen." Hamed biß wirklich auf diesen Zopf an. Es versteht fich von sclbst, daß ich ihm einen Brief an den norddeutschen Consul mitgab, in dem ich diesen bat, dem Kerl seine Entlassung aus meinem Dienst anzuzeigen. Diese List gelang vollkommen und Hamed nahm sic mir nicht einmal übel, denn als ich ihn später in Suez wiedersah, meinte er, es sei nicht gnt, einem „listigen" Herrn zu dienen, lachte aber dabei. Jedoch znrück zur Reise. Von Cairo nach Suez fährt man recht schlecht nnd recht langfam auf der vireköniglichen Eisenbahn, deren Wagcn sämmtlich schadhaft, oft halb zerbrochen, staubig nnd sehr schmutzig sind, denn anch hier macht sich der orientalische Schlendrian geltend. Der Orientale giebt viel Grld für Neues, gar keines aber für Reparaturen aus, und so ruinirt er bald Alles. Halbwegs bekommt man fnr 2 Thaler ein sogenanntes Frühstück, allen denen zu empfehlen, die sich gern Zähne ansbei-ßc-n. Seit der Cannleröffnung hat man die directe Bahn zwischen Cairo und Suez anfgegeben, auf der man in 4 Stunden den Weg zurücklegte. Jetzt muß man eigentlich halbwegs bis Mxanorien znrück fahren, nnd Schnellzüge giebt es nur von Alerandrien, nicht von Cairo nach Suez, und zwar auch nur einen wöchentlich. So währt die Fahrt jetzt über das Doppelte ihrer frühern Dalier. Das ist anch eine Errnngcnschaft der Civilisation nnd des Surzeanals! In Suez c-mpfchlc ich allen dmen, die gern rc-cht schlecht nnd recht 30 Spielbanken in AeWpten. theuer wohnen und denen znm Diner Kohlsuppe, ausgekochtes Fleisch und Käse genügt, das französische Hotel, in dein ich die erste Nacht abstieg, weil das englische überfüllt war. Wer aber, ehe er überhaupt von (Rasthöfen Abschied nimmt, wie ich es bald thnn sollte, noch ein wenig Comfort genießen will, der gehe iu letzteres, das freilich auch nicht billig (5>^ Thlr. täglich ohne Wein), aber doch nach hiesigem, für Europäer im Orient gültigen Maßstab verlMtnißmäßig preiswürdig ist. Für Vergnügungen ist vielfach iu Suez gesorgt. Sie sind allerdings nicht sehr unschuldiger Natur, aber ganz dem europäischen, etwas oaga-bnndcnartigen nnd nicht sehr gewissenhaften Publienm entsprechend, das sich in diesem verworfenen Neste herumtreibt. Den Hauptanziehungspunkt bildet das ,,(^t'5 cinm^mt" eines kriechen, dessen Heldinnen Französinnen sind, meist etwas abgelebte aber sehr herausgeputzte Damen, die schon anderswo viel Glück gehabt oder verscherzt haben mögen. Jedoch dieses bildet eigentlich nur das Aushängeschild. Der wahre Anziehungspunkt befindet sich hinter einem rothen Vorhang, den wir lüften, um in ein Ne-bengemach zu gelangen, wo wir mit — der Spielbank Bekanntschaft machen. Diese wird von einem Griechen gehalten, der dadnrch gute Geschäfte macht, und, wie man mir sagte, „sehr ehrlich" sein soll. Alle Spieler schienen nur freilich zn verlieren. Aber wo wäre die Spielbank, wo das nicht geschähe? Früher, als noch am banal gebaut wurde uud mehr Europäer hier waren, machte ihm eine zweite Vauk ssuucurrenz. Ein edler Wctttampf eutspauu sich zwischen beiden, sich gegenseitig die Kunden abznlocken. Das beliebteste Mittel war sehr drastisch. Der eine Vank-inhaber schickt einfach Jemand mit einer Flinte nach der andern „Hölle" und lief', mitten nnter die Spieler feueru, hoffentlich nur mit Pulver. Der Erfolg war gewiß. Die Spieler kamen dann zu ihm und blieben, bis der andere auch wieder unter sie schießen ließ. In Cairo fand früher ganz dasselbe statt, als die Spielbanken noch in den Kiosken bei der Esbetiye bestanden. Verwundet scheint dabei Niemand zn werden. Doch die Spielinhaber sind „anständige" Leute iu Vergleich mit jenen anderen Griechen, deren es auch iu Aegypteu giebt uud deren Dolch für 5,l) Thlr. Jedem zn Gebote steht. Es ist jedoch ein eigenes Ding mit dem, was man im Orient „Griechen" nennt. Nicht alle so Genannten sind wirklich aus dem classischen Vaterland. Ich habe manche andere Europäer, die gar uicht „so weit her" sind, im Verdacht, gelegentlich die „Griechen" zu spielen, denn man neunt Dampsschiffsgcsellschaft 'Aziziye. 31 einmal vorzugsweise alle Spitzbuben im Orient so nnd thut der Nation sehr Unrecht, uuter deren Angehörigen ich viele sehr anständige nnd ehrliche Leute gekonnt habe. In Eliez scheinen diese Kosmopoliten besonders große Virtuosität zn entwickeln. So hatte vor einigen Jahren eine Bande derselben während längerer Zeit mit Frfolg sich dein vicetöniglichen Eteueramt substituirt. Einige von ihnen besuchten nämlich alle ueuanwmmenden Vaaren-schiffc, gaben sich für Steileibeamte aus, sprachen von schwerer Besteuerung der oder jener Waaren, die nun das Schiff gerade führte, oder auch gar von einem absoluten Einfuhrverbot, gaben aber auch gleich dem erschreckten Kapitän das Mittel an, Alles dies zn nmgeheu, und zogen mit einer schönen Bestechungssumme ab. Die Quarantäne lieferte der Bande Anlaß zn einem ähulicheu Schwindel. Oft, wenn eine solche gar nicht bestand, tam ein angeblicher Sanitätsbeamter an Bord, drohte der Schiffsmannschaft mit Quarantäne und lies', sich endlich für ein Trinkgeld herbei, sie derselben zn entheben. Auch von Ableitung von Telegraphendrähteu durch dieselbe schöue Gesellschaft hörte ich. Erst unchdem sie schon lange ihr ein^ trägliches Geschäft betrieben, wurde ihr das Handwerk gelegt. Wenn man von Suez nach Dschedda reifen will, so ums; mau sich der ägyptischen Dampfschiffe, der sogenannten Compagnie „'Aziziye", bedienen, eine Gesellschaft, die eigentlich nur ans dem Vicekönig besteht. Ihre Schiffe waren theils ursprünglich sehr schöu und gut, eiuige freilich auch abgediente europäische, die irgeud eiu Bertaufskünstler dem Khedive für schweres Geld cmzulMgm wußte. Alle siud jedoch über die Maßen vernachlässigt, die Cabmen sehen ruineuhaft aus, die Instrumente, Spiegel, Mbel meist zerbrochen, die Betten so zerfcht, beschmutzt uud „bevölkert", daß es gerathen ist, sich seines eigenen mitgebrachten zn bedienen. Essen ist selbst für theures Geld uicht zn bekommen. Man muß seinen eigenen Koch und Proviant mitnehmen. Da die Maschinisten Enropäer sind, so werden die Maschinen leidlich gehalten. Die Maschinisten führen europäische Küche, uud solche weisende, die selbst uicht darauf eingerichtet sind, können sich manchmal bei ihnen in Kost geben. Doch rechne man hierauf uicht bestimmt, deuu oft reicht ihr Proviant uicht aus. Diese Leute sind nur durch hohen Lohn hier festznhalten. Der erste Maschinist betonnnt rtwa 25, der zweite 20 Pfund Sterling monatlich, währeud z. B. der ostreichische Lloyd oft nur 8 zahlt. Alles übrige Personal ist ägyptisch nnd von einer rührenden Ignoranz in Bezug auf Nautik. Wäre uicht der Pilot, so würden die Schiffe noch viel öfter auf deu Korallenriffen des 32 Aegyptische Schiffsmannschaft. rothen Meeres festsitzen. Auch so geschieht es oft genug. Die Matrosen dieser „Compagnie" sind eigentlich gar keine Seeleute, sondern Landsoldaten, viele von ihnen auch Sträflinge, denn dieser Dienst (ich nieine natürlich nicht den auf den Kriegsschiffen) wird als Verbannung und Strafe angesehen. Obgleich keine Kriegsschiffe, so werden doch diese Dampfer militärisch befehligt. Es sind gewöhnlich 4 Offieierc vorhanden. Der erste wird vulg'o „Connnandär" sein europäisches Wort mit arabischer Endung) genannt, der zweite heißt der „Unter-Connnandär", der dritte Cabtan (Ca-pitän), der vierte Molasem (Lieutenant). Von Anciennität ist beim Avancement nur in so fern die Rede, als der Connnandär gewöhnlich der unwissendste, altmodischste Stocktürke ist, der je zur See fuhr. Die anderen Officiere sind entweder Jünglinge, die noch Carriere machen wollen, oder alte degra-dirte Officiere derselben Compagnie oder der Landarmee, die man znr Strafe hierher versetzt. So war auf dem Suakin, mit dem ich nach Mas-sanwa fuhr, der vierte Officier ein uralter Greis, der früher Commandär gewesen, aber degradirt worden war, weil er niemals anzugeben wußte, wieviel Mannschaft er habe, wieviel anf der Reise gestorben waren, uud die Sanitätsagenten in Suez Klage über ihn geführt hatten. Auch eiu sogenannter „Arzt" ist anf jedem dieser Schiffe vorhanden, nicht jedoch ein solcher, der Medicin studirt hätte, wie man deren manchmal unter den Moslems in Cairo findet. Gewöhnlich hat ein solcher Arzt eine große Flasche mit Cssig, womit er alle Krankheiten heilt. 1)i-. Sangrado war ein großer Gelehrter im Vergleich mit ihm. Die meisten Officiere uud der „Arzt" verbringen ihre Zeit im Vett, wenn sie nicht znin Gebet anfsteheu, worin sie sehr Pünktlich sind. Für die Schifffahrt sorgt der Pilot. Das Billrtnchmen, in Europa so einfach, ist hier schrecklich complicirt. Erst muß man dem „Bey", einer Oberbehörde, seine Aufwartung machen. Dieser prüft den Paß, den Sanitätsschein u. s. w., fragt einen alls nnd spricht eine halbe Stunde vom Wetter, vom Krieg, Napolöon oder sonstigen Dingen. Dann giebt er Ordre, daß man in das „Villetbnrean" geführt werde. Dort sitzen einige 12 Schreiber, die endlich mit Ach und Krach das Billet zu Stande bringen. Dies wird einein jedoch erst verabfolgt, nachdem man auf dem „Zahlburcau" war. Dort sitzt der Cassirer nnd dieser findet gewöhnlich die Münzsorte nicht passend. Er weist eitlem dann iu das „Wechselbureau", woraus man gräßlich geschunden hervorgeht, lim erst wieder in das „Zahlbureau" lind dann nochmals in das „Billetburean" zu gehen. Dann eine schließliche Aufwartung bmn „Bey", der sich die Miene Paßplackereicn in Aegyptm. - 33 giebt, Alles noch einmal zu prüfen, und man ist zu Ende, d. h. wenn man keine Diener hat. In lchterm Falle aber wird man vor Abend nicht fertig, denn deren Paß läßt gewöhnlich zu wünschen übrig; man wird zum Gouverneur und von diesem zu einem Dutzend Unterbehürden geschickt, die alle behauptet,, heute keine Zeit zu haben, man solle morgen wieder kommen n. s. w., bis man endlich die Geduld verliert, zum Consul geht und ihn bittet, diesen gordischen Knoten durchzuhauen. Diese Paßplackereien siud für die Unterthanen des Vieekönigs uuendbar und ein wahrer Ruin. Gin armer arabischer Diener muß oft den Gehalt eines Monats hingeben, um nur abreisen zu können. Auch hilft es ihm gar nichts, bereits allen Anforderungen in Cairo genügt und dort die Versicherung erhalten zu haben, damit sei nun für die Staateu des Vicekönigs Alles abgemacht. Unbarmherzig wird er in Suez wieder denselben Plackereien unterworfen, sieht sich einer doppelten Ausgabe und Zeitverlust gegenüber und muß froh sein, wenn er nicht schließlich unter irgend einem Formfehler-Vorwand nach Cairo zurückgeschickt wird, wie es meinen: armen nubischen Diener Ab-duldmedschid ging, der einen zweimonatlichen Gehalt zwischen Cairo und Suez ausgeben mußte, ehe es ihm gelaug, polizeigemäß dazustehen.. Alle diese Freuden blühen dem Reisenden nur in Suez, weil dieses eben auf der Höhe der „Civilisation" steht. Hat er aber einmal diesen Ort hinter sich, so ist Alles wie abgeschnitten. In keinem einzigen audern Hafen des Rothen Meeres wird er mehr belästigt, außer allenfalls des Gepäcks wegen, aber ein gutangebrachter Batschisch verfehlt hier seine Wirkung nie. V, Mal ha n, NM n.'ch Endawbu'ü, Keise nach Mrabien. Sechstes Capitel. Gin Pilger schiff. Pilgerreise vor dem Namadan. — Türkische Pilger. — Enge Verpackung der Pilger. — Die Metuafin. — Die Lebemänner des Orients, — Der Zemzemi, — Brodncid der Pilgerführer, — Schulmeistern alter Türten durch knabenhafte Führer, — Das religiöse „Geschäft". — Unwissenheit oer Pilger, — Vorurtheilssreiheit der Metuafin. — Sie wollen deutsche Unterthanen werden. — Bekehrungsversuche, — Der alte Belchrer, — langweilige Predigt. — Gründe fllr Bekehrung zum Islam, — Die Iallanesen. — Ihr Schmutz, — Ihr Reichthum. — Wetteifer der Metuafin mn die Javanesen. — Todesfälle auf dem Pilgerschiff. — Sonderbare Bestattung, — Ankunft in Hambo. — Unsicherheit der Gegend, — Der hohe türkische Beamte und sein unverschämter Beschützer. — Ein entarteter Beduine. — Besuch in Aambu. — Der Statthalter. — Der Basar. — Pilgercinkleidung auf der Weiterfahrt. — Die Beichtväter des Islam. — Ihre interessirte Nachsicht. — Ankunft in Dschcdda. — Faulheit der Zollbeamten. — Leiden der Pilger. Wir standen am Vorabend des heiligen Monats Ramadan. Die Pilgerfahrt war somit noch über zwei Monate fern. Aber bei vielen Moslems besteht die Sitte, die Reise sehr früh anzutreten, mn dies nicht im Fastenmonat thun zu müssen und letztern in Metta oder in Medina zubringen zu können. Namentlich die entfernter Wohnenden pflegen am Aller-frühesten einzutreffen. So war denn der Hegnz, das Schiff, das mich nach Dschedda tragen sollte, auch dicht mit Pilgern bepackt, die meistentheils „weit her" waren. Die Türken herrschten vor, namentlich die aus Rumili und Bosnien. Dann war Java durch eine kleine, aber ausgesucht schmutzige Colome vertreten. Diese Leute mußten, da die directen Fahrten von Ostindien nach Dschedda erst nach dem Ramadan beginnen, alle den Umweg über Suez nehmen, somit dieselbe Strecke, d. h. die Hälfte des Rothen Meeres zweimal befahren. Endlich fehlte es nicht an Söhnen der heiligen Die Pilgcrflchrer und ihr Geschäft. 35 Stadt selbst, religiösen Fremdenführern, Metuafm genannt, die die „todte Saison" in Constantinopel zubringen und dort auf recht „fette" Pilger Jagd machen, welche sie dann als menschliche Nädecker nach Mekka begleiten. Dieses Publieum war an 700 Köpfe stark nnd nur durch Härings-verpackung unterzubringen gewesen. Kein Fleck des Decks oder des Zwischendecks war frei. Ueberall fromme Pilger, die sich mit ihren Matratzen oder Teppichen da installirt hatten nnd nicht vom Platze wichen. Da aßen, schliefen, beteten sie, rasirten, wuschen sie sich, die meisten glücklicherweise im Freien. Zweihundert befanden sich freilich im Gepäckraum, und dort war die Atmosphäre uatürlich entsprechend derpestct. Die große erste Cajüte dagegen war, außer mir, ganz leer. Alle 36 Kojen standen zu meiner Perfügung. Türken und Araber reisen nämlich stets nur in dritter Classe. Von dieser giebt es übrigens hier verschiedene Kategorien, je nach der Stelle im Schiff, wo man einen Deckplatz bekommt. Schon am ersten Tage wurde ich mit vielen Pilgern bekannt. Namentlich die Mctuafin zeigten sich leicht zugänglich, was mich sehr in Erstaunen setzte, denn als ich meine Pilgerfahrt machte, hatte ich sie als sehr fanatisch kennen gelernt. Freilich spielte ich damals selbst den Moslem und dem Pilger gegenüber mußten sie die religiöse Seite heraushängen. Heute lernte ich sie von ihrer weltlichen Seite kennen und diese war, meiner Treu, gar nicht unangenehm. Diese hochgeachteten religiösen Personen, denen die unwissenden Pilger immer mit dem tiefsten Respeek, wie Heiligen, entgegenkommen und deren „Geschäft" die Neligion ist, sind eigentlich die wahre» Lebemänner und Weltlente des Orients. Sie kommen mik so Vielen und so vielerlei Menschen in nähere Berührung, sie reisen selbst so viel, nm ihre guten Kunden aufzuspüren, daß sich, wie bei den meisten Vielgereisten, Vururtheile nnd Einseitigkeiten bei ihnen abschleifen. Der Fanatismus bleibt nur noch ein Amtstleid, das gelegentlich angezogen werden muß, um den Kunden zn imponiren. Ist das nicht nöthig, so sind sie die liebenswürdigsten Menschen, namentlich die älteren und routinir-teren, denn unter den jungen findet man noch „ungeschliffene Diamanten". So war auch unter dieser kleinen Schaar ein branner Jüngling von den Zemzemiya, d. h. den Wächtern des heiligen Vrunnen Zemzem. Ihr Veruf ist erblich und sie gehören sonnt zu eiuer Art von religiösem Adel, jedoch von uutergeorduetcr Classe. Demgemäß bilden auch sie einen Gegenstand der Verehrung. Diesem Umstand verdankte unser brauner Zemzemi, daß ihn die Metuafin duldeten, obgleich sie. sowie er den 36 Religiöse Schwindeleien. Rücken wandte, sich bitter über ihn beklagten, daß er ihnen ins Handwerk pfusche, wozu er gar keine Berechtigung habe. Der junge Zemzemi war nämlich vorigen Sommer auf eigene Faust nach Stambul gereist, hatte dort den Metuafin zwei reiche alte Türken weggefischt, die er nun als Glaubenslehrer und Führer begleitete. Es war sehr komisch anzusehen, mit welchem Respect die zwei weißbärtigen Greise und ihr zahlreicher Troß von weißen und schwarzen Sklaven dem halben Knaben zuhörten, wenn er ihnen die Pflichten der Pilgerfahrt auseinandersetzte, ihnen dorbetete, das Coftüm erklärte u. s. w. Er war ihr Oelgötze, wurde gehätschelt und gefüttert und dabei wie ein Heiliger „verehrt". Sein geistlicher Hochmuth war denn auch nicht gering. Mich würdigte er keiner Anrede uud nahm es sehr übel, wenn ich zusah, wie er einen alten Türken schulmeisterte, ihn sich aus- und anziehen, waschen oder den Kopf rasiren ließ, gerade wie wenn er ein Kind gewesen wäre. Meinem ungläubigen Auge gönnte er nicht den Anblick dieser heiligen Verrichtungen. Meine Bekannten, die Metuafin, waren das gerade Gegentheil von diesem jugendlichen Fanatiker. Oft, wenn wir in der köstlichen Abendluft auf dem Deck beisammen saßen, rauchten, Kaffee tranken und plauderten, kam es vor, daß irgend ein frommer Pilger sie unterbrach, um sich „geistlichen Rath" zn holen. Das „Geschüft" verlangte, daß sie sich ihm widmeten. Dies geschah auch sehr geschäftsmäßig und wurde rasch abgemacht, dem Pilger eine Ermahnung gehalten und ihm schnell etwas vorgebetet, was dieser oft ganz falsch wiederholte. Ich bemerkte dies, aber die Metuafin lachten nur dazu, und versicherten mir, es fei zu viel verlangt, wenn sie den Pilgern das richtige Nachsprechen beibringen sollten. Die gute Absicht müsse das Mangelhafte der Worte entschuldigen. Einer gestand nur sogar ganz offen, es sei gar nicht gut für sie, wenn die Pilger das ganz richtig lernten. Sie könnten sonst leicht ihren Verwandten die Metuafin entbehrlich machen. Die Pilgergebete find nämlich andere, als die gewöhnlichen, und nur den Mekkanern oder fehr erfahrenen nnd gelehrten Pilgern, die schon einmal in Mekka waren, bekannt. Die Ungelehrten lernen sie nie richtig und bedürfen immer und immer wieder eines geistlichen Führers. Dies macht das Amt der Metuafin unentbehrlich und einträglich. Diese guten Leute waren anfangs sehr erstaunt über meine Kenntniß der Gebräuche der Pilgerfahrt. Ich hütete mich natürlich ihnen zu fügen, daß ich sie mir an Ort und Stelle geholt hatte. Jedoch waren sie weit entfernt, Verdacht zn schupfen, und fanden es ganz erklärlich, als ich sagte, Mohammedanische Bekehrungsversuche. 37 ich verdanke meine Kenntniß ganz ähnlichen Gesprächen, wie dem, das ich eben mit ihnen führte. Sie sprachen nämlich ganz ungenirt mit mir von allen Heiligthümern nnd nahmen kein Blatt vor den Mnnd. Wie weit ihre Vorurteilslosigkeit ging, zeigt der Umstand, daß zwei Metunfin mich einmal bei Seite nahmen nnd mich hoch nnd thener baten, ich möchte ihnen doch das Protectorat unsers Consulats verschaffen. Sie wollten nicht mehr türkische Unterthanen sein, lieber die eines europäischen Herrschers. Bei diesen allein sei Gerechtigkeit zu finden. O Schatten des Propheten! drehe dich im Grabe um, wenn deine Heiligen eine solche Sprache führen! Leider mußte ich ihnen gestehen, wir Deutschen seien zwar nicht mehr ganz dieselben politischen Aschenbrödel, wie früher, aber bis nach Mekta reiche doch unser Arm noch nicht. Sie sollten es lieber mit England versuchen, der einzigen Macht, die in Arabien respeetirt ist. In der kurzen Zeit unsers Beisammenseins entspann sich wirklich ein ganz freundschaftliches Verhältniß. Der beste Beweis davon war, daß sie einige unschuldige Bekehrungsversuche anstellten. Der Moslem ist heut zu Tage kein Proselytenmacher. Da er aber seinen Glauben für eine Wohlthat ansieht, so sucht er diese seinen Freunden zu verschaffen. Darum ist ein Bekehrungsversuch vor Allem ein Beweis von Freundschaft. Nebenmotive, wie das, mir als Metuaf zu dienen und dadnrch viel zu verdienen, mochten natürlich meine Bekannten auch mitbestimmen. Zu dem Zweck wurde ein uralter Metuaf, der sonst schweigsam abseits saß, mit ins Gespräch gezogen. Dieser hatte nämlich schon einmal, wie es hieß, einen Christen und zwar einen Polnischen General nebst Frau bekehrt und wnrde vulgo „der Vekehrer" genannt. Aber damit hatte man das unrichtige Mittel gewählt. Denn dieser alte Stockmoslem begann nun eine so laugweilige Predigt, daß sämmtliche Metuasin bald laut schnarchten und ich mir die Miene gab, gleichfalls zu schlummern, bis dies zur Wirklichkeit wurde. Lange tönte der Singsang des Predigers in die Nacht hinein. Kein Mensch hörte ihm zu. Aber sein eigenes gläubiges Gemüth mochte diese Gelegenheit, sich auszusprechen, nach Herzenslust genießen. Die Gründe, welche mir diese Mctuafin für meine Bekehrung empfahlen, waren übrigens keineswegs ascetische, nicht einmal religiöse, son-dern, wie sie selbst, durchaus weltmännisch. „Du kannst dann Mekka und Medina sehen, was gewiß interessant ist, auch ganz Arabien bereisen, wo es noch viel Unbekanntes giebt; kannst alle Genüsse der Mohammedaner mit denen der Christen vereinigen, nebenbei auch europäischen Schutz nach 38 Iavanefische Pilger. wie dor genießen, denn viele indische Moslems kommen ja auch nach Mekka und selbst dort schützt sie England. Du verlierst also gar nichts, denn als Moslem kannst Du in Europa, nicht aber als Christ in Arabien reisen." Man sieht, ihre Propaganda war gar nicht ungeschickt. Sie sprachen kein Wort von den Huris des Paradieses, die man erst in der zukünftigen, sondern nur von Dingen, die man in dieser Welt genießt. Die Javanesen bildeten einen besondern Anziehungspunkt für die Metuafiu. „Diese Leute," so sagte man mir, „sehen zwar wie Bettler aus, sind aber aus Oold gemacht." In der That sahen sie schrecklich aus. Halbnackt und von Schmutz und Uugeziefer brdeckt, lagen Männer und Frauen durcheinander. Ihr ewiges Kauen von Bethel oder von Taback, womit viele abwechselten, und das daraus erfolgende Herumspucken machte ihre Nähe ganz besonders widerlich. Ihre Frauen waren underschleiert und gingen mit den Männern vor Aller Augen nngenirt um, ganz der moslemischen Sitte zuwider. Als ich die Metuafin darauf aufmerksam machte, hieß es: „sie sind unwissend." Damit war Alles entschuldigt. Auch legten sie gar nicht das Pilgergewand an. Zur Entschuldigung hieß es „sie seien Schafe i und die hätten das nicht nöthig", obgleich ich sehr viele Schafe i kannte, die sich regelmäßig einkleideten. An den Javanesen entschuldigte man Alles. Ihre einzige Speise schien roher Kohl zu sein, den sie in Suez gekauft hatten und den sie auf sehr unreinliche Art verzehrten. Aber „sie waren reich", so hieß es und das machte sie sehr interessant. „Sie schleppen ganze Säcke voll Oold mit sich, die sie unter ihrem Gesäß halten," sagte mir ein Mctuaf. Allerdings müssen diese Leute viel Reisegeld mitführen, denn die Hin- und Rückreise kostet jedem Einzelnen oft an 1000 Thaler, selbst auf dem letzten Platz, uud dabei schleppt mnucher eine Familie von acht, zehn oder zwölf Personen mit sich. „Das Beste an ihnen ist," sagte mir ein Metuaf, „daß keiner ein Sterbenswörtchen Arabisch kann." „Wie werdet Ihr denn mit ihnen fertig?" fragte ich. „O, das geht durch Zeichen," meinte er lachend und machte daoci die Pantomime des Geldzählens. In der That ist es sprichwörtlich, wie diese Leute in Mekka ausgeplündert werden. Zum (Mck haben sie meist ihre Billette zur Rückreise schon im Voraus gelöst, sonst würde die Mehrzahl in Mekka sitzen bleiben. Manche richten sich übrigens so ein, daß sie über ein Jahr ausbleiben, Todesfälle unter den Pilgern. A9 und so zwei Pilgerfahrten mitmachen, und kehren dann mit doppeltem Heiligenschein nach Java zurück. Da diese Javanesen noch nicht in „festen Händen" waren, so hatten die Metuafw gewonnenes Spiel. Aber auch hier spielte ihnen der braune Zemzemi, der seiner Hautfarbe wegen (er mußte Negerblut in sich haben) den Javanesen gefiel, den Streich, ihnen einen besonders widerlichen, aber „auf Gold schlafenden" Krösus wegzufischen. Der Junge hatte entschiedenes Glück. Er brachte es sogar dahin, daß der Javanese sich wusch, was allgemein für ein Wunder galt. Trotz der im Ganzen günstigen hygienischen Bedingungen der Neise, denn die Meisten lebten in freier Luft und die Temperatur war gemäßigt warm (Nachts etwa 18" R.), kamen doch einzelne Todesfälle vor. Kein Wunder, denn manche Pilger verlassen trank, oft todtkrank, ihre Heimath. Seligkeit für sie, wenn sie auf der Wallfahrt sterben! Der erste Fall betraf einen reichen alten Kaufmann aus feinen, reich, wie mau nach seinem Tode entdeckte, denn gekleidet war er wie ein Bettler, lebte auch so. Aber er trug in einem um den Leib geschnallten Ledergürtcl 5l)0 Pfund Sterling in Gold, und in einer alten Bretterlade, seinem Rcisekoffer, befand sich ein großer Sack voll Thaler. Dies sämmtliche Geld wurde „aufgehoben", d. h. in Dschedda dem Pascha überliefert, der die Verwandten des Verstorbenen zu ermitteln versprach. Diese erfahren natürlich in diesem uud ähnlichen Fällen später etwas von der Sache, aber alle ihre Neclamationen bleiben umsonst. Was in die Hände eines Paschas geräth, ist unwiederbringlich verloren. So starb auch während meines Aufenthalts in Dschedda eine alte Tschcrkessin, die man für eine ganz arme Frau gehalten hatte. Aber sie war einst die Sklavin eines reichen Mannes gewesen und hatte viel Schmuck versteckt. Nach ihrem Tode fand man bei ihr in alten Lumpen etwa )s)0 Gewichtpfund Goldsachen, die natürlich auch wieder die Veute des Pascha wurden. Von einem Fiscus ist nur auf dem Papier die Rede. Der wirtliche Fiscus ist der Pascha, wenn's aufs Einnehmen ankommt. Am zweiten Morgen starb eil, kleiner Knabe, der zu viel unreifes Obst gegessen hatte. Unreifes Obst, das ist die Passion aller Türken und Araber. Beide Leichen wurden sogleich eingesenkt, die Körper in Leintücher gewickelt, das Fatiha von allen Pilgern gebetet', eine regelmäßige Veerdiglingsprocession fand statt bis an den Schiffstiel, wo einige Matrosen die Leichen auf einer Strickleiter hinab bis an die Meeresstache trugen, 40 Stellung der türkischen Beamten. nicht warfen. Dort ließ man sie weiter schwimmen, um bald die Beute der vielen Haifische zu werden. Eine Beschwerung dnrch Steine, Kugeln:c. fand nicht statt. Am dritten Nachmittag landeten wir in Aambo, der Hafenstadt Me-dinas. Hier stiegen etwa 200 Pilger aus, die den Ramadan in letzterer Stadt zubringen wollten. Bei Weitem die Meisten blieben jedoch, da die eigentliche Medinafahrt später ist. Unter den Alissteigenden befand sich auch ein hochgestellter türkischer Gffendi, der eine wichtige Regierungsstelle in Medina bekleidete. Aber welch' eine erbärmliche Rolle spielen diese Beamten in der zweitheiligen Stadt des Islam, die noch viel weniger dem Sultan unterworfen ist, als Mekka. Ueberall sonst sind die Beamten die Tyrannen, in Medina sind sie die Diener. Sonst treiben sie Steuern ein und erpressen Geld für ihren eigenen Beutel, hier aber sind sie die Zahlmeister der Summen, die der Sultan den Beduinen geben muß, damit sie die Karawanen ungestört und ihm selbst den Schein seiner Oberhoheit lassen. Ein solcher höherer Beamter, der viel Geld mit sich führt, kann sogar nicht einmal von Iambo nach Medina reisen, ohne vorher mit den Beduinen pactirt zu haben. So war es auch hier. Man hatte eigens einen Häuptlingtzsohn nach Stambul kommen lassen, um das Passagrgeld des Effendi zu stiftuliren und diesem auf der Reise als Schutz zu dienen. Der Häuptlingssohn war ein sogenannter halbcivilisirter Araber, der gewöhnlich in Medina lebte, wo sein Vater als Delegirter seines Stammes die Passagcgelder der Reisenden einzutreiben hatte. Er kleidete sich städtisch, seine Physiognomie hatte auch nichts vom Beduinischen. Er war fett, was bei den eigentlichen Nomaden Niemand ist. Dieser übrigens sehr rohe junge Beduine, der wie mir schien nur zu viel in Städten gelebt hatte und städtische Lasterhaftigkeit mit beduinischem Trotz vereinigte, war das höchst unwillkommene Anhängsel an den Essendi. Letzterer, ein sehr feiner alter Herr, durchaus der Typus eines hohern Civilbeamten, der mit großem Staat reiste, drei Tscherkessinncn, viel Sklaven und Diener mit sich führte und von allen Pilgern sehr respectirt wurde, mußte sich von dem Beduinen eine höchst burschikose Behandlung gefallen lassen. Gewöhnlich essen vornehme Leute auf der Reise allein. Aber der Gffendi mußte den Bedninen mit sich essen lassen, wobei dieser die unanständigsten Manieren entwickelte. Dabei gab der Kerl noch zu verstehen, daß er eigentlich dem Effendi eine Ehre erweise, einem bloßen „Schreiber", wie er den Civilbeamten nannte. Der Statthalter von 5))amtw. 41 ^'lvilbeamtm werden Uon dm kriegerischen Beduinen natürlich sehr tief gestellt. War es schon so auf dem Dampfschiff, wie mochte es erst in der Wüste werden, wo der Beduine auf seinem Grund und Boden war. Auch sah ich später dm Effendi mit sehr saurem Gesicht seine Kameelreise au-trctm, währmd sein „Beschützer" die ganze Gesellschaft commandirte und als „Verpackung" behandelte. Uebrigens war dieser Mensch in keinem einzigen Stück mehr ein unverfälschter Beduine. Einem solchen klebt immer etwas Ritterliches an, hier aber war das „Ritterliche" in Unverschämtheit und unerträgliche Selbstüberhebung ausgeartet, die, je jünger der sie zur Schau Tragende ist, desto mehr verletzen muß. Iambo ist sehr im Verruf; wie mir scheint, übertriebener Weise. Man rieth mir allgemein davon ab, ans Land zu steigcu. Ein Europäer könne dort gar nicht mit Sicherheit herumgehen, hieß es. Ich schickte jedoch ^ zum Mohafiz (Statthalter) und ließ anfragen. Die Antwort war eine Einladung. Der Mohäfiz ist ein türkischer Beamter, dessen Macht sich übrigens nicht über die Stadtmauern hinaus erstreckt und auch innerhalb dieser oft Problematisch ist. Da er aber eine albanesische Leibwache hat, so kann er einen Fremden wenigstens in den Basarstraßcn der Stadt schützen. Ich wurde im Regieruugshaus sehr gut empfangen. Neben dem Mohafiz saften einige Häuptlinge der Gehaina-Bedniuen, die zwischen ?)ambo und Medina (auch in Mnubo en Nachl) wohnen. Sie waren gleichfalls des Effendi wegen da uud sollen ihn später schrecklich ausgeplündert haben. Es waren sehr stattliche Gestalten in reichen Costümen. Welch ein Unterschied, dieses reiche Costüm gegen die sprichwörtliche Einfachheit der meisten Nomaden! Aber dergleichen findet man nur in der Gegend voll Mekka nnd Medina, denn in keinen' anderen Städten wird ein solcher Costümluxus getriebm, wie in den heiligen. In Mekka gilt es für höchst unanständig, mit denselben Kleidern herumzugehen, die man auf der Reise trug, uud seien letztere noch so werthvoll. Dieser Luxus hat auch die Beduinen angesteckt, natürlich nur die Häuptlinge und ihre Sippschaft, die allein Geld haben. Der Mohafiz lieft mich darauf von semen Albanesm in Wmbo herumführen. Die Stadt ist wie ein einziger großer Laden, wo man Alles haben kann, was zur Landrcise nach Medina nöthig ist. Ich sah eine ganze lange Straße, wo ein Laden sich an den andern drängte, in denen nur Kameelstricke, Sättel, Tragtürbe, Stöcke, Trintgefäße, verkauft wurden. Einige Läden boten eine seltsame Waare. Es waren dies Muscheln von 42 Lebhafter Verkehr in Mmbo. recht hübscher Form, durchlöchert und an einem Ledernemchen hängend. Sie sind die unfehlbaren Talismane gegen den bösen Vlick für Kameele. Kein Kameel in Hegaz, das nicht seine Muschel hätte. Nn Brod, den bekannten dünnen runden Teigen, Hammelfleisch, gepreßten Vacra-Datteln, und verdorrten steinharten Higazi-Datteln, die nur sehr starke Zähne aufbeißen können, sowie an vortrefflichen Fischen war Ueberfluß. Hühner und Gier waren selten und theuer. Kaffeehäuser gab es in Menge. Wechslertische befanden sich in jeder Straße. Das schändliche ägyptische Vronzegeld hat hier keinen Curs. ' Da das türkische Kupfer noch gesuchter ist, als Silber, so sieht man fast nur letzteres, die hübschen silbernen Piaster von Stambul, als kleine, und die Maria-Theresia-Thnler (hier 26 türkische Piaster werth) als große Münze. Trotz dieser Lebhaftigkeit hat der Basar jedoch ein sehr unscheinbares Ansehen, da durchaus keine Luxussachen, sondern eben nur die allernoth-wendigsten Reiseutensilien verkauft werden. In einem Kaffeehaus wurde ich auf sehr gefällige Weise allgebettelt. Ein Knabe und ein Mädchen stellten sich vor mich, sprachen einen Gruß und reichten mir dann die Hand, verlangten aber gar nichts. Erst die Albanesen mnßten mir sagen, daß, da ich ihren Handschlag angenommen, ich nun verpflichtet sei, sie zu beschenken. Sie waren übrigens Fremde, junge Pilger, die sich in moslemischen Ländern immer leichter durchbetteln, als alte. Die Leute von ?)ambo sind zu stolz, um zu betteln. Von jener Nohheit der Bewohner von Mmbo, welche frühere Reisende (wie Rüppel,Vurkhardt) schildern und die ich zum Theil selbst imIahre 1860, zur Zeit meiner Pilgerfahrt, noch sah, fiel mir diesmal nichts auf. Ich sah nicht einmal die berüchtigten Knüttel, ohne deren einen kein Dam-bauwi früher herumging. Es schien mir vielmehr, als habe mit der Zeit der Handelsgeist auch hier, wie überall, versöhnend und die Ranhheiten abglättend gewirkt. Die Leute leben ja von den Fremden. Warum sollten sie nicht endlich jene geselligeren Manieren gelernt haben, welche jeder gesittete Handelsverkehr mit sich bringt? Mir schien es wenigstens, als habe man in dieser Richtung Fortschritte gemacht. Sonst ist die „Stadt" Iambo durchaus nicht verändert, sondern im Wesentlichen paßt auf sie noch die Beschreibung, die ich in meiner „Wallfahrt nach Mekka" entworfen habe. Die Nacht war kühl auf der Rhede vou Mmbo, sehr verschieden von der auf dem offenen Meer. Wir standen eben hier schon nnter dein Gin- Die Einkleidung mit dem Mlssergewand. 4A stuß der nordarabischen Landtemfteratur und ihren gewaltig wechselnden Extremen. Mancher arme Pilger fror entsetzlich in seinem dünnen Anzug und freute sich, den südlicheren Regionen zu nahen. Zwischen Mmbo und Dschedda war das wichtigste Geschäft die Ginkleidung der Pilger. Diese findet auf der Höhe von Nabegh statt. Das Waschen der vielen keineswegs sehr reinen Haggag machte freilich das Deck für einen halben Tag unbewohnbar, so daft ich mich in die schwüle Cajüte zurückziehen musite. Als ich wieder herauskam, war eine gewaltige Metamorphose vor sich gegangen. Sämmtliche Haggäg (Pilger) hatten sich in schneeweiße Tücher gehüllt, eines als Lcndentuch, eines als Ueberwurf, (der bekannte Ihram), Kopf und Füße waren nackt, alle waren gewaschen, rasirt und sahen ganz reinlich aus. Dies am ersten Tage. Schon am zweiten hatten manche Ihrams die Farbe der Kohlen des Dampfschiffes entlehnt. Jetzt nahm das Beten kein Ende mehr, so daß es sogar den Metuafin langweilig wurde. Den Türken war die Pilgertracht mitunter sehr lästig, ja gesundheitsgefährlich, da sie meist an das Tragen vieler und dicker Kleider gewöhnt sind. Manche waren so gewissenhaft, auch des Nachts sich mit keinem Mantel zu bedecken, was vielfache Erkältungen zur Folge hatte. Auch Sonnenstiche kamen vor. Doch was sind solche Leiden für den gläubigen Moslem, dem das Paradies winkt, wenn er auf der Wallfahrt stirbt? Ich sah übrigens, wie manche weniger bigotte Pilger sich allerlei Verstöße erlaubten. Freilich consultirten sie immer vorher die Metuafin, die so zu sagen jetzt Beichtväter geworden waren. Aber es waren sehr nachsichtige Beichtväter, die immer eine Entschuldigung für den Verstoß fanden, den sich ihr Beichtkind erlauben wollte. Namentlich in einem Punkt wich die Mehrzahl der Türken von der strengen Regel ab. Sie trugen nämlich fast alle sehr breite lederne Geldgürtel, die zngleich den Dienst von Schatzbeutcln und Leibbinden versahen und fast den ganzen Bauch deckten, sowohl hygienisch wie finanziell empfehlenswert!), aber eigentlich durchaus regelwidrig. Jedoch die Metuafin erlaubten es, empfahlen nur, den Ihram über das Leder zu ziehen, so daß man dieses nicht sähe. „Die Leute," sagte mir ein Mctuaf, „müssen freilich für diesen Verstoß ein jeder ein Schaf opfern," und machte dabei eine leckere Miene, denn dadurch bot sich ihm die Aussicht auf eine unendliche Reihe unentgeldlicher Schmäuse. Wahrhaft komisch war ein junger Alexandriner, dcr alle Augenblick 44 Schlechte Behandlung der Pilger. zu meinem besten Bekannten unter den Metuasin kam, ganz offen mit der Anrede: „Ich möchte mir gern einen Verstoß erlauben. Darf ich das?" Gewöhnlich handelte es sich dann um ein Paar Strümpfe, Schuhe, einen Sonnenschirm oder sonstige dem frommen Hägg verbotene Gegenstände, die der verweichlichte Städter nngcrn entbehrt. Aber der Mctunf war milde, wie Honig, und gab fast immer die Erlaubniß zu dem „Verstoß". In Folge dieser dielen „Verstöße" sah der Alexandriner zuletzt gar nicht mehr aus, wie ein eingekleideter Pilger. In Dschedda erwarten den frommen Pilger allerlei officiellc Plagen, worunter die des Zollamts sich besonders unangenehm fühlbar machen. Was ich selbst einst, auf meiner Wallfahrt, dadurch gelitten, habe ich ander-wärts beschrieben. Aber jetzt ward ich Zeuge davon, daß für die Dampf-schiffftassagiere diese Torturcu noch complicirter sind. Die Dampfschiffe müssen nämlich des seichten Uferwasscrs wegen so weit von der Stadt halten, daß man oft anderthalb, selbst zwei Stunden braucht, um von ihnen nach Dschedda zu kommen. Fährt ein Pilger des Nachmittags ans Land, so riskirt er in den meisten Fällen, das Zollhaus überfüllt oder schou geschlossen zu finden, und doch kann er nicht wieder an Vord, wie bei einem Segelschiff, da die Dampfschiffgesellschaft dies nicht gestattet. In die Stadt kann er aber auch nicht, sondern muß draußen im Freien, zwischen Meeresstrand und Stadtthor, übernachten. So ging es nnsercr sämmtlichen Gesellschaft, die obgleich schon um 3 Uhr Nachmittags beim Zollamt angekommen, dennoch von den faulen Beamten auf morgen verwiesen wurde. Diese moslemischen Stoiker fügten sich freilich ohne Murren in ihr Schicksal und ließen sich auf dem Korallenstrande für die nächsten 1k) Stundeu wohnlich nieder. Mir war indeß dieser Stoieismus nicht eigen. Zum Glück hatte ich auf dem Schiff einen Tricstiner, einen der wenigen in Dschcdda lebenden Europäer, kennen gelernt, der die Beamten kannte, und mir vorschlug, mich sogleich durch das Zollamt und in sein gastliches Haus zu befördern. Ich nahm diesen Vorschlag mit Dank an, und während Herr Rolph, mein neuer Bekannter, mit den Beamten, die in vollem Diwan, einige zwanzig Köpfe stark, sehr pomphaft dasaßen und trotz der vielen Geschäfte, denen sie sich eigentlich hätten widmen sollen, „slolos l^r nisnts" trieben, Kaffee trank nnd unsere Zollangelegenheit besprach, führte ich auf seinen Wunsch seine Frau durch die Straßen von Dschedda nach ihrer am andern Ende der Stadt gelegeneu Wohnung. Europäische Damen in Dschedda. 45 Eine europäische Dame ist in Dschedda immer noch eine großes Aufsehen erregende Erscheinung. Madame Rolph, obgleich seit einigen Jahren hier wohnhaft, geht doch fast nie aus, und aufter ihr gab es zur Zeit nur noch eine andere Dame, die Frau des französischen Consuls. Deshalb wurden wir ganz gehörig angestarrt, als wir mitten am Nachmittag durch den uielbelebteu Basar schritten. Aber der Fanatismus hat doch auch hier schon etwas nachgelassen, lind es blieb bei gemurmelten Verwünschungen und kam nicht zu offener Neschimftfnng, worauf man sich auch gefaßt halten mußte. So gelangten wir ohne Unfall in das schöne Halls meines frenndlichen Wirthes, wo sich orientalische Zimmereinrichtung mit europäischem Comfort in höchst harmonischer Weise gepaart fand. Hegäz. Siebentes Capitel. Dschedda. Vortheilhafte Veränderung der Stadt. — Die Choleracommission. — Das Hütten-gewitre. — Die Prostitution und ihre Viertel. — Die Hüttendürfer.— Steinhäuser. — Schöne Bauart. ^- Aecht arabische Hauseintheilung. — Einwohnerzahl. — Ihre Bestandtheile. — Die Du'aner aus Hadrmnaut. — Die Handclsgcnies Arabiens. — ssanatisnms und Mißtrauen gegen Reisende — Eigenthümliche Namen,— Die grie-chischc Colunie. — Ein Hotel in Dschedda, — Branntwcincinfuhr und Weinvcibot.— Die Consulate. — Der Pascha von Dschcdda. — Gin grober alter Türte. — Lächerliche Lobhudelei. — Der „Beschützer der Armen". — Wassermangel in Dschcdda. — Sogenannte Regenzeit. — Wohlthätige Stiftungen. — Speculutionen der Wasser-Verkäufer. — Die zerstörte Wasserleitung. Dschcdda ist nicht mehr, was es vor zehn Jahren war, ein schmutziges, ekelhaftes Pandämonium, durch dessen von Hüttenwerk, mit elender und lasterhafter Bewohnerschaft, unzugänglich gemachte Straßen man sich wie durch ein Labyrinth mühsam durchwinden mußte. Eine gewaltige Veränderung ist vorgegangen und hat der Stadt eine im Orient sonst selten zu findende ordentliche und reinliche Physiognomie verliehen. Das ist eine Wohlthat, die es jener fürchterlichen Geißel, der berüchtigten Pilgercholera von 1864 bis 1865, verdankt. Diese hatte zum ersten Mal dem erstaunten Europa enthüllt, welch eine Giftquelle sich in dem Schmutz von Mekka, Menä und Dschedda zur Pilgerzeit entwickelt, und die internationalen Sa-nitätscommissionen ins Leben gerufen. Ob im „heiligen Gebiet", dem Weichbild von Mekka, das nur Moslems besuchen, die immer, wenn kein Europäer ihnen auf die Finger sieht, Alles nur halb thuu, wirtlich etwas Wesentliches für Reinlichkeit geschehen, ist zweifelhaft. Da kein Europäer Hygienische Reinigung der Stadt Dschedda. 47 dorthin kann, so wird diese Giftquelle wohl so bald nicht mit Stumpf und Stiel auszurotten sein. Aber Dschedda ist Jedem zuganglich. Hier warm sogar eine Zeit lang europäische Agenten anwesend. Der Ehrgeiz der einheimischen Behörden wurde dadurch angespornt. Um den Europäern zu zeigen, daß man sie eigentlich gar nicht uöthig habe, thaten sie nun fast Alles allein. Das ganze ekelhafte Hüttengewirre wurde hinweggefegt, die Bewohner in verschiedenen Hüttendörfcrn in ziemlicher Entfernung von der Stadt angesiedelt. Die hier überaus stark vertretene Prostitution, jener Heerd physischer und moralischer Seuche, erhielt ihr Hauptquartier in einem derselben, etwa 20 Minuten von der Stadt entfernten, angewiesen. Dicht vor den Thoren ließ man nur den unentbehrlichen großen Pilgerbasar auf der Metkastraße bestehen, aber man baute ihn neu, und zwar recht gefällig; er sieht jetzt reinlich und luftig aus. Der hygienische Vortheil, den die Entfernung der Hütteudörfer mit sich bringt, macht sich in jeder Beziehung fühlbar. Nicht der geringste ist der, daß mm die meisten Pilger kürzere Zeit in Dschedda bleiben, während sie früher in den Straßenhütten wohlfeile Herberge und lüsterne Verlockungen fanden, die sie oft festhielten. Aber nach den entfernten Hüttendörfern geht kein Mensch. Nur das Prostitutionsviertel (das einen unnennbaren Namen führt) wird besucht, aber doch sehr viel schwächer als damals, da es noch in der Stadt war. In dieser Beziehung günstig ist der Umstand, daß wegen des Thorschlusses der nächtliche Besuch sehr erschwert ist, und die Erfahrung hat gezeigt, daß diese Pandämonia hauptsächlich auf das Nachtleben angewiesen sind. Dieses Viertel fristet denn auch jetzt nur dürftig sein Dasein. Die glänzenden Tage seiner Insassen sind vorbei. So besteht denn Dschedda jetzt fast mir aus Steinhäusern von dem hier überall häufigen Korallenfrls. Diese Häuser sind hoch, meist drei- oder vierstöckig und von gefälliger Bauart. Ihre Olanzseite bilden die kunstvoll geschnitzten großen Holzfenster, die alle erkerartig hervorspringen und in deren Nischen die Diwane angebracht sind. So viel Fenster, so viel Diwane. Alle diese Fenster sind, der Sonne wegen, schließbar und zwar durch gitterartig geschnitzte Holzläden. Luxuriöse Leute haben doppelte Läden, von innen und von außen. Olasfenster sind gänzlich unbekannt und selbst die Consuln entbehren sie, obgleich der nächtliche jähe Temperaturwechsel sie doch manchmal wünschenswerth erscheinen läßt. Im Innern sind die Häuser gleichfalls sehr geschmackvoll. Alle haben 48 Die Bewohner von Dsckedda. im Erdgeschoß eine geräumige, gegen den Hof zu offene Empfangshalle, oft reich mit Stuck und Schnitzwerk verziert. Die oberen Stuckwerke sind in sogenannte Megles (Medschles) eingetheilt, jedes alls einem Saal und drei oder vier Zimmern bestehend und besonders verschließbar, auch meist mit einer eignen, ausschließlich zu ihm führenden Seitentrepfte. Seit Entfernung der Hüttcnbewohner dürfte Dscheddas Einwohnerzahl siebzehn- bis achtzehntausend taum erreichen. Vielleicht ist auch dies noch zu hoch gegriffen. Eine Zahlung findet natürlich nicht statt. Die flottirende Bevölkerung ist aber desto größer, am größten natürlich in den Monaten vor und nach der Wallfahrt, doch auch zu anderen Zeiten bringt der Handel hier stets ein lebbaftes Treiben mit sich. Eingeborene angestammte Dscheddauwi giebt es sehr wenig. Gin Drittel der Bevölkerung stammt aus Jemen, ein anderes Drittel aus Hegaz, d. h. den wenigen Städten, die diese Provinz hat (denn Beduinen giebt es nicht in Dschedda), aus Aegyftten, Syrien, der Türkei und der Nest besteht aus indischen Moslems und Arabern aus Hadramaut. Letztere beiden Classen repräsentiren den Oroßhandelsstaud, den wichtigsten der Stadt. Namentlich die Hadrami spielen eine bedeutende Rolle. Sie sind übrigens nicht aus der eigentlich im engern Sinne diesen Namen führenden Landschaft, sondern, soviel ich erfuhr (und ich lernte sehr viele kennen) ausnahmslos aus dem Wadi Do an im Bilad bcni ^Isa, ebenso wie die südarabische Colonie in Cairo. In ihrem Lande nennen sie sich gar nicht Hadrami, sondern behalten diesen Namen den Bewohnern der Wadi Kesr, 'Amd und Ra-chiya vor. Aber in Centralarabien versteht man unter Hadramaut stets einen sehr weiten Begriff, und die hier lebenden Donner sind so gewohnt, sich Hadrami nennen zu hören, daß sie oft selbst diesen Ausdruck von sich gebrauchen, jedoch niemals unter einander, sondern nur Fremden gegenüber. Sie sind die Handelsgenies Arabiens, und das ist um so merkwürdiger, als es in ihrem Vaterland gar keinen Großhandel giebt. Der Wadi Do an ist ein an Naturproducten, die jedoch im Lande bleiben, zwar reiches, aber an baarem Geld sehr armes Gebiet. Hundert Thaler bilden dort schon ein Vermögen. Darum kommen auch alle Du'aner, die für eine Zeit lang auswandern, fo zu sagen als Bettler nach Dschedda, werden aber dort reich. Es ist sprichwörtlich, daß ein Do aner bei seiner Ankunft nichts sein nennt, als das Futta (Lendentuch), womit er einen Theil seines zn drei Viertheilen nackten Körpers deckt, und daß er nach 10 oder 20 Jahren als Hausbesitzer, Schiffseigenthnmer und nach hiesigen Begriffen Kaufleute aus Hadramaut. 49 als sehr reicher Mann dasteht. Sie sind eben ein dnrchaus genügsames Volk, das jede Entbehrung erträgt und keinen, selbst nicht den niedrigsten Dienst verschmäht. So findet man zum Beispiel im Hause der reichen Do aner in Dschedda, daß sämmtliche Diener, ja oft Lastträger die nächsten Verwandten des reichen Kaufmanns sind, die ihm aus der Heimath nachgeschickt wurden, damit er für sie sorge. Dies thut er, aber er laßt sie nicht müßig gehen, sundern tüchtig arbeiten. Dafür wendet er ihnen aber Vortheile zu und erleichtert ihr späteres Etablissement. Doch ist beim Reichwerden der Do aner nur sehr selten gewagte Speculation, die manchmal schneller zum Ziele führt, im Spiel. New, dieser Reichthum ist ein langsam und mühevoll, aber auf sicherm Grund errichtetes Gebäude. Ist ein Du aner reich geworden, so ist sein einziger Ehrgeiz ein schönes Haus. Aber er zieht sich selten vom Handel zurück. Diejcuigeu, die in ihr Vaterland zurückkehren, sind fast nie reich, sondern haben sich gewöhnlich nur ein mäßiges Sümmchen erspart, auch meist nur kurze Zeit im Ausland geweilt. Ein Dö^aner Krösus weiß, daß die Zustände in seiner Heimath zu unsicher für ihn und seine Habe sind. Er behält seine Heimath im Herzen, aber er sucht sie nicht auf. Ucbrigms lebt er ja auch in Dschedda ganz in heimischen Kreisen und geht fast nur mit seinen Landsleuten um. Von Allem, was in seiner Hcimath vorgeht, ist er stets genau unterrichtet und verliert nie ein reges Interesse an ihr. Die Do aner in Dschedda haben noch ungeschmälert den heimischen Fanatismus bewahrt. Wahrend ich mit ihren Landslcuten in Cairo ganz unbefangen von ihrer Heimath reden kounte, gab hier schon die einfachste Nachfrage danach Anstoß. Herr Rolph, der, wie die meisten Europäer, nichts von jener geheiligten Unzugänglichkcit des Vilad beni 'Isa wußte, beging einmal den Verstoß, geradezu zu erzählen, ich hätte ein Buch darüber herausgegeben und beabsichtige selbst, dorthin zu gehen. Das gab lange Gesichter! Für mich war dies freilich gleichgiltig, denn ich hatte bald gemerkt, daß aus den Do anern von Dschedda auch nicht ein Sterbenswörtchen herauszubringen war. Aber ich bedauerte es meines Gastfreundes wegen. Denn seine ganz unschuldige Bemerkung wurde wie eine schwere Beleidigung, ja Lästerung des Heiligen aufgefaßt, und ihm war ein gutes Einvernehmen mit den Leuteil erwünscht, da er Geschäfte mit ihnen hatte. Ich suchte nnn zu beschwichtigen und gab vor, mein Freund habe mich falsch verstanden. Aber man glaubte mir nicht. Die Grsichter wurden v. Malvaii, Reise »ach Tiid^rabit». 4 50 Industrie der Bürgerfraucn von Dschedda. immer länger! Eisige Kälte brachte das Gespräch zum Stocken und wir fanden es gerathen, aufzubrechen. Ich bat nun Herrn Rolfth, bei allen den „Na", die wir noch zu bc-fuchen hätten, lieber nur vom Kaffee, jenem unerschöpflichen Handels-gesprä'chsgcgenstand, zu reden, aber ja nicht mehr von der Heimath dieser „Bä", fo nannten wir scherzhaft die Do aner, weil alle ihre Familiennamen (Koma) mit Bä (für ebna) anfangen. Unsere weiteren Besuche bei den verschiedenen Vaharün, Vayageba, Väsudän u. s. w. gingen denn auch ganz gut ab, waren aber etwas langweilig, da inzwischen der Ramadan angefangen hatte und diefe strengen Moslems selbst am Abend nur ernste Gespräche führten oder, was sie uns gegenüber am liebsten thaten, bewiesen, daß „Schweigen Gold ist". Durch Frau Nolph, welche viel in arabische Familien kam, erfuhr ich von einer Industrie, von der ich bisher keine Ahnung hatte, da ihre Pro-ducte eben nicht auf den Markt gelangen. Es find dies wunderschöne Stickereien in Gold, Silber und Seide, auf Betten- und Möbelstoffen, welche die Vürgcrfrauen, selbst die reichen, arbeiten. Diese Frauen sind außerordentlich fleißig, nähen und sticken den ganzen Tag. Keine, selbst die reichste, verschmäht übrigens den Lohn ihrer Arbeit, jede nimmt auch Bestellungen an. Frau Rolph erkundigte sich einmal bei einer reichen Araberin, wo sie arbeiten lasfen könne, und diefe wies fic ohne Weiteres an ihre eigenen Töchter, die sich auch dafür zahlen ließen. Die Arbeitspreife sind freilich mäßig. Sonst bestellen nur Moslems diese Arbeiten, wofür fie oft Gelegenheit haben. Es ist nämlich Sitte, die Hochzeitsgemächer (oft ein ganzes Megles) mit in Silber und Gold gestickten Kissen, Betten und Diwanen zu zieren. Diese bleiben nur drei Monate im Gebrauch des jungen Paares, dann kommen Möbel mit Seidenstickerei. Die Vürgerfrauen sind sehr gesellig und halten oft „Frauenkränzchen" ab. Sie nennen sich unter einander „Schecha", d. h. Aelteste, was natürlich nur eine Rangesbezeichnung ist, denn eine Anspielung aufs Alter nehmen sie sehr übel. Bei diesen „Kränzchen" strebt Eine die Andere an Kostbarkeit der Kleider und des Schmuckes zu übertreffen. Das Nivali-siren nimmt übrigens schon auf der Straße seinen Anfang. Jede sucht durch ihr stattliches Gefolge und die Zahl der Laternenträger sich auszuzeichnen. Eine Dame, die für vornehm gelten will, muß wenigstens zwei Laternenträgcr haben und mit was für Laternen! Großen Käfigen, in dmeu ein Mkr Platz hätte. Nm GlaÄüiernm und Wachslicht« Mm Dammgoscllschaft. Griechen in Dschedda. üi für standesgemäß. Ist die Dame recht vornehm, so müssen in jeder Laterne drei Kerzen brennen. Papier- oder ägyptische durchsichtige Ieuglaterncn, sowie Oellamften gelten sin- sehr gemein. Dadurch würde eine Dmne bei den Nesncherinnen des „Kränzchens" ihre sociale „Stellung" einbüßen. Frau Rolph erzählte mir, als sie das erste Mal ein Kränzchen besuchte, habe sie noch gar nichts von diesen Standesregcln gewußt und sei mit einem einzigen Laternenträger gekommen. Ihr Unglück wollte noch dazn, daß in der Laterne auch nnr ein Oellicht brannte. Beim Hingang hatte sie Niemand gesehen. Als sie aber nachher mit einigen Damen zugleich fortging, machte das geringe befolge und der schwache Laternenglanz einen so schlimmen Eindruck, daß Alle die Nase rümpften und sie über die Achsel ansahen. Ihre „Stellung" war ernstlich bedroht, aber ihr Manu meinte: „Nun wart', wir wollen die „Stellung" im Sturm wieder erobern und sie soll sogar höher werden, als die irgend einer Iran in Dschcdda." So gab er ihr denn das nächste Mal vier Laternenträgcr, in jeder Laterne drei Wachslichter, mit. Dieö erregte in Dschedda cin solchcs Auf^ sehen, daß man sich zuraunte, die Iran des Großscherifs sei angekommen. Den Damen des Kränzchens imftonirtc es dergestalt, daß die so reichlich Veleuchtete von nun an für die erste „Schecha" galt. Eine Europäerin, die solche Gesellschaften in Dschcdda besucht, kleidet sich dann auch meist orientalisch oder verschleiert sich wenigstens auf der Straße ganz wie eine Araberin. Nöthig ist es nicht, man ficht aber das (Gegentheil sehr ungern. Von wirklichen nnd angeblichen Europäern leben in Dschcdda, die zwei Consuln, einen französischen Kaufmann nnd Herrn Nolph abgerechnet, nur Levantiner und Griechen und zwar Menschen der unterstell Stände und von etwas zweifelhafter Moralität. Diese sind: Zwei griechische Bäcker mit einem Backofen. Neun griechische Händler, die zusammen drei Läden mit Spiritnosen und Lcbmsmitteln besitzen. Zwei griechische Viehhändler nnd Vrannlweiiwerkäufer. Zwei levantinische Tabackshändler «u ^i-u» und ni ä^wil. Ein lcvantinischcr Apotheker. Außerdem lebt noch ein Malteser hier, der Gerant des „Hotel Ga«-paroli", eines vom verstorbenen Oasparoli, einem Italiener, gegründeten Gasthofes, der mühsam sein Dasein fristet und hauptsächlich von den Türken der geistigen Getränke wegen besncht wird. Natürlich ist das Etablissement bescheiden. Ich hörte jedoch nichts Schlechtes von ihm nnd halte 52 Europäische Consul« und ihre Schutzbefohlenen. es jedenfalls für einen großen Fortschritt, daß überhaupt ein Gasthaus in Dschedda existirt. Wie man sieht, handeln die meisten dieser Leute mit Spirituosm und Branntwein. Dies ist überhaupt die Specialität der Griechen am Rothen Meer. Das Seltsamste bei der Sache ist, daß die Ginfuhr aller geistigen Getränke in Dschedda, weil es im weitern Sinne zum „heiligen Gebiet" gehört, streng verboten ist. Da aber die türkischen Beamten und die Garnison den Schnaps nicht entbehren können, so sieht man durch die Finger und laßt so viel einschmuggeln, als es den Griechen beliebt. Gegen Wein dagegen hält man das Gesetz in seiner vollen Strenge aufrecht, denn dieser ist den Türken, die nur des Rausches wegen trinken, zu schwach. Es ist übrigens ein fürchterlich hitziges Getränk, welches diese Griechen feilbieten. Ich konnte die eine Sorte von dem von den Türken getrunkenen Branntwein ganz gut als Spiritus für die Theemaschine verwenden. Es gab zur Zeit meiner diesmaligen Anwesenheit in Dschcdda (Ende 1870) dort nur zwei Vertretungen europäischer Mächte, nämlich von England und Frankreich. Letzteres hat nur einen Viceconsul (mit 10,000 Francs Gehalt), der zugleich Arzt und Sanitätsagent der internationalen Commission ist. Sein «Kanzler und erster Dragoman war früher ein Le-vantiner, ein gewisser Nicola, der seines Wohlstandes wegen hier eine größere Nolle spielte, als der Consul selbst. In neuester Zeit hat man jedoch dieses Amt einem Franzosen, einem sehr gebildeten Manne, der aber nur algierisches Arabisch spricht, übertragen. Nicola spielt aber nach wie vor die erste Rolle unter den französischen Schutzbefohlenen, zu denen hier auch sämmtliche Griechen gehören. Die französischen Consuln im Orient haben nämlich von jeher ihre Protection mit großer Leichtigkeit anderen Europäern gewährt, während die englischen dies fast nie thun. Außerdem hat der französische Consul sämmtliche Algierer, deren zur Pilgerzeit stets viele kommen, unter seinem Schutz. Der englische Consul (mit 600 Pfd. St. Gehalt uud etwa 200 Pfd. St. Casualien) besitzt jedoch eine noch viel ausgedehntere Clientel, indem alle die zahlreichen Indier und auch viele andere Ostasiaten seinem Schutz empfohlen sind. Er war zur Zeit schon über ein Jahr abwesend und das Cunsulat in Händen eines armenischen Dragomans, eines sehr zuverlässigen und klugen Mannes. Außerdem lebt hier noch ein persischer Consul, der dm Titel „Bey-' führt und ein regelmäßiges consularisches Bureau mit Dragoman, Srcretär u. s. w. hat. Die Verwaltung ist in Händen des Paschas von Dschedda, der wieder Der Pascha von Dschcdda und seine Lobhudler. 53 unter dem von Hegaz steht. Ersterer war zur Zeit Nuri (für Nur ed Dm) Pascha. Er ist ein alter Arnaute und Stockmoslem, der nur türkisch und schlecht arabisch spricht, obgleich er schon seit 20 Jahren hier lebt. Die Sitte besteht, daß fast alle Europäer sowie die Honoratioren unter den Moslems ihn oft besuchen und sogar den Abend bei ihm zubringen, eine etwas negative Unterhaltung. Man sitzt in einem großen von Diwans umgebenen Kiosk, auf allen Seiten dem Winde offen, in dessen Mitte eine Laterne steht, trinkt Kaffee, führt langweilige Gespräche nnd hört, wenn der Pascha guter Laune ist, den Klängen einer Spieluhr zu, die einige italienische Gassenhauer ableiert. Der Pascha hat übrigens die bei modernen Türken sonst felten gewordene Eigenschaft, grob zu sein. Ist ein Europäer nicht sehr gut an ihn empfohlen, so kann er sich gefaßt machen, daß der Pascha bei seinem Besuch kaum Notiz von ihm nimmt. Macht man ihm gar incognito Visite, wie es zwei hochgestellte Italiener (der eine ist jetzt Marineminister) vor zwei Jahren thaten, so thut er, als erMre man gar nicht, erwidert keinen Gruß und läßt sogar nicht einmal den üblichen Kaffee, dieses Minimum officieller Höflichkeit, reichen. Ich wurde etwas besser empfangen, da ich ein officiellcs Empfehlungsschreiben brachte. Aber von eigentlicher Höflichkeit war nicht die Nede. Eines Abends fand ich jedoch den Pafcha in sehr rosiger Laune. Ich entdeckte bald deren Grund. Vor ihm lag ein Stoß von Zeitungen, alle Exemplare einer und derselben Nummer eines in Alcxandrim erscheinenden Journals, worin ein Grieche sein, des Paschas, Lob gesungen hatte. Und weswegen wurde er belobt? Wegen einer Sache, von der Jedermann in Dschedda wußte, daß sie sich ganz anders verhielt, als es das Blatt schilderte, nämlich die Entdeckung mehrerer alter Cistcrnen, deren Wasser Nuri Pascha, Wie das Vlatt sagte, den Spitälern und den Armen unentgeldlich zuwende. Obgleich nun jeder der Anwesenden wußte, daß Alles, was der Artikel sagte, nichts als lügnerische Lobhudelei war, so hörte man doch mit Geduld die Vorlesung und Uebersctzung ins Arabische an, gab sich die Miene, es zu glauben, und machte dem Pascha Komplimente. Auf der Straße brach man nachher freilich in ein homerisches Gelächter über eine solche, selbst im Orient fast beispiellose Comödie aus. Beim Nachhallsegehen nahm mich ein alter Araber, dessen Lippen soeben noch vom Lobe des Paschas übergeflossen waren, bei Seite und sagte mir: 54 Ausgrabung vmi «istermn. Wassermangel. „Willst Dli die Armen scheu, fur die der Pascha sorgt, so lommc morgen mit mir." Da sah ich allerdings ein ganz anderes Vild, als es der Artikel schilderte. Eine Menge Unglücklicher, in Eisen geschlossen, mußte die Ausgrabung einer der nenentdecktcn Zisternen bewerkstelligen. Ich dachte natürlich, es seien schwere Verbrecher, aber mein Veglcitcr belehrte mich eines Andern: „Alle diese Menschen," sagte er, „haben nnr Kleinigkeiten verbrochen oder sind mit den Steuern im Rückstände. Aber der Pascha benutzt ihre Haft, mn sie znm Frohnden zu zwingen und so unentgeldlich Arbeiter zn haben, die er nicht einmal ernährt. So hat er allerdings schon einige Cisternen aufgraben lassen. Was wir aber gestern gehört haben, ist Lüge, denn von allen diesen Zisternen hat noch keine einen Tropfen Wasser geliefert, da es seit ihrer Ausgrabung noch gar nicht regnete. Uebrigens sind diese Zisternen für die nächste Regcnsaison schon verpachtet und werden den Beutel des Pascha, nicht aber den lechzenden Mund dcr Armen füllen. Das ist die Weise, wie er für die Armen sorgt. Er schließt sie in Eisen und läßt sie frohnden und diesen Gefangenen giebt er nicht einmal Wasser, denn sie müssen sich Essen und Trinken von den Ihrigen kommen lassen." Man wundere sich nicht, das; auf das Wasser hier ein so großer Werth gelegt wird, denn in Dschedda ist's damit schlechter bestellt, als vielleicht in irgend einer andern Stadt. Es ist lediglich anf die Cisternen angewiesen, deren es allerdings viele hat. Fast unter jedem Hause sind deren und vor dcr Stadt in der Nähe des Evagrabes findet sich ein ganzes System derselben. Aber was helfen noch so viele Eisternen in einem fast regenlosen Klima? Man kann in Dschedda kaum von einer eigentlichen Regenzeit sprechen. Das, was man hier die Regcnsaisou nennt, das heißt die Monate November und December, verdient nicht jenen Namen. Es ist zwar die Zeit, in der allein es regnet, aber dieser Regen kehrt in ihr keineswegs regelmäßig wieder. Ost bleibt er Jahre lang aus. Im Durchschnitt kaun man annehmen, daß auf drei Jahre eine wirtliche Regenzeit kommt. Im November 1870, als ich in Tschcdda weilte, hatten wir zwar täglich Gewitter, der Himmel war sehr oft umwölkt, der Straßenboden dnrch den gefallenen Regen sogar in Koth verwandelt, aber trotz allcdem war die Menge des gefallenen Regens eine so außerordentlich geringe, daß nur die Nogenmangol. Spcculation mit Trinkwasser. 55 Araber sagten, „wir bekonllnen höchstens den Strcißmkoth, nicht aber Wasser in unsere Cistcrnen." Der December steht gewöhnlich, was die Menge des in ihm fallenden Ncgens betrifft, weit hinter dem November zurück. Als ich Anfangs December Dschcdda verlieft, waren die »leisten Leute schon resignirt, dies Jahr als ein Mißjahr für die Cistcrnen anzn-seheu. Im November war fast nichts in diese gekommen, lind im December erwartete man jetzt anch nichts mehr. Ucbrigens kann man selbst in günstigen Jahren kaum mehr als eine mittlere Füllung der Cisternen erwarten. Ein Uebrrsteigen dieses Mastes Pflegt mir bei Wolkenbrüchm einzutreten. Solche kommen allerdings dor, jedoch im Durchschnitt nnr etwa alle 10 oder 15 Jahre einmal. Die mittlere Füllung versieht aber die Stadt genügend nnr für 7 bis 8 Monate. Im Sommer ist ihr Inhalt zum größten Theil erschöpft. Das Wenige, was dann übrig bleibt, wird außerordentlich theuer verkauft. Der Vertreter des englischen Consuls, der schon viele Jahre in Dschedda lebt, Versichertc mir, das; man im Sommer für den täglichen Wasserbedarf des Consuls oft 5 Franken ausgebe. So viel lostet nämlich dann die Kameel-last, und die Armen würden bei folchen unerschwinglichen Wasserpreisen verschmachten, beständen nicht hier, wie in jeder mohammedanischen Stadt, fromme Stiftungen, damit die Leute umsonst trinken können. Hier geht die Wohlthätigkeit sogar noch weiter, als in anderen Städten, wo man sich begnügt, öffentliche Scbils (Trinkbrunncn) zu errichten; die hiesigen Stiftungen schicken vielmehr ihre Wasserträger in den Straßen hemm, welche die Durstigen umsonst trinken lassen. Man nennt diese dann auch „Se-bil", gleichsam „wandelnde Trinkbrunnen". Indeß haben diese Stiftungen nicht immer einen großen Vorrath, können auch nicht für den Hausbedarf sorgen, und deshalb wäre es gut gewesen, weun man die ncuentdcckten Cisternen nicht bloß auf dein Papier jenes Journals den Armen zugewandt hätte. Leider ist das Wasser hier ein Gegenstand uuerlaubter Speculation und fast monovolisirt von den Cistcrnenbesitzern, die mit der Behörde im Nundc stehen und diese oft zn den gemeinschädlichstcn Maßregeln bestimmen. So verweigerte man vor Kurzem eiuem Hadrami die Erlaubniß, destillirtes Meerwasser, das er mit vielen Kosten herstellte, zu verkaufen, weil man ein Sinken der Preise fürchtete. Auch sieht man es sehr uugcrn, wenn Jemand neue Cisternen errichtet. Versiegen alle Cisterncn, was auch oft genug vorkommt, so ist die 56 Verunglückte Wasserleitung. Stadt auf die Beduinen angewiesen, welche aus dem Gebirge Wasser in Schläuchen bringen. Es wäre freilich ein Leichtes, eine Wasserleitung vom Gebirge herzuführen, und in der That hatte man vor einigen Jahren eine solche hergestellt. Diese war natürlich den Beduinen ein Dorn im Auge, weil sie ihnen einen Verdienst entzog, und so zerstörten sie dieselbe. Nk-mand konnte sie hindern, denn die Macht des Paschas reicht nicht über die Stadtmauern hinaus. egäz. Achtes Capitel. Der wahre Herr von Hegäz. Irrthümer in Vezug auf die türtische Macht in Hegaz. — Mahre Stellung der türkischen Beamten. — Der Großschcrtf. — Sein politischer Einfluß. — Sein Reichthum.—Sein Veamtenftab. —Ohnmacht des Paschas in einem Grbschaftsconflitt. — Ausflug eines Franzosen nach Tayef. — Durch den GroßscheNf aus Gefahr errettet.— Schllttenautorität des Sultans. — Der „Diener der heiligen Städte". — Vorurteilslosigkeit des Großscherifs. — Sein Verhalten gegen Europäer. — Sein edles Benehmen. Glaubt man unseren geographischen Handbüchern oder den osficiellen Berichten europäischer Gesandten in Constantinoftel, so ist der Herr von Hegaz seine Majestät Abdulaziz Chan, der Herrliche, der Siegreiche (wie's auf den Münzen steht). Der Fremde, der nach Hegäz reist, verschafft sich deshalb Empfehlungsbriefe an die Vertreter und Beamten des Snltans. Diese existiren nun allerdings. Ihre Person ist keine Fabel, wohl aber ihre Macht. Auch ich besaß solche Briefe. Sie hätten aber eben so gut an die hier ruhende Mutter Eva gerichtet sein können. Die Würdenträger nahmen zwar die Briefe, verehrten das Siegel des Sultans, versprachen, Alles für mich zu thun — und thaten gar nichts, um mein Verlangen, ins Innere nach den Städten zu reisen, welche nicht im Hedüd cl Haräm (dem heiligen Gebiet) liegen und die der Europäer besuchen darf, zu unterstützen. Ein Anderer würde sich geärgert haben. Ich erkannte jedoch bald, baß diese Herren hier ebenso wenig zu Hause und ebenso ohnmächtig seien, wie ich selbst. 58 Ohnmacht der Türken in Arabien. Dschcdda allein ist unterworfen nnd hat einen Pascha, der es despotisch beherrscht. Dieser ist der Untergebene eines andern, der den pomphaften Titel „General-Gouverneur von Hegaz" führt und abwechselnd in Mekka und Tayef residirt. Aber dieser Pascha ist lediglich eine officicllc Größe, was in Hegaz eine „Null" bedeutet. Er hat einen vollständigen Veamtenstab, aber alle diese Beamten sind wo möglich noch viel mehr „Null", als er. Der wahre Gouverneur ist Niemand anders, als der Großschenf von Mekka. Dieser ist officiell mit gar keiner Politischen Macht betraut. Um ihm zu schmeicheln, hat ihm zwar die Pforte allerlei hohe Titel, wie Pascha erstell Ranges, hohe Orden :c., gegeben, aber nach juristischen Begriffen ist er eigentlich ein Privatmann. Er besitzt freilich eine geistliche Autorität, als Oberhaupt des theokratischcn Adels der Mcktaner Schenfc, der ächten und unzweifelhaften Nachkommen des Propheten. In Mekka glaubt man nämlich wenig an die Aechtheit der anderen nicht hier lebenden Scherife. Jedoch auch dieser religiöse Nang cxistirt mehr wider, als mit Willen der Pforte. Sie erkennt ihn nur an, weil sie mnft. Dieser mit einem religiösen Rang bekleidete Privatmann ist aber in Wirtlichkeit Alles in Allein, höchste Justiz-, Finanz- nnd Administrativ-behörde in Hegaz, nebenbei der Schiedsrichter in den Nechtshändeln eines großen Theils von Arabien, ja selbst von Ostafrika, anßerdem der reichste, ja fast der allbesitzende Grundherr von Mekka, Täycf, Dschedda :c. Seine schiedsrichterliche Autorität reicht viel weiter, als die des Sultans. So hätte zum Beispiel Italien nie die Bai von Ahsab in Ostafrika erworben, wenn nicht der Großscherif den Verkäufer brieflich günstig gestimmt hätte. Zu keinem andern Zweck, als um diese Vermittlung zn erlangen, hatten sich Professor Sapeto und Admiral Acton (jetzt Marincministcr) eine Zeit lang incognito in Dschedda aufgehalten. Sogar die Pforte mußte sich, als sie vor einigen Jahren mit mehreren südarabischen Fürsten, wie dem Snltan von NiVAli und dein Nc-gib von Makalla, diplomatische Verhandlungen anknüpfte, Einführungsund Empfehlungsbriefe vom Großschenf für ihre Agenten verschaffen — demüthigend genug für den „Beherrscher aller Gläubigen!" Mekka ist eben ein heiliges Land und die Bewohner von Hcgaz, meist sehr unbändige, freiheitsliebende Menschen, beugen sich nur vor einem hochverehrten religiösen Erbrang, durch dirccte Abstammung vom heiligsten aller Moslems begründet, weil sie eben gläubige Moslems sind. Eine Wichtigkeit der Autorität des Großscherifs. 59 bloß weltliche Autorität verspotten sie, besonders die türkische, die sich hier im letzten Jahrhundert stets ohnmächtig gezeigt hat. Der Großscherif hat nebenbei die zahlreichste directe lind indireete Clientel. Die directe besteht aus den Beamten uud Verwalter» sowohl seines ausgedehnten Besitzstandes, wie der vielen frommen Stiftungen, deren Erbvorstand er ist; die indirccte aus sämmtlichen mohammedanischen (Geistlichen, deren Zahl Legion ist, und deren keiner sich trauen würde, einem Wink des Gronschcnfs nicht wie einem Befehle zu gehorchen. So sind in jeder Stadt von Hcgaz mehr Beamte des Großscherifs als des Sultans. Officiell haben diese gar keine Autorität, aber wie sich die Sachen in der Praxis gestalten, so vermögen sie in Justiz- uud Verwaltungs-angelegenhciten viel mehr, als die offieicllen Beamten. Man sieht, es bestehen also in Hegäz zwei Regierungen, jede mit einein vollständigen Beamtenstab, die eine, die offieielle, welche aber ein Kinderspott ist, die andere, welche juristisch keinerlei Autorität hat, aber iu Wirklichkeit alle rechtlichen Befugnisse ausübt. Die Consuln werden durch diesen Dualismus oft in Verlegenheit gesetzt. Sie sind nur bei den türkischen Behörden beglaubigt, aber von diesen können sie nichts erlangen, nichts hoffen. Zum Groftscherif dagegen haben sie durchaus keine amtliche Beziehuug. Aber sie merken bald, das; sie ohne ihn gar nichts erreichen können. Sie müssen also zu dem Ausweg greifen, alle wichtigeren Angelegenheiten so zu sagen anf dem Privatwege abzumachcu, da ja der Oroßschcrif, der ihuen allein zum Nccht verhilft, amtlich für sie nichts ist, als ein Privatmauu. Diese seltsamcu Widersprüche, die Ohnmacht der officiellen Behörde, die factischc Autorität des Großscherifs, wurden u. a. recht deutlich durch einen Fall an den Tag gelegt, welcher sich vor Kurzem ereigucte. Beim Tod eines reichen indischcu Kaufmannes, der in Dschedda gelebt hatte, war es dem Qadi (den: religiösen Nichter) eingefallen, dessen Erbschaft ganz so zu behandeln, als ob der Verstorbene ein Dscheddaner, d. h. türkischer Unterthan, gewesen wäre, nnd folglich die Siegel auf dessen Nachlas; zu legen. Dies konnte der englische Consul, unter dessen Schutz alle Ost-indier stehen, nicht dulden. In ciuer weniger fanatischen Provinz der Türkei hätte es gar leine Schwierigkeit gnuacht, diese Siegel, die den Verträgen zuwider aufgelegt waren, ablösen zu lassen. Aber in den: fanatischen Hegnz konnte Niemand so etwas wagen; denn cm Qadi ist eine nligiösc Nespectsperson, dessen Würde von allen Orthodoxen heilig gehalten 60 Conflict zwischen Pascha und Großscherif. wird, und das gewaltsame Erbrechen seines Siegels häite vielleicht ernstliche Unruhen hervorrufen können. Wenigstens schienen die beiden Paschas dies zu glauben. Sie geriethen in Todesangst, als der englische Consul ihnen zumuthete, durch ihre Polizeisoldatcn die Siegel lösen zu lassen. Nach vielem Hin- nnd Hcrgeschreibe erklärten endlich die Paschas: die Sache sei ganz unmöglich, das Siegel eines Qadi heilig und das Verlangen des englischen Consuls gegen die Religion des Islam gerichtet. Um ihre Schwäche zu maskiren, hatten sie sich selbst auf die Seite des Fanatismus geschlagen, vielleicht auch nebenbei in der Hoffnung, sich dadurch Freunde in dem fanatischen Hegäz zu machen. Der Consul konnte sich dabei natürlich nicht beruhigen. Seine Pflicht gebot ihm, die Sache an den Gesandten in Constantinopel zu berichten, und er stand im Begriff, dies zu thun. Da gab ihm jedoch ein Kenner des Landes den Rath, vorher die Angelegenheit dem Großschenf mitzutheilen nnd um dessen Rath zu bitten. Diese Mittheilung wirkte Wunder. Der Großschenf schickte ganz einfach seinen Gutsverwalter hin, und dieser löste die Siegel. Er, als höchste religiöse Respectsperson, konnte sich das erlauben; der Pascha hätte es nicht vermocht. Ihm allein konnte ein solcher Bruch der Satzungen hingehen, da selbst der Qädi gewissermaßen sein Untergebener ist; denn auch dicQädi's, wie fast alle geistlichen Beamten, sehen im Großschenf ihr, wenn auch nicht officielles, so doch factischcs Oberhaupt. Jeden andern hätte dieser Schritt unpopulär gemacht. Nicht so den Schcnf. Im Gegentheil, man rechnete es ihm noch hoch an, daß er dadurch den Conflict, welchen die Klage beim Gesandten hervorrufen mußte, vermieden habe. Beim Pascha aber würde man, hätte er dasselbe gewagt, dies ganz anders beurtheilt, und sein Benehmen einer Lauheit im Glauben uud strafbarer Nachgiebigkeit gegen die Europäer zugeschrieben haben. Die Türken, welche bekanntlich eine sogenannte Reform, die europäisch sein soll, und hier zu Lande wirtlich für europäisch gilt, angenommen haben, stehen bei den fanatischen Bewohnern des HeHäz ohnehin nur zu sehr im Verdacht, schlechte Moslems und Freunde der Europäer — was sie, nebenbei gesagt, durchaus nicht sind — zu sein, und müssen deshalb streng alles vermeiden, was auf Laxheit in der Orthodoxie oder Bevorzugung der Ungläubigen schließen lassen könnte. Einen noch größern Triumph feierte der Einfluß des Großschenfs vor einigen Jahren bei Gelegenheit der Reise eines französischen höhern Seeoffmers nach Tayef. Hier hatte der Schenf die Genugthuung, daß Der Pascha muß die Hülfe des Scherifs anrufen. 61 der Pascha, die eigene Ohnmacht bekennend, flehentlich seine Hülfe anrufen mußte, um ihn aus einer Verlegenheit zu befreien, aus welcher er sich ohne ihn nicht hätte retten können. Jener Franzose war nut türkischem Fermau und Escorte nach Tayef, der Sonunerresidenz von Pascha und Schenf, gereist, um diese beiden Würdenträger zu besuchen. Da er Hegäz nicht kannte, so beging er einen ersten Verstoß, indem er dem Pascha viel mehr Aufmerksamkeit schenkte, als dem Scherif. Hatte er dadurch schon alle Araber gegen sich eingenommen, so erregte ein zweiter, gröberer Verstoß, der aber ächt französisch war, noch diel ernstlichere Mißstimmung, und führte zu den bedrohlichsten Vorfällen. Der Seeofficier befand sich nämlich zufällig am 15. August, dem sogenannten Napoleonstag, in Tayef und beging die Ungeschicklichkeit, in dieser fanatischen Stadt, in welcher nie ein europäisches Banner erblickt worden war, zur Feier jenes Tages die französische Flagge aufzupflanzen. Nun muß man die fast abergläubische Furcht, welche alle Araber schon seit Jahren vor europäischer, namentlich französischer Besitzergreifung haben, und das Mißtrauen kennen, mit dem sie jedes europäische Kriegsschiff in ihre Häfen einlaufen sehen, um zu bc-grcifeu, daß alle obwaltenden Umstände, die Landung des Franzosen auf einem Kriegsschiff in Dschedda, seine Reise nach dem fast nie von Europäern besuchteu Täyef und nun vollends das Aufpflanzen der französischen Flagge im Herzen von Hegaz allgemeine Ueberraschung, Mißtrauen und Entrüstung hervorrufen mußten, die bald ein bedrohliches Zusammenrotten bewaffneter Volkshaufen (alle ächten Araber sind bewaffnet) zur Folge hatten. Im Nu war eine der zwar ziemlich starken, aber in diesem Fall ohnmächtigen Escorte weit überlegene bewaffnete Schaar um das Haus des Franzosen versammelt, drohte dieses zu stürmen und dem verhaßten Fremden den Garaus zu inachen. Der Pascha verlor sein ABC in dieser gefährlichen Angelegenheit. Einestheils wußte er, daß, wenn dem Franzose»: ein Leid geschähe, seine Stelle, ja vielleicht sein Kopf auf dem Spiele stände. Andcrutheils war er überzeugt, daß der geringste Widerstand von Seiten seiner Truppen, welche die Escorte des Franzosen bildeten, ihm und ihnen das Leben kosten würde. In dieser seiner Noth blieb ihm nichts übrig als seinen äous ox maekina, den Großschcnf, anzurufen, der zwar, um seine Macht recht deutlich an den Tag zu legen, sich lange bitten, aber schließlich doch erweichen ließ. Dem Scherif gelang es mit Leichtigkeit, die wüthenden Gläubigen zu beruhigen, uud er genoß also den doppelten Triumph: den Pascha offen seine Ohnmacht eingestehen, 62 Der Sultan als «Diener der heiligen Städte«. und den Franzosen, der ihn anfangs nicht mit dem gehörigen Respect behandelt hatte, seinen Irrthum erkennen zn sehen. Niemandem außer dein Scherif hätte aber so etwas gelingen können. Er ist in der That der wirkliche Herr des Landes. Der Snltan sieht zwar seine nominelle Oberhoheit in Mekka anerkannt, aber er erreicht auch dies nur durch die Geschenke und hohen Gehalte, die er dem Schcnf, seiner Familie und allen religiösen Beamten in Mekka lind Medina giebt. In Wirklichkeit ist seine Autorität in dem heiligen Gebiete mehr geduldet als anerkannt. Wollte er es versuchen, auch nur einen Piaster Steuer hier zu erheben, so wäre es um seine Oberherrlichkeit geschehen. Selbst diese Oberhoheit muß sich officiell in das Gewand der religiösen Demuth kleiden. Der Sultan führt nämlich nicht etwa den Titel „Herr des heiligen Gebietes", sondern einen solchen, wie er dem „Knecht der Knechte Gottes", der Päpste, entspricht, nämlich denjenigen: „Diener der heiligen Städte". Ein Mekkaner, den ich fragte, ob der Sultan Steuergelder aus Mekka beziehe, antwortete mir entrüstet: „Wie soll er Steuern aus einer Stadt beziehen, deren Diener er sich nennt?" Aus einem ähnlichen Grund unterläßt es auch wohl der Großherr, zahlreiche Truppen hierher zu schicken und das Land definitiv zu erobern, was ihm freilich die Beduinen sehr schwer, wenn nicht nninoglich machen dürften. Er würde durch einen solchen Schritt allen religiösen Nimbus einbüßen, der ihn als Oberhaupt des Islam umgiebt, und als Entschädigung selbst im glücklichsten Falle sehr wenig weltlichen Vortheil erzielen; denn Hegäz ist eine arme Provinz, nnd die Bevölkerung vielleicht eine der unlentsamsten des ganzen türtischen Reichs, zu dem sie nominell gehört. Der Snltan findet es daher zweckmäßiger, die Sachen in dem alten Schlendrian fortgehen zn lassen, und begnügt sich, den Schein seiner Oberhoheit durch eine Anzahl hier sonst ganz unnützer Beamten und Militärs aufrecht zu erhalten. Der Großschenf ist durchaus kein fanatifcher alter Moslem, sondern soll sehr vornrtheilslos sein. Auch sieht er Europäer nicht ungern. Als er in Constantmopel war, soll er sogar sehr frei und vergnügt gelebt haben. In Aegaz kann er das nicht. Sein religiöser Rang nöthigt ihn zu einer gewissen äußerlichen Aufteritüt. Als er das letzte Mal in Dschedda war, wurde diese auf eine komische Probe gestellt. Er bekam nämlich eine Visite von einer europäischen Consulsgattin. Dergleichen geht jetzt nun freilich überall, nur nicht in Hegaz, wo man noch die alten strengen Begriffe hat, wonach ein Mann nur seine eigenen Frauen sehen darf. Die Der Großschorlf in Verlogenheit. 63 Dame setzte ihn als» in nicht geringe Verlegenheit. „Er darf sie ja gar nicht ansehen," sagt» mir ein Metnaf. Der Scherif blickte deshalb anf den Boden, obgleich die Dame lange blieb und sehr lebhaft war. In Stam-bnl hätte ihn eine solche Visite wahrscheinlich amüsirt. Hier aber mußte er höchst vorsichtig sein nnd dnrchaus jeden Ausdruck des Wohlgefallens an diesem Vejuch vermeiden, denn das hätte seinem Ansehen sehr geschadet. Sein Gefolge war übrigens außer sich über die Dame nnd ihre Zudringlichkeit, wie man's nannte. Man beschuldigte sie geradezu, das Herz des Schenfs erobern zu wollen. Sie kam dadurch förmlich in Verruf in Dschedda. Der Großscherif ist sehr freigiebig mit Geschenken und Einladungen. So schenkt er den Eonsuln, die doch gar nicht bei ihm beglaubigt sind, oft werthvolle Pferde, während die wirklichen officiellen Größen, an die sie von ihrer Negierung gewiesen sind, ihnen kein Glas Wasser geben. Wenn er in Dschedda ist, giebt er Diners, wozu auch Europäer kommen, eine große Seltenheit bei vornehmen Arabern. Da man hier mit Europäern nicht wählerisch ist und, wie überhaupt im Orient, einen für so gut oder so schlecht wie dm andern hält, ^so kommen auch oft sehr zweifelhafte Individuen zur Ehre der Einladung. Einer derselben, ein Grieche, vergalt sogar die Gastfreundschaft durch Aneignung verschiedener vergoldeter Cou-verte. Als der Großschenf es erfuhr, benahm er sich sehr nobel. Er sagte: „Wenn der Mann vergoldete Couverte aus meiucm Hause davontrug, so nehme man daraus den Beweis, daß ich sie ihm geschenkt habe. In mein Haus kommt kein Dieb, am Wenigsten an meinen Tisch." Kein Wunder, daß die Araber die Europäer verachten, denn ähnliche Dinge sind leider keine Seltenheit'. HeHa z. Neuntes Capitel. Der Ramadan in Arabien. Wichtigkeit des Ramadan. — Bestimmung seines Anfangs. — Der Bote von Mekka.— Nächtliche Geschäftigkeit. — Lebhaftigkeit des Markts. — Der Sklavcnmarkt. -^ Negersklaven, — Abefsinier. — Wohlfeilheit der Sklaven. — Die Tagesqualen der Fastenden. — Ihre Streitsucht. — Oerichtsslillstand, — Der Diwan beim Pascha. — Eine Comüdic. — Der gefangene Koch. — Ein witziger Verbrecher. — Beilegung eines komischen Conflicts. — Ein orientalischer Diplomat. — Vergnügungen im Na-madkn. — Das HUttcndorf. — Fanatismus leichtfertiger Frauen. — Monotonie des Ramadan in Dschedda. Wer am Leben der Morgenländer Interesse nimmt, der wird es vorzüglich im Ramadan beobachten. Zu keiner andern Zeit offenbart sich dieses Leben charakteristischer. Der oberflächliche Reisende wird freilich be-hauftten, daß, wer den Ramadan in einer moslemischen Stadt gesehen, ihn in allen gesehen hat. Wer aber eingehend beobachtet, wird finden, daß, wie in anderen Sittmzügen, so auch in diesem, interessante locale Unterschiede walten; und diese geben der Sittenschilderung ihre Würze. Jedes Land des Orients hat seine eigene Physiognomie auch hierin. In jedem meiner früherm Reisewerke habe ich darum dem Ramadan (bald in Tunis, bald in Algerien ?c.) ein Capitel gewidmet. So will ich es auch hier thun. Es wird aber kürzer werden, als seine Vettern, denn 'im heiligen Hegaz ist der Ramadan auch zu heilig, um viel Unterhaltungsstoff zu bieten. Dieser Monat, in welchem dem Moslem das beschwerliche Fasten bevorsteht, wird dennoch von ihm herbeigesehnt; je heiliger man ist, desto Frühmarft im Ramadan. - 65 sehnlicher, in dem fanatischen Hegäz also mit verdoppelter Inbrunst. Da die astronomische Bestimmung nicht genügt, sondern der Neumond von glaubwürdigen Schohud (Zeugen) gesehen worden sein muß, und er im Jahre 1870 in Dschedda in die Regenzeit fiel, so war man dort im Unklaren, wann die Fasten beginnen. Am Abend des 23. November stand Neumond im Kalender. Man vernahm aber nicht den Kanonenschuß des Sonnenuntergangs, welcher den Ramadan ankündigt. Alles bereitete sich vor, den nächsten Tag noch zum Scha ban-Monat zu rechnen. Da Plötzlich weckte in später Nachtstunde ein Kanonenschuß die Dsched-daner. Der Mond war in Mekka gesehen worden und ein Reiter hatte in 5 Stunden den Weg hierher, zu dem Pilger anderthalb Tage brauchen, zurückgelegt, um die Nachricht zu bringen. Da Mekka Autorität bildet, so war die Frage entschieden. Es halt freilich schwer, den Moslem zu einer so schnellen That zu bewegen. Aber der Aufnng des Ramadan ist eine so wichtige Sache, Wohl und Wehe scheint so ganz von ihm abzuhängen, daß selbst ein mohammedanischer Bote fähig wird, in 5 Stunden von Mekka zn kommen. Dieser Bote wird stets reich belohnt, uud ist für den ganzen Monat der Gast des Gouverneurs. Nun war aber ganz Dschedda in Verlegenheit gesetzt. Viele hatten ihre Einkäufe auf morgen verschoben. Das Schlimmste war, daß es den Meisten am Frühmahl fehlte, was im Ramadan vor der Morgendämme-rung genossen wird. Daher entstand mitten in der Nacht ein geschäftiges Treiben und Hin- und Herlaufen. Jeder snchte von seinem Nachbar zu borgen, da die Läden geschlossen waren. Viel kam nicht dabei heraus, denn die Moslems sind schlechte Vorrathssammler, uud so begannen die Meisten den Tag wirtlich nüchtern. Das war ein hartes Fasten, die vollen 12 Stunden ohne Morgenprovision. Dadurch kam es, daß am ersten Ramadan-Morgen dies Jahr der Markt noch besonders lebhaft war, während er sonst ill diesem Monat sich erst um Mittag belebt. Die Läden öffneten sich früh; Karavanen durchzogen lärmend die Straßen; überall liefen gravitätische Moslems mit Körben umher; der Fischmarkt war im vollen Glanz nud Leben. Selbst die halbwilden Beduinen, mit dem krummen Dolch im Gürtel, dem vergoldeten Kopfwlilst und dem blauen Hemd machten einen letzten Ueberfall über Stadt und Markt: friedlich uach ihrer Auffassung, aber von sehr räuberischem Aussehe:,. Mich litt es uicht zu Hause. Ich mußte das bunte Leben mit an- 66 Sklavenmarkt in Dschedda. sehen. Die Belebtheit des Marktes war eine außerordentliche. Nicht nur ganz Dschedda schien hier zusammengeströmt, sondern auch drei Pilgerschiffe waren angekommen und die ganze Stadt mit weißen Hhramträgern in der gewohnten, malerischen Halbnacktheit angefüllt. Ich kannte zwar viele Budenbesitzer. Aber heute sah mich keiner. Sie hatten alle vollauf zu thun. Nachdem ich die bekannten Läden aufgesucht hatte, gerieth ich an ein mir noch neues Kaufhaus, wo zwar keine Waare, wohl aber eine Menge Schwarzer zu sehen war. Ich erkundigte mich nach der Bestimmung dieses Hauses. Aber Niemand wollte heraus mit der Sprache. Ich hatte den Sklavenmarkt entdeckt, der hier trotz Verträgen und Reformen noch ganz offen gehalten wird. Nur gegen mich, wie überhaupt gegen Europäer war man mißtrauifch. Früher haben nämlich die Consuln diesem Verkehr oft mit Erfolg gesteuert. Aber dieser Eifer ist erkaltet. Auch die Consuln entgehen dem Einfluß des Orients nicht. Die Apathie der Orientalen steckt sie au und lahmt ihre Schwingen. Zudem sehen sie auch bald ein, daß Alles, was sie erreichen, nur elendes Stückwerk ist. Fast jeder neue Consul kommt zwar mit eifrigen Vorsätzen her, bald aber erlahmt er, tröstet sich mit dem „Inschallah" (Wie es Gott gefällt) dcr Orientalen und läßt die Dinge gehen, wie sie gehen wollen. So ging's auch in Bezug auf das Sklavenwefen in Dschedda; da lange kein Consul mehr Einsprache dagegen erhob, so hat es sich nun wieder aus seinem Versteck herausgewagt und steht jetzt von Neuem in verhültnißmäßiger Blüthe. Es war ein seltsames Oefühl, das mich erfaßte, als ich diesen Stlaven-markt betrat. Wirkte einestheils die fürchterliche Häßlichkeit, die dicken Lippen, Plattnasen, der stupide Ausdruck und dabei das blödsinnige Lachen der echten Neger abschreckend auf mich, so konnte ich mich andererseits doch nicht des Mitleids erwehren, wenn ich sah, wie um diese menschliche Waare von einigen rohen Beduinen, die sie in barschester Weise anschrien, betasteten, auszogen, kurz wie ein zu kaufendes Thier behandelten, gefeilscht wurde. Besonders erregt wurde jedoch mein Mitleid durch den Anblick der abessinischen Sklaven, die sich von den Negern im Aeußern aufs Vortheilhafteste unterscheiden, ebenso regelmüßige Züge, wie die meisten Europäer, und dabei fast immer einen höchst gewinnenden, sanften, halb schwärmerischen, halb melancholischen Gesichtsausdruck besitzen. Diese Leute als menschliche Waare zu behandeln, kommt uns fast ebeuso vor, als wenn man unsere Landsleute verkaufen würde. Bei den echten Negern berührt uns die Sache weuiger fühlbar, besonders da diese, wie ihr beständiges Abessmische Sklaven und Neger. 67 Lachen andeuten dürfte, ihr Loos gar nicht so schwer zu empfinden scheinen. Unter den Abessiniern dagegen sah ich keinen einzigen lächeln. Stumme Resignation, stille Schwermuth lag auf allen Gesichtern. Solche Menschen so roh behandelt zu sehen, kam mir empüreud vor. Die Araber dagegen scheinen gar keinen Unterschied zwischen den Abessiniern und den echten Negern, die doch so tief unter jenen stehen, zu machen. Im Gegentheil, sie scheinen sogar mehr Sympathie mit Letzteren zn hegen. Der echte Neger, der so gut wie keine Religion besaß, ehe er Sklave wurde, ist dem gewöhnlichen Moslem auch deshalb willkommen, weil bei ihm alle Cultusbegriffe tawi^ I-H89, sind, auf der mit Leichtigkeit das dürftige Gebäude Uon Abcrglanben, die spärliche Dosis religiöser Erkenntniß, die der Araber dem gewöhnlichen Sklaven zu Theil werden läßt, eingegrabm werden kann. Der Abessinier dagegen war in den meisten Fällen Christ, ehe er in Sklaverei fortgeschleppt wurde; schon aus diesem Grunde ist er oft dem Moslem verhaßt; dann genügt ihm selten eiue so niedere Stufe von Cultusbrgriffen, wie die, mit der die Neger abgefunden werden. Auch dieser Gegensatz der Confesswnen des Sklaven und des künftigen Herrn ist geeignet, tiefes Mitgefühl mit den Nbessiniern zu erregen. Wie schwach auch immer ihre eigene Erkenntniß sein mag, so muß ihnen doch der Fanatismus der Moslems im höchsten Grade drückend erscheinen, der Alles, was man sie in ihrer Jugend gelehrt, verdammt. Dieses Mitgefühl zu steigern, trägt gleichfalls die örtliche Nähe ihres Vaterlandes bei. Wenn man bedenkt, daß dieses Vaterland nur wenige Tagereisen von hier entfernt ist, so wird der Contrast zwischen der Freiheit, die sie dort genossen und dein jämmerlichen Stande, welcher hier ihr Lous ist, uns besonders nahe gelegt. Man hat viel von der guten Behandlung der Sklaven von Seiten der Moslems gesprochen. Im Ganzen hat es damit auch seine Richtigkeit. Doch giebt es Ausnahmen. Die Beduinen zum Beispiel behandeln ihre Sklaven nicht viel besser, als das liebe Vieh. Außerdem können die Herren oft mit dein besten Willen dem Sklaven kein erträgliches Loos bereiten, da sie selbst kaum das tägliche Brod haben. Hier hat nämlich Jedermann Sklaven, Reiche Wie Arme. Der Ankauf lostet zwischen 30 und 80 Thaler, und dafür hat man also umsonst einen Diener, dessen Bekleidung nnd Unterhalt auch keine großen Auslagen erfordert. Man giebt ihm ein Lendentuch lind täglich ein Stück trockenes Brod; mehr bekommen die allerwenigsten Sklaven. Die Arbeit, die man von ihnen fordert, ist freilich "uch nicht groß, aber immer noch groß für die maugelhafte Ernährung. 68 Brachiiegcn der Geschäfte im Ramadan. In den Schiffen gar gehören die Sklaven so zu sagen zum Inventar. Oft sah ich in Dschedda Neger, die Tag und Nacht in einem Kahn zubrachten. Ihr Herr war eiu armer Bootsmann, der aber trotzdem Sklaven gekauft hatte, weil sie ihm sehr nützlich waren. Dieser erste Tag war übrigens auch der letzte in diesem Monat, an dem Sklaven verkauft wurden. Wie alle Geschäfte, so ruht auch dieses im heiligen Monat. Der ganze Handel beschränkt sich auf den täglichen Consmn. Die Kaufleute und wohlhabenderen Männer bleiben über Tags zu Hause und die Straßen sind hauptsächlich dem zahlreichen bettelarmen Volk überlassen, an dem jede moslemische Stadt Ueberfluß besitzt. Die Kaffeehäuser, die zwar so zu sagen geschlossen sind, bieten diesem Volt dennoch insofern ein Asyl, als vor jedem zahlreiche Bänke auf der Straße stehen und natürlich nicht hineingeuommeu werden; das wäre eine hier zu Lande ganz unerhörte Vorsicht. Da sitzen sie gelangweilt und im Halbschlaf die Zeit vergähnend. Die gewohnte Cigarette oder Wasserpfeife, die hier selbst der Aermste raucht, entbehren sie schwer. Ihre Laune ist gewöhnlich über Tags eine sehr schlechte. Auch ist es sprichwörtlich geworden, daß der Ramadan ein Monat des Zanks und Streits ist. Fast täglich sieht man Scenen von Raufereien und Prügeleien in diesem heiligen Monat. Ja, man behauptet sogar von manche»: Leuten, die der derbern Classe des Volks angehören, daß sie keinen Abend die Fasten brechen, ohne vorher ihr kleines Streitchen, das oft ein großes wird, „genossen" zu haben. Ein solches gemüthliches „Streitchen" ist für diese Leute ein nothwendiges Ramadan-Vergnügen, etwa wie rohen Nordeuropäern der „Sonntagsrausch". Die vornehmere Classe der hiesigen Bevölkerung läßt sich im Ramadan nicht viel blicken. Vei Tage schlafen diese Herren, stehen höchstens gegen 2 Uhr Nachmittags auf; dann sind noch drei Stunden bis zum Bruch der Fasten und diese werden gemüthlich verdämmert. An Geschäfte denkt Niemand; die ganze Regierung scheint zu schlummern. Gs ist förmlich ein Sprichwort: „Im Ramadan giebt's keine Regierung lind kein Gericht." Sicher ist, daß lein Richter in diesem Monat Recht spricht. Kein Schnldner kaun zum Bezahlen angehalten werden; kurz es ist ein wahrer Schlaraffen-Monat. Nur die Präventwgefangenen, welche oft ganz unschuldig in Untersuchungshaft kamen, verwünschen diesen Monat; denn da es in ihm leine Gerichtssitzungen giebt, so bleiben sie ruhig im Gefängniß, gleichviel, ob schuldig oder unschuldig. Selbst die Europäer können in diesem Monat nicht zu ihrem Recht Abendbesuche im heiligen Monat. tt'9 kommen. Ich kannte einen, welcheiu zwei Tage vor dcni Ramadan cine Summe Geldes gestohlen worden war lind dessen, vom Consul unterstützte Klage man nicht einmal anhören wollte, weil „esNamadan sei". Nach dem heiligen Monat wird natürlich der Dieb das Geld verzehrt und der Europäer das Nachsehen haben. Dies Alles gilt freilich in bevorzugtem Grade nur von hier, vom heiligen Gebiet von Mekka uud Medina, wo der alte Islam mit all' seinen guten und schlechten Seiten noch in seiner ungeschwächten Kraft fortbesteht. Dies mag im Ganzen recht viel Nachtheile mit sich bringen; aber, ich weiß nicht, ob ich diesem Wesen nicht am Ende noch den Vorzug vor dem elenden Zwitterznstand von Civilisatwnscomödie nnd halber Cultur, die von Europa nnr die Laster eutlehnt, wie Aegypten uns ein Beispiel liefert, geben soll. Dieser Monat ist mehr als ein anderer die Zeit der großen Staatsvisiten bei Pascha und Vornehmen. Jeden Abend sitzen diese Persönlichkeiten, rauchend und Kaffee trinkend, in ihrem „Megles" oder „Divan" und erwarten die Besnche. Nur iu den ersten Tagen ist es nicht Sitte, solche zu machen. Dann bleibt gewöhnlich jede Familie für sich. Hier in dem heiligen Gebiet ist man so fromm, diese ersten Abende mit Absingen des Qoran zuzubringen. Selbst die Kanflcute thuu dies. Eines Abends wollte ich einen besnchen, vernahm aber auf seiner Thürschwelle schon den näselnden Singsang, mit dein der Qoran abgeleiert wird, und hütete mich also wohl, die fromme Nebnng zu unterbrechen. Sind aber die ersten Abende vorbei, dann gehen die Bcfuche an. Der erste gilt gewohnlich dem Pascha. Dort findet man die ersten Beamten, die reicheren Kausieute, dir den Abend in ziemlich langweiligen Gesprächen, oder mit Schweigen, das nach betn arabischen Sprichwort bekanntlich „Gold" ist, zubriugen. Dort war's auch, wo sich in einer Ramadan-Nacht eine Comödie abspielte, in der lch selbst halb Statist, halb Mitspieler wurde. Herr Rolph. bei dem ich wohnte, hatte nämlich Plötzlich den Verlust seines Kochs zu beklagen. Wir blieben ohne Essen, aber wo blieb der Koch? Es hieß er sei auf Befehl der französischen Consulm arretirt worden. Sicher war, daß er saß, aber auch, daß sein Vergehen kein schweres. Worin es bestand, erfuhr ich nicht mit Bestimmtheit. Es wird in Dschedda so viel geklatscht, baß man nichts glauben kann. Er sollte aber die Cousnlin „beleidigt" haben, wenn es eine Beleidigung war, daß er ihren Dienst verließ, um den von Herrn Rolph anznnchmen. 70 Eine Gerichtscomödie. Wir konnten dies natürlich nicht dnlden. Da es in Dschedda nur zwei Consuln giebt, so wandten wir uns an den englischen, an welchen ich empfohlen war, znr Zeit durch einen Vertreter, einen Armenier, reftrü-sentirt, und zogen mit diesem zum Pascha; denn nur er konnte helfen. Er wollte aber gar nicht dran. „Man muß der Französin das kleine Vergnügen gönnen. Was liegt denn an einem Koch?" meinte er. Uns lag natürlich daran, denn in Dschedda findet man keinen, sondern muft solche Diener aus Suez kommen lassen. Sehr generös offerirte zwar der Pascha seine eigene Küche. Aber Gott weiß was wir dann zu essen bekommen haben würden! Ich kenne türkische Küche! Nur der Pilaff ist genießbar. Dieser fehlt aber bei den Vornehmen oft, da er ein plebejisches Gericht ist. Die Großen ergötzen sich statt dessen an schrecklich fetten Ragouts mit Knoblauch, Zwiebeln und ranziger Butter, sowie öligen Süßspeisen. In einer einzigen Ramadännacht folgten fich die drei Acte diefes Lustspiels. Im ersten zogen wir erfolglos ab, ließen aber die Drohung zurück, die Sache nach Stambul zu melden. Der Armenier sagte „Peki" (sehr wohl), als der Pascha sich weigerte, der Pascha „Peki", als der Armenier drohte. Der Türke sagt immer „Peki", anch wenn die Sache ihm nicht gefällt. Aber trotzdem bedachte er sich doch. Schnell wurde aus den Namadän-Oästen ein Megles (Gerichtshof) improm'sirt, in welchen: auch zwei griechische Vranntwcinhändler ihre Stimmen abgaben. Türken haben eben über Europäer eine so niederträchtige Meinung, daß sie gar keine Bildungs- oder Moralitätsstufen unter ihnen anerkennen. Als sie noch nach Willtür schalteten, waren alle Europäer gleicherweise „kelb ibn kclb" (Hund, Sohn des Hunds). Jetzt, da sie Europäer resftectiren müssen, rächen sie fich dadurch, daß sie auch die anrüchigsten den anständigsten gleich hoch stellen. Wäre ein Consul beim Megles anwesend gewesen, man hätte ihm keine höhere Ehre erweisen können, als die, welche jetzt den Branntweinhändlern (meistens notorischen Schurken, Vrcwos u. s. w.) widerfuhr. Man beschloß den Koch zu citiren. Als dieser kam, schnaubte ihn der Pascha an: „Also wegen einem Hund^ wie Du bist, muß ich solche Unannehmlichkeiten haben? Was machtest Du bei der Consulin?" „Ich war ihr Koch;" hieß es. „Warum hast Du sie verlassen?" „Weil sie mich schlug." „Das wollen wir nicht hören. Sag' einen andern Grund," brummte Gin schalkhafter Koch vor dem Pascha. 71 der Pasch«, der natürlich nichts Beleidigendes über die Consulin gesagt wissen wollte. „Weil sie einen andern Koch hat und mein alter Herr zurückkam." „So? Wieviel Diener hat die Consnlin?" „Sie hat einen Koch, einen Küchenjungen, einen Kanunerdiener, einen Kawaß, einen Laufburschen, einen Portier n. s. w." Jetzt glaubte der Pascha einen Anknüpfungspunkt gefunden zn haben, um von der Consulin gütlichen Vergleich zu erbitten. Er ließ ihr höflich sagen, da sie doch so viele Diener habe, könne es ihr ja anf einen mehr nicht ankommen. Sie wisse vielleicht nicht, daß im Hause, wo der Koch jetzt diene, nur wenige Diener seien, er also dort viel unentbehrlicher sei, als in ihrem dienerreichcn Haushalt. Der Verbrecher bitte sie übrigens um Verzeihung, und sie möge ihn daher gütigst freigeben. Zugleich ließ er uns melden, wir möchten kommen, nm den Koch abzuholen. Wir fanden uns also im zweiten Act der Comödic ein. Hier ging's sogar possenhaft zu. Die Consulin ließ nämlich berichten, sie verstehe gar nicht, was der Pascha mit den „vielen Dienern" sagen wolle. Sie habe ja nur Einen für Alles und eigentlich gar keinen Koch. Der Pascha schnaubte von Neuem dm Koch an: „Hast Du nicht gesagt, die Consulin habe sechs Diener?" Der Koch machte ein schlaues Gesicht: „Nein, Herrlichkeit, das sagte ich nicht, sondern sie habe einen Koch, einen Küchenjungen u. s. w." „Nun, und sind das nicht sechs Diener?" „Nein! wenn Ew. Herrlichkeit mich hätten ausreden lassen, so würde ich hinzugesetzt haben, daß der Koch „Smail" heißt . . . ." „So? und wie heißt der Portier?" „Auch Smail." „Und der Küchenjunge?" „Ebenso." Der Pascha fluchte fast, als er dies vernahm. „Wie viel Smails giebt es denn?" fragte er. „Herrlichkeit! Es giebt nur einen." „Und dieser eine ist?" „Zugleich Koch, Küchenjunge, Portier u. s. w." Am Namadan-Abend, nach guter Mahlzeit, kann selbst ein sonst grimmiger Pascha Spaß verstehen, und so verstand auch dieser, daß der Koch, 72 Kleinliche Diplomatic vor Gericht. trotz all' seiner Unterwürfigkeit ein Witzbold war, nnd nahm es nicht übel. Da er lachte, so nahm die ganze Megles dies für eine Erlaubniß, nun in homerisches Gelächter auszubrechen. Der Abend bekam eine sehr lustige Wendnng. Uns war freilich nicht geholfen. Denn der Pascha wollte jetzt wieder den Koch zurückbehalten, da die Gonsulin ihn nicht freigab. Er sah einerseits die Drohung Englands, andererseits das beleidigte Frankreich; und das Alles mn einen Koch! Eine Genugthuung wollte er uns jedoch geben. Diese bestand znerst darin, daß er über die Consulin schimpfte. Er nannte sie eine..... Doch das verschweige ich besser. Das Schimpfen über Europäer kommt dem Türken so natürlich, daß wir es dem Pascha nicht als Verdienst anrechnen konnten, wenn es auch hellte nns zu Gefallen geschah. Morgen wußten wir, werde er der Consulin ganz ähnliche Süßigkeiten über nns sagen. Wir bestanden also auf einer mehr reellen Gcnngthunng. Nach stundenlangem Discutircn wurde er so weit mürbe, daß er versprach, den Koch nur eine Nacht zurückzubehalten. Eine Satisfaction müsse Frankreich doch haben. Wir tonnten auch das nicht zugeben nnd zogen abermals mit Drohung und gegenseitigem „Peki" ab. Der dritte Act der Comödie war der längste und wäre nicht zu einem befriedigenden Schluß gekommen, ohne Intervention einer dritten Großmacht. Diese Macht war Pechen, vertreten dnrch seinen Consnl, den man schlechtweg den Bey nannte, einen sehr schlauen Diplomaten, der mit todt-lichem Türkenhaß die liebenswürdigsten Manieren gegen Türken, ja gegen die ganze Welt verband. Dieser allabendliche Ramadan-Gast des Pascha erfand einen Anöweg zur Versöhnung der Parteien und so wurde wirtlich der Koch frei. Aber er wnrde es mir durch einen Compromiß, der scheinbar jeder Partei, in Wirklichkeit aber keiner Recht gab. Der Perser schlng nämlich vor, die Verhandlungen bis zum grauenden Morgen auszudehnen, was für vornehme Tagsschläfer eben kein Opfer ist. Dann solle man den Koch frei geben. Der Consulin könne man sagen, man habe den Mann ihr zu Gefallen eine ganze Nacht lang festgehalten, uns aber, man habe die ganze Nacht hindurch nns zu Liebe Megles gehalten nnd gefunden, daß wir Recht hätten. So konnte sich jede Partei den Triumph zuschreiben. In Wirklichkeit aber hatte keine vollkommene Genugthuung bekommen. Das ist orientalische Diplomatie, die sich heutzutage oft mit solchen Erbärmlichkeiten herumschlagen muß. Komischerweise war in dieser Vergnügungen im Ramadan, 73 Sache nie vom Mann der Consulin die Rede. Er galt für einen Pantoffelhelden und wurde als „Null" betrachtet. Sonst ist der Ramadan hier nicht kurzweilig. Von Vergnügungen, wie sie in Cairo und Tunis vorkommen, ist keine Rede. Höchstens regt sich eine einsame Darbnka (ihönerne Trommel) oder ein klimpriger Kamin (eine Art Gnitarre) in einem Kaffeehaus, wozu manchmal die Stimme eines näselnden Sängers sich hören läßt. Eil: Karagus (Polichinell) soll zuweilen zu Stande kommen. Heuer war dies nicht der Fall. Die Tanz» rinnen lind Tänzerknaben werden hier dnrch alte Araber aus Wuen mit langen, weißen Bärten ersetzt, deren vor Alter steife Glieder eben keine graziösen Bewegungen zur Schau trageu. Aber alle diefe Vergnügungen sind nur im allermäßigsten Grade vorhanden. Selbst in Mekka steht es damit nicht viel besser. Nur in dem von gewissen Personen bewohnten Viertel oder Hüttendorf soll es in diesen Nächten lustiger hergehen. Wer aber die dortigen Freuden genießen will, muß sich für die ganze Nacht aus der Stadt verbannen, da das Hüttendorf mchcrhalb der bei Nacht geschlossenen Thore liegt. Dieses bei Tag zu besuchen, ist für einen Europäer schon gefährlich, bei Nacht geradezu unmöglich, denn jeneö Gewerbe in Brod zn setzen, wird von den Moslems so zu sagen als ein „Glanbensmonopol" angesehen. Wehe dem Christen, der es wagen wollte, einer dieser vom Fanatismus aller Dscheddaner gleichsam gehüteten Personen eine Erklärung zu machen. Den Moslems allein ist es gestattet, hier die Ramadan-Vergnügnngen, die immer bei Nacht stattfinden, mitzumachen. Da ich diesmal nicht verkleidet reiste, so kann ich also nicht als Aligenzeuge von jenen Lustbarkeiten berichten. Nach der Aussage meiner arabischen Diener sollen sie aber groß sein und es dort sehr hoch hergehen. Nach dem freilich, was ich bei einem Gang, den ich bei Tage durch jenes Viertel machte, von seiuen Bewohnerinnen sah, boten sie des Verführerischen sehr wenig und also mögen ihre Tänze und Gesänge eines Hanvtreizes entbehren. Es sind meist sehr häßliche Negerinnen; hier nnd da nur sieht man eine Weiße, die aber mit jenen an abschreckenden Eigenschaften wetteifert. Eine einzige sah ich aus der Entfernung, die erträglich aussah. Aber diese Dame war eine so fanatische Iüngerin Mohammed's, daß sie bei meinem Anblick laut aufschrie nnd in Verwünschuugen gegen alle Europäer im Allgemeinen und mich im Besondern ausbrach, dabei sehr energisch mit der Hand fortwinkte. 74 Das Proftitutions-Viertel. Es ist mancher seltsame Widerspruch im mohammedanischen Volksleben. So sollen dieselben Frauen, die doch ein selbst nach arabischen Begriffen verbotenes und vom Qorän verdammtes Gewerbe ausüben, die strengsten Beobachterinnen der Fasten im Ramadan sein. Man schließe übrigens hieraus nicht auf eine allgemeine Corruption der Bewohner Arabiens. Dschedda, Mekka, Medina sind Fremdenstüdte. Nur in solchen kommt die Prostitntion vor. Sonst ist sie fast unbekannt. Natürlich besuchen die verständigeren Moslems jenes Viertel niemals, genießen also keine seiner lärmenden Ramadan-Vergnügungen. Für sie müßte dieser Monat gewiß entschieden langweilig sein, wenn dieses stoische Volk überhaupt die Langeweile kennte. Aber so ist einmal der Moslem. Selbst der Städter aus Stambul oder Cairo, den sein Unstern hierher führt, klagt nicht über die Monotonie von Dschedda, obgleich er zu Hause doch der nach arabischen Begriffen köstlichsten Vergnügungen die Hülle und Fülle bejaß. K e g ä z. Zehntes Capitel. Das Grab der Eva. Neue Gestali des Grabes. — Grabcnpelle. — Kuppel über dem heiligen Nabel. — Gewaltsame Bettelei. — Die gehcinmißvolle Nische. — Flucht vor den Bettlern. — Verfolgung durch Vettlerschaaren. — Der gestrafte Diener. — GrüßctwerlMtnissc des Grabes. — Willkürliche Veränderung derselben. — Trostlosigkeit der Umgegend von Dschedda. Dies kleine Capitel könnte füglich „Unterricht im Betteln" überschrieben werden, denn nirgends ward diese edle Kunst wirksamer ausgebildet, als am Grabe der Ur- und Stammmutter des Menschengeschlechts. Dasselbe befindet sich vor dem Mcdina-Thore nnr ein Paar Schritte vor der Stadt. Da ich es von früher kannte, so war ich nicht wenig erstaunt, es in seiner neuen Gestalt wieder zu sehen. Auch hier hat die Sanitätscommission wirksam gehaust und das Grab der Stammmutter von jenem Hüttengewirre befreit, in dem es früher wie ein Schmetterling in seiner Puppe verhüllt dalag. Aber auch das Grab selbst hat sich verwandelt. Die Mauer, welche den Umkreis um die heiligen Gebeine beschreibt, sieht niegelnagelneu aus, und die Capclle über dem heiligen Nabel ist ncuerbaut. Früher befand stch hier nur eine ganz kleine Kuppel; jetzt steht diese unter Dach. Zu meinem Erstaunen machte man gar keine Schwierigkeit, mich in die Caftclle hineinzulassen, obgleich ich ganz offen als Europäer auftrat. Aber das hatte seine Gründe. 76 Unverschämte Vrtteki. Man ließ mich zuerst niederknien, unt durch ein Luch in der kleinen Kuppel auf den über dem Nabel errichteten Stein hinabzuschauen, den ich übrigens, des Dunkels wegen, kaum sehen konnte. Als ich nun aber wieder aufstehen wollte, fühlte ich mich durch einen Druck anf meine Schultern festgehalten, und als ich mich uniblickte, fah ich die gauze Capelle mit Figuren in langen Talaren gefüllt, die sämmtlich zur Sippschaft der Grabes-Wächter gehörteu und deren Geldansprüche erst befriedigt werden sollten, ehe man mir erlauben wollte, aufzustehen. Trotzdem gelang es mir, mich auch ohne vorher gezahlt zu haben, was mir denn doch zu demüthigend schien, durch einen kräftigen Nuck auf die Füße zu heben. Um mit den Leuteu abzuschließen, gab ich nun sogleich freiwillig ein Trinkgeld, wollte eben der Bettlerschaar entrinnen und das Grab verlassen. Diese aber hatte dafür gesorgt, meiner Neugier einen neuen Küder hinzuwerfen und zu ihren Zwecken auszubeuten. An einer Wand der Capelle befand sich nämlich eine Nische, die auffallender Weise durch einen rothen Vorhang verdeckt war. Darauf wurde bedeutungsvoll, als anf eine große Rarität, hingewiesen. Ich vermuthete natürlich die Nische (die mir, wie die ganze Capelle überhaupt, gänzlich neu war) berge irgend eine neuentdeckte oder neuerfundcne Reliquie unserer Arltennntter, und wnrde sehr gespannt, das Geheimniß des Vorhangs zu enthüllen. Man machte auch gar keine Schwierigkeit, mich hinter den Vorhang zu lassen. Dort merkte ich nun bald, daß das Ganze lediglich eine Attrape war. Die Nische war ganz einfach die der Qible, der Mekkarichtung, wie sich eine solche in jeder Moschee befindet und folglich völlig leer und ohne irgend welche Merkwürdigkeit. Aber der sonst vor diesen Nischen nicht übliche Vorhang sollte als Köder für unerfahrene und neugierige Pilger dienen nnd erfüllte anch diesen Zweck vollkommen, denn wie ich später hörte, Pflegen alle Besucher des Grabes auf diesen Zopf anzubeißen. Als ich mich von der halbrunden Nischenseite mm umwandte, nm Hinauszugeheu, fand ich jedoch den Ausgang verstellt uud zwar durch füuf sehr ehrwürdige Gestalten. Diese Männer fetzten mir jetzt sehr energisch zu, stellten mir vor, mein erstes Trinkgeld sei nur eine Misöre gewesen, außerdem gehöre dies am heiligen Nabel gespendete Geld dein Grabes-schätz. Sie, die Wächter des Grabes, müßten aber auch etwas haben. Sie seien fünf an der Zahl, hätten zahlreiche Familie und nichts zu leben, als die Trinkgelder. Die Wächter und Diener des Gvagrabes. 77 „Ihr seid fünf/ meinte ich, „es scheint mir eher, ihr seid fünfundzwanzig, denn dranßen schreien ja noch viel mehr nach Trinkgeld." „O das sind nnr die Diener deS Heiligthums," hieß es, „diese werden sich mit ein Paar Thalern zufriedengeben, wir aber können nicht wemger als einen Bentu (5^ Thaler) annehmen." Das war denn doch zu dick aufgetragen. Als nun die Männer von den Bitten gar zu Drohungen schritten und Miene machten, mich mit Gewalt in der Nische festzuhalten,, brach meine Geduld, und ich fiel wie ein Keil unter sie und bahnte nnr meinen Weg durch Rippenstöße aus der Nische in die Capelle, wo dieser plötzliche Gewalteinbruch einen nicht geringen Skandal erregte. Dort war es indessen nicht gut, lange zu weilen,, denn die „Diener des Grabes" schickten sich eben an, das Manöver der „Wächter" in potenzirter Weise in Scene zu scheu. Eilig verließ ich, deshalb das Heiligthum, nicht ohne manchen frommen Bettler unfnnft auf die Seite geschoben zu haben. So kam ich allerdings fast ungerupft, aber unter den lauteu Verwünschungen der „Wächter und Diener des Evagrabes", wieder ins Freie. Dorthin wagten sie uicht nur bettelnd zu folgeu, '«m ihr Prästigium, als religiöse Respektspersonen, die in der Außeuwelt stetB würdevoll erscheinen sollen, zu sehr daruuter gelitten hätte. Aber sie hatteu dafür gesorgt, daß das Bettelgefchäft auch hier wirksam fortgesetzt werdm sollte, und zwar durch ihre zahlreiche Nachkommenschaft, ein wahres Heer von kleinen Mädchen (die Kuaben waren gerade in der Schule). Diese kleinen Bettelgenies verfolgten mich, mit ihreu hellen Silberstimmcheu lautschreiend, bis in die Stadt. Von Zeit zu Zeit warf ich ein Kupferstück, recht weit vou mir, um sie zu entfernen. Aber das half wenig. Der Vettlertnäuel verdichtete und vermehrte sich noch von Zeit zu Zeit durch einige Straßeutiudcr. und ehe ich das Haus erreichte, hatte ich die halbe Jugend von Dschedda hiuter mir. Das Komischste bei der Sache war, daft mein nichtsnutziger Diener Hamed, den ich damals noch nicht fortgeschickt und der mich zum Evagrabe begleitet hatte, dort zurückgeblieben war und zwar sehr wider seinen Willen. Als fromm sein wollender Moslem wagte er nicht, die „heiligen" Grabes-wächter und Diener unsanft von sich zu stoßen uud mußte ganz schreckliche bluteu. Ein guter Theil des mir gestohlenen Geldes mochte so dem Eva-grabe zu Gute gelommcu seiu. Hamed kam erst nach einer Stunde mit trostloser Mieue zurück und klagte laut über die Habsucht jeuer „heiligen" Personen. 78 Die Wächter und Diener des Evagrabes. Als ich Abends Herrn Rolph mein kleines Abenteuer erzählte und zugleich auch, daß es mich doch eigentlich im Ganzen nur einen Thaler gekostet habe, staunte dieser. Er versicherte mir, daß selbst ein Dscheddaner, der nur für einigermaßen wohlhabend gelte, dort nicht unter drei Thalern davon käme. Ein Europäer gar müßte in den meisten Fällen das Doppelte zahlen. Alte Europäer in Dschedda sagten mir übrigens, daß die Größenverhältnisse des Evagrabes sehr wandelbarer Natur seien. Auch mir war das so vorgekommen. Es scheint, daß man bei jeder Restauration je nach Willkür oder vielleicht je nach dem Ueberfluß oder der Spärlichkeit des Baumaterials ein Paar Schuh zugiebt oder wegnimmt, und, da diese Mauer genau den Körperumriß der Aeltermuttcr beschreiben soll, so verändert Mutter Eva jetzt noch, so viel Tausend Jahre nach ihrem Tode, von Zeit zu Zeit ihre Gestalt. Bald wächst sie, bald wird sie kleiner. Ihre gegenwärtige Länge beträgt nach der Messung, die ein englischer Maschinist anstellte, 360 englische Fuß, ihre Breite aber kaum 18 Fuß. Man sieht, an Körftercbenmaß hat Mutter Eva nicht gewonnen. Es ist noch immer dieselbe obeliskähnliche Oestalt. Auch die Verhältnisse der Gliedmaßen untereinander sind nicht besser geworden. Der heilige Nabel befindet sich noch immer nur um ein Drittel der Körverlänge von den Füßen entfernt, so daß der Oberkörper ganz unverhältnismäßig lang bleibt. Die Palme über dem Haupt scheint nicht gedeihen zu wollen. Im Jahre 1860 hatte ich ein Bäumchen hier gesehen. Jetzt stand ein bloß zweijähriges Pflanz-lein da. Die Gegend, in welcher das Evagrab liegt, ist, wie überhaupt die ganze Landschaft, zwei Stunden in der Runde um Dschedda, fast eiue Wüste, ohne Brunnen, ohne Schatten, beinahe ohne alle Pflanzendecke des sandigen Bodens. Die Europäer in Dschedda sind ganz der Spaziergänge beraubt, denn bei Tag verhindert die glühende Sonne, bei Abend der Thorschluß das Ausgehen. Da, wo die Gegend ein wenig mehr landschaftliche Reize gewinnt, beginnt sie unsicher zu werden. Unter solchen Umständen bleibt noch das Evagrab fast das einzige Ziel der Excursionen, so lächerlich dies auch klingen mag, da es sehr nahe ist und die meisten es kennen, ein zweimaliges Sehen sich aber durchaus nicht lohnt. Ich mußte immer lachen, wenn ich von diesem Sonntagsvergnügen hörte. H e g ä z. Glftes Capitel. Der Handel von Dschedda. HandelZfrage. — Scgelschisffahrt von Europa nach Dschedda. — Dampfschifffahrt. — Art oer Einfuhr europäischer Waare, — Ihr Absatz in Dfchedda. — Vortheile der einheimischen Handclsweise. — Europäischer Import. — Ostindischer Import. — Aegyptischer Import. — Import der Griechen. — Einheimischer Seehandel. — Mittlere Frequenz des Hafens von Dfchedda. — Handelssaison. — Cabotage. — Provenienz einheimischer Waaren in Dschedda. — Export. — Dschedda als Ver-mittlungshafen. -^ Kaffeehandel von Hodaida. — Vorzüge der einheimischen Kaufleute. — Hadrami. — Jüdische Kausieute. — Ihre Beherrschung des Marktes. — Aneignung des einheimischen Handelsverfahrens durch Europäer. — Vortheilhüfte Geschäfte eines Marfeiller Hauses. — Die Hauptbedinguna. des Handelserfolgs in Arabien. — Aussichten für Abfatz deutscher Fabrikate. — Waaren, die der Con-currenz erliegen. — Kaffeepreise im Jahre 1870. — Abgaben von Waaren. — Preise für Waarentransport, — Geldwtihrungen in Djchedda. Seit Eröffnung des Suezcanals ist öfters die Frage aufgetaucht, ob nicht jetzt eine Vermehrung des directen Handels zwifchen Europa und den Hafenorten des rothen Meeres zu erwarten sei"? Bis jetzt hat eine solche nicht stattgefunden, aus Gründen, die im Folgenden besprochen werden sollen. Es unterliegt übrigens keinem Zweifel, daß der Hafen von Dschedda zur Zeit der wichtigste im rothen Meere ist (Suez natürlich ausgenommen). Dadurch nämlich, daß Hodaida nur wenig direct, sondern meist über Dschedda exportirt, wird dieses zum Kaffee-Emporium und kann sogar mit Aden wetteifern. Der Kaffeehandel ist hier ja Alles. Die Segelschifffahrt von Europa nach Dschedda kann auf dem Hinweg 80 Handelsweise der Gmsseborenen. fast zu jeder Jahreszeit auf günstige Winde rechnen, da im rothen Meere von Suez bis zu diesem Vreitegrad Nordwinde vorherrschen. Tie Rückreise wird dagegen äußerst langsam von Statten gehen. Dampfschiffe sind freilich immer vorzuziehen, doransgesetzt natürlich, daß sie ihre Rechnung dabei finden. Indeß dürfte dies einstweilen noch nicht der Fall sein, denn bei den Umwegen, welche hier noch die Einfuhr nimmt, wird man mit Ausnahme solcher Frachten, die von der Negierung bestellt sind (wie im vorigen Jahre Korn aus Odessa), fast nichts hier zu verladen haben. Auf eine Rückfracht kann man freilich fast immer rechnen; aber auch hier hat man gegen die sehr lebhafte Comurrenz der Orientalen anzukämpfen, welche die einheimische Segelschifffahrt nach Suez vorziehen uud ihre Waaren in Aegypten verkaufen, von wo sie erst indirect nach Europa kommen. Was die Einfuhr europäischer Waaren betrifft, so ist dieselbe durchaus nicht unbedeutend; sie ist aber biö jetzt nur zum geringsten Theil direct, sondern wird durch einheimische Häuser in Konstantinopel und Cairo vermittelt. Trotz dieser Verkaufsweise aus dritter Hand bleiben die Preise sehr mäßig. Die Europäer in Dschedda versicherten mir, sie vermöchten, selbst wenn sie die Waaren direct bezögen, kanm die Preise so mäßig zu stellen, wenn sie von ihrem Handel leben und etwas zurücklegen wollten, denn ohne die Hoffnung dies thun zu können, wird kein Europäer sich hierher verbannen. Die Einheimischen dagegen sind bei ihrer einfachen Lebensweise im Stande, sich mit geringerm Profit zu begnügen. Hiergegen könnte der Europäer nur durch großes kapital ankämpfen, das ihm die Möglichkeit verliehe, durch langes Creditgeben die Käufer zu verpflichten. Nicht anders erzielen die Einheimischen ihre Handelserfolge. Ans dem Ereditgeben beruht hier mehr als anderswo jede gute Handclsspeculation. Baares Geld ist außerordentlich selten und wer nur gegen solches, augenblicklich gezahlt, verlanfeu tann, wird stets die allererbärmlichstm Geschäfte machen. Einheimische Schuldner sind im Ganzen sehr zuverlässig, viel mehr als Europäer; und wer warten kann. erhält immer sein Geld mit Zinsen zurück. Nicht mit Zinsen in baarer Münze (denn im heiligen Hegäz sind solche verboten), sondern in anderer Weise, indem z. V. sehr oft der Schuldner irgeud eiue Waare liefern tann, die sein Gläubiger dann unter ausnahmsweise günstigen Bedingungen erhält. Herr Nolph, der die hiesigen commerciellen Verhältnisse genau tennt, hatte die Güte, mir eine von ihm für das österreichische Handelsministerium verfaßte Arbeit mitzutheilen, auv der ich folgende Ziffern entnehme: In Dschcdda eingeführte Handelsartikel. 81 Europäischer Imftort in Dschedda. In Durchschinttsjiihien: Etwa 2300 bis 2800 Ballen ordinäre Baumwollstosse, Oreycloths, Musselin, Schaft, Wollenzeuge, Varsati (blauer Baunnoollstoff für Beduinen-Hemden) aus England und der Schweiz, zusammen etwa im Werthe von 2,200,000 Franken. 1500 bis 2000 Ballen Tuch, meist aus England und Frankreich. Qnincaglierieen mittlerer und ordinärer Qualität, etwa 1000 Kassen (eine Kiste von bestimmtem Verhältniß, im Handel wohlbekannt), meist aus Böhmen. Porcellan (ordinäres), etwa 1800 italienische Pachi. Ueber Trieft. Mehl aus Rußland und Oesterreich, etwa 500 Säcke. Papier für Bureaux und zum Einwickeln, etwa 150,000 Rieft. (Trieft.) Böhmische Olaswaaren, etwa 450 bis 700 Cassen. (Trieft.) Benetianische Olaswaaren im Werthe von circa 30,000 Franken. (Trieft.) Nägel, 500 Fasser. Altes Kuftfer. für circa 50,000 Franken. Blei, 2000 bis 3000 Packe. Eisen in Stangen, 150 bis 200 Tonnen. Waffen, etwa 200 Cassen. Victualien, trockene Früchte für circa 20,000 Franken. Gearbeitete Korallen, für circa 25,000 Franken. Gearbeiteter Bernstein, für circa 15,000 Franken. Zündhölzchen aus Oesterreich, 500 Cassen. Im Ganzen beträgt der Werth des Imports über Trieft etwa 2,350,000 Franken. Ostindischcr Import in Dschedda, In Durchschniitsjuhren! Reis, 500,000 bis 600,000 Säcke. Pfeffer von Singapore, 10,000 Ballen. Zimmet, 350 bis 500 Cassen. Gcwürznägel, 1500 Cassen. Thee, l000 Cassen. Manufacture!! (meist Seide), 800 bis 1000 Ballen. Holz ails Singapore, 400,000 Bretter. Indaco (?) 200 Cassen. 82 Artikel des Küstenhandcls in Dschedda. Aegyptischer Import in Dschedda. Cerealien, Gemüse, Taback, im Werthe von durchschnittlich 3,122,000 Franken jährlich. Der Import der Griechen (meist Branntwein, Victualien) entzieht sich jeder Coutrole, da er zum großen Theil eingeschmuggelt wird. Er ist übrigens nicht unbedeutend. Der einheimische Seehandel, sowohl der entferntere wie die Cabotage, wird fast ausschließlich durch Sayas (Schiffe mit lateinischen Segeln von circa 20 bis 100 Tonnen Gehalt) betrieben. Von diesen, rechnet man jährlich etwa 900 im Hafen von Dschedda. In den Pilgersaisons von 1867 bis 1870 befanden sich auf der Rheoe von Dschedda im Mittel 75 größere Segelschiffe (jährlich), meist aus Ostindien, Singapore :c. Alle 8 Tage laugte ein Dampfschiff der Compagnie Aziziye (von circa 1200 Tonnen) an. In denselben Jahren fanden sich hier jährlich 4 bis 5 englische Handelsdampfer (von 400 bls 1000 Tonnen). Der Handel in Dschedda ist am lebhaftesten von October bis Mai. Während dieser Saison tonnte (nach Herrn Nolph) jede europäische Dampfergesellschaft hier ans 2000 Tonnen Waaren vierzehntäglich rechnen, welche die einheimischen Häuser zu liefern im Stande wären. Die meisten dieser Waaren sind jedoch nicht aus der Provinz Hcgaz, sondern werden durch die Cabotage von den anderen arabischen Häfen oder aus Ostafrita hierher übergeführt. Folgende Liste giebt einen ungefähren Begriff der Provenienz einheimischer Waareu in Dschedda. 1. Von Makalla (Südarabicn) kommt Tombeki, Perlmutter, Weihrauch (letzterer aus dem Somali-Lande*), als Product der Zo8>v6l1ia (^rtsi-ii II. und 1j. I»nau Ol^lui^). 2. Von Massauwa (Ostafrika) tommt Sesamol, Kaffee (in letzterer Zeit sehr wenig), Butter, Moschus, Häute, Wachs. 3. Von Hodaida lHemen): Kaffee (davon sieben verschiedene Arten), Mais, Hirse, Perlmutter, Sesamöl, Haltte von Ochsen, Ziegen und Schafen. *) Der arabische Weihrauch aus Mahra (gleichfalls von ll<)»^«I1i^>, «tutm'ii (I,), aber eine Teitcnspecies der glciclMnannten afrikanische») gehl auimahmsloü direct nach Ostindien, Er tonunt fast nie nach Eurupu. Kaffeehandel mit Hudaida. 83 4. Von Suakin (Ostafrika): Sesamol, Butter, 5^äute, Wachs, Gummi, letzterer vorherrschend. 5. Von Qocer (Aegypten): Weizen, Mais, Hirse, Sesamöl, Linsen, Bohnen. 6. Von Vacra (Mesopotamien): gepreßte Datteln, Weizen, Tombeti, Gewebe und Stoffe für arabische Kleider. 7. Von Omnfüde lWmen): Butter, Honig, Cerrnlien, Baumwolle, Gummi Kon den Arten genannt t'i^iimi und xit«. 8. Von Abu Schehr (Persischer Golf): Teppiche und Persische Stoffe. 9. Von Maskat (Oman): Stoffe, Datteln. Viele dieser Waaren bleiben im Lande. Für Kaffee und Gummi ist Dschedda der Vcrmittlungshafen, da Europäer fast nie nach dem großen Kaffeeemporium, Hodaida, selbst gehen. Dies zu thun, hat sich bis jetzt immer als eine sehr schlechte Speculation erwiesen. So wie nämlich ein europäischer Kaufmann in Hodaida landete, stiegen gleich die Kaffeeftreise dergestalt, daß an ein Kaufen nicht mehr zu deuten war. Ein Franzose, der in Dfchedda etablirt mar, «ersuchte es vor zwei Iahreu, hielt sich sechs Monate in Hooaioa auf in der Hoffnung, die anfängliche, durch seiu Kommen verursachte Hausse weichm zu sehen, aber die Araber wollten niemals von ihren hohen Preisen hinabgehen uud er ruinirte ganz unnütz seine Gesundheit; denn Hodaida ist seiner Fieber wegen berüchtigt. Natürlich wareil ebensowohl die Hadrami als die Indier, die alle untereinander solidarisch sind und große Capitalien vertreten, gegen den Eindringling im Bunde und verhinderten die Kaffeevertäufer, ihm bessere Bedingungen zu stellen. Was sollen auch die zwei europäischen Kaufleute (die griechischen ^ranntweinhäudler wird mau doch uicht Kaufleute nennen) in Dschcdda, welche noch dazu auf sich selbst augewieseu siud und leiue Großhaudrls-hä'user in Europa als Rückhalt habeu, gegen die wohlorgamsirte, einheit-lü'he Handelsmacht der Einheimischen uuternehmrn? Die arabischen Großhändler in Dschedda, etwa ^00 au der Zahl, wovon 15,0 Hadrami, sind unmer bereit, sich gegen den Europäer zn verbünden. Die dortigen indischen Kaufleute gar (etwa 250 an der Zahl) stehen einer für den ander», ein, unterstützen sich mit ssredit, und dieser ihr Credit steht auf sehr feste» Füßen; "uch haben sie meist Rückhalt an großen Handelshäusern in Ostindien; ja viele, die hier als selbständige Kaufleute erscheinen, sind in der That nur die Mandatäre großer indischer Häuser, was ihnen natürlich noch mehr 84 Beherrschung des Markts durch die Eingeborenen. Solidität giebt. Da in Dschedda nämlich die Banianen (indische Kanf-mannskaste) ihres Heidenthums wegen nicht wohnen dürfen, so vertrauen viele ihr hiesiges Coniptoir den Händen eines indischen Moslem an, für deffen Moralität sie genügende Bürgschaft haben. Die großen Capitalien, über welche diese .Kaufleute verfügen, geben ihnen bei geschickter Bemchung einen solchen Vorrang, daß sie den Markt vollkommen beherrschen. Wie beim Verkauf das lange Creditgeben, so sind beim Kanf in diesem Lande die Darleihen die einzige Bedingung des Erfolgs. Die einheimischen Kaufleute wissen es deshalb so einzurichten, daß fast alle Producenten oder Verkäufer erster Hand ihnen verschuldet sind. Dadurch haben sie alle diese Leute in der Hand. Kommt nun ein Europäer und will, mit Umgehung des üblichen Handelswegs, direct in Hodaida einkaufen, so genügt ein Wink von ihnen und er findet nun die unannehmbarsten Bedingungen. Man braucht übrigens durchaus kein Einheimischer zu sein, um dieselben Vortheile zu genießen, denn von religiösen oder nationalen Vor-urtheilen ist hier im Handel nicht die Nede. Das Einzige, was dazu gehört, ist, ein großes Capital auf den Markt werfen zu können. Ich habe bis jetzt in Arabien nur einen einzigen Europäer gekannt, der, weil er über großes Capital verfügte, den Einheimischen wirksame Concurrenz machte, einen Spanier, der in Aden lebte lind Mandatar eines sehr reichen Hauses in Marseille war. Dieser betrieb das Oeschäft ganz auf emhei-mische Weise. Er hatte oft eine Million Franken an Darleihen außen stehen und war durchaus nicht schwierig im Verlängern der Zahlungsfristen. Denn in diesem Lande ist ein Darleihen nie' verloren, obgleich nichts Schriftliches darüber existirt. Es trägt stets im Handel seine guten Zinsen. Der Spanier erzielte ganz ausnahmsweise Erfolge und hat sich jetzt als höchst wohlhabender Mann zurückgezogen, obgleich er nur eine Commission von seinen Geschäften bezog und der Hauptgewinn natürlich dem Marseiller Haus zufiel. Dieses Haus hat seitdem aufgehört zu existireu, da der Chef starb und die Erben jetzt von Renten leben. Darin auch, in diesem vom Europäer stets ersehnten Sichzmückziehen vom Handel, ist er im entschiedenen Nachtheil gegen den einheimischen Kaufmann. Der Hadrami oder Iudier betrachtet nicht den Handel als ein Mittel, schnell reich zu werden, um sich dann dem Müßiggang und Wohlleben ergeben zu können, sondern als einen dauernden Beruf für seiu und seiner Nachkommenschaft Leben :^ä intniitum. Nur eine Katastrophe, die ihn ruimrt, kann Absatz für Waarm aus Deutschland. 85 ihn vom Handel abbringen. Dadnrch gewinnt eben sein Credit eine ganz andere Festigkeit, als der eines Mannes, der den Handel nur zehn oder zwanzig Jahre betreibt. Aus Obigem wird man nun zur Genüge erkannt haben, warnm der europäische Handel in Dschedda bis jetzt nicht blühte und nicht blühen kann, wenn man sich nicht entschließt, die Wege der Ginheimischen zu gehen. Es ist hier nicht wie in den Südseeinseln, Australien oder einzelnen Gegenden Amerikas, wo im Handel selbst das kleine Capital Erfolge erzielt. Der kleine Capitalist wird sich hier ruiniren, der große allein Erfolge erringen. Was besonders den Handel mit Deutschland betrifft, so zweifle ich nicht, daß hier die geblümten oder gestreiften Baumwoll- nnd Halbseide-stoffe der thüringischen und sächsischen Fabriken, welche orientalische Muster sehr täuschend nachahmen und die auch meist arabische Namen, wie Garmasut, Aladscha, Homsi, Miknas, führen, den Markt sehr zugänglich fänden. Diese Stoffe werden, indirect (über Konstantinopel) eingeführt, zum Theil schon hier getragen. In anderen Gegenden des Orients, z. B. an der ganzen Küste Nordafrikas, hat ihre Einfuhr in den letzten Jahren ums Zehnfache zugenommen, seit sie direct stattfindet. Hier würde die directe Einfuhr gewiß gleichen Aufschwung uach sich ziehen. Indessen müßte man sich hier auf eiu längeres Creditgeben gefaßt halten, als in Nordafrika, wo die Unterhändler Juden sind, die meistenthcils sich schneller baares Geld zu verschaffen wissen, als die Bewohner des daran so armen Dschcdda. Ich glaube jedoch, daß derjenigen Fabrik, welche ein langes Ausstehen ihrer Gelder nicht scheut, hier große Erfolge bevorständen. Mit den englischen ordinären Baumwollstoffen (vul^o ^M6i-i<^n äu-in68tiok) kann dagegen Niemand concurriren, selbst die Schweizer Häuser nicht, die sie vielleicht billiger, aber viel weniger schön herstellen, und der Araber läßt sich durch die Glanzseitc des „liMrot" gern blenden. Europäische Seidenzeuge werden wohl sobald nicht in Dschedda Eingang finden, da hier der Geschmack ausschließlich den indischen Fabrikaten zugewandt ist, die der orientalischen Auffassung mehr entsprechen. Ncber-haupt muß sich der europäische Fabrikant, der etwa Waareu auf den Markt von Dschedda werfen wollte, stets vergegenwärtigen, daß er es hier mit der meist siegreichen Concurrenz Ostindiens zu thun hat, und diejenigen Waaren vermeiden, welche man sich gewöhnt hat, von dort zu beziehen, wenn er sie nicht in einer dem Orient homogenen Weise herstellen kann. 86 Abgaben. Waarentranspmt. Geldwährung. Der Hauptexportartikel, der Kaffee, wird in Dfchedda im Maßstab von 100 arabischen oder 11^ ägyptischen Pfunden (40 Oklen, circa 50 Kilogr.) oder noch häufiger in Säcken zu 215 ägyptischen Pfunden verkauft. 100 Pfund Kaffee erster Qualität kosteten Ende 1870 circa 17 Maria-Theresia-Thaler (etwa 25 Thaler), was für sehr theuer galt. Dieselbe Quantität Fave, d. h. noch nicht geschälter Bohnen, galt 9 Maria-Theresia-Thaler (etwa 12 Thaler). Abgaben von Waaren in Dschedda. Das Zollamt in Dschedda erhebt 8 Proc. des Waarenwerthes vom Import aus Europa und Ostindien, 4 Proc. vom Export nach diesen Richtungen. Import sowie Export aus Persien wird mit 1 Proc. besteuert. Die Einnahmen der Duanc werden auf eine Million Franken (jährlich) angeschlagen. Preise für Waarentransport. Die Dampfergesellschaft Aziziye nimmt für den Transport einer Tonne Eisen oder anderer schwerer Waaren von Suez nach Dscheddn 20 österr. Gulden (50 Franken), von leichten Waaren 28 österr. Gulden (70 Franken). Geldwährung in Dschedda. Es giebt zwei Währungen in türkischen Piastern: Tarif und Current (nicht zu verwechseln mit den ebenso benannten ägyptischen Währungen). Die Tarifwährung kommt mir in Zollangelegenheiten vor. Von Piastern Tarif gingen im Jahre I860 auf 5 Franken 22, auf den Maria-Theresia-Thaler 22'/2, auf den Napoleon 90, auf ein Pfund Sterling 110, auf ein ägyptisches Pfund 120, auf ein türkisches Pfund 100. Von Piastern Current gingen auf 5 Franken 26, auf den Maria-Theresia-Thaler 28, auf den Napoleon 105, auf ein Pfund Sterling 135, auf ein ägyptisches Pfund 140, auf ein türkisches Pfund 120. Bei Post und Dampfschiffen, die ägyptische Anstalten sind, mich in ägyptischen Piastern Tarif gezahlt werden. Von diefen gehen auf 5 Franken 19'/4, auf den Maria-Theresia-Thaler 20 (m Aegypten felbst 20V4), auf Zahlungsmittel in Dschcdda. 87 dm Napoleon 77, auf em Pfund Sterling 97^, auf ein ägyptisches Pfund 100, auf ein türkisches Pfund 87^. Die beiden ägyptischen Current-Währungen (Bronze nnd schlechtes Silber) tominen hier nicht vor. Das ägyptische Vronzegeld wird selbst nicht mit Verlust genommen. Das Verhältniß von Kupfer zu Silber ist hier umgekehrt als in Aegypten das von Bronze zn Silber (denn ächtes Kupfer giebt es in Acgyftten nicht). Das türkische Knpfer ist derhältnißmäßig theurer als Silber. Beim Geldwechseln wird man übrigens in Dschedda die obcngcnannten Wechselwcrthe nicht erhalten, da kleines Geld immer sehr gesucht ist. Will man kleines Silber haben, so muß man auf den Thaler fast immer 1 Piaster, bei dem sehr gesuchten Kupfer gar oft 2 Piaster oder noch mehr zugeben. Gold ist selten und geht nur in Dschedda selbst. Im Innern nimmt man bloß Silber oder das treffliche türkifche Kupfer. Am häufigsten sieht man den Rial Abuter (Maria-Theresia-Thaler), den Rial Ciuco (5 Frankenthaler) und als kleine Müuze einzelne türkische Piaster, 5-Piasterstücke oder Vaschliks sehr selten. Oftafrikanische Küste. Zwölftes Capitel. Suakin. Verfehlte Reisepläne. — Sprachliche Räthsel. — üächerliche Nuskunftsgeber. — Abfahrt von Dschedda. — Das Schiff Suatin. — Der Connnandar. — Seine Nautik. — Festsitzen. — Sein Dienstbuch. — Die sauren Aepfel. — Streiche eines Italieners. — Der angeführte Arzt. — Nachtheile und Vorzüge einheimischer Schisie. — Ginfahrt in Suukin. — Die falschen Heiligengräbcr. — Dus Land der Schwarzen. — Typus und Physiognomien. — Die Frauen. — Tabackkauen — Arabische Zahnstocher. — Besuch bei Wontes Pascha. — Gin gebildeter Moslem. — Laxheit der Vornehmen im Glauben. — Der falsche Telegraph. — Englische Ingenieure, — Der Sanitätsagent. — Europäisches Elend in Suatin. — Gang durch die Stadt. — Gummi-Handel. — Suakin, das Eldorado der Schwarzen. — Die schwarzen Mädchen. — Ihre moralischen Vorzüge. — Die Haartoilette. — Ramadan-Jubel. — Montäz Pascha's Culturpläne. Mein Kommen nach Dschedda war insofern ein verfehltes, als zwei mir wichiigc Reisezwecke, deren Erreichung ich dort gehofft, nicht erfüllt werden tonnten. Wegen der Pilgersaison und der Indolenz der Autoritäten war an ein Vordringen in die dem Gliroftäer zugänglichen Theile des Innern nicht zu denken. Die Erfüllung meines andern Neisezwecks, eines linguistischen, nämlich über die Mahra-Sftrache, deren Kenntnis; einst Fresnel lediglich den nach Dschedda verschlagenen Mahri verdankte, hier Genaueres zu erfahren, mußte gleichfalls aufgegeben nnd für Aden vorbehalten werden. Herr Rolph gab sich zwar große Mühe, mit Hülfe der einheimischen Schiffs- und Handelsagenten Leute aufzutreiben, welche diese Das Dampfschiff „Suakm". 89 Sprache redeten, aber dies gewährte uns höchstens einige unterhaltende Stunden, keine Belehrung, indem wir mit einer Menge seltsamer Käuze bekannt wurden, von denen die meisten anfangs diel von Mähra zn wissen behaupteten, aber nach genauer Prüfung nur etwas davon hatten „läuten huren". Einer hatte einen Mahn in Bombay gesehen; ein anderer war am Lande vorbeigesegelt; die meisten verwechselten den Ort mit einem ganz andern. Ein großer Sftrachkenner dictirte mir eine Reihe von vermeintlichen Mahra-Wörtern, die, wie sich später herausstellte, abessinisch waren. Großes Vergnügen gewährte uns ein schwarzer Schiffs-caftitün, den der Agent für einen tiefen Kenner Südarabiens ausgab. Diesen Ruf hatte er sich durch sein standhaft beliebtes Stillschweigen erworben und verlor ihn auch bei uns nicht, denn wir erfuhren wenigstens nichts Falsches von ihm. Er befuchte uns alle Tage, aber er öffnete den Mund nur zum Kaffcetrinken und Rauchen. So entschloß ich mich denn bald nach Aden aufzubrechen und zwar, so weit es mit Dampfschiff ging, d. h. bis Massauwa, dieses zu benutzen, und mich dann aufs gute Glück fürs Weiterkommen zu verlassen. Denn der einzige Weg, auf dem ich der Dampffahrt bis Aden sicher war, hätte mich zur Rückkehr nach Snez genöthigt. Die Aziziye-Dampfer gehen alle vierzehn Tage von Dfchedda über Suatin nach Massauwa. Mein Loos war es, gerade das schlechteste Schiff der Compagnie benutzen zu müssen. Dies war der Snatin, ein Ungethüm, tms in Folge seiner ungeschickten Bauart selbst iu ruhiger See rollte. Es war ursprünglich eines jener englischen Kohlentransportschiffe, die gewöhnlich mit Segel gehen, und die Dampfkraft uur zur Anshülfe benutzen. Jetzt hatte irgend ein europäisches Handelsgenie es dem Vieekönig für viel Geld als „Dampfschiff" verkauft und es figurirte als solches in der Compagnie. Flügel hatte es freilich dadurch nicht bekommen, aber mit großer Kohlenverschwendung war es möglich, mit ihm 3 bis 4 Seemeilen stündlich zurückzulegen, d. h. die Hälfte oder ein Drittel vom Lauf anderer Dampfer. Das Personal auf dem Suakin bestand erstens aus einem alten Stocktürten, dem Commandär, der, wenn er nicht schlief, was meistens der Fall, alle seine Untergebenen im polternden Vramarbaston auszuschimpfen Pflegte. Er bildete sich ein, nautische Kenntnisse zn besitzen und das war sein Unglück. Er glaubte nämlich dein Piloten zuweilen widersprechen zu müssen. So erklärte er einnuü eine von diesem signalisirte Sandbank für offenes Meer, fuhr darauf zu und blieb sitzen. Das sollte einen 90 Offiziere und Maschinisten des »Suafin«. Monat später geschehen. Wahrscheinlich wurde er degradirt, wie es bei dieser Compagnie Sitte ist. Von solchen alten degradirten Seehelden hatten wir anch zwei an Bord, den Cabtäu und den Molasem (dritten und vierten Officier). Vielleicht rettete ihn aber auch ein seltsames Schriftstück, das er sich angelegt hatte, eine Art vun Dienstbuch, man kann es nicht anders nennen, in welchem er sich uon allen Europäern, die mit ihn» fuhren, ein Conduitenzeugniß ausstellen ließ. Um ein solches auch von mir zu erhalten, war er sehr freundlich gegen mich. Bei der den Europäern schmeichelnden ägyptischen Negierung konnte ihm scin „Dienstbuch" mehr nützen, als irgend welche Kenntnisse. Hoffentlich war dies der Fall. Ein besserer hätte ihn doch nicht erseht. Der zweite Commandar war nämlich ein Jüngling, der sich in der Uniform, die nur er trug (die anderen waren stets im Schlafrock), recht hübsch ausnahm, aber vom Schiffscommando natürlich nicht den entferntesten Begriff besaß. Dieser schien mir besonders wohlgeneigt, wenigstens schloß ich das damns, daß er mir alle Tage etwas schenkte und zwar — einen sauren Apfel, den ich ohne schwere Beleidigung nicht zurückweisen, noch einem Andern geben dnrfte. Es blieb nichts übrig, als ihn in einem unbewachten Moment ins Meer zn werfen. Unter den Maschinisten war ein Triestiner, der sein Verhältniß zu den Moslems von der scherzhaften Seite auffaßt. Seine Erzählungen von dem, was an Bord vorging, waren zum Todtlachen. Seine Haupt-vergnügcn fchien, den alten Officieren, namentlich dem Commandär, Streiche zu spielen. So hatte er ihn einmal im Bade, ein anderes Mal in einem noch geheimern Gemach eingeschlossen, und den Schlüssel ins Meer geworfen, ohne daß seine Thäterschaft entdeckt wurde. Seine Beschreibung der Scenen, welche dann jedesmal erfolgten, war unbezahlbar. Auch der Arzt hatte von ihm zu leiden. Einmal hatte er im Geheim die Essigfiasche, aus welcher alle Krankheiten geheilt wurden, ausgegossen nnd mit Theerwasser gefüllt. „Glanben Sie," meinte er, „daß der Arzt es gemerkt hätte? Er curirte mit den: Thecrwasser gerade so drauf los, wie früher mit dem Essig und die Lente blieben gesunder, als vorher." Es war Ramadan (Anfang December 1870). Obgleich auf der Reise nicht dazu verpflichtet, so fasteten doch diese bigotten Moslems, Offi-cierc wie Matrosen. Sie waren so zu nichts zu gebrauchen, schliefen den ganzen Tag und überließen das Schiff dem Piloten: das Beste übrigens, was sie thun tonnten. Der Suatin glich somit einem Schilder Todten. Ankunft in Suakin. 91 Ich hatte das Deck so zu sagen für mich, konnte mein Lager aufschlagen, wo ich wollte, essen, wo es mir beliebte. Die Küche stand bei Tage zu meiner ausschließlichen Verfügung. Da in diesem einstigen Kohlenschiff keine erste Cajüte war lind ich doch (in Folge einer Schwindelei der Dsched-daner Villetausgeber) erste Classe bezahlte (was so lange der Suatin eristirt nur einmal einer mir vorgemacht hatte), so lies; mir der h'ommandar die Wahl, welchen Officier ich aus seiner Cabine hinauswerfen wollte. Ich war jedoch nicht so gransam, sondern begnügte mich mit einem leeren Bett, das dem zweiten Commandar sonst als Porrathötammer seiner sauren Aeftfel diente. Ueberhaupt läßt es sich nicht läugueu, das: sich der Euro« päer, wenn er sich einmal mit Kochheerd (einen tragbaren Kamm mnß man immer mit sich führen), Nett, Diener, Proviant eingerichtet hat, auf den moslemischen Schiffen besser und diel ungenirter befindet, als auf europäischen. Alle haben die größten Rücksichten für ihn und lassen ihn, bis anfs Schiffanstecken, so ziemlich Alles thun, was ihm beliebt. Manchmal wird man sogar noch gefragt, wann man abzureisen, ob man irgendwo einen Tag länger zu bleiben wünsche; denn auf die Zeit kommt's den Leuten ja nicht an. So glitten wir bei völlig ruhiger See, herrlichem Wetter, sehr angenehmer Temperatur (bei Tag selten über 20 Orad N.) sanft dahin und nach drei Tagen (der Suatin war kein Schnellfahrer) kamen wir glücklich in das Labyrinth von Klippen und Untiefen, welches der Stadt Snakin vorliegt. Die Einfahrt ist eine.überaus mühsame, d. h. große Vorsicht erheischende, aber für ein Dampfschiff nicht gefährlich. Die schlimmsten Untiefen sind durch kleine üiftpelartig gedeckte Steinhaufen verdeutlicht, so daß man sie bei Tage erkennt. An eine Einfahrt bei Nacht denkt natürlich Niemand. Da diese Kuppeln an moslemische Heiligengräber erinnerten, so war es ein Hauptspaß der Mannschaft, einige fromme Passagiere damit anzuführen. Einzelne bissen wirklich auf dieseu Zopf an und fingen an, ihre Gebete abzuleiern, bis ein allgemeines Gelächter sie alls ihrem Irrthum riß. Die Einfahrt dauerte bei der Langsamkeit des Suakiu über vier Stunden, so daß wir erst nm Sonnenuntergang anlangten. Suakin ist eiue ächte Stadt des Sudan, d.h. des Lands der Schwarzen. Die hiesigen Schwarzen sind übrigens keineswegs Neger, sondern Sub-äthioftier dou den angenehmsten Formen, und mitunter sehr schönen Physiognomien. Gleich nach unserer Ankunft war das Bord mit den dunklen Kindern des Sudan bedeckt. Sie kamen in eigenthümlichen Kähnen, Huri 92 (Angeborene des Sudan. genannt, welche aus der Hälfte eines ausgehöhlten Baumstammes bestehen, fast immer unter Wasser gehen und durch seltsame Ruder mit runden Schlagflächen (einer altitalienischen Mandoline nicht unähnlich) gelenkt werden. Einige dieser Schwarzen boten wahrhaft plastische Erscheinungen und waren malerisch in blendend weiße Gewänder gehüllt, die sie sehr geschmackvoll zu drapiren wussten. Was ihrem Aeußern besonders etwas Vortheilhaftcs verlieh, war das schöne reiche und volle Haar, sehr verschieden von der Kurzwolle, die das Negerhaupt deckt, halb lockig, halb wollig, bei einzelnen auch in schlankeren Windungen anf den dnntlen Nacken fallend. Wir hatten es nun freilich hier mit einigen Parade-Individuen zn thun, die fürs Dampfschiff geschmückt waren. Die Reinlichkeit der Gewände fand ich später am Festlande nicht allgemein. Aber die Schönheit des Menschenschlags ist unlüugbar. Die jungen Männer zeichnen sich durch die Schlankheit ihres Wuchses, durch die edle aufrechte Haltung und elastische Schnellkraft ihres Körpers aus. Hier ist uichts von der servilen Haltung und weibischen Verweichlichung des Aegyptiers. Es ist gleichsam der arabische Beduine mit seiner ganzen halbwilden Grazie, ins Schwarze übersetzt. Die Frauen kennzeichnet die harmonische Rundung ihrer Formen, die oft sehr üppige, aber doch nicht unschöne Entwicklung gewisser Körpertheile. Ihre Physiognomien sind runder, als die der Männer, sehen stramm, frisch und gesund ans, ihr ganzes Wesen kündet blühende, natürliche, ja fast herausfordernde Sinnlichkeit. Nur, was das Haar betrifft, haben sie einen Oeschmacksirrthum begangen, daß sie es in dünnen fadenartigen Pfropfcnzieherformen, übermaßig mit Jett getränkt, tragen. Wie ganz anders nimmt sich der wilde Urwald ans, der das Haupt der Männer bedeckt? Allerdings mnß man auch die Männer nicht in dem Anfangsstadimn ihrer Haartoilette sehen, in dem sie doch oft Tage lang herumlaufen. Dann ist das Haar von dem aufgestochenen Hammelfett weiß und alle die verschiedenen mineralischen (grünen, gelben, rothen) Pnlver, die sie darauf streuen, vermögen nicht, diese allzufctte Haarspeisung schön erscheinen zn lassen. Alle diese Schwarzen führten gepulverten Kautaback in kleinen Dosen bei sich, aus denen sie von Zeit zn Zeit eine Prise in den Mund nehmen, ein Verfahren, welches viel reinlicher ist, als das Blätterkanen der Amerikaner und englischen Seeleute, da es einen viel wcuiger ekelhaften Auswurf zur Folge hat. Man sieht, die Europäer können noch von den Schwarzen lernen. Ein Europäer-freundlicher Pascha. 93 Alle hatten einen kleinen Kamm oder cm langes Holz im vollen Haar stecken, mit dem sie dieses von Zeit zu Zeit auspufften, um ja nicht allzu geglättet zu erscheinen. Auch führt ein Jeder das bekannte arabische Zahnholz, Mesuak genannt (Zweig der ?av6t,ta Innssitalia), welches mit seinen feinen, aber doch festen, tausendfachen Fasern zugleich Zahnstocher nnd eine viel bessere, weniger dieZahnglasnr angreifende Zahnbürste bildet, als nnser Norstenproouct. Sowohl Araber wie Schwarze haben dies fast beständig im Munde und machen ans dem Zahuftntzen eine Unterhaltung. Die blendende Weiße ihrer Zähne ist also mit auch eine Folge der großen Reinlichkeit. Am nächsten Morgen meldete mir der ssommandär, das; Montaz Pascha, Gouverneur des ägyptischen Ostafritn, mich zu kennen wünsche. Dieser Pascha, der damals abwechselnd*) hier und ill Massauwa residirte, ist ein grußer Europäerfrcuud. Obgleich er nie in Europa war, auch kein Wort vou dessen Sprachen kennt, so zeigt er doch viel Interesse au europäischer Wissenschaft, namentlich Geographie. Er besitzt alle von Petermmm und Kieftert herausgegebenen Karten afrikanischer Ländertheile und weiß die Orte, deren Namen er doch nicht lesen kann, richtig darauf anzudeuten. Da dies ihm viel Mühe gekostet haben muß, so zeigt es von wahrer Wißbegierde und zeichnet ihn vortheilhnft r>or den anderen Reformtürten aus (er ist nämlich Türke), deren Guropäisirung doch meistentheils nur Parade ist. Montaz Paschn wohnt auf der Insel vuu Suakin, welches aus zwei Orten, den, insularischen und dem festländischen, besteht. Sein Palast, ein großes, karavanseraiähnliches Gebäude, liegt dicht am Hafen und hat im ersten Stock eine schöne, große, nach dem Meer offene Veranda: den gewöhnlichen Empfangssaal, von wo man eine entzückende Aussicht genießt. Hier empfing er auch mich, lud mich ein, den ganzen Tag bei ihm zuzubringen, erzählte mir von Baker, Schweiufurth und anderen Reisenden, die er alle kannte. Er lud mich auch zum Ossen ein uud hätte wahrscheinlich mit nur bei Tisch Platz genommen, hätte ich selbst nicht durch eine ganz unschuldig gemeinte Aeußerung dies verhindert. Vis jetzt war mir nämlich noch kein anständiger Moslem vorgekommen, der den Ramadan nicht hielt. Deshalb glaubte ich, al5 die Rede aufs Essen kam, bemerken zu müssen, man könne einem Moslem im Ramadan nicht zumuthcn, bei Tage Jemand eine Mahlzeit vorzusetzen. Da ich ihm so das Verdienst des Fastens zuschrieb, so schämte er sich, in meinen Augen als ein schlechter Moslem zu *) Jetzt (1872) ist er Gouverneur Charwms und Munzinaer m, seine Sicllc in Suakin und Massnuwli ^eircien. 94 Illusorische öffentliche Werke. erscheinen. In der That erfuhr ich später, daß sowohl dieser, wie viele höhere ägyptische Beamte im Ramadan nicht fasten; nnd der junge Leib-mamluck des Pascha, ein Circassier, der mich nachher in der Stadt herumführte, rauchte sogar auf offener Strafte eine Cigarre. Hätte er das iu Dschedda gewagt, Etockprügel nnd Gefängnis; wären sein Loos gewesen. Selbst in dem französirten Algier kann ein Moslem so etwas nicht thnn, ohne in den socialen Bann erklärt zu werden. Welch' ein Abstand zwischen den beiden Uferländern des rothen Meeres! Uebrigens auch in Ostafrika wird sich mir der Vornehme und sein Hausstand den Fastenbruch erlauben. Das Volk ist ebenso fanatisch, wie in Mekka. Bei Montaz Pascha bekam ich wieder einen Einblick in die lächerliche Weise, mit der man in Aegyftten civilisirte Anstalten ins Leben ruft. Er bekam den Besuch von zwei englischen Ingenienren, die im Auftrag des Vicetönigs den Telegraph von Snatin nach Berber errichten sollten. Ich war ganz erstaunt, dies zu hören, denn nach den Karten existirt auf dieser Straße der Telegraph schon seit zwölf Jahren. Als ich danach fragte, sagte man mir: „Allerdings, man hat schon vor vielen Jahren hier den Telegraph errichtet, aber er hat nie etwas getaugt. In der That ist nie eine einzige Depesche darauf befördert worden, obgleich man sich in Cairo eine Zeit lang über den wahren Sachverhalt Täuschungen hingab." Vom alten Telegraph soll, wie mir die Engländer sagten, keine Stange mehr existiren. Uebrigens waren sie durchaus nicht überzeugt, daß er jetzt zu Stande käme. Einer sagte mir, die Regierung habe ihnen grösitentheils unbrauchbares Material, das ihr irgend ein europäischer Ver-kaufstünstler für enorme Preise angehängt hatte, geliefert und sie würden nicht eher die Arbeit übernehmen, als bis dies vertauscht sei. Außer den temporär hier wohnenden Engländern lebt in Suakin nur ein einziger Enropäer, der Sanitätsagent; oder dielmehr der arme Mann vegetirt nur; denn die hiesige Stelle ist eine der schlechtesten (50 Thaler monatlich) und davon muß er noch eine zahlreiche Familie daheim ernähren. Hierher nämlich wird wohl keiner seine Kinder mitnehmen. Snakin ist zwar nicht entschieden ungesund, aber die große Hitze (selbst im Winter selten nnter 24 Orad R.) für die europäische Jugend zu angreifend. Dieser gute Mann, der noch dazu eiu italienischer Graf sein soll (er selbst wollte es nicht Wort haben), wohnte in einer wahren Nnine mit einem einzigen gedeckten Zimmer, ohne Flüche, ohne Diener. Wie zum Spott hatte er eine Garde Europäer in Euakin. 95 von sechs Mann, die Sanitätswächter. Als ich ihm Brief» aus Dschedda überbrachte, klagte er mir sein Loos. Dasi das Fleisch sehr zäh, das Vrod kaum eßbar, daß Gemüse fehlten, das Alles hatte ich schon durch die Einkäufe meines Dieners erfahren. Wie es mit den Unterhaltungen aussah, wollte er mich durch Augenschein kennen lernen lassen. Wir gingen also zusammen nach einer Bude, die er in seinem Galgenhumor sein „Cafe, de Paris" nannte. Ich mnß gestehen, ich habe nie die europäische Misöre im Orient abschreckender gesehen. Dieses sogenannte Kaffeehalls war die Ande eines Armeniers und zweier Kriechen, die dort in Compagnie aßen, handelten, schliefen, Alles in einein sehr engen Naum, einer Nohrhütte. Der Hauptartikel war natürlich Branntwein und dies auch die „Erfrischung", die mau uns anbot. Da dies mit jener wenigstens anscheinenden Herzlichkeit geschah, welche fast immer in fernentlegeucn Orten das Zusammenkommen von Europäern tenuzeichuet, so tounte ich nicht abschlagen und gab mir Mühe, etwas von dem kchlverbrennenden griechischen Spiritus hiunnterzu-würgcn. Der „Graf" hatte sich schou an dies Getränk gewöhnt, und ich war erstaunt, ihn sowohl au mehreren Tassen desselben, wie an dem gelind ausgedrückt sehr ungebildeten Gespräch der Händler Geschmack finden zu sehen. Zu welcher traurigen Aushülse kann ein Ort wie Suakin selbst gebildete Menschen (und das war der „Graf" und tausendmal besser, als manche Krösusse, die in Cairo einherfahrcu) zu greifen zwingen, wenn fie uicht ganz als Einsiedler leben wollen, und das wird dem lebhaften Italiener schwer. Wir gingen darauf in den beiden Ortschaften, sowohl auf der Insel wie am Festland, welche ein breiter Canal trennt, herum. Die meisten Nohnnngeu sind nur Hütten von Nohr oder Zweigen der Dompalme. Auf den, Festland waren ziemlich viele Steinhäuser, doch mehr Waarenmagazine als Wohnungen. Es mus; hier übrigens ein bedeutender Handel mit Gummi getrieben werden lZiffern konnte ich darüber nicht sammeln), denn ich sah wohl hundert zeltartige Kegel, durch Palmstrohmatten sehr sorgfältig verdeckt, welche mir alv Aufbewahrungsorte dieses Artikels bezeichnet wurden. Die Händler sind Hadrami: zwei bis drei selbstständige Kaufleute, die anderen Vertreter Dscheddaner Häuser. Suakin hat, als Hanpthafeu des ägyptischen Sudan, immerhin eiue gewisse Wichtigkeit uud möglicherweise eine glänzendere Zukunft. Mnn-zinger stellt seine Handelsbedeutuug sogar höher, als die nou Massaxwa, mit dein ec> den Export des oberu, amharischen Abessiniens theilt. Die 96 Sudanesische Frauen. Stadt hat schon in den letzten zehn Jahren bedeutend zugenommen. Schöner ist sie freilich nicht geworden. Gegen Dschedda macht sie einen ganz erbärmlichen Eindruck. Für den Europäer läßt sich dieser Eindruck nur in dem Wort „Misme" zusammenfassen. Für den arabischen Kaufmann ist Suatin eiue vortheilhafte Verbannung, die er nach errungenen! Handelserfolg mit Dschedda vertauscht. Für die einfachen Kinder des Sudan mit ihren geringen Bedürfnissen ist dagegen Suakin ein Eldorado, wo sie Alles finden, was ihr Herz begehrt: volle Fleischbuden, ihre beliebten dem Europäer freilich ungenießbaren Durrabrode, saure Milch, recht viel hier für ausgezeichnet geltende, nach unseren Begriffen aber ranzige Butter, und vor Allem ganze Vudenreihen mit dein beliebten Hammelsfett, das sie sich in die Haare schmieren; daneben Lustbarkeiten aller Art, dralle schwarze Diruen, die nicht schwer zu erobern sind, Ncgermusik, Tamburingetrommel und Flötengezwitschcr, wozu sie selbst deu Gesang liefern. Herz was verlangst Du mehr? Man folgere übrigens nicht aus dem über die Mädchen Gesagten, daß hier eine eigentliche Prostitution blühe. Dieses häßliche Wort paßt durchaus nicht auf die Zustände unter den sogenannten Naturvölkern. Die geschlechtlichen Verhältnisse sind bei den Schwarzen andere, als bei Kaukasiern und Semiten. Nur die verheirathete Frau hat relative Keusch-heitspsiichteu. Das Mädchen ist, außer bei einzelnen Stämmen, frei. Die Jungfräulichkeit wird geschätzt, aber mehr weil sie den Genuß erhöht, als weil sie für eine Ehre gilt. Ihr Verlust verhindert^nicht die Allssicht auf Verheirathung. Alles dies liegt im Blut, in der Race. Die Religion ist dabei fast ohne Einfluß geblieben. Der strenge Mohammedanismus hat nicht vermocht, den erotisch freien Schwarzen des Sudan seine Ketten anzulegen, ebensowenig wie in Abessinien das Christenthum. Die Sudäneserin sinkt aber deshalb keineswegs (einzelne seltene Fälle abgerechnet) leicht zur Prostitution hinab. Die Mädchen, die auf dem Lande bei ihren Eltern Wuhnen, behalten sogar in den meisten Fällen ihre Jungfräulichkeit bis zur Hochzeit. Anders ist es in der Stadt. Hier sind der Verlockungen zu viele. Schmeichelworte, Geschenke, eine imftonirende oder gefallende Männlichkeit verfehlen bei diesen leicht empfänglichen Wesen fclten ihre Wirlung. Aber fast nie wird eine Schwarze sich des bloßen Mammons wegen hingeben. Es ist beinahe immer eine Art von Liebesverhältniß im Spiele. Einem solchen Pflegeu sie auch die Treue so lange zu bewahren, als der Mann dies thut. So hatte z. V. der Tncstiner Maschinist Hacntoilettc der Eudanescr. 97 in jedem ostafrikanifchrn Hafen eine Geliebte, die er nur rille sechs Wochen sah, über deren Betragen wahrend seiner Abwesenheit jedoch nur Gutes verlautete. Diese Mädchen sind außerordentlich anhänglich und fähig für den Geliebten ins Feuer zn gehen. Die Haartoilette spielt bei den Schwarzen uon Euaiiu eiue so wichtige Rolle, daft eine ganze Budenstraße ihren Hülfsmitteln gewidmet ist. Hier sah ich einige zwölf Läden, in welchen nur die eiförmigen Kugeln von Hammelfett, der beliebtesten Haarsftcisnug, verkauft wurden. Taueben vielleicht ebensoviel Vnden mit den verschiedenen mineralischen Haarpulvern von allen Farben des Regenbogens, welche der Fettnnterlage aufgestreut werden und für sehr reizend gelten. Hier befand sich anch ein halbes Dutzend Zelte, einheimische Frisenrladen, in denen die Geheimnisse der Haartoilctte vollendet werden. Sehr appetitlich ist es nicht, diesem Verschönerungsvorgang beizuwohnen. Es ist übrigens nur das männliche Geschlecht, das von diesen Zelten Gebrauch macht. Die Frauen besorgen ihre noch reichlichere Fettbegießung (denn bei ihnen trieft Allcs, während bei den Männern das Fett starrt) zu Hause. Nach dein Gang durch die Stadt kehrte ich zn Montaz Pascha zurück, wo inzwischen der abendliche Ramadan-Jubel begonnen hatte. Schwarze Musikanten nnd Tänzerinnen zeigten ihre Künste. Der Pascha selbst war zn gebildet, nm daran Geschmack zu finden. Dies Schauspiel sollte nur seine Besucher, die vielen höheren nnd niederen ägyptischen Beamten, zerstreuen, damit er selbst weniger von ihrer nngebildeten Conversation leide. Als ich kam, nahm er mich bei Seite und sagte: „Lassen Sie nns ein wenig plaudern, damit ich einen Augenblick das Volk vergesse, uuter dem ich lebe." Nun begann er mir von seinen „Plänen" zu sprechen. Jeder gebildetere, Moslem hat nämlich „Pläne", wie er das Land verbessere, die Menschen hnmanisire ?e.: Alles recht wohl gemeint, aber selten fruchtbar, da ein Mann keine Cultur schafft. Ein Plan des Paschas schien übrigens der Erfüllung nahe. Er hatte nämlich einen Theil des Innern mit Vanmwollc*) bepflanzen lassen und hoffte dort einen mit dem Nilthal rivalisirenden Erfolg. Auch an Ausdehnung und Befestigung des ägyp^ *) Im November 1671 schrieb imm mir, duß Mnnzingcr, je<;t Gouvernem' mm Mnssanwa, diesen Plan Montaz Paschn's weiter verfolge und bereits eine Strecke mit VlNMiwollc bepflanzt habe. (X>it<»n i« tlin ^re^toivili^Um- >>t' <>ni' »ss«, schrieb mir ein Engländer nus Aden in Veznn nnf Obiges. 98 Ägyptisches Mich in Ostafrika. tischen Reichs in Ostafrita dachte er viel. Die Erwerbung Ahsabs durch Italien machte ihm Kummer. Jetzt dachte er daran, die ägyptische Herrschaft bis über Väb cl Mandel) auszndehnen. Iit der That macht er alle Jahre Reisen nach Verbera im Somali-Lande; aber weiter, als bis zn einem Aufstecken der ägyptischen Fahne ist es noch nicht gekommen. Anch zu Lande, gegen Vogos^), Keren zu hoffte er Gebietserweiterung. Solche Leute, wie er, könnten ohne Zweifel der ägyptischen Regierung viel nützen. Aber sie werden selten verstanden nnd noch weniger unterstützt. "') Dcr Plmi, Vogos durch ttMülschc Truppen z» besehen, ist bekanntlich jetzt (1872) v«'WN'tlicht worden. Wafrikanische Aiiste. Dreizehntes Capitel. Massauwa. Fahrt oon Suakin nach Massauwa, — Des Commandars Proben der Nautik. — Inselarchipel. — Einfahrt. - Kriegerische Gerüchte. — Angebliche englische Truppen^ landung. — Dic Vaschi-Vozuks. - Der Sendschak. — Die Strafgarnison. — Die Insel Massauwa. — Vlendc Bauten. — Schwierigkeit des Unterkommens. — Ein ^utschor Kausniaun. - Fanatische Hausbesitzer, — Consul Munzinger. — Ein zie-l'urener Reisender. — Französisches Consulat, — Munzinc^cr'8 Führung der englischen ^lftediiion, — Undank der Negienmg. — Missionäre. — Die Schweden in Massauwa, — ^fol^e der Katholiken. — Ein Gcsnngener Theudor's. — Merkwürdige Iagdnben ^'Ucr eiues Deutschen. — Einheimische Bevülkernng. —Abneigung gegen Europäer. — ^le Hadrami. — Die Banianen. — Ihre connnereielle Stellung. — Der Oouver-neur. ^. Seine Verbesserungen. — Gartencultur. — Wlissennangel. — Bauicn-rcform. — Strenge Orthodoxie der Einheilnischen. — Das Sikr. — Musik. —Pro-"ltution. — Schlimme gesundheitliche Folgen. — Uebermäßigc Hmnsalbnng der Irnucn. — Garnison, ^ Die Veteranen aus Mexico. — Schöne Landschaft. — Türkisches Fort. — Mima. — Fieber. — Meteorologisches. Unsere Fahrt von Suatin nach Massauwa dauerte fünf Tage nnd ^'s wurde als ein Hexenstück von Schnelligkeit für den Sualm ange^ ^hen, obgleich cm glites Schiff blos; zwei nölhig hat. Diese ganze Küste lft übersäet mit Klippen nnd Untiefen, grofte Vorsicht deshalb von Nöthe», ^n mail sich auf den Piloten allein verlassen konnte und diesem Nuhc uolhig war, so ging der Commandär oaranf ein, jede Nacht zli ankern, wofür ich ihm meinen Dank ausdrückte. Dies kostete ihn wohl Ueber-^wonng, deun er gab gar zu gern Proben seiner Nautik. Im offenen 100 Gefahrvolle Schifffahrt im Inselarchipel. Meer war solches gefahrlos. Aber hier, in dem Klippcnlabyrinth, mußte man ihn stets streng hüten, sunst rannte er das Schiff im Handumdrehen auf eine Korallenbank. Gleich am ersten Tage, während der Pilot zn Mittag as;, gab er ein Probchen seiner Kunst. Ich sah plötzlich zu meinem Schreck ein Korallennngethüm vor uns, welches freilich einige Seegräser deckten, lind deshalb vom Commandar für „blühendes Meer" erklärt wurde. Schnell schickte ich meinen Nnbier zum Piloten, der auch gleich herbeikam und nach einem Streit mit dem (lommandar, welcher es natürlich besser wissen wollte, die Ablenkung des Schiffs durchsetzte. Achulichc Scenen ereigneten sich fast täglich und es hielt oft sehr schwer, den Vommandar zur Nachgiebigkeit zu bringen. Die Officiere standen natürlich auf seiner Seite. Die Mannschaft lachte sich ins Fäustchen über die Irrungen ihres Chefs. Nur den Passagieren, etwa 20 Moslems, einigen Griechen nnd mir, sonne dem Piloten schien daran zu liegen, das; wir nicht aufsaßen. Die Einfahrt ill den Insel-Archipel vor Dahlak, der Massauwa vorliegt, nahm die ganze Kunst des Piloten in Anspruch. Da der Com-inandär schlief, so ging sie glücklich von Statten. Seltsame Gerüchte liefen alls dem Schiff über das, was wir in Massauwa finden würden. Ill Suakin, in Dschedda, überall war eine unsinnige Fabel verbreitet. (5s hieß nämlich, englische Truppe): seien in Massanwa gelandet, und wollten Theodor'v Sühn mit Waffengewalt wieder in Habcsch einsetzen. Der Umstand, daß dieser ^iuabe volt dell Engländern mitgenommen wurde, beschäftigt immer noch die Gemüther und giebt zu allerlei Märchen Anlaß. So wenig ich auch an dieses neueste glaubte, so schien doch der Anblick, den Küste uud Hafen uns bei der Einfahrt boten, es bestätigen zu wollen. Vn großer englischer Dreimaster ruhte majestätisch im Hafen nnd auf dem Land tanchten auf allen Seiten die weißen Spitzel! reinlicher Militärzelte auf. An Bord war jetzt nur eine Stimme. Das waren die Zelte englischer Truppen; dort lag das Kriegsschiff, das sie gebracht hatte. Aber bei der Anknnft entpnppte sich letzteres als ein friedlicher Kauffahrer, und was die Truppen betraf, so überschwemmten sie bald unser Bord. Es waren türkische Vasehi-Voznks, im ägyptisch«: Dienste, die der Suakin abholen sollte, um sie nach einem nur dem Pascha bekannten Bestimmungsort zu bringen. Diese Vaschi-Bozuts siud in neuester Zeit eine Verlegenheit sür die ägyptische Negierung geworden. Sie sind ein ganz unbändiges Völkchen, meist alis zwar recht schönen und männlichen, aber auch sehr rohen Ar- Die Baschi-Bozuks im ägyptischen Dimst. 101 nanten bestehend. KeilN' Disciplin, kein Gesetz respeetiren sie. Durch ein Nichts zum Zorn gereizt, sind sie gleich mit dem Dolch bei der Hand. Ihr eigner Oberst fürchtet sich vor ihnen. Dieser erzählte mir unter Nn-dernn Neulich habe ein Arnaut einen Kaffeehausknaben erstochen, bloß weil der von ihm gereichte Kaffee nicht mehr ganz warm gewesen sei. Aber an ein Strafen könne er nicht denken. Ihn nnd alle Offieiere todtzu-schlagm und vielleicht nuch Massauwa zn plündern nnd dann anzuzünden, dessen wären sie fähig und brauchten nur die geringste Herausforderung dazu. Sie ständen alle einer für den andern ein und die deln Einen auf-tt'legte Strafe würde als Schimpf für Alle aufgefaßt nnd von Allen gerächt. Dieser alte Sendschak (Oberst) war ein trefflicher Mann, in Massauwa allgemein beliebt nnd resvectirt, nur nicht von seinen unbändigen Untergebenen. Er klagte mir sein Loos. Namentlich die vielen Versetzungen waren ihm schrecklich. Noch vor zwei Jahren lag sein Regiment in Alexan-drien, wo «s den Polizei- nnd Gensdarmeriedienst versah. Aber da war der Wolf zum Schäfer bestellt worden. Da die Vaschi-Vozuks Europäer kaum mehr respectiren, als Fellahs oder die einheimisch ägyptischen Soldaten (letztere werden von ihnen wie Heloten behandelt), so kamen so viele Klagen der Consnln vor, daß man sie versetzte und zwar nach Älassauwa, das für eine sehr unangenehme Garnison gilt. Da aber diese Strafgarnison sie nicht gebessert hatte, so war jetzt ihre Versetzung nach einem zwar noch nicht bekannten, aber jedenfalls noch unangenehmem Ort im Werk. „Wohin wird man nns bringen?" seufzte der alte Oberst. „Wahrscheinlich in eine Gegend am weißen Nil oder nach Kassala, wo die Meisten nach drei Monaten am Fieber sterben." Der Commanoar, die Offieiere, die Maschinisten des Snakin zitterten in ihren Schnhen, als sie ihre neuen Passagiere kommen sahen. Und mit denselben oder vielmehr unter deren Joch sollten sie mm fünf Tage bis zur Rückkunft in Snakin bleiben! Es war eine keineswegs tröstliche Aussicht. Die Insel, anf der Massauwa liegt, ist jetzt zum großen Theil mit Bauten oder Hütten bedeckt. Sie wird im Norden durch den Hafen, im Westen durch feichtere Canäle vom Festland getrennt. Es wäre sehr leicht, nuf der seichtesten Stelle einen Stadt nnd Festland verbindenden Damm zu errichten. Dieser Vorschlag, den Munzinger dem hiesigen Gouverneur gmmcht, welchen letzterer aber zurückgewiesen hatte, dürfte möglicherweise 102 Bauten in Massauwa. jetzt zur Ausführung tommen^), seit der berühmte Reisende selbst die Gou-verneurstellc bekleidet. Der Hafen gleicht einer Flußmündung. Von ihm nimmt sich die Stadt nicht häßlich aus, da man von hier nur die Steinhäuser, worunter der weißangestrichene Palast dcsGouverueurs, gut unterscheidet und das Oewirre schmutziger Hütten, das die Mehrzahl der Gin-wohner beherbergt, kaum gewahrt. Ist man aber in der Stadt, so schwindet jede Täuschung, und man muß sich sagen, daß auch hier der Eindruck nur durch das Wort „Elend" wiederzugeben ist. Ein bischen besser ist's als in Snakin, aber' wenig genug. Eigentlich hat Massauwa nur zwei nach arabischen Begriffen städtische Häuser, die Kaufleuten aus Hadramaut gehören und genall wie die Häuser von Dschcdda geballt sind. Das Negiernngshaus ist eine uuförmige Caserne. Das katholische Missionshalls, auf einem eiusamen östlichen Theil der Insel, ist nicht häßlich und berühmt durch seine trefflichen Kisternen. Die anderen Häuser, einige achtzig oder hundert an der Zahl, sind klein, niedrig, nnschön, meist sehr unzweckmäßig geballt. Das Schwierigste ist in Massauwa ein Unterkommen zu finden. Zum Glück war ich an den einzigen europäischen Kaufmann, der hier lebt, Herrn Hassen, einen Deutsch-Ungarn, empfohlen. Dieser außerordentlich gefällige Mann führte nn'ch gleich in sein Haus nnd bot mir dasselbe an. Aber die Wohnungsnoth ist hier so groß, daß mein freundlicher Wirth kaum für sich selbst genügenden Platz besaß und ich Bedenken empfand, seine beschränkte Räumlichkeit durch meine Gegenwart noch unzureichender zu machen. Seine Wohnung bestand nämlich aus einem einzigen von Stein erbauten Zimmer, allerdings groß und luftig. Für seine Familie hatte er ein mit Palmmatten verhängtes Rohrhaus, eine Art Gartenlaube, angcbant, das erste Bauwerk dieser Art, das mir wirklich hübsch erschien und mir bewies, was guter Geschmack, Ordnung nnd Reinlichkeit selbst aus diesem unscheinbaren architektonischen Element machen können. Luftig vom Winde durchstrichen (bei der hiesigen steten Hitze die größte Wohlthat), vor der Sonne durch dicke Matten geschützt, war dieses kleine Nohrgebilde wirklich allerliebst lind angenehm zu bewohnen. Außerdem lag Herru Hassen's Wohnung ali einem der kühlsten Orte der Insel, auf einem Landvorsprung, von drei Seiten vom Meer bespült. Wir fifchten alls den Fenstern, ja wir erlegten mit Schrotschüfsen eine Menge großer und schmackhafter Fische. *) Dieser Plan ist jetzt (1872) ausgeführt worden. Consul MunzilMf. 103 In der Stadt standen einige Häuser leer, deren Herren auf dein Lande warm. Man lieft bei ihnen anfragen, da bekannt war, das; sie dieselben gelegentlich vcrmietheten. Aber ihr moslemischer Fanatismus sträubte sich dagegen, einen Europäer, wenn anch für theures Geld, allfzunehmen. Gleichsam als Entschuldigung führte man mir an, ein hiesiger Moslem habe neulich an einen Europäer ein Haus vermiethet lind dieser (ein Missionär) den Mißbrauch soweit getrieben, Gottesdienst darin zu halten. Ungläubiger Gottesdienst in einem moslemischen Hanse! Und die Wände waren nicht eingestürzt! Eines solchen Verbrechens schien man anch mich fähig zu halten, nnd so schwand die Hoffnung auf Miethuug. Herr Hassen versah in Abwesenheit Mnnzinger's dessen Eonsnlatsge-schafte. Der berühmte Reisende wohnte zur Zeit in Mokullo, zwei Stunden von hier, kam jedoch au Posttagcn in die Stadt. Bei einer solchen Gelegenheit wurde ich mit diesem merktoürdigen und liebenswürdigen Manne bekannt, dessen Freundlichkeit gleich beim ersten Zusammentreffen mit einem ihm bisher Unbekannten soweit ging, mich durch Anerbieten seines Stadthauses aller Wohmmgsuoth zn entheben. Mnnzinger ist eine außerordentlich glücklich organisirte, gleichsam znm Reisenden geschaffene Natur. Von einer durch klimatische Einflüsse fast unberührten, ansnahmsweisc kräftigen Gesundheit, der man anmerkt, daß sie ans dein Alpenlande, Schweiz, stammt, von einem unverwüstlichen Humor, weift er Hunger, Durst, Hitze, Kälte, das härteste Lager gleichgnt zu ertragen. Oft muft er erst von Anderen au seilte leiblichen Vedürfuisse erinnert werden. Ja zwei semer Freunde, deren einer in Habesch, der andere in Südarabien mit ihm reisten, versicherten mir, er bringe seine Gefährten manchmal förmlich in Verlegenheit, ihre Bedürfnisse einzuge-stehen, weil man sich schäme, soweit hinter seiner Vedüchußlosigleit zurückzubleiben. Was er seiner Natur bieteu kann, beweist, daß er einst bei 8000 Fuß Höhe ohne Decke nnd im dünnen Sommeranzug, den er bei 30 Grad N. nicht leichter tragen konnte, unter freiem Himmel übernachtete und sich nicht erkältete. Ebensowenig greift ihn die glühende Tropensonue nn, der er sich schadlos in einem Lande aussetzt, wo wenig Europäer dem Sonuenstich entgehen. Fiebcr hat er, glaube ich, nur ein einziges Mal gehabt, nämlich im uugesundeften Theil von Kordofan. Aus jener Zeit stammt seiu Widerwillen gegen das Schwitzen. „Nnr nicht schwitzen," heißt es bei ihm, uud in der That, in einem Schwitzlandc, wie Massanwa, schätzt man sich glücklich, wenn man diese Vorschrift befolgen kann. Er 104 Consularische Vertretung in Massauwa. schläft, wie alle Eingeborenen, stets bei offenen Fenstern nnd Thüren, und zwar hat man hier fast immer auf allen vier Seiten des Zimmers Fenster. Eine starke Natur kann dies jedoch allein aushalten. Schwächere werden das Fensterschließen und selbst das gelegentliche Schwitzen als Wohlthat empfinden. Munzinger's Hauptfach ist das linguistische, obwohl er auch anderen Disciplinen sein Stndium gewidmet hat. Aber in crstcrm leistet er Vorzügliches nnd kann als Autorität für die modernen Sprachen von Nordlind Süd-Tigrs^), Amhar und Agan gelten. Von letzterm giebt es drei Zweige, deren einer, bisher so gut wie unbekannt, eben den Forscher beschäftigte. Sein Wörterbuch des Massanwa-Dialekts (Nord-Tigr6), seine „ostafrikanischen Studien", sein „Recht der Bogos" haben ihm uuter den Orientalisten einen hervorragenden Rang gesichert. Leider halten ihn seine consularischcn Geschäfte vielfach von wissenschaftlichen Arbeiten ab. Officicll war er zur Zeit zwar nur französischer Consul; da sich aber außer ihm gar kein Konsul hier befand, so wendeten sich alle Hieher verschlagenen europäischen Schutzbefohlenen an ihn. Unter diesen ist oft viel Gcsindel (Griechen, Lcvantiner), die ihm nicht wenig zu schaffen machen. Es ist bekannt, daß er früher auch das englische Consnlat bekleidete und als Führer der abessmischcn Expedition beiwohnte, wofür ihm nur mit Undank gelohnt wnrde. Seiner Thätigkeit bei jener Expedition verdanken die Engländer einen Theil ihres Erfolgs. Es ist nur eine Stimme darüber und selbst viele englische Officicre haben mir gesagt, daß ohne Munzinger's Localkenntmsse der Feldzng sich in die Negensaison verschleppt hätte. Wer letztere in Abessinien kennt, wird die oft gehörte Behauptung nicht für übertrieben halten, dasi, einmal von dem Regen überfallen, der größte Theil der Armee zu Grunde gegangen wäre. Dafür lohnte man ihm mit einen: Orden, in Massanwa ein ganz werthloscr Artikel, während Andere Tausende von Pfunden als Entschädigung erhielten. Viel Schuld an diesen Vorgängen trägt der Dnalismns der Negierung, des englischen konio-gnvLliimLnt und der colonialen ostindischm Verwaltung. Munzinger's Verdienste waren der ostindischcn Verwaltung vorzugsweise bekannt. Vis ^) Die moderne Wissenschaft hat für Süd-Tigr<> den Ausdruck Tissrinnia angenommen, der jedoch nichts ist, als das amharifche Wort dafür. In Tigr« selbst nennt man die Sprache einfach Tigr«, das Nord-Tigr« dagegen Vcdawi (Neduinen-dialeti). Missionäre in Ostafrika. 1*05' zum Imino - g'ovornmmit scheint wenig davon gedruugen zu sein. Erstere hätte letzteres freilich um eine passendere Belohnung für ihn angehen müssen. Bei ihrem schwerfälligen Geschäftsgang wurde dies wahrscheinlich auf die lange Bank verschoben; man vergaß es, und, später daran erinnert, schämte man sich durch nachträgliches Gutmachen seine Versäumniß einzu-geftchen, zumal da inzwischen die für die Anderen vorgeschlagenen Entschädigungen schon zuerkannt waren. Nur so erklärt sich dieser Verstoß, denn die Engländer sind sonst nicht undankbar. Bestände noch die ostindische Compagnie, die in solchen Dingen nicht das iwnioFovoi-uniont zu fragen brauchte, Munzinger Hütte gewiß Alles erhalten, wozu ihn seine Verdienste berechtigten. Sonst leben von Europäern in Massauwa noch einige schwedische Missionäre, ein alter französischer Soldat und eine ganze Colome von griechischen Spiritushändlern und Weinfabrikanten. Letztcrc haben sftclunken-artige Buden, der in Suakin sehr ähnlich. Die Missionäre hatten hier kein Glück. Früher im Innern, hinter Vogos, bei einem noch heidnischen Volte thätig, wurden sie von dort vertrieben, zwei der Ihrigen sogar zugleich mit dem Engländer Powell ge-tödtet. In Massauwa hatten sie nur provisorisch Aufenthalt genommen. An ein Bekehren der Hiesigen ist gar nicht zu denken. Um aber auf die vielfach hierher kommenden Abessinier zu wirken, muß man es anders machen, als sie. Ein Missionär, der wirken will, muß den Europäer soviel wie möglich ausziehen. Er muß viel, ja ausschließlich mit Eingeborenen verkehren, ihre Sprachen kennen, auf ihre Ideen eingehen. Alles das verstanden die guten Schweden nicht. Es waren brave Leute, die es ehrlich meinten, aber hölzerne Naturen. Ganz anders gehen die katholischen Missionäre zu Werk, die in Massauwa auch eine Station haben, welche ihnen aber nur als Rückhalt dient und gegenwärtig bloß von juugen Dienern, sogenannten Missionszöglingen, bewohnt war. Allerdings finden sie auch das Terrain günstiger. Das monophysitische Dogma, welches die abessmisch-koptische Confession von der katholischen treuut, ist dem Volke, ja vielen Priestern unbekauut. Der Ritus ist kein Hinderniß, denn die katholische Kirche duldet jeden orientalisch« christlichen Nitus. Es handelt sich also fast nur um Anerkennung des Papstes. Dazu finden sich die Laien, ja selbst einzelne Priester gern bereit, und so haben die katholischen Missionäre schon ganze Dörfer, namentlich in der Provinz Kolutussm bekehrt. Was ihnen aber schadet und oft ihre N)tt Ein europäischer Iät;cr. Bevölkerung. Erfolge vernichtet, ist ihre Einmischuug in Politik. Das können sic nie lassen. Daher auch ihre neuesten Kämpfe mit Kassa, dem Fürsten von Tigro, der sie sogar schließlich alle auswies. Eineil nur zeitweise hier lebenden Europäer, Herrn Nösler, lernte ich bei Herrn Hassen kennen, dessen Landsmann er ist. Dieser noch sehr jung aussehende Mann hatte schon viel durchgemacht. Als zoologischer Sammler war er vor einigen zehn Jahren nach Abessmicn gekommen, hatte es in allen Richtungen jagend, sammelud und ausstopfend durchstreift, bis Theodor's Laune seinem Reisen ein Eude machte. Er blieb zwei bis drei Jahre dessen Gefangener und wurde erst durch die englische Erpedition befreit. Wie alle ächten Reisenden verschmähte er es, viel von seinen Erlebnissen zu erzählen. Nur durch Herrn Hassen, der vertraut mit ihn: war, erfuhr ich Einiges von den höchst merkwürdigen Iagdabeuteueru dieses Mannes. Manche derselben reizten zum Lachen, wie die von ihm erfundene sehr originelle Art des Affenfangs, andere waren tragisch, wie die fürchterlichen von ihm oft mitangefchcum Verheerungen, welche der Leopard bei Menschen und Thieren anrichtet. Die Sitten der Rhinocerosse nnd Elephanten schien er besonders scharf beobachtet zu haben. Ich schlug ihm vor, seine Abenteuer zu veröffentlichen. „Wozu? man würde mir nicht glauben!" sagte er, „dieWelt glaubt oft den größten Lügnern, aber gerade die wahren Abenteuer hält sie meist für Schwindel, wenn sie ungewöhnlich sind." Er hatte nicht Unrecht. Die einheimische Bevölkerung ist von abessimsch-semitischem Stamm und im Typus ganz der von Tigr6 ähnlich. Es ist ein schöner Mcuschen-schlag, von edlen regelmäßigen Zügen und ebenmäßigem Körperbau. Die Hautfarbe ist fast schwarz, doch uicht gauz so duukel, wie die der Sudanesen. Das Haar wächst lang, ist aber wollig, nicht lockig gekräuselt, niemals auch nur annähernd schlicht. Von den Küsten stammen, vul^ Beduinen genannt, die alle Mohammedaner sind, wird es nach moslemischer Sitte entweder gauz oder theilweisc abrasirt, das Haupt bei der Jugend ineist eutblöst getragen. Im christlichen Tigw tragen die jungen Männer vielfach ihr Haar vcrschiedenfältig abgetheilt nnd über fünf bis acht längliche Wülste (kleine Ehignmls) gewickelt, was seltsam, aber nicht gerade haßlich aussieht. Die hiesigen „Beduinen" sind den Europäern sehr abgeneigt. Ihr moslemischer Fanatismus tonnte dies erklären. Aber bei den christlichen Tigrö-Volkeru ist es nicht besser. Dagegen finden sich die ancharischeu Kaufleute in Massauwa. 107 Abessinier dev Innern nüi großer Leichtigkeit in dm Umgang nüt Europäern nnd haben entschieden Geschmack daran. Ich halte deshalb Mun-zmger's Bemerkung fur sehr richtig, daß jene Abneigung im semitischen Vlnt liege. Sehen wir nicht Aehnliches anch bei nordsemitischen Christen, z. B. den syrischen^ Natürlich weicht diese Abneigung der Bildung. Unsere Juden sind ja auch Semiten, aber von Abneigung gegen Kaukasier ist gewiß bei den gebildeten nicht die Nede. Ebenso fand ich einzelne gebildete Semiten aus Tigr«, die jene Abneigung nicht kannten. Die Amhareu, obgleich ihre Sprache viel vom Aethiopischen annahm, also semitisirt wurde, sind nicht Semiten, sondern ursprünglich wohl Agau-Völker, mit den Sudanesen, Nubicrn, Somali verwandt, die alle keine angestammte Abneigung gegen Europäer habcu. Der Umgang mit ihnen gestaltet sich so natürlich homogen, daß mir's oft vorkam, als sei ich unter Landslcuten. Dasselbe gilt don den Nnbiern, die, obgleich Moslems, sich doch viel leichter zum Europäer fiuden, als Semiten, selbst wenn sie Christen sind. Araber leben nur wenige hier, kommen aber oft in gewisser Anzahl von Hemm, namentlich Hodaida. Ein Paar reiche Kaufleute aus Hadra-maut vertreten nnter den Moslems den Großhandel. Aber das eigentliche Handclsrcich der Hadrami hat hier schon aufgehört, da die indische Kauf-mannskaste, die Banianen, durch mehrere bedeutende Häuser vertreten ist, gegen welche die Hadrami zurücktreten müssen. Mit dieser können sie nicht concurriren. Die Hadrami blühen uur da, wo (wie iu Mekka uud Dschedda) die Baniauen, ihres Heidenthums wegen, nicht dauernd wohnen dürfen. Wo es indessen diele Baniancn giebt, da kommen die Hadrami auf keinen grünen Zweig, so z. V. in Aden, das doch ihrer Heimath viel näher liegt, wo aber der einzige gefchäftstreibende Hadrami ein armer Makler ist, mein Bekannter, ein gewisser 'Auwad bel Eher, der den Banianen Rache schwört. Die Banianen repräseutiren in Südarabien uud Ostafrika das Eapital, Sie allein haben Geld uud erzielen ihre Handelserfolge durch dieselben Mittel, wie in Dschedda die Hadrami und ostindischen Moslems, d. h. sie wissen es so einzurichten, daß alle Verläufer und Prodncenten ihnen verschuldet siud. Ihr Dif im Handel ist ein unantastbarer. Ihre Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit stud sprichwörtlich. Will ein Bewohner von Massauwa verreisen, so vertraut er alle seine Werthe den Vanianen an. Nichts Schriftliches wird darüber ausgestellt, aber eiue Veruntreuung ist absolut beispiellos, ja uach hiesigen Begriffen undenkbar. Die Geldmacht der Banianen liegt eben darin, daß hier das Indi- 108 Banianen. Abessinier. Der Gouverneur. viduum zurücktritt, das; Alles Assoaation ist. Mm hat es nicht mit einzelnen Kaufleuten, man hat es gleichsam mit dem fleischgewordenen Hau-delsgeist zu thun. Die Vorstände der bamauischen Geschäfte in Dschedda sind nämlich keineswegs die Kaufherren, sondern nur die Beamten großer ostiudischcr Häuser, die vielleicht an 50 Orten ihre Comptoire haben und über viele Millionen verfügen. Deshalb können sie auch jcdcr localen Handelskrisis trotzen. Die Zahl dieser in Massauwa lebenden Banianen dürfte zwanzig nicht übersteigen und dennoch beherrschen sie den Markt fast ausschließlich. Alle diese Leute, durch deren Hände die ansehnlichsten Summen gehen und die gewiß auch Persönlich sehr guten Verdienst haben, leben außerordentlich einfach, sind oft fast ärmlich gekleidet, treten bescheiden auf und scheinen fast die Diener derjenigen, welche sie durch Handelsver-pflichtungcn doch ganz in Händen haben. Jeder kostspielige Genuß scheint ihnen unbekannt. Eine größere Anzahl abessinischer Christen lebt gleichfalls hier. Doch spielen sie keine Rolle. Ihr Handel beschränkt sich auf kleiue, unbedeutende Geschäfte. Die flottircnde abessinische Bevölkerung ist jedoch desto bedeutender, da eben Massauwa der einzige Hafen von Tigrä ist. Fast alle ihre Producte gelangen in die Hände der Vaniancn. Gin Gottesdienst ihrer Confession besteht nicht. Aber viele besuchen den katholischen, zuweilen nach koptischem Ritus gehaltenen, d. h. wenn sich ein einheimischer bekehrter Priester findet. Die Verwaltung war in Abwesenheit von Montaz Pascha, des General-Gouverneurs der Küstenländer, in Händen eiues Obersten, der den Titel „Bey" führt. Es war ein noch ziemlich juuger Türke, zwar nicht von derselben Bildung, wie Montaz Pascha, aber doch auch vom Streben nach Verbesserungen beseelt. Er schien namentlich die Gartencultur ins Auge gefaßt zu haben, ein etwas undankbares Nestreben in einem Ort, wo Wasser so selten und kostbar ist. Fast alles Trinkwasser in Massauwa wird von: Lande in Schläuchen gebracht und ist natürlich theuer, wenn auch nicht so, wie in Dschedda. Nur wenige Cisterncn giebt es. Als ich den „Bey" besuchte, fand ich ihn im Hofe des Regicrungs-hauses, dessen einen Theil er sich zum „Garten" geschaffen hatte. Dieser „Garten" war sein Stolz und seine Freude. Da saß er in seiner noch kahlen Laube und überschaute sein grünes Reich, das aus einigeu Gurken, Kürbissen, Melonen und anderen nm Boden haftenden Gewächsm bestand, Verbcsscrungspläne, des Gouverneurs. 109 die mit unendlicher Mühe und ewigem Begießen so weit gebracht worden warm, daß sie einen kleinen grünen Teppich darboten. Es war freilich die einzige grüne Oase in ganz Massauwa. Er sprach mir von einem größeren Garten, den er halbwegs Moknllo auf dem Festland angelegt hatte und den ich natürlich gleichfalls ansehen mußte. Diese Merkwürdigkeit war eine vergrößerte Auflage des kleinen Gartens. Hier wuchsen auch noch einige Gemüse, sogar Saubohnen, worauf er besonders stolz war. Ein anderer Herzenswunsch des Bey waren bessere Häuser uud Hütten, worin ich vollkommen mit ihm übereinstimmte. Die Rohrhütten waren ihm ein Dorn im Nuge. Iu der That erhalten diese bei der Nachlässigkeit der Einheimischen bald ein so zerfetztes und ruincnhaftes Aussehen, daß sie Ekel erregen, könnte man die Leute dahin bringen, ihre Rohrhauser so niedlich zu halten, wie Herr Hassen das seinige, so würden sie Massanwa verschönern. Wie sie aber sind, bilden sie einen Schandfleck für den Ort. Auch die Dompalmmcitten, womit diese Hütten gedeckt und behängen, ans denen oft die Thüren gemacht sind, sehen meist dergestalt zerrissen und abgenutzt aus, daß man sie für uralt hält. Dennoch ist dies nicht der Fall. Aber die Einheimischen besitzen ein solches Talent, Dinge schnell abzunutzen, daß dauerhafteres Material dazu gehört, um ihrem Hang zum Nuiniren zu trotzen. Alles dies empfand der Oberst und sprach es aus. Er giug ernstlich mit dem Plan um, Häuser von Luftziegeln, oder wenigstens von Lehm mit gehacktem Stroh und kleinen Steinchcn vermischt seiner Art ^i^ü), wie in Oberägypten, zu errichten. Das dazu gute Material findet sich jedoch nicht nahe, sondern muß sehr weit hergeholt werden, und so fürchte ich, wird diese Baureform ein frommer Wunsch bleiben. Der „Bey" schien zwar kein strenger Moslem, aber er machte es doch noch nicht wie der Pascha, daß er den Ramadan brach. Dazu war er noch nicht vornehm genug. Er wäre auch hierin in Massauwa zu vereinzelt gewesen. Denn die hiesigen Moslems sind wie alle Spätbekehrten (der hiesige Islam ist kamn sechs Jahrhunderte alt) ganz schrecklich orthodox. Da sie sich bei Nacht durch Lärm entschädigen, so ist Massauwa in diesem Monat eben nicht angenehm zn bewohnen. In der ersten Nacht glaubte ich ein millionenfaches Froschegequake zu vernehmen. Es war das „Sitr", die heilige Verzückung, hier zwar nicht durch oerwischariiges Geheule (was nebenbei gesagt gar nicht strengorthodoz- ist) vertreten, sondern nur durch das von vielen hundert Stimmen im Taet ausgestoßene Glaubens- 110 Vergnügungen im Namadän. bekenntniß oder noch häufiger mir das ewig unabänderliche Wort „Allah", das je öfter wiederholt, desto verdienstlicher wirkt. Aber nicht nur heilige Laute drangen an mein Ohr. Auch weltliche Musik „versüßte" diese Nächte. Da jedoch Massauwa Mangel an Instrumenten leidet (die sonst bei Schwarzen so beliebten Trommelconcerte kennt man hier kaum), so mußte Händcgeklatsche dies ersetzen. Eine Melodie wurde zwar dazu gesungen, aber das vielhunderthändigc Geklatsche übertönte sie siegreich. (5s war übrigms so wohl geregelt, daß ein Fanatiker des Tacts hier seine Freude gehabt hätte. An weniger unschuldigen Vergnügungen leidet gleichfalls Massauwa keinen Mangel. Hier findet sich zwar auch noch die naive, nicht ausschließlich interessirte Liebelei der Sudäneserinnen. So kannte ich einen arabischen Piloten, der ganz Entzücken über seine schwarze Geliebte war, die ihm „treu" blieb, obgleich er sie nur alle drei oder vier Monate sah nnd ihr kein Geld gab. Aber nebenbei cxistirt doch auch die eigentliche Prostitution, welche, da sie der ärztlichen Controle entbehrt, desto gesundheitsschädlichere Folgen hat. So klagte mir ein englischer Schiffscapitän, er habe seine Matrosen hier zwar nur einmal ans Land gelassen, aber das habe genügt, um sie sämmtlich krank zu machen. Einer derselben sei sogar bettlägerig nnd leide Schweres. Die Sorge der griechischen Kneipwirthe ist es, daß solche Seeleute die „Schönen" nur im Branntweinrausch (und von welchem Branntwein!) besuchen. Sonst würden wohl ihre Ricchwerkzengc vor solchen Berührungen zurückschrecken. Die Personen sind zwar nicht häßlich, oft sogar wirklich schön, aber ihre Fettbrgießung ist eine so reichliche, daß ich zweifle, ein nüchterner Europäer könne seinen Widerwillen davor überwinden. Sogar meinem Nubier, dessen Landsmänninnen sich doch auch „ein-buttern", war dies zu viel. Wenn ich ihn scherzhaft fragte: „Nun, wie steht's mit Frauenbekanntschaft?", schüttelte er wie von Ekel erfaßt den Kopf nnd ricf: „Ich will keine, die „Kullu dehen" (ganz Fett) ist." Die Garnison von Massanwa bestand zur Zeit (da die Baschi-Boznks eben abgereist waren) nnr aus einem starten Bataillon Sudaneser, schwarze Veteranen, die Neste der cinst von Said Pascha an Frankreich „geliehenen". Sie waren alle in Mexico gewesen, sprachen meist etwas Französisch, schüttelten aber bedenklich das Haupt, wenn befragt, ob sie dorthin zurückzukehren wünschten? Sie hatten zn viele der Ihrigen, wmn auch uicht gerade am gelben Fieber, hiusterbcn sehen. Sie waren sich LlM und Mima von Massauwa. 111 übrigens gar nicht des Menschenhandels bewußt, den man mit ihnen getrieben. Sie gestanden sogar, daß sie es in ewiger Beziehung dort besser gehabt, als hier, wo sie in der letzten Zeit die Heloten der Vaschi-Voznks, die Alles, was nicht Türke ist, tief verachten, gewesen waren. Sie wurden jetzt nicht besser bezahlt, als die zn Soldaten ausgchobencn ägyptischen Fellahs, d. h. so gut wie gar nicht, erhielten nur am Festtag Neis, sonst bloß Durra, denn die Tage Said Pascha's sind vorbei, der die Truppen stehts sehr gut hielt. Die Vaschi-Boznts so zu behandeln, wie sie oder die Fellahs, darf Aegyptcn nicht wagen. Diese erhalten stets guten Sold und Lebcnsmittel. Der Unverschämte kommt immer am besten in der Welt fort. Merkwürdigkeiten besitzt Massauwa nicht. Die Moscheen sind unbedeutend. Die katholische Caftclle ist hübsch, aber so, wie man Tausende in Europa sieht. Wer eine schöne Aussicht gelließen will und auf einen Flaggenmast nicht zn klettern scheut, der kann dies im sogenannten türkischen Fort. Es ist ein großer, viereckiger, von Mauern umgebener Naum mit einer kleinen Batterie auf der Ostseite, am Meere, und angebaucnt Wachthänsern im Westen. Von einem mitten alls dieser kleinen Wüste aufragenden Mastbaum ist der Blick auf das Festland ein überraschend schöller. Die mächtigen Verge (einige 8000 Fuß hoch), anf denen das abcssinische Plateau liegt, das flache Tiefland mit seiner durchsichtig dunstigen Atmosphäre, die in der Mittagsgluth zn zittern scheiut, das Meer mit seinen vielen Iuscln, die einheimischen Schiffe mit ihrcn malerischen lateinischen Segeln: es ist ein Bild, würdig von einem Malerpinsel gefesselt zn werden. Das Klima von Massanwa ist zwar fast zn allen Zeiten sehr heiß, aber doch nicht entschieden ungesund. Es regnet hier mehr als in Suakm und Dschcdda, meist in den Monaten December, Januar lind folgenden. Ist der Regen reichlich, was jedoch nicht alljährlich vorkommt, so bilden sich wohl Fiebermiasmen und dann sind die Anfangsmonate des Jahres uugesuud. Jedoch sind diese Fieber selten gefährlich. Die heißen Monate sind gleichfalls hier, wie am ganzen rothen Meere, und wie auch in Aden, die gesundesten. Wer die Hitze schellt, für den ist Massauwa gegeil Ende des Jahres am bewohnbarsten. Ich war 3 Wochen im December da nnd fand die Wärme im Schatten selten höher als 2li" N. Die Abende waren mild und angenehm, fast immer bei 20« N. Nur nach Regengüssen be-lnevlto ich am frühen Morgen eine Abkühlung bis zu u;". Nach Anderen 112 Meteorologisches. soll zuweilen eine noch größere stattfinden. In Munzinger's Hanse, das ich bewohnte, sank die Zimmertemveratur, selbst bei stetem Turchzug, nie unter 25° N. Bei 18° N. frieren die Leute hier schon und nach einem starten Regenguß horte ich die Einheimischen über bittere Kälte klagen. Die Sonne ist zu allen Zeiten sehr stechend mid ohne die bekannten englisch-ostindischen Hüte wird ein Nordländer schwerlich dem Sonnenstich entgehen. Sonnenschirme sind sehr rathsam. Selbst die Einheimischen tragen sie, freilich oft mehr zum „Staat". Die Abessinier gar haben solche von steifem Leder, die sie selbst im Schatten, gleichsam als Standeszeichen, über sich halten. Jedenfalls ist Massauwa einer der heißesten Orte der Welt. Ich glaube jedoch nicht, daß jener große Unterschied der mittlern Temperatur zwischen hier und Aden (Massauwa 31,0", Aden 26,8" Celsms), den Humboldt's Tabellen geben, von praktischer Vedentnng ist, obgleich er wahrscheinlich beobachtet wurde. Aber iu Aden ist das Observatorium auf einen: erhöhten Punkt allen kühlen Winden ausgesetzt. In Massanwa wäre es schwer, einen so ausgesetzten Punkt zu fiuden. Die Hitze in der Stadt Aden ist nicht viel geringer, als in Massauwa. Deshalb lassen sich beide Beobachtungen kaum mit einander vergleichen. Zstafrika nische Küste. Vierzehntes Kapitel. Handel von Massauwa. Massauwa's Hinterländer. — Oommerzielle BcdeutlMss des Platzes, —Ueliertriebcne Anpreisung derselben. — Import in Massauwa im ersten Halbjahr 1864, — Provenienz des Iniports. -^ Vertheilmiss des Imftoris, — Export. — Abnahme des Cxfturts von Abcssimen, — Verschwinden des abcssinischen Kaffees. — Ttlaven-ausfuhr. — Zunahme des Moschus. — Karawanenbeirieb.—Hafen von Massanwa. — Einnahmen des Zollamts. — Preise für Waarcntransport. — Gewichte, — Maße. — Münze. Massauwa hat durch feine Hinterländer cine gewisse, freilich oft überschätzte Wichtigkeit für den Haudcl. Es ist das einzige Emporium von Tigw. Mit Suakin theilt es den Handel des Aniharischen Mrs-siuims, welcher über Metainma^) geht. Es ist der nächste Vermittluugs-Hafen zwischen Ostindien und drill innern (ägyptischen lind unabhängigen) Sudan (Metaunnü, Kassala u. s. w.). Die Route über Suakin wäre fnr ostindische Naareu ein Uunueg. Es vermittelt den Austausch der Pro-ducte der Hirtenvölker, die nördlich von Abessmien lvohlU'n. ^eun'U ist alif Massauwa für seiueu Vnttcrbedarf angewiesen. Es bildet den Martt für die Seeprodncte des Archipels von Dahlat (wie Perlen, Perl-unüter, Schildpatt u. s. lv.) Dcunoch darf man sich nicht der Täuschung hingeben, alü könne Massauwa mit Häfeu wie Dschcdda, Hodaida, wetteifern. ))tuuziuger, der die *) Gegcnwiirtiss bietet die sollte vc>n Metanlina nach Euakin mehr Sicherheit, "^ die nach Massanwa. 114 Einfuhr wn Waarm in Massauwa. Verhältnisse gut kennt, behauptet sogar, daf; Snakin als Handelshafen mehr Wichtigkeit habe nnd daß selbst Lohaiyn ihln nicht viel nachstehe. Nie falsch ist also Lejean's Behaupnmg, VtassalM'a sei der erste Handelshafen des rothen Meeres. Dies könnte es vielleicht einmal werden, wenn in Abcssinicn geregelte Zustände herrschten. Aber einstweilen ist dies Land fast todt fnr den Handel. Import. Herr Mnnzinger war so freundlich, mir folgende Ziffern über Import nnd EMrt in Massauwa mitzutheilen, die einem von ihm fnr das französische Ministerium bestimmteil Bericht entlehnt sind. Import iu Massauwa im ersten Halbjahr von 18tt4. I) Ueber Dschedda wnrde importirt: Ncis l 150 Säcke......Werth 39,400 Fr. Datteln II Packe...... „ 374 „ Rosinen 1 Ballen...... „ 100 „ Zucker 3 Ballen...... „ 510 „ Taback 3 Aallen......., 504 „ schwarzer Pfeffer'") 30 Ballen . . „ 3,900 „ Tib sein Parfum) 43....., 4,616 „ Antimon 8 Ballen......, 1,680 „ Sandelholz 2 Vallen......, 300 „ Nelkenöl 2 Fässer...... „ .Nä „ Glasperlen 107 lassen...... 7I,!)04 „ Glas 40 ssassen...... „ 6,720 „ blane Seide '^) I Balkn ... ,. 3,360 „ Leiinuaud 23 Ballen .... „ 45,080 Mnsselin l Ballen......, )!50 ,' Nothev Baumwollqarn 10 Vlislcn „ 15,400 „ Papier 2 Cassen...... „ 1,120 „ ^) Der wthl' Pfcffl'r lmnmt uns dcin Iinieril. ^^) Diese, in Tchiim-form, U'ird nnn >M'>i libessiiüschc» h'hristc,, „,,i dc» V^ qetvl^cii. Einfuhr V0n Waaren in Massauwa. 11."> Tassen 2 Cassm......Werth 1,600 Fr. Kupfer 54 Pack...... „ 21,168 „ Zink 17 Packe......... 1,700 „ Blech 1 Pack......... 180 „ 2) Von Hodaida wurde importirt: Reis 456 Säcke......Werth 15,504 Fr. Datteln 186 Packe......, 6,224 „ Zucker 5 Packe...... „ 530 „ A) Ueber Aden wurde importirt: Reis 1440 Säcke..... Werth 48,960 Fr. Datteln 150 Packe..... „ 5,100 ,. Taback ^47 Ballen..... „ 145,740 „ Zucker 10 Ballen..... „ 1,100 „ Sandelholz 25 Ballen....., 3,750 „ dielten öl 10 Fäsichen .... „ 560 „ Indische Manufactnren 84 Ballen „ -;!)4,800 „ Der Gesammtwerth dieser importirten Artikel nuirde also etwa 922,500 Franken betragen haben. Darunter ist der Iniport über Aden dlirch fast 2/,, setwa 600,000 Fr.), der iiber Dschedda durch nicht ganz '/, l'i00,000 Fr.,) der über Hodaida Nlir durch 22,500 Fr. repmsentirt. Die hewurrageude Wichtigkeit des ustiudischeu Iiuportv (deun Adeu vernüttelt nur) springt also in die Augen. Da übrigens auf obiger Liste ciuige Importartikel, wie z. V. Kaffee, Branntwein, fehlet:, weil sie wahrscheinlich in dem genannten Halbjahre weniger vorkamen, andere ausnahmsweise schwach vertreten sind, so kaun nus dies nur als Uebersicht der Provenienz, nicht als WerthmaaMab dienen. Munzinger berechnet den Import indischer Manufactnren allein alls durch^ schnittlich i'/.i Million Fr. im Jahr, den von östreich. Glaswaaren auf '500,000, von Kupfer auf l 00,000, vou englischer Leinwand und anderen Stoffen auf 240,000. Zusammen kann man dru Import wohl nicht niedriger als auf drei bis vier Millionen Franken schätzen. Die Masse dieses Imports vertheilt sich in Massanwa etwa folgendermaßen: 3* 116 Absatz dcr importirtm Waaren. siMrt. 1) In Massauwa bleibt Kaffee, Zucker (in Hüten), Nägel, Zinn, Vlech, Oel, Stricke, zusammen für etwa 300,000 Fr. Außerdem etwa folgende Bruchtheilc der Gesmumteiufuhr: Vin Taback; V, Teppiche, Mehl, Zncker; V.i Pfeffer, Parfums, Papier; ^/« Branntwein; '/<: Manilfacturcn, l/:,s, Glaswaarm; '/i„ Leinwand, Stoffe; ^ Zink. 2) Die Beduinen und Anseba beziehen uom Import in Ntaffanwa V, Taback; V« Pfeffer; V? Parfums, Gewürze; 3/4 Stoffe; '/5 Olas-waaren. Zusammen für etwa 200,000 Franken. 3) Nach Abefsinien geht ausschließlich von den obengenannten Waaren: blaues Seideugarn; Baumwolle; rothes Fadcugarn; Kupfer; Maroquin-Leder; Schießgewehre. Außerdem folgende Vruchthcile des Oesammt-imports: 2/, Zucker; '/, Pfeffer; «/7 Parfnms; V Leinwand, Stoffe; '/,2 Mannfacturen. 4) Nach dem innern Sndan sKaffala, Oadaref, Mctamma) geht: V« Pfeffer; ?/7 Parfums; V^n Glaswaaren; '/.,., Leinwand, Stoffe; ''/12 Manufacturer Im Allgcnieinm kann uian annehmen, daß vom Import 25 Proc. in Mafsauwa bleiben, 50 Proc. nach Abefsinien, 10 Proc. zu den Beduinen und III Proc. nach dem Sndan gehen. Export. Munzinger ichlägt den jährlichen Export etwa folgendermaßen an: 1) Nach Dfchedda werden rxportirt: Häute für..........400,000 Fr. Wachs für..........100,000 „ Butter für..........140,000 „ Moschus für......... 00,000 „ Perlmutter für.........30,000 „ Alle diefc Artikel, die Butter ausgenommen, gehen nach Europa. 2) Nach Aden werden erportirt: Elfenbein für......... 25.0,000 Fr. Perlen für.......... 100,000 „ Ooldstanb für......... 100,000 „ Alle diefe Artikel gehen nach Ostindien. Provenienz der erportirtcn Artikel. 117 3) Nach feinen wird erftortirt: Butt« für..........W0,000 Fr. Provenienz der exportirten Artikel. 1) Die Dahlat-Inseln lieferll alle Meer-Erzel,gnifse, wie Perlmutter, Perlen:c. 2) Sanchar sKiistenland) liefert Federn, Senlle, Gummi, Ziegenhäute, Ochsen, '/, der Butter, ebensoviel der Ochsenhäute des Gesannntexftorts. Zllsammen für eirca l 40,000 Franken. 3) Varka nnd Anseba liefern Tamarinden, geflochtene Matten, V, Honig, '^ Häute, 2/,, Butter. Zusammen für eirea 400,000 franken. 4) Der Sudan liefert: V2 Elfenbein für........ 125,000 Fr. "1 Wachs aus Metamma für .... 30,000 .. '/in Goldstaub für....... 10,000 „ 5) Abessinien liefert: ^/2 Elfenbein für........125,000 Fr. V10 Goldstaub.........90,000 ., V4 Honig.......... 15,000 „ V2 Kuhhäute.........175,000 „ 2/, Wachs..........60,000 „ Moschus........... 60,000 „ Verschiedene Pflanzen.......40,000 , Die steten Wirren, welche in Äbessinicn herrschen, habeli dessen Wport "»f dir obigen unbedeutenden Ziffern reducirt. Dic nn'isten Artikel sind 1/ht sehr viel schwächer vertreten, als in früheren Jahren. Einige sind lugar beinahe gänzlich aus dein Handel verschwunden, so z. V. der abcs-lunschc Kaffee, luelcher nach Ansicht mancher Kenner jeden Kaffee der ^elt, sogar den arabischen an Güte übertrifft (Abessinien gilt dielfach für ^le Hmnath des Kaffrestranches). Noch vor 20 Jahren, als ich nach "typten kam, trank man dort abessinisehrn Kaffee. Jetzt wird sogar in /tassauwa arabischer importirt! Ein anderer Exportzweig entzieht sich 1^"' Controle, nänüich der von Sklaven, welcher verheimlicht wird. Mun-^ugcr hat os durchgesetzt, daß jetzt in Massanwa keine Sklaven mehr Erkauft werden. Dennoch belveisell die Sklaveumärkte in Dschedda, -'"'kka:c.. die alle mit Abessiniem nnd Oallas aligefnllt sil,d, daß dieser Ilk Export. Hnfen. Zollamt. Export stattfindet. Dcr Hauptmarlt ist jetzt Mböröni, ein Ort 3 Stunden im Innern von Masfauwa. Von dort werden die armen Schwarzen gebunden und aneinandcrgekettet an einsame Küstenorte gebracht, wo sie in kleinen arabischen Booten bei ruhiger See eingeschifft werden können. Auch Eunuchen tommm unter diesen Sklaven vor. Ein einziger Exportzweig hat in den letzten Jahren zugenommen, nämlich Moschus. Der Handel von Kassnla ist in Händen der Bewohner von Artiko, derjenige des übrigen Sudans wird von dm Vanianm vermittelt. Der Handel von Barta geht über Keren (5 bis 6 Tage von Massamva), von wo die Beni Amr die Weiterbeforderung übernehmen. Von Varta kommt: Honig, Elfenbein, Häute, Butter. Die Karawanen aus dem Amharischen Habesch kommen nur in einer Jahreszeit, nämlich im September und October, an. Die Schoho beziehen Getreide von Massauwa. Die Habab, Anseba, Vogos, Mensa verkanfen dort Tamarind und Honig, die Neui Amr Palmmatten. Die Küstenstämme verhandeln Gmnmi, Senne, Straußen-sedern, Elfenbein. Hafen von Mnssanwa. Alle 14 Tage kommt ein Dampfschiff der Compagnie Aziziye ans Suatin (Dschedda, Suez), welches nach zwei Tagen zurücklehrt. Orüßcrc Segelschiffe äußerst selteu, nur wenn vom Vizetönig bestellt, um Kohlen zu liefern. Oewühnlichc Verbindung mit Aden nnd Dsehedda durch Saya's (Schiffe mit lateinischen Segeln von 20 bis 100 Tonnen). Davon kamen im Jahre 18N4-. aus Dschedda 68, aus Lohaiya 111, aus Hodaida 1^, aus Aden 21, ans Suatin 5. Einnahmen des Zollamts. 1) Für Import von Aden, 8 Proc. Steuer . . etwa ! 60,000 Fr. 2) Import vom Innern, 8 Proc. Steuer..... 40,000 „ 3) Export nach Aden, 5 Proc. Steuer .... „ 20,000 „ 4) Export nach türkischen Häfen, 8 Proc. Steuer. „ 42,000 „ Summe dcr Einnahmen etwa 202,000 Fr. Der Import von Dschedda, Suakin, Jemen kommt bereits versteuert an- Die Steuer auf den Import vom Innern trifft nur einzelne Artikel wie Butter, Honig, Kaffee, von denen man (sehr willkürlich) annimmt' Prcisc für Waarentranspori. Gewichte. Maße. 11!) daß sie alle ni Massauwa verzehrt lverden. Alle anderen Waaren tonnen frei nach Massaun>a iiuporlirt »oerden, zahlen aber, wenn von dort ausgeführt, dio Export-Steuer. Aegypten behandelt nämlich Abessinien nicht als Ausland. Preise für Waarentransport. 1) Nach Dschedda lostet ein Sack Neis Vm Thalers, ein Pack Strohmatten V, Thaler, ein Pack Häute, Wachs, Butter, Perlmutter, Kaffee 1 Thaler. Andere Waaren von 1 bis 1 '/,> Thlr. das Gepäckstück, gleichviel ob groß uder tlein. 2) ^!iach Hodaida kostet ein Sack 3ieiö '/,5 Thlr., ein großer >trug Vntter '/, Thlr., ein ^iorb Durra '/, Thlr., andere Waaren ^bis'/2 Thlr. 3) i,ach Aden: nne nach Dscheddn. 4) Nach Snakin: ein Pack Tuch, Zeuge, Stoffe 1 Thlr., andere Waare,: ^ bis ^ Thlr. Gewichte. Gewöhnliches Gewicht! Roil lPfund) wiegt 17 Maria -Theresien-Thaler. Der Maria-Thcresien-Thaler wird so zur Pfulideiulheilllng. gleichsam zum Doppelloth, der Unze, nnr daß 17 statt 16 auf ei» Pf>l>ld gehen. Die Otta beträgt........ 2^ Notl. Der Cantar beträgt.......100 Der Caular-Cadaf beträgt.....125, „ Die Farasla beträgt...... 20 Die Mine beträgt....... 3 Der Vahan beträgt.......ll'X) Maße. 1. Längenmaße; von diesen giebt es drei: 1) das gewöhnliche Drä oder 50 Ceutiineter, 2) das sogenannte Eisen-Drä oder 55 Ceutilneter, 3) die Middet gleich 11 Drä. *) Hier sind iüinicr Äiuria-Thcrcsicn-Thalcr, inMiimilich !,, 2 II, 21 Ar-, jrlzt aber 3, 2 Fl. 34 Xr. rh^imsch oder 1 Thlr. 6^7 Sgr. sscrcchiict. Ncr Kurs dirjcr Thaler ist na'mlich hiev etwa 10 Xr. rheinisch. 2«/? Sgr,, hnhcr, als ihr Miinzwctth. 120 Maße. Münzsorten. II. Flüssigkeitsmaße: Die Koba gleich 2 Flaschen von etwa ^ Liter. Acht Koba sind eine Mcthanna. Eine Koba Butter mnß 2^/4 Notl wiegen. III. Getreidemaße: Die Nubit gleich »/4 türtische Kcle. 110 Rubit gleich ein ägyftt. Ardeb. 120 Nubit sind eiln' Quffa oder Zainbil. 4 Zambil bilden ein Hamal. Der Hamal ist die einheimische Tonne. Münze. Diese ist die ägyptische, »velche bekanntlich drei Währungen von Piaster hat, nämlich Tarif, Current-Silber und Current-Bronze, arabisch Säch, Schernk nnd Chorda. Als ich Aegyftten (1871) verließ, standen diese drei Wahrungen in folgendem Verhältniß zu einander: Cmrent-Tarif. Silber. Vionzc, Fünf Franken galten .... 191/4 (Piaster) ^8'/., 44 Ein Maria-Theresien-Thaler galt 20'^ „ 42 50 Gin Napoleon galt.....77^ ., 154'2/^ 175 Ein Pfund Sterling in Gold . 97^ „ 195 220 Ein ägyptisches Pfund .... 100 „ 200 230 Gin türkisches Pfund .... 87V< „ l75'/,2 105? In Massauwa kommt Tarif bei Post, Telegraph, Mauth und Dainpf-schiffen vor. Cnrrent-Silber ist fast unbekannt. Bronze ist die allgemeine kleine Münze. In dieser Währung, wie überhaupt, haben hier jedoch nur Silberthaler <5urs. Gold lonnnt nicht uor und nur bei öffentlichen Kassen nimmt man von Amtswegen die ägyptischen Pfunde. Der Maria-Theresien-Thaler, der zur Zeit etwas niedriger als in Aegypten, nämlich nur 47'/.^ Piaster Bronze, statt 50, wie in Cairo, stand, ist die allgemeine Eilbermünze. In diesen Thalern lassen sich die Kaufleute ihr Geld, Beamte, wenn sie können, ihren Gehalt kommen. Im Innern geht nichts anderes. Das ägyptische Bronze-Geld Maria-Therchm-Thaler. 121 wird scholl zwei Stunde:: von Massauwa nicht mehr genommen. Mit dm Maria-Thercsien-Thalern muß man sich in Acht nehmen. Es giebt seit dem abcssinischen Feldzug viele nicht vollwichtige darunter. Die Einheimischen nehmen als Kriterium die Perlen der Krone. Wenn diese nicht die volle Zahl, wie auf den alten, haben, werden die Thaler für falsch erklärt. Wafrikanische Küste. Fünfzehntes Capitel. Abessinisches in Massauwa. Zustände in Habesch nach Theodors Fall, — Theodors Größe und Bedeutung. — Eeiu Wahnsinn. - Die je!;igen Machthaber, — Ihre Ohnmacht und Zersplitterung — Aba Kaisi. — Mädchenraub. — Ein „Rebell" in Hubesch. — Mekuncn von Hainasten. — Gefangene Fürsten. — Eiu abessinischer Gesandter. — Mißbrauch der Gastfreundschaft. — Trunksucht der Abessinicr. — Tcr Tädsch sHouigbicr) und seine Bereitung. — Abessimsche Frauen. — Ihre Vorzüge, — Ehe zwischen Deutschen und Abessiniein. — Der intcntionelle Mörder Muuzingers. — Seine Mitschuldigen, — Seine Freilassung. — Ein Verbrecher alö Philosoph. — Nothwendigkeit der Vewasf-nung in Haliesch. — Unsicherheit des LandeZ, — Ein Franzose am Hofe Cassa's. ^-Schiniper, — Die Griechen in Ndua. — Ein Paar Alisflüge in der Ilnigc'gcnd von Massauwa nach Ortrn, die Andcrc dcschricbcn habcn, halt^ ich tamn für tucrth, hior geschildert zu werden. Lieber will ich des Interessantesten erwähnen, was Massauwa, meiner Ansicht nach, jeden: Freund der Völkerbeschreilnmg bietet, nämlich die vielen Vcrnhrnngen mit abcssinischem Leben und Treiben, die, da sie meist mit den neuesten Zcitverhältnissen zusammeuhäugeu, nicht „abgedroschen" sein tonnen. Ich setze die Kenntniß der abessinischen Völker vvrans. Weniger taun ich dies von ihrer Oruppirnng seit Theodors Fall. Dieser für Messinn'N „große" Mann halte die alte Neichseinheit wiederhergestellt, eine neue Acra crösfnet und versucht, Habesch in die Reihen der Culturstaateu einzuführen. ssaiscr Thwdor'o Höhe und Sturz. 123 Es war anders bestiinmt. Theodors Kampf und Ende erinnert mich an mi spanisches Stiergefecht. Nie dort der Stier erst durch die Ehnlo^ geneckt, die Piccadores gestochen, die Nanderilleros gereizt und durch Alle wüthend geinacht wird, ehe der Cöpada ihm den Todesstoß versetzt, so schickte auch Europa seine Eonsuln, Missionäre, Kaufleute, Abenteurer aus, lnn den königlichen Stier zu necken, zu quäleu, zu beschimpfen, zu ärgern, bis er endlich in Wahnsinn gerieth. Dann kam derHanPtverfolger, Eng"-laud, lmd machte ihm den Garaus. Mancher andere wäre bei solcher Behandlung auch verrückt geworden. Eines Tages kommt ein Europäer, in voller Uniform, aber zugleich auch im Rausch, zu ihm, nennt ihn einen äii't)" ni^ei- (schmutzigen Neger) lind verlangt schließlich noch zehntausend Thaler von ihm. Ein andermal hört er, man habe ein Blich iiber ihn geschrieben, läßt sich daraus übersehen und findet, daß ein vou ihm stets gut behandelter Europäer die Geheimnisse seines Stammbaums veröffentlicht hat, die größte Beleidigung für ihn, denn dieser ist eben nicht sehr vornehm und er kennt nicht den Temokratenstolz, „Sohn seiner eigenen Werte" zu sein, sondern seine Politik null, daß man ihn für den Enkel Salomons halte. Das sind nur zwei Beispiele unter Hunderten. Daneben die religiösen Nergrleieu, das Verdammeil der Fasten und anderer von ihm hochgeachteter Glaubensartikel durch die Missionäre. Diese ewigen dogmatischen Streitigkeiten haben vielleicht neben der rücksichtslosen Behandlung von Seiten europäischer Regierungen am meisten dazn beigetragen, Theodor, der oin tiefreligiöscs Gemüth hatte, verrückt zn machen. (5r mar keiner von jenen servilen Fürsten, die vor Gnropa's Macht kriechen, sondern er wollte als Gleicher mit Gleichen unterhandeln. Er hatte übrigens hohe Meinnng von Europäern, glaubte an sie, und diese enttäuschten und beleidigten ihn, indem sie ihn ganz wie eiuen menschenfressenden Negerfürsten behandelten. Bon ihm konnte man sagen: VViiut :». nol)Io mind 18 Iioi-ll o'm'tin-mvu. Wie groß die Kraft seines Geistes, wurde erst nach seinem Sturz recht deutlich. Abessinien fiel der Anarchie anheim, ans der nur er vermocht hattc, es herausznreißeu. ^n diesem Lande findet sich jetzt keiner, der auch nur einen Iuuteu vou Theodors Geist hätte. Was ist Gobasye von Amhar, der sich durch den viel schwächeren Kassa von Tigrö fangen läßt, und was ist Letzterer, der kurz vorher noch vor Oobasye zitterte? Was ist Menelek von Echoa, der als Theodors Gefangener den uuterthänigen Sklaven fpirlte, und was die alte Mestiate, die Galkafürstin'? Diese vier 124 Rebellen in Abessinicn. sind die Haupttheiler der Spolicn Theodors. Aber neben ihnen tauchen noch viele andere kleinere Führer auf, wie Mekonen von Hamasien und wie jener verwegene Hauptrebcll, Aba Kaisi. Aba Kaisi ist der Tyftus eines tollkühnen Nänberhauptmanns. Ich hatte das Vergnügen, im Hause des Herrn Hassen in Massauwa seinen Schwager kennen zu lernen. Aba Kaisi ist nämlich mit einer Deutschen vermählt, d. h. Deutsche unr von Vatersseitc. Ihr Vater ist der berühmte Naturforscher Schimper aus Mannheim, der unter Theodor zugleich mit dem Dessauer Zander die wichtigsten Postcn bekleidete nnd jetzt in Adua lebt. Die Liebe Aba Kaisis wäre würdig, in einem Räuberroman zn figuriren. Nenn ich recht hörte, so hatte sie weder die Einwilligung des Vaters, noch anch anfangs die der Braut. Aber der „Räuber Iaromir" ist immer reizend für Mädchen. Gine „kühne That" scheint ihn in Besitz seiner Liebe gesetzt zn haben. Aba Kaisi verlor zwar (December 1870) eine Schlacht gegen Meku-nen, aber trotzdem war er als Ncbcll ungleich größer, als dieser, denn Melonen war Ncbell gegcn Kassa und erkannte Oobasye an; Aba Kaisi jedoch war Rebell gegcn Kassa und Oobasye zn gleicher Zeit, obgleich diese beide Feinde waren. Er war das Ideal eines Nebellen. Das Wort „Rebell" steht überhanftt in Habesch in Ehren. Wenn man von einem Mann sagen will, daß er großen Anhang nnd Ginfluß habe, so heißt es, er könne einen guten „Rebellen" abgeben. So hörte ich Abessinicr von Munzinger, der viel Verbindungen in Habcsch hat, behaupten, wcnn er sich als „Ncbell" aufthnn wolle, würde er Erfolg haben. In diefcm Lande der Anarchie ist ja der Fürst (wie Kassa, Oobasye) anch nichts, als ein zur Herrschaft gelangter Ncbell. Nur, seit er Fürst ist, weiß man meist schon, daß er nicht viel taugt. Von: ncuen Rcbcllcn dagegen erwartet man sich etwas. An ihn knüpfen sich instinctive idealische Hoffnungen nnd nicht immcrmit Unrecht, wieTheodor bewies;, derja ursprünglich auch „Ncbell" war. Darum strömen die kricgslnstigen, unabhängigen Mmncr zn ihm. Er bildet ein Lager, setzt sich meist durch einen kühnen Handstreich in den Besitz einer Provinz und tritt als Fürst auf. In vielen Fällen ist der Rebell em Dadschadsch (Ocneral) und Statthalter einer UnterProvinz, der das Joch seines Lehnsherrn abschüttelt oder der Sohn eines solchen. So war es mit Mckonen. Sein Vatcr war Statthalter von Hamasien, wurde von Kassa abgesetzt nnd eingesperrt. Der neue Oonvcrneur konnte sich jedoch nicht halten, da Mclonm zu viel Abessimsche Große als Gefangene. Gin Gesandter. 125 Anhang hatte und die Provinz seines Vaters mit Gewalt behielt. Obgleich Hamasien in Tigr6 liegt, so wählte er doch den sehr entfernten' Gobasye zn seinem Lehnsherrn. Als ich in Massauwa war, trafen grade seine Geschenke an die dortigen Autoritäten, meist Kühe, ein. Es ist nämlich üblich, beim Regierungsantritt die Oberhäupter der Nachbarländer zn beschenken. Vei alledem blieb Mckonens Vater Gefangener Kassa's. Gelegentlich Gefangener zn sein, gehört so zu sagen zum Lebenslanf eines Dädschadsch. Es haben sich sogar bestimmte Gebräuche in Verbindung mit diesem Zustand gebildet. Wird ein Vornehmer ans den: Gefängniß befreit, somuft er Pomphaft auftreten. Nur dann gelangt er wieder zn Ansehen und Anhang; sonst geht er unter. Zu solchem Auftreten gehört eine prächtige Kleidung. Herr Hassen bekam, während ich ihn besuchte, einen Aries von einem noch gefangenen Dädschadsch, der um einen goldgestickten Burnus (in Habcsch Mantel der Vornehmen) bat, um ihn bei seiner Entlassung ans dem Kerker zu tragen. Ohne diesen hätte cr „schlechte Figur" geinacht. Auch ein nbessinischer Gesandter fand sich öfter bei uns ein, natürlich ein „Nllaka". Dies Wort kann Minister, Staatssekretär n.s. w. bedeuten, aber auch ein leerer Titel, wie etwa unser „Gehcimerath" sein. Er war nebenbei „Papas" (Priester), auch wie ein koptischer Geistlicher gekleidet, aber nicht von sehr geistlichen Manieren. Ohne Rausch verging selten ein Tag bei ihm. Seine Gesandtschaft hatte zwar ein Ende, aber an die Heimkehr zu Gobasye, seinem Fürsten, war einstweilen nicht zu denken, da Kassa ihn nicht durch Tigrö gelassen hätte. Auf dem Wege von Suakin nach Mrtamma hätte er freilich ungehindert reisen können. Jedoch dieser schlaue Diplomat hatte grade den einzigen Heimweg gewählt, der eben verstellt war, den über Massauwa, und zwar wahrscheinlich, weil ihm der Auf" cuthalt gefiel und nichts kostete, denn er nnd sein Troß von IN Mann lebten anf ägyptische Staatskosten. Der Gouverneur von Massauwa klagte mir zwar über die Unbcscheidenheit des Gesandten, sich so lange füttern zu lassen, aber cr meinte zugleich, das könne noch ein Jahr so fortdauern, ohne offiziell beanstandet zn werden. Für den Allaka war das Leben in Massanwa also eitel Gewinn. Ein abessinischer Gesandter bekommt weder Gehalt, noch Diäten, sondern ist auf Gastfreundschaft angewiesen. Findet er nun eine solche, wie die des Khedive, so ist das gegen die Aermlichkeit, der er zn Hanse entgegengeht, üppiges Wohlleben. 126 Das abossinische Honigbier. Der Allala mußte, so oft cr zu uns kam, mit Cognac tractirt werdeli. Deshalb machte er su viele Besuche. Ueberhaupt ist das Trinken ein Fehler der Abessinier. Nie gut kannte Mohammed die Bewohner dieser Ionen, daß er ihnen den Nein ganz untersagte. Denn ein mäßiges Trinken ist in diesen Ländern gradezu unbekannt. Für orientalische Christen wäre ein Wcinverbot ebenso heilsam, wie bei den Moslems. Im Hause des Herrn Hassen bereitete man das abessinische landesübliche Getränk, Tädsch genannt, eine Art Honigbier. Die Bereitung ist sehr einfach. Man mischt eine Quantität Honig mit der zehnfachen Menge Wasser und läßt dies drei Tage beim Feuer oder im Sonnenbrand stehen, ehe man die würzenden Kräuter beigiebt. Hat mau letztere hiueiugethan, so setzt man die Mischung abermals drei Tage der Hitze aus. Der Tädsch ist dann schon genießbar und schmeckt wie leicht schäumender Most. Je älter er wird, desto berauschender, aber auch bitterer. Alö Most fand ich dies Getränk, wenn richtig gewürzt, sehr angenehm uud ziehe es jedem ordmäreu Neine lind Niere vor. Es ist wirtlich wie ein leichter Champagner, sprengt auch ganz wie dieser die Flaschen. Die Abessinier aber trinken den Tädsch lieber alt, weil er nur dann berauscht. Es kommt übrigens sehr auf die beigegebencu Kräuter an. Deren sind vier die üblicheren und jedes giebt dem Tädsch einen andern Geschmack. Man mengt nämlich nur selten zwei Kräutcrarten zugleich dem Tädsch bei. Das ordinärste Kraut heißt Zotto") uud giebt den gewöhnlichen Tädsch, der auch in Massauwa öffentlich verkauft wird und ziemlich fade schmeckt, etwa wie schlechter Apfelwein. Gisch» ist etwas besser als Zotto, aber auch nichts Besonderes. Die zweitbeste Würze bietet die Nmira, ein Kraut, das auch merkwürdige aniisyphililischc Eigenschaften hat. Es soll (ich verbürge das nicht) verjährte Syphilis in Form eines Ausschlags hcraustreibeu uud dann gelind heilen. Der beste Tädsch, den ich trank, war mit Amira gewürzt. Für die erste Qualität, die ich aber nie versuchen konnte, gilt Mintscherer, welche den Tädsch roth färbt. Nnr von Gischo nimmt man Blätter, von den drei anderen Arten die Wurzeln.^) *) Die botanischen Name» dicker Pflanzen konnte ,ch nicht entdecken, da ich mir die Wnrzcln derselben sah, 5*) Ich habe auch in Deutschland Tädsch bereitet und cr fill ,ehr lvintbar aus. Die Kräntcr hatte ich nnlqebrachi. Abessinischo Frauen. 127 Herr Hassen war ganz alls abessinische Weise eingerichtet. Die Küche ist sehr gepfeffert. Kr hatte sich aber daran gewöhnt; mir war sie anfangs ungenießbar. Fleischspeisen bilden fast die einzige Kost. Er sowohl wie Mnnzinger nndnoch ein anderer hiesiger Europäer, waren mitAbessimermnen verheirathet. Diese Frauen sind dem Europäer stets sympathisch, von sanften angenehmen Sitten, vielem natürlichem und bescheidenem Anstand. Der Ruf ihrer großen Schönheit scheint mir nicht gerechtfertigt, ebensowenig wie ich entschiedet, Häßliche sah. Der Neiz liegt mehr in ihrem ganzen Wesen, das sich so gilt znm europäischen findet. Dies gilt übrigens mehr von den nmharischcn, als den Tigrü-Fraum. Herrn Hassens Fran war (so wechselvoll sind hier die Schicksale) die Tochter Ubio's, der einst den Fürsten-, ja den Königstitel geführt hatte. Seit ihres Vaters Fall war sie verfolgt, verjagt, mit ihrer Mutter nach Massauwn gekommen. Sie war nicht mehr sehr jung, hattc aber etwas sehr Gewinnendes in ihrem stillen bescheidenen Wesen. Wie groß die Anziehungskraft abessinischcr Frauen, beweist uuterAnderm der Umstand, daß ein junger Engländer, einst Theodor's Gefangener, jetzt freiwillig zn seiner schwarzen Frail nach Amhar zurückgekehrt ist. Mau hat viel von ihrem lockereu Lebeu gesprocheil. Daß solches oft geführt wird, ist unzweifelhaft, aber lediglich Schuld derjenigen Männer, welche die Frauen nnr als Unterhaltuug ansehen. Behandelt der Mann sie nicht als Spielball der Lust, sonderu als Ehefrau, so wird die Abessinierin sich dieser Stellung stets würdig zeigen. Sie besitzt durchaus natürlichen Taet und Ehrgefühl. Die Ehen zwischen Deutschen und Abessiuierinneu sind oft glücklich und kinderreich. Schimper ill Adua hat eine blühende Familie von großen ulld kleineu Kindern, bis zu dem jüngsten Zwillingspaar, das ihm in seinem (glaube ich) 75. Lebcusjahre geboren wurde. Auch der verstorbene Zander hinterließ eine Nachtmmnenschaft, die jetzt in Massauwa lebt. Frau Zander war eine noch sehr jung ausseheude Schwarze, obgleich sie schou eine verheirathete Tochter hatte. Letztere sah merkwürdig aus. Ihre Haut war zwar immer noch dunkel genug, ihr Haar aber schlicht, ein unfehlbares Zeichen europäischen Bluts. Dabei war sie so außerordentlich robust, stramm und für ihre Jugend wohlbeleibt, wie ich es nie bei einer echten Abessinierin sah. Ihr schwarzer Mann war ein Schatten neben ihr. Sie galt für eine Schönheit, wohl mehr uach türkischem Geschmack. Der kleine Zander, der grade Massauwa verließ, um mit der ihm vom Herzog von 128 Fin abessimscher Verbrecher. Anhalt (seines Vaters Landesherrn) verliehenen Unterstützung europäisch erzogen zu werden, trug noch mehr, als sie, die Spuren deutscher Abstammung. Aber auch seine Erscheinung bot mehr Seltsames, als Gefälliges. Diese Mischlinge mögen klüger sein, als Abessinier; schöner sind sie nicht. Fran Munzinger bekam ich nie in der Nähe und unverschleiert zu sehen. Sie war nicht von Anchar, wie Frau Hassen und Zander, sondern aus Bogos, fünf Tage von Massauwa. Dort scheint die Berührung mit moslemischen Elementen den Frauen größere Zurückgezogenheit aufzuerlegen. Auch sie ist nicht sehr jung, abcr wohlcrhaltcn, und, wie man mir sagte, van großer Schönheit. Sie hatte einen Sohn erster Ehe, der ein fast griechisches Profil, in's Schwarze übersetzt, zeigte. Ihre zweite Ehe war noch kinderlos. Sie soll große Fähigkeiten und sprachliche Kenntnisse besitzen. Oft in unseren linguistischen Untersuchungen wurde an sie, ungesehen, aft-pellirt und ihr Wort gab stets den richtigen Bescheid. Ich bin überzeugt, daß die Verhcirathung mit einer Schwarzen in diesem Lande das Nichtige ist. Was eine Weiße leidet, bewies mir eine unglückliche Missionärsgattin, Tochter eines schwedischen Generals, die zwar mit vieler Aufopferung ihre Verbannung trug, aber ein Bild der Verheerungen des Mimas darbot. In Munzingcrs Hause machte ich eine andere merkwürdige Bekanntschaft, weniger erbaulicher Natur, nämlich diejenige seines Mörders, oder vielmehr, da der beabsichtigte Mord ja nicht gelang, die seines Verwnn-ders. Dies war ein gewisser Johannes Teklar, Schwager des seitdem verstorbenen Pater Stella, eines italienischen Missionärs, den die Nbefsinier „Abuna Johannes" nannten. Zur Ehre der katholischen Mission must ich übrigens sagen, daß dieser Pater ein Abtrünniger war. Er und ein gewisser Emmnetu, ebenfalls ein abtrünniger Geistlicher sgeborner Abessinier), der, je nach Bedürfniß, bald katholisch, bald wieder schismatisch wurde, sollen die That gebraut haben, deren Arm Iahannes war. Der Grund war die Eifersncht auf Munzingers Stellung in Vogos, dessen Statthalterschaft ihm Kassa verliehen hatte, während früher hier Stella und Emmnetn unumschränkt herrschten. Religiöse Beweggründe waren ganz anßer Spiel, da Mnnzinger, als Katholik und französischer ssonsul, stets die katholischen Interessen verfocht. Die Sache wurde übrigens vom Eonsnlat untersncht, und die Schnld der drei ermittelt. Stella's Tod befreite die Europäer vom Scandal, Einen der Ihren verurtheilt zu sehen. An seiner Schuld war wohl nicht Das Mcntat auf Munzinger und seine Fol^n. 129 zu zweifelil. Er hatte gerade vorher in Massauwa Plilver und Blei kaufen lassen, mit Johannes conferirt und war dann nach Varta ins Innere gereist, um fiir seine Person ein Alibi zu haben. Als er vom Mißlingen erfuhr, wagte er nicht nach Keren zurückzukehren, sondern hielt sich in Schotell. Von dort schrieb er an Munzinger, er möge nicht an seine Schuld glauben. Und er war noch gar nicht angellagt. Emmnetu und Johannes wurden von Kassa ausgeliefert, bliebeu erst im ägyptischen, dann im consularischeu Gewahrsam. Emmnctn starb im Gefängniß. Johannes lebte noch, war aber krank und befand sich, als ich nach Massauwa kam, in Mnnzingrr's Erdgeschoß ganz nubelästigt, ohne Ketten, von den» gefüttert, dessen Tod er beabsichtigt hatte. Muuzinger war geueigt, ihn freizulassen. Rachegefühle waren ihm fern, nnd Johannes schien mehr Werkzeug als Urheber. Da traf zum Ueberfluß noch ein seltsamer Bescheid der französischen Negiernng ein. Man legte an abessinische Verhältnisse den enropäischen Maßstab an und verwies Johannes an das Tribuual seines eigenen Landeshcrrn, d. h. Kassa's. Nach Tigrö sollte er also ausgeliefert werden, wo er natürlich tansrnd Gelegenheiten zu entschlüpfen hatte. Dieser Sprnch klang wie Ironie. Munzinger euttieß ihu übrigms sogleich, auf die Auslieferung verzichtend, die doch nur illusorisch gewesen wäre. Der elende Mensch wollte aber gar nicht fort. Er tonnte, vom Scorbnt zerfressen, nicht gehen, und hatte es im Gefängniß besser, als in der Freiheit, besonders da er mittellos war, denn die 30 Thaler, die man ihm fiir die Blutthat versprochen, hatte er nie bekommen. Dieser Bösewicht war ein ganz umgänglicher nnd gar nicht ungebildeter Mensch. Er kannte die ancharische Schriftsprache und vermochte über die beiden Tigw - Dialekte gute Auskunft zu geben. Er philosophise manchmal über sein Verbrechen. Er unterfchied fein zwischen den Motiven des Mords. Ein Mord ans Rache oder Haß schien ihm ein großes Verbrechen. Seine That dagegen behandelte er als ein Geschäft. Er hatte für den Schuß contractirt und nuißtc ihn leisten. Ein guter Geschäftsmann erfüllt seine Verbindlichkeiten. Hätte er's nicht übernommen, so hätte man den Verdienst einem Andern zugewendet, und er, als Schwager, hatte doch die nächste): Ansprüche. Sich selbst hielt er nur für ein „Opfer der Verhältnisse". Es ist interessant, von einem Manne, der dem Tod so nah ins Angesicht sah, die Eindrücke zn hören, die er dabei hatte. Munzinger sagte mir, er habe anfangs gar nichts gefühlt, und doch hatte er drei Wunden 130 Reiseart im Innern von Abcssinien. bekommen. Erst die Blutung bewog ihn zur Umkehr. Die schlimmste Verwundung, durch eine in den Darin eingedrungene Kugel verursacht, merkte er erst nach einer Stunde. Sie war schwer heilbar und, obgleich eine Operation in Aden ihn sehr erleichterte, so leidet er doch noch von ihren Folgen. Das Schießen ist überhaupt in Habesch das tägliche Brod. Nur Waffen vermögen Respect einzuflößen. Herr Hassen fragte mich einmal, ob ich ins Innere gehen wolle und wie viel Gewehre ich habe? Ich besaß nur zwei und Revolver. Dies war durchaus ungenügend. Er selbst, wenn er reise, nehme 17 bis 18 gute Büchsen mit und lade jede einem hand-festenAbessinier alls. Wer Verbindungen hat, findet in Mussauwa immer leicht einige zwanzig Kerle, die ohne Lohn, blos; ihrer eigenen Sicherheit wegen, sich ihm auf der Neise anschließen, denen er Waffen leiht lind auf die er zählen kann, denn ihr eigenes Interesse bestimmt sie, treu zu seiu. Je größer die Gesellschaft, desto sicherer die Neise. Es ist in dieser Vcziehnng hier ganz anders, als in Arabien. Dort mnß man sich auf die Freundschaft der Stämme verlassen. Man bewaffnet sich zwar auch, aber wehe dem, der von seinen Waffen gegen Menschen Gebrauch machen muß! Er wird unfehlbar der Blutrache unterliegen. In Habesch, dessen Bewohner nicht in Stämmen zusammenleben und auf die Traditionen der Blutrache geringeren Nachdruck legen, zieht eine Tödtung nicht solche furchtbaren Folgen nach sich. Da die Bevölkerung nicht einig ist, so ist ein Trupp von zwanzig Bewaffneten hier schon eine Macht. In Arabien dagegen ist es gar nicht gerathen, so zahlreich aufzutreten. Mail erregt nur Mißtrauen und man vermag doch nichts gegen einen Stamm, denn der geringste kann immer 200 Krieger stellen und diese handeln wie ein Mann dem Fremden gegenüber. In Arabien herrscht das Stammesrecht, das Recht der stärkeren Gruppcu, in Habesch das der stärkeren Individuen. Faustrecht in beiden Fällen, aber hier ein individuelles, dort ein collectives Faustrecht. Man kann sich heilt zu Tage nicht mehr auf den Schutz eines abcssi-nischen Fürsten verlassen, wie zn Theodor's Zeit, denn die meisten sind ohnmächtig. Sogar in Kassa's Hauptstadt muß man sich selbst seiner Hallt wehreil, namentlich seit die vielen (kriechen da sind. Diese Leute sind meist das schlimmste Gesindel, Spitzbuben uud Vravos, die früher in Cairo und Alerandrien ihr Unwesm trieben und bei denen ein Mord seinen Tarif hat. Europäer in Abessmicn. Griechen. 1^1 Ich lernte in Massauwa einen Franzosen kennen, der in Adna seßhaft war. Er war ein sehr geschickter Büchsenmacher und als solchen hatte ihn Kassa kommen lassen, ihm goldne Verge versprochen, zahlte ihn aber nicht. Nußer ihm leben von Europäern dort noch Schimper, zwei dentsche Missionäre (stille Leute, die sich mehr ans das Verbreiten von Schriften beschränken) und ein englischer „Oberst", dru Kassa in seinen Dienst genommen hat. Dieser war in England nur Unteroffizier gewesen, hatte aber später im chinesischen Dienste höhere Chargen erlangt und führte jetzt in Ndua ein sehr langweiliges Leben. Auch er wurde nicht bezahlt, sondern nur mit Tädsch und Vietualien abgefnuden. Kassa gewann aber durch das bloße Gerücht, daß ein englischer „Oberst" bei ihm sei, an Prästiginm. Er ist übrigens durchaus nicht im Auftrag der euglischen Regierung dort; diese warnt vielmehr alle ihre Unterthanen, nach Abcssinien zu gehen und erklärt ihnen, sie müßten dort ganz auf ihren Schutz verzichten. Sie will kein zweites Magdala mehr. Von Schimper's Leben machte der Franzose eine interessante Beschreib bung. Obgleich er aus Europa fast nichts bezieht, so ist er dennoch ganz europäisch eingerichtet, da er es versteht, sich die meisten Utensilien und Möbel selbst zu inachen. Trotz seines hohen Alters arbeitet er den ganzen Tag und verweist alle Besuche auf den Abend. Dann soll er aber desto uuterhalteudcr seiu. Zu Kassa hat er fast keine Beziehungen. Er hat schon vor vielen Jahren die Kartoffelcnltur im Lande eingeführt, und die dankbaren Bauern bringen ihm alljährlich viele Säcke davou, in dem gnnüselosen Lande teiue geringe Annehmlichkeit. Bor Kurzem hatte ihm Jemand einen schlimmen Streich gespielt, nämlich eine Glocke, die Schimfter für sein Geld in Europa bestellt hatte, iu Empfang genommen nud an Kassa geschenkt. Das war allerdings anch Echimper'ö Absicht gewesen. Aber nnu machte sich ein Anderer mit seinem Geschenk Freunde. Die große Klage war über die Griechen. Diese haben Adua schon ganz nnsicher gemacht. Früher hörte man dort selten von Diebstählen, jetzt sind sie das tägliche Brod. Diese Leute schaden auch dem Handel sehr. Kassa gestattet nämlich Europäern zollfreie Eiufuhr. Nun lafseu sich die Griechen für Geld herbei, Wanreu der Einheimischen am Zollhaus für die ihren auszugeben. Kassa verliert dadurch viel und das Ende wird sein, daß er jene Steuerfreiheit aufhebt und alle Europäer darunter leiden. Jetzt hat Allakn Nuru, Kassa'5 Gesandter, ans Aegypten noch eine neue 9* 1Z2 Cin Mnucho. Theodor und der Abüna. Ladung Griechen (man spricht von hundert) mitgebracht. Gott weiß, welche Zustände diese herbeiführen werden! Diese Leute kommen alle in der Meinung her, Abessimen sei ein reiches Land. Naar Geld ist indeß entsetzlich rar. Sie haben freilich keine Scrnpel es sich auch widerrechtlich zu verschaffen. Aber trotzdem ist noch keiner dort reich geworden. Es ist eben nichts zu holen. Eine andere nbcssinische Bekanntschaft war die eines Eunuchen, der früher Sklave des Abüna Salama, des abessinischcn Bischofs, gewesen war. Er bot eine eigenthümliche Erscheinung. Die Natur hatte ihn offenbar zu einem der größten und kräftigsten Männer bestimmt. Sein Knochenbau war kolossal. Aber auf diesem riesigen Körper saß ein Kiuder-gesicht. Das Eunuchenthum giebt nämlich, so lange der Mensch noch juug ist, ein fast knabenhaftes Aussehen. Weibisch war er gar nicht, wie sonst viele Eunuchen. Von seinem verstorbenen Herrn sprach er mit großer Verehrung. Dann sagte er nie Abnna (unser Vater), sondern Abnni (mein Vater), was einen ganz andern Sinn giebt. Das erste ist Titel, das zweite kindlicher Gefühlsansdruck. Er hatte Theodor's letzte Wahnsinns-penude an dessen Hofe erlebt nnd erzählte mir Schauderhaftes von den Verstümmelungen, Hinrichtungen, welche dieser unglückliche Mrst in seiner Tobsucht (man kann es kaum anders nenncu) befahl. Am tiefsten aber hatte sich seinem Gemüth eine andere Scene eingeprägt. Er war nämlich Zeuge, wie Theodor den Abnna zu Boden warf und auf ihm herumtrat. Dies nahm er ihm am meisten übel. Uebrigcns sprach er sonst nicht schlecht von Theodor. Ueberhaupt habe ich keinen Abessinicr gefunden, der dies that. Seine Grausamkeiten waren Thatsachen, die Niemand leugnete, jedoch man schrieb sie dein Wahnsinn zu. Sonst aber waren Alle ohne Ausnahme seines Lobes voll. Auch Engländer, einst seine Gefangenen, hörte ich sagen, es sei nicht zu leugnen, daß Theodor für sein Land „ein großer Mann" gewesen sei. Kothes und Arabisches Meer. ^cchszehntcs Capitel. Segelfahrt von Massaunm nach Aden. Englisches Segelschiff. — ,ilohlenvcrschwendung. — Der Capitän des „Westward Hu". — Der Dragoman. — Vin Handelsgenie. — Uebcrftuß an SchiWnngen. — Englische Matrosen. — Die Osficierc. — Contrast der verschiedeneu Schiffstheile. — Der Pilot. — Seine schwindelhaste Nautik. — Der Lehrling des Lootscn. — Passionen eines arabischen Seemannes, — Verhältnisse des Pilolenthums. — Der Archipel von Dahlak. — Windverhältnisse, — Die Insel Zugur. — Kreuzfahrten. ^ Das Umschlagen des Monsuns. — .ikurzc ätrenzniMN. — Schnch Sald. — Ein Monsnn-h"fm. — Insel PerNn. — Bab el 3)iandeb. — Windstille. -^ Ras 'Ara. — Gebet Qu"i. — Die „Eselsohren". —Einfahrt in den Busen von Aden. — Der ostindische Pilot. — Besuche. — Parsi. — Vamancn. - Die kleinen Geschäfte des Capitäns. Dl,'r „Wcstluard Ho" war cm schönes gross's mglisclM Scgckschiff von 000 Nogistcrtonitcn, konnte M'r übcr 1000 tragcn. Er war ill Folge mior ungeschickten Verwaltungsmäßige! der „Coillpagnie Aziziye", die bekanntlich nur ans dem Khedwe besteht, nach Massanwa gekonnnen. Mall hatte nämlich Kohlen für das hiesige Dep6t bestellt, ohne zn frageil, ob es nicht schon zn diele habe. Der „Westward Hu" führte ihm mm so Viele zu, daß bei der schlechten Beschaffenheit des Verwahrnngsorts mindestens einem Drittel sicherer Schaden prophezeit werden konnte. Doch das kümmerte weder die ägyptische Negiernng, die gewohnt ist, ihr Geld zum Fenster hinansznwerfm, noch natürlich den „Westward Ho", der mir einen Anftrag erledigte. Da an Rückfracht in Massnnwa nicht zn denken, so ging das Schiff 134 Unterkommen auf cimm englischen Segelschiffe. im Vollast nach Ostindien, sie dort zu holen. Ich fand also cine Gelegenheit nach Aden zu kommen, sicher, wenn anch langsam, denn dcr Wind dahin ist im Winter stets conträr. Aber bald wäre sie mir entschlüpft. Der Capitän wollte nämlich gar nicht recht daran. Es war cine ächte Theerjacke, die Passagiere bekanntlich nicht liebt. Schließlich meinte er, wenn er doch einmal so ein Landgewächö mitnehmen solle, so müsse anch etwas dabei Herausschanen. (5r verlangte also etwa das Dreifache eines Dampfschifftarifs. Munzinger war so gütig, mit ihm zu handeln, und so ging er endlich von seinen 20 Pfnnd anf 16 mit, nnd 10 ohne Kost herab. Ich zog letzteres vor, da Abdulmedschid kochte, der Proviant, hauptsächlich aus lebenden Thieren, d.h. Lämmern nnd Geflügel bestehend, inMassauwa billig war und ich nicht auf Salzfleisch angewiesen sein wollte. — Die Kost auf solchen Segelschiffen ist nneßbar. Lieber arabisches Brod nnd Datteln, als dieses ewige „Gsellige". Dazn der Schiffszwieback mit dem ominösen Beigeschmack nnd dem „mnffigen" Geruch. Ich bewohnte während der 20 Tage dieser langsamen Fahrt eine schöne große Cajüte, zusammen mit einem Malteser Jüngling, der irgend etwas, aber nichts Nützliches anf dein Schiffe war. Man nannte ihn Dragoman. Dies Amt tonnte cr natürlich nnr in Hafenorten verwalten, denn anf dem Schiffe sprach Alles eine nnd dieselbe Sprache. Er war ein Handelsgenie, hatte in Massauwa eine Unzahl unbequemer Waffen gekauft, die stets umher rollten, mein Leben gefährdend; außerdem auch noch cine Bruthenne, die er einmal später in Aegypten theuer zu verkcmfcn hoffte, da dort nur das künstliche Vrutsystcm bekannt ist. Ihre 20 Küchlein wurden natürlich schon in der ersten Nacht von den Ratten gefressen. Denn Nat-ten hat jedes Segelschiff. Das Umherrollen war überhaupt unsere einzige Unterhaltnng. In nnsercr Cajüte war nämlich nichts nagelfest. Alles rollte, Betten, Tische, Stühle, Koffer, sogar ein fürchterlich großes Num-saß. Dies drohte mir oft den Garaus zu machen. Je stürmischer die Nacht, desto öfter rollte es auf mich, oder ich fammt meinem Bett rollte zu ihm und es fiel dann über mich. Ich bekam hier einen ganz eigenen Blick in die Personalverhältnisse anf modernen englischen Seglern. Ich war anfangs sehr erstaunt, daß das Personal vorwiegend aus „Boys" (Schiffsjungen) bestand. Der Capitän erklärte mir dies. „Unsere Firma," sagte er, „ist sehr für die „Boys", ich aber gar nicht. Sie wissen nichts, kennen nicht die Namen der Taue, mau muß Dk Bcmanmmg eines englischen Kauffchrers. 135 sie jedesmal instruiren, so oft das Schiff „umgedreht" wird. Aber für die Firma ist es ein gutes Geschäft. Die Matrosen verlangen Gehalt, die „Voys" aber zahlen noch. Ich habe nenn Stück hier, die jeder 60 Pfund Sterling Lehrgeld zahlen; ein zehnter sogar, der als erster Claß-Passagier behandelt wird lind am Capitänstisch ißt, hat 140 Pfnnd gezahlt." Ich erinnerte den Kapitän an die Parlamentsacte, wonach jeder Seemann, selbst der Cajütenjunge Oehalt bekommen muß. „O was das betrifft," sagte der Capitän, „so sind loir vollkommen in der Regel. Jeder von unseren zehn Boys bekommt seinen Schilling (W Sgr.) monatlich." Diesen „VoyZ" sah man allerdings nicht an, daß sie wohlhabender Lente Kinder waren. Nichts ist schauderhafter, als die Mtagserscheinung eines Kauffahrermatrosen und die der „VoyZ" war nicht besser. Aber jeder besas; für Festanlässe eine Uniform, worin er wie ein Seecadett in Gala erschien, die indeß nur in den seltenen Fällen hervortam, wenn der Capitän einen Ausgnug gestattete, was er sehr nngcrn that. Meist kam dann die ganze Gesellschaft, selbst die zwölfjährigen Jungen, elend krank voll Branntwein nnd anderen Genüssen auf's Schiff zurück lind war einige Tage nicht zu brauchen. Noch ärger waren freilich die erwachsenen Matrosen, deren wir jedoch außer dem Zinnnermann nur fünf hatten. Von dcr sprichwörtlichen englischen Nettigkeit, Reinlichkeit, Feinheit, ja oft selbst von der Moraliiät (manche Matrosen „annectiren" gern) muß man bei gemeinen Seeleuten ganz absehen. Ein interessantes Exemplar war der „Doctor", so nennt man den Koch auf englischen Schiffen. Er verstand sich gut auf Rumpudoinge, noch besser auf deu Mm selbst. Am Numfaß, das „meine Träume beschützte", hatte er ganz nuten ein geheimes Extra-Spundloch angebracht, an dein ich ihn oft in nächtlicher Stille, wenn ich aus dem Schlaf erwachte, saugend fand. Ich verrieth ihn natürlich nicht, freute mich sogar, daß das Ungchener von Numfaß leichter wnrde. Die Officiere hatten dieselbell Stufen durchgemacht, sich aber in jeder Erziehung emporgearbeitet, und sogar eine gewisse Mdnng errungen. Der Vapitän, der, wie er mir selbst sagte, seine Carriere als Küchen- nnd Cajütcnjunge begonnen, setzte mich manchmal durch seine Belesenheit in Erstaunen, die sich nicht auf die Sensationsromanc des Tags beschränkte. 'IZl; Dcr arabische Pilot. Es waren Leute, nnt denen fich's gut verkehrte, iuuner zum Spaß aufgelegt. Nameutlich der Niulteser mußte oft als Zielscheide ihres Scherzes dienen. Wie das Personal, so boten auch die Schissstheile ihren Contrast dar. Des Capitäns und uusere Seite war reinlich nud nett gehalten, der Nest ein Schwcinstall im buchstäblichen Sinne, denn der Capitän erzog hier eine kleine Heerde, die er als Spanferkel von England mitgenommen hatte und die bei den Küchenabfällen sehr gedieh, aber natürlich den Schiffsvor-vertheil unbewohnbar machte. Eine wichtige Perfon war der Pilot, ein Araber aus Dschedda, dcr aber, wie es sich nuf der Fahrt herausstellte, die Küsten weniger kmmle, als den Mittelweg von Aden nach Suez. Seinen Mangel an Kenntniß ersetzte er durch Angst. Gefahr litt man nicht mit ihm, denn er sah überall Klippen, auch wo keine waren, uud warnte vor ihnen. Um sich eine Kennermiene zu geben, stieg er oft auf den Mastbaum uud verkündete eine Uutiefe oder Klippe, die er zu sehen vorgab. Anfangs bis; der Capitän auf diesen Zopf an. Aber der Pilot verrieth sich, indem er doch ein Bischen zu dick auftrug. Einmal behauptete er nämlich, vier Meilen vor uns eine Insel zu sehen, sagte auch ihren Namen. Als man die Karte befragte, fand sich, daß dicfer Name einer Sandbank, die allerdings hier vorhanden war, gehörte, die aber fünf Faden nnter Wasser lag! lind diese hatte dcr Pilot „von fern gesehen!" Seitdem war's mit seiner Autorität vorbei. Der Capitän unterließ deshalb hinfort das nächtliche Ankern, wozu ihn anfangs die Angst des Piloten bewogen hatte nnd das uns viel Zeit raubte. Von nnn an wurde der Pilot zur Oassandra. Jede Nacht prophezeite er Schiffbrnch und sein drittes Wort war „wir sind verloren". Als wir heil nach Aden kamen, schien er's ordentlich zu bedauern. Er war ein „Wunder Gottes", der Capitän aber hätte verdient, Schiffbruch zn leiden. Eine noch pessimistischere Seele war sein Lehrling, übrigens gerade so alt, wie er, d. h. einige fünfzig, der die Geheimnisse des Piluteulhums studirte, aber ein schlechter Schüler, denn er dnrchfnrchte schon seit seiner Iugcud das Rothe Meer, ohne es zum Piloteu gebracht zu haben. Viele arabische Piloten schleppen ein solches Anhängsel mit sich, nm nicht nnter „Christenhnnden" allein zu sein. Dieser rief bei jeder Nindveräuderung den großen ,/Aiderüs", den Heiligen don Aden, an und gelobte so ost ein Schaf zu schlachten, daß er einen Markt hätte aufkaufen müssen. Pilmenthum im Nöthen Meer. 1Z7 Eigenthümlich warm die Familienverhaltnisse des Piloten, die er oft mit Stolz auseinandersetzte. Er hatte an drei verschiedenen Orten Harems, die nichts von einander wußten. Die Zahl seiner Franen übertraf weit die vier. Doch das war mir für die Hauptstationm. In Nebenhäfen, wie Snakin, Massanwa, besaß er nnr „Geliebte", von denen er mit Entzücken' sprach. Seine Annahmen, obgleich sehr hoch für einen Araber, genügten nicht bei diesem Weiberreichthum. In jedem Hafen erwartete ihn ein Heer von Gläubigern, so daß er zwar froh war, anzukommen, um seine Frauen zn sehen, aber mit Freudell sich bald wieder verdang, um den Gläubigern zn entfliehen. Diese ließen ihn nie fort, ohne sein Lootsen-geld, das im Vorans gezahlt wird, empfangen zn haben. So war er stets ohne Geld, aber doch stets gnter Laune. Das Pilotenthum ist hier einträglich. Die Postdampfer haben meist Lootsen im Monatlohn zu acht bis zwölf Pfund Sterling. Bessere Geschäfte machen jedoch die Lootsen, die sich nur für eiuc Neise verdingen. Unser Pilot bekam 25 Pfund Sterling für die Fahrt von Suez nach Aden. Bis jetzt fand man fast nur Araber für diesen Dienst. In nenester Zeit aber haben anch Engländer sich damit befaßt. Ich kannte einen, der zwischen Suez nnd Aden fuhr, aber stets nur „für die Tom", nicht auf Zeitlohn, und auf seine 20 Pfnnd Sterling Per Monat bei guter Verpflegung rechnen konnte. Vr kannte das Rothe Meer ungleich besser, als die meisten Araber. Daß ein geschickter Capitän mit gnten Karten allenfalls cinen Lootsen entbehren kann, beweist unser Fall, denn der unserige richtete nur Verwirrung an. Der ssapitän wußte das Nichtige stets ohne ihn und sthr oft gab der Pilot das Falsche an. Nir kamen sehr langsam vom Fleck. Im Archipel von Dahlak war l's fast windstill. Nachts mußte hier stets geankert werden, oft auch bei Tage, wenn Windstille bei nngünstiger Strömung eintrat. Kam dann ein günstiger Wind, so hatte er sich gewöhnlich schon wieder gelegt, wenn mall mit Ankerlichten fertig war, denn dies danerte oft anderthalb Stunden. Selbst der kleinste Anker nahm bei der Geringzähligkeit des Perfonals eine Stnnde in Anfprnch. Nach vier Tagen warm wir noch nicht über die Insel Dahlak hinausgekommen. Sie ist so flach, daß man sie kaum gewahrt nnd erinnerte mich an Dscherbe ill der klonen Syrte. Die anderen Inseln, wie Asater, Hawatil, Omm Saharig sind meist felsig nnd bieten in Folge einer optischen Täuschung von fern das Bild riesiger Pilze oder Schirme. Die 138 Windverhältnisse im Rothell Meer. „Boys" erklärten sie für „Bäume" und viele der Klippen sahen mich wirklich lift täuschend so aus. Kaum aus dem Archipel heraus, fanden wir den in dieser Jahreszeit beständigen Gegenwind, denn der aus dein Indischen Ocean kommende Nordost-Monsnn bricht sich bei Bab cl Mandeb nnd dringt als Süd bis über die Breite von Massauwa. Er trat so heftig anf, daß wir die höheren Segel nicht aufspannen konnten. Gegen diesen Wind, der gewöhnlich nach Mitternacht am stärksten, oft als wahrer Sturm wüthete, nnd nur um Sonnenuntergang etwas schwächer wurde, mnsiten wir nun zehn Tage lang ankreuzen, bis Väb el Mandeb erreicht wnrde. Stets ging's von der afrikanischen Seite anf die arabische lind wieder zurück. Anfangs dauerte eine Schwenkung zehn Stunden; morgens sahen wir die weiften Häuser von Hodaida ganz deutlich vor uns, Abends wieder die Verge Ost-nfritas. Wir segelten sehr geschwind, oft 7 Meilen in der Stunde, aber wir kamen höchstens 1 Meile wirtlich vorwärts. In der Gegend von Zngur hatten wir eine Uebcrraschung. Der Südwind legte sich und ein bisher von uns noch nicht erfahrener Landwind trieb nns günstig weiter. Aber diese Freude dauerte kaum eine Stunde. Dann wieder Windstille und daranf von Neuem die Windsbraut ans Süd. Diese Insel und den Gebel Harnisch konnten wir vier Tage nicht aus dem Gesicht verlieren. Wir kamen ihnen sehr nahe nnd konnten genau die Pflanzen unterscheiden. Die Inseln sind nnbewohnt, aber nicht nnbesucht, wie einige arabische Boote, die dort hielten, zeigten. Alles rieth dein Capitän in Mochä cinznlaufen, um den temporären Umschlag des Monsun abzuwarten, der bevorstehen sollte. Der Südwind wird nämlich oft um die Zeit des Mondwechsels vom Nordwind abgelöst, der dann einige Tage anhält. Aber die alte Theerjacke wollte nicht. Alle Capitänc vermeiden, soviel sie können, die Häfen. Diesmal gab ihm übrigens der Wind Necht, der trotz des Mondwechsels nicht umschlug, sondern noch gerade so heftig gegen uns fegte, wie vorher. Ich erfuhr später in Aden, daß beim folgenden Wechsel der Umschlag desto heftiger erfolgt sei, und im sogenannten Hafen von Schech Said grosie Verwüstung angerichtet habe. Je näher wir Bab el Mandeb kamen, desto heftiger wurde zwar der Wind, aber die Bewegung des Meeres war nicht mehr die frühere, sondert: auf diesem beschränkten Ranme nur die eines aufgeregten Landsees. Wir athmeten auf und genossen diese letzten Kreuzfahrten sehr. Nun wurde Schech Sa'id. Insel Pcrtm. 139 das Schiff jede Stunde, zuletzt jede halbe Stunde „umgedreht". Wohl zwanzig Mal trieb uns unser Kreuzweg in die nächste Nähe von Schech Sa 10, jener französischen Niederlassung am kleinen Canal von Bab el Mandcb, der Insel Pernn gegenüber. Ginige abgetakelte Kanffahrer lagen davor, die als Magazine dienten. Andere Schiffe fehlten. Erstere sollten einen Monat später im sogenannten Hafens Schiffbruch leiden und dessen Prästigium gänzlich zerstören. Es ist eben nur eiu Monsunhafen; d. h. die Schiffe können bald rechts, bald links vor der schützenden Landspitze dem jedes Mal herrschenden Winde trotzen. Tritt aber der Umschlag plötzlich ein, so sind sie verloren. Bei Schech Sa ld sieht der kleine Canal (zwischen Arabien undPerim) recht stattlich aus. Er ist aber nur 5 bis 6 Seemeilen breit, für Kreuzfahrten zu wenig. Die Insel Pernn bietet ein trostloses Bild. Sie hat einen Leuchtthurm uud einige Varackcu, in denen ein Officier mit 40 Se-Poys lebt. Kein Vaum, kein genießbares Kraut wächst hier. Die Meerenge ist viel breiter, als ihr klipftenfrcier Raum. Die sogenannten „Brüder", eine Menge Felsen und Inseln, unter denen acht größere, verengen sehr denselben. Es war nicht leicht hinauszulaviren. Wohl sechs Mal setzten wir von der afrikanischen Seite aus all, aber kamen stets nur bis zur Nordspitze von Pernn. Dann nochmals zurück bis an die tafelförmigen Berge Ostafrikas. Erst als um 4^ Uhr Nachmittags die hier Periodisch wechselnde Strömung uns günstig wurde, fuhren wir von Nordwest nach Südost, in einem Zug (ohne weitere Kreuzung) durch die Meerenge. In dem nun erreichtet! Golf von Aden waren die Windverhältnisse ganz andere. Der Südwind schlug in Südost um, mit dem wir anfangs gut vorankamen. Bald aber trat Windstille ein und der „Westward Ho" ruhte min 24 Stunden wie ein „gemaltes Schiff auf gemaltem Meer". Dann schwacher conträrer Wind, unter dein aufgekreuzt wurde, wieder von Asien nach Afrika und zurück. Am dritten Tag nach Bäb el Mandel, erreichten wir Ras °Ara, den südlichsten Punkt Arabiens. Dies Cap ist ganz flach, also kein Vorgebirge, ün Innern eine zackige Felsenmafsc. Dann das große Gebirge Gcbel Eharaz und der sattelförmige Oebel Qa ü. Hier schienen wir abermals *1 Von Schöch Sllld ist bei Erwähnung des hier wohnenden Stammes, der Hakmi, ausführlicher die Ncdc. 140 Ginfahrt in den Hafen von Aden. wie festgebannt, denn wohl drei Tage lang sahen wir diesen seltsamen Vasaltberg, dessen Rücken schwarz, dessen Abhänge aber ganz mit vom Winde anfgcpeitschten Meeressand bedeckt sind. Die lange flache Küstenstrecke, welche ihm folgte, behielten wir nicht lanae in Sicht. Der Wind wurde günstig nnd wir waren bald zwischen Gebcl Hasan nnd Gebel Schamscham, den zwei Thorpfeilern des Vnsens von Aden. Ein Theil vom Gebcl Hasan heißt „Eselsohren", nämlich zwei von den zahllosen Felsspitzen, deren Form an sulche erinnert. Aber die „Eselsohren" sind kein Gebirge, nicht einmal einzelne Verge, wie ich das schon gelesen habe, sondern eben nnr Felsspitzen des Gebcl Hasan. Vor der Einfahrt in die Nhcde kam uns ein alter Indier entgegen, der Pilot des Hafens, der nun die Leitung des Schiffes übernahm. Er war ein vollkommener Seemann, englisch geschnlt, nnd commandirte das Schiff gerade wie sein eigenes, zur Ueberraschung des Eapitäns, der sich auf einmal sehr klein fühlte und das einein „Native"''^) (Eingeborenen) gegenüber. Um seine Autorität zu behanpteu, blieb ihm nichts übrig, als alle Cmmnandoworte des Indiers noch lanter zn wiederholen. So wurde der Schein gerettet, daß die Matrosen ihm gehorchten. Unser Pilot war plötzlich zu einer „Null" geworden. Wir bekamen gleich sehr viel Vesuch und zwar charakteristischen, der nns recht nahe legte, daß Aden politisch zum englischen Ostindien gehört. Vor Allen ein Naubvogelgesicht, der nie fehlende Parsi. Sein charakteristisches Geschlecht ist unten näher zu schildern. Dieser war Schiffsmakler, sprach geläufig englisch und fing gleich mit dem Capitän ein Gespräch über Talg an. Unser Capitän biß aber nicht an. Die Preise des Parsi waren denn doch zn raubvogelartig. Dann kamen die Banianen (indische Kaufmannskaste), die Kohlen kanfen wollten. Zu meinem Erstannen crfnhr ich nun, daß der Capitän in Massanwa nur die Hälfte seiner Fracht gelassen hatte. Die dortigen Autoritäten hatten nämlich einen Theil der zu liefernden Kuhlen wieder an den Eapitän (versteht sich billiger) verkauft. Alle Theile gewannen hierbei, der Capitün, wie die Autoritäten, die natürlich das Geld einsteckten, und selbst die Regierung, die schließlich Alles zahlte, verlor nicht, denn die Kohlen wären in Mas- °i-) Die Engländer nennen oft sehr unlogisch alle Orientalen schlechtweg „Natives", gleichviel wu sie getroffen werden, z, N. cincn Indior in Arabien, einen Araber in Zanzibar u. s. w. Der englische Capitcm. 141 sauwa doch zu Grunde gegangen, da das Depot zu schlecht war. Solche Privatgeschäfte inachen die Capitäue oft. Nur dadurch haben sie Ersatz für ihre Plage mit der Instrnetion der allzudielen „Boys", welche die habsüchtige Firma ihnen aufbindet, denn ihr Gehalt ist sehr gering. Der unserige bekam nur 10 Pfnnd Sterling monatlich. S ü d a r a b i e n. Siebzehntes Capitel. Leben in Aden. Stadt und Hafen. — Steiler Landweg. — Gasthüfe am Hafen. — Der Parsi. — Ein ehrlicher Photograph. — Unterkommen in der Stadt, — Europäische Kaufleute.— Ein jugendlicher Schuldenmacher. — Häuser in Aden. — Klimatisches. — Krankheiten. — Keuchhusten. — Sonnenstich. — Scorpione. — Heilung des Stichs. — Ausstattung der Häuser. — Wohnung im arabischen Viertel. — Wohlfeilhcit des Lebens. — Lebensmittel. — Engländer in Aden. — Lebensweise der Officicre. — Lurus der Vornehmen. — Punkahs. — Englische Kirche. — Der Padre. — Gefälschte Inschriften. — Seltsame Trauung. — Damengesellschaft in Aden. Die Engländer begreifen unter dein Namen „Aden" nicht die Stadt, sondern die ganze Besitzung. Die Stadt heißt „Camp" (Lager), weil znr Zeit der Besitzergreifung hier ein Lager aufgeschlagen werden mußte, denn die damalige arabische Stadt war so znsmnmengeschrnmpft, daß sie die Truppen nicht beherbergen konnte. Der Hafen heißt „Steamer Point" (Dampfschiffsspitze), gewöhnlich schlechtweg „Point" (Spitze) genannt. Man wird gefragt: „Wohnen Sie im Lager oder bei der Spitze?" Kein Mensch sagt: „Ich wohne in Aden." Der Ausdruck wäre zu nubestimmt. Die Araber dagegen nennen die Stadt „Aden", wie sie von Alters her hieß und wie es auch richtig ist. Ihr Hafen ist nicht in „Point", sondern bei einem Orte, „Mehalla" genannt, wo die Saya's (eiuhmnische Boote) anlegen. Die Spitze und Mehalla liegen beide anf der Ost-, die Stadt auf der Westseite der Halbinsel. Der Weg von „Point" nach „Camp" ist steil lind etwa 6 engl. Meilen lang. (hrus'.cr Mißbrauch herrscht bezüglich Stadt und Hafen von Aden. Hotels. 143 des Fahrgeldes der Landungsbarken und Droschken. Tarife existiren wohl, die Leute fordern aber eigentlich, was sie wollen. Der Tarif ist übrigens an uud für sich schon sehr hoch. Die Droschlcufahrt vom Hafen nach der Stadt ist zu 3 Rupien (2 THIr.) festgesetzt. Sie dauert etwa eine Stunde. Halbwegs kommt man durch ein Felsenthor, das Nachts geschlossen wird. Ohne fpeeielle Erlaubniß vom Gouverneur kann man nach Sonnenuntergang nicht mehr in die Stadt. Kaufleute, die oft spät noch am Hafen zu thun haben, sind so gezwnngen, auch dort ein Quartier zn besitzen. Wer gar nichts zu thun hat, der thut besser in „Point" zu bleiben, wo die Luft kühler ist und ein Hutcl eristirt. Dies wird von einem Parsi, der zugleich Kaufmann und Photograph ist, gehalten und ist gar nicht schlecht. Aber die Preise sind so Phantastisch, daß man für's halbe Geld Haus halten kann. Nebenan liegt ein kleiner französischer Gasthof, gleichfalls von einem Photographen gehalten. Er ist auch nicht schlecht, aber beschränkt. Wer jedoch, wie ich, mit den Eingeborenen zu thun hat, der kann nnr in der Stadt wohnen. In „Point" sieht er keine Araber, sondern könnte sich dort in England wähnen, wäre die Hitze nicht. Aehn-lich ist's mit dem Kaufmann. Wer nur mit Sechandel zu thun hat, kann die Wohnung in der Stadt sparen. Wer von Gingeborenen kauft und an fie verkauft, der muß sein Hauptquartier im „Camp", ein Absteigequartier aber in „Point" haben. Ohne zwei Wohnungen wird er's kanm machen können, denn beim Parsi einzukehren ist keine angenehme Anssicht. Ich nannte seine Preise „phantastisch", d. h. jeder Negel spottend. Man kann zwar auch mit ihm accordiren und dann scheint er billig. Aber er scheint nur so. Der Parsi hat keine Augen für den, der wenig zahlt. Er steht ihn nicht, er ist ein „Nichts" für ihn, wird nicht bedient und muß jedes Mal eiuc Stunde lang fluchen, von der Küche zum Wirth und vom Wirth zur Küche laufen, wenn er das accordirte Mittagessen bekommen will. Zahlung findet im Voraus statt und der Parsi ist gedeckt. Wer aber nicht accordirt, bekommt lucullische Mahlzeiten. Die Dieuer wachsen daun wie Pilze aus der Erde. Er wird bedient wie ein König. Der Parsi macht auch Conversation nut ihm, was er stets nur für Geld thut. Aber die Nechuung kennt daun auch keine Grenzen. Ich lernte den Parsi mehr in seiner Eigenschaft als Photograph ken-uen. Der Singular begreift übrigens hier einige zwölf Parsi, die in diesen beiden Geschäften gemeinsam arbeiten, einer wie der andere, physisch wie moralisch, wie ein Thaler den, andern gleicht. Ich aceordirte mit ihm 144 Loden in der Stadt Aden. Gastfreundschaft. für mehrere Aufnahmen von Gegenden, Arabern, Kostümen N'. Da ich aber nicht wußte, daß mit einem Parsi Alles schriftlich nnd gerichtlich ab-gcnlacht werden muß, fo verlangte er doch das Vierfache. Ich mußte es ans einen Proeeß anlunnnen lassen, den ich freilich gewann. Ader von min an war der Parsi mein Feind und das war sehr unangenehm, da cr nebenbei einen Merweltsladcn besaß, wo man Alles (Kleider, Wein, Victualien, Hausgeräth, Aücher, Instrumente) kaufen konnte. Er rächte sich, indem er mir immer nur Artikel von der schlechtesten Qualität verkaufte, die ich gleichwohl nehmen mußte, da nur er sie halte. Gn Holcl Mvt cs iu der StM Aden wchi. Wer übrigens nnr cinigermasien empfohlen ist, der braucht sich gar keine Sorge für sein Unterkommen zn machen. Die Gastfreundschaft wird dort sehr liberal ausgeübt. Anch mir wurden Einladungen zn Theil. Ich hatte gleich die erste angenommen. Mein freundlicher Wirth war ein Franzose aus Marseille, bei den: ich gleich am ersten Abend sämmtliche hier lebende Europäer, die nicht Engländer waren, kennen lernte. Die hiesige englische Gesellschaft ist militärisch und nach den in Ostindien geltenden Klassenunterschieden geregelt, welche eine Scheidewand zwischen offieiellen Personen nnd Kanf-lenten aufrecht halten. Die Folge ist, daß letztere sich desto enger aneinander anschließen. Sie sind nicht zahlreich, etwa ein halbes Dutzend, darunter Franzosen, Ocsterrcicher aus Trieft, Italicner, Schweizer. Ein Deutscher war nicht dabei. Trotz der Verschiedenheit der Nationalitäten und trotz des damals schwebenden Krieges harmonirtc man sehr gut. Alle waren Junggesellen, meist erst ein Paar Jahre hier und hofften Aden bald zn verlassen. Sich eine bleibende Heimath hier zn gründen, daran denkt kein Europäer. Fnr einen unserer Tischgenosscn war sogar Aden ein Strafaufenthalt. Es war dies ein wohlhabender blutjunger Franzose, der noch nirgends hatte „gut thun" wollen nnd den sein Vormnnd, welcher hier ein Comptoir besaß, nach Aden verbannt hatte, in der Hoffnung, daß cr weniger Gelegenheit zum Vcrfchwenden finden werde. Trotzdem hatte es der Jüngling verstanden, auch hier ansehnliche Schuldell zu machen. Dabei waren ihm natürlich die Parsi von großer Hülfe. Diese Menschenfreunde lieferten ihm schrecklich theuren Champagner nnd liehen ihm selbst baar Geld, etwa zu 500 Procent. Einmal hatte ihn der Vormund sogar nach ^aheg, einer ganz arabischen Stadt, verbannt. Aber auch dorthin reichte der Arm der menschenfreundlichen Parsi. Sie wußten, daß der junge Mann Häuser von Aden. Nohrgcsiechte. Klima. 145 bald mündig wurde. Ich erfuhr wirtlich später, daft sic sämmtlich ihr Geld bekommen hätten und doch war wohl nie welches so schlecht verdient. Er amüsirte uns sehr, besonders wenn er uns aus seinem „Reisewerk über Laheg" vorlas. Ein solches hatte er nämlich verfaßt, aber geglaubt, hier Alles von Iagdgräueln nnd anderen Abenteuern anhäufen zu müssen, welche die gesammte reisende Menschheit je bestanden hat. Er hoffte es zum Druck zu bringen. Es wird jedeufalls Sensation machen. Er besaß übrigens ein schönes Zeichcntaleut und das kann dem Buche Werth geben. Herr Tian, mein Oastfreund, hatte ein sehr großes Haus mit weiten luftigen Räumen, in beiden Stockwerken von den hier nie fehlenden Verandas nmgeben. Die Wände dieser Verandas sind von hübschem, sehr dichtem Ilechtwerk von Rohr nnd Binsen, welche die Zuglnft, nicht aber die Sonne einlassen. Ohne diese luftigen Balköne wäre hier nicht zu leben, sowohl der Hitze, als der Stechmücken wegen, die einen, im Zimmer keine Ruhe lassen. Nur Zug kann sie verschenchen. Wer nicht im Freien schläft, muß ein MuZkitonetz haben. Alle anderen vorgeschlagenen Mittel gegen Mnskitos helfen nichts, weder die Räucherung mit Persischem In-sectcnpnlver, die anf den Umschlägen dieses Artikels empfohlen wird, noch auch die mit ächtein Weihrauch, welche der englische Botaniker Birdwood anräth. Wiederholten Proben mit beiden Rauchwerken verdanke ich diese Erfahrung. Viele Hanser Adens, namentlich die der Engländer, haben gar keine gemauerten Wände, sondern nur solche von Flechtwerk, so daß man auch ün Zimmer stets im Zng ist. Dies können indeß nur starke Naturen aushalten. Das viele Schwitzen macht ein Zurückziehen in weniger lnft-bewegre Ränme doch zuweilen wünschenswerth, besonders da Erkältungen keineswegs selten vorkommen. Das Klima Adens ist im Winter sehr angenehm, selten über 20« R. im Freien, und 22" R. im Zimmer. Der Nordost, der von November bis Ende April weht, wird oft sehr kühl, und da die Sonne heiß, so ist d>es die Periode der Erkaltungen. Sanitätisch fand ich ganz Honlton's Bemerkungen bestätigt. Das plötzliche Zurücktreten des Schweißes hat oft Nheumatismns, heftige Katarrhe, Dysenterie und Wechselfiebrr im Gefolge. Während meines Aufenthalts herrschten Keuchhusten vor, die sehr ansteckend waren nnd leicht in chronischen eonvulsiven Husten ausarteten, der noch lange, oft viele Monate anhielt, nachdem der fieberhafte acute Zustand v. M,, ,uick Tüdm'.U'icn, 1l) 146 Krankheiten. Gesunde Jahreszeit. Sunnenstich. längst überwunden war. Hauptsächlich kamen sie unter den schwächlichen Ostindiern dor. Ich zog später ins Haus einer Familie, die damit behaftet war, was ich leider erst merkte, als auch ich einen wahrhaft knochencrschüt-ternden Husten bekommen hatte, um ihn sechs Monate zu behalten und noch mit nach Deutschland zu nehmen. Ganz ebenso ging's meinem Nu-bier. Wir führten kräftige Hustduette auf, befanden uns aber sonst wohl. Indeß sind alle hiesigen Krankheiten mehr lästig, als gefährlich. Eine starke Natur, die nicht zu Erkältungen ucigt, wird ihnen wohl ganz entgehen. Das beste ist immer: kräftige Nahrung, viel Bewegung, kalte Bäder im Hanse (im Freien gelten sie für gefährlich) uud vor Allem ein Vermeiden der Eingeborenen, bei denen oft ansteckende Krankheiten cursiren. Mir war letzteres natürlich nicht möglich. Die Europäer in Aden sind meist gesund. Ihre Kinder gedeihen hier viel besser als in Ostindien und brauchen nicht nach Europa geschickt zu werden. Nnr für ganz kleine Kinder soll hier die Zahnperiode schwer zu überstehen sein. Die gesundeste Jahreszeit ist der Sommer trotz seiner sehr großen Hitze. Diese wird jedoch von Ende Mai bis Anfang October durch den oft heftig auftretenden Südwestwind wesentlich gemildert. Im Sommer schläft Alles im Freien nnd ohne Gefahr, da hier keine Miasmen herrschen. Unerträglich heiß sind nur die beiden windstillen Monate Mai und October, welche die Monsunperioden trennen. Die Gefahr des Sonnenstichs ist im Sommer so groß, daß man die Soldaten von 9 Uhr Morgens bis 5 Uhr Nachmittags iu den Kasernen halten muß. Die Fälle sind nicht selten, daß ein Manu beim bloßen Versuch, durch einen Hof zu gehen, todt niederfällt. Voriges Jahr versuchten drei englische Seeleute in „Point" um Mittag vom Boot in das einige Schritt entfernte H6tel zu gehen uud jedeu erreichte der Tod, noch ehe er halbwegs war. Bei diesen: Sonnenbrand helfen auch weder Schirme noch Filzhelme; man muß eben zu Haufe bleiben. Natürlich widersteht der Eine der Gefahr besser als der Andere, und ich kannte Engländer, welche sich rühmten, auch in der Sonnncrnn'ttagshitze unbedeckten Hauptes im Freien herumgegangen zu sein. Alles kommt auf Disposition an. Aber wer kennt die Bedingungen derselben'? Man sagt Vollblütige litten mehr von der Sonne. Meine Erfahrung lehrt mich, daß dies richtig ist, denn gerade die kräftigsten Menschen sah ich dieser Gefahr am schnellsten unterliegen. Aber nicht alle Schwachblütigc sind sicher dagegen. Ich kenne Scorpwne. Ginrichtung der Häuser. 147 deutliche Beispiele des Gegentheils. Auch das Acclimatisirtsein schützt nicht. Ich kannte alte Ostindier, die dem Sonnenstich erlagen, und junge frisch hergeschneite Engländer, die ihm trotzten. Eine andere Gefahr, die man jedoch durch Wachsamkeit vermeiden kann, bilden die Scorpione. Diese sind hier besonders groß. Ich hörte jedoch von keinem tödtlichen Stich, wohl aber von schmerzhafter Krankheit. Die Erdgeschosse aller Adener Hänser wimmeln davon. Selbst auf die Terrassen im ersten Stock kommen sie. Ich todtetc auf der meinigcn allabendlich einen oder mehrere. Man heilt die Stiche hier durch kochenden Theer, in die Wunde gleich nach dem Biß gegossen. Dieser soll das Gift zerstören nnd man hat dann nur die Brandwunde zu curiren. Ich glaube jedoch, daß bloß heißer Theer genügen würde. Die Einrichtung der wohlhabenden Häuser iu Aden ist sehr praktisch und wenn man will luxuriös. Aber es ist ein sehr solider Lurns. Die Möbel, alle aus Ostindien, sind nämlich nicht geleimt, sondern nieist auZ einem Stuck. Ich sah kolossale Eßtische, Platte und Fuß alles aus einem Stück. Diese Möbel sind zwar theuer, erhalten sich aber so gut, daß man sie fast um das Ankaufsgeld wieder losschlägt. Jeder englische Beamte, der hierher versetzt wird, kauft sich ustiudische Möbel. Da er selten lauge bleibt, so verkauft er sie seinem Nachfolger und meist fast ohne Verlust. Diese Möbel halten Generationen aus. Das Holz ist dabei sehr schön, duukelbraun oder schwarz, mit einein natürlichen Glanz uud weit jedem unserer Hölzer vorzuziehen. Europäische Möbel gehen im hiesigen Klima in kürzester Zeit zu Gnmde. Sie entleimen sich, das Holz wird zerfressen, die Hitze verzieht und verdorrt sie, so daß sie beim geringsten Anstoß breche». Als ich zum Zweck meiner Erkundigungen täglich viele Araber zu empfangen anfing, nahm ich, aus Rücksicht für meinen Gastfreuud, eine eigene Wohnung. Wer hier ungestört leben will, muß ein ganzes Haus miethet,, was alle Engländer thun. Ein solches stand jedoch nicht leer und su mußte ich's machen, wie die Araber, uud mit einem Stockwert vorlieb "chmeu. Leider findet sich dergleichen nur im einheimischen Viertel nnd dies ist über die Maßen lärmend. Ich mußte mich an das Klopfen einiger zwölf Tüncher uuter mir, ein haarsträubendes Concert, gewöhnen uud dieser ^ä'rm erschwerte natürlich sehr meine Emwersation mit den Arabern. Da bei der winkeligen Vanart alle Nohnnngen so zu sagen ineinandergeschachtelt, auch nur durch Vretterwäude getrennt sind, so wohnte ich als Zuhörer den Ia- 148 Einheimisches Viertel. Wohnung. Markt. milienereignissen einiger 50 Nachbarn, ihrer Frauen und Kinder, bei. Unter diesen herrschten viele Krankheiten, nicht schwere, aber Geräusch verursachende. Gin ewiges Husten, Stöhnen und gelegentliches Erbrechen mnßte ich täglich mit anhören. Das Unangenehmste im einheimischen Viertel ist jedoch der Geruch, namentlich der durch die Feuerung mit Ka-mcelmist erzeugte. Obgleich ich eine kleine Terrasse im Freien hatte, so konnte ich diesem stinkenden Rauch doch nicht entfliehen. Er drang alls hundert Kamms (tragbaren Kochherden) zu mir. Ein großer Uebelstand im einheimischen Viertel ist, daß man die Dachterrasse nicht benutzen kann. Man kommt sonst in die Gefahr, uuver-schlcierte Mohammedanerinnen zu sehen, was ein schreckliches Verbrechen ist. Ich verslichte es einmal. Beinahe hätte ich aber eine Revolution verursacht, denn aus. allen Häusern stürzten wüthende Moslems, die mich beschuldigten, ihre Harems zu entweihen. Dies ist die Sitte aller arabischen Städte und, da hier im arabischen Viertel sonst keine Europäer wohnen, so hat sie sich fiir dieses erhalten. Es blieb mir also nur meine Terrasse im ersten Stock, die ummauert, nur oben offeil war. Eine Veranda fehlte und so mußte ich bei Tage mich im Zimmer den Muskitos aussetzen. Die Nächte auf der Terrasse im erstell Stock waren sehr willkommen. Dann schliefen die Nachbarn, der Rauch war vorbei, die Temperatur sehr angenehm, etwa 20" N., aber bei bewegter Luft. Villig war die Wohnung. Sie kostete nur 10 Rupien (0^ Thlr.) monatlich. Mü-blirt hatte ich sie mir selber, denn ich schleppte das Nothdürftige mit mir. Mein Nubier besorgte Einkäufe und Küche, Alles sehr billig. Meine und seine Nahrung kostete mich kaum 20 Sgr. täglich und dennoch lebte ich gut, wenn auch einfach. Der Markt von Aden steht an Küchenbcdarf selbst dem dürftigsten in Europa nach, aber gegen Dschedda, Suakin, Massauwa bietet er Uebcrfluß. Aden ist der einzige Ort in Arabien, wo man Kartoffeln, einige Gemüse (Kohl, Rüben, Bamia) sowie Früchte findet (in Dschedda gab es mir hier und da Bananen). Gin Huhn kostete 8 Silbergroschen (in Massauwa nur 4). Die einheimische Butter (Semen) ist Europäern fast ungenießbar. Man muß mit Hammelsfett kochen, dies aber von seinem eigenen Koch flüssig herstellen lassen. Hammelfleisch ist gut und billig, aber sehr fett. Ochsenfleisch ist nicht immer zu haben. Es ist theurer, aber auch gut. Gin gutes Dessert für unverwöhnte Menschen bilden die gepreßten Vacra-datteln. Sie sind auch dem Unterleib zuträglich. Wein. Branntweinpächter. Engländer in Aden. 149 Wein ist on ästaii nur zu den übertriebensten Preisen zu haben. Nli gi-t)8 verkaufte nur Herr Tian Bordeaux- und leichte Weine, trefflich und sehr billig. Die Kaufleute dürfen übrigens geistige Getränke nur an Europäer absetzen. Für den Verkauf an Eingeborene existirt nur ein einziger Laden, vom Branntwcinftächter, einem Parsi, gehalten, der 8000 Rupien (5340 Thlr.) Pacht zahlt. Dort ist der Versammlungsort alles schlechten Gesinde!». Auch die Prostitution hat daselbst ihr Hauptquartier. Sie recrutirt sich nur aus Einheimischen oder Schwarzen. Eine Europäerin darf sie nicht ausüben. Vor zwei Jahren wurde eine leichtfertige Französin hierher verschlagen, aber schnell von der Polizei weiter spedirt. Die Engländer in Aden sind außer dem Padre (Geistlichen) alle Militärs, welche hier auch die Civilverwaltung und Justiz in Händen haben. Es lag zur Zeit ein durchaus englisches Regiment hier. Die anderen waren Sepoys mit englischen Officieren. Die bei einem Regimente stehenden ledigen Ofsiciere führen wie in England gemeinsam Haushalt, die verheiratheten und die als Beamte fungirenden bewohnen jeder ein Haus für sich, mit vollständiger, oft sehr complicirter Einrichtung. Die Haushaltung, Dienerschaft, Küche ist Alles auf demselben Fuß, wie in Ostindien. Dort, hört man wohl zuweilen, soll das Leben sehr theuer sein. Dies ist aber durchaus nicht wahr. Das Leben, das ein Officier gewöhnlich führt, kommt freilich hoch. Wollte er aber in Europa ebenso leben, das Vierfache würde nicht ausreichen. Für 3000 Thlr. jährlich hat hier eiu englischer Offieier ein eigenes gut möblirtes Haus, ciuen vollständigen Haushalt mit trefflicher Küche, mit guten Weinen, Vieren, Cognac, giebt Diners und Gesellschaften, zahlt und ernährt einige acht oder zehn Diener, hat drei oder vier Pferde im Stall stehen, Kühe zur Milchgewimumg resp. Butter-bercituug und läßt sich seinen Bedarf an Kleidern, Wäsche, Büchern, sowie an Iagdwaffen ans England kommen: dies die theuersten Posten. Ein guter Haushälter würde sogar in Aden ganz dasselbe für zwei Drittel oder gar die Hälfte jenes Geldes sich zu verschaffen wissen. Doch die englischen Ofsiciere rechnen nicht. „Leben und leben lassen" heistt's da, und ihre ost-indischcn Diener bestehlcn sie so viel sie wollen. In England aber würden dieselben Annehmlichkeiten mindestens 2000 Pfund kosten. Auch gegen Acgypten ist der Gegensatz auffallend. Für denselben Lohn, den mein Nubicr erhielt, konnte ich hier vier Diener bekommen, die freilich alle vier zufammen nicht seine Arbeit verrichtet und obendrein gestohlen hätten. In Cairo giebt es Leute, die 100,000 Fran- 150 Ofsicielle Gesellschaft. Diners. Punkcihs. ken jährlich ausgeben und nicht die Figur machen, wie ein ostindischer Engländer für den dritten Theil des Geldes. Da ich Empfehlungsbriefe besaß, kam ick) leicht in die englische offi-cielle Gesellschaft. Bei einem Diner im Hause des Politischen Agenten (diesen Titel fuhrt hier der Gouverneur) konnte ich den Luxus constatiren, den ein höherer englisch-ostindischer Officier sich erlauben darf. Fast alle Gerichte bestanden aus vortrefflichen englischen ssonserven, die hier (d. h. die guten) gar nicht zn haben sind. Er importirte seinen eigenen Bedarf direct ans England. Aber nicht geringer war der Luxus im Hause seines Assistenten, eines einfachen Haufttmanns, der freilich als temporärer Civil-beamter hohen Gehalt hatte. Die meisten Engländer, die ein größeres Haus machen, ebenso die Officierclubs haben ihre Agenten in England, die ihnen Alles direct liefern. Darum steht es auch mit dem feineren Detailhandel in Aden verhältnißmäßig schlecht, weil eben diese Herren hier fast nichts zu kaufen brauchen. Ein Irrthum ist es auch, daß man in den Tropen weniger Eßlust verspüre. In Aden wenigstens ist dies nicht der Fall. Man hat hier immer Appetit und genießt die Diners, die sehr lang und reichlich sind, gerade so gut wie in Enropa. Auch was die Weine betrifft, so fand ich bei Niemand die Kraft, viel zu vertragen, abgeschwächt. Die englischen gemeinen Soldaten sieht man wohl manchmal betrunken. Ich vernahm jedoch, daß sich der Rausch in diesem Klima schneller verflüchtige, und kann mir das sehr gut durch die beständige Zugluft, in welcher die Engländer sich gefallen, erklären. In den windstillen Monaten mag das anders sein. Viel angenehmer, als jene Zugluft, die man hier in allen englischen Häusern antrifft und die im Winter oft nur zn schnell die durch Bewegung erhitzte Hant kühlt, ist die regelmäßige Luftbewegung, welche durch die Punkahs (große hängende Fächer) erzeugt wird. Hier hat man sie nicht allgemein und meist nur in den ersten Häusern, namentlich bei Diners. Ihr Einfluß auf die Gesundheit ist sicher wohlthätig. Selbst nach heftiger Leibesbewcgung schadet der Punkah nicht, während das hier beliebtere Abkühlungsmittel, die Zugluft, wenigstens nach Erhitzung nur von starken Naturen ertragen wird. Einen Punkah über dem Bett zu haben ist eine große Wohlthat für die Hautemftfindung und Gesundheit. Ich kannte mehrere Damen, die troh des Klimas blühend aussahen und behaupteten, sie verdankten ihre Frische hauptsächlich dem nächtlichen Punkahfüchcln. In' Aden sind die Punkahjungen (d. h. die, welche den Fächer in Bewegung Englische Kirche. Der Padrc. Trauung. l5l erhalten) meist kleine Somalis und billiger, als die ostindischen. Man setzt sie gewöhnlich ans einen hohen Stuhl mit nur schmaler Flüche und ohne Lehne, so daft sie nicht einschlafen können, ohne hernnterznfallen. In Ostindien läßt man oft einen Jungen die ganze Nacht ziehen; hier lösen sie sich ab. Die Jungen drängen sich übrigens zu diesem Dienst, der ihnen sehr zusagt, bedauern nur, daft die meisten Engländer ihnen nicht gestatten, dabei zu singen. Eine Dame sagte mir jedoch, sie höre das Singen gern und schliefe besser dabei. Die englische Kirche, übrigens ein schönes neues Gebäude in dem in England wieder modern gewordenen gothischen Styl, wird gleichfalls dnrch Pnnkahs abgekühlt, auf dcuen man Kreuze angebracht hat, die auf diesem ostindischen Gegenstand sich komifch genug ausnehmen, ist außerdem aber uoch überreichlich der Zugluft ausgefetzt, fo daß die Frömmigkeit nicht selten mit Katarrh bezahlt wird, besonders da die Kirche auf einem Verge liegt, man also nur im erhitzten Zustand da ankommt. Man nennt hier, wie in Ostindien, auch die protestantischen Geistlichen „Pndre" (Mtor), ein Wort, daß man dem portugiesischen Goa entlehnte. Es klingt sehr tomisch, wenn man von der Gattin des „Padre" spricht, da man in Europa sich unter „Padre" nur einen katholischen Priester denken kann. Der hiesige „Padre" war ein sehr freundlicher Mann, der mich oft einlud, Gast in seinem luftigen Rohrhaus oben auf dem Berge, übrigens einer wahren Brutstätte von Katarrhen, zu werden. Er interessirte sich sehr für alle Classen von Eingeborenen und hatte eigentlich immer eine kleine Eolonie bei sich. Er war es auch, der jene drei merkwürdigen himyarifchen Bronzeinschriften auffpürte, die man in London für gefälscht erklärte, obgleich sie dies vielleicht nicht alle drei sind, weun sie auch allen unferen bisherigen Begriffen von himyarischen Inschriften spotten. AIs ich ankam, war er noch Junggeselle nnd ein ziemlich rauher Naturbursche, dein man gar nicht anmuthete, daß Plötzlich eine elegante juuge Engländerin tnit dein Dampfschiff ankommen werde, mn sich ihm antrauen zu lassen. Diese Trauung fand in seltsam beschleunigter Weise statt. Mit der Vraut reiste nämlich ein Bischof, der nur zwei Stunden in Adeu blieb, und, da dort außer dem Bräutigam kein Geistlicher war, so konute nur er sie trauen. Nun mußte die ganze Hochzeitsgesellschaft, in Gala, lange Zeit c>m Hafen auf den Dampfer warten, der noch dazu zu sehr unbequemer Stunde ankam. Die Kirche war nicht nah und bis man hingelangte, verging viel Zeit. Der Bischof beeilte sich so gut er tonnte, das Paar zu 152 Englische Damen in Aden. trauen. Dennoch hätte er fast das Schiff versäumt. Alles fand so zu sagen mit Dampf statt. Das Paar hatte eigentlich erst nach seiner Trauung Zeit sich zu begrüßen. Die englische Gesellschaft in Aden zahlte übrigens jetzt gerade besonders viel Damen, nämlich achtzehn. Dies galt für eine hohe Zahl. Mehrere Damen sagten mir, in manchen ostindischcn Stationen, wo sie gelebt hätten, habe die Damenzahl nur zwei oder drei betragen und diese seien noch dazu meist unter einander verzankt gewesen. Hier schien das Verhältniß dagegen ein recht schönes. Eine neue Ankömmlingin war stets willkommen. Die schöne Braut des „Padre" wurde förmlich mit Freundlichkeiten überschüttet. Der Gemahl galt für unpraktisch. Deshalb bemühten sich alle Damen, ihr das Haus auszustatten. Sie wurde wie auf Händen getragen. K ü d a r a b i e n. Achtzehntes Capitel. Adens öffentliche Werke, Gebäude. Die Cisternen. — NegenvertMtnisse. — Aclteste Cisternen. — Ihre Restauration. — Ihre Aufnahmefähigkeit. — Oeffentlicher Garten. — Festungswerke. — Aden als Seefestung. — Die Isthmusfcstunss. — Die Insel Sira. — Einheiniische Stadt. — Der Hauptmarkt. — Verschiedene Quartiere. — Moscheen. — Mangel an Alterthümern. — Das Grab des 'Aidcrüs. — Das Todtenhaus der Parsi. — Leichen-Vögel. — Barbarische Sitte. — Tempel der Bamanen. — Synagoge. — Katholische Caftclle. Das Interessanteste in Aden sind ohne Zweifel die Cisternen. Die Brunnen nnd die Wasserleitung von Schech °Otmän liesern kein trinkbares Wasser. Aden war also von jeher ans Negcnwasser angewiesen. Obgleich in den Tropen, so empfangt Aden seltsamer Weise doch nicht die tropischen Regen, wie das Innere des Landes. Es regnet hier nur in einigen Wintcrmonaten, aber durchaus nicht regelmäßig. In einem Jahr kommen die Regen so reichlich, das; Wasserüberfluß eintritt. Aber oft vergehen drei oder vier Jahre fast ohne Niederschlug. Deshalb bestand hier von jeher das Bedürfniß nach ungewöhnlich großen Wasserbehältern, um ja die ganze Rcgenfülle eines ausnahmsweiscn Jahres aufnehmen und bewahren zu können. Im Alterthum, als Aden eine blühende Handelsstadt war, besaß es Ucberfluß an Cisternen, und auch alle modernen sind nur die wieder aufgedeckten alten. Aber vielleicht nicht der vierte Theil der alten ist wieder aufgegraben. Die niederträchtige Wirthschaft der Sultane von Laheg hatte alle Cisternen verfallen lassen. Erst der englischen Negierung blieb es vorbehalten einen Theil dieser großartigen Werke wieder herzustellen. „Werke" 154 Cisternen. Schleusensystem. Garten. ist kaum das Wort, denn die Natur hat hier das Meiste gethan, dem Menschen blieb nur die Nachhülfe. Die größte der bis jetzt aufgedeckten Cisternenreihen liegt in eitler Schlucht südwestlich von der Stadt am Fuß des Gebel Schamschaln, uder vielmehr diese Schlucht selbst bildet die Cisternen. Ihr Boden, ihre Wände sind durchweg aus festem Gestein, das nur mit einem Mörtel bedeckt zu werden brauchte, um das Wasser aufbewahren zu können, nachdem Schleusen errichtet worden. Der Mörtel ist noch der alte. Die Schleusen, welche die Schlucht und ihre Seiteuschluchten in einige zehn Abtheilungen scheiden, ebenso die Treppen, um von einer Abtheilung zur andern zu gelangen (denn die Schlucht ist steil), sind das Werk der Engländer. Aber man fand hier die Reste älterer Mauern. An jeder Cisterne ist das Maß ihrer Aufnahmsfähigkeit in englischen Gallons verzeichnet. Dieses Maß ist sehr ansehnlich und das bedeutendste System svon 10 Cisternen) liefert allein, wenn voll, 8,984,892 Gallons. Von diesen zehn Cisternen sind nur zwei inwendig ausgemauert, die anderen alle natürliche Felsgruben, durch Schleusen geschlossen. Die oberste empfängt den Regenabflnß des Gebel Schamscham. Die nächstfolgenden acht erhalten ihr Wasser je eine von der andern, einzelne anßcrdem noch von kleineren Seitenschluchten, die zehnte, am tiefsten gelegene, von einem größcrn Nebenthal, steht aber ebenfalls in Verbindung mit der obern Reihe, so daß sie, im seltenm Fall eines Ueberströmens derselben, auch von ihr Nasser aufnimmt, um es, wenn sie selbst überfließt (was gewiß dann auch bald eintreten wird), in einen gemauerten Canal zu entladen, der ins Meer mündet. Dieser Canal soll in 50 Jahren nur vier Mal geflossen sein. Keine der Cisternen ist gedeckt. Die Engländer haben die Umgebung dieser ssistcrnen in einen Garten verwandelt, den einzigen in dein sonst pflanzcnlosen Aden. Hier findet man manche interessante Pflanze, wie die N08nMll, (^rwrii und Iis)8--nwilili Mllu l)l,^u,^ die beiden ächten Weihrauchbäume, diese erst in neuester Zeit durch Carter und Virdwood^) bekannt gemachten Species. Sie scheinen hier zu gedeihen, wenn sie auch nicht die Höhe erreichen, wie *) Man vergleiche die micrcssaiüc Monographic N > rdwuud' s: I'ln? ^snu« Iio8' Weihrauchbäume. Festungswerke. Isthmusfestung. 155 in Mahra und im Somalilande, den einzigen Ländern, wo ächter Weihrauch wächst*). Manchmal werden vom Gouverneur an diesen Cisternen nächtliche Feste gehalten, lvo dnnn glänzende Erleuchtung ihnen und dem Garten einm magischen Schimmer leiht. Einmal soll sogar in der grüßten Cisternc getanzt worden sein. Als ich sie sah (Anfang 1871), hätte man dies fast in allen thun könuen, denn nur die höchste und die aus dem Seiteuthal gespeiste zehnte hatten Wasser. Aden war zur Zeit zum Theil auf dcstil-lirtes Meerwasser angewiesen, das hier massenhaft hergestellt wird. Trotzdem war das Wasser viel billiger, als in Mnssauwa und Dschedda. Mein zweitägiger Vcrbranch kostete I V2 Sgr., Trägerlohn inbegriffcn. Die Festungswerke sind gleichfalls sehcnswcrth. Ich hörte zwar Urtheile competent« Engländer, welche dieselben gegen eineu Seeangriff unzureichend nannten. Die Möglichkeit ciues solchen scheint man früher weniger ins Auge gefaßt zu haben. Erst in neuester Zeit hat man diesen: Gegenstände größere Aufmerksamkeit gewidmet und eine Vervollständigung der Werke dürfte wohl bald erfolgen. Gegen See- und Landangriffe der Einheimischen ist übrigens Aden zur Genüge geschützt. Die Festungswerke auf der Landseite sind von im-ponireuder Großartigkeit. Alle Berghöhen sind hier mit Manern, Schießscharten und hier und da Batterien versehen. Das grüßte Werk ist jedoch die Isthmusfestung, arabisch Gebel Hadid (Eisenberg). Man deute sich eine Art von Krater, ans iNei Seiten von vulcanischen Felsmassen umgeben und dnrch sie so nnzngänglich gemacht, daß man Tunnels brechen mußte, um im Osten zum Hafen, im Westen nach der Stadt zu gelangen; nur auf der vierten, wo die Senkung an den ganz stachen Isthmus stößt, ursprünglich offen. Diese offene Seite wurde durch eine dreifache Neihe von Gräben, Manern, Batterien ebenso geschlossen, wie es die drei andereil durch die Natur siud. Alis diese Weise wird in der Halbinsel Aden ein völlig isolirbnrer Fleck Erde geschaffen, der Abends, wenn die Tunnels geschlossen, Niemandem mehr zugänglich ist. Diese „Iusel im Lande" trägt nur ein Caserneudorf. Fährt man vom Hafen nach der Stadt, so ist es ein lohnender Umweg durch die zwei langen Tunnels und über das Isth- 5) Die sogenannte lio«-^. tknrifm-a, auch «6i-i-Äw ssenannt, und die L, ^Inw Ä, indische Pflanzen, geben nur ein schlechtes Surrogat für Weihranch, Noch vor Carter glaubte man aber, ihr Product sei der ächte Weihranch. 156 Insel Sira. Karawanmmarkt. Moscheen. musdorf. Dieser Weg ist auch nicht so steil, wie der gewöhnliche, der über einen Hügel führt, dessen Spitze nur dnrch ein Felsenthor, keinen grö-ftern Tunnel durchbrochen ist. Sira, einst eine Insel mit einem alten arabischen Schloß, ist jetzt durch einen Damm mit dem Festland verbunden. Es liegt auf der Südwestseite der Stadt. Zu Wrede's Zeit (1843) scheint hier noch ein Ankerplatz gewesen zu sein, denn er schiffte sich bei Sira ein. Jetzt ankern ailf der Westseite keine Schiffe mehr. Auf dieses Inselchen versetzt die arabische Tradition das Grab Kams. Dies hängt mit der Sage zusammen, daß Aden „Eden" sei. Die compacte Masse der Stadt Aden ist fast durchweg von Einheimischen, Indiern, Somalis nnd Juden bewohnt. Die englischen Kasernen und Privathäuser liegen mehr zerstreut um die Stadt herum, meist an luftigen Plätzen, oft auf Hügeln. Ein breiter sandiger Platz, der ganz wie ein trockenes Flußbett anssieht, trennt die Stadt der Länge nach in zwei ungleiche Hälften. Dieser Platz ist der große Viehmarkt und Lagernngsort aller Karawanen. Das Leben und Treiben auf ihm bietet die malerischsten Bilder. Hier sieht man die schwarzbrauncn Südarabcr, mehr auf dem Hals als auf dem Höcker ihrer Kamcele sich luftig balancirend, in langen Reihen ankommen. Die natürliche Anmuth, ich möchte fagen Grazie sowohl der schlanken, sehnigen Reiter, wie der flinken Thiere bieten Erscheinungen, würdig eines Malerpinsels. Daneben die Somalis mit ihren wunderschönen, fetten, weißen Schafen, die alle fchwarzc Köpfe, sonst aber keinen Fleck am Körper haben. Dazwischen die ganz anders anssehenden arabischen Schafe, die guuartigen Ochsen, hier und da eine lebende Gazelle, deren man stets hier kaufen kanu, und vor Allen: die schönen Reitkameclc, welche gegen ein gewöhnliches Kameel gehalten das find, was ein englischer Nenner gegen einen Karrengaul. Pferde siud selten. Südarabien ist kein Pferdeland. Westlich vom Platz ist das Viertel der Indier, Araber uud der Se-ftoys, die am westlichsten Ende von Aden in einer kleinen Hüttenstadt ihre Caserne haben; östlich sind die Quartiere der Parsis, Juden, sowie die besseren Lüden und einige schönere Häuser, in denen einheimische Beamte und Engländer leben. Sehenswerth ist kein einziges Haus in Aden. Auch die Moscheen sind klein nnd unbedeutend. Sie sind alle ncn oder doch gründlich restau-nrt. Anf einem freien Platz im Osten ragt noch ein einzelner massiver HoMgm^rnb. Das Todtenhaus dor Parsi. 157 Minaret empor, vielleicht das letzte Ueberbleibscl vom alten arabischen Aden. Sonst ist hier nichts, was an dieses erinnerte. Dic in Ritter's Geographie beschriebenen Türkengräber sind nicht mehr zu sehen. Selbst das Grab des grosien Schutzheiligen von Aden, ^Aidcrüs*), das im Südost der Stadt, und ganz nahe bei ihr, auf einer leichten Anhöhe liegt, ist in seiner heutigen Gestalt dnrchans neu. Ein frommer ostindischer Moslem, der hier gnte Geschäfte machte, hat diesen Neuban gestiftet. Vr sieht freundlich, wie eine schöne kleine Moschee, aus, ist auch in orientalischem Styl gehalten, aber unbedeutend. Man kann leicht Zugang zu den Gräbern des 'Aiderüs und seiner Nachkommenschaft erhalten. Sie find aber durchaus schmucklos, einfache viereckige Sarkophage. Ihr ehrwürdiger Hüter, selbst ein Nachkomme des 'Aiderüs, dessen Geschlecht noch hier blüht, schien sehr tolerant. Er gab mir sogar einen Teller voll Weihrauchasche, die am Grabe verbrannt war, ein für den gläubigen Sunniten kostbares, leider bei mir schlecht angebrachtes Geschenk. Viel schwerer P es, zu einem andern Heiligthmn Zugang zu er--halten, nämlich zn dem Todtenhaus **) der Parsi. Bekanntlich begräbt diese Scctc ihre Todten nicht, sondern setzt sie in einem oben offenen Todtcnhaus der Verwesung in freier Luft und dem Frasi der leichenfressenden Raubvögel aus. Aus hygienischen Rücksichten müssen diese Tod-tcnhäuscr natürlich in augemessencr Entfernung von menschlichen Wohnungen sein. Mir schien das Adencr denn doch der Stadt ein wenig zu nahe. Es liegt auf der Spitze eines vulcanischen Felshügels unweit der Zisternen nnd ist in 20 Minuten von Aden zu erreichen. Das; diese Nähe noch nicht nachtheilig gewirkt hat, dürfte theils dein steten, heftigen, jedoch nnr selten vom Bcinhaus zur Stadt wehenden Wind, theils der Gering-zähligkeit der hiesigen Parsigemeinde zuzuschreiben sein. Diese gestatten nur im Fall einer officiellen Enquütc die Besichtigung. Capitaiu Miles, der eine solche abhielt, beschrieb nur die Oertlichkcit. Das Gebäude ist rund, oben offen lind in der Mitte befindet sich ein tiefes Loch, in welches man die Gebeine nach der Verwesung wirft. Um dieses Loch sind drei Cirtel, jeder mit einem kreisförmigen Gerüste, auf das »nan die Lei- *) Dieser Name ist keineswegs der liewöhnliche arabische Edriö, sondern cm eizicn-nrtia. slldarainschcr, aus Hadramaut stmmnendcr. Er wird mit'Ain geschrieben nnd ist stets drei, nach seltnerer Aussprache selbst viersilbig, **) Die Engländer nennen es „wnm- of ^l^,',!", d, h. Thurin des Schweigens. 158 Beerdigungsweise der Parsi. Synagoge. Capelle. chen legt. Der innere Cirkel dient für Kinder-, der mittlere für Frauen-, der äußere für Männerleichen. Die Raubvögel der ganzen Umgegend werden natürlich dadurch angezogen. Die Folge ist eine keineswegs angenehme. Alle Felsen der Umgebung des Todtenhauses sind mit den weißen Excrementen dieser Thiere bedeckt, welche, da es selten regnet, sich ungebührlich anhäufen. Es wurde mir erzählt, daß vor etwa zehn Jahren ein englischer Landwirth diesen edlen, so unzweifelhaft aus verdautem Menfchenfleisch gebildeten Guauo ausbeuten wollte, da er demselben ganz ausnahmsweise Vorzüge als Düng-mittel zuschrieb. Aber die Parsi hätten Alles, selbst Geld angewandt, um es zu verhindern. Man braucht nicht sentimental zu sein, um dies zu begreifen. Ist doch die Transformation ihrer Verstorbenen in Guano hier nur zu handgreiflich deutlich. Unbegreiflich scheint mir aber, daß die klugen, sonst so wenig bigotten und civilisationsfähigen Parsis einem so barbarischen Gebrauch noch nicht entsagt haben. Welche Krankheiten würden erzeugt, wollte man in dichtbewohnten Ländern diese Sitte aufrecht halten? Dichtbewohnt sind aber alle civilisirten Länder. Folglich paßt der Parsi-Brauch nicht zur Civilisation und dennoch wollen sie die vorgeschrittensten von allen Asiaten sein. Die ostiudischen Vanianen (Kaufmannskaste) haben einen Saal, der ihnen als Tempel dient und wo einige ziemlich geschmacklose Götterfiguren aufgestellt sind. Die Synagoge ist durchaus einfach, ficht aber an Festabenden bei der nächtlichen Beleuchtung glänzend aus. Außer ihr giebt es noch zwei ganz kleine israelitische Vethäuser. Eine katholische Kirche befindet sich gleichfalls hier, von italienischen Missionsmönchen bedient. Das Gebäude ist durchaus unbedeutend. Die Gemeinde ist ziemlich stark, da hier viele ostindische Mischlinge von Portugiesen und Indiern leben, die alle katholische Khristen sind. Damit in Verbindung steht ein Missionspensionat, in welchem junge Abessinier aus Schoa erzogen werden. Aüdarabien. Neunzehntes Capitel. Adens Bewohner. Geringe Einwanderung den Engländern erwünscht. — Unmöglichkeit die Einwanderer fern zu halten. — Zunahme der Bevölkerung. — Einwohnerliste. — Oftindische Christen. — Ostindische Moslems. — Schiiten. — Araber. — Schafe'i und Zaidi.— Qobaycl und Nayc. — Schriftgelehrtc. — Der Qadi von Adm. — Cm Nstrologc. — Der Dragoman der Regierung. — Seine Wichtigkeit, — Somali. — Seltsamer Haarputz. — Somalifrauen. — Vagabundenthum. — Perser. — Der Krösus von Aden. — Ein fanatischer Schiitc. — Vanianen. — Ihre Liebe zu Thieren. — Ostindische Parias. — Neger. — Zingi und Sudani. — Parsi. — Handels- und Krämergeist. Der Unistand, daß Aden Wassermangel leidet, daß in dieser ganzen britischen Besitzung nichts Genießbares wächst nnd also auch kein Vieh bestehen kann, hat mit die englische Politik in Vczng ans die Einwanderung geleitet. Eine solche ist den Engländern durchaus nicht willkommen. Sie sprechen es offen als Grundsatz ans, daß Aden klein bleiben müsse. Eine große Einwohnerzahl würde im Fall einer Belagerung nnr Verlegenheit bereiten. Aden ist ja für alle seine Bedürfnisse auf die Nachbarstaaten angewiesen. Aber gerade dieser Umstand, der die Engländer bestimmt, die Fremden fern zn halten, bringt es mit sich, daß man ihr Kommen und oft ihr längeres Bleiben nicht hindern kann. Man kann es den Arabern, den Hanpt-versorgern des Markts, den Somali, auf deren treffliches Kleinvieh die Fleischconsumcnten znm Theil angewiesen sind, den ostindischen Kaltstellten, die gleichfalls znr Verprouiantirung beitragen, unmöglich verwehren, sich 160 Zunahme der Volkszahl unter englischer Herrschaft. zeitweise hier niederzulassen, Agenten zu bestallen, Lädeu zu errichten, in denen ihre Landsleute das ihnen Nothwendige finden. Keiu Mitglied dieser Völker würde auf die Dauer Aden zum Ziel seiner Handelsreisen wählen, fände es nicht daselbst eine kleine Colonie seiner Landslcnte. Es zeigt sich also als unausführbar, eine Stadt klein halten zu wollen, die große Bedürfnisse hat. Diese großen Bedürfnisse bestanden aber gleich nach der engtischen Besitznahme, denn ein einziger Engländer consumirt mehr an Waarenwerth, als zwanzig Einheimische. Die Vergrößerung der Stadt war dadnrch von vornherein bedingt. Als England Besitz von Aden nahm, war dieses so zu sagen in Agonie begriffen. Seine Bevölkerung war bis auf s>00 Seelen zusammengeschmolzen. Keiu Wunder, denn der Beherrscher, der Sultau von Laheg, bedrückte und sog es auf alle Weise aus. Ja eiumal verkaufte dieser Landesvater sogar au seine Erbfeinde, die Fodli von Schughra, für 30,00tt Maria-Theresia-Thaler dasNecht, Aden, seine einzige Handelsstadt, die „Perle seines Neiches", ausplündern zu dürfen. Aber kaum brachte die englische Besitznahme Sicherheit und geregelte Zustände, so strömten neue Einwohner der verlassenen Stadt zu. Schon im ersten Jahre nach der Besitzergreifung (1840) war ihre Zahl auf 2900 gestiegen. Seitdem war dieses Steigen beständig. Anfang 1871 schätzte man die Einwohnerzahl auf 29,730. Diese bestand aus folgenden Elementen: Europäer und ostindische Christen (darunter Garnison) 2000 Ostindische Mohammedaner (darunter Sepoys) . . . 4000 Araber................ 6000 Somali.............. . 5000 Andere Mohammedaner......... . 100 Vanianen und andere heidnische Ostindier (darunter viele Sepoys).............. 8000 Parsi................ 130 Juden................ 1!W0 Verschiedene.............. 2000 29,730 Ostindische Bewohner von Aden. 161. Ostindische Christen. Die ostindischen Christen sind meist sogenannte Portugiesen, aber alle haben mehr indisches, als portugiesisches Blut. Sie sind die Mischlinge der einstigen Herren Ostindiens, der Portugiesen und ihrer indischen Unterthanen. Wie bei allen Mischlingsvölkcrn, so bietet ihre Hantfarbe und Gesichtsbildung mannichfache Abstufungen, bald große Annäherung an den europäischen Typus, bald große Abweichung davon, meist natürlich das Mittel zwischen diesen beiden Extremen. Sie kleiden und gebärden sich europäisch, haben aber ein gewisses Etwas in ihrem ganzen Wesen, was den Europäer abstößt, einen Maugel an Würde, eine moralische und physische Verkommenheit, die desto mehr in die Augen fällt, als ihr Aeußeres europäisch ist. Sie sind meist (einige anglikanische Proselyten ausgenommen) katholische Christen, übrigens unwissend und bigott. Die meisten sprechen nicht einmal mehr Portugiesisch. Da sie mehr Verständniß europäischer Sitten haben, so nehmen sie die Englander gern als Diener. Namentlich die ersten Diencrstellen in englischen Häusern sind mit ihnen beseht. Einzelne treten auch bei den Sepoys ein. Familien leben wenig hier, fast nur einzelne junge Männer. Ich sah kein einziges Kind. Zum Handel fehlen ihnen meist die Mittel. Wohlstand herrscht nicht bei ihnen. Dstindische Moslems. Die ostmdischcn Moslems sind hier in ihrem Element. Für sie ist Arabien die heilige Erde, die viele nur ihres Glaubens wegen aufsuchen. Ich kannte mehrere alte Moslems, die in Indien, wo sie unter Heiden lebten, niemals Gelegenheit gefunden hatten, sich in ihrem Glauben genauer zu unterrichten und nun hier das Versäumte nachholten. Mehrere dieser Leute lernten noch im hohen Alter den Qoran lesen. Ihre sociale Stellung ist hier meist mehr als bescheiden. Indische Moslems sind die gewöhnlichen Dienstboten in englischen Häusern. Die Sepoys bestehen fast zur Hälfte aus ihnen. Die anderen find Kleinhändler, Handwerker, namentlich Schneider, Tünchcr, Wäscher ?c. Sie haben fast alle arabische Vornamen, die sie in der schriftgemäßen Weise aussprcchen, was den ächten Arabern, bei denen diese Namen in Fleisch und Blut übergegangen sind und dialettisch gesprochen wcrdcn, sehr komisch klingt. Für „'Abd-Allah" sagen sie ./Abdullahi", für ,/Abd el Qadcr" hört man ,.°Abdnl Qädm" ?c. 162 Arabische Bevölkerung von Aden. Nichts muthet den ächten Araber fremdartiger an, als diese affectirte Schriftgemüßheit. Ein Theil von ihnen besteht aus fanatischen Schiiten. Sie lassen keine Gelegenheit verstreichen, wenn sie den hier fönst numerisch stärkeren Sunnitismus verspotten können. In dem englischen Aden müssen die Sunniten ihren Zorn verbeißen. Araber. Die hier seßhaften Araber sind nur zum allerkleinsten Theile geborene Adener. Wenn man bedenkt, daß die Stadt 1839 nur 600 Einwohner hatte nnd daß von diesen die Hälfte Juden waren, erklärt sich dies. Unter den ächten Adencrn nimmt die Familie des ^Aiderüs die erste Stelle ein. Andere sind Beamte bei Mofchecen, Schreiber, kleine Handelsleute, Sen-falen ?c. Die meisten Araber in Aden sind eingewandert, zum großen Theil ans der Ebene Mehaidan nnd anderen Orten des Sultanats Laheg. Diese sind meist Kleinhändler, Handwerker, einige unregelmäßige Reiter im englischen Dienst oder bewaffnete Diener der Regierung. Einige Hadrami leben hier von kleinen Handelsgeschäften. Mein Bekannter, ^Anwad b'el Cher aus Maknlla, war der einzige hadramitische Eensal, die Zuflucht aller östlichen Araber, verdiente aber nicht viel. Mit der Herrlichkeit der Hadrami ist es hier vorbei. Gegen die Vanianen können sie nicht aufkommen. Ein großes Contingent haben in neuerer Zeit die Hogriya geliefert. Dieser Stamm, dessen Gebiet zwei Tagereisen im Nordwest beginnt, ist unter das Joch der Du Mohammed gerathen, welche zur heterodoxen Secte der Zaidi gehören, während die Hogriya Schafe i sind. Vor diesen ihren ketzerischen Unterdrückern snchen sie gern Zuflucht in dem freien Aden, wo noch dazn alle Moscheeen dem Schafe ismus angehören. Sie ernähren sich dürftig als Tagelöhner und Handlanger. Die Secte der Zaidi hat übrigens hier anch viele Vertreter. Sie kommen größtentheils aus der Gegend nm Neda°, Yerim nnd Damar. Alle Wasserträger und die meisten Echayyälm (Lastträger) gehören zu ihnen. Ihre Secte verbietet ihnen nicht, die Moscheeen der Schafe i zu besuchen uud letztere dulden sie. Die hiesigen Zaidi sind alle vom unwissendsten Schlage und haben keine Idee von den unterscheidenden Dog- Religiöse Sccim in Aden. Schriftgelehrte. 1(>3 men ihrer Secte. Man tann sic fast inir an der GebetssteMmg erkennen, indem sie bei dem Qiyam ideni Aufrechtstehen) nicht, wie die Schafe i, die Hände über dem Vanch kreuzen, sundern gerade hinab hängen lassen. Ihr Mundwerk verräth sie zwar auch. Sie lassen's sich gar nicht nehmen, so oft sie tonnen, über den Schaff ismns zn schimpfen. Alle Zaidi sind stolz und oft übermüthig, denn sie können daranf Pochen, daß ihre Secte in Hemm die verbreitetste nnd an den meisten Orten die herrschende ist. Angehörige der Qobayel (freien Stämme) des Innern leben nicht hier. Selbst das so nahe Mfi^a liefert leine Einwanderer. Die Verachtung der Qobayel gegen jede bürgerliche Existenz erklärt dies. Dagegen haben sich in Aden dielfach Naye (Unterthanen) jener freien Stämme, namentlich Bewohner der von ihnen despotisch unterdrückten Handelsstätte des Innern niedergelassen. Unter diesen liefern Beda, im Lande der Nezaz, nnd Qo/teba, südöstlich von Mrün, die meisten Einwanderer: gänzlich friedliche Lente, die den kleineren Detailhandel mit Landespwducten (Taback, Datteln, (bischer ?c.) betreibe!,. Einen Mann ans Veda kannte ich, der sogar ein öffentliches Armtchen, al6 Marktmesser, bekommen hatte. Da der tiefste Süden Arabiens meist von Feinden einer cwilisirtcn bürgerlichen Eristenz bewohnt wird, so mnf; man die Schriftgelehrten, deren man doch einige nöthig hat, aus dem mittleren Genien verschreiben nnd zwar kommen diefe vorzugsweise aus Zebid, Naimn, Hodeda, wo es mehr Sunniten giebt, als ans Can^a, wo nnr Zaidi leben. Ein würdiger Repräsentant dieser Elasse ist der Qadi von 'Aden, ein durchaus achtbarer Mann, an dem die türkischen nnd ägyptischen Nechtsuertäufer sich ein Beispiel nehmen sollten. Ich habe noch nie einen Qädi gefunden, der so gewissenhaft alle die verwickelten Negelu der Sunna beobachtete. Sogar die lächerliche Negel, das; ein Qadi persönlich nichts kaufen darf^), befolgte er. Anst, als ich mit ihm spazieren ging, blieben wir vor einem Laden stehen. Ich kaufte etwas nnd dem Qadi gelüstete nach derselben Waare. Er durste sie aber nicht selbst taufen, sondern mußte erst Jemand schicken, was er doch nicht gleich konnte. Es half nichts, daß ich ihm anbot, ihm Meinen Anlanf zu schenken. Ein Qadi darf keine Geschenke nehmen. „Wären wir in einem moslemischen Lande, meinte er, so wären Sie strafbar." Denn man darf dem Qadi keine Geschenke bieten. Welch eine ^erle von einen, Qädi! 164 Der Qädi von Aden. Ein Astrologe. Er hatte viel zu thun: nicht nur die 18,000 Moslems von Aden zu richten, sondern auch noch die Entscheidung kleiner Nechtsfälle zwischen andersgläubigen Einwohnern. Der ganze Tag verging in Amtsangclegen-heiten, denn er hatte keine Beisitzer. Er war übrigens ein großer Gelehrter, in der arabischen Literatur trefflich zu Hause, nahm Interesse an allen Forschungen, selbst solchen, die bigotte Moslems verabscheuen, wie himyarische (also heidnische) Alterthümer, und solchen, welche arabische Gelehrte sonst gäuzlich ihrer unwürdig halten, wie dialectische Studien. Die kufischcn Inschriften las er wie A. B. C<, eine KenntnH, die bei modernen Arabern sehr selten geworden. In ganz Algerien kannte ich keinen einzigen, der kufisch lesen tonnte. Er war ein lebendes Lez-ikon. Ueber jede sprachliche Frage wuftte er Auskunft. Der gute Qädi besaß natürlich,^wie jeder Mensch, auch eine Schwachheit, aber die seinige war gelehrter^Natur. Er war nämlich ein Jünger der Astrologie. Die Qoränvorschrift, in der Nacht aufzustehen, um zu beten, erfüllte er, aber er machte es kurz mit dem Gebet. Schnell kam der Astro-lab hervor und die geliebten Sterne wurden befragt. Anfangs wunderten sich die nächtlichen Straßenbummler, deren es in Aden viele giebt, über die lange weiße Gestalt mit dem weißen Spitzbart, die auf dem Balkon des Nichterhauses Stunden lang herumlief und die Sterne mit einem Instrument zu bedrohen schien. Als man aber über Person und Zweck aufgeklärt war, wuchs die Verehrung für den Qädi sehr. Ein Sterndeuter ist in Arabien immer noch eine geheimnißvolle Macht. „Der Qadi weiß Alles, auch das Verborgene. Die Sterne sag en's ihm" hörte ich oft. Der Qädi hatte auch seinen Nachäffcr. Das war ein gewisser „Siid 'Add el Veri", ein sehr unwissender, aber den Gelehrten spielender Scherif seines Amts Schreiber bei der Negierung. Der Siid befragte auch die Sterne, aber es kam Alles „krumm" Heralls, wie die Araber sagten. Einmal Prophezeite er einer Frau, sie würde einen Knaben gebären, und sie kam mit Zwillingsmädchen (ein einziges Mädchen ist dem Araber schon zu viel) nieder. Seitdem war's mit seinem Nuf vorbei. Der Qadi war viel zu klug, um von den Sternen solche Eiuzeluheiten zu verlangen. Er fragte, sie nur um Allgemeinheiten lind die Antworten waren auch ganz allgemein gehalten, so daß man sie immer als eingetroffen darthun konnte. Wenn er zum Beispiel die Sterne fragte: „Wird das Reich der Tugend bald anbrechen?" und diese antworten: „Ja, wenn die Menschen die Wege des Lasters verlassen", so war das ebenso wahr, wie hochsittlich. Der politische Dragoman. Somali in Aden. 165 Eine andere wichtige Persönlichkeit unter den Arabern, ja die amtlich wichtigste war (Mäh, der Dragoman. Diesen bescheidenen- Titel führte er, wie denn überhaupt die Titel in englischen Colouiccn durch ihre Bescheidenheit fast irreführen. So betitelt man hier den Gouverneur „Politischer Agent", die anderen höchsten Beamten einfach „Assistenten"; und in Ostindien heißt oft der Statthalter einer großen Provinz (wie z. B. Sind) nur „Commissär". Calah war in Wirklichkeit der Stellvertreter des englischen Statthalters bei den Einheimischen, und beherrschte diese wie ein kleiner Fürst. Er war zwar persischer Abstammung, aber ganz arabisirt, auch ein guter Snnnite. Dieser Mann bildete eine wahre Errungenschaft für die englische Verwaltung. Er leitete die oft ziemlich verwickelten Fäden der Beziehungen zu den Nachbarfürsten. Mit allen dieseu war er gut Freund, ja, wenn man sie beisammen sah, „ein Herz und eine Seele", aber er war der englischen ytegiemng treu und wußte stets dercu Interessen aufs Klügste zu vertreten. Ich glaube, er war manchmal den Araberfürsten nur allzu überlegen, obgleich es diesen auch gar nicht an StaatZtlugheit fehlte. Er ist außerdem einer der liebenswürdigsten Orientalen, die ich je kennen lernte. An meinen Studien nahm er großes Interesse und förderte sie auf jede Weise. In der That wären sie ohne ihn in ein „Nichts" verflossen, denn nur er und seine Amtsdiener hatten die Gabe, mir die Araber „zusammenzutrommeln". Somali. Nach den Arabern erwähut die Einwohnerliste die Somali, Eingewanderte von der afrikanischen Seite des Golfs. Ihr Präsenzstand ist jedoch größer als 5600 Seelen, da sie hauptsächlich hier die flottirende Bevölkerung bilden, und jene Zahl nur die seßhafte nennt. Im Ganzen kann Man zur günstigen Jahreszeit, d. h. im Winter, auf 10,000 Somali rech-uen> Im Sommer kommeu sie seltener, da dann die Somalihäfen durch ben Südwest-Monsun unzugänglich geinacht werden. Sie sind eine der schönsten, wenn nicht die schönste schwarze Race, die es giebt. Weder der ^lbessinier, noch der Sudanese kann gegen sie aufkommeu. Regelmäßiger ^au, cdle Gesichtszüge, volles reiches Haar, bleudeno weiße Zähne, eiue Schlankheit des Wuchses und Elasticität des Ganges, wie sie sonst nur der Beduine hat, sind ihre Vorzüge. Ihre Haut ist fast negerschwarz, schwärzer als die der Abcssinicr und Nubier. Aber in jeder anderen Beziehung 1l>6 Hacntoilctte der Somali. Ihrc Frauen. stehen sie hoch übtt dem Neger. Selbst die Amber erkennen sie gewissermaßen als ebenbürtig an, iudein sie sageil, „die Somali sind Qobäyel (freie Stämme)", eine Ehre, die sie sonst keinem fremden, geschweige denn einem anderen schwarzen Volte erweisen. ^ Das Erste, was uns all den Somali auffällt, ist ihre seltsame, aber gar nicht nnschöue Haartoilette. Wie kommen diese schwarzen Jünglinge zn den langen, bald goldblonden, bald wie lichle Goldbronze glänzenden Locken? Diese Farbe ist nicht etwa die eines aufgelegten Färbemittels, sondern vielmehr das Ergebniß einer Entfärbung, indem Kalk in nur unvollkommen gelöschton Zustande dem Haar anfgelegt wird, der nach einigen Tagen diese „Verschönernng" zur Folge hat. Se» lange freilich die Burschen mit dem bekalkten Haupte hernmgchen, sehen sie gräßlich ans. Die Stutzer zeigen sich in diesem Zustand nicht. Aber nachher entpuppt sich der Adonis desto effeetvoller. Dieser lange goldene Lockcnmantel, der auf die Schultern sinkt, sieht wirtlich ganz hübsch aus, besonders wenn cr im Tanze, zu dem die Somali beständig aufgelegt sind, sich in graziöser Uu-ordnung entfesselt. Die jungen Somali haben oft ganz außerordentlich feine Züge, die unstreitig Intelligenz verrathen. Schade, daft der Iülam diesem Volle seinen fortschrittsfeindlichen Stempel aufgedrückt hat. Darum finden loir auch bei ihm dasselbe, was wir bei den meisten arabischen Städtern beobachten, nämlich, daß die Intelligenz der Kindheit und Jugend nicht zur Entwicklung kommt, sondern vom religiösen Fanatismus erstickt wird. Der Erwachsene wird geistig träge. Er vermeint eben, durch den Islam schon das Höchste erreicht zu haben. Wozu also noch weiteres geistiges Strebeil? Die Sumalifranen zeigen ganz dieselben Vorzüge, wie die Männer. Ihre Gesichter sind jedoch meist etwas rundlicher. Sie neigen überhaupt mehr zur Wohlbelcibtheit. Ihre Tracht ist höchst graziös. Sie tragen stets einen eigentlichen Weiberrock fnach enropäischen Begriffen), der den Unterkörper einhüllt, aber fo mannichfach gefaltet und gewunden ist, und dabei doch so natürlich geschmackvoll, daß man glauben tonnte, sie hätten den antiken Faltenwurf stndirt. Unterhalb des Rückens ist die Drapirumz vorzüglich stuffreich und faltenvoll. Diefcr Falteilbund geräth beim Oehen in pcndclhafte Schwingungen, die für besonders reizend gelten. Viele diefer Frauen gehören allerdings der leichteren Elafse an und bei ihnen wirkt jener Schwebegang wie ein Aushängeschild. Wovon alle diese zahlreicheu Somali ill Aden leben, ist nicht leicht Lebensweise der Somali in Aden. 167 zu sagen. Einige führen Schafe eiu; andere find Bootsleute, wohl mich Fischer; noch andere verrichten temporäre, meist leichte Dienste; die einheimische Polizei beschäftigt cincn kleinen Theil, da ja das Oberhaupt der ganzen Adener Polizei felbst ein Somali ist, ein tüchtiger Beamter, der einstige Dragoman Burtons anf seiner berühmten Entdeckungsreise nach Harar, der sich in der großsprecherischen Somäliart zu rühmen Pflegt, er habe Vurton auf dieser Reise nicht etwa blos begleitet, sondern er habe ihn dahin geschleppt, etwa wie man einen verbotenen Gegenstand dnrch^ schmuggelt, als willenloses Werkzeug in der Hand des Somali. Aber, trotz jener Beschäftigungen eines Theils der Aoeuer Somali, ist doch ihr Hauptstock unbeschäftigt, lebt ein Vagabundenlebcn, von der Hand in den Mund. Ihre Bedürfnisse sind jedoch anch sehr gering. Gewöhnlich sitzen sie in und vor den Kaffeehäusern, in deren Unzahl man beiläufig gefagt nicht Kaffee, sondern Gischer (Absud der Hülsen) trinlt von dem eine Tasse eine Veza (2 Pfennige) kostet. So oft ich dort vorbei kam, wurde ich von einer Schaar arbeitslustigcr Jünglinge überfallen und ihr Dienst mir angeboten. Aber sie verstehen eben nichts, als Teller zerbrechen. Sie machen der Adencr Justiz viel zu schaffen, namentlich die große Menge ganz kleiner Somaliknaben, die sich hier herumtreibt, und deren Aeltern, Oott weiß wo, nur nicht in Aden find. Den Acltern durchzu-brennen, gilt bei den Somali für ganz in der Oronnng. Alle Tage kann mau im Adencr Oerichtshaus Somali fehen, die wegen „Entwendnng und Landstreichern" bestraft werden. Sie stehlen selten Werthvolles, aber „entwenden" Kleinigkeiten, um leben zu können. Ihr Mundwert leistet auch treffliche Dienste. Ein Somali wird nie die Antwort schuldig bleiben. Ihn einzuschüchtern, gelingt selbst dem Nichter nicht. Die Regierung hat öfters verslicht, sich der überzähligen Somali zu entledigen. Einmal hatte man schon angekündigt, 2090 sollten eingeschifft und nach Hause transports werden. Aber dies Bolk ist so solidarisch, daß dadurch auch die bessere Classe sich getroffen fühlte, und eine gemeinsame Drohung an die Regierung gelangte, sie würden alle auswandern und deu Markt von Aden nicht mehr versorgen. Da sie für dieseu nöthig siud, so gab man nach, obgleich die Somali wohl schwerlich die Drohung ausgeführt hätten, da sie ja hier viel gewinnen. 168 Der Krösus vun Aden. Ostmdische Kaufleute. Andere Mohammedaner. Diese auf nur 100 Köpfe geschätzte Rubrik der Einwohnerliste begreift Perser, Kabulen, einige wenige Afghanen u. s. w. Davon spielt nur ein einziger Mann eine Nolle, aber eine "große, nämlich der Millionär Hasan 'Ali, ein Perser. Er ist der einzige Krösus unter den hiesigen Moslems, was diese nicht wenig demüthigt, denn er ist natürlich ein Scheite/der Mehrzahl der Adener ein Gräuel. Er ist ganz plötzlich reich geworden, nämlich dnrch glückliche Speculationen zur Zeit des abessinischcn Feldzugs von 1867. Seit er reich ist, hat sich eine so zahlreiche Sippschaft bei ihm eingefunden, die er füttert, daß man fast jeden wohlgekleidetcn hiesigen Moslem für cincn Vetter von ihm halten lann. Auch dic Sunniten kommen viel in sein Haus und schmeicheln ihm. Er ist frcigiebig, wohlthätig; am Freitag und Festen speist er viele Hunderte. Seines Glaubens hat er gar kein Hehl und läßt keine Gelegenheit vorbeigehen, den Sunnitismus zu verspotten. Er treibt dies so weit, daß er die Schafe des Oftferfcstes nach den drei ersten Imämcn (Abu Vekr, ^mar/Otman), die vom Sunniten hochverehrt, dem Schiiten ein Gräuel sind, benennt. Kommt der Opfertag, so ruft er sciucn Knechten: „bringt'Omar (oder Abu Bekr :c.), daß ich ihm den Hals abschneide"; und Abends erzählt er im Freundeskreis: „Heute haben wir 'Omar geschlachtet und morgen essen nur'ihn." Wenn das ein orthodoxer Suunite mit anhört, so freut sich Hasan. In Aden kann er das wagen. Wärm aber die Engländer nicht hier, seines Lebens würde keine Stunde sein. Gegen Europäer ist er sehr tolerant und gefällig. Sein Landhaus in Schech 'Otman kann so zu sagen als Casino betrachtet werden, denn jeder Europäer steigt dort ab und genießt seine Gastfreundschaft. Oft bleiben Jagdgesellschaften Wochen lang da. B a n i a n e n. Diese Angehörigen der ostindischen Kaufmannskaste bilden" den""com" merciell wichtigsten Theil der Adener Bevölkerung. Aller Großhandel, alle Bank- und Wechselgcschafte find in ihren Händen. Wie überall, wo Ba-nianen leben, beherrschen sie den Markt durch ihren Affociationsgeist und ihre großen Capitalien. Kein Europäer kann gegen sie aufkommen. Sie sind jetzt hier auch die Grundbesitzer geworden. Die Mehrzahl der Adencr .Indische Kaufmannskaste. Neger in Aden. 1l;9 Häuser ist ihr Eigenthum. Im llebrigen gelten von thuen alle Vorzüge, welche bei Besprechung der Vamanen in Massauwa erwähnt wurden. Man mag über ihr Heidenthum, über ihren Abscheu dor Fleischgenuß (man kann einen Vamanen durch ein vorgehaltenes Stück Fleisch in die Flucht jagen) und manches andere Seltsame spotten, aber jeder fühlende Mensch kann nicht anders, als Sympathie für sie empfinden. Denn welcher fühleude Meusch wäre nicht auch ein Thierfreund? und das find die Vanianeu im höchsten Grade. Mir war es immer rührend, wenu ich sah, wie mein Hausherr, ein Vauiane, die alten Kühe und Ochsen, die dem Schlächter oder gar dem Schinder übergeben werdeu sollten, ankaufte und ihnen in seinem Stall bei gutem Futter eine glückliche letzte Lebenszeit bereitete. Pferde giebt es nicht viele in Aden. Aber die wenigen altersschwachen, die vorkamen, wurden von Banianen gekauft, die ihnen das Gnadenbrod gaben. Dabei war nun gar nicht Religion im Spiele, denn das Pferd gilt ihnen nicht für heilig, wie die Kuh, sondern lediglich mitleidsvolle Gesinnung und Herzensgüte. Der Name „Banianen" wird in Aden mißbräuchlich auch auderen heidnischen Hindus, die nicht M-Miufmanuskaste gehören, beigelegt. Darunter sind viele, die zu einer der Pariaclassen gehören. Eine Classe, die tiefste, ist fast ausschließlich mit Grubenausleerung beschäftigt. Die Adener Aborte haben nämlich in den guten Häusern meist keine Canäle, da solche bei dem Wassermangel leicht stocken, sondern der Unrath fällt in Körbe, welche die indischen Parias täglich ausleereu und ihren Inhalt abführen. Neger"). Unter der „Verschiedene" benannten Rubrik sind die Neger am zahlreichsten vertreten. Sklaven giebt es natürlich in Aden nicht, wohl aber eine Menge Neger, die von englischen Kriegsschiffen aus der Sklaverei befreit wurden. Man nennt sie gewöhnlich scherzhaft „«00^ do/8". Dies Wort drückt etwa das aus, was vnl^a im Teutschen „auf dem Hund" heißt, denn diesen Eindruck machen die armen Neger, wenn sie von den Sklavenschiffen kommen. Hier ist nicht mehr die Rede von schönem schwarzen (subä'thiopischem) Menschenschlag, edlen Zügen und Formen. Es ist *) Die Juden und die arabischen Parias werden in den folgenden Capiteln im Zusammenhang, mit ihren OcschlechtZgenossen in ganz Südarabicn besprochen. 170 Zingi und Sudani. Die befreiten Sllavcn. das unzweifelhafte, plattnasige, dicklippige klirzluollige, stupide Negcrthuin. Der Amber nennt sie Zingi (Zmdji) zum Unterschiede von Sudani, worunter man, wenigstens in Arabien und Ostafrika ^), mehr den edleren Schwarzen, den Subäthiopier versteht, dcr mit dem Neger uur die Hautfarbe nnd anch diese oft nur annähernd gemein hat. Der arabische Geograph Mgnt sagt höchst treffend: „Das Land der Iingi ist noch größer, als das Land der Sudani." Natürlich; denn beinahe ganz Afrika, im Osten freilich fast erst südlich von der Linie, im Westen aber zum großen Iheil auch schon nördlich, wird von Negern (Zingi) bewohnt, während die Subäthiopier nur im Norden, an der Grenze der weißen Nacen, gefunden werden. Diese „«nos!^ Ix»)-«" sind eine große Verlegenheit für die englische Verwaltung. Die meisten wollen nicht mehr in ihre Heimat!) zurückkehren, weil sie ans dem Wege von der stufte bis dahin doch wieder in die Hände der Sklavenhändler gerathen würden. Die Negierung muß sie also füttern. Sie bietet freilich allen Europäern an, sie umsonst in Dienst zu nehmen. Aber lein Mensch will sie. Ein Neger, der frisch aus Afrika kommt, ist vollkommen unbrauchbar. Er muß erst gezogen werden und dazu haben die Europäer keine Geduld, besonders da das einzige Iiehnüttel, der Stock, hier verboten ist. Hier und da nimmt man wohl Knaben, aber sie bringen es anch zu uichts, da man eben nicht Strenge anwenden kann. Gewöhnlich laufen sie davon. Man kann sie dann durch die englische Polizei einsangen lassen, die dies gern lhnt. Aber meist hält man es nicht der Mühe für werth, da sie eben kleine unnütze Strolche find. Sic vermehren dann die Zahl der vielen Adener Vagabunden. So kommt es, daß die Neger hier ganz verunglückte Wesen sind. In letzter Zeit hat man übrigens eingesehen, daß bereits genug dieser unbrauchbaren Menschen sich hier herumtreiben und so transporting die Regie-rungsschiffc jetzt die von ihnen Befreiten nach Ostindien, wo sie übrigens gleichfalls Niemand will und brauchen kann. *) Andcrtz ist es in Tripolis und i>n Nordwrstl'n von Nsritn, Tort km»i man das Wort Zingi <;ar nicht und bereift unter Eudnni alle Schwartn, gleichviel ob Sul'äthiupicr, ob Nc Uhr fixirt wäre, was jedoch nicht viel auf sich hat, denn in Aden geht die Sonne fast immer um 6 Uhr Abends unter, da es nur 12" nördlich von der Linie liegt. Uebrigens bietet die große Synagoge kaum Platz für die Fremden, denn die Adener Iudrnschaft zählt an 2000 Köpfe, so daß an jedem Festtag sich immer viele Hunderte dort einfinden. Als ich an einem Freitag Abend die Synagoge besuchte, fand ich sie dicht mit Menschen gefüllt. Alle sehr wohl gekleidet, die Knaben nutunter prachtvoll und mit silbernen Zierrathen behängen. Der Boden war mit schönen Teppichen bedeckt, eine Unzahl Lampen angezündet; der Schrein, in welchem die Thora aufbewahrt wird, war kunstvoll geschnitzt und reich verziert. Während des Gottesdienstes führte man mich nicht herum, wie dies in Cairo bei den Karaiten geschehen war, sondern wartete das Ende ab, um mir die Thora zu zeigen. Diese war auf langen Lederrollen geschrieben, nnd ich erfuhr, daß in Südarabien jede Synagoge solche Lederrollen besitze. Auch außerdem sind eine Menge solcher Rollen vorhanden und nicht schwer zu erwerben. Deren sollen noch jetzt beschrieben werden, aber nur im Innern; in Aden selbst giebt es keine Schreiber, welche diese Arbeit ausführen. Am folgenden Sabbath machte ich dem Oberrabbiner einen Besuch. Dieser führt den Titel „Meri" (^) und das soll überhaupt die Bezeichnung aller höheren Rabbiner Südarabiens sein. Es ist wohl das chaldäische Märe (Herr), das auch im Syrischen in der Form „Mar" eine so große Nolle spielt. (In Can a soll man nach Wolf Möre anssprechen.) Sein Name ist Menachom ben Mescheh, so nämlich wird hier der Name Möschch ausgesprochen. Der Meri war ein ehrwürdiger Greis, hochbetagt und schon vom Alter gebückt, nebenbei auch sehr kränklich, so daß er mich auf dem Ruhebett liegend empfing. Seine Gelehrsamkeit soll groß sein; er ist übrigens der einzige hier ansässige Jude, der bedeutende Kenntnisse Aussprache des Hebräischen bei den Adener Juden. 177 besiht. Die Bücher, deren er sich bediente, waren ineist europäische Drucke; er besaß jedoch auch Handschriften ans Leder. Er klagte mir, daß keiner seiner Söhne sich der Gelehrsamkeit gewidmet hübe. Aden sei überhaupt ein schlechtes Terrain für diese; man fände hier zn leicht anderweitige und einträglichere Beschäftigungen. Nach seinem Tode müsse man wohl einen Fremden kommen lassen, um einen gelehrten Meri zu haben. Ich wnrde mit trefflichen weißen, fast kernlosen Rosinen (den berühmten alls Can ä) und englischem Liqueur tractirt. Das gebrannte Wasser gilt immer für erlaubt, wahrend bloß gegohrene Getränke von Juden zubereitet sein müsfcn. Interessant war mir, was mir der Meri über die landesübliche Alissprache des Hebräischen sagte. Qamez wird wie ö ausgesprochen, ebenso Oamez chatuph, nur kürzer. Zere ist e, Segol aber a nnd von Patach kaum unterschieden. Chölem lautet auch wie e, so daß man Meschch, Jesef u. s. w. sagt, doch ist dieses e nicht ganz so lang, wie Zere. Das Beth ist hier stets hart, nie aspirirt, nie dii, selbst wenn es ohne Dagesch steht. Das Zade klingt sehr weich, fast wie englisches 2 und deutsches schwaches s. Das Qofth wird in Aden selbst wie <)., in Can ü dagegen soll es wie 6 (in Gott, gut) ausgesprochen werden. Diese Eigenthümlichkeit ist wohl dem Einfluß des Dialekts von Hemen zuzuschreiben, in welchem das arabische H auch wie (4 klingt. Daleth und Thau ohne Dagesch aspirirt, wie bei dm spanischen Juden, lallten etwa wie das englische tli in t.1io (start) und tiisir (schwach). Die Stammestraditionen haben sich in Bezug auf die Leviten und Kohenim treu erhalten und werden in den Zunamen der Betreffenden zur Geltung gebracht. In Aden zählt man zur Zeit 30 Personen vom Geschlecht der Kohenim, dagegen nur 10 Leviim; man legt nämlich den ersteren, obgleich auch vom Stamme Levi, doch im gewöhnlichen Leben niemals den Namen Leviim bei, ja die Unwissenderen halten die Kohenim für einen eigenen Stamm. Alle übrigen Juden nennen sich zum Unterschiede von diesen beiden: „Israeli". Die Leviim besonders genießen fast größeres Ansehen, als die Priestersöhne, was vielleicht daher kommt, weil die Kohenim hier nnverhältnißmäßig zahlreich sind. Die Adener Juden, sind zum größten Theil Handwerker, Waffenschmiede, Silberschmiede, Metzger, Maurer, zu jeder Handarbeit geschickt. Nebenbei treiben sie etwas Handel und kleinere Wechselgeschäfte. Der Großhandel und die Bankgeschäfte sind hier nicht in ihren Händen, sondern 178 Jüdische Silberschmiede. Ausnahmsstellung der Juden. in denen der Nanianen, der ostindischen Kaufmannskaste. Die größeren Detailläden gehören den Parsi's nnd die kleineren auch Vanianen oder indischen Moslems. So sind denn die Juden hier auf Handarbeit angewiesen. Sie sind sehr geschickt, namentlich im Verfertigen der Waffenzierrathe und kriegerischen Utensilien der Araber, nud wissen diesen Dingen mitunter eine ganz elegante Form zu geben. Da die Araber namentlich mit Dolchscheiden, Pulverhörnern, Kugelbehältern, silberbeschlagenen Bandclieren, Säbelgrisfen u. s. w. großen Luxus treiben und diese Gegenstände, wenn sie es nur irgendwie erschwingen können, von Silber haben wollen, so ist besonders das Handwerk der Silberschmiede hier ein verbreitetes und vortheilhaftes. Dasselbe ist in ganz Südarabien ausschließlich in Händen der Juden, indem die Südaraber fast alle Handwerke im Allgemeinen, besonders aber jede Kategorie des Schmiedehandwerkes verachten und als freier Beduinen unwürdig ansehen. Da sie aber kostbare Waffen nicht entbehren können, so sehen sie es gern, wenn sich Juden bei ihnen niederlassen, obgleich ihr moslemischer Fanatismus dies nicht cingesteht. So kommt es denn, daß wir fast in allen Gegenden Südarabiens namentlich in den Städten, Juden finden. Ja man kann so ziemlich den Blüthezustand einer Ortschaft nach der Zahl der sie bewohnenden Juden abschätzen. Außer in den beiden oben erwähuteu Districten sIafsa und Hadramaut) duldet man sie principiell, wenn man auch noch so streng in Fernhalten aller anderen Nichtmoslems ist. Ein schlagendes Beispiel von dieser Nusnahmsstellung der Juden lieferten die neuesten Neligionsverfolgungen von Can a, wo man vor einigen Jahren alle nichtjüdischen Andersgläubigen, namentlich die vielen Hindu's, die dort lebten, zwang, zwischen Ucbertritt oder Tod Zu wählen, und da die Meisten dm letzteren vorzogen, ein fürchterliches Blutbad veranstaltete. In derselben Stadt lebt aber eine zahlreiche Iudengemeinde, die bei dieser Gelegenheit ganz unbehelligt gelassen wurde. Die Juden sind eben den Arabern unentbehrlich, namentlich in ihrer oben erwähnten Eigenschaft als Waffenschmiede, jedoch auch noch anderer Industrieen wegen, wie Baumwollweberei, Tüncherei und der wenigen übrigen Gewerbe, welche bei diesem bedürfnißlosen Volke überhaupt vorkommen. Die Juden stehen deshalb überall unter dein Schutz der Obrigkeit uud, wo eine solche fehlt, nnter dem der freien Beduinen-Stämme. In diesem Land der erblichen Blutrache würde es freilich unmöglich sein, den Sicherung des Lebens der ambischen Juden. 179 Mörder eines Juden mit dem Tode zu strafen, da der Mord eben meist durch die Blutrache gesühnt wird: ein Recht, das jedoch nur dem Araber, nicht dem Juden zusteht. Die Juden würden also vogelfrei sein, Hütte die südarabische Völkersitte hier seit uralter Zeit nicht einen andern Ausweg ergriffen. Dieser ist, daß man es für Schande erklärt, einen Juden zu todten, was vollkommen den ritterlichen Begriffen von Ehre entspricht, da die Juden unbewaffnet find, uud ein Unbewaffneter im kriegerischen Sinne nicht für einen Mann gilt. Deshalb hört man oft Araber sagen: „die Juden sind wie die Frauen; Eines dieser beiden zu todten, schändet den Mann." Dies ist freilich nur durch Tradition, nirgends durch bestimmte Gesetze, welche überhaupt in vielen Gebieten von Südarabien fehlen, festgesetzt; aber die Traditionen erweisen sich bei diesen Völkern wirksamer, als die Gesetze, jedenfalls wirksamer, als das des Qoräns, welches hier nie so recht Fuß fassen konnte, d. h. was seinen juristischen Theil betrifft. Sind fo Leben und Gut der Juden im Innern von Südarabieu gesichert, so ist doch ihre Stellung in jeder andern Beziehung keineswegs eine beneidenswerthe. Sie sind einer Menge von Demüthigungen ausgesetzt. Wie in Marokko, dürfen sie keine Pferde, sondern nur Esel reiten.*) Begegnet ein so berittener Jude einem Araber, so muß er vom Thiere absteigen, es am Halfter führen und zur linken Seite ausweichen, während die Araber dies sonst zur rechten thun. In dem gezwungenen Ausweichen Zur Linken liegt ein Schimpf. Bei Begrüßungen, die freilich zwischen einem Araber und Juden seltener vorkommen, streckt jener diesem seine Hand mit weitausgerecktem Arm zum Kusse entgegen, streng dic gehörige Distanz beobachtend, mn nicht durch die Nähe des verachteten Juden veruuremigt zu werden. Der Araber hütet sich jedoch gewöhnlich vor jeder Berührung Mit Juden. Beispiele von einer Familien - Verbindung zwischen Arabern und Juden kommen gar nicht vor lind die bloße Nachfrage danach schien Meine arabischen Bekannten aus dem Innern zu skandalisiren. Alle diese Araber sprachen sich höchst fanatisch und verächtlich über die Juden aus, denen sie freilich nichts nachsagen konnten, als daß sie eben einem von ihnen verachteten Glauben angehörten. Das genügt aber in den Augen des ""') DieL si„d dieselben DemüthiguiMN, denen zu Nicbuhl's Ieit in Aegypten alle Nichtmoslems, sogar die Consul,i eurupaischer Mächte ausgesetzt waren, weshalb letzter« damals lieber zu Fuße Migen, al^ uom Privilegium, au^ Eseln zu reiten, Gebrauch machten, 12* 180 Ausficht auf Besserung der Stellung dcr Juden. Arabers, dem dogmatische Sünden schlimmer sind, als die schändlichsten Verbrechen. Daß die gewöhnlichen Araber keinen Begriff von der Religion der Juden haben, versteht sich wohl von selbst. Deshalb sind anch die fabelhaftesten Gerüchte über den jüdischen Ritus bei ihnen verbreitet. Man erzählte mir allerlei Seltsamkeiten über den Gottesdienst. Den Gebrauch, sich die Hände schwarz zu bedecken und Hörner anzulegen sdie Philakterien oder Thefillin) faßten sie als eine seltsam thierische Ceremonie auf, wobei gebrüllt und wie wahnsinnig in der Synagoge herumgerannt wurde. Daß die Juden ihre gedemüthigte Stellung ertragen, läßt sich oben nur durch die Geduld dieses Volkes und durch die Standhaftigkeit erklären, mit der es auf eine bessere Zukunft hofft. In der Hoffnung auf eine bessere Zukunft ist überhaupt der Jude beharrlich, und die Thatsachen geben ihn: Recht, denn diese Hoffnung beginnt sich zu verwirklichen und hat sich in der That schon auf vielen Punkten verwirklicht. Auch in Südarabien befindet sich ein solcher Punkt, nämlich Aden und seine nächste Umgebung. Wer hätte es den mißhandelten Juden Adens vor 30 Jahren vorausgesagt, daß sie ihren einstigen Herren, den stolzen Arabern, rechtlich ganz gleichgestellt sein würden? Nur wer den Orient genau kennt, kann das Unermeßliche des Umschwungs zum Bessern würdigen, welchen die englische Herrschaft in Aden für die Juden mit sich gebracht hat. Doch nicht in Aden allein, auch schon in einzelnen Staaten der Nachbarschaft, wie in Laheg und Schughra, macht sich der englische Einfluß heilsam geltend und die Sultane vermeiden aus Furcht vor englischen Vorstellungen, die Juden zu bedrücken. Mit der größeren Freiheit, welche die Juden in Aden und Umgegend genießen, hat sich auch ihr Culturzustand bereits merklich gehoben. Es wohnt diesem Volk eine solche geistige Lebenskraft inne, daß es nur eines geringen Anstoßes von Außen bedarf, um sich auf eine höhere moralische und intellectuelle Stufe zu schwingen. Merkwürdig ist schon jetzt der Unterschied zwischen der jüngeren und der älteren Generation, die noch unter dem früheren Druck erzogen wurde. Die Knaben,, haben fast durch-gehends eine gewisse Bildung, selbst nach europäischen Begriffs während die Väter außer ihrem Handwerk nur wenig Nützliches wissen und auch nicht durch die bei anderen Juden des Orients so vielfach vertretene talmu-dische Gelehrsamkeit glänzen. Das Bedürfniß einer europäischen Ausbildung wird übrigens von den Juden selbst empfunden tein Araber glaubt Zukunft der südambischm Juden. 181 eine solche nicht nöthig zu haben) und dieses Sireben ist schon allein ein Fortschritt. So können wir denn ohne Uebertreibung sagen, daß die Juden von Aden und Umgegend sich emporzuarbeiten beginnen. In einigen Generationen werden sie wahrscheinlich den Europäern nicht viel nachstehen. Die Rückwirkung wird sich dann auch auf die Juden des Innern bemerkbar machen. Küdaraliien. Ginundzwanzigstes Capitel. Die südarabischen Pariakasten. Eigenthümlichkeit des südarabischen Pariawesens. — Religion der Parias. Parias in Cmtralarabien. — Strenge Standesbegriffe der älteren Südaraber. — Arnaud's Viertheilung der Parias, — Achdäm. — Abgesondertes Wohnen. - StnmmcLstolz der Beduinen. — Die tiefste Paria-Kaste. — Schumr. —Ihr Gewerbe. — Moschee-Verbot. — Kupplerinnen. — Eine Paria Sängerin. — Physiognomisches. — Ein sudarabisches Schönheitsregister in Versen. — Dialekt der Parias. — Ihr Ursprung. — Falsche Ansichten, — Unmöglichkeit ihren Ursprung zu bestimmen. — Entstehung der Achdam-Kaste. — Verschiedene Bezeichnungen flir diese Kaste. — Die Ahl Häyik. — Freiheit 0on Steuern. — Die Parias sind keine Stämme. Es ist eine höchst merkwürdige Erscheinung, daß in einem arabischen Lande, in dem sonst der Freihcitssinn und Stammesstolz der Bewohner aufs höchste ausgebildet ist, neben diesen freien Stämmen zwei Menschcn-classen existiren, welche, obgleich sich nicht zu anderm Glauben bekennend, dennoch eben so sehr in den Bann gethan sind, als wären sie die ärgsten Ketzer. Ueberall sonst, wo es Parias giebt, sind sie durch das Bekenntniß oder wenigstens durch ein sectenartiges Abweichen von der herrschenden Religion unterschieden. In Südarabien ist dieses nicht der Fall, und diese Thatsache macht die dortigen Parias zu einer Merkwürdigkeit, wie sie selbst Ostindien nicht aufweist. Der Umstand, daß der befreiende und sociale Gleichheit für alle „Rechtgläubigen" predigende Mohammedanismus in Südarabien nicht so weit zur Geltung kam, um jene Kasten zu emanci- Ohmnacht des Islam in Bezng auf Emancipation :c. 183 Piren, zeigt uns dieses Land ii: einem ganz andern Lichte als Central-arabien. Es war eben ein uraltes eigenartiges Culturland, das selbst in seinem Verfall noch dem centralarabischen Element Widerstand leistete, nnd wenn es auch im Großen und Ganzen diesem allmählich unterliegen lind seine Eigenheiten mehr oder weniger einbüßen mußte, ihm doch im Beibehalten einzelner tiefgewurzelter Eigenthümlichkeiten trotzte. Zu letzteren gehörte auch das Bestehen der Paria-Kasten. Die Parias glaubten vielleicht dnrch Annahme des Islams sich zu cmancipiren. Aber sie irrten sich. Das angestammte Element dcr Kastenscheidnng erwies sich kräftiger als der befreiende Einstich des Mohammedanismns. Weit entfernt, sie zur Gleichheit zu führen, gab die südarabische Auffassung des Islam noch Gelegenheit, eine neue Scheidewand zwischen ihnen und der herrschenden Classe aufzurichten, indem letztere eine dieser Kasten sogar vom Vesnch der Moscheeen ausschloß. Ein unerhörtes und eigentlich ganz „uuarabisches" Verfahren, denn nur Hcterodozie soll nach ächt mohammedanischen Begriffen von diesem Besuch ausschließen, und diese war hier nicht vorhanden. Aber alle unsere Begriffe von dein was „arabisch" oder „unarabisch" ist, sind eben ausschließlich aus eentralarabischen Quellen entlehnt. Der Geist der alten südarabischen Cultur fängt erst an sich uns zu offenbaren, seit die Inschriften der alten Sabäertcmpel (vul^ohimyiansche genannt) in größerer Menge auftauchen und mit vermehrter, wenn auch immer noch sehr mangelhafter Deutlichkeit entziffert zn werden beginnen. Dieser südarabische Geist war ein anderer, als der des freien Beduinenthums, das so recht eigentlich Ccntralarabien kennzeichnet. Letzteres kannte zwar auch und kennt noch heute eine Art von Paria; doch sind dies herabgekommene Beduinen-Stämme^), die durch eine Katastrophe (Krieg, Naub) ihr Gut verloren haben, aber doch meist noch als Gruppen stammesweise zusammenleben, nicht, wie die südarabischen Parias, seßhafte Bewohner, die unter sich nur schwache Beziehungen haben und durch's ganze Land zerstreut sind. Auch ist es unerhört, daß in Ceutralarabien Jemand wegen seines Standes, und sei er anch anrüchig (denn etwas anderes ist die Kaste in fernen nicht), vom Besuch der Moscheeen ausgeschlossen würde. *) Herrn Professor Sprenger verdanke ich folgende Notiz: Es scheint, daß zu Mohammed's Zeit die V, der oftindischen AuZkehrer-Kaste, sehr ähnlich, doch ist in Indien eine größere Zersplitterung, denn da sind noch die viwdi ^H^, die Wäscher, die Ahn und andere. Die Achdam oder erste Pariatafte. 185 Name Schafuli ist dort unbekannt. Von den Achdam gilt das, was Ar-naud von den zwei ersten, von den Schumr das, was er von den zwei letztern seiner dier Classen sagt. Der Name Achdam (im Singular Chadem) bedeutet „Diener," und dies Wort bezeichnet genau ihr Verhältniß zu der herrschenden Race. Eine Menge von Gewerben ist bei den stolzen Beduinen verachtet, und diese verrichten die Achdam. Sie sind Gerber, Wäscher, Töpfer, Schlächter und gelten für besudelt durch diese mehr oder weniger unreinen Gewerbe, aber doch nicht in dem Grade für unrein, um auch den aus ihren Händen her-vorgehendm Gegenständen ihre Unreinheit mitzutheilen. Letzteres soll bei den Echumr der Fall sein. Die Achdamkommen, wie crwähnt,inMoscheem,aber nicht in die Häuser der Araber. Sie wohnen stets abseits, gewöhnlich außerhalb der Städte und Ortschaften. Sogar in Aden, wo doch die Kastenbegriffe durchaus keine officielle Geltung haben, lieben es die Achdam, sich abzusondern und bewohnen ihr eigenes Viertel. Ich besuchte diesen Stadttheil öfters, aber nie gelang es mir, von den dortigen Achdam über ihre Kaste Aufschluß zu erhalten. Der Uebelstand ist, daß der Name dieser Kaste ein Schimpfwort geworden ist, und daß man also durch die Frage danach, schon von vornherein Anstoß giebt. Alle nichtarabischm Einwohner Adens d. h. die Mehrzahl, wissen auch nicht zwischen Achdam und anderen armen Arabern zu unterscheiden, und so fühlen sich die Achdam hier von dem Bann erlöst, der im Innern auf ihnen lastet. Wie ein Sträfling, den man in der Strafanstalt selbst antrifft, seine Eigenschaft nicht verleugnen kann, so müssen auch die Achdam im Innern des Landes, wo die Kastenbegriffe Geltung haben, emgeftehen, zu welcher Classe sie gehören. So konnte ich mir denn auch in der Hauptstadt des 'Abadel-Sultanats, Lahcg, viel besser Aufschluß über sie verschaffen. Natürlich gestehen sie auch dort ungern, daß sie zu den Parias gehören. Fragt man einen der Achdam, ohne daß ein anderer Araber dabei ist, was er sei, so wird er sich für einen Beduinen ausgeben. In Gegenwart eines Beduinen aber kann er dies nicht wagen. Schimpf und Prügel würden oann sein Loos sein; denn der Beduine ist unbändig im Stammesstolz. Aber auch die Achdam haben ihre Art von Stammesstolz. Man kann ihnen keine größere Beleidigung anthun, als wenn man sie fragt, ob sie nicht etwa zu der Classe der Schumr gehörten? Von diefer Beschuldigung reinigen sie sich mit den heiligsten Eiden, lind nichts ist ihnen schrecklicher, als so etwas hören zu müssen. Sie können freilich dem Fremden oder dem 186 Die Schunn odcr zweite Pariakaste. Araber gegenüber diese Unbill nicht ahnden. Wehe aber dem Schimri (Singular von Schumr), der sich für einen Chädem ausgiebt. Dies geschieht nämlich immer, wenn man einen Schimri nach seiner Kaste frägt, ohne daft ein Chädem dabei ist; denn die Schumr sind sich wohlbewußt, tiefer als die Achdam zu stehen und versuchen gar nicht, ihre Kaste für etwas Besseres auszugeben. Jeder verleugnet die seinige. Die Kaste ist eben etwas ihnen Aufgedrungenes, dadurch unterscheidet sie sich wesentlich von anderen Nacenunterschieden. So steht z. B. der Jude in Südarabien in socialer Beziehung gewiß eben so schlecht, ja oft schlechter als Achdam und Schumr. Aber nie wird es einem Juden einfallen, sein Iudeuthnm zu verleugnen. Im Gegentheil, er ist stolz darauf, wie einst die Märtyrer auf ihr Christenthum, durch das sie doch auch dem socialen Bann verfielen. Die Achdam sind im Vermeiden der Schumr ebenso scrudulös, wie die Beduinen im Vermeiden der Achdam. Die Kaste der Schumr ist eine ganz eigenthümliche Erscheinung uud von merkwürdiger localer Begrenzung. Während es nämlich in ganz Südarabien, so weit meine Erkundigungen reichen, d. h. von Jemen bis 'Oman, Uchdam giebt, existiren Schumr nur im eigentlichen Jemen. Schon iuJäfsa, welches doch auch einst zum Reiche der Imame gehörte, sind sie gänzlich unbekannt. Auch bei den Beduinen scheinen sie nicht vorzukommen. Ich hörte nur immer von ihnen in Verbindung mit Städten. In allen Städten von Jemen kommen sie vor, wohnen auch dort abseits, wie in Aden, wo sie sich in einer noch abgelegeneren Gasse, als die der Achdam, angesiedelt haben. In Aden natürlich kann man sie nicht verhindern, die Moschccen zu betreten, aber in keiner Stadt des Innern werden sic in denselben zugelassen, obgleich sie, wie schon oben gesagt, sich im Bekenntniß nicht von den Herrschern unterscheiden. Wo diese Sunniten sind, da sind es auch die Schumr; in CentralDemen, wo die Secte der Zaidi vorherrscht, bekennen sie sich zu dieser. Der Grund, warum mau sie vom Gottesdienst ausschließt, muß eine tiefere traditionelle Bedeutung haben, denn die Ursachen, welche die Araber gewöhnlich dafür angeben, scheinen mir alle nicht stichhaltig. Es heißt, die Schnmr seien Abdecker, folglich durch Aas besudelt (sie stehen sogar im Verdacht Aas zu essen); aber ich habe viele Schumr gekannt, die durchaus nicht jenes Gewerbe ausübten. Die meisten scheinen sich als Bänkelsänger, Musikanten, Trommler, Pfeiffer zu ernähren, und das ist ein Gewerbe, welches zwar auch verachtet wird, aber doch an und für sich keine tiefere Stellung, als die der Achdäm, mit sich bringen würde. Den- Antagonismus der beiden Pariakasten. 187 noch erweist sich der Kastengeist so mächtig, daß ein Schimri, und treibe er was er wolle, sich nicht über seinen tiefen Stand zu erheben vermag. Er gehört ihn: durch die Geburt, nicht durch ein Gewerbe an. Daß ein Schimri es uicht wage, eine Moschee zu betreten, dafür sorgen die Achdam, denn überall, wo es Schumr giebt, giebt es auch jene. Durch den Moscheebcsuch würde sich ein Schimri zum Chadem aufschwingen, was freilich den übrigen Arabern gleichgültig ist, was aber die Achdam als die größte Schande für sich ansehen würden. Ich glaube deshalb, daß jenes Verbot weniger von den Arabern, als von den Achdam, ausgeht, besonders da es nur traditionell, nicht aufgezeichnet ist. Da die Achdam fast überall numerisch stärker sind, als die Schumr, so können sie es aufrecht erhalten. Da in Jemen die Achdam die meisten derjenigen Gewerbe ausüben, welche die auderenAraber verschmähen, su bleiben den Schumr nur wenige. Dazu gehört allerdings auch das der Abdecker. Daß die Schumr so meistens in großer Armuth schmachten, ist erklärlich. Daß auch ihre Moralität nicht immer die beste ist, läßt sich vermuthen, obgleich die Araber gewiß in ihren Beschuldigungen übertreiben-So scheint es ganz widersinnig, die Schumr-Weiber des Feilbietens ihrer Neize zu beschuldigen, deun wem sollen sie diese feilbieten? Wenn mau die Araber danach fragt, wissen sie keine Antwort, denn ein Araber würde sich nie mit einer Paria einlassen, und besäße sie auch die Ncize einer Cleopatra. Also vielleicht den Achdam? Diese aber sind noch mehr von Vorurtheilen gegen die Schumr erfüllt. In Aden freilich ertappt man die herumziehenden Sängerinnen von der Schumr-Kastc zuweileu auf Kuppelei. Aber, recht bezeichnend, sie verkuppeln nicht ihre Stammesangehörigen, sondern Fremde. Dieselbe Schumr-Frnu, welche die Kupplerin spielt, wird, wenn sie selbst zu Mnuncru in's Halls bestellt wird, um dort zu singen, sich don ihrem Ehemann begleiten lassen. Alle Schumr, welche ich kennen lernte, namentlich aber die Frauen, warm von einer ganz besondern Lebhaftigkeit. Gewöhnlich treiben sie ihr Wesen auf der Straße. Dort musiciren sie, singen, und sind dabei in bestündiger, aufgeregter Bewegung. Da die Araber sie nie in's Haus kommen lassen, so ist ihnen das Singen bei ruhendem Körper ganz uugewohnt. Ich ließ einmal eitle solche Sängerin zu mir führen, lim die Worte ihres Liedes aufzuschreiben. Sie kam, aber begleitet von zwei Männern, ihren: Mann 188 Ginc Sängerin von der Parmkaste. und Bruder, wie sic angab. Da kein rechter Platz zum Umhertanzcn war, so mußte sie sich bequemen, sitzend zu singen. Das schien ihr jedoch sehr wider die Natur zu gehen. Sie entschädigte sich aber für die gezwungene Ruhe der Beine durch vermehrtes Gcsticuliren mit den Armen. Der Haufttsitz ihrer Lebhaftigkeit schien übrigens in den Augen. Ich habe noch nie ein feurigeres und zugleich geistig ausdrucksvolleres Auge gesehen. Die Frau war durchaus nicht schön, auch nicht mehr jung, aber ihr lebhaftes Auge verlieh ihr einen Ersatz für alle anderen äußeren Vorzüge. Die Lieder dieser Frauen sind meist erotischer Natur, niemals jedoch die Grenze des Anständigen überschreitend. Folgende Probe, die ich der Treue wegen umnetrisch und so wörtlich wie möglich übersetze, möge einen Begriff davon geben. Das Liedchen ist eine Aufzählung aller weiblichen Reize vom Koftf zur Zehe, vor deren verheerender Macht der Liebhaber gewarnt wird. Ein unbekannter Bewunderer wird dabei immer als die Rede unterbrechend eingeführt, indem er zu jedem Gliede gleichsam einen Commentar, natürlich in der Hyperbel, giebt. Hüte dich vor den Locken! Er sprach, die Locken sind eine Nacht voll herrlicher Schönheit, Ein hundertfaches Geschmeide, ausgebreitet auf dem Ruhebette. Hüte dich bor der Stirn! Er sftrach, die Stirn ist wie ein Stern. Hüte dich vor den Brauen! Er sftrach, sie sind runder als die Augen. Hüte dich vor der Nase! Er sprach, die Nase ist ein Held. Hüte dich vor den Augen! Er sprach, die Augen sind eine dunkle Nacht; Wenn der Narr sie anblickt, wird er gesund in seinem Verständniß. Hüte dich vor dem Munde! Er sftrach, er ist runder als ein Ring. Hüte dich vor dem Halse! Er sprach, der Hals ist wie eine Flasche, Eine Flasche von feinem Glas, mit kunstvoll geschmückter Oeffnung. Hüte dich vor der Brust! Er sftrach, die Brust ist ein Garten, Ein Garten voll reifer Früchte, jeder Art, jeder Gattung. Hüte dich vor, der Taille! Er sftrach, die Taille, die ist so recht meine Sache; Nenn man die Hand drum legt und zusammenftreßt, so glaubt man ein Nichts zu umfassen. Hüte dich vor dem Leib! Er sftrach, der Leib ist ein feines Gewebe, Glänzend und schillernd wie der Bauch der Schlange. Dialekt der Schumr-Parias. Ihr Typus. 189 Hüte dich vor den Schenkeln! Er sprach, die Schenkel sind zwei Blätter des KadibaumZ *). Hüte dich vor den Beinen! Er sprach, die Beine sind zwei Leuchter. Hüte dich vor den Füßen! Er sprach, dic Füße sind zwei Panther. (!) Endlich rief er ans: das ist ja eine Fülle der schönsten Gemälde! Dieses, sowie alles, was ich von den Schumr hörte, war ganz im Dialekt von Jemen gehalten. Neberhaupt habe ich durchaus keine Spur von einer eigenen Dftrachc der Schumr entdecken können. Dergleichen wird wohl zuweilen behauptet, aber es hat sich mir immer als unstichhaltig erwiesen. Achnlich verhält es sich mit den Physiognomien. Auch in ihnen will man etwas Fremdländisches entdeckt haben. Sie sollen sich dem Negertyftus nähern. Ihre Hautfarbe soll dunkler sein, als die der anderen Araber. Alles dies konnte ich nicht finden. Ich sah zwar auch recht dunkelhäutige Schumr, aber sie waren es nicht mehr, als die Araber, unter denen sie lebten; denn auch die Bewohner des tiefsten Südens von Arabien sind fast schwarz. Die Schumr aus den nördlichen Gegenden aber zeigten eine ebenso helle Haut, wie die dortigen Araberstämme. Zuweilen sieht man wohl etwas gröbere Physiognomien unter den Schumr, als unter den Arabern; aber bis zum Negertypus ist es doch noch weit. Sprache und Aeußeres können uns deshalb nicht leiten, um den Ursprung der Schumr zu entdecken. Die Tradition der Südaraber, daß sie von befreiten Negern stammen, scheint mir durchaus werthlos. Andere halten sie für Abkömmlinge der Abefsinier, die im zweiten Jahrhundert vor Mohammed in Deinen herrschten. Arnaud gar glaubt in ihnen die Ueberbleibsel der nach ihm fast untergegangenen Himyaren zu erblicken, was ganz falfch ist; denn die himyarischen Stämme werden uns vonHam-dani genannt und sind noch heute in Südarabien sehr wohl unter den von ihm angegebenen Namen zu traciren. Sie sind keineswegs untergegangen, sondern bewohnen noch jetzt ihr altes Gebiet, den tiefsten Südwesten Arabiens. Von allen diesen Theorien läßt sich keine einzige beweisen. Das Klügste scheint mir, offen einzugestehen, daß uns ihr Ursprung gänzlich unbekannt ist. Daß sie die Neste eines eigenartigen, nun als Nation unter- *) Die Kadiblätier sind ihrcs Wohlgeruchs und ihrer schönen Form we«eu beliebt, Letztere ist genau die eines wohlffebildeten Schenkels. 190 Ursprung und Name der Achdam. gegangenen Volkes sind, scheint mir annehmbar, obgleich es sich anch nicht beweisen und noch viel weniger bestimmen läßt, was dieses Volk war. Sie sind in Südarabien ungefähr das, was einst die Heloten in Sparta waren. Nun denke man sich die Geschichte Sparta's wäre nicht aufgeschrieben, so würden wir in den Heloten ein ganz ähnliches ethnologisches Räthsel haben, wie jetzt in den Schmnr. Ter Ursprung derAchdäm dagegen scheint mir ein anderer, und nicht auf eine ethnologische Quelle zurückzuführen. Es kommt nämlich noch heutzutage, wenn auch selten, vor, daft ein Araber, nn'ist immer aus der untersten Classe der Städtebewohner, zum Verhältniß eines Chaoem hinabsinkt. Die befreiten Neger werden auch oft in diese Kaste eingereiht, Schimri dagegen wird man nur durch die Geburt. Der Stand der Ach-däm knüpft sich an Gewerbe, die freilich meist auch erblich sind, die aber anch zuweilen von Leuten in die Hand genommen werden, denen sie nicht angeerbt waren. So erzählte mir ein Bewohner des Wadi Do'an, daft dort ein Mensch, Namens Bahadur, sich dem Töpferhandwerk ergeben habe; da dies für unrein gilt, so fank er in ein Paria-Verhältnift hinab, und sein Name „Bahadur" wurde die Bezeichnung für eine Classe von Auswürflingen, welche dasselbe Gewerbe betrieben, obgleich sie keine genealogische Einheit bildeten. Aber dies Verhältniß war von der milderen Art, nicht von jener strengeren Erclusivität, deren Opfer die Schumr sind. Letztere giebt es überhaupt iu Hadramaut nicht. Der Name Achdäm ist gleichfalls außerhalb Jemens nicht in demselben Sinne gebräuchlich. Aber die Sache existirt, wenn auch unter anderem Namen, in ganz Südarabien. Im Lande der Audcli, östlich von Uafsa heiften sie Merafai, Doschau, Bezeichnungen, welche sich auf die Instrnmente beziehen, die sie spielen, denn wo es keine Schumr giebt, versehen die Ach-dam dieses Gewerbe. In der Nähe von Ghoder, Haufttort der Audeli, giebt es ein eigenes Dorf, Mesfegge, nur von Merafai bewohnt. In den Ländern der 'Aulaqi und Wähidi führen sie den Namen „Ahl Hayit", d. h. das „Webervolk", weil sie sich diesem Handwerk hingeben*). Es giebt ganze ^) Hamdani erwähnt, daß uiele Himyaren dem Gewerbe der Weber ergeben waren. Da diese Paria-Kaste im Sarw Madhig, also nahe bei Vafi'a, welches ganz himyarisch ist, wuhnt, so ließe sich wohl denken, daß hier Abkömmlinge jener Himy-aren-Weber seien. Sie werden jetzt übrigens auch run den als QoblM'I lebenden Himyaren verachtet, haben auch alle Ttannneötradiüoiien verluden. Abgabenftciheit der Parias. Ihre Zukunft. 191 Städte von diesen „Ahl Hayik" bewohnt, z. V. die Stadt Nauda zwischen Höta und Habbän. In Hadramaut dagegen sitid cs die Metzger, deren Gewerbe den Namen für die Parias abgeben mußte. Sie heißen dort Zabih (für Däbih), d. h. Schlächter. Die Parias genießen übrigens insofern eine Entschädigung für den socialen Unglimpf, den sie erleiden, als sie gänzlich frei von Abgaben sind. In einzelnen Gegenden von Minen sollen sie zwar nach Nrnand zur Leistung von Frohnden genöthigt werden. Nach allein, was mir bekannt wnrde, sind sie jedoch aller Lasten ledig. Man hält es für Schande, wenn ein Sultan oder Schech etwas von den Achdam erhebt. Im Gegentheil, es gilt für sehr ehrenvoll, dieselben reichlich zn beschenken, besonders wenn sie jemand zu Ehren nnisicirt haben. Bei festlichen Gelegenheiten lieben es die Araber, prahlerische Geschenke zn machen, nnd dieser Brauch kommt den Musikanten sehr zn statten. Namentlich die Hochzeiter werden in Contribution gesetzt. Gin Mann aus Vedä erzählte mir, er habe gesehen, wie ein Chädem einem Hochzeiter Alles bis auf's Hemd abbettelte, und dieser sich schämte, ihm etwas abzuschlagen. Was ist die Znknnft dieser Parias? Sollte es möglich sein, daß Pariagruppen in Folge neuer, durch Zuwächse entstandener Vergrößerung sich siegreich vertheidigten, wohl gar die Offensive ergriffen, so Selbstachtung wieder gewönnen und sich Ansehen verschafften? Diese Frage wurde mir öfter gestellt. Was die südarabischcn Parias betrifft, muß ich sie verneinen. Hätten wir es hier mit „Stämmen" zn thnn, wie in b'entralarabicn, so wäre es denkbar, denn ein Stamm kann sich erncnern, wie Beispiele zeigen. Dort giebt es nämlich wirkliche Stämme von Parias. Die südarabischen Paria dagegen haben jede genealogische Tradition verloren. Sie sind überhaupt nicht direet aus Stämmen hervorgegangen, sondern treten nnr in Verbindung mit städtischem, bürgerlichem Wesen auf. Sie sind gewiß schon in hohem Alterthum als Auswürflinge aus der vcrachtetsten Schicht der Städter hervorgegangen, nicht der freien, ritterlichen, sondern der in Arabien verachteten gewerbcbeflissenen Städter, die selbst schon als ohne StammeZ-einheit und als Unterthanen der Qobäyel (freien Stämme) sehr tief stehen. Nun hat man aber kein Beispiel, daß solche Städter sich ermannt und den Qobäyel, ihren Zwingherrcn, Widerstand geleistet hätten. Wie viel weniger also diese Auswürflinge jener Städte. Die Qobäyel schimpfen die Städter Feiglinge, nnd letztere nennen wieder die Parias Feiglinge, und da diese sich's gefallen lassen, so sind sie doppelte Feiglinge, also jeden Aufschwungs 192 Unmöglichkeit dn Parias sich emporzuarbeiten. unfähig. Es giebt freilich Städter, die selbst Qobäyel sind, aber diese machen mit den anderen Qobäyel gemeinschaftliche Sache in Unterdrückung der städtischen Naye (Unterthanen). Sie üben auch nie Gewerbe aus, sondern sind Krieger. Aus ihnen gehen die Parias nicht hervor. Sinkt ein Mann von den Qobäyel sehr tief, so wird er doch nur Nayc (städtischer Unterthan), nicht Paria. Welch' eine tiefe Stufe vertreten also die Paria, die selbst unter den Raye stehen! Unsere europäischen Begriffe müssen uns hier nicht irre führen. Wir denken an die Association, die unsere Proletarier stark macht. Eine solche kommt aber in Arabien nur bei „Stämmen" vor. Deshalb können sich gesunkene Stämme emporarbeiten. Bei jenen zerstreuten, uneinigen Auswürflingen von Leuten, die selbst schon stammeslos waren, ist ein kräftiges militärisches Bündnis;, den Fall eines halben Wunders vorbehalten, nicht denkbar. Ein südarabischer Paria wird stets Paria bleiben, bis vielleicht einmal der befreiende Einfluß Europa's jenes Land durchdringt, was aber noch gute Weile hat. Zweiter Theil. Geographische Forschungen im nnb über den süd-westlichsten Weil Arabiens. Erstes Capitel. Allgemeines. 1. Zweck und Natur der Forschungen. — II. Meine Informanten. — III. Zustandekommen der Karte. — IV. Itineraries — V. Orographie. — VI. Wädis. — VII. Klima und Vodenerzeugnisse. — VIII. Typus der Bevölkerung. — IX. Ab. stammung der Völker. — X. Sociale Eintheilung der Südaraber. — XI. Bestätigung meiner Erkundigungen durch arabische Geographen. — XII. Ueber den Inhalt des beschreibenden Theils. I. Zweck und Natur der Forschungen. Zu den zahlreichen Lücken, welche die Kunde Arabiens noch aufweist, gehört auch die, deren Ausfüllung durch diese Forschungen angestrebt wurde. Durch Wrede's wichtige Entdeckungsreise ist uns zwar ein Theil des ans Arabische Meer (Indischen Ocean) grenzenden Südarabiens bekannt und so eine Allsdehnung von etwa 2 Längengraden und ebenso viel Breitengraden aus der Masse des Unbekannten gerettet worden. Unerforscht"') blieben dagegen (bis anf die unmittelbare Küste) die Länder *) Die Reise Seetzens durch einen kleinen Theil dieses Gebiets, nämlich das Aobehiland von Aden bis Mocha, hat ein so überaus dürftiges Material geliefert, daß wir wohl den Ausdruck „unerforscht" festhalten können und in Votta's Forschungsgebiet reicht das unserige nicht mehr hinein, sondern berührt nur dessen Grenze. v. Maltza n Rcisc »ach EiidarMc», 18 194 Geographische Erkundigungen bei Arabern. östlich und westlich von diesem Reisegebiet. Hier haben wir es mit dem westlich davon gelegenen zu thun, d. h. mit dem Theil Südarabiens, der sich am Arabischen Meer von Väb el Mandeb bis etwa zu 48« östlicher Länge von Greenwich hinstreckt und im Norden als fernsten Punkt 15" nördl. Breite erreicht. Ein kleiner Theil dieses Gebiets, nämlich der zwischen 46« 40' und 48« östl. Länge von Greenwich und 13° 30' und 14" 40' nördl. Breite gelegene wurde im Juli 1870 durch Mun-zinger und Miles bereist. Ihr Reisegebiet schloß sich im Westen an das Wrede'sche an. Ich war in der Absicht nach Aden gekommen, durch eine größere Reise ins Innere Licht über diesen Theil Arabiens zu verbreiten. Verhinderungen verschiedener Art beschränkten jedoch meine eigenen Reisen auf die Aden zunächst gelegenen Sultanate. Mit diesem Resultat nicht zufrieden, warf ich mich auf ein anderes Forschungsmittel, nämlich auf die Erkundigungen bei Eingeborenen. Man glaubt mit Unrecht, daß die Araber nur falsche Vorstellungen über ihr Land verbreiten können. Hört man freilich nur einen oder zwei Berichterstatter, so mag das Resultat oft sehr irre führen. Zieht man aber gewissenhaft bei einer großen Anzahl Erkundigungen ein, vergleicht und prüft man diese, so ist es fast unmöglich, daß man ein durchaus falsches Bild vom Lande bekommt. Einen Beweis hiervon hat in einem andern arabischen Lande schon der französische General Daumas geliefert. Es ist bekannt, daß er, zu einer Zeit, als nur ein Theil Algeriens unterworfen war, vermittelst eines förmlich von ihm organisirtcn „Lurkau än i-ooliLi-He«", welches von allen nach Algier verschlagenen Eingeborenen der noch nicht unterworfenen Länder-theile ausführliche Berichte über ihre Heimath einsammelte, das dankens-werthe Resultat erzielte, sehr detaillirte und, wie sich später herausstellte, im Ganzen auch überraschend getreue Beschreibungen der großen Kabylie, der algierischen Sahara und anderer damals den Europäern noch unbekannter Districte liefern zu können. Es kam mir seltsam und bedauerlich vor, daß dergleichen noch nie von einem Europäer in Aden versucht worden war. Doch es war versucht worden, aber von einem Araber, meinem Bekannten 'Abd el Veri, dem Amtsschreiber und Astrologen. Freilich nur für einen kleinen Theil meines Forschungsgebiets, nämlich Südyemen, und leider sehr unvollkommen, denn der gute Astrologe hatte sich begnügt, auf die Aussagen von zwei Beduinen hin eine .Karte zu verfassen. Die Karte war natürlich Ein einheimischer Kartograph. Informanten. 195 falsch, aber dennoch hat sie mir genützt, denn ich fand in ihr ein großes Material an Ortsnamen, die ich vielleicht sonst nicht erfahren hätte. Diese Namen dienten mir als Basis zu weiteren Nachfragen, und somit bin ich dem Astrologen für die Erforschung Südyemens zu Dank verpflichtet. Größern Dank fchulde ich den Organen der englischen Regierung, dem politischen Agenten, General Tremendhere, und seinen Assistenten, Captains Prideaux und Miles. Diese interessirtcn sich lebhaft für mein Studium und verschafften mir das Mittel zum Gelingen, indem sie anordneten, daß alle bei der Adener Polizei gemeldeten Araber aus Theilen des Innern, die mich interessirtcn, mir vorgeführt werden sollten. Dadurch allein gelang mir, was sonst nie geglückt wäre, nämlich eine große Anzahl von Arabern befragen zu können. Denn von selbst, auch für Geld, stehen die Araber dem Europäer nicht Rede. Meine Informanten waren aber alle Leute, welche mit der Regierung zu thun, von ihr etwas zu verlangen, zu hoffen hatten, und besaßen so ein Interesse, mich zu befriedigen, weil sie dachten, dadurch bei der Regierung einen Stein im Brett zu haben. II. Meine Informanten. Ich empfing nun während dreier Monate täglich eine gewisse Anzahl von Arabern des Innern. Darunter waren Leute aller Art von den gemeinsten Beduinen, zuweilen selbst Verbrecher, bis zu den Stammeshäup-tern, ja bis zu Sultanen kleiner Duodezstaaten. Waren die Leute gar zu vornehm, wie der Sultan von Laheg und der von Schughra, so transpor-tirte ich mein improvisirtes Nachfragebureau ins Regierungshaus, wo diese Herren die englische Gastfreundschaft genossen. Im Ganzen kam ich mit nahe an hundert Arabern in nähere Berührung. Der Werth ihrer Aussagen war ein sehr verschiedener. Merkwürdigerweise fand ich, daß gerade diejenigen die beste Auskunft gaben, die wenig gereist waren. Sie kannten nur ihr engeres Vaterland und gaben über dieses genaue Berichte, wäh-Nnd die Vielgereisten gewöhnlich Alles durcheinander warfen. Ich wollte eben von jedem nur sein Land kennen lernen, denn fast für jedes selbst noch fo kleine Stannnes gebiet fand sich ein eingeborener Informant. So habe ich denn von den eigentlichen Beduinen und den gemeinen Soldaten einzelner Sultane am Meisten gelernt. Die wichtigsten Nachrichten 13* 196 Verschiedene Auskunftsertheiler. über das so wenig bekannte Audeliland verdanke ich sogar einem berüchtigten Kameeldieb aus Ghoder, von dem ich noch immer bedauere so schnell getrennt worden zu sein, indem leider der bestohlene Heerdenbesitzer nach Aden kam, und mein geschätzter Bekannter, der die Heerde verkauft hatte, flüchtig werden mußte. Ueber den größten Theil von Iäsi'a, dessen verwilderte Bewohner sehr selten nach dem doch so nahen Aden kommen, gelang es mir gute Auskunft zu erhalten und zwar durch einen Trupp Soldaten, der die Geschenke der englischen Negierung für ihren Schech zu holen kam. Die meisten Informanten fanden sich für das östliche Cobehiland, die Länder der Moqatera und Hogriya, deren Bewohner vielfach nach Aden kommen, um dem verhaßten Joch ihrer tyrannischen Eroberer, der Du Mohammed, zu entfliehen, ferner für die Gegenden um Redä^, Gefe, die Stammesgebiete der Hamaida und Ac^di, ^Z deren Angehörigen sich in Aden die Wasserträger recrutiren. Sie gelten in dieser Stadt oft für Du Mohammed, sind aber nur deren Religionsverwandte, d. h. Secten-genossen. Absolut fehlten Informanten nur für die Gebiete der Hauschebi oder Hauwäschib und für das hochgebirgige Ober-Mfi^a. Hier mußten Nachbarn und Neisende ergänzen. Veide Gebiete sind übrigens klein. Unter den gebildeteren Arabern waren nur drei, denen ich werthvolle Auskunft verdankte, unter Anderm und besonders auch in Bezug auf das Ethnographische. Erstens der Sultan von Laheg. Von ihm erfuhr ich den wahren Namen des von Niebuhr und Wellsted so falsch benannten Haufttflusses seines Sultanats und mehr dergleichen. Zweitens ein alter Mann aus Qa teba, ein ganz armer Tabackshändler, aber ein Schnftwisser. Er gab mir besonders über Orographie und Vodencultur seiner Heimath und Nachbarländer werthvollc Auskunft. Drittens ein Kaufmann aus Veda im Rezazlcmde, zur Zeit beeidigter Fruchtmesser in Aden. Er stand mir am Treuesten in allen meinen Nachfragen bei. Ihm verdanke ich eine ziemlich genaue Kenntniß des Rezazlandes, dieses entferntesten Theils meines Forschungsgebiets. Auch muß ich der niederen Vermittlungsagenten mit Dank erwähnen. Diese ^in8ti'^in6utg. vüiorg/, die man sonst kaum allführt, waren mir von einer unbeschreiblichen Nützlichkeit. Unter ihnen ist vor Allen des trefflichen Mohammed Gebeli, eines Gerichtsdieners, zu gedenken. Diesel trommelte mir nicht nur die Widerspenstigen und Säumigen zusammen, sondern machte auch oft den Dolmetsch, wenn die Leute ein gar zu oia- Erster Entwurf der Karte. 197 lettisch undeutliches Arabisch redeten. Auch mein treuer Nubier, Abdul-medschid, bewährte sich hierbei wirksam, indem er stets Kaffee und Delicatessen bereit hatte, um die Durchbrennenden festzuhalten und auch manche nutzliche Frage mit drein that. So ist es oft der „petit manäs", der uns die wichtigsten Dienste leistet, und wir in unserm Dünkel erkennen es nicht an. ill. Zustandekommen der Karte. Mein Erstes war, eine Anzahl von Itinerarien zu sammeln, mir so genau, wie möglich, die Zahl der Wegestunden von einem Ort zum andern sagen zu lassen. Diese war viel leichter zu erkunden als die Richtung. Doch auch für sie gab es Anhaltsftunkte. Alle Araber wissen nämlich, wo die Qible (die Richtung nach Mekka) liegt. Fragt man z. B., welcher Ort liegt von LaheH zunächst in der Richtung der Qible, so antworten sie unfehlbar „Rah'a". Für die Küstenorte war durch Haines' treffliche Karte eine gute Orientirung gegeben. Die nordwestliche Grenze meines Forschungsgebiets, d. h. die Städte Taizz, Damar und Jenm, sind durch Verghaus annähernd bestimmt. Den Gebel Cabr hat Botta besucht. Für Südyemen also waren die besten Anhaltsftunkte vorhanden, für die anderen Länder blieb die Küste. Nur für den äußersten Osten konnte mir Miles' Tagebuch von Nutzen sein. Alles andere mußte aus den Berichten der Eingeborenen construirt werden. Oft waren diese freilich widersprechend. In solchen Fällen ruhte ich nicht eher, als bis eine überwiegende Majorität von Aussagen eine als die richtige erwiesen hatte. Leicht war's, Itincrarien zu erhalten, die von Aden aus gegen Nord, Nordost, Nordwcst liefen, schwerer, verbindende Wege zwischen den entfernteren Stationen dieser Straßen zu finden, uud doch war dies nöthig, um nicht in Bezug auf geographische ^ange auffallend zu irren. So kam denn auf der Basis der Itinerarien eine Conjecturalkarte zu Stande, an der die Berichte der Araber viel feilten und modelten, bis sie zu meiner leidlichen Zufriedenheit dastand. Ich sage „leidlich", denn etwas Vollkommenes wird kein vernünftiger Mensch vom Resultat bloßer Ertun-bMngen verlangen. Denkt man aber daran, daß hier noch ganz jungfräulicher, auf unseren besten Karten blank gebliebener, auf weniger guten durch ein Chaos ausgefüllter Boden ist, so wird man selbst dieser Conjcc- 198 Itimrarim. turalkarte, die auf wohlgeprüften Berichten beruht, nicht ihr bescheidenes Verdienst abfftrechen. IV. I t i n e r a r t e n. Diese enthalten das Material für die Karte, jedoch nicht Alles. Ein Theil desselben findet sich zerstreut bei den einzelnen Ortsbeschreibungen, z. V. da, wo die etwaige Entfernung kleiner Ortschaften vom Hauptort gegeben wird, ein anderer ist unter den Rubriken Bodcnbeschaffenheit, Grenzen, Gebirge, Wadis u. s. w. der einzelnen Abschnitte des beschreibenden Theils zu fuchen. Gegend nordöstlich von Aden. Itm. I. Von Aden nach el Ghoder, vulgo Löder, 7 Tagereisen, 3 in der Ebene zu etwa 10 Stunden, 4 im Gebirge zu 6 Stunden*) (letztere sogenannte 'Acrreisen nur bis zum Nachmittag). 1. Tag Aden nach Vir Nobto 2. „ Vir Nobto nach 'Acala ^ Ebene, Richtung bekannt. 3. „ ^Acala nach Schughra 4. „ Schughra zum Fuß des G. Nachm. N.-O. 5. „ Fuß des G. Nachai nach Ard ed Dian. N.-O. 6. „ Ard ed Dian nach Omm Chodere (in Datlna). N.-O. 7. „ Omm Ehodere nach el Ghoder. N. Itm. II. Aden nach Gible in Datma, 6 Tagereisen in der Ebene zu 10 Stunden, 3 im Gebirge zu 8 Stunden (letztere volle Tagereisen). 1. Tag Aden nach Sebach. 2. „ Sebach nach 'Acala. 3. „ ^Acala nach Schughra. 4. „ Schughra auf den Abhang des G. Nachai. N.-O., etwas mehr O. 5. „ Abhang des G. Nachai nach Hanesch. N.-O. 6. „ Hanesch nach Gible der Hasni in Datma. N.-O. *) Die Gehstunde, von der hier die Rede, und die jKameelgehstunde können nicht größer als zu ^ deutsche Meile gerechnet werden (2 Feu^i-aMos,! Nile» ä. 60 w Itineraries 199 Richtungen von Gible. Richtungen von Ghoder. Südlich Kolaite, Döla. Südlich Onnn Chodere. Nordöstlich Halm Saidi. Oestlich Halm Sai'di. Qible (Mekkarichtung) Ghoder. Ocstlich etwas nach Süd Hafa. Westlich Omin Chodcre. Qible (Mekkarichtung) Veda. Sildwestlich Hanesch.' Westlich Veni Slnnün. Itin. III. Aden nach Vcda über el Ghoder, 8 Tagereisen, 3 in der Ebene zu 10 Stunden, 5 im Gebirge zu 8 Stundeu. 1. Tag Aden nach Gauwela bei Kod nördlich von Bu Nobtu. 2. „ Gauwela nach "Acala. 3. „ °Acala nach Schughra. 4. „ Schughra zum Abhang des G. Nachm. N.-O. 5. „ G. Nachai nach der Grenze von Datma bor Omm Chodere. N.»O. 6. „ Grenze von Datma nach cl Ohoder. N.-O. 7. „ el Ghoder über Tere nach Daher, Qiblcrichtung. 8. „ Daher nach Vedä, Qiblerichtung. Richtungen von Beda. Qiblc-Richtung nach °Omer. Westlich nach Hamekan, Hat, Merfat bis Yafi' a. Nördlich nach Vchän. Nordöstlich mehr Nord nach Meswnrc. Nordöstlich mehr Ost nach Marcha, Vcschblnn, Habban. Itin. IV. Aden nach Qara (Untcr-Mfi'a), 8 Tagereisen von verschiedener Lange. 1. Tag Aden nach Vir Nobto. 2. „ Mr Nobto nach °Acala. ^- „ 'Acala nach Wadi Icäq 6 Stunden. N. Von hieran Gebirge. 4- „ M Icaq nach Hatab 6 Stunden. N. '^- „ Hatab nach Cedara 3 bis 4 Stunden. N. 6. „ Ccdara nach Rauhwa 3 bis 4 Stunden. N. 7- „ Rauhwa nach Serar 4 Stunden. N. 8- „ Serär nach Qara 5 Stunden. N. 200 ' Itineraries Itin. V. Dieselbe Straße nach dem Bericht eines berittenen Couriers in 4 Tagen. 1. Tag Aden nach Chamfer sollen 20 Gehstunden sein. N. etwas O. 2. „ Chamfer nach Hatab „ 9 „ „ N. 3. „ Hatab nach Serär „12 „ „ N. 4. „ Serär nach Qara „ 5 „ „ N. Itin. VI. Aden nach Qära durch das Tiefland von Mfi'a, 9 Tagereisen von verschiedener Lange. 1. Tag Aden nach Sebach. 2. „ Sebach nach "Acala. 3. „ ^Acala nach Dergag 6 Stunden, Qible-Nichtung. 4. „ Dergag nach Mar 4 Stunden. N. 5. „ Mar nach Na ab 4 Stunden. N. 6. und 7. Tag Na ab durch die Wüste der Meschelcsi nach Schewuha 15 Stunden. N. etwas O. 8. Tag Schewuha über Mirza nach Tozze 0 bis 7 Stunden. W. 9. „ ToM nach Qära nur V2 Tag, aber stetes Steigen. W. Richtungen von Qära. Entfernungen von Qara. Qible-Richtung nach Gefe. Qära nach Chulle 1 Tag. Nördlich nach 'Atära, Ober-Yäfi'a. „ „ Scha b 1 Tag. Südlich nach Serär. „ „ Telez 1 Tag. Westlich, etwas südlich nach Chulle, „ „ Serär V2 Tag. Seräfa, Qa teba. „ „ Chere '/2 Tag. Südwestlich nach Tem 1 Tag. „ „ Hommu 2 bis 3 Stdn. Oestlich nach Schab, Nahgi, Daher. Itin. VII. Aden nach Bedn durch das Tieftand von Yäfi'a 8 Tage. 1. bis 7. Tag wie auf Straße VI. bis Schewuha. 8. Tag Schewuha nach Bedä 9 Stunden, stetes Steigen. N.-O. Verbindungsstraßen zwischen den Ausgangspuukten der ersten VII Straßen. Itineraries 201 Itin. VIII. el Ghoder nach Qära durch das Hochland, 4 Tage. 1. Tag el Ohoder über Beni Slnuan nach Ber Qam 6 bis 7 Stdn. W. 2. „ Ver Qam nach Ahl ben Nahgi (obere) 6 Stunden. N.-W. 3. „ Ahl ben Nahgi nach Scha'b' el Yahüd 6 bis 7 Stunden. W. 4. „ Scha'b el Yahüd nach Qära 4 bis 5 Stunden, V2 Tag. W. Itin. IX.*). Veda nach Qära über Medinet Telez, 3 Tage. 1. Tag Vedä über Hamekan nach Hat 5 Stunden. W. 2. „ Hat über Merfat nach Medinet Telez 7 bis 8 Stunden. W. 3. „ Medinet Telez nach Qara 5 bis 6 Stunden. S.-W. Gegend weiter östlich von Aden bis 48° 30" östl. Länge von Greenwich. Itin. X. Aden nach Habbän, 10 Tage. 1. Tag Aden nach Sebach. 2. „ Sebach nach ^Acala. 3. „ 'Acala nach Schughra. 4. „ Schughra nach Seriya^) 9 Stunden, Richtung der Küste O.-N.-O. fast O. 5. und 6. Tag Seriya nach Hauwar 22 Stunden, Richtung der Küste O. 7. Tag Hautvar nach Qulliyc 9 Stunden. N.-O. 8. „ Qulliye nach Mahfed(z) 7 bis 8 Stunden. N.-O. 9. „ Mahfed(z) nach Chabr 6 Stunden. N.-O. 10. „ Chabr nach Habbän 9 bis 10 Stunden, Qible-Richtung fast N. Itin. XI. Aden nach Habbän mit Benutzung des Seeweges. Zuerst Aden nach Bn 'Ali, etwa 80 ^OZi^kiolu Ni1o8. N.-O. zur See. Dann Landweg von V»r Mi nach Habbän, 5 Tage. 1. Tag V,r 'Ali über 'Am nach Sohail 10 Stunden. N.-W. 2. „ Sohail nach Naqb el Hagr 10 Stunden. N.-W. 3. „ Naqb cl Hagr nach Höta 5 Stunden. N. ^) Die Rezaz von Vedä haben mehr mit Medinei Telez zu thun, als mit Qära, deshalb nehmen sie stets diesen Umweg, die directe Straße wUrde gleich von Beda südwestlich gehen. **) Seriya bei Haine's ohne Namen, als ,,ViU»ss« W ^» mountain»" ange? Leben. Lage aber genau. S. Haines Chart ic. 202 Itineraries 4. Tag Höta nach Röda 3 Stunden. W. Röda nach Redeha 3 bis 4 Stunden. W. etwas S. 5. „ Redeha nach Lahi 2 Stunden. W. etwas N. Lahi nach Habban 6 Stunden. W. NV. Diese beiden Straßen nicht nach Bericht der Araber, sondern nach handschriftlichen Notizen von Capitain Miles und Munzinger, die beide Wege Juli 1870 zurücklegten. Richtungen von Habban. Richtungen von Chabr. S. nach Chabr. S. nach Ebene el Monqa. S. etwas W. nach Hauwar. S.-O. nach Haura (Gegend offen bis S.-O. etwas S. nach Haura. Haura). S.-O. nach Naqb el Hcigr. S.-W. nach Hauwar. 0. nach Höta. ' N.-W. nach Yeschbüm. Qible nach Londra. N.-W. nach Nicäb. W. etwas S. nach Yeschbüm. S.-O. nach G. Ncmr ^ . ^ ^ ^ m> ^ ^i «," 5 lehr nahe. S.-W. nach G. Kor j ' ^ Verbindungswege der Endpunkte der Straßen I. (el Ghoder), III. (Beda) mit denen der Straßen X. und XI. (Habban). Itin. XII. Veda nach Habban, direct, 4 Tage. 1. und 2. Tag Beda nach Marcha 17 bis 18 Stunden. O.-N.O. 3. Tag Marcha nach Yeschbüm 7 bis 8 Stunden. O. 4. „ Yeschbüm nach Habban 9 Stunden. O. etwas N. Itin. XIII. el Ghoder nach Chabt, 4 Tage. 1. Tag ei Ghoder nach Demäni 7 Stunden. N.-N.-O. 2. „ Demäni nach Nachai (obere) 7 Stunden. N. etwas O. 3. „ Nachai (obere) nach Hatem 5 bis 6 Stunden. N. 4. „ Hatem nach Chabt 5 bis 6 Stunden. N. etwas W. Itin. XIV. Chabt nach Habban 4 Tage. 1. u. 2. Tag Chabt nach Nicäb 12 Stunden. O. 3. Tag Nicäb nach Hadena 8 Stunden. S.-O. 4. „ Hadena nach Habban 3 Stunden. S.-O. Itimmrim. 203 Itin. XV. Veda nach Behan el Gezab, 4 Tage. 1. Tag Veda nach Mesware 9 Stunden. N. etwas O. (Der Weg ist anfangs derselbe wie von Bedä nach Marcha (XII.), dann N.-W.) 2. Tag Mesware nach Vehan ed Döla 6 Stunden. Qible-Richtung. 3. und 4. Tag Behan ed Döla nach Behan el Gezäb 2 Tagereisen, etwa 14 Stunden. N. Nördliche Straße zur Verbindung von Veda mit Inner-Iemen. Itin. XVI. Bcdä nach Redä°, 5 Tage. 1. Tag Veda über 'Omr nach Taft 7 bis 8 Stunden Qible-Richtung. 2. „ Taft über Melagem nach Blad es Su ad 7 Stunden. N.-W., mehr W. 3. „ Vlad es Su ad über Mancur nach Vlad el Hosain 6 bis 7 Stun- den. N.-W., fast W. 4. „ Blad cl Hosain über Nazir nach Gefe 8 Stunden W., etwas S. 5. „ Oefe nach Reda V2 Tag, 4 Stunden. S.-W. mehr W. Richtungen von MelaZem. N. nach Vehan el Gezab. N.-O. nach Behän ed Döla. O. nach Mesware. S.-O. nach Bedä. S. nach Hat. O. etwas S. nach ^Atära. Wege in der Richtung von Aden nach Can a. Itin. XVII. Aden nach Yenm, 5 Tage. 1. Tag Aden nach Laheg (Hanta) 11 Stunden. Qible-Richtung. 2. „ Laheg (Hauta) nach Räha 10 Stunden. N. 3. „ Naha über Coheb nach Dala 10'/.z Stunden. N.-N.-W. 4. „ Dala nach 'Ädäreb 9 Stunden. N.-W. 5- „ 'Ädäreb nach Yerim 9 Stunden. N. Itin. XVIII. Aden nach Reda (XVI.) in 8 kleinen Tagereisen. 1- Tag Aden nach Laheg. 2. „ Laheg nach Ramla (Wüste) 6 Stunden. N. 204 Itineraries 3. Tag Ramla nach Coheb 6 Stunden. N. 4. „ Cohcb nach Hagfer 8 Stunden. N. 5. „ Hags« nach Schaheri (obere) 7 Stunden. N. 6. „ Schaheri (obere) nach Merrais 5 bis 6 Stunden. N. 7. „ MerraiZ nach Hobeschi 5 bis 6 Stunden. N.-O. mehr N. 6. „ Hobeschi nach Redä' 5 bis 6 Stunden. N. Itin. XIX. Aden nach Redä' mit anderen Stationen, 8 Tage. 1. Tag Aden nach Laheg. 2. „ Laheg nach Vir 'Abd Allah 7 Stunden. N. 3. „ Vlr 'Abd Allah zu den 'Alluwi 7 Stunden. N. 4. „ °Alluwi zu den Schaheri (mittlere) 8 Stunden. N. 5. „ Schaheri nach Qateba 6 Stunden. N., etwas W. 6. „ Qa tcba nach Jazidi 4 Stunden. N. 7. „ Yazidi nach Talab 51/2 Stunden. N., etwas O. 8. „ Talab nach Reda 6 Stunden. N.-O. Itin. XX. Aden nach Qateba, 5 Tage, mit anderen Stationen als XIX. 1. Tag Aden nach Laheg. 2. „ Laheg nach Raha 10 Stunden. N. 3. „ Räha nach Hagfer 9^ Stunden. N. 4. „ Hagfer nach Dala 3V- Stunden. W.-N.-W. Dala nach Gehaf 3'/, Stunden. N.-W. 5. „ Gehäf nach Qateba 6 Stunden. N.-O. Verbindungswege zwischen Dala und Illfsa. Itin. XXI. Dala nach Qara (IV.), 3 Tage. 1. Tag Dala nach Schaheri (obere) 7 Stunden. N.-O., mehr N. 2. „ Schaheri nach Chulle 7 Stunden. N.-O., mehr O. 3. „ Chulle nach Qara 8 Stunden. O., etwas N. Itin. XXII. Dala nach Ober-M'a, 4 Tage. 1. Tag Dala nach Schera 10 Stunden. N.-O. 2. „ Schera nach Rassa 7 Stunden. N. etwas O. 3. „ Rassa nach Gerüba 8 Stunden. N.-O. 4. „ Gerüba nach Möseta 7 Stunden. N.-O. Itinerarim. 205 Von Möseta nach'Atara sollen 2 Stunden sein. Distanzen in Ober-Jaffa sonst nicht genau zu ermitteln. Straßen westlich von Aden. Der Ausgangspunkt ist hier immer Bir Ahmed, Aden gegenüber im Westen der Rhede. Itin. XXIII. Bn Ahmed nach 'Ara, 4 Tage. Küstenweg. 1. Tag Bir Ahmed nach Magher 10 Stunden. 2. „ Magher nach'Atfi 3 bis 4 Stunden. ^ ^ ^„.^ 3. „ 'Atfi nach Tman 6 bis 7 Stunden. ^ng der Küste. 4. „ Turan nach 'Ara^) 10 Stunden. Itin. XXIV. Vir Ahmed nach 'Ara, 4 Tage. Weg durchs Innere. 1. Tag Bir Ahmed nach Mohanneq 5 Stunden. W. Mohanneq nach Fegerra 5 Stunden. W., etwas N. 2. „ Fegerra nach Gharriye 4 Stunden. W., etwas S. 3. „ Gharriye nach Kederc 9 Stunden. W., etwas S. 4. „ Kedere nach Ara 7 Stunden. S.-W., mehr W. Richtungen von Fegerra. Entfernungen von Fegerra. 5. nach Magher. Hegäz 3 Stunden. E.-W. nach 'Atfi. Nega' 3 Stunden. W. nach 'Amuri, Ma mai. Magher 3 V« Stunden. N.-N.-W. nach Hegäz, dicht bei Amuri, ' Atfi 6 Stunden. Haqqat. 'Anteriye 6 Stunden. N.-W. nach Ferscha. Menä«ra 7 Stunden. N.-N.-O nach Rega°. 0. nach Mohanneq. Itin. XXV. Mr Ahmed nach Ta izz durch das Land der Hogriya, 5 Tage. 1. Tag Nlr Ahmed nach Rega' 9 Stunden. W., etwas N. 2. „ Regä° nach Mircad 9 Stunden. W., etwas N. 3. „ Mircad nach'Atüri 4 Stunden. N., etwas W. 4. „ 'Atüri nach Beni Yusef 9 Stunden. N.-W. 5. „ Bmi Yusef nach Ta izz 7 Stunden. N., etwas W. >°) Lage von °Ara bekannt, liegt mn Nuä 'Ara, nur 2 Stunden uoiü Äieer. 206 Itineraries Itin. XXVI. Bn Ahmed nach Mochä durch das Land der Hogriya, 6 Tage. 1. Tag Bn Ahmed nach Rega 9 Stunden. W. etwas N. 2. „ Regä'nach Mabeq 10 Stunden. W. 3. „ Mabeq nach Zazai 3 Stunden. W. Zazai nach Qal'et Moqteri 2 Stunden. W. 4. „ Qatet Moqteri nach Dobhän 41/2 Stunden. N.-W. Dobhän nach Veni Hammäd 4 Stunden. N.-W., etwas W. 5. „ Beni Hammäd nach Schebe 6 Stunden. W. Schebe nach Kedeha 4 Stunden. W. 6. ., Kedeha nach Mocha 9 Stunden. N.-W., mehr W. oder mit folgender Modification: 2. Tag Rega' nach Mircad 9 Stunden. W., etwas N. 3. „ Mircad nach Kähela 3 Stunden. N.M. Kähela nach Doqqa 3 Stunden. W. 4. „ Doqqa nach Dobhän 3 Stunden. W., etwas N. Dobhän nach Veni Hammäd 4 Stunden. N.-W., etwas W. Richtungen von Qal'at Entfernungen von Qal'at Moqteri. Moqteri. 5. nach Chor Amrän. Atüri 7 Stunden. S.-S.-W. nach °Ara. Ibharän 6 bis 7 Stunden. S.-W. nach Bäb el Mandeb. Ma beq 6 Stunden. N. nach Doqqa, Ta izz. Aden 3 Tage. N. etwas W. nach Acabeh. Beni Hammäd 1 Tag. N.-O. nach Kederra.' ' Mocha' 3 Tage. 0. nach Moharrega. Taizz 16 bis 18 Stunden. S.-O. nach Selim. Itin. XXVII. Vir Ahmed nach Ibb durch das Land der Hogriya, 7 Tage. 1. Tag Btr Ahmed nach Regä° 9 Stunden. 2. „ Rega nach Ferscha 4 Stunden. N.-W. Ferscha nach Mircad 4 Stunden. W. 3. „ Mircad nach'Abüs 5 Stunden. N., etwas O. Itineraries 4. Tag 'Abüs nach Heruwa 4 Stunden. N., etwas O. 5. „ Heruwa nach Dimena 4 Stunden. N.-W. 6. „ Dimena nach Qa ida 7 Stunden. N., etwas W. 7. „ Qaida nach Medinet Asfäl 2^ Stunden. N., etwas Medinet Asfäl nach Ibb 51/2 Stunden. 207 Richtungen von 'Abüs. S. Mofälis. S.M. Atüri nach Kahela, Moqteri. W. Doqqa nach Acädch, Dobhän. W.-N.-W. Hatüm^) nach Hagüm, B. Yusef. N.-W. Haküm Zabeiri. N. Dimena nach Ibb. N.-N.-O. Heruwa nach ec Celu. O. Qobeti. Richtungen von Dimena. S. 'Arüq nach 'Abüs. S.-W. Zobeiri nach Dobhän. W.-S.-W. B.Yusef nach V.Hammad. W.-N.-W. Hoqaiba nach Ta iza. N.-W. Cahabän nach Haime. N.-N.-W. Qa ida nach Ibb. N. Nachlän nach Chadra. N.M. Häscha nach 'Auwas. O. Räha. S.-O. Laheg nach'Aden. Entfernungen von Abüs. Mofälis 2 bis 3 Stunden. Haküm 2 bis 3 Stunden. Qobcti 2 bis 3 Stunden. Heruwa 4 Stunden. Hagüm 4 Stunden. Yusefi 4 bis 5 Stunden. Doqqa 7 bis 8 Stunden. Dimena 7 bis 8 Stunden Ferscha 7 bis 8 Stunden. Entfernungen von Dimena. Hocn Scherman 2 Stunden. Vedü 2 Stunden, ec Celü 3 Stunden. Cahabän 3 Stunden. Hoqaiba 4 Stunden. Zobeiri 4 Stunden. Qä'ioa 6 bis 7 Stunden. Haküm 6 bis 7 Stunden. Nachlan « bis 7 Stunden. Ta izz 10 bis 12 Stunden. Kähela 10 bis 12 Stunden. Mofälis 10 bis 12 Stunden. Neqil Semara 10 bis 12 Stunden. Verbindungswege zwischen Ibb, Jenm, und zwischen Dala, Qataba, 'Aliwäs. Itm. XXVIII. Qa teba (XX.) nach Yerm,, 2 Tage. 1. Tag Qateba nach 'Aud 3 Stunden. W. 'Aud nach 'Amar 2V2 Stunden. W. *) Das Gebiet der Halüm lst ausgedehnt. 208 Itimranm. 2. Taa/Amär nach Hobal 5 Stunden. N.-N.-W. Hobäl nach Yerim 2V- Stunden. N. Richtungen von'Amär. Entfernungen von °Amür. S. 'Auwäs. Qa teba 1 Tag. S.-W. Mauya. Yernn 1 Tag. W. Ibb. Rcda N/2 Tag. N.-W. Mmzil. 'Adäreb 2 bis 3 Stunden. N. Hobäl. N.-O. Qo la. O.-N.-O. Qateba. O. Schera. S.-O. Dala. Itm. XXIX. Dala nach Ibb, 3 Tage. 1. Tag Dala nach Häscha 6 Stunden. W. 2. „ Hascha nach Mauya 4 Stunden. N.-W. 3. „ Mauya nach Ibb 5 Stunden. W. Itm. XXX. Dala nach Ibb über 'Auwas, 3 Tage. 1. Tag Dala nach 'Auwas 8 Stunden. S.-W. 2. „ 'Auwas nach Chadra 8 Stunden. N.-W. 3. „ Chadra nach Ibb 5 Stunden. N.-W. V. Drographie. Fünf mächtige Hochgebirge von fehr ungleicher Ausdehnung sind m diefem Gebiet zerstreut. 1) Der Gebel Cabr, schon durch Botta bekannt. Er begrenzt unser Forschungsgebiet nur und zwar im Nord-Westen. 2) Die Iäfs-Berge, der alte Sarw Himyar, die ausgedehnteste Ge-birgsmasse dieses Gebiets. Sie beginnen im Nord-Osten von Aden unweit der Stadt Chamfer. Hier bilden sie jedoch zuerst nur einen länglichen von Süd nach Nord gedehnten Gebirgsrücken, dem im Osten das Tiefland von Mfi'a parallel läuft. In der Nähe von Serar und Qära hört dieses Tieftand auf und die im Norden dasselbe überragenden Berge bilden mit der nördlichen Fortsetzung jenes Gebirgsrückens eine einzige mächtige Hoch-gebirgsmasse, del, Hauptstock von Jafi'a, der in dem unwirthlichen Berg« Südarabischo Hocbgelmsse. 2^9 land Ober-Vasla seine höchsten Gipfel erreicht. Das Land der Nezüz bildet den nördlichen Abfall dieser Berge. 3) Der Gebel Kör, im Osten der Hauptmasse der Mfs-Berge, doch etwas südlicher als diese, so daß er im Westen noch das Tiefland don Nfi'a beherrscht. Er zieht sich als längliche Hochgebirgsmasse von Südwest nach Nordost durch das ganze Land der Audeli: dieselbe Richtung wie die des Gebel Cabr. Seine Ausdehnung ist verhältnißmäßig gering. Sein nördlicher Abfall bildet das Thal des Wädi Mctanet von Nedä nach Vehän. Die Wasserscheide ist hier diel südlicher als in Mla. 4) Der Gebel Qern, im Nordost dieses Gebiet begrenzend, liegt unter demselben Längengrad wie der Gebel Kör, von ihm durch Hochebenen von circa 20 deutschen Meilen Breite getrennt. 5) Die'Anlaqi-Bergr und Hochebenen, welche zusammen früher den Namen Sarw Madhig führten. Sie nehmen (mit Ausnahme des Küstenlandes) den ganzen Osten unseres Forschungsgebiets ein. Der Sarw Madhig bildet in seinem westlichen Theil vorzugsweise Hochebenen, wor-nnter die drei von Marcha, Nicäb und Chabt (Salzbergwerke), die sich zwischen dem W. Hauwär und dem Gebel Ocrn von Süd nach Nord folgen, eine immer etwas höher als die andere. An sie schließt sich im Osten die Hochebene von Habban (nach Munzinger 3000 Iuß hoch) au. Im Norden von Habban bilden Berge von etwa 5- bis l,000 Fuß Höhe die Nasserscheide zwischen den Wüdis Mcfat (Süden) und Gerdau (Norden). Sie sind Ausläufer der 'Aulaqi-Berge. Andere, wahrscheinlich noch höhere ^luMufer befinden sich aber schon im Norden der Wasserscheide und des W. Gcrdän. Das Mittelgebirge erstreckt sich fast durch den ganzen westlichen Theil bes Innern. Aus ihm ragen direct im Norden von 'Aden l^twa tt kleine ^ngereisen nördlich) die isolirten Bergmassen von Kehaf und Merrais empor. Im Küstenland finden sich einzelne isolirte vulcanische Bergmasjen, wie der Gebel Schamscham in der Halbinsel 'Aden, der Oebel Hasan (wit den „^.«808 on!'«") fast eine Wiederholung des ersteren, von ihm uur durch den Hafen von Aden getrennt, ferner Gebcl l^haraz, eine längliche 'solirte Fclsmasse, an der Küste zwischen Bab el Mandeb und Aden, »nd der sattelförmige Basaltberg Gebel Qa ü, i,n Osten vom vorigen, nur durch l'men schmalen Streif sandiger Ebene von ihm getrennt. Diese gehören 'ücht zum „System" der südarabischen Gebirge, sondern sind uur isolnle ?Üi Terrassenförmig Kalksteinber^e. Flußtl-äler. Erscheinungen mitten in der Ebene, die sie da, wo sie nicht an'5 Meer stoßen, auf allen Seiten umgiebt, und hängen nirgends mit den Bergen des Innern zusammen. Im äußersten Osten dieses Gebiets sehen wir die von Munzinger entdeckte merkluürdige Aneinanderreihung viereckiger, wie große Dächer aussehender Kalksteinhügcl*). Ein Theil dieser, der Oebel Dolo, bietet sogar 22 solcher Terrassenfelsen, weshalb ihn Munzinger und Miles die „22 Brüder" nannten. Sie schienen gleichfalls ein „System" für sich zu bilden. Auch hier im Osten ist am Meer ein isolirter vulcanischer Berg, anf dem sich Him Ghorab befindet. VI. Wadis. In diesem ganzen Gebiet ist kein einziger das ganze Jahr fließender Wadi. Außer zur Regenzeit sund zwar nur wenn sie auf vollster Höhe ist) führt keiner sein Wasser ins Meer. Von namhaften Wadis findet sich im ganzen Cobehilande (zwischen Väb el Mandel) und Aden) kein einziger, nicht einmal einer, der zur Bewässerung gebraucht werden kann. Anders ist es in dem Theil nördlich und östlich von Aden. Direct nördlich ist der Wadi Tobban, der oberhalb Lahcg durch Zusauuuenflnß des W. Warczan (vom Gebel Cabr kommend) und des W. Nüra (südlich von Mnm h^i °Nn Schelala entspringend) gebildet wird. Oestlich von 'Aden der W. Nonna, der ganz nahe beiln Quell des W. Nüra, gleichfalls unweit °Am Schelnla, entspriugt. Im unteren Lauf nur ein Paar Meilen ostlich vom W. Bonna der W. Hasan, durch den bei Na ab erfolgten Zusammenfluß der W. Mrämes und Solüb gebildet. Das Tiefland zwischen W. Vonna und Hasan ist die fruchtbare (5bene von Abian, das zunschen W. Jerämes und Solüb der Kaffeedistrict von Vafi'a. wichen lvir weiter nach Osteu, so finden lvir nur ganz kleine Wadis bis zum W. Hauwar, der zwar einen ziemlich langen Lauf hat, übrigens auch uicht mit W. Tobban, Vonna, Hafan verglichen werden kann. Grst im Osten dieses Gebiets finden wir wieder einen reichhaltigeren Wadi, den W. Mefat (Mayfa a bei Wrede). Der zweite W. Mefat, der ein stets fließender sein soll, gehört nicht mehr in unser Oebiet, Von allen namentlich angeführten Wadis 5) Oennu diost'lbcii Hunnen ',cig1 dic ostcifvitliliischc TlNKWl^nstc uui Vnl» cl Klimatisches und Pwdmte. 211 wird nur der W. Hauwar nicht zur Bewässerung benutzt. Alle anderen leisten treffliche Dienste. VII. Klima und Vodonerzeustnissc. Das Klima dieses Gebiets ist ems der gesegnetsten der Erde. Im Tiefland ist oie Hitze allerdings groß. Indeß das Tiefland bildet doch nur einen kleinen Theil des Ganzen. Die mittlere Vcrgesrcgion, welche den größeren Flächeuraum einnimmt, ist durchaus gemäßigt. In der höheren sind jähe Tcmperaturwechscl, aber anch sie ist jedem organischen Leben günstig. Die Temperaturverhalrnisse sind so, daß durch Hitze oder Kälte allein kein einziger Fleck dieses Gebiets unwirthbar oder vegetationslos gemacht wird. Eine eigentliche Wüste findet sich in dem von uns behandelten Theil Südarabiens nicht. Die vulcanischen Felsmassen, die isolirt längs der Küste auftreten, sind allerdings auf ihren Höhen und dem Sturm ausgesetzten Stellen nackt und kahl, weil dort keine Pflauzencrdc haften kann. Aber auch auf vuleanischem Boden bildet sich an geschützten Stellen fruchtbares Erdreich, dessen Ertragsfähigkeit überall da zur Geltung kommt, wo es nicht an Wasser fehlt. Trockenheit und relative Feuchtigkeit, das sind die Factoren, welche auf Thier- und Pftauzcnleven dieses Gebiets einen ungleich größeren Einfluß üben, als Hitze und Kälte. Alles hängt von der Reichhaltigkeit der Niederschläge ab. Reichhaltige Niederschläge bieten aber hier nur die regelmäßigen tropischen Sommerregen. Die unregelmäßigen Ninterregeu können wir als aus der gemäßigten Zone hierher verirrt ansehen. Sie haben hier ganz denselben Charakter, wie au der afrikanischen Küste des Mittelmeers, wie z. V. in Nordägypten, d. h. sie sind eben äußerst unregelmäßig, treten in manchen Jahren reichlich auf; oft vergehen aber auch Mnze Jahre ohne namhafte Niederschlüge. Nach Analogie anderer tropischer Gegenden würde kein Theil dieses Gebiets (das zwischen dem 13« und 15" nördl. Breite liegt) den tropischen Sommerregen entbehren. Loealc Einflüsse bewirken jedoch für das ganze Küstenland eine Ausnahmestellung. Ein Streifen von 5 bis 6 deutschen Meilen Breite, sowohl am Rothen, wie am Arabischeu Meer leidet unter dieser Ausnahmsstellung. Er bekommt nicht die tropischen Sommerregen und ist auf die sehr unregelmäßigen Niederschläge des Winter» allein angewiesen. Die Folge davon ist, daß das Küstenland im Allgemeinen un- 14* 212 Gnflusi der tropischen Negen. fruchtbar bleibt, zwar nicht gewächslos, aber meist doch nlir solche Step--Pengewächse tragt, denen die Feuchtigkeit der Seeluft zu ihrem (Gedeihen genügt und denen der Salzgehalt dieser Luft nicht schadet. In diesen Landschaften blüht deshalb nur die Thier-, namentlich die Kameelzucht, da die Kameele sich auch von jenen Steppenpflanzen nähren tonnen. Die Bodenkultur in dein nicht durch Flüsse bewässerten Theil des Küstenlandes ist eine äußerst spärliche. Ihr Erfolg hängt ganz vom Ungefähr ab. In den Ausnahmsjahren, in welchen die Winterregen reichlich waren, ist fie ebenso gesegnet, wie die des fruchtbaren Innern. Aber durchschnittlich kommen auf A oder 4 Jahre zwei Mißernten. Eine Alisnahme von diesem traurigen Zustand bilden nur diejenigen Küstenländer, welche einen Fluß haben, der in seinem oberen Lauf ins Gebiet der tropischen Sommerregcn hineinreicht und deren Wasser ins Tiefland führt, wo sie durch Bewüsserungsanstaltcn festgehalten und ausgebeutet werden. Solche Tiefländer fiud Laheg (am Wädi Tobbän), Abian (zwischen W. Vonna und Hasan) und im Osten das Thal des W. Mesat. Diese fruchtbaren Küstentiefländer sind reich an Baumwolle, Taback, Indigo und Cerealien aller Art. Die Datteln sind indifferent. Alle Oemüse gedeiheu, aber mir in Laheg sind Pflanzungeu dadon. Ganz anders verhält es sich mit dem Innern. Hier sind die Sommerregen reichlich, schwelleil die Wadis und Sels (Aufstauungen), werden in Birket (Nasserbecken) gesammelt und geben einen Vorrath, der bei rationeller Ausbeutung für das ganze Jahr hinreichen würde. Das Innere ist deshalb dnrchweg fruchtbar. Die Qualität feiner Produetc ist vorzüglich nur durch die Bodenerhebung beeinflußt, denn an Waffer fehlt es nirgends und ein absolut steriles Erdreich'^fmdet sich hier nicht. Das Innere zerfällt klimatologisel) in 1) Tiefland. Die Tiefländer des Innern, wozu wir hier anch jene tiefen Senkungen zwifchcn Gebirgen rechnen, die oft schon in beträchtlicher Höhe über dem Meeresspiegel liegen, aber doch in Bezug auf Vegetation Alles mit Tiefländern gemein haben, besitzen den doppelten Vortheil der Lage an einem Fluß und der tropischen Sommerregen. Sie sind die vorzüglichsten Kaffecdistricte. Was diese Cultur betrifft, fo scheint es hier nicht zu genügen, daß der Boden durch einen Fluß bewässert wird, sondern er muß auch die tropischen Negen empfangen und vor Sturm geschützt sein. Darum tragen selbst die fruchtbarsten Küstenländer wie Abian, Laheg keinen Kaffee. Die Cultur blüht iu den tiefen Sen- Klimawloglsche Mntheikmg. Bevölkerung. 213 tuugen lun W. Warezän lind W. Nnra (Zuflüsse des W. Tobban, an diesem selbst nicht) am obern Theil des W. Vonna, an dem W. Solnb und Veramcs, dies der östlichste KaffeedistrietArabieuö. In der Regel kann man annehmen, daß Kaffee erst 8 dentsche Meilen von dec Küste ^) vorkonnnt. Die mehr sandigen Tiefländer im Norden der Wasserscheide, nnc Vehan el Gezäb und Vehan ed Döla sind durch ihren Reichthum an Dattelpalmen berühmt. Die Qualität der Früchte ist jedoch nicht besonders. 2) Das Mittelgebirge. Anch hier wächst noch Kaffee, wenn auch uicht so viel, wie im Tiefland. Sonst gedeihen hier alle Obstbäume, au denen das Innere besonders reich ist, sonne alle <>ereatien, Taback, Baumwolle, Indigo. 3) Die Hochebenen. Sie sind die Kornkammern Südarabiens, namentlich die Plateans von Räha (im Norden von Laheg) Marcha, Nienb, (5habt im Lande der Aulaqi. Auch hier wird viel Indigo, Taback, Baumwolle erzeugt, Datteln wenige und schlechte. Ein groster Theil dieses frnchtbaren Erdreichs bleibt jedoch unbebaut uud ist natürliches, üppiges Weideland. Die Beuölkernng ist dünn, große ssnltur also kein Bedürfniß. 4) Die Hochgebirge. Auch hier gedeihen noch Kerealien, namentlich solche nördlicherer Länder, wie Hafer, Gerste, und auf den bewaldeten Höhen die nützliche Caatpflanze, deren Blätter gekaut nnd sehr theuer verlauft werden. Der (>aat wächst nicht östlich vom W. Bonna. Vlli. Typus der Bevölkerung. Die Bewohner dieses Theiles von Südarabien unterscheiden sich vielfach von den übrigen südarabischen Völkerschaften, den ssmtral-^amani, den Hadrami, Mahn u. s. w. Letztere sind alle mehr hellfarbig, von größerem schlankerem Knochenbau, schlichterm Haar. Die Völker des tiefsten Südens dagegen sind sehr dnnkelhäntig, oft dnnkler, als viele Abessinier, klein, zier^ lieh; die Gesichter sehr feingeschnitten, oft aber rundlich; der Körper sehnig, mager, graziös, beweglich, aber nicht „knochigstark"; das Haar sehr krans. Ich möchte sie als eine Uebergangsstufe zwischen dem Südaraber und dem ) Dcr Name Mochä's, einer Küstenstadt, welchen um» cincr Kafsccsorle g^l'cü, ist irreführend. In Mochä ist niemals Kaffee gewachsen. Der Name wurde nur deshalb auf den Kaffee übertragen, »veil Mochä viele Jahrhunderte der Hauptplal; ? »ur bei Vuropäcrn üblich. 214 Abstammung der Südarabcr. semitischen Schwarzen (Tigre-Stamm) bezeichnen. Ausnahme von diesem dunklen, fast subäthiopischen Typus bilden nur die aus dem Norden (Can ä, auch schon Damar) oder aus Hadramaut stammenden und viele Scherife. Ein Theil der Aulaqi nähert sich auch dem nördlichern Typus. ix. Abstammung der Völker. Der arabische Geograph Ibn el Hayek el Hamdäni nennt nus viele der dies Gebiet noch heute bewohnenden Stämme. Danach zu schließen must die Mehrzahl derselben Himyaren sein. Unzweifelhaft ist diese Abstammung bei den'Abdeli, Fodli, Rezüz, Dicbi, Iäfsi und Cobehi. Die Qumusch (Qomcschi), Audeli und Hogriya schreiben sich in ihren Traditionen denselben Ursprung zu. Die Ga da nennt zwar Hamdani nur als einen von dm ?)äfsi adoptirten Stamm, nicht selbst himyarisch, aber ste sind so vielfach mit jenen vermischt, daß sie Himyaren geworden. Wahrscheinlich ist ein Theil der 'Aulaqi (die jetzt noch den Sarw Madhig bewohnen) vom Madhegistamm, hat sich aber anch mit Himyaren (Audeli, Diebi, Qumusch) vermengt. Die Mzidi im Norden dieses Gebiets dürften Kiuda scin. Die Bewohner der Umgegend von Reda und Gefe werden iin Volksmund als Beni^Ans bezeichnet. Das große Ansitische Gebiet beginnt in der That nördlich vom Lande der Rezäz. Nach den Genealogen gab es ."» Himyar, einer dom andern stammend und jeder einem himyarischcn Geschlecht im weitern, engern und engsten Sinne den Namen gebend. Der allgemeine Stammvater war Himyar*) ben Sabä. Dcr zweite Himyar war Sohn des Sabä el Acghar ben Lo-hi'a ben Himyar ben Saba. Nach 8 Generationen kam dann Himyar ben el Ghaut ben Sa d. Seine Nachkommen allein sollen die eigentliche himy-arische Sprache geredet haben. Der vernünftige Ethnograph wird die Mühe sparen, zu untersuchen, von wem dieser 3 Himyar obige Völker stammen. Er wird alle diese Stammväter lediglich als Symbole auffassen. Das Symbol, welches dem Namen Himyar zu Grunde lag, hat möglicherweise folgende Bedeutung. Das Wort stammt von einer Wurzel, welche den Begriff von „roth sein" in sich schließt. „Roth" nennt man auch hente noch in Südarabien, ebenso wie in Abessinien, jene dunkle tiefbraune, manchmal aber einen fuchsigröthlichen Reflex zeigende Hautfarbe sowohl ") Iacüt cd Wüstcnseld -«I v«o«-m tzünyar und u,ä vucmn A^bah. Socmle Unterschied!,' in Südcnaoien. 215 der jetzigen Himyaren, wie der Völker dun Tigre. Möglich ulso, daß der Name von einer Hautfarbe kommt. Gab es wirtlich einen Stammvater Himyar, so hatte auch er wohl seinen Namen von der Hautfarbe. Man denke bei dieser Hautfarbe nur nicht an eine Vermischung mit Negerblut. Eine solche wird bei den freien Stämmen (und das find die Meisten Himyaren dieses Gebiets) streng vermieden und gilt für entwürdigend. Auch ist das Colorit durchaus nicht das mulattische. Ich brauche wohl kaum zu sagen, daß das Klima bei dieser Farbe ohne Einfluß ist. Die Völker von Mfi'a, die ein kühles Bergland bewohnen, find eben so dunkel, oft dunkler, als die tiefländischen. Sie sind eben unzweifelhaft reine Himyaren. Vermischung mit Negcrblut kann in Städten vorkommen. Ill unsern: Forschungsgebiet haben wir es nur nut einer einzigen städtereichen Landschaft, der Gegend um Taizz zu thun, deren Bewohner zwar auch Himyaren, aber mit fremdem Blut vielfach vermischt sind, wie es die lockeren Stammesbande der Städter mit sich bringen. x. Sociale Gintheilung der Südaraber. Die Centralaraber werden gewöhnlich in socialer Beziehung in zwei Hauptclassen getheilt, nämlich „Beduinen" und „Städter". Erstere sind Nomaden, letztere seßhaft; erstere frei, kriegerisch, bewaffnet und fast ohne alle Negieruug, letztere Unterthanen eines Fürsten, oft unkriegerisch; erstere halten streng auf Stammestraditionen, letztere haben sie größtentheils verloren oder besitzen nur Familienstammbäume. In Südarabien ist diese Benennung für die zwei socialen Hauptmassen nicht statthaft. Die freien Stämme, sind hier nur zum allertleinsten Theile Nomaden. Sie sind meist auf dem Lande, oft aber auch iu Städlen seßhaft. Die Lebensweise haben sie also nicht mit den centralarabischen Beduinen gemeinsam, wohl aber die kriegerischen Eigenschaften, die Freiheit und die Stammesreinheit. Sie selbst nennen sich Qobayel^), ein Wort, das ursprünglich zwar nur der Collectiv von Qabila (Stamm) ist, aber w:e viel umfassendere Bedeutung erlangt hat, als sein bunion uniwtil-!, '") ^lach diesem Wurt wurde in Algerien, sch^n seit der ersten Eroberung durch Araber, die berberischc Beuölterung benannt, die als frcic Stämme lebte. Die freien Araber, die im 11. Jahrhundert kamen, nahmen deshalb einen andern Namen für „Stämme" an. Sie nannten die Stämme "Orusch lThron, Wohnsitz) um mcht für Berber zu Men, 216 Freie Stämme und Unterthanen. welche» letztere man fast nur von dm Gelehrten hört. Qobäyel heißt zugleich „freie Stännne" und „Republik". Ich hörte es fast immer in diesem Siun gebrauchen. Es kann aber auch, vermöge der Erweiterungsfähigkeit aller Colleetivbegriffe eine „Bnndesgcnossenschaft" etwa „Eidgenossen" bedeuten. Die Nisba „Qobaili" ist hier nicht üblich. Der einzelne bezeichnet sich entweder als „einer von den Qobäyel" oder er erlaubt sich die grammatikalische Licenz und nennt sich selbst geradezu „Qobayel". Da Qobäyel ursprünglich eiufach „Stämme" heißt, so töuntc man denken, daß das Wort auch auf solche Stammescinheiten angewendet wurde, welche ihre Freiheit eingebüßt haben. Logisch und lexikalisch vollkommen richtig. Der Volksmund braucht es aber niemals so. Qobayel schließt stets den Begriff von „frei" und „kriegerisch" in sich. Unterthanen eines Fürsten sind nie Qobäyel und bildeten sie auch die reinste, edelste Stammeseinheit. Man gebraucht in solchen Fällen andere Wörter, wie 'Aschüra (großer Stamm) und Fachlda (kleiner Stamm), die nicht nothwendig den Begriff „Freiheit" in fich schließen. Die Beduinen in Südarabien sind nur ein Bruchtheil der Qodäyel. Eiucn socialen Unterschied bezeichnet dies Wort hier nicht. Sie bilden die ärmeren Stämme der Qobayel, die durch die Dürftigkeit ihres Bodens zum Nomadenleben gezwungen werden. Sie wandern übrigens stets nur auf sehr beschränktem Raum. Sie sind meist roher, wilder, auch oft schlechter bewaffnet als die anderen Qobäycl, sonst aber diesen vollkommen ebenbürtig, ebenso frei, ebenfo kriegerisch. Die zweite sociale Hauptclasse der Südaraber sind die Raye. Dies Wort bedeutet, recht bezeichnend, hier zugleich Gefangener und Unterthan, d.h. aber stets im Sinne despotisch beherrschter Unterthanen. Die Raye find alle seßhaft, theils auf dem Lande, theils in der Stadt. Die tiefste Stufe nehmen die Städter ein, weil sie der unmittelbaren Ausübung des Despotismus örtlich näher sind. In einigen wenigen Staaten dieses Gebiets, wie in Laheg und im Amirland sind alle Bewohner Raye und der Fürst ist dann ihr Herr. Diese Raye, namentlich die Landbewohner, stehen dann nicht so tief, weil sie bewaffnet sind. Der Fürst macht sie zu seinen Söldlingen. Auch die Bauern dürfen mit Waffen auf's Feld gehen. Da, wo der Fürst nur militärischer Führer ist, sind jedoch die Qobäyel, d. h. die ganzen Stämme die Herren der Raye. In diesen Ländern giebt es ein zweifaches Rayeverhältniß. Das eine entsteht durch Eroberung ganzer Landschaften, wo dann alle Bewohner Bevorzugte Stände und Parias. 2l7 Unterthanen des erobernden Stannnes lverden. Der militärische Staunn der Du Mohammed übt feine Herrschaft durch geineine Soldaten aus, derm er in jedem Dorf einige, oft nur eineil läßt, welcher der absolute Herr der Bevölkerung ist. Kommen Kameraden von ihm, so theilen fie mit ihm die Herrschaft. Hier ist also die Herrschaft der einen Race über die andere, eine Art von Helotenthum. Anders ist das Nayeverhältniß in Städten mit einer Civilbevöltcrung, welche im Gebiet der Qobäyel liegen. Deren Bewohner bilden keine Stammeseinhcit, sondern sind oft Fremde, Arbeiter, Handwerker, die sich freiwillig unter den Schutz der Qobäyel gestellt haben. Sie werden milder behandelt, als die besiegten, stehen aber social womöglich noch tiefer, da sie eben niemals Krieger gewesen sind, auch gar nicht mit Waffen umzugehen wissen. Jeder kleine Knabe der Qobäyel sieht sich als den geborenen Herrn solcher Städter an. Außer diesen zwei socialen Hanvtclassen giebt es noch kleinere sociale Fractionen, die tiefer, als die Naye stehen, d. h. mehr verachtet werden, obwohl sie rechtlich kaum tiefer stehen können, denn der Naye ist den Qo-bayel gegenüber ja schon rechtlos. Diese sind die Juden nnd die beiden Paria-Kasten, Achdam und Schumr. Von diesen 3 blassen war schon oben ausführlich die Nede^). Es giebt aber auch zwei bevorzugte Fractionen, welche in der öffentlichen Meinung sogar höher stehen, als die Qobäyel, obgleich fie nicht kriegerisch sind. Dies sind die Scherife, die angeblichen Nachkommen des Propheten, und die Meschaich, die Nachkommen von Heiligen. Von letzteren giebt es ganze Stämme, die zwar nnbewaffnet find, aber doch nicht belästigt werden. Von Scherifen giebt es auch ganze Dörfer. Ich fand jedoch, daß die Qobäyel von den Meschaich oft mit Geringschätzung sprachen, während sie vor den Scherifen stets die größte Ehrfnrcht an den Tag legten. Im Ganzen kann man behaupten, daß in »venig Ländern der Erde die socialen Abstufungen schärfer geschieden sind, als in Südarabien. Kommen Südaraber znsammen, so sind stets die Ehrenplätze scharf marlirt. Die allgemeine Eintheilnng ist dann ungefähr folgende: 1) Scherif, rein religiöser hochgeachteter Grbrang ohne Macht. 2) Der Schech oder Sultan, der militärische Chef der Qobäyel, als Vertreter von deren Machtstellung. 5) Siehe oben Erster Theil, Capitel 20 —2l Seltc 173 bis 192. 21k Rangstufen. Arabische Geographen. 3) Die Meschaich, ein mehr geduldeter religiöser Erbrang ohne Macht. 4) Die Qobäyel, die wahren Machthaber. 5) Die bewaffneten Naye, meist Bauern. Existiren nur iu einigen Staaten als Södlinge der Fürsten oder der Qobayel. 6) Die unbewaffneten!)iaye, meist Städter, Handwerker, Kaufleute:c. 7) Die Achdam, die bessergestellte Pariakaste. 8) Die Schumr, die Verachteteste Pariakaste, li) Die Juden. Letztere drei Classen sind von den Häusern der Araber ausgeschlossen. In einzelnen Staaten sollen die reicheren Kaufleute eine Mittelstellung zwischen der 3. und 4. Rangelasse bilden. Alles dies beruht jedoch anf Duldung der Qobäyel. Sklaven werden hier sehr wenige gehalten. Wo es vorkommt, sind sie meist bewaffnet und bilden eine Garde des Fürsten. Sie nehmen dann den Nang der bewaffneten Naye an. Zu Paria sinken sie nur selten herab. XI. Bestätigung meiner Erkundigungen durch arabische Geographen. Bei der großen Masse des von mir erkundigten geographischen Materials und dem vielen Neuen, welches dieses bot, mußten mir natürlich oft Zweifel kommen, ob nicht meine Informanten mich getäuscht hätten. Eine Controlc aus Werken europäischer Reisenden konnte ich freilich nicht finden, da eben, außer Sechen sdcr einen sehr kleinen Theil dieses Gebiets, das Cobehiland, durchreiste) keiner dort gewesen war. Zum Glück aber fehlte es mir nicht an einer Controle. Der Oute des Hrn. Prof. Sprenger verdankte ich einige Auszüge aus dem einzigen ausführlichen arabischen Werk über dieses Gebiet, nämlich Hamdäm's^) „Geziretel'Arab" und zum Ueberfluß fand ich von diesem in Europa nur einmal vorhandenen Manu-seriftt eine zweite Coftie in Aden. Nun denn; in diesem vor fast 1000 Jahren geschriebenen Buche (Hamdäni lebte um 935) fand ich zum großen Theil dieselben Städte, dieselben Wadis unter denselben Namen an den- *) Das Manuscript in Europa gchört dcm Hrn. <5H. Schefer, das u> Ädcn Capita» Miles. Vcide weichen Uielfach in der Vocalisation von einander ab, vocalisircn übrigens bcide oft unnchtia., anch die diacntischcn Pnnkte sind oft in beiden falsch. Diese Fehler corrigirtcn nur arabische Gelehrte. Aufklärung entstellter Namensangaben. 219 selben Stellen erwähnt, wo sie mir meine Informanten genannt hatten. Selbst die Stämme haben in dieser langen Zeit ihre Wohnsitze fast gar nicht verändert. Manche haben andere Namen angenommen, aber die Tradition hat doch nebenbei oft auch die alten im Gedächtniß bewahrt. Im beschreibenden Theil, ebenso im Namenregister am Schluß, wird bei jedem Namen, den auch Hamdüni anführt, dessen Schreibart beigefügt. EZ ward mir in dieser Beziehung sogar eine merkwürdige Ueberra-schung. Bekanntlich hat Sechen, auf seiner Neise durch das Cobehilaud, dort weder einen Wadi, noch ein Dorf, noch einen Unterstamm notirt. Nach meinen Informanten waren aber im Lande eine Menge namentlich bezeichneter Oertlichkeiten. Sollte dieser Uebcrfluß von Namensbezeich-uungen nicht auf Schwindel beruhen, besonders da der einzige Europäer, der seit Lodovico de Barthema diesen Küstenstrich durchreift hatte und noch dazu ein sonst sehr tüchtiger Forscher, dort gar kein nennenswerthes Material fand? So klangen meine Zweifel. Aber mit Unrecht, denn wie ich nieinen Hamdäni ausschlug, fand ich genau die von meinen Informanten im Cobchiland angegebenen Oertlichkeiten unter genau denselben Namen. Die Namen im Hamdäni hatten freilich oft Copisten entstellt, aber das Nichtige war stets leicht zu entdecken, da die Fehler sich nur auf Verstellung der diakritischen Punkte grüudeteu. So stand z. B. im Manuscript ein Ort Mohayeq, ein anderer Mahdaha, ein dritter Hegär. An eben derselben Stelle aber nannten mir meine Informanten Mohanueq, Mcg-daha und Hegaz. Bei allen drei handelte es sich nur um falsche Punk-tmmg, wie jeder Arabist erkeunen muß. Aehnlich steht in beiden Marm-scrifttcn ein W. Berämes, während hier nur ein W. Perämes bekannt ist. ^ud so in unzähligen Beispielen, die an Ort und Stelle zu citiren. Ich kann nicht geimg die guten Dienste rühmen, welche mir Hamsun's „Geznet el 'Arab" leistete. Es diente mir nicht allein zur Controle des schon errungenen, sondern gleichfalls zur Erlangung neuen Materials. Ich fand nämlich darin auch mauche Namen von Oertlichkeiten, von denen meine Informanten noch nichts gesagt hatten. In solchen Fällen frug ich sie nach denselben, hütete mich aber wohl, ihnen die von Hamdäni angegebene Lage zu sagen. Diese Lage wollte ich von ihnen erfahren. Und siehe da! fast immer nannten sie nur genau die in der Handschrift bezeichnete Lage der Oertlichkeit. 220 Zur BosäMbung Südarabimö. Nächst Hamdani kann Ibn el Mogäwer^) hier uon Nntzen sein. Tic Namen sind freilich bei ihm noch mchr entstellt. Aber es ist zu bezlueifeln, ob er diese Reisen gemacht hat. Sonst würde er Megdäha^), das östlich von Hicn Ghorab liegt, nicht westlich dawn angeben. Die übrigen arabischen Geographen und namentlich die vielcitirten Edrisi, Abu 'l Iedä, ))ä-qut wissen so gut wie gar nichts über dies Ländergebiet. XII. Ueber den Inhalt des beschreibenden Theils. Der beschreibende Theil behandelt nur die von mir genauer erkundigten oder selbst bereisten Länder, also das Land östlich von Hicn Oho-rab bis Bab el Mandeb und etwa bis 14<> oder 15« nordl. Breite. Die BreitenauZdehnung sim geographischen Sinne) variirt. Im Durchschnitt kann man 2 Grade von der Küste ins Innere annehmen. Die Beschreibung beginnt am westlichsten Ende des erkundigten Gebiets und schreitet von West nach Ost uor, doch so, daß jedes Mal alle westlich gelegenen Länder erst in der Richtung von Süd nach Nord behandelt werden, ehe zu der östlichen übergegangen wird. Meine eigenen Reisen habe ich hier mit eingeflochten, da ja auch sie entweder bisher gar nicht oder nur ungenügend beschriebene Gebiete behandeln und dieser ganze Theil des Ncisewerts dem bisher Unbekannten gewidmet ist. Die Quelle, ob eigene Beobachtung, ob Information, findet an Ort und Stelle jedes Mal Erwähnung. *) Abhandlungen der deutschen M. G. Band III, Nr. 3, Sprenger's 'Post und Reiserouten im Orient, S. 151. 55) A. a, Ort. S. 145. Zweites Capitel. W ä h i d i - L ä n d e r. >. ^lamc. — II. Geographische Lage. — III. Das Land der Unteren Wähidi. — ^. Gränzen. — N. Seehäfen. — l!. Gebirge. — IX Wadis. — 1^. Klima und Vodcnerzengmsse. — !<'. Bewohner. — 6. Städte und Ortschaften. — II. Alter-thinner. — 1. Große zehnzeilia,c Infchrift von Ghorab.—Ucberselzunci, — 2, Zweite Inschrift. — 3. Dritte Inschrift. — .1. Politisches. - IV. Das Land der Oberen Vnhidi. — ^.. Grenzen. — tt. Gebirac. - s), Wädis. — I). Klima und Boden-erzeussnisfe. — tl Bewohner. — 1^. Städte und Ortschaften. — Preise der Lebens-N'ittel in Hul'bün. — tt. Altcrthünicr. — Inschrift von Nagb el Ha^r. — Ueber-seljunq. — II. Politisches. — .1, Sociale Zustände der Wcihidi, I, Nam e. Dcr Nanie Wähidi ist ursprünglich nicht der eincs Stammes. Man 5nnn auch jetzt kaum Uon Wähidi-Tribus reden, wie Wellstcd "') gethan hat. Wrede hat schon auf diesen Irrthum aufmerksam gemacht^''). Dennoch geht Nrede zn weit, wenn er ihn ausschließlich auf die Dynastie angewendet wissen will. Der Name ist freilich ursprünglich nnr dynastisch, ") Bei Ritter, Erdknnde XII, S. 624. ^) Vrede's Reise in Hadhramant, S. K!^. Hier fasst mich Wrede, Wcllsted !"hre eitlen Stamni Beni Ghoräb an. Dies wäre allerdings eine tomische Oberflächlichkeit, denn Ghoräb ist nur der Name eines Schlosses, und nach einen, solchen U'ivd sich wohl taun, ein Stamm, am wenigsten mit Vein davor, nennen. 223 Die beiden Wahidi-Staaten. ähnlich wie die Bezeichnungen vieler anderer Völkergruppen, wie ^Aulaqi, Fodli, Rezäz, Amir, 'Abdeli u. s. w. Alles dies sind Namen von Dynastien, die oft mit dem Volke, das sie beherrschen, gar nicht stammesverwandt sind, aber sie sind einmal gang und gebe geworden, um damit eine Gesammtheit kleinerer, oft genealogisch keineswegs zusammengehöriger Stämme zu bezeichnen, deren Herrschergeschlecht jenen Namen führt''). II. Geographische Lage. Die Wähidi-Länder bilden mehr zwei Gruppen, als ein homogenes Ganze, das nur durch Grenzen in zwei getheilt wäre. Sie grenzen nur nominell aneinander, denn zwischen beiden wohnt ein Theil des unruhigen Diebi-Stammes, über den die Sultane wohl die Autorität beanspruchen, aber nicht ausüben. 1) Die Gruppe der Unteren Wähidi wohnt am Meer vom 48" bis 46«30^*) östl. L. v. Gr., unter 14" norol. Br. Dies Gebiet reicht nördlich von der Hauptstadt kaum zwei Stunden ms Innere. Dann kommen schon unabhängige Stämme. Am untern Lauf des Wadi Mef'at sind zwar die Dörfer dem Sultan unterworfen, das Land aber ist frei. 2) Die Gruppe der Oberen Wahidi^). Von 47" bis 4? °4lV östl. L. v. Gr. und von 14°20' bis 14"58' nördl. Br. ^) Dies ist nicht bei allen siidarabifchen Aolkergruppen der Fall, sondern nur bei solchen, die in Staaten, meist neuerer Entstehung, vereinigt sind, welche der uralten Stammcszusammengehörigkcit nicht mehr entsprechen. Völker, wie die Ms^i, Audeli, 'Aqrabi, Cobchi, Hauschcbi, Hatmi, Pazioi, haben ihre alten Namen behalten. Ihre Herrscher find auch uralt angestammt. **) Ich muß darauf aufmerksam machen, daß alle diese Oradbestimmungen ungefähr find. Die Erkundigungen gaben keine absoluten Angaben. 555) Munzinger und Miles haben durch genaue Wegmessungen bewiesen, daß Wellsted Nuqb el Hngr viel zu weit don der Küste uud viel zu nördlich angesetzt hatte. Daher der Irrthum unserer biäherMN Karten (Kievert, Wrede), wonach Habbmi und das ganze obere Wahidi-Laud zu weit nördlich uud auch zu sehr östlich angegeben wurden. Wrede sagt nämlich nichts davon, daß das Wähidi-Land sich so weit nach Westen erstrecke, wie es nach Wunzinger der Fall ist, und dasz Habbän selbst gan', im Westen liegt. Das Land der Unteren Wühldi. 223 III. Das ttand dcr Unteren Wahidi. ^. Grenzen. Im Süden das Meer, im Westen lind Nordwesten die DM, im Norden nnd Osten das Biläd el Hagr snniibhängige Qodäyel). fl. Seehäfen. Eine einzige Bai von etwa zehn Seemeilen Länge nnd zwei Breite mit zwei Ankerplätzen, B?r Ali, nur im Summer, und Megdäha, nnr im Winter sicher. Sie bilden zusammen einen sogenannten Monsnnhafen, d. h. die Schiffe müssen je nach dem Winde den Ankerplatz wechseln nnd sich in den Schutz, bald des östlichen, bald des westlichen Vorgcbirgs begeben. Gefährlich sind die Plötzlichen Umschläge des Windes, jedoch mehr für große Schiffe mit schweren Ankern. Die arabischen Saya's können schnell Anker lichten nnd die Stelle wechseln. Vn' Ali besitzt eine elwa^ tiefere Buchl, die aber doch beim Wintermonsun nicht sicher genug ist. C.. Gebirge. Dieser kleine Küstenstaat hat keine namhaften Verge, sondern nur größere dnlcanische Felsen nnd Ielsgrupprn, wie den Fels, auf welchem Hicn Ghoräb liegt. Sie sind isolirt nnd stehen mit den Bergen des Innern nicht im Zusammenhang. Der GcbelHamrä, westlich vom W. Mefat, liegt schon nußerhulb dieses Gebiets. D. W ä d i s. Anßer dem Wädi Mesial, der aber schon an oer Grenze ganz im Westen liegt, ist hier kein Fluß. Anch dieser westliche Wädi ist nicht perennirend, doch gelingt es, dnrch Aufstauungen das Wasser einen großen Theil des Jahres festzuhalten. Gr reicht in seinem oberen Theil ins Gebiet der tropischen Summcrregen, gehört also zu den befrnchtenden Wadis. Du' andere Wädi Mesat^), im Osten, liegt schon außerhalb der Grenzen *) Ich habe nicht ergründen können, o1> es wirklich richt!« ist, daß diese bcidm ^^ädis, die sich so imhc lieqci,, aber so grundl'l'rschicdcn sind, deüselbon Flamen füh l^'», wie ^^iedc jcnst, mid wie liiich iiu Qainüs stchl'u soll. ucht.) Dcr östliche hoissi übrigens auch nach Wrcde iniv in seinem Tieflauf so, i>,i Dl'erlluif heißt er ii!). Hligr. Miles scizzte niir, man schreibe den Mmm jelzt nicht >"chr mit 'Ain, dieser Buchstabe sei mich in der Aussprache gar nicht zu cntd«lett. ''lllsu bloß Mesat, nichi Mrf'at oder Älaifa'a, wie er früher jedenfalls hieß. 224 Das Land der Unterm Wahidi. dieses klemm Staates, aber nicht weit davon. Er soll da» ganze Jahr Wasser haben. Wrede hält ihn für den Prion des Ptolemäos. Ich glaube mit Recht. In diesem Gebiet befindet sich auch ein Binnensee^), unweit der Küste, aber durch vulcanische Felsen von ihr getrennt. Er ist von Mau-grove-Waldungen umgeben nnd soll sehr tief sein. N. Klima nnd Vodenerzeugnisse. Das Klima ist ganz dasselbe, wie das von 'Aden. Das Land ist unfruchtbar, da es eben ein Küstenland und als solches nicht die allein hier Fruchtbarkeit spendenden Sommerregen hat. Steppengewächse, Dom-palmen, wenig Datteln. Eine Ansnahme bildet das Thal vun Mefat, welches aber nur indirect hierher gerechnet werden kann. Der W. Hagr im Innern gegen Nordosten, aber außerhalb dieses Gebiets, ist reich an Datteln. 1^. Bewohner. Die Diebi, der mächtigste Stamm dieser Gegend, sind dem Sultan nicht unterworfen. Ihr Haufttstock hat zwar sein unabhängiges Land, westlich vom westlichen Wädi Mefat, aber sie überflnthen stets das Wahidi-Gebiet. Außer ihnen wohnen in der Gegend von Megdäha noch die Vä Dobez und Bä Dibiän, doch auch sie sind dem Sultan taum unterworfen. Diese Stämme kann man nicht Wähidi nennen. Dieser Name gebührt hier nur der directen llnterthanenschaft des Snltan, d. h. den Städtern und Dorfbewohnern. (x. Städte und Ortschaften. Bir Ali nud Megdäha, beides Hauptstädte nnd zugleich die einzigen Städte des Snltanats, das erstere im Westen, das andere im Osten der Bai gelegen und etwa zehn Seemeilen von einander entfernt. Der ') Es ist mir nicht recht klar, wo dieser See liegt. Haines (bei Ritter Xls, 022) beschreibt ihn schon, giebt ihm aber die Lage bei ni^n Ghuräb, während meine Informanten ihn in die Nähe von Mcgdaha versetzten. (5iner dieser Informanten war ein Engländer, Dr, Millingen, Arzt in iiirkischen Diensten, der mit der türtischen Mission 1870 Mendäha besuchte und den See dort in der Nähe gesehen haben wollte. Auch hatten Munzinqer nnd Miles, die in Hic,n Ghorab waren, dortgar nichls von einen: Eee in der Nähe ssehört. Tb es nicht vielleicht Wei Seen giebt? Alterthümer in Him Ghorab. H-^5 Umstand, daß Bir Ali im Sommer, Megdaha im Winter der sichere Hafen ist, hat auf das ganze Dasein der Bevölkerung eingewirkt nnd beide Städte, trotz ihrer örtlichen Entfernung, eigentlich zu einer einzigen geinacht. Denn der größte Theil der Bewohner, ebenso der Sultan und die Negicrung, leben, im Sommer in Vir Ali, im Winter in Megdaha. In der ihm ungünstigen Jahreszeit ist jedesmal das eine Hafenstädtchen verlassen. Einwohnerzahl beider Städte zusammen: höchstens 400. Frequenz des Hafens: monatlich etwa drei Saya's (Schiffe von 20 bis 100 Tonnen mit lateinischen Segeln). Außerdem besitzt der Sultan eine Saya. Einziger Exportartikel: Datteln ans demNädi Hagr, meist für Rechnung des Sultan, der selbst Handel treibt. Die Ortschaften imW. Mefaterwähnt Wredc. (a. a. O. S. 159 u. f.) kl. Alterthümer. Bei Bir'Ali anf einem Felsen altes himyarisches Schloß, Hicn Ohorab*) (gewöhnlich „Nabenschloß" übersetzt, richtiger „das schwarze Schloß", denn Ohoräb heißt im Dialect „schwarz"), wahrscheinlich das alte ,,(^N6 emporium", größter Hafen zur Zeit des himyarischen Reichs. Hier finden sich vier him. Inschriften, die große zehnzeilige und drei kleinere, deren eine deutlich den Namen „t.'a.n6" nennt. Die große zehnzeiligc Inschrift steht anf einem Felsstück ganz dicht am Boden und ist ziemlich schwer zu finden. Dr. Millingen, der kurz vor Mnnzinger dafelbst war, konnte sie gar nicht entdecken. Mnnzinger nnd Miles haben 1870 die ersten guten Coftieen der vier Inschriften gemacht, die alteren von Hulton imd Smith waren fehlerhaft."^) Sie sind bis jetzt (Anfang 1873) noch nicht veröffentlicht '^). Ich habe sowohl M i l es', als M unzi n ger's Copieen verglichen nnd danach übersetze ich. *) Ibe Mogawcr (Sprenger's Post- und Reiserouten S. 145) giebt die Küstenorte von Ost nach West an, uennt aber fehlerhaster Weise Hicn cl Ghorab vor Megdaha. Er nennt ersteres das Schluß des Juden Samuel ben Adiya! **) Aber doch noch lange nicht so reich an Fehlern, wie die Wcllstcd'scheCopie der InschM uon Nagb cl Hagr. Professor Nö dig er hat die Lesart oon Hulton und ^niith in seiner Ausgabe von Wcllsted's ^'eiscn wiedergegeben und danach nbci> setzt. (Rüdiger in Wellsted's Ncise Theil II, S. 355, 359.) Diese Ncbrrsetzung hat Ritter abgedruckt (Erdkunde XII, S. 31!)). ***) Sie wurden der Deutjchen Morgcnl. Gesellschaft mitgetheilt und diirftcn im Laufe des Jahres 1873 erscheinen, d. h. i,n licrspätetcu Jahrgang der Zeitschrift für 1872. v. Walh a n, Ni'ise nnch Südaravicn, l5 22 (i Oruße Inschrift von Hicn Ghuräb. Erste große zchnzeiligc Inschrift: Zeile 1. Samika und Aschwa und feine Söhne Sarahbel Aitlnol und Maoikarib Ja tor, Sohn der Velhayat. Zeile 2. Die Göttin begnadige Kolan undDi Iatan und Laden und Sarqan und Hab und Iat'on Zeile 3. und V^'schar nnd Jarz und Makrab und ^Aqhat und Vc-zäyan und Jalaleo und Ghaiman und Jasb Zeile 4. und Labh uud Gadayan und Kazzan und Nachlt und Lardan und Qablan und Scharlay und die Söhne des Mall), Zeile 5. sowie ihre Stämme nnd Hacat und Alhan und Selfan und Dciyfatan und Niah und Rotban und Motlefan Zeile 6. und Säklan und Zoqrat und die Steppen, wie die Weideplätze der Schaiban. Diese ganze Ncihe (don Männern) schrieb sich auf dieser Tafel ein Zeile 7. Zum Andenken an ihren Sieg und die glückliche Nmktehr zu ihrer Heimath (eigentlich zn ihren Gürten), ihre Heimkehr und ihre Wanderung, Zeile 8. weil sie von ihr (der Gottheit) Hülfe erhielten, als sie zogen ins Land Habesch und machten die Habeschi zn Sklaven Zeile 9. im Lande der Himyaren, alö im Kampf überfielen Himy-a'r's König und seine Fürsten die Schwarzen^). Zeile 19. Und die Zeit (das Datum) war der Sonnnermond des Jahres 642. Offenbar handelt es sich hier um einen Fcldzug der bei „('ans" wohnenden Himyaren nach Abcssinien, worunter wir jedoch nicht einseitig das heutige Habesch, sonderu auch die Somali-Länder zn verstehen haben, die im Alterthum mit in Habesch inbegriffcn waren. Der Golf von Aden vermittelt noch heute vielfache Verbindungen zwischen dieser Küste und dem Somali-Lande. ") d. h, die Nbessinier. Wörtlich sieht zwar „die Nöthen" Mmarlm) nl>cr als „roth" wird noch hcutc lind wurdc' stct.6 die hautfavlx- der Messiniev bezeichnet, weil sie l'l'en nicht ganz schwm-z, sondern duütcll'rann mit röthlichcni Reflex ist. Regierung der Unterm Nähidi. 227 Zweite Inschrift ^m'er ganz kurze Zeilen): Marthad, Sohll des Ans, schrieb seinen Namen ein (folgen undeutliche Zeichen, wahrscheinlich Jahreszahl). Dritte Inschrift (2'/2 Zeilen): Zeile 1. Said Abrad, Sohn des Malschan, am Verge, Zeile 2. der beim Aufsicht von Eane liegt, schrieb sich ein Zeile 3. zum Gedächtnis; des Sieges. Die vierte Inschrift enthält nur zwei Namen. Man sieht, es handelt sich hier nm Einschreibung von Eigennamen an einem wahrscheinlich geheiligten Orte, ähnlich wie die Inschriften am Sinai nnd in Abu-Simbel, und wie sir noch hente bei Orientalen Sitte sind. So sieht man z. V. in der Hcma'Tnlun in Eairo die ganze Wand mit Neinen arabischen Inschriften bedeckt, welche nichts weiter aussagen, als „N. N. Sohn des N. N. verrichtete hier seine Andacht." .I. Politisches. Sultan Hadi, b. 'Add Allah, el Wahidi, Beherrscher der Unteren Wähidi, Vetter deS Sultans der Oberen Wahidi, in dessen Lande er übrigens auch eine gewisse officiclle Stellung, etwa die emes Prinzen von Geblüt hat. Tiese lommt natürlich nur dann zur Geltnng, wenn er sich in Habban oder Höta befindet, wo er ein Haus bescht. <^r fiudet sich aber nur sehr selten dort ein, wohl nur bei Thronwechseln, um mit der zahlreichen Sippschaft die Nachfolge zu berathen. Gr ist fehr arm nnd machte los. Sein einziges Einlommm bildet die Erportgebühr (fur Dattelu) und der don ihiu selbst betriebene Handel. So unbedeutend seine Herrschaft, so ül't er doch die Vefugnisse der höchsten Souveränität, indem er auch das Kanzelgebet auf seinen Namen I^gen läs;t, wie ein vollkommener „Beherrscher der Glänbigen." Or und "lle Unterthanen sindf"übrigens Sehafei. Zaidi i>n Lande gänzlich unbe-lannt. In: Jahre 1870 war Sultan Hadi nahe daran, seine Häfen Mr ^lli und Megdaha) an die Türken abzutreten. Es fand sich ninnüch eine türkische Erpedition ein, welche angeblich Quarantäne-Anstalten errichtn sollte nnd ihr Ange auf Btr'Ali geworfen hatte. Sie besaß Empfehlungen des Orostscheriss von Mekka, die von den unabhängigen Araber- 15* 228 Das Land der Oberm Wähidi. fürsten (d. h. nur von Sunniten) stets sehr hochgehalten werden. Dem Sultan Hadi wurde geschmeichelt, ihm große Geschenke, Orden u. s. w. versprochen, wenn er seine Häfen zur türkischen Quarantänestation hergeben wolle. Seine Souveränetät, so hiest es, solle unangetastet bleiben. Letzteres war natürlich eine leere Floskel, denn, waren einmal türkische Truppen hier, so war's vorbei mit Sultan Hadi's Macht. Der bethörtc Mann hatte sich wirklich beschwatzen lassen. Zum Glück für ihn konnten die Engländer diese türkische Machterweiterimg nicht dulden. Sie machten ihm noch zur rechten Zeit Vorstellungen, und so wurde er von diesem Schritt abgebracht, der ihm vielleicht den Nischall eingetragen, sicher aber sein Sultanat geraubt hätte. Er soll übrigens jetzt die geistliche Autorität des Großsultans anerkannt haben. iv. Das Land der Oberen Wahidi. ^. Grenzen^). Durchaus Binnenland, grenzt im Süden lind Südosten an dieDiebi, im Südwesten all die Unteren, im Westen an die Mittleren lind im Nordwesten lind Norden an die Oberen ^Aulaqi, im Osten au freie Stammcs-gcbiete, die Vü No man und das Mao el Hagr. I). Gebirge. Im unteren Theil des Landes, und zwar nur in der östlichen Hälfte, lange leihen dachförmiger Kalkstemhügel oder Tafelberge, worunter der Gebel Dölo, eine Gruppe von zweumdzwanzig solcher Verge, von Miles „t^vent^ t^0 drot^kl»" (zwciundzwanzig Brüder) benannt. Gebel Dölo liegt östlich von Naqb el Hagr und Höta. Richtung Südost nach Nordwest. Der westliche Theil des Landes ist hochgebirgig und reiht sich dem System des Sarw Madhig an. Im Süden der Hauptstadt Habban, die auf einem 3000 hohen Plateau liegt, Gebel Kam (nicht der große G. Kör) und im Südostm Gebel Ghait Nimr, d. h. der Pantherberg, nach den hier massenhaft hausenden und sehr gefährlichen Panthern benannt. Im Nordeil von Habliän höhere Gebirgskette, auf 6000' geschätzt, woruuter der Gebel Tüil, höchste Spitze. Richtung Südwest nach Nordost. 5) Geographische Lage nach Graden schon ot'cn (zweites Cap. II, 2 Seile 222) üngegcl'en. Das Land der Owm Wähidi. 22V 0. Wadis. Itn Südeit der Wasserscheide, welche die Berge nördlich von Habban bilden, nnd dein arabischen Meer zufließend, der Wädi Mefat. Er kommt ans der Gegend südlich von Habban, fließt östlich bis Nöda, wo er den von Norden kommenden W. Salman aufnimmt, dann südöstlich an Höta vorbei nach Naqb el Hagr, wo er sich mit dem kleinen W/Ecnn vereinigt und dann südlich ins Meer. Nördlich von der Wasserscheide nnd dem Oebel Tüil der W. Gerdan fließt nordöstlich gegen Hadramaut zn, das er aber nicht erreichen, soudern sich vorher im Sande verlieren soll. O. Klima nnd Vodenerzengnissc. Der südöstliche Theil dieses Gebiets, nm Naqb el Hagr und Höta gehört klimatisch noch dem Küstenlande an. Hier ist alles, was nicht durch den W. Mesat nnd seine Seiteuflüßchen bewässert wird, Wüste. Die sehr engen, von jähen Kalksteinfelsen umgebenen Flußthäler tragen meist Dattel-Palmen (in großer Menge, Qualität mittelmäßig) nnd Cerealicn. Der mehr binnenländische gebirgige Theil des kleinen Staats ist fruchtbar, weil er-die tropischen Sonnnerregen hat. Producte: Durra, Dochn, Weizen, Taback, Indigo, Vaumwolle, wenig Datteln. Outer Viehstand: Ziegen, Schafe, Kameele, Hornvieh in geringer Zahl, aber doch viel Mehr, als int Tiefland, wo es fast ganz fehlt. Viel Vutterbcrcitung. N. Vcwohn'cr. Um Nagb el Hagr, (5ean und bis nach Höta hinauf nomadisiren noch Diebi. Oestlich von Höta die Vä No man. Tie anderen Stämme sollen ursprünglich Madhig sein, werden aber jetzt nnter dem gemeinschaftlicheil Namen Wahidi begriffen. Außer den Städtern, Juden uud Parias sind nlle Bewohner Qobayel (freie Stämme). Die Pariakaste heißt hier Ahl Hayel (Webervolk) und lvohnt in eigenen Städten lind Dörfern, in denen l's sonst keine Araber giebt. 2W Hauptstadt der Oberen Wayidi. ?. Städte und Ortschaften. Habbän, Hauptstadt, nach Miles'^ init etwa' ^00N Einwohnern, liegt in weiter, hügelig gewellter Hochebene mit Gebirgen im Süden nnd Norden. Sechs Moscheen. Keine Stadtmauern. Zwei große Nacht-thürme an beiden Enden der Stadt, jeder mit fünf Mann Garnison. Jedes Hans ist Festung- Thnrm- und Citadellenartig, oft fünfstöckig, im unteren Theil ohne Fenster, welche erst in der Höhe von zehn bis zwölf Fuß vom Boden beginnen. Jedes Stockwerk hat seincu besonderen Namen: Parterre Süd, erster Stock Bet, zweiter Stock Fadli, dritter Stock Oinnn, vierter Stock Mechaddem, fünfter Stock und Dachterrasse Rem. Anf dein Nem Zinneil und Schießscharten. Der zweite Stock, Fadli, ist in vornehmen Hänsern Empfangsort. Der Harem in die höchsten Stockwerke verbannt. In Habban leben viele Juden, die ein eigenes Viertel bewohnen, auf tausend Seelen geschätzt. Nahe bei Habban, in einem Felsthal, sind eine Menge hebräischer Inschrifteil, alle nur Namen enthaltend, wie „Möschech, Sohn des Izchat" n. s. w., vielleicht Andenken an einen ehemals hier gelegellen Friedhof. Preise der Lebensmittel in Habban. Für einen Vtaria-Theresien-Thaler tauft man nach Miles in Habban ! l0 Hühner, ^/2 Keln Weizen, 4 Kela Durra, 10 Sir Vntter, 1s> Sir Kaffee. Der Sir ist ein nach schwerer Silbermünzc benlcssciles Oewicht^^). In Habbnn wiegt er nur dreizehn Mana-Theresien-Thaler, während der Adener Sir gleich ist. Vieh ist selten und theuer. Höta, zweite Hauptstadt uud Sil; der meisten Mitglieder der fürstti-cheu Familie, am VereinigunMmnlt zweier engen Thäler, am Fuße terrassenförmiger Kaltsteinfelse» auf beschränktem Raum gelegen. Miles giebt ihm l»W0 Einwohner. Keine Mauern. Aber alle Hänser Festungen, dai> nnter ein Schloß Sultan Hädi'ö von Vtr 'Ali. ^) Ich jhcilc nur solche Notizen aus Milcs' TlMbllch uni, welche rv nich< vcr-öffcutlichi hat. Nur diejcnMtt Notizen, bei welchen europäische OewnlMniänncr ausdrlicklich genannt sind, stammen von solchen. T>ic anderen oon Nral>cr», Das Meiste liber dac; Wähidiland stanont aus den Berichten vm: Arabern nus Hadvaimmt. '^) Man vergleiche das oben (Erster Theil, Vierzehntes Capitel, Handel von Massauwa Gewichte, Seite 110) über daL oftafrikanischc Notl Gejagte. Städte Alterthümer dcr Oberen Wahidi. 231 (herdan, am Wadi gleichen Namens, zluei Tagereisen nordöstlich von Habban. Soll eine große Stadt sein. Von hier ans Verbindungen mit dem eigentlichen Hadramant über W/Amd llnd Haura. Nöda, Stadt am W. Salmän zwischen Habban nnd Höta, ganz von Ahl Hayek (Pariakastc) bewohnt. Nnßcr ihnen sind hier nnr noch 5 Me-schaichfamilien (Nachkonnncn von Heiligen). Amagin soll eine große Stadt im Norden des Landes in der Gegend von Gerdän sein. Nur Araber wußten etwas von ihr. Redeha l kleine Dörfer zwischen Nöda und Habbän in fruchtbarer Lahi / Oegend. Lolidra, kleines Städtchen im Nordwesten von Habbän in gebirgiger Gegend (nach Munzinger nnd Miles). 'Ecän, Ortschaft im gleichnamigen Wädi bei Naqb cl Hagr. (^. Alterthümer. Naqb el Hagr am W. Mef'at, altes himyarisches Castell, von großen, sehr soliden nnd kunstreich bearbeiteten Werksteinen gebaut. Auf einer der höchsten Stellen der Schloßmauer befindet sich die berühmte Inschrift, mit schnhlangen Buchstaben") geschrieben, die Wellsted^) znerst, aber fast unleserlich copirte. Miles erzählte mir etwas Vemerkenswerthes in Bezug ans die Inschrift. Gr fand nämlich in der Nähe des Schlosses mehrere zerstreut liegende, große Werksteine, anf welchen einzelne Wortfolgen oder ganze Nörterreihen, die sich auch in der Hauvtinschrift finden und gennn von demselben Maß und derselben Form, eingegraben waren, mir daß der letzte Buchstabe jedes Mal entweder ganz falsch war oder doch cinen Smlpwrfehler enthielt. Er schloß deshalb mit Recht, daß dies verunglückte Inschrifwerfuche^) seien. Man scheint also die Steine erst ^) Tic Cculpiur ist »ach Milcs vicl kmistl'ollcr, als dk' der Inschrift von °^) Well st cd M kurzsichtig »Miosm sm>, wic nnr (5api<än Atilcs sligic, nnd, ^a dio Inschrift schr hoch l'vttt Erdboden ist, su crtlärt dies wohl dic grüßen MänM seiner (snpir, ''^) Achnlichcs findct sich auch i,i Bczug auf ymNM'ifch^ Pvonzcinschrift^l, So crhiclt Pastur Kirk in Adcn jlnnist 2 Vronzciasc!», dcrcn oinc gcnau die 2 crslon Zeilen dcr andern 8,^ilil;cn unl'dcrgab nnd sonst l'lant u,ar. Abcr dcr lctzi«,' Buchstabe war falsch. Man hatte die Inschrift deshalb nicht lUl^eschriclicn, aber doch sorgMig auch daä fehlerhafte Fragment vcrivahrt. 232 Inschrift von Naqb el Hagr. beschrieben zu haben, ehe man sie dem Bau einfügte. Merkwürdig ist, daß diese Steine hier in nächster Nähe des Schlosses, wo sie fast den Weg versperren, so viele Jahrhunderte so ganz unversehrt liegen blieben. Ich kann mir das nur durch einen Aberglauben erklären, der allem Geschriebenen eine geheimniß volle Bedeutung beilegt. Talismane! Dieser Glaube lebt noch heute in Arabien. Miles nnd Munzinger haben mir beide recht schone nnd deutliche Copieen dieser Inschrift gegeben, die gleichfalls (wie jene von Him Ohorab) noch ihrer Veröffentlichung entgegen sehen. Wellsted's Copic war so grundfalsch, daß keine danach geinachte Uebersetzung einen Begriff vom Inhalt giebt. Ich wage mich nach Miles Copie an folgende. Inschrift von Naqb el Hagr. Zeile 1. Ibsal, Sohn des Schagb, hat errichtet die Baute im Wädi^) Mesat und einmeißeln lassen die Steine; als ein mächtiges Werk, eine heilige Schlchwehr, hat er diese Vante, dieses Haus hingestellt. Zeile 2. Und er hat eingetheilt (d. h. in Vewässerungsdistricte) diesen Wädi von seinen fruchtbaren Pflanzungen bis zu den spärlicheren, und hat ernannt zum Statthalter des Wadi (seinen Sohn Tadqayds). Die Beziehung auf den W. Mefat, die übrigens auch schon Rö-diger erkannt hat, ist jedenfalls unzweifelhaft, was auch sonst in der Uebersetzung gefehlt sein mag. Wie wir in der 3. Inschrift von Him Ohorab das Wort „Cane", so finden wir auch hier nach aberlansend Jahren den alten Namen der Localität, der in diesen: Falle auch der heutige ist. Dies ist gewiß werthvoll. II. Politisches. Sultan Ahmed, ben Hadi, el Wähidi, Fürst des Oberen Wahidi, übt zwar officiell die höchste Macht aus, ist aber in Wirklichkeit ein sehr ohmnäch- "> Das Wort Gana entspricht i» sein« Bedeutung „Gärten" etwa dem, was man heut zu Tage mit einem Bewässerung spendenden Wädi ausdrückt, welches Wort ja nicht „Fluß" allein, sondern „Flußthal", namentlich ein fruchtbares sagen will. (5s ist das, was die Spanier „In>,«'<^" nennen im Gegensatz zu „Lenn^o". tza-leuy übersetzt wie ich höre, dieses Wort „Castell" und hält es flir identisch mit „Qal°a", jedenfalls sehr einladend, denn wo ich noch dies Wort fand, paßt immer Halcoy's Bedeutung, doch weiß ich nicht wie dies sprachlich zu rechtfertigen. Der Sultan der Obcrm Wahidi. 233 tiger und dabei fast bettelarmer Häuptling. Die Qobayel (freien Stämme), lvelche den bei Weitem grüßten Theil der Bevölkerung ausmachen, erkennen in ihm nur für deu Kriegsfall ihr militärisches Oberhaupt, vor dein fie übrigens fehr wenig Respect haben, denn er ist ja nicht selbst ans den Qobayel hervorgegangen, sondern ein Fürst mehr uach bürgerlich-staatlichen Begriffen, was die Qobayel immer gering schätzen. Nebenbei ist er ein Städter nnd als solchen trifft ihn doppelt die Verachtung der Qobayel. Er kann sie weder richten, noch besteuern. Er muß sie vielmehr noch dnrch Geschenke ködern, damit sie ihn wenigstens in den Städten herrschen lassen. Sein ganzes Einkommen geht so auf. Von den Naye (städtischen Unterthanen), den Inden und Ahl Häyek (diese Pariakaste ist hier ausnahmsweise besteuert) erhebt er zwar '/4 Maria-Theresia-Thaler für jedes Ka-Meel, V« für jede Kuh, '/1« für jeden Esel jährlich, außerdem von den Juden ein Kopfgeld, sowie deren Branntweinsteuer, ferner noch die Markt-gebühreu, die auf 500 Maria-Theresia-Thaler jährlich geschätzt werden, aber auch dies (Held muß er noch mit der Megles theilen, einer Notablen-Versannnlnng, ans den Scherifeu, den zahlreichen Prinzen und den Häuptlingen der Qobayel bestehend, ohne deren Einmischung und Billigung er selbst über seine Raye (Unterthanen) nicht die Herrschaft ausüben kann. Von seiner Armuth erhielt Miles einen drastischen Beleg, indem er zu-- sah, wie der Sultan selbst am Brunnen Wasser schöpfte, weil er keinen Männlichen Dienstboten hatte. Als Munzinger und Miles in Habban waren (Juli 1870), mußten sie ihm wiederholt Trinkgelder geben, weil ^' sie sonst nicht bewirthen kouute. Der Sultan bettelte übrigens nicht geradezu, wie manche andere kleine Snltane. Auch behandelte er sie gut ^nd schützte sie gegen den Fanatismus der Städter. Sie hatten nicht genug Mb bei sich, um ihn so zu belohnen, wie sie es gewünscht hätten, und luden ihn deshalb ein, nach 'Aden zu konnueu, mn sich den Nest zu holen. Dies that er wirklich, machte zn Fuß die für seiu Alter doch beschwerliche Neise, um 5»0 Maria-Thcresia-Thaler in Ompfang zu nehmen, ^mig nach unseren Begriffen, aber für ihn ein Capital! Trotz dieser factischen Machtlosigkeit des Sultans, wird doch die Fic-uon, als ^s ^ „Beherrscher der Gläubigen", aufrecht erhalten, wie das Kanzrlgebet, dieses Symbol der höchsten politischen wie religiösen Autorität, öklgt, welches hier auf den Namen von Snltan Ahmed gehalten wird. 234 Gesellschaftliche Rangstufen. 1. Sociale Eintheilungcn dcr Wähidi. Wie überall in Südarabien, so sind auch hier die Rangstufen der verschiedenen soeialen Classen scharf geschieden. Der Sultan steht nicht auf der höchsten, sondern die Schcrifc oder Sud (beides hier ganz gleichbedeutend^), Nachkommen des Propheten). Er mns; dor einem Scherif anf-stchen und sein Oesicht mit dessen Händen in Berührung bringen, nicht znm Kuß, dcr bei Scherifen nicht nöthig, sondern zu dem abergläubischen „Veriechen der Hände", weil diese einen „Geruchs) dcr Heiligkeit" aus-duften. Die Scherife haben auch überall den Ehrenplatz vor dem Sultan. Folgendes sind die Rangstufen, wobei man sich immer vergegenwärtigen mnsi, daft es sich hier nie um „persönlichen" Rang handelt. Ein folcher kann nur die erste Stellung innerhalb dcr eigenen Classe geben, aber nie über eine höhere Classe emporheben: 1) Scherife oder Sud. 2) Dcr Snltan und die Prinzen. 3) Meschaich^) (Nachkommen von Heiligen). 4) Die vornehmeren Kaufleute. 5) Die Qobayel, wozu hier auch alle Soldaten gehören. s,) Die Städter und Ackerbau treibenden Landleute, hier Towcn genannt (dasselbe was in Acgypten Fellah heißt). 7) Die Ahl Hayel (Pariakaste; die andere Pariataste, die Schumr, cristircn hier nicht). Sie dürfen in Moscheen, nicht aber in die Häuser dcr anderen Araber kommen. 8) Die Juden. 5) Jene Vemcrtung Wrede's, daß man einen Unterschied zwischen Scherif und Siid mache, das; crstereL die Nachkommen Hasan's, lehtevcä die Hosains bezeichne» fand ich nicht bestätigt, Wrcdc nennt anch einmal einen Scherif „Halnb" und hält dies für einen Eigennamen, „Halnb" sssremid) ist aber Titel nnd !Mlz gleichbede» tend init Echeeif nnd Tiid. ^") Auch von Wrcde in Lhurebe cnuähnt. Wrcdc' s Neise in Hadhramant, Note 9<», Seite 2^^, ^"°) Auch Dernwisch Diebiland. in Grenzen. Im Süden das Arabische Meer. Im Westen die Qumüsch, welche nominell unter den Unteren 'Aulaqi stehen. Im Norden das Land der Oberen Wähidi. Im Osten der Wadi Mesat, wo die Städte den Unteren Wahidi, das Land aber größtentheils anch zerstreuten Stämmen der Diebi gehören. IV. Seehafen. Die kleine Stadt Haura hat mir eine versandete Nhede, ans welcher sehr selten, vielleicht jährlich ein Dntzend Mal, Schiffe (arabische Saya's) ankommen und Datteln einschiffen. v. Gebirge. In: Osten durchzieht das ganze Gebiet von Sud nach Nord der Gebe! Hamra, der rechts vom W. Mesat liegt. Höhe etwa 4000 Fuß. Der mittlere und westliche Theil des Gebiets ist iheils Hügelland, theils Hochebene. VI. Wadib. Der W. Mesat taun nicht mehr zum engern Diebilaud gerechnet werden. Dieses besitzt keinen einzigen nenncnswerthen Wadi. Von Hcmra in nordöstlicher Richtung soll sich zwar bis nach Chabr ein offenes Thal hinziehen, das wahrscheinlich einen Gießbach enthält, der aber nur selten Wasser führen kann, da er schon ganz im Süden der Zone der tropischen Regen liegt. Ueber seinen Namen konnten Munzingcr und Miles, als sie in Chabr waren, nichts erfahren. VII. Klima und Vodenerzeugnissc. Durchaus Küstenklima, nur auf die Prekären Winterregen angewiesen. Die unmittelbare Küstengegend ist großen Theils sandig. Hier wachsen Dattelpalmen, Früchte mittelmäßig. Fast das gauze Gebiet ist steppen-artiges Weideland, nnr für Kameelzucht geeignet, welche hier trefflich gedeiht. Wenig Cercalien, Dnrrn, Dochn, Mseweli (rother Dochn), die aber nur nach ausnahmsweise!! Wintcrregen eine Ernte geben. Stämme der Diebi. 237 Vlii. Stämme. Das ganze Land ist von einer comftacten Stammesgruftpe beluohnt, alle Diebi. Von anderen Bewohnern, bürgerlichen Städtern, Parias n.s.w. hörte ich nichts. Die Diebi zerfallen in folgende Unterstämme, welche mir einer ihrer Häuptlinge aufschrieb, und deren Namen ich hier mit Wrede'Z Notizen über diesen Stamm vergleichend znsammcnstelle. 1) 'Azemi (bei Wr/Ademi). 2) Solemani (ebenso bei Wr.). 3) 'Muwi oder Ahl 'Ali (bei Wr. nicht genannt). 4) 'Ngari (bei Wr. nicht genannt). 5) Ba Sauda (bei Wr. nicht genannt). s>) Vä Hamedi (bei Wr. el Ahinedi). 7) M'Äuci (wohl nicht Wrede's Bä Wada?). 8) Te,nesä/i (fehlt bei Wr.). 9) Hazchüri (fehlt bei W r.). 10) Sabchani (fehlt bei Nr.). Wredc führt außerdem noch einen Stamm „Salemi" an. Er kennt übrigens im Ganzen nm 5 Stämme nnd da deren von ihm angegebene Wohnsitze sämmtlich außerhalb"') des engern Diebilaudes gelegen sind, so ist anzunehmen, daß er von letzteren nichts erfahren hat. Die Stämme, welche Wredc nennt, gehören also streng genommen nicht hierher. Es stnd vom Hanptstock abgetrennte Glieder. Ziehen wir sie von der obigen Stämmezahl ab, so bleiben mir 7 Stämme und das stimmt genau zn den Angaben der Mehrzahl meiner Informanten, welche aussagten, daß das eigentliche Diebiland nur sieben Stämme habe. Die Bä 'Auci wohnen bei Haura, sind also wohl schwerlich eines Stammes mit Wrede's Vä Wada, die er bei Mcgdaha nennt. ix. Ortschaften. Haura, tlcines Fischerdorf und Hafenörtchen, der einzige namhafte Ort im Lande. Es soll auch wenig Schlösser geben. Die meisten Diebi *) Mmlich 'Ndemi bei Naql, ci Ha^r, Soicmmn bei Na el Haff, Ahmedi in, untern, Talenn mi own W. Ms< Vä Wada «ar bei Megdaha. (Wrede'Z ^' in H, S. !?i7). 238 Ticbiland. wohnen m Rohr- oder Dattelpalmhütten. Untcr ihnen giebt es mehr Beduinen (d. h. Nomaden) als in irgend einem andern Theil des von mir beschriebenen Südarabiens. X. Politisches. Die Diebi haben keinen Sultan, und überhaupt keinen gemeinschaftlichen Häuptling. Jeder der 7 Stämme hat seinen Schech, der den Patriarchalischen Titel „Abu" (Vater) fuhrt. Sie sind alle Qobayel (freie Stamme) und erkennen im Abu nur den Kriegsführer. Keine Steuern, keine Justiz, keine Soldtruppen. Mord wird nach den Negeln der Blutrache gesühnt. Gemeinsame Angelegenheiten werden durch die Stämmeversammlung, die einmal jährlich stattfindet, geregelt. XI. Sprachliche Eigenthümlichkciten. In der Sprache der Diebi hat sich manches Eigenthümliche erhalten, z. V. das südarabisch-äthiopische Verbalsuffix „ka" statt „ta" für die 1. und 2. Person des Perfect. Jedoch bildet ihre Sprache jetzt nur noch einen mit Idiotismen gemischten arabischen Dialect, nicht eine Sprache 3ni Fsneris, wie das Mehri und Grauwi (Hatili). XII. Abstammung. Die Diebi selbst halten sich für stammverwandt mit den Qumusch, im Untern'Anlaqilande und den Audeli auf dem Gebel Kor. Ihr Dialect ist fast derselbe. Da letztere Stämme höchst wahrscheinlich Himyaren sind, so dürften fie es auch sein. Sie wären- dann die am meisten nach Osten vorgeschobenen Himyarcn. Außerdem scheint anch ihre Hautfarbe sie als solche zu kennzeichne!,, denn sie sind fast schwarz, wie die Msi und (5o-behi (beides unzweifelhafte Himyareu) und nicht hellhäutig, wie die Voller östlich vom W. Mesat und wie die Hadrami. Viertes ssapilcl. 'A u l a q i l ä n d e r. I. Name. — Irrthümer in Vezua, auf den Namen. — II. Keussraphischc Lage. — lll. Grenzen, — IV. Eintheilunss. — V. Das Land der Unteren "Anwaliq. — ^ Ver^e und Hochebenen. — Ii. Wadis. — 0. Mima und Vodencrzeugnisse. — l>. Ttäinine. — Irrthum in Vezuss '. Stä»»nc. — I«', Städte und Ortschaften. — ll. Seßhafte und Nmnaden. — II. Qobäycl und ^'ayc. — I. Auswanderung. — 15. Politijches. — L. Justiz. — N. SIlavcrei. I. Name. Aulaqi, hausier in dcr Collcctivfurm Auwäliq gebraucht, ist gleichfalls, wie Nähidi und andere, ein dynastischer Namc, dcr von einer ^rupfte von Stantmen geführt wird, dcnm die genealogische Einheit fehlt, ^r ist jedoch viel älter, als der Name Wähidi, lind als Volksbezeichmmg '"ehr in Fleisch nnd Vllit übergegangen. Von den Beduinen hört man ^'N Namen „Mauleqi" nnd im Plnral „Wanweleq" oder „Manleq" sprechen. Dies ist dialectisch für „el Aulaqi" ll. s. w., denn der sudyemensche "umdariige Artikel ist nicht das arabische „el", sondern „em" oder ,.m", ^e>n Wort vorn innig angeschlossen. Das Ain verschwindet dann. 240 'Aulaqiländer. Irrthümer in Bezug auf den Namen. Haines schrieb in seiner „(>d^rt ot' tko 8ont,Ii Nn.8t (!03,8t ol ^rudia." diesen Namen fälschlich Urladji, und da man nebenbei doch auch den richtigen Namen hörte, so beging man den Irrthum, hier zwei Volker anzunehmen, die Urladji und die 'Aulaqi, die man 'Olqi schrieb. Dieser Irrthum ist in mehrere gute Karten, z. B. auch die Kiepert'sche über-gegaugen, findet sich ebenfalls bei Ritter^) II. Geographische Lage. Diese ausgedehnteste südarabische Gruppe bewohnt das Laud von 46" 20' bis 47" 30' östl. Länge v. Gr. und von Ul" 20' bis etwa 15° nördl. Breite. Nordliche Ausdehnung übrigens ungewiß. III. Grenzen. Im Süden das Arabische Meer. Im Westen, im südlichsten Theil Datina, im mittleren das Audeliland, im nördlicheren das Land der Rezaz. Im Nordwest Gezäb. Im Norden uubekannt. Im Nordost und Osten (im obern Theil) das Land der Oberen Wähidi. Im Osten (im niedern südlichern Theil) das Land der Diebi. IV. Eintheilunst. Die 'Auwäliq zerfallen in Untere und Obere, erstere von der Küste bis zu etwa 14" 20^ nördl. Breite wohnend. Da aber die Oberen ^Au-waliq ihrerseits wieder in 2 Gruppen zerfallen, welche wir die eigentlich Oberen nud die Mittleren nennen wollen, fo müssen wir folgende 3 Theile unterscheiden: 1) Das Land der Unteren 'Auwaliq mit der Hauptstadt Hauwar. 2) Das Land der Mittleren 'Auwaliq mit der Hauptstadt Mschbüm- *) Haines' Inthum ist, bis auf das ganz UwfliMe „r", erklärlich. Djim und Qaf werden hier nämlich g>n.rt '^' U>« 6olf os ^ic Schreibart bei Hnmdani und Ibn Mogawcr ist Ahwar, die Aussprache Hnuwar oder auch wohl Hauar. "*) Mahfed, Kebs el Monqa und Höia, diese 8 ^nmen wurden Miles im Ort selbst aufgeschrieben und deren Bcdeutunss ist so, daß sie sehr a.ut alle 3 einer und dcrsell'en Oertlichtcit angehören können: Mahfed, rin Stnininesnamei Kebtz el Monqn, d. h. das Haus der Ebene Monqa; nnd Hota, d. h. ein umfiieduilev Raum, wnboi wir aber nicht an Stadtmauern zu denken habcn. Munzingrr da-ne^en hat Momia als den Namen der Stadt, Mahsed als den der Hochebene bezeichnet. Miles hat jedoch diesem speciellen G^cnstand größere Nufmertsamkrit sseluidniet. 16' ^44 Die Unteren und Mittleren Auwäliq. Qulliya, Städtchen der Vä Käzim am W. Hauwar zwischen Hauwar und Mahfed. Irrthum in Bezug auf einen Städtcnamen. In Nitter's^) Erdkunde ist nach Haines eine Stadt Hawaiyah genannt. Dies kann nur ein Irrthum für Hauwar sein, der aber desto mehr auffallt, als Haines den Namen ein andermal richtig, englisch Howhr, orthografthirt. Ein Name Hawaiyah ist hier ganz unbekannt. I?. Politisch'es. Sultan Vu Vekr, ben 'Abd Allah, Vetter der Sultane der Oberen und Mittleren 'Auwaliq, wohnt in Hauwar. Seme Macht über den größten Theil der Vä Käzim ist absolut. Er richtet sie und besteuert sie. Da sie jedoch arm find, so sind feine Einkünfte gering. Er hält Soldtruppen und hat befestigte Schlösser. In allen wichtigeren Angelegenheiten muß er sich jedoch dem Sultan der Oberen ^Auwaliq fügen. Er hat einen Vertrag mit England und erhält von ihm gelegentlich Geschenke, kein fixes Iahrgcld. Seine Macht über die Qumüsch ist fast nominell. Diese würden ihm wohl schon längst die Vasallcnschaft gekündigt haben, wäre nicht die Furcht vor den Oberen ^Auwäliq, den mächtigen Bundesgenossen der Unteren. VI. Das Land der Mittleren 'Auwaliq oder Fleschbüm. ^. Beschaffenheit des Landes. Im südlichen Theil allmühlig aufsteigendes Hochland, im nördlichen Hochebene, ein Theil der großen Hochebene don Marcha. Von einem Wädi Mschbüm, denWrede nennt, hörte ich nichts. Klima tropisch, reichliche Sommerregen. Land fruchtbar, namentlich die Hochebene. Dieselben Producte wie um Habbän, an dessen Grenzgebiet dies kleine Sultanat liegt. L. Stämme. Diese sind zum größten Theil Madhig. Folgende Liste stammt von einem ihrer Häuptlinge: *) Ritter XII, S. 662. Das Land der Mittleren 'Auwäliq. 245 1) Ba Ras. 2) Medhage. 3) 'Atiq. 4) Omtusla. 5) Ahl Sli-man. 6) Ahl Genua. 7) Maqrchiya. 8) Ahl Hasan. 9) Hämcdi. 10) Ahl Rähi. 11) Ahl ec Cuwa! 12) Ahl Vtehdi. 13) cl Hilwir. 14) Ahl Qafis. 15) Val Hürif. 10) Qeramis. 17) Moräda a. 0. Städte und Ortschaften. Jeschbum^), Hauptstadt, auch Ischibum genannt. Die Richtigkeit dieses letztern Namens hörte ich in ^Aden bezweifeln, nnter andern auch vonMiles nndMunzingcr, die innner nurIeschbüin uernonuncn hatten. Die Sache ist, daß die Städter nnd Gebildeten stets ))eschbüm sagen, die Beduinen nnd Qobayel dagegen immer Ischibum, wie ich cs oft hörte. Zwei kleine Tagereisen westsndwestlich vou Habban gelegen. Etwa 1000 Einwohner dom Stantine der Ää Ras. Hier lebe:: 00 bis 70 Juden. Basar. Moscheen. Thurmartige Hauser. Omm Bedä sull ein kleines Handelsstädtcheu, ganz von Juden bewohnt, sein. v. Politisches. Sultan Frid, ben Nmms, bcn Frid, bcn Nacr, naher Verwandter des Sultans der Oberen 'Auwäliq, von dem er zwar in Bezug auf innere Angelegenheiten uuabhäugig ist, dessen Einfluß aber doch seine äußere Politik ausschließlich leitet und der ihm Schutz gewährt. Die Stämme in der nächsten Mhe der Hauptstadt und die Städter sind Raye (Unterthaueu), die anderen Qobaycl. Der Sultan richtet uud besteuert die Raye, er hält Soldtruppen (ciuige 100 Mann). Sultan Fnd gilt für einen Freund der Europäer. Er schickte sogar Juli 1870 seinen Sohn nach Habban, um Miles uud Munzinger zu ihm abzuholen. Sie konnten aber nicht gehen. VII. Das Land der Oberen Auwaliq oder Mohager. H.. Gebirge und Hochebenen. Dies ist der alte Sarw Madhig, das Hochland der Madhigstämme. Es ist jedoch uur zum kleinern Theil eigentliches Bergland, vielmehr besteht *) Dtchr Ort ist auf dcr Nap ok ^,-adin, d^ ^uUn >Vn,1k«r Mr das N>.«t, >iulil<, (^nvornnwu^ ssemacht) vicl zu n«hc bci dcr Küstc anssc»icl'c!i. Er wird dorj Astiboo», gc^chriebeu. 246 Das ^lvnd dcr großen Hochebenen. sein Hauftttheil aus drei großen Hochebenen, eine immer höher als die andere gelegen: südlich die Hochebene Marcha, die sich zwischen dem Gebel Kör und Habban hinzieht (Mschbüm ist topographisch ein Theil von ihr), nordöstlich davon das Plateau von Nicäb, nnd nordwestlich, aber bedeutend in nördlicher Richtung vorgeschoben, das Platean von Chabt, welches sich bis zum Fuße des Gebel Qern hinstreckt. Im Süden, wo die Hochebene von Marcha gegen den W. Hauwar zu abfallt, ist bergiges Terrain. Im Nordosten erhebt sich östlich von Nicäb ein Hochgebirge, das zum System des Scirw Mndhig gehört. Gebel Qern im Nordwest gehört nicht zu diesem System. In den Hochebenen befinden sich einzelne Verge, »vie Gebcl Abadan nnd Gebel Dra bei Nicäb, lnw Gebel Halhal nnd Gebet Chaure im Plateau von Marcha. N. Wädis. Alle Wädis im Norden der Wasserscheide. W. Abadän nnd W. Drä kommen von den gleichnamigen Bergen oberhalb Nicab nnd fließen in den W. Mesaudi, den Fluß von Nicab. W. Hadena im westlichen Theil des Landes fließt bei .Hadena vorbei gegen Gerdän im obern Wähidiland. Die Hochebene Marcha ist reich an kleinen Wädis. Indeß ist in diesem ganzen Lande kein größeres System von Wädis. Die Hochebene von Marcha bildet eben die Wasserscheide. Die Wädis entstehen hier erst nnd nehmen nicht so rasch zu, wie wenn Gebirge die Wasserscheide bilden. Ihr Abfluß scheint durchweg nach Nordost (vielleicht anch nach Norden'?) zu sein, nicht nach West, noch Nordwest. Von einem W. Semem, der nach Ritter im südöstlichen Theil des Landes liegt, konnte ich nichts erfahren. Jedenfalls kann sein Lauf nicht der auf Kiepert's Karte, welche W. Saimar schreibt, verzeichnete sein, da an dieser Stelle der W. Hauwar ist, der aber eine andere Mchtung nimmt. 0. Klima nnd Budcnerzengnisse. Hochland mit trovischem Klima, durchweg durch die regelmäßigen Sommerregen befruchtet. Products Indigo, Mais, Durra, Weizen, Baumwolle, Taback, wenig Datteln. Treffliches Weideland. Kameel- und Horu-viehzucht. Niebuhr sagt von dieser Gegend: (Beschreibung von Arabien, Kop. 1772, Seite 27!y „Wovon aber uichts weiter bekannt ist, als daß in den- Salinen bei Chabl. Stämme. 247 selbe,! (Ländern) große Wüsteneien sind und daß diese Gegenden von herumstreifenden Ambern bewohnt werden." Zwei Irrthümer. Das Land ist fruchtbar und die Bewohner meist seßhaft. I). Salinen. In der Hochebene von Chabt^) befinden sich die sogenannten „Verge unter der Erde", d. h. Steiusalzfclsen unter dem Boden des Plateaus, zu deuen mau durch Gruben gelaugt. Das Salz findet sich nicht auf der Oberfläche des Bodens, also sind hier nicht etwa Depositen einer ausgetrockneten Salzlaguue, sondern wirkliches Steinsalz. Chabt versieht die ganze Gegend mit Salz. Karawanen kommen aus Iäfi'a, dein Laude der Rezaz, selbst bis von Ncdä/ und Jerim, früher sogar ganz aus der Nähe von ^Aden. Das Hoheitsrecht gehört der Regierung, welche von jeder Kamcel-ladllng V2 Maria-Theresia-Thaler erhebt, das Eigenthumsrecht dem Stamme der Chlifa, welche die Salzminen bearbeiten und das Salz verkaufen. Preis der Kameelladung 1 Maria-Theresia-Thalcr. Die Last wird also hier für I V2 Maria-Thercsia-Thaler erworben. Schou iu Ohoder uud Datum wird sie oft für 6 bis 8 Maria-Theresia-Thaler verkauft. Die Chlifa wachen eifersüchtig über die Miucn uud gestatteu Niemandem, der nicht von ihrem Stamm, auch nur in deren Nähe zu gehen. Die Karawanen müssen alle in einiger Entfernung halten. 15. Stämme. Die größte Anzahl der Stämme sind Madhig, einige westliche wahrscheinlich Himyareu. Folgende Stammesliste gab nur ein Häuptling der 'Auwäliq. 1) Diani (bei Orfän). 2) el Haidi. 3) Nalnzi (zwischen W. Hau-war und Datma). 4) el Hamämi (bei Nicab). 5) Kellni. i»!l^ nn,!, tonnte 0 „ 12) Ahl Saidi vulgo Halm Saidi „ 600 13) Ahl Sa id 50 14) Ahl Schcddäd 60 15) Ahl Haidra Vlaucur 100 „ Dazu noch Soldtrnppen „ 400 Gesammtstärkc 4100 Krieger. Fünf der auf dieser Liste genannten Stämme bewohnen Datina, das jetzt fast nur nominell den Fodli gehurt, ihre Kriegerstärtc tann also nicht mit in Anschlag gebracht werden. Diese sind: Mescri, Haneschi, Hasni, Halm Saidi nnd ein Theil der Oa deni. Die 2 kleinen Stämme Ahl Ea id uud Ahl Schcddäd wohnen in Abian, d. h. sie helfen die dortigen Städter unterdrücken. Die Ahl °Mah wohuen an der Grenze von Datina, die Nachai auf dem nach ihnen genannten Berge. Unter letzteren sind *) N0 kamen immer noch viele Plünderungen von Karawanen mit englischem Gut vor, der Sultan verbot sogar feinen Unterthanen, den Markt von 'Aden zn versorgen, schließlich verweigerte er Genngthmmg für die anf seinem Gebiet erfolgte Ermorduug englischer Schuhbefohlenen. So kam es endlich 1865 zum Kriege. Die Fodli wurden in der Nähe von °Mala gänzlich geschlagen. Der Friede folgte jedoch erst nach einem zweijährigen Provisorium, während dessen übrigens Nuhe herrschte, als der Sultan selbst nach 'Aden kam, was er nnr mit großem Widerstreben that. Der Vertrag, der mm zn Stande kam, ist fast wörtlich der zwischen England und ^aheg bestehende (weiter unten abgedruckt); das Nccht der Transitosteucr von 2 Proe. vom Waareuwerth, sowie ein Iahrgeld von 1200 N. ^1l. Thalern werden dem Sultan darin gewährleistet. Seitdem herrfcht Friede, wenn auch kein so anscheinend herzliches Einvernehmen, wie zwischen England nnd Laheg, so doch vielleicht ein aufrichtigeres; wie mir denn englische Beamten versicherten, daß man den Fodli mehr tränen könne, als den 'Abadel. XV. Ein Otmani-Prinz als Gcißcl. Der genannte Vertrag hatte auch bestimmt, daß ein Vetter des Sultans als Geißel in'Aden wohnen müsse. Dieser lebte hier 6 Jahre, d. h. bis Zu seinem Tode, und hatte es sehr gut, denn er bekam ein Haus nnd eine Pension von 1200 N. I'I». Thaler angewiesen: für ihn Ueberfluß. Seit seinem Tode hat England diese ganz unnütze Ausgabe gespart, obgleich es nicht au Prinzen fehlte, welche sich um diese einträgliche Stelle einer von England gefütterten Geißel bewarben. Gefahr war dabei gar nicht, denn England ist nicht fo barbarisch, eine Geißel, im Falle des Vertragbrnchs, zu strafen. 266 Religion und Gebräuche der Fodli. XVI. Sitten, Religion «. s. w. Alle Fodli gehören zur Secte der Schafe i. Zaidi giebt es selbst als Mugewanderte nicht. Die Veschneidung wird hier uicht, wie bei den meisten Moslems, erst später am aufwachsenden Knaben, sondern dem strengen moslemischen Gesetz*) zu Folge, bereits am siebenten Lebenslage vollzogen und zwar sowohl bei Knaben, wie bei Mädchen (bei welchen sie bekanntlich nicht obligatorisch ist). Mit dein Haupt' schceren des Kindes nnd dem Durchbohren des Ohrläppchens, bekanntlich gleichfalls Vorschriften für den siebenten Tag, wird es weniger streng genommen. Die Fasten im Namadhan werden sehr streng*") beobachtet, eben so die Gebete und das Weinverbot. Nur die Gadeni stehen in» Nufe schlechte Moslems zu sein, nicht zu fasten und den Dompalmwein zu trinken (hier nMä genannt, gerade wie in Aegypten der Traubenwcin). Wohnungen in castcllartigen Häusern, von Luftziegeln im Tiefland, von Stein im Gebirge oder in Nciserhütten. Der Harem bleibt immer in den Häusern oder Hütten- Die Männer halten sich tagüber außerhalb. Tracht sehr einfach: blos ein Lendcntuch nnd Kopfbnnd (ein unordentlicher kleiner Turban) bei Männern, bei Franen ein Hemd und Umschlagtuch, nur in Städten Gesichtsverhnllung und zwar vollkommen, ohne Augenlöcher. Der Sultan geht wie der gemeinste Mann gekleidet. Das Haar ist immer lang und ungekämmt. Die Ga dem allein tragen es gänzlich frei, aber alle anderen Stämme doch auch deutlich sichtbar, denn der Kopfbund ist nur ein kleiner Wulst. Der Schnurrbart wird abrasirt, höchstens bleiben die Enden stehen. Da Backenbärte nur den Allerwenigsten wachsen, so bleibt Nichts, als ein Paar Härchen auf dem Kinn, denn die Leute sind fast bartlos. ") ^nrnnuw, das moslemische Nccht, S. 85. "*) Gs ist durchaus nicht richtig, daß die Fodli im Allgcmeiuen lax im Glauben seien, wie Haines aussagte (bei Ritter XII., S. «62). Nur von den Ga'deui kann dies gelten. Bewaffnung der Sndarabcr. 267 XVII. Waffen*). Die Schnßwaffc ist die Lnntenflinte**), meist lang mit sehr dünnem Nohr. Jeder Schütz hat zwei Pulverhörner, ein großes schneckenförmiges, Edda genannt, ans dem er ladet, und ein kleines sichelförmiges, Meghar, ans dein er die Pfanne bestreicht. Die Kugeltasche, M'hafeda, hängt au einem Bandelier, das meist mit Silber beschlagen ist, wie denn die zwei Pulvcrhörner und der Kngelbehä'Iter selbst bei jedem nur einigermaßen Wohlhabenden auch stets von massivem Silber und oft recht kunstvoll gearbeitet sind, namentlich die Edda. Selbst arme Soldaten legen sich jahrelang aufs Sparen, nur silberne Waffen-zierrathe kaufen zu können. Das Schießen mit diesen Flinten ist ein entsetzlich laugsames Manöver. Nachdem geladen ist, muß die Pfanne bestrichcn, dann Feuer geschlagen uud der gelbe Luntendocht, Fetil geuanut, angezündet werden, worauf man ihn der Pfanne nähert. Oft versagt der Schuß, denn nicht selten ist die Pfanne verstopft oder das Pulver unrein. Den größten Lurus treibt man mit der Gcmbiyc, dein Dolchmesser. Diese ist sichelförmig, steckt aber in einer halbmondförmigen, meist sogar hufeisenförmigen Scheide, deren Griff hoch ist. Höher als der Griff ist jedoch ein großer metallener Köcher, Amud (Säule) genannt, welcher auf dem dem Griff entgegengesetzten Ende der Scheide steckt und nur Zierrath ist. Scheide, Griff und 'Amud sind in den meistcu Fällen auch von Silber. An der Gembiye Silber zu haben, gilt sogar für viel nothwendiger, als an Edda und Meghar. Außerdem wird ein gerades Schwert, 1'/^ bis 2 Fuß laug, Ne-mescha genannt, getragen. Es ist an der Spitze ein wenig nach außen gebogen. Die Nemescha kommt nicht bei Allen vor. Ich sah sie eigentlich nur bei Leuten, welche keine Luntenflinte hatten. Das 'And, eine Lanze, wird mehr im Innern nnd von den Beduinen getragen. *) Das hier nber die Waffen Gesagte gilt zugleich fiir ganz Siidarabien. Die Bewaffnung ist überall dieselbe, wird deshalb spater nicht mehr erwähnt. **) Steinschlösscr sind in diesem Theile »on Arabien gänzlich unbekannt. Sie sollen sich eist wieder in Dman finden. Die Sultane bekommen wohs ost moderne Waffen geschenkt, zerbrechen sie aber stets sehr bald. Kein Südarabcr weih damit umzugehen. 268 Silberner Waffenschmuck. Alle jene silbernen Zierrathc, Waffcnbehälter nnd das silberbeschla-genc Bandelier nehmen sich bei der Nacktheit des Oberkörpers (denn dieser ist nie bekleidet) auf der schwarzen Hallt der himyarischen Südaraber höchst effectvoll aus. Sieht man sie so im Silbcrglanz anf schwarzem Untergrunde hoch zn Kameel mehr hängen als sitzen, oder sich graciös schaukeln, so bekommt man ein ganz anderes Vild von: arabischen Krieger, als wir gewohnt sind, es uns zn machen. Sechstes Capitel, D a t i n a. I, Name. - II. Geographische ^cizio. — Hl. Gvmzen, — IV. ^Ddencrl^'bin,^. — V. Wadiö. ^- VI. Klima mid Bodenl'vzen,in.'st und N^scrouk'n S. 1>2). Äaqut führt den Nam^n an, weis; ader nur, das! ^ cin Ovt zwischcn ^k'ün'n und Geued, Da« Uelnlssl', was or sa.i,t. sind Nadeln, (^aciit ll., 5,5>l>,) 270 Irrthümer arabischer Geographen. es ein „Sarw" genannt wird (offenbar aus den Autoren, denen er seine Ortschaftsliste entnahm). Aber da „Sarw" Hochland heißt, so corrigirt er diese Benennungsweise, die er für einen Irrthum hält, indem Datina eine Senkung sei. Letzteres ist das Datina im engeren Sinne. Sein Irrthum kann um so erklärt werden, daß er die genaue Lage der Ortschaften nicht kannte, denn sonst würde er nicht das Paradoxon begangen haben, Datina zugleich eine Senkung zu nennen und zugleich ihm eine Menge Ortschaften zu geben, welche auf dem höchsten Gebirge, dem G. Kor, liegen. Diese Unkenntniß beweist auch der Umstand, daß er den G. Kor selbst nicht zu Datina rechnet, wohl aber Tere, Daher, 'Orfan, und diese liegen doch auf dem G. Kor. Dennoch finden wir bei Hamdani vollkommen richtige, auf das heutige Datina anwendbare Begriffe über das System des Wadis. Gr sagt: „Datina wird von den Bergen des Sarw Himyar (d. h. den Bergen von Mft'a) uud dem südlich Uon Sarw Madhig gelegenen el-Kor bewässert". Nichts kann richtiger sein, und trotzdem nennt er Städte, als in Datina, die ja auf eben diesem Kor liegen! II. Geographische Lage. Der äußerste westliche Punkt von Datina dürfte 4s)" 15', der östlichste 46« 40' oder 46" 42' erreichen. Im Süden nimmt man zwar, nach dem historischeu Begriff „Datina", die Ausdehnung bis an's Meer an, welches es unter 46" 15' östl. Breite und etwa 13" 30' uördl. Breite erreichte. Doch, fassen wir Datina in seiner heutigen provinziellen Bedeutung, so können wir sein Südende erst einige 3 Stuuden nördlich von der Küste und sein äußerstes Nordendc unter 1Z" 50'nordl. Breite annehmen. Man übersehe nicht, daß Datina heut' zu Tage kein scharf ausgeprägter Begriff ist, sondern eine Provinz, die je nach Macht oder Ohnmacht der Nachbaren bald kleiner, bald größer dcfinirt wird. So ist es zum Beispiel gar keine Frage, daß das niedere Bergland südlich vom K. Kor, also auch das Tiefland der Auwadcl mit der Hauptstadt Ghoder, topographisch zu Datina gehört und früher dazu gerechnet wurde. Aber heute ist dies eben nicht mehr der Fall. Datma. 271 III. Grenzen. Im Süden und Westen das Fodliland. Im Nordwesten und Norden das Audeliland. Im Nordosten und Osten das Land der Oberen, im Südosten das der Unteren 'Anwaliq. An 3>asi'a und das Land der Mittleren 'Auwaliq grenzt das Datina im engeren Sinne (dem einzigen, der heut' zu Tage gilt) nicht. IV. Bo denerhebung. Datina ist weder ein Hochland, noch ein Tieftand im absoluten Sinne. Die Araber nennen es Zwar manchmal Tiefland, doch ist es dies nnr im Vergleich mit dem hohen Gebirge, Gcbel Kor, an dessen südlichem Fuße es liegt. In Wahrheit ist es ein mittleres Bergland, mit einer Hochebene im Nordosteu, das sich im Süden allmälig zn einem niederen Hügelland abdacht und so niederer uud immer niederer wird bis zum Meeresstrande. V. Wat» is. Zwischen Wädi Hasan-Krames und W. Hanwar führt Hamdani, als in's Meer mündend, einen W. Datina an. Gin solcher war keinem meiner Informanten bekannt. Wenn er existirt, so muh er jedenfalls sehr unbedeutend sein. Vielleicht ist dies jedoch nur ein älterer Name*) für den W. Meran, den einzigen, der hier in's Meer mündet. (Man vergleiche übrigens Note"*). W. Meran**) kommt vom G. Kor, fließt südlich und mündet in's Meer bei Hoidcr ungefähr an der Grenze der Fodli- und 'Aulacn'-länder, zwischen Makatm uud Seriya. Gr ist unbedeutend und verdient nicht die Ehre, mit W. Hasan-Aeramcs und W. Hanwar in einer Neihe genannt zu werden. Gr hat fast nie Wasser. *) Bei Hamdani kmnmru viel> heutige Flichname» noch nicht vor, z. B, W. Hasan, den er Mrames nennt, ^ehtcren Namen fuhrt er jetzt aber nur noch in smmn oberen Laufe. Aehnlich beiin W. Nonna. "*) Hamdani fuhrt in Datinc, einen W. M/nnan an, der de» Pein Morcchem, Schevifen der Nud gehörte, auch einen Ort 'Azzan sArrcm?) znbenannt ^teqv (^eqb?), der Beni Ketif. 272 Misst und Klima von Datina. W, 'Nzan durchsticht Datina von Nordwcst nach Südost nnd mündet nahe bei Qulliye in den W. Hauwar. W. Nideri fließt von West nach Ost zwischen dem Audeliland im Norden und Datina im Süden nnd mündet in den oberen W, Hauwar. W. Ail im oberen Gebirgslande. Alle diese Wadis sind unbedeutend und fast immer wasserlos. VI. Klima und Bodenerzcussnissc. Der südliche Theil ist trocknes, fast regenloses Küstenland ohne einen durch tropische Niederschlage gespeisten W^di. Steppengewächse, mittelmäßige Ccrcalien, Dattelpalnicn niit nnttelmäßigcn Früchten, viel Dompalmcn. Der Nordosten, welcher an die Hochebene Marcha grenzt, hat beinahe deren Klima nnd Fruchtbarkeit. Takab, Sesam, Weizen, Mais, Gutes Weideland. Tropische Sommerregcn. Seit einigen Jahren liegt die Cultur der nusicheren Zustände wegen darnieder. Hamdani beschreibt Datina als „eine Steppe (Ghabit) wie die Steppe uon Marib." Dies paßt übrigens nur auf den südlichen Theil. VII. Bewohner. Datina wird von den oben bereits erwähnten Fodlistämmen, den Halm Saidi*, Meseri, Hasni, Haneschi und Theilen der Ga'deni bewohnt. Letztere vier haben das unfruchtbarere Küstenland, die Halln Saidi den fruchtbaren Nordosten des Landes inne. Der zahlreichste und wichtigste Stamm sind die Halm Saidi. Spricht man von Völkern Datina's, so ist säst immer nur von ihnen die Rede. Außer diesen wurde mir noch ein Stamm, Namens Villei (vielleicht Bille i, angeführt, der sonst nicht nnter den Fodli signrirt. *) Halm Saidi für Ahl e6 Sa'idi. d. h. das sa'idische Volk. Hal steht fi>r Ahl, da der Dialekt den Hauchlaut stets v^rfcht. Das „m" steht fiir den arabische,: Artikel cl (in 5!><'cm l'"). Dieser dialektische Artikel wird stets dem vor-her^'henden Worte angehängt, Ä>aü verwechsele nicht Saidi mit Zaidi, daö ein Seetennaine ist. Ortschaften iu Datina. 273 VIII. Ortschaften und Schlösser. Vlad Halm Sa'idi, so heißt der Hauptort gewöhnlich. Er soll übrigens anch den Namen Datina führen, wohl nur bei den Gelehrten. Das Volt nennt ihn nie so. Liegt am W. 'Azan, in fruchtbarer Gegend, dem nordöstlichen Theil des Landes. Großes Schloß: Hossn Halm Sa'idi. Einige hundert Einwohner, worunter zwölf Juden-familien. Hafa, auch Suq Halm Sa'idi genannt, der Hauptmarkt von Datina, im Nordwesten vom Hauptort, nur einen halben Tag südlich von Ghoder. Viele Juden, Hant'a*), Ortschaft der Halm Saidi. Magra a**), Ortschaft der Halm Saidi. Adän**"), Dorf der Haöni. Gible, Dorf der Hasni, im Südwesten, nur drei kleine Tagereisen von Schughra. Kolaite, Hauptort der Hasni, dicht bei Gible. Drei Iudenfamilien. Dhoba, Ort der Hasni, eine Stnnde südlich von Kolaite, am W. Mcran, soll nur einen halben Tag vom Meere entfernt sein. Mekaus, Dorf der Hasni, nahe bei Dhoba. Omm Chodeire, Stadt und Markt der Meseri, im Osten, unweit der Grenze. Hanesch, Dorf der Hancfchi, nur zwei Tage von Schughra im Südosten des LandeS. Ahl Dian, Ort der Mcseri, vier Iudeufamilien. Suwcda, großer Markt der Haneschi und Mcseri. Zehn Iuden-familicn. Schlösser: Hoffn cd Doma, H. ed Diab, H. Choraibc, H. Nachai, H. ber-j-) Homesch und das genannte H. Halm Saidi. Choraibc foll zugleich ein Schloß und ein Dorf sein. ") Bci Hamdani kounnt cm Hanka i,n ^iandc dcr Gcsda v>.'r. Schwerlich ist dabei an dciö obigc zu danken, da dciö Land jcncr Ga^da zu fn'n lil'gt. Sic sind nicht die Ga'deni. ^*) Haindani cnuähnt cin Ätclczv^a in Aaffa, also ganz in dcr Nähe von Datina. ***) Adan ist dei Haindaui cin Aafi'Staxnn. 1-) „Bcr". das altsüdarabischc Wort für „bcn", i,n Dialctt noch häufig gcbrancht. v, Mnltz^n, Nctsc mich EiidanU'icn, 18 274 Unglückliche Lage voll Datina. IX. Politisches. Das Land steht nominell unter den Fodli, in Wirklichkeit aber mehr unter den'Anwaliq, deren Razzias es stets preisgegeben und von den Fodli so schlecht beschützt wird, daß es vorzieht, den 'Anwaliq Tribut zu zahlen. So hat es zwar einigermaßen Ruhe, ist aber doch steter Willkür ausgesetzt. Einheit besteht nicht zwischen den Stämmen, und selbst den Siegern gegenüber ist ihre Stellung verschieden. Gerade der größte Stamm, die Halm Sa idi, den 'Auwaliq örtlich näher, muß am Meisten von ihnen leiden. Ursprünglich Qobayel, können sie jetzt als halbe Naye gelten. Die Halm Sa idi haben übrigens noch ihren angestammten Schech, der den allgemeinen Titel/Älkel"^), und den speciellen Deran Msaidi oder Deranem Sa idi führt. Obgleich er aus dem tributpflichtigen Volke stammt, so ließen ihn die Auwaliq doch im Amt, gleichsam als ihren Statthalter und Tributeintreibcr. Die Mcseri, Hasni, Haneschi sind nicht in demselben Grade den ^Auwaliq tributpflichtig. Sie schicken ihnen nur von Zeit zu Zeit namhafte Geschenke, um von Razzias verschont zu bleiben. Die Hasni haben übrigens einen 'Otmani-Prinzen, der den Titel Sultan führt, als Grb-gouderneur. Aber auch er ist factisch in ein Abhängigkeitsverhältniß zu den 'Auwaliq gerathen, wenn er auch clo M-6 unter den Fodli steht. Am Meisten geplagt find jedoch die nordwestlichen Landestheile, welche an das Audeliland grenzen. Die Auwadel sind nämlich sehr räuberische und kriegslustige Qobayel. Da sie ihrem eigenen Sultan nicht gehorchen, so nützt ein diesem gezahlter Tribut nicht viel. Die nordwestlichen Datinastämme zahlen zwar dem Sultan der Auwadel Tribut, werden aber dcmungeachtet stets durch Razzias belästigt. Der Hauptgrund der unglücklichen Stellung von Datina liegt in der Ohnmacht der Fodli. M ist eben eine ihnen fast ganz entschlüpfte Provinz, für die es viel besser wäre, wenn sie definitiv mit dem 'Aulaqilande vereinigt würde. *) Dieser südaialnsche Titel hat Manche au „Qail" erinnert, womit er wohl nichts zu thun hat, Odige Schreibart niit ain und kaf (nicht qaf) wurde im Allgemeinen alij richtig verdingt. Siebentes Capitel. Audeliland. l. Name. — II. Geographische ^age. — III. Grenzen, — IV. Nodencrhrbuna.. — V. Wadis. — VI. Kliiiia mid Bodenerzeuglnsse. — VII. Vewohner, — VIII. Städte und Ortschaften, — IX. Schlösser. — X. Politisches. — XI. Sitten, Religion ?c. I. Name. Audeli*), häufiger im Collectiv „Auwadel" vorkommend, .ist der uralte Stammesname, den dies Volk und Land seit dem Jahrtausend uicht verändert hat. Greifen wir zurück bis zu Hamdani's Zeit, so finden wir hier den Stamm Aud, iu denselben Wohnsitzen, im Besitz derselben Ortschaften. Audeli heißt einfach „von And stammend". Der blos mit dem Schriftarabisch Vertraute würde freilich Audi erwarten, aber wer das lebendige, dialektische Arabisch kennt, der weiß, daß solche Einschiebungen von „l" oder „n" (auch andere Buchstaben kommen vor) bei der Nisba häufig sind. Beispiele: 'Abdeli von 'Abd, Ga dem von Ga'da, 'Mmm von'Ali u. s. w. II. Geographische Lage. Ungefähr zwischen 45" 50< und 46" 20" östl. Länge v. Gr. und 13" 50' bis 14" 25' nördl. Breite. *) Die Beduinen, die den dialektischen Artikel „m" gebrauchen, sagen Mau-dcli (für el Audeli) u»d i,n Collectiv Vtaudel oder Mauwedel. 18* 276 Dcr GcbH Kor im Audclilande. III. Grenzen. Im Südcn Datiua und Theile dos Fodlilandes. Im Westell*) Vasi'a. Im Norden das Land der Nezaz. Im Nordostcn und Ostezi Marcha, ein Theil des oberen Äulaqilandes. Im Südosten wieder Datina und zwar das Gebiet der Halm Saidi. IV. Bodenerhebung. Nur ein sehr kleiner Theil des Audelilandes ist verhältnismäßig tief gelegen. Bei Weitem die größte Masse dieses Gebiets ist Hochge-birgsland und zwar ein einziges massives, compares Gebirge, oder, wenn man will, ein ungeheurer einzelner Berg mit mächtig gedehntem Rücken. Dies ist der Gebel Kor. Dieser liegt ganz im Ändelilande und reicht nicht mehr über dasselbe hinans, es beinahe gänzlich ausfüllend. Seine Gestalt ist länglich, weshalb er oft der Nucken (Zäher) genannt wird, ein Name, den eine auf ihm gelegene Stadt im Besonderen führt. Seine Richtung ist, wie die anderer Hochgebirge Südarabiens lGebcl Ssabr und Mfi'i) von Südwest nach Nordost, Gcbel Kor steht mit keinem anderen Gebirge durch Höhcnzüge m Verbindung, sondern fällt auf allen Seiten mehr oder weniger schroff ab, im Süden nach Datina, im Westen nach dem Tiefland von Bafi^a, das sich auf dieser Seite (oberer Lauf des W. Wramcs) merkwürdig weit nach Nordost erstreckt, im Norden nach Bcda und dem W. Thamat (nördliche Scnknng von Vehan) im Osten nach der Hochebene Marcha. Im Lande wird der Kor zuweilen auch Gebel There genannt, wie eine auf seinem höchsten Punkte gelegene Stadt heißt. Gegen Nordwesten hat der Kor eine ausgedehnte Vorterrasse, Gcbel Mozaffer genannt. Hamdam kennzeichnet die Lage des Gcbel Kor genan, wenn er sagt: „Der Kor liegt zwischen den beiden Sarw (Hochländern) Mffa und Madhig", d. h. zwischen den Hochgebirgen der Yaffi und der 'Auwaliq, dem alten Sarw Himyar und Sarw Madhig, zu dessen System Marcha gehört. *) Vs drängt sich jedoch auf dcr M'stlichcn Seitc »och cm schmaler Stvcif dcZ Fodlilandcö cin. Flilsft und Bäche im AudMcmdo. 277 V. Wadiö. Gin Land, das fast ausschließlich Hochgebirge ist, rann nur dir Anfang voll Wadis, nicht langgezogene Flußthäler haben. So ist es auch hier. Nach allen Himmelsrichtungen ziehen sich die Wadis uom Gebel Kor hinab, aber keiner erreicht innerhalb des Audelilandes uaiu-hafte Ausdehnung. Der Kor bildet in diesem Theile Sndarabiens die der Küste am nächsten gelegene Wasserscheide. Die beiden ihm nahen Kolosse, die 3)asi'- und 'Aulaqigcbirge sind etwas mehr in's Innere vorgeschoben. Dem arabischen Meere fließen folgende auf dem Kor entspringende Wadis zu: W. Aeramcs, dies der wasserreichste, entspringt oberhalb desSel*) Veni Sliman, zieht nach Südwest durch den Kaffecdistrict von Pafi'a, mündet unweit Mar in dm W. Hasan. W. Naiban, etwas südlicher cutspriugend und fließend, aber gleich« falls südwestlich in den W. Hasan mündend. Dic schon erwähnten W. Meran, der bei Hoider in's Meer mündet, W. 'Azan und Aideri, Tributäre des W. Hallwar. Letzterer selbst kommt nicht vom Kor*"), sondern vom Sarw Madhig, Jenseits der Wasserscheide und dem großen centralen Ticsiandc, el Gof (Djauf) zufliehend. W. Thamat stießt von Süd uach Nord und ihm fast parallel, etwas mehr nach Osten W. Veraike. Andere kleinere W., meist Tributüre dieser beiden: W. Mesware, W. Medcq, W. Omm Ehalif, W. Hanwir ("icht Hauwar). VI. Klima und Bodcncrzeugnisse. Durchaus dem tropischen Sommcrregen ausgesetzt, ist dieses Hochland fruchtbar. Dazu kommt ein ziemlicher Reichthum an Qucllwasscr, *) Sel, d. h. „dc,S Fließen" oder „Fluh" im abstracts Sinne, lxdcukt nnmcr cinc Stelle des Wadi, wo das ganze Jahr hindurch Wasser ist, und inazi dies Resultat auch künstlich, d, h. durch Aufstcnwmi erzeugt fein. **) Der Name Kor wiederholt sich oft, so auch bei einem Berg südlich von Haliban, den wir Kaur geschrieben haben und ebenso in Hadramaut, beiu, Kor Saiban. Wo wir jedoch schlechtweg Kor sagen, ist immer der in, Audelilande sscineint. 278 Bewohner des Audelilandes. während Brunnen gar nicht eristircn sollen. Seinen Producten nach hat es viel Achnlichkeit mit dem Hochland von Abessinien. Hier wie dort ist der Honig ein Haupterzeugniß nnd außerordentlich billig, IN oder 15 Pfd. für einen Thaler. An den Wergabhängen gedeihen alle Obstarten, Wein, Pfirsiche, Aprikosen u. s. w. Viel Sesam, Tabak, Durra, namentlich der rothe, Hamair genannt, und Dochn. Dagegen fehlen Palmen, Baumwolle, Indigo, Kaffee, Kaat (obgleich eine Hochlandpflanze, doch nur mehr gegen Westen angetroffen). VII. Bewohner. Die Einwohner, selbst die Städter, sind, ausgenommen einige wenige Handwerker, die Parias und die Juden, welche drei Classen natürlich im Nayc-Verhältniß stehen, alle Qobaycl und der Abstammung nach alle Aud, vulFo Auwadel. Obgleich Hamdani die Aud nicht ausdrücklich Himyaren nennt, so ist doch ihre Aehnlichkeit mit den anderen unzweifelhaften Himyaren zu groß, um sie nicht auch dafür zu halteu. Als Stammvater nennt Hamdani: And, b. Abd Allah, b. Sahta, und als Untcrstämmc folgende*): 'Agib, Suiq, Beni Schabib, Habab, Veni Katif, Schekel, Beni Qais Asiagi, Schehab, Veni Togaif, Vcni ^Adi und Morahem, Scherife der Aud. Von allen diesen Namen befindet sich (außer deren Gesammt-namen And) auf der mir von den Eingeborenen gegebenen Liste der Unterstämmc keiner, was übrigens nichts beweist, denn die kleinen Stämme nennen sich oft nach späteren Stammvätern oder Häuptlingen, unter denen ihr Stamm eine Nolle spielte. Hat man Gelegenheit, genau nachzuforschen, so entdeckt man jedoch fast immer, daß der alte Name noch in der Tradition bewahrt wird, wcun er auch im gewöhnlichen Leben wenig zur Anwendung kommt. Folgende Unterstämme wurden mir nach ihren heutigen Bezeichnungen genannt: 1. Bakschi, wohnen in Heran. 2. Manssuri, auf dem G. Kor. 3. Vigeri, in nnd um 'Orfcm. 4. Tohaifi, in nnd um 'Orfan. *) Hamdani nennt diese Stämme bei Datina, welches cr in seiner Ortslistc biö aufs Hochland ausdehnt. Von den Wohnsitzen, die er diesen angeblichen Da. tinastämmen giebt, liegen die meisten im AndeMande. Stämme und Städte in: Andelilande. 279 5. Demani, im Nordost auf den Abhängen des Kor gegen Marcha zu. 6. Scheheri, in und um Daher (Zäher). 7. Ncr*) Qani, im Westen an der Grenze von Wffa. 8. Diebi, in Hafaf, im äußersten Osten, also wohl ein abge-trcnntcr Stamm der oben besprochenen großen Dicbigmppe. !). Qofeschi, in Qofesch, eine Tagereise nördlich von Ghoder. 10. Veni Sliman, in Ghoder nnd am südloestlichen AbHange des Kor (Quellgebict des W. Krames); dies soll der Hanfttstamm sein. Außerdem giebt es viele Scherife und ebenso eine gewisse Zahl Pariass die hier Merafai (Musikanten) heißen. Sie haben dieselbe Stellung wie die Achdam in Mnen und die Ahl Hayek in den All-laqi- nnd Wahidlländern, wohnen in Dörfern znsammcn, sind iedoch bei Weitem weniger zahlreich. Juden wohnen fast in jedem Dorfe des Audelilandcs. VIII. Städte und Ortschaften. Ghoder, vulxo Loder^) (die'Anwadel selbst sagen stets Loder. in 'Aden ilnd Veda hört man Ghoder), Hauptstadt des Audelilandes, Sitz des Snltans, am südlichen AbHange des Gebel Kor, etwas gegen Südwestcn zu gelegell, in dem niedrigsten Terrain dieses Landes. Etwa 400 Einwohner. Zehn Indenfamilien. Vnrgenartige Steinhäuser. Vier Moscheen. Vierzig Oelmnhlen (Scsan,öl). Großer Markt. Schloß des Sultans, Hossn Mcsmcr genannt, sehr fest. Mesfegge, kleines Dorf dicht bei Ghoder, ansfchließlich von der Pariakaste, den Merafai, bewohnt. 'Orfan***), eine kleine Tagereise nordöstlich von Ghoder, anf einem Theile des G. Kor, der den Namen G/Orfan führt. Ganz *) Ver für Bcni, altsüdarabisch, wlc schon ob^n Scitc 273, Notc 4. *^) Lodcr stcht fnr cl Ghoder, dcsscn Anfaugsbiichstadc Ghain hi« nicht anö-gesprochen (oder wie Hamza gesprochen) wird. Das „V." des Artikels, dcr bei diesem Wort ausnahmsweise nicht „Vt" lst, wird hinübergezogen, also el Oder, und vcrtnrzt Loder. Ich hörte nur einmal Moder (mit Artikel „in"). ***') Die Namen Drfan nnd Daher sind bei Hamdani ganz deutlich zu lesen, etwas weniger deutlich There, da hier alle diakritischen Punkte fehlen und der lange Vocal auch nicht angedeutet ist, aber ich glanbc dock, dah There gemcmt ist. Hauv dani spricht vo» einem Wadi "Orfcm, von dem Ncni Nftagi, und uon einem 280 Städtc und Schlösser im Audclilcmde. von Qobayel, von den Stämmen Vigeri und Tohaift bewohnt. Vier Iudenfamilicn, Markt. There, höchstgelegcne Stadt auf dem G. Kor, etwas östlich von 'Orfan. Fünfzehn Indenfamilicn. Viel Handel. Blühender Markt. Daher") (Zäher), größte Stadt im ganzen Andelilande, halbwegs zwischen Ghoder und Veda, nicht anf der höchsten Höhe, sondern anf einer westlichen Vortcrrasse des Kor, G. Mozaffer genannt, gelegen. Der Aufsteig von Ghoder nach Daher ist steil und steil anch der von Daher nach der Höhe des Kor (There und 'Orfan), die von hier östlich liegt. Etwa 1000 Einwohner. Fünfzig Iudenfamilien. Großer Markt und lebhafter Handel, Viele Oclmiihlm. Hier leben Handwerker, die Naye sind. Alle anderen Bewohner Qobayel. Heran, Stadt der Bakschi, auf einem Abhänge des G. Kor. Etwa 250 Einwohner. Sechzehn Iudenfamilien. Markt. Hafaf, Ortschaft der Diebi, zwischen 'Orfan und Dcmani, am östlichen AbHange des G. Kor, Etwa 200 Einwohner. Vierzehn In-denfamilien. Markt. Ardh ed Diebi, unweit Hafaf, Hüttendorf. Drei Iudenfamilien. Ariel), kleines Hüttcndorf. Drei Iudenfamilicn. IX. Schlösser. Bei jeder Stadt und im Mittelpunkte jedes Untcrstammcs ein befestigtes Schloß. Hossn Meslner in Ghoder, H. Motaibet bei There; H. Qofeschi, H. Manssuri, H. Diebi, H. Vatschi, H. Vigcri, H. Tohaift oder Tahifi in den gleichnamigen Stamme6gcbieten. Außerdem noch folgende Schlösser im Lande zerstreut: Hosfn Schau i, H. Scha iba, H. Mohadaka, H. el Hasan, H, Hained el Mohaiteni, H. Ver Mortaiba, H. Halm Essarr, H. bel Schech, H. cl Kahur. Tere von den Peni Hadab bewohnt. Zäher nennt er eine Stadt der Stäminc Ketif und Qais. Die genannten Stämme sind immer alc« Unlechämme der And bezeichnet. *) Schriftarabisch wäre Tsahtt. Der Buchstabe Tsa (odcr Tza) ist abcr in ^anz Siidavabien dnrch Dhad verdrängt und zwar nicht nur in der Sprache, sondern wird auch in der Schrift sehr oft geradezu an Stelle des anderen sscscht, s» „^, mentlich immer in Daher. Politische Verhältnisse des Audelilaudeö. 281 X. Politisches. Sultan Mohammed, ben Ahmed, ben Salah, regiert erst seit 1870, dem Todesjahre seines Vaters, Ahmed. Nesidirt in Ghoder. Hat nur Vedentnng als oberster Kriegsführer. Sonst ist seine Macht sehr beschränkt, da fast alle Bewohner Qobayel sind, Seine Justiz beschränkt sich ans ein Schiedsrichteramt, das er aber nur dann ansübcu kann, wenn es den Oobaycl beliebt, ihn zn fragen, Das Gottesgericht wird im Lande nicht ausgeübt. Kommen zweifelhafte Criminalfälle dor, so geht man nach Qara in Unteryafsa, wo ein berühmter Feuerrichter lebt und holt sich dort die Entscheidung. Alles bleibt jedoch der Blutrache überlassen. Steuern kann der Sultan blos von den Nayc nnd Juden erheben und zwar auch nur von denen, die in oder um seine Hauptstadt leben. Die Raye und Juden inmitten der Oobaycl sind Unterthanen der Stämme, nicht des Sultans, Die meisten Städter sind übrigens hier auch Qobaycl. Die Zahl seiner Soldtruppen beträgt höchstens fünfzig. Mit den Fodli oder Otmani herrscht Blutfehde. In neuester Zeit ist diese wieder energisch entbrannt. Der Sultan der Fodli verlangte nämlich von dem Sultan der Auwadel die Auslieferung eines ihm entsprungenen Sklaven; da dies verweigert wurde, schickte er seinen Vetter, Mohader, b. 'Abd-Allah, Gouverneur einer Grenzprovinz, um ihn mit Gewalt zu holen. Da aber Mohader geschlagen wurde und sogar das Leben verlor, so sind jetzt die Auwadel stark in der Vlntschuld der Fodli. Letztere können ihnen wenig anhaben, denn ihr Land ist günstig für Hinterhalte und die Auwadel sind sehr kriegerisch. Im Kriegsfalle gehorchen sie ihren: Sultan gern, da dieser auch Krieger ist und zu den Qobayel gehört, nicht wie der Wahidi Sultan, den man gewissermaßen eine Civilpcrson nennen kann (s. oben). In Arabien ist immer die Abstammung und die Classe, zu der der Sultan gehört, im Auge zu behalten. Gin Fürst, der selbst nur oberster Kriegsfilhrer ist, wird dennoch faetisch dann mehr Macht haben, wenn er Persönlich zu den Qobayel gehört, als wenn er mit diesen nur durch Verträge verbunden ist. Daher denn auch die Macht der 'Aulaqi-, Fodli« und selbst der 'Audeli-Sultane reeller ist, als z. B. die der Wahidi-Fürsten. 282 Audelilslnd. XI. Sitten, Religion u. s. w. Alle Auwadel sind Schafes üben die Veschneidung am siebenten Tage bei beiden Geschlechtern, im Ganzen sind sie jedoch etwas laxer im Glauben, als die Fodli. Merkwürdig ist die Existenz der Memfai*) (Parias). Trotz der Verachtung, unter der sie leben, haben sie doch manche Vortheile. Sie zahlen keine Stencrn und es gilt für einen Ghrcnpnnkt, sie reichlich zu beschenken, wenn sie gesungen haben. Die Parias scheinen hier gar kein anderes Gewerbe als das Musiciren auszuüben. *) Das Wort heißt eigentlich „Hochzeitsgrawlaüt" oder „hochzeitlicher Lob' sänqer", wird aber hicr für Musikanten im Allgemeinen, im Speciellen sogar für „Trommler" gebraucht. Achtes Capitel, Mfi«, I. Name. ^ U, Geographische Lage, ^- III. Grenzen. - IV, Bodenerhebung — V, Wadis. - VI. Klima und Vodencrzeugnisse. - VII. Politische WntheUunss.— VIII, Uuteryasi c>. — ^. Stämme. — L. Städte nud Ortschaften. ^ 1. Im Hochlande. — 2. Im südlichen Tieftande, nahe bei Abian. — 3. Im östlichen Tieftande lMffeedistriet). ^ 4. In den westlichen Senkungen von W. Vonna (gleichfalls Kaffeedistviet). — ci. Schlösser. — I). Politisches. -^ 15. Justiz. — ?. Gotteössericht. ^ IX, Oberyasi'a. — H.. Stämme. — V. Städte und Ortschaften. — «. Politisches — X. Geschichtliches. — XI. Sitten. Religion^. — XII. Sprachliche Mgenthi'imlichkcitm. - XIII. Physiognomischcs. I. Name, Auch dies ist dcr uralte Länder- uud StammMmmc, dcn wir schon bei Hamdani (um 900 ^). Chr.) siuden. Die Form Mfsa für das Land ist eigentlich nicht siidarabisch, wenigstens nicht üblich, sondern nach Analogie des Schriftarabischen gebildet. Gewöhnlich sagt man*) „Aass" ohne a für Land, Volk, Berg u. s. w. II. Geonraphischc lia„c. Der äußerste westliche Punkt von Mssa erreicht nngefähr den 45" östl. Länge v. Gr., der äußerste östl. 45" 50^, aber die Ansdehnnng *) Unsere Karten uud Bücher gebcn sscwöhulich einen falschen BcWff von Vassa, ittdein sie dieses Land viel zu groß annehmen. Selbst Reisende, ein Wredc und Well-stcd rechnen Landschaften hinzu, die entweder nicht mehr zu Aaffa gehören, wie 'Nczaz, Ga'da, oder die mcmalö dazu gehörten, wie das Audeliland und dcn Sanv Madhig. 284 Lagc und Gebirge des Nasslandcs. nach Osten ist sehr ungleich und erreicht südlich und nördlich von der größten Länge des Landes an Stellen nur 45'' 20' östl. Länge v. Gr. Im Südlvesten erstreckt sich das Land bis zu 13" 20' nördl. Breite, aber diese südlichste Strecke bis 13" 40' bildet nur einen schmalen Streifen, fast eine Enelave zwischen Fodli im Osten uud Laheg im Westen, Die compaete Mafsc des Landes liegt zwischen 13" 40' und 14" 40' nördl. Breite. III. Grenzen. Im Süden das Fodliland. Im Westell eine Reihe kleiner Staaten, die sich von Süd nach Nord su folgen: I. Laheg, 2, Hauschebiland, 3. Amirland, 4. Schccheriland (zum Theil Enclave in Nr. 3), 5. Wieder Amirland und zwar Stammesgcbiet der Gaud (Gada), (!. Merrais. Im Nordwestm Neda und Gefe. Im Norden das Land der Nezaz. Im Osten sich von Nord nach Süd folgend: 1. Wieder ein Theil des Rezazlandes, 2. Audeliland, 3. Gin Theil des Fodlilandes. IV. Bodenerhebung. Jene nach Südwesten vorgeschobene, etwa 20 cngl. Meilen sich hinstreckendeSpitze des Aasslandes, welche zwischen 13" 20' und 13" 40' nördl. Breite und zwischen Wadis Vonna und Hasan liegt, bildet so zu sagen ein südliches Vorgebirge des Gebcl Aass. Im Osten von ihr dehnt sich das Tiefland schr weit nördlich in's Innere. Dieses östliche Tiefland, zwischen Wadis Solub und Acmmes, ist nach Süden zu offen, im Osten vom Gebcl Kor, im Norden und im Westen vom Gcbel Aafi begrenzt. Im Westen von Aass a ist kein ausgedehntes Tiefland, sondern nur eine schmale, fast kluftartige Senkung längs des Wadi Vonna. Die Hauptmasse von Aass a bildet ein einziges mächtiges Hochgebirge, der alte Sarw Himyar (Hochland dcr Himyarcn) jetzt einfach das Aassgebirge genannt. Dieses Hochgebirge, welches nach den Pflanzen und meteorologischen Erscheinungen auf tt- bis 8000' Höhe geschätzt werden kann, nimmt wenigstens vier Fünftel von ganz Aass a ein. Sein westlicher und südlicher Abfall liegt zum größten Theil noch iu Aassa. Sein nördlicher Abfall bildet das Land der Nezaz und auch im Nordost fällt Flusse und Bäche im Mfflcmdc. 285 es gegen den in diesem Lande gelegenen W. Thamat ad. Der höchste Theil dieser Gcbirgsmasse liegt im Norden. Von den Namen einzelner Gebirgsthcile, deren ohne Zweifel viele speciell benannt find, wnrden mir nur folgende bekannt: Gebel Man-fiya, einzelner Berg oberhalb Qara; Gcbel Kellet, der ganze Höhenzug bei Qara; Gcbel Mo h a geb a, die Hauptmasse der Verge des nördlichen Mffa. V. Wad is. Alle Wadis von Vaffa, südlich der Wasserscheide, gehören zu den Flußgebieten der W. Vonna nnd Hasan, zwischen deren Systemen der Süden des Landes gleichsam eingekeilt ist. W. Vonna, von dessen Tieftauf schon bei Abian im Fodlilande die Nedc war, entspringt im Nordwestcn von Wfi'a nnd zwar außerhalb seiner Grenzen, in 'Am Schelala*), bei Schaif, nnweit Zjeriin, fließt dann erst östlich und darauf von Nord nach Süd, Anfangs die westliche Senkung nnd Grenze von Vaffa bildend, im Süden aber ganz im Vaffterritorium, das jedoch ans seiner Westseite nur als ein schmaler Streif erscheint, bis nach Chamfer, der südlichsten Paff-Stadr. Nebenflüsse des W. Bonna sind: W. Sabsab, in seinem oberen Laufe W. Wallach genannt, bildet die fruchtbare Senkung von Chcre. Wadis Chulle, Schara, Serafe, Teem, alle bei den gleichnamigen Ortschaften in den W. Vonna mündend. Der W. Hasan führt dicfen Namen nur in feinem Tieflauf, in Abian, welches jetzt nicht mehr zu Mffa gehört. Hier haben wir es mit seinen beiden nördlichen Seitenflossen, den Wadis Solub und ^erames, zu thun. Letzterer, vom Kor kommend, berührt eigentlich mir den südöstlichen Theil des Tieflandes von Jaffa. Der W. Solub dagegen durchstießt es in seinem ganzen Laufe. Gr ist nach dem W. Bonna der wichtigste Jafffluß. Er kommt aus der Gegend von Qara, fließt dann erst östlich bis Schcwuha und wendet sich darauf südlich, um sich au der Südgreuze Jaffa's mit dem W. Aerames zu vereinigen. Der W. Solub führt jedoch diesen Namen erst südwärts von Homma, ') Ganz nahe dabn entspringt auch dcr W. Nura, dcv wcitcv südlich W. Tobban odcr Fluh von ^ahcg bcihl. 286 Das Hochgebirgs- und Tiefland von Aafi'a. wo er aus den hier sich vereinigenden W. Nosut (von Oara kommend) und W. Sarar (von Sarar herabflicßend) gebildet wird. Andere Seitmsiüsfe des W. Solub find: W. Reqab Hadad (von Cedara kommend), W. Lamlan (im Gebiet der Ahl Ausef), W. Na'um (im Gebiet derSsaidi), W. Namaqa (im Gebiet des gleichnamigen Stammes), W. Habba (im Gebiet der 'Amudi). Der W. Ssah ab allein, dcr von Hatab kommt, vereinigt sich mit dem Hauptfluh erst südlich vom Zusammenflusse der W. Solub und Aerames, in der Nähe von Scheriya. Die Wadis auf der Nordseite der Wasserscheide kommen hier kaum in Betracht, da sie nur ihre unmittelbaren Quellen hier haben, indem der ganze nördliche Gebirgsabfall außerhalb Aafi'a liegt. Von ihnen wird beim Lande der Nezaz die Rede fein. VI. Klima und Bodenerzeugnisse. Nur die allcrsüdlichste Spitze, die Gegend um Chamfer, hat noch Küstenklima, ist also fast regenlos, aber in ihrem ebenen Theile nicht unfruchtbar, da dieser am Bewässerung spendenden W. Vonna liegt. Dieser Theil gehört topographisch zu Abicm. Das ganze übrige Land hat das tropische Negcnklima, ist also überall fruchtbar, wo nicht felsige Bodenbeschaffenheit die Entwicklung einer namhaften Pflanzendecke hindert. Dies scheint in einzelnen Gegenden der Fall zu sein, aber doch nicht in ausgedehnten. Die relative große Höhe von Obcryaffa ist doch nirgends der Art, um der Entwicklung von Nühlichkeitspftanzen absolut hinderlich zu sein. Dieselben sind natürlich spärlicher und nordischer, aber wo sie gänzlich fehlen, trägt nur der Fclsboden, nicht die Höhe die Schuld, denn in dieser geographischen Breite gedeiht selbst noch bei 8000' Höhe eine reichliche Pflanzendecke, wenn die Bodenverhältnisse günstig sind. Wir können Msi'a in Bezug auf Bodenprodncte in drei Zonen eintheilen, das heiße Tiefland, das Mittelgebirge und das Hochland. Das ausgedehnteste Tiefland bildet die nördliche Fortsetzung von Abian, die Gegend zwischen W. Solub und Krames. Dies ist der östlichste Kaffeedistrict in ganz Arabien; die an Kaffee reichste Landschaft liegt bei den Orten Schewuha, Mirza und Tozzc, jeder einige drei Stunden vom anderen entfernt und am W. Solub gelegen. Jeder der drei Das östlichste Kaffcclaud von Arabien. 287 Orte liegt an der Mündung eines gleichnamigen Wadi in dem W. Solub. Doch reichen die Kaffeepflanzungen in alle drei Seitenthäler ziemlich weit hinein nnd sind überhaupt hier reichlicher, als am Haupt-wadi selbst. Noch östlicher liegen die Kaffeepflanznngcn von Ahl ben Nahgi und Orqa, die schon vom Kor bewässert werden. Das günstigste Terrain scheint in dem Theil des Tieflandes, der nnmittelbar am Nordfuß der hohen 3)afs berge liegt. Außer diesem ausgedehntesten Kaffeedistrict gedeiht jedoch diese Nuhpflauzc noch in allen Senkungen längs dem Wadi Bonna und seinen und des Wadi Solub Seitenthälern. Namentlich die Gegend von Chere am W. Wallach ist reich daran. Merkwürdig ist, daß Kaffee selbst in den schon hochgelegenen Thälern um Qara vorkommen soll, nur nicht auf einem Berge, eben so wenig wie in einer ganz stachen Ebene. So finden wir z. B. einen Theil des Tieflandes, den südlichsten, der zwischen dem Kaffecdistrict von Schewuha und Abian liegt, als ein wüsten- oder steppenartiges Land und dennoch wird auch er vom W. Solub durchzogen. Man nennt es die „Wüste der Me-scheki", auch „Wüste Merzaf" genannt; dies erklärt sich wohl nur da-dadurch, daß das Mcschekiland schon Küstenklima, folglich keine tropischen Negen hat nnd dic Einwohner, als bloße Viehzüchter, keine Vewässerungsanstalten machen, wie die fleißigen Bewohner von Abian, ihre südlichen, nnter ganz gleichen klimatischen Bedingungen lebenden Nachbarn. Das Mittelgebirge trägt hier und da Baumwolle, Indigo, sonst mehr Sesam, Durra, Dochn, wenig Weizen, dagegen viele Obstarten, Wein, Pfirsiche n. s. w. Dattelpalmen nur in sehr geringer Zahl. Im Hochgebirge ist vortreffliches Weideland, namentlich wächst hier reichlich ein wilder Klee, ein vortreffliches Kameelfntter. Hier fmdct sich auch Hafer und Gerste, sonst in Südarabien feiten. Quellen sollen in diesem Gebirge verhältnißmäßig wenig sein, verschieden hierin vom quellenreichen G. Kor. Die Speisung der Wadis geschieht hauptsächlich durch die tropischen Negen. Das Hochland ist deS-halb für den Triukbedarf auf Cisteruen angewiesen, die jedoch bei den nie ausbleibenden Sommerregen stets reichlich versorgt sind. Im Tieflande dagegen behält man durch Aufstauung der Wadis fast fiir's ganze Jahr Flußwasser. Brunnen sollen nicht viele sein. 288 Die Zwcithcikmg des YafNandcs. VII. Politische Ginthcilung. Man unterscheidet Ober- und Unteryafi a, eine Ointheilung, die mehr politisch, als orographisch ist, obgleich allerdings Obcryafi'a im Durchschnitt höher liegt, als Unteryaft'a. Aber auch letzteres ist zum größten Theil Hochland. Untcryasi'a ist bei Weitem das größere Gebiet, es nimmt den ganzen Süden und die Mitte des Landes ein, Oberyasi'a nur einen schmalen Streif im Norden. In Aden hört man zwar oft von Oberyafi'a als von einem „großen Lande" reden, ja es größer nennen, als das Untere. Geht man aber dieser Bezeichnung auf den Grund, so findet man unfehlbar, daß hier noch das Land der Nezaz mitgerechnet ist, das einmal zu Oberyasi'a*) gehörte, aber jetzt unabhängig ist. Der Begriff 3)afi a ist überhaupt bei den entfernter wohnenden Arabern ein sehr elastischer. Obcryafi^a kann teine viel größere Ausdehnung haben als etwa 10 oder 15 Gmdminuten in der Breite und höchstens 40 in der Länge. VIII. Unteryafi'a ^. Stämme. 1. Der Haufttstamm von Unteryafs a führt jetzt den Namen Kellet, früher hieß er Veni Qased, unter welchem Namen ihn Hamdani erwähnt, wohnt in Qara und Umgegend. 2. Nehauwi, in Hatab und Umgegend. 3. Yufcfi, bet Chere am W. Wallach. 4. Bakeri, südlich der Yusefi. 5. Monassera*), zwischen Ehcrc und dem W. Solub, zerfallen in die Unterstämme Chere, Latahan und Kclsam. 6. Ahl bcn Nahgi"*), im östlichsten Tieflande zwischen Schewuha und dem Kor. *) Immer muh man sich in Aden gegen den Ausdruck wehren: „Die Rezaz sind Vafi'i". Ja sie sind es der Abstammung nach. Aber sie nennen sich heute nicht mehr so, und auch die I>ifsi gcdeu ihnen diesen Namen nicht, nnd ich denke, sie find doch die Compcteutesten über ihren Namen. **) Hamdain nennt an dieser Stelle den MfiPamm Ahcmr (vielleicht Aha.'), Ob statt bcn Nahgi nur brn Ahgi zu schreiben nnd dieö dann doch noch der alte Stamm wäre? Er heißt auch Veni Hcgr. Stämme nud Dörfer un ^jafllande. 289 7. Mogasa, N'ohncn bei Hossn Scheriya in, änhersten Süden. 8. Ssaidi*) (anch von Hamdani erwähnt), wohnen zwischen Qara und dem Tieflande. Die Amudi sind wahrscheinlich ein Unterstamm der Saidi. 9. ^azidi, im Ticflande, zerfallen in die Kesadi in Schewnha, die Ahl Mirza in Mirza, die Ahl ba Gilgella und Ahmar, beide in Tozze'. 10. Schcmi sanch bei Hamdani genau an dem heutigen Wohnorte**) angeführt", am W. Nosnt nnd in Schab el ^jahud. 11. Sch a'ib (gleichfalls bei Hamdani, Wohnfi!) nnleserlich) wohnen im Westen, am Wadi Bonna, an der Annrgrenze. 12. Suat im Norden von Qara um Medinet Telez. 13. Meschcki, ein unabhängiger Stamm in der Einöde Merzaf am W. Solub. 14. Dahirri***), wohnen in Teem nnd Umgegend. L. Städte und Ortschaften. 1. Im Hochlande: Oara, Hauptstadt der Unteren Aafi'i, Sitz des Sultans. Etwa hundert Einwohner. Große Moschee, Schlösser von Stein. Kein Markt. Serar, kleine Stadt am Wadi gleichen Namens, ciue halbe Tage« reise südlich von Qara. Eedara-j-), am WadiNeqab Hadad, anderthalb Tagereisen südlich von Oara; nur sechs steinerne Häuser, sonst Hütten. Ha tab ff), Hnttendorf, einen Tag südlich von Cedara. Qilsan, Hüttcndorf der Mlrefi. Scha'b1"ff) l'l ^>ahud, auch im Hochlande, einen halben Tag *) Hamdani schreibt dcn ^tamcn »nt Ssad. deöhald ^ähle ich di^sc Orthographie, obglcich inir die Lnite eher hicr ein Sin zu sprechen schienen. "") Hamdani schreibt ohne diakr. Punkte, Senn, ^iebt cibcv auch deu Wohn, sitz Sch^h c,n. ^*) Vci Haiudani siud Teem uud ^ah^r l'eide Städte. 's) H^mdani erwähnt ein Eedur uuter den Städten von ^afsa, deivobnt vmn Unterftanime der Kelb (Kellet?). ff) Hawd oder Hatib bei Hamdaui alö ein Ort der N. Qased (heutig Kellet) ssenanut. 1"N) Hmudani cnvähut eiueu Ort Scha'b, doch dieser tonnnt weiter nuten vor. Scha'b und Scha'ib sind nicht zu uenvechselu. V, M a! lj >1 „ , Ncisf »ach E»,v^l,N'ic», l^ 290 Städte und Ortschaften im Mfllandc. östlich von Qara und direct oberhalb des Kaffeedistricts, zunächst Tozze und Mirza gelegen, b'twa fünfzig Einwohner. Der ^tame deutet auf Juden, die ill früheren Jahrhunderten hier sselebt haben mögen. Jetzt sind im engeren Mfi'a leine Juden. Etwa sechs Steinhäuser, sonst Hütten. Habba*), Hüttendorf am gleichnamigen Wadi zwischen W. Solnb und Qara, gehört dem Stamme der Amudi. Chelale, Hüttendorf mit einigen Burgen, zwei Stunden bergabwärts von Qara. Homma, am Znsanimenflusse der W. Serar und Nofut, Hüttendorf mit zwei Schlössern. Medinet Telez**), auch Zelez gesprochen, eine starke Tagereise im Nordosten von Qara, sehr hochgelegen, von Vielen schon zu Ober-yasi'a gerechnet, zu dem es topographisch gehört. Politisch ist aber hier die Herrschaft des Sultans vou Nnteryafi a vorwiegend, obgleich die Beziehungen zu Oberyafi^a noch nicht aufgehört haben; genießt übrigens eine gewisse Unabhängigkeit unter einem eigenen 'Mel, Mtegna (Me-teunia) Ms nnt Vtann'u. Dieser soll sich noch als Verbündeter von Oberyasi'a ansehen, aber faetisch Vasall von Unteryasi a sein, Karawanenstation zwischen Beda und Qara. Suq el Had, vulM einfach „el Had", d. h. Sonntagsmarkt. In nächster Nähe von Medinet Telez, so daß es oft mit diesem verwechselt wird. Größter Markt des Nordostens von Hjafi'a und an Sonntagen sehr besucht, übrigens blos ein Hüttendorf. Auch dieser Ort wird oft zu Oberyafsa gerechnet. Ill Aden hörte ich sogar „el Had" als Hauptstadt von Obcryafi'a bezeichnen***), jedenfalls unrichtig, denn einmal ist es keine Stadt und zweitens steht es zn Oberyasi'a in deu^ selben mehr traditionellen Verhältnisse wie Medinct Telez und ist, ebenso wie letzteres, politisch mehr von Unteryafi'a abhängig. ") Habba bei Hmndam Ortschaft dcü Stammes Anfur. **) Das Wort ist cigcntlich Thcllth, ein Name, dcr von der Zahl „drei" ad geleitet ist, wahrscheinlich mit Beziehung auf den „dntten" Wochentag (Dienstag), an dem hier ein Markt abgehalten wnrde. ***) Selbst ?ente, wie der Sultan von Laheg, begingen diesen Irrthum, ein nencr Beweis, wie wenig man von den Nachbarn eines ^andrö nber dieses er> fahren kann nnd wie ,wtbwendig einheimische Informanten, d. !,, auö dem eügeren Gebiete, sind. Städte im Tieflands von Mfi a. 291 2. Im südlichen Ticflande nahe bei Abian. Chamfer*) (ambisch Ehanfer geschriebn,, Chamfer gesprochen, nach der engl. Aufnahine v. 1872 nnter 18" 12' 30" nördl. Breite und 45" 19 östl. Länge v. Gr.), größte und zugleich südlichste Stadt im Tieflande, letzter Ort, der den Vaft'i von Nbian geblieben ist. Ist jetzt fast ganz im Fodli-gebiete enclavirt. Vcördlichster Punkt, den die Guropäer von Aden aus der Jagd halber zu besuchen pflegen. Einige vierzig Steinhäuser. Festes Schloß, Citadelle mit Wsi'garmson. Etwa 150 Einwohner. Lebhafter Markt. Viel Verkehr. Die Bewohner find nur Politisch, nicht genealogisch zu den 3>afi'i zu rechnen. Sie sind echte Städter, ohne Stammestraditionen, ihrer Stellung nach Nayc des Snltans von Qara. Hoffn Echeriya, etwa drei Stunden nördlich von Chamfer am W. Solub. Altes himyarifches Schloß. Hier follen Inschriften fein. Nie von Europäern besucht"*). 3. Im östlichen Tieflande (Kaffeedistrict). Schewuha, südlichste Stadt im Kaffeedistrict, im W. Solub und feinem nördlichen Seitenthale, W. Echewuha, etwa anderthalb Tagereisen oberhalb Na ab und Vab el Fel^, erster fruchtbarer Landstrich nördlich der Mcschekisteppe. Die Häuser liegen in den Pflanzungen zerstreut, nur etwa zwanzig bilden eine compacts Gruppe. Stamm Kesaoi, Abtheilung der Aazidi. Hat einen eigenen Sullan vom Kesadigeschlecht. Von hier stammt auch die Dynastie von Ma-kaUa, el Kesadi, an der Südküste unterhalb Hadramaut. Der Nekib von Makalla und der Sultan von Schewuha sind Vettern. Mi rz a, drei Stunden westlich von Schewuha, am Zusammenfluß des W. Mirza mit dem W. Eolub. Etwa 15 Steinhäuser bildeu die „Stadt", die anderen Häuser find in den Pflanzungen des W. Mirza zerstreut. Tozze', etwa 8-4 Stunden westlich von Mirza, am Zusammen» ftuß des W. Tozze mit dem W. Solub, anl Fuß der Berge von Dara, vou welcher Stadt es nur 3 Stunden entfernt ist. Größte Stadt im Kaffeedistrict. Etwa 200 Einwohner. Zwei Stämme, die *) Bei Hamdam als Mcdiuct Chamfer angeführt. Bcwohner waren damalö b^e Assdahin (wohl die heutigen Ssobehi) und dic Bcni Viohaid, die »hue Zweifel d"' Ebene Mehaidan den Namen qaden, welche dicht vei M)amfer ihr Ostende hat. **) Dies ist der nördlichste Punkt, von dessen ungefährer ^a^e die Ädcnev ^Nssländrr iil'erhaupt nur etn.'a>? gehört hatten, (5m cugl. Offizier, Lieutenant Owen, hdt znevst auf H. Scheriya aufnierlsam gemacht. Die Inschriften werden bezweifelt. 19* 292 Der Kaffccdistrict mm Mffa. Ahmar und die Ahl Va Gil'gella, jeder mit inehrcren festen Schlössern. Der Weg von Schewuha nach Mirza und von Mirza nach Tozze siihrt durch das Thal des W. Solub, obgleich die Route über die Bcrgcszüge, welche die 3 Seitenthäler trennen, topographisch näher wäre. Sie ist aber zu steil. Uebrigcns liegen in jedem der drei Seitenwadis die Kaffecpftanzungcn auf weitem Ncmme zerstreut uud strecken sich 3—4 Stunden in's Innere der Thäler hinein. El ^Orqa*) (vul^o Örga gesprochen) auch im Tiefland, östlich von Schewuha, kleine Stadt der Ahl ben Nahgi. Etwa 10 Steinhäuser mit 50 Einwohnern bilden die „Stadt". Viele Häuser in den Pflanzungen zerstreut. Dhi Nachab"^), Hüttendorf mit einem Schloß im Tiefland der Ahl beil Nahgi. Soleb***), Schloß am W. Solub und Hüttcndorf. Mit Ausnahme deö letzteren haben alle die obenerwähnten Orte ansgedehnte Kaffeepflanzungeu. 4. In den westlichen Senkungen am W. Bouua (gleichfalls Kaffcedistricte). Chulle, Stadt am W. Vouua. Schlösser. Etwa 100 Ein wohner. Einige Iudenfamilien. Serase, dicht bei Ehnllc, am W. Semfe und W. Vonna. Städtchen mit Schlössern. Etwa 80 Einwohner. Ginige Juden. Chere, Stadt im hö'chstgclcgenen Kaffecdistrict am W. Wallach, Seitenarm des W. Bonna, zwischen diesem uud Qara. 3 Steiu-häuser, sonst Hüttel«. Häuser in den Pflanzungen zerstreut. Scha'ib-f-) Ortschaft an der Westgrcnze. Ginige Schlösser, sonst Hütten. Etwa 50 Einwohner. Markt. Iudeu. Teemff), Ort der Iahirri, wird auch vou Abtheilungen der Gaud (Ga da) bewohnt, die uicht Yaffi sind. Aeußerstc westliche Stadt; *) 'Orqa bei Hamdcmi, Ortschaft der Ahguv. ^*) Hcimdmn erwähnt Du Vtachad. Ortschaft der Chabr odcr Gadr. '"*) Solrb bci,ha»,dain, Ortschaft der (5habr oder Gabr. 1') Vci Hamdani ist Scha'ib «u Stainnt, dcr in Äahor wohnt und Scha'b c'iuc Swdt dcr Veni Schum (H«ni). Doch durftc Scheid der von Hamdani gc-nu'iütc sci,i, nicht das obcngcnamitc Scha'b cl Äahud. jf) Ic>'>n oderTaiiu bciHauidani in ^afsa erwähnt. StanlNl nicht angeführt. Unter Bafla, 293 gehört nur nominell zu Unter-^afi a, ist factisch unabhängig. Der Sultan von Ma r nannte mir Teem als einen eigenen kleinen Swat. Andere sagten aus, daß es uuter den Aluir stehe. Beides kann richtig sein, denn die dort wohnenden Gand, die ahirri dagegell ilnab-hängig sein. Bei allen diesen Orten wächst Kaffee, jedoch nicht in so ausgedehnten Pflanzungen, wie im östlichen Tieflande. 0. Schlösser. Folgende Schlösser wurden mir als in Nnter-Pasi a gelegen bezeichnet: Hossn Ssaide, H. Schcmi, H. Amndi (diese 8 in den gleichnamigen Stammcsgebieten), H. Derek, H. bel Hasan, H. bu Vekr el Ghalcb, H. Mohassin ben 'Ali, H. Ghalib 'Ali, H. 'Ad*), H.Salem, H. Veni Rascham, H. bu Vekr abn Kerim. v. Politisches. Ahmed 'Ali el Ghaleb cl Nfisi, officials Sultan von Untcr-Zjassa, gewöhnlich aber nur Mel (Schech! voll Qara geuannt, a,n besten bc^ kannt unter dem Geschlechtsnamen „el Afifi," vom Stamme der Kellet oder Beni Qased, beherrscht nnt Macht und Gnergie den größten Theil von Unter-Mfsa. Im Sndwesten, von Chamfer an, in den SenümgM aln Wadi Vonna (nüt Ausnahme voll Tccm) nnd im gauzen Hochland ist seine Macht fast absolnt, d. h. ohne Naye zu sein, stehen die Stämme doch in viel dirccterer Weife unter seiner Herrschast, als Dobaycl anderer Gegenden unter ihren Fürsten, Er erhebt Steuern, den Zehnten von allen Vodenerzeuguissen, von Getreide nnd Baumwolle nach dem Maaß, von Kaffee und Tabak uach dem Gewicht. In den Städten dieser Gebiete hält er kleine Garnisonen. In Qara hat n zwei, in Chamfer eine Kanone. Viele Soldtruppcu, die gelegentlich aufgeboten werden, nicht regelmäßigen Dienst verrichten. Der ganze Heerbann soll, wenn aufgeboten, 25,000 Mann betragen. Doch geschieht das Aufgebot in 5 Classen, deren letztere nur im äußersten Falle heran« Mögen werden. *) Gcwiß cm nn'rkwln'diqer Name, der cm die Aditen erinnert! 294 Macht des Sultans von Nntcr Aassa. Das östliche Tiefland, dor Kaffeedistrict, ist zum Theil unabhängig unter eigenen Sultanen. Doch auch hier macht sich der Ginfluß des Afifi oft geltend, namentlich da er in religiöser Beziehung eine große Autorität bildet. Teem und das Mescheki-Laud sind ganz un-abhängig. Mit England sind die Beziehungen freundschaftlich, obgleich die Aafi'i sehr wenig nach 'Aden kommen. Sie sind eben kein wanderlustiges Volk. Der Afifi bekommt kein regelmäßiges Iahrgeld, wohl aber fast alljährlich Geldgeschenke, man sagte mir, selten unter 600 KI. 1'k. Thaler. Mit den Nachbarn herrscht jetzt Friede. Der ein. zige agressive Feind, die Fodli, die den Aasi^i ihre schönsten Provinzen entrissen haben, scheinen jetzt durch England zur Ruhe gezwungen. V. Justiz. Der Afisi übt ein strenges Regiment. In dem ihm unmittelbar unterworfenen Gebiet müssen sogar viele Qobaycl sich seiner Justiz fügen, die jedoch allgemein als eine gerechte und nicht wie die anderer Sultane willkürlich despotische bezeichnet wird. In den Städten werden sogar Gebet und Fasten polizeilich eingeschärft; den Uebcrtreter trifft Prügelstrafe. Der Afifi hält einen Scharfrichter, einen gewissen Aud Mufta, der jedoch nur die Vefugniß hat, Dieben die Hände abzuschneiden,' wofür er jedesmal 5 ^. Id. Thaler Vergütung erhält. Das Handabschneidcn findet schon nach dem ersten Diebstahl statt. Die Strafe für Mord wird, unter Aufsicht der Obrigkeit, von den Verwandten des Ermordeten ausgeübt (wie in Marokko). Entflieht der Mörder, so wird sein nächster Verwandter hingerichtet. Die Betheiligung der Obrigkeit »verhindert so das übermäßige Umsichgreifen der Blutrache. Keuschheitssünden werden sehr streng, meist mit dem Tode bestraft. IV Gottesgericht. Der Afifi ist der berühmteste „Gottesrichter" nnd „Feuerrichter" dieses Theils von Südarabien. Nicht uur die Aaffi, sondern alle Nachbarvölker (mit Ausnahme der Fodli, die ihren eigenen Fcncrrichter haben) verehren ihn in dieser Eigenschaft nnd wenden sich in zweifelhaften Fällen an ihn. Fällt in diesen Ländern ein Mord vor, dessen Thäter nicht durch hinlängliche Zeugenaussagen ermittelt ist, so heißt Das l^ottesa/richt u. die Feuerprobe in Mfla. 295 eß: „(^ehcn wir zum Afifi nach Oara!" Der Verdächtige muß dann seine Ankläger begleiten. Weigert er sich, so gilt er für überführt. Es ist dies dann wie eine Wallfahrt. Beiläufig gesagt, scheint dies auch der einzige Grnnd, warum überhaupt Fremde nach Qara gehen. Alle Nicht-Pafsi, die in Oara gewesen waren, welche ich kennenlernte, hatten nur zu diesem Zweck die Neise gemacht. Als „Feuerrichter" wendet der Afifi die Probe ganz auf dieselbe Weise an, wie der Sultau von Mar*) im Fodliland, nur mit etwas mehr Hokuspokus uud Feierlichkeit. „Es wird einen: schauerlich dabei zu Muthe", sagten mir Leute, die Augenzeugcu gewesen waren. Außer dieser Probe soll er aber noch andere, viel wunderbarere anwenden. Er steht im Mnfe, eine Schlange in der Weise bezaubern zu können, das; sie den Mörder unablässig verfolgt und durch ihre Nähe verräth. Eine andere Probe: Er nimmt einen mit heiligen Sprüchen beschriebenen Wasscrschlauch, bläst ihn auf und befiehlt, daft der Leib des Schuldigen ebenso aufgeblasen werde; dessen plötzliche Dickleibigkett verräth die Schuld. Will gar nichts anderes helfen, so ruft er die Versammlung herbei, laßt alle auf die Erde niedersitzcn, schlägt einen Nagel unter Gebeten ill die Erde und murmelt ein Gebet, daß er den Schuldigen festnagele. Dann ruft er „Kumu!" (stehet auf). Alle thnn es, nur der Schuldige kann cs nicht. Er ist dnrch del: Nagel gebannt. Diese Probe soll man nur dann anwenden, wenn mehrere Verdächtige sind. Ist die Schuld ermittelt, so überläßt der Sultan die Hinrichtung den Verwandten des Ermordeten. Diese kann gleich stattfinden, wenn der Mörder aus dem Lande ist. Ist er ein Fremder, so wandern jedoch seine künftigen Bluträchcr friedlich mit ihm in die Heimach, und erst dann begiuut das Nächeramt. Das Blntgeld (die Diye) wird nie genommen, außer von Denen, die man „Schwache" nennt, d. h. die nicht zu einem kräftigen Stamme gehören. Sie zu nehmen, gilt für Schande. IX. O b e r - Y a f i ' a. ^.. Stämme. Da Obcr-Vafi'a eines der wenigen Länder ist, von dem ich anch nicht einen Eingeborenen kennen lernen konnte, so beschränken sich meine *) Man sehe oben fimftcs Capitel, XIII. 396 Stämme und Ortschaften in Dbcr-?1afla. Stammesnotizen (und weiter nntell Ortsangaben) auf folgendes Wenige: 1. Moscti wohnen bei der Stadt Moscta im änßersten Norden. 3. Mc flehi wohnen in nnd nm Bassa an der Westgrenze. 3. Cholagi am Wadi gleichen Namens. 4. AHI Bazid zwischen Medinet Tclez nnd Sefal. 5. Dhobbi, ein großer Stamm, soll 4000 streitbare Männer haben (?), in der Gegend von Moseta und an der ganzen Nordgrcnze. 6. DhiZor'a. 7. Be osi, vuiF0 Beösi gesprochen. Ueber den Wohnsitz der zwei letzteren Stämme konnte ich nichts Bestimmtes erfahren. Man rechnet sieben Stämme; ob aber meine Liste gerade die sieben Hauptstämme giebt, oder ob darauf Unterstämme vorkommen nnd Hauptstämme fehlen, weiß ich nicht. Die Oberen Äafi'i führen übrigens den Gesammtnamen Mo-hagebba. V. Städte und Ortschaften. Atara (ich hör^e auch Nntara), eine der Hauptstädte, Sitz eines mächtigen ^Akel. Ginige Schlösser, Markt und temporärer Basar in Zelten. Keine Juden. Moseta, im Norden, Sitz des ' Akels der Dhobbi. Z Stunden von Alara entfernt, sehr hoch gelegen. Etwa 100 Einwohner. Einige Schlösser. Sefal, soll die größte Stadt in Obcr-Wfsa sein. Gtwa 200 Einwohner. Juden wohnen nur zur Marktzcit hier. Der Markt ist der lebhafteste im Lande. Gl' Orr*) (vni^oÖrr gesprochen), Hüttendorf mit einigen Schlössern, an der Nordostgrenze nahe dem Nezaz-Lande. Berühmt dnrch die hier gefochtcne Schlacht, durch welche die Rezaz ihre Uuabhängigkeit von Iiafi'a erlangten. Nassa, Stadt im Nordwesten. Geruba, zwischen Nassa und Moseta. A ah or**), im Nordwcften am Wadi gleichen Namens. Dhi Zor'a, soll ein kleiner Ort bei Moseta sein. ") Vci Hamdaui ist el Drr cinc Stadt dl's Ltciinin^s Adan. Dieser Staunn wohnt im sehr nahe gelegenen Rezazlandc. "*) Vei Hamdani ein Ort der Oeni Scha'ib. Staat und Geschichte der Yaffi. 297 0. Politisches. Keine einheitliche Regierung wie in UnterDaffa, kcin gemeinsamcr Sultan. Der'Atel von Atara, 'Ali Askcr, cl Mohagcbbi, gilt für den mächtigsten Stammcsfürstcu nnd wird zuweilen auch Herrscher von Obcr-Mffa genannt. Ihm gleich an Macht soll jedoch der'Akcl vonMoseta, Ssalah, den Ahmed edDhobbi, sein. Jeder der sieben Hauptstämme hat außerdem seinen 'Akel, der von den anderen unabhängig ist. So sind die Obcr-Bafi i, wenn anch tapfer nnd kriegslustig, doch dnrch Zersplitterung ohmnächtig Sie haben übrigens vom Auslande Nuhe, da ihr unwirthsamcs Hochgebirge keinen Eroberer reizt. Mit England bestanden bis jetzt keine politischen Verbindungen. Im Jahre 1871 erwartete man aber Leute aus Ober-Zjaffa in Aden, die solche anknüpfen sollten. Man wollte wenigstens einen Handelsvertrag zu Stande bringen. Die Ober-Aaffi verlassen fast nie ihr Vaterland. X. Geschichtliches. Die älteste Geschichte der Aaft'i fällt zusammen mit der der Hinwaren, zu denen sie unzweifelhaft gehören. Im Mittclalter bildete Ilaffa mehrere Jahrhunderte hindurch einen Bestandtheil des Reiches der Imamc uon 3>emen, dem es dnrch Eroberung einverleibt wnrde. Aus dieser Zeit stammt der Irrthum, Paff a als einen Theil von A'men zn bezeichnen, was es nur politisch, nicht topographisch war*). Aber die Mfi'i widerstrebten in Allem der Herrschaft uon Jemen, besonders da ihnen, als Schafe i, die Religion der Imame, die alle Zaidi waren, in den Tod verhaßt war. Nur so lange die Macht der Imame auf dem Gipfelpunkt stand, vermochten diese ^ ^asi a zu halten. Die Epoche der Befreiung Wffa's vom Joch der Imamc ist es mir nicht gelungen, genau zu ermitteln. Ich habe jedoch allen Grund, sie in das erste Drittheil des vorigen Jahrhunderts zu ""'schen. Zur Zeit von La Grülandiöre's Gesandtschaftsreise (1712) *) 2cr W. Vonna muh als dic Ostgrcnze uon Süd^jcmcn angesehen werden. Hler ist natürlich nicht vom sogenannten „Nemen im weiteren Sinne" (ganz Süd' rabien) die Rede, ein Begriff, der übrigens nnr im Gehirn von Nordarabern leben konnte, in Südaralnen aber unbekannt blieb. 298 Geschichtliches übcr Äassa. war nämlich noch Dhamar die Hauptstadt derZaididynastie*). Da dies sehr nahe bei ?)aft'a liegt und das Reich der Imame damals noch mächtig war, so ist wohl kaum zu glauben, daß sie eine rebellische Provinz in ihrer nächsten Nähe geduldet haben würden. Bald daranf wurde die Hauptstadt nach Sfa na verlegt. Als Niebuhr**) dieses bc-snchte (1763), konnte er dort, wie überhaupt in ganz 3)emen, nicht einmal etwas Zuverlässiges über Paffa erfahren. Der Abfall vom Neich muhte also schon vor einem Menschcnalter stattgefunden haben. Nach seiner Befreiung vom Joch der Imame muh Bafsa eine Zeit lang als eine grohe, ausgedehnte, uuabhängige Provinz dagestanden haben. Gs umfahte damals außer Ober- und Unter-Mffa noch das ganze Nezazlaud, einen Theil des Fodlilandes, ganz Abian bis nach Laheg und wahrscheinlich auch uoch das Land der Gaud, die ja im Alterthum auch zu den Wfi'i gehörten. Aber es trug den Keim der Zersplitterung in seiner Uneinigkeit. Die Fodli vergrößerten sich im Südostcn bereits im vorigeu Jahrhundert. Die Nezaz müssen sich sehr bald unabhängig gemacht haben, denn schon Niebuhr***) erwähnt eine Landschaft dieses Namens. Da nun der Name Nezaz dynastisch ist nnd erst dadurch auf die Landschaft überging, daß diese der Nezaz-Dy-nastie ihre Befreiung verdankte, so ist das Vorkommen desselben, als ciucs Ländernamens, ein deutlicher Beweis, daß die Losreißung des Nczazlandes von Wsi'a schon vor 1763 stattgefunden haben muß. Wann die Gaud sich losgerissen, werden wir bei Besprechung des Amirlandes anzudeuten versuchen. So war Mfi'a bereits im vorigen Jahrhundert fast um die Hälfte kleiner geworden. In diesem stand ihm dann noch der Verlust seiner schönsten Provinz, Abian, bevor. Noch bis Znm Jahre 1837 hatten die Aafi'i das Küstengebiet in einer Ausdehnung von 60 engl. Meilen inne. Davon eroberten in dem genannten Jahre die Fodli zwei Dritttheile und ließen ihnen nur den westlichsten Theil des Küstenlandes nm's Ras Sailan. Im Jahre 1858 verloren sie auch diesen letzten Nest und wurden somit ganz von der Küste abgeschlossen. *) Vci Niw'r Erdkunde XII. S. 74U. **) Nirblihr, V^schn'ibung von Arabkn S. 281. ***) Nkduhv, a. a. O. S. 282. Sitten und Gebräuche dcr Aafi'völker. 299 XI. Religion, Sitten u. s. w. Alle Zjasi'i sind Schafe i. Zaidi folleu im Lande gar nicht gc^ duldet werden. Bcschneiduug beider Geschlechter am siebenten Le-bcnstage. Kleidung: sehr einfach, Lendcntuch und Kopfbuud. In, Ober-3>asi'a wird da« ^cudcntuch ganz klein getragen. Bei der strengen Niuterkälte hüllen sich die ^cute in Thierfellc, uaiuentlich Schafhäute, Girrem genannt. Gcsichtsschlcier bei Frauen unbekannt. Getränke: Kaffee wird im ganzen Lande getruuken uud zwar der wirkliche Kaffee (Venn*) der Absud der Bohnen, uicht wie im Tiefland der Absud der Hülsen (Gischer). Man trinkt aber den Kaffee niemals rein, sondern mit Milch*"). Waffen: Die Waffen sind dieselben wie die oben bei den Fodli beschriebenen. Gin eigener Gebrauch, den aber auch ciuzelnc andere Stämme haben, ist der, für jeden Getödteten einen kleinen goldenen Nagel dem Griff der Gembiye einzufügen. Je mehr Nägel, desto größer dic Ehre. Man sieht streng darauf, daß Niemand sich ciu solches Ehrenzeichen unverdient beilegt. Zu jedem Nagel gehören Zeugen. Ich sah ganz junge Vafi i, deren Gembiye schon 6 solcher Nägel hatte, lauter Zeugnisse von Tödtlmgeu, die sie selbst vollbracht hatten. Wer eine solche Gcmbiyc erbt, muh die Nägel entfernen. Niemand darf sich mit fremden Federn schmücken. XII. Sprachliche Eigenthümlichkeiten. Die oben bei den Dicbi erwähnten sprachlichen Reminiscenzen des "ltcn Sabäisch-Himyarischcn finden wir in noch ausgedehnterem Grade bci den Aass l erhalten. Doch ist auch ihre Sprache jetzt eeutralaraoisch uud die Idiotismen können uur als provinzielles Beiwerk zu diesem bezeichnet werden. Von eiucr eigeuen „Sprache" ist nicht mehr die Ncde. ") Venn hcißt eigentlich Vohncn, Qcchwa das Gctrcmk. In Sndarabicn sagt man aber cmch für lchlcrcs Bcnn. **) Dicsc Sitt.' dchcht dn allcn Landbewohnern in dm Äafteedistncten Süd. aradicns. 300 Gefichtstyphus dcr Mssvölker. XIII. PliysiognomischcS. Die ^afli haben, wie alle Himyaren, schön gefornite, ^'delgebildete Züge, entweder gerade oder habichtartige Nasen (nur selten stnmpfe), dunkle, feurige Augen, schwarzes, sehr krauses Haar. Sie sind beinahe schwarz von Hauifarbe. Das VerMma bleicht also di« Haut nicht. Die Schwärze ist eben himyarisch. Sie neigen znr Magerkeit. Ihr Bart ist nicht so spärlich, wie der der himyarischen Tieflandbewohncr, Ich sah bei ihnen ziemlich starke Backenbärte, was sonst in Arabien eine große Seltenheit. Die Alten tragen den Bart „on Ooliior" und wenn dieser weiß ist, nehmen sich ihre schwarzen Gesichter dabei wirklich ein bische» pavianartig aus. Die jungen Männer sind oft von großer Schönheit. Frauen sah ich keine. Sie verlassen nie ihr Land. Neuntes (Kapitel. R e z a z. I, Name. — II, Geographische ^aa/, — III. Grenzen. — lV. Bodenerhebung. ^ V. Wadiö. — VI. Klima und Bodenerzeugnisse. — VlI. MiueralaueUe. — VIII. Stämme — IX. Städte und Ortschaften. — X. Politisches. — XI. Justiz. — Xll. Blutrache. — XIII. Sitteu, Religion u. f. w. - XIV. PariaS. I, Namc. Der Name Nezaz tst dynastisch und wahrscheinlich nener, als andere dynastische Namen, wie Fodli und 'Aulaqi, etwa ein Jahrhundert alt. Vorher wnhte Niemand ctwas von einem Volke „Rezaz." Das Volt ist genealogisch ein Theil der 3)asi°i, und hat feinen heutigen Namen von Ba Omm Rezaz, dem Kricgsführer, welcher seinen Befreiungskampf gegen Aasi°a anführte und in der Schlacht bei el 'Orr besiegelte. Da seine Dynastie seitdem herrschte, so erhielt Volk nnd Land von ihr den Namen*), wie dies in neuerer Zeit in Südarabien oft "orkam. II, Geographische Lage. Wir müssen hier zwei topographische Gruppen unterscheiden, nämlich den Hauptstock des Landes, der sich im ganzen Norden von Mfsa *) Wir sehen somit in Arabien gouz ctwaü Aehnlicheö, wie in Deutschland. Auch ivi,' haden Ländernamen, wie Baden, Wurtemderg, die cmöschlieszlich dyuci-sllsch sind. daneben solche von Vottöstämmen N'ie Sachsen, Baiern, die jeftt nur noch Theilen der Bänder gegeben werden, die sie ursprünglich trugen, aanz wie der Name Aassa. 302 Ausdehnung u. Beschaffenheit des Rezazlandes. hinstreckt und einen südöstlichen Ausläufer, der sich etwa nm einen Grad siidlicher hinzieht, als die größere compaete Ländermasse. Dieser südöstliche Ausläufer beginnt im Süden nahe an 14" 20' und erstreckt sich etwa bis 15" nördl. Breite bei einer Längenausdehnung von 45" 50' bis 46" 20' östl. Länge v. Gr. Der nördliche Hauptstock des Nezaz-landes liegt ungefähr zwischen 45" 50' und 45", ja selbst an einzelnen Stellen erreicht er 44" 50' östl. Länge v. Gr., bei einer verhältnißmäßig schmalen Breiteuausdehnuug von 14" 40' an Stellen 14» 50', bis zu 15", 15" 10' vielleicht auch 35" 20' nördl. Breite. Dies Alles natürlich nach ungefährer Schätzung, die auf den Berichten der Einheimischen beruht. III. Grenzen. ^ Der Hauptstock des Landes grenzt im Süden an Ober-Aafi'a, im Westen an Gefe und Neda, unabhängige städtische Gebiete, im Norden an die Stammesgebiete der 'Ans. Im Osten vereint er sich mit dem südlichen Ausläufer des Rezazlandes. Letzterer grenzt im Süden au das Audeliland und im südlichen Theil des Westens an Mfi'a. Im nördlichen Theil seiner Westseite ist er mit dem Hanvlstock des Rezazlandes verbunden. Im Norden grenzt er au Gezab, eiu unabhängiges Gebiet, uud im Osten au das Land der Oberen Auwaliq. IV. Bodenerhebung. Das ganze Land der Nezaz wird aus den nördlichen Abhängen der zwei großen Gebirge, des Sarw Himyar (Jafi'berge) uud des Kor gebildet. Die Abdachung des Kor ist der südöstliche Ausläufer, die der Aass berge der Hauptstock des Landes. Letzterer ist durchaus noch Höhenland. Auf dieser Seite beginnt das eigentliche Tiefland erst nördlich vom Nezazgebiet, da eben dieses hier iu Bezug auf die geographische Breite sehr schmal ist. Anders ist es mit dem südöstlichen Theil des Landes, der Abdachung des Kor; diese beginnt bedeutend südlicher, als die der Aass berge und sinkt schon nmerhalb des Nezazlaudes zu eiuer flachen Senkung hinab. Dies ist das Tiefland von Behan, der nordöstliche Theil des Rczazlandes. Die beiden Abdachungen, die des Kor und die der Aass berge treffen in der Gegclid von Nadman zu-zusammen. Flußthalcr ill! Rczcizlandc. 303 V. Wadis. Alle Wadis des Nezazlaudes liegen schon nördlich der Wasserscheide und fließen dem großen Binnenlands Gof (Djanf), zu. Die von dem Kor nordwärts fließenden Wasser vereinigen sich im Nordost des Ne-zazlandes mit den nördlichen Abflüssen der 'Xafi'berge, nnd außerdenl nehmen erstere auch noch einen Theil des westlichen Abflusses der Au-laqiberge (Sarw Äl'adhig) auf. Alle diese drei Abflüsse bilden hier uur ein einziges System. Vom Kor kommen folgende Wadis: W. Thamat, stießt an Beda, am Nordfnß des Kor, vorbei, von Süd nach Nord über Behan ed Dola nach Vehan el Gezab, legeres schon außerhalb des Nezazlandes. W. Beraike, vom Kor kommend, stießt gleichfalls in der Nähe von Neda vorbei, eine Zeitlang dein W. Thamat parallel und vereinigt sich dann mit ihm. W. Mcdheq, stießt durch das Stammcsgebiet der Azan, vereinigt sich im Osten mit dem W. Thamat. W. Omm Ghalis, von dem nordöstlichen AbHange der Kor, nimmt im Westen dcn W. Hauwir auf und fließt in den W. Thainat. Von: Aulaqi-Hochland kommt: W. Mesware, kommt vom Osten, stießt nach Nordwest am schloß Mesware vorbei nnd nach Vehan ed Dola in den W. Thamat. Von den Aafi bergen kommen: W. Na dm an oder Mela gem, kommt aus Melagem an dein nordöstlichen Abfall des Sarw Himyar, stießt nach Ostnordost in den W. Thainat, mit dem er sich jedoch erst im Tiefland Gezab vereinigt. W. ^)ekla, entspringt im Nordwestcn der^aftberge, stießt nord-östlich nnd vereinigt sich gleichfalls erst in Gezab mit dem W. Thamat. Es ist wahrscheinlich, daß der W. Thamat in seinen Tiestauf einen anderen Namen, etwa W. Behan oder W. el Gezab, führt, doch habe ü'l) ihn nicht in Erfahrung gebracht. VI. Klima und Boden erzeuynisse. Die meteorologischen Verhältnisse sind günstig, indem das ganze ^and in der Zone der tropischen Tommerregm liegt. Dmmngeachtet 304 Gin Wundorbnd im Rezazlcmdc. kommen im Tiefland wüftenartige Striche vor, so z. B. am Ticflauf des W. Radman eine Wüste, Ohobbet el Gu an (Hungerwüste) genannt, die sich im Norden von Melagcm bis gegen Behan el Gczab hinzieht; doch liegt sie zum Theil schon außerhalb (im Norden) des Rezazlandes. Das Tiefland des W. Thamat dagegen, nm Behan cd Dola, ist ein fruchtbares Palmenland, was bereits Hamdani erwähnt. Hier wächst auch viel Sesam. Die Gegend um Beda, am Nordabhange des Kor, ist fast noch Hochgebirge. Hier gedeihen Obstarten, Wein, Feigen, Granaten, treffliche Pfirsiche. Im Vergland wächst vielfach eine Sinapusart, Chardel genannt, aus der das Oel für den gewöhnlichen Gebrauch genommen wird, da nur das Tiefland Sesam hat. Der nördliche Abhang der Aafiberge scheint vorzugsweise Weideland. In den höheren Gegenden findet sich Gerste, Hafer, in den mittleren Durra, Mescweli (rother Dochn), wenig Weizen. Kaffee, Kaat, Baumwolle fehlen. VII. Mineralquelle. Eine Mineralquelle, der Beschreibung nach schwefelhaltig, befindet sich in Msaide, im Gebiet der Suad, unweit der Westgrmze. Die Quelle ist heiß, aber in ihrer nächsten Nähe scheint eine kalte zu sein. Denn nur so kann ich mir die Erzählung der Araber zusammenreimen, welche einstimmig aussagten, cs flösse hier aus einer und derselben Quelle zugleich kaltes und heißes Wasser. Nach dem landläufigen Aberglauben geschieht das Wechseln der Temperatur des Wassers auf Anrufen des Ginn (Genius) der Quelle. Dieser Ginn heißt Msa ud. Ruft nun der Badende ,M Msaud bcrd" Tag westlich von Nadman und 1'/^ Tag östlich von Gefe, im Fluhgebiet des W. Äekla. 11. Ahl Ho fain, wohnen zwischen der Westgrenze und den Sued, einen Tag östlich von Gefe, '/2 Tag westlich von Msa'ide, am W. Mla. 12. Bazir, wohnen an der Westgrenze zwischen Gefe nnd den Ahl Hosain, nördlich von ihnen beginnt das Gebiet der Murad und 'Ans. IX. Städte und Ortschaften. Behan (Baihacm) ed Dola, d.h. das Behan des Herrschers, weil es die Hauptstadt ist. Man setzt immer cd Dola dazu, weil unter Behan schlechtweg oft das Behan el Gezab, das zwei Tagereisen nördlicher liegt, verstanden wird. Obgleich Hauptstadt, so hat doch Behan keine eigentlich städtische, d. h. bürgerliche, Handels- und gewerbsbeflissene Bevölkerung. Die Bewohner sind alle Qobayel (freie Stämme) vom Geschlecht der Ahl Bcgga und verachten jede bürgerliche Beschäftigung. In Folge davon wenig Handel, unbedeutender Markt. Etwa 200 Einwohner. Juden werden hier gar nicht geduldet. Großes Schloß, genannt Hoffn Hosain Rezaz. Hier sind, wie fast überall im Tieflande, die Gebäude nicht mehr von Stein, fondern von Luftziegeln. Der Sultan, obgleich Behan seine officielle Residenz ist, wohnt gewöhnlich in Mes Ware; großes Schloß des Sultans und Residenz, genannt Hoffn Mesware, am Wadi gleichen Namens, eine kleine Tagereise südöstlich von Behan ed Dola und eine Tagereise nordöstlich voil Beda. Sehr kleine Stadt, besteht eigentlich nur aus fünf Negierungsschlössern. Hier ist das Steueramt für alle Karawanen, welche das Land der Rezaz durchziehen. Die Salzkarawanen von Ghabt, die nach Westen gehen, müssen hier vorbei und Steuer entrichten. Beda (Vaidhaa), größte Stadt im Lande und einzige Handelsstadt, einziger Ort, der eine bürgerliche Bevölkerung befitzt, wird auch der„Bander" (Handelsemponum) genannt. Liegt am Nordwestfuh des G Kor, zwifchcn W. Thamat und Beraike, in fruchtbarer, baumreicher Gegend. Die Einwohnerzahl wird auf 2000 Seeleu geschätzt. Darunter sind auch Juden, aber sehr wenige, kaum 30 Seelen. Viele zugewanderte Ortschaften im Landc der Rezaz. 307 Fremde. Die anderen sind von Haus ans Städter ohne Stannnestradi-tionen nnd stehen social und politisch sehr tief, selbst wenn sie reich sein sollten. Reichthum herrscht hier jedoch nicht, kaum etwas Wohlhabenheit. Die Bewohner sind Kaufteute, Handwerker, theils auch Landbauem, aber alle Nayc nnd stehen nnter despotischer Znchtruthe sowohl des Snltcms, wie aller in die Stadt kommenden Qobayel. Der Sultan hält hier einen eigenen Statthalter, Neqib betitelt, der jedoch nichts ist, als ein Beamter, nnd z. B. ohne Erlaubniß des Sultans nicht zum Tode verurtheilen darf. Der Sultan hält eine Garnison von 80 Qobayel, welche die Städter despotisch behandeln. Vier große Negierungsschlösscr von Stein. Die anderen Gebäude sind nur mittelgroß, aber fest gebaut, von Stein. Die Stadt hat einen kleinen Vasar und einen sehr besuchten Wochenmarkt. 'Assa, kleine Ortschaft nahe bei Beda, ausschließlich von Echenfen bewohnt. Dörfer im Stammesgcbiet der Azan: Au wan, Mesabek, Schir-gan, Meschrah, mo6m. Aus seiner Milch, so wurde mir erzählt, soll sich, obgleich sie giftig ist, doch ein genießbares Salzmehl absoudcrn lassen, ähnlich wie, die Tapioka, die ja bekanntlich auch das Product einer Giftpflanze (in Brasilien heimisch) ist. Ich möchte dies jedoch bezweifeln. VII. Ortschaften. Hauptstadt! Bir Ahmed, ist der einzige nennenswerthe Ort im ganzen Gebiet, Sitz des Sultans. Kleiner Basar mit Läden, die fast immer halbgeschlossen sind. Wochenmarkt. Gtwa 30 Häuser, worunter das Schloß des Sultans, stattliches Gebäude mit 4 Stockwerken, 4 großen Gckthürmen, Terrassen und Zinnen, jedoch nur winzig kleinen Fenstern, mit Holzschnitzwerk versehen. Alle Bauten von Luftziegeln, ohne Anstrich. Außerdem besteht noch ein Gewirrc von Stroh- und Schilf-Hütten, in denen Beduinen und Fremde wohnen. Außer den eingeborenen Einwohnern, etwa 200 an der Zahl, giebt es hier noch eine ziemlich zahlreiche und buntgemischte flottautc Bevölkerung, aus allen moslimischen Elementen, die das nahe Aden beherbergt, sich erneuernd: ostindische Moslems, Hadramauter (diese Kaufleute Arabiens), Somali's (Subäthiopier von der Berbera-Küste), wirkliche Neger, Juden; ich sah sogar einen Chinesen. VIII. Der Sultan der Aqareb und sein Hof. Md Allah ibn Haidra, der Sultan der 'Aqareb, oder wie er ge- Dor Aqrabi-Sultan und sein Hof. 317 wohnlich genannt wird, der Schech von Bir Ahmed, ist ein schwächlich aussehender Mann uon etwa 50 Jahren, beinahe ganz schwarz, fast bartlos, mittelgroß, mager nnd verfallen. Bei einein Besuch, den ich ihm im Frühjahr 1871 machte, empfing er mich in einem niedrigen Schuppen, in welchem er in Mitte seiner Brüder und Vettern saß. Alle waren bis auf das Lendentuch nackt, trugen aber fürchterlich große Gembiye (Dolchmesser), sogar einige ganz junge Knaben. Dem Sultan wurde ganz dieselbe, keine höhere Ehrenbezeugung erwiesen, wie feinen Brüdern, die dicht neben ihm saßen. Jeder Eintretende küßte nämlich dem Sultan die Hand, aber dieser ließ sie sich nicht vornehm küssen, fondern hielt die Hand, welche die seinige zmn Munde geführt hatte, fest und machte Miene, sie gleichfalls küssen zu wollen, ja einigen alten Männern gegenüber ließ er es nicht bei der Miene. Alles dies zu wiederholten Malen und mit anscheinend großer Herzlichkeit. Ganz dasselbe Ceremonicll fand den Brüdern des Sultans gegenüber statt. Seine Unwissenheit iu Bezug auf europäische Dinge war groß, ja selbst von Arabien schien er nichts zu kennen als Aden, auch dieses kaum. Von Europa's Völkern kannte er nur die Engländer. Von den Franzosen hatte er gehört und hielt alle Nicht-Engländer für solche, so auch mich. Obgleich ich ihm meine Eigenschaft als Deutscher mehrmals auseinandergesetzt hatte, verrieth sein Gespräch doch immer wieder, daß er mich für einen Franzofen hielt, ja er machte sogar einige für letztere schmeichelhafte Bemerkungen, in der Meinung, mir zu gefallen, was bei dem damals zwischen uns nnd Frankreich noch herrschenden Kriege sehr ko'nisch herauskam. Er schien gar nicht begreifen zu können, warum ich ihn besuche, vermuthete irgend einen politischen Zweck nnd wartete gespannt auf die Enthüllung des Geheimnisses. In Bezug auf alle Fragen, die ich über sm: Land that, war er fehr zugeknöpft. Merkwürdig war mir auch, daß keiner seiner Unterthanen wußte oder wissen wollte, daß der Sultan englischer Pensionär ist. It! Aden fallt es Niemandem ein, hieraus ein Ge-hnnnnß zu machen, da es offenkundig ist, daß alle kleinen südarabischen Fürstm Pensionen von England beziehen, und Niemand erblickt darin etwas, dessen sich diese Fürsten schämen müssen, da nach arabischen Ve-Mffen nicht der Empfänger, sondern der Zahler, den man gern mit 318 Sultan und Regierung der Asiareb. einem Tributpflichtigen verwechselt, sich eines solchen Verhältnisses zu schämen braucht. Hier aber fand ich es umgekehrt. Komisch war auch, daß dieser nur zwei Schritte von einer englischen Stadt wohnende Fürst nie in seinem Leben eine Cigarre gesehen hatte, so daß eine von mir angezündete sprachloses Erstaunen und Nachfragen, was das Wunderding sei, hervorrief. Man hielt es allgemein für Haschisch, von welchem betäubenden Kraut man hier gehört hatte, das aber Niemand kannte. Man raucht hier, wie in ganz Südarabien, nur die Wasserpfeife (Nargileh). Auch im Gmpsangszimmcr des Sultans standen mehrere, gefüllt und angezündet, und machten die Runde. Jeder that ein paar Züge und überließ die Pfeife dann seinem Nachbar. Auf einem Kohlenbecken, im Winkel des Zimmers, stand ein großer Kaffeetopf, gefüllt mit Gischr, dem Absud der Kaffeehülsen, welchen man hier, im heißen Tiefland, dem für zn erhitzend, ja für fiebercrzeugend gehaltenen Absud der Bohnen vorzieht. Davon wurde stets in reichlicher Menge herumgereicht. Jeder Anwesende trank wenigstens vier Tassen. Mancher Südaraber soll täglich an dreißig Tassen Gischr leeren, was ihn gleichwohl nicht ruinirt, denn die Hülsen, die nicht er-portirt werden können, sind spottbillig. IX. Regierung. Die Regierung ist durchaus patriarchalisch und, wird vom Sultan in innigem Ginverständniß mit seinen Brüdern und Vettern, ja allen Mitgliedern der Dynastie, ausgeübt. Selbst seine Einkünfte darf er sich persönlich nicht zueignen, sondern muß Jedem seiner Verwandten eine Quote abgeben. Dieselben bestehen aus der englischen Pension von 50 Maria-Theresien-Thalern monatlich (etwa 880 preuß. Thaler jährlich) und dem Transito - Zoll von 2«/« vom Werthe aller durch sein Gebiet beförderter Waaren. Dieser Zoll ist nicht unbedeutend, da fast Alles, was von Südwcst-Yemen nach Aden geht, über Vir Ahmed trans-portirt wird. Er war jedoch vor etwa zwanzig Jahren noch viel ansehnlicher. Daß er abgenommen hat, bildet auch wieder (ganz wie die oben erwähute Wasserfrage) einen Beschwerdegrund gegen den Sultan von Laheg. Gin großer Theil der im Westen und Nordwesten von Bir Ahmed wohnenden Ssobehi-Stämme ist nämlich in neuerer Zeit in eine Art von freiwilligem Vasallen-Verhältniß zum Sultan von Laheg getreten, und Politik und Rechtspflege der Aqareb. 319 da dieser gleichfalls einen Zoll für die sein Gebiet durchziehenden Waaren erhebt, so suchte or natürlich jene Stämme zu bestimmen, die Karawanen abzulenken, und sie statt den näheren Weg über Bir Ahmed den weiteren über Laheg nehmen zu lassen; einen Gefallen, welchen ihm viele dieser Stämme auch gethan haben, so daß mm der Zoll nicht weniger Waaren, statt in die Kasse von Bir Ahmed, in diejenige von Laheg wandert. Gern würden die ° Aqareb sich dem widersetzen, aber, ganz abgesehen davon, daß England nicht den Krieg zwischen zwei ihm gleich befreundeten, wenn auch untereinander verfeindeten Stämmen gestattet, so ist auch die Ohnmacht des kleinen ^Aqareb-Staates zu groß, um jetzt, da die einstigen Verbündeten ihn im Stich lassen, noch etwas gegen Laheg unternehmen zu können. Der Sultan hat einige dreißig Soldaten, von denen etwa ein Dnttheil Reitkameele, die anderen nur gewöhnliche Kameele haben. Ihnen giebt er nur die Naturalverpflegnng, keinen Sold. Sie gehen gleichfalls bis anf das Lendentuch nackt, haben aber oft sehr kostbare Waffen, die ganz den oben bei den Fodli beschriebenen gleichen. Im ganzen Ländchen ist Niemand, der ein Pferd sein eigen nennt. X. Justiz. Alle 'Aqareb scheinen im Verhältniß von Naye zum Sultan zu stehen; aber dies Verhältniß führt hier nicht zum Despotismus. Da öie Aqareb fast alle miteinander, ja selbst mit dein Fürstenhause verwandt sind, so scheut sich der Sultan, Jemandem eine ernstliche Strafe aufzuerlegen. Seit Menschengedenten ist keine Hinrichtung vorgekommen. Auf Diebstahl steht zwar die Strafe des Handabhauens, dem Qoran Nemäß, kommt aber nie zur Ausführnng. Kleine Diebe sperrt man em, d. h. man läßt sie mit gefesselten Beinen frei in einem großen Hofe hemmgehen. Unverbesferliche Diebe sucht man sich auf gütlichen! Wege vom Halse zu schaffen, indem man ihnen Gelegenheit giebt, nach Aden zn entwischen, und sie bleiben dann stillschweigend verbannt. XI. Sitten, Religion u. s. w. Alle 'Aqareb sind orthodoxe Schafe i und haben ganz dieselben ^ligiösen Gebräuche, wie die Fodli, 'Auwaliq, Aafsi. Ihre Kleidung ist auch die jener Völker. Nur bequemen sich die 320 Eifersüchtige Strenge gegen die Frauen. Frauen hier schon mehr der städtischen Sitte, das Gesicht zu verschleiern. Die Frauen der Vornehmen kommen zwar fast nie aus dem Hause; wenn dies aber geschieht, so tragen sie, nach dem Brauch von Aden, ein buntes Moussclintuch über's ganze Gesicht, selbst die Augen, eng gespannt. Dies ist jedoch nicht durchsichtig genug, nm ihr Gesicht sehen zu lassen, hindert sie dagegen selbst wenig im Sehen. In Bezug auf die Absperrung der Frauen ist man hier sehr streng. Weder das Schloß des Sultans, in welchem sich sein und seiner ganzen näheren Sippschaft Harem befindet, noch auch die Privathäuser der Stadtbewohner, ja selbst nicht die Hütten der Armen dürfen jemals von einem Manne, der nicht zu den nächsten Verwandten gehört, betreten werden. Der erwähnte Schuppen, in dem mich der Sultan empfing, ist so ziemlich das einzige neutrale Gebiet, auf dem sich Männer (außer auf freiem Felde) begegnen können. Diese Strenge geht sogar so weit, daß man nicht einmal die etwas abgelegeneren Straßen von Bir Ahmed durchwandeln darf, ohne sich ernsten Vorstellungen ausgesetzt zu sehen. Solche wurden auch mir zu Theil, als ich es versuchen wollte, die erwähnte Hüttenvorstadt zu besuchen, um dieses merkwürdige Labyrinth etwas näher zu inspiciren. Der mich begleitende Soldat des Sultan rief gleich beim ersten Schritt, den ich auf die Hütten zu that: „Aib tefir honak" (Gs ist eine Schande, wenn du hier hemmgehst) und weigerte sich, mich zu begleiten. Die Araber können nun zwar nicht immer vermeiden, solche verbotene Wege zu betreten, aber sie hüten sich dann wohl, mit den Blicken umherzuschweifen. Die in Häusern wohnenden Männer dürfen nicht an's Fenster treten, wenn, was oft geschieht, Frauen aus den gegenüberliegenden blicken. Die Dachterrasse Pflegen nur Frauen zu besteigen, da man von dort aus die Nachbarinnen sehen kann. Auch gilt es für sehr unpassend, beim Durchschreiten der Straßen, selbst der Hauptstraße, seine Blicke in die Höhe nach den Fenstern zu richten. Die Frauen brauchen sich auf ihren Terrassen, an den Fenstern, ja in den abgelegenen Straßen, selbst vor den Hausthüren, lange nicht so viel Scheu aufzuerlegen. An den Männern ist es, ihren Anblick zu vermeiden, oder wenigstens zu thun, als sähe man sie nicht. Dennoch gehen diese Frauen auch auf's Feld, um da zu arbeiten, aber gleichfalls dort beschützt sie die eiserne Sitte, welche jede Annäherung, jedes sich Umsehen als eine Schandthat brandmarkt. Geschichte dcs Aqrcbistammcs. 321 XII. Geschichtliches. Der Stamm der'Aqareb scheint schon in alter Zeit dieselbe Gegend bewohnt zu haben. Unter dem Namen Veni Harith erwähnt sie Hamdani, aber er kennt bereits ihren hentigcn und setzt hinzu: „Die Veni Harith, das sind die 'Aqareb." Es ist nicht daran zu denken, in diesen V. Harith den gleichnamigen Kinda-Stanmt zu suchen. Die'Aqareb find so unzweifelhaft Himyaren, wie 3)asi'i, Ssobehi u. s. w. Man braucht sie nur anzusehen, um dessen gewiß zu sein. Der Wohnsitz, den Hamdani ihnen anweist, ist fast genau der heutige. Nur scheiueu sie früher einen weiteren Bezirk innegehabt zu haben, wahrscheinlich weil sie bedeutender, zahlreicher und mächtiger waren, als jetzt. Die ersten Reisenden, welche von den ^Aqareb berichteten, waren die Officiere der englischen Küsten aufnah me vou 1833, Cruttendcn und Grieve, die von ihnen als einem „schönen, kriegerischen Menschenschlag," etwa 600 Mann stark, die in allen Kriegen der Küstenaraber eine Nolle spielen, obgleich sie nur ein Gebiet von 2 Quadratmeilen einnahmen, erzählten. Damals besaßen sie noch den Gebel Hasan und die östliche Küste der Towayi-Bucht, hatten sogar einen kleinen Seehafen, uahe an den sogenannten „Eselsohren" (zwei zuckerhutförmigen Felscnspitzen, Ausläufer des G. Hasan) und trieben etwas Handel. Seit dem Aufschwung von 'Aden wurde ihr Handel, wie der aller kleinen Küstenorte dieser Gegend, dnrch die Concurreuz des neu aufblühenden Emporiums gänzlich erdrückt, und da sie keinen Vortheil mehr aus ihrem kleinen Hafenort zogen, so gingen sie auf das Anerbieten Englands ein, ihm den Gebel Hasan, sowie ihr ganzes westliches Küstenland zu verkaufen. Der Kaufvertrag kam im Jahre 1868 für die Summe von 30,000 Maria-Theresien-Thalern (44,000 preuß. Thlr.) zu Stande. England zieht aus diesem Geschäft keinen anderen Vortheil, als den, ^ß es nicht mehr Gefahr läuft, einen Theil der trefflichen Towayi-Vucht, der Nhede von Aden, in die Hände einer anderen Seemacht über-NHen zu sehen; denn nichts hätte diö'Aqareb verhindern können, diesen Küstenstrich einer anderen Macht, etwa Frankreich (welches wirklich um 1^' Zeit darauf sann, einen arabischen Hafen anzukaufen, und dies Ansinnen auch bald darauf durch die Erwerbung von Schech Sa id bei 322 Stammcsfchdcn dcr Völker uni Aden. Vab el Mandcb ausführte) abzutreten, eine Abtretung, welche die fragliche Macht Zur Mitbesitzerin der Nhede von 'Aden gemacht hätte. Vor dieser Epoche hatten die 'Aqarcb fchon zu wiederholten Malen Verträge mit England geschlossen, von Zeit zu Zeit zwar gebrochen, indem sie fast an allen Kriegen der umliegenden Stämme gegen Aden Theil nahmen, aber stets wieder nach dem alten Entwurf erneuert. Der jetzt in Kraft bestehende Vertrag unterscheidet sich von den: zwischen England und Laheg nur durch die Verschiedenheit der Subsidiensumme (oben schon erwähnt) oder Pension, welche dem Sultan gezahlt wird. In den inneren Stammesfehden spielten die 'Aqareb, trotz ihrer Geringzähligkeit, immer eine wichtige Rolle. Sie sollen vor einem oder mehreren Jahrhunderten (etwas Verbürgtes konnte ich über die Zeitepoche nicht erfahren) unter Laheg gestanden haben, wenigstens erheben die 'Abadel noch jetzt den Anspruch der Oberhoheit auf ihr Land, ich glaube jedoch mit Unrecht. Zur Glanzzeit des Imamats standen beide, ' Abadel wie 'Aqareb, unter den Fürsten von Pemen. Als sie sich frei machten, scheinen sie eine Zeitlang einen einheitlichen kleinen Staat gebildet zu haben. Aber dieser Znstand konnte von den 'Aqareb nicht lange ertragen werden. Die Antipathie gegen Laheg war zu groß. Diese wurzelt wohl hauptsächlich in dem fremden Ursprung von dessen Dynastie, die nicht hinMrischer Abstammung ist, wie die Aqareb es ohne Zweifel sind, denn ihre Physiognomie, ihre schwarze Hautfarbe, ihre Körperbildung sind ganz dieselbe, wie die der Msi'i, der Fodli und anderen Himyaren. Jedenfalls sind die 'Aqareb seit etwa einem Jahrhundert unabhängig von Laheg, das ihnen freilich niemals Ruhe ließ, nie einen wirklichen Frieden mit ihnen schloß und stets den Versuch erneuerte, ihr kleines Territorium zu verschlingen. Daß dies nicht geschah, verdankten die 'Aqarcb der mächtigen Vundcsgenossenschaft der östlichen Nachbarn und Erbfeinde von Laheg, der Fodli, welche in keinem Kriege verfehlten, ihre Partei zu ergreifen. Der letzte Krieg zwischen 'Abadel und 'Aqareb fand im Jahre 1855 statt. Damals waren die Fodli zu sehr anderweitig (durch den Krieg mit den 'Auwaliq) in Anspruch genommen, so daß die'Abadel ungehindert nach Bir Ahmed rücken konnten. Der Sultan der Aqareb wäre verloren gewesen, hätte nicht ein Zufall ihn gerettet. Die Auwaliq, die Verbündeten von Laheg, forderten nämlich gerade in diesem Zeitpnnkt von dessen Snltan die ihnen für diesen Kriegsbeistand versprochenen Eubsidiengelder, aber, sei es Geiz, Letzter Krieg des Aqrcbistammcs. 323 sei es Unvermögenheit, der Sultan weigerte sich ;n zahlen. Darüber löste sich ihr Bündniß auf, die 'Anwaliq zogen heim und ließen die Abadcl zwei Feinden, den 'Äqareb und Fodli, gegenüber, welchen 'letzteren sie nicht gewachsen waren. So ward der Snltan von Laheg ssenöthigt, die Belagerung aufzuheben und Waffenstillstand eintreten zu lassen. Seitdem legt die Uobermacht Englands den beiderseitigen Feindseligkeiten Stillschweigen auf. Zu einem offenen Kriege darf es nicht mehr kommen, aber an Blutfehden, Privatfeindlichkeiten und Verationen "ller Art fehlt es zwischen den sich nach wie vor hassenden Stämmen auch jetzt nicht. 21* Zwölftes Capitel. Abdeli-Land oder öaheg. I, Name. — II. Geographische Lage. — III. Grenzen IV. Bodenerhebung. — V. Wadis. — VI. Klima und Vodenerzeugnisse. — VII. Stämme. — VIII. Städte und Ortschaftün. — IX. Snltan, Dynastie und Hof. — X, Negiern g. — XI. Finanzen. — XII. Münze. — XIII. Militär. - XIV. Justiz. ^ XV. Auswärtige Politik. — XVI, Oberhoheit über fremde Stämme. — XVII, Geschichtliche — XVIII. Religion. — XIX. Sitten nnd Gebräuche. — XX, Gastfreundschaft. — XXI, Europäer in ?aheg. — XXII. Verrückte Heilig. — XXIII, Juden nnd Parias. I. Namr. Der Name'Abdeli*), im Collectiv Abadel, ist höchst wahrscheinlich dynastisch. Abgeleitet ist er uon 'Nbd (Nisba mit cinge-schobcnem I) das als Stammesname hier sonst nicht vorkommt, wohl aber im Speciellen der Name des Herrschergeschlechts ist. Gr ist übrigens neueren Datums. Das Volk wurde früher Asbahin genannt. Der Name Laheg ist ein uralter Ländername. Nach Aaqut hat *) Die Schreibart Abd 'Ali, welche Ritter nach Haines nnd Wellsted gebraucht, ist durchaus unrichtig und widerspricht anch ganz dem arabischen Sprach-bebrauch. „Sklaven 'Aü's" könnten sich allenfalls Schsiten nennen, was die Abadel aber nicht sind. Wollte man Ali „der Höchste" übersehen, so dürfte der Artikel davor nicht fehlen. ,/Abd el Al" ist ein häufiger Name, Aicherdem branchl man den Namen nnr anösprechen zu hören, um zu wissen, daß hier lein °A!u vor dem l steht. Sultanat von Lcchcg. ?>25 es einen Stannnvater dieses Nainenö gegeben, der im 8. Gliede vorn ersten Hnnyar^) stamnüe. II. Geographische Lage. Das 'Abdcli-Wnd erstreckt sich von etwa 44" 45< bis 45" 5' östl. Lauge v. Gr. und von 12" 50' bis 13" 12' nördl. Br. Dies die Aus-dehnnng des Sultanats. Der Sultan nimmt aber noch die Oberhoheit über eine Menge Ssobehi-Stämme in Ansprnch und übt sie theilweise anch aus. Diese gehören indeß politisch kanm nnd topographisch gar nicht hierher. III. Grenzen. Im Süden'Aden nnd das 'Aqrcbi-Land. Im Westen die Ssobchi. Im Norden das Hanschebi-Land. Im Osten Abian, jetzt den Fodli gehörig. IV. Boden crhcbunss. Der größte Theil des Landes ist Tiefland, das niedrig gelegene Flnßthal des W. Tobban nnd seiner Seitenarme. Oestlich und westlich vom Flußthal find wenig erhöhte gewellte Ebenen. Die östliche, die sich bis in's Fodli-Land hinein erstreckt, heißt Mehaidan. Ätördlich verengt sich das Flnßthal und felsige Berge treten auf. V. Wad is. Wadi Tob ban, vul^o der Fluß von Lahcg genannt, einer der größten Wadis dieses Theils von Südarabicn, konimt aus der Gegend vun Yerim, wo er, wie im ganzen Nordlauf, W. Nura heißt. Der W. Nnra ninnut in der Gegend vou Zaida den vom Gebcl Ssabr kommenden W. Warezan auf und heißt nun W. Tobban. Gr trennt !lch 7 engl. Meilen nordwestlich von Hauta in zwei Arme, den W. el Ü'bir und W. ess ceghir (großen und kleineu W.), deren erster bei Hcssua, letzterer unweit des Städtchens'Omad, östlich vou Aden, mündet. ') Di.: Filiation ist: Lahcg, dm Wayil, ben cl Ghaut, dm Qcitan, bcn 'Arid, ^'" Zohaiv, den Aiman. l^'n Hamaisa, dcn Himyar, brn Saba, dcn ^aschziod, ^'" Aa'wb, den Qahtan. Nu Sohn jenes Wttyil war nach cmdcrcn List^i 'Add ^chl-ms, der Iimgcrc, der 18. Äöiüg von Mmcn, dl'r 13. dci Wr^d^. Nar di^s "ur cii, andcn'r Ncmn- für Lahcg? ^26 Der angebliche Wadi Maidam. Trotz feiner Wichtigkeit ist er kein perennirender Fluß. An der Mündung flicht er uur im Hochsommer. Der Name Tobban ist wenig bekannt, indem das Volk meist vom „kleinen" oder „großen" Fluß oder vom „Fluß von Laheg" spricht. Dies erklärt wohl dm Irrthum Niebuhrs, Wellsted's, Haines' und den aller heutigen Europäer in Aden, welche den Fluß einstimmig W. Maidam nennen. Maidam ist aber nichts als eine Verhunzung voll Mehaidan, dein Namen einer Steppe im Osten vom W. Tobban und im Norden v. 'Aden. Wer Mehaidan bereist, wie ich cs that, der kann übrigens keinen Augenblick den Namen eines Wadi für dieses Land festhalten. Es ist eine völlig trockene Steppe. Der Name ist freilich sehr bekannt. Jeder Eingeborene spricht von Mchaidan. Jeder Europäer der nach Laheg geht, hört dies Wort, nud da der Volksmund dem Flusse uur so allgemeine Namen, wie der „kleine", der „große", der „Fluß vou Laheg" giebt, so liegt die Verwechslung nahe, Mehaidan für den speciellen Namen zu halten, besonders da der Weg die Hochebene berührt. Ich mußte mir förmlich Mühe geben, den wahren Namen des Flusses zu erfahren und konnte ihn nicht eher ermitteln, als bis ich auf dm Gedanken kam, den Landesherrn, den Sultan von Laheg selbst, der es doch am Besten wissen mußte, danach zu fragen. Dieser sagte mir und seine Brüder, Vettern, sowie ein Dutzend arabischer Gelehrten, seine Hofleute, Soldaten u. s. w. bestätigten nun alle einstimmig Folgendes: „Der Fluß heißt W. Tobban. Mehaidan ist nur ein Weideland, eine Steppe"*). Uebrigens merkte ich später, daß auch das Volk den Namen sehr gut kennt. Es findet es nur bequemer, jene allgemeinen Ansdrücke zu gebrauchen. Nie aber hörte ich einen Araber von einem W. Mehaidan (oder gar Maidam) reden. Ritters") Notiz: „Der W. Maidam zieht an der Stadt (Laheg) vorbei", ist also ein Irrthum. Höchst seltsam ist, was er dann sagt, „wenn auch feine Mündung noch unbekannt zu sein scheint." Von dieser Mündung (bei Hessna) war schon oben die Nede. Sie hat allerdings selten Wasser. Aber man sollte kaum glauben, daß sie Wellsted und Niebuhr, die doch in'Aden Notizen sammelten, unbekannt geblieben sei. In Aden kennt sie jeder Araber. *) Da die Kanieele an Stepftenpflanzen Weide finden, so kann selbst cinc Steppe hier als Weideland bezeichnet werden und wird eö allgemein. **) Ritters Erdkunde XII. S. 707. Das fruchtbare Gebiet von Laheg. 327 VI. Klima und Bodcnerzcugnissc. Das ^and hat durchaus Küstcnklima, würde also auf die prekären Winterregen angewiesen sein, besäße es nicht den W. Tobbau, der in seinem oberen Lauf die tropischen Sommerregen empfängt und das kostbare Naß dem Tiefland zuführt. Ich hörte allgemein bestätigen, daß im Gebirge nördlich von Laheg, wo ein Theil des Flußwassers durch Schleußcn zurückgehalten wird, dasselbe niemals gänzlich ausgehe. Ginige dieser Schlcnßen werden nur im äußersten Nothfall geöffnet, eine Reserve für die schlechtesten Zeiten. Nnr der Sultan kann die Erlaubniß zum Oeffnen geben. Im Tiefland sucht man es durch geschickte Bewäsferungs-anstalten so einzurichten, daß man das ganze Jahr hindurch den einen oder anderen Theil der Felder bewässern kann. Kein Tropfen Wasser geht hier verloren, anßer im Hochsommer, wenn alle Schleichen überfließen nnd der Fluß in's Meer gelangt. Die Folge der geschickten Ausbeutung dieses Waffeworraths ist große Fruchtbarkeit. Das Tiefland von Laheg ist einer der gesegnetesten Landstriche Arabiens. Wellsted vergleicht es nicht ganz mit Umecht mit dem Nil« thal. Baumwolle wird in Menge angepflanzt und soll von ausgezeichneter Qualität sein, Vortrefflicher Weizen, Dmra, Dochn, Sesam, Tabak, Wein, Feigen, Bananen, Orangen, Citronen, die Früchte der heißen neben denen der gemäßigten Zone gedeihen hier. Was der Boden bei geschickter Cultur zu leisten vermag, beweisen die zwei von Ostindicrn in Laheg besorgten Gemüsegärten, von denen sämmtlicher Gemüsevor-rath Adens bezogen wird. Hier wachsen sowohl die Gemüse Ostindiens, als die Europa's, namentlich trefflicher Kohl, sonst in Arabien etwas Unbekanntes. Die Datteln sind von geringer Qualität. Kaffee wächst hier ebensowenig, wie in anderen Küstenländern. Die Ebene Mehaidan trägt jene Steppengewächse, welche als Kamcelfutter beliebt sind nnd von denen bei Bir Ahmed die Nede war. VII. Stiimmc. Jetzt begreift man die Bewohner des Sultanats Laheg alle unter dem Namen ,/Abadel." Oben wurde schon gesagt, daß dies der spceieNe Name der Dynastie ist. Wäre letztere einheimisch, so könnte er doch "uch der ursprüngliche Name des Volkes sein. Dies ist aber nicht der Fall, wie sowohl ihre Geschlcchtstradition, als die Physiognomie, helle Hautfarbe, das schlichtere Haar, die Neigung zur Wohlbeleibthcit ihrer 328 Stämme des Sultanats Laheg. Mitglieder beweisen, alles Züge, die beim Volte entweder fehlen oder ganz anders sind. Die Dynastie „Abdeli" ist aus Centralycmcn nnd stammt von einem Gouverneur der Imame, der sich frei machte lind das Land als Sultan regierte; dagegen ist das Volk echt himyarisch. Znm großen Theil besteht es wohl ans Asfabeh oder Assbahin, Völkern, die auch Hamdani hier nennt und deren Name sich jetzt noch bei den westlichen Nachbaren, denSsobehi, erhalln hat. Gin anderer von Hamdani hier genannter Stamm, die Waqcdin, scheint jetzt ganz unbekannt. Die Bewohner der Ebene Mehaidan *) werden als dieVeuiMehaid genannt, die auch in Chamfer wohnten. Ich hörte zwar nicht mehr den Namen Beni Mehaid, aber sehr oft Ahl Mehaidan als Gesammtnamen der kleinen Unterstämmc, welche jetzt diese Weidesteppe bewohnen. Folgende Unterstämme der' Abadel wurden mir namentlich bezeichnet: 1) Ahl Zueila, wohnen in Fiusch, kleine Ortschaft in Mehaidan und Umgegend. 2) Ahl Selam, wohnen in Meghafa am W. ess ceghir, südöstlich von Hauta. 3) Van, wohnen in Hamra, 1 Stunde von Hauta. 4) Azeibih, oft auch Azeba gesprochen, in der Nähe von Mehaidan. (Hamdani erwähnt die Assabeh bei Laheg. Ich glanbe jedoch, daß die Assabeh ^nit dein sonst oft erwähnten Assbahin identisch oder doch nahe verwandt waren und daß die hier erwähnten Azeba, deren Namen ich nie mit ssad sprechen hörte, ein ganz anderer Stamm sind.) 5) Diyani, wohnen 4 Stunden nordöstlich von Laheg. 6) Veni Ahmed, wohnen in Suar. VIII. Städte und Ortschaften. Hanta (13" 4' nördl. Br. und 44" 54' östl. L.) vrüxo Laheg genannt, welches streng genommen der Name des engeren Districts ist, in dessen Mitte Hauta liegt, Hauptstadt und Residenz des Sultans. Gin-wohner etwa achthundert. Wenig Juden, viele Somali's, moslimische Ostindicr, keine Vanianen (Hindn'fche Kaufmanuskaste, in Aden stark vertreten). Keine Stadtmauern, obgleich der Name Hauta, der eine „Umfriedigung" bedeutet, solche voraussehen lassen könnte, aber als „Um- *) Hcnndaui schn'ibt den Vandschaftönamm Mchcndha (mit dhad), dagcgcn d»>n Stammesnümcn Ntehaid (init dal). Die Hauptstadt des Sultanats ^cchec;. .">29 friedigung^ läßt »nan hier die Castelle und befestigten Privathäuser in ihrer Gefainmtheit gelten, (^twa 80 Häuser, 5 große Castelle, darunter das Schloß des Sultans, imposante Banmasse, Möckig, init fünf (istöckigen Thürmen, worunter ein großer Rnudthurm, Die zwei oberen Stockwerke des Mittelpalastes und die vier oberen des Rund-thurmes find weiß angestrichen, was sie so eigenthümlich hervorhebt, daß sie noch höher erscheinen. Alles andere trägt die natürliche rothe Farbe der Luftziegel, aus denen die ganze Stadt erbaut ist, Schloß des Bruders des Sultan, 'Nbd Allah, in einem anderen Stadttheile, gleichfalls sehr imposant, mit vier hohen Eckthürmen, Artillerie-Cascrne, große vierstöckige Baumasse; im Zweiten Stock Terrasse mit fünf aufgestellten englischen Kanonen, — Einige fünfzig Sesam-Oel-mühlen, durch Esel oder Kamcele in Bewegung gesetzt. — Täglicher Markt, außerdem großer Wochcnmarkt, Sehr viel Verkehr. Mittel-Punkt der Karawancnstraßen von Ssan^a, Dhamar, Taizz, An Markttagen ist die Bevölkerung verdreifacht. Moschee auf dem Marktplatz, niedrig, durchaus schmucklos, ein großer länglicher Schuppen. In der Nähe Gärten, worunter zwei große Gemüsegärten, von ostindischen Gärtnern gepflegt und mit europäischen Gemüsen bepflanzt. Herrliche Lage inmitten eines Palmenwaldes, Baumwollfeldern. Herrliche Aussicht vom obersten Stockwerk des Artillerie-Thurmes. Der Blick schweift nach Süden über einen Palmenwald, nach Norden über die fruchtbarsten Gefilde bis zu den Bergen der Hauwaschib. In Folge der Feuchtigkeit, welche die Bewässerung mit sich briugt, entstehen Fiebermiasmen und das Klima ist eigentlich nur in der ganz trockenen Jahreszeit (im Winter) einigermaßen gesnnd, aber anch dann kommen Wechselfieber vor. Im Sommer sind sie oft gefährlich. Hamdani erwähnt Laheg an vielen Stellen, als den Mittelpunkt zahlreicher Itinerare, am ausführlichsten Seite 112 (des Adener Manu« scripts), an welcher SteNe er von seinen Bewohnern spricht. Diese waren die Habab, die Ro ain der Bcni Ogil (oder Ohail) und die Hauwad, alle drei Abcheiluugen der Assbahin. Dieser letztere Name scheint, wie schon oben angedeutet, die Ssobehi zu bezeichnen, die jetzt nicht mehr in ^aheg, sondern im Westen davon, aber thcilwcise in nächster Nähe w°hnm. Im Umkreis von 2 Stunden um Lcchcg viele Dörfchen, deren wichtigste: Mokaibera, Tharore, Bet Samsam (südlich); Kadema, Abubekr, 330 Ortschaften des Sultanats Lcchcg. Thalnb (östlich); Siffia, DarKureschi (nördlich); Abdcsselam, Vet Ägla (westlich). Derb (12' 58' nördl. Br., 44" 55' östl L.), kleiner Ort mit etwa 12 großen Häufern und fünfzig Einwohnern, halbwegs zwischen Hauta und dem Meere am W. el Kcbir (W. Tobban). Hier ist gewöhnlich die südlichste Aufstauung des Wassers und selbst in der trockenen Jahreszeit fehlt es selten daran. Sehr fruchtbare Gegend, aber böse Fiebermiasmen. Bei Hamdani finden wir Derb einmal in der gewöhnlichen Weise, ein andermal Dareb geschrieben, Gs war von den Waqediun bewohnt, dieselben, die er an einer andern Stelle Waqedin nennt. Schech 'Otman (12' 53' nördl Br., 45" östl, L.), kleine Ortschaft im Süden, nahe am Meere, 7 englische Meilen von 'Aden, nur 2 von der euglischeu Grenze entfernt. Ginige zehn fcstnngsartige Hänser, wornnter das des Sultans. Das schönste Gebäude ist ein modernes Landhaus des Adener Kaufmanns, Hasan Ali, mit herrlichem Garten. Der Eigenthümer, der selbst fast nie hier wohnt, gestattet allen reiselustigen Europäern, sich hier so lange, als sie wollen, aufzuhalten. Große Moschee, Grab des Schech ^Oiman, nach dem der Ort heißt, weites, aber verhältnißmäßig gedrücktes Gebäude mit einer Menge kleiner weißer Kuppeln. Gegend unfruchtbar (hier beginnt im Osten die Ebene Mehaidan). Nur Dompalmen, die jetzt ganz unnütz, da der orthodoxe Sultan feinen moslimifchen Unterthanen das Bereiten des gegohrenm Getränks aus ihren Flüchten verboten hat. In Hauta gestattet er dies den Juden, aber in Schech 'Otman leben keine. Wahet, kleine Ortschaft oberhalb Derb, ausschließlich von Sche-rifen oder Süd (Nachkommen des Propheten) bewohnt. Fiusch, Städtchen in Mehaidan. Etwa 50 Einwohner. Gin Castell. Aus diesem Städtchen soll nach Einigen die Dynastie stammen, wohl nur in weiblicher Linie. Meghafa, kleiner Ort in sehr fruchtbarer Gegend amW. ess Geghir. Hamra, Ortschaft der Ban, in fruchtbarer Gegend. Dicht bei Laheg. Sfuar, Hüttcndorf der Beni Selam. Sebach, Ort an der Fodli-Grenze, am östlichen Ende der Ebene Mchaidan. Unfruchtbare Gegend. Zaida (13° 12' nördl. Vr., 44° 50< östl. L.), Grenzstadt im Norden, gehört zur Hälfte dem Sultan von Lahcg und zur Hälfte den Der Sultan von Laheg und stine Dynastic. 331 Hauwaschib. War während langer Zeit die sildlichc Grenzfestuug des Imamats der Zaidi, von denen sie auch ihren Namen bekounuen hat. Castell des Sultans vou Laheg, dcr hier eine Garnison unterhält. Fruchtbare Gegend. ^Omad, Dörfchen im Tieflanf des W. essceghir, unweit deuNleeres. Kleine Ortschaften in Mehaidan, nur aus Bruunen und einigen Hütten bestehend, find: Bir Nassr, Bir Omr, Bir Gonun uud Vir Schaker. IX. Sultan, Dynastic und Hof. Seit Laheg sich vom Imamat der Fürsten von Aemcn unabhängig gemacht hat, ein Ereigniss N'elches etwa mit der Verlegung der Hauptstadt nach dem Norden zusammenfällt, ist es immer unter demselben Herrschergeschlecht geblieben, welches den Familieunamen Abdcli, 0er noch heute auf den Münzen figurirt, führt. Seine zum Throne gelangten Mitglieder sind folgende*): 1. Sultan Fadl bcn Ali, ben Salah bcn Salim, regiert von 1728 bis 1742, ermordet. 2. Sultan' Abd el Kerim, ben Fadl, Sohn des vorigen, regiert von 1742 bis 1753. 3. Sultan 'Abd el Hadi, ben Abd el Kernn, Sohn des vorigen, regiert von 1753 bis 1,777. 4. Sultan Fadl, ben ^Abd cl Kernn, Brnder des vorigen, regiert ""N 1777 bis 1792. 5. Sultan Ahmed, ben 'Abo el Kcrim, Bruder des vorigen, regiert von 1792 bis 1827. 6. Sultan Mohfin, ben Fadl, Neffe des vorigen, regiert von 1827 bis 1847. 7. Sultan Ahmed, ben Mohsin, Sohn des vorigen, regiert von 1847 bis 1849. 8. Sultan Ali, ben Mohsin, Bruder des vorigen, regiert von 1849 bis 1866. 9. Sultan Fadl, bcn Mohsin, Bruder des vorigen, der regierende Sultan seit 1866. *) Bis 1849 ist dich Sultausliste aus Playfair's Werk über Armen cnt< nommen. 332 Thronfolgchreit in ?ahcq. Die Thronfolge scheint nicht so absolut nach dem Semoratürecht geregelt, wie in anderm muslimischen Staaten, sondern vicl von jedesmaliger Familiennbereinkunft, oft anch durch bloße Willkür und das Recht des Stärkeren, d. h. desjenigen, dessen nächste Verwandtschaft mächtiger ist, als die seines mehr berechtigten Nebenbuhlers, bedingt zn sein. So besitzt der jetzige Sultan einen von einer anderen Mutter geborenen älteren Halbbruder, 'Abd Allah bell Mohsin, den man, trotz seiner Rechte, von der Thronfolge auszuschließen wußte. Sultan Fadl ist aber der rechte Bruder des verstorbenen Sultans 'Ali, und seine obgleich unrechtmäßige Nachfolge war schon von letzterem vorbereitet worden, so daß nach 'Ali's Tode Fadl's Anhang zu mächtig war, um 'Äbd Allah Aussicht auf die ihm von Recht zusteheude Thronfolge zu lassen. 'Abd Allah hatte zwar anch seinen Abhang und ließ sich von diesem als regierender Sultan proclamircn. Während drei Jahren lebte er in offener Fehde mit feinem Halbbruder, und zwar in der Hauptstadt Hauta selbst, wo er ein festes Castell besitzt. Die Stadt war dadurch in zwei feindliche Lager getheilt, die sich täglich Schar« mützel lieferten. Keiner konnte ohne Lebensgefahr ans dem einen Stadttheil in den anderen gehen. Erst seit 18L9 ist diese Familien-fehde beigelegt. Add Allah wurde von seinem Halbbruder, wie es heißt, durch bedeutende Geldgeschenke Zu eiuer stillschweigenden Resig-nirung bewogen. Aber die Stiefbrüder sollen sich nach wie vor nicht sehen. Eigentlich hatte der verstorbene Sultan Ali die Thronfolge nicht seinem Bruder Fadl, sondern seinem Sohne, der gleichfalls Fadl heißt, sichern wollen, und da er sich großer Beliebtheit erfreute, so wäre ihm dies auch wahrscheinlich gelungen, hätte nicht sein zn früher Tod diefen Plan vernichtet. Der jüngere Fadl war bei 'Ali's Tode noch ein Knabe, und da sein Oheim Fadl von 'Ali zum Vormund desselben bestimmt worden war, so ließ man ihn auch die Regierung übernehmen. Aber unter allen Mitgliedern des mächtigeren Theiles der Familie besteht die Uebercinkunft, dem jungen Fadl bcn 'Ali die von seinem Vater ihm zugedachte Thronfolge nach feines Oheims Tode zu sichern, obgleich er keineswegs Aussicht hat, dann der Senior der Familie zu sein, denn nicht nur hat der Sultan mehrere theils rechte, theils Halbbrüder, die alle älter sind als der junge Fadl, sondern auch vier Söhne Dic Herrschcrfamilic von Lahcg. 333 und cine Menge erwachsener Neffen, von denen viele gleichfalls dem muthmaßlichen Throlifolger an Jahren überlegen sind. Der im Alter dem Sultan am nächsten stehende rechte Bruder, Mohammed, ist sogar der fähigste Kopf der Familie, ohne dessen Gutheißen der Sultan nichts unternimmt, nnd würde sich gewiß gut zum Negcnten eignen. Aber auch er scheint dazu resiguirt, seine Rechte an den jungen Fadl abzutreten. Diesem gestattet man sogar jetzt schon, seinen Ginfluh geltend zn machen. Wenn der Sultan in 'Aden »der sonst auf Reisen ist, führt der junge Fadl die Regierung. Gr soll sogar die Schlüssel znm Staatsschatz haben, der nicht dem Sultan allein, sondern der ganzen zahlreichen Hcrrscherfamilic gehört, ans welchem jedoch der Sultan berechtigt ist, größere Summen als die anderen, zu beziehen. Alle Prinzen, einige fünfundzwanzig an der Zahl (ohne die kleinen Knaben zn rechnen), führen übrigens gleichfalls den Titel „Sultan", und es ist gar kein Unterschied zwischen ihrer Titulatur und der des regierenden Fürsten. Will man ihn unterscheiden, so kann man es nicht anders, als durch seinen Namen Fadl ben Mohsin, oder man sagt auch wohl einfach „der Sultan". Ich habe die hervorragenderen Mitglieder dieser Herrscherfamilie alle persönlich kennen gelernt. Den regierenden Sultan und seinen Bruder Mohammed, von dem er sich nie trennt, sah ich in 'Aden, wo sie sich im Frühjahr 1871 einen Monat lang aufhielten. Beide seichen sich im Aenßern dergestalt, daß man sie für Zwillinge halten könnte. Ihre Hautfarbe ist fehr hell, ihre Züge fein geschnitten, edel und regelmäßig, ihre Augen von einer außerordentlichen Lebhaftigkeit und schr ausdrucksvoll. Sie sind von mittlerer Größe^ wohlgebaut, uur etwas zu corpulent, wie alle älteren Mitglieder dieser Familie. Im Alter dürften sie den Fünfzigen nahe stehen. Das Haar des Sultans ist weiß, das seines Brndcrs noch etwas mit Grau gemischt. Beide sind fast bartlos. Der schwache Schnurbart ist direct über dem Munde abrasirt, nur an den beiden Enden stehen ein paar weiße Härchen, die nicht mehr mit den Speisen in Berührung kommen können, welche Berührung „makruh" (verunreinigend) sein würde. Trotz ihrer Jahre haben beide noch ein sehr jugendliches Wesen, lachen gern, ja sie Zeigen sich, nach unseren europäischen Begriffen, zuweilen etwas kindisch. So sah ich einst beim Gebet, das sie immer einhalten, wie Sultan ZZ4 Coftl'lm der Prinzen von Lcchcg. Mohammed hinter dem Vorbeter allerlei Schnippchen schlug, Grimassen schnitt und sich dann, obgleich er eben kniete, vor Lachen fast wälzen wollte. Trotzdem ist er sehr orthodox, aber die Orthodoxie besteht mehr in der Form im Allgemeinen; durch solche Kleinigkeiten scheint sie nicht gestört zu werden. Die Kleidung des Sultans und der Prinzen war vor einigen Jahren noch dieselbe, wie die ihrer Unterthanen nnd wie die aller süd-arabifchcn Fürsten, d. h. Lendentnch nnd Dismal (Turban der Sul-tauc). Seit aber der Sultan in Bombay war, wohin er auf Bereden des politischen Agenten von Aden zur Begrüßung des englischen Prinzen Alfred gereist war, hat er eine prächtige Kleidungsart in seinem Hause eiugeführt. Den Oberleib schmückt eine rothe Jacke, über und über mit dicken Goldstickereien bedeckt. Ein Hemd wird darunter nicht getragen. Das Haupt ziert ein reicher Dismal, gleichfalls mit Goldstickereien. Die Bedeckuung der Lenden ist aber doch beduinisch ge» blieben, nur wird ein Lendeutuch von kostbarem Stoff getragen. Hosen gelten nämlich im Süden von Arabien als eines Mannes für unwürdig. In Jemen werden sie nnr voll den Frauen getragen. M gilt für den größten Schimpf, wenn matt von einem Manne sagt, er trage Hosen. Die Beine von den Knieen abwärts und die Füße sind im Hause nackt; beim Ausgehen werden Sandalen angezogen. Die Waffen der Prinzen sind von großer Schönheit und sehr reich. Gin krummer Säbel mit goldenem Griff nnd mit Edelsteinen besetzt, eine gleichfalls mit kunstvollem Goldgriff versehene Gembiye, die aber bei den Vornehmen in Laheg nickt die Hufeiseuform der Scheide zeigt, da diese den 'Amud (die Säule) nicht tragen, welche bei dem Volke der Abadel und sonst überall in Südarabien als Gegenstück znm Griff figurirt. Die Gembiye der Prinzen gleicht mehr einem türkischen Aataghan. Die Costümreform wurde nicht von dem schmollenden Theil der Familie, dem Prinzen 'Abd Allah und seinem Anhang, angenommen. Diese kleiden sich vielmehr nach wie vor ganz wie die Beduinen. 'Abd Allah zeigt übrigens auch in feinen Zügen nicht die Fanlilienähnlichkeit. Gr ist sehr dunkelhäutig, fast so schwarz wie die Beduinen und die Mehrzahl der 'Mädel, was wohl darauf hindeutet, daß seine Mntter von himyarischer Abstammung (wie das Volk) war. Der Thronfolger und dcr Prätcndcnt von ^ahcg. 335 Den jungen Fadl ben 'Ali lernte ich in Laheg kennen, wo er zur Zeit die Regentschaft führte. Er empfing mich im Palast in Hauta, im Staatszimmer des regierenden Sultans. Er ist ein junger Mann von etwa 20 Jahren, etwas dunkelhäutigcr als seine Oheime, aber immer noch sehr hell im Vergleich mit dem Volk, neigt bereits zur Corpulenz, zeigt übrigens lange nicht den aufgeweckten Gesichtsansdrnck, wie jene; auch war er weit entfernt von ihrer Natürlichkeit, sondern schien eine gewisse steife Würde mehr zu assectiren, als zu besitzen. Unter den anderen jungen Prinzen bemerkte ich einen Sohn des regierenden Sultans. Ich hatte sein in Bombay aufgenommenes Lichtbild in Aden gesehen und auf diesem schien er die Verkörperung jugendlichen Hcldenthums. Seine Augen sprühten Feuer; martialisch hielt er seinen krummen Säbel in der Rechten und die andere Hand am Griff der Gembiye, als wollte er sie ziehen und dem Vlntfeind ins Herz stoßeu: dabei jcne feinen arabischen Züge, alle Theile des Gesichts vou merkwürdiger Zierlichkeit und doch charakteristisch ausgeprägt nnd kraftvoll; übrigens das gauze Gesicht so klein, daß mau es in die Hand nehmen zn können glaubte. Aber wie hatte er sich verändert seit den paar Jahren, welche das Bild zählte! Die Neigung zur Cor-ftulenz, die seiner Familie ausnahmsweise eigenthümlich ist, hatte auch seine Züge entstellt, so daß ich in ihm nur mit Mühe das Urbild jener PHotographie erkannte. Bei einem anderen älteren Prinzen, einem Bruder des regierenden Sultans, war gar jene Corpulenz bis zur Moustruosität entwickelt, uud dennoch gefiel er sich, sie der Bewunderung der Welt Preis zu geben, denn er hatte nicht die neue Kleiderreform augenommen und ging bis auf das Lendentuch uackt, eine wandelnde Fcttmasse, deren einzelne Theile wie die Säcke herunterhingen. Alle anderen Prinzen trugen die goldgestickte neue Tracht. Bei Hof herrscht eine gewisse Etiquette. Im Diwansaalc des Sultans, einem länglichen schmucklosen Raum, nut Tcppichen bedeckt, ans denen man sitzt, sind alle Plätze wie durch stillschweigendes Uebereinkommen markirt, in der linken Ecke (von der Thür ans) der vor-nehmste, nnd so fortschreitend bis zur rechten Ecke, wo der Kaffeetopf mit dem Gischr, von dem hier, wie ill Bir Ahmed, massenhaft herumgereicht wird, inmitten des Dienerkreifes steht. Auch die gemeinen Soldaten, selbst Bettler werden in den Saal gelassen und nehmen ihre 336 Regierung und Fiucmzcu von Lahcg. Plätze im rechten Flügel ein. Alle werden mit Gischr tractirt und dürfen aus den umherstehenden Wasserpfeifen rauchen. Der Gruß der Unterthanen den Prinzen gegenüber besteht im Kniekuh. Während ich beim jungen Fadl Andicnz hatte, wurde sein Knie wenigstens hundertmal geküßt. Er aber machte nicht die geringste Miene des Gegengrnßes oder des Dankes. Auch hier wird dem regierenden Sultan keine höhere Ehrenbezeugung erwiesen, als allen Mit» gliedern seiner Familie. X. Negierung. Alle Bewohner des engeren Sultanats Laheg stehen in: Nayever-hältniß zum Sultau, d. h. sie sind despotisch beherrschte Unterthanen. Qubayel (freie Stämme) fcheint es in diesem Gebiet gar nicht zn geben. .Die Negierung des Sultans kennt keine anderen Beschränkungen, als die durch die Mitglieder der Dynastie, von denen einige, wie der junge Fadl, einen nicht geringen Einfluß ausüben, oder solche, welche durch die äußere Politik herbeigeführt werden. XI. Finanzen. Der Sultan bezieht von der englischen Regierung eine monatliche Nente von 541 Maria-Thercsien-Thalcrn. Der Zoll von 2 Proc. vom Werthe aller durch sein Gebiet beförderten Waaren wurde mir von Sachverständigen auf etwa 1509 derselben Thaler monatlich geschäht. Die Marktsteucr von Hauta soll täglich acht, also monatlich 240 N. IIi. Thaler betragen. Kleinere Steuern, wie die von den Juden für das Necht, aus den Dompalm-Früchtcn ein gegohrnes Getränk zu bereiten gezahlte, und einige andere, dürften monatlich noch etwa 50 N. Hi. Thaler einbringen. Dies würde die Gesammteinnahme auf monatlich 2331, jährlich 27972 N. Id. Thaler (etwa 40,000 preuß. Thlr.) stellen. Außerdem hat der Sultan noch viele Einkünfte von seinen Ländereicn, die aber in Naturalien bezogen und anch so verausgabt werden, denn mit ihnen zahlt er Truppen und Beamte. Die Ausgaben find, insofern sie in Baarem stattfinden, sehr unbedeutend. Der Luxus des Hofes, d. h. die prachtvollen Kleider, die aber selten erneuert werden, sowie der Verbrauch an Kaat (s. unten Sitten und Gebräuche), für den täglich 10 Thaler aufgehen sollen, endlich die Besoldung des europäischen Artillerieinstructors (20 Pfd. Sterling monatlich) bilden Giuhmmschc Münzc im Sultanat Lahcg. 337 die einzigen regelmäßigen Gcldausgaben des Sultans. Zu feinem Leidwesen hat er freilich manchmal unregelmäßige und zwar sehr beträchtliche, indem er die kriegslustigen zwei Stämme der Dhu Mohammed und Dhu Hosain, welche in Ober-3>emen wohueu, aber schon einen großen Theil von Eüd-Pcmcn erobert haben, und alljährlich drohen, auch Laheg ihren Besitzungen einzuverleiben, durch oft sehr bedeutende Geldgeschenke zum Frieden bewegen muß. Aber trotz dieser wahren Tribntzahlnng bleibt doch noch immer eine schöne Summe im Staatsschatz von Laheg. XII. Münze. Lahcg ist der einzige der kleinen südarabischm Staaten, der eine eigene Münze besitzt, da sonst überall nur die Marie^Thercsien-Thaler, die oftindischen Rupien (20 Silbergroschen), Anna's (15 Pfennige) uud Pies (1'/4 Pfennig), die in Arabien „Ardi" heißen, gelten, dasselbe Geld, Welches in Aden curfirt. In Laheg gehen gleichfalls alle diese Münzen, aber es giebt auch eiue inländische, „Manssnri" genannt, obwohl sie nur den vierten Theil des Werthes des ehemaligen Manssuri's von Ssan a rcpräsentirt. Diese einzige Münze des Sultanats ist ein ganz kleines Kupferstück, vou dem 110 auf eiue Nupie geheu, also etwa 2 Pfennige im Werth. Gs trägt auf einer Seite die Inschrift: /Ali ben Mohsin el Abdeli" (Name des verstorbenen Sultans), auf der anderen: „Doribat fi Hauta Laheg" (geprägt zu Hauta in Laheg), ohne Jahreszahl. Das „geprägt zu Hauta" ist übrigens eine unwahre Selbstschmeichelei, denn Sultau 'Ali hat diese Münzen in Bombay bestellt. Sie stammen alle von einer einzigen Lieferung. Weder vor noch nach Ali wurdeu wieder welche geprägt. Sie haben nur in Lahcg Geltung; schon an der Grenze des kleinen Staates nimmt man sie nicht mehr, und in 'Aden will sie kein Mensch. Die Araber, die das Bedürfniß nach einer sehr kleinen Münze haben, ziehen die englisch-ostindischen Pies (^ Anna), die noch kleiner als die Manssuri's von Lahcg, da sie nur 1'/, Pfennig werth sind, bei weitem diesen vor. Ihrem Bedürfniß nach einer etwas größeren Kupfermünze wird auch wieder durch die Vicrtel-Auna's, vul^o Pezza, in Arabien Beza genannt; die 3 Pies, also 3'V^ Pfennige werth sind, abgeholfen. 338 Bewaffnete Macht von Laheg. XIII. Militär. Der Sultan von Laheg hat die Prätention, drei Truppengattungen, (Kavallerie, Infanterie und Artillerie zu besitzen. Erstere hat etwa 30 Pferde und 100 Neitkameele. Ginige 60 Netter bilden eine Art von Garde des Sultans, und find zugleich feine Couriere. Die anderen sind auf die Dörfer vertheilt und versehen den Botendienst zwischen den verschiedenen Punkten des Landes, dienen auch wohl als Escorte, wenn eine solche nöthig wird. Eine regelmäßige Infanterie giebt es nicht. Im Kriegsfall wird eine solche aus allen denen zusammengesetzt, die keine Ncitthiere haben. Der Sultan soll dann über 2000 streitbare Männer verfügen können. Die Artillerie ist eine ganz neue Schöpfung. Der Sultan bekam nämlich vor etwa 3 Jahren fünf kleine Kanonen von der englischen Regierung geschenkt, sogenannte Na-keten-Kanonen, die kein Mensch im Lande zu laden verstand. Zum Glück machte er in Bombay die Bekanntschaft eines jungen Polen, der dort bei der Eisenbahn angestellt war und früher bei der Artillerie gedient hatte. Diefen gewann er für feinen Dienst und übertrug ihm die Schulung der Artilleristen. Etwa 24 Araber wurden ihm untergeordnet, denen er aber, wie er mir klagte, nicht die Kenntniß des Ladens beibringen könne, da Geschütze sowie Kanonen mit europäischen Zeichen versehen seien, die diese Leute bis jetzt noch nicht begriffen hätten, und dies habe zur Folge, daß sie immer versuchten, die falschen Kugeln in die Kanonen zu laden. Die Kanonen sind nämlich von dreierlei Kaliber. Herr Landsberg, so heißt der Pole, ist der einzige Europäer in Laheg. Er bewohnt ein großes Eastell, die sogenannte Arlilleriekaserne, welche aber trotz ihrer Größe nur ein einziges bewohnbares Zimmer, und Zwar das Thurmgemach im höchsten Stockwerk, hat; dort bivoua-kirt er, so zn sagen, inmitten seiner fast nackten Artilleristen. Der Sultan hält große Stücke auf ihn, besonders seit einer Revue, die Herr Landsberg veranstalten mußte und bei der mit sämmtlichen Kanonen ein eigens zu diesen: Zwecke errichteter Schuppen zusammengeschossen wurde. Der Instructor mußte freilich alle Kanonen in Person laden; aber trotzdem machte dies Ereigniß einen gewaltigen Eindruck auf alle Araber, namentlich auf die Mitglieder fremder Stämme, die zum Beschauen der Nevue gekommen waren, und das Rechtspflege im Sultanat ^ccheg. 339 Prä'stigium des Sultans von Laheg wuchs in nicht geringem Maße dadurch. An alten unbrauchbaren Kanonen besitzt der Sultan Ueberfluß. Iln Palasthofe allein liegt ein Dutzend derselben auf dem Sande. Ich sah auch eine türkische darunter mit dem Namen Sultan Suleiman des Prächtigen. XIV. Justiz. Als Naye sind die 'Abadel alle der unmittelbaren Justiz des Eultaus unterworfen, die streng nach dem Ooran gehandhabt wird. Der Mörder wird vom Scharfrichter auf dem Grab des Ermordeten erstochen. Jedem, selbst dem kleinsten Diebe wird die Hand abgeschlagen; die abgeschnittene Hand dann von einem Soldaten auf den Friedhof getragen und begraben. Dies gründet sich auf die etwas sehr sinnlich aufgefaßte Auferstehungslehrc, da man den Dieb am jüngsten Tage nicht eines seiner Glieder beraubt sein lassen will. Der Stumpf wird zur Blutstillung in gekochten Theer getaucht und der Delinquent nachher entlassen. Stiehlt er noch einmal, so verliert er die andere Hand, und nach dem dritten Male, das Leben. Die Hinrichtnngen werden von einem gewissen Sad el Bagota, der jetzt das Nachrichteramt bekleidet, vollzogen, die Hände der Diebe jedoch von gewöhnlichen Soldaten abgeschnitten. Freiheitsstrafen werden niemals anf eine bestimmte Zeit zuerkaunt, sondern die kleinen Verbrecher oder solche, die blos Polizeivergehen begangen haben, bleiben je nach dem Gutdünken bes Sultans kurz oder lange gefangen. Haben sie keine Fürsprecher, !» können sie manchmal Jahre lang auf ihre Befreiung warten. Zuweilen werden sie, so zu sagen, im Gefängniß vergessen. Die Gefangenen ehalten vom Sultan keine Kost. Haben fie Verwandte, so dürfen diese ihnen das Essen schicken, sonst sind sie aufs Mitleid der Barmherzigen angewiesen. Besuche dürfen sie, so viel sie wollen, empfangen. Die Freiheitsstrafe ist überhaupt hier nicht eine Kcrkcrstrafe. Das Ge-fesseltsein, nicht die Ginsperrung bildet die eigentliche Strafe. Alle haben nämlich schwere Ringe an beiden Beinen, die in der Mitte aneinandcr-üMhet sind, so daß sie nicht frei gehen können. Aber sie sind nicht Ut einem Kerker eingeschlossen, sondern haben einen großen, nicht einmal "nf allen Seiten ummauerten Hof znr Verfüguug, in dem sie sich frei bewegen können, insofern man ihr gezwungenes Hinken so nennen kann 22* 34N Auswärtige Politik des Sultans von Laheg. Nur die schwereren Verbrecher, namentlich solche, die grobe Keuschheiis-vergehen begangen haben, schleppen eine Kugel nach, und zwar an einer durch einen Ning am Halse befestigten Kette. Die Justiz des Sultans ist keineswegs fehlerfrei und oft allzu fummarisch. So ward vor Kurzem eiue alte Dienerin der Sultanin von dieser beschuldigt, ihr einen Gegenstand, den, wie sich später herausstellte, die Herrin verlegt hatte, gestohlen zu haben, und sogleich, ohne jede Untersuchung, mit Handabhaucn bestraft. Die Arme kam später nach Aden und mußte sich dort noch den Vorderarm amputiren lassen, dentt die Hand war so ungeschickt abgehauen oder vielmehr abgesägt worden, daß der Stumpf nicht zuheilen wollte Dieser Fall erregte iu Aden Entrüstung gegen den Sultan von Laheg. XV. Auswärtige Politik. Der Sultan von Laheg ist, wenn auch nicht officiell, so doch in Wirklichkeit, ein Vasall Englands. „Er ist vollkommen unabhängig, aber er muß thun, was man ihm vorschreibt", diese Worte eines englischen Beamten in Aden charakterisiren recht gut seine scheinbar freie, in der That abhängige Stellung. Ein Schriftstück, welches dieses Vasallenverhältniß feststellte, giebt es allerdings uicht. Gs besteht eben, wie so Vieles in der Politik, nur äs laoto und nicht auch zugleich ä« M-L. Das einzige Schriftstück, welches das officielle Verhältniß Englands zu Laheg regelt, ist der Vertrag von 1849, dessen wichtigste Artikel folgende sind: 1) Sicherheit des Lebens und Eigenthums ist den beiderseitigen Unterthanen in den beiderseitigen Territorien gewährleistet 2) Engländer können Laheg ungehindert besuchen. 3) Englische Verbrecher werden vom Sultan ausgeliefert (d. h anch einheimische englische Unterthanen). 4) Engländer können in Laheg, 'Abadel in 'Aden Eigenthum erwerben, 5) Der Sultan tritt das Fort von Kor Maksar*) (1 Stunde von 'Aden entfernt) an England ab, 6) Der Sultan verpflichtet sich, die Karawancnstrahen frei von Räubern zu halten. *) Kor Matsar als Bvücke von den Pcrscrn ^rbcmt: Ibn M»gawn del Sprenger a. a. O. Vertrag zwischen England nnd Lahcg. 341 ?) Regierungsgnt ist stcnerfrei in beiderlei Staaten, 8) Der Sultan hat das Recht, eine Steuer von 2"/, vom Werthe aller durch sein Gebiet beförderten Waaren zu erheben, mit Ausnahme von Gemüsen, Holz, Gras und Heu. 9) Der Snltan beschützt die Gemüsezucht in Lahcg für den Markt vun 'Aden. 10) Der Sultan nimmt in allen politischen Fragen das Interesse Englands vor Allem wahr. 11) Der Snltan liefert alle Verschwörer gegen die englische Regierung von Aden an diese aus. 12) England zahlt dem Sultan eine monatliche Subfidie von 541 Maria-Theresicn-Thalern. Dieser noch heute zu Kraft bestehende Vertrag ist unterzeichnet von Haines (damals politischer Agent in Aden) und 'Ali ben Mohsin. Sultan von Laheg. Der Artikel 10 dieses Vertrags ist, wie man sieht, von großer Dehnbarkeit. Er wird jetzt so gcdentct, daß der Sultan keine Bündnisse schließen, keine Verträge machen kann, ohne Englands Einwilligung zn haben. Der Sultan wird von Zeit zu Zeit naä/Adcn eingeladen oder beschieden, wie man will, mn dort Erklärungen über sein politisches Thun nnd Treiben zn geben. Man munkelt auch schon seit einigen Jahren davon, daß England ihm sei!: ganzes Ländchen für die Summe von 40,000 Pfund Sterling abkaufen wolle, und daß er anch bereit gewesen sei, daranf einzugehen, hätten nicht seine Verwandten sich widerseht. England gewönne dadnrch ein fruchtbares Hinterland für das nichts hervorbringende Aden, nnd wäre dann weniger genöthigt, auf dw anderen Stämme des Innern jene oft sehr weitgehenden Rücksichten zu nehmen, zu welchen es jetzt im Interesse der Verproviantirnng Adens gezwungen ist. Die Beziehungen zu den einheimischen Nachbarn des Sultanats sind jetzt durchaus friedlich, mit einziger Ausnahme der Dhn Mohammed, Mcs mächtigen Stammes des Innern, der Laheg alljährlich bedroht. Um sich gegen sie zn schützen, bat der Sultan mit Erlaubniß Englands ein Vündniß mit einem anderen gleichmächtigen Stamme des Innern, dm Dhu Hosain, geschlossen, und zahlt diesem eine Subsidie, um ihm bei Gelegenheit zn Hülfe zu kommen. Man hält jedoch das Ganze für ein abgekartetes Spiel zwischen Dhu Hosain und Dhu Mohammed, welche 342 Vasallen dcs Sultans von Laheg. innig befreundet, nahe verwandt und fo zu sageit ein einziges Volk sind. Die Dhu Mohammed müssen den Sultan schrecken, die Dhu Hosain seine Erretter spielen, und das ihm abgepreßte Geld theilen beide. Wahrscheinlich hält uur die Furcht vor England die Dhu Mohammed zurück, Laheg ihren Besitzungen einzuverleiben, was sie sonst mit Leichtigkeit könnten. XVI. Oberhoheit über fremde Stämme» Endlich hat noch der Sultan in neuester Zeit angefangen, eine Art von Schutzherrschaft über einen Theil der im Westell an sein Land grenzenden Ssobehi-Stämme auszuüben. Was diese Stämme dazu bewogen haben kann, sich freiwillig, wie sie es thaten, iu eine Art von Vasallenverhältniß zu Lcchcg zu stellen, ist, aller Wahrscheinlichkeit nach, auch wieder die Furcht vor den Dhu Mohammed gewesen. Seltsam freilich, daß sie bei Laheg Schutz suchten vor einer Macht, vor welcher dieses selbst zittert. Aber, ist Laheg schwach, so sind diese Stämme, welche keine politische Einheit bilden, sondern aus lauter unabhängigen Bruchthcilcn bestehen, doch noch viel schwächer. So finden sich denn die Schwachen zusammen, um vereint eher dem Starken widerstehen zu können. Auch wissen diese Stämme, daß England so leicht nicht gestatten wird, daß die Dhu Mohammed Laheg erobern; und wähnen, an der Sicherheit dieses Schutzverhältnisses dadurch Theil zu nehmen, daß sie sich unter Laheg stellen; obwohl sie sich hierin irren dürften, denn das englische Protectorat möchte nur dem eigentlichen Sultanat Laheg und nicht seinen Schutzstämmen gelten, um so mehr, als man in Aden diese Platonischen Annexionen nicht besonders gern zu sehen scheint. Man hat in der That auch Grund dazu, dem Sultan von Laheg zu mißtrauen, und zwar gerade in Bezug aus seine iu den Schutzstaatcn betriebene Politik. Durch einen Zufall bekam ich eine Ginsicht in ein Verhältniß, von dem vielleicht die politische Agentur in Aden nicht einmal unterrichtet ist. Eines Tages kam nämlich ein Agent des Sultans zu mir und fragte mich, ob ich behülM) sein wolle, ein vortheilhaftes politisches Geschäft abzuschließen. Ueberrascht fragte ich, um was es sich handle? Nun erfuhr ich, daß von einem jener Seehafen- oder vielmehr Rheden-V erkaufe an irgend eine europäische Macht die Nedc fei, von denen, seit dem Verkauf von Schech Said au Frankreich nnd dem von Ahsab an Italien, alle kleinen Sultane und Stammeöhäuptcr dieser Vorschlag eines Hafmkaufes. 343 Küstenlandschafteir träumen. Ich wnßte gar nicht, daß der Sultan von Laheg einen Seehafen besaß und noch weniger, daß er einen solchen verkaufen dürfte, und erkundigte mich erstaunt nach der Lage dieses Hauoelsgegeustandes. Diesc Lage machte mir allerdings gleich das Unsinnige des ganzen Projects klar. Der zum Verkauf angebotene Hafen war nichts anderes, als Kor Amran mit den Vorgebirgen von Ras Amran und Gebel Qa u, weit weg von Lahcg und schon nahe an Vab el Maudeb gelegen. Diese Küstenstrecke liegt im Gebiet eines jener Ssobehi-Stämme, welche zu Laheg in ein Schutzverhältniß getreten sind. Dies Schutz-Verhältnis; giebt freilich nicht dem Sultan das Eigenthumsrecht über das Land. Möglich jedoch, daß er sich mit dein besitzenden Stamme verständigte und mit ihm übereinkam, das Geschäft gemeinschaftlich zn machen. Da blieb aber immer noch England, welches den Verkans eines so nahe bei Aden gelegenen Hafens nie zugeben würde. Ich frug deshalb, ob man die englische Einwilligung hierzu habe? „Bewahre," war die Antwort, „die ganze Sache muß eben geheim betrieben werden, England darf erst davon erfahren, wenn das Geld gezahlt ist." Ich konnte nach den Worten des Agenten, eines sehr angesehenen Mannes, nicht Zweifeln, daß der Sultan die Absicht habe, hier den Engländern, des lieben Geldes wegen, einen sehr unangenehmen Streich zu spielen. Diese Absicht wird natürlich nie zur Ausführung kommen, denn keine europäische Macht wird sich eines so schlechten Hafens wegen, dessen Seichtigkeit alle Sondiruugen bezeugen, mit Gugland überwerfen wollen. Ueberdies ist der Rechtstitel des Verkäufers auch im höchsten Grade faul, denn außer dem besagten Stamme erheben noch andere hier Eigenthumsansprüche, die mit Laheg und seinem Sultan nichtö zu thun haben. Die zu letzterem in Schutzverhältniß getretenen Ssobehi - Stämme sind: die Beni Menacer, die Mechadnn, die Debaina, die'Anteriye, die Ncgai und die 'Atft, in der Collectiv-Form 'Auwatif genannt. Von ihren Wohnorten soll bei Beschreibung des Ssobehi-Laudes die Rede sein. XVII. Geschichtliches. Laheg scheint zu Anfang des Jahrtausends hauptsächlich von Ssobehi-Stämmeu bewohnt gewesen zn sein. sHamdani nennt sie Assbahin). Von dem Reiche der Imame von ziemen trennte es sich wahrscheinlich 344 Geschichte des Snllanats Vaheg. um 1720, denn sein erster Sultan wird 3728 erwähnt. Der Haß gegen die ketzerischen Zaidi, denen die Imamc angehörten, und deren Joch fast um dieselbe Zeitcftoche die meisten Fürsten der Küstenlandschaft abgeschüttelt hatten, war damals noch so lebhaft und wirkte so einigend, daß sich manche Stämme, die seitdem abgefallen sind, nntcr Laheg stellten und es eine Zeitlang ein mächtiger Staat war. Mit dem Abfall der 'Aqarcb (man sehe die Beschreibung dieses Stammgcbiets), dem Wachsen der Fodli-Macht und der Zersplitterung der Ssobehi-Stämme, sank auch die Macht von Laheg, so daß wir es zu Anfang dieses Iahr-hnnderts als ein sehr herabgckommencs, kleines Sultanat sehen, von übermächtigen Feinden umgeben, und so zu sagen nur von ihrer Gnade sein Leben fristend. Noch besaß es Aden und dieser Besitz verschaffte ihm durch den Zoll, den der zwar gesunkene, aber nie ganz erloschene Handel dieses wichtigsten Hafens von Arabien abwarf, die Mittel, feine Bundesgenossen zu bezahlen, namentlich die kriegerischen 'Auwaliq, denen es in den letzten 70 Jahren eigentlich die Erhaltung seiner Existenz verdankte. Die 'Auwaliq unterstützten Lahcg immer in den Kriegen gegen den Erbfeind, die Fodli, nnd in den Annexionsversuchen, welche es gegen die 'Aqareb unternahm, die aber nie gelingen sollten, wie schon bei Erwähnung der letzteren gesagt wurde. Bis zu welcher Tiefe der Ohnmacht das Sultanat im Jahre 1830 gesunken war, beweist der Umstand, daß der Sultan, unfähig, sein kostbarstes Vesihthnm gegen die Räubereien der Fodli zu schützen, mit diesen gewissermaßen gemeinsame Sache machte und ihnen gestattete, Aden zu plündern, wofür er ein Entgelt) von 30,000 Thalern erhielt. Die bald darauf (1837) mit England begonnenen Verhandlungen wegen der Abtrctnng Adens und ihre Resultate sind bekannt: wie der Sultan Anfangs einwilligte, Aden zu verkaufen, bei der englischen Besitznahme aber diesen Schritt bereute, die Engländer erst zur See und zu Lande belästigte und dann (1839) offen bekriegte, indem er versuchte, Aden mit Waffengewalt wiederzunehmen. In jenem Jahre mußte er sich mit einem Verluste von 200 Mann zurückziehen. 1840 kam er wieder, diesmal mit 5000 Arabern, jedoch ohne bessere Erfolge zn erzielen. 1841 verbündete er sich sogar vorübergehend mit den Fodli. Der Religionshaß machte die Grbfeindschaft momentan verstummen. Mit einem Verlust von 300 Mann zurückgeschlagen, cnt- Kriege der Sultane von ^aheg mit England. 345) schloß er sich endlich zum Frieden. Erst 1842 erhielt er jedoch die im ersten Vertrag von 1837 stipulirte Snbsidie von monatlich 541 Thaleni, den Kaufpreis für Aden, mit allen Rückständen wieder ausgezahlt. Vier Jahre darauf (1846) brach von Neuem der Krieg aus. Ein Fanatiker predigte in Laheg nnd dem Fodli-Lande den heiligen Krieg gegen die Engländer und sammelte zahlreichen Anhang, Anfangs ohne directe Mitwirkung von Seiten des Sultans. Als dieser aber von England aufgefordert wurde, die sich auf feinem Gebiet sammelnden Schaaren von Fanatikern zu zerstreuen, zog er es vor, nm nicht für einen schlechten Moslem zu gelten, mit diesen gemeinsame Sache zn machen. In der Nähe von Kor Maksar wurde da8 Heer der Glaubenskämpfer gänzlich geschlagen, nnd Waffenstillstand trat ein, aber kein Friede, bis dieser Snltan starb (1849) und Ali ben Mohsin zur Regierung kam. Unterdessen hatte man in Lahcg bittere Erfahrungen gemacht, welche den englischen Schuh im Licht einer Erlösung erschcineu ließen. Die alten Bundesgenossen, die' Auwaliq, erzürnt über das temporäre Bündnis; mit dcn Fodli, ihres und Laheg's Erbfeind, überfielen Hauta, die Hauptstadt, plünderten sie nnd erpreßten dem Snltan 3500 Thaler, So war denn der neue Sultan froh, den Vertrag von 1849 (den oben gegebenen) abzuschließen, dnrch den er Kor Maksar abtrat und sich gleichsam nnter englischen Schutz stellte. 1855 faud der oben geschilderte Krieg gegen die^Aqareb statt, der, wie man sah, zu keinen Resultaten führte. Als zwei Jahre daranf (1857) England einen Vertrag mit den Aqareb schloß, mißfiel dies deren Feinde, dem Sultan von Laheg, und er begann, die Engländer auf's Neue zu belästigen. So besteuerte er den Brunnen von Schech Dtman, dessen Wasser durch eine 2 Stunden lange Leitung Aden versorgt. Karawanen wurden geplündert, Engländer auf der Jagd mißhandelt. Der Stamm der Azeibih, stets freundlich gegen die Engländer gesinnt, wurde wegen dieser Gesinnung von seinem Oberherrn, dem Sultan, hart gestraft. Der Krieg kam jedoch erst 1858 zum Ansbruch, Werst gegen die Fodli, deren Dörfer geplündert wurden, nnd, nachdem hier Friede geschlossen war, gegen die Engländer. Diesmal nahmen letztere Schech Olman, das zum Theil in die Lnft gesprengt ward, nnd schlugen die 'Abadel mit Verlust von 300 Mann zurück. Bald daranf trat Friede ein. Der Vertrag von 1849 wnrde er- ."46 Religion und Sitten in ?ccheg. nencrl und seitdem nicht mehr gebrachen, Aber Snltan Ali blieb stets den Engländern übelgesinnt. Erst unter Sultan Fadl (seit 1866) stellten sich wahrhaft freundschaftliche Beziehungen her. XVIII. Religion. Alle Abadel sind Anhänger der orthodoxen Secte der Schafe i, außer welchen es im Lande gar keine giebt. Es ist unbegreiflich, wie Wellsted behaupten kann, die Bewohner von Laheg gehörten znr Seele der Zaidi (Ritters Erdkunde XU, 70<;), Diese Secte ist ihnen sogar dergestalt verhaßt, daß sie den fremden Arabern aus dem Norden, welche Zaidi sind, nur höchst ungern gestatten, in ihren Moscheen zu beten, was man sonst doch ohne Anstand überall thut, z.B. in ^Aoen, dessen Bewohner zwar auch Schafe i sind, sich aber an die Zaidi, die in großer Anzahl als Arbeiter dort hinkommen, gewöhnt haben. Auch hier findet die Beschneidung bei Mädchen und Knaben am siebenten Lebenstage statt. In dem jetzigen Sultan hat die Orthodoxie eine feste Stütze gewonnen. Alle geistigen Getränke sind streng untersagt. Alle NichtMoslems werden nngern gesehen. Sind sie nicht Europäer, so sehen sie sich gewöhnlich genöthigt, den Islam anznnehmen. Ich kannte mehrere frühere Heiden von der indischen Baniancn-Kaste, die sich be' kehren mußten, um in Laheg bleiben zu können. XIX. Sitten und Gebräuche. Die Männcrtracht ist die gewöhnliche südarabische: Lendentuch nnd Kopfbund. Die Frauen tragen Hosen von bunlem Eattnn, von mittlerer Weite, bis an die Knöchel reichend und unten zugebunden. Das Ge^ sicht wird verschleiert oder blos verhängt. Viele Kinder laufen nackt hernm nnd tragen nur ein Gehänge von kleinen Niemchen an einem größeren um die Weichen. Das beliebteste Getränk ist der Gischr (schon oben erwähnt). Kaffee wird nie getrunken. Man raucht nur Wasserpfeifen, deren Gestelle sehr groß, fast mannshoch sind, nnd deren Mitte eine enorme Kokosnuß einnimmt, durch die der Dampf geleitet wird. Das Volksgericht ist der Hcris (in ganz Südarabien üblich), aus Das Kaum dcr Kaatblättcr, Gastfreundschaft. ."47 Fleisch, Oel oder Butter und Durra-Mehl bestehend, eiue Arl Polenta. Das Gericht der Voruehmcn ist die Bacissa aus Honig, Butter, Mehl, zuweilen mit Fleisch vermischt. Außerdem wird das Fleisch auch als sogen. „Braten" verzehrt. Ich sage „sogenannt", denn die eine Seite ist gewöhnlich noch roh, die andere halb verbrannt, wenn es gegessen wird. Das Kauen der Blätter des Kaat (0aatH säulig, I'oi'^i), der auf dem Berge Ssabr beiTaizz wächst, bildet das Vergnügen des Hofes und der Neichen. Er ist in Laheg sehr theuer und ein Mann verbraucht leicht für 2 Thaler täglich. Der Effect des Kauens dieser Blätter ist nicht betäubend, sondern nur angenehm aufregend, die Schläfrigkcit verscheuchend; es macht gesprächig, liebenswürdig, gesellig. Bei Hof wird der ganze Nachmittag dem Kaatkaucn gewidmet. Kommt kein Kaat vom Gebirge, so sind die Leute wie in Trauer versenkt, schlafen viel und haben sehr üble Laune. Uebrigens wird der Kaat auch von den Strengsten niemals dem Haschisch (OlmnM» inclioa.) oder dem Opium (dem Mohnproduct) gleichgestellt. Der einzige Uebelstand ist, daß man, an ihn gewöhnt, nicht ohne ihn sein kaun. XX, Gastfreundschaft. Diese wird sehr liberal ausgeübt. Kommt cm Europäer nach Laheg, so giebt man ihm ein Haus, das freilich leer ist. Die Sitte besteht eben, daß der Reisende seinen Bedarf an Bettzeug, Neisemöbeln u. f. w. mitbringt. Der Sultan schickt ihm rohe Lebensmittel. Als ich in Laheg war, wohnte ich bei Herrn Landsberg, hatte also nicht für eigene Küche zu sorgen. Da ich während meines Aufcuthalts nichts annahm, so entschädigte man sich bei meiner Abreise dadurch, indem man meinem Diener eine ganze Colouic von Hühueru mitgab. Alles Sträuben half nichts. Ich mußte die Hühner mit nach Aden nehmen. Sie hatten übrigens eine eigenthümlich wilde, gleichsau: bedunnsche Natur. Sie blieben nie ruhig, wie die Stadthühner, wollten auch bei der besten Kost nicht fett werden. XXI. Europäer in Lahcg, Außer Herrn Landsberg lebte hier kein Europäer. Vor einem Jahre hatte aber der schon bei Aden genannte junge 19 jährige Franzose sich hier lange aufgehalten. Diesem Jüngling fiel es ein, dem Sultan im 348 Derwische nnd Juden in Laheg. Frack die Aufwartung zu machen. Dein Frack widerfuhr jedoch hier wenig Ehre. Der Sultan schien sogar Zu glauben, der Fremde kommc in einem zerrissenen Kleide zur Audienz uud sagte ihm ganz offen: „Dir fehlen ja zwei Stücke an deinen Rockschößen." Sonst kommen manchmal Engländer zur Jagd her. Diese leben aber gewöhnlich ganz für sich in Zelten, bringen Alles mit sich und besuchen nicht einmal den Sultan. XXII. Verrückte Heilige. Wie in allen moslemischen Städten, so fehlt es anch in Hauta nicht an verrückten Heiligen, denen man Alles hingehen läßt. Ich sah einen solchen beim Prinzen Fadl ben 'Ali. Er litt anßer einem Schnupftuch um die Lenden nichts auf seinem Körper und suchte anch dies stets abzureißen, woran man ihn aber hinderte, denn das Schamgefühl ist bei den echten Arabern") sehr lebhaft. Er trug auch daö Haupt bloß, obgleich er ganz kahlköpfig war. Er setzte sich ganz ungenirt neben, ja fast auf 'den Prinzen, nahm ihm die Gischrtasse aus der Hand, trank sie ans, entriß ihm das Rohr der Wasserpfeife und rauchte ruhig weiter. Dies fiel nnr mir auf. Er war übrigens nicht vom Süden uud hatte helle Hant. Unter den schwarzhäutigen, echt himya-rischen Eingeborenen habe ich keinen einzigen Verrückten gesehen. Es sind hier lauter fremde Derwische. XXIII, Ittdcn lind Parias. In Laheg leben wenig Juden, da eben ^Adeu zu nahe ist uud sie dort alle bürgerlichen Rechte genießen, also mit Vorliebe dahin ziehen. Sie sind übrigens jetzt nicht bedrückt. Früher, als der Sultan noch Krieg mit England führte, verfolgte er sie, weil cr die Juden für Freunde Englands hielt. Er glaubte auch, England habe eine Vorliebe für sie. Er begriff nicht, daß die Rechte, welche die Juden in 'Aden genießen, eben nur ein Ausfluß des Eivilisationsprmcips find, und keineswegs auf parteiischer Bevorzugung beruhen. ") Nie wird in Avabü'N das Auge durch solche mill'üschc (5»lt'löß»l!c^» l'^' leidet, >tm man sic z. ^;. in Ägypten mn zu oft sicht, Lcldst dnm ^aden ist dk Scham sttts bedeckt. Parias in Lcchcg. ' 349 Von Parias giebt es hiev beide blassen, sowohl die Schnnir, die verachtetste Kaste, als die Achdam. Letztere komnien in Vtoscheen, nicht aber in die Hänser der Araber. Sie haben dieselbe Stellung, wie die Merafai im Audeliland, die Doschan bei den Rezaz, die Nhl Hayek bei den'Auwaliq nnd Wahidi. Die Schnmr stehen sehr tief nnd dürfen nicht in Moscheen kommen; man beschuldigt sie, Aas zu genießen und halt ihre Berührung für höchst verunreinigend. Sie wohnen auswärts der Stadt in abgesonderten Hütten. Veide Kasten haben weder «mnMum noch eon80rtwm mit den übrigen Arabern. Dreizehntes l^ apitcl. HauschebiLand. I. Nmne. — II. Gcoqvaphischl' ^.'agc. — III. Grenzen. — IV. Boocnerhcbimss. — V. Wadiö, — VI. Klimn u»d Vodeiu'rzni^nisse, — VII. Vewohncr. — VIII. Ortschaften. — IX. Politische. I. N a m c. Hauschebi, im Collectiv Hauwaschib, ist der uralte Stam-mcsname dieses Volkes, der sich schon bei Wqut*) erwähnt findet. II. Geographische Lage. Ungefähr zwischen 44" 45' und 45" 5 ö'stl. L. u. Gr. und zwischen 13" N' und 13" 30' nördl. Vr. III. Grcuzcn, Im Süden Laheg. Im Westen Ssobchi und Hogriya. Im Norden Amir. Im Osten Untcr-Yaffa. IV. Bodcnerhrbunss. , Im Süden Verge, nach Lccheg zu abfallend; dann ein ziemlich hoch gelegenes Plateau, das sich durch die Mitte des Landes hinzieht, während im Osten und Westen längs der beiden Wadis Senfungen sind. Im Osten Gebel Manif, im Westen G. Schi'ab etwa 6000 Fuß hoch. ") Bl'i ^qut III. Ä!7, „ur z,,, (.^>l^tiv „Hainvaschi^", ^n'^hnt. Sonst t'ommt di^'scr Stamm (außer dei Hciiüdaui) tanm vor. Hauschcbi-Land. 351 V. Wad is. Der W. Nura begrenzt das Land im Westen, der W. Vonna im Dsten. Ersterer vereint sich oberhalb Zaida mit dem W. Warezan. Oestlich von der Hauptstadt ein breites, sandiges Strombett, Saibeah genannt, das nur zur Regenzeit Wasser hat, nördlich davon zwei kleinere ähnliche Strombette, Sailet el millah und Sailet et thailnera, die das Negmwasser in die Saibeah führen, von wo es nach Mchaidan fließt VI. Klima und Bodcnerz cug nissr. Das Land ist durch die Sommcrregen begünstigt und fast in allen seinen Theilen fruchtbar. In der Gegend von Naha, in der östlichen Hälfte, ein ausgedehntes Plateau mit trefflicher Weizeneuliur. Ein Theil des Landes, der mittclste, scheint Wüste zu sein, wie auch der Name Namle (Sand) andentet. Die Senkungen am W. Bonna cr-zengen Kaffee, die am W. Nura Baumwolle. Das Land könnte viel mehr hervorbringen, wäre es nicht sehr dünn und meist nur von Viehzüchtern bewohnt. So ist der größte Theil Merta a (Weideland). VII. Vewohncv. Die Hauwaschib scheinen einen einzigen, eompacten, großen Stannn ZU bilden. Von Untcrstämmen wurde mir gar uichts bekannt. Sie sind alle Qobayel, unter denen vielleicht ein Drittel wirkliche Veduineu. Aber auch diese wohnen nicht in Zelten, sondern verlegen nnr ihre Weideplätze und Strohhntten auf beschränktem Naume von Zeit zu Zeit. Dle anderen Qobayel sind seßhaft, meist in Hüttendörfern. Die Hauwaschib sind unzweifelhafte Hnnyaren, als welche sie schon ^acmt (a. a. O.) anführt. Der ganze Stamm soll höchstens 12- bis 15,000 Seelen zählen. VIII. Ortschaften. Raha*) (13" 18' nördl. Br., 44" 58< östl. L.), Hauptort, Sitz ^ Schechs, liegt unweit der Ostgrenze in frnchtbaver Hochebene, be- ^) Bei Ritter (XII, 707) ist als nächste Elati,),, nordwärts ^ahc^ „Nanila" ^»anut ldort Nama geschrieben». Dies isi^ die Wüstenstatio» unseres XVIII. ^^licraro. Da N, aber dort ein Korlüand anhiebt, so deutet Rama ans ^erivechs« l»ng mit „Mha". 352 Hauschcbi-Land. steht nur aus einigen Schlössern, die auS einem Gewirr von Hütten von Stein oder Reisern emporragen. Dar Scha'iban (13" 24' nördl. Br., 44" 49' östl. 3.), Hütten-dors mit Schloß, 4 Stunden von Rccha entfernt und dicht dabei: Ncmara, kleine Ortschaft, '/2 Tagereise von Naha entfernt, beide am Sailet ei Millah. Megba, kleine Ortschaft, dicht bei Naha. Zaida, Grenzstadt der'Abadel, gehört znr Hälfte M)eg, zur Hälfte den Hauwaschib, welche hier ein Schloß und Hüttendorf haben. Vir 'Abd-AIlah und Ramle, Karawancnstationen mit Brunnen zwischen Zaida und Naha. Millah, nördlichster Ort, 13" 25' nördl. Vr. IX. Politisches. Sultan Ali, ben Manah el Hauschcbi, gewöhnlich nur 'Nkel (Schech) genannt, ist blos Kriegsführcr, da alle Bewohner Qobayel sind. Hat einen Vertrag mit England, wodurch er sich verpflichtet, die Karawanenstraßen zu schützen. Erhält emIahrgeld von 360 N. I'll. Thalern. Die Hauwaschib leben beständig in Fehde mit den Nachbarn. Im Jahre 1870 hatten sie Krieg mit den Wfi'i uud 1871 mit den Sso-behi. Der Sultan soll 1500 Männer ins Feld führen. Das Land ist als unsicher verschrieen, was es zu Seehen's") Zeit auch schon war. Alle Hauwaschib sind Echafci. Früher, wenn man ^jaqut glauben will, wohnten sie auf dem Gebel Ssabr, doch ist dies vielleicht nur eine hyperbolische Ausdehlnmg der Grenzen jenes Gebirges. ") Ritter XII, S. 710. Vierzehntes C c, p i t e l. Amir-Land. I. Name. — II, (^e^sivaphische Lage. — III. Grenzen. — IV. Beschaffenheit des Landes, ^ V. Wadic«. — VI. Berge. — VII. Stämme. — VIII, Städte und Ortschaften. — IX. Politisches. — X. Alterthümer. — XI. Hamdani's Angaben l'cher dieses Land. I, Name. Der Name 'Amir ist jedenfalls dynastisch und neueren, wenn nicht neuesten Datums. Das Volk selbst heißt seit den ältesten Zeiten ^da, doch gilt diese Bezeichnung jetzt nie für den Staat, da er nicht von einheimischen Fürsten regiert wird. Neben Amir hört man auch den Namen Schafel sowohl für's Land, als für die Hauptstadt. Dieser ist jedenfalls schon ziemlich alt, denn bereits Niebuhr erwähnt einen Ort Schafel. Und dennoch hat es nie einen solchen Ort gegeben. Schafel ist auch ein dynastischer Name, den der jetzige Fürst noch führt und nach dem man oft den Staat „Land des Schafel" und die Stadt „Stadt des Schafel" nennt. Daraus sehen wir, daß schon zn Niebuhr's Zeit hier „Schafel" regierten. Vorzugsweise ist es die Hauptstadt Dhala, welche vul^o „deled Schafel" heißt, was Niebuhr nicht wußte, denn er nennt Schafel nnd Dhala als verschiedene Orte. II. Geographische Lage. Das Amirland dehnt sich zwischen 44« 45' und 45" 2' östl. L. v. Gr. und von 13" 28' bis 14" 10' nördl. Br. Es hat übrigens nicht 354 Amir-Laud. überall diese Ausdehnung sondern eine sehr mm gelmäfuge Gestalt, außerdem noch zahlreiche Enclaven des Schaherigebiets, welches ganz von ihm, aber nicht als compaete Masse, sondern als Sprengstücke, eingeschlossen wird. Obiger Umriß umfaßt nicht das nur lose verbundene Land der Gaud, welches etwa unter 45" östl. ^. weit nach Norden, fast bis zu 14'//' nördl. Vr. vorgeschobell ist. Die Kuelaven des Scha-herilandes trennen es fast vom Hauptkörper des NmirlandeS. III. Grrnzcn. Im Süden Hauwaschib. Im Westen eine Menge kleiner unabhängiger Gebiete, wie Fegra, Auwas, Hascha. Iin ^torden andere kleine Gebiete, wie Qataba, ein Theil des Echaherilandes, Gehaf, Sayadi, Haqi. Im Osten, da, wo nicht das Schaherigebiet dazwischen tritt, was enelavenweise der Fall ist, Mfla. IV. Vcschaffcuheit dl'ö liandcs. Fast durchweg Bergland, doch nicht eigentliches Hochgebirge. Die nördlichen Gegenden fruchtbar, bringeu alle Cerealien hervor, Sesam, Tabak, wenig Datteln, in den an ^jafsa grenzenden Distrirteu etivas Kaffee. Der Süden zum Theil steppenarliges Hochland, theüs Merta'a (Weidegrund), theils angebaut. Viel Felsen geb irge nnt steilen, abschüssigen Formen. Hat durchweg tropische Sommenegen. v. Wadis, Der große Hauptwadi dieser Gegeud, N, Nura, benihrt das ^and nur iln Westen, aber fast alle dasselbe durchziehende Gießbäche sind ihm tributär. WadiMa'aber, kommt von Merrais, nimmt einen Seitenarm auf, der sich vom Gebel Gehaf hinabzieht, geht nach Fegra in den W. Nma, der nach Laheg fließt. W. Dab ab, entspringt im Gebel Harir, geht nach Süden in den W. Nura. (Vei Hamdani, im Lande der Gada, als ein Wadi des Stammes Aswad erwähnt.) W. Dhi Ncgem, entspringt im Gebel Scha'ib, geht uach Süden in den W, Nura. Amir-Land. 355 W. Scher'a, an der Grenze von ^affa, innndet unweit-der Etadt Scher a in den W. Bonna, der nach Abian geht. ^Bei Ham-dani, im Landc der Ga'da, als ein Wadi der Veni A'had erwähnt.) VI. S t> r « l-, Gebcl Aharrem, hoher Berg bei Dhala, anf dem ein altes himyarifches Schloß steht, soll sehr schwer zugänglich sein. Gebei Harir, Geb ei Scha^ib sollen gegen die Wfi grenze zu liegen. GebelAtoba oder Athanda, beherrscht den W. Dabab; steiler, abschiijsiger Berg. (Bei Hamdaui wird ein Wadi Toba genannt, im Lande der Ga da, Stammesgebiet der Aswad, gelegen. Die Aswad sind je<.ü ein Schahenstamm, >'»» Gebiet der Amir enclavirt.) VII. Stä ui m r. Die Stämme, welche jetzt nnter den, einheitlichen Namen der Amir begriffen werden, bilden einen Theil der großen, schon von Hmn-dani erwähnten Staunnesgrnppe der Ga da. Die anderen Theile dieser ^rnppe heißen jetzt Schaheri (zn denen die Aswad gehören) und Haqi, ^'l'ide politisch getrennte Völker, die wir in besonderen Abschnitten behandeln. Zn Hanidam'v Zeit waren die Ga da noch in Mfi^a enela-birt, was wohl nnr heißen will, daß der Begriff Aassa damals ein ausgedehnterer war nnd nnter anderen anch das westliche Grenzgebiet mit nmfaßte. Verändert haben diese Stämme ihre Wohnsitze nicht, denn die von Hamdani genannten Orte gehören noch heute zn ihren« Gebiete. Der Name Gada hat sich nur noch in dein einer der grö-ßerrn Abtheilungen der Amir erhalten, im Namen der Ga di (in der ^ollectivform jetzt immer Gand*) genannt), die den Nordwesten an ^'r Äa ff grenze bewohnen. Wir beginnen in der Aufzählung der Stämme mit ihnen. 1. Die Ga°nd im Nordwest, sollen 500 streitbare Männer stellen können. *) Im Diakct hört man oft Vl^a nd sprechen. Diese sind nicht zu uer« Achseln ,M den Ga^deni, von denen bci den Fodli die Rede wcir. 23* 356 Stämme und Städte dcr Amir. 2. Die Halemi, wohnen in Schor a an der Jaft'grenze nahe den Gaud. 3. Sobeidi, wohnen in Soheb und Qascha, im Süden an der Hauschebigrenzc. 4. 'Alluwi, ursprünglich AHI 'Ali, woraus Alluwi entstand, bilden den herrschenden Stamm im Süden zwischctt Soheb und Dhala, haben einen sehr einflußreichen, mächtigen Häuptling, Schech Scha'if genannt. 5. Hogeil oder Ahl Hogel, wohnen in der gleichnamigen Ortschaft. 6. Ahl'Abd Allah, wohnen bei'Aisai im Gebiet der Gand, zu denen sie Ginige rechnen. VIII. Städte und Ortschaften. Dhala', Hauptstadt der Amir, Sitz des Sultans. Einige fünfzig Häuser, woruuter mehrere Schlösser; viele Strohhütten. Etwa 800 Einwohner, alle Raye, worunter ungefähr 100 Iudeu. Kleiner Vasar, großer Markt, viele Oclmühlcn. Wird auch Vlad Schafe! genannt. Soheb*) (13" 28< nördl. Br., 44" 50' östl. L.), kleine Stadt an der Südgrcnze. Einige Schlösser, sonst Neiserhütten. Etwa 100 Einwohner. Qascha, Ort der Sobeidi, sehr nahe bei Soheb gelegen und oft zu diesem gerechnet. Strohhüttcn. Gin Schloß. Etwa l»0 Gin-wohner. Hota oder Dhanab, Hüttendorf mit einigen Steinhäusern, eine Stunde von Qascha nördlich, den Alluwi gehörig. Soda, Gemul, Tomeir, fleinc Ortschaften mit einigen Schlössern nnd Strohhütten, nordwärts von Qascha nnd Soheb, den Alluwi gehörig. Scher'a, Ort der Halemi, im Nordwesten. Etwa 20 Steinhäuser. Strohhütten. Gtwa 100 Einwohner. 'Aisai, Hüttendorf mit Schloß, Hauptort der Ga'ud, nahe bei den Ahl 'Abd Allah, im äußersten Norden. Soheib-id-dewan; dar Mobeike, Thanaib, kleine Orte bei Genuil. *) Ritter giebt nnch dcn Indian Papers (Erdk. Xll. 7tt0) genau an dics"' Stelle einen <7rt „Scyeb" ci„, soll vielleicht für Sol)c>) stehen. Die neueste eng-llschc Karte schreibt Saib. Sultan und Staat der Amir. 357 IX. Politisches. Schafe!*), Sultan der Amir, zuweilen auch Amir Schafel genannt, was darauf hinzudeuten scheint, daß dieses zum Volksnamm gewordene „Amir" ursprünglich Titel war, dann Bezeichnung der Dynastie und endlich auch auf den Staat und das Volk angewandt wnrde. Der Sultan stammt nicht aus dem Lande, sondern von einem Mamluken (Sklaven) der Imame Zaidi von Jemen, der zum Gouverneur von Dhala ernannt worden war, sich beim Verfall des Reiches unabhängig »nachte und eine Dynastie gründete. Die Vorfahren des jetzigen Sultans scheinen noch zur Scete der Zaidi gehört zu haben. Da aber alle Stämme hier Schafe i und die Zaidi sehr verhaßt sind, so fand die Dynastie es politisch, das Bekenntniß zn wechseln. Das Land der Amir ist in ganz Südarabicn berühmt wegen seiner wohlgeordneten Zustäude, Alle O.obaycl sind unterworfen, so daß der Sultan sie fast wie Naye behandeln kann. Die Oberhäupter der größeren Stämme, wie der Gaud, der Alluwi, sind zwar mächtig, aber durchaus vom Sultan abhängig, welcher sie iudessen, so lange sie zu feiner Zufriedenheit handeln, eine gewisse Selbstständigkcit (in inneren Angelegenheiten) ausüben läßt. Nur der Sultan richtet in letzter Instanz. Die Justiz ist dieselbe wie in Laheg. Der Blutrache wird fast immer gesteuert, und wenn Fälle vorkommen, daß Giner sich selbst Nccht verschafft, so gilt dies als eine Ucbertretung und der Betreffende muß sich durch Flucht retten. Der Sultan bezieht eine Kopfsteuer von den Iudeu (5 N. ^1i. Thaler per Kopf). Die Bürger-der Städte, die eigentlichen Raye, werden je nach den Bedürfnissen dcr Staatskasse besteuert, doch wurde mir versichert, daß sie selten unter l2 N. Id. Thaler per Kopf jährlich wegkommen. Der Sultan bezieht 2 Proc. Karawanen steiler. Auch er soll einen Vertrag mit Gnglaud haben, obwohl er kein regelmäßiges Iahrgeld, sondern nur gelegeutlichc Geschenke erhält. Der Sultan hat eine Garde von 300 Mann und soll im Kriegsfall 3000 streitbare Männer aufbieten können. ") Auf der Kart,,' von Arcidirn v. (5,,'lonel (5lMM'y imd wnüv wi Nn'dichv (s. Mm) ist Schafe! als mic Ortschaft au^gebc». 358 Vergleichende Geographie des Amirlcmdes. ^. Alterthümer. In Ardh Atoba*) ^. Athauba, unweit des W. Debab, banden sich auf hoher Bergesspitze drei himyarischc Schlösser dicht neben einander, Der Gingang soll unbekannt sein. Sie gelten für den Sitz der Geister und werden aus abergläubischer Furcht nie besncht. Eines dieser Schlösser wird Hait Debab (die Maner von Debab) genannt. Ein anderes hi-myarisches Schloß liegt auf dem Gebcl Aharrem und wird gleichfalls nie besucht. XI. Hamdani's AnssablN über dieses Land. Hamdani, der einzige nns bekannte arabische Geograph, der von Südarabien Genaueres weiß, beschäftigt sich ziemlich ansführlich mit dieser speciellen Gegend, die er das ^and der Ga da nennt. Es ist interessant, seine Angaben mit den neuesten Berichten über das ^aud, die ich sammelte, zu vergleichen. Er giebt eine Reihe von Wadis all und erwähnt bei jedem den dort wohnenden Stamm. Wir wollen seine Angaben Namen für Namen verfolgen uud bei jedem eine knrze Bemerkung hinzufügen. Man erinnere sich jedoch des Obengesagten, daß nicht nur die heutigen Amir, sondern auch Schahcri nnd Hacn' zu der Völkergrnppe gehören, welche Hamdani beschreibt. Er beginnt mit: 1. Wadi Scher a, gehörte den Beni A'had. Scher a ist noch jetzt der Name eines Wadi und einer Stadt, bewohnt von den Halemi. 2. W. Hanka, gehörte den Aswad. Von einem W. Hanka verlautete nichts. Gin Stamm Hanki, in der Gollectivform Honuk, soll noch existiren, doch konnte ich über semen Wohnsitz nichts Genaueres erfahren. (Gs giebt einen Ort Hanka in Datina, dies gehört aber nicht hierher.) 3. W. Gadiya der Veni Mohagcr. Die heutigen Ga di oder Gaud bewohnen verschiedene Wadis, deren Namen ich nicht alle erfahren konnte. Nichts ist indeß wahrscheinlicher, als daß einer derselben speciell nach ihnen benannt wurde. Mohagcr kennt man jetzt in Süd- ") Dü'scö Ard Atoba ist möglicherweise daö Urdada in dcm v»n Ritter cnch ssl'nommcm'n Itinerav sVrdk. XII, 707). Ein Name Uvdaba ist sonst hier gcmz unbl'tamü. Vergleichende Geographie des Amirlandcs. 359 arabien hanplsächlich im Lande der öderen Auwaliq, aber auch im Schahengcbiet scheint noch ein Stamm dieses Namens zu leben, da einer ihrer Orte Hobeil e! Mohagera heißt, (Stehe nnter 1Z bei Schaheri.) 4. W. Toba der Aswad, Toba dürste das oft erwähnte Atoba sein, das jetzt Name eines Berges nnd einer Landschaft „Ardh Atoba". Die Aswad find jetzt ein Schaheristannn. 5. W. 'Ämeq der Ahrur oder Agrnr. Beide Äiainen waren den von mir befragten Amir-Arabern unbekannt. (Gin Äincq eristirt im Fodliland bei den Nachai.) «. W. Saniah der Aswad. Saniah war meinen Amir-Infor-manten unbekannt. (Im Fodlilande zwischen Vta r und Echughra soll cin Sainah existiren.) 7. W. 'Anana oder 3ltaya (die diakritischen Pnnktc nndentlich). Jetzt nnbekannt. 8. W. Wahba. Wahba ist jetzt eine Ortschaft der Schaheri. 9. W. Ker a. Ein solcher Name schien meinen Informanten bekannt, nicht aber seine fpeeielle ^age. IN. W. Debab der Aswad. Beide Nanielt noch jetzt bekannt nnd oben mehrfach erwähnt. l l. W. Haeen der Aswad. Ersterer ist wahrscheinlich der N. Hoeein iin ^iande der Haqi. 12. W. Saka oder Schaka' der Aswad nnd Mohager. Wenn die Lesart Schaka richtig ist, so wäre dieser Wadi gefunden. Im iiande der Haqi c,ristirt ein Ort Schaka. 13. W. Ahla oder Ägela der Mvad und Mohager. Iin i.'ande der Schaheri liegt ein Ort Gelela, dessen Namen jeder Arabist anf Agcla (das wohl Agella gelesen werden dürfte, da das Teschdid im Manuscript fast immer wegfällt) zurückführen kann. 14. W. Tomri der Aswad. Tomri erinnert an das oben (Ortschaften) erwähnte Tomen. 15. W. Dhu Chorebe lalle diakritischen Punkte fehlen im Manuscript) der Aswad. Im Gebiet der Schaheri, deren einer Stamm noch jetzt Aswad heißt, liegt ein Dorf Ghorebe. 16. u. 17. Folgen zwei, in dem mir zugänglichen Manuscript unleserliche Namen. Der einzige Name, den ich hier entziffern kann, ist ber eines Stammes Sadif oder Sadiq. Ist letztere Lesart richtig, so 360 Vergleichende Geographie des Amirlandes. dürfte dieser Name in dem jetzigen Schaheriort Cedeq wiedergefunden werden. 18. W. Soheb der (folgen unleserliche Stammcsnamen). Soheb ist die wohlbekannte Stadt. Von einem Wadi hörte ich nichts. 19. Du.....(unleserlich) der Meraned. Meraned schienen Niemandem bekannt. 20. W. Vona der Man a und Abirun. W. Bona ist vielleicht der östliche Grenzfluß dieses Lande«, der aber jetzt immer Bonna gesprochen wird. Assan a und Abirnn kannte keiner der von mir befragten Amir. 21. Acham oder Atgam der Sakascka von den Gada. Beide Namen waren den von mir befragten Amir unbekannt. Fünfzehntes Capitel. Schaheri-Land. I. Name. — II. ^c. — 111. Vl'schaffechnt dcs ^and^-s. — IV. Slämmc, — V. Oltschaft.,'!,. — VI. ^'liqn'n. — VII. Politische. I. Name. Schaheri ist wohl der Name einer Unterabtheilnng der Aswad (Ga'da), vielleicht auch dynastisch, aber dann ist die Dynastie einheimisch nnd führt einen eingeborenen Namen. Der Stammesname ist Aswad B. Gada. II. Lagc. Im Amirlandc enrlavirt. Das Land ist klein, hat höchstens 8 Qnadratmeilen Umfang. Der Hanpltheil liegt in der nördlichen Hälfte des Murlandes eingeschlossen nnd reicht etwas über dessen Nord-grenzc hinans. Einige kleinere Sftrengstiicke liegen an der Vafi°grenze zwischen Vafsa nnd dem Amirlande. III. Beschaffenheit des Landcs. Sehr ähnlich dem Amirlande. Scheint dmchweg gut bewachsen. Cerealien, etwas Kaffee. Der W. Dhi ^iegein, von dein schon beim Amirlandc die Nede war, durchzieht einen großen Theil des Schaheri-landes. 362 Stämme und Städte dcr Schaheri. IV, Staminc. 1. Aswad, der historische Name der Echahcri, Hauptstamm. 2. Mohagera, gleichfalls ein historischer Name, scht ein kleinerer Stamm in Gelelet el ^lohagera. 3. Bakeri, Stanlm im Norden. 4. Gaschani, bewohnt die Gegend um Hagfer. V. Oltschnften. Hagfer, auch Agenü el Hagfer genannt, Hauptort, nahe an Dhala, auf dem Wege nach Soheb. Residenz deö Schechs. Etwa 10 gemauerte Hänser, zioei Schlösser, sonst Strohhütten, Etwa 20<» Einwohner. Wenig Juden. Staunn: el Gafchani. Ehorebe, Hüttendorf mit Schloß. Keine Juden. W«hba, Hüttendorf mit einigen gemauerten Häusern. Markt. Einige Juden. Mehem, Hüttendorf. Gel ei et, kleine Ortschaft, nahe an Dhala. Markt. Juden sollen hier wohnen. Ho beiI el Mohagcra, zerfällt in das eigentliche Hob eil und Hobeil el Gebr, zwei kleine Ortschaften, durch den Wadi Dhi Negem von einander getrennt. Jede hat ein Schloß, ein Paar gemauerte Häuser, soust Hütten. Sadeiq, kleiner Ort im Süden, soll schon außerhalb des eigentlichen Schaherigcbiets und nahe an Soheb liegen, obgleich politisch sich zu den Schaheri haltend. Uebrigeus sehr unbedeutend. Schloß; Strohhütten. Höchstens 80 bis 100 Einwohner. Ginige Juden/ Markt. VI. Religion. . Alle Schaheri find Schafe i. VII. Politisches. Die Schahcri haben keinen Sultan, sondern nur einen Schech, Meteuet cl Gaschani csch Schaheri, der in Hagfer refidirt. Er führt ein streng orthodoxes Regiment, kann aber die Stämme nicht als Nayc Feindschaft zwischen Schahen nnd Amir. 363 behandeln, wie es Anlir Schafe! in Dhala thut, sondern nnch ibneli viele Freiheiten gestatten. Anch herrfcht hier lange nicht dieselbe Sicherheit nnd Ordnnng, wie bei den Annr, Die Städter sind alle Naye. Die Schaheri sind trotz ihrer Kleinheil eine respectable Macht, die selbst den Amir imponirt. Oft haben diese es versllcht, das Schaheriland, das im Amirgebiet eingeschlossen ist, anch politisch einzuverleiben, was ihnell aber nie gelang. Die Feindschaft zwischen Schaben nnd Amir besteht hanptsächlich, seit das letztere ^and nnter der jetzigen Dynastie steht (vielleicht 80 Jahre), da diese Dynastie fremd ist, in dieser Eigenschaft keine Verwandtschaftsrückstchten ans die Stämme zn nehmen branchtc nnd nut eiserner Hand geregelte Znstände, die allen Arabern immer mehr oder weniger widerwärtig sind, einführte, während die Schahcriherrscher einheimisch sind, ails die O.obayel Nncksicht nehmen nnd mehr ei» patriarchalisches Regiment nach dem alten Schlendrian sichren. Die nächste Nähe eineö suchen Staates, wie der der Alnir, ist ihnen daher ein Dorn im Ange, Die Völker selbst haben jedoch keine tiefgehenden Antipathien, sie sind stammverwandt, beide Ga dastämm^ bildeten vor der Zaidiherrschaft eine politische Einheit, nnd gehören beide zn derselben Seete, waö hier sehr viel heilen null, denn Zaidi nnd Schafe i sind geschworene Feinde, zwei Schafe i-Voller dagegen verbindet der Haß gegen die Zaidi immer mehr oder weniger, besonders Wenn sie, wie eö hier der Fall ist, die lchteren in der Nahe haben. Gegen die lmmcr mehr in dieser Richtung fortschreitende Macht der Dhn Mohammed sind Echaheri nnd Amir immer zum Bündnis; bereit. Sechszchntcs Kapitel. Kleine Stammesgebiete zwischen Dhala und Mrim und Dhala und Reda. I. Allqcnniücs. — II. Haqi. — III. Fcgra. — IV. Gohaf. ^ V, Qa'tcl'a. — H. Auodchiuuis, dcs Lcmd^'. ^ «. Bl,'schaffrnhnt dcö ^cmdcö. ^ (^. Wadis. — 1). Stä»,,!ll-. -^ I1. Sittl'ii und (brauch,,'. — VI. Äicl^Nl?. — Vli. Ahinrdi oder Äuwaö. — VIII Haschc,. — IX. Ahl Abcchela odcr ^tauya. - X. 'Ndand. — XI. 'Aüiar. — XII. Sayadi. — XUI. Scha if. — X^V. Hodad. - XV. '/jazidi. - XVI. T^lab. — XVII. HM'schi. — XVIII. Rcda'^ -^ XIX. Gcfc. — XX, Schlußbl'iiu'vkunc;. I. Allgemeines. Dao Anlir-^and ist in dcr Richtung von 'Aden nach Esana das nördlichste, wclchcö cinc compactere StammcsMppe, (.'incii, cisscntlichm Staat darstellt. Im Norden von ihm stoßen wir auf eine MeiM kleiner, zersplitterter Gebiete, die sich seit dem Perfall des Reiches des Imame Zaidi noch nicht wieder zn einer staatlicheil Vereinigung zusammengefunden haben. Etwas der Art ist freilich im Werden, aber es hat, wenigstens in dem von uns hier behandelten Gebiet, erst begonnen. Eines nach dem andern dieser kleinen Gebiete geräth nämlich nnter die Zuchtruthe der Dhn Mohammed. Diese dringen von Norden erobernd vor. Doch folgen sie bei ihren Eroberungen durchaus nicht einem topographisch niedergelegten Plane. Die schwachen Gebiete Die Grobcmugm dcr Dhu Mohamincd. 865 üben vor anderen Anziehnngskraft auf sic. Die starken umgehen sic, wenigstens Anfangs. Daher konnnt es, daß die Gesamnüheit ihrer Eroberungen ein buntes Flickwert darstellt. Zahlreiche freie Enclaven liegen noch mitten in den: besetzten Gebiet, So ist anch merkwürdig daß sich die Eroberungen der Dhu Mohammed im Westen der Ssan a-Route viel weiter nach Suden erstrecken, als ans dieser, und dennoch sind die auf letzterer gelegenen Stätlein ihnen topographisch näher. Noch bunter wird das Flickwerk dadurch, daß die Dhu Mohammed vorzugsweise nur die Schaff i-Länder einverleiben. Ein von ihren Glaubensgenossen, den Zaidi, bewohntes Gebiet, das sie auf ihren Groberungszngen treffen, lassen sie meist unbehelligt. Die Bewohner sind ihre Freunde und werden ihre Bundesgenossen. Wir können also die Erobernngen der Dhn Mohammed, wie sie anf der Karte keine Einheit bilden, auch in der Beschreibung nicht alo Einheit behandeln. Da außerdem jedes eroberte Gebiet noch seine abgesonderte politische Begrenzung behält, so ziehen wir es vor, jedes für sich zu beschreiben. Hier sind wir auch am Nordende der Religionseinhcit angekommen. Von den Gebieten, die sich jetzt folgen, gehört bald das eine den Schafe i, das andere den Zaidi, aber nie ist ein Gebiet gemischt. Diese beiden Seeten hassen sich tödtlich und dieser Haß wirkt anf alle politischen nnd socialen Verhältnisse dergestalt ein, daß man eigentlich ein Volk schon halb beschrieben hat, wenn man sagt, zu welcher Sccte es gehört, II. siaqi (unter Dhn Mohammcd). Ein kleines Stammesgcbiet zwischen Dhala nndQateba. '/^ Tagereise von letzterem. Die Haqi gehörten ursprünglich zu derselben großen Stammeseinheit, wie Anür und Schaheri, d. h. den Ga da, welche wahrscheinlich Msi i") waren und jedenfalls Himyaren find. Sie sind, nach Hamdani's Angaden zn schließen, eine Llbtheilnng der Aswad, der hentigen Echaheri. Hauptort: Hoeem im Wadi gleichen Namens. Schloß der Dhu Mohammed. ') Hamdcmi sagt zwar: die Gc^da galten für ^afi'i mid wl,'lM'!i in M'sa (welches fvM>er mchr wcstwävts vcichtc), aber sic sind nnbt von Unn,,. P>wsil.',vwmisch gleichen ji^ ihucn i^doch dlirchano. Jedenfalls sind sic .nimv^u, A6l> Der Staunn der Haqi. Fcara, Schaka, kleine Hüttendorf n' nördlicher Breite gelegen, besteht fast nur ans dem Hauptort, Fegra, und der nächsten Umgebung. Zwei Stämme: Hadnr und Deqam. Schech: 'Abd Allah Salah el Deqmi. In Fegra, kleinem Ort am Wadi Nura in fruchtbarer Gegend gelegen, sind mehrere Schlösser der beiden Stämme, sonst Strohhütten. Das ganze Volk zählt vielleicht ^000 Seelen, Dic Bewohner sind Schafe i und haben sich bis jelü noch voll den Dhu Mohammed unabhängig erhalten tonnen. Gchaf. Das Gebiet von Qa'taba. 367 Gleichfalls ein unabhängiges Gebiet im Nordwesten von Dhala, zwischen diesem und Qataba auf der einen, und dem Lande dc-r Hagi auf der anderen Seite. Gleichnamiger Stamm und Vera.. Städtchen Gehaf, Hanptort nut eineln Schloß, Das gauze Voll' zählt uielleicht 1000 Seelen. Alle Bewolmer Schafe i. V. Da tab a (freies Sta»nnl's^'dict), ^ Ausdehnung des Landes. Das Gebiet von Qa'taba besteht eigeullich nur aus der gleichnamigen Stadt nud einen, etwas ausgedehnteren Umkreise, mit einem Flächeninhalt von anderthalb bis zwei deutschen Ouadralmeilen, ^s liegt uugefahr unter 44" 52" östl. ^äuge und elwas nber den: 14. uördl. Breitegrade. Seiue Grcuzeu siud im Süden und Osten das Amir-Laud, im Westen Gehaf und Haqi, nn Nordeu'Vterrais. N. Beschaffeuheit des Landes. Diese scheint vortrefflich zu sein, nach den Prodneten zu schließen. Dieselben sind: Kaffee, Kaat (auf den Höhen,, eine Tabakart, die ganz schwarz sein soll, alle Cerealien, darunter vortrefflicher Weizeu, ausgezeichnetes Obst, Pfirsiche, Aprikosen, Weintrauben; leine Datteln, 0. Wadiö. W. Reschan kommt von Merrais, flicht nach Qataba und Hagi, W. el Ghodr fließt nach Fegra in den W, Nnra. (Dieser scheint identisch mit dem Wadi Ma aberlm Amir-Lande.) W. el Abchor, kleiner Gießbach bei Oataba. Topographisch begreuzt wird das Laud von dem Gebel Gehaf im Eüdwest itnd dem Gebel Merrais im Nordost. (>s scheint also im Verhältniß zu seiner Umgebnng ein Tiefland zn sein, welcher Umstand anch die Kaffeecnltur erklärt. ^. Stäinme. Deren sind nur zwei: 1) Bet N b u ,h odal. slchen unter dein Schech Mesa' d Salah. 368 Stadtgebiet von Qa'taba. 2) el Ahnum, stehen unter den, Schech'Abd er Rahman'Aidwa. Beide Stäinme wohnen in Oa taba und theilen sich in das umliegende Gebiet. V. Stadt. Qa taba, eine der größten Städte dieser Gegend mit drei bis viertausend Einwohnern, etwa 100 gemauerten Häusern, einer großen Menge gut gebauter Hütten und mehreren Schlössern. Residenz der beiden Schechs. Zwei große Moscheen der Schafe i. Es giebt hier keine Zaidi. Etwa 200 Juden, die einzigen Leute, welche hier Industrie betreiben, nämlich Baumwolle aus Adeu verschreiben, die sie zu Stoffen verarbeiten. Gin kleiner Basar, auf den: viel Tabak verkauft wird. Zwei große Wochenmärkte. In der Nähe von Qataba sind 5 große Schlösser der Alm Hodal, nämlich Hamr, Qans, ed Darr, Nabe und Scheghab. Es soll auch ein Dorf Hamr geben, wo die Araber noch sehr viel vom Himyarischeu im Dialeet bewahrt hätten. Der Name Hamr könnte allerdings auf Himyar deuten. IV Negierung. Diese wird von jedem der beiden Schechs in feinem Stamme und dessen Stadttheil unabhängig altsgeübt. Ihre Macht ist jedoch sehr beschränkt, da fast alle Bewohner Oobayel find, mit Ausnahme einiger hundert Naye, zugewanderter Fremden, der Iudeu und der Paria's. Diese 3 Classen werden je nach dem Quartier, in dem sie wohnen, von dem dort gebietenden Schech ausgebeutet, die Juden zahlen Kovf-stener (2'/^ Thaler jährlich); die Naye werden nach Willkür tarirt; die Paria's zahlen nichts, müssen aber zuweilen frohnden. 0. Stellnng der Juden. Sie find sehr unterdrückt und allerhand Demüthigungen ausgesetzt. Sie dürfen keine Pferde reiten (was freilich nicht schwer zu vermeiden, da es fast keine im Lande giebt), sondern nur Efel. Begeguen sie zu Esel einem Araber, fo müssen sie absteigen uud links ausweichen, da die linke Seite für den, der sie einschlägt, für unehrenhaft gilt. Will ein Araber einem Juden eine besondere Gnade erweisen, so erlaubt er ihm, feme Hand zu küssen, jedoch thut er dies mit weitausgestrecktnn Mgraphisches aus Qa'taba. 369 Arm, damit jener ihm ja nicht nahe komme. Araber aus Qataba erzählten nur allerlei Seltsamkeiten vom Gottesdienst der dortigen Juden. Eie sollen sich die Hände verhüllen, eine Art Horn ans die Stirn binden nnd damit wie besessen in, der Synagoge herumrennen. Die Jüdinnen sollen sehr schön sein, aber es kommt nie vor, daß ein Araber eine solche auch nur znr Concubine nimmt, was doch in anderen mos-limischen Ländern geschieht. Hier würde der, welcher so etwas thäte, vom Stamme ausgeschlossen werden und verloren fein. H. Paria's. Wir sind nun in das Gebiet gekommen, wo die zweite, verachtetste Classe der Paria's, die Schumr (Singular: Schimri), sich häufiger findet. Diese allein sind vom Besuch der Moscheen ausgeschlossen, betreiben die ekelhaftesten Gewerbe, wie das der Abdecker, dürfen nicht einmal an die Thüren der Häuser kommen und wohnen im abgelegensten Stadttheile. Die andere weniger verachtete Classe hat dieselbe Stellung, wie ill allen bis jetzt beschriebenen Ländern. Sie besteht hier aus den eigentlichen Achd^m (Dienern), den Schahed (so nennt man hier die Tamburin-Trommler) und den Doschan (hier fahrende Sänger). Dagegen wird das Gewerbe der Merafai (in Qataba die Schläger kupferuer Trommeln) nicht von Paria's, sondern von Qobayel ansgeübt. Merafai ist also hier kein mißachteter Name, wie in anderen Ländern. I. Sitten nud Gebräuche. Die Männertracht ist die allgemein südarabische: blaues oder weißes Lendentuch und Kopfbund. Die Frauen tragen keine Hosen, wie sonst fast in allen Städten, sondern ein dunkles Hemd, darüber die reicheren Seidenstoffe. Alle haben ein Umhängetuch, hier Scheidcr genannt (in Aden Chonne), uud in der Stadt außerdem noch die Nema, ein über das ganze Gesicht gezogenes Tuch, glatt angespannt uud ohue Lücken für die Augen (wie in Aden). Sie machen großen Gebrauch von Schöne heitsmitteln und Schminken verschiedener Farben: Hosn heißt eine rothe Schminke für die Wangen, Wars eine orangefarbene und Horud eine sselbe (von der Oolo^uintH ouLumis). Mit der letzteren, welche die - beliebteste ist. wird der ganze Körper gelb *) gefärbt, was für besonders *) Ich j"h auch in Aden solche gclbgcfärbte Frauen, Jüdinnen, dic sich f"i sehen liehen. b. o. Malhan, Ncisc «ach Tijd.n.idic». . 24 370 Das Stammesgebiet von Merrais. schön gilt. Zum Schwarzfärben der Nägel soll eine Mixtur von Echeider, Atmn und anderen Ingredienzen dienen. Die Beschneidung der Mädchen, sonst in ganz Südarabien (deni Küstenlande) üblich, findet hier niemals statt, die der Knaben am siebenten Lebenslage. Das Kaatkauen ist hier eine allgemeine Sitte, t von der selbst die Aermsten nicht lassen können. Da der Kaat im Lande wächst, so ist er zwar weniger theuer, als in Laheg, aber immerhin noch theuer genug. Mancher soll seine Familie damit ruinireu. Gin armer Mann, der seine Familie mit 2 Anna's*) (2'/. Silbergroschen) täglich ernährt, braucht oft für 4 Anna's Kaat und ist unglücklich, wenn er ihn nicht hat. Der Gischr wird nur in der Stadt getrunken. Die Beduinen dagegen trinken Kaffee und zwar, wie in H>afi a, mit Milch. Sie sollen sogar den schwarzen Kaffee für ungesund und fiebererregend halten, genießen also Milchkaffee aus demselben Grunde, aus dem die Städter Gischr trinken^). VI. Mcrrais (freies Stanunesgebiet). Dieses im Nordosten uon Qataba, im Nordwesten der Gaud gelegene unabhängige Stammesgebiet besteht aus einem Bergdistrict, dessen Mitte der Gebel Merrais einnimmt. Der Hanptwadi ist der schon erwähnte W. Neschan. Gs wird von 5 Stämmen bewohnt, jeder unter einem unabhängigen Schech: 1) Veni Schafel. 2) Beni Mohammed. 3) Ahl Reidan. 4) Ahl Ahmed. 5) Ahl Schaqran. ") Die Anna's verlieren sich selbst bis nach Qa'taba, da es im Innern an kleiner Münze fehlt. Im Lande wird keine geprägt. **) Alle Europäer glauben, das; im Orient nur schwarzer Kaffee getrunken wird. Araber dagegen versicherten nur, dah die Sitte des Milchkaffees in Äemcn allgemein sei. Der Araber liebt nämlich nicht starken Kaffee. Diesen zn trinken, ist eigentlich eine türkische Sitte. Wo es an guter Milch fchlr, wie in den „nisten Städten, ist Wasser das Verdünnnngsmittel. Wer aber Milch hat, brancht diese. Auch in Aden sah ich Araber Milchkaffee trinken. Ahmedi. Hascha. Ah! Abahela. 371 Im ganzen Gebiet ist keiue Stadt, nicht einmal eine größere Ortschaft, sondern die Bewohner leben in zerstreut liegenden kleinen Stein' Häusern. Jeder Stamm hat ein befestigtes Schloß. Die wichtigsten 'Schlösser sind: H. Schaqran und H. Reidau. Bei diesen werden Märkte abgehalten. Es soll eiuige hundert Juden im Lande geben. Alle Bewohner gehören zur Seele der Schafes. Die 5 Stämme sind eng verbündet nnd oft im Kriege mit den Nachbarn. Ihre Gesammtheit wird schlechtweg „Merrais" genannt VII, A h m c d i oder " A u w a 6 (freies Sanxncs^cdiet). Dieses nnabhängige Staunuesgebiet dürste nach den Berichten der Eingeborenen etwa unter 44" 33' östl. Länge v. Gr. und 13" 45' nördl. Breite zu suchet, fein. Es grenzt im Westen an Chadra, im Norden au Hascha, im Osten an Fegra und das Amir-Land. Es wird uon eiuenl Arm des W. ^lura durchzogen, der uon Gible bei Ibb kommt. Hauptort ei 'Auwas, Sitz der beiden Schechs der Ahmedi, welche sich in die Regierung theilen, Ahmed Salah ei Uuwasi uud Hadi ben Nagi. Der Name Ahmedi wird vu^o immer Hamedi gesprochen. VIII. Hascha (u»tev dm Dhu Hosain). Früher unabhängiges, jetzt von den Dhn Hosain erobertes kleines Gebiet mit dem gleichnamigen Staunn und der Ortschaft Hascha. Nach den Berichten der Araber glaubte ich seine ungefähre Lage 44" 33" östl. Länge u. Gr. und 13« 49^ nördlicher Breite ansehen zu können. Hascha liegt alls dem directen Wege von Dhala nach Ibb (Itmerar XXIX). Die Bewohner sollen zur Seete der Zaidi gehören. Wenn dies der Fall ist, so sind sie mehr Verbündete, als Unterthanen der Eroberer, ebenso wie die folgenden. IX. Ahl Awhela oder Mauya (unter den Dhu Hosain). Die Ahl Abahela mit dem Hauptort Mauya (zwischen Hascha uud Ibb) haben gleichfalls in neuester Zeit ihre Unabhängigkeit eingebüßt und stehen unter den Dhu Hosain, zu deren Secte (Zaidi) sie übrigens gehören sollen. Ihr Gebiet scheint ungefähr unter 44" 25' östl Länge v. Gr. und 13" 53' nördl. Breite zu liegen. 24" 372 'Adareb. 'Amar. Sayadi. X. Adareb (freies Stammesgebiet). Dieses noch unabhängige Gebiet besteht fast nur aus der Ortschaft 'Adareb, dic gewöhnlich Be led el Qadi genannt wird, weil von einem Qadi (Richter), der souverän ist, regiert. Die Bewohner gehören zur Secte derZaidi, stehen aber nicht nnter Dhn Mohammed oder Dhu Hosain, welche ihre Scctcngenossen meist resM'tiren Die nngefähre Lage des Veted cl Qadi glaube ich nnter 44" 35' östl, Länge v. Gr. und 14" nördl. Breite ansehen zu können. 'Adareb liegt dicht beim folgenden. XI. Amar in dieser Etessc auch cnvahnt. **) Seetzen schrobt Lzobba^h, ^liebuhr B^n Zlib«), Hamrs Zudnhi. Ich hl.'rt!,' iinuicr SsM'chi mit Ssad, lan^'n: »,' (für ai) lnid startcm h. Sobchi-Stämme. 379 politischen Zilsannnenhaug haben. Die gewöhnliche Gruppcueiutheiluug der AraberstännlN' des tiefen Südens ist: 1) die Qabila, die StammeS-masse, gewissermaßen der Staat; 2) die ^Aschira, der große Staniin, Iliüerabtheituug der Qabila; 3) die Fachida, der Unterstamm. Hier fällt mm so zu sagen dic zweite Abtheilung weg und die Oabila ist gleich direet in Fachida s eingetheilt. Die Namen folgender Fachida s konnte ich erfahren: 1. Manssnri, in der CoNeetivform Menacera, wohnen nahe bei Laheg an der Ostgrenze. 2. Machdnmi, in der Colleetivform Mechadim, wohnen zwischen ^aheg und Rega. 3. 'Antcriye, wohnen zwischen ^aheg m,d Forscha, werden von ' Oinigen zn den Menaeera gerechnet. 4. Debcine, wohnen bei Ferscha. 5 Nega^i, wohnen um Ncga. <>. ^Atfi, in der Eolleetivform ^Äuwatif, wohnen nahe am Gebel Oa u an der Küste. Diese sechs Stämme haben sich in eine Art von Vasallenverhältnis; zum Snltan von Laheg gestellt, wie oben (bei ^aheg) erwähnt wnrde. Die völlig freien Stämme find: 7. Soinati, wohnen 2 Tage westlich von Aden. 8. Ma^mai, wohnen nahe bei den Somati zwischen Ma beq ' und Gharriye. !). Geleidi, 2 Stunden nördlich von den Somati. U). Gerabi, einen halben Tag nördlich von den Somati, 11. Arai, nahe am Meere beim Naö 'Ära. 12. Haqqat, wohnen 4 Stunden westlich, von Ferscha. 1Z. Mcshaqi, wohnen 3 Stunden nordwestlich von Ferscha. 14. Tafeih, wohnen 1 Stnndc nördlich der Selim. 15. Selim, wohnen 2 Stunden westlich der Haqqat. 16. 'Amnri, wohnen in und beiHegaz, nördlich von Atfi, nicht weit vom Meere. 17. Zoreiqi, wohnen nördlich von Tnran, nicht weit vom Äteere. 18. Hamcida, wohnen in Mabeq mit Moqatem vermischt. Die Ncoqatcra sollen ursprünglich eine Avthcilnng der Hanrcida gewesen 380 Sobehi - Stämme und Ortschaften. sein. Jetzt aber bilden sic cine große Stammeseinheit und werden nicht mehr zu den Sobehi gezählt. Die Hameida stehen unter dem Schech Hasan Salah Abetul in Ma'beq. 19. Vereimi, wohnen zwischen Fegerra und dem Meere. Aehnlich wie die Moqalera, so rechnen auch Viele die Hakmi und Meschalcha, die von Vab el Mandeb bis nach Viocha zu wohnen, zu den Sobehi. Wahrscheinlich find sie mit diesen stammverwandt, aber sie bilden jetzt ansehnliche Stammeöcinheiten, ganz für sich gegliederte Gruppen, so das; sie von den Arabern, die unter Sobehi immer nur die vielen, von uns oben angeführten kleinen zersplitterten Stämme begreifen, nicht mehr mit diesem Namen bezeichnet werden. Nur Europäer rechnen sie heut' zu Tage noch zu den Sobehi, aber selbst die politische Agentur von Aden hat bereits diese Benennung aufgegeben*). III. Ortschaften. Eine eigentliche Stadt giebt es im ganzen Sobehigebiet nicht, sondern nnr ganz kleine Ortschaften cmö Schilf-, Stroh- oder Neiserhütten gebildet, hier und da mit einen, Hossn (Schloß) oder ein Paar gemauerten Häusern. Jeder Stamm hat eine aus Stein gebaute Moschee und einen Wochcmnarkt. Die nur bekannt gewordenen Ortschaften sind: Mohanneq, 5 Stunden von Bir Ahmed westlich, ebensoviel nördlich von Meghar. Brunnen mit einigen Hütten. (Dieser Ort bei Hamdani gcnan erwähnt.) Nega', zwischen Mohanneq und Hegaz, steht unter Salem Äbd Allah, Schech der Nega i. Dieser Ort wird oft auch Gmerga genannt, ich hörte sogar Gmera und Gmercm aussprechcn. Die Umgegend führt den Namen Veled es Siala nach einein früher hier lebenden Stamm Siala, der verschwunden oder vielleicht in den Nega i aufgegangen ist. Hcgaz, kleiner Ort der 'Amuri, 2 Stunden von Gharriye, 3 Stunden von Fcgcrra, 8 Stunden von Mohanneq westlich. (Hamdani giebt das Itinerar: von Aden nach Mohanneq und von Mohanneq ") Die Aufzählung der Sobehistämmc ist hiermit noch keineswegs erschöpft. Aber meine Informanten waren alle aus der östlichen Gegend des Bandes und wußten mir nur ein Paar von den im Westen, nahe dei den Hakini wohnenden Stämmen zu nennen. Ortschaften im Sobehi-Lcmd. 381 nach Hegaz, was vollkommen zutrifft, die Tagereise auf 8 Stunden berechnet.) Fegerra, zwischen Mohanneq und Gharriye, 5 Stunden von Mohanneq westlich, im Norden der Vereinn'.. Mcghar, auch Goher genannt, 4Stnnden südlich von Fegerra, anr Meere, kleines Fischerdorf der Vereinn. Sche' be, kl. Ort der Debeinc im Nordeu bei Ferscha. Ätfi, kleiner Ort unweit des Meeres, einige Stunden westlich von Meghar. Hauptort der Anwatif, mächtiger Stamm unter Laheg. Gharriye, 2 Stunden von Hegaz, westlich von Fegerva. Bedeutendste Ortschaft der Gegend, gewöhnlich beleb el Qadi genannt, weil liier das Grabmal eines langst verstorbenen Qadi, der nun als Heiliger verehrt wird nnd dessen Grab ein berühmter Wallfahrtsort geworden ist. Zu der Eiara l Wallfahrt) sollen an 10,000 Vedninen pilgern, alle gleichzeitig. Der Schech der Haknn von Schech Said bei Bab el Mandeb soll alle Jahre mit 1000 Vedninen lu'erher kommen. Groszcr Markl, Vnstbarkeiteti:e, Gharriye wird von einem Nachkommen des heiligen Qadi, dem Schech 'Abd el Kernn Ahl el Qadi, regiert, der sehr viele Geschenke von den Pilgern empfängt und für dieses ^and reich ist. Tu ran, kleiner Ort mit einigen gemalerten Hänsern nnd einem Hossn (Schloß) in sehr frnchtbarer Gegend, nahe beim Gebel (Harraz gelegen. Die Vewohncr sind Meschaich und werden voll der vornehmsten Familie regiert. Da diese zur Zeit ohne erwachsene Männer ist, so fühvt eine junge Fran, eine Scherifa, Tochter des letzten Schech's, die Vmvaltung. Die Echcrifa soll sich einige Soldaten, meist Neger, halten nnd diese treffliche Ordnnng wahren. Ihr Mann soll keinen b'inftns; haben. Gntes Kornland, einige Palmen. (Hamdani erwähnt Turan genau.) Ibharan, Hüttendorf im Gebiet der Selim unweit der Nord- Nenze Kcdeira, Dorf im Gebiet der Zoreiqi, zwischenTuran nud 'Ara, oft auch schlechtiveg blad ez Zoreiqi genannt. Z Familien von Meschaich wohnen hier. 'Ara, am Nas A'ra, zwei Stunden vom Meere. Fruchtbare 382 Sobchi. Neqescha, Dorf der Zoreiqi nahe bei Turan. Hossn Ahm cd Daghem, festes Schloß im Gebiet der Gerabi. Die hauptsächlichen Märkte sind: Suq el GH a mis (Donners-tagsmarkt) in Ferscha, kleine Ortschaft nnd Karaivanenstation auf dem Wege von 'Aden nach Taizz. Suq el Gom a (Freitagsmarkt) bei den Eomati. Suq es Sebt (Samstagsmarkt) bei den Gerabi. Wallfahrtsort, außer Ghan'iye, noch das Grab des Heiligen „es Senauwi" bei den Gerabi. IX. Politisches. Die Sobehi haben keinen Sultan. Außer den l> unter ^aheg stehenden Stämmen sind alle unabhängig, sowohl von einander, als von irgend einem Oberhaupt. Jeder Stamm hat seinen Schech, der jedoch wenig Macht besilzt. Die Vasallenstämme von Lahcg sind übrigens diesem keineswegs wirklich unterthänig. Der Sultan übt mehr ein Schiedsrichteramt, kann aber weder Justiz noch Polizei energisch handhaben. So find z. V. die Monaeera, der Laheg zunächst wohnende und also seinem Einfluß zugänglichste Stamm, berüchtigte Räuber und der Sultan wäre durch seinen Vertrag mit England genötlngt, ihnen das HandweK zu legen, vermag es aber nicht. Mit England stehen die Sobehi auf freundlichem Fuß. Alle ihre Schechs, die nach Aden kommen, erhalten Geschenke, aber kein Iahrgeld, da deren zu viele und sie alle machtlos sind. Sie erweisen sich bei Gelegenheit auch dankbar. Ende 1870 descrtirte ein englischer Matrose in's Innere und kam fast bis Bab el Mandcb, aber die Sobehi führten ihn aus freien Stücken zurück nach 'Aden, ohne ihn jedoch schlecht zu behandeln. Die Sobehi führen die Kaffeckarawanen von Mmen durch ihr ^aud nach 'Aden und nehmen '/« N. N. Thaler (5'/2 Sgr.) Steuern für die Kameellast, jeder Stamm in seinem Gebiet, weshalb man den Transport zur See vorzieht. X. Geschichtliches, Die Sobchi sollen nach ihrer Tradition mit den Hogriya und den Moraqescha der Fodli stammverwandt sein. Ersteres »nacht ocr Un^ Sobchi. 383 stand wahrscheinlich, daß noch jetzt einer der größten Hogriyastämme Assabch heißt. XI, Ncligion, Alle Sobehi gehören zur Secte der Schafe i. Beschneidung am siebenten Lebenslage, nur bei Knaben, nicht bei Mädchen. XII, Kleidung. Indigogefärbte Lendentücher und Kopfbund für die Männer. Die Frauen tragen alle Hosen und ein Umhängetuch. Achtzehntes Capitel. Haknn und Meschalcha. ?a^' dil'sl'r beldl'U Kiisten^dicil', — Hcifl'ii von Schech C.Vid. — Vn'lanf au ciuc fva>i,^ösischc Colnpaqin^. — Schlechte V^ch^ffcuhcit dlö Hafcus. — Faulhnt dcö ^n'chtc'titcl^. — Ansprüche d<'r Pforte — 'deration d<^ Handcl^. ^wei Stalumeögebiefe, die einen Küstengürtel von Vab ei Man-dl'b bis in die W^cnd von Vtocha bilden. Iln Gcbicl der Haknn a,u OcilU'n O'cmal von B^id cl Mand^b und gegenüber dcv Insel Pcviin liegt dic vielbesprochene Oertlichkeit von Schech Said, mit ihren gepriesenen Naturhäfen. Der Schech der Hakmi, Ali Tabat, genannt Drcen (das Füchschen), ging im Jahre 180!) auf einen Vorschlag der Compagnie Bazin von Marseille ein, ihr die Localität von Schech Said zu verkaufen, von deren Hafen man Wunderdinge faselte und sogar behauptete, es befände sich hier eine leicht in einem Binnenhafen verwandelbare Lagune. In der That ist Schech Said ein sogenannter Mousunhafen, in welchem sich die Schiffe, im Schutz einer vorspringenden Landzunge, je nach dem Winde bald nördlich, bald südlich von derselben, fast immer sicher befinden. Tritt aber die „Vert'ehrung des Monsuns" (1«« rovoi'5 äs Uoutjgon) ein, d. h. schlägt der Wind in der Saisoy der Nordwinde Plötzlich in Süd über (hier an der Meerenge sind die Monsuns fast direct Nord- und Südwinde), so bietet der Ankerplatz die grös;te Gefahr, wie der stürmische Umschlag im Februar 1871 bewies, welcher alle Schiffe im sogenannten Hafen scheitern «lachte. Dic französische Niederlassung in Schech Sa id. 385 Das Kaufgeschäft tau: zwischen der (Compagnie (hinter welcher natürlich'die französische Regierung steckte) und Ali Tabat, wie man sagt, für die Summe von 80,000 N. In. Thalern zu Stande, von welcher jedoch kaum ein Zehntel gezahlt wurde. Ali Tabat behauptet sogar, nur A)0l) Thaler erhalteu zu haben. Vald wurde nämlich der Rechts' titel Ali Tabat's in Zweifel gestellt und zwar durch die Pforte, welche, wie man sagt, auf Antrieb Englands, die Eonveränität über die ganze rothe Meeresküste von Genien, die sie ehemals besessen, wieder in Anspruch nahm und sogar eine kleine Garnison nach Schech Sa id schickte, die sich uuweit der französischen Niederlassung bei einem Brunnen festsetzte uud noch heute dort ist. Die französische Niederlassung besteht bis jetzt nur aus einigen Steinhäusern und eiuer Anzahl Holzbaracken, Als Magazine dienten Z große Schiffe (durkß) im Hafen, die ich Anfang 1871 dort sah, dieselben, die bald darauf scheitern sollten. Schech Said selbst soll kein antes Wasser haben, dagegen befindet sich eine Stnnde im Innern eine treffliche Quelle, deren. Ansbeutung jedoch seit der Verfeüioung mit 'Ali Tabat auf große Schwierigkeiten stößt. Nach der Ginstellung dcr Weiterzahlung der stipulirten Summe ist nämlich Ali Tabat der erklärte Feind der Niederlassung geworden, der er oft die LebenÄnittel abschneiden soll. Dieser Niederlassung scheint, wenigstens in nächster Zukuuft, kein bedeutender Aufschwung bcvorzu< stehen, besonders da der mächtige Znwachs des Handels, den dir Oeff-uung des Suezcanals zur Folge haben sollte, sich bis jetzt nicht einstellte, und allem Anschein nach in den nächsten Jahren auch nicht stattfinden wird. Uebrigens werden die beiden Knstenstämme, Hakmi und Meschalcha, i^A d. h. seit jener Auffrischung der türkischen Souveränitäts-Ansprüche, "ls der hohen Pforte Unterthan angesehen. Einstweilen übt letztere jedoch diese Souveränität nicht factisch aus. Ihre thatsächliche Macht-ngreifnng beschränkt sich bis jetzt noch auf das Unterhalten einer kleiuen Garnison bei Schech Said. H v, Maltzm,. Rcisc nach Süd.nMcn. 25 N cunz c Hutes EaPit c l. Moqteti-Land I. N«,i!uc. — II. A>!odl'I)»unci des Bandes. — HI. Arschaffoiheit de^ ^,i,idcs. — lV. Wadi'5, — V, Stämme. — VI. Ortschaften lind Schlösser. — VII. Politische. — VIII, Sitten und in Theil dos Südens scheint cine steppenartige Hochebene, auf welcher meist nur Wildes Buschwerk, an einzelnen Stellen jedoch auch Durra, Dochn, Korn wachsen. IV. Wad is. Die meisten derselben haben haben keinen Ausstich, sondern sind GebirgMche, die nur nach dem Regen Wasser führen, und dieseö wird dnrch die Bewässerung aufgebraucht. W. Mirs sad, bei der gleichnamigen Ortschaft, westlich von />-erscha, nördlich von Mabeq, eine Fortschung des W. Mefalis (Hogriya). W. A ten, bei Doqqa ini Norden an der Echergebi lHogriya) Grenze. Nach ihni heißt eine Landschaft Tarf el 'Lltena. W. ^'eschruch, bei Keddera im Norden, nahe bei Doqqa. V. T t ii m in e. Die Moqalera, ursprünglich aus den Hameida der Ssobehi hervorgegangen, bilden jetzt eine besondere Stammesgruppe, zu der folgende Unterabtheilungen gehören. ?. Kaheli, in der (^olleetivform Al'ahcla, der mächtigste Etannn, wohnt bei Hossn Kahela nlid in Doqqa, im Nordwesten an der Grenze der Schergcbi. 2. Za' z a' i, in der (5ollectivfor,n A za' i z ivohnen in Moharrega, 2 Etnnden südlich von Hossn Kahela. (Hamdani kennt diesen Stamm, ber zu seiner Zeit nahe bei Aden, etwa in der Gegend von Mehaidan, 3"volM zu haben scheint. 3. Mcdegera. 4. Moqabera. 5. Sud. «. Megeischa. 7. Bc'anna. 8. Hancischci, wohnen nordlich von Ma beq. 9. Anabi, in der (^ollectivform Llmbn. Die Vtedabi, welche il, Keddera wohnen, werden manchmal noch ^t dl'n ^ioqatera gerechnet, gehören aber zu den Hogriya. 25* 388 Moqteri-Land. VI. Ortschaften und Schlösser. Ma'beq, an der Südgrenze, Mittelpunkt aller Karawanenstraßen, theils von Moqatera, theils von Hamcida (Ssobehi) bewohnt. Vtirssad, kleiner Ort zwischen Ferscha undMabeq an der Kara-waneustraße nach Aden. Doqqa, Hauptort der Akahela, 3 Stunden von Dobhau, 2 Stunden von Moharrega, Moharrega, Haufttort des Stammes Zazai zwischen Älabeq und Doqqa. Andere kleine Ortschaften, deren genauere Lage ich nicht erfahren konnte, sind: Kebba, Medware, Zaqciha, °Adi. Qal'et Moqteri, Hauptschloß und Festung der Moqatera, lirgl bei Doqqa. Hossn Kahcla, Hauptschloß der Akahela, 2 Stunden von Zazai, 4 Stnnden von Veni Hanimad, 2 Stunden von Dolchan Soll ein altes himyarisches Schloß sein, ans schwarzen Steinen »Vasalt?) errichtet, weshalb es vul^o anch Hagar sud (der fchlvarze Fels) genannt wird. (Hamdani kennt Kahcla, das er Kchala schreibt n;,d als dritte Station von 'Aden nach Westen angicbt. Er nennt zwischen He^az nnd Kahela keine Station und in der That beträgt die direcie Entfernung nnr 9 bis 10 Stunden, was ganz einer von seinen Tagereisen entspricht. Merkwürdig ist, daß er auch der schwarzen Steinfarbe gedenkt. Die Stelle ist im Manuscript von Aden nicht dnrchweg leserlich (es scheint auch von einem Brunnen die Nede), aber die Worte „ein schwarzes (Gestein von dem Fuß bis zum Gipfel" sind wenigstens deutlich zu unterscheiden. Die Gegend um Kcchela wird tarf el Atena genannt. VII. Politischer,. Die Moqatera bilden keine zu einem Staat gegliederte politische Einheit; jeder Stamm steht unter seinem Schech, der von den andercu Oberhäuptern unabhängig ist, übrigens wenig Macht hat, da die Moqatera alle Qobayel sind, keinerlei Justiz als die ihrer Traditionen und der Blutrache anerkennend. Nur im Kriege stehen die Moqatera einig zusammen, namentlich in ihren Kämpfen gegen die von Norden vor- Moqteri-Land. 389 schreitenden Dhu Mohammed, welche bereits fast alle die nördlich an dies Land grenzenden Hogriyastämme unterjocht haben und fast alljährlich den Versuch erneuern, auch die Moqatera zu unterwerfen. In dieser, Einheit im Kriegsfall unterscheiden sie sich vortheilhaft von der Zersplitterung der Ssobehi und der Hogriya. Religion. Alle Moqatera gehören zur Eeete der Schafe i. VIII. Sitten und Gebräuche. Die Sitte des Gischrtrinkens ist gleichfalls hier verbreitet, besteht aber gleichzeitig mit der des Kaffeegenusses. Der Kaffee wird immer mit Milch getrunken. Zuweilen mischt man auch Kaffee und Gischr zusammen und mengt dieses Gemisch dann noch mit Milch. Einige Moqatera versicherten mir, dicu gebe eine köstliche Mischung nnd sei bei weitem jedem der beiden einzelnen Getränke vorzuziehen. Zwanzigstes Capitel. H o g r i y i a. I. Name. — II, (Geographische ?age, — III. ^ren^e», — IV. ^iüthei>!,»g — V. B.schaffenl'eit deö ^cinde^. - VI Vadi^. ^ VII Mitten>l^,el>e, — VIII Gebirge. — IX. Stämme. — X. Städte l,»d ^itsebafteü. — XI M'äelte. — XII. Schlösser, — XIII. Religion. -^ XIV, ^olitischeo. — XV, Sitten mi? (^edrciliche, I. Namc, Auch kcin dynastischer, sondern ein Stcimmcunainc v^'l> Ha^r abgc leitet. Ursprung unbekannt. II, sttcograuliischl' ltaqc. Zwischen ^!3" 40' und 44" l^ ^tl. ^äii^' v, (^r. nnd zwischen 13" 5' und 13« 15/ nördl. Breite, an einzelnen Stellen I'>5 13" N/ nörol. Breite hinausreichend. III. Grenzen. Im Süden Ssobehi und Moqatera, inl Westen und N»rden die vielen kleinen Gebiete nnd Städte, die man unter dem (^esammtnamen der Ta izziya begreift, sM'n Mocha, Ta izz und Oa ida zu gelegen, iin Osten Hamvaschib, Anur und andere kleinere unabhäugiac Gebiete. IV Eintheilunss. Obgleich das Gebiet eines einzigen Stammes, so ist d»ch das Land politisch jetzt in eine Menge kleiner Vruchthcilc zersplittert, von Hogriya-Land. 391 denen eillige ihre Unabhängigkeit bewahrt haben, während atldere unter die Herrschaft der Dhu Mohammed gerathen sind. Im Allgemeinen kann man die nördlichen und östlichen Stammesgebietc jetzt eine Provinz der Dhu Mohammed nennen. Da letztere aber jedes Gebiet getrennt admmistriren nnd ihm somit den Schein einer gewissen Autonomie wahren, fo scheint es mir auch vorzuziehen, jeden District in der Stellung anzuführen, welche er früher als unabhängiges Hogriya-lano einnahm. Natürlich wird immer hinzugesetzt werden, ob und in welcher Weise er den Dhu Mohammed unterworfen ist. Topographisch uud gnealogisch find diese Vasallenstämme mit den frei gebliebenen so eng verbunden, daß wir auch letzteren nicht einen getrennten Abschnitt anweisen können, sondern sie in der Reihe der anderen aufführen mit Hinzusetzung jedesmal der (Eigenschaft ihrer Unabhängigkeit. V. Beschaffenheit dcn Landes. Durchweg Bergland, mitunter (beim G. Sfabr, dessen südlicher Theil hierher gehört) Hochgebirge. Ncich an Produeteu. Fast in allen Thälern Kaffee, weniger jedoch als in Mittel-Äemen und Uasi^a. Im höhereu Gebirge viel Kaat, der von hier massenhaft In andere Gegenden Arabiens ausgeführt und theuer bezahlt wird. Sonst noch Oerealien: Durra, hier Nesi (in Aden Ta m) genannt, rother Dochn, hier Rharib oder Gharib genannt. Wenig Datteln. Dompalmen. Fällt ganz in die Zone der tropischen Sommerregen. vi. Wadis. Viele haben keinen Ansfluß, ihr Wasser wird entweder durch die Bewässerung aufgebraucht oder es verliert sich im Sande. Wadi Me falls, Seitenarm des bei den Moqatera erwähnten W. Mirssad, kommt vou AbuS, wo er den W. Da an aufnimmt. Wadi Hagum (mit dschim und schwachem 1>) kommt von Hagum und fließt in den W. Hak um (mit kef uud starkem 1>); letzterer auch W. Ghu ale genannt, fließt gleichfalls in den W. Mefaliö. Im W. Hakum viel Kaffee. W. cl Qobba, im Gebiet der Qobati, fließt in den W. Haqaat im Gebiet der Ssobehi. 392 Hogriya - Land. W..el Metthur, fließt vom Gebiet der Beni Hammad gegen das Meer bei Mocha zu. Viel Kaffee. W. Hernwa, bei der gleichnamigen Stadt, verliert sich im Sand. W. el Menara bei ess Cclil nahe bei Heruwa, gleichfalls ohne Ausfluß. W. Mo'qa kommt voln G. Ssabr, fließt östlich dnrch'S Gebiet der Beni 3)usif und dann in den Wadi Narezan, größter Wadi dieser Gegend, durchfließt den ganzen Osten, vereinigt sich nördlich von Zaida mit dem W. Nura, nlit dein znfammen er den W. Tobban oder Fluß von Laheg bildet. (Bei Hamdani ist der Verlauf dieses W. genau angegeben. Kr nennt auch eine Ortschaft Narezan.) W. Ad im, kommt von den Schergebi und B. Hammad. fließt gegen Vab el Mandeb zu. VII. Mineralquelle. Im Gebiete der Beni Hammad, .8 Stunden von« G. Ssabr, befindet sich ein warmes Mineral- (wahrscheinlich Schwefel-) Bad, viel von Arabern besucht, Virk-t Hammam genannt. Ginigc Mefchaiä), die in der Nähe wohnen, hüten das Bad und erhalten Almosen von den Gästen. Zwei Tage der Woche sind für die Franen rcfervirt. Die Männer sollen sich nie zusammen baden, sondern nur einem auf einmal es gestattet sein, das Bad zu benutzen. Juden werden nichl zu. gelassen. VIII. Gebisssc. Der G. Ssabr*), von Pafsama und Votta besucht, gehört schon in's Vereich des Bekannteren. Die gewöhnlichen Berge führen immer den Namen nach dem nahe wohnenden Stamme: Gebel Mefalis, G. ess Celu, G. cl Gfu u. s. w. IX. Stälnme, deren Wohnort und politische Stellung. 1. Schergebi, in der Collcctivform Schergab, mit der Hauptstadt Dobhan, wohnen etwa unter dem 44" östl. Länge v. Gr., an *) Man sehe dic cuMhl'ttdc Beschreibung bitter XII, S. 75« u. ff. Hogriya-Stämme. 393 der Grenze der Moqatera, 6 Stunden südlich von G, Sfabr, Einst ein mächtiger Stamm, welcher seinen eigenen Sultan befaß, der zur Zeit der Einnahme von Aden durch die Engländer mit diesen einen Vertrag (eilten der ersten englischen in Arabien) schloß, jetzt den Dhn Mohammed unterworfen, denen die Schergab Tribnt zahlten, doch nunmehr nicht mehr in Geld entrichten, sondern statt dessen Kriegsbeistand zur Unterjochung der noch unabhängigen Hogriya-Stämme leisten müssen. Sie lieferten auch diesen die einzige Kanone, welche die Dhn Mohammed im letzten Kriege (187lj gegen die Veni Hannnad besaßen. Werden von einem Statthalter der Dhn Mohammed regiert. Ihr letzter unabhängiger Sultan war Kazim Said esch Schergebi. 2. Aturi, nahe bei Mefalis und Mirssad. Der zuletzt unterworfene Stamm. Die Dhu Mohammed eroberten sein Vand erst 1870. (Bei Hamdani el Ater erwähnt.) Z. ^jusefi, nördlich von der Grenze derSsobehi oberhalb Ferscha und Mirssad. Stehen unter den Dhn ^lohamnied. 4. Qobati, nördlich von Aturi und Nlfefi. Sind Unterthanen oder ^laye der Dhn Mohammed, 5>. ess Eclu, nördlich von Hernwa, nahe am W. Warezan. )1iaye der Dhu Mohammed. Dei Hamdant Gelu, Dorf beim W. Warezan.) ss. 'Ariqi, in der Eolleetivform Aruq, südlich vonTa izz, westlich von Abus. Raye der Dh,t Mohannued. 7. 'Abesl, in der Colleetivform'Abus, bilden so zu sagen den Mittelpunkt des ganzen Hogryialandes (topographisch). Lage etwa unter 44« 21' östl. ^änge v. Gr. lnid I!i" 14' nördl. Breite. Sind Nayc der Dhu Mohammed. 8. Zo beirr, nordwestlich von Abus und Äruq. Naye der Dhu Mohammed. ^ 9. Hatäm oder Hakimi, 2 Stunden westlich von 'Abus. Raye der Dhu Mohammed. 10. Hagum (Hadjum) oder Hagimi, 2 bis 3 Stunden westlich, bergauf von den Hakum. Naye der Dhlt Mohammed. (Bei Hamdani ist ein Ort Mehagem etwa an dieser Stelle erwähnt,) 11. Anscrat, im Osten gegen ^aheg zu, sollen unabhängig sein. Von diesem Stamm konnte ich nichts erfahren. 394 Hogriya - Stämme. I^. ^eni.^ammad, gros;e nnd mächtige Stammesgruppe, iin Westen der Echergebi, am siidlichen Fuß des G. Ssabr ungefähr halb-ivego zwischen Hegaz ilild Mocha. Nach jedem dieser Ölte rechin't >nan zwei Tage, uach ^'lden 4 Tage. Zerfällt in eine Menge Unlerstämme. Ist noch unabhängig, aber jedeö Jahr verslichen die Dhn Mohammed, ihn zn unterjochen. Erst im Frühjahr 1^71 machte Oaid Hosein, der Statthalter der Dhn Mohammed in dieser Gegend, einen solchen versuch nnd belagerte Dar Schanwar, Hauptort nild Festnilg der B. Ham-mad. Da jedoch seine einige Kanone dabei platzte nnd inehrere der Seinigen erschlng, so lies; er sich entnmthigen, gab die Belagerung auf lmd zog sich znrnck. Bald daranf starb er. Einstweilen ist nun Frieden eillgetreten. Die Dhli ^lolialnilled sollen ili dieser (legend jelü leinen guten (General mehr haben. Die V. Hammad stehen lmter eineni Obcrhalipt, das den Titel Ätel filhrt, Rainen« Kazim Haeem (mit m). l^. Veni Scheiba, )uohnen an der Wcstgrenze zwischen V. Hammad ,lnd Mocha, l '/^ Tagereisen von legerer Stadt. Verdallten ihre Unabhängigkeit ihrer entfernten ^age von, Sii) der Dhu Mohanuned. 14. Medabi, triegerischcr kleiner Stainm, nördlich von dm Mo-qatera zivischen Dobhan und Kahela. Hanptort Keddera. Ist unabhängig, m»,ichl bei (Gelegenheit mit den M^qatera gemcinsaille Sache gegen die Dhu Mohammed. 15, Beni ^>nsef, Stamm im Nmden, am östlichen Abliang deö G. Ssabr. Naye der Dhn Mohammed. Nicht mit Misefi zll verwechseln. !l». Doba'i, soll ein den Dhn Mohammed nnterworfener Stamm 5 Stunden von B. Hanllnad seill, in welcher ^tichtiliig erhellt nicht, 17. Ahl Qoraisch, städtische Bevölkerung der Stadt Dimena, soll vou dein Ooraisch in Hegaz stanunen. )1iaye der Dhn Mohammed. 18. cl 'Efu, Stamm von Raye der Dhu Mohammed, '2 Stunden uoll den Bcni Hammad, wie es scheint, in westlicher Richtung. l!>. Afsabeh, wohnen 3 Stunden von Keddera, nur I Stunde von Dobhan der Schergebi. (Der Name dieses Stammes ist ganz derselbe, wie der von Hamdani in der (legend von ^ahcg angegebene; er deutet auf Verwandtschaft mit den Ssobehi, die Hamdani Assbahin nennt. Aber Asfabeh nnd Assbahin sind wohl nur andere Formen eines und desselben Namens. Die Tradition der Ssobehi sagt auch, daß die Hogriya und sie einst ein Volk waren.) Die Assabeh sind Naye der Dhu Mohammed. Städte im Hogriya-^and. 395 Diese Verwandtschaft mit den Ssobehi, die Physiognomien und die sehr dnnkle Hautfarbe der Hogriya, alle« läßt auf einen himyarischen Ilrsprnng schließen, wenn anch die arabischen Genealogen, die sich ja niit diesenl südlichstell Theil der Haldinsel so wenig beschäftigen, uns nichls Verläfsiges darüber bewahrt haben. X. Städte und Ortschaften. Im Hogriyaland giebt es einige wirkliche, von städtischer Vl'völke-nmg bewohnte Orte, die nicht den umwohnenden Stämmen gehören, gleichsam ehemalige Freistädte (vor der Zeit der Dhn Mohammed und IZaidi), sowie andere sogenannte Städte, die nur Mittelpunkte der Etam-mesbevölkernng sind, ans einem Schloß mit Slrohhütten und Markt bestehen und nichts eigelitlich Städtisches haben. Die Städte der ersteren Art sind: Heru w a, kleine Stadt zwischen' Abns und ess Eeln. Suq et tholnth, d, h. Dieüstagsmarkt. Eliva 500 Einwohner. Kleiner ^asar. Ginige Inden, Dimena, nördlichster Ort, nahe bei Taizz, Gwa i!00 (5in-luohner, daninter l!() Indm. Dobhan, zwar einem Stamme, den Schergebi, gehörig, doch eine wirkliche Stadt. Suq es sebt (Eamstagomarkt). Basar, (^twa l>00 Einwohner, worunter 100 Juden. Neber der Stadt liegt ein altes himyarischcs Schloß, Qal'et Ooraisch genallnl, welches die Dhn Mohammed zu einer Festung restaurirt haben und das ihnen zur Citadelle dient. (Hamdani erwähnt Dobhan genan. Das Pariser Manuscript schreibt Dihan.) Ortschaften der anderen Art sind: Schnciwa, 2 Stunden von Dimena. Ehasegga, kleiner Ort der'Aturi mit einem Schloß, genannt Hossn biasche auf dein Verge oberhalb (vhasegga. Zafiye, Ortschaft der Doba i nahe bei Gfu. Vte dinet Suq Qoba, Ort der Qobati. Der Schech heißt Hamed bell Hamrd. Ein Suq cl arba (Ncittwochsinarlt). Einige Juden. Dar Schau war, Hauptort der Beni Hammad, rnehrere feste Schlösser, 20 Steinhäuser, sonst Hütten, Etwa ^00 Einwohner. Einige Juden. Gin Suq el goma (Freitagsinarkt), Z9s> Hogriya-Land. Andere Orte desselben Stammes: Debn ed dachel und Debn el charig. Keddera, Stadt der Medabi. Schloß Markt. Einige Juden. XI. Märkte. 'Ab us, Suq et tholuth «Dienstagsmarkt); ^nsesi, zN'ei Märkte an verschiedenen Orten: ein Snq el latnen (Montagsmarkt), ein Suq el arba (Mittwochsmarkt); Hatimi, ein Suq et tholuth (Dienstagsmarkt). Beni ^uscf, Snq el arba (Mittwochemarkt). XII. Schlösser. Hoffn Mefalis, altes hiinyarisches Schloß, im N. gleichen Namens, Gebiet der Aluri. (^tesalis bei Haludani als Ortschaft erwähnt. Lage genau.» H. el Mimschal), altes himyarisches Schloß im N. Da an, 1 Stunde von 'Mus. H. ei Qure, altes himyarisches Schloß in 'Abus selbst. H. .^ickeb, Schloß der Ijufefi, 2 Stunden von ihrem Markt. H. Scher man, im Norden von Dimena, 1 Tag von Ta izz. H. Hauban, '/. Tag von Taizz. H. Gendiye, zwischen Scherman und Hauban, Neqil el Hamza, 2 Stunden von Abus auf dem Weg nach Heruwa. el Aqrud, '/, Tag von Taizz. XIII. Religion. Alle Hogriya gehören zur Sectc der Schafe i. Nur ihre Unterdrücker, die Dhu Mohammed, sind Zaidi. Bcschnerdung am siebenten Tage. Die der Mädchen soll unbekannt sein. XIV. Politisches. Die Dhu Mohammed lassen fast überall die einheimischen Schechs ihre Stämme verwalten, geben ihnen aber oft einen Neqib (Statthalter) zur Seite. Ihr oberster Statthalter führt den Titel Qaid. Sie unterhalten Garnisonen zum Zweck des Steuereintreibens; diese sind jedoch nur selten fest an einem Orte, sondern durchziehen das Land, um Hogrwa-?and. 397 den Tribut zu erheben. Die Justiz ist in Händen der Dhu Mohamined, welche die Hogriya als Raye behandeln. Die Invasion der Dhu Mohammed bebaun erst vor 28 Jahren. Früher wareu die Hogriya unabhängig, d. h. seit de»u Sinken des Imamats vonSsana, zu dem sie noch zu Anfang dieses Jahrhunderts gehörten. Einen eigenen gemeinsamen Sultan scheinen sie nie gehabt zu haben, wenigstens in den letzten 3 Jahrhunderten. XV. Sitten und Gebräuche. Die Männer tragen Lendentuch und Meschcdda (ein Umschlagtuch) d^is nur lose und auf einer Seite strickartig zusammengerollt getragen wird. Schwarzblaner Kopfbnnd. Die Frauen tragen indigofarbene Hosen, Hemd und Kopftuch (hier Schail genannt). Bei den Hogriya giebt es keine Schumr oder Schimri, wohl aber viele Achdam, welche dieselbe Stellung haben, wie anderswo. In Aden finden sich immer viele Hogriya, die vor der Tyrannei der Dhu Mohammed entfliehen. Sie bezeichnen diese ihre Zwingherren jedoch nie mit deren Namen, sondern stets nur uach ihrer Seetenbezeiä)-nung, d. h. Zaidi. Dieser Gebrauch ist in ganz Südarabien allgemein. Der Gegensaft zwischen Schafe i und Zaidi wird viel lebhafter empfunden, als irgend ein genealogischer, anf Stammesverschiedenheit gegründeter. Ginnn dzwanz igstcs C» apit el. Kleine städtische Gebiete bci Taizz oder Ta izziya. I. Nam?. — II. s^ozivaphischc ^age, — III, Grenzen. — IV. Zweck dev Mit tyeiliuigen über die Ta'izzma. — V. Beschaffenheit des Landes. — VI. (^havattev dieses ^ebielci >,i socialer P^iehim^, ^ VII. ^en'»hner. — VIII. P^itifcl'e <<>„ thei!l>!^g der Ta'i,^iyc>. — IX. Städte und siädtische l^ebieie. I. Name. Der Name Ta izziya l'e^cift w^'dc'r cine genealogisch noch jettt abgeschlossene, noch anch eine politische Einheit. Die Bewohner von Süd-^Icmen uerstchen unter diesen, ^iatnen alle jene kleinen, nieist städtischen Gebiete, welche ehemals, als Taizz noch Hauptstadt war, von ihm direet abhingen, und zwar nur die, welche in der speciellen Provinz Ta'izz lagen. Das vorwiegend ländliche Gebiet der Hogriya ist hier nicht mehr mit inbegrjffen. II. Grossraphisch c i?aqc Die Lage dieses Gebiets dürfte zwischen 43" 25' uud 44° 15 östl. Länge v. Gr. und zwischen 1Z<> 30' und 14« 35 uördl. Breite zu sixiren sein. III Grsnzsn. Ini Siidcn Hogriya. In, Nestcn das türkische Küstenland von Mocha gegen Zebid zu. Im Norden die einstige Provinz Ssarsa, jetzt Verfall der einstigen Provinz Taizz. .^99 gleichfalls lauter zersplitterte kleine Gebiete. Im Westen Dhala', Qa iaba und die in unfereni ll>. (Capitel erwähnten kleinen Stammesgebiete. IV. Zweck der Mittheilungen über die Ta'izzina. Da wir hier schon etwas bekannteres Gebiet betreten, so ist es unser Zweck nicht, die von anderen weisenden, wie Niebuhr, Botta, Cruttenden, Eeehen u. s. w. genauer beschriebenen größeren Städte zu besprechen. Diese Städte sind Ta'izz, Ibb >ocl', ^d^r cs sind jcht inachtlose nndemit^ltc Prwatk'ut»,'. 400 Ein vorwiegend städtisches Gebiet. überall. Der Kaat kommt noch hier und da auf dm Höhen vor. An Cerealien ist kein Mangel. VI. Charakter dieses Gebiets in socialer Beziehung. In allen früheren Abschnitten (mit Ansnahme von Neda' lind Gefe) hatten nur es mit ländlichen, von Oobaye! und Beduinen, oder von Raye auf tiefer Kulturstufe, belvohnten Gebieten zu thnn. Fast überall trat das städtische, bürgerliche (Element zurück. Die Oobayel herrschten; die Städter nahmen die tiefste sociale Stelle ein. In dein Gebiet der Ta'izziya ändert sich dies. Dies Gebiet gehörte eben seit dem Iahrtansend M einem social, bürgerlich und politisch geordneten Staatswesen, einem Eulturstaat, im Sinne moslemischer Cultur, wie es Syrien und Aegypten sind. Das (element der Oobayel tritt hier zurück. Hier kommen wir in eiu dicht mit Städten besätes Land, iu welchem diese Städte die Hauptsache sind, kurz, Nur nähern nns mehr civilisirteu Zustäudeu. Damit schwinden deun auch die Etamlues-Vorurtheile. Die Ge-schlechts-Tradiiioueu sind in den meisten Städten mehr oder weniger verwischt. Eine größere Vermischung des Blutes findet statt. Selbst die Vermischung mit Negerblut, in deu reinen Stämmen so ängstlich vermieden, führt hier nicht mehr jeuc sociale Verachtung mit sich, die sie bei den Qobayel trifft. Der Kaufmanns-, selbst der Krämerstand, die Handwerker sind nicht mehr verachtet, sondern nehmen eine ähnliche Stellung, wie iu Europa, ein. Neben dieser vornehmeren bürgerlichen Schicht der Bevölkerung giebt es aber gerade hier zahlreich jene Auswürflinge, Paria's, die Schnmr und Achdam, die aus uralten Abfondenmgeu hervorgegangen, vom nivellirendm Einfluß der Eultur unberücksichtigt blieben. Ebenso giebt eß viele Juden, deren sociale Stellung kaum eine bessere ist, als anderswo. VII, Bewohner. Die Ta'izziya sind wahrscheinlich in ihrem größeren Theil auch Himyaren. In dieser Gegend, wo ja auch (unweit Dhamar) die alte himyarische Hauptstadt Tsofar (das bekanntere westliche) lag, muß wohl der Kernpunkt der einstigen himyarischeu Macht gesucht werden. Während aber die südlichen Himyaren meistentheils zum Leben der Qobayel zurück- Politische Zustände der Taizziya. 401 kehrten (manche mochten es nie verlassen haben) und aus Bürgern eines ehemaligen Culturstaates verwilderte Landbewohner wurden, blieben die Ta'izziya den mehr civilifirten Traditionen treu. Sie verloren freilich in Folge dauon ihre Stammescinheit. Aber im Allgemeinen dürften Wir nicht irren, wenn wir ihren Haupttheil als Reste jener städtischen Himyareu bezeichnen, welche einst zum Glanz des himyarischen Reichs so viel beitrugen. Von den einzelnen Untcrstämmen wird, insofern solche noch traditionell verbürgt sind, bei den von ihnen bewohnten Städten die Rede sein. VIII. Politische Eintheilung der Taizziya. Seit dem Verfall des Imam-Neiches hat sich an dessen Stelle eine andere Macht gesetzt, nämlich die der oft schon erwähnten Dhu Mohammed. Diese, obgleich sie an und für sich betrachtet ganz als Qobayel angesehen werden müssen, unterscheideil sich jedoch insofern vortheilhaft von den bisher erwähnten freien Stämmen, als sie einer städtischen, bürgerlichen Existenz nicht feindlich sind. Sie haben den größten Theil der Städte der Ta izziya erobert, aber weit entfernt, sie tyrannisch allzusehr zu bedrücken, üben sie vielmehr eine zwar strenge, aber nicht willkürliche, sondern geregelte und Zutrauen einflößende Autorität aus, wie einst die Imäme, unter denen diese Städte blühten, ja sogar in manchen Beziehungen eine mildcre. Die meisten Taizziya sind ihre Naye, zahlen Steuern, werden aber sonst nicht belästigt. Die Justiz bleibt meist in Händen des einheimischen Qadi. Es ist das Unglück der Taizziya, daß die Dhu Mohammed nicht früher kamen, daß unmittelbar nach dem Fall des Imam-Reichs hier eine Periode der Anarchie eintrat. Aus dieser Periode rührt der namenlose Verfall der Städte, besonders der größeren her. Seit jedoch die Dhu Mohammed herrschen, haben sich die Städte, namentlich die kleineren, schon vielfach erholt. Die größeren erholen sich schwerer. Das System der Dhu Mohammed ist eben kein centralisirendes. Sie lassen jede ihrer Eroberungen getrennt, mit einer gewissen Autonomie bestehen, die dem Aufschwung der Volkswirthschaft jedenfalls vortheilhafter ist, als die ehemalige Centralisation. Daher kommt es auch, daß sich einzelne kleinere Städte gehoben haben und nun größer sind, als die früheren politischen Mittelpunkte. v. Maltzan, M'lsc nach E!,b>m,l'!c», 26 402 Städte der Taizziya. Wegen dieses Mangels an Centralisation können wir denn anch hier nicht von eitlem Reiche der Dhn Mohammed reden, nm so »nehr, als zwischen jenen nnterjochten Gebieten noch einzelne unabhängige Enclaven gelassen wnrden, dereic Bewohner nicht Raye, fondern Verbündete der Dhn Mohammed wurden. IX, Städte und städtische Gldictc. Qa' ida*), kleine Stadt, '/> Stnnde nördlich vonDimena sHogriya) gegen Zbb zn. Etwa 1000 Einwohner. Die Bewohner sind Schafe i und Raye der Dhu Mohammed (Zaidi). Markt. Kleiner Basar. Etwa 50 Juden. Hoqaiba, 3 Stunden nordwestlich von Dimena, gegen Taizz zu. Soll nnr ein Schloß niit umherliegenden Hüllen sein. Steht unter den Dhu Mohammed. Ssaheban, kleine Stadt, nördlich von Dimena, nahe bei Scher-man (Hogriya). Schloß. Etwa 400 Einwohner. Keine Juden. Nachlan, Schloß und Hüttendorf nahe bei Qaida. Bewohner Schafe i, Raye der Dhu Mohammed. Medinet el Asfal**), zwischen Qaida und Ibb, '/^ Tag südlich von Ibb, eine kleine Tagereise nordöstlich von Ta izz. Blühende Handelsstadt, wohin sich feit dem Hcrabkommen von Taizz fast aller Verkehr dieser Gegend gezogen hat. Etwa 4000 Ginwohner, worunter 400 Juden. Basar. Zwei Wochemnärkte. Mittelpunkt der Karawauen-straßcn zwischen Ibb, Taizz, Scher'ab, 'Aden und Mocha. Haime, zwischen Qaida und M. el Asfal, kleine Stadt mil 200 Einwohnern. Bewohner Schafe i, Naye der Dhn Mohammed. Gible, kleine Stadt südlich von Ibb, schon durch Nicbnhr, der Dsjobla schreibt, bekannt. Chadra, nahe bei Ibb, südöstlich von Gible an einem Seitenfluß des W. Nura. Negd el Ah mar, Meschura, Nebak. Diese drei Orte sollen westlich von der Straße von Ibb nach Jerim liegen. Neqil S emara***), auf einem hohen Berge zwischen Ibb und Aerim. Die Bewohner sind Zaidi und unabhängig. ") Niebuhr nennt ein Dorf Ghaida am G. Ssabr, Ritter XII, 725,. *") Wahrscheinlich der Ort, der auf Niebuhr's Karte als Dasoffal fignvivt. **'') Bei Niebuhr nur als Berg erwähnt. Städte der Taizziya. 403 Mo chad er, Schloß im gleichnamigen Stammesgcbiete, zwischen Ibb und K'nm. Schon vor Niebuhr erwähnt. Bewohner Zaidi, Bundesgenossen der Dhn Vtohammed. L e' a ud beni N agi, kleiner Ort nördlich von Ibb. Bewohner Zaidi, unabhängig. Scher'ab*, '/2 Tag nordwestlich von Taizz. Non den Ahl Beggasch bewohnt. Gtwa 1200 Seelen, worunter 200 Juden. Viel Handel. Bewohner Schäfer und unabhängig. Die Eroberungen der Dhn Mohammed reichen nicht so weit westlich. Do rib et, kleine Stadt zwischen Taizz und Scher ab, bei Niebuhr erwähnt. Bewohner Zaidi, Bundesgenossen der Dhn Mohammed. Arisch**), westlich von Taizz auf dem Wege nach Mocha. Bewohner Schafes, unabhängig. K e deiha, zwischen den Beni Hammad nnd Mocha, ganz im Süd-wcsten von Taizz. Bewohner Schafe i, unabhängig. Zwischen 'Arisch und Ta'izz liegen dann noch ?>efrns, Go mar, Mena'im, Scha nbe, meist Schlösser mit kleinen Hüttendörfern, unter den Dhu Mohammed stehend. In Ta' izz selbst haben die Dhu Mohammed das alte Schloß Hissn Ghorab wiederhergestellt und beherrschen von da ans die Stadt. Die Moscheen sollen alle bis ans die Gam a Modhaffer mit ihren 70 Heiligengräbern zerfallen fein. ') Hamdcmi rnvähnt cincu Ort Schcvab und scht cium V^inameu hinz», der wie Kahiu (?) ciussicht. ^^) Pl'i Haindani wird ^Arisch ^lcich nach Die, Dhn Mohamnied untcr Dim >>ojam. richtigen Grenzen bezeichnen. Wir kennen ja gar nicht alle ihre Eroberungen nnd wissen noch weniger, wo denn eigentlich der Hauptkern ihrer Macht, ob er noch in der Wiege ihres Stammes nnd wo diese Wiege gelegen ist? Ich habe mir viel Mühe gegeben, etwas über ihren Ursprung zn erfahren und bin theils dnrch Nachfragen bei Arabern, theils dnrch folgende Kombination zu einem gewissen Resultate gelangt. Schon Nie-buhr nennt die Haschid nnd Bekil, eine Art von Confederation (Ritter XII, 714) freier Stämme im Norden von Ssan a, deren Mitglieder die, Soldtruppen der Imame bildeten; so lange letztere mächtig waren, gehorchten aber bei jeder Echwächnng des Reiches in Rebellion ausbrachcn, ganze Districtc räuberisch durchzogen oder auch wohl einnahmen und so lange im Besitz behielten, als die wieder erstarkende Macht der Imame ihnen dies gestattete. Nun bestätigen alle Araber, daß die Dhn Mohammed nnd Dhn Hosain ans den Söldnerstämmen von Ssan a hervorgegangen sind. Seit das Reich siel, haben diese Söldner sich zu Eroberern und Landesherren aufgeschwungen. Die Heimath der beiden Stämme wurde mir von den Arabern als im Norden von Ssan a, in einer Gegend, welche man mir „Berao" nannte, bezeichnet. Nichts ist deshalb wahrscheinlicher, als daß sie aus den Haschid und Bckil hervorgegangen sind. Auch die Confession trifft Zu, denn Niebuhr nennt jene Zaidi. Ihre svceiellen Namen kannte Niebnhr nicht, da sie unter dem allgemeinen der Consideration verschwanden. Dennoch müssen diese Namen, wie alle arabischen Stammesuamen, eine gewisse genealogische Wichtigkeit haben. Wie ich hörte, sollen sie zu einem Stamme der großen Familie der Beni Ans gehören. Ihr specieller Vorfahr soll Schaker ibn Hamdan gewesen sein, der 2 Söhne, Mohammed und Hosain, hatte, nach denen die Stammestheile genannt wurden. Wann dieser Schaker ^) gelebt hat, darüber wnßtc mir Niemand Auskunft zn geben. Der jetzige Schech der Dhu Mohammed nennt sich gerade umgekehrt wie er, nämlich Hamdan ibn Schaker. ') Ich hege übrigens die Ansicht, daß dieser Schaker nur der Stammvater der Dynastie war und daß die Vö'lter, die sich aus den Haschid und Vetil unter seinen löhnen znsammenschaarten, diese dynastischen Namen angenommen haben, wie wir dicö so oft in Südavadien sel'en. Dk Dhu Mobainmed nud Dbu Hosain. 407 Die Dhu ?)lohammed scheinen jedenfalls ein ganz außerordentlich kriegerisches Voll zn sein. Vcan sagte nur, daß in ihren Kriegen sogar oft die Frauen mitkämpften, aus den Häusern schössen, Steine auf den Feind schleuderten. Auch scheinen sie durch das Glück bis jetzt noch nicht verweichlicht, sondern ein abgehärtetes Gebirgsvolk geblieben zn fein, während ich ersteres eher von den Dhu Hosain glauben möchte. Von ihren Eroberungen war schon an Ort und Stelle bei Erwähnung aller der Loealitäien, welche diesen zum Opfer fielen, ausführlich die Nede. Auch die Art und Weise, wie sie ihre Eroberungen verwalten, wurde besprochen. Unser Forschungsgebiet umfaßt freilich nur einen Theil ihres Groberungsfcldes. Doch von dein, was außerhalb desselben liegt, war schlechterdings nichts zu erfahren. Register. A. 'Nbaoel 250. 324—349. Aba Kcnsi 122. 'Nbd-Allah 227. 'Abd-Allah ben Haidra. 316. 'Abdullah ben Viohsin (3.) 332, 'Abd^lllah ben Mohsin , f. Abian 212. 256. Abu 238. Abu Bekr 168. Abu Bekr (Dorf) 329. Abuna Johannes 128. Abuua Salaina 132. °Mu6 206—207. 393. 396. Abu Schehr 83. Abu Simbel 227. Ayabeh oder Assabeh 206. 328. 'A?ala oder Assala 198—201. 257-259. Achdam 184. 218. Adan 273. 'Adcneb 203. 372. Adc»ü 237. 'Aden 115. 142. 198. 'Adi 388. Adua 124. 131. Neqyftten 1—32. Nfisi 293. 'Ugavi 237. Ahir 184. Ahl Abahela 371—372. Nhl 'Abd'Allah 256. Nhl Ahmed 370. Ahl Ali (Ainir) 356. Ahl Ali (Aulaqi) 242. Ahl Ali (Diebi) 237. ' Ahl ba Gilgella 289. ?92. Ahl Vegga 305. Ahl ben Ncihssi 200. 201. 288, Ahl Dian 273. Ahl 'Elah 255. Ahl Ga'dc, 255. Ahl Geini'a 245. Ahl Haidra Manssur 255. Ahl Hasan 245. Ahl Hasna 198. 255. Ahl Hayek 190. 229. 231—234. Ahl Hescham 305. Ahl Hogel 356. Ahl Hosain 306. Ahl Mehdi 245. Ahl Mirza 289. Ahl Qafis 245. Ahl Qoraisch 394. Ahl Rahi 245. Ahl Reidan 370. 410 Ahl Sa'id 255. A hl Sa'idi 255. 272. Ahl Schaqran 870. Ahl Scheddad 255, Nhl Schenin 255. Ahl Selam 328, Ahl Sliman 245. Ahl Aazid 29«, Ahl Zueila 38«. Ah mar 289. 292, Ahmed Ali M)alib 293. Ahmed ben Aliuan 2!8. Ahmed den Hadi 232. Ahinedi 242, Ahwar S. Hainoar. Ahnttm 368. Ahsnb 342, 'Aiderus 13«, 157. 162, Annan 256. Mn 201. 'Aisai 356, Akcihela 837, M^'l 274. Alcxaiidvievii l —I. °Ali Astcr 297. °A!i ben Ghalib 293. 'All ben Mohsin 331. 'Ali cl Hauschebi 352. 'Ali Tal^it 384-38S. Allaka 125. Nllaka Burn 131, 'Allauwi 2'<7. 'Allinvl (Amir) 201, 35«, 'Allmvi (Diedi) 237. Alwan 24,^, Ainagin 231. 'Amar 207—208. 372. 'A,neq 257. Amhar 104. 118. Amir 353—360. Amira 12«. Amir Schafcl 353. 357. M»r b. Sa'id 248. 'Aimldi 289. Nmndiya 256. °Amur 205. 'Amuri 205. 379. Anna 337. Register. 'Ans 214. 406. Anscrat 393. 'Antcnye 205, 379, Aqarcb 314—328. 'Aqrabi 222. 314-323. 'Ara 189, 205. 381, Araber in Adl» 162. 'Arai 379. Ardh Atol'a 280. . Ardh ed Dian ll»8. 19!). Ardh ed Diebi 280. Ardi 337. Arieb 280. 'Ariqi 207. 393. 'Arisch 403. Arkiko 118. Arnaud (Reifender) 184. 189. Aruq 207, 393. Arwali ^55, Asaker 137, Assa 307. Assabeh 20«. 328. 394. Assbahm 291. (Note) 328. 394. Astrolog 164, Ac'N'ad ii6«>—363. Atara 203. 296. 'Atfi 205. 879. 381. Mic, 245. Atoba (Athanba) 280. Atnri 206. 393. And 275. 'And 207. 'And b. AbdMlcch 250. Audeli 222. 240. Audeli-Laud 275—282. 'Anlaqi 190. 222. 239-251. 'Auwad del Cher 107. 162. Amuadcl 275-282. 'Anwaliq 239—251. Amvan 307. 'Auwas 206^208. 371. Awatif 379. Aza'iz 387. Azan 305. Azeibih 328. 345. Azenii 237. 'Aziziye 31. N8. Azhar 12. Register. 411 B. Ba Auci (oder Aussi) 237. Bab el Felaq 258. Bab el Mandeb 138, 206. ' Ba Hamedi 237. Bayan 119. Ba Kaziin 242, Baken 288, 362. Bakschi 278. Na'l Harif 245. Van (Baan) 328, Baniancu >07. 14i». 168. Nanu Lihb 183. Ba Oinitt Rezaz 301. 307. Barka 117. 118. Barsati 81. Na Sauda 237. Baschi Bozuk 101. Ba Wadda 237. Bazir 203. 306. Be'aima 387, Beda oder Baidha 163. 191. 200 203. 306, 307. Betm 207. Beduinen 10«. Behau odcr Baihaan 203. 300. Behan el Gl'zab 203, 312. Bekil 406. Beled cl Haddi 372. Bel«d ^l Qadi 372. Vclcd Echafcl 353. Belcd Schaif 373. Ben Alluwan 304. Veni A had 358. Beni Ahmed 328. Bein Amr 118. Bein 'Ans 214. 406. Veni Celeb oder Ssolaib 183. Vem Hatnmad 206. 394. Veni Harith 312. 314., 321. Beni Koraita 175. Beni Mehaid 328. Beni Mohaiu'ned 370, Beni Ogil 329. Beni Qased S. Kellet. Bcni Schafcl 370. Beni Scheiw 394. Veni Sliman 201. 278. Beni Alisif (Hogriya) 205. 394. Beni Ausif (Aass) 288. Be'osi 296. Berad 406. Berberiuer 27. Bereimi 380. Ver Qaui 201. 278. Vet (Bait) Abu Hodal 367. Bet (Nait) Ma 330, Vet (Bait) Sanifam 329. Beth 177. Bey 12. Beza 167, Bigeri (Nidjain) 278. Billei 272. Bir (Biyr) Abd Allah 204. 352. Bir (Biyv) Ahmed 205. 3l6. Bir (>^iyr) Ali 201. 224. 225. Bir (B,yr) Gomm 331. Bir (Biyr) Nassr 331. Vir (Biyr) Nobto' 198. Bir (Biyr) Dmr 331. Bir (Viyr) Schaker 331. Birket Hcmnuam 392. Nlad el Hofain 203, Blad es Su ad 203. Blad Halm Saldi 278. Bogos 104. 126. Boswellia Bhau Dhajana 82. Boswellia Carterii 82. Botta 208. Brugsch 12. Vu Betr b. Add Allah 244. Bulaq 13. Cairo 4—20. C.nuft (Aden) 142. Cane 225. 227. Cantar 119. Varter 154. Cedara 199. 289. Celu 207. Geiüral'Yeinen I8ss. Cera a 257. 412 Register. Cerru 307, Chabr 201. 202. 243. Chavt 202. 247. 248, Chadem S. Achdani. Chadra 208. 402. Chamfer 200. 291. Charm; 139. Chelale 290. Chere (Chaire) 200. 287, 292. Chesney 248. Chobbcin 373. Chobbet el Gu'cm 304. Cholagi 296. Cholem 177. (5Hor (Chaur) 258. Chor Amran 206. Choraibe 273. Chorda 120. Chorebe (Chorcibe) 25. Cyorebe (Schaheri) 362. Chulle 200. 204. 292. Commandar 32. 90. Commandari 26. D. Dädfchadsch 124. Dagesch 177. Dahakki 307. Daher (Tsaher) 190. 280. Dahlak 113. 117. Daira 12. Dala S. Dhala'. Daleth 177. Damar S. Dhamar, Daniascus 183. Dnr Kureschi 330. Dar Schaiban 352. Dar Schauar 395. Dai Zena (Zaina) 257. Datina (Dathyna) 199. 247-249. 269 275. Damnas 194. Debeine 379. Debu ed dachcl 396. Debn el charig 396. , Demaui 202. 279. Demed 378. Deqaim 366. Deran Msa'idi 269-275. Dercnvisch 234. Derb 330. Dergag (Dcrdjadj) 200. 258. D^iala 208. 204. 356. Dhamar 162. 197. 399. Dhanad 356. Dhl Nachab 292. Dh! Zor a 296. Dhobba 273. Dhobbl 296. Dhobi (Dhaubi) 184. Dhu H^sain 337. 312. 404—407, Dhu M»ha,»med 162. 337. 341. 365. 404—407. Dian 199. Diani 247. Diebi (Dziaibi) 224. 285—238, 278. Dimena 206. 895. Dismal 334. Diyani 328. Do'an 24. Doba 273. Doba'i 304. Dobban 305. Dobhan 203. 895. Doqqa 20«. 388. Doschan 190. Dra 119. Dschedda 44 und folg. E. Gffendi 11. 12. 'Efu (Aifau) 394. 395. El Afifi 293. El Aud 372. El 'Gfu 394. El Hamami 247. El Hubehet 248. El Meschelqi 200. Gl 'Orqa 292. El Drr 296. El Qo'la 372. Register. 413 Emera 380. Ementu 128. Esbekiya 18. Ess'Nelu 393. (5va (Grab del) 75. F. Fadl ben 'Ali 332. Fadl ben Mohsin 331. Faresla 119. Fathani 253. Fatiha 89. Fegerra 205. 380. Fegva 366. Ferfcha 206. 207. Flusch 330. Fodl (Fodhl) 252. Fodli (F^dhli) 222. 252 n. folg, Frid 245. Futta 48. G. Gabari 242. Ga'da 214, 353. 355. Gadaref 116. Ga'deni 255. Galln 123. Gar Allah 242. Garli 242, Gaschcnn 362. Gaud 355. Gauwela 199. 258. Gebel Abadan 246. Gebel Aharrem 855. Gebcl 'Annan 377. Gebel °Ara 377. Gebcl Atoba 355. Gebel Charraz 139. 377. Gebel Chaure 246. Gebel Dolo lDhaulo) 2l0. 228. Gebel Dran 346. Gebel el 'Efu 392. Gebel ess Celu 392. Gebel Gehaf 209. Gebel Hadid 515. Gebel Halhal 246. Gebel Hamra 223. 236. Gebel Harir 355. Gebel Hasan 140. 209. 314. 315. Gebel Kaur 228. Gebel Kellet 285. Gcbcl Kor (Kaur) 209. 276. Gebel Manif 350. Gebel Maufiya 285. Gebel Mechamt 377. Gebel Mefalis 207. Gebcl VienaiS 209. 870. Gebel Mohaqeba 285. Gebel Mozaffev 275. 280. Gebel Nacha'i 198. 253. Gebel Nemr 202. 228. Gebel Qa u 139. 377. Gebel Qeru 209. 246. 311. Gebel Schaib 355. Gebel Echamscham 139. 209. Gebel Schsab 350. Gebel Ssabr 392. Gebel There 275. Gebcl Tuil 228. Gebel Yass 208. 283. Gefe (Djaife) 203. 375. Gehaf 204. 367. Gehaina 41. Geleidi 379. Gelelet 362. Gembiye 334. Gerabi 379. Geradi 242. Gerdan 209. '231. Geruba 204. 296. Gezab 203. 310-313. Ghaniye 205. 381. Ghasili 247. Ghl)der 190. 198. 278. Gible I. 273. Gible II. 402. Gischo 126. Gischr (Qischr) 163, 167. ! Gobasye 123. Gonmr 403. Gomfude 83. Gomul 356. Grey cloths 81. 414 Großscherif 5.? u. folg. Guasir 247. H, Habab 118. Habab (Dorf) 329. Habba 290. Habban 191, 202. 280. 245. Habesch 122 u. folg. Habib 234. Hadi 372. Hadena 202. 248. Hadi Sultan 227. 232. Hadi b. Nagi 371. Hadramaut 20. 48. 191. Hadrami 20. 26. 48. 102. 107. 103. Hadur 366. Hafa 199. 273. Hafaf 280. Hagai 373. Haqar Sud 388. Hagftr 204. 362. Hagr I. 249. Hagr II. 307. Hagum 207. 393. Haiderabad 25,0. Haidi 247. 248, Haidra 260. Haime 207. 402. Haines 201. 25,3. Hait Debab 358. Hatimi 396. Hakmi 384. 385. Hakmu 207. 393. Halemi 35g. Ha levy 232. Halhal 249. Halni Sa'idi 199. 255. 272. .hamaida 375. Hamaisa 256 (N.) Hamami 247. Hcntmsien 122. Hcimdan b. Schnl'er 406. Haindani 358—360. Hamedi 245. 371. Hameidi 379. Hamekan 199. 305. Register Hainidrli 2'l7, Haun'a 330. Haneischa 387. Hanesch 198. 273. Hancschi 255. Hanka 273. Haqi 365—366. Haqqcit 205. 379. Harnisch 138. Hasan Ali 330. Hasan ben Aahya 373. Hasan ben Ali 168. Hasan el Haddi 372. Hascha 207. 371. Haschid u. Betil 106. Hasni 198. 255. Hassen 102. 126. Hat 199. 201. 203. 305. Hatab 199. 200. 289. Hatem (Hataim) 202. Haura 202. 237 238. Hauschebi 196. 349—352. Hauta 203. 328. Hauwad 329. Hauwar 201. 202. 240—244. Hauwaschib 3'i9—352. Hawakil 137. Hawaiyah 244. Hay at 312. Hazchiiri 237. Hrqaz (Land) 46 u. folg. Hegaz (Dorf) 20-1. 380. Heran 280. Hermua 207. 395. Hessua 315. Hicen oder Hissn Ghorab 223. 224- 227. Himyar 256. Hlmyaren 226. 25,4. Hobal 208. 373. Hobeil el Gebr 362. Hobeil el Mohagera 362. Hobeschi 204. 373. Hocein 359. 365. Hocen (Hossn) 'Ad 293. Hocen (Hossn) Ahmed Daghem 382. Hocen (Hossn) 'Amudi 293. Hoccn (Hossn) Vakschi 280. Register. 415) Hocen (Hossn) Veceli 256. Hocen (Hossn) bcl Hasan 293. Hoccn (Hossn) bcl Schech 280. Hocen (Hossn) Vcni Naschani 293. Hocen (Hosfn) der Hoincsch 273. Hocen (Hossn) dcr Äiortaida 28l». Hocen (Hoss») Vigcri 280. Hocen (Hossn) bn Bekr cibu Kerim 293. Hocen (Hosfn) be Bekr Ghalib 293. Hocen (Hofsn) Ehoraibe 273. Hocen (Hossn) Derek 293. Hocen (Hossn) Dicbi 280. Hocen (Hossn) cd Darr 368. Hocen (Hossn) ed Diab 273. Hocen (Hosfn) cd Doma 273, Hoccn (Hossn) el Aqvud :!!)(!. Hoccn (Hossn) el Gendive 390, Hocen (Hossn) cl Hamza 396. Hocen (Hossn) cl Hasan 280. Hocen (Hossn) cl Kahuv 280. Hocen (Hossn) cl Mnnschah 396. Hocen (Hossn) cl Qnrc 396. Hocen (Hossu) Ghalil) Ali 393. Hocen (Hoss») Halnl Essarr 280. Hocen (Hossn) Halm Ea'idi 273, Hocen (Hossn) Hamed el ^cohaiten, 28«. Hocen (Hossn) Hanlian 39«;. Hocen (Hossn) Hosain ,')tezaz 306. Hocrn (Hossn) Kahelir 388. Hocen (Hossn) Koheb 256. Hocen (Hossn) Manssun 280. Hocen (Hossn) Mefalis 39« Hocrn (Hossn) Vicsmer 280. Hocen (Hossn) Meswarc 306. Hocen (Hossn) Mohadaka 280. Hoccn (Hossn) Mohasin b. Ali 293. Hoccn (Hossn) Motaibet 280. Hocen (Hoss») Nacha'i 273. Hocen (Hossn) Qans 368. Hocen (Hossn) Qofeschi 280. Hucen (Hossn) Nade 368. Hocen (Hoss») Nebck 396. Hocen (Hossn) Neidan 371. Hocen (Hossn) Salcin 293. Hocen (Hossn) Scheibe 280. H"cen (Hossn) Schaui 280. Hocen (Hossn) Schaqran 371. Hocen (Hossn) Schcghab 368. Hoccn (Hcssn) Scheini 293. Hocen (Hossn) Scherive 29l. Hocen (Hossn) Tcherman 39»!. Hocen (Hossn) Ssaide 293. Hocen (Hossn) Tohaifi 280. Hodaida 138. 163. Hoheit 356. Hogriya 162. 205. 21-1. 390-397. Homma 200. 290. Hoqaiba 207. 402. Hosain 203. Hosain Rezaz 307. Hota (Haut.i) I. 243. Hota (Hauta) II. 201. 230. Hota (Hauta) III. 191, 356. Howhr 241. Hulton 225. Hmvir 245. I Ibb 207. 399. Ibhamn 20ll, 381. Ihram -13. Johannes (Abuna) 128. Johannes Teklar 128. Ischil'nm < S. ^cschbnn,, ^»öllboom ^ Ismail Paschn l!>-2<». Israeli 177. Israeliten 173-181. Isthmus (v. Aden) 155, Juden (in Arabien) 173—181. K. Kaadibaum 187. Kadema 329. Kahcla 206. 207. 388. Kccheli 387. Karaite« 175. Kassa 123 u. fol^. Kassala 113. 118. Katholiken (in Aden) lssi. Kaziln 242. Kcbba 388. 416 Kebs el Monqa' 243. Keddera 396. Kedeiha 206. 403. Kedeire 205. 381. Kela 230. Kellet 288. Kellui 247. Kelsam 288. Keren 118. 129. Kesadi 289. 291. Khedive 15-20. Kirk 231. Kod (Kaud) 199. 258. Kohcnim 177. Kolaite 199. 273. Kor (Kaur) 209. 258. Kor Maksar 340. 3. I^a ttrsi2.näi6ro 297. Lahaqi 242. Laheg 144. 162, 202, 324—349. Lahi 202. 231. Lmidsberc, 388. Latal?an 288. Leviten 177. Loder S. Ghoder. Londra 202. 231. M. Ma'beq 206. 388. Machdumi 379. Machscb 257. Madhig (Madzhidj) 214. 245. 247. Magher 205. Ma^ra'a 273. Mahftd (Mahfedz) 201. 243. Makalla 82. 162. Makaten (Makatein) eeghir 243. Makaten (Makatein) kebir 243. Ma mcü 205. 379. Manssuri I. 278, Manssuri II. 203. 379. Manssuri III. 242. Manssuri (Münze) 337. Register. Maqrehiya 245. Mar 200. 258. March a 202. 203, 248. 249. Mare 176. Mciria-Theresia-Thaler 119. 337. Marib 184. Marqaschi 255. Marzahi 247. Masfer 247. Maskat 83. Massamva (Stadt) 101. Massauwa (Dialect) 104. Massanwa (Handel) 82. 113 u. fol^, Maukadi 247- Mauya 208. 371. Mbswni 118. Mechadim 379. Medabi 394. Medegera 387. Medhagi 245. Medina 41. Medinet el Wfal I. 402. Medmet el Asfalll. 207. Medinet Suq Qobci 395. Medinet Telez 201. 290. Medware 388. M'flehi 296. Meferscha 249. Megba 352. MeMha 223. 224. Me^ischa 387. Mcghafa 330. Meghar 381. Mehaidan 162. 326. Mehalla 142. Mehemed Ali 7, Mekaus 273. Mekka 58. Mekonen 122. Melagein 203. 305. Melfi 305. Menacera 205, 379. Menachem ben Mescheh 176. Mena'im 403. Menelek 123. Mensa 118. Menzil 208. Merafai 190. 278. 282, Register. 417 Merfat 199. 201. Men (Vleen) 17«), Merrais 204. 370—371. Merzaf 287. Mcsabek 307. Mesa'd 367. Mcsa'di 255. Mesaiisseo 257. Meschcnch 217. 247. Meschalcha 381-385. Mescheh 176. Meschelqi 200. Mefchrcch 307, Meschura 402. Mesen (Mcisen) 255. 273. Meefec,ge 190. 278. Mesl^qi 379. Meslemi 247. Mestiate 123. Mesware 199. 203. 306. Metamma 113. Metennet 362. Methn es Sayadi 372. Metwoqein 307. Metuafin 35 u. folg. Metzem 362. Middot 119. Mihtar 184. Miles 157. 224. 231. 243. 256. Millmgm (Dr.) 224. 225. Mintscherer 126. Mirssad 206. 388. Mir^a 200. 291. Ätittlcrc 'Auwaliq 244—245. Älocha 138. 213. 399. Mochader 403. ÄtofaliS 207. Mogafa 239. Mohader 281. Mohaftz 41. Mohagedba 296. Niohagera I, 362. Ntohagcra II. 241. Mohanneq 205. 380. Mohammed b. Ahmed 281. Moharrega 206. 388. MokuNo'i03. Monqa 202. 241. 243. v, M.il^a», Noise >l>ich VÜdlN>il'icn, Monsun 138. Montaz Pascha 93. Maqabera 387. Moqaibera 329. Moqatera 336-389, Moqlen 206. 386. Moraqescha 255. 256. Morada'a 245. Mordai 247. More 176. MoscnsmuS 174. Moscheh 176. Moschuö 118. Mo seta 204. 205. 296. Moseti 296. Mossabcm 312. Msa idc 304. Msa'ud 304. Mtegna Ntif 290, Munzinger 103. 122. 202. 222. 231- 236. 243. 256. Musselin 81. N. Na'ab 200. 258. Mcha'i 198. 202. Nachlan 207, 402. Ncchgi 200. 201. Naqb cl Hagr 201. 202. 229-233. Negd el Ahmar 402. Neger 169. 170. Nemara 352. Nemr 202. Neqaq 249. Neqescha 382. Neqil el Hamza 396. Neqil Scmara 207. 402. Nesiyin 247. 248. Nissab (Nicab) 202. 248. Niebuhr 179. 184. 247. 249. Nubier 27. Nun Pascha 44. O. Dbara 247-249. Obere Amvaliq 245-251. 2? 418 Obere Wahidi 228-234. Obcr'Aafi°a 295-297. Okale 6. Okka 199, Dmad 258. 326. 'Omaisi 242. Oman 186. 'Omar 168. Omm Veda 245. Omm Chodecre 198. 199. 273. Omm Sciharig 137. Dmr 203. 305. Omtnsla 245. Orfan 247. 278. Orqa 292. Orr 296. Otman (Othman) 168. Ostafrika 88—132. Qstindische Christen 161. Oftindische Moslems 16l. Register. P PaiS 174. 175. Parias 182—192. Parsis 143. 157. Patach 177. Perim 139. Perser 840. Philakterien 180. Pies 337. Point 142. Portugiesische Abkömmlinge 161, Prion 112. Plolemäus 22'l. Punkahs 150. Q. Qadi 60. 168. 164. Qahtaniten 184. Qaida 207. 402. Qal'et Moqteri 206. 388. Qara 199—204. 289. Qascha 356. Qa'taba 163. 204—208. 367—370. Qa'u 139. Qerainiö 245. .Qilsam 239. Qiyam 163. Qobayel 163. 191. 215-218. 249. Qobati 207. Qoeer 83. Qo feschi 278, Qo la 208. 372. Qoph 177. Qulliye 201. 244. Qu»n»sch 242—244. Rabizi 247. Radai 273. Radmcm 305. 3l2. Raha 203-207. 351. Naimc, 163. )1iamadan 64. Namle 203. 204. 352, Raü 'Arc, 139. 205. 377. Nas Qa'u 139. 377. 3^assa 204. 296. Nassam 240. 243. Randa 191. Nauhwa 199. Raye 163. 192, 216-218, Nebak 402. Reda' 162. 204-208, 374-375. Redehc, 202. 231. Rega' 205. 206. 380, Reqa'i 379. Nehaun'i 288. Rezaz 163. 301—309. ^i^itler 244. R^ain 329. Noda (Naudha) I, 257. Rodc, (Naudha) I. 191. 202. 231. Nolph 44. Rotl 119. Nubit 120. Nupie 337. S. Sabäer 183. Sabchani 237. Register. 419 Sach 120. Sn°d el Bagota 339. Saibeah 351. Sailet el Millah 351. Sailet eth Thaimcra 351 Saleml 242. Samcch 257. Samhar 117. Sarw Himyar 309. 275. 284. Sarw Madhig (Madzhidj) 209. 245. 246. 275. Sayadi 372. Scha b 200. Scha'b ül Äahud 201. 289. Schafe'i 38. 112. Schafe! 352. 357. Schagcn 247. Schahed 369. SchalM'i 204. 360 363. Scha'ban 65. Scha'ib I. 289. 292. Scha'ib II. 258. Schaff 366. 372^373. Scha ift 247. 373. Schcifuli 184. Schaka 366. Schaker 406. Schamscham 140. Schcih 81. Scha'uba 403. Schayyalm 162. Schabe 381. Schebe (Schnbe) 206, Schech (Scheich) 217. Schech Abd el Krnni 20—25. Schech Otmcm 168. 330. Schech Sa id 138. 384- 385. Schecha (Scheichci) 48. Scheheri 278. Schema'i 242. Schemi 289. Scher'a 204. 208. 356. Scher'ab 403. Schergebi 392. Scherif 58. 217. 234. Scheriya 291. Scheruk 120. Schewuha 200. 291. Schi'iten 162. 168. Schimper 124. 131. Schinn, S. Schumr. Schirgan 307. Schoho 11,8. Schohnd 65. Schughni 180. 198. 201. 256. Schumr 1,84 u. folg, 218. 369. Sebach 198. 201. 258. 330. Sefal 296. Segol 177. Sehagi 247, Sel Beni Slilnan 201, Sclim 206. 379. Semlcm 247. Sephardische Juden 175. Sepoys 161. Serafe 200. 292, Serar 199. 200. 289. Seriya 201. 256, Siffia 330. Sir 230. Sira 156. Ssud 306. Smith 225. Sobehi (Ssobaihi) 376-383, Sobeidi 356. Soched el Mnar 372. Soda 356. Sohail 201, Soheb (Sohaib) 203. 204. 243, 356. Soleb 292. Solemani 237. Solub 253. Somali 160—166. Somali 379. Sprengel 183. 184. Ssaheban 402. Ssaidi 289. Ssalah ed Dhobbi 297. Ssana' 399. Ssu'ar 380. Stella 128. Su ad 203. 306. Suakin 83. 89. 91. 114. Sud 387. Sudan 91. Sudani 170. 27* 420 Suez 26—30. Sultan 217. Sunniten 168. 186. Suq el Chamis in Fcrscha 382. Suq el Go ma 382. Suq el Had 290, Suq eä Sebt 382. Suq Halm Sa idi 273. Suweda 273. Synagoge 176 u. folg. T. Tädsch 126. Tafeh 379. Taft 203. 307. Ta'izz 205—207. 399. Ta'izziya 398.-405. Talab 204. 373. Tnlmudistm 175. Tarf el 'Atena 387. Taufik Pascha 18. Tapes 60. Teem 200. 292. Telez 200. 201. Temeschi 237. Teran 258. Tere (Theire) 199. 280, Teriya 258. Thalub 330. Tharore 329. Thau 177. Thefillin 180. Theodor 122. There (Theire) 199. 280. Thorc, 176. Tian 144. Tigre 116. Tlgrinnia 104. Tohaifi 278. Tomen 356. Turnauw 163. Towen (Towein) 234. lo^er ok 8i1onoy 157. Tozze' 200. 291. Tremendhere 195. Tripolis 170. Register. Tschamar 184. Tubani 247. Tullm 227. Turan 205. 381. u. Mis 127, Untere Auwaliq 241—244. Untere Wahidi 223—228. Untrre Yass 288—29j. Urdaba 358. W. ^ Wadi Abadau 246. ^ Wadi Achdar 241. Wadi Adiin 378, 392. Wadi Assela 395. Wadi Mderi 272. 277. Wadi Ail 272, ! Wadt Alessan 378. Wadi 'Amd 48. Wadi Ameq 359. Wadi °Nten 387. Wadi 'Azan 272. 277. Wadi Bernke 277. 303. Wadi Bonna 253. 285. 351. Wadi Bosame 253. Wadi Cer°a 359. Wadi Chuale 391. Wadi ^hulle 285, Wadi Dabab oder Debab 354. 35! Wadi Dhi Regem 354. 361. Wadi Do an 23. Wadi Dra (Dhra) 246. Wadi Man (Ecan) 229. Nadi el Abchor 367. Nadi el Chodr 367. Wadi el kebir 325. Wadi el Menara 392. Wadi el Metthur 392. Wad! el Qobba 391. Wadi el Qobla 378. Nadi ess ceghir 325. Wabi Ga'diya 353. Wadi Gerdan 209. 229. Register. 421 Wadi Habba 286. Wadi Haccu 359. Wadi Hadena (Hadhcna) 246—248. Wadi Hagr 223. 225. Wadi Hagu,n (Hadjui») 207. 391, Wadi Hakum 207. 391. Wadi Hanka 858. Wadi Hasan 210. 253. 285. Wadi Hauwar 210, 241—243. Wadi Hauwir 277. 303. Wadi Hennua 392. Wadi Hocein 359. Wadi Iramcs S. ^cranios. Wadl Kelasi 241. Wadi KcSr 48. Wadi Laiulan 286. Wadi ^chhruch 387. Nadi Ma'abcr 354. Wadi Maidain 326. Wadi Maifa a 209. 223, 225. 229. 236. Wadi MedlM (Vtedheiq) 277. 303. Wadi Mefalis 391. Wadi Mchi't (Äc'aifa'a) 209. 223, 225. 229. 236. Wadi Mcla^m 303. Wadi Meran (Ätciran) 271. 277. Wadi Mcsaudi 246. Wadi Mcswarc 277. 303. Wadi Mirssad 387. Nadi Mo'adcn 378. Wadi Mo'qa 392. Wadi Namaqa 286. Wadi Na'um 286. Wadi Nehhal 253. Wadi Nchtafe 241. Wadi Nura 2!0. 285. 325. 351. 854. Wadi Omm Chalif 277. 303. Wadi Qobla 378. Wadi Nachiy« 48. Wadi Radman 303. 311. Wadi Raiban 277. Ncidi Reban 253. Wadi Ncqab Hcdad 286. Wadi Nrschau (Nnschan) 367. Wadi Msnt 286. Wadi Sabsab 285. Wadi Saimar 246. Wadi Sala' 254. Wadi Salman 229. Wadi Samah 359. Wadi Sarar 286. Wadi Schaka' 359. Wadi Shara 285. Wadi Schcr'a 355. 358. Wadi Schcwuha 291. Wadi Serafe 285. Wadi Soheb (Soheib) 359. Wadi Solub 210. 253. 285. Wadi Ssahab 286. Wadi Tainat (Thamat) 277. 303. 311. Wadi Tcem 283.^ Wadi Thamat 277. 303. 311. Wadi Toba 359. Wadi Tobban 196. 210. 285. 315. 325. Wadi Toruri 359. Wadi Wahba 359. Wadi Wallach 285. Wadi Warezan 210. 351. 392. Wadi Aahor 296. Wadi K-tla 303. 311. Wadi Äcramcö 210. 253. 277. 285. Wahba 359. 362. Wahet 330. Wahidi 190. 221. Walter 245. Waqcdin 328. Wafet 249. Wellstcd 220. 221. 248. Wrede 24. 25. 224. 234. 248. 249. ?»ass (Land und Volk) 283—300. Yassa 186. 199. 200. 283—300. Äaffi 214. 222. 283-300. Yahor 296. Yambo 28. 40. Aaqut 220. Yazidi 1. 289. Yazidi II. 204. 222. 373. 3>efnis 403. Aehcrri 289. Äcnn'n 186. ^K'NM 162. 163. 307, 208. 399. MschblMl 202. 245, 422 Äuseft I. 207. Yuseft II. 288. Zabe 177. Zafiye 395. Zander 124. Zaida 330. 352. Zaidi 162. 186. Register. Z. Za'za'i 206. 387, Zebid 163. Zemzem 35. Zere 177. Zingi 169. Zobeln 207. 393. Zoreiqi 379. Zotto 126. Zugur 138. fVU'i-lujuin's Geographische. Mikliu-.iluiLgen.Jaij-^au.^ I872,TaJ'e] 9, OEIGINALKARTE zur TTbersiclit der FORSCHUNGEN HU 1 ALTZANS IN SÜD -ARABIEN, 1870/71, sowie der ° REISEN mi AjlWKEDE (l84^IIDIIZIilGEII&IIILES(ia70)u.A. Von AJPetermann. >SajI'Ä ^ Maassstah 1:1500.000. 5_^Jt 3__2_ ^^£________ *___ ^ J)ctitsc}te3ffiiea.fJf-i") Mhvi. in. T.ngl ■ Fujs . „^„„^ ^. WälstttLlgMle36'.___________krWrrJUiaW. -~_________. VaüetJ£66(Ü ___________MitnzinyertMOeslH70 .^.^—^^ v:'Multcan,lB7J aSaufitstadtt i MitLtip unkt e Uhttrstommes. WoäiÄ (w)J'lussb etttiv HJ. ^JRnvsoriliidu- ItustJirifttn. ..Rumen »üir(ß)Briauien.. ffifn,- SčhUus. ßtbtL(ß)Hun,-Vame7V. YÄF TA „ luiäsduifU - Namai! ____ Zur Aussprache__J' scharf, v. mich, ^(arabi^diSsad) das eiijjhjfJie, tk in, t/w,, thrjjr.J)iti.Viplitlwiit/ai,aib Wb&ls.g üuyuj\3. StutwabLensTrit*tj infi&tt,"stiehllij £Ul werdjavltftk&.ö qrsprodiejijUtiJLilaiWsajich.sa 6Ükt Jisdi* Q (oftlTgisiJutfl&iiJ klingt hizr ajuktrit ye&chjLthav.Tvv(ranzejisUtäie,ÜTÜuigrapfue, tut ß in.Gott:äJJJtudJ, d (dzal) ttstlLa/aJ/e. drei, wie I der2)t!uticlit!ioMorye/ilaiičli.(Asii CreAeUschaft. C___. Yrmcti. r'_. _."i Haitramattl im irci/nvi Ximir C~! "'. Km/tischč Gebif.tr von .litai mnl Peritii. Verlag von Friedrich Vicwog und Sohn in Braunschweig. Globus. Illustrirte Zeitschrift ftlr Länder- und Völkerkunde mit besonderer Berücksichtigung der Anthropologie und Ethnologie. In Verbindung mit Fachmännern und Künstlern herausgegeben von Karl Andree. Erschienen ist: Erster his dreiimdzwanzigster Band complet. 4. Fein Velinpapier. Der jjGlobusif erscheint viermal im Monate in Nummern von je zwei Bogen, reich illustrirt und mit Kartenbeilnyni, /um Subskriptionspreise von 3 Thlr. pro Bund. Vierundzwanzig Nuninu rn hihlm einen Band. Vollständige Exemplare der früheren Bände können, soweit der Vorrath reicht, zum Preise von 3 Thlr. pro Band durch jede Buchhandlung bezogen werden. Die Wärme betrachtet als eine Art der Bewee(lnn'ld,en Holzstichen und einer farbigen Snectraltflsel. l'reis 2 Thlr. 10 Sgr. Verlag von Friedrich Vieweg und Solin in llniunsciiwtug. Adolph von Wrede's Reise in Hadhramaut, Beled Beny fYssä nnd Beled el Hadschar. Herausgegeben, mit einer Einleitung, Anmerkungen und Erklärung der hisduill vu Ohne veraolicn vuii Heinrich Frciiierrn von Maltzan. Nebst Karte und L^icsiuiilo der Inschrift von 'Obne. ;•]•, ». Finn Velinpi.pk'r. geh, Preis 2 Thlr. (Zugluick als üweiter JJumi von Maltzan's Reisen in Arabien.l Entwickelungsgeschichte des Kosmos n a c 11 dem gegenwärtigen Standpunkte der gosainmtcu ]NT;d,urwissensclnii'teii. Mit Wissenschaft! ir.lien A mncrktin^-i-u \' ei ii Hermann J. Klein. gr, 8, .Fein Velinpapier, geh. Preis 1 Thlr. Briefe aus hohen Breitegraden. lit-richi: h\>cv ciiu- Ilcisi1 des Yik'IiI.-ScIkkiih r,-; ,.!'ti;ni" iiiicli l^hmd, .hin .\];l\i-ll tllul S|)it/.l)ci'.'j-r|l im rI; 111: i' lfc)i>() Lo r d I) ut'fcrin. Mit -4 111 ii s! i n i i i> M c ii in Jlol/slicli und 15 Kürten yr 8. J''cin Veiiiiidijiirr ;>i'h. Pn-is I 'l'lilr. 'J"> Süt. Der Schal 1. Acht Vorlesungen, gehalten in der Royal Institution von Crosslu'itannien von John Tyndall, Asi [ii-il ,1er liov;il ^r-ci, iv l'ms ' : der Itoyal Institiiti-m -inil :u> dor Crr;,, .iiilmi. A u t o r i. H i r i i.i (i e. u i, > i- it i.: Ausgabe Ju-|-:IU: ■■(."_>■! ich ilüivii H. Helmholtz und G. Wiedemann. JVlit tf!9 in ilfii Ti'xl i'iiif^^lnic.knü) fsi)lüs1,ichen. H, |-'(\in \V'iii|);i|i. ■_•.■!i. l'i-cis ■„' Tlilr Die Lehre von den Tonempfindungen, als physiologische Grundlage für die Theorie der Musik. Von H. Heimholt?.. Dritte Ausga b o. Mit in den Text eingedruckten Holzsi iclicn, gr. 8. Fein Velinpapier, geh. Preis 3 Tlilr, 15 JSgr.