1246L7 124697 1 Vaterländische Erinnerungen. Äon C. XV. -et memm'isse juvat. Zur Geschichte der Seidencultur. Wenn wir in die frühere Bildungsgeschichte Krams blicken, so werden wir alsbald gewahr, daß sich das Frühlicht des Wissens vom Süden herauf über unser gutes Vaterland verbreitet habe. Unsere vorzüglichsten Werke der Baukunst zeugen davon; die besten Gemälde, die wir aus früherer Zeit noch be¬ sitzen, die Kunstdenkmale der Skulptur, die hie und da noch zu sehen sind, verdanken wir der Mei¬ sterhand italienischer Künstler; Aerzte, Rechts- und Gottesgelehrte unserer Heimath holten sich vormals auf den alten Universitäten zu Padua und Pavia und zu Nom die Doctorenwürde; die Academie der Operosen und die philharmonische Gesellschaft, welche vor beinahe anderthalb Jahrhunderten auf die Bil¬ dung des Herzens und Geistes und der Sitten un¬ serer Vordem den entschiedensten Einfluß zu neh, men begannen, sind, wo nicht Töchter, so doch nahe Seitenverwandte ähnlicher Institute unsers Nachbar¬ landes Italien; sogar in Handel und Gewerben, ja in den Alltäglichkeiten des heutigen Lebens un¬ seres Landvolkes, in Kleidung und Nahrung ließen fich Spuren italienischer Abkunft finden. Auffallend ist es demnach bei dieser Wahrnehmung, daß ein Zweig der Cultur, der seit mehr als einem Jahr¬ hunderte bei unfern nächsten Nachbarn fegenreiche Früchte trägt, hier zu Land, ungeachtet mannigfalti- 2 gcr Versuche, sich nicht ausbrcitcn wollte; ich meine nämlich die Seidenzucht mit ihren vielfältigen und viele Hände beschäftigenden Erwerbsmitteln. In unserem Nachbarlande Friaul war zu An¬ fänge des vorigen Jahrhunderts die Seidenzucht be¬ reits in vollem Betriebe; zu Gradiška hatte 1723 ein gewisser Antonio Loar aus Mailand ein l^ilstojo, eine Seidenspinnfabrik errichtet, und Görz hatte damals auch schon ein Paar Stühle auf Sei¬ denzeuge, zählte aber deren im Jahre 1746 bereits 90, welche die damals üblichen Seidenzeuge, vor¬ zugsweise Oros lours, dann Oroguets, Lro- calel und Sammet, zusammen beiläufig 1500 Stück des Jahrs, erzeugten. Die SMde Krains wurden mit der Landtags¬ schrift für das Jahr 1720 ausgefordert, wegen Ein¬ führung der Manufakturen, namentlich für Tuch, Leinen - und Seidenzcuge in diesem Herzogthume, die Berathung zu pflegen, welche am 18. Jänner desselben Jahres dahin aussiel, daß Manufakturen allerdings zu wünschen wären, daß aber zu för¬ derst dieZünfte aufgehob en werden mü߬ ten- In der ständischen Ausfchußsitzung vom 26. Mai 1722 wurde diese Frage wieder ausgenommen, und es ward beschlossen, durch den damaligen Lan¬ deshauptmann, welcher eben in verschiedenen Lan- desangelcgenheitcn nach Hof beordert wurde, a. h. Orts die Bitte vorzubringen, daß zur Einführung der Seidenzucht in Kram, die Unterthemen zur An¬ pflanzung der Maulbeerbäume durch ein a. h. Pa¬ tent ermahnt werden möchten, loussaint 'I'akurel, ein Landsmann jenes ()ui — kape cke 8r. Lukan, Herrn von Allan, der zur Zeit der Kreuzzüge den ersten Maulbeerbaum nach Frankreich brachte, machte 3 der Regierung einen Vorschlag, wie im Lande Krain zu gemeinsamen Vorthcile die Zuchl der Maulbeer¬ bäume zu befördern wäre; er both zugleich sich selbst zur Leitung dieses Unternehmens an. Diese Vor¬ stellung wurde von der Regierung am 22. April 17^0 den Ständen Krains zugesandt, und hier am Landtage vom 9- Juni gedachten Jahres dahin proponirt, daß »in bedenkhcn, daß diese Pflanzung sowoll den publica als pri¬ vat» ser nuzlich, weil viel geldt vor die seyden ins Landt komete, und der pri- vatus könte das laub vcrkauffcn, als ist geschlossen pcr patentes den nuzen vor¬ zustellen, und per moclum Lonsilij zu acikortiren, wo solches zu practiciren wäre, daß es b c wür khet we r d c, alsdann solches dem Kays. Hof anzuz eigen." — Zehn Jahre darauf erließ Kaiser Carl der Vb., die¬ ser preiswürdige Erwecker des Handels und Natio- nalwvhlstandes der imi. öster. Provinzen, ein Patent, welches merkwürdig genug ist, um wörtlich mitgc- lheilt zu werden, cs lautet: „Wir Carl der Sechste von Gottes Gna¬ den EttvahltcrMmischer Kaiser; zu allen Zeiten Mehrer des Reichs; in Germanien, zu Hispanien, Hungarn, Böheimb, Dalmatien, Croalien, und Sclavonien w. König, Ertz-Hertzog zu Oesterreich, Hertzvg zu Burgund, Stcyer, Kärnten, Krain und Würccnberg, Graf zu Habspurg, Flandern, Tyrvl, Görtz, und Gradisea, ec. ec. Cntbiethen re. Und geben hicmit zu vernehmen, wasmassen Wir in gewöhnlich- Lands- vättcrlicher Obsorg erwogen, eines Theils die wenige Frucht¬ barkeit Unseres Erb-Hcrtzogthums Lrain, und an- 4 dem Lhcils, wie solchen Gebrechen durch anwen- denden Fleiß gedeylich könne gesteuert werden, wann nemlich in denen bequemen Lands-Gegenden nach dem Beyspil des benachbarten Friaul, die weisse Maulbeer-Bäumcr und die davon abhangende gar nützliche Seiden-Zi'glung angeleget wurde, als wo¬ mit nicht allein vile bedürftige Leute ihre Nahrung gewinnen, sondern auch dem gemeinen Weesen mit Weybchaltung des im Land befindlichen, und mit Herbeybringung fremden Gelds ein großer Nutzen geschafft werden kann; Dahero dann Wir über von der Gehörde eingelangten Bericht und Gutachten und Uns beschehenen umständlich Vortrag wohl- bcdachtlich entschlossen haben, und verordnen hiemit, Unfern Lands-Bäuerlichen Entschluß zu jedermanns Nachricht alsobglden gantzen tzand kund zu machen, daß nemlich im Land Crain alle zu der Erziglung deren weissen Maulbeer-Bäumer taugliche Gründe, so bisdahero zu andern Anbau nicht schon gewidmet seynd, es gehören solche denen Unterthanen oder Herrschaften, Burgern, Gemeinden, Stiftern, oder auch zu Unserem Landes-Vicoclosn-Amt, allernäch¬ sten, und so bald cs immer thunlich ist, mit sotha- nen Bäumern wohl besetzet, und dise zum Seiden- Wau aufs fleissigste erzogen werden sollen; Und wie nun der dabey abzihlende Nutzen vor- derst dem Grund-Besitzer gebühret, wann er als ein guter Haus-Vatter sich dessen Mittels der Am bau theilhaftig zu machen ernstlich verlangt, und die erforderliche Mühe anwendet, in dessen Saumungs- Fall aber Wir solchen Anbau, wegen des unterwal¬ tenden allgemeinen Vortheils gleichwohl nicht unter¬ lassen, sondern durch andere Wecge unter Unserer Lands-Fürstl. Anordnung und Schutzhalkung vor- 5 kehren lassen wollen, dabey sodann der Gmnd-Be¬ sitzer das bey fremden Anbau empfindende kleine Ungemach und Entrathung nur ihme selbst wird beyzumessen haben. Als ist hiemit Unsere Lands- Fürstliche allergnädigste Verordnung, daß alle und jede obbesagte Grund-Beschere von dem Tag der Verkündung dises, in Zeit von 4 Monathen sich selbst oder durch ihre Grund-Herrschaft zu der Lands-Hauptmannschaft, und respective zu dem Lands-Vicoclom-Amt in Crain zuverlässig erklären sollen, daß sie ihre zu anderen Anbau bis daher nicht gewidmete Gründe in Zeit von einem Jahr mit weissen Maulbeer-Bäumern wohl besetzen, und dise mittels fleissiger Obsicht beständig erhalten wol¬ len, wie dann auch von Zeit zu Zeit glaubwürdig darthun, wie vil sie solche Bäumer würcklich ange- setzet haben, und zu erhalten sich anheischig gemacht haben? dann wer in disem Fall sich als ein guter Wirt selbst um die Verbesserung seines Hauswee¬ sens getreulich annehmen, die weisse Maulbeer-Bäu¬ mer, so vil der Grund leydet, an- und fortbauen wird, dcx hat ohne alle Irrung sich alsofort des ruhigen Besitzes und Genusses diser Bäumer, Blät¬ ter, und Früchten zu erfreuen. Wer aber sich dazu in besagten vier Monathen nicht erkläret, oder her¬ nach seine gethane Erklärung in Jahrs-Zeit nicht würcklich erfüllet, dg wollen Wir obbesagter massen Vorsehung machen lassen, und in disem Fall wird der Grund-Besitzer wenigst in 24 Jahren von denen auf seinem Grund unter Unserer Lands-Fürstlichen Anordnung anbauenden Maulbeer-Bäumern den Blätter- und Seiden-Genuß nicht haben, sondern einem andern von Uns dazu Bevollmächtigenden «erstatten müssen; Darnach sich nun ein jeder zu 6 richten wissen wird. Dann an deine bcschihet Unser Gnädigster Will und Meynung. Geben in Unserer Lands-Fürstlichen Haupt-Stadt Grätz, den 26. Martii 1740."^. "" Ungeachtet dieser landesväterlichen Ermahnung und Verordnung fand, wie wir wissen, weder die Eultur des Maulbeerbaumes, und noch viel weni¬ ger die Seidenzucht hier zu Land Eingang, was aber nicht wohl dem Mangel an Interesse oder einer Abneigung für die Sache zuzuschreiben feyn möchte. Es haben zwar einige Dominien gegen die Anpflan¬ zung der Maulbeerbäume Bedenken und Anstände erhoben, welche auf dem Landtag vom 28. April 1740 weitwendig besprochen, und sogar a. h. Orts vorgetragcn wurden; allein darin lag der Grund nicht, denn die allgemeine Stimme war für die Seidenzucht, und insbesondere für die Pflanzung der Maulbeerbäume, und das oben angeführte a. h. Patent erfloß nach den, vom Lande ausgegangcnen Anträgen. Es scheint vielmehr ein Privilegium stö¬ rend inzwischen getreten zu seyn. Marx Anton von Perizhoff schritt nämlich a. h. Orts um ein krivi- iegium I>rivalivu.ri zur Maulbeerbaumpflanzung auf 24 Jahre ein, und mir kaiserlichem Hof-Re- misse elü. Wien den 5. Marz 1738, intimirt llä. Grätz am 8. März, von der Regierung und Kam¬ mer am 26. April ged. Jahres, erhielten die Stände des Landes den Auftrag, diesem »nützlich schei¬ nenden wergkh" den Vorschub zu geben. Die Stände hielten dießfalls am 26. September 1738 eine Eonscrenz, und wiewohl man einige Jahre früher die Zunftprivilcgien als nachtheilig erkannt hatte, siel der Beschluß dennoch, wenn auch bedin¬ gungsweise, affirmativ aus. Mit a. h. Resolution 7 vom 26. October 1740 und Zntimat Negierung und Kammer in Grä'tz am 14. April 1741, erhielt sofort Marx Anton von Perizhoff das angesuchte Privilegium. Ob und in wiefern er davon Gebrauch gemacht habe, ist unbekannt, so viel aber ist gewiß, daß bis auf wenige einzelne Maulbeerbaume, die man hie und da im Lande allenfalls noch sieht, keine Spuren thatsächlicher Bemühungen unserer Mördern zur praktischen Einführung der Seidenzucht auf uns gekommen sind. , <,is ,r-:i»l!,^r^ru,',M L!i?.><'li!» s-'... .r -!-? ' ,7/"s 7'tzil S'^'Kk,? - . 7 ^' . vrr r,"^.tt:r/uiii'/k^ - .i-- i'.i'ir-O -i->'' z»-.'?''!^!.--^)