Die niedere construirende und berechnende Glrmrrttar OromeMe. -. / Ein 'j 2N lrichtfaKlichrs LrhrvnK fük Handwerker und überhaupt für Alle, die zu ihren Geschäf¬ ten geometrische Kenntnisse brauchen. Mik einer Kupfertafek. Laibach. Gedruckt bei Ignaz Aloys Edlen v. Kleritmayk, 1 8 3 0. L ü .1 s >i i, ? i s . . 'X . '° - - chEiKM d ' / ' - > / V . - .'M - . . --->- ,-» . . '., . > --7^^-'«'-M' 1.^' i : ,7L^.' 7^..< .'^ ' -'I r :/ r :i?.. ' . ' ' ' " . ''! i !> L ji' ! L " ' M-..- G -- ',- ' . D l- l P^orvrricht Herausgabe der hier vorliegenden Ele¬ mente bewog mich: r. Das Bedürfniß eines zweckmäßigen geometri¬ schen Elementar-Merkchens, für Anfänger in der Geometrie, für Zeichner, Handwerkerund Künstler, die mchr Gelegenheit haben, einen ordentlichen mathematischen Lehrcurs zu besu¬ chen , und öfters anderer Vorbereitungswiffen- schaften entbehren. 2. Die eigene Erfahrung, die ich an der hiesigen Gewerbs-Industrie-Schule machte; denn mir wurde stets die erfreuliche Ueberzeugung zu Theil, daß die Schüler dieser so nützlichen An¬ stalt unerwartete Fortschritte in der Geometrie machten, wenn ich meine Vorlesungen mit den vorliegenden Anfangsgründen begann. 3. Dürften durch die vorliegenden Anfangsgründe manche Jünglinge zum Studium der Geometrie, wegen ihrer leichten Faßlichkeit angeeifert werden. Endlich und insbesondere, um den Schülern der Gewerbs - Industrie - Schule ein Büchelchen in die Hand zu geben, wodurch sie in Stand gesetzt wären, das in der Schule Gehörte, auch zu Hau¬ se zu wiederhohlen und leichter auszuüben. Der Verfasser. <«r vic senei-ten D e s er ?^ieses geometrische Werkchen , als die ersten Anfangsgründe, ist für solche, die nicht Zeit und Gelegenheit haben, schulmaßig den Studien obzu¬ liegen; — deswegen ist hier die streng mathematische Beweisform gänzlich beseitiget worden. Anfangs¬ gründe der Geometrie werden da nur in Hinsicht ihrer praktischen Anwendung gelehret und vorge- tragen. Einige vorläufige Erläuterungen die dal Verstehen und Lesen geometrischer Werke erleichtern. Die arithmetischen Zeichen: — ist das Zeichen der Gleichheit, z. B. 5 — « -s- 1, d. i., 5 ist gleich ».mehr . Das Zeichen --s- bedeutet die Addition, z. B. 5-^-6, das heißt: 5 und st sollen addirt werden. Das Zeichen — bedeutet die Subtraction, z. B. 6 — 5, das heißt: 5 soll von 6 abgezogen oder subtrahirt werden. Das Zeichen X bedeutet die Multiplikation, z. B. S X 6, das heißt: S soll durch 6 multiplicirt werden. Das Zeichen : bedeutet die Division, z.B. Ill : 2, baS heißt: 10 soll durch 2 dividirt werden, Oder allgemein a-s-b^nc, d. h. s zu b addirt, ist gleiche. a — b —ii, d, h. I) vona abgezogen, ist gleich 6. a X— ab, d. h. a multiplicirt b, ist gleich ab. a : b — c; , d. h. a dividirt durch b, ist gleich q. 2a, Za, na, heißt so viel, als die Größe a istzweimal, drei¬ mal, nmal genommen worden. a^, g", heißt: a ist zur 2^n, ztf«, »ten Würde oder Potenz erhoben worden. he'ßt: die Größe a ist durch 2, Z,n dividirt worden. l-^, , he>'ßt: aus der Große a ist die 2tt , 2^ , n«e Wurzel zu suchen. a : l>, c : 6 , heißt: es verhalt sich > geometrisch zu b, e verhält fich geometrisch zu «1. 8 a —b, c — c!, heißt: es verhält sich a arithmetisch zu b, r: verhält sich arithmetisch zu 6. a : b c : ci, bezeichnet eine geometrische Proportion, a— b — a—6, bezeichnet eine arithmetische Proportion, a: b :' c " ä :: L '' k, bedeutet eine geometrische Reihe oder Progression. L— b — c — ä — e — k, bedeutet eine arithmetische Reihe oder Progression. Log. bedeutet das Wort: Logarithmus. UepM^lrische Zeichen. Zeichen eines Winkels überhaupt „ eines rechten Winkels der Parallel-'Linien ....... il » der Parallel-und gleichen Linien , . . . . n eines Dreieckes oder Triangels überhaupt . . <2^ » eines rechtwinkelichten Triangels . , » . . „ eines Quadrates O » mehrere ,, eines Rechteckes oder Rectangels . » . i-1 », eines Rhombus ,, eines Rhomboides ...... / / ,, der Kreis-Linie oder Peripherie . . . k oder p » der halben Kreis-Linie ..... „ p - 2 » des Quadranten „ p 4' -? n eines Bogens ....... o „ « ,, eines Durchmessers oder Diamrter . . O ck „ eines Halbmessers oder Radius . . . li ,, r „ einer Kreis- oder Zirkclfläche . . . 0 » e ,, einer halben Kreisfläche . . . . . 6 „ c 2 2 ,, einer viertel Kreisfläche . . . » . -i 4 G x st er Th eil. I. Abschnitr. , Das kür die ersten Anfänger und dis Zeichner Rothe wendigste aus der Geometrie. §. 1. Was Puncte, Linien, Winkel, Dreiecke, Vielecke, Kreise. andere Flächen, Körper u. s.f. für, Dinge sind, leryt man in den allerersten Anfangsgründen der Geometrie. §.2. Wem ist es unbekannt, wie häufig diese Namen km gemeinen Leben Vorkommen « Deswegen ist es gewiß nützlich, ihre Eigenschaften, ihre Entstehung und Verzeichnung be¬ sonders zu erklären und zu zeigen, wie sie einsichtlich anzu- wenden sind, und welche Vortheile diese Anwendung gewähret. §. Z. Es lehrt Jedermann die Erfahrung, daß er sich so, wie jedes andere Ding irgendwo befindet; dieses irgendwo heißt der Raum, näher bestimmt der Ort, der Platz. . Gewöhnlich läßt sich der Raum nach dreierlei Seiten oder Ausdehnungen betrachten, und bekömmt den Namen ei¬ nes geometrischen Körpers; ist der Raum ausgefüllek, oder mit Materie besetzet, eines physischen Körpers. §. S. Ein geometrischer Körper ist demnach die Ausdehnung 8 des Raumes i'y die Länge, Breite und Höhe; denkt man sich diese drei Bestimmungen, abgesehen von allen Stoffen, so hat man den Begriff von einem geometrischen Körper, mit dem man ffm gemeinen Leben selten oder niemals zu thun hat, §. 6. Die Gränzen oder das Aeußerste des Körpers heißt man die Fläche, insbesondere Oberfläche, wenn von der ganzen Degränzung des ganzen Körpers Pie Rede ist, §. 7, Die Gränzen ober bas Aeußerste an einer Fläche, heißt die Linie, §. 8. Die Gränzen der Linien heißen Punkte. Es erhellet von selbst, was man unter Standpunkt, Anhaltpunct,Thei- lungs-, Angriffs-, Scheidungs-Punkt u, s, f.verstehen soll. §. 9, Wenn man auch diese Begriffe aus der Bewegung eines Punktes, einer Linie, einer Fläche, ableitet, so ist es schwer, den Begriff vom geometrischen Puncte festzusetzen. io. Ddn Punkt bezeichnen Verschiedene verschieden. Der Lehrer der Geometrie mit einem Buchstaben, gewöhnlich, wenn nur von einem die Rede ist, mit a, spricht man von zweien, so braucht man dazu a und b. — Der Zeichner bezeichnet den Punkt mit einem Tusche-, Kreide-, Kohle-, Tinten- oder Färbe-Tust. Der Feldmesser bedient- sich zur Bezeichnung der Puncte auf dem Felde, der Pflöcke , Stangen, Fahnen, Kreuzbal¬ ken irnb sogar der Pyramiden. Zeder Handwerker bedienr 9 sich eines eigenen Instrumentes zur Bezeichnung der in fei-' nem Handwerke verkommenden Stellpuncte. §. 11. Eine Linie wird in der Geometrie durch einen Strich angezeigt, den man mit der Tinte, Kreide, Bleistift, Tusch u. s. f. zieht. Zu Anfang desselben steht a zusEnde b. Dieser Strich wird dann für die Linie selbst gehalten und gelesen. Auch pflegt man nicht selten die Linien durch nahe an einander stehend? Punkte zu bezeichnen, welche dann punctirte Linien heißen. §. 12. Man unterscheidet dreierlei Linien: gerade, i*ig. 1; krumme, und gemischte, d. i. gerade und krumme, 1' i«. 3. §. 13. Gerade Linien sind alle von einerlei Art, sie unter¬ scheiden sich bloß durch die Größe von einander. Gleiche gerade Linien decken sich ganz, ungleiche nur zum Theile, wenn man ihr? Anfangspunkte auf einander legt, und ihre Endespuncte auf einander stellt oder zu stellen trachtet. Legt man I?ig. 29 den Anfangspunkt der geraden Linie ab, in den Anfangspunct der Linie efl, so daß der Punkt n in a, und der Punct b in die Linie cstfallt, so wi^d erden Endespunct ä nicht treffen, sondern einen andern Punct e gemein mit der Linie oä haben, woraus man ersieht, daß die letztere Linie um das Stück sei größer se^, als di? Linie ab. §. ia. Man übe sich im Lesen der Linien, indem man sich wohl zu merken hat, daß dec Anfangspunkt den Namen ei-. Itt ms Buchstaben, und der Endespunct den Namen eines an¬ dern Buchstaben erhält, wenn nicht besondere Umstände mehrere Buchstaben erfordern. §. 15. Zur Uebung im Linicnlesen mögen dienen isiig. 1, wo bis gerade Linie ab, 1''ig. 4, wo die geraden Linien ab, rro, bä, cä, liZ. 5 u. s. s, §.16. - , Es ist aus dem Gesagten ersichtlich, daß sich vor» einer Linie ein, einer andern Linie gleiches Stück abnehmen, abmcssen, oder wie man sich auszudrücken pflegt, abschnei- den läßt. Dazu bedient man sich eines Fadens, eines Zir- kfls , wodurch das Uebertragen der gegebenen Linie geschieht; so überträgt sich Ib'g. 29, ab auf eä, und bestimmt den Unterschied der beiden Linien oä. — Daraus erklärt sich, wie gerade Linien von geraden Linien abgezogen werden. Sollte z. B. b"ig. io von ab, aa abgezogen werden, so sieht Jedermann den Nest cb. §. 17. Jede gerade Linie läßt sich von beiden Seiten verlän¬ gern, man lege nur an ein Stück der zu verlängernden Seite nahe ein richtiges Lineal an, rnd ziehe aus diesem Stücke mit dem beliebten abfärbenden Stoffe den Strich oder die Linie fort. Darin liegt das Zusammenzählen oder die Addition der Linien. Es seyn I'ig. 32 aä äa -j- co -s- sä gerade Linien, so ist augenscheinlich ihre Summe gleich der geraden Linie ab. Anfänger mögen sich vorzüglich in der Addition und Subrraction, oder in der der Angabe gemäßen Abkürzung und Verlängerung der geraden Linien üben. Lt §. 18, Eine gegebene gerade Linie verdoppeln, verdrei-, yer- vier-, ver n fachen heißt nichts anders , als eine gerade Linie L,3,a, nmal nehmen, oder mit2, 3, «, n multiplici- ren. So steht man lag. a?, die Linie ob — der dreifachen sl oder ab Zsl, eben sy die Linie »8 — Sos, die bk Sab. Mittelst eines genauen in Schuh und Zoll einge- theilten Maßstabes übe sich der Anfänger in der Geometrie, in der Anwendung des Gesagten; — messe gerade Linien oder Entfernungen, Längen, Breiten oder Höhen von Gegenständen in gerader Richtung, nehme z. B. das Zwei¬ fache, Dreifache, »fache des gefundenen Maßes, so wer¬ ten seine Begriffe von dem Puncte und her Linie von selbst klar werden , denn man wird sich überzeugen, daß die Länge eines Weges durch eine geometrische Ljnie richtig angegeben wird. Niemand denkt sich bei dieser Angabe eine Breite des Weges, sondern blos eine Entfernung zweier Puncte oder Gegenstände, die da für Puncte angesehen werden. Trägt man diese Messungen dann mittelst der geraden Stri¬ che oder Linien zu Papier, nimmt man eine bestimmte Linie als eine Einheit an, und mißt die auf dem Papiere gezoge¬ nen damit, so erhält man dieser Einheit gemäße Linien oder Längen. Bedeutet z. B. I'ig. 50 oc eine Klafter im gemäßen oder verjüngtem Maße, so enthält bc 6 Klafter in eben selben Maße, eben so würde bc 6 Schuh nach dem verjüngtem Maße geben, wenn »c einen Schuh mißt. Diese und noch mehrere Uebungen, die hier nicht angegeben wer¬ den können, werden Jedem leicht fallen, und das fernere Fortschreiten in der Geometrie erleichtern. 19. Das nämliche Verfahren soll in der Theilung der Linien statt finden. Man suche die Hälfte, ein Drittel, ein Viertel, ein ntel einer Linie mittelst einer Schnur, eines l2 Zirkels , oder sonst eines Maßstabes, so werden Jedem die in der Folge vorzukommenden LheilungSmethoden wichtig scheinen. Man wird leicht finden, daß kig. 43 ab — »6, si — 7-ab, k'ig. 66 ack ab, k'ig. 67, aä — ab fey, anderer Beispiele Md Uebungen nicht zu geden¬ ken, die Jedermann selbst mit Vergnügen und großen Nutzen vornehmen möge. §,20. Wenn man sagt, eine gerade Linie ist jene, deren kleinsten Theile die nämliche Richtung haben , so wird man jene , deren jeder Theil eine andere Richtung hat, ungerade oder krumme Linien heißen. Gerade Linien gibt es nur ei¬ nerlei Art, krumme Linien aber gibt es von unzähligenAr- len. Hier sollen nur die Eigenschaften und Verzeichnun- gefl der anwendbarsten im gemeinen Leben vorkommen. §,21. Es sey, 'ssig. 5, c ein Punct, uc eine gerade Linie, und es bewege sich au um den Punkt c so , daß a immer die nämliche Entfernung von c behält, und eine Spur seiner Bewegung zurückläßt, bis es in den Ort zurückgekehrt ist, so ist dsese Spur in der Richtung einer Kreislinie, ober die Kreislinie (die Peripherie) selbst. Der Punct heißt der Mittelpunkt, die gerade so der Halbmesser der Kreislinie; ebenso werden cb, cel, cs, cf gleich bei erstem Anblicke für Halbmesser erkläret, und daraus wird gefolgert: jede gerade Linie, welche dey Mittelpunkt der Kreislinie mit ei¬ nem Punkte derselben verbindet, .heißt ein Halbmesser. Man sieht auch zugleich, daß die Halbmesser der nämlichen Kreislinie unzählige seyn kpnnen, welche abex alle unter einander gleich sind; so ist ac^ sic —äc^ec — ic, daher ist es hinlänglich, nur einen zu kennen; es ist auch sehr leicht einzusehen, daß gleiche Halbmesser gleiche Äreislini- 13 en oder Peripherien, ungleiche Halbmesser ungleiche, und zwar größere, größere und kleinere Halbmesser kleinere Pe¬ ripherien erzeugen, oder wie man sich gewöhnlich auszudrücken pflegt, beschreiben. §. 22. Sind die beiden Plinctc, I'ig. 6, a und d in der Kreis¬ linie, und e in ihrem Mittelpunct, so ist die gerade Linie sl>, welche dieselben verbindet, und zugleich durch den Mittelpunct geht, der Durchmesser der Kreislinie akcigbia. Eine gerade Linie hingegen, welche zwei Puncte der Kreislinie zwar verbindet, aber nicht durch den Mittelpunct gezogen oder gestrichen ist, heißt eine Sehne, so ist, lüg. 6, tiA, lüg. 7, S6 und xt eine Sehne. — Sehnen sind dem¬ nach gerade Linien, welche Puncte der Kreislinie verbin¬ den, ohne durch de» Mittelpunct derselben zu gehen. Betrachtet man aber auch den Durchmesser als eine Sehne, so sieht man nach mehreren Versuchen, in der nämlichen Kreislinie Sehnen zu ziehen, oder zu zeichnen, daß der Durchmesser die größte Sehne seyn muß, oder es ist in nämlichek Kreislinie keine Sehne dem Durchmesser gleich. Auch wird man gewahr, daß jede Sehne größer sey, je nä¬ her sie dem Mittelpuncte zu liege. I'iz. 7 liegt gl'näher am Mittelpuncte, als die Sehne uo, und man sieht, daß gl sä sey. §. 23. Es kann dem Aufmerksamen nicht entgehen, daß die Sehnen die Kreislinien bald in größere , bald in kleinere Stücke theilen, man sagt sonst von der Kreislinie Stücke abschneiden. Diese abgekheilten oder abgeschnittenen Stücke chcißt man Bögen, welche den abschneidenden Sehnen zuge- 'hören. .Jeder Sehne gehören zwei Bögen zu. So entspre¬ chen der Sehne KZ, kig. 6, die Stücke oder Bögen der 14 Kreislinie kckg und ghlicki, die sichtbar ungleich sind. Nur dem Durchmesser entsprechen zwei gleiche Stücke oder Bögen Her Kreislinie, die Man Halbkreislinien oder Halbkreis- Peripherien nennt; denn waren diese nicht gleich, so müßte es in der nämlichen Kreislinie ungleiche Durchmesser geben, nachdem aber alle Halbmesser in der nämlichen Kreislinie (§. 21) gleich, der Durchmesser zweien Halbmessern kig. 7 , »e -ch- cb — sb ist, so liegt die Theilung der Kreislinie durch den Durchmesser in zwei gleiche Hälften oder Halb- kreislittien offenbar vor den Augen. §. 24. Theilt eine kleinere Sehne als der Durchmesser die Kreislinie, so kann nur der kleinere Bogen als gespannt betrachtet werden. Kreicbögett sind also Stücke von der Kreis¬ linie, die bald größer, bald kleiner sind. Man erwäge wohl, daß ein Kreisbogen nur einer be¬ stimmten Kreislinie, diese einem bestimmten Halbmesser zugehöre. §. 25. Um genauer die Größe der Stücke oder Bögen einer Kreislinie angeben zu können, ist man übereingekommen, jede Kreislinie , sie mag größer oder kleiner seyn, in 360 Lheile (0) einzutheilcn, welche Thciledann Grade (Schrit¬ te, Stufen) heißen. Jeder Grad wird wieder in 60 kleine¬ re Theilc eingetheilei, die Minuten (Stufchen) und jede Minute erhält dann 60 Theile, welche Secundemheißen. In Büchern findet man für Grad, Minuten, Sccunden, die Bezeichnung 0, 1, li. Demnach ist es klar, daß die halbe Kreislinie 180°, das Viertel oder auch der Quadrat 90° u. s. f. habe. Der Anfänger berechne ferner zur Uebung dasDrittel, Sechstel, Achtel, Neuntel, Zehntel u. s. f. der Kreislinie in Graden. 15 26. Dabei ist vorzüglich zu beherzigen, daß jede Kreis¬ linie 360" habe, welche der Größe nach einander nicht gleich seyn können, wenn die Kreislinien ungleichen Halb - oder Durchmesser angehs'ren. Eine größere Kreislinie hat dem¬ nach größere Grade, eine kleinere, kleinere. Der Quadrat jeder Kreislinie enthalt 90°, aber der der größeren Kreis¬ linie zugehörige, ist auch größer, als der kleineren angehö¬ rige. Um dieses noch genauer einzusehen, denke man sich zwei verschiedene Kreislinien in gerade Linien abgewickelt, und in gleich viele Theile getheilt, so steht man gewöhnlich leichter ein, daß die größere, größere, und die kleinere, klei¬ nere Theile geben wird. 27- Jede Kreislinie kann mit einer geraden Linie gleich- gesetzt werden. Untersucht man wie vielmal der Durchmesser der Kreislinie in der dieser gleichen geraden enthalten ist, so ergibt cs sich, daß der Durchmesser der KreisliUie in der ihr gleichen geraden beiläufig Z H odet enthalten sey. Da¬ her läßt sich, wenn der Durchmesset gegeben jst, die Län¬ ge des in Graden gegebenen Bogens der Kreislinie durch eine wirkliche Messung, oder durch die Berechnung bestim¬ men. — Es sey z. B. der Durchmesser einer Kreislinie gleich 17 H Fuß, so beträgt die Kreislinie 3 mal 17 5 Fuß, oder 55 Fuß in die Länge. Theilt man 55 Fuß durch 360, so gibt der Quotient die Länge eines Grades, gleich 1 Zoll, io Linien. Die Auflösung ähnlicher Aufgaben soll durch eine fleißige Uebung gewiß ganz leicht werden. Daher nehme man dem Durchmesser einer Kreislinie an, gleich 1, 2, 3, q, n, oder man setze die Größe der Kreislinie als bekannt an, oder nnm nehme einen Grad der Kreisli¬ nie als gegeben an, berechne nachdem die Größe der Kreis- 16 linke, indem man die Größe des Grades mit 560 multiplk- ciret, zu der gegebenen Kreislinie den Durchmesser sucht, indem man die Proportion ansetzt: wie sich 22: 7 verhält, eben so verhält sich die Länge der Kreislinie zur Länge des ihr zugehörigen Durchmessers, z. B.: Es scy die Größe eö- nes Grades einer Kreislinie 11 Zoll, man multiplicire 11 mit 560, so gibt dieß zum Products 5960, welches mit 7 multiplicirt 27720 macht, 27720 getheilt durch 22, gibt zum Quotus 105 Zoll —8 Fuß, 9 Zoll (8^-j-9") als den Durchmesser einer Kreislinie, deren ein Grad 11 Zoll mißt. Dergleichen Hebungen nehme jeder Anfänger-so lange vor, bis ihm der Begriff von der Kreislinie, dessen Durch¬ messer und dessen Verhältnisses zur ffelben ganz klar und deutlich werde, und die Grad-Eintheilung einleuchte. §. 28. Eine gerade Linie, welche wie immer verlängert, nur einen Punct mit der Kreislinie gemein hat, heißt deren Tangente oder Berührungslinie; hat sie einen, verlängert zwei Puncde mit der'Kreislinie gemein, und erstreckt sich selbe über die Kreislinie hinaus, so heißt sie deren Secay- te oder Schneidende. IHg. 6 zeigt ilc eine Tangente, welche den Punct b mit der Kreislinie gemein hat. Eben so sind bo, ao, I>'ig. 58 Tangenten; cs eine Secante. k'ig. 57 cä, I'ig. 59 cd stellen Secanten oder schneidende Linien vor. §. 29. ' Haben zwei oder mehrere Kreislinien den nämlichen Mittelpunct, so heißt man sie concentrische Kreislinien. Man sieht leicht ein, daß solche Kreislinien, wenn ihreHalb- messer nicht gleich sind, nie sich treffen, bedecken, durch¬ kreuzen, oder wie man zu sagen pflegt, schneiden. I'ig. 50 stellt drei concentrische Kreislinien vor, deren Halbmesser cä, cb, cu sind. §. 30. 17 Zv. Begegnen sich zwei Kreislinien von verschiedenen Mit- tclpuncten, und treffen sie irgendwo zusammen, so nennt man den Ort, wo dieses Zusammentreffen statt hat, den Durchschnittspunct; die sich treffenden Stücke der Kreislinie, Durchschnittsbögen. Dergleichen Durchschnittspuncte und Durchschnittsbögen zeigt I'-F. 55 in k, 1', g, e, die Durchschnittsbögen sind lrk und ge. I'ig. 60 stellt zwei Kreislinien vor, die sich von außen, und I'ig. 6t stellt zwei Kreislinien vor, die sich von innen berühren, so wie in I'ig. 6L und 6Z drei sich von außen berührendeKreißlinicn zu sehen sind. Von andern krummen Linien folgt später. II. Abschnitt. Don der Lage, Verbindung und Benennung mehrerer geraden Linien, wenn man selbe zugleich in Betrach¬ tung zieht und vergleicht. > §. 31. Zwei oder mehrere gerade Linien können in der nämli¬ chen Ebene, ohne sich zu treffen, oder zu schneiden, zwar unzählige Lagen gegen einander haben, man pflegt aber ei¬ gentlich nur dreierlei Lagen anzugeben. Zwei oder mehrere in der nämlichen Ebene gelegene ge¬ rade Linien sind entweder parallel, convergent (zusammen¬ gehend, zusammenfahrend), oder divergent (auseinander¬ gehend). Parallel nennt man jene gerade Linien, die wie immer verlängert, niemals zusammenstoßen würden. So sind z. B. I' ig. 40 sk und gi> parallele oder gleichlaufende Linien, ibiz. 41 ab und ck, I?ig. 42 ui, und ckli sind eben¬ falls parallel, kig. 14 stellt ei'und gl, an den Enden e und 8 convergente, an den Enden I und l, divergente gerade Linien vor. 2 18 §. 32. Werden zwei divergente Linien an den konvergenten Enden so weit verlängert, daß sie zusammen kommen, so entsteht in dem Zusammentreffungspuncte ein Winkel, wel¬ cher desto größer ist, je divergenter die Linien an den entge¬ gengesetzten Enden sind. Der Punct des Zusammentreffens heißt der Scheitelpunkt, und die zusammentreffenden geraden Linien bekommen den Namen Schenkel. Oder man denke sich aus einem Puncte zwei gerade Linien auseinanderge- hcnd, gezogen, so entsteht dadurch ebenfalls ein Winkel. So sieht man I'ig. 8 aus den divergenten geraden Linien und bc, welche in dem Puncte b in der Richtung ob und cd verlängert zusammenkommen, einen Winkel entstehen, vdcr was einerlei ist, die geraden ba und bc ausdemPunc- 1e k> divergent gezogen, den Winkel bei b bilden dessen Scheitelpunkt b, und dessen Schenkel ab und eb, oder da und bc sind. §. 3Z. Man bezeichnet und liefet die Winkel gewöhnlich auf dreierlei Art. Entweder bezeichnet man blos den Scheitel¬ punkt mit einem Buchstaben, welcher zugleich den Winkel bezeichnet. Man schreibt zwischen die Schenkel einen Buch¬ staben, oder man bezeichnet und liefet den Winkel mit drei Buchstaben, wo aber immer der am Scheitelpunkt stehende, die mittlere Stelle einnehmen muß. Eine Uebung im Bezeichnen und Lesen der Winkel ge¬ währen diesig. 8, wo der Winkel b oder sbc, k'ig. 9, wo zwei Winkel den nämlichen Scheitelpunkt haben, daher mit einem einzigen Buchstaben nicht mit Bestimmtheit an¬ gezeigt werden können, deswegen sie die Winkel abc und cbcl, vdcr ink't den innerhalb der Schenkel stehenden Buch¬ staben, die Winkel o und x heißen, io, ii, 13 13 u. s. f. sollen die Uebungcn im Winkelbezeichnen und Win¬ kellesen beleben. §. L-l. Betrachtet man nur oberflächlich die Divergenz der Schenkel eines Winkels, so ergibt sich daraus fthrjleichtdie Bemerkung, daß diese Divergenz oder das Auseinanderfah¬ ren der Schenkel sehr mannigfaltig seyn müsse, und unzäh¬ lige Arten von Winkeln darbietet. Unter allen diesen Arten pflegt man aber nur dreierlei Arten im gemeinen Leben zu beachten und anzugeben, worunter der rechte Winkel die beliebteste Aufnahme und die größte Auszeichnung wegen sei¬ ner mannigfaltigen praktischen Leistungen genießt, dem ^die spitzigen und stumpfen Winkel, wenn nur möglich, nachste¬ hen müssen. . §. 35. Wenn eine gerade Linie auf einer andern geraden so sieht, daß sie mit ihr zwei Winkel bildet, so nennt man diese Winkel Nebenwinkel; so sind I?ig. 10, die Winkel und Kost, oder die Winkel 0 und x zwei Nebenwinkel, weil die Schenkel sc und cb eine gerade Linie ab sind, auf welcher, und außer welcher die gerade c6 ver¬ größern, woraus der Winkel abä entstehet. So bestehet dec Winkel aas, Ifig. 11, aus den Winkeln acc-s-ecti-j-6ck, welche zusammen addirt ihn zur Summe geben. Der Win¬ kel a, k'ig. 28, besteht aus den Winkeln cab -s- bac -s- ca6. Nimmt man I-'ig. 11 von dem stumpfen Winkel sck den Winkel äck weg, so bleibt der rechte Winkel accl. Nimmt man von ncä den spitzigen Winkel cica ab, so erhält man den Winkel aas. Es läßt sich daher der Winkel -rca so an¬ sehen, als wenn er aus dem Winkel ack durch die Wegnah¬ me der beiden Winkel 6ck und äce, oder des Winkels eck, der den beiden 6ck und eckgleich ist, entstanden wäre. §. 28. Auf eine ähnliche Weife wird man die Winkel ver¬ größert finden, wenn man sie verdoppelt, verdreifachet, vern sacket. Ifig. 11, gibt acs verdoppelt acss, verdrei¬ fachet ack. Die Theilung der Winkel hat ebenfalls Statt. I'ig. 11, ist der Winkel acä durch die gerade ca in zwei gleiche Theile getheilet, der Winkel nck durch die geraden' cd und cc in drei gleiche Winkeltheile ace, ecci und 6ck zerlegt worden. Wendet man die Addition, Subtraction, Multiplica- tion und Division auf die Winkelgrößen an, so ergeben sich 22 die mannigfaltigsten Üebungen daraus, die zur eigenen Ver¬ vollkommnung der Anfänger anstellen solk Hier sind nur ei¬ nige als Muster angezeigt werden. - Wenn man zugleich die Bögen als Maßen der Winkel auf die nämliche Arr nach den Regeln der vier sogenannten Nechnungs-Species behandelt, so bereitet man sich gründ¬ lich für den Unterricht in der Geometrie vor, denn die ge¬ raden und krummen Linien, die Bögen und die Winkel muß man als das Alphabet zur Lesung der geometrischen Wahr¬ heiten betrachten. So wenig als Jemand einen Druck oder eine Schrift zu lefen im Stande ist, der das Alphabet nicht kennt, eben so wenig wird man in der Geometrie Fortschrit¬ te machen, wenn man die Lehre von den Linien, Bögen und Winkeln leichtsinnig als unbedeutend flüchtig übergeht. 39. Ein Paar leicht einzusehende Wahrheiten von den Win¬ keln mögen diesen Abschnitt beschließen. Was Nebenwinkel sind, ist aus §. 35 bekannt. Hier ist nur zu zeigen, daß zwei Nebenwinkel immer zwei rechten Winkeln gleich sind. Es sepen die zwei Nebenwinkel ucs und erb , I?iA. s» sind sie zusammengenommen, zwei rechten Winkeln gleich. Es fey ucc! ein rechter Winkel, so ist auch tick ein rechter §, 35 , also acä und cicb zwei rechten Winkeln gleich. Den Winkel sc6 bildet der spitzigeNeben- Winkel scs sammt dem Antheile ec6 des stumpfen Winkels ack, der andere Antheil des stumpfen Winkels gibt gerade einen rechten Winkel csch, hiemit geben alle drei Winkel ocs, eccl, «ick, welche zusammengenommcn der Größe nach den Nebenwinkeln sca und ach'gleich sind, zwei rechte Winkel. Der Winkes aca heißt deswegen auch die Ergän¬ zung auf zwei rechte, oder auch die Ergänzung auf den rech¬ ten Winkel ac«i. 23 §. -»o. Es scycn b'ig. 12 , die Nebenwinkel asci und clol». Ver¬ längere man cis unter die Linie ab bis s, so sieht mein, daß auch jenseits der Linie ab zwei Nebenwinkel ass und bec entstehen, ass und ascl^sind in Ansehung der geraden as, Los und bsä sind in Zfnsehung der geraden be ebenfalls Ne¬ benwinkel. Man hat also hier vier Paar Nebenwinkel ein, nrn, no, oe. Diejenigen unter diesen vier Winkeln, wel¬ che keine Nebenwinkel seyn können, heißt man Scheitel¬ winkel; so sind o und in, s und n Scheitelwinkel. Der nämliche Winkel muß eine gleiche Ergänzung auf zwei rechte haben- Betrachtet man den Winkel s als einen Nebenwin¬ kel des Winkels o, und zugleich als einen Nebenwinkel des Winkels in, so ist cs klar, daß o und in gleich seyn müssen, weil sie den nämlichen Winkel e auf zwei rechte ergänzen. Oder in Bögen und Graden. Es sey s — 110°, so sieht Jedermann, daß in und o gleich seyn müssen, wenn in und c> iio Grade auf zwei rechte oder 180 ergänzen sollte, denn lio sollte mit in 180, und 110 sollte auch mit «, 180 geben. Das nämliche läßt sich aber auch von s und n zeigen, daß sie gleich sind; in und o aber sind, wies und n Scheitelwinkel. Es gilt also die Wahrheit, die Scheitel¬ winkel sind immer gleich. Es ist aus dem bereits Gesagten leicht erklärbar, daß alle Winkel über einer geraden zwei rechten, alle Winkel über und unter einer geraden, oder alle Winkel um einen Punct gleich vier rechten Winkeln seyn müssen. Zur Versinnlichrmg mögen die I^'g. g, 11, 12, 13 dienen. III. Abschnitt. Non den geometrischen Figuren oder von de» Flächen. §- 41- Die äußersten Gränzen eines Körpers heißt man, wie 24 g. 6 gesagt wurde, Flachen. So unterscheidet man an ei¬ nem Gebäude oder an einem Zimmer gewöhnlich sechs Flä¬ chen; an einem Blatte Papier ist man gewöhnlich nur auf zwei Flächen aufmerksam, die man beschreibt oderbedrucket. Liese Flächen sind entweder so beschaffen, daß man zwei Puncte oder Stellen beliebig annehmen, und von einem zum andern dieser Puncte eine gerade Linie ziehen kann oder nicht. Im ersten Falle nennt man die Flächen ebene Flä¬ chen, im zweiten Falle, wo man durch zwei beliebig ange¬ nommene Puncte keine gerade Linie ziehen kann, heißt man die Flächen krumme Flächen; z. B. die Fläche einer Kugel, eines Cylind ers Seitenflächen u. s. f. §. 42. Die ebenen Flächen oder die Ebenen haben mannigfal¬ tige Gestalten, die man geometrische Figuren nennt. Geo¬ metrische Figuren sind demnach von einer oder von mehreren krummen oder geraden Linien begränzte Ebenen, oder be- gränzte krumme Flächen. Ist die Ebene von lauter geraden Linien begränzt oder eingeschlossen, so nennt man sie eine geradlinigte Figur, ist sie von einer krummen Linie begränzt, so heißt sie eine krummlinigte Figur. §. 4Z. Die geraden Linien oder die krummen, welche die Ebe¬ ne begränzen, zusammen in eine gerade vereinigt genommen, nennt man den Umfang oder Perimeter dec Figur; beim Kreise heißt diese Gränze Kreislinie, Umfang, Peripherie, Eircumferenz. Die geradlinigten Figuren oder Ebenen werden nach der Anzahl der Ecke oder Linien, die sie bcgränzen, benannt. Die¬ se Linien bekommen in den Figuren den Namen Seiten. So hat man Dreiecke, Vierecke, Vielecke, wenn dieFigurmehr als vier Seiten hat, z. B.Fünf-, Sechs-, Siebenecke u. s.f. 25 IV. Abschnitt. Von den Dreiecken- §. 4 'k. Wird eine Figur von drei Linien (Seiten) begrenzt, so heißt sie ein Dreieck. In Ansehung der Seiten gibt es gleichseitige Dreiecke, die drei Seiten gleich hoben, Vig.ib; gleichschenkeligte, die zwei gleiche Seiten hoben, Vir;. 17 ; und ungleichseitige, die keine gleiche Seiten hoben, Vig. 18. In Absicht auf die Winkel ist dos Dreieck entweder ein rcchtwinklichtes, in welchem ein rechter Winkel ist, Viz. 19, ein spitzwinkelichtes Dreieck, in welchem drei spitzige Winkel vorkommen, I^ig. 16, ein stumpfwinkelichtes Dreieck, in welchem ein stumpfer Winkel vorkommt. Man sieht, daß in jedem Dreiecke einem Winkel eine Seite gegenüber liege, welche diejenige ist, nach derer Weg¬ lassung blos der Winkel vom Dreiecke übrig bliebe. So steht z. B. in I>'ig. 16 dem Winkel acb die Seite ab ge¬ genüber, denn läßt man die Seite ab weg, so bleibt blos der Winkel acb von dem Dreiecke übrig. Man frage sich hiebei, welche Seite steht dem Winkel bac, dem Winkel abc, Vig» 16, 17, 18, 19 gegenüber, oder umgekehrt: welcher Winkel liegt der Seite ab, so, bo gegenüber u. s. f. durch alle Dreiecks-Figuren, denn diese Uebung wird gewöhnlich bei Anfängern vernc/chläßiget. Man merke sich, daß in einem rechtwinkelichten Drei¬ ecke, die dem rechten Winkel gegenüber liegende Seite die Hypothenuse, Vig. 19 ab, die Seiten aber, welche mit ihr die spitzigen Winkel bilden, ab und bc die Catheten heißen. Der Gegensatz der Seiten und Winkel führt zu mancherlei wichtigen geometrischen Wahrheiten. An jedem Dreiecke sind zu beobachten: die Winkel, die Seiten oder der Perimeter oder Umfang und die Fläche selbst. Lassen sich Dreiecke so übereinander legen, daß ihre 26 Perimeter gänzlich in einander fallen, und sich decken, so sind solche Dreiecke congruente Dreiecke, und ihre Winkel und Seiten, die bei dieser Deckung zusammentreffen, voll¬ kommen gleich. So wäre ein Dreieck, welches sich auf das Dreieck abc, k'ig. 18, so legen ließe, daß eine Seite die ub>, die andere hie sc, und die dritte die km deckte, mit ihm congruent, die übereinander liegenden Seilen gleich und die diesem entgegenstehenden Winkel gleich. Die Congruenz wird gemeiniglich unter diesen Umstän¬ den bewiesen: zwei Dreiecke sind congruent, wenn zwei Sei¬ fen mit dem eingeschlossenen Winkel, wenn die eine Seite mieden anliegenden Winkeln, und wenn die drei Seiten des einen Dreieckes gleich sind zwei Seiten mit dem einge¬ schlossenen Winkel, einer Seite mit den anliegenden Win¬ keln oder den drei Seiten des andern Dreieckes. Um diese drei Sätze leichter zu begreifen, soll man vor¬ züglich aufmerken, was der cingeschlossene Winkel, was die anliegenden Winkel sind. ibig. 16, ist -Gc der von den Seiten ab und d>a, sck> der von den Seiten sc und dc ein- geschlosscne Winkel, die Winkel h und c sind der Seite dc anliegende Winkel. Man wiehechole diese Uebung durch alle Fig. 16, 17, 18, 19, §, 45, Lassen sich Dreiecks-Figuren nicht so über einander legen, daß sich ihre Perimeter vollkommen deckten, so sind sie nicht congruent ineinandersallend; ungeachtet dessen können sie gleiche Flächen haben, welche Dreiecke dann gleiche Dreiecke heißen; man unterscheide sorgfältig die Congruenz von der Gleichheit der Dreiecke, denn die erste führt zur Gleichheit der Winkel und Seiten, die zweite setzt blos die Gleichheit der Fläche außer Zweifel. Die Lehre von dec Congruenz liegt zwar nicht im Plane dieses Unterrichtes, aber doch mag für Anfänger das Gesagte nicht ohne Nutzen sepn. , 27 V. Abschnitt. Don den vierseitigen Figuren. §. /16. Eine Figur, welche vier Seiten oder Ecke hat, nennt man eine vierseitige oder vicreckigte Figur, Die vierseitigen Figuren sind entweder Parallelogrgme oder reguläre, Trapeze oder irreguläre vierseitige Figuren. Die Vierecke stellen die Figu¬ ren 20, 21, 22, 22, 2», 25 yor. Man bemerkt hier sehr leicht, daß in den vierseitigen geometrischen Figuren von keinem Gegensätze der Seiten und Winkel, aber wohl von dem Gegensätze dec Seiten und Seiten, dec Winkel und Winkel die Rede seyn kann, Man bezeichnet gewöhnlich jede vierseitige Figur mit vier Buchstaben, die nach der Ordnung der Winket hinge¬ schrieben werden, oder mit zwei entgegengesetzt stehenden Buchstaben. So ist, l''ig. 20, abcic, oder ack oder bc, I''ig. 25, abcst oder ack oderbc.-, eine vierseitige Figur. Die Seiten der vierseitigen Figur werden mit zwei Buchstaben, und die Winkel mit einem angegeben. So kommen in der Figur 20, die Seilen ab, ac, cck, der entgegenstchende Seiten gleich und die Winkel schiefe der t Winkel, aber die gegenüber liegenden immer gleich sind, es m 23. "en. gentl 2S 52. Ein Trapez ist eine vierseitige Figur, in welcher zwei gegenüber stehende Seiten parallel sind, und ein Trapezoi- des ist eine vierseitige Figur, wo keine parallele Seiten vor¬ kommen. I?iF. 24, stellt ein Trapez, 25, ein Lrape- zoid vor. §. 53. Figuren, wUche mehr als vier Seiten haben, heißen, wie bereits gesagt, Vielecke. Diese sind regelmäßig, wenir sie alle Seiten und Winkel gleich haben, sonst unregel¬ mäßige oder irreguläre Vielecke. In 82, steht man ein regelmäßiges Fünfeck, in I^ig. 83, ein regelmäßiges Sechseck, in 8» ein Siebeneck, in 85 ein Achteck, in 86 ein Neuneck, in 87 ein regelmäßiges Zehneck abgebildet. Zieht man in einem Vielecke aus einem Winkel in die andern gerade Linien, so heißen diese geraden Linien, sowie bei den Vierecken Querlinien oder Diagonalen, welche, wie leicht ersichtlich ist, das Vieleck in eben so viele Dreiecke thei- lcn, als das Vieleck Seiten hat, weniger zwei. Das Vier¬ eck in zwei, das Fünfeck in drei, das Sechseck in vier Dreiecke, also immer in zwei Dreiecke weniger, als das Vieleck Seiten hat. §. 54. Moge jeder Anfänger sich über die vorgelegten geome¬ trischen Gegenstände, über die erklärten Linien, Winkel, Figuren und ihrer Eigenschaften richtige Kenntnisse ver¬ schaffen, denn diese sind sowohl zu den ersten geometrischen Instructionen und Aufgaben, als auch zu den Lehrsätzen der theoretischen Geometrie höchst nothwcndigt ohne sie ist es unmöglich, in der Geometrie etwas Gründliches zu erler¬ nen« Die Linien, die Winkel und die Figuren geben das ei¬ gentliche Alphabet und Einmaleins der Geometrie ab. 30 Vielleicht würde mancher Jüngling in der Geometrie erwünschtere Fortschritte gemacht haben, wenn er diese Ele¬ mente mehrerer Aufmerksamkeit gcwürdiget hätte. Sollte nicht immer dem theoretischen Unterrichte in der Geometrie, wo man die Constructionen zu den Beweisen für Lehrsätze und geometrische Aufgaben zugleich entnimmt, eine kleine Vor¬ bereitung in rein-geometrischen Auflösungen ohne analyti¬ sche Untermengung vorangeschickt werden t Gewiß würde dann der Unterricht in der Geometrie gedeihlicher ausfallen, denn durch diese geometrischen Auflösungen würde man in Stand gesetzt seyn, sich richtige Begriffe von den geometrischen Li¬ nien, Winkeln und Figuren eigen zu machen, und ihren Gebrauch sorgfältiger zu behandeln, wo sonst der Anfänger in die mißliche Lage gecath, sich nicht auszukennen, ob er mit der Figur oder mit den eigentlichen Größen, Eigenschaf¬ ten, zu thun hat. In solchen geometrischen Auflösungen wür¬ de er z. B. die Wichtigkeit des Parallclismus, der Eon- grucnz der Dreiecke einsehen lernen; er würde sich, so zu sagen / practisch überzeugen, daß es nicht einerlei oder gleich¬ gültig sey, ob man den Zug einer Linie von dem oder jenem Puncte anfange, sondern daß gewöhnlich der Anfang des Zuges gegeben und bestimmt ist. VI. Abschnitt. Nöt h j g e B e « e h mu 11 g s r e g e l» k' e i m Z e ich n e n d s r g c o s« c - irischen Figuren. §. 55. In einer geometrischen Zeichnung soll alles, was in ihr vorkömmt, langsam und reinlich gezeichnet und aüsgc- führet werden. Die Linien müssen durchaus gleich stark ge¬ zogen, und bei den punctirten Linien müssen die Puncte - nicht zu stark, und so viel als möglich gleich groß und in gleichen Entfernungen von einander abstehen, oder gezeich- 3l «et getuft werden. Auch muß man die Buchstaben an den Linien, Winkeln und Figuren mit lateinischer Schrift recht zierlich, nicht zu groß und nicht zu klein, und wenn nicht be¬ sondere Umstände, z.B. Ersparung an Zeichnungen es erfor¬ dern , in alphabetischer Ordnung so schreiben, daß man aus der Ordnung der Buchstaben die natürliche Reihe der zur Zeichnung nöthigen Züge entnehmen kann, so daß immer der erste Zug bei a anfängt, von da.zu b, von b zu c u. s. f. gezeichnet und gearbeitet werde. 56. Bei der Zeichnung geometrischer Figuren merke man sich folgende Vorstchtsregeln: 1. Die Instrumente , deren man sich bedient, sollen nur zu den bestimmten Arbeiten oder Zwecken gebraucht, und so viel möglich reinlich erhalten werden. 2. Den Zickel führe man mit einigen Fingern aufrecht, und so leicht, als man kann, und hüthe sich ja, nicht auf ihn zu drücken , damit das Papier, worauf ge¬ zeichnet wird, nicht mit Löchern von Zirkelstichen durchstochen werde. 3. Diesem einigermaßen zu begegnest, so bediene man sich eines Zeichenbrctes von hartem Holze, worauf das Papier ohne weitere Unterlage gelegt oder gespannt wird. «. Die Lineale und hölzerne rechtwinkelichte Maße, I'iF. 37, das hölzerne rechtwistkelichte Dreieck und das so¬ genannte Winkelmaß müssen, wenn sich bei dem Ge¬ brauche etwa Tusch oder Tinte angchängt hätte, je¬ desmal auf der Stelle wieder gcreiniget werden, damit sie nicht, wenn sie trocken werden, am Lineale eine Unebenheit verursachen. Der messingenen Lineale und Winkelmaße soll man sich auf dem Papier ja nicht bc- 32 Lienen, weil sie dasselbe beschmutzen , und eigentlich nur für Tischler und Zimmerleute auf Holz taugen. 5. Die Reißfedern sollen ebenfalls nach dem Gebrauche auf dec Stelle wieder saubergereiniget werden, damit sie nicht rosten und unbrauchbar werden. 6. Erhalte die Bleistifte immer so spitzig als möglich, die Hände und Finger sehr reinlich. 7. Es ist sehr nützlich, daß man lerne, wenn ein Instru¬ ment durch den Gebrauch stumpf geworden ist, selbes selbst wieder in brauchbaren Stand zu stellen, wozu ein feiner Schleifstein dienen wird. 8. Federn aller Art muß man sich selbst zum Gebrauche zu bereiten wissen. 9. Die Linien, welche an einander gezogen werden, und sich nicht schneiden sollen, müssen mit ihren Gränzen in einen einzigen Punct fallen. 57. Zur Uebung in den Ansangsgründen der Zeichenkunst und der Geometrie, so wie zur Vorbildung der zum Bewei¬ se theoretisch-geometrischerWahrheitennothwendigen geome¬ trischen Constructionen sollen hier einige am gewöhnlichsten vorkommende geometrische Aufgaben aufgelöset werden. Die¬ se Auflösungen werden den Ansänger, weil sie sehr einfach und faßlich sind , zum Studium der Geometrie aneifern, dem Handwerker bei dem Zeichenunterrichte und bei seinen Arbei¬ ten mancherlei Anwendungen gewähren, und Jedermann eine genaue Kenntniß der geometrischen Benennungen und einen richtigen Gebrauch der Zeicheninstrumente lehren. VII. Abschnitt. Auflösungen geometrischer Ausgaben, mit einigen Be¬ merkungen. o Die Auflösungen werden ohne Beweise gegeben, die man 33 Man in jeden Geometrkebuche findet, weil es eigentlich nur die Auflösungen der geometrischen Ausgaben sind, die einen practischen Nutzen gewahren, und hier blos für Handwerker, Künstler und Anfänger im Zeichnen geschrieben wird» !. Aufgabe. §. 58. Bon einem gegebenen Puncte n zu einem ändernd eine gerade Linie zu ziehen. 1. Auflösung. Matt lege das Lineal an die gegebenen Puncte a und b genau an, und ziehe an der Scharfe desfelben mit der Reißfeder, Bleistift oder einer gewöhnlichen Fedex die zwei Puncte a und b zusammen. Es versteht sich von selbst, daß, wenn die Linie gerade sepn sollte, das Lineal voll¬ kommen gerade sepnmuß, daß die Reißfeder gut eingerich¬ tet und die gewöhnliche Feder fein gespitzt sepn müsse;' denn ob man gleich keine mathematische Linie zeichnen kann, so muß man sich doch in der Ausübung derselben so viel .als möglich zu nähern suchen» §. 59. Sollte eine gegebene gerade Linse verlängert werden , so setze man , wie 58 gesagt, das Lineal an zwei gegen das zu verlängernde Ende liegende Puncte an, und ziehe, die Li¬ nie, so scharf als möglich in der zu verlängernden fort. n. A u f g a b e. §. 6ü. Eine gegebene Linie ab auf eine größere cä zu tragen, oder ein Stück von cst abzuschneiden, welches der Linie ab gleich sep. sfiiA. 29. S 34 Auflösung. Man fasse die gegebene Linie ab mit dem Zirkel, und trage sie aus dem gegebenen Puncte c gegen 6, und da, wo die andere Zirkelspitze auf der Linie cd hintrifft, mache man einen Punct a, so ist ce so groß als ab, oder ab ist kongruent oder sich deckend mit co. Hk Aufgabe. §. 61. Mit einer gegebenen geraden Linie ab um einen gege¬ benen Punct a eine Kreislinie zu beschreiben, isiig. zo. Auflösung. Man fasse die gegebene Linie ab mit dem Zirkel, und sehe den einen Fuß desselben in den gegebenen Punct c, fahre mit dem Zirkel um den Punct c, so wird die ande¬ re Zirkelspitze einen Kreis beschreiben. In Ermanglung eines großen Zirkels kann man in den gegebenen Punct e einen Stift einschlagen, eine Schnur, die eine Schleife hat, wodurch der Stift geht, um denselben herum führen, so beschreibt das andere Ende die verlangte Kreislinie. So machen es die Handwerksleuts, wenn sie große Kreise zu be¬ schreiben haben; der nämlichen Methode bedient man sich auch bei Garten-Anlagen, auf dem Felde u.s.w., wo man große Rundungen zu beschreiben und zu machen hat. Don der Kreislinie siehe §. 21 bis ZI. IV. Aufgabe. §.62. Eine gegebene gerade Linie ab so weit zu verlängern, als man will, isiig. Sl. A u sl ö s U » g. 1. Man beschreibe mit einem beliebigen Halbmesser etwa 35 mit ac einen Kreisbogen dce, und mache den Bo¬ gen cd — dem Bogen co. 2. Aus den Punctcn d und o beschreibe man mit einem willkührlichen Halbmesser die Durchschnittsbögen in k. Z. Zieht man endlich von b zu dem Durchschnittspuncte k eine gerade Linie bk, so ist die gegebene gerade Linie verlängert. Von den senkrechten oder perpendikulären Linien. v. A u t g a b c. 6Z. Aus einem gegebenen Punčke c auf einer geraden ad eine senkrechte Linie zu errichten. I?ig. Z2. Auflösung. 1. Man nehme auf ab den Punkt d beliebig an, und mache cs gleich cd. 2. Aus d und e beschreibe man mit einem willkührlichen Halbmesser die kleinen Durchschnittsbögcn bei k. 3. Eine gerade Linie von k nach dem gegebenen Punkte c gezogen, ist die verlangte senkrechte Linie. Verlangt man die senkrechte Linie unterhalb ab zu zie¬ hen , so darf man nur aus den Punctcn d und a die kleinen Bögen unterwärts beschreiben, und.von c nach k eine gera¬ de Linie ziehen, so ist sie unterwärts der geraden Linie al» senkrecht. VI. Aufgabe. §. 6,. Auf einer geraden Linie ab sind zwei Punkte c und d gegeben, man soll auf ab oder unterhalb ab eine senkrechte Linie ziehen, sssig. 25. 3* 36 Auflösung. 1, Man beschreibe mit einerlei Halbmessern aus c und cl die Bögen in k und I', eben so beschreibe man mit ei¬ nem größeren Halbmesser aus c und cl die Bögen in A und O. 2. Wenn man nun von g nach keine gerade Linie zieht, und bis nach c verlängert, so ist sie auf ab senkrecht» S. Zieht man endlich 6e durch k, so ist sie auf ad unter¬ wärts senkrecht. VII. Aufgabe. §. 65. An dem Endepunct a einer gegebenen geraden Linie eine senkrechte Linie zu errichten. Auflösung. Erste Art. I?i§. 34. 1. Aus a beschreibe mit einem beliebigen Halbmesser ac einen Bogen cclk, und trage den Halbmesser sc aus c nach 6, und aus ä nach k. 2. Aus 6 und k mache mit einerlei Halbmessern, oder mit einerlei Oeffnung des Zirkels die Bögen in e. Z. Zieht man endlich vom Durchschnitte e nach dem Punk¬ te 2 eine gerade Linie ca, so ist sie am Ende derLinie ad senkrecht. Zweite Art. rig. 35. 1. Ueber da nehme man einen Punct etwa in c an, und beschreibe mit dem Halbmesser an um c einen Kreis (III. Aufgabe) dieser wird durch den Punct a gehen, und die Linie ad in cl schneiden. 2. Von cl nach c ziehe man eine gerade Linie 6c, welche in der Verlängerung den Kreis in e schneiden wird. 3. Zieht man envlich von a nach dem PuNcte o die gerade Linie ao, so ist sie am Ende der Linie da senkrecht. 37 Dritte Art. l?ig. 36. 1. Man nehme den Punct 6 auf ab willkührlich, und beschreibe mit dem Halbmesser n und cl Durchschnitts-/ bögen in c. 2. Von c! nach L ziehe man eine gerade Linie 6c, und verlängere sie mrbegränzt fort. 3. Trage man 6c aus c nach o, (II. Aufgabe) daß ca eä werde. 4. Zieht man endlich von dem Puncte o nach n eine ge¬ rade Linie all, so ist sie am Ende a der ab senkrecht. 5. Wenn man sowohl in der ersten, zweiten und dritten Art die Puncte 6 und c unterhalb der geraden Linie sb bestimmt, so ergeben sich die senkrechten Linien unterhalb der geraden Linie ab. ' Die Richtigkeit dieser Auflösungen, so wie der meisten folgenden wird in der rein theoretisch-elementarischen Ma¬ thematik streng erwiesen. VIIL Aufgabe. §. 66. Mit dem sogenannten Winkelhaken oder Winkelmaß, oder mit dem rechtwinkclichten Dreiecke eine senkrechte Linie zu errichten. I''ig. 37. Auflösung. 1. Man lege die Seite ca genau, an die gegebene Linie ot , so daß die Rechtwinkclspitze genau an den gegebe¬ nen Punct a anliege. 2. Hält man in dieser Lage das Instrument mit zwei Fin¬ gern fest, so kann man an der andern Seite eine. Li¬ nie ziehen, welche senkrecht feyn wird. Diese Auflösung ist nur praktisch richtig, wenn das .Instrument, d. i. der Winkelhaken richtig verfertiget ist, obschon es die Handwerksleute und Mechaniker selten in ei- 38 nem vollkommenen Zustande liefern. Man soll sich, wenn Genauigkeit in der Zeichnung erforderlich ist, dessen nicht, sondern in der Errichtung der senkrechten Linien der Auflö¬ sungen in Aufgaben V., VI., VII., bedienen, in allen Fäl¬ len wird die senkrechte Linie mit dem Lineal und Zirkel am richtigsten constcuirt. IX. Ausgabe. 67. Von einem außerhalb einer geraden Linie ab gegebenen Punct c eine senkrechte oder perpendiculare Linie zu fällen. I'ig. 38. Auslösung. 1. Man nehme auf der andern Seite von ab einen Punct beliebig, etwa in s an, und fasse die Weite ce mit dem Zirkel, und beschreibe damit als einen Halbmes¬ ser einen Bogen kg, dieser wird die gegebene Linie ab in den Puncten i und A schneiden. 2. Aus den Puncten 5 und g beschreibe man mit einem willkühclichen Halbmesser die Bö'gen in b. 2. Legt man endlich ein Lineal in c und b an, und zieht die cfl, so ist sie auf ab senkrecht. binc andere Art. Zg. 1. Aus einem Puncte b beschreibe man unter der Linie ab mit dem Halbmesser cb einen kleinen Bogen. 2. Aus einem willkührlich in ab angenommenen Puncte, etwa in ci beschreibe unterhalb ab mit dem Halbmesser ccl einen Bogen, dieser wird den ersten in oschneiden. 3. 'Wird an c und o ein Lineal angelegt, und die Linie ol gezogen, so steht sie auf ab senkrecht. 4. Daß man mit dem rechtwinkelichtcn Dreiecke und mit dem Winkelhaken senkrechte Linien fällen kann, ver¬ steht sich von selbst. Man lege eine Eathete des rech- 38 Acn Winkels an die gerade Linie, und schiebe sie so lange gegen den gegebenen Punct, bis die andere Ca- thete in denselben kommt, z. B. in c, und ziehe nach ihr die gerade Linie, so ist sie senkrecht. Man übe sich im Zeichnen und Aufreißen der senkrech¬ ten Linien oder der rechten Winkel, weil von selben im ge¬ meinen Leben häufiger Gebrauch gemacht wird. Die Zusam¬ mensetzung der Arbeiten des Schreiners oder Tischlers, des Zimmermannes, des Steinhaucrs, des Schlossers u. s. f. ist hauptsächlich darauf gegründet. X. Aufgabe. (Parallellinien zu ziehen.) §. 68. Diese Aufgabe kann auf viererlei Arten aufgelöset werden. s. Es ist eine gerade Linie ab gegeben, man soll durch den gegebenen Punct c eine mit ihr parallele ziehen. I?ig. no. 1. Man fälle von dem gegebenen Puncte c auf ab eine senkrechte Linie nach IX. Aufgabe. 2. Aus einem willkuhrlich angenommenen Puncte o er¬ richte man eine senkrechte ob nach der V. Aufgabe, und mache ol cck. 3. Man ziehe von c nach s eine gerade Linie und verlän¬ gere sie vor - und rückwärts, so wird gb parallel mit ab ftyn. b. Es sey der gegebene Punct c und sb die gegebene ge¬ rade Linie.' I'bg. 41. 1. Man ziehe von dem gegebenen Puncte c eine schiefe Linie c«i und beschreibe mit ccl aus «leinen Bogen c«. 2. Mit eben diesem Halbmesser beschreibe man aus einem in ab willkührlich angenommenen Puncte I einen un- begränzren Bogen gb. 3. Nehme man die Weite des Bogens ec und trage sie 40 aus Z nach k nach II. AufMbe, so daß der Boge» ZK — ec ist. 4. Man ziehe von li nach c eine gerade Linie Kc, fr istfle mit ab parallel. c. Es fey der gegebene Punct in c und ab die gegebene gerade Linie, k'ig. 42. 1. Zn den gegebenen Punct c setze man den Zirkel und öffne ihn bis c, so, daß wen» man mit dieser Oeff- nung einen Bogen beschreibt, derselbe die Linie ab. nur berühre. 2. Mit eben dieser Oeffnung beschreibe man aus einem willkührlichen Puncte k bis g einen Bogen. z. Man lege das Lineal an den gegebenen Punct c und an die äußerste Gränze des Bogens g genau an, so dann man eine Linie äb ziehen, welche mit ab parallel sepn wird. 6. Es liege der gegebene Punct, durch welchen eine pa¬ rallele Linie zu ab gezogen werden soll, in c. I?ig. 4Z. 1. Aus c ziehe man eine schiefe Linie cs, 2. Aus s beschreibe man mit dem Halbmesser sg den Bo¬ gen gb; mit eben diesen Halbmesser beschreibe man aus c einen Bogen ik. Den Bogen gb trage man aus Ic nach i, und ziehe durch c und i die gerade Linie cko, so ist sie mit der gegebenen Linie ab parallel. e. Eine parallele Linie mittelst eines Lineals und eines rechtwinkelichten Dreieckes zu ziehen. I'b'g. 44. ab sey die gegebene Linie, c der gegebene Punct, durch welchem eine parallele zu ab gezogen werden soll. 1. Man lege das hölzerne rechtwinkelichte Dreieck igk mit einer seiner Cathete klc an die gegebene Linie ab, und an die Hypothenufe ZK das Lineal cis. Man halte in der Nahe des Punctes c das Lineal mit einigen Fin¬ gern fest, und schiebe das Dreieck an dem Lineal hin¬ auf, biß solches mit der Cathete tk den Punct c in der 41 Lage k, Ir, Z erreicht, halte in dieser Lags das Drei- eck fest, und ziehe in der Richtung ü, L die gerade Li-, nie, so ist sie mit der ab parallel. ' XI. Aufgabe. §. 69. Eine gerade Linie in zwei gleicheTheilezu theilen, oder zu halbiren. I^ig. 45. 1. Mit einem willkührlichen Halbmesser, der aber doch größer ist, als die Hälfte der zu halbirenden Linie ab, beschreibe man aus den Endpuncten a und b sowohl über als unter der Linie ab Durchschnittsbögen in s und eine ge¬ rade Linie clb, und mit ihr aus den übrigen Thei- lungspuncten e, k, g,b die Parallcllinicn em , kl, glc, bi, welche die gegebene Linie ab in den Puncten m, I, lc, i schneiden, und in fünfgleiche Theile theilen. 43 XIII. Aufgabe. §.71. Eine Linie all in drei Theile zu theilen, daß der erste Theil noch einmal so groß sep, als der zweite, und der zweite Theil noch einmal so groß sey, als der dritte. Isig. 49. 1. Man ziehe aus a unter einem beliebigen Winkel die gerade Linie ue, und trage von a nach k ein beliebiges Stück a5. 2. Dieses Stück nehme man zweimal und trage solches aus schach a. 2. Nehme man die Weite 5s doppelt und trage sie von cr nach ck. 4. Man ziehe von ck nach b eine gerade Linje t><1, und mit ihr aus den Puncten a und 5 die Parallellinien eli und kg, welche die gegebene Linie ad in den Punc¬ ten tl und g schneiden, und in hen verlangten Ver¬ hältnissen theilen, §. 72. Man sieht, daß sich jede gerade Linie in beliebige ver¬ hältnismäßige oder gleiche Theile theilen läßt. Der Anfän¬ ger übe sich in der Theilung und im Parallelziehen der Li¬ nien, denn diese zwei Auflösungen: die Theilung und dec Parallelismus sind die fruchtbarsten, nicht nur in der theore¬ tischen sondern hauptsächlich in der practischen Meßkunst wer¬ den die meisten Bestimmungen mittelst der Parallellinien ge¬ macht. Aus dem Gesagten erhellet von selbst das Verfahren bei der Anlegung einer Allee, eines Weges, eines Gartens, wie die Reihen, oder die Seiten, die Leisten parallel ange¬ legt werden sollen. XIV. Aufgabe. 73. Einen verjüngten Maßstab zu zeichnen, ^ig. 50und5i. 41 Wenn man einen Maßstab, z. B. eine Klafter, einen Schuh u. s. s. womit man Linien auf dem Felde mißt, so klein zeichnet, daß man die Linien auf dem Papier, damit ausmessen kann, so nennt man einen solchen kleinen Ma߬ stab , einen verjüngten Maßstab. Die Eintheilung der Län¬ genmaße in Klafter, Schuh, Zoll u. s. f. ist bekannt, man hat daher verjüngte Klafter, verjüngte Schuh, verjüngte Zoll u. f. f. Siehe §. 18. 1. Auf eine gerade Linie ab, I^ig. 50, trage man eine beliebige Anzahl gleicher Theile oi, 12, 2 Z, Z» u. s. ft, und jeder dieser Theile bedeute eine Klaf¬ ter, so kann man damit eine jede Linie nach Klaftern ausmessen; bedeutet er einen Fuß, so kann man tnv, mit jede Linie nach Fußen angcben u. s. f. Lheilt man die 010 in zehn oder sechs Theile, so kann man Zehntel oder Sechstel von denj Klaftern, oder im zweiten Fal- , le von den Schuhen messen. Daß jede Eintheilung möglich sey, ist einleuchtend; so würde die Ein¬ theilung dec Klafter in sechs Theile verjüngte Fuße, des Fußes in zwölf Theile verjüngte Zolle geben». Es sey, kbg. 51, eine andere Vorrichtung zu einem verjüngten Maßsta.de, deren Gebrauch unten erkläret wird. XV. Au f g ab e.. (Winkel z» zeichnen.) S- 7't.. An einen gegebenen Punct a einer geraden Linie einen Winkel zu setzen, der einen gegebenen Winkel c gleich ist» r ig. 52. 1. Aus der Spitze des gegebenen Winkels c beschreibe man einen Bogen bi, mit einem willkührlichcn Halbmesser ei, mit eben diesem Halbmesser beschreibe man auch aus dem gegebenen Puncte u einen Bogen 8^- 2. Fasse man die Größe des Bogens bi, und trage sie aus g nach k auf den Bogen gx. 45 Z. Zieht man von a nach dem Puncte k eine gerade Linie ae, so ist der Winkel b-m — dem Winkel c. XVI. Aufgabe. §. 75. Einen gegebenen Winkel zu halbiren oder in zwei glei¬ che Theile zu theilen. Es sey der gegebene Winkel abc. I'ig. 53. 1. Mit einem beliebigen Halbmesser bä beschreibe man aus der Spitze b einen Bogen, der die Schenkel des Winkels in 6 und s schneide. 2. Äus den Puncten ä und e beschreibe man mit einem beliebigen Halbmesser 6k gleich c-k die Durchschnitts¬ dogen in k. 3. Verbinde den Scheitelpunct des Winkels durch eine gerade Linie mit k, so wird die Linie bk den Winkel abc in zwei gleiche Winkel x und theilen oder den Winkel abc halbiren. Einige auf die Kreislinie Bezug habende Aufgaben und Auflösungen. XVll. Aufgabe. §. 76. Durch drei gegebene Puncte a, b,ä, welche nicht in einer geraden Linie liegen, einen Kreis zu beschreiben. 54. 1. Man verbinde die drei Puncte durch die geraden Linien sb und bci. 2. Beide Linien halbire man nach der XI. Aufgabe in kund e, und errichte aus diesen Puncten senkrechte Linien kc und so, welche sich in u schneiden. 3. Beschreibe man aus dem Mittclpuncte cmit dem Halb¬ messer ck eine Kreislinie, so wird sie durch die Puncte »,b,ä gehen. 46 I'iß. 55. Es seyen die gegebenen Puncte a, b, <1. 1. Mit einerlei willkührlichen Halbmessern beschreibe man aus den Puncten a und b Kreislinien, die sich in t' und k schneiden; ebenso beschreibe man aus den Punc¬ ten b und cl Kreise, welche sich in g mnd 6 schneiden. 2. Durch die Puncte Ir und 5, wie auch Kunde ziehe man gerade Linien bk und go, diese werden sich in der Ver¬ längerung in einem Puncte a schneiden; oder man le¬ ge Lineale an b und k, an g und e, so bestimmen diese den Punct c. 2. Wenn man endlich aus dem Punct a mit dem Halb¬ messer ca, acl oder cb eine Kreislinie beschreibet, so geht sie durch die drei Puncte a, b, gezogen, man soll den Berührungspunkt o finden, kig. 59. 1. Von dem Puncte K der Tangente nl> ziehe man zu dem Mittelpunkte der Kreislinie c eine gerade Linie Kc- halbire sie in ci. 2. Man beschreibe aus dem Mittelpunkte 6 mit dem Halb- Messer eia einen Kreisbogen, welcher die gegebene Kreis¬ linie in dem Berührungspunkte 6 schneidet. Von der Berührung der Kreislinien. §. 82. Man sagt , zwei Kreislinien berühren sich, wenn sie so zusammentreffen, daß sie nur einen einzigen Punkt gemein¬ schaftlich haben. XXIII. Aufgabe. (I'ix. u>.) §. 82. Es ist die Kreislinie s, in derselben der Punkt , und beschreibe aus a und b mit dem Halb¬ messer ob Durchschnittsbögen in c. 3. Ziehe man die geraden Linien ca, cb und mit dem Halbmesser cä um den Mittelpunkt c eine Kreislinie k, so sind die Kreislinien K, i, k einander gleich,und berühren einander in den Punkten 6, «, b. Sind die Halbmesser der drei zu beschreibenden Kreisli¬ nien ungleich, und die Kreislinien sollten sich in den Punk¬ ten!, m, »berühren. I'ig. 63. 1. Man ziehe eine unbcgränzte Linie 6Z , und mache die Linie äe den Linien a -s- b zusammen genommen , und 6b^ b -s- c. 4 50 2. Man beschreibe mit den Halbmessern a und K zwei Kreislinien, die sich in n berühren. Z, Beschreibe man mit 6e aus ii einen kleinen Bogen in k, eben so beschreibe man aus i mit 6k einen kleinen Bogen, welcher den ersten in le schneiden wird, und ziehe noch die geraden Linien kii und ki. 4. Beschreibe man endlich mit km oder KI um k eine Kreis¬ linie, so wird sie die zwei andern in den Puncten I ynd m berühren, folglich berühren alle drei Kreislinien einander. Einige Aufgaben, die einfachsten Schnecken- oder Spi¬ ral-Linien zu beschreiben. XXV. Aufgabe. 85. Eine Schnecken-Linie zu zeicknen. I'ig. 64. 1. Man ziehe eine gerade Linie in, zu beiden Seiten un- bcgränzt. 2. Aus dieser Linie nehme man sk> willkührlich, und be¬ schreibe damit als Halbmesser aus a die halbe Kreis¬ linie LaLr. 5. Nehme man t>A als Halbmesser, und beschreibe aus i, die halbe Kreislinie g0c. 4. Mit dem Halbmesser ne beschreibe man aus n die halbe Kreislinie c66, und aus b mit t»6 die halbe Kreis¬ linie u. s. w., alsdann hat man eine Schnecken- Linie mit lauter halben Kreislinien gezeichnet, deren Mittelpuncte a und b sind. I'iZ. 65, erkläret eine andere Art, eine Schnecken-Li¬ nie zu beschreiben. 1. Man ziehe eine unbegranzte gerade Linie ckk, und be¬ schreibe aus einem Puncte mit einem beliebigen Halbmesser ak> eine Kreislinie avdL. 5L 2. Den Durchmesser dieser Kreislinie theilc man in vier gleiche Theile aL, ^6, Cd. 3. Aus dem Mittelpuncte ü beschreibe man mit Vb die halbe Kreislinie big; aus 6 mit dem Halbmesser <üg die halbe Kreislinie g6c; aus s mit dem Halbmesser sc die Kreislinie c8ä, und endlich aus dem Puncte b mit dem Halbmesser bä das Stück Kreislinie äle, so ist die Schnecken-Linie fertig- 4. Will man dieSchnecken-Linie größer und mit mehreren Wendungen machen, so theile man den Durchmesser ab des Auges in mehrere z. B. in 6, 8, 10 Theile. 5. Eine mehr verwickelte Schnecken-Linie, siehe Anleitung zur bürgerlichen Baukunst für die deutschen Schulen in den k. k. österr. Staaten, Seite 149. Illg. 70 und 71. Bondenclipsförmigen krummen Linien, oval- oder eyförmigen Linien und Elipsen. XXVI. Aufgabe. 86. Eine elipsförmige Linie aus lauter Bögen einer Kreis¬ linie zusammen zu setzen, und auf eine gegebene ab zu be¬ schreiben. Illg. 66. 1. Man theile die gegebene gerade Linie in drei gleiche Theile, und beschreibe aus den Theilungspunctcn ä und c die Kreislinien skgceis und bigä^kb mit den Halbmessern cb oder sä, welche sich in den Puncten 8 und s schneiden werden. 2. Aus den Durchschnittspuncten s und g ziehe man durch die Mittelpuncte ä und c: die geraden Linien sk, ek, 8', K. 3. Beschreibe man aus s mit dem Halbmesser ok den Bo¬ gen kb, und aus g mit dem Halbmesser gi den Bogen ilc, so ist die verlangte elipsförmige Linie beschrieben» 4* 52 67, z^gt eine andere Art, eine elipsföcmige Linie zu beschreiben. 1. Auf einer unbegränzten Linie ab beschreibe man um den Punct c eine Kreisliniemitcinem beliebigenHalb- messer ccl. 2. Mit eben diesen Halbmessern beschreibe man aus den Puncten cl und e zwei Kreislinien. Z. Aus dem Puncte c errichte man eine senkrechte Linie, welche die mittlere Kreislinie in den Puncten g und s schneidet. u. Aus den Puncten g und k ziehe man durch die Mit¬ telpunkte , i, k, I, vereinigen, Und zusammen eine elipsförmige Linie sormiren. §. 87. Diese zwei Arten krummer Linien sind bei den Hand¬ werksleuten die gewöhnlichsten, sind aber keine wirklichen Elipsen, deswegen mögen sie zum Unterschiede der Elipse elipsförmige Linien genannt werden. XXVII. Aufgabe. §. 88. Auf eine gegebene Linie eine Elipse zu schreiben. I'ig. 68. L. Man mache acl n kc, und schlage in die Puncte cl und a zwei kleine Nadeln ein. 2. Nehme man einen Faden-, welcher so lang als die ge¬ gebene Linie sb> ist, und befestige seine Enden an die Nadeln cl und c. 2. Nehme man einen Bleistift K, und bringe ihn inner¬ halb des Fadens, und spanne ihn mit dem Faden et- 53 was stark cin; fährt man mit dem Bleistift also nm den Faden herum, so bekömmt man cine Elipse. §. 89. Wird die gegebene Linie ab in e hälbirt, so ist der Punkt e Ver Mittelpunkt der Elipse. Die Linie ob wird die große Achse, und die durch den Mittelpunkt der Elipse zur großen Achse senkrechte tg die kleine Achse der Elipse genannt. Die Punkte cl und c, welche gleich weit vom Mittelpunkte e abstehen, heißen die Brennpunkte der Elipse. XXVIH. Aufgabe. §. 90. Eine epförmige oder Ovallinie zu beschreiben. 69; 1. Mit einem beliebigen Halbmesser cd, beschreibe man um den Mittelpunkt c eine Kreislinie aebti, und durch ihren Mittelpunkt c ziehe man die e4 nach O und ziehe von 6 nach L eine unbegränzte Linie ckl, mache ril' gleich der gegebenen b, und ziehe die le, so ist das verlangte Dreieck ckto verzeichnet. 56 XXXIII. Aufgabe.' §. 97. Aus einer gegebenen Seite a und zwei gegebenen Win¬ keln s und 5 ein Dreieck zu zeichnen, ifig. 74. 1. Man mache bc gleich der gegebenen geraden Linie a, und beschreibe mit beliebigem Halbmesser aus den Schci- telpuncten der Winkel 6 und k die Bögen ^8, 6V , und mit eben diesem Halbmesser aus den Puncten 8 und c die Bögen LL und Olk. 2. Trage die Länge des Bogens ^8 und LI?, und die Länge des Bogens 61) nach OH, mache LI? gleich ^8, und Oll gleich LV. z. Ziehe man von b nach dem Puncte L und von c nach dem Puncte ll gerade Linien, verlängere selbe, bis sie zusammen treffen, oder sich in 6 schneiden, so er¬ hält man das verlangte Dreieck bcic. XXXIV. Aufgabe, §. 98. Aus zwei gegebenen Seiten einrechtwinkelichtes Dreieck zu verzeichnen. Lig. 75. Es seyen gegeben die Seiten.a und b. 1. Man mache cck gleich a und errichte in c eine senkrechte Linie auf die gerade ccl, mache co gleich der gegebenen Linie b, und ziehe die gerade Linie «io, so iss c«io ein rechtwinkelichtcs Dreieck. Von der Verzeichnung der regelmäßigen vierseitigen Fi« guren oder der Parallelogramm XXXV. Aufgabe. 99. Auf eine gegebene Seite ein Quadrat zu verzeichnen. Lig. 76. 57 Die gegebene gerade Linie oder Seite sey ab. 1. Man errichte aus a und b senkrechte Linien, mache ac und bei — ab, und ziehe von c nach 6 eine gerade Linie, so ist abcck ein Quadrat. XXXVI. Aufgabe. §. 100. Aus zwei gegebenen Seiten u und I) ein verlängertes Rechteck zu zeichnen. IH. 77. 1. Man mache die gerade Linie cck gleich der gegebenen b, und errichte aus c und 6 senkrechte Linien cf und cki'. 2. Mache man cko und ck gleich der gegebenen a, und ziehe von 5 nach c die gerade Linie le, so ist das Rechteck gezeichnet. XXXVII. Aufgabe. 101. Aus der gegebenen Linie a und dem gegebenen spitzigen Winkel b eine Raute oder Rhombus zu zeichnen. I?iz. 78. 1. Man mache cck gleich a, und den Winkel c gleich dem gegebenen Winkel b. 2. Aus dem Puncte c ziehe man durch den Punct ck eine gerade Linie, und w.it ihr aus ck die gerade cke parallel. S. Macht man endlich kc und ckc gleich der gegebenen Li¬ nie a, und zieht von f nach s eine gerade Linie, so ist cckok oder co ein Rhombus oder eine Raute.' > ' XXXVIII. Aufgabe. 102. Aus zwei gegebenen. Seiten und einem schiefen Winkel ein Rhomboides zu zeichnen. I'b'g. 79. Es seyen gegeben a und b und der Winkel c. I. Man mache die Linie cke gleich der Linie a, und an 58 o sehe man einen Winkel, der dem gegebenen Winkel c gleich ist. 2. Ziehe man von o nach v eine gerade Linie ek, nnd aus , c, und einem schiefen Winkel 6 ein parallel Trapez zu verzeichnen. I'ig. 80. 1. Man mache die gerade Linie ek gleich dec gegebenen geraden a, und setze an a einen Winkel, welcher dem gegebenen Winkel 6 gleich ist. 2. Die Linie ob, welche man von e durch den Punct a gezogen hat, mache man gleich der gegebenen geraden Linie k. 2. Ziehe man durch den Punct k, nach X. Aufgabe mit oll die parallele gerade kg, die man gleich dec Linie c machet, so wird die eigli ein parallel Trapez, wenn man noch die Puncte g und k verbindet. xxxx. Aufgabe. §. 10«. Aus vier gegebenen Seiten a, b, c, ci, wovon immer drei zusammen genommen, größer sind, als die vierte, nebst einerngegebcnenWinkeli ein Trapezium zu zeichnen. I''ig. 81. 1. Man mache oi — u, und setze an u de» gegebenen Winkel i. 59 2. Man ziehe durch n die Linie ok, und mache sie gleich der Linie i>. 3. Aus den Punkten K und k beschreibe man mit der Li¬ nie c und ck die kleinen Durchschnittsbögen in g. a. Zieht man die-Linie I>g und sg, so hat man aus den gegebenen Stücken das verlangte Trapezium. Von dem Verzeichnen der Vielecke oder Po-, r y g o n e. XXX XI. Aufgabe. §>. r o.5.,. Aus der gegebenen Seite r» ein reguläres Fünfeck zu verzeichnen, isiig. 82. 1. Man ziehe eine unbegrenzte gerade Linie Kr, und ma¬ che darauf!zo gleich der gegebenen geraden Linie u, errichte aus o ein unbegranztes Perpendikel ci, und mache ck — bc. 2. Man theile die gerade Linie bo in zwei gleiche Theile in Ic, und beschreibe mit dem Halbmesser Ick den Bo¬ gen Kg, welcher die Linie br in g schneiden wird. 5. Mit dem Halbmesser kg beschreibe man aus den Punk¬ ten k und c kleine Durchschnittsbögen in o. 4. Mit der gegebenen Linie o beschreibe man aus den Puncten b und o und aus dem Puncte o die Durch¬ schnittsbögen in k und ck. 5. Verbindet man die Puncte b, 5, e, ck, c und k mit den geraden Linien Ks, so, ock, ckc, ob, so ist die Figur ein regelmäßiges Fünfeck. XXXXII. Aufgabe. §. 106. Mit der gegebenen geraden n ein regelmäßiges Sechseck zu beschreiben, kig. 85. 60 1. Mit der gegebenen Linie u beschreibe man um einen willkührlich angenommenen Punct c eine Kreislinie, und trage die gerade in derselben sechsmal herum, so ergeben sich die Puncte b, 6, s, s, z, ii. 2. Verbindet man diese Puncte mit geraden Linien b>6 , 6a, eb, sz, gli, klr, so hat man ein regelmäßiges Sechseck. XXXXIII. Aufgabe. §. 107. Ein regelmäßiges Siebeneck auf eine gegebene Seite s zu beschreiben. I?ig. 84. 1. Man setze auf eine gerade Linie b>c, die etwas größer als die gegebene u ist, ein gleichseitiges Dreieck bis, und aus der Spitze i fälle man das Perpendikel oder die senkrechte kb, auf welches man die gegebene Linie s aus si nach g trägt. 2. Durch den Punct g ziehe man mit da eine Parallel¬ linie cis. Z. Mit cis beschreibe eine Kreislinie aus einem Mittel- puncte c, so wird sich die gegebene Linie a in dersel¬ ben siebenmal Herumtragen lassen. Zieht man endlich die gefundenen Puncte Ic, I, m , n , r, durch gerade Linien zusammen, so ist das Siebeneck gezeichnet. XXXXIV. Aufgabe. §. 108. Ein regelmäßiges Achteck auf eine gegebene Linie ab zu beschreiben. kig.<85. 1. Man halbire ab in 0, und errichte aus ci eine unbc- gränzte senkrechte 6m. f 2. Die Hälfte von der Linie ab, ast trage man aus 6 61 nach e, und nehme die cd, trage sie aus s nach c, und beschreibe»!» c als den MittelpunctmitdemHalb- messer cd eine Kreislinie, so wird sich die gegebene Linie ad in demselben achtmal herum tragen lassen, und die Puncte d, i, g, d, k, st, I, a bestimmen. 2. Verbindet man diese Puncte durch gerade Linien, so ist das verlangte Rechteck fertig. xxxxv. Aufgabe. §. 109. Auf eine gegebene gerade Linie'ad ein regelmäßiges Neuneck zu beschreiben, k'ig. 86. 1. Man setze auf die gegebene gerade ad ein gleichseitiges Dreieck nach der XXIX. Aufgabe. 2. Man theile die Linie ad bei u in zwei gleiche Theile, und errichte aus n ein unbegränztes Perpendikel ud, welches durch den Punct ci gehen muß. 2. Trage man an aus 6 nach c, und beschreibe mit dem Halbmesser cd um c eine Kreislinie, in welcher sich alsdann die Linie ad wird neunmal herumtragcn las¬ sen. Die gefundenen Puncte d, c, I, g, d, i, st, I, a, mit geraden Linien verbunden, geben das ver¬ langte Neuneck. XXXXVI. Aufgabe. uv. Auf eine gegebene Linie ad ein regelmäßiges Zehneckzu beschreiben. I'ig. 87. 1. Man verlängere ad unbegränzt nach I, und halbste ad in p ; auch trage man ad auf die in d senkrechte gera¬ de dr von K nach ci, und beschreibe aus x> mit der Weite clp einen Bogen, welcher die verlängerte ai ino schneiden wird. 62 2. Beschreibe man mit aa aus n und 6 Bögen, so ergibt sich der Punct c, und wenn man um diesen Punct c mit dem Halbmesser ca eine Kreislinie beschreibt, so laßt sich die gegebene Linie ab zehnmal in derselben hcrumtragen. Z. Verbindet man endlich die Puncte b, i, Ic, l- m, n, o , a mit geraden Linien, so ist das verlang¬ te Zehneck gezeichnet. xxxxvif. Aufgabe. Zn ein gegebenes Dreieck eine Kreislinie zu beschreiben, das heißt, so zu zeichnen, daß die Seiten des gegebenen Dreieckes Berührungslinien der zü beschreibenden Kreislinie sind. Es scy das gegebene Dreieck abä. 88. 1. Man halbire die Winkel bei b und c durch die Linien bcl, ccl, die sich in Puncte cl schneiden. 2. Aus dem Puncte ü fälle aufl>c einesenkrechte Linieüo. S. Mit cka beschreibe man um ü eine Kreislinie, so wird sie jede Seite des Dreieckes berühren. XXXXVIII. Aufgabe. In ein gegebenes Quadrat eineKreislini'ezubeschrcibcn. r'is. 89. 1. Man halbire sc! in e, und ba in k, und ziehe aus 6 mit ab, und aus s mit ack die Linie e!i und kle parallel, sie werden sich in g schneiden. 2. Beschreibt man mit dem Halbmesser ge um g eine Kreis¬ linie, so wird sie die Seiten des Quadrats berühren. XXXXIX. Aufgabe. 11Z. Zu zwei gegebenen Linien die mittlere geometrische Pro¬ portionale zu finden. I'ig. 90. 63 Es seycn die gegebenen Linien u und b. 1. Man ziehe eine gerade Linie cli unbcgranzt, und trage aus a nach ei die gerade Linie a, so daß cci — a, und eio mache man gleich t> der andern Linie. 2. Aus dem Puncte ei errichte eine senkrechte t halbire die ganze cu in s, und beschreibe mit dem Halbmesser ia die halbe Kreislinie cgo, so wird die senkrechte in g geschnitten, und eZz die verlangte proportionale Linie schm. Es wird sich nämkich verhalten a: cig elg: b. xxxxx. Aufgabe. §. 114. Zu drei gegebenen Linien s, b, o die vierte geometri¬ sche proportionale Linie zu finden, 91. 1. Man ziehe unter einem beliebigen Winkel zwei unbe- gränzte Linien ch sorgfältig in diesen Angaben. Man zeichne sich Quadrate, in denen man die zwei anliegenden Seiten in 6 und 12 glc iche Theile theilt, ausdenTheilungspunctenziehe man zu den getheilten Seiten parallele Linien, so erhält man die Z< chlen 36, 144 u. s. f. 5* 68 119. In jeder Figur oder Flache nimmt man zwei Langcn- äusdehnungen gewahr,^die eine nennt man ausschließlich die Länge, und gewöhnlich die größere, die andere di« Breite, die kleinere. In der Berechnung der Flächen bedient man sich gewöhnlich statt der Länge des Ausdruckes: Grundlinie, statt der Breite des Ausdruckes: Höhe. Als Grundlinie kann jede Seite der Figur angenommen werden, von deren Lage dann die Bestimmung der Höhe abhängt. So ist 16 in dem Dreiecke asicdie senkrechte aus dem Scheitelpunkte s auf die Seite sic die Höhe oder Breite des Dreieckes, und sic die Länge oder die Grundlinie. In einem Dreieck ist also die Höhe eine senkrechte, welche von einem Scheitelpunkte eines Winkels auf die, und bis zu der diesem Winkel gegenüber liegenden Seite (Gr undlinie) gezogen wird. So sind lüg. 17 und 18 sick und sei die Hö¬ hen der Dreiecke, die Seite sc und die verlängerite sic die Grundlinien der Dreiecke. In dem rechtwinkclichteu Dreiecke H'iz. 19, ist ssi die Höhe, wenn man die Cathete sic als Grundlinie annimmt. Eine kleine Uebung in der Ziehung der Höhen in den gezeichneten Dreiecken nach willkührlich zu Grundlinien an¬ genommenen Seiten wird über die Ausdrücke von Höhe und Grundlinie lichte Begriffe verbreiten, die sich jeder Anfänger, wenn er die Berechnung der Flächen leicht verstehen will, eigen machen soll. Eben solche Uebungen stelle ein jederAn- fängcr mit den vierseitigen Figuren an: es wird Jedermann leicht einseheN, daß in einem Quadrare die Grundlinie und Höhe gleich sind, daß itt einem länglichten Rektangel oder rechtwinkclichten Vierecke die Länge die Grundlinie, und die Breite die Höhe seyn müsse« So ist k'iz. 20, die Grund¬ linie ast — der Höhe an; I?jg. 21, cä die Grundlinie und sc die Höhe. In den schiefwinkelichtcn Vierecken bestimmt die senkrechte, welche zwischen zwei parallelen Seiten liegt, 69 die Höhe, wenn cme von den parallelen Seiten als Grund¬ linie angenommen wird, uo I^ig. 21 und 23 zeigt die Höhe der da gezeichneten Parallelograme. Zeichne mehrere ähnliche Parallelograme. §. 120. Jeder wird leicht einsehen, daß das schiefwinkelichte Pa- rallelogram,-»cclb li'ig. 22 oder 23, dem rechtwinkelichten seit, dem Flächeninhalte nach, gleich seyn müsse, denn dis Congruenz oder Deckungsgleichheit der Dreiecke -rca und bät' springt von selbst in die Augen. Man kann die nämliche Verwandlung mit jedem ähnlichen schiefwinkelichten Dreiecke vornehmen. §. 121. Eben so wird sich Jedermann leicht überzeugen, daß je¬ des Parallelogram durch die Diagonale in zwei sich gänzlich deckende oder kongruente Dreiecke getheilt, zerlegt oder ge¬ schnitten wird. Zur besseren Einsicht mache man sich Pa¬ rallelograme von Papier, Holz oder andern leicht trennba¬ ren Materien, so wird man nach der gezogenen Diagonal- linie immer zwei kongruente Dreiecke erhalten. Wer steht nicht, daß in der 20sten Figur das Dreieck.aast mit dem Drei¬ ecke akck, in der 22sten Figur das Dreieck scb mit dem Dreiecke acck kongruent ist. Eine vielfältige Uebung in die¬ ser Betrachtung wird nicht nur vergnügen, sondern sehr viel nützen. 122, Zu jedem Dreiecke läßt sich durch die Zeichnung ein Dreieck anbringen, welches mit dem vorigen zusammen ge¬ nommen, entweder ein recht- oder ein schiefwinkelichtesPa¬ rallelogram bildet. So geben k'iz. IS, die zu t>a parallele sei, und die zu ab parallele, cd mit dem vorigen Dreiecke 70 abc und dem neuen acck ein rcchtwinkelichteS, und kiß. 16 «in schicfwinkelichtcs Parallelogram« Es läßt sich demnach jedes Dreiecks-ansehen, als wenn es die Hälfte eines recht- oder schiefwinkelichten Parallel-- grams wäre. Jede vielseitige Figur laßt sich durch Ziehung der Diagonallinien in Dreiecke zerfallen, und man wird gleich nach einem zweiten oder dritten Versuche finden, daß man immer um zwei Dreiecke weniger erhalte, als das Vieleck Seiten hat. Siehe die kiz. 26, 27, 28. Nimmt man aber innerhalb des Vieleckes einen beliebigen oder einen be¬ stimmten Punct an, und zieht von diesen zu den Scheitel¬ punkten des Vieleckes gerade Linien, so zerfällt das Vieleck in so viele Dreiecke, als das Vieleck Seiten hat, und zwar rin regelmäßiges Vieleck, von dessen Mittelpunkte zu den Scheitelpunkten gerade Linien gezogen werden, in eben so viele gleiche und kongruente Dreiecke. Zur Uebung können die I?ig. 82 bis 87 dienen, de¬ nen man sich die besagten geraden Linien von den Mittel¬ punkten gezogen, denkt, oder wirklich zieht. §. 12Z. Hat man sich in dem, was in den letzten Paragraphen gesagt worden ist, fleißig geübet, so ist man in Stand ge¬ setzt, folgende Aufgaben-shne Beschwerlichkeit zu lösen. Ehe man zur wirklichen Berechnung schreitet, wird es sehr nützlich seyn, mit einigen wirklichen Abmessungen sich zu beschäftigen,' dazu gibt es in jedem Zimmer Gegenstände genug. Man messe z. B. die Länge und Breite eines Ti¬ sches, einer Tafel, einer Bank, des Bodens oder anderer regelmäßiger vierseitigen Figuren mit einem zwölf- oder zehntheiligen Maßstabe, schreibe diese gefundenen Längen in Klaftern, Schuh, Zoll u. s. w. auf, denke sich nach der Länge, Streifen oder Riemen, weiche einen Zoll, Schuh 71 oder Klafter breit sind, so wird Jedermann, der in das im 118. §. Gesagte sich eingeübet hat, auf den Wink finden, daß diese Streifen so viele Quadratklaftern, Schuh, Zoll n. s. w. dem Flächeninhalte nach in sich fassen, als die Län¬ ge des Streifens oder Riemens Klafter, Schuh und Zolle enthält. Wohlgemerkt, die Länge sey in Zollen gegeben, so müßte auch die Breite eines solchen Riemens einen Zoll be¬ tragen; die Länge sey in Schuhen gemessen, so müßte die Breite ebenfalls einen Schuh betragen, u. s. w. Ist die An¬ zahl der Quadratklaftern, Quadratschuhe , Quadratzolle ei¬ nes solchen Streifens gefunden, so braucht man nur zu un¬ tersuchen, wie viele solche Streifen sich in der Breite des Tisches, der Tafel u. s. f. finden oder annchmen lassen, so gibt eine einfache Multiplikation der Anzahl der in dem er¬ sten Streifen gefundenen Quadrgtklastern, Quadratschuhe, Quadratzolle mit der Anzahl der gefundenen oder angenom¬ menen Streifen oder Riemen das Product, welches die Zahl der gestimmten Quadratklaftern, Quadratschuhe , Quadrat¬ zolle enthält. Zieht man überdieß noch in der Tafel oder auf dem Tische durch die Theilungsppncte derKlastern , Schuhe, Zolle, parallele Linien zu der Länge ünd Breite dieser Ge¬ genstände, so erhält man den erfreulichen Anblick der ge¬ stammten Quadrate, die abgezählet werden. Nach dieser Uebung und Betrachtung wird sich von selbst die Regel zur Lösung der ersten Aufgabe ergeben. I, Aufgabe. Ten Flächeninhalt eines rechtivinkelichten Parallelo- zrams zu berechnen. a. Man messe im wirklichen oder verjüngten Maßstabe die Grundlinie und die Höhe des Parallelograms. K. Schreibe diese in Zahlen an, und bringe sie auf einer¬ lei Benennung. 72 c. Multiplicire diese Zahlen mit einander, so ergibt sich aus dem Producte die Anzahl der Quadratklaftern, Quadratschuhe, Quadratzolle. Z. Bringe ine Quadratzolle auf Quadratfchuhe, die Qua¬ dratschuhe gufQuadratklaftcrn nach §. 118. e, ^s fey kiZ. 21, die Grundlinie des Rechteckes im verjüngten Maßstabe — 8", und die Höhe ae in eben diesem Maße — 3", so erhält man zumFläch'eninhal- t,e 24LI°. Man mache drei gleiche Theile in der Höhe und ziehe durch die Theilungspuncte parallele Linien zu der Grundlinie, und eben so aus acht Theilungs- puncten der Grundlinie parallele Linien zu der Höhe, so ergeben sich 24 sichtbare Quadrate. Bei dergleichen kfeburigen verweilt man niemals zu lange, weil es hier vorzüglich darum zu thun ist, um einen richtigen Begriff von dem Flächenmaße zu erwecken, woran sich so leicht ein Anfänger täuscht. Man kann sich hier zugleich überzeugen, wie weit das Verhältniß der Fla¬ chen von dem einfachen Verhältnisse der bloßen Län¬ genausdehnung abweicht. Zu diesem Behufs zeichne man mehrere Quadrate von der Seite 1, 2, 3, 4, 5 u. s. f. Klafter, Schuh oder Zoll nach verjüngtem Maßstabe, an die Tafel oder auf ein Papier, und vergleiche sie zu einander, so wird man das sogenannte Flächen- oder quadratische Verhältniß sichtlich in den Zahlen 1, 4, 9, 16, 25 u. f. f, darstellen. Auch bei dieser Betrachtung wird man nicht zu lange verweilen,' sie fordert von jedem Anfänger viel Fleiß um desto mehr, wenn er noch in den Knabenjahren, ungewohnt an abstracte Vorstellungen das Flächenmaß zu lernen ange- baltsn wird; auch hängt von der eben berührten Bercchnungs- weise die Auflösung aller folgenden Aufgaben ab. 73 II. Aufgabe. 12§. Den Flächeninhalt eines schiefwinkelichten Parallelo- grams zu berechnen. Es ist oben §. 120 gesagt worden, daß sich fstrj? des schief winkxlichte Parallelogram ein rcchtwinkelichtes von gleichen Flächenmaße finden läßt,' man suche dieses, und berechne es, so wie in der I. Aufgabe gezeigt worden, so hat man den Flächeninhalt des schiefwinkelichten Parallelogranzs, dessen Grundlinie und Hohe der Grundlinie und Höhe des recht¬ winkelichten gleich ist, Auch ist die Wahrheit einleuchtend, daß Parallelogcame, welche gleiche Grundlinien und Höhen haben, dem Flächeninhalte nach einander ganz gleich feyn müssen, denn gleiche Factoren geben immer gleiche Produkte. IU. Aufgabe. §. 125. Den Flächeninhalt eines Dreieckes zu berechnen, wenn dessen Grundlinie und Höhe gegeben oder gemessen ist. s, Man betrachte das Dreieck als die Hälfte eines Pa- rallelograms, mit welchem es eine gleiche Grundlinie und eine gleiche Höhe hat. k>. Berechne das Parallelogram. c. Nehme die Hälfte des berechneten Flächeninhaltes, so hat man den Flächeninhalt des Dreieckes. Ist z. B. der Flächeninhalt des Dreieckes sbc I'iA. 16, dessen Grundlinie kc und dessen Höhe sä ist, zu berechnen, so berechne man den Flächeninhalt des Parallelograms sdcä, indem man die Grundlinie kn mit der Höhe sä multiplici- ret, oder bc X sä, davon die Hälfte ko Xsä gibt den 2 Flächeninhalt des Dreieckes skc. Nachdem es aber bekannt ist, daß man immer das närm 74 liehe Product erhält, wenn man das Product zweier Facto- rezr durch die Zahl zwei theilt, oder wenn man mit der Hälfte des einen Factors den andern multiplicirt, so ergeben sich für die Berechnung des Flächeninhaltes eines Dreieckes nach¬ folgende drei Regeln, deren Grund aus dem eben Erwähn¬ ten cinleuchtet. Man erhält den Flächeninhalt eines Dreieckes, wenn man die Grundlinie desselben mit der Hohe multipliciret, und das halbe Product nimmt; oder wenn man die halbe Grundlinie mit der Höhe, oder die halbe Höhe mit der Grundlinie multipliciret, z. B. Es sey che Grundlinie eines Dreieckes 24°, die Höhe desselben 8°, so gibt 24 X 8 — 12 X 8 — 24 X 4 " 96sZ°, lies: 96Quadratklafter. Es versteht sich von selbst, daß man sich hierüber nicht bald zu viel grübet hat, und auch von Dreiecken gelte das, was vdn Parallelogramm gesggt worden ist: Dreiecke, wel¬ che gleiche Höhen und Grundlinien haben, müssen auch glei¬ che Flächeninhalte enthalten. 126. Den Flächeninhalt eines Vieleckes zu berechnen. s. Man theile das gegebene Vieleck in Dreiecke. b. Suche von jedem Dreieck die Grundlinie und dieHöhe. c. Berechne den Flächeninhalt jedes Dreieckes insbesonde¬ re nach §. 125. ck. Zähle alle diese gefundenen Dreiecksflächen zusammen, so gibt die Gumme den Flächeninhalt des Polygons oder Vieleckes. Ist das Vieleck regelmäßig, so betrachte man dasselbe, zerlege es durch vom Mittelpunkte der um das Vieleck be¬ schriebenen Kreislinie zu den Scheitelpunkten gezogene gerade Linien in congruente Dreiecke, trage diese in Gedanken oder in der Thal an eine gerade Linie so auf, daß die Seiten des 75 Vieleckes zugleich Seiten der Dreiecke an dieser geraden Linie zu liegen kommen, und dem ganzen Umfange des Vieleckes gleich sind. Errichte man dann so viele gleichschenkelichte Dreiecke, als das Vieleck Seiten hat, an der gegebenen ge¬ raden Linie, zieht durch die Scheitclpuncte dieser Dreiecke eine zu der gegebenen geraden Parallele, so ergibt-sich ein Flächenraum, der dem doppelten Flachenraume des Vieleckes gleich ist; zieht man in einem dieser Dreiecke die Höhe, so ist sie zugleich die Höhe des Vieleckes, Man wird also den Flächeninhalt eines regelmäßigen Polygons kürzer finden, wenn man den Umfang desselben als die Grundlinie eines Dreieckes, und die Höhe desselben als die Höhe dieses näm¬ lichen Dreieckes ansieht, und das Dreieck berechnet. Daher gelten zur Berechnung eines regelmäßigen Polygons folgen¬ de Regeln: s. Man suche den Umfang des gegebenen regelmäßigen Polygons. b. Man suche die Höhe desselben, wenn man von dessen Mittelpunkte auf eine Seite desselben eine senkrechte zieht. c. Man multiplicire den Umfang mit der Höhe, und neh¬ me das halbe Product, oder man multiplicire den halben Umfang mit der Höhe, oder die halbe Höhe mit dem Umfange, so erhält man den Flächeninhalt des gegebenen Polygons. Zur Uebung nehme die Polygone, ibig. 85 und !?!§. 86, wo die Seilen und die Höhen oä und cn sichtbar sind, und siche über das Gesagte die I'ig. 92 und 95. In der 92. I'ig. erblickt man ein regelmäßiges Sechseck, welches vom Mittelpunkte aus in sechs gleiche congruente Dreiecke getheift erscheint, die auf die gerade ab übertragen, die Hälfte des Parallelograms acckb gebenin 95 sind die Dreiecks aob, bco, ock, icA u. s. f. einander gleich, weil sie eins gleiche Grundlinie und die nämliche Höhe ca haben, also 76 das Dreieck aab gleich der Summe aller Dreiecke, folglich auch dem Flächeninhalte des Vieleckes. Die oft erwähnte Aufmunterung zur schriftlichen und zeichnerischen UebuNg ist auch hier nicht am unrechten §rte. §. 127. Den Flächeninhalt eines Kreises zu berechnen, dessen Durchmesser gegeben ist. Denkt man sich eine Kreislinie als den Umfang eines Vieleckes von sehr vielen, sehr kleinen Seiten, so erhellen für die Kreisfläche folgende Berechnungsregeln. a. Man suche die Peripherie des gegebenen Kreises nach dem bekannten Vcrhältniß des Durchmessers zur Pe¬ ripherie, wie 7 : 22, oder 1 : 3,14, oder 100:314, §. 27. b. Betrachte die gefundene Peripherie als die Grundlinie eines Dreieckes. c. Den Halbmesser des Kreises nehme man als die Höhe dieses Dreieckes an. -I. Berechne mit diesen Elementen ein Dreieck, so hat man den Flächeninhalt des Kreises. Siche hierüber den Z. 125, 126, kig. 92, 93 und 9a, wo UL der Halbmesser, ab die dem Umfange des Kreises gleiche Grundlinie des der Kreisfläche gleichen Dreieckes sbo ist. Es sey 8" der Durchmesser eines Kreises, so ist 2, 14 X 8 — 25, 12 die Peripherie des Kreisest 25, 12 X 2 50, 24^j" der Flächeninhalt der Kreisfläche, deren Durchmesser 8" beträgt. Der sich diese Berechnungsmethoden eigen gemacht hat, wird ohne Anstand jede Fläche berechnen können; aus diesen Berechnungen leitet man auch sehr leicht die Berechnung der Oberflächen der in der Stereometrie vorzutragendcn Körper. 77 Dritter Thrik^ Die Stereometrie. B c g r i ffc » v'n K ö rp e r n ü ckd ihrer E n t st e hüng. §. 128. Erklärung. Ein körperlicher Winkel entsteht, wenn Mehr als zwei ebene Winkel mit ihren Scheiteln so zusammen stoßen, daß immer zwei und zwei von ihnen einen gemeinschaftlichen Schenkel haben. Dieser Theil wird mit Hinsicht auf körperliche Figuren, nicht mit Hinsicht auf Zeichnungen gegeben, weil durch eine Menge Zeichnungen der Vorstellung noch immer wenig ge¬ holfen wird, und jeder wohl eingerichteten Schule ohnedieß mit körperlichen Figuren aus Holz oder Päpier abgeholfen werden muß. §- 12S. Erklärung. Die Grundfläche des Körpers heißt jene Flache, wor¬ auf man sich den Körper als ruhend vorstellt; die auf dem Umfange der Grundfläche stehenden Flächen heißen Seiten¬ flächen, die senkrechte, welche von irgend einem höchsten Puncte im Körper auf die Grundfläche Herabgelaffen werden kann, heißt dessen Höhe. 78 §. 130. Ebene Körper sind in ebene- unebene in unebene Flä¬ chen cingeschloffen. 131. Ein in lauter gleiche Flächen cingeschlossener Körper heißt regelmäßig, sonst unregelmäßig oder irregulär. 132. Zu den regulären Körpern rechnet man die Tetrad'dron- Lctoödron, Icosaödron, Hexaödron oder Würfet- und Do§ decaedron. Ein Tetraedron ist'ein von vier gleichen und gleichsei¬ tigen Dreiecksflächen cingeschlossener Raum. I?>g. 93. Ein Octoödron ist ein von acht gleichen und gleichseitigen Dreiecksflächen eingcschlosscnec Raum. 96. Ein Icosaödron ist ein von 20 gleichen und gleichseitigen Dreiccksflächcn eingeschloffener RaUm.I^ix. 97. Ein Würfel ist ein von sechs gleichen Quadratflächen eingeschloffener Raum. 98. Ein Dodccaödron ist ein von zwölf gleichen gleichseitigen Fünfecksflächen eingeschloffener Raum. I^ig. 99. §. 133. Prismen oder Ecksäulen sind Körper, welche entstehen, wenn man sich eine Drei-, Vier- oder Fünfecksfläche u. s. w. nach einer geraden parallel zu bewegen, vorstellt. Ist die Linie, nach welcher sich das Vieleck bewegen soll, senkrecht zur Vielecksfläche, so ist das Prisma senkrecht, widrigens schief, kig. loo. kig. 107, ist ein Parallelopipcdum. §. 134. Bewegt sich auf die nämliche Art eins Kreisfläche, so erhält man einen senkrechten oder schiefen Exlinder. I'ig. 106. 79 §. 135. Bewegt sich eine Vielecks- oder Kreisfläche nach der 133. gesagten Richtung so, daß sie immer abnimmt, und Nur ähnliche Flächen zurückläßt, die endlich in eine Spitze oder einen Punct übergehen, so entsteht im ersten Falle eine Pyramide (Spitzsäule), I'ig. 101, und im zweiten Falle ein Kegel, I^ig. 102, welche entweder senkrecht oder schief sind, je nachdem die gerade von der Spitze zum Mittelpunkte der Grundfläche gezogene entweder senkrecht oder schiefaufsie ist. I'ig. 103, stellt eine abgcstutzte Pyramide, und I'ig. 1o4 einen abgestutzten Kegel vor. §. 136. Die Seitenflächen der Prismen sind entweder schief- oder rechtwinkelichte Parallelograme, und so viele an der Zahl, als das zur Grundfläche angenommene Vieleck Seiten hat; von dieser Mzahl der Gelten heißen auch die Prismen drei-, vier-, fünf-, vielseitige Prismen. 137. Die Seitenflächen der Pyramiden sind Dreiecksflächen- und die Pyramide drei-- vier-, fünf-, vielseitig, nachdem die'Grundfläche ein Drei-, Vier-, Vieleck u. s. f. ist. 138. Die Seitenfläche eines Cylinders ist uneben, und bei einem senkrechten Cylinder einem Parallelograme gleich, dessen Grundlinie die Peripherie der Grundfläche, und die Hohe der Länge oder Hohe des CyliNders ist, welches man leicht gewahret, wenn man einen Cylinder nach der Fläche eines Papiers so lange rollt, bis er seine Umdrehung vol¬ lendet hat. 80 §. IZS. Die Seitenfläche eines senkrechten Kegels erhalt man, wenn man den Kegel nach der^eite legt, und denselben eine Umwälzung machen läßt, es wird sich dadurch zeigen, daß die Seitenfläche eines senkrechten Kegels ein Ausschnitt eines Kreises ist, dessen Halbmesser der Seite, und die Große des Kreisbogens dem Umfange der Grundfläche, des Kegels gleich ist. §- 140. Hat man mit einigen körperlichen Figuren oder Vorstel¬ lungen aus Holz, Papier oder Blech versehen, die Oberflächen der regelmäßigen Körpergestalten betrachtet, so wird man ohne Mühe den gesammten Flächeninhalt derselben im Qua¬ dratmaße angeben können, wenn man die Seitenflächen und die Grundflächen der Körper einzeln, oder nach Umständen mehrere zusammen, berechnet, und den gefundenen Flächen¬ inhalt, zu dem Flächeninhalte der Grundflächen zählt, und sich merkt, daß man die Oberfläche einer Kugel nach geome¬ trischen Gründen findet, wenn man die größte Kreisfläche (die man aus dem Durchmesser der Kugel findet), mit vier multipliciret. 141- Anmerkung. Für einen Anhang und zur Uebung im Erkennen und Benennen der verschiedenen üblichen Körpergestalten möge dieß genügen; Jedermann wird dadurch Gelegenheit verschafft, viel Mehreres durch die Betrachtung der körperlichen Gestal¬ ten eines Tetraöders, Octoöders, Jcosäöbers, Dodecavders, eines Würfels oder der sogenannten platonischen Körper, durch das Ansehen einer Eck- oder Spitzsäule, eines Eylin- ders und Kegels in Hinsicht der Körperwinkcl, der Seiten, der 8r der Seitenflächen, der Grundflächen und ihrer Lagen zu ein¬ ander selbst beobachten zu können. Man versetze sich nur beim Anblicke dergleichen stcreometrischcn Figuren in die La¬ ge eines aufmerksamen fleißigen fragenden Beobachters. §. 142. Das stereometrische oder Körpermaß ist dasjenige Maß, womit man die Größe der Körper nach allen drei Ausdeh¬ nungen, in die Länge, Breite und Höhe zugleich angibt, und ausdrückt. Es ist leicht einzusehen, daß hiezu der Wür¬ fel am schicklichsten zu verwenden ist. Ein Würfel, dessen Seite eine Klafter, ein Schuh, ein Zoll, eine Linie wäre, heißt dann eine Cubicklaster, ein Eubicschuh, ein Eubiczoll, eine Eubiclinie u. s. f. durchs Ansehen eines Cubicschuhes, eines Cubiczolles, einer Eubiclinie, und durchs Ausstecken einer Cubicklaster im Freien oder in einem Zimmer wird das .Interesse für die Cubicmaßen bei den Anfängern vorzüglich gewecket, und richtige Begriffe von denselben erzeuget. Man wird die Körperbemeffung am deutlichsten erklä¬ ren , wenn man mit den Anfängern oder zur Selbstübung selbst das erste beste Parallelopipedum, z. B.eine Tischplatte, eine Bank öder den leeren Raum eines Zimmers mit einem Maßstabe ausmißt, anfänglich die Länge und Breite in Zol¬ len angibt, beurtheilet oder berechnet, wie viele Quadrat¬ zolle die Tischplatte u. s. f. messe, man wird gleich sehen, wenn die Tischplatte einen Zoll hoch ist, daß selbe eben so viele Kubiczolle enthalte; wer findet nicht die Regel, daß man die Grundfläche eines Parallelopipedums oder vierkan¬ tigen Körpers mit der Höhe multipliciren müsse, um den gejammten Körperinhalt zu erhalten. Noch leichter aber wird die Betrachtung und Berechnung, wenn man sich lauter Würfel abmißt, und selbe auf besagte Art berechnet. Man wird durch diese unerläßlichen Uebungen bald finden, daß eine Cubicklaster 216 Eubicschuh , ein Eubicschuh 1728 Eubic- 6 82 zoll, und ein Cubiczoll 1728 Cubiclinien enthalte; man er¬ hält so die Reductions- und Auflösungszahlen der Cubicli- njen auf Cubiczolle u. s. f. und umgekehrt der Cubicklaster auf Cubiczolle u. f. f. Nach diesen vielfältig wiederholten und allgemeinen Uebungen , welche die Seele der stereometrischen Berechnun¬ gen ausmachen, und in denen'es eigentlich erhellet, was man unter der Cubiczahl und Cublcwurzel versteht, können folgende Bcrechnungsmethoden nun geschichtlich angcsührct werden, wovon aber die Gründe beim aufmerksamen Be¬ trachten der stereometrischen Figuren nicht schwer aufzufin¬ den sind. l. Aufgabe. §. 1»Z. Den Körperinhalt eines jeden durchaus gleich dicken Körpers zu berechnen, oder anzugeben, wie viel Cubicfußein solcher Körper in sich enthält. 1. Man berechne seine Grundfläche, und gebe sie in einer Zahl an. 2. Messe feine Höhe, und gebe sie ebenfalls in einer Zahl an. 3. Multiplicire die erste Zahl durch die zweite, so erhält- man ein Product, dessen Zahl angibt, wievielCubic¬ klaster, Cubicfchuhe u. f. f. der durchaus gleichdicke Körper enthält. Auf diese Art findet man sehr leicht den Körperinhalt eines Würfels, Parallelopipedums oder rechtwinkelichten Vierkantes, eines senkrechten Prisma, (oder Eckfäule) und eines Cylinders. §. 1««. Bonden durchaus gleichdicken Körpern unterscheidet man die zugespitzten, wozu insbesondere die Pyramiden oder Spitz¬ säulen, und die Kegel gezählet werden. 83 Die Berechnung der Pyramiden und Kegel gründet sich auf den stereometrischen Satz: Jede Pyramide ist der dritte Theil eines Prisma von gleicher Grundfläche und Höhe, pnd jeder Kegel ist der dritte Theil eines Cylinders von glei¬ chen Ausmessungen. II. A u f g a b e. Den Körperinhalt eines zugespitzten Körpers zu be¬ stimmen. 1. Man berechne die Grundfläche in Zahlen. 2. Messe die Höhe und gebe sie in Zahlen. Z. Multiplicire die erste Zahl mit der zweiten. a. Nehme man 1)3 des Productes, so ist dieses die Zahl, Welche den Körpcrinhalt der Pyramide oder des Ke¬ gels in Cubicklaftern, Schuhen u. s. f. angibt. Hl. Aufgabe. Den Körperinhalt einer Kugel zu berechnen. I-'ig. 10Z. 1. Man berechne die Dberflgche der Kugel, (die größte Kreisfläche der Kugel viermal genommen.) 2. Man multiplicire diese mit 1)3 Halbmesser oder 1)6 Durchmesser der Kugel, so gibt dieses Product den Körperinhalt der Kugel. IV. Aufgabe. Den Körperinhalt eines jeden unregelmäßigen Körpers zu bestimmen. 1. Man verwandle, wenn es thunlich ist, selben in lau¬ ter regelmäßige Körper. 2. Berechne diese. 3. Addire die einzelnen Äörperinhalte zusammen, so er¬ hält man den gesummten Körperinhalt. ä. Ist der in Ansehung der Größe zu untersuchende Kör¬ per klein und im Wasser unauflößljch, so läßt sich sein Körpcrinhalt bestimmen : 8k a. wenn man ein regelmäßiges, cplindrisches oder prismati¬ sches Gefäß zum Thcile mit Wasser füllt; b. den Körper ganz ins Wasser versenkt; das gestiegene Wasser dem Körperinhalte nach bestimmt, so ist es klar, daß das verdrängte Wasser dem Körpcrin- halte nach dem verdrängenden Körper gleich ist; 6. ist der zu berechnende, kleine unregelmäßige Körper im Wasser auflößlich , so bedient man sich zu diesem Bel ufe des feinen Sandes, der Hirse oder anderer feinen pulvc- richten Stoffe. Es lag außer dem Plane dieses Merkchens, etwas von der Stereometrie zu sprechen, allein dieß glaubte man wegen der im gemeinen Leben häufig vorkommenden Körpernamcn und cubischen Maßen gesagt haben zu müssen; alles, was hieraus der Stereometrie vorkömmt, möge nur dazu dienen, dem Anfänger zur Lesung und zum Studium einer ausführli¬ cheren stercomctrischen Abhandlung zu reizen und zu ermuntern. Achlußanmerkung. Hat Jemand diese Elemente der. Geometrie mit Auf¬ merksamkeit durchgclcsen, durchstudiret und durchgearbcitct, so wird er sich zum nützlichen Studium der räsonnircndcn Ele¬ mentar-Geometrie den Weg nicht nur gebahnet, sondern , sicher sehr erleichtert haben; ohne große Anstrengung wird er mit göttlichem Beistände die neuen Bcweisarten verstehen, erlernen und vervollständigen. EMM IN Eisnicn