^5» Beilage zur Kaibacher Zeitung. H 39. Sechster Jahrgang. R9. Juli i8G^. Naturscene. D»as Wasser rinnt voni FclSgestcin Und furcht die moos'gc Bank, Die Gräser hellgriin, schmal nnd klein, Sie stch'n nmhcr nnd saugcn's ein, Gesättigt ohne Dank. Und an die Vlninc» unterm Grün, Wie Bü'rgcröto'chtcr stolz, In blau nnd roth nnd gold'ncr Tracht, Hat sich der Schmetterling gemacht; Der saugt und kiißt und schaukelt sich Und fliegt zuletzt davon, So achtlos, daß am nächsten Tag Er kaum noch mehr erkennen mag, Wo er genossen schon. Und d'rübcr ranscht dcr Baum, alö ob Nichts unter ihm geschah', Und rückwärts streckt der Fels empor, Schaut g'radauö in die Höh'. Die Wolken aber allzuhöchst Zich'n hin mit Sturmögewalt; Sie weilen nicht, sie säumen nicht, Rasch wechselnd die Gestalt. Und dnrch daö All' voll Eigensucht Geh' ich mit finst'rer Brust, ' Vordem geuoss'ucr Treu' und Lieb' Halb wie ein Tranm bewußt. Wie weiße Frau im Hause Collalto. (Schluß.) e^Dch dankte dem Diener, entließ ihn und schloß mich in mein Zimmcrcheu ein. Als ich allein war, mußte ich bei dem Gedanke» an den mir bekann-ten Professor lachen, da dieser ein schr vorurtheilsfreicr Mann war, der fast als Zweifler betrachtet werden konnte. Ich nahm mir vor, diesen kalten Philologen und Weltmann durch meine feste Haltung zn beschämen. Sobald ich ihn spräche, wollte ich ^ ihn fragen, wie Donna Bianca iin Schlosse von San Sal-vütorc ausgesehen habe. Allmä'lig siel es mir ein, es könne ! doch nicht so nbel sein, wenn ich wenigstens im Traume ^ den gehcilluußuollcn Gast erblickte, so wüßte ich doch, ob ! sie weiß oder braun, und könnte die Ursache ihrer Besuche erfahren. Bald legte ich mich auf die andere Seite und verfiel in einen ruhigen Schlaf. So geschah es denn, daß nur bald schwankende Gestalten erschienen, ich weiß nicht wie gekleidet, oder welchen Geschlechts. Es war so, wie in dunkeln, nebelhaften Nächten Personen aneinander vorübergehen, von denen man das Rauschen der Kleider oder den Schall der Fußtritte hört. Die Erscheinungen verflogen gleich in dic Luft lind allnialig trat auch ihr Antlitz deutlicher hervor. Es waren schöne Greise mit weißem oder grauem Barte, in glänzendem Waffenschmnck, alle mit ehrwürdigen, reich gekleideten Ma-tronen, mit stcifen Kragen, oder mit schönen flandrischen Spitzen. Ich unterschied ihre Gesichter, ohne. sie zu er« kennen, allein einer war mir gleich bei seinem Erscheinen bekannt. Gs war Graf Tolbert. Daö war sein sanfter Blick, seine liebevolle und traurige Miene! Die grämliche Frau, die ihm den Arm zu reichen verschmäht, ist gewiß Aica da Camino. Es ist mir, als wollte ich ste anreden, allein es fehlte die Stimme, wie dieses gewöhnlich im Traume geschieht. Bald war das verschwunden und alleS in Dunkel gehüllt. Konute ich nun nichts mehr sehen, so hörte ich do.ch ein dumpfes Stöhnen, wie aus einem Grabe. Ich strengte meine Augen an, um zu erkennen, woher das schmerzliche Wehklagen ertönte. Allein da war nur eine weiße Wand da, und plötzlich hob nch die Tünche, und licst einige Umrisse einer in Basrelief außgehauenen meuschlichell Gestalt erblicken. Allmälig wendeten sich die Glieder und bewegten sich nach verschiedenen Seiten, die Statue war umgewandelt, es schien mir ein Frnuenbild im weißen Gewände, blaß und voll der unaussprechlichsten Schmerzens» znge. Sie neigte sich über mein Lager und betrachtete mich lange mit traurigem Blick. „O Bianca, arme Bianca! wie schr hab' ich gewünscht, Dich zu sehen und Deine Stimme z» vernehmen! Welch' ein Geschick bindet Deine Gegenwart an den Ort, der so schrecklich slir Dich sein Müßte?" Sie schüttelte das Hcnipt und ihr Gesicht schien mehr Liebe als Haß zu verratbcn. „Wie groß mußte Dcme Liebe sein, arme Bianca, daß die harte Strafe jener stolzen Frau sie Dir nicht geraubt hat!" Sie senkte fast verschämt ihren Kopf und eine Thräne ' schien ihr blasses Antlitz zu benetzen. ^ „Solch eine Thräne hat Dich an jenem Unglückstage ! verrathen!" rief ich ans und sie ließ dabei einen so schmerz- ! lichen Klageton vernehmen, daß ich so etwas noch niemals ^ früher gehört haben mag. Gleich darauf zog sie sich zurück, ^ änderte slch in der Luft und verengte sich wieder in die Maner. ^ So hatte ich ihre Stimme nicht vernommen! Noch ' immer blickt' ich nach der Wand, als ob ich sie durch mag- ^ netische Anziehungskraft wieder hervorzaubern könnte. Vcr° ^ gebens. Die Lilft verdüsterte sich, und die Bilder der Ein- ! bildungökraft nahmen ab. Einen Augenblick befand ich mich ^ in gänzlicher Vergessenheit, gleich darauf öffnete ich die Augen ! und sah Tageslicht ins Zimmer hineindringen, ich sprang ! rasch aus dem Vette und entsann mich nur noch stückweise ! der Erscheinungen, die mir zu Theil geworden. Dann riß ich das Fenster auf, um mich ganz zu ermuntern und da bot sich mir ein herrlicher Anblick dar. Es war eine große Ebene, die Ebene der Mark von Previso, deren Grenze das adriatische Meer bildet. Ein feiner Nebel verhüllte sie, so daß die Umrisse der ringsum sich erhebenden Gewächse weicher wurden. In der Nähe die Piave, weiter in der Ferne die Sile schlangelten sich durch die regelmäßig begrenzten Felder. Ein dumpfes Geräusch drang zu mir herüber, cs war das Läuten von allen Glocken der verschiedenen dort zerstreuten Dörfer. Denn man schrieb Sonntag den 2. August. Dieser Schall gab der ganzen Szene Leben, als ob in allen den Dörfern gleichzeitig eine Stimme sich erhöbe! Der eben so natürliche, als poetisch großartige Anblick 'entriß mich dem Einfluß der Träume: Ich kleidete mich hastig an und durch das Labyrinth der Gemächer fand ich endlich den Weg, um meinen Wirth aufzusuchen. Eine Stunde später fuhren wir beide zum alten Grafen-schloffe. San Salvator war weder der einzige noch der älteste Wohnsitz der Familie. Sechs Stunden von diesem Schlöffe erhebt sich ein anderes vom 10. Jahrhundert, das sich nicht so bequem bewohnen läßt, allem doch sehr sehenö-werth ist. Bianca war in diesem Schlosse gestorben und so mochte ich doch das Wenige, was noch die Thatsache be» zeugen soll, selbst angeschaut haben. FranceZchi begleitete mich sehr bereitwillig, obgleich ihm die Hitze eines August« tages etwas beschwerlich fiel. Allein Freundschaft, Archäo« logie und Interesse an allen Ereignissen des Hauses Collalto wirkten vereint auf ihn und er hatte sich, wie er mir sagte, durchs Feuer gewagt um seine Pflicht zu erfüllen. Wir fuhren auf einem überaus angenehmen und poetischen Wege. Ans der einen Seite lag die giüne lind reich bebaute Ebene. Wohlberiesclt, voll von Häusern und von Dorfbewohnern bevölkeit, die in festlichen Kleidern nach Hause zogen. Auf der andern Seite erhob sich ein Hügel, an welchem der Weinstock rankte, in der Ferne d>c blauen Verge, noch vom lichten Flühlingsncbel beschattet. Die Landstraße hob und senlle sich ohne Anstoß, auf beiden Seite» mit Vänmen bepflanzt. Vald wandelte sich die Szene; es folgte auf bebaute Ebenen die verwüstete Landstrecke, welche der wirbelreiche Anasso angeschwemmt hat. So gelangten wir zum Verge. Allmälig sah man den Vau von Collalto, eine Zeit lang Einsiedelei für Geistliche, jetzt nur ein Dienstgebäude, wo der Schloßwa'rter wohnt. Die Korridore, welche noch die Spuren der alten Bestimmung be-wahreu, machten einen eigenthümlichen Eindruck auf mich. Das Schloß liegt so schön am AbHange des Berges, daß es ein Genuß gewesen sein muß, es zu bewohnen. Dort haben vielleicht die Kardinäle Vembo und Cosa, die es in ihren Schriften erwähnten, die tiefe, sanfte Melancholie gewonnen, die ihre Verse so oft verschönert. Jenseits des Stromes liegt dort der Hof von Narvcsa der auch den Collalto ge« hört, und weiterhin nach Westen durch gekrümmte Berg» strecken erblickt man die Säulen des Tempels, womit Va-nova sein armes Geburtsdorf schmückte. Das ist Collalto! Mehr als ein Thurm sperrte früher den Zutritt. Schade, daß auch hier der Niuellirungstrieü des Jahrhunderts nicht ausgeblieben ist. Die Steinfresser ! haben auch hier nicht gefehlt. Allein das alte Schloß dem Haupttheile nach besteht noch immer. Der Thurm ist da nicht so riesenhaft als der des andern Schlosses, allein originaler, mehr mittelalterlich. Eine Treppe von Außen führt in den ersten Stock, welcher mehrmals restaurirt worden ist. Eine freundliche alte Frau führte uns durch viele Zimmer, deren verschiedenartige Ausschmückung der Verschiedenheit der Zeiten und des Geschmacks ihrer Bewohner hervortreten ließ. Es scheint als sehr verfallen und die Collalto wohnen lieber in San Salvator oder auf ihren Gütern in ! Mähren. Mich kümmerte das Alles nicht so sehr, ich wollte das Zimmer der armen Bianca sehen und nichts weiter; an der > Schwelle desselben blieb aber die Alte stehen, und nur Franceschi trat mit mir ein. Das Zimmer war verwüsteter als die andern, auch der Fußboden zerstört. Es heißt, daß nach Auffindung des Skeletö die angefangene Restauration stocken blieb und das Zimmer wurde auch nicht mehr bewohnt. Die Grafen ließen den Ueberresten in ihrer Kapelle ehrenhafte Beerdigung an« gedeihen, an die Wand wurde gleichsam als Sühne für das Verbrechen ein koco IIumo gemalt. Dieses Frcskobild wurde später übertüncht, und darüber eine Leinwand mit einem Kreuze angebracht. Der Nahmen ist abgenommen, der Kalk an einzelnen Stellen abgeschabt und man sieht einige Spuren des altcn Vildes. So sicht es in dem Zimmer auS, das nicht allein von Italienern besucht wird. Ausländisch«: Reisende wissen auch von der weißen Frau von Collalto. Die Chroniken der Mark, besonders diejenigen, die sich mit der Familie Collalto vorzugsweise beschäftigen, erwähnen nichts von ihr, die Volkssage kennt sie desto besser. Als wir uns entfernen wollten, frilg ich die alte Frau, ob sic die weiße Frau gesehen habe. „Nie", antwortete sie; „ich bin dessen nicht gewürdigt worden, auch meine Mutter nicht, allein meine Großmutter hat sie gesehen, als der alte Herr geboren »rinde u»d es »rar ein großes Fest im Lande. Die gute Großmama starb im Gerüche der Heiligkeit". „Wer hat sie zuletzt gesehen?" „Loreuzoni vor etwa dreißig Jahren. Seit der Zeit hat es wohl an Gelegenheit gefehlt". „Wie so?" „Nun, das ist j.i bekannt. Die weiße Frau erscheint nur drei Tage vor einem Glücköfalle oder einem U.nglück in der Familie. I» den letzten 3l) Jahren hat sich nichts Besonderes zugetragen". „Wer »reiß, ob sie Ihnen nicht noch ein Mal erscheint. Sie fürchten ilch doch nicht?" „Weßhalb? Die weiße Frau hat Niemand Schaden zu« gefügt. Es ist guter Wille, daß sie Gutes oder VöseS vorher anzeigt. So kann man sich vorbereiten". „DaS ist wahr, gute Frau", sagte ich und drückte ihr herzlich die Hand. Allein ich konnte doch nicht umhin, zu Franceschi zn sagen, daß wir nun rasch abfahren müßten, denn am Ende glaubte ich an die Sage, wie ich an die Thatsache glauben muß, die sie veranlaßt hat. Die Sage gereicht der Familie selbst nicht zur Unehrc: die weiße Frau liebt die Collalto und verkündet ihnen drei Tage vor cincm wichtigen Ereignisse, daß so cNvas bevorstehe. Sie erscheint meist nur vor alten Dienern des Hanseö, wie Lorcnzoni einer war, ein Mann von tollkühnem Muthe und von jedem Aberglauben frei. So gelangte» wir bald zum Schlosse San Salvator und selbst der spöttische Franceschi sing nun an, die Sache ernster auszufassen. Die Hauptcreignisse der Familie waren immer mit den Erscheinungen der weißen Frau verbunden und ich will hier nur zwei Thatsachen anführen. Zn Anfang des 14. Jahrhunderts lebte Oraf Ram-boldo von Collalto und Rizzardo von Camino, letzterer war entartet gegen seinen Vater Gerardo, den Dante den guten einverleibt. Es war ein lockerer Vnrschc, der sich auch in die schöne Gemma, eine Tochter Nambolds, verliebte; der alte Collalto hatte die Heirat gern hintertrieben, allein es ging nicht. Die alte Amme von Gcmma sah die Erscheinung der weißen Frau und hielt sie für eine Votschaft günstiger Art, allein drei Tage später entfloh Nircardo und vermalte sich mit einer Andern. Gemmn starb vor Scham und Schmerz, und ein Vauer w?r es, welcher dem Niccardo ' bald darauf die Todeswunde beibrachte, wobei freilich Graf Namboldo der Schuld bezüchtigt wurde. Zwei Jahrhunderte später rcrmalle sich Collaltino von Collalto mit der Marquise Giulia Torclla von Montcchia-rugola, nachdem er der berühmten Dichterin Galpora Stampa bis aufs äußerste den Hof gemacht hatte. Dießmal er» schien die weiße Frau der jungen Braut, um sie abzuschrecken, allein diese war nicht ängstlich und hielt das Ganze für eine Erfindung der verlassenen Dichterin, so daß sie sich nicht darum kümmerte,: die Hochzeit fand Statt und bei der Zerc» lnonie traf die Nachricht vom Tode der Stampa ein. Valo starb auch Collaltino und die Marquise vermälle sich mir dcffcn Vetter, dem Grafen Antonia Collalto. Nur diese beiden Erscheinungen kann ich anführen, überall zeigt sich da die weiße Frau als Freundin des Haufes, um irgend ein Unglück abzuwenden. Am andern Tage verließ ich das schöne Schloß von Salvatore und die gastfreundliche Familie, der ich so vicl Auskunft über die mannigfach interessante Sage, sowie zwei sehr schöne Tage verdanke. Eine geschichtliche Episode. Ans nngrdrucktcn Quellen mitgetheilt von Leopold Martin Hrain.,. In der von Friedrich Steinbach verfaßten Lebcnögeschichle Weiland Kaiser Josef 1l. wird unter Mehreren» auch von dem Verrathe der im Jahre 1788 eroberten türkischen Festung Vclgrad gesprochen. Wer den Vorschub geleistet, konnte der Schriftsteller natürlich nicht angeben, weil Kundschafter im Kriege geheim gehalten werden. Da seit der Zeit so viele Dezennitn verflossen sind, und nirgends dieser für die Geschichte nicht unbedeutende Moment noch angeführt erscheint, so wird dieser Vorfall hier aufgehellt, nm so mehr als bei der später blutig eroberten Festung auch die Krämer tapser mitfochtcn. , Wir lassen hier einen Nachkommen eines der dabei Ve« thciligten Folgendes erzählen : „Auch ich würde über dies«!» Fall den Schleier der Vergessenheit nicht lüften, wenn mir nicht die als Kind mehrmals vernommene Klage meines scl. Vaters, Trifun Anatasievic über seine damalige Lebensgefahr und den totalen Verlust seines Vermögens im Gedächtnisse geblieben wäre. Ce. Majestät, der ebengenannte Kaiser, war bei der Armee in Semlin und hatte die Absicht, die Festung Velgrad cinzunehinen aus eine Weise, wobei es weder Menschen noch Geschütz und Munition kosten sollte. Allerhöchftderscibe bedürfte daher eines dazu zweckdienlichen Individuums und so traf die Wahl meinen Vater, welcher zu Velgrad das Bäcker» gcwerbc, das Wirlhsgeschäft und den Gewölbwarenhandel ausübte und von dem cö bekannt war, daß derselbe vermöge der vollkommenen Kenntniß der türkischen Sprache und seiner Leutseligkeit das volle Vertrauen der Türken aus der Festung hatte, welche immer bei ihm waren, un, durch den Genuß geistiger Getränke und verbotener Speisen gegen den muhamcoanischcn Glauben verborgen zu sündigen. Vor den erhabenen Monarchen gestellt, wnrde mein, der deutschen Sprache unkundiger Vater, in Gegenwart des alä Dolmetsch dienenden damaligen Obersten u. Michailcvic in das Allerhöchste Vertrauen gezogen; er gedachte dabei dcS Beschließers d?r Fcstungölhorc, welcher alle Abende vor der Thorspcrr in seinen: Wirthshause gewesen, dann seines Bruders zu ^ Belgrad, welcher das Schlossergewerbe betrieb und sicherte ! sofort die Oeffnung der Schlösser an den Belgrader FestungZ« -thorcn, zum unbehinderten Ginmarsch der kaiserlichen Truppen in die Festung zu. Vr habe bei nächster Gelegenheit den Beschließer der Belgrader Festungsthore betrunken, seine! bcigchabten 4 Schlüssel in Wachs abgedruckt und die Schlüssel ! durch seinen Bruder, den Schlosscrmeistcr, genau nach dem > Modell anfertigen lassen. Die Belgrader Festung halte 4 ! Thore, und um den Handstreich allerseits zugleich aus,;!!- ! führen, mußte er sich nebst seinem Bruder, noch zwei seiner ! Freunde zn Verbündeten nehmen. Eine dunkle, durch starken ! Nebel völlig verfinsterte Nacht begünstigte ihr Welk; es ! schlich üch jeder derselben mit einem Schlüssel versehen, von de» tüllischen Wachen ungesehen einem Thore zu; dennoch wäre der Verrath bald entdeckt worden, denn uls er — ! der Vater — den Schlüssel in das Schloß steckte, wurde die ! Wache aufmerksam; sie kam zum Thore, öffnete dasselbe mit ! dem eigenen Schlüssel und nahm statt meines, im Angst« ! schweifte und hochklopfcnden Herzen an der Mancr lehnenden Vaters eine Kuh wahr, die sich zufallig auch beim Thor befand. Dieser und auch der weitere eigenthümliche Zufall, daß die unter die 4 Mann vertheilien Schlüssel gerade zu jene» Thoren paßten, zu welchen sie sich begeben hatten, konnte mein Vater, so lange er lebte, nicht genug preisen. Möglich, daß alle 4 Schlösser gleich konstruirt, folglich auch die Schlüssel gleich waren. Nachdem sie diese That vollbracht und davon auch den Armeckommandanten zn Semlin sogleich persönlich in Kenntniß gesetzt hatten, war auch dieser mit feiner Armee auf den schon bereit gehaltenen Fahrzeugen von Semlin gegen Belgrad abgefahren; allein der dicke Nebel und die Unkenntniß der Lokalvcrhaltnisse ließ weder däö Kriegövolk noch die Bemannung der Schiffe sehen noch ahnen, daß sie an der Belgrader Festung schon vorbei gefahren und der Insel gegenüber Pancova nahe gekommen waren. Zum Glücke, daß die Türken von der erst an demselben Tage in Kon-stantinopcl kundgemachten Kriegserklärung nichts gewußt, daher auch nicht die Absicht der nächtlichen Fahrt vorausgesehen halten, denn sonst wäre es unserem Kriegsheere übel gegangen. Die Türken wußten es sogleich, daß diesen Verlach mein Vater begangen habe; sie fielen mit Wnth über sein in Vclgrad zurückgebliebenes Vermögen her, indem sie 3Z plünderten und verwüsteten. Später als die Festung Belgrad doch mit Waffengewalt erobert wurde, diente mein Vater unserem Kliegsuolke nieder als Gefährte, weil er mit der Lage und den Oci'tlichkciten dieser Festung innig bekannt war, ja er kämpfte gegen die Türken mit Hcldcnmuth. Das Mißgeschick wollte e-3 haben, daß Trifun Atana- ' sicvic den Kaiser nicht mehr sad, er starb und mit ihm die Hoffnung auf Belohnung. Oberst Michailcvic machte ihn, obwobl er weder lesen noch schreiben konnte, ncbst seinen Genossen zn Unkerlicutenants im Petcrwardciner Grenz-In-fanterie'Regimcnt?, wo er noch lange Zeit treu ui,d redlich diente". Dcr Gelfenkö'nig. Wie so Vieles, was den Menschen in der Natur näher, oder ferner berührt, in den Zeiten seiner geistigen Kindheit mit dem Nebelmantel der Sage und des Mährchens bekleidet wurde, also hat selbst die Mücke oder die Schnacke ihre phantastisch? Bearbeitung gefunden. Wir finden dieselbe in den Memoiren Castelli's, des bekannten Wiener Dichters, welcher sie vor vielen Jahren in den ungarischen Donau« Niederungen nm Baja hörte, also in einer Lokalität, die einer solchen Nat!ilau5schn>i'lckung sowohl von Seiten des Volkes, wie von Seiten der Natur vollkommen günstig ist. Baja und seine Umgebung nämlich isl dadurch berüchtigt, daß die europäischen Mo?quito'Z (Gelse») daselbst von ganz besouders bösartiger Natur sein sollen, weßhalb man sich auch gegen dieselben durch sogenannte Gclsenbctten, d. l>. durch Drahtgitter schützt. Darum regiert auch in dieser Ocrtlichkcit der „Gelsenkönig", und mit diesem hängt es folgendermaßen zusammen. Vor langer Zeit gehörte Baja sammt Umgegend cinein reichen Magyaren»Fürsten, und dieser besaß einen Hofmeister, dem er in jcder Vcziclnmg 'Alles anvertraute. Allem derselbe war dennoch dieses Vertrauens nicht werth, und da der Krug so lange zu Wasser geht, bis er zerbricht, so auch hier. Der Finft eindeckte endlich den großen Spitzbuben in seinem Diener u«d diktirt dein Blutsauger dafür eine Slrafe, welcke in einer gewissen ironischen Beziehung zn dessen Verbrechen steht: nämlich ausgezogen und nackend gebunden den Gelsen zum Aussaugen preis gegeben zn werden. So steht der Verbrecher schon längere Zeit am Malterpfahle, als i sei» furchtbares Geschrei den Fürsten erweicht und heranlockt, l Angekommen, sieht er den ungetreuen Diener völlig schwarz von dcu Gelsen bedeckt. Mitleidig zieht der Fürst sein Taschentuch, um die Bestien zn verjagen. Allein, ebenso dringend sieht der Gemarterte, damit einzuhalten, weil — wenn die schon Gesättigten verjagt seien, neue Hungrige über ihn herstürzen und neue Schmerzen bereiten würden. Die sellsame > Lehre weckt den Fürsten zum Nachdenken, und er kommt zu ! dem Schlüsse, daß es am Ende wohl auch im Leben nicht ! besser sei, und cr sagt sich, daß er vielleicht nur einen Schuft fortjage, um einen „och größeren dafür wieder zu bekommen. In dieser Gedankcnfolge nimmt er den Ersteren auf's Neue zn Gnaden an. Allci», was derselbe im Leben noch nicht süllsam abgebüßt, büßt er nun im Tode: er ist König der Gelsen geworden, auf ewig verdammt, wie er ^ scincn Herrn aufgesogen, so nun Blut zu saugen. ! Es ist klar, wie Land und Leute sich vollkommen in ! dieser Sage widerspiegeln, so wenig poetisch sie auch sonst ist. Druck uud Verlag von Igu. v. Klciumayr 35 F. Vambevss in Laibach. — Vnantwortlichcr Redacteur, I. v. Klcinmayr.