Mr. 87 »SÄ«. 8iin»8t»3 , n i n von V. Obsiegcr l^Vch kam, das riefe Mitleid, welches mich befallt, wein, ich an das vielfältig bewegte, stet) schwankende Schicksal dieser unglücklichen Frau denke, nicht beschreiben. Armuth, Verlassenheit, Einsamkeit, Gewalt, wunderbare Schicksale, die fremdartigsten Abenteuer hat sie erduldet, Bemühungen, Anstrengungen, beinahe unglaublicher Art, und Ausdauer hat sie geübt, um sich in das Gleichgewicht mit der Gesellschaft zu setzen, welche sie zurückwies, von sich stieß. Heimliche Thränen, still in der Brust verschlossene Schmerzen, ein tiefes Elend haben an ihr genagt und sie endlich in der Blüthe der Jugend vor wenig Monden hinweggeraffc aus dieser Scadt von Eisen und von Feuer, von Elend und von Steinkohlen. Das; einc solche Frau, so mit Unglück und mit Geist begabt, von so kühnem Murhe und weiblicher Schwache, von durchdringender Thätigkeit und von trauriger Niedergeschlagenheit, daß eine Frau von so wunderbarer Begabung plötzlich au5 der Welr verschwinden kann, ohne da,; ihr Tod nur das mindeste Aufsehen macht — das ist's, was mich in Erstaunen setzt, uud besonders in der jetzigen Epoche. In einem Zeitalter, welches wahrhaft begierig ist nach erschütternden Ereignissen, mitten unter einem Volke, welches allen Schauspielen zulauft ohne Brot, wie die alten Römer unter Easar nach den Schauspielen und dem Brot. Die Menschen sind so gleichgültig, daß, wenn die Schlacht bei Warerloo wieder geschlagen würde, sie doch am folgenden Tage ganz ruhig in ihr Kaffehhaus gingen, um die Fortsetzung des Romans von gestern im Feuilleton des ),(^0il8tilMl<)ll6l" zu lesen. Noch ein Mal — alle diese Ursachen zusammengefaßt, so kann ich es doch nicht begreifen, daß diese Frau gestern gestorben und schon heuce vergessen sey, bloß weil ihr Leben ein erschütterndes Drama, ein abenteuerlicher Roman ist, welchen Niemand erfinden konnte, in dein Alles fertig ist, der nur aufgeschrieben zu werden braucht vom Ersten, der die Feder dazu ergreifen will, von mir z. B., obgleich ich der Ungeschickteste aller Romanschreiber bin. Ich habe die Heldin dieses Romans gekannt. Als ich sie zum ersten Male sah, war sie bewundernswürdig schön, von eleganter und leichter Haltung, von herrlichem Ebenmaß, von stolzem und lebhaftem Ansehen. Ihre Augen waren vom Feuer des Orients erfüllt, ihr langes schwarzes Haar konnte ihr wie ein Mantel dienen, ihr Teint war dunkler als gewöhnlich, aber von solcher Pracht, von solch sammetarciger Weiche, daß dieses allein genug gewesen wäre, um alle Manner zu Narren zu machen. Ihre Zahne waren regelmäßig, scharf, fein gebildet und sehr weiß; die Lippen, welche sie bedeckten und sich beim Scherze so lieblich öffneten, daß dieses bezaubernde Lächeln sprichwörtlich geworden^ hatten die dunkelste Färbung, welche ich je gesehen. Ihr Gang war fest, ihre Kleidung ferne von aller Frivolität, ihr Benehmen durchdrungen von der lieblichsten Grazie, und bei alledem fühlte man deutlich, daß sie sich wenig darum bekümmere, ob sie schön gefunden werde oder nicht; das war für sie etwas langst Vergessenes, oder wohl gar Verachtetes. Wenn sie sprach, belebte sie slch immer mehr und mehr, plötzlich wurde sie wieder schweigsam und nachdenkend, eine Stunde lang war sie munter, gab sich ganz der Gesellschaft hin, einen Augenblick darauf versank sie in ein gewisses Sichgehenlassen, welches den südlichen Naturen so durchaus eigen zu seyn scheint. Sie harre sehr richtige und wahrhafte Begriffe von der Welr, plötzlich aber konnte sie sich ganz idealischen Träumen hingeben, als ob sie noch mitten in der Fabelwelt lebc. Von lebhaftein Geiste, wie sie war, schien sie irgendwo eine Königin seyn zu müssen, wenn nicht über Alle zu gebieten ihr noch richtigerer Platz gewesen wäre. Sie konnte einem Künstler, einem Dichler als Studie dienen ; man konnte sich fürchten, ihr zu begegnen, und diese Furcht war doch mit geheimer Freude gemischt — noch ein Mal, ich kann es nicht begreifen, wie diese Frau Euch Schriftstellern, Euch allezeit fertigen Schauspieldichrern entschlüpft ist, und daß Ihr mir dieselbe überlaßt, mir, der ich beinahe erschrocken bin über diese Aufgabe. Nichts bedürfte es, als sie zu sehen, zurückgebeugt, beinahe zusammengekauert in einem großen Lehnstuhl, wie sie das glänzende, feurige Auge auf den Eintretenden richtete, gleich einer prächtigen, im Sonnenschein ruhenden Ana-kanda. Man brauchte sie nur zu sehen, um zu errathen, welchem Lande, welcher glühenden Sonne sie angehörte; sie 346 war eine Tochter der schattenlosen Zone, ein Kind des Heisien Peru, dem sie mit der ganzen Poesie ihres Gemüthes angehörte; darum war sie auch ein verlorene) Kind hier im kalten Norden. Sie gehörte jenem Königreich für Bettler, jenem von Blumendufr und Gewürzeshauch durchwehten Lande an, dem die Spanier ihre grelle Unwissenheit und ihre wilden Leidenschaften im Austausch gegen sein gutes Gold gegeben haben. ' „ Sie war in Spanien geboren. Des Vaters pcruviani-sches Blut, gemischt mit dem der Mutter, welche eine Französin war, gab den: Kinde eine Stimmung voll von der Glut aller drei Nationen: Spanien, Peru, Frankreich; Frankreich von der andern Seite der Pyrenäen, das ging alles durcheinander in dem Geiste des Kindes, das leicht jeden Eindruck annahm und das für ein Leben ohne Lasten und ohne schwere Pflichten geboren schien, geboren, Freude zu geben und zu empfangen; geboren, die Tage in lauter Festen dahinzubringen, und erzogen mir all den Ansprüchen der stolzesten Nationen, des ältesten Adels. Der Vater war ein Edelmann von ältester Ra^e, er hatte ihr zum Erbtheil einen unermeßlichen, einen unbengsamen Stolz und eine Eitelkeit ohne Gränzen hinterlassen. Das unglückliche Kind, aufgewachsen in den zum Bedürfniß gewordenen Zerstreuungen, in sich stecs wiederholendem heiteren, geselligen Vergnügen , unfähig, selbst etwas zu thun nnd ermüdet von Freuden, nur das Bedürfniß der Ruhe und Erholnng, nie das der Arbeit fühlend, sank plötzlich in einem 'Alter von fünfzehn Jahren in die Hände der schweren, drückenden Wirklichkeit. Aelternlos geworden, arm, vcrheirathete ihr Vormund sie, um sich der Obhut über sie zu entladen, an einen Künstler, und aller erträumte Zauber von Glück und Veseligung verschwand in einer mehr als dürftigen Lage. Ihr Gatte, ein Kupferstecher, ein ernster, arbeitsamer Mensch, auf nichts denkend, als sein tägliches Brot zu erwerben, war nicht wenig erstaunt, seine bescheidene Wohnung durch diese glänzende Erscheinung erleuchtet zu sehen. Das junge Madchen, welches Alles mit den Flammen der großen schwarzen Augen entzündenHzu wollen schien, konnte Einem bedünken, wie eine zierliche Gazelle, welche in die Höhle eines jnngen Bären fällt. Was soll aus beiden Theilen werden, was wird das Schicksal dieses Gatten, dieser Frau seyn? Wie werden sich diese Lumpen von Fries und diese Ueberbleibsel eines Purpurgewandes jemals verbinden lassen? Was wird dieses Kind der heitersten Poesie mit dem Bürger, was wird er, der prosaische Mensch, mit diesem leichten, schwärmerischen, ätherischen Wesen beginnen, dessen Lächeln, dessen Thränen, dessen Sprache er nicht versteht? — Nie sind zwei Wesen einander mehr fremd gewesen, nie zwei widersprechendere Naturen vereinigt worden! — Kann man sich eine schrecklichere Verbindung denken, als die des Ackcrstieres mit der Antilope? Was konnten sie einander seyn, was sagen? Der Eine in seine Arbeit vertieft, mühsam seinen Stichel in die Kupferplatte senkend; die Andere, verloren in ihren fieberhaften Träumen? — (Fortsetzung folgt.) Gaudirte Aepfelspalteu vom Baume der Erkenntniß. *) Von A. vigler. Dem Manne voll bitterer Erfahrungen wird jeder Blick in die Vergangenheit, wie Loth's rückschauendes Weib, zu — Sa!;. Was ist die,Vergangenheit anders, als die steingewordene Gegenwart? — Je älter der Mensch, je langsamer leine Pulse— desto schneller ereilt ihn die Versteinerung; — darum lebt der Greis nur in der Vergangenheit, das Kind uur in der Gegeywar^t. Die Seele des Menschen ist ein Krystall, in welchem das Licht des Lebens sich ia dei, verschiedensten Farben bricht; darum verdamme Niemanö seines Nachbarn Ansicht. Es gibt Leute, die für glücklich gelten, während sie am Rande des Verderbens schweben; sie sind, wie die Nachtwandler, die an den Zinnen des Daches herumklettern, wahrend wir sie im warmen Bette glauben. — Was ist das Bischen Freude oft mehr, als ein kleines Flacon mir Balsam, vom Schicksal neben die große Thränenflasche hingestellt, und kaum genug, um den Ohnmächtigen wieder zur Besinnung zu bringen? — Jeder Mensch hat seine eigene Geo- und Topographie für das Stück Erde, worauf er lebt: der Ort, wo er glücklich war, und sey 's ein Dörfchen nur, das ist die Haupt-stadt, und wo er nach bösen Menschen wieder gute Herzen getroffen, dort ziehc sich die natürliche Gränze von Land und Volk! — Das Leben, einst ein gemächlich breites 55and, ^ uun zum Seioenstricklein geworden, nur für Tänzer geeignet. — Um in die Fußstapfen unserer Vorältern zu treten, braucht man nicht ihre rohledernen plumpen Schuhe anzulegen. — Suchen wir die Freude nicht bisweilen, wie eine Feder, die hinter dem Ohre steckt? — Der menschliche Geist gleicht oft so sehr einer Mont-golfiöre, die in der Stube ausgelassen — wie ängstlich an der Decke irrt und daran stoßt, und die höhere^ Höhe sucht! — Um dauerhaft glücklich zu seyn, muß man im Glücke von der Pike auf dienen und nicht gleich al5 Hauptmann eintreten wollen. — So Mancher will lächeln, wie ein Philosophen-Maul, und schneidet Gesichter, wie ein Kind, dem mit Gewalt die Nase gesäubert wird. — Die Leidenschaften sind nichts, alö bestellte Ofenheizer, um in uns Menschen den Molochofen der Thieryeit glühend zu erhalten. — Mich langweilt das Volk, das da seine Gedanken in hölzernen Schachteln bei sich trägt und, wo immer ein Plätzchen leer steht, sie mit kindischer Selbstgefälligkeit aufstellt und manö'vriren läßt, wie bleierne Soldaten. — Nicht Jeder vertragc'5, den Nock der Gemüthlichkeit immer am Leibe zu haben; denn er wird dem Wclrmanne ^ 3u voniu voi'lio! - Es gibt wohl noch ärgere Aphorismen-Titel. 347 bäufig zu enge in der Nachr, weil er ein Kleid der Kindheit ist! Und leider haben wir keine gleichen Flecke mehr, uni dieß Kleid zu flicken, wenn es zerreißt. — Mehr als ein Mal ist das Pferd, anf dem ich durch's Leben tummle, mir schcn geworden und wild mir mir dnrch Feld und Au gerannr; — da habe ich denn, um nicht an den Bänmen meinen Kops zu zerschmettern, den günstigen Augenblick ergriffen und rasch den Arm um irgend einen grünen (Hoffnnngs^) Ast geschlungen, das Pferd aber weiter rennen lassen unrer meinen Füßen. — Es ist nnrichrig, mir Salis zu sagen: süße Vergessenheit! die Vergessenheit ist weder süs;, noch sauer: sie hat gar keinen Geschmack. — Der Mensch ist ein blinder Bettler, und der Hund, der ihn führt, ist die Zeit; schlä.u er sich blurig, so leckt sie ihm die Wunden. — Die Schmeichler sagen den großen Herren nicht selten darnm >'o viel S ü ßes, um ihnen durch Zuckereien die Zähne zn verderben. — Madchen von einst nnd jetzt. Eine Vilgattlle von Marius. Vor Zeiten, wo noch Hänslichkeir und Fleiß die Zierde, ja, der Scolz der jnngen Mädchen war, machren die Männer den Iungfranen, wie jetzt den jungen Damen bei der Toilerre, beim Spinnrocken den Hof. Emil, ein blonder Jüngling, ein Liebling der Mädchen von Nürnberg, bekam einst Lust, zu Heirachen. Seines Vaters Nachbar harre drei ehrsame Töchrer, gleich fleißig, sittsam und tugendhaft; von diesen nun wählte der jugendliche Freier sich eine zur Frau. Er besuchte eines Tages die drei Schwestern, fand ihre Rocken mit Flachs umwickelt, lobte ihren Fleiß, steckte aber heimlich einen Schlüssel in den Flachsüberzng des Rockens der älteren Tochter vom Hause, fand ihn jedoch am andern Morgen im Flachse wieder. Gleicher Weise ging eZ ihm bei der zweiten; — wie er aber seinen Schlüssel in den Flachs der drirten Tochter versteckt harte, sagte diese des nächsten Tages zu ihm: »Sie haben Ihren Schlüssel in meinem Rocken stecken lassen," und überreichte ihm denselben. »Du bist die Rechre!" rief, freudig überrascht, Emil, und nahm die fleißige Spinnerin zur Frau. — Aber auch schon dazumal gehörce Schlauheit unrer die Schaltenseiten des zarten Geschlechtes; denn zu jener Zeit gaben gar oft die Mütter den Töchtern den Rath, die gesponnenen Stücke Garn, welche man, damaliger Sitte gemäß, an die Stubenfenster hing, tüchtig auseinander zu ziehen, damit vorübergehende Ehelustige glauben, die Töchter des Hauses übertreffen alle anderen Mädchen an Fleisi. — Andere Zeiten — andere Sitten. Heuc zu Tage gibr es kein Garn in's Fenster zu hängen, man stellr sich selbst, statt des Garnes, dahin. — Feuilleton. (Schnelligkeit der Viscnbah «fahrten in England.) Die Schnelligkeit der Fahrten auf den englischen Eisenbahnen ist in fortwährenden: Zunehmen begriffen, ohne das;, bei der erforderlichen Sorgfalt, die Sicherheit des Trans- ports im mindesten dadurch beeincrächrig würde. Besonders vortheilhaft zeichnet sich in dieser Beiiemmg die Great-Western-Bahn aus, auf welcher, auf einer Strecke von H00 Meilen, regelmäßig schwere Wagenzüge von einem Gewicht von 20 Tons nur einer Geschwindigkeit von durchschnittlich mehr als 60 Meilen die Stunde (Marimnm der Geschwindigkeit, welches auf einzelnen Strecken eireicht wird, ist 70 Meilen mir Einschluß des Aufenthaltes befördert werden. (G^ansame Ungefälligkeit.) Vor einiger Zeit fuhr ein gewisser Mazure von Paris auf der Diligence nach seiner Heimat zurück, um sich dort im Kreise seiner Verwandren, von denen er Jahre lang getrennt gewesen, endlich niederzulassen. Er hatte dnrch angestrengte Arbeir sich ein kleines Eapiral ersparr, welches er nun mit harre. In der Nacht mußre er nun plötzlich eines Bedürfnisses wegen vom Wagen steigen, und da beging der Eonducteur die unverzeihliche Grausamkeit, fortzufahren, ohne ihn zu erwarten. Seit dieser Stunde hörte man nichts mehr von ihm. Seine Anverwandten wurden gegen den Conducteur klagbar, und dessen Prozeß hat nun eine sehr traurige Wendung genommen, da man vor einigen Tagen den Leichnam des unglücklichen mir allen Anzeichen der Ermordung und alles Geldes beraubr, nicht weit von jener Stelle, wo er den Wagen verlassen, gefunden hat. (Gräfenberg), die berühmte Kasrwasseranstalt, darf seit bahren mit Rechr eine Heilanstalt aller fünf Welttheile genannt werden, denn es befinden sich dort gewöhnlich an 700 Eurgäste aus allen europäischen Ländern, dann auch aus England, aus Asien, Afrika, hauptsachlich aber aus Amerika, und gegenwärtig weilt auch ein Gast aus Australien dort. (In Prag) fand den 17. d. M. Nachmittags auf dem Wolschauer Gottesacker, am Grabe des verewigten Schriftstellers W. A. Gerle, eine erhebende und rührende Trauerfeierlichkeit Stact, zu welcher Herr Theaterdirector I. Hoffmann die dortigen Lireraten eingeladen harte. (Tchlafhauben für Weinreben.) Der Landwirth Gschwa ndrner in Hernals hac ein Schutzmittel der Weinstöcke erfnnden; es besteht in hntförmigen Schirmen, welche den Stöcken über Nacht und bei Gefahr aufgesetzt werden. Diese Vorrichtung wird in der nächsten Sitzung der k. k. Landwirthschaft-Gesellschaft nähere Besprechung finden. (Tod dnrch Schrecken.) In Konstadt in Sachsen verlor ein Kind dnrch Schreck das Leben; es wurde nämlich aus Strafe auf einige Minuten in eine Stube gesperrt, in welcher kurz vorher ein Todter gelegen hatte. Das Kind starb wenige stunden darauf unter den heftigsten Zuckun» gen und Krämpfen.— Was soll man von dem Gefühle jener Aeltern halten, die ihre Kinder durch Aengstignng strafen? (Die Eapellmeister der österreichischen Mi-litärnlnsiken) haben, dem Vernehmen nach, die Absicht, einen Pcnsionsfond zu gründen. Der Anstoß geht von den in Böhmen stationircen au'. Man ist am Entwürfe der Staturen. Papierkorb des Amüsanten. »Voriges Jahr,« so erzählte ein Schauspieler, »logirre ich im Gasthof zum ***. Ich hatte damals Geld, und wenn ich Geld habe, sticht mich der Hafer. Nun hatte ich kurz zuvor einen alten Barbier czespielr und war mit Allem, was zu dieser Rolle gehörr, versehen. So klopfte ich denn eines Morgens, als Barrkratzer ausgerüstet, in dem Stockwerke, wo ich wohnre, rechts und links, an zwei Thüren an. »Kein Barbier gefällig?" — »Wünschen der Herr rasirr zn werden ?" — Ein Dutzend Herren nahmen mich an und ich seifte sie kunstmäßig ein. »'Mein Gort!" rief ich dann, ich habe 348 auf Nummer so und so mein Messer liegen lassen; in einer Minute bin ich wieder hier." Nachdem so das Dutzend glücklich angeweißt war, warf ich meine Perrücke ab, wechselte den Nock und seifte mich selber ein. Mittlerweile waren meine Kunden auf die Hausflur gelaufen und schrieen nach dem Barbier. Ich mischte mich unter sie und tobte und fluchte am ärgsten unter allen, indem ich Genugthuung für diesen Hohn verlangte. Der Wirth, die Kellner, die Stubenmädchen und an zwanzig andere Gäste eilten herbei, ja sogar die Barbiere, die im Gasthofe die Bärte der Gäste abzunehmen pficgren, stellten sich, ihre Unschuld betheuernd, ein. Ein unbeschreibliches Gelächrer erhob sich bei den: Anblick der dreizehn Eingeseiften. Der Wirch bemühte sich vergebens, m'ch zu besänftigen. Man fragce und forschte hin und her, aber die Sache blieb ein Geheimnis;, das ich jetzt, da es verjährt ist, zum, ersten Mal an's Licht ziehe." „Warum danken Sie mir niemals, wenn ich Sie hoflich grüße?" fragte Jemand einen aufgeblasenen Menschen, welcher in keinem Fache, als in der Flegelogie Ausgezeichnetes geleister hacre. „Entschuldigen Sie," erwiederte dieser wegwerfend, „aber ich habe Sie wirklich niemals bemerkt." — „Sie bemerken mich also nicht, wenn ich höflich grüße?" sagre jener, „nun gut, so werde ich Ihnen beim Begegne» immer einen tüchtigen Rippenstoß geben, vielleicht werden Sie mich dann bemerke»." Eine betagte Person boc sich neulich einem ledigen Herrn als Wirthschafterin an und versicherte in dein Briefe, den sie deßhalb an den Herrn schrieb: ihre Geduld sey unerschöpflich, ihr Charakter unermüdlich, ihre Wachsamkeit unwandelbar, ihre Gefälligkeit gränzenlos, ihre Geschicklichr'cir unbeschreiblich, ihre Sparsamkeit unerschütterlich, ihre Reinlichkeit unvergleichlich und ihre Redlichkeit unerreichbar. Der Herr schrieb ihr zurück: Nur wenn ihre Dienste auch unentgeltlich seyen, könne er sie brauchen. -^ Die Wirth-schafrerin ist noch zu vergeben. Ein industrieller Verleger wird nächstens eincin allgemeinen Bedürfnisse abhelfen. Er wird nämlich einen — Kalender herausgeben. Der Kalender soll den Titel führen: „Kalender fur Jene, welche sich vor lauter Kalendern nicht auskennen und nicht wissen, welche sie kaufen scllen." Man recknec auf einen sehr starken Absatz. Theater in Laibach. Mit dem heutigen verfließt bereits der vierzehnte Tag seit der Wiedereröffnung unsers Theaters. Können wir gleich aus den bisher gesehenen Leibungen den Kräften, Talenten und Fähigkeiten unserer dieß-jährigcn Vühncnmitgliedel noch keinen bestimmten, unverrückbaren Maß« stab anlegen, theils weil in einer solchen Zeit das Ensemble nock nicht, voll« kommen hergestellt seyn kann, theils weil mehrere aus der Gesellschaft noch nickt Gelegenheit gefunden haben mochten, ihre Vielseitigkeit darzulegen , oder auck in ihren glänzendsten Parthien vor uns zu trete» . so können wir wenigsteus unsere generelle Ansicht über die diesjährige Thra-tergeseUschaft und das bisher uns Gebotene offen aussprechen. Das Kpe-cielle wird in den einander sich anreihenden weitern Theaterberichten folgen. Nir sahen seit der Eröffnung folgende Stucke- ,.Donna Diana", „der Wollmarkt", „der alte Magister" (neu>. ,,Stadt und Land». ..Hamlet". ,,der Jude" lneu), ,.der Unbedeutende» (neu). ,,sarl der XII. auf Rügen, ,,die Tochter des Regenten" (neu> , ,,Sie ist verhcirathet», Mein Mann geht aus" (neu) und erst vorgestern ,.der Unbedeutende-als Reprise. Unter den benannten 11 Stücken, worunter 5 zum erste» Male gegeben wurden, gefielen entschieden: ,.der Woümaikt", ,.Hamlet», „der alte Magister», ,.der Unbedeutende«, „die Tochter des Regenten" und ,,Mein Mann geht aus". Das gerundete Zusammenwirken, das richtige Auffassen, das sseißiae u>,d consequente Durchführen, das sich in diesen Vorstellungen bemerkbar machte, war in den übrige» weniger sichtbar, ohne jedoch ein lotal.s Fiasco letzterer stücke herbeizuführen. Am übelsten kamen die zwei Produete von Kaiser: ,,Stadt und Land" und ,.S>e ist verheirathe!" wea. Bei dem erstern mag wohl die unglücklich singende Vishhändlersfrau Apollonia den größten Theil der Schuld vor dem Richter tragen. Da aber das Publikum so galant war, das wirklich verunglückte Debüt nicht auszuzischen, so wolle» wir auch nicht zurückstehen und daher über den Namen der Debütantin einen Schleier werfen» „Ein Mal ist lein Mal." und da es hier, wie zu hörcn, auch bei „cm Mal- bleibt, so möge es denn in Goltesncunen „kein Mal" seyn. Das sogenannte romantisch-komische Charakterbild ,.Sie ist verheirathet" verrath übrigens so weniq Charakter, als gesunden Witz und hat einige so unausstehliche Personen. wie z. 35. den faden Schloßinspector Dümmel, dieses wandelnde Sprichwörter-Lericon, daß es unsers Dafürhaltens nirgends recht durchgreifcn kann. Der Raum unsers Blattes ist so beschränkt, daß wir der fünf uns gebotenen Novitäten nur oberflächlich erwähnen können. „Der alle Magister". Schauspiel in ^ Akten von R. Benedir. ist gut und markig gezeichnet. Magister Reisland, das Bild eines echten deutschen Biedermannes und Schriftstellers, der über seine unriaennützige Gutmüthigkeit die Oeconomie vergißt, ist voll Wahrheit. Aber auck alle andern Personen in ihren verschiedenen Charakteren, stehen trefflich und mit Buh« nenkenntoiß durchgeführt da. Ein bedeutend schwächeres Product, ohne eigentlichen dramatischen Nerv, ist „der Jude", Schauspiel in ^ Acten, neu bearbeitet von Carl Seidclmann. Ts soll gezeigt werden. daZ ein Geizhals, namentlich ein Jude, auch ein Menschenfreund seyn könne, aber dieß geschieht auf eine so matte, lebensschwache Art, daß alles Interesse wegbleibt, .,Der Unbedeutende", Posse mit Gesang in 3 Acten von I. N e st r o u. Es ist entschieden, daß dieser Uebedeutende zu den bedeutendsten dramatischen Arbeiten des beliebten Verfassers gehöre, der in diesem Stücke einen eigene» Weg, eine ihm bis nun fremde, edlere Richtung eingeschlagen > so daß die Witz' funken seineo Geistes beim Verpuffen sich nicht mit der Schlacke gemeint, anzüglicher Gasscnzoten vermengen. Die Itee, daß die bürgerliche (M^ auch dem Unbedeutendsten über Alles gehen könne und solle, und daß ^ als rechtlicher Mann den Hochgestelltesten nicht zu scheuen brauche, ja >n seiner Würde über den Vornehmern weit hervorrage, wenn dieser seiner Pflichte» vergißt, kann man »ur als eine sehr glückliche bezeichnen. Nur sollte Neltroy seine Posscnslücte nickl so ühr bevölker» . das hcißt, sie inil weniger Perlonen durchführen, denn ein Eland von 30 Personen, oft darüber > ist bei ihm nichts Neues; allein dieß thut der Haupthandluiig durch die viele», oft unnothwcndigen Ncbenscencn Eiülrag. schwächt den Tctalcindruck und erii wert den Ueberblicl des Zusammenhanges. Das Stück, mehr Lebensbild als Pofjc, erfreute sich des wohlverdienten Bei« falls. — «Die Tochter des Regenten," fünfacligei. historisches Drama lnickt Lustspiel, wie dcr Zettel besagte) vo» Alexander Dumas, übersetzt von H. Börnstein. Schade, daß dieses vortreffliche Drama, vor Kurzem erst in Paris überseht und wahrscheinlich in Deutschland hierorts zuerst aufgeführt (Herr Director Tt>om^ bezieht die beste» französischen Novitäten »n trefflicher Uebersetzung gleich nach ihrem Erscheinen oirect aus Paris), nicht früher besonders annoncirt wurde, sie hätte ein weit zahlreicheres Publikum angelockt. Das Slück hat entschit-dene dramatncke Wirkung, ist durch ^ Acte überaus spannend und stets interessant; die Charaktere des Herzogs Interims « Regenten von Frankreich während der Minderjährigkeit Ludwigs XV. , dann des schlauen, einflußreichen Sccretärs Dubois und des edlen Baron Gaston von Chan« ley sind mit warmen Farben gezeichnet und der geschichtliche Nimbus umschimmert vortheilhaft das Ganze. Das Stück wurde irefflich dargestellt.— „Der Ehemann in der Stadt, oder: mein Mann geht aus," Lustspiel in 2 Acten des 5. S c r i b e. — Lustspiele von G c r i b e zeichnen sich fast immer durch pikante, wirksame scenische Behandlung , wie durch geschickte, leicht geschürzte Anlage aus. So auck dieses. Die Bekehrung eines leichtsinnigen , seine Frau vernachlässigenden modernen Ehemannes (Weckselagent Blumenkron) ist hier höchst drastisch veranschaulicht. den sein Gegen-füßler, Doctor Parlhels, sehr glücklich contrastirt. Das Stück erregte viel Heiterkeit. Nach diesem kurzen Resum« wollen wir denn endlich auf die Dar» steller selbst übergehen. Leopold Kordesch. (Beschluß folgt.) Verleger: Ignaz Alois Gdler v. Kleinmayr.