KATHOLISCHE MISSIONSZEITSCHRIFT SEPTEM BER0KT0BER'1955-4Ö.JAHRCANG Inhalt P. Karl Fischer: „Gib uns heute unser tägliches Brot!" .......................... 97 Br. Johann Merz: Die Eingeborenen kommen zur Mühle .............................. 101 Aus der Diözese Lydenburg ....................................................... 103 P. Wilhelm Kühner: Notizen aus Pretoria (Fortsetzung) ........................... 105 P. Peter Taschler: Unsere Arbeitsgebiete in Peru ................................ 110 Br. August Cagol: Königslanze und Kreuz (Fortsetzung) ........................... 112 Hugo Kocher: Der Schatz des Inka (Fortsetzung) .................................. 117 Fr. Oskar Hofmann: Dich ruft das Leben! ............................. 4. Umschlagseite Das vordere Umschlagbild zeichnete Rudolf Wirth, München. Zur gefälligen Beachtung Die Missionszeitschrift „Stern der Neger" erscheint alle zwei Monate im Umfang von 24 Seiten. — Der jährliche Bezugspreis beträgt in Deutschland DM 2.50; in Österreich 12 Schilling; in Italien 300 Lire. — Allen, die den Bezugspreis für 1955 schon gezahlt haben, sagen wir ein herzliches Vergelt's Gott. Bestellungen werden entgegengenommen: In Deutschland vom Missionshaus Josefstal, Ellwangen (Jagst), Württemberg; in Österreich vom Missionshaus Maria Fatima, Unterpremstätten bei Graz; in Italien vom Herz-Jesu-Missionshaus in Milland bei Brixen. Einzahlungen sind zu richten: In Deutschland auf das Postscheckkonto Stuttgart 54 066 Missionshaus Josefstal; in Österreich auf das Scheckkonto 86211 „Stern der Neger"; in Italien auf das Herz-Jesu-Missionshaus in Milland bei Brixen. Miffionegebetemeinungen Vom Heiligen Vater gutgeheißen und gesegnet September: Daß bei der kulturellen Hebung der Völker der christlichen Erziehung der erste Platz eingeräumt werde. Oktober: Daß Fortschritt und Schwung der missionarischen Arbeit, besonders in Afrika, nicht durch den Mangel an Geld und an Arbeitskräften aufgehalten werden. Herausgeber und Verleger: Kongregation der Missionäre Söhne des Heiligsten Herzens Jesu, Josefstal bei Ellwangen (Jagst), Württemberg. Postscheckkonto Stuttgart 54 066. — Schriftleitung: P. Stephan Untermann. — Druck: Schwabenverlag AG., Zweigniederlassung Ellwangen (Jagst). Mit kirchlicher Druckbewilligung und Erlaubnis des Generalobem. Stern Öer Neger KathoUfche Miffions^Zeitfchrift Herausgegeben oon öer Kongregation Miffionäre Söhne öes Heiligften Herzens Jefu 48. Jahrgang Hefts „Gib uns heute unfer tägliches Brot!" Von P. Karl Fischer, Reichenau (Natàl) Unsere Schwarzen wissen, um was wir in dieser Vaterunser-Bitte den lieben Gott anflehen. Jedes Kind kann es aufsagen: „Wir bitten den lieben Gott um daš Brot der Seele und seine Gnade, aber auch um Hilfe in unseren täglichen Bedürfnissen." Eine der größten Sorgen jener Schwarzen, die fern von den Städten in ihren Siedlungen leben, ist die Sorge um das tägliche Brot im wörtlichen Sinn. Diese Sorge hat ihre guten Gründe. Steiniges Siedlungsland In vielen Fällen ist das Land, das man den Schwarzen zur Siedlung überließ, recht bergig und steinig. Geeignete Plätze für gute Felder gibt es nur wenige. Man hat deshalb an den Abhängen der Berge Felder angelegt. Hier schwemmen aber die schweren Regengüsse das gute Erdreich fort. Man tut nichts dagegen, teils aus Bequemlichkeit, teils auch, weil es an Männerkraft fehlt, arbeiten doch die meisten Männer in den Städten und in den Bergwerken. Die Folge ist, daß der Boden immer steiniger und unfruchtbarer wird. Schlechte Bewirtschaftung Der Schwarze pflegt alles recht oberflächlich zu machen. Beim Biertrinken macht er eine Ausnahme. Das tut er mehr als gründlich. Es ist allgemeiner Brauch, daß zur Pflügezeit die Männer und Burschen zum Bestellen der Felder nach Hause kommen. Aus diesem Grund muß der Arbeitgeber Urlaub gewähren. Was tut aber die Mehrzahl der Urlauber? Sie greifen nicht mit fester Hand zum Pflug oder Spaten, sondern stolzieren in feinen Kleidern und mit bunten Krawatten den ganzen Tag herum und besuchen ein Biergelage nach dem andern. Wenn ein strenger Familienvater auf ihrer Arbeit besteht, dann ziehen sie wohl mit Vieh und Pflug, begleitet von ihren kleineren Brüdern, aufs Feld. Hier zieht der feine Herr die erste Furche, dann überläßt er den Pflug seinem kleinen Bruder und treibt mit der Peitsche die Ochsen. Es kümmert ihn nicht, daß der schwache Bub bald rechts, bald links mit dem Pflug aus der Furche geschleudert wird und daß die Furchen krumm und ungleichmäßig werden. Bald hat er auch das Treiben satt, übergibt die Peitsche einem anderen seiner ’ kleinen Brüder, setzt sich todmüde ins Gras und greift zum Bierkrug, den bereits eine seiner Schwestern oder die Mutter gebracht hat. Wir lachen beim Anblick derartig gepflügter Felder, aber der Schwarze ist für gewöhnlich damit zufrieden. Schnell wird dann der Mais gesät, und die Arbeit ist für diese Herrchen erledigt. Es tut ihnen herzlich leid, daß die schwere Pflügezeit so schnell vergeht und sie wieder zur Arbeit in die Stadt müssen. Die weitere Sorge für das Feld obliegt nun den Frauen und Mädchen. Vor allem das Jäten. Aber mag ihre Arbeit noch so gut sein, nie kann sie das richtige Pflügen und den notwendigen Dünger ersetzen. Die Ernte fällt daher auch dementsprechend aus: Ein großes Feld bringt ein paar Säcke wurmzerfressenen Maises. Die Brombeerstaude als Unkraut Dieses Dorngestrüpp hat sich ungemein schnell verbreitet und bedeckt weite Flächen des Weidelandes und der Felder. Vor 25 Jahren hatte ich in der hiesigen großen Amakhuza-Siedlung keine einzige Brombeerstaude gesehen. Jetzt ist dieses Unkraut, wahrscheinlich von den Störchen eingeschleppt, der Bodenfeind Nr. 1 geworden und hat sich auch über die Farmen der Europäer ausgebreitet. Am meisten leiden die Schwarzen darunter, weil es ihr Weide- und Ackerland immer kleiner macht. Kein Eigentumsrecht am Boden Wenn ein Pferdeknecht die Tiere seines Herrn „seine" Pferde nennt, dann nimmt man an, daß er an den Pferden ein Interesse hat und sie richtig behandelt. Der Schwarze hat wenig Interesse am Boden, weil er keine Erdscholle sein Eigen nennen kann. Wenn er eine Hütte bauen will, muß er die Erlaubnis seines Häuptlings haben. Will er auf einem Stück Land ein Feld anlegen, braucht er ebenfalls Erlaubnis. Er weiß, daß ihm diese Erlaubnis jederzeit ohne weiteres entzogen werden kann. Er weiß bestimmt, daß er den Neid anderer und besonders des Häuptlings erregt, wenn er durch gute Bodenpflege eine gute Ernte erzielt. Er muß dann damit rechnen, daß ihm die Benützung des Feldes entzogen wird. Darum hat niemand ein großes Interesse, den Boden zu schützen und zu verbessern. Die Regierung erkennt jetzt, daß es nachteilig ist, wenn die Schwarzen kein Eigentumsrecht am Boden haben. Man denkt daran, ihnen zu erlauben, daß sie jn ihren Siedlungen ein Stück Land oder eine kleine Farm kaufen können unter der Bedingung, daß sie ihre Felder richtig pflügen und pflegen. Schmalhans ist Küchenmeister Daß in den Siedlungen der Schwarzen der Brotkorb hoch hängt, ist aus den angegebenen Gründen leicht verständlich. Die Hauptnahrung der Eingeborenen besteht aus Mais. Der wenige, den sie von ihren Feldern ernten, wird zudem fast ganz verbraucht, bevor er die richtige Reife erlangt hat. Eine Lieblingsspeise, die auch von Europäern nicht verschmäht wird, ist nämlich der noch grüne Mais, Im Hof vor dem Kaufladen. Der gekaufte Mais wird in kleinere Säcke umgefüllt, mit denen dann die Lasttiere beladen werden. wobei der ganze Kolben in Salzwasser gekocht wird. Sie bereiten ihn auch noch auf eine andere Weise. Die noch weichen Körner werden vom Kolben abgeschnitten, in einem ausgehöhlten Baumstamm zerstoßen; der so entstandene Brei wird in Knödelgröße in die Deckblätter des Kolbens eingehüllt und gebraten. Das gilt ihnen als Delikatesse, die tatsächlich recht gut schmeckt. So wird der Mais aufgegessen, bevor er richtig reif ist. Wenn dann diese Tage vorbei sind, haben sie nichts mehr zu essen. Sie bauen nämlich auf ihren Feldern nur Mais und dazwischen einige Bohnen und Kürbisse. Jetzt suchen sie auf den Feldern nach eßbaren Pflanzen herum, die sie wie Spinat unter den Maisbrei mischen. Sie essen alles mögliche Unkraut. In diesen Tagen sah ich selbst, wie sie die Blätter vom Nachtschatten (Solanum nigrum) ihrem Maisbrei beifügten. Das Quantum Maisbrei im Kochtopf wird immer kleiner, und der Bierkrug wird trocken. Mit Sehnsucht erwartet man den Monatsanfang, wo ein Geldbrief aus der Stadt vom Vater oder vom großen Bruder eintreffen soll. Der Geldbrief kommt Neues Leben kommt in die ganze Siedlung, in jede einzelne Hütte, sobald diese Geldbriefe eintreffen. Die kleinen Buben eilen in die Berge, um die Esel oder Pferde zu holen. Die Großtöchter ordnen ihre Haarfrisur. Der alte Vater sucht die notwendigen Säcke zusammen. Die Mütter flechten aus Gras die Stricke, mit denen die Säcke auf die Lasttiere gebunden werden. Wie ein Festtag ist es, wenn die Großtochter dann am Morgen die Buben ruft, die Lasttiere mit den leeren Säcken beladen läßt, der Vater ihr Reitpferd herrichtet, mit oder ohne Sattel je nach den Vermögensverhält-nissen, und wie dann der Zug der Esel oder Pferde, gepeitscht und getrieben von den halbnackten Bürschchen, den steilen Bergpfad hinaufzieht, die Großtochter hoch zu Roß hinterher. Heute hat nämlich sie das Kommando, denn als Familienköchin hat sie den Kauf des Maises zu besorgen. Das Geld dazu hat sie in ihren Gürtel gebunden und auf ihrem Rücken trägt sie eine Eßschüssel, in der heute das Festessen hergerichtet wird für Vor dem Heimritt tut sich die Großtochter mit ihren zwei Brüdern an Weißbrot gütlich, das in Zuckerwasser eingetunkt wird. (2 Aufn. K. Fischer) sie und ihre Brüder: Zuckerwasser mit frischem Weißbrot. Beim Kaufladen Der, Mais wird in Säcken von einem bestimmten Gewicht gekauft. Diese zieht die Großtochter mit ihren Buben auf den freien Platz vor dem Laden hinaus und verteilt den Mais in die mitgebrachten Säcke für die Lasttiere. Sind die Lasten gut auf die Tiere gebunden, so werden diese auf einen eingehegten Platz getrieben; die Großtochter aber geht nochmals in den Laden und kauft Zucker und Brot und was sie sonst noch braucht oder heimbringen soll. Darunter ist immer ein Bündel Tabak zum Schnupftabakmachen für die Mutter und ein Päckchen Rauchtabak für den Vater. Obwohl viele dieser Töchter nicht lesen und schreiben können, weiß jede genau, was sie mit ihrem Geld kaufen kann. Jedes Ding, das sie kauft, bezahlt sie eigens und läßt sich den Rest herausgeben. Die weißen Verkäufer sind das schon gewohnt und haben stets genug Kleingeld auf Vorrat. Und das Geld wird ausgegeben bis auf den letzten Pfennig. Weißbrot und Zuckerwasser Nun geht sie hinaus zu ihren Brüdern, die schon lange auf sie warten, bindet sich die Schüssel vom Rücken, läßt sie mit Wasser füllen, mischt den Zucker bei, bricht das Brot in Stücke und legt dieselben um die Schüssel herum. Die bei den Zulus üblichen Anstandsregeln werden auch bei dieser Gelegenheit eingehalten. Die Eßschüssel und das Brot darf nicht auf dem bloßen Boden liegen. Da sie die Eßmatte nicht mit hat, nimmt sie ihr Schultertuch und breitet es als Tischtuch auf den Boden. Sie selbst darf auch nicht auf dem blanken Boden sitzen, sondern nimmt Platz auf einem Sack oder auf , einer Decke, die sie zum Schutz gegen Regen mitnahm. Für die Buben gibt es keine Vorschriften. Der Tisch ist nun gedeckt, die Schüssel mit Zuckerwasser steht da, und auch das Brot ist hergerichtet. Man sitzt herum, der eine Bub schaut dorthin, der andere anderswohin, aber jeder schielt mit einem Auge auf die Schüssel. Das Mädchen darf nämlich nicht vor den Brüdern mit dem Essen beginnen. Die Buben aber trauen sich nicht anzufangen, weil sie heute unter dem Kommando ihrer Schwester stehen. So wartet eins aufs andere. Schließlich nimmt die Tochter ein Stück Brot, taucht es in das Zuckerwasser und reicht es dem ältesten Buben. Dieser beißt ein Stück ab Ein Eselskarren fährt auf dem Hof der Missionsstation Gien Cowie ein und bringt Mais zur Mühle. und gibt es'weiter, und jetzt beginnen alle zu essen. Der letzte Brocken bleibt wieder liegen, weil ihn niemand nehmen will. Die Tochter teilt ihn in gleiche Teile und jeder nimmt seine Portion. Wenn aber ein Hund da ist, wirft die Tochter diesen letzten Brocken dem Hund vor, der schon lange darauf gewartet hat. Das Festmahl zu Hause Nach einem solchen Einkaufstag hat die Großtochter daheim sehr viel Arbeit. Sie braucht jetzt zwei Arten von Mehl, die eine für den Maisbrei, die andere für das Bier. Mit einem Stein in der Hand zermahlt sie den Mais auf dem Mühlstein. Das ist eine anstrengende Arbeit. Sie ladet Freundinnen zur Mitarbeit ein, die dann auch am Essen und Trinken teilnehmen dürfen. Wenn das Bier in Gäh-rung gekommen ist, ungefähr am dritten Tag nach dem Kochen, ergeht an die Nachbarn, die ja alle Verwandte sind, die Einladung, zum Festmahl zu kommen. Zu diesem Zweck wird ein weißer Fetzen an einer langen Stange im Kral aufgerichtet. Dieses Zeichen besagt: Heute wird hier Bier geseiht. Wenn nämlich das Gebräu gegärt hat, wird es durch einen aus Gras geflochtenen Sack durchgeseiht, damit die Treber Zurückbleiben. Zum Mahl ist reichlich Maisbrei vorhanden. Wenn der Brotkorb durch das Geld aus der Stadt wieder gefüllt ist, dann ist auch hier geteilte Freude doppelte Freude. Die Eingeborenen kommen zur Mühle Von Br. Johann Merz, Sandriver (Transvaal) Auch der Neger geht mit der Zeit. Hat er früher seinen Mais gestampft, so bringt er ihn jetzt zur Mühle. Während meiner 3Väjährigen Tätigkeit in Gien Cowie war ich über ein Jahr in der Mühle. Von dieser Müllerei will ich nun ein wenig erzählen. Auf der Missionsstation Gien Cowie haben wir täglich für etwa 500 hungrige Mägen zu sorgen. Einschließlich Spital So sieht es an einem Hauptmahltag auf dem Missionshof in Gien Cowie aus. Das rechte Gebäude im Hintergrund ist die Mühle. (2 Aufn. F. Bratina) und Schule brauchen wir dazu mehr als 2V2 Sack Maismehl. Unser Mühlenbetrieb ist staatlich geprüft und anerkannt. Damit haben wir die Befugnis, auch für die Umgegend Mais und Kaffernkorn zu mahlen. Dienstag und Freitag sind für die Regierungskontrolle die Hauptmahltage. Gibt es ein günstiges Regenjahr, wie z. B. 1953 und 1954, so stehen Tag für Tag 80 bis 90 Säcke Mais vor dem Mühlentor. Geht zu Hause dem Schwarzen das Mehl aus, so schaut er zunächst zum Himmel hinauf, um zu sehen, ob das Wetter schön bleibt. Wenn damit zu rechnen ist,-dann werden die Ochsen oder Esel von der Weide geholt, der Mais oder das Kaffernkorn in Säcke gefüllt, auf Karren geladen oder auch dem Esel aufgebürdet, und los geht es, bergauf, bergab auf der glühend heißen Straße nach der Mühle. Alle nur verfügbaren Kleider und Tücher werden hervorgeholt, angezogen und umgehängt, denn für den Schwarzen ist der Mahltag ein wichtiges Ereignis. Daß insbesondere die Evastöchter sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen, ist selbstverständlich. Mit allen möglichen bunten und scheckigen Tüchern wollen sie zeigen, wie schön sie sind und wie hübsch sie sich kleiden können. Wegen der schlechten Wege kommen die Leute manchmal mit 14 bis 16 Ochsen vor dem Wagen angefahren. Man kann sich denken, was das bei der Ankunft für ein Hallo der Mitfahrenden und ein Geschrei des Fuhrmanns absetzt. Frauen, Mädchen und Kinder kommen häufig auch mit Eselskarawanen an, wobei das Langohr oft eine Last von einem Zentner zu tragen hat. Wenn nun an manchen Tagen mehrere solche Gesellschaften zur selben Zeit bei der Mühle Zusammentreffen, kann man sich leicht vorstellen, wie es da auf dem Missionshof zugeht und welch ohrenbetäubender Lärm sich erhebt. Armer Müller! Gut, daß im Kloster Geduld gepredigt wird, denn hier muß sie geübt werden, sonst kommt man überhaupt nicht zu Streich. Aber nicht nur bei Tag, sondern auch in der Nacht kommen die Schwarzen an- gefahren. Vor dem Tor machen sie Halt und legen sich einfach unter den Wagen bis zum Morgen. Manchmal möchte man meinen, der Neger sieht bei Nacht besser als am Tag. Freilich verdirbt es einem die gute Laune, wenn man morgens das Tor aufmachen will und die nächtlichen Ankömmlinge haben davor ihre Maisund Kornsäcke aufgestapelt, da ein jeder zuerst drankommen will. Einige haben zwei Tage zur Mühle. Bis sie wieder heimkommen, vergeht beinahe eine Woche. Die Mühle wird durch einen Dieselmotor von 35 Pferdekräften getrieben. Diese Maschine ist für die Schwarzen eine Art Wunderwerk. Sie können nicht begreifen, wie der Motor so lange arbeiten kann, ohne müde zu werden. Ein anderes Rätsel bleibt ihnen der Vorgang, daß sie am Boden durch ein Gitter ihren Mais hinabschütten und dann sehen, wie an einer anderen Stelle das saubere, schöne Mehl herabrieselt. Einer sagte mir einmal: „Ich möchte doch in den Kopf der Weißen hineinschauen, um zu sehen, was da alles drin ist." Ich dachte bei mir: „Gut, daß du es nicht kannst." Große Schwierigkeiten gibt es, wenn es ans Zahlen geht. Die einen hängen an ihrem Geld und suchen zu feilschen. Andere können nicht zählen und sind daher mißtrauisch, sie möchten übers Ohr gehauen werden. Dann muß ein schwarzer Rechenkünstler ihre Furcht zerstreuen. Es gibt aber auch solche, die einfach ihr Geld hergeben und sagen: „Da hast du mein Geld; nimm deinen Anteil." Es ist schade, daß die Schwarzen so wenig für die Zeiten der Not Vorsorgen. Fällt der Regen zu richtiger Zeit, dann sind die Mais- und Kornkörbe voll, und das liebe Vieh sucht und findet das ganze Jahr sein Futter von selbst. Kommt aber dann ein Mißjahr, so ist die Not groß, und scharenweise kommen sie mit wehen Klagen und herzerweichenden Berichten über ihre traurige Lage auf die Missions-statron. Leider ist es aber dann dem P. Rektor in solchen Verhältnissen nicht möglich, Brotvater für alle Angehörigen seiner großen Pfarrgemeinde zu sein. Aue Öer Diözefe LyOenburg W i t b a n k Exzellenz Bischof Riegler schwer erkrankt! Aus Südafrika traf die Nachricht ein, daß der Oberhirte der Missionsdiözese Lydenburg, Exz. Bischof Johannes Riegler, sehr schwer erkrankt ist. Einem Brief von P. Wilhelm Kühner entnehmen wir darüber folgendes: „Soeben komme ich von Johannesburg zurück, wo ich unsern kranken Bischof besuchte. Schon wochenlang hatte er Schwierigkeiten mit seinem rechten Bein, das schließlich ganz gelähmt war, so daß ihn der hiesige Doktor zu einem Spezialisten nach Johannesburg sandte. Am Herz-Jesu-Fest wurde Exzellenz ins Kensington-Sanatorium gebracht. Die Ärzte sagten, vermutlich hänge die Lähmung mit einem Unfall zusammen — Exzellenz hatte nämlich den Kopf schwer an den Boiler in der Küche angeschlagen. Ich telefonierte von Witbank letzten Freitag an und erfuhr, Exzellenz sei in ein anderes Krankenhaus überführt worden. Wie ich ihn heute dort besuchte, hörte ich den ganzen Ernst der Lage. Es liege eine Verletzung des Gehirns vor. Der Bischof war sehr schwach. Ich konnte nur kurz mit ihm sprechen, um 1 Uhr und dann nochmals um 4 Uhr, bevor ich zurückkehrte." — Das ist die traurige Nachricht aus Transvaal. Wir empfehlen den erkrankten Oberhirten unserer südafrikanischen Missionsdiözese dem frommen Gebet unserer Freunde und Leser. Maria Trost Die Prediger des Rosenkranzkreuzzugs in Südafrika Vielleicht hat mancher Leser schon von Father Peyton gehört oder gelesen. So heißt jener amerikanische Priester, der sich die Aufgabe gestellt hat, einen Kreuzzug für den Rosenkranz zu predigen, damit diese tieffromme und volkstümliche Gebetsweise wieder Heimatrecht in den christlichen Familien erhalte und zur mächtigen Waffe werde in den großen Nöten unserer verwirrten Zeit. Dieser moderne Kreuzzugsprediger ist zur Zeit in Südafrika und hält überall Predigten und Versammlungen, auch in der Diözese Lydenburg. Von seinem Besuch in Maria Trost berichten die folgenden Zeilen von Br. Lamprecht: „Am Dienstag nach Ostern kam Fr. Peyton nach Lydenburg; aber wegen des schlechten Wetters konnte die Feier nicht planmäßig gehalten werden. Tags darauf hatten wir das Glück, Fr. Peyton in Maria Trost zu sehen. Er hielt an die Schüler der Station eine Ansprache und ermahnte sie, auch zu Hause mit ihren Eltern den Rosenkranz zu beten. Seither beten aus freien Stücken eine Gruppe unserer Buben und Mädchen jeden Abend den Rosenkranz. Auch von den auf der Farm wohnenden und sonst zur Pfarrei gehörenden Schwarzen haben viele das Versprechen unterschrieben, zu Hause täglich den Rosenkranz zu beten." Gien Cowie Lebt Hitler noch? Vor einigen Tagen besuchte ich unsere Kranken im Spital. Im Krankenzimmer der Kinder sah ich die Krankenzettel (Fieberkurventafeln) durch, um nach einem Schulkind zu suchen, das ich von einer Außenstation ins Spital gebracht hatte. Nicht alle kranken Kinder sind nämlich in ihren Betten. Was irgendwie laufen kann, springt draußen in der Sonne herum. Beim Suchen nach diesen Namen las ich auf einmal auf einem Zettel den Namen „Hitler". Ich las immer und immer wieder und traute doch meinen Augen nicht. Ich suchte dann den Buben und fragte ihn: „Leina la gago ke mang?" (Wie heißt du?) — Er erwiderte: „Nua ke Hitler" (Ich heiße Hitler). Ich konnte das Lachen nicht verhalten. „Hitler" ist im Spital! Diese Nachricht hat trotz aller schlimmen Erinnerungen an Hitler im Kreise der Mitbrüder viel Heiterkeit ausgelöst. Wie kommt der Bub nun zu diesem Namen? Die Lösung denke ich mir sehr einfach. Der Negerbub ist jetzt etwa zwölf Jahre alt. Als er 1943 geboren wurde, war Hitler noch an der Macht. Father Peyton, der Prediger des Rosenkranz-Kreuzzugs, auf der Missionsstation Maria Trost. Zu seiner Rechten steht der inzwischen schwer erkrankte Missionsbischof Exz. Johannes Riegler. Father Peyton mit zwei feingeborenen Schwestern bei den schwarzen Schulmädchen von Maria Trost. (2 Aufn. X. Vogel) In Eglinton baut P. Franz Tremmel eine neue Missionsstation auf. Vorläufig besteht sie nur aus zwei primitiven Hütten, die ihm der frühere Besitzer hinterlassen hat. Die größere Hütte im Vordergrund wird als Schule benützt, die kleinere (runde) dient als Wohnung. Br. Johann Lamprecht beim Schulbau in Acorn-hoek. Um diese Schule machten sich mehrere Wohltäter sehr verdient. Ein reicher Engländer, dessen Frau katholisch ist, gab den Bauplatz; ein deutscher Katholik stiftete 60 Sack Zement; ein Sägewerksbesitzer, ebenfalls ein Deutscher,' lieferte das Bauholz zu sehr billigem Preis. Die Schule ist U. L. Frau von der Himmelfahrt geweiht. (2 Aufn. Archiv) Dieser schwarze Junge, Patient im Krankenhaus von Gien Cowie, heißt „Hitler“ Moganedi. (Foto F. Bratina) Sein Ruf drang in alle Weltteile. Vielleicht hatte der Vater dieses Buben damals in der Stadt gearbeitet und durch das Radio oder die Zeitung oder in Gesprächen mit Arbeitskollegen von Hitlers Kriegszügen gehört. Das hat ihm imponiert und er kam zu dem Entschluß, seinem Buben den Namen Hitler als Vornamen zu geben. Mit dem Familiennamen heißt er Moganedi. So ist der Name Hitler bis in den südafrikanischen Busch gedrungen und lebt dort weiter. Der Bub weiß natürlich nicht, wie er zu diesem Namen gekommen ist; seine Eltern werden es ebenfalls nicht mehr recht wissen, denn sie hören und lesen nichts mehr von Hitler. Doch der Name blieb dem Buben und so kam Hitler nach Gien Cowie. „Hitler" ist noch ein Heidenkind. Als sich P. Tremmel im Spital nach „Hitler" erkundigte, antwortete ihm die Krankenschwester: .Hitler' is number one (.Hitler' ist Nummer eins). Sie meinte damit die Bettnummer im Kinderabteil. Nummer eins, das paßt zu dem Namen, und so sagte P. Tremmel: „Sehr bezeichnend für .Hitler'." Doch nicht nur Hitler lebt mit seinem Namen fort. P. Bratina ist in seinem Arbeitsbereich einem Mädchen begegnet, das den Namen „Mussolina" hat. Also muß auch der Duce manchen Eingeborenen beeindruckt haben. Und an Ostern wurde in unserer Kirche in Gien Cowie „Churchill" getauft. Dieser Bub im vierten Schuljahr hat nun einen christlichen Namen‘erhalten, doch rufen ihn die Kameraden immer noch „Churchill". Obwohl wir hier in Gien Cowie sehr weit weg sind von den Brennpunkten des internationalen politischen Lebens, so leben doch große Namen unter uns weiter: Hitler, Churchill, Mussolini. — (P. Günter Brosig, Gien Cowie) Notizen aus Pretoria Von P. Wilhelm Kühner, Lydenburg (Transvaal) (Fortsetzung) Pretoria, 23. 8. 1953 Sonntag. Das war heute wirklich schön, erhebend, heimatlich. Die deutschsprechenden Katholiken Pretorias sind zahlreich zum Gottesdienst in der Kathedrale gekommen und haben diesesmal wirklich froh und kräftig gesungen: Alles meinem Gott zu Ehren — Großer Gott, wir loben Dich — Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren — Du Gottmensch bist mit Fleisch und Blut — Ein Haus voll Glorie schauet — Maria zu lieben . . . Ich fühlte mich wie in Neuses oder Laudenbach mit einer andächtigen deutschen Gemeinde vereint im Gotteslob. Trotz der späten Stunde — der Gottesdienst begann um 10 Uhr — gingen ungefähr zwei Dutzend Gläubige zur hl. Kommunion. In meiner Predigt sprach ich über unsere Pflicht der Dankbarkeit gegen Gott und ermahnte zum regelmäßigen Besuch der heiligen Messe am Sonntag, auch wenn nicht in Deutsch gepredigt und gesungen wird. Gott sei Dank ist die heilige Messe selbst nicht in Englisch oder Afrikaans, sondern in Latein. Ich bin wirklich froh darum. Das „Dominus vobiscum" ist ein Stück Heimat ; man könnte meinen, es sei Deutsch. Das Klingelbeutelopfer betrug 5 Pfund (über 50 DM), nicht schlecht für die Neusiedler. Zu diesem Gottesdienst latte ich ungefähr 90 Einladungen fortgeschickt und den Text der Lieder vervielfältigt. 25. 8. 1953 Die Sache mit der Garage funktioniert prächtig. Heute telefonierte ich um einen Wagen. In fünf Minuten war er da. Ich hatte in West Park zwei Familien zu besuchen. Mit dem Rad hätte ich eine Stunde trippeln und schwitzen können und wäre nachher todmüde gewesen. Mit dem neuen französischen Wagen und einem Schwarzen am Lenkrad wurde ich nicht müde, sparte Zeit und schonte meinen Anzug. Ich könnte ja das Auto selbst fahren, aber wegen der Versicherung ist es ratsam, daß ein Angestellter der Garage fährt. Ich benutze die Gelegenheit, um mich etwas über die Lebensbedingungen der Schwarzen zu erkundigen. Mein Chauffeur erzählte mir von seiner Familie, seiner Religion — er ist Mitglied der englischen Kirche — und von seinem Lohn. In der Woche verdient er dreieinhalb Pfund. (Ein weißer Arbeiter, z. B. die deutschen Schlosser in den hiesigen Stahlwerken, hat einen Wochenlohn von 12 bis 15 Pfund!). Die soziale Frage Südafrikas! — Natürlich gab ich dem guten Mann ein Trinkgeld. Sein Häuptling ist im Sekukuniland. Unsere Missionsstation dort, Gien Cowie, kennt er gut. Bei meinem Besuch mußte ich die Worte hören: „Sie sind der erste Priester, der unser Haus betreten hat!" Wie notwendig wären Hausbesuche! Aber leider sind wir nur zwei Geistliche in der weit ausgedehnten Pfarrei. Wir kommen einfach nicht dazu, alle Familien zu besuchen. Und West Park gehört an sich nicht einmal zur Dompfarrei. Es sollte eine eigene Pfarrei dort angefangen werden. Doch es fehlt an Priestern. Der August ist der Monat des Staubes und des Windes. In Johannesburg binden sich die Leute sogar im Auto ein Tuch vor Mund und Nase. Dort sind ja ungeheure Berge von Erde, die aus den Goldminen gefördert, durchsucht und hernach auf diese Ablagerungsstätten gefahren wurde. In Welkom, so berichtet heute die Zeitung, mußten die Hausfrauen schon wochenlang wegen des Staubes den Waschtag verschieben. In Pretoria merkt man nicht so viel vom Staub, da es hier weder Gold- noch Kohlen-, noch Diamantenminen gibt. 26. 8. 1953 Von verschiedenen Deutschen und Iren habe ich es nun bestätigt bekommen: Wenn sie nach Jahren von Südafrika in ihre Heimat zurückkommen, sehnen sie sich wieder nach Südafrika. Und warum? Die Antwort ist immer die gleiche: Die Sonne! Man gewöhnt sich schwer wieder an Regenwochen, Kälte, Schnee und Nebel, wenn man die südafrikanische Sonne gekostet hat. 28. 8. 1953 Zwei Eucharistinerpatres von Lorenzo Marques sind hier zu Gast. Sie erzählen vom Verhältnis der Weißen zu den Schwarzen in Mozambique (Portugie-sisch-Ostafrika). Warum geht es dort ohne die Rassenschranke? 2. 9. 1953 Ich bereite die Predigt vor für das Fest des heiligen Peter Claver. Er hat das soziale Problem Südafrikas als Sklave der Negersklaven glänzend gelöst. Wir brauchen nicht neue Systeme, sondern gelebtes Christentum. 4. 9. 1953 Herz-Jesu-Freitag. In der 8-Uhr-Messe ist die Kirche voll jungen Volkes. Die Mädchen der Konventschule singen sogar zum Spiel der Orgel einige einfache englische Kirchenlieder. Etwas Außergewöhnliches für hier, wo Volksgesang in der Kirche selten ist. Die meisten gehen zur heiligen Kommunion. Der Mittelgang ist von vorn bis hinten angefüllt mit zwei Reihen, die sich ehrerbietig dem Tisch des Herrn nahen. Eine junge Mutter hat ihr Kind im Kinderwagen in das Gotteshaus ge- bracht und hinter der ietzten Bank so hingestellt, daß das Gesicht zum Altar sieht. Der Kleine verhält sich mit Ausnahme einiger Kräher ganz still. Auch junge Männer sind hier. Ich sehe meinen Freund, den assistant-manager, mit seiner Frau zum heiligen Gastmahl treten. Nach dem Segen begrüße ich ihn außerhalb der Kirche. Er stellt mir erneut ein Auto zur Verfügung und ladet mich für nächsten Montag zu sich ein. Sein Flaus ist auf einer Farm, ungefähr 20 Meilen von hier. Das heiligste Herz unseres Erlösers hat die Menschen doch an sich gezogen. An seinem Tag, seinem Todestag, seinem Ehrentag, einem gewöhnlichen Werktag, kommen die Menschen zu Ihm und füllen die Gotteshäuser! Im Pfarrhaus wartet P. Schimlek von Mariannhill, der Herausgeber der Zulu-Wochenzeitung „Umafrika" und Verfasser zweier Bücher über den Sozialapostel Südafrikas, P. Bernhard Huss, und über Medizin und Zauberkraft. Er sammelt Stoff für ein weiteres Buch, das er in Zusammenarbeit mit zwei Professoren der hiesigen Universität herausgeben will. 5. 9. 1953 Heute ist großes Rugby-Wettspiel in Johannesburg zwischen Südafrika und Australien. Die nicht gehen können, hören in fieberhafter Erregung den Bericht am Radio. Sport ist der Abgott des Volkes, für den in Südafrika besonders viel geopfert wird an Zeit und Geld und Kraft. Selbst Minister Louw mußte in einer Rede kürzlich feststellen, daß wenige Länder es sich leisten können, so viel wie Südafrika auszugeben für Vergnügen, Unterhaltung, Sport, Ferien, ausgesuchte Möbel, Autos und elektrische Einrichtungen. Farmer können z. B. einen ganzen Zug für sich mieten und mehr als 1000 Pfund hinauswerfen, um zu solch einem Wettspiel vom Freistaat nach Johannesburg zu fahren. Dabei wird viel geschimpft über die hohen Lebenshaltungskosten. Unter den Schwarzen aber wütet die Schwindsucht infolge Unterernährung immer verheerender. Und die Zeitung bringt Berichte und Bil- der über Berge von Orangen, die man verfaulen läßt, um den Preis hoch zu halten' 6. 9. 1953 Von Pretoria kann man wohl auch sagen, was St. Paulus von Athen erklärte: Die Stadt ist sehr religiös. Geht oder fährt man durch die Straßen, so sieht man überall Schilder, die nach Kirchen in der Nähe verweisen. Da habe ich z. B. folgende Inschriften gelesen: Wesleyanische Kirche, Adventisten-kirche, Baptisten, Theosophische Gesellschaft, Kirche von England, Niederländische Reformierte Kirche, Doper Kirche, Pfingstliche Heiligkeitskirche, Neuapostolische Kirche. Das Schild „Catholic Cathedral" weist von verschiedenen Straßenkreuzungen aus nach dem schönen Gotteshaus der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche, der „Säule und Grundfeste der Wahrheit". Es ist schwer für Wahrheitssucher, unter den 1250 verschiedenen christlichen Religionsgemeinschaften die wahre Kirche herauszufinden. Trotzdem führt die Gnade viele zu uns. Zur Zeit unterrichten Monsignore und ich 18 Andersgläubige, die von verschiedenen Kirchen kommen und katholisch werden möchten. Darunter sind Jungmänner, die aus eigenem Antrieb kommen und nicht etwa wegen der Heirat mit einem katholischen Mädchen sich für unsere Kirche interessieren. Wir geben den Konvertitenunterricht jedem einzelnen persönlich oder einem Paar zusammen. Das erfordert zwar mehr Zeit und Arbeit, ermöglicht aber auf der anderen Seite ein viel persönlicheres Eingehen auf die Zweifel und Schwierigkeiten. 7. g. 1953 Gestern war um 8.00 Uhr der erste Kindergottesdienst. Es war eine Freude, dem gemeinsamen Beten und Singen der Kleinen zuzuhören. Monsignore Mason, unser Generalvikar, traf in seiner Predigt den rechten kindlichen Ton. Er erzählte zur Illustration der Allwissenheit Gottes die köstliche Geschichte von den drei Engeln, die zuerst die Sterne, dann die Flüsse und schließlich die Menschen zählten, aber dem lieben Gott nie die richtige Zahl melden konnten. (Schluß folgt) Erziehung)!* Arbeit Durch öiMifffon Dieses kleine Fräulein vom Kongo besucht die Mädchenmittelschule, die von Missionsschwestern in Kongolo, der Hauptstadt des gleichnamigen Ap. Vikariates, geleitet wird. In seinen malerischen I Fetzen, die abgelegte j Mütze eines Polizisten 'keck auf den Krauskopf gedrückt, besucht dieser kleine Kongoneger die katholische Missionsschule im entlegenen Busch von Kongolo. In der Hauswirtschaftsschule Astrida in Ruanda bereiten sich junge Mädchen auf ihren künftigen Beruf als Hausfrauen vor. Diese Gruppe erhält in der Wäscherei Anleitung im Waschen. Über die Bedienung einer Waschmaschine brauchen sie sich vorläufig den Kopf nicht zerbrechen. Diözese Iringa im Tanganyika - Gebiet. Unter Anleitung europäischer Consolataschwestern sind die schwarzen Ordens-fraiien vom Kloster der hl. Theresia vom Kinde Jesu eben mit dem Dreschen von Mais beschäftigt. Diese einheimischen Ordensfrauen leiten in der Bischofsstadt Tosa-maganga blühende Schulen für Eingeborene. Schülerinnen der Haus-: vvirtschaftsschule Astrida in Ruanda (Belgisch-Kongo) werden in die (Geheimnisse der Zubereitung afrikanischer Hausmannskost einge-! führt. I Fleißige schwarze Arbeiterinnen in den Werk-i Stätten der Theresien-j Schwestern von Tosama-! Sanga. Die Mädchen sind beim Knüpfen eines Teppichs aus Sisalhanf, der für die Kapelle bestimmt ist. (Alle Aufn. Fides-Foto) Unfere Arbeitsgebiete in Peru Von P. Peter Taschler, Panao P. Peter Taschler, der zusammen mit Br. Ludwig Kästel am 16. Februar dieses Jahres in Callao bei Lima an Land gegangen ist, gibt uns einen gedrängten Überblick über die einzelnen Wirkungsstätten unserer Patres in Lima und in der Diözese Huanuco. Lima Lima ist die Hauptstadt Perus und das Eingangstor in dieses Land. Das Eingangstor für Lima aber ist die Hafenstadt Callao. Deshalb hat sich hier vor dreieinhalb Jahren P. Stephan Berger als Landungs- und Einreise„beamter" für unsere neu eintreffenden Missionare niedergelassen. Zugleich ist er Kaplan am Krankenhaus Juan de Dios.In Lima selbst wirken seit einem Jahr P. Alois Hirner als Kaplan der hochmodernen, 1000 Betten fassenden Lungenheilanstalt „Bravo Chico" und P. Karl Wetzel als Pfarrer der neuen staatlichen Siedlung „Mirones" mit gegenwärtig 2000 bis 3000 Seelen. Die Siedlung ist noch im Wachsen und soll später 5000 bis 10 000 Menschen zählen. Die Pfarrkirche ist dem heiligen Papst Pius X. geweiht und soll, ebenso wie das neue, auch vom Staat errichtete Pfarrhaus, bis zum ersten Jahrestag der Heiligsprechung der Benützung übergeben werden. Huanuco Um in die Bischofsstadt Huanuco zu gelangen, müssen wir mit der Anden-Bahn einen Tag lang in das Innere des Landes fahren, an schwindelnden Ge-birgswänden hinauf, über den höchsten Eisenbahnpaß der Welt (Ticlio, 4732 m), nach Norden in die höchstgelegene Stadt der Welt, Cerro de Paseo (4150 m), und von da noch eine halbe Nacht auf einem Lastwagen weiter, dann erst sind wir um 1 Uhr nachts in Huanuco und stehen vor unserm Ordenshaus „S. Pedro". Hier in S. Pedro hat der Superior unserer peruanischen Mitbrüder, P. Andreas Riedl, seinen Sitz. Er ist seit 1940 hier und war durch viele Jahre der Leiter des bischöflichen Knaben- und Priesterseminars. In all dieser Zeit hatten wir hier kein eigenes Haus und mußten wie Wandervögel, um nicht zu sagen Flüchtlinge, in fremden Nestern sitzen, so daß wir jetzt froh sind, seit September vorigen Jahres in einem eigenen Kloster wohnen zu können; es ist ein Werk unseres Spirituals und Kreisökonomen P. Anton Schöpf. Zu den hier stationierten Patres ist nun auch noch unser erster Missionsbruder in Peru, Br. Ludwig Kästel, gekommen. In Huanuco wirkt außerdem noch P. Anton Kühner, der aber bei seiner Pfarrkirche Cristo Rey wohnt. Die Pfarrei Cristo Rey wurde erst vor wenigen Jahren errichtet und uns übertragen. Von den 20 000 bis 25 000 Seelen Huanucos gehören etwa 7000 zu dieser Pfarrei. Da sitzt nun P. Kühner abwechselnd mit seinem Vikar P. Urban Stork in seinem Amtszimmer, empfängt Besuche, nimmt die vielen heiligen Messen und Totenämter mit Vigil, die die Leute, vorzüglich die Indianer aus der weiteren Umgebung, bestellen, entgegen, registriert und spendet täglich sechs bis sieben Taufen; am Morgen sitzt er während mehrerer heiliger Messen im Beichtstuhl oder auf dem Orgelbock. Am Sonntag zählt die Kirche wohl 1500 bis 2000 Besucher. Die Zahl der Taufen wächst jährlich um 500. Unsere Patres haben auch die Seelsorge der zirka 300 Strafgefangenen und geben in sieben Schulen der Stadt unentgeltlich Unterricht. Zu Cristo Rey gehören noch etwa 4000 Seelen der weiteren Umgebung und die alte Filialkirche S. Pedro neben unserem neuen Kloster, deren Tage aber gezählt sind, da am 13. Februar dieses Jahres der Grundstein zu einer neuen Kirche S. Pedro gelegt werden konnte. Diese Kirche wird dann Pfarrkirche und Cristo Rey deren Filialkirche werden. Panao Um von Huanuco nach Panao zu kommen, heißt es, weitere 65 km zu fahren. Bistum ^uànuco 3isfums3rcnje-------- prouinyatgrenjeri—’-- ^Pfarreien; o Llata. (Tijénbafyncri ~-=—=>-=- 5trapen •=-=;="“='=~= X7apftab:l: 2.-500-000 Panao liegt 2550 m über dem Meere und ist eines der schönsten Fleckchen Erde in der Diözese. Hier traf ich mehrere Mitbrüder an. (P. Taschler gehört nun auch zu ihnen. D. Red.) Der Pfarrbezirk ist von gewaltiger Ausdehnung. Das Städtchen selbst zählt 2000 Katholiken, weitere 23 000 wohnen in der näheren und weiteren Umgebung. Die Patres sind mit Arbeit überlastet. So ist allein an 36 staatlichen Volksschulen Religionsunterricht zu halten. Seit der Übernahme der Pfarrei im Jahre 1952 wurden 3000 Taufen gespendet und 1500 Ehen eingesegnet. Pozuzo Wer von Panao nach Pozuzo kommen will, schwingt sich auf ein Maultier und trifft nach dreitägigem Ritt im Zentrum der 5000 Seelen zählenden Urwaldpfarrei Pozuzo ein. Die Tiroler, die einst hier eine neue Heimat gefunden haben, und die Indianer wohnen sehr weit zerstreut, so daß die Pfarrei die Ausdehnung einer kleineren Diözese hat. 1938 kamen die ersten drei unserer Peru-Missionare hierher. Es waren P. Alois Ipfelkofer, P. Andreas Riedl und P. Michael Wagner. Seit dem Tode P. Ip-felkofers im Jahre 1943 leitet P. Wagner die Pfarrei, seit 1948 unterstützt von P. Johann Pezzei. Die neue Kirche, deren Bau in Angriff genommen ist, soll bis zur Hundertjahrfeier der Gründung der Kolonie im Jahre 1957 fertiggestellt sein. Der Bischof nennt Pozuzo die Perle unter den Pfarreien seiner Diözese. Drei Priesterberufe sind aus dieser Pfarrei hervorgegangen, was in diesem so überaus priesterarmen Land bemerkenswert ist. Dazu mehrere Schwesternberufe. Jährlich werden hier Exerzitien gehalten. Von Pozuzo aus hat sich seit 1938 die Arbeit unserer Patres immer weiter ausgedehnt: 1940 in Huanuco Übernahme des Seminars, 1949 Besetzung der Pfarrei Llata (sprich Ljata), 1950 der Pfarrei Cristo Rey in Huanuco, 1952 der Pfarrei Panao, und seit 1954 wirken unsere Patres in Lima. Llata Die Provinzhauptstadt Llata, 3500 m hoch gelegen, zählt 4000 Seelen. P. Lorenz Unfried, Pfarrer und zugleich Dekan, hat aber außerdem noch 40 Außenstellen zu versehen, darunter einige ehe- malige, jetzt nicht mehr besetzte Pfarreien von 3000 bis 4000 Seelen. Das ganze Dekanat umfaßt 40 000 Katholiken. 1000 Kinder in Llata selbst und noclr mehr auf den Außenposten müssen wenigstens einmal im Jahr eine Woche lang auf die heilige Kommunion vorbereitet werden. Das macht viel Arbeit. Außerdem gehört zum Dekanat noch die Provinz Maranon mit dem Zentrum Huacra-chuco, ein Gebiet von 500 km Ausdehnung, wo Dorf an Dorf ohne Priester ist. So kommen zu den 40 000 Seelen noch weitere 30 000 hinzu. Und für diese vielen Menschen muß zeitweilig ein einziger Priester ausreichen. Erst im April Königslanze Geschichtliche Erzählung von Br. Leicht verderbliche Sachen, wie Salz und Zucker, waren vorsorglich in den beiden Strohhütten untergebracht worden, die bis aufs äußerste vollgepfropft werden mußten. Die eine derselben hatte auch als Kapelle zu dienen und nebenbei als Vorratskammer und Schlafzimmer. Es blieb den Missionaren nichts übrig, als die Regenzeit in der unzulänglichen Bretterbude zu verbringen. Nicht selten geschah es, daß es zu regnen begann, wenn man sich zum Abendessen niedersetzen wollte. Alsdann nahm jeder seinen Teller und Löffel und flüchtete in eine der beiden Strohhütten, wo der Suppentopf auf den Boden gestellt wurde und die Hungrigen sich darum hockten. Weniger unterhaltend war das übernachten in der Bretterbude. Zusammengekauert hockte der Bruder, in eine Decke gewickelt, auf seiner Bettstatt und suchte :so Schutz vor dem Regen, den der Wind durch die Bretterritzen hereintrieb. Dazu gab es so entsetzlich viele Stechmücken, daß man es nicht fertig brachte, eine Litanei kniend zu beten oder die Schuhe am Morgen zuzuschnüren oder sich zu waschen. Es war auch wenig erfreulich, daß verschiedene lebende Wesen in der Bretterbude Zuflucht suchten, besonders Schlangen. „Abuna, eine Schlange!" rief dieses Jahres hat P. Unfried in Luis Ran-dolf, einem Neupriester aus Pozuzo, einen Gehilfen bekommen. Aber was ist das für so viele? 50 Priester bräuchte man wenigstens, um gediegene Seelsorgsarbeit leisten und die verlassenen Pfarreien wieder besetzen zu können. Kanadische Franziskaner denken daran, dieses weite Gebiet zu übernehmen. Schade, wenn wir es verlieren würden. Alles hängt davon ab, ob die Heimat uns in Zukunft zahlreicheren Nachwuchs stellen, kann, wozu auch unsere Missionsfreunde durch ihr Gebet viel beitragen können. unò Kreuz August C a g o 1 (Fortsetzung) eines Tages der Schillukbursche, der als Diener angestellt war. Das unheimliche Tier hatte mitten in der Wohnung nach den Hühnern geschnappt. P. Kohnen ergriff eine Axt, und auch P. Beduschi eilte herbei. Bald war der ungebetene Gast unter den Kisten entdeckt; es war eine dicke, schwarze Schlange, eine der gefährlichsten der Gegend. P. Kohnen war daran, sie aus dem Versteck zu scheuchen, während P. Beduschi sie auf der andern Seite erwartete, als das Tier plötzlich den Kopf aus dem Hinterhalt hervorstreckte und dem Pater den Speichel unmittelbar ins Auge spie. Er zog sich zurück; er hatte vorläufig genug von der Schlangenjagd, denn es stellte sich ein äußerst schmerzliches Brennen des Auges ein. P. Kohnen hatte die Verfolgung nicht aufgegeben, und es war ihm mit vieler Mühe gelungen, die Schlange herauszutreiben. Alsdann ging sie zum Angriff vor, erhielt aber sogleich den Gnadenschlag. Solche Vorkommnisse ereigneten sich häufig. So regnete die Regenzeit sich allmählich im Oktober aus. Die feuchte Wohnung warf aber den Bruder bald mit Sumpffieber aufs Bett. Unterdessen ruhte die Arbeit nicht. Wenn immer das Wetter es zuließ, wurde am Bau des Hauses aus gebrannten Zie- gelsteinen geschafft. Auch dieses Unternehmen kostete wochenlange Mühe und Trübsal. In der Regenzeit sind die Schil-luk mit der Aussaat ihres Durragetreides beschäftigt, so daß die Missionare nur wenige und oft keine Arbeiter haben konnten. Deshalb mußten sie fast alles selbst tun, Mörtel bereiten und zutragen, Backsteine herbeibringen, aufs Gerüst schaffen und selbstverständlich mauern. So ging der Bau mit den vereinten Kräften der zwei Patres und zwei Brüder langsam, aber stetig voran, so daß er am Ende der Regenzeit glücklich unter Dach kam. Schon war ein Zimmer als Kapelle eingerichtet, als von Lull ein Brief ankam, in welchem es hieß: „Bruder Heinrich ist vor zehn Tagen gestorben; Bruder Alexander ist nicht wohl; die Missionsschwestern liegen alle mit Malaria darnieder; ich bin allein und hatte heute selbst einen Fieberanfall. Bitte, kommen Sie gleich!" So gern man in der Wildnis Nachricht von den Mitbrüdern einer andern Station empfängt, so war dieser Brief doch nichts weniger als zur Freude stimmend. Einige Stunden später kam der Postdampfer von Süden heran; es war 11 Uhr nachts. P. Kohnen sprang auf das Schiff und verbrachte die Nacht, auf den Dielen hingestreckt. Am andern Tage, um 4 Uhr nachmittags, war er in Lull. Statt die Mitbrüder auf ihren Betten zu finden, kamen sie dem Reisenden entgegen. Sie hatten sich eben erhoben und mit frischem Mute ihre unterbrochene Tätigkeit wieder aufgenommen, und täglich ging es wieder besser. Statt also den Krankenwärter spielen zu müssen, konnte der gute P. Kohnen sich zwei Wochen lang ausruhen und erholen. Alsdann kam ein Pater von Chartum an, und P. Kohnen konnte mit demselben Dampfer die Rückfahrt nach Tunga antreten. Nach zwei Tagereisen (flußaufwärts!) kam seine Missionsstation in Sicht. Aber welche Überraschung! Das neugebaute Haus ist ohne das blinkende Blechdach. Oder ist es nur eine Täuschung des Gesichtssinns? Beim Näherkommen stellte es sich als traurige Wahrheit heraus; ein Wirbelwind hatte das ganze Dach von den Mauern gerissen und zehn Meter weit davon niedergeschleudert. Mehrere Ziegelsteine waren auf den Altar im Kapellenzimmer gefallen und hatten einige Gegenstände zerschlagen. P. Beduschi, der sich gerade in der Kapelle befand, war ein Ziegelstein auf den Arm geschleudert worden. Als er nach oben blickte, sah er sich unerwarteter Weise unter freiem Himmel. Dem Wirbelwind war der Regen gefolgt, unter dem Kirchengeräte und Hausgegenstände nicht wenig Schaden litten. Das war wieder eine harte Probe, mit der die Vorsehung die armen Missionare heimsuchte, die sich endlich unter einem guten Dache geborgen gefühlt hatten. Zum Glück hatten die Hausmauern unter dem Unglück nicht oder ganz wenig gelitten, und die Missionare machten sich mit frischem Mute daran, das Dach wieder auf die Mauern zu setzen. Die Schilluk kosteten den Unfall in reinster Schadenfreude aus. „Njikang hat das Haus niedergeworfen", sagten sie, „um die Fremden aus dem Lande zu vertreiben", eine sehr glaubhafte Annahme, da es doch der halbgöttliche Ahne ist, der im Sturmwind das Schillukland durchbraust! Als das Haus wiederhergestellt war, war auch die Regenzeit vorüber. Deshalb ging es wieder an die Ziegelbrennerei. Nun ging es mit dieser Arbeit etwas besser. Der Arbeitsplatz wurde bei einem etwa 15 Minuten entfernten Dorfe gewählt. Dort wurden die Männer und jungen Burschen beschäftigt. Dann wurden die sonngetrockneten Ziegelsteine mit dem Ochsenwagen zur Missionsstation gefahren, wo es die Arbeit der Mädchen war, sie zum Ofen zusammenzusetzen. Diesen gefiel die Arbeit nicht wenig. Es waren manchmal vierzig bis fünfzig von ihnen in langer Reihe aufgestellt, wobei die Steine von Hand zu Hand an den Brandplatz gelangten. P. Kohnen mußte aber immer wieder dabei sein. Entfernte er sich nur einen Augenblick, um z. B. Wasser zu trinken, so geriet die ganze schöne Betriebsamkeit sogleich ins Stocken. Zeigte er sich aber wieder, so ging es halblaut durch die Reihe: „Abuna abi" (der Pater kommt), und jedes Schillukfräulein machte der Nachbarin Vorwürfe, daß sie den Stein nicht annehme. Weil die Schilluk im allgemeinen fröhlichen Gemüts sind, wurde die Arbeit gewöhnlich mit Gesang begleitet; es war ein Vergnügen, die klaren Kinderstimmen so taktmäßig singen zu hören. Bischof Geyer hatte im November 1905 wiederum eine Flußfahrt ins Gebiet des Gazellenflusses unternommen. In der zweiten Hälfte des Dezembers kam er auf der Rückfahrt nachTunga. P. Beduschi wollte den Besuch des Bischofs benutzen, der Schillukjugend eine Idee von kirchlichen Feierlichkeiten zu geben. Es sollte ein Umgang mit dem holzgeschnitzten Bilde der himmlischen Schützerin der Missionsstation, der Schmerzensmutter, sein, an dem der Bischof mit Mitra und Stab teilnehmen sollte. Die Prozession wurde also zusammengestellt, und dann setzte man dem hochwürdigsten Herrn in bischöflicher Kleidung den hohen Hut, die Mitra, auf. Die schwarze Jugend stutzte. Als man ihm aber noch den glänzenden Krummstab in die Hand drückte, da gab es kein Halten mehr. Alles stob auseinander und suchte das Weite, denn man konnte doch nicht wissen! Außer der Ziegeleibeschäftigung befaßten die Missionare sich mit der Herstellung eines dammartigen Weges zum Flußufer, damit man auch in der nassen Jahreszeit trockenen Fußes dorthin gelangen konnte. Nachdem genügend Ziegelsteine hergestellt waren, ging man an den Vergrößerungsbau des Wohnhauses, dem man auch einen oberen Stock aufsetzte. So etwas Hohes, in die Lüfte Ragendes, hatten die Schilluk noch nicht gesehen, die die Treppen zum oberen Stockwerk nur mit einer Art Todesverachtung betraten. Von oben hatte man in dem flachen Lande einen weiten Rundblick. Nachdem die Missionare sich einigermaßen wohnlich eingerichtet hatten, dachten sie an die Eröffnung einer Schule für die Jugend der umliegenden Dörfer. Die Sorge dafür oblag in erster Linie dem eifrigen P. Beduschi, der sich redlich Mühe damit gab, so daß sein Nachfolger, P. Hofmayr, voll Staunen über das Wissen der Schüler war. Ein Zeichen mit dem Horn rief die wißbegierige Jugend in den geräumigen Schulraum, dessen Wände mit biblischen Bildern behängen waren, die zum Anschauungsunterricht dienten. Auf ein Zeichen erhoben sich die Schüler und beteten das Vaterunser; dann folgte das Abfragen des bisher Gelernten, und hierauf wurde im Lehrstoff fortgefahren. Nach Fertigstellung des Wohnhauses kam der Bau einer Kirche an die Reihe, die vor Beginn der Regenzeit 1912 errichtet wurde. Es sollte die letzte Arbeit Bruder Giacomellis sein, der am 1. August desselben Jahres starb. Inzwischen dehnten die Missionare ihre Tätigkeit in den umliegenden Dörfern aus und konnten auch bald eine Anzahl von Neuchristen aufweisen. Ein schwerer Schlag Tonga hatte bereits seine Kirche aus gebrannten Ziegelsteinen von 20 Meter Länge und 7 Meter Breite, und Lull behalf sich noch mit seinem ursprünglichen bescheidenen Kirchlein. Mit der wachsenden Christenzahl entstand die Notwendigkeit eines größeren Gotteshauses. So ging man denn an die Herstellung der Ziegelsteine. Am 10. November 1912 wurde der Grundstein zur Schutzengelkirche gelegt. Dann ging es ans Bauen. Ein Bruder, ein vorzüglicher Baumeister, und ein italienischer Maurer aus Char-tum führten den Bau gemeinsam aus. Ein anderer Bruder, ein ausgezeichneter Schreiner, stellte indessen die Holzarbeiten, Fenster und Türen, her. Das war ein Leben auf dem Bauplatz! Von nah und fern kamen die Schilluk herbei, um die Arbeit des großen „Hausbauers" zu bewundern. Alte Leute zerbrachen sich den Kopf, was denn die fremden Weißen mit einem so großen Hause anfangen wollten. Die Christen und Taufbewerber dachten anders. Die hatten ihre Freude daran, an Sonntagen auf dem Gerüst herumzulaufen und sich alles genau anzusehen. Manche von ihnen arbeiteten selbst am Baue mit als Handlanger. Am 31. August 1913 weihte Bischof Geyer die neue Kirche ein. Obwohl man absichtlich niemand eingeladen hatte, stellten sich doch etwa 200 Personen aus der Umgebung ein; es war allerdings auch ein Festschmaus zu erwarten. Nach der Kirchweihe übertrug der Bischof das Allerheiligste aus dem alten Kirchlein ins neue Gotteshaus und spendete dann den sakramentalen Segen. P. Banholzer erklärte in einer Ansprache den Schilluk die Bedeutung des Festes und wies auf die vielen Gnaden hin, die von dieser heiligen Stätte ausströmen werden. Am folgenden Morgen las der Oberhirt die erste heilige Messe in der neuen Kirche und spendete dann neun Jünglingen die heilige Taufe und achtzehn Getauften die heilige Firmung. Mit dem Missionsdorf hatte P. Banholzer viel Verdruß. Njikär, der Häuptling, der sich anfänglich als Freund und Förderer der Mission aufgespielt hatte, erwies sich in der Folge als unaufrichtig. Er stellte sich im Laufe der Zeit mehr und mehr auf Seite der Gegner und machte gemeinsame Sache mit den Zauberern, den geschworenen Feinden der Missionare. Sein Neffe Njakwetsch, der treu zur Mission hielt, deckte dem P. Banholzer die Winkelzüge seines Oheims auf und wurde daher von diesem und von seiner Frau verfolgt. Er setzte es durch, daß der Vater des Knaben diesen von der Mission abrief. Mit Njikär spitzte die Sache sich so zu, daß P. Banholzer sich genötigt sah, ihn von seinem Posten zu entfernen. Auch einige andere, die voll Abneigung gegen das Christentum waren und Unzufriedenheit stifteten, hatten das Missionsdorf zu verlassen. Trotz dieser unliebsamen Zwischenfälle wurde der Zweck des Unternehmens voll und ganz erfüllt. Die Schilluk glaubten im allgemeinen an die gute Absicht der Missionare, und ihr Vertrauen wuchs. Im Frühjahr 1913 wurde die Provinzial-Verwaltung der „Oberen Nil-Provinz" vom ungesunden K o d o k am linken Nilufer nach M a 1 a k a 1 am rechten Ufer verlegt. Gleichzeitig wurde zu T u n g a ein Regierungsposten eröffnet, der in erster Linie der Ausschiffung und der Weiterbeförderung von Gütern nach dem südlichen Kordofan dienen sollte. Der ganze Handel und Verkehr lag in den Händen von Mohammedanern aus dem nördlichen Sudan. Diese Tatsache brachte ohne Zweifel die Gefahr der Ansteckung mit dem Islam für die Schilluk mit sich. Im Juni 1913 starb der Großhäuptling J a n j o k von Tunga. Er bildete unter den führenden Schilluk eine erquickende Ausnahme, indem er der Mission von Anfang an geneigt gewesen und ihr stets gewogen geblieben war. Am 21. Februar 1914 starb im Regierungskrankenhaus von Kodok P. Wilhelm Banholzer, 40 Jahre 9l/2 Monate alt. Es war dies ein harter, für menschliches Verständnis schwer zu fassender Schlag für die Schillukmission, die sich unter seiner Leitung so vielversprechend entwickelt hatte. P. Banholzer war ein Mann der Kleinarbeit gewesen, der auf dem Boden der Tatsachen gestanden, dem aller Schein zuwider gewesen. Vorbildlich war sein Studium der bisher unerfaßten Schilluksprache gewesen. Seine geduldige Hingabe an dieses Naturvolk hatte ihm dessen volles Vertrauen eingebracht, wofür der Ehrenname „Abundit" (Vater des Landes) zeugt. Schon EndeJülS hätte P. Banholzer sich auf Anraten des Arztes zur Stärkung seiner angegriffenen Gesundheit nach Char-tum begeben sollen. Allein Überfülle an Arbeit veranlaßte ihn, die Sache aufzuschieben. Schwere Fieberanfälle nötigten ihn jedoch, sich Mitte Februar in das fünf Stunden entfernte Regierungsspital in Kodok zu begeben. Den Bruder Alexander Cygan, der ihn begleitet hatte, schickte er nach Lull zurück. Während die Mitbrüder in Lull seine baldige Genesung und Rückkehr erwarteten, trat der Tod rasch an ihn heran. Vier Schillukchristen hatten sich am Vortag aufgemacht, ihn in Kodok zu besuchen. Sie waren um ihn, als es gegen Mittag mit ihm zu Ende ging. Sie berichteten später, er habe zu ihnen gesagt; „Meine lieben Kinder, ich muß jetzt sterben. Kniet nieder und betet mit mir!" Hierauf begann er, mit lauter Stimme das Vaterunser zu beten. Es war sein letztes Gebet mit den Kindern der Wildnis. Allmählich wurde seine Stimme schwächer und zuletzt nicht mehr vernehmbar; doch bewegten die Lippen sich noch in eifrigem Gebet. Dann entschlief er sanft. Die Neubekehrten brachen in lautes Weinen aus. Ein katholischer Syrier, der sich gerade in Kodok befand, kam herbei, faltete die Hände des Heimgegangenen und drückte ihm die Augen zu. Um 6 Uhr abends brachte ein Christ die Trauerkunde nach Lull. Der Statthalter der Provinz schickte ein Beileidsschreiben und teilte mit, sein Dampfer werde am folgenden Morgen die entseelte Hülle des Vaters der Schilluk nach Lull überführen. Die Todeskunde wirkte auf der Mission wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Ein unsäglicher Schmerz ergriff alle, als von der Dompalme, die als Glockenturm diente, das Zügenglöcklein ertönte. Die Schilluk erhoben ein ergreifendes Klagegeschrei: „Abundit, wohin bist du gegangen? Warum hast du deine Kinder so schnell verlassen?" Die Missionszöglinge ließen ihr Abendessen unberührt und eilten in die Kirche, um den Rosenkranz für den verstorbenen Seelenhirten zu beten. Da es gerade Samstag war, befand sich der größte Teil der Christen des Sonntagsgottesdienstes wegen auf der Station. Am Morgen liefen alle ans Flußufer, um die Ankunft des Dampfers abzuwarten; auch viele Heiden fanden sich ein. Kaum hatte das Schiff angelegt, als die Schilluk es bestürmten, um ihren Abundit noch einmal zu sehen. Selbst die rohen mohammedanischen Schiffsleute wurden von Rührung ergriffen beim Anblick der aufrichtigen Trauer der Schwarzen. Vier christliche Burschen trugen den Entseelten ans Land. Dann ging es im Trauerzug zur Missionsstation, wo im alten Kirchlein die Aufbahrung stattfand. Dort konnten die Schilluk ihn sehen, angetan mit den priesterlichen Abzeichen, ihren besten Freund und größten Wohltäter, vom Tode gefällt in der Vollkraft der Jahre, ein Märtyrer seines apostolischen Berufes. Tiefer Friede war über seine Züge ausgegossen, so daß die Schilluk erstaunt ausriefen: „Der Abundit schläft. Ist es denn wahr, daß er gestorben ist?" Und dann grub man das erste Priestergrab in Lull beim flackernden Scheine eines großen Feuers. Beim ersten Morgengrauen kamen die Leute von allen Seiten herbei, um dem Begräbnis beizuwohnen. Am offenen Grabe hielt P. Stang die Trauerrede. Als Fremdling war P. Banholzer ins Schillukland gekommen und hatte unter tausend Mühen und Entbehrungen den Samen der Frohbotschaft ausgestreut. Jahre vergingen, bis die Saat die ersten Halme trieb, bis diese Halme Ähren zeigten, bis diese Ähren reiften und Schnitterfreuden brachten. Doch der göttliche Sämann Jesus Christus hat die geduldige Arbeit seines Boten gesegnet und mit der Krone des ewigen Lebens geschmückt. Ein Kreuz aus Zement schmückt das Grab P. Wilhelm Banholzers, den die lateinische Inschrift als* „Vater der Schilluk" bezeichnet. Bald darauf brach der erste Weltkrieg aus. Anfänglich durften die Schillukmis-sionare auf ihren Posten bleiben, doch wurden keine neuen Kräfte zugelassen. Zu Beginn des Jahres 1916 jedoch mußte die Sudanregierung auf Drängen und Befehl der Londoner Zentralregierung die deutschen Schillukmissionare abberufen, die dann von Chartum aus nach Ägypten abzureisen hatten, wo sie interniert wurden, zuerst in der Hafenfestung Ras el Tin bei Alexandrien und dann zu Sidi Bischr an der Meeresküste, und diese Kriegsgefangenschaft sollte 3Vs Jahre dauern! Es waren die Patres K o h n e n , Mohn, Stang, Hofmayr, Craz-z o 1 a r a und A n g e r e r und Bruder Kronsteiner. Die Station Lull wurde von den beiden italienischen Patres Maggio und Molo weitergeführt, während Tunga auf unbestimmte Zeit geschlossen werden mußte. Im Gefangenenlager trafen die Schil-lukmissionare einen Mitbruder, P. Jakob Lehr, der bereits ein Jahr lang interniert war. Außerdem beherbergte das Lager Franziskaner, Schulbrüder aus Ägypten, Väter vom Hl. Geist und Missionsbenediktiner aus Deutsch-Ostafrika. (Schluß folgt) Nach einem Imbiß, den die Diener auftrugen, fing Don Franzisco an zu sprechen. „Don Fernao, jetzt ist nun die Stunde gekommen, da Ihr uns Eure Treue und Ergebenheit beweisen könnt. Ihr reitet morgen, zusammen mit einem Mann, den ich Euch bestimmt habe, nach Lima und bietet dem kaiserlichen Statthalter als treuer Beamter Eure Dienste an. Man wird Euch glauben", setzte er gallig hinzu, „denn allzuviele unserer Freunde und Helfer sind von uns abgefallen. Zudem ist in Lima bekannt, daß Ihr ein besonderer Schützling des gefallenen Vizekönigs Nunez Vela gewesen seid.“ „Was soll das Gaukelspiel?" fragte Don Fernao widerstrebend. „Ich bin Beamter, zu Kundschaftsritten sucht Euch einen andern Mann." Don Franziscos Gesicht wurde kantig und hart. Seine Augen funkelten. Im Abendlicht, das durch die hohen Fenster fiel, gleißten die Trinkgeschirre. In den Ecken brütete das Dunkel, kroch langsam an den Wänden empor. „Licht!" forderte Don Carlos, aber Franzisco wehrte ab. „Laß; zu dem, was wir zu besprechen haben, ist etwas Dunkelheit ganz gut." Er erhob sich und trat zur Türe. „Die Wachen zehn Schritt zur Seite", kommandierte er. Dann warf er noch einen Blick in das Nebengemach. Don Fernao kroch ein Frösteln über den Rücken. Jetzt stand der Heerführer Pizarros vor ihm, die Fäuste auf den Tisch gestützt. „Wie ist es, Fernao, seid Ihr unser Mann? Ihr reitet nach Lima, verschafft Euch und dem Mann, der Euch begleitet, Zutritt zu Gasca. Alles andere überlaßt uns und dem — Boten. Er gilt als Euer Diener. Ist sein Ge- schäft erledigt, so reitet Ihr zurück. Fünfzigtausend Maravedis in Gold warten Euer..." „Und die Hand Lucias", setzte Don Carlos lauernd hinzu. Don Fernao sprang auf. Seine Stimme klang heiser. „Was wird der Bote, den ich mit meinem guten Namen decken soll, mit sich tragen?" Der Feldhauptmann griff nach einer goldenen Dose, die auf dem Tische stand, und ließ den Deckel aufspringen. Eine grünlich schillernde Masse leuchtete im Abendlicht auf. „Wie das Auge Luzifers..." flüsterte Don Fernao betroffen. Er ahnte, was kommen mußte. Leise lachte Franzisco auf. „Wahrhaft ein guter Vergleich; das Auge Luzifers kann nicht tödlicher blicken als die Salbe in dieser Dose. So hört denn", er dämpfte die Stimme zu atemlosem Flüstern, „was ich hier halte, ist ein Gift, gewonnen aus dem Drüsensaft einer Krötenart. Der klügste aller Ma-kuschis, aller Giftköche der Manaos, hat es gebraut. Wer sich die Haut an einer in dies Gift getauchten Dolchspitze ritzt, der ist verloren." Ein Stuhl polterte zu Boden. Die Adern schwollen Don Fernao an den Schläfen. „Mord, Meuchelmord! Und dazu soll ich meinen ehrlichen Namen hergeben, damit soll ich meine Hände beflecken? Nie wird das geschehen!" „Schweig, Narr, du redest dich um deinen Hals!" zischte Don Carlos und versuchte ihm den Mund zuzuhalten. Er warf einen Blick nach der Türe, als wollte er die Wachen rufen. Don Franzisco winkte ab. „Ihr wollt nicht? Ihr weigert uns den Gehorsam?" „Als ich meine Hand in die Don Car- los' legte und Eurer Sache beitrat, da glaubte ich, es mit ehrlichen Männern zu tun zu haben, mit rauhen Empörern, die mit offenem Visier kämpften. Jetzt aber sehe ich, daß ich unter Meuchelmörder geraten bin. Daß ich einen Weg gehe, der mit solchen Taten gepflastert ist, das werdet ihr nie erleben, auch nicht um einen Preis, wie ihn mir Don Carlos mit Lucias Hand bietet." „Ist das Euer letztes Wort?“ Die Stimme Franziscos wurde kalt und schneidend. „Mein letztes, was immer mir auch geschehen mag", versetzte Fernao fest. „So seid Ihr von Stund an mein Gefangener!" Schwer fielen die Worte in die Dämmerung, die den Raum füllte. Ein Augenblick gespannten Schweigens, dann ein Sprung, ein züngelnder Blitz. Mit jähem Griff hatte Don Fernao das Schwert aus der Scheide gerissen. Doch ehe er dazu kam, es zu schwingen, fühlte er sich von eisenfesten Armen rücklings umschlungen. „Die alten Füchse sind immer noch klüger als die jungen", höhnte Don Carlos und entwand der Faust des Wütenden die blanke Klinge. „Joao, Felipe!" Schritte klirrten im Neben- raum, die beiden Bravos kamen gesprungen. Noch ein kurzer Kampf, dann stand Don Fernao keuchend, mit gebundenen Händen in der Ecke. „Ihr haftet mir für ihn mit Eurem Leben, Carlos", sagte der Feldhauptmann. „Fort mit ihm und habt ein wachsames Auge auf Lucia. Liebe neigt zu törichten Streichen." „Keine Sorge, in meinem Haus geschieht, was ich will", knirschte Don Carlos mit der Sicherheit des spanischen Vaters, dessen Wort für seine Kinder Befehl ist. „Fort mit ihm in den Turm! Morgen reiten wir zurück!" herrschte er seine Knechte an. Mit einem Faustschlag wies Joao dem Hidalgo den Weg. Er hörte noch, wie Franzisco sich an Don Carlos wandte: „Ich habe sichere Nachrichten, daß de Gasca versucht, in Lima Truppen anzuwerben. Es fehlt ihm an Geld..." Dann nur noch die klirrenden Schritte der Knechte, rohes Lachen, ein Stoß mit dem Lanzenschaft. Lange, düstere Gänge, Treppen, festgefügtes Mauerwerk im rötlich zuckenden Fackelschein. Ein Tor ächzt in den Angeln. Ein Riegel klirrt. Don Fernao ist allein, allein mit seinen finsteren Gedanken. 7. Ein Ritt in der Nacht Spät in der Nacht war Don Carlos mit wenigen vertrauten Knechten in seiner Zwingburg angekommen. Er ließ sich von jedem Einzelnen den Schweigschwur in die Hand tun, ehe er sie in ihre Kammern wies. Joao und Felipe brachten den gebundenen Gefangenen in das aus schweren Quadern gemauerte, lichtlose Verlies. Die Riegel klirrten, ein Schlüssel knirschte. Auf der Steintreppe vor der Türe ließ sich Joao nieder. Eine Indianerin brachte ihm Zehrung und einen Krug Wein. Mit hartem Griff packte er das Mädchen und zwang es neben sich auf die Stufen. „Bleib und verkürz mir die langweilige Wache", lachte er und als sie sich zur Wehr setzte, griff er drohend nach dem Dolch. Das Mädchen blieb zitternd sitzen und sah zu, während er aß und trank. „Wer wird hier gebüßt ... ?" fragte sie endlich flüsternd und streifte mit scheuem Blick die ungefüge Türe. „Was kümmerts dich", brummte der Knecht unwirsch. Träg schlichen die Stunden. In dem dunklen Verließ saß Don Fernao auf feuchtem Stroh. Einmal wurde ihm durch ein Loch in der Türe ein Krug mit Wasser hereingereicht. Er trank und spie den Schluck sogleich wieder aus. Der Wächter hatte eine Handvoll scharfen spanischen Pfeffer in den Trunk getan. War es noch Nacht oder brach draußen, jenseits dieser Mauern, schon ein neuer Tag an? Mit schmerzhafter Klarheit sah Don Fernao die strahlende Schönheit des Tropentages, die hügelige Savanne, einen hochragenden Timbo-baum, einen von Kolibris umsummten Busch, von dem die blauen Blütenblätter herunterregneten . .. „Vorbei, alles vorbei", stöhnte er und bedeckte die brennenden, tief in den Höhlen liegenden Augen mit den Händen. „Was wird aus mir? Ich habe keine Gnade zu erwarten. Auch für Don Carlos war ich nur eine Figur in dem Spiel, das die Encomenderos treiben. Lucia . .. Sie ahnt nichts von dem, was mit mir geschehen ist. Irgendwo über mir ruht sie in ihrer Kammer, sorglos, heiter, von süßen Träumen umgaukelt." Don Fernao stöhnte. Mit unwiderstehlicher Gewalt erwachte der Wille zum Leben in ihm, jetzt, da das Blut in seinen von den Banden befreiten Gliedern wieder zu strömen begann. „Wo Leben ist, da ist auch Hoffnung." Er tastete im Dunkel die feuchten Wände ab. Fest gefügt lag Stein auf Stein. Nur ein Wahnsinniger konnte hoffen, hier auszubrechen. Don Fernao erinnerte sich mit Schaudern an ein Turmverlies, das er als kleiner Knabe an des Vaters Seite besichtigt hatte. Dort hatte ein Gefangener mit den Fingernägeln eine tiefe Ausbuchtung in einen Stein gegraben. Nein, solch einen nutzlosen Versuch wollte er nicht unternehmen. Er strengte seinen Geist an. Botschaft an Miguel! Das war die einzige Möglichkeit der Rettung. Der in allen Schlichen erfahrene Söldner würde ihn herausholen und wenn ihn die Teufel der Hölle selbst bewachten. Aber kein Laut durchdrang die Quadern und die Türe war fest gefügt. Nicht einmal eine Ritze ermöglichte einen Blick in den davorliegenden Gang. „Aus, verloren!" Wieder sank Don Fernao auf das Stroh nieder. Hier lag er, wehrlos, tatenlos, und draußen wurde um Peru gerungen. Pedro de Gasca! Wie deutlich erinnerte er sich des edlen, männlich hageren Gesichts, der klugen, durchdringenden Augen. Ein Mann von staatsmännischer Begabung. Mit nur sechshundert Söldnern war er in Lima eingezogen. Es fehlte ihm an Geld. Don Fernao sprang auf. „Ich liege hier und jetzt ist die Stunde gekommen, da ich den Schatz des Inkatempels fordern müßte. Urupo, Urupo, du Getreuer, ich rufe dich in meiner Not." Unerträglich quälte der Durst den Gefangenen. Beten und warten, warten und beten in undurchdringlicher Finsternis. — Boten kamen und gingen. Noch einmal verließ ein Trupp von Soldknechten das Haus Don Carlos Orgaz. Das Heer hatte sich jetzt versammelt, aber zur größten Enttäuschung und Verärgerung des alten Endomenderos rückte es von Cuzco aus südwärts ab. Im Gebiet des Titicacasees hatte Diego Centeneo, ein königstreuer Söldnerführer, ein kleines Heer zusammengebracht. Im Rücken bedroht, zog es Don Franzisco vor, zuerst diesen zu schlagen. Vielleicht hoffte er auch, daß einer der ausgesandten Mörder inzwischen sein Ziel erreichen würde. Noch immer war ja Gasca in Lima gebunden. Langsam ging die Aufstellung seiner Söldlinge vor sich. Es fehlte an Geld und an einem tüchtigen Führer. Und wieder ritt ein Bote in den Hof der Zwingburg ein. Er schwenkte den Hut: „Sieg, Sieg! Don Franzisco hat Diego Centeneo am Titicacasee angegriffen und geschlagen. Wie Spreu vor dem Wind, so blies er sie vor sich her. Südperu ist unser! Das Heer ist bereits auf dem Rückweg nach Cuzco." Don Carlos brüllte auf wie ein Stier. Mit der Faust warf er den Indianer, der ihm eben das Kettenhemd überstreifte, zur Seite. „Wein her!" schrie er hallend, „den besten, den wir im Keller haben." Und dann schenkte er mit eigener Hand einen großen Goldpokal bis zum Rande voll. „Trink und behalte den Becher als Botenlohn", lachte er dröhnend. Er ließ die Aufseher rufen. „Ein freier Tag für alles, was zu meiner Besitzung gehört", lärmte er. „Und nun herein mit euch! Holt die Instrumente, holt Wein, bereitet das Mahl." Den klobigen Bau durchschütterte das Geschrei, das Poltern der stürzenden Krüge und Sessel. Ein wüstes Gelage begann. Dona Lucia, die von ihrem Morgenritt nach Hause zurückkehrte, wandte angewidert ihr Pferd. Einer Indianerin, die zu ihr herantrat, reichte sie den Falken. „Bring ihn in die Kammer und löse mir die Hunde", forderte sie. Das Mädchen sah sich scheu um. Dann griff es nach dem Gewand der Herrin. „Dona Lucia ..." „Was ist, Maquala?" fragte die Reiterin ungeduldig. „Dona Lucia, ein Gefangener liegt im Verlies." Gleichmütig zuckte das schöne Mädchen die Schultern. „Es ist der erste nicht, den der Vater büßt, aber eile dich, ich kann das Geschrei nicht mehr länger hören." „Dona Lucia", flüsterte die Indianerin, „Don Fernao ist eingekerkert, Tag und Nacht bewachen ihn Felipe und Joao . . " Mit einem Sprung stand Lucia auf dem Boden und ließ das unruhig tänzelnde Pferd los. „Was sagst du? Don Fernao? Besinne dich, Mädchen! Don Fernao ist mit dem Heer ausgezogen, zweimal sandte er Botschaft an mich. Du irrst!" Sie lächelte schon wieder. „Bring mir die Hunde, ich will reiten. Nimm das für deinen guten Willen." Sie nestelte eine Münze aus der Gürteltasche. Aber die Indianerin schüttelte abwehrend den Kopf. „Dona Lucia, die Mauern sind fest, aber die Augen und Ohren der Inkas durchdringen alle Wände. Don Fernao ist eingekerkert. Sobald Don Franzisco zurückkehrt, wird er gerichtet." Jetzt wurde Lucia unsicher. Maquala sprach so klar und bestimmt. Das war kein müßiges Gerede mehr. „Don Fernao" ... murmelte sie mit zuckenden Lip- pen. Dann richtete sie sich auf. Sie nahm eine goldene Halskette ab, die von Edelsteinen blitzte, und legte sie Maquala in die begehrlich geöffnete Hand. „Nimm dies und jetzt bring die Hunde, ich reite. Erwarte mich in meiner Kammer und bring Kleider aus der Zeugkammer, Reithosen und ein Lederwams, auch Schwert und Dolch und einen Helm, hörst du? Sprich mit niemand als mit dem alten Maragé, er soll die besten Pferde satteln, die er hat. Nach Einbruch der Dunkelheit müssen sie an dem großen Timbo am Fluß stehen." Dona Lucia war bleich geworden. Ihre Hände zitterten, als sie in den Sattel stieg. Die Hunde kläfften und liefen vor ihr her. Mit hängendem Zügel suchte sich das Pferd seinen eigenen Weg. Einmal scheuchten die Hunde einen Strauß auf und jagten ihm nach, ein andermal hetzten sie einen Spießhirsch. Die Reiterin sah und hörte es nicht. Wie betäubt hing sie im Sattel, während sie vergeblich nach einem Ausweg aus diesem Wirrsal suchte. Don Fernao in Banden? Was war vorgefallen? Einige unbedeutende Kleinigkeiten fielen ihr jetzt auf. Das lauernde Wesen des Vaters, sein Bemühen, sie vom Hause fernzuhalten. Und hatte sie je eine der Botschaften Fernaos zu sehen bekommen? Sie mußte sich mit dem begnügen, was ihr die Boten mündlich berichteten, und sie kamen erst zu ihr, nachdem sie mit dem Vater lange und geheim beraten hatten. Sie erinnerte sich wieder an das spöttische Lächeln, mit dem ihr der letzte Reiter die Grüße bestellt hatte. Ihre Fäuste ballten sich um die Zügel. Verrat an seinem eigenen Kind? Frei und ungebunden war sie seit dem Tod der Mutter unter des Vaters lässiger Hand aufgewachsen. Sie dachte nicht daran, sich einfach dem väterlichen Willen zu fügen. Einmal riß sie ihr Pferd herum, entschlossen umzukehren und den Vater zur Rede zu stellen. Aber was würde er ihr antworten? Sie schüttelte sich vor Ekel bei dem Gedanken an die trunkene Schar, die gemeinen Scherze, die begehrlichen Blicke, die sie erdulden mußte. War der Entschluß, den sie in der ersten Aufwallung gefaßt hatte, richtig? Ihr Pferd blieb stehen, senkte den Kopf, um zu grasen. Ein Baum lockte mit seinem Schatten zur Ruhe. Lucia glitt aus dem Sattel. Mit lechzenden Zungen warfen sich die Hunde neben ihr nieder. Sie sah auf. Wieder überkam sie das Erinnern. Im Gezweig hingen die letzten Blüten. Hier war es doch, wo sie sich fanden, hier unter dem Blütenregen, umsummt von blinkenden Kolibris. —• Es ist dunkle Nacht, als Dona Lucia ihres Vaters Haus erreicht. Kein Wächter steht am Tor. Neben den Ställen liegt ein Indianer, auch er ist trunken. Taumelnd erhebt er sich, als ihn Lucia anstößt, und bringt das Pferd hinein. Lucia lauscht. Es ist still in der Halle, ein paar heruntergebrannte Kerzen, die in schweren goldenen Leuchtern stecken, verbreiten eine zuckende Helle. Schnarchend liegen die Knechte und Aufseher auf dem Boden oder auf den Bänken, wo immer sie die Trunkenheit niederwarf. Weindunst widert Lucia an, ein lautes Rülpsen in der Ecke läßt sie zusammenzucken. Nun steht sie vor ihrem Vater. Auf der Schwelle der Herrenstube ist er niedergesunken, lehnt mit dem Rücken an dem Türpfosten. Lucia bückt sich und bindet ihm den Schlüsselbund vom Gürtel. Hinter ihr ein Stöhnen. Joao ist erwacht und starrt um sich mit gläsernem, abwesendem Blick. Schwer sinkt er zurück. Lucia huscht eilig aus der Halle, sie schüttelt sich, als wollte sie das Häßliche, das sie gesehen hat, von sich abwerfen. Eilig hastet sie in ihre Kammer. Da kauert Maquala. Aber nein, das ist ein Indianerbursche in Lederhosen und Lederwams. Lucia zuckt zurück, bis ihr das Kerzenlicht verrät, daß sich die treue Dienerin in einen Reitburschen verwandelt hat. Maquala ist klug, sie ahnt, was die Herrin plant, und sie will sie nicht verlassen. (Fortsetzung folgt) Gebrauchte Briefmarken Liebe Leser und Missionsfreunde! Werft gebrauchte Briefmarken nicht weg. S'ie sind nicht wertlos. Sammelt alle gebrauchten Briefmarken. Schneidet sie mit einem etwa 2 bis 3 Zentimeter breiten Rand aus, so daß die Marken nicht beschädigt werden. Es ist dies vielleicht eine kleine Mühe, aber sie lohnt sich, denn sie steht ja im Dienste der Mission. Sie ist doppelt wertvoll. Einmal könnt Ihr diese kleine Mühe für die Anliegen der Mission aufopfern und fürs andere unterstützt Ihr damit auch die Mission finanziell, da diese Briefmarken verkauft werden und so Geldmittel für die Missionszwecke ein-bringen. Sammelt also sämtliche gebrauchten Briefmarken und schickt sie. an unsere Missionshäuser. Für all die vielen kleinen Mühen sagen wir Euch schon im voraus ein herzliches Vergelts Gott. Zum Bild auf der nächsten Seite: Neun Missionare von Maryknoll (New York) gehen in Brindisi an Bord der „Europa“, um von Mombasa aus ihre Missionsgebiete in Musoma und Maswa (Tanganyika) zu erreichen. (Fides-Foto) Lieber Ferdinand! Ich denke, Du hast alle Nummern des „Stern der Neger“ in diesem Jahre gut durchgelesen. Vielleicht ist Dir da auch in der Nummer 2 die Nachricht auf gefallen, daß ein schlichter Laienbruder vom Heiligen Vater zu seinem 90. Geburtstag ein Telegramm übersandt bekam. Ich kann Dir dazu noch verraten, daß dieses Telegramm gar nicht von Rom direkt an ihn geschickt wurde, sondern daß Se. Exzellenz, der Hwst. Herr Bischof Msgr. Johannes Riegler, dieses Telegramm persönlich überbrachte und daß sogar der Osservatore Romano, das Blatt des Vatikanstaates, von dem Festereignis berichtete. Was hat nun dieser Bruder alles geleistet, daß er dieser großen Ehren teilhaftig wurde? Nun, er hat gearbeitet, gearbeitet für das Gottesreich auf Erden und zwar sein ganzes Leben lang. Mit 25 Jahren ist er bei uns eingetreten, machte sein Noviziat, legte seine Profeß ab und ging dann in die Mission; zuerst in den Sudan und dann nach Südafrika, und überall half er, wo er nur konnte, als Gärtner, Uhrmacher, Schmied und Buchbinder und heute noch ist er in seinem hohen Alter als Förster auf unserer Missionsstation Maria Trost in Transvaal tätig und hat seinen damaligen Entschluß, in unsere Missionskongregation einzutreten, noch keinen Tag bereut. Jetzt in seinem hohen Alter hat er nur noch eine Sorge: „Wer wird nach meinem Tode meinen Platz einnehmen? Findet sich denn nirgends ein junger Mensch, der die Reihen unserer Brüder verstärken möchtet Wir brauchen Brüder!“ Lieber Ferdinand! Da habe ich an Dich gedacht! Noch bist Dit-dh der Volksschule und wartest auf Deine Entlassung. Da ist es also wirklich Zeit, daß Du Dir einmal Gedanken darüber machst, was dann mit Dir werden soll. Also denke einmal darüber nach, ob Du nicht Missionsbruder werden willst! Schau, das Leben ruft Dich, CHRISTUS RUFT DICH, ER, der gesagt hat, „Ich bin der Weg, die Wahrheit und DAS LEBEN!“ Und SEINE Lehre darfst DU durch DEINE Arbeit mitverbreiten helfen. Du meinst vielleicht, das Leben im freien Beruf sei schöner, da bekomme man mehr bezahlt. Gewiß, irdischen Lohn bietet Dir kein Orden und keine Genossenschaft. Wir geloben ja alle die Armut. Aber das kann ich Dir sicher sagen, unser HERR und GOTT läßt sich nicht „lumpen“. Und wer SEINE Sache auf Erden vertreten hat, empfängt das ewige Leben. Lieber Ferdinand! Willst Du bei uns als Bruderzögling eintreten, so schreibe sofort an das Dir am nächsten liegende Missionshaus und bitte um Deine Aufnahme. Dich ruft das Leben! Mit frohen Grüßen verbleibe ich Dein Oskar Hofmann, M.F.S.C.