»»»sllöl,» in univsslllew» knjilnie» 133739 Wanderungen durch die jÜchueichW-UMWe Monarchie. Von Prof. Dr. Frirkrich Uml»nft. Wanderungen durch die Oesterreichisch-Ungarische Monarchie. Wanderungen durch die Österreichisch unaarischo-2UmiarHie^ -landschaftliche Eyar,tk,^ildir ^ l..^/X! in ilner googntpluftden unll qesl'ln^tliliu'n Mlleickmg. Ini Auftrage des k. k. Mnnst!>nmn5> fiir Cultur Ul,l> Unterricht Pruf U>r. Friedrich Umlauft. N c!! l' A usssa d >', M ! t ?»5' Oriss ! uci l .> l lustlatIu !1 r u. wie» IMj. Verlag v u >' Carl Gracscr, IdIJAŠKAKNJIŽNICA Kr. državna realka = LJUCLJANA« /_______—---------------------------------=J 132739 ?^ l dm» l^'lrcsfciidn, Abschnitt qcl,ovissci! Abbildiüissc») 2ci!c Buru'ovt....................... ^ Einlcituuss...........».......... ^ 1. Das Älpmlaud................... 5 II. Dcr Karst und das Meer............... 1. Schloss Hoch-Osterwitz. (Hoch°Osterwitz).......... 120 '^ >0. Das Thal Gastcin. Nach?ldolfSchalil'ach,(Wild1'ad0>astein,derHiekahrfall> 131 l l. Dcr Zeller-See i,n Pinz^au. Nach A. Schanbach und S. Steinhard, lZell aiu Scc).................. 147 __12. Hallein und dcr Dürrcnberg. Nach I. A. Schultes und F, C. Weidmann. (Hallein).................... 152 13. Der HallMter Sec. Zum Theil nach F. Simony, iHallstätter Scc) . 161 14. Das Dachstcina,ebirgc. Nach F. Simony. . Eine Nandernnss über dei^ Predil, . Dcr Touallslrudl'l liri Grciu, Nach I, G, ilohl uiw F. Gmssaucr. (Der Strudel).................. :N5 30. Türrcnsttiu au der Douau. (Ti'irn-nstcim.......... lj^ 31. Dir Noscndurn, iin Kampthale. Zuni Thoil uach Horiualjr. (Die Noseuburc;) Z!^0 32. Di? sönili>ich^ Stadt Znaiui. Nach V. ("oldhmm llnd „Znaini und sriuc Unuirbliugl'u". (Zxaiui)............... 338 Z3. ClZgruI), Nach L. Goldhauu. (Eisqrub)........... 347 34. Die Macocha uud die Slonftcr Hohle iu Äiähreu. Zinn Theil uach O. R. v. Ohm-Iauuschovsky und L. Goldhaun. (Macocha» . . . 35» 3ö. Im Vohmerwalde. Zuiu Thlil nach Ri. Willkomm. (Schwarzer See) 3»',3 36. Tk- Burgruine Schreckeiisteiu, Nach ss. Mil'owec, (Lchrcäeusteiu) . . 373 37. Iu der lwhmischen Schuieiz. Zuin Theil nach F. v. Hochstettcr, (Prcbischthor) 381 38. Das Iser Saudsteiuplateau iu Nordböhmeu, Nach Th. Schäfer. (Nollbera,) 388 3N. Burg Bürgslem auf dem Eiusiedlerstciu. Nach F. Mitowec. (Viirgsteiui 398 __40. Das NieseiisscbnM. (Der Elbefall)............. 406 4.1. Gräfenbers!, Nach I. S. (Gräfeuber^!........... ll4 42. Iohannisl'erg in Schlesien. Nach (^, N. v. Ohin - Iannschousky. ^ (Iohaunisberiy.................. 420 43. Die Schwestcrstädtc Friedet nnd Mistel. Nach G. ^)t. v. Ohm-Iauuschovsky. (Friedet).................... 425 44. Der Cnrort Noiinan. Nach L. Goldhanu und Fr. jtobtovsk^. (NoZnau) 43l 45. Thebeu in Ungaru. (Theben)............... 439 " 46. Eine^esteignu^drrGerlsdarfer-Spitze.NachDiouys v.Dezsü. (HoheTätra) 444 47. Die Mecrangen der Hohen Ditra, Zllm Theil nach K. Kolbenheyer. (Cziklovafall)................... 454 48. Am oberm Dnjestcr. Zum Theil uach R. Temple. (Landschaft am Dujester) 461 49. Im Sndosteu der Vutounna. (Dragomirua).......... 468 50. Torda und die Tordaer Berqspalte. Nach I. Huufaluy. (Felscuschlucht bei Tarda).................... l?5 51. Im sicbcublirgischcu Eldorado. Zum Theil uach Charles Bouer. (Detunata) 480 . 52. Auf der Pußta. Nach Erasmns Schwad. (Eine Pußta)...... 488 Uebersicht der licnützteu Literatur............... 49?> Sachregister. ..................... 499 Einleitung. M^^^u mittelbar vor deu westlichen Vororten Wiens erhebt sich I^»WW "^ ^^^ Vorhöhc der Alpen cin Wald- und wcinbcdecktcs W^M Gebirge, das nnt steilem Abfalle hart an der Donau A?^^^! endet: der anuntthigc Wiener-Wald. Sein nördlichster Theil ist das Kahlengcbirgc und sein letzter Gipfel dcr für die Geschichte Wiens und Oesterreichs so bedeutsame Veopoldsberg. Die Höhe desselben krönt eine Kirche, die Kaiser Vcopold 1. zur Ermuerunss an die glückliche Rettung Wiens bei der zweiten Türken-dclllgcruug durch das deutsch polnische Entsatzheer, welches über den Veupoldsbcrg semen Weg nahm, vor zwei Jahrhunderten gestiftet hat. Rings um die Kirche herum geht eilte Gallcric; »on da aus hat man eine der weitesten und schönsten Aussichten von Niedcrösterrcich. Zu Füßen des Berges breitet sich eine überwältigende Häusermassc aus, uou zahllosen Türmen überragt: die uralte, gewaltige Kaiser staot. Gegen Nordcu sieht man sie von der Donan begrenzt, deren Inseln und Auen von dem glänzenden Silbcrstreifcn des mächtigen Stromes deutlich sich abhcbm. Jenseits des Wassers schweift das Auge über das ganze Marchseld mit seinen zahlreichen Ortschaften bis an die letzte Vorhöhe des Manhartsgcbirgcs, den wcintragcndcn Bisamberg, und drüben am fernen östlichen Horizonte bis au die Karpathen, hinter deren letztem ruuden Kogcl Prcssburg, 2 Eiüli'itnu^. Ungarns alte ,^röuliugsnadt, sich verbirgt. Daran schließt sich gegen Süden streichend das wallartige Veithagebirge, welches das hinter Wien liegende ebene Vand au dcu Marten Oesterreichs und Ungarns begrenzt. Reicher Segen ist über diese ganze Vandschaft gebreitet. Hier stand einst Baiser Alexander von Rußland imd rief aus: „Die Hälfte meines Reiches wollte ich für dieses glückliche Vaud geben!" Es ist aber nicht blos; ein herliche^ Vaudschaftsbild, das sich da vor nnseren Augeu aufrollt, e5 ist dieses Stück Vandes, welches wir überblicken, auch zugleich von der größten Bedeutung für die Geschichte unseres geliebten Vaterlandes, wie auch charakteristisch für die gesauuutc österreichisch ungarische Monarchie. An der Donau, dem Hanfttstroim- de^ gangen Reiches, und zwar an jener stelle, welcher vo>i ')lordeli und Süden einmündende Straßen den Vorzug eines wichtigen Knotenpunktes uon Handels- und Verkehrswegen verleihen, mnßte die Hauptstadt des >taiserstaatcs sich erheben, mit ihm wachsend und gedeihend. Aber dieselbe» Straßen, auf denen der Handelsverkehr sich bewegte, habeu seit jeher auch als Hccresstraßeu gcdieut. Darum ist uebeu Wie» aucb die weite Fläche dcs sich nördlich vou il,m ausdehnenden Tieflandes in der Geschichte zu hoher Vcde»tung gelaugt; das Marchfeld ist eines der großen Schlachtfelder Europas und Oesterreichs. Hier haben die Römer mit den Marlomanuen und ^.uaden, >!arl der Große und seine Franken mit de» Avare». die Oberdeutsche» uut Magyareu und ^iongolen, Ottokar von Böhmen mit Bela von Ungarn mid mit Rudolf von Habs'burg, die süddeutschen und Polen mit den Türken, Napoleon mit dem Erzherzog >tarl gctämpft. Hier bei Wien treffen aber nicht bloß die Hauptvertehrswege dcs Neiches zusammen, sondern im Angcsichte der >iaiserftadt berühren sich an der Donau aucb die drei Hauptgcbirgssysteme uuseres Vater landcs, die Alpeu, die Karpathen uud das böhmisch mährische Hochland; hier reichen sich serncr die drei Hauptsiämi»'' " Hl'oliarchie, dic Deutschen, Slaven und Magyaren, nachbar^ , die Hände (iinllünmg, 3 nnd auch die übrigen Voller elltsendeu ihre Vertreter nach Wien, der gewaltigen Htctropolc. Dic Donau, welche von Passau bis Pressbnrg Oesterreich, von da bis zum eisernen Thar bei Orsova Ungarn angehört, behcrscht mit dem weitausgreifenden Geäder ihrer zahlreichen Nebenflüsse den größten Theil der Monarchie, ^o verschieden auch die einzelnen Gebiete an Bodeilgenaltung und Bewohnern sind, so werden sie doch durch den gemeinsamen strain zu ei neu: Ganzen verbunden, welches sonach mit vollem Rechte das Donau reich im eigentlichen Zinne genannt werden darf. An der Donan treten sich Alpen, böhmischmährisches Terrassen land und Karpathen einander gegenüber. 2o scheidet dieser Strom da5 südliche Alpenhochland, dem sich der Karst anschließt, von den Mttelgcbirgslandschaften im Norden, welche wieder durch die Thäler der March und Oder in zwei verschiedene Erhcbungs-systeme, das niedrigere Terrassenlnnd Böhmens und Mährens im Westen und die höheren Karpathen im Osten, geschieden werden. Die Donau durchschneidet selbst aber die grölten Ebenen des Vandes, die vier Donaubecken; nur im ^lordoslen der Monarchie breitet sich a»l der Weichsel und dem Dnjcsler eine andere Ebene, Oesterreichs Antheil am großen sarmatischcn Ticflandc, aus. Die Donalt betritt schon als ansehnlicher Fluss unsere vater-limbischen Gauen, jedoch ihre größten Nebenflüsse, denen sie ihre reiche Wasserfalle verdautt, entspringen zumeist auf dem Boden Oesterreich-Ungarns, dem auch Elbe, Weichsel, Dnjestcr, Etsch und zahlreiche Neben und .Mstcnstüsse ihren Ursprung verdanken. >teincr aber von den großen Flüssen unseres Vaterlandes mündet hier, da sich fast alle dem schwarzen Meer, der Ost und Nordsee zuwenden, während die ktnsteulandschaften unserer Monarchie an dem ndriatischen Meere liegen. Welche reiche Fülle wechseluder Bilder zieht au unserem Ange vorüber, w ' - nur das weitausgcdehnte Gebiet unseres großen Vaterlandes üix.blicken! Wir sehen eine Weltstadt all einem mächtigen 4 ^uUeiNmst. Strome, anhciulrlnd lind doch überwältigend, mit ihrem großartigen ^ebeu und Treiben, wo Reichtlim und Geschmack, Kunst und Wissenschaft, Handel und Industrie, Macht und Fleiß mit einander wetteifern, das Beste nnd Schönste zu schaffen. Dann blicken wir in ein entlegenes Alpcnthal, hoch über der Baumrcgion, wo keine Spur verrät, dafs je hier ein Mensch gewandelt: den gras- nnd moos-bedccktcn Thalboden umschließen steile, düstere Felswände, über welche rauschende Silbcrfäden hcrnicdcrglciten, ein Gletscher senkt seine Eislast zum oberen Thalendc nnd darüber erheben sich wildgczackt schnee-glänzcndc Gipfel in den rcinel. Aether. Südwärts wenden wir den Blick; am lachenden Gestade eines blauen Sees, den schone Berge umrahmen, drängen sich Vorbccr nnd Granaten, Feigen und Citronen reifen und aus der Kehle froher Schiffer, die reisende Fremde über den glänzenden Spiegel fahren, ertönt mehrstimmig melodischer Gesang. Dann wieder versetzen wir uns fern hinaus anf die weite Ebene der Puftta; schon ist die Nacht hcrabgcsunten und die Herden der Rinder, Schafe und Pferde sind in ihren Hürden eingeschlossen, dennoch können wir deutlich sehen, denn der volle Mond steht am Himmel und lässt unsern Blick weit über die schweigsame Ebene bis an den ungczackten Horizont schweifen; bei den Hürden flackern rote Lagerfeuer, um ihre Flamme liegen die Hirten, aus ihren kurzen Pfeifen rauchend und lauschend der Stimme des Erzählers, der sie mit Sagen aus der alten Vorzeit unterhält. Doch wer vermöchte all' die landschaftlichen Gegensätze mit wenigen Worten zu schildern, die unser Vaterland in sich schließt! Wenn wir aber der großartigen Gebirgswclt der Alpen mit ihren Schnee- nnd Eisrcvierru, Bergstürzen und Wasserfallen, des böhmischen Urwaldes, der Steppen im ungarischen Ticflandc, der wunderbaren Tropfsteinhöhlen, der Ufer des Gardasces, der einsamen Mccraugen in der Tatra, der dalmatinischen Steilküsten mit dem brandenden Meere gedenken: dann müßen wir uns gestehen, dass vielleicht manches ^and Europas ein oder das andere schöne und erhabene Bild noch mehr besitzt, daft aber gewiss keines von allen dui'ch einen solchen Reichtum wechselnder, mannigfaltiger Vandschastsbilder ausgezeichnet ist, wie unser schönes Vaterland. Bevor wir nun unsere Wanderung zu den schönsten und merkwürdigsten dieser Landschaften antreten, sullen zunächst die einzelnen Hauptgcbictc unserer Monarchie mit kurzen Zügen charattcrisirt werden. I. V>az5 Alpcni.uch. An der Westgrcnze Tirols und Vorarlbergs treten die Alpen, das höchste nnd großartigste Gebirge Europas, aus der Schweiz und Italien auf österreichischen Boden über und erfüllen hier fast das ganze Gebiet im Süden und Westen der Donau; denn nur der äußerste Siidm, von strain angefangen bis ans Ende des schmalen Streifens Dalmatien, ist .^larstland, und im Osten breiten sich auf Ungarns llnd Slavoniens Boden größere Ticflandschaftcn aus. Die Kronländcr Tirol mit Vorarlberg, Mrnten, Salzburg, Ober- und Nicdcrostcrrcich (bis an die Donau), Stcicrmark, Kram, Görz und Gradiska liegen alle im Gebiete jenes großen Gebirges und heißen daher mit Recht Alpenländer; aber auch Südwcst-Ungarn und Kroatien-Slavonien haben an den Ausläufern der Alpen ihren Theil. Welche Welt von fesselnden Schönheiten uud erhabenen Wundern schließt das Alpengebiet Oesterreichs ein! Sein Reichtum an Höhen und Thälern, Schluchten und Abgründen, Wildbä'chcn uud Flüssen, llcincn uud großen Sem, an Wasserfallen uud Schncefcldcrn, an Wäldern und Matten ist nicht zu übersehen und nie erschöpfend zu schildern. Einen Anhalt, uns in dieser wunderbaren Alpeuwelt zu oricn-tircn, bietet uus zunächst der innere Bau des Gebirges. Während nämlich die Mittelzone der Hoch- oder Uralpen, welche die Vängcn-achsc des ganzen Alpcnsystcms bildet, in ihrer großen Masse aus Gneis, Glimmerschiefer und Granit zusammengesetzt ist, lehnen sich an der Nord- und Südseile die aus Mallstem oder lungeren Schiefer- 6 E^!l?ilu'!c>. arten bestehenden nördlichen nnd siidlichen >iallalpen an dieselbe an, welchen als dritte Zone die aus Äiergelsandstein und Nassclfluhe gebildeten Regionen der Boral pen und des Hügellandes vorgelagert find. Ihrer geognosiischen Zusal!nncliscl)ung verdanken dicsc Zoncn dor Alpen auch cine grosic Verschiedenheit ihrer Physiognomic. Die Nralpen steigen nicistcnc' in schroffen Wänden ans dm Thälern anf; stcil und spitz ragcn ana) die Hochgiftfel iiber den ,^annu empor in dcr Forni lion Türmen, einfachen odcr Doppclspitzcli, Hörnern, Zähnen u. dql., wovnach sic häufig ihre ^taiurn führen. 3ic sind selbst schnrcliedeckt, während sich in hochgelegenen Mulden und auf breiteren Nückenflächcn weithin leuchtende Eis- und 3chneefelder lagern. Dic Gneise und Granitberge find von lichterer Färbung, als die dunkleren Tchicferbrrge; erstere geigen auch einen spärlicheren PflanM-wuchs, als ledtcre. Je niedriger nach 5?slen hin die Uralprn werden, desto inehr erscheinen ihre Formen abgerundet; dann stellt sich das Gebirge alo ein üppig grüner, zumeist auch auf dcr Hohe bewaldeter Nucken dar. Vescntlich anders ist der Charatter der >taltalpen. Diese sind schon l'on weitem an ihrer hellgrauen Färbung teumlicb und steigen in langgezogenen, mauerähnlichcn Wänden aus den Vängenthälern empor. Ihre Gipfel haben keine regelmäßige Gestalt, sondern ragen in den abenteuerlichsten Formen als Tpitzcn, Zacken, Pyramiden, überhängende Hörner empor über felsig gezackte 5tämme oder öde Nückcnflächcn. Vcytere siud in den sogenannten >tarrcnfe!dern uft stundenweit ausgedehnt, durch Verwitterung und Auswaschung nach allen Richtungen zerrissen und zcrtlüstet und bilden gleichsam ein steinernes Tplitter^ nnd Zackenmccr. In dic überall Nässenden Tchluchtcn nnd Wifte senken sich Trümmerhaldcn und auch im Innern ist das Gestein getlüstct und bildet zahllose kleinere und größere Hohlen. Noch auffälligere Unterschiede weist das ausgedehnte Alpengelnct auf, wenn wir auf das stufcnweifc Aufsteigen des Gebirges Rücksicht nehmen, welches im allgemeinen mit dem inneren Bau dcr Alpen Eliill'iNinH. 7 zusammenstimmt. Die bis zu <',l'>l) Bieter Höhe hinanreichelide Hügel^ region vermittelt den Uebergang von der nördlichen Hochcbeuc und dem Donanthal zu der Bergregion der '^oralpen <650—1625 Meter). Tiefer in das Gebirge eindringend gelangt man in die höher emporragende Alpcnrcgion der Mittrlalpen —^;<)0 Meter) nnd erreicht endlich in der 3chnceregion der Hochalpen, welche 2600 Meter überragen, die mittelste nnd erhabenste Ttufe des ganzen Gebirges. Die verschiedenen Alpenregionen unterscheiden sich unter einander in Bezng anf die äustereli Grbirgsformen, Gewässer, Pflanzen^ wnchs, Thierwclt nnd Menschenleben in charakteristischer Weise. Die Hügelregion machen mildes >tlima und fruchtbarer Vodcn fast liberal! ,^li einem gesegneten Frnchtgefilde. Die Wälder bestehen ,größtcntheil5 ans träftigen Buchen, ^l'eden ergiebiger ^bst,^ucht wird mich an den meisten Ttellen Weinbau betrieben. Der Ackerbau steht allenthalben in ^lnte; selbst das Getreide eines südlicheren Himmels, der Mais, bedeckt hie nnd da weite flächen. Wo die ^iamr in so reicher Füllc ihre Gaben bietet, da tonnen auch die Menschen nachbarlich dicht neben einander wohnen. Darmn dehnen hier noch gröbere gewerbc-fleißige Ttädte ihre Hänsermassen ans; zahlreiche Flecken nnd Dörfer liegen inmitten der wolbebauten Gefilde, Weingärten und ^bfthainc. Die Bcrgregion der Voralpen, welche nahe bis znr oberen Grenze des ^anmwuchses reicht, ist in den mannigfachsten nnd malerischesten Formen aufgetürmt und trägt die Tpnren gewaltiger Zerrüttungen der Erdoberfläche an sicb. ^n den Thälern breiten sich die herlichften 3cm spiegelnd aus nnd die ^ahl der Wasserstnrzc ist so groß, dass man die Poralpen mit Rrcbt die „Legion der Wasser' fälle" nennen tann. Pflanzen nnd Thicrlcben tritt hier in der höchsten Fiillc auf, namentlich in den Anlanden der Teen, welche gewöhnlich mit einem besonders milden >ilima begünstigt sind, da die tiefen Stellen, welche die Sccufer einnehmen, meist 3clnch vor Winden genießen. Die Scengcstade nnd Thalgrnnde find noch dichter bewohnt: aber da der cmbauwnrdigc Vodcn geringeren Umfang hat, gewinnt die ^ie>> 8 Einlntung. zucht cine größere Bedeutung. Vereinzelt noch erhebt sich hit,' lind da im Thale eine Fabrik, welche die reiche Wasserkraft benutzt. Wie die Thalgründc aufwärts steigen, so hebt sich anch Haus, Garten und Wiese; immer vereinzelter werden die Gehöfte. Selbstverständlich ist der Südabhang der Gebirgszügc hinsichtlich des Mimas und Pflanzen-Wuchses dem )!ordabhangc gegenüber ausfällig begünstigt. So besitzt jener sz. B. in Südtirol) in der untersten Negion den Schmuck der Kastanien, Mandel nnd Fcigcnbänlnc und der Weinstock steigt bis zu 7«0 Nieter euipor, während er an der ")tordseite nur eine Höhe uon 490 Bieter erreicht und neben ihm nur noch der empfindlichere Wallnussbaum gedeiht. Die Wälder bestehen bis zu einer Hohe von i:ll)N Meter aus Eschen, Eichen und vorzüglich Buchen- höher oben dann bestehen die Bergwäldcr aus '.il'adrlholz, schlanken, kernfesten Tannen, Fichte»!, Värchen und Arven oder Zirbelkiefern, unter dmm die beiden letzteren bis über ^275, Meter sich finden, aber über 1950 Meter Höhe teine geschlossenen Bestände mehr bilden. Gibt es auch noch hie und da, von der menschlichen Hand bisher unberührt, Urwälder, so sind doch im allgemeinen die Waldungen der Voralpen schon vielfach gelichtet und fie schrumpfen uon Jahr zu Jahr unter der unermüdlichen Axt immer mehr zusammeu. ^ur die fast ausschließlich aus Nadelbäumcn bestehenden „Bannwälder" sind den Gebirgsbewohnern geheiligt nnd unantastbar; denn diese sollen das Vosbrechen und Herabrutschen der während des Winters sich anhäufenden ^chncc-masfen, also die Bildung von ^awiuni verhindern und so dem darunter liegenden Gebirgsdorfc Schutz gewähren. Außer den Vawineu Mmm noch andere Erscheinungen dem Menschen nnd seinem mühsam geförderten Werte Verderben bringen. Furchtbare Hochlandsgewittrr schüttet» plötzlich ungeheuere Wassermassen über das Gebirge, welche sich dann in den Runscn oder Niesen (Steinschuttrinncn) sammeln nnd mit Gerölle und Schlamm erfüllt verheerend über fruchtbares Vand ergießen. Anhaltende Regengüsse oder Schnccwasscr lösen mächtige Felsmasscn von den Bergen los und bewirken so Bergschlipfc oder Bergstürze, die von kleinerer Ausdehmuig in den Alpen häufig genug sind. Großartige Bergstürze ereignen sich glücklicherweise selten. Die Alpcnrcgiou der Mittelalpen ragt bis zur Grenze des ewigen Schnees empor, welche zwischen 2700—2900 Meter liegt, tiefer im Westen als im 57sten, am höchsten in Kärntcn, ferner tiefer am Nordabhange als an der Südseite. In schattenreichen Schluchten und Mulden kauu sich der Schnee auch unterhalt' der Schneegrenze das ganze Jahr hindurch halten. Kahle Wände mit nackten, öden' Schutthalden sind hier leine seltene Erscheinung. Die Gewässer stürzen als Wildbäche und tosende Alpenströme in tiefe Schluchten oder an steiler Felswand stäubend herunter. In seiner unteren Region enthält das Mittelgebirge noch Baumwuchs, das Krmnm-odcr Knieholz, hier „Vatschm" genannt, eine Föhrcnart, die sich unter dem Sturm duckt, indem sie ihre knorrigen, verkrüppelten Aestc dicht am Boden hintrribt. Größtentheils aber wird diese untere Region von jenen herlichen Weideplätzen gebildet, welche mit ihren saftigen Gräsern und wolriechcudcn Kräutern die eigentliche Region der Alpenwirtschaft bilden mit ihreu reichen Herden »ud den u»r im Sommer bewohnten Sennhütten. Höher hinauf bis zur Schneegrenze ist dann dic obere Alpenregion, wo nur Gräser und kleinere, duftende Alpenkräuter vorkommen. Hier weiden nur mehr Ziegen und Schafe, hier ist anch die Heimat der Gemse, und Vämmcrgcier und Steinadler horsten in dieser Region. H- Dic Hochalpen sind die Region des ewigen Schnees uud ewiger Oede: es ist jene Schnee- und Eiswelt, welche mit ihren eigentümlichen Erscheinungen einen der größten Reize des Alpcngcbirges bildet. In den obersten Partien (über 'iWO Nieter) sammelt sich der feine, lockere, glänzend weiße Hochschncc, welcher unter jener Höhcngrcnze durch die Einwirkung der Sonmnwärme und warmer Winde theilweise schmilzt; das Schmelzwasser sickert in die tieferen Vagen ein, wo es noch kälteren Schnee antrifft und wieder gefriert. Durch dieses abwechselnde Abschmelzen und Wiedergefrieren entsteht dcr Firn, dessen rundliche, sandartigc Körner eine mehr oder weniger zusammenhängendc Äiassc bilden und dic Firnfcldcr oder Firnmccrc bedecken. All^ mählich sannnelt sich der Firn in den weiten Äinlden oder in den oberen tesfelföruligen Theilen der Hochgebirgslhäler und gleitet, oer-möge seiner eigenen Tchlverc und von drn ln'ntrrlic^-ndcn Niasscli gedrückt, langsam tiefer; NMN fällt auf ihn hcilncdrr und wird sclbst qcfricrmd zur ucrlnndcndl-n ^l'assl- dcr fl'inrn FirntÜrncr, sl) daso auf dicscin Wclic festcrcs Eis entsteht, welche nun, cinnn starrgennudenen Flusse vcr^leichbm', den eiu,;elncli >iri'»uuien und -^mdungcn dei? Thales folgend, in die MittclgMrgsrcgion hinal'dringt. Das sind die Gletscher, welche der Tiroler „Ferner", der Tal^urgcr und Kärntner „5tccsc" nennt. Dic Oberfläche der Gletscher ist uneben, oon häufigen, oft sehr tiefen Tpnltcn durchrissen, mit Tchutt und Ttcingttrümuicr bedeckt, welches ^on den Thalwänden auf den Gletscher herabstürzt; durch die 'Ansammlung desselben an den Teitrnrändern und an dem unteren Nandc des Gletschers bilden sich die Moränen-. l'eremMN sich aus getrennten Thalmulden hervortretende Gletscher zu einem einzigen, so bilden sich auch Mitteluwräncn. An ihrem Ansgange haben die Gletscher zumeist eine Ocffnung, das Gletschcrthor, ans dessen oft wunderbar lasurblauer oder grasgrüner Wölbung das milchweiße oder hellgraue Wasser des Glctschcrbachcs fließt. Denn beständig schmilzt der Gletscher an feiner Oberfläche ab und durch die zahllosen Risse und Tpalten sickert das Wasser in die Tiefe, sich schließlich in einer Ninne sammelnd. To bilden die Gletscher die unversiegbaren Ouellen der Alpenflüsse, welche diesen gerade in der heißen Jahreszeit die größten Wnssrrmengen zuführen. Die Gletfchcr reichen in den Alpen durchschnittlich bis zu 230<>—19.')<) Meter, ausnahmsweise bis zu 1300 Meter herab; am unleren Ende schmelzen sie ab, obne lürzer zu werden, rücken also, wenn auch nur sehr langsam, von öden nach unten herab; sie sind gewöhnlich einige Ttunden lang und bis zn einer Ttunde breit; in den österreichischen Alpen allein zählt man ihrer mehrere hundert. Eink'i!»»>i, 11 Vctanntlich theilt man das galizc Alpcusystciu in seiner west östlichen Erstrcckung in die West-, Central nnd Ostalpen ein-, von diesen nchurcn die Ccntral-Alpen nur in cincm tleinen Theile, dagegen dic Ostalpcn in ihrem ganzen Bcrlanfc zu Oesterreich. Bcidc zerfallen wieder in dic nnttlere ^')0nc der Uralpcn llnd in dic nördlichen nnd südlichen Voralpeu odev >tnllalp!,'!!, i?io Nralpm trcttn liuc' dcr Tchwci^ in Mci Zngrn in ^cstcrrcich cin, wrlchc dcr Ilin trcnnt: dir twrdlichm rhntischen Alpcn cntscndon imch -)nud wl'st den Nhiitilon, dic südlichen BrrninlV ^llpcn enden (Ulf der Malscr Heide. Vettere trennt diese Gruppe von den zwischen den, Inn, der Till, dem Lisack nnd der Etsch gelegenen Oehthaler oder Tiroler-Alpen, der großartiqstcn Gruppe dcr österreichischen Alpen init 3<)'-» (Gletschern, ^iele, nn ')latnrschönheiten reiche Thäler öffnen sich hier nach Nord nnd Tiid; die (Gewässer wenden sick theils nordwärts zum Inn, theils gehören sie der Ctsch nnd dem Eismt mi, welche l'cidcn Flüsse sich in dcm schönen bnrgcnreichen Thallcssrl von Vozrn ucremigen. Im 5?sten der Brennerstras^e erheben sich die Ziller tHaler Alpen, welche wieder die Tcharte des .^trimmler Tanern r>on dem inlposantcn Zuge dcr hohen Tanern trelntt, wo der zweite Gipfel unseres Vaterlands, dcr (^ros>glockncr, hoch emporragt. Dic Parallclthäler an dcr Nordscite, wie die Fusch, )1l'o,nris, Gastcin, entsenden ihre Achcn znr Salzach, während die mewerzweigtm längcrn Thäler im Tiidrn, wie das Isel- nnd Ä«öllthal, sich zur Dran öffnen. Ocstlich lwn den hohen Tauern silld die Nralpen durch die Hinr m zwei Zweige geschieden, den nördlichen oder die niederen Taucrn, welche sich in den nordsteirischen Alpen fortsetzen nnd am Scunnering mit der l'crühmten Straßc und Bahn cndrn, — und den südlichen oder die kärntnisch-stcirischen Alpen, welche sich vielfach verzweigen und schließlich im steirischen Hügelland znr oberungarischm Tiefebene srnten. Die nördlichen slaltnlpen beginnen auf vorarll'ergifchrul Boden östlich vom Rhcin nnd Bodcnscc nn't dcn Vorarlvcrgcr und Allgäuer- 12 Einloitumi. Alpen, UN! welche sich jenseits des ^ech dic nordtirolischen Kalkalp ett anschließen; letztere endet, am Durchbrüche dcs Inn durch das Gebirge bei dcr Festung >tllfstcin. Zwischen den Querthälcrn dcs Inn und der Salzach breiten sich die Salzburgcr-Alpcn aus, im Süden durch den Piuzgau oon den hohen Tauern getrennt. Dic an Salz und Seen so reichen Salzlammergut Alpcu beginnen östlich uon dcr Salzach, tragen in der Dachsteingruppe die nördlichsten Gletscher der Alpen und reichen bis zmu Stricrthal. In dcn österreichischen Kallalpen, welche ooni Querthal dcr Steier bis zuui Wienerbccken sich ausdehnen, finden die Alpen »!i,i, blicht immer war der >larst so öde und tahl. Vor uielen Jahrhunderten nämlich war er bekleidet mit einem weitausgcdehnten, dichten Waldo, lueist uon Eichenbrstand. Aus ihni nahuien zurrst schon die Römer einen Theil ihres Bedarfs an Bau- und Schiffsholz; dasselbe thaten danll und in weit größerem Vcaste die Benetianer; delin viele ihrer Gebäude uud Paläste, sowic ihrcr Pfahlvostt' und l.>ci wcitcui die Mchrzahl ihr».'r Schiffc habrll sie aus dk'scm Waldc crl'aut. Vcidcr fanden darauf in drmsclbm tcinc ncum Pflanzungen uuhr statt, und die entblödten Flächen wurden noch dazu dewcidct, namentlich von dcn für den Waldbau so schädlichen und in jenen Gegenden so zahlreichen ZiMN. Jetzt tonnte der gewaltige Vuftstrom der Gora, der oft mit solcher Heftigkeit wütet, dass er selbst Pferde und Vastwagm niederwirft, Platz greifen und wehte nach und nach die (Hrdc von all dcn Stellen weg, welche er bestrich, und so trat denn auf der Hochebene und ihren Hügeln der nackte Fels zu Tage, der Art, dass nur noch in seinen Fugen und zwischen und unter seinen Blöcken sich Erdreich erhalten hat. Die eigentümliche Beschaffenheit des .^arstbodms hat auch einen besonderen Charakter der Wasscrläufe zur Folge. Die meisten derselben verlieren sich nämlich in eine der zahlreichen Müftc, Spalten und Hohlen, fließen eine Ttrcckc unterirdisch fort uud tonnucn, ver^ stärtt durch das durch den klüftigen Boden nberall hinabdringmdc atmosphärische Wasser, an tieferen Stellen wieder zu Tage. Ein derartiger Karstflnss ist die in die Saue mündende ^aibach, welche als Poik in die berühmte Adclsbcrgcr Orotte fällt, bei Planina als Unz wieder zu Tage tritt und abermals verschwindet, um bei Obcrlaibach unter dein erstgenannten Namen das große ^aibachcr Moor zu durchsetzen. Dcn Ucbergang bon den Alpen zum 5larsllalide bildet das Bcrgland uon Idria, woran sich südwärts die ausgedehnten Hochflächen des Tarnowancr und Birnbaumcr Waldes anschließen. Vetztcre stufen sich im Süden der Wippach zu dem hohlcnreichm Plateau des drainer barstes ad, dessen Westrand als eigentlicher Karst dm Hteerbusen von Tricst begrenzt. Diese deiden Theile schließen die berühmten >carsthöhlen in sich, unter denen die Adclsbcrger-nnd die Älagdalenen-Grotte, die Höhle von Planina, die siinf ^ncger Höhlen und die Höhle von Corgnalc die bekanntesten sind. Der eigentliche Karst setzt sich südöstlich unter dem Manien des Tschitschenbodens fort; letzterer steigt in drei Stufen gegen Süden ab und bildet die Halbinsel Isirien. Der südliche Theil Krams heißt die windischc Marl: ostwärts davon streicht das Uskokcn Gebirge bis an die Tare. westlich vom Tschitschenboden zieht sich der liburnischc oder kroatische >iarst hin, mit welchen! die große uud kleine Kapela innig verwachsen sind, Vchterc reicht bis zur Einsenkung der Plitooiea' Seen, jenseits welcher das P-lisevica-Gcbirgc sich erhebt, lw-mittelbar an der Küste streicht der rauhe Vellcbit bis zur Zcrinagnai hier beginnen die dinarischcn Alpen, in welchen die durch ihre Wasserfälle merkwürdige >terta entspringt: sie erstrecken sich bis zur Narenta, worauf das Nagusaner Gebirge im ^rjen bei Cattaro die bedeutendste Höhe im ganzen Karste erreicht. , Znm Meere hin fällt der Karst in Steilwänden ab nnd sckt sich in den zahlreichen vorgelagerten Inseln fort, die als die Gipscl der unterseeischen Äergreihen auzusehcn sind. Den Charakter der Karstlandschaften bestimmt zum großen Theile auch das Meer, da sie, wie bereits erwähnt, die Nord- nnd ^stseitc der Adria umgrenzen. Darum nennt man anch Gö'rz mit Gradisla, Istrien und Trieft das Küstenland und spricht uon einem ungarischen ^itorale; aber auch der Westen Kroatiens und ganz Dalmaticu sind Küstenländer. Die Knsie selbst ist in ihrem kleineren nördlichen Theile (von Grado bis Monfalconc) flach und mit Vaguncn besetzt: östlich von Monfaleone beginnt die Steilküste, indem zunächst der 5iarst mit seinen meist schroff abfallenden Gehängen unmittelbar ans Meer reicht. Diese Küste zeigt eine reiche Gliederung; mehrere Vandznngen 16 (5il!ln!»ll>,. und Halbinseln erstrecken sich seewärts, während dir Mrrrrsflut in zahlreichen größeren und tleineren Cinbuchtnngen ins Vaud eindringt' endlich ist der ganzen Küste eine reiche Inselwelt vorgelagert. Der Meerlinsen von Trieft begrenzt die Halbinsel Istricn im Nordwcstcn, der Quarncro an der 57stseite. Die istrische Küste ist ringsmn vielfach von schmalen Einbuchtungen cmgeschmttrn, unter denen die weitere Bucht von Pola besonders wichtig: tleinerc Inseln finden sich nur an der Westseite. Dagegen liegen ihrer i7stknstc gegenüber die nördlichsten jener zahlreichen großen und lleinen Inseln, welche die ganze Osttüste des adriatischen Meeres begleitet,. Am weitesten nach Norden erstrecken sich die großen Inseln Veglia und Chcrso, welche jenen Theil des Quarnerobnsens abschließen, den man auch den Golf von Finmc nennt. Unter den nach Tüdosi folgenden Inseln sind Arbe, Pago, Vnssin, Brazza, Vesina, ^issa, Curzola und Mcleda die größten. Zwischen diesen größeren Inseln liegen zahlreiche tlcine unbewohnte Fclscneilande, Scoglicn genannt. Auch Sabbionecllo, längs des Narcnta-Canals sich erstreckend, wäre eine Insel, wenn es nicht durch einen ganz schmalen Isthmus mit dem Festlandc verbunden und so zur Halbinsel gemacht würde. Im Snd-osten der letzten dalmatinischen Inseln ist die Küste in den merkwürdigen ^oechc di Cnttaro noch einmal tief eingebuchtet. III. Dir nordwestlichcu Mittelgebirge. Im Norden des Dunauthals lireitcn fich als ein Vorland der Alpen ausgedehnte Mittclgcbirgs-Vandschaftcn aus, welche sich bis zur norddeutschen Tiefebene erstrecken. Das Fichtclgcbirgc ist der Knoten, welcher die beiden Flügel dieses großen Mittclgcbirgs-Gebietcs miteinander vertuüpft. Nur der südöstliche, die böhmisch-mährische Gruppe, gehört der österreichisch-ungarischen Monarchie an. Voll den im Osten angrenzenden Karpathen wird >ruc durch die Einsenkung des March- und Odcrthalcs geschieden. Dieses Hochland nmfasst Böhmen, Mähren, Schlesien, sowie Ober und Niedcrösterreich nördlich von der Donau, also den Nordwcstcn der Monarchie, nnd bildet, von Nand-gcbirgcll eingeschlossen, ein natürliches Ganzes. Im allgemeinen zeigt dieses gcsammtc Gebiet einen ruhigen, harmonischen Charakter, trotz der Mannigfaltigkeit der Formen, da Gebirge, Ebenen, Berg- nnd Hügcllandschaften oder vereinzelte Erhebung beständig wechseln. Aber die Hohen sind nicht gewaltig, scharf nnd steil, sondern mehr sauft und abgerundet. Sie besitzen zwar Schönheit, aber nicht Erhabenheit oder poetische Großartigkeit, und nur einzelne Partien machen hieoon eine Ausnahme. Diese Gegenden unseres Vaterlandes sind zum Theil wolangcbaut, zum Theil bewaldet, und bilden somit einen Gegensatz gegen die kahleren Höhen der Hochalpcn und des barstes. Der fruchtbare Boden hat eine wolthucndc Abwechslung von Wiesen, Gctrcidcflurcn, Weinbergen nnd Vamngärtcn auszuweisen, welche den Vandschaftcn einen frcnndlichen, heiteren Charakter verleihen. Anch die Wälder sind nicht weit ausgedehnte Strecken düsterer Kiefern, wie im Norden Europas, sondern meist kleinere, abwechselnd aus Buchen, Eicheu, Eschen nnd Nadclbäumen bestehende Holzungen. Eine große Menge von Bächen und Flüssen belebt und bewässert durchgeheuds das Vand. Das milde und angenehme 5ilima ist doch bereits viel nordischer als in den großen Alpcnthälcrn, und namentlich mit dem der nach Süden ziehenden nicht zn vergleichen. Dörfer und Städte erheben sich in grußer Zahl auf dein zumeist dicht bewohnten Boden dieser Vandschaftcn; Burgruinen an den Gehängen oder auf den Spitzen der Berge, altertümliche Städte erinnern an vergangene Zeiten, die in vielen, oft schönen und gehaltreichen Sagen bis in die Gegenwart fortleben. Am linken Donau-Ufer beginnt die böhmisch ^mährische Gruppe mit dem österreichischen Granit-Plateau, von den östlichsten Ausläufern in der Mhe voll Wien westlich bis zur großen Mühl reichend. An sein Nordwestcndc schließt sich der aus Gneis und Granit aufgebaute Böhmcrwald, welcher durch dir Senkung zwischen Taus 18 LinlcituNss, und Furt in zwei Theile geschieden wird: einen südlichen höheren, das Hnmaua-Gcliirgc, und einen nördlichen niedrigeren, den eigentlichen Böhmerwald. Das Innere des (Gebirges, namentlich im südlichen Theile, ist rauh nnd wild. Hier finden sich auch nach an den MlMigen Urwälder, in welchen Niesenbämue, zumeist Tanneli, bis zu 5>^) Meter Höye anfragen. Hier enthält ferner der Böhmerwald zahlreiche, allsgedehnte Torfmoore sowol auf den höchsten Rücken, wie in den Thalgründcn. Gleich Schwämmen das Wasser aufsaugend, verhindern sie in wasserreichen Zeiten Überschwemmungen, versorgen aber auch bei andauernder Dürre wie die Gletscher der Hochgebirge die ^äche und Flüsse mit ausgiebigem Zuflüsse, ^ft gelangt man zwischen den Maaren an Seen, die in Versumpfung begriffen sind, wie der Schwarze See, der Tenfelvsee bei Eisenstein, der Vackasee, der Plöckensteiner See n. a. Dell Hauptrcichtum des Äöhmerwaldes bilden seine Holzschlil.^'. Das Fichtelgebirge, welches als das Bindeglied zwischen dem Vd'hmcrwalde und dem Erzgebirge gelten tan», gehört nur in seinen östlichen Ausläufern unserem Baterlande an. Das Erzgebirge zieht vom Ursprünge der Elster nach Ostnordost bis zum ^l'ollendorfcr Passe und fällt auf der böhmischen Seite gogen Süden meist sehr steil ab, während es sich nordwärts gegen Sachsen ganz allmählich sentt. Es besteht ans verschiedenen Schiefergesteineu, die von großen Granit' und Parphyrmassen durchsetzt werden, und bildet ans der Höhe eine breite, bergige, theils mit Waldungen, theils mit Moor und feuchten Wiesen bedeckte Hochfläche mit rauhem Mima, welches fast nur die Kartoffeln gedeihen lässt. Die einst reiche Ausbrnte des Bergbaues hat abgenommen, weshalb die vei'hältui^mäsng dichte BevölterlNtg sich verschiedenen Industriezweigen zuwandte, die sie nur dürftig ernähren. Die Verbindung zwischen dem Erzgebirge und dem östlich von der Elbe fich hinziehenden Sndetensystrm stellt das Elbe-Sand' steingebirge her. Der Durchbruch der Elbe durch dieses cigrutümlich wilde, an sonderbaren Fclsgcstaltungcn (Prclnschthor, Felsentessel von Dittcrsliach) reiche Gebirge ist als die „böhmische Tchweiz" berühmt ^ ist eigentlich nur ein Theil der großen Tandstciugebilde, welche dcu Tiidraud dcr Sudeten begleiten. Vctztcrc glicdcru sich in vier Gruppcu, An das Astende des Elbe-3andsteingebirges schließt sich das Vnusibcr '^crg und Hügclland, welches durch dic (^örlihcr Ncissc von dcm ^raniti'chcu ^scr^ lnld Ni^s^lnicbivqc qttrmnl wird. Im Iscrgcdirq!,' cittspviii^t di» ^srr, ini Nicscnqrlurl^' uuwcit dcr Tclnn'ctoppr dir (5>ln'. Dcr vcrlMtmsinäsuq !)ohc Nückcli mit sciilcn Mcwrwicscu und dcn ausqcdclnttcli nacktcn odcr u>lr llüt >inicl>olz, Gras »nd Nioo^ dcwachsciicii Tlrcäcu, dic viclcu hlüicn (^ipfcl, dic ^ahlrcichc» TlMcr mit ihrcu 7vclscncnqcü, rauschciidcl, ^crMwüssern und klcincn H^chsccii, dic „Bandcu" scinzclnstchmdc Wohiuicbäudc) mn Bichwirtschlift — durch all dicscs crinncrt das NicsclMbiM au dic Alpcn. Au das ^ftcndc dcs letzteren schlicht sich das utährischc Hochgcl'irgc odcr dcr (^lal^cr Gebirgskessel, r^u dcin uur die äuficrcu ^nu!dma»cru Min 3l>cilc ^cstcrrcich au^chörcu; bei Politz und Adersbach trctcu alicrinalo mcrlwürdigc Zaudstcinforluationeu auf. Hierauf bildet das dis zur Bcüwa und Oder ziehende mährisch-schlcsischc Gescntc den Abschluss des Sudctcusystcms. Es ist meist mit Wald bedeckt, die wasscrrcichcn Tlu'Ucr aber init üppigem Pflanzcw wuchs geschmückt, ^u dicsc drängt sich ciuc '^ahlrcichc gcwcrbflcisngc Bevölkerung mit ilncn ^,'ülilcn »nd Hammcrwcrlcu, uüt ihrer wclt berühmten Spinnerei und Weberei. ^wuchcn nllcn bisher genannten Nandgcbirgcn, in: X?sten von dcr Niarch begrenzt, brcitct sich das böhmisch mährische Terrassen-land aus, welches tmrch den die Wasscrschcidc zwischen dcr Elbe und Dmiau tragcndcn böhmisch inährisclicu ,>>öl)cn'^ug in ^rci nnglciäi gr>M Thcile geschieden wird. Das Hachland von Böhmen, dcsscn initt lcrcr Furche alle Gewässer des Vandco zuslrömcn, scntt sich mit seinen ^crg und Hügcllandschaftcn, wclchc die von dcr Elbe und Moldau und dcrcn ^cbcnflnsscn dewässcrten Thalnirdcrungcn einschließen, von ^üdcn gcgcll Nordcn. Dcr Ncilicrc Thcil, das mährische Tcrrassen- 20 Einleitung, land, wird hauptsächlich von dcn östlichen Stufen des böhmischmährischen Höhcnzugcs gebildet, welche, von den Flussthälcrn tief durchschnitten, in die breiten, ebenen und fruchtbaren Thalflächen der March nnd ihrer Nebenflüsse übergehen. Hier, zwischen der Zwittawa und der oberen March, finden sich dic merkwürdigen Höhlen von Sloup und der große Erdfall der Mazocha. IV. Mc Itarpathen. I» ciitem gewaltigen, nach Südwcstcn geöffneten Bogen reichen die Karpathen von der Donau bei Prcssburg bis Orsova an demselben Strom, der sie von dcn Alpen- und den Baltanhöhcn trennt; im Venen scheiden sic das March--, Bcöwa- nnd Oderthal von der böhimsch mährischen Mittclgebirgsgruppe, mit welcher sie der niedere Rücken der Wcißkirchner Höhe verbindet. Die Karpathen sind auf allen Seiten von Tiefländern umgeben; sie bilden die Hauptwasscrscheide zwischen der Ostsee lind dem schwarzen Meere nnd sind nächst dcn Alpen das mächtigste Gebirge Europas. Freilich stehen sie diesen rückfichtlich des Großartigen und Majestätischen weit nach. Es fehlen den Karpathen die mächtigen Hochgipfcl, die weiten Schneefcldcr und Gletscherrcm'cre, sowie die wasserreichen tosenden Stürze in schwindelnde Tiefen und die zahlreichen größeren Sccnspiegcl der Alpen. Nirgends tragen sie ewigen Schnee, nnd die Schnee- nud Eismasfen, welche sich in einzelnen Schluchten dcn Sommer über erhalten, verdienen nur dcn Namen von Schnee- und Eisgrubm. So lassen sich die Kar^ pathcn selbst in ihren höchsten Theilen nur mit der mittleren Alpen-region vergleichen, an welche sie vielfach erinnern. Man vermisst in ihnen wcder den anmutigen Charakter des Mittelgebirges, noch das wilde Gcprägc kahler, hoher Felsgipfcl; auch hier stürzen Bäche über Gerölle und steile Abhänge, oder erfüllen, wenn anch von kleinem Umfange, smaragdgrüne Gebirgsseen cnge Thalgründc. Schutt- und Trümmcrhaldcn, hohe Wände wiederholen hier dic Formen der Alpen- Einleitung. 21 Welt; wie dort so auch hier ist das Gebirge abwechselnd aus Granit, Gneis, Kalt und Sandstein zusammengesetzt. Auch die Flora der Karpathen, welche neben frischgrimm Wicscmnattcn ausgedehnte ^aub-und Nadelwaldungen, höher oben zwcrghaftes Krummholz ausweist, bis auf den höchsten Gipfeln und Kämmeu spärliche Flechten ihre letzten Vertreter sind, zeigt vielfach den Charakter der Alpenflora. Ebenso rufen die auf den Bergcshöhen weidenden Viehherden, die Gemsen und Murmelthiere der hohen Tatra, die die Gipfel um-kreisenden Adler die Erinnerung an jenes Hochgebirge wach. Zahlreicher jedoch als dort finden sich hier die gröberen Naubthiere, der Bar und der Wolf, gefürchtete Feinde der Menschen und der Hausthiere. Der große Bogen der Karpathen umschließt den Norden Ungarns und ganz Siebenbürgen, während sich an seine Außenseite Mähren, Schlesien, Galizien und die Bukowina anlehnen. Mit Ausnahme der äußersten südöstlichen und südlichen Abhänge, welche sich Rumänien zuwenden, gehören die Karpathen ganz unserem Vaterlande an und sind zugleich das ausgebrcitetstc Gebirge der österreichisch-uugarischen Monarchie. Das Karpathcnsystrm lässt sich ill zwei Hauptgruppcn eintheilen: die eigentlichen Karpathen und das Hochland von Siebenbürgen, welche beide die Theißemellc scheidet. Die ersteren sondern sich deutlich in ein äußeres und ein inneres Gebirge, welche durch die Thäler der Waag, Arun, des Dunajce, Poprad und der Toftla von einander getrennt sind. Das äußere Gebirge ist ein zusammenhängender, reich bewaldeter Sandsteinzug, welcher bei einer mittleren Höhe von 650—1A00 Meter den eigentlichen Bogen von Prcss-burg bis zur Theißquclle bildet. Er bcgiunt mit den sanft gerundeten kleinen Karpathen an der Donan und seht sich jenseits der Miava nordwärts in dem steilen Gebirgsrücken der weißen Karpathen fort. Der Iablunka-Pass scheidet diese von den höheren Bestiden, welche ostwärts bis zur Tanqucllc streichelt, wo das wenig fruchtbare nud düun bevölkerte, aber durch viele Kohlen-, Torf- und Salzlager ausgezeichnete tarpathischc Waldgebirge beginnt; hier ist der Kamm 22 E'nlcitimg. häufig steil, triimmervoll mid schwer gangbar, uinsolnchr, je waiter er nach ^iiden streicht, bis er an dm TheißPlcllm mit dem sieben' bürgischen Hochlallde sich verschränkt. Das äußere Gebirge sendet gegell ^iähren und Tchlesicn mehr oder minder bedeutende Auoläufer, gegen die galizische Ebene lagert ihm ein Hügelland cor. Das innere Gebirge oder da>? iioi dillisia^ische ^r^land besteht ans nn-lir^e» Grliftftcn, welche von ')lord^il luuh ^iidci! zllr Donau »lid ungarischen Tiefebene in Tmfm absteigen, (to ist das höhere Gebirge und besteht zumeist ans Urgestein ^Granit, Gneis) oder ans mileanischem Gestein lTrachyt, Basalt). Ganz isolirt türmt sich ans der von der Waag, der ^lrva, dem Dnnajee lind Poprad mnflossmen Hochebene steil und fast ohne alle ^orberge die hohe Tatra auf. ^hr lahler, zackiger >lamm irägt als höchste ^iipfel des ganzen ^arpatheilsystemc' die Gcrlsdurfcr- und die Vomnitzcr-Spitze. Die Tatra zeichnet sich durch ihre schauerlichen, engen Thaler mit uiclen kleinen Gebirgesren, den sogenannten Me er au gen, und dnrch ihre gänzliche Unwirtbarleit aus, denn nur die das Gebirge, umlagernden Halden und (5benen sind bewohnt. I^ie Hochfläche, aus welcher sich die Tatra mauerartig erhebt, ist allseitig von Gebirgen umschlossen, die aber an Hohe alle weit hinter ihr zurückbleiben, ^m Norden ziehen die scholl genannten ^estiden, im Westen die Fatra, im ^üden das Viptauer Gebirge und im ^sten breitet sich das Zipser ^ergland auo. ^on der Fatra zieht nach ^üd das lieb lichc Nentraer Gebirge. Zwischen der Grali nnd Eipel dehnt sich als zweite Vorstufe das ungarische Erzgebirge ans mit seinem an edlen Metallen so reichen Trachytgestein, weshalb dies Gebiet auch „das Mexieo Ungarns" genannt wird. Tüdlich r>om ungarischen Erzgebirge, durch die Thäler der Eipel und deo 3aio lwu ihm getrennt, sind noch mehrere niedrigere ^ergzüge vorgelagert, r>on welchen das Neogradcr Gebirge bis an die Donau bei Waiden reicht; als der südlichste Zug fällt das Matra^Gebirge steil gegen das Tiefland ab. Nach 5?sten hin bildet die zwischen den Thälern des Einleitung, 23 Hcrnad und Bodrog nach Süden ziehende Hegyallya, auf deren vnlennischem ^odcn die beriihmten Tokayer Weine wachsen, detl :'lb" schlms der inneren Karpathen. Da, wo an dm ^ucllen der Theiß und des Pruth das tar> ftathischc Waldgebirge endet, spaltet sich das bisher cinfuriuigc Kettengebirge lind »nisän^t ^leichsani nüt smim >'lrlncn a»s allen Scitrn das Hochland oan Ticl'cnl'ilvqcn. Dicscs stciqt aliv dcr südlichon walachischcn lHbcnc schnell nl,d stcil, van der ungarischen jedoch nur allulählich empor und fällt nach ^sleu hin in breiten Ttufcn znr dessavabischen Tiefebene al>, Die '»iand^el'ir^e, im 57sten und Tndcn wallartiq, sind l'w zu l740 Meter SeclMe nnt dichten ^aldunqeli bedrelt: über die ^aldre^ian iedoch jircden nackte ^elsenjpiyen euipor, uud wenngleich Schnee und Eisfelder fehlen, so sind doch die höchsten O'npfel nnr weniqc Wochen von Tchnec entblöftt und in beschatteten Tehluchten übersommern Tchllee nild Ei^inassen. Den ^strn lind Tüden Tiedenbnrqens ,l>nschlies>en die tran^sylvanischen Alpen von den ThcißaMllen bis an die Donali; nur im 3>idcn sind sie voll zwei Tliälern, der Aluta und des Tchyl, durchdrochel», durch welche zwei Pässe: der Rotctnrm-Pass und der Bulean Pass, alls dem siebenlnir^ischen Hochlande herab in das walachische Tiefland sühren. Den Westrand bildet das niedrigere, durch bedeutende Flns^lhäler in Einzelzüqc geschiedene siebenbürgische Erzgebirge, beriihnit durch seine>l Reichtum an (5delmeta!>en, »aiueutlich an (^>old. ')l'ach dem ^nneril de'> vandes fallen die Nandgebirge steil ab. Dieses ist nur in uneigelttlichem 3innc eill Platean zu nennen, denn es zeigt nirgends eigentlich ebene strecken, sondert! besteht aus einer Verbindung von verschiedenen meist zwischen i7st nnd West streichenden niedrigeren ^ergzügen und Hngelrcihen, zwischen denen die uon der Maros, ,^o'rös lind Szamus dnrchströmtett Vängcnthäler liegen, welche 3iebenbürgm >nit Ungarn verbinden. ')iur iin ')lordosteli dringt ein höheres (Gebirge ins Innere vor. 24 Einlcitimg. V. Die Eheucu. Etwas ilber cin Vierthcil von dcm Gebiete dor österreichisch ungarischen Äiollarchie gehört dcm Flachlalidc an. Wic uuser Vater laud in Vezug auf Gebirgsland alle verschiedenen Abstufungen dcs selben, also cine große Malniigfaltigleit auszuweisen h>it, so zciqm nuch dil' (iln'ucii cinc niche Abwechslung zwischcu wcllmfmini^cv ^dcr uollll'ililücii n'nqr^chlcr ^lllc'd>,'I)!Ulln^ wic sic anch in Hinsicht der Tcc-hohc llltd dcr Grüße, sowie der Be^etlitiMs-Bcihältnissc sich bcdcntmd oou cinluidcr unterscheiden. Die Ebenen Oesterreich-Ungarlls find fast ausschließlich Tirflandschasten, nur wenige tlciucrc Gebiete haben eine so bedeutende Erhebung dass man sie den Hochebenen zuzählen lann. Ihr Boden ist zumeist angeschwemmt, zum Theil ein Ergebnis der sie jetzt durchziehenden Flüsse, welche zugleich auch die Neigung oder den Abfall der Ebenen lennzeichnen. Auf weite Strecken hin zeigen sie Sümpfe und Moräste, anderwärts findet fich stehendes Gewässer durch wasserdichten Grund zu einem See aufgesammelt. Einen Gegensatz zu dem Wcichboden der Sümpfe bilden Flugsand-Regionen oder dürres Heide und Steppmland. Magerer Weide- und üppigster Ackcrgrund wechseln mit ausgedehnten Waldungen; menschen leere Distriete mit dichtbewohntcn/ zahlreich mit Städten besetzten Landstrichen. Die größten und wichtigsten Tiefländer der osterreichifch-tmgarischcn Monarchie erstrecken fich längs der Donau; ein beträchtlicher Theil des gestimmten Tieflandes gehört der farmatischen Tiefebene an; im Süden reicht die lonlbardisch uenetianische Tiefebene nur mit ihrem östlichsten Theile in die österreichisch-ungarische Monarchie hinein; lleincre Flachlandsstrecken finden sich an den Zuflüssen der Donau und anderen Flüssen innerhalb der bedeutenderen Thalwcitungcn der Gem'rgc. Unter den Donau-Ebenen sind vier von größerer Ausdehnung; zwei demselben gehören Niederösterreich, zwei dem >toüigreiche Ungarn an. Eixk'ituüg. 25 schlich uoni Grciner-Nalde, einem Thcilc dcs österreichischen Granit' Plateaus, , bis zur Stronwerengung zwischen Bisam« und Kahlcn-l'crg, erstreckt sich die kleinste und höchste Donau-Ebeue, das fruchtbare Tuluer Becken; unterhalb desselben folgt, im 57ftrn durch die tleincn Karpathen und das ^cithagebirgc begrenzt, das größere Wiener-Becken, desfru nördlicher Theil das Marchfeld heißt; der südliche Theil isi verwiegend unfruchtbares Heideland, aber der Sitz einer hochentwickelten Industrie. Durch dir „ungarische Pforte" zwischen den beiden letztgenannten Gebirgen betritt der Donaustrom den Boden Ungarns uud zugleich die tleinc oder oberungarischc Tiefebene, ivelche bis zur Verengung des Donauthales zwischen Gran und Waiden reicht. Die hier vom Strome gebildeten beiden Inseln, die grosse uud die kleine Schiitt, haben meist sehr fruchtbaren Boden — die erstere heißt „der goldene Garten Ungarns" — ebenso der nördlich von der Donau gelegene Theil, welcher mit den Thalniedcruugen der Waag und Neutra in Verbindung steht; der südliche Theil dagegen ist besonders im Westen theils Heidebodcn, theils Smuftflnnd. Der ausgedehnteste Wcichboden findet sich in dem Zum Theil cntsumpftcn Hansäg-Moor an der 5?stseitc dcs Neusicdlcr^Sccs. Anmutiger und fruchtbarer find die an den Bätonyer-Wald sich anlehnenden Strecken. Die grosic niederungarischc Tiefebene dehnt fich zwischen den Ausläufern der Alpen, den Karpathen und dein Balkan aus und reicht von dcr Waitzcncr (5ugc bis zum Donau-Durchbruch bei ^rscwa. Sie umfasst ein größeres Gebiet, als Nieder und Obcr-bslcrrcich, Salzbllrg, Tirol und Vorarlberg zusammeu ausmachen, und >cntt sich sowol von Nord nach Süd, wie auch von der Ost- nnd Westseite zum Bette der Theis!. Vettere durchstießt das Tiefland in dcr Mitte uud theilt es in zwei Abschnitte. Während die Donau und Theiß uon breiten Sumpflaudschaften eingesäumt werden, bildet ^- größte Theil der Ebene eine unabsehbare Steppe. Hier sind die sogenannten Pußten, auf denen große Herden verwilderter Rinder, 26 , Eiiilcitmlg, 3chafe und Pferde weiden. ^)lit il,rer spärlichst Hirtenbeböltermig, dcr Wasserarlnlit, den Flugsandstreckeli, dm tleinen ')catrouseen, der incrkwiirdigen ^ttn ^lol-^n^ erinnern die Pllstten mi die 3teppen Asiens. Die ausgedehntesten Pusiten sind die >trestem6ter- und die Debrcezincr Heide. )n jenen Gegenden aber, die hinrcichmd bcwässrrt und von mlcr flcisngon Vcoölk'ruug bewohnt sind, entwickelt dcr ^oden eine außerordentliche Fruchtdm'teit, wie diee> namentlich im Temeser '^anat der ^all isl. Von der Niitte aus, dem ain tiefsten liegenden Theile dcr lM'nc, welche vor dem Dnrchl'rnche der Donau l,>ei ^rsova ein ^ilniensce war, steigt der ^>oden gegen die 'liänder hin allmählich ili einem welligen Hügelland an, da5 den Ucdergang zu den l'egrcn',cnden Gclnrgeu l'ildet. Dieses Hügelland ist namentlich am rechten Donau Ufer fruchtbar mid cnt!)ält berühmte ^eingelände, Dort breitet sich auch am Tüdfustc des Batonycr ^alde^ der schone 3piegel des Plattensees zwischen waldbegrenzten Hügeln auo. Im äußersten ^üdwcsten greifen die sumpfige!,, doch reich begabten Thal-uiulden der Dräu und Tau als zungeiiformige, Fortsetzung der großen Tiefebene weit in oas Alpen-Vorland hinein. Uuter den Tieflandschaften unserer Monarchie, welche nicht dem Donaugcbiete augehören, nimmt nur der Antheil am sarmatischcn Tief lande eine bedeutsame Stellung ein. Dcr ganzc Norden s^aliziens und Vodomerieus liegt in seinem (Gebiete. Von ^ften her erstreckt sich das sarmatische Tiefland am Dniester aufwärts und dringt furchen^ artig in die Seitenthäler seiner aus deu >tarpat>ieu wmmcudel, ')icdm flüssc. Jenseits des DnjestMhaleo erhebt es sich zu dem flachen uralisch tarpathischen Vandrücken, welcher in nordwestlicher Richtung an Höhe zunimmt. Dcr Nordcn und Westen Galiziens, welcher dem Wcichsclgebictc angehört, ist wieder gros^enthcils eigentliches Tiefland, das sich an der Deichsel uud dein ^au ausbreitet. Der vaudrncken, nn ^7steu mehr lahl, im besten waldreich, ist uut fruchtbarem Boden gesegnet-, in den Ticflandsslrichen breiten sich an den Flüssen umfangreiche Tümpfe aus, währeud im übrigen Weideland mit fruchtbarem Einleitung, '2? Ackerboden abwechselt: letzterem fügt mitunter Flugsand beträchtlichen schaden zu. Die Bevölterinig, ivelcbe in schr cinfacheu, armseligen ^crhaltnissen lebt, beschäftigt sich vorzugsweise mit Validivirti'chaft. VI. Dir Donau. Die ^.ueüeugebitte zahlreicher mächtiger Fliisse, wie der (5lbe, ^rr Weichsel, des Dniester, der Etsch, licgru in iiuscix'üi Vater-lande nlld ein misehulichcr Theit ihres Vaufcs gehört deinseldell mi, wiiyiend die Dollan, lnlscr größter Strom, in der Fremde entspringt und mündet, ^enlwch nimmt sie nnter nllcn Flüssen linscrcö Vaterlandes die erste stelle ein- drei Viertheilr der ganzen Monarchie gel)ö>'m ihrem Gcdiete an, so das5 nlan, wie schon früher bemertt wlirde, Oesterreich Uligaril als dm Donanstaat bezeichnen tann. Die Donan bildet die Grenze zwischen den drei Hauptgelurgssysteinen nnsercö Vaterlandes, dir ihr sowie der Xarst ihre Wasser zusenden, und durch-fliesn die ebcn geschilderten vier Tieflandsbcckcn. Mit Ausnahme des ^iordwcstms ulid ^iordeno, des äußersten Westetis und Tüd-Westens, sowie dcc> grös^erel, Theiles dcs ^arstgcluctes gehört alles "and unserer Monarchie znm Dolunigrl'iete, Wenn auch nur ^7l>er und ^liedcrösterreich, Ungarn und >iroalieu 3laoouien dirett an iyrem >'anse Theil haden. Unweit von Passan, an der Mündung des ^nn, der alts '^ordtirol nach ^aiern gegangen nnd hieraus eine 3trecke lang die l'airisch östreichische (Grenze gebildet hat, betritt die bereits mächtige und von Ulm an schiffbare Donau znerst mit dein rechten Ufer, bei ^'ngelhartszell anch mit dem linten Ufer, den Boden der Monarchie, und zwar in dein «ronlande ^berosterreick. '^on Passal, an nnrd ihr ^ttt beiderseits eingeengt, im worden durch die ^orhohen des ^öhmcr-Waldes, iln Tiioen durch den ^auwald und Ausläufer der Alpen; nach deiu Durchbrüche durch diese Hohen folgt das Becken voll Vinz. ^'achdcm die Donau rechter Hand die seeureiche Traun und den die 28 Einleitung, beiden Erzherzogtümer trennclidm Grcnzfluss Elnis anfgenounneu, beginnt dao zweite Durchbrnchsthal von Ardagger bis >lrrms; es ist nach ^7sten und dann nach ')lordosten gerichtet und durch die bei Ips, Großpöchlarn ulid ^ielt aus tleilieli Bocken rechts mündenden Nebenflüsse (Ips, Erlaf, Bielach) unterbrochen. Auf dieser Strecke verursacht bei dein freundlichen Städtchen Grein die Ttanung vor der Enge den (^reiner 3chloall- bei Strudeu, liltterhalb Grein, erzeugen die Granitselsen i>u Ttroiudette den Strudel. Der einst gefährlichere Wirliel ist durch die Sprengung der Felscninscl Hansstem verschwunden, Von der Vnnsmündung an gehört das rechte Ilfcr zn Niederöstcrreich, linterhalb Ttrildcn auch das linke Ufer. Acht Stunden oberhalb Wiens weitet sich das Flussthal in das lange und breite Tnlncr-Becken ano, worauf Wiener-Wald und Bismuberg die Enge von >tlostcrneuburg erzeugen, ^ald tretell die Berge wieder zurück und es eröffnet sich beiderseits das große Wiener-Becken, aus welchem der in viele Arme gespaltenen, inselrcichen Donau von Süden her zahlreiche tlcine Flüsse, von Norden her die bedeutende March zufließen. Das Vrithagebirge und die lleinen Karpathen verengen zwischen Hamburg und Pressburg abermals das Donauthal und bilden die sogenannte „Ungarische Pforte". Hier wird die Donau ungarisch und bleibt es bio ^rsova, wo ihr Mittellanf endet. Nach 5?sten fließend durchschneidet der in Arme gespaltene, von 5tomorn an wieder vereinigte Strom, die große und die kleine Tchüttinscl umfassend, die oberungarische Tiefebene, ^n dcrfelben empfängt er rechts den berühmten Grcnzflnss Veitha und die größere Naab, lints die mächtige, reißende Wang, die Neutra, Gran und Eipcl. Zwischen Gran und Waiden treten einander der Bätonycr Wald und das Ncograder^Gebirge so nahe gegenüber, dass der eingeengte Strom diese Strecke in tiefem Bette durchmisst. Bei Waitzcn weudet sich die Donau plötzlich in rechtem Wintel nach Süden, und indem fie hier an ihrem .^nic die lange Andreas ^nsel bildet, betritt sie die große niederungarischc Tiefebene. Vettere durchströmt sie in einer Vänge von :>7N Kilometern Linleiwn!,. 29 m südlicher Richtung. Während sich bei Ofen nochlnals Bergzüge bcin rechten Ufer nähern, ändert unterhalb Budapest der breite, träge fließende Strom seinen ganzen Charakter. Zahlreiche und große Krüuuuungen zwischen öden Sandufcrn, iln Westen erhaben, im 57stcn flach und eben, Moorflächrn »nid Tumpfwaldungen bezeichnen die neue Vcihn. Südwärts von der Hauptstadt Ungarns bildet die Douau die Csepcl-Inscl, bei Mohnes dic Margareten-Insel. Auf langer Strecke empfängt der Strom linker Hand keinen einzigen Zufluss, da die in ihrem Unterlaufe der Donau parallel und nahe fließende Theiß alle Karpathcngewasscr auffängt und dann vereinigt dein großen Strome zuführt. Von der tief aus den Alpen kommenden Dran und den herantretenden Ausläufern des Warasdiner-Gebirges (Fuöta Gora) wird die Donau nach Siidost gcgcu die Karpathen uud die serbisch-bosnischen Baltanhöhcn gedrängt. Unterhalb Titel empfängt sie auf dem linken ^fcr ihren größten Ncbcnfluss, die schon genannte Theiß, bei Belgrad rechts den österreichisch serbischen Grenzfluss Save, welchen wir in den Mlischm Alpen entspringen sahen; von hier bis Nen-Orsova bildet sie selbst die Neichsgrenzc. Bei Belgrad hat das rechte Donau Ufer bereits bic Hohen des Balkan uumittelbar erreicht; unterhalb der Moraua-Mündung nähern sich ihrem linken Ufer die Karpatheu in den: südlichen Banaler Gebirge immer mehr, bis endlich beide Gebirge Mischen Bllzills und Gladowa den Strom uollständig einengen. Diese über 150 Kilometer lange Durchbrnchsstellc der Klissura war früher iedcnfalls gan; nnsahrbar und ist jetzt noch bci niedrigem Wasserstande trotz der großen hier uorgenommcueu Sprengnngcn für die Schisfahrt Mährlich, ja sperrt größeren Schiffen den Durchgang. Hohe, schroffe Berge begleiten den Strom auf seinem Wege durch die Vissura und drängen ihn auf eine geringe breite zusammm. Dir das ^ett durchsetzenden Riffe bewirken acht Stromschnelleu, von deueu das eiserue Thor bei Alt-Orsor>a die bedeutendste ist. Unterhalb des letzteren verlässt die Donau das österreichisch-ungarische Staatsgebiet und tritt "t imposanter Breite in die walachischc Tiefebene. Dort empfängt 30 El!!leit!,„i,, sic mif dem linten Ufer die im siebenbürgischen Hochland!,' und in deli Waldtarpathcn entspringenden Flüsse ^chyl ln»d Aluta, Tcreth und Prnth. Nachdeiu in dm vorstehenden Abschnitten die einzellien natürlichen Hauptgebietr Oesterreich-Ungarns in grosien Mgen charalterisirt worden, beginnen wir mik'N' Waitdernng in di^' schmlftl,'U und mortwürdisistm Gassonden utn'^c^ qolicbtcn ^atcrlaudr^, j^, t,^ HofnilUtg, dass dic Schildcnuu^ dicscr odor jrin-r Vmidschaft nlanchcn Vcscr vermüasscn uiögc, dm ^midcvslal' zu l'l^i^fm >»id »üt ciqmm Aiu^'n zn schcn mid zu ^'Mnindcrn, wac' ^lut» um' iu inattmi Tpicgcllnidc wicdcr-zugebm l'^'ülögcn. Uin dm Eindruck dcv 3childc'iullss zu cvhöhm, w>.'ldm dmi Voscr dic schönstm Vandschaftm auch in nwlqolutigmm Ablnldnnqm vor-Erführt. Dcv Trxt abcr stülpt sich zum ^ößtcn Tycil auf dic ocvläss-lichcn Arl'citm unscvcr l'cslm MM-aphischcn uud touristischm Schrift-stcllcv, iiammtln'l) slUchcl', wclchc al^ ^childcrci' ihicr ciqcncn Hciiuat dic ^chönhcitcn derselben am lcbmdiaMli und wahihcitv^ttrcucstcn davzuslcllm vcrstandcn. Dc>ch tam bci Abfassung des Tcxtcs delll Hcrausgcber auch dic eiqmc Anschauung wclchc cr auf zahlvcicheu Wanderungen durch unser schönes Vaterland gewalinen, w<^l zu stalten. Manche Schilderung schließt sich mit nur Heringen Abänderungen den Aorten cincs Gewährsmannes an, einige Aussäge sind grüsttcn-theils eigene Arbeiten des Herausgebers; in den meisten Fällen jcdoch war cs nötig, drei, vier und mehr Gewährsmänner 511 Nate zu ziehen und dabei doch dem (tanzen cine wolabgernndcte, einheitliche 5v»rm zn geben. Darum schien es nnslich, bci jedem Aufsage die Maien jelier zu nenuen, deren Arbeiten ill gröberem oder geringeren« Maße zur Hilfe herangezogen wurden. Um jedoch jenen Vcscrn zn dienen, welche einen Einblick in die benutzte Viteratnr gewinnen wollen, soll am Schlnsse des Werkes eine auosührlichc litcrarische Uebersicht alle wünschenswerten Nachweise enthalten. Die Oltlesspitze. i. ^io Ortlcr-AlMN. M^MMüdlich >.'0!t der oberen ^lsch und östlich von der oberen Adda M^^^! erhebt sich in ,najestätischcr Größe und wilder Tchönhcit ^^^^, das Ortler Gebirge, vom Hauptzuge der Centralalpcn sich abzweigend. 3 ein Hauptgipfel, dcr mächtiqc ^rtlcr, von welchein die aM,',e (Gruppe den Manien trä^t, wirbt nnter allcu Bcrgm Oesterreichs allei» ,,mit d^'in Gruß»ilock>u'r >uu die ^öni^trone". Ein weni^ luiierhalb (^lllrli^ im BimschMi. dein ^b^-^, Etschthale, zweigt sich nach Südcn ein enge'? Seitenthal ab, welches an die Westseite dcs ^7rtler hinaussieht — es ist das Thal von Trafoi. Ans diesem biegt in der Nähe des hochgelegenen Dörfchens Ttilfs westlich dic Straße des Stilsserjocheo ab, wahrend znr Ostseite de^ Ortler bas Tuldener Thal emgeschnitten iü. '^eide, das Thal ve»: Tnlden und das von Trafm, sind ranhe, unwirtliche Hochthäler, aber an lhren oberen Enden von großartigen (Gletschern abgeschlossen nnd rings "on zahlreichen Berghänptern ersten Ranges prachtvoll nmrahmt. Unter bm Bergen, welche das Tnldener-Thal einschliefen, ragen die Znfalls-!Pilze, die >lönig5''pi!5e, der ^ionte Zebrn und der Ortler oder dlc Ortl es spitze an> höchnen empor. Während der Ost^ und 3>id rand dieses Thales ans Tchiefergestein besteht, wo die mächtigen Tpil^en gleich Riesenpyramiden in weisem Krystall schinni^ern, erhebt Ucl, ans dcr Westseite die hohe Ortlertette mit ihren ausgedehnten 32 Die OllIcr»Nlpc>i. schwarzen Dolomitwa'ndcn >), die überall aus dcr Schneehütte Herri orbrcchcll. Die Uinrahluung dos Trafmer-Thalcs ist etwas niedriger, dagegen besitzt dieses das bedeutendere Gletschcrgebiet. Dcr 4100 Meter langc Madatschfcrner ist dcr größte seiner Gletscher. Der Suldenfcrucr, dcr Hauptglctfcher des Suldcnthales, ist durch seine verheerenden Ansbriichc und starken Schwankungen berüchtigt. Seine weit vorgeschobene Endmoräne bildet jetzt einen wüsten Schuttwall, da er seit dein Jahre 1858 wieder zurückgewichen ist. Ein tiefer, melancholischer Ernst rnht auf dem Suldenthal, insbesondere auf seinem Ende. Das knrze Schrcythal, in das von einem Hochgletscher der Schrcybach hinab-rieselt, wird von dem mit grauen Schuttmassen bedeckten Suldcnferner und den zerklüfteten Steilwänden des Ortlcr geschlossen — man hat diese schreckhafte Wand „das Ende dcr Welt" genannt. Ans dem mitunter weit sich öffnenden Metfchcrthor des Güldener-Ferners strömt dcr Snldenbach, der sich bei dcr Einmündung des Thales in das Trnfoithal mit dein Trafoibach vereinigt. Das Pfarr-dörfchcn St. Gertraud liegt anf grüner Matte in dcr Mitte des Tuldener^Thalcs; das größere Trafoi ist dcr Hauptort des nach ihm benannten Thales,. Dic Suldener Höfe sind fast so ärmlich wie Sennhütten. Ihre genügsamen Bewohner treiben nur Biehzucht. Die Kühe weiden auf den tieferm Abhängen, Schafe und Ziegen auf den oberen. Im reicheren Vintschgau wild Meyl lind Getreide gegen Äuttcr umgetauscht. Auch dic Trafoier leben fast ausschließlich von Viehzucht. Sie dürfen aber ihre Herden nnr anf der schmalen Thalsohle uud an den mageren Berghängen der Stilfser^Ioch Straße weiden lassen, da die besseren Grasböden Fremden angehören. In den reichen Arven , Värchen^ und Fichtenwäldern des Trafoicr-Thalcs richten die Lawinen hier nnd da großen Schaden an; auch dcr Bau der Stilfscr-Ioch-Straste hat die Wälder sehr gelichtet. l) Dolomit, Nmttcuspat oder Bittcrtalt — Mineral ans drr Klasse der wasserfreien Hnloide. Die ^vtk'r Alpen. 33 Diese >lm>ststraße, die höchste II, Europa, ist nil staunenswertes Wert der Straßenbaulnnst, inn so wunderbarer, wenn man erlvägt, ^nss su' in vier Jahren zu Stande gebracht wurdc und nur vier Tominermonatc das Bauen gestatteten. Auf Befehl des Kaisers Franz wurde fie vom Iugenieur Donegani erbaut und im Jahre 1824 eröffnet. Hinter Trafoi beginnen die Windungen, 16 an der Zahl. Zwei Stunden lwn Trafoi lil'lst die ^ranzen^hiih^ bereits ^IZl) ^)<^sr Iiach — der ^anmwncht' hört da auf: dann beliinnen >>ie 1Z lebten Windungen, eine fast senkrecht über der andern nnd znm Theil durch (^allerien gedeckt, alle untermauert. Das ^ianzc, wenn nian eniparbliett, gleicht einein ungeheuren Terrassentunne! E^ ist, alv habe die qigantischc NaturmmMmg auch die Htcnschen Zu Nieseuwerlen begeisterl. 'Icach zwei Stunden Stcigcns von der Franzenshi5hc wird die Höhe des Iachs s2?57 Meter) erreicht, die Wasserscheide zwischen Adda nnd Etsch, die, Grenze nun Tirol, dein Schweizer Canton Grau-blinden und der Vmnbardei. Nun geht es in Att Windungen ziemlich lnnMm bergab nach ^ormio (Worms) iin Addathal; r>on diesem hat das Wormser-Ioch seinen Namen und wird auch die ganze Straße die „Wormser-Ioch-Straße" genannt. So erhabene Ausblicke bietet wol tcinc Bergstraße, wie die des Stilfscr-Jochs. Aufwärts, bevor man Trafoi erreicht, der Montc Cristallo im Hintergrund, der große Madatschglctscher, die Madatsch-sftitzc, der Nüelblick auf die Oetzthalcr Alpen; hinter Trafoi nebst den Mndatschgipfeln die ,,hintere Wandl" mit dem Pleißhorn. Oben auf der Passhohe der Ortler in großartiger Nähe und zahlreiche andere Hochgipfel, dazwischen ihre Gletscher. In der That findet der Reisende auf dieser Straße alles vereinigt, was nur die Alpenrcgion für den Freund erhabener Naturseencn Anziebeude^ bieten lann. Mit fedcr Stufe, dir man ersteigt, gewinnt die Straße an Interesse nnd zeigt dem Blicke des Reisenden neue Gegenstände, welche sein Erstaunen und seine Bewunderung erregen. Schon die Wahrnehmung der tlima 34 Die Ortler A,pl?„. tischen Gegensätze der Alpen und die Beobachtung der allluählichcn Abnahnic und des Erstcrbcns alles Vebens auf so beschränktem Ranlnc nnd in so kurzer Zeit gewährt einen ganz eigentümlichen Reiz. Bei einer Reise über das Stilfscr Joch tann man die Klimate von dreißig Breitegraden in einem Tage durchwandern und ihre Wirkung alls die Natur in nächster Nähe beobachten. Du verlässt mit deiner Fuhre am Morgen z. B. im Vintschgau reiche und belebte flecken: ihnm folgen zuerst große uud stattliche Dörfer; sie werden iimin-r kleiner un>> be-schcidencr, die Wohnungen der Menschen niedriger und gedrückter. Anstatt der großen Weingärten, Korn- und Maisflurcn, die du de« Morgens gesehen, begegnest du mehr und mehr nur kleinen, an Felsen klebenden Aeckcrchen und winzigen Gärtchen hier und da, zuletzt nur bloßen Wiesen; die freundlichen, blühenden Fruchtbäume hören auf, nnd der Schatten finsterer Nadclgehölze umfängt dich oder sinkt zu dir auf die Straße nieder. Der Bergstrom, der dir sonst immer als Führer zur Seite war und stundenlang mit scincm Wüten undToben kaum gestattete, dich mit deinen« Gefährten zu verständigen, sängt an kleinlaut zu wcrdeu uud zu verstummen. Auch jeuc Gehölze verdünnen sich zuletzt zn wenigen einzelnen, niedrigen, verkrüppelten, wind- und wettcrzerrissenm Värchen« und Zirbelstämmeu. Du trittst endlich in das Gebiet der kahlen Alpenweiden und der kalten Schnee und Listhäler ein, nnd fast scheint es dir, als ob du Hundcrjc von Meilen im Vaufc eines Tages zurückgelegt habest. Es ist kein Wunder, dass diese Erscheinungen allein schon eine ganze Stufenleiter von Scelenerregungen nnd Empfindungen hervorrufen. Welchen Gcnnss gewährt es selbst noch in der Erinnerung, wenn man diese großartigen Werte in der wnnder-vollen Natur, durch welche sie führen, bei günstigem Wetter zn betrachten und zn befahren Gelegenheit gehabt hat! Noch bevor die Straße über das Stilfscr-Ioch gebaut war, wurde d<-r Pass von Reisenden zwischen Tirol und Italien überschritten, und manche von ihnen mochten wol solche Scenerie auch bewundern; doch dicsc Vergwelt war zn großartig wild und abschreckend, um zu Tic ONÜ'V M'l'„, ZH lmigerem ^ilfenthalte zu reizen. To blieb deuu üamemlicl) der riesige ^ rtler bi<< in dm :'lufaug unsereo Iahryuuderto »nersliegen; jeder in ^'l' llillgegend war von der Nnviögüchieit, auf diese Spitze zu Mangm, überzeugt. Da fügte es ein glücklicher Zufall, dass Erzherzog Johann lwn Oesterreich l), der Viebling der Gebirgslandc, auf seiner ersten tiroler Reise in die Mhe des Ortler taiu und von dein erhabenen "lnblickc deoscllien so ergriffen wurde, daft er beschloss, diesen Berg und sciue Umgebung näher erforschen zu lassen. (Lr beauftragte den ^otauilcr Gcbhard uiit der Erforschung und wo möglich unt der Besteigung des Ortlcr. Aber Kebhard ertränkte dald nach seiner An-tunft am Fusie de^ ^rller i>u August des Jahres 1K04, so dass er scut vorhabe!!, selbst den Gipfel zu ersteigen, aufgeben mnfttc. Doch «clang cs, nachdem ^cin erster Versuch ulisgliickt war, den beiden 'Mrthaler dauern Klausner und seltner, welche Gebhard nnt-"cl'racht hatte, in Begleitung des Passeirers Josef Pichler am 2". September voll Trafoi aus die Ortlesspitze zu erreichen. Sie hatten von Wind, Schneegestöber und Kälte so viel zn leiden, dass !"-' nur vier Minuten auf der höchsten Spitze bleiben tonnten. Aber buch war die ersle uud vornehmste Anfgabe gelöst, den Ortlrrgipfel überhaupt zu erreichen, was man bisher für unmöglich gehalten hatte. Da es jedoch dem Erzherzoge daran gelegen war, einen besseren ^cg ausfindig zu machen und denselben auch für minder geübte Bcrq-Ücigcr gangbar herstellen zu lassen, so erhielt Gebhard den Befehl, "u nächsten Summer wiederum seiue Ortlerforschungen zu beginnen, ^eine Vcute, dazu uocl) ein Geiusensäger ans der Brennergegend ll'afm schon am 15. Iuui 1805. in Suldeu eiu und Pichler führte sie "uf drlu neueli Wege zweimal auf den (Gipfel des Berges. Als Gebhard mn 10. August in Mals eintraf, fand er schon den Weg lU'bahnt ui,d in bedeutender Höhe unter einer überhängenden Fcls- ') Ein innern- ^vlidi'r dos Kaisers ssrauz, -,'- 1«')9. 'ist Die OrUn' A!p>'„. wand eine Hütte errichtet. Doch das Publienm hatte allen diesen El' folgen Zweifel iil,d Unglauben eutgegengesel.tt, (^ebhard liesi deswegen in aller Stille eine große Fahne ans voter und schwarzer Veinwand anfertigen nnd schielte sie an seine Arbeiter in Suldcn init dein Auf trage, sie, sobald der Weg ans die höchste Spihc vollendet sei, alldort anfznslecken. Dies geschah denn anch aili 2^. Aligust um die Mittag zeit ilnd rief iu '^cals, wo sich l^dyard noch aufhielt, frendiqe Bewegung hervor. Die Nachricht gienq voll Mnnd ,',n Hiunde, aus der Straße hörte man von nichts anderem, al^! ^3eht, seht, auf den, ^rtler ist eine Fahnc!" ^ioch aiu Abende desselben Ta^es traf l^ebhard in Gulden ein und m der ^-rühe des ^9. August trat er, begleitet von dein Hilfs-pricstcr Nechrinnacher in Stilfs und qefiihrt von feinen fiinf Veuten. feine erste ^rtlrrfahrt all. In der Hütte wurde gerastet und ein ^mbiss genommen, das talte Tchneewasser, mit Weiubranntwein gemischt, war ein Vabsal für die Durstigen. Das NeberNettern der Steilwände dauerte eine oollc Stnnde, dann betrat man das Firnfeld, das von unten so lur; erschienen war und fich nun in seiner ungeheuern Ausdehnung zeigte. Als die Gesellschaft an die säst sentreeht einvorstarreuden (5'i5wände kam, entfiel dein jungen (Geistlichen der Mut und nur durch das dringende Zureden der Führer tonnte er endlich bewogen werden, die Reise fort' zusetzen. An den gefährlichsten stellen waren 3eile angebracht. Die Sviye ward glücklich erreicht und auf das Wol des Erzherzogs Johann getrunlen. Die Fahne war von den heftigen Vindcn bereits arg zerzaust, auch jcht wehte ein rauher ^'ordwind. Gebhard blieb fast zwei Stunden anf dein (Gipfel nnd bestimmte den Plak, wo auf Befehl dcs Erzherzogs eine hohe Steinftyrninide errichtet werden sollte. Schnell genug gieng die Abfahrt von statten, von den bänden am Schwarzen stopfe ans ill einer Maunn, die Mu Suldcnfcrner führte, I^a alles so wol gelungen war, so gedachte (Nebhard den Bewohnern des oberen Vintschganes nnd den znr Zeit anwesenden taiser Tir !7l'!k'v 'Alp,'», !!? lichen ^ssieiereu noch mi ganz uuerhorteo Schauspiel zu geben. 3eilic Ardeiter erliielten dm Auftrag, fouiel al^ möglich trockenes Holz auf die Spille zu trageu^ er selber lien in Mal^, iroliin er zlnnckgetehrt war, Ttroh und Holzwert ill Bündel zusammenbinden uud init qr sch'lwlMcin Poch ül'c^ioliou, Dioe^ wurde iu allcr stille nach Tuldl'ii »^'schafft, ^'luf dcui ^rtlor^ipfcl s^lltc mi ^c»n-M'cvt al'licl'ranüt wndni. Am 9. Teptt'inln-r ivavou schou allc Vorliol'cituiMii l,»o. tral hcitrrco ^tttc'v ^i», i>r :>lln'lid ta»l, stn»iclihcll: uni " Uhr crl'liätl- (>iol'haid durch da5 ^rrlirohr sciur Arboitcr ail dm Frl^wäudm untor dl'»l ^chwarzcu X'opfr, wie sie niit Pcchfackrlii vur-rücktcn — or uiachto smilcich dic Nüilsor anf da^ ln'vorstchmdc Folicr-werk luifmortsaui. ^u qospanntol- lHrwarttuili swndcu n!lc an dcn Fcnstoru, uor dm Hänscrn, auf dm Straßen. Da sah man dio lühnon Vcrgstmior auf dmt Schnccfcldc, uiä)t uiohr w^it mnn l^ipfol, drci< nial i>u ,^rch'c ihrc Pcchfackclll fchwilnim. Sir qimqm liumcr höher und bald ftieq lun> der hi)chstm Sftil^c do5 ^erge^ cine fträchtigc Fmcrsäule mipm-, ^ic frohe Ill^eud drach ili jauchzendes Frmden-Wchrci au^, Alt und I»mq lies^ dei, Erzherzoq Johann lcden. Als das Feuer heralMbrannt u.'ar, fchien der Tchuee im Schimmer der feurigen bohlen noch fortMilühm - da« Eisfeld ivar ;u eilier durch^ fichtil^en ^pferfchale ^worden auf de»i !<><)«) Äieter iu die Vlift ra^euden <7pferaltar. Teit dieseu erfleu ^efteiquu^eii deci <>tler >N fciu l^ipfel mit der immer mehr wachsmdm Viebe für die >Mi)wetarten uud Abhaudlunqeu dic ^omttnis der Alpruwelt, dcrcn Geheimuifse bei weitem noch nicht alle entschleiert sind, zu fordern. Unter den lühusten und ausdauerndsten uud zugleich sachkundigsten Alftenbesteigeru der ueuestrn Zeit nennen wir deu vormaligen t. l. oster- 38 Die Ovtlci,' Alpe». reichischen Oberlicutenant Julius Payer, der, nachdem er sich in dcr Gletscherwclt der Alpen, vornehlnlich seincs Heimatlandes Tirol, ulwergnngliche ^orbecrn errungen, dlnch seine Theilnahme an der ruluu vollen österreichisch nngarischen Nordpol Expedition in den Jahren 1.^72 bis 1874 sich in den weitesten kreisen bekannt gemacht hat. Ans Manner seines Schlafes darf nnser Vaterland stolz sein. Mit der Absicht, die Ortler-Alpen eingehend zu nntersnchen nnd eine >iarte diesem Gebieten zu zeichnen, begann r>^ im ^ommcr ^^65, seine Wanderungen und Forschungen mit dem Suldenthalc uud dem Gebirgsstock der Zufall spitze, girug im nächsten Sounllcr in das Trafoier Gebiet des Ortlcr und 1867 in die füdlichcn ^rtler Alpel,. selche >traft des (Geistes und Körpers gehörte dazu, dafs ein Hiann, ol)>ie (^el)ilfeli, in jeder Bczichuu>i nur auf die eigenen Hilfsmittel verwiesen, so umfassende und eingehende Ttudien und Arbeiten in so turzer Zeit zu Stande brachte! Denn die Zeit für die Wanderungen in der Hochalpenregim, war tnrz zugemessen, auf wenige Wochen beschräntt. Payer erolierte aber frischioeg einen Hochgipsel nach dein alwern; war er heute auf dem Oller gewesen, so stand er übermorgen schon auf der Königs-sMe: ill den Tndalpen der iXlergruppen erstieg er in A<> Tagen nicht weniger als 21 Hauptgipfel, von denen 1<) iiber :!ll)<) Hteter hoch waren! War er nach halsbrechrnden Klettereien auf der Berg' spitze angelangt, dann durfte er fich nicht lange dem l^enuss der herlichen Aussicht hingeben, vielmehr mußte er sogleich seine Arbeit des Zeichnens nnd Wintelmessens, welche hauptsächlich dcr Zweck seiner Besteigung war, beginnen, oft in schneidend laltem Winde mit erstarrten Handen. Auf dem ^rtler arbeitete er fast zwei Stunden lang, während fein getreuer Führer Pinggera - - ein Dcutschtiroler aus Tulden — ihm fleisch und Brot zum Munde reichte. Wiederholt tnm Paye»' auf seinen Bergfahrten auch in Vebens gefahr, welcher er nur mit harter ')c'ol entgieng: einmal lief eil, solches Abenteuer fehr iibel ad lind Payer und sein Führer waren dem Untergange nahe. Die Katastrophe fand im Herbste 18«? am Monte 2. Schluß SiglMMdMrmi üci Buzm. der Vereinigung des obe^eli und unteren Etschthalcs mit ^^^V dem >.'on ^slen sich össnenden Thale des (5isael und dem ^^>^ z Snrnthalc liegt i»n Herzen Tirols die leme 3tadt deutscher ^- ^'! Zunge: Bozcu. Von hier au? qrhrli 3twf:m nach ailm ^'chwnqcn- ain wichtissstm aln'r ist dir altc 2ttlisto nbcv dcn Vrcnncr, lllbrn wclchrr scit dc>n Iahrr i"67 cinc Eismluihn dcn derühmtcn 'llftcnpass überschreitet. Die ^lin'^e nieite ThlUedene, welche ^01, der ^'tsch, dein Eisack und der au5 de»i ^aruldal^ hcvvovdvausenden Talfer uebst vielen Canälen durchströmt wird nnd einen, einzigen nnermesslichen Wcinqarten gleicht, hcistt der Bozencr B^dcn. Ningsum erhcden slch steil, nber allenthalben anqebant, h^hr Berge in den mannigfachsten Formen; ans den Vm'lMen prangen verwitterte Ruinen oder hald Zerfallene Bnrgen alc' wertvolle Dentumle mittelalterlicher Zeit. Der reinere Himmel und die gröstere (hlut der Tonne mahnen ebenso an dm Tüdm, wie die prächtigen Edeltastanirn, die stattlichen Feigen bäume, Cypressen, vereinzelte Pinien und ^clbäume. In der Stadt Ucrrät die Bauart der Häuser, dass man auf Schutzmittel gcgcn die drückende Souuncrhi<.'e bedacht gewesen. Die Straßen sind eug nnd "'scheinen noch enger durch das rege Treiben, welches an Italien "'innert und das zur Zeit der Messen seinen Höhenpuntt erreicht. Denn ^ozen ist ein berühmter Handelsplak, die erste Handelsstadt Tirols. 44 Tchloic» 3i>iu>!U!d^tvc>l del ^o^'ii. Die wechselvolle Geschichte der Stadt und ihrer lliligegend erzählen uns die zahlreichen Burgcll, welche, heute mehr oder »oeuiger verfallen, rings den schönen Cozener Thalbodell umgürten. Unter diesen nimmt die jenseits der Etsch ans dein Scheitel eines stelzen Fclsenhügels thronende Feste Tigmnndstron cinel! hervorragenden Rang cili. Zu ihr wollen wir nun unsere Wanderung antreten. Von Bozcn führt ein angenehmer Fußsteig durch Weingärten und Wicsmflnrcn, neben rinnenden Bächlrin und an weggestrichenen Baurrnhäusern und braunen Itadeln voriibcr in südwestlicher Richtung zur (5tsch, die man nach einsiündiger Wanderung erreicht. Auf tuust loser Holzbriickc ülierschrcitet man den Fluss, dessen schmutziggrauc Wogen jmc Felscnwaud ninspülen, r>on deren Höhe die gewaltigen Ruinen von ^iqmuud^lron herabdräuen. Ilumittelbar hinter dein am Fuße des Berget' gelegenen Gasthause steigt man einen gepflasterten Weg znr Burg hinan und 'gelangt durch ein niedriges (5ingangsthor, dessen ^pi^bogenportal dao schöne Doppelwappeu oon Tirol und Oesterreich ^ierl, auf den hügeligen Tchlosshof. Der steile Fußweg ist von baumartigem Gesträuch, von Rosen, Brombeeren, Ttachcl Myrten, Sauerdorn uud Disteln umsäumt, die Innenseite der Burg Hofmauer theilweise von Efeuranten umwoden. Die Wachtstube und das Baucrnhaus sind eben verschlossen, der Bnrgring öde nnd leeri tcin vaut verrät die Nähe lebender Personen. Veise erllingt da^ Gezwitscher eines Vögleinv in der ,^rone dos Maulbccrbaumes, dessen Astwert den Giebel der armen Pächtcrswohnnng schirnieud uiufängt, lcisc rauscht der ViorgenU'ind durch das Gezweige. Wie anders hat cs in früheren, nun verschwundenen Zeiten auf diesem 3chlosshofe ausgesehen,' Von den beiden Türiuen, welche die westliche Umfassungsmauer verstärlen, ist der vordere mit ,',wei lleinen unzugänglichen Erkern geschiniittt, im Innern jedoch bis auf ein Gewölbe völlig zerstört, während der zweite wolcrhaltenc Teitcntnrm als Pnlvcrmagazin für die Besamung von Bo^cn dient. Zwei freistehende, mit eisernen Thüren ^'rschlosseue Häuschen an der ')c'ordseite haden dieselbe Bestiiumiing, Äußer dem Wachtposten wolmt noäi eiue Pächter-Familie in der Burg. 'Uis der vordrrn Abtheilung dcs ailsgedehnten, iin ^sten durch einen !lcilaufragenden Felsrückrn scheinbar abgeschlossenen Burghofes tlettcrl 'nan über gewölbte Bogen und anfgetiillnte Tteindlmtc,iN dcn Zchluss' >'»in«l in der Mittc der Feste empör und wird hier durch das forni^ lose Gewirre lwn Tiirüien, Mauern, Pfeilern, Tchulthmifen uerwitterler Bnurcsle und durch dic reizende Auosicht auf Bozen, auf die '.vljindnnq des Sarnthalcc' mit dem altersgrauen Nuutelstein, auf den Silber-Greifen deö Eisack, die bewaldete >tuftpc des Rotstem und das wunder-!"me Felsengebilde des Tchlern in hohem Grade überrascht. Das lM'nreiche Etschland mit dem 'Uosengartru des Bönigs Vauri», der Schauplal.^ wilder dämpfe zwifchen rhätifchen llrbennihuern und röuü mirn (^rdberern und die friedliche Heerstraße für die deutschen Baiser' ^Ussl'; da"? schöne Vaud, in dcm einst (bothen und Vougobardelilieder, önnn dir Harfen der Äiinnesänger in heiteren Melodien crtlangm, ^'n fchlichle Vandbeu.'ohner jetzt in fr^uiüien leisen die Hinnnelslöuigili verehren; — der sonnige Gau mit seinen Rebeugärten, himmelhohen ^l-gen, Kirchen und (5apellen, mit seineiu heitern Hiuunel nno allni ^abcli der segenfpeudendrli Mtur liegt vor dem Wanderer ausgebreitet. -'luch die Triimmer des Schlosses erregen die Benninderung des ^fchluier^, Höher als die Seitentinnte steigt die Mittelburg auf; den ^ch'entopf am Uferraude lront ein ungleichseitiger, faft iiber dem M-Mnid fchu'ebeuder Turm, dessen ',erlnöckelier Mauerrand von gelbem Mauerpfeffer, roten bellen und Grasbüschrln mu.zogcu ist. In den cuigesiürzten 3älen grünt Eichen- und Eschengestrüpp; blühende Alpen-l'cben, schwellender ^üisen und duftige, von bunten Faltern nmgaut'cltc ^luiueii überu'eden die obere Schlossruine und den untern abgeschieden Ring. Als die Nomer im Jahre 15> v. Chr. das rhätische Gebirgsland Robert hatten, ließen sie am ^iordrand des Hlittelberges zur Verbindung beider Etschufer eine Brücke herstellen, welche dem siegreichen l6 2ch!os6 ^issünüidotron dci Vozc», Ttiefsohn dcs Kaisers Augustus zu Ehren?0N» vl'n«i genanltt wurde; auf dem vorspringenden Hügel erbaute»: sic Zu Schlitz und schirm des Flussübergaugs liud der Heerstraße die Feste I^m-mi^i-i:,. ^iicht durch die ebene, von Sumpf- und Moorlachcn durchzogelie, uuwrgsmue Thalfohle, die heute der Eiscnbahnzug uüt Wilidescile durchstiegt, sondern über die Höhen des Mittelgebirges führte damal5 die belebte Straße von Italien nach Bozen. Ueberhaupt vermieden die Straßen der alten Zeit sorgfältig die sumpfigen, den Ausbrüchcn der Nildbachc mehr ausgesetzten Niedenmgen und zagen sich in ewigen Schlangen Windungen längs der Seitenhänge der,Gebirge hin, wo auch die ersten Ansiedelungen entstanden. Wie früher die Vegionen der N^ner und die Horden der Hunnen, so waren später ^aiiwnren, ^ranleu und Sachsen als Kriegerscharen oder friedliche Begleiter der Nömerzüge über I^»ü5 Di'u^i au den Mauern von Formicar vorübergegangen. Im zehnten Jahrhundert bildete die Etsch die Marlscheide zwischen der bairischen Grafschaft Bozen und dcm Herzogtum Trienr, das sich am rechten Ufer des Flusses bis Cuma (unterhalb Meran) ausdehnte, ein Gemisch von romanischen und deutschen Voltsstäunneu umfasste und durch Baiser Conrad II. iln Jahre 102? den Bischöfeu von Trient verliehen wurde. Die ^irchcnfürsteu betrauten das edle, nntcr dem heiligen Vigilius gegen 400 n. Chr. in die Älpenthälcr cingcwandcrtc Geschlecht der Herren von Firmian mit der Äurghut ihrer Grenzfcstc Formigar. Das Ansehen dieser Burgvögte stieg, als sic später zum Vohnc für treue Dienste mit dem Schlosse und einem Antheile des Brückenzolls belehnt wurden. In der Mitte des Schloss Hofs ward ein Palast zur Wohnung für den Fürstbischof gebaut, ein besonderer Beamter, der Gastald, als Richter der bischöflichen Unterthanen und Schultheiß des Grafen von Tirol, für Bozen eingesetzt und zur Schlichtung wichtiger Strcitigteitcn zwischen den Edlen des Bandes und ihren Fürsten von Zeit zu Zeit eine öffentliche Gerichtssitzung in oder neben der Feste uuter dem Vorsitz des geistlichen Obcrherrn abgehalten. Tchlosö Sig»iu»dslri)n bei Vozcn. 47 So hatte der Bischof Albert von Tricnt ani 22. Juli 1163 unterhalb des Schlosses, wo Vtsch und Eisack zufnnnuenflicßcn, auf offenem Gerichtstage den vierzigjährigen Streit zwischen der >tirche ^s heiligcl, Vigilius und den Grafen von Eppan geschlichtet. So ^ttc achtzehn Jahre spater der Fürstbischof Salomo die trafen Friedrich und Heinrich von Eppan zu einer groben Gerichtsverhandlung m der Au am Etsch-Ufcr berufen; auf derselben wurden diese stolzen, borhcr so gcfiirchtctrn Gegner gezwungen, das Schloss Grcifenstein, ben Wald auf dcui Ritten, die Goldgruben zu Tafful, ihre Ansprüche "uf ^rouinen und verschiedene Maierhofc i>u Beisein vieler Ritter, ^dlcn und Domherren deu, ^istuut Tricnt abzutreten. Der thatkräftige Nieinhard II., Graf von Go'rz und Tirol, 'chräntte die grosten Befugnisse und siechte der Fürstbischöfe von Tricnt ^ulf<^l,^. ^z^. ^^ h^^ Schlöffe Grics setzte er einen gräflichen Nichter nn und enthob dadurch den Gaftald von Forniigar seines Amtes als laotischen Schultheiß für Bozcn. Dennoch blieb die Macht der Trim-"Ncr ^irchcnfiirflen eine bedeutende und groß ihr Einfluss auf die Um-Negend weit herum. Dies beweist folgende Ueberlieferung, die zugleich kin hübsches Bild mittelalterlicher Titte bildet. Eine stattliche Ocfellfchaft von Rittern und geistlichen Herreu ^"r zur Weihnachtsfeier des Jahres i:;<)? im Schlöffe Firmian ver^ sammelt und von dem Bischof Bartholonins Gucrini zur Tafel geladen. Beim Beginn des Mahles crfchiru ein deutscher Ritter, xMnb von Rottcuburg aus dem Nnterinnthal, noch im ^lieiselleidc 'n dem Saal und ließ, da er des Vateinischen untlnidig, der Bischof ""er cin Wälfchcr war, durch Herrn Oderich von Corado auf dem "vnsbcrg Einfprachc gegen die Verkürzung seines urkundlich verbrieften Rechts erheben. „Das Schloss der Edlen von Scgonzcnw sei ihm "ut allen ^ehcn des Hock)stifts übertragen und dadurch das Privilegium blichen worden, den Bischof und dessen Hof bei festlicher Tafel zu dienen uud das Schenlenamt zn üben." Verwundert lauschten der Schlossherr, die geistlichen Würdenträger uud die (5delhcrren dieser erllslen >tlage. ^?bwol der Bischof weder den vehenbrief, noch die besonderen Privilegien feines Inhabers tanute, beschloss er doch. das fragliche Recht des Bewerbers anzuerkennen — und hies? den ritter lichen Scheuten seines Amtes walten. Auch die Edlen von Firmian halten ihre Vefugnisse zu erweitern verstanden, die Feste mehr als Eigentum denn als Vehen angesehen und in dem Schloss nach Belieben gewaltet und geschaltet. Um der Willkür der Vasallen zu steuern, hatte der Fürstbischof Friedrich von Trient am 19. Mai l'2i6 in feierlicher Versammlung an der Etsch brücke ^tto von Firmian und dessen fünf ^ohne vor zahlreichen Edlen durch einen Schwur geloben lassen, dass sie ihre abgetheilten Wohnherbergen und Türme ohue Vorwissen des Vehnsherrn ninnnei midern oder wechseln würden. Der einträgliche Brückenzoll wurde von den Fürstbischöfen theils sür eigene Rechnung erhoben, theils gegen Darlehen verpfändet. Die hohe Bedeutung der Fesle Formigar für die Veherschung des Etschthalcs war den trafen von Tirol nicht verborgen geblieben. Schon im Jahre !>^'> hatte der Martgras von Ivrea aus seinem >t,iegs zngc nach Italien vergebens die Burg zu stürmen nnd den Flnssübcrgang Zu erzwingen gesucht; linr gegen Oold und glälizende Versprechungen war ihm das Brückenthor geöffnet worden. Die Fürstbischöfe von Trient vertaunten ebensowenig die Wichtigkeit dieser Warte und Wichten den Schlüssel der großen Heerstraße von Deutschland nach Italien mit fester Hand zu bewahren, so dass erst die Vandesfürsten aus dem Hanse Habsburg in den Besitz von Formigar gelangten. Im Jahre 1370 ver-fausten die Herren Mcinhard nnd During von Firmian den Herzogen Albrecht und Vcovold von Oesterreich ihren Antheil an der Bnrg samutt dem weißen Zinneuturm des Vorhofes und erbauten sich dagegen eine neue Feste. Am 16. September 1473 gieng auch der übrige Theil des Schlosses, die tleine Burg, der Bühel, Burgstall, Wald, Weide und Brückenzoll von den Rittern Nielas und Vigil von Firmian !in die Hand des Herzogs Signnmd von Oesterreich über. Der neue Schloss' Schloss Hissmuüdolvo» d>'i Vo^'ü. 49 hon- ließ die Festllngswerte plamnäßig erweitern und verstärlen, den Palast zn eineni heitern Vandsitz mngestalten und den herlichen Ban, der noch heilte eine Zierde dor Landschaft von Bozen bildet, init dem Nolzcrcn Nainen Siglnuudstron belegen. Ein frommer Pilger, Felix Faber, der auf der Wallfahrt nach dem hoilissoli Vandc inl Iahrc 1463 Fm'inigar licsuchtt', hat voit der umgclmutm Fcstc folgende Bcfchrcibmiss hinterlassen. „Am Rande der Anhöhe liegt das Schlufs, von dein die adeligen Herren von Firmian stammen, und dcfscn Mauern jM der Herzog Sigmund von Oesterreich erweitern und mit hohen, starlen Tiirmen versehen lässü In den Ecken des zwanzig Fnß dicken Ningwalls erhcl'en sich vier weitläufig gebaute, mit eigenen Zugängen und besonderen Ttallungcn versehene, durch Zwischenräumc getrennte Wohngebäude, se> dasci zn gleicher Zeit vier Fürsten in dein Schlosse weilen tonnen. Das Trink-wasscr wird inittelst eines Rades aus der tief nnten voriilierströinenden Etsch auf den Felsen gezogen. Früher war der Aufenthalt in der Burg sehr ungesund: die Bewohner starben in Folge der Ausdünstungen der umliegenden Zünipse schnell dahin; der Herzog hat jedoch durch das Moos breite nnd tiefe Gräben ziehen lassen, in denen die trüben Wasser nach der Etsch abstießen. An die Ttellc der übelriechenden Sümpfe sind grüne Wiesen und Nebrnpflanzungen getreten, von denen in günstigen Jahren mehr als zwanzig Fuder ^ein gewonnen werden." Herzog Sigmund wollte durch das neu befestigte Formigar dein steigenden Einfluss der Venetianer, die bereits zahlreiche Niederlassungen m Südtirol errichtet hatten, Schranten setzen. Im vertrauen auf die Tichrrhcit des Schlosses ließ der Vandesherr 130 venetianische ^auf^ leute auf dem Martte zu Bozcn gefangen nehmen nnd der »nächtigen Ateftublit Venedig den Handelsweg durch Tirol verschließen. Aber die berühmte Handelsstadt errang in dem mit wechselnden Erfolgen Ncführtcn kriege ihre früheren Vorrechte vollständig wieder: durch den Friedensschlnss vom 14. Juni 14«? mustte die Heerstraße durch Tirol 50 2ch>ojö 2igm»!ldl l>!/i Ä^zl'li, den italienischen Händlern aufs neue eröffnet werden. Herzog 3igmund der Münzrcichc aber fnhr fort, die reichen Schätze der Tiroler Alpen mit freigebiger Hand zu verschwenden, in Jagd und Fischercibclustigungen, Spiel und Trinkgelagen sich von den Sorgen und Mühen der Regicrnng zn erholen. Als ihm ein solches ^cbeu mannigfache Verlegenheiten bereitete, übergab er anf dem Vandtagc zn Meran im Jahre 1490 die Hcrschaft von Tirol seinem Vetter, dein römischen Mnig Maximilian, und »erlebte seine letzten Tage in stillem Frieden bald auf Sigmnnds-tron, bald in dcr alten ^Itesidenz Merau oder a» andern ^rten der gefürsteten Grafschaft. Die Landesregierung hatte anfangs eigene Pfleger znr Bewachung von Sigmund^lron eingrfel't, fpäter dem FrldMgmeister Michel Ott von Acliterdingen, 1538 den Freiherren von Vols nnd 1649 den Grafen von Wolkmstcin-Trostbnrg das wichtige Schlofs verpfändet. Als Tirol vorübergehend unter bairische Herschaft lam, wnrdc Tigmunds-troll, das bis dahin ein ^chen gewesen, im Jahre 1807 in erbliches Eigentum umgewandelt, zehn Jahre später die Gerichtsbarkeit über deu Burgfrieden dem Stadtgericht zn Äozen übertragen. Im Lnlifc der Jahrhunderte ist Signmndslron verfallen und ver ödet, der Brnckentnrm am Fuß des Felsen abgetragen, die lichten Säle des FürstenMs nnd der Turm des Mittelschlosses sind ein gestürzt. Wandflächen mit verl'lasstcm ^ildrrschmuck bezeichnen die Stätten der beiden alten Capellen; hohle verwitterte Manerreftc mit verschütteten Gewölben und formlose Trümmer decken den Fclscngrnnd, nnd die einsame Burgruine mit ihrer verschwundenen Pracht spiegelt in malerischen Zügen die Wandclbartcit menschlichen Geschicks. Z. Schloss launkolstein im Sarnthal. ^bstplahe Bozens, wo da^ prächtigste Tndtiroler ^?bst, 'W^^H Aepfel, Trauben, Feigen nnd Granaten feilgeboten werden, .^W^> führt die zur Marktzcit start belebte Fleischgasse zum Talfcr--^ ^" ''! bache, welcher Vozcn Uon seiner Vorstadt Gries scheidet. Eine lange Brücke hat man über das breite Bett der Talfer gebaut, aber dasselbe liegt grösitcnthcils trocken, nnd nur eine schmale Wasserader nimmt ihren Weg nnter der Brücke hindurch; denn es ist Heister Sommer und lange schon ist lein (Remitter niedergegangen. Die große Breite des Bettes jedoch, die einem mächtigen Flusse genügen würde, nnd die gewaltigen, rundgeschlisfcncn Fclsblöcke roten und grünen Porphyrs in demselben verraten, dass die Talfcr nicht immer ein bescheidener Vach sei. Im Frühjahr, zur Zeit der Schnecschmelzc, oder bei heftigem Gewitterregen schwillt sie zu uerderbcndrohcnder Höhe au; dann wälzt sie die centnerschwercn Vteine, welche sie bei Bozen liegen lässt, herbei und mit Mühe nur wehrt die hohe Wassermauer dem Andränge ihrer brausenden Wogen. Eine turzc Ttrcckc unterhalb der Ttadt findet die Talfcr ihr Ende, indem sich ihr Wasser mit dein des Eisack vermischt. Sollte es uns aber nicht gelüsten, das nahe Heimatthal dieses Baches, der zu Zeiten zum mächtigen Flusse wird, aufzusuchen? Wir ersteigen die ans dem linken Ufer erbaute Wassermaucr, ivelche uns einen bequemen Weg zu den im Norden sich erhebenden 4" Ü2 Schloss :1timlelstn,! im Tavi,t!,«l, Bcrgmasscn bietet, ^iese erscheinen wol von hier aus gesehen zieinlich öde uud nnförinlich, sowol das Nittnergebirge gegen Nordosten, als die nordwestlichen Porphyrbcrgc, dcrm unterer Theil dcr Gnntschna genannt wird; auf ihrem Nucken aber tragen sic cinon lieblichen Wechsel »on Dörfern und vereinzelten Gehöften, von Feld und Wald uud bieten mit ihren, kühleren Xlima den: Bewohner des heiftcli Bozcner Thalbodcns im Hochsommer die angenehmsten Erfrischungs-orte. Unser Weg jedoch führt nns nicht znr Hohe, sondern zwischen de>t beiden Brrgmassen ins enge Thal der Talfcr. Die gcnannteti Höhcnziigc gehören der Gruppe der Tarnthaler Alpen an, welche zwar an Erhebung von mancher anderen Gebirgsgruppe in Tirol ansehnlich übertrosfm werden, die aber der Vage nach so recht das Centrum, das Herz des Tirolerlandeo bilden. Das schöne Sarn-thal, welches sie einschließen, wird vom Talferbache dnrchrauscht — und schon haben wir nach wrzcr Wanderung mit dem Ende der Wasscrmauer den Eingang desselben erreicht. Das alte Nittcrschloss Klebenstcin und daneben das große Fabrit'sgebäudc einer Banmwoll-sptnnerci — die Contraste der Vergangenheit lind Gegenwart uns vor Augen haltend — stehen an der Thalmündung. Hinter diese» Gebäuden wird das Thal schon merklich enger nnd die Gegend von Bozcn entschwindet unserem Auge. Dafür zeigt sich nns, anf hohem Felsen thronend, das halbverfallene Gemäncr des Schlosses Nnutel-ftein, der Perle des Sarnthales. Am linlen Talfer-Ufcr führt die Straße, welche prächtige Edelkastanien beschatten, allmählich hinan; zur Rechten erheben sich hinnncl-anstrebende, schroffe, vielfach von Efen nmzogene Porphyrwände, während zur vinten die wilde braufende Talfer fich stellenweise hart herandrängt und dein Wege nur einen fchmalen Nanm frei läfst. An eilier Theilung desselben verfolgen wir zuerst die links weiter ins Thal führende Straße, welche wieder zur Tiefe und um die Höhe, auf welcher das Schlofs fich erhebt, herumzieht; mall überschreitet die Talfer und blickt nun zurück und hinan zur ^urg. Der vorhin grün Schloss NünU'lstoi,! n» Tavnthal. 53 umbuschte Burgberg hat sich plö!i»l>'lsl!'!,l !!N Hinnthal. festes Schloss, das sie von dem Bnrghiigcl, alls' dein es erbaut worden, Runtenstein oder Runtclstcin nannten. In den bllltigen Fehden, welche in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts dic Gegend dnrchtobtcn, wurden die alisehnlichsten ^Schlösser der Edlen voli Wangen erstürmt, geplündert und verhört, darlintrr wol anch Runtclsteili. Vctztcrcs stclltcn sic nicht wicder her nnd als inn das Jahr 1^20 ihr Geschlecht erlosch, fiel Rmüelstein als crlcdiqtrs Vchcn dein Stifte Trient anheim. Der Bischof voit Trient ».'erlieh die Nnine sannnt den dazu gehörenden Gütern dein reichen Ritter Gottschalt Chnoger von Bozcn, der wahrscheinlich dieses Schloss wieder wohnlich herstellte. Da er leine Söhne hatte, gicng nach seinem Tode Nmitel stein ans die jüngere Tochter Aanrs nnd schließlich anf deren Enkel Ritter Ciprmn von Vilandcrs über, welcher im Jahre i:^5> das Schloss sammt Zngehör an den „fürsichtigen Mann" Nieolans Bintler von Vozen, Rat nnd Amtnmnn des Herzogs Leopold, und dessen Brnder Franz Vintlcr veränderte. Niit dem Anlanfc dnrch die Bintler war für Schloss Rmüelstein eine neue Zeit angebrochen. Denn die reichen Bmtler erneuerten fast den ganzen Bau, führten dcn nordwestlichen Flügel auf, erbauten eine Capellc zu Ehren der heiligen Katharina und befestigten das Schloss durch zwei Türme und neue Vor'^rtc. Nieolaus von Vintlcr ist wahrscheinlich auch der Stifter jener Wandgemälde, welche in unseren Tagen Nunlelstein so große Berühmtheit verschafften. Als Herzog Wilhelm, der Sohn vropolds des Stolzen, der bei Sempach im Kampfe gegen die Schweizer gefallen war, sich mit der neapolitanischen Prinzessin Johanna vermählt hatte, nahm er seinen Rückweg ans Italien durch Tirol, Da bewirtete ihn Nieolans von Vintlcr im Namen des tirolischen Adels auf feiner Burg Rmüelstein, und den Festlichkeiten des Empfanges verdanken die Gemälde ihre Entstehung, welche sich theils an der Außenseite, theils im Innern deo crsten Stockwertes des nördlichen Flügels befinden. Ueberhaupt machte Nicolaus der Vintler voll seinem Reichtum einen vernünftigen Gebrauch; bei ihm auf Runtclstcin lebte Tchlosö N»»li,'lslcin im 3nv,UI,(il. 55 und schrieb Heinz Sentlinger voltMlinchen als(5aplan, Biicherabschrciber und Neimtünstler, und seili Vetter Conrad von Bilitler, ein Zeitgenosse des berühulten Hiinnesängers ^sN'ald von Wollenstem, sammelte anfNmltcl' sinn ciuc Bibliothek und Handschriften und verfasste selbst Neimgcdichte. S0 nnlrde das schön und behaglich eingerichtete Schloss, wo sich 5lunst nnd besang einer warmen Pflege erfreuten, der Vieblingssitz des reichen Nieolans Vintler, der zngleich l,och mehrere Schlösser und Güter als Pfänder für dargeliehene Gelder von den Vandrsfürstcn innc hatte, während das von scincin Brnder Franz cuigewltftc Schloss Ncnnelstein den Zugang >un, Nmttclftcin deette. Allein die behagliche Nnhe anf. diesem Mnsmsitze ward bei»l beginn der Regierung dcS Herzogs Friedrich, den man später den „Fricdel mit der leeren Tasche" nannte, unsanft gestört, ^lieolans Vintler war, wie sein Vrndcr, ein eifriges Mitglied des gegen Friedrich gerichteten l^lephantenbundes. Da er fich weigerte, dem Herzoge in del! Aemtern, die ihm Herzog Veopold anvertrant hatte, weiter zn dienen, enthob ihn Friedrich dicfcr Aemter, fpäter wurde der Mittler gar des Vandes vertrieben, doch folgte bald daranf die Versöhnung mit dem Herzoge. Nach dem Tode des Nieolaus Bintler, der nur Töchter hinterließ, tam Rnntelstein an den ältesten Tohn seines Bruders Franz, später jedoch von den ^inttern an die verwandten edlen Echrofcnsteiner und Meyner. In der ziueiten Hälfte dc5 i5. Jahrhunderts gelangte Herzog Sigisnmnd, der seinem Vater Friedrich „mit der leeren Tasche" in der Hcrschaft über Tirol gefolgt war, in den Besitz des Tchlofses Rnntclstein. Die romantische Vage der schönen, mit so gerühmten Bildern gezierten Feste übte wol einen besonderen Reiz auf diesen Fürsten, der eine grosie Vorliebe für romantisch gelegene Burgen zeigte, wie die vielen nach seinem Namen benannten Schlösser, z. B. Tigmnndstron, Sigmnndslust, Sigmnndsfrend, beweisen. Der kinderlose Sigisnmnd adoptirte bekanntlich seinen Vetter Maximilian, den Sohn des Kaisers Friedrich III., der ihn auch später lieerbte. So lam auch Nuntclstein in den Besitz des Bönigs Maximilian, 56 Schloss Ruuü'lsto'm im 3lN»thal. der im Jahre 1500 die Pflege dieser Burg dem N'ackereu Baler dor Landslnechte, dein nachmals so berühmt gewordenen lütter Georg von Freundsberg, übergab. Maximilian, „der lchte ^titter", fand tro» seiner grossen Regenten^ und >iricgssorgcn dennoch Zeit, dm viedern der früheren Heldensagen seine Aufmerlsamtcit zu scheuten: anch dic alte»! Wandgemälde auf Rulltclstcin weckten sein Interesse und so bchchl cr, „daö Schloss Runlclstein nüt del, Ge>nälde»l erneuen zu lasseu 0on wegen der Men altcn Historie >lnd dieselbe Historie in Schrift zuweqe dringen zu lassen". Als der Held Georg von Frcunoslierg, der Pfleger des Schlosses, im Jahre 1528 mi^ dein Vedeu geschieden, belehnte der ro'llttschc Ko'niss Ferdinands Maximilian^ (^ntel, den Tigiuund von Brandis unt der Feste Nnnkelsteiu. Der Fürstbischof l.wn Trient uuichte jedoch das alte Recht der Vehenshohrit über die Burg gelteud, woraus Ferdinand dasselbe anerkannte nnd demgemäsi dir Herren von Brandis Rmüelstein voin Hochsiiflc Tricnt zn Vehen uahiuen. Doch schon iin Jahre 1598 gieng das Schloss durch >iauf au die trafen von Liechtenstein über, welche dasselbe über zwei Jahrhunderte besagen. Bon ihnen scheinen einige ')c'eubmiteu und besonders das Eingangsthor mit den Wappen der Viechteusteiuer herzurühren, aber auch mancher von ihnen begonnene Bau unvollendet gelassen worden zu sein. Iemehr seit dem Begiuue des l<>, Jahrhunderts ein gänzlicher Umschwung der Verhältnisse die Nitter aus ihren abgeschlossenen Burgen ins geselligere Veben der 3tädte herabgezogen, desto mehr verödeten dieselben uud verloren an Wichtigteit uud Interesse, uud so crgieng es auch Nilulelstein. Nur selten mögen in späteren Zeiten die Liechtensteiner die abgelegene Fcste mehr besucht oder bewohut habeu und nur ein Bauiuann des dazu gehörigen Gutes mochte in deu lebtereu Zeiten mit seinem Gesinde die ganze Besamung des Schlosses gebildet haben. Endlich im Iahrc 1754 überließ' der leibte Graf von Liechtenstein alle seine Trienter Lehen, darunter auch Nuntelstein, an die Kaiserin Maria Theresia. Die Regierung, zufrieden, aus den zum Schlosse gehörigen Güteru vou eiuem jeweiligen Pächter den Zins zu Schloss Nilntclstri» nn ^lirnthal. 57 ziehen, jiiuunerte sich wenig um die Schlossgcbäude und die darin befindlichst interessanten Gemälde, fiir dir damals wol auch das Verständnis mangelte. Dic Bedachung verfiel auf den unbewohnten Theilcll allmählich ganz und in Folge defscn stürzten mehrere dachlose Gebäude, darunter der Turin, zusammen, sowie dic dachlosc, vernachlässigte Burgeapelle zur Ruine wurde. Seitdem mit deiu Zerfalle des deutschen Reiches das Fürsten tl»n Trient an Oesterreich getoiuulrn, wurde RmMstem, das bisher "ur als stiftisches Vchm der ^liegierung überlassen gewesen, deren unbeschränktes volles Eigentum, und sic überwies das Schloss sammt Zllgchör dem Bischof von Trienr als Mcnsalgut l), was es noch ist. Einige Jahre später übernahm es pachtweise vom '^isäwf der ^mrr Hausmann Franz Edlrr von >toflcr. Diesem warmcli Freunde ""lnläudischer Altertümer ist es vorzüglich zu danlen, dass das so l"NP> umvahrloste Schloss nicht zur völligen Ruine geworden ist. UutcrstWt durch einen namhaften Beitrag des kunstsinnigen Fürstbischofs ''uschiu unternahnt er es, davon zu retten, was noch zu retten war, mdcm cr durch Rcstaurirung der Bedachung und Wiederherstellung d"' mangelnden Fenster dem Eindringen des Rrgelis und Wetters wehrte und durch Eisenbänder das (Gebäude ilnd die einzelnen Theile sicherte. Um so bedauernswerter nmß es erscheinen, wenn erst in jüngster Zeit wieder der Bestand dieses mcrlwürdigen Schlosses hart ^fahrdet wurde. Beim Baue der Sarnthnler Strafe nahm man im I"hre l,^ ganz gegen alle Borschristen der Bautechml lnapp am Inße des Nuntelstciner Schlossbcrges bedeutende Sprengungen vor, welche unbedingt den Einsturz der unmittelbar ober dieser Stelle befind lichen Bergpartie znr Folge habcn mußten. Das Unausbleibliche geschah b"m auch: in einer Nacht desselben Jahres stürzte eine ganze Wand ^s FestsaalcS in die Tiefe und mit ihr ein gut 3heil der herlichen Gemälde, mit denen dir wackern Bintlrr die Feste geziert haben. ') Mensalgut — Gut, dcssrn lHintniifl^ z>»n U»tcl1,aitc dl'r .^n'chmdkm'r ^Miose, U^ite) bl'stninnt sind, 5A Tchlosst !itll»l>,'lstl'i!i in! 3avn!l>a>. Bom Tchlosshofc aus füllt sofort das ungleiche Alter der eiu zclnen Theile dcs Gebändes auf. Die zur Rechten fich erhebendeu hohen, zcrkliiftctcn Mauern der ^aiscrziunuer, an denen nlir schwache spuren mehr von der alten Pracht und Herlichteit zu sehen sind, haben große, regelmäßige Fenster uud das gauze Aussehen lässt sie als den neuereu Theil erscheinen. Der ältere ist der nördliche uud westliche. Die linte Seite des Burghofes nimmt ein altcrsbrauues turmartiges Gebäude ein, das für den ältesten Tralt gehalten wird; hier wohnt der Castellan uud werden auch einige unbedeutende Ueber-rcstc der alten Rüstkammer aufbewahrt. Die Capelle ist, wie bereits erwähnt, leider fast gänzlich zerstört. In ihr zeigt ein Bild Christus dcn Herrn, wie er in einer Wanne liegt; da^ Blut aus seinen Wunden fließt durch Teitenröhren ab zur Heilung der Vahmm, Blinden und Bresthaften, welche sich rings um die Wanne drängen. Im westlichen Theile der Burg, welcher heute dazu dient, den ziemlich zahlreichen Smmtagsbcsuchcrn Erfrischung zu bieten, gab es in alter Zeit Nittcrsäle und Fraueugemächer, eiu Bad uud inauche andere Gelasse. Nach praugru hier Wandgemälde, ein Ballwcrfen der berühmten Margaretha Maultasch mit ihrem ersten Gemahl Heinrich von Böhmen, einen höfischen Tanz u. s. w. darstelleud. Wir überschreiten den Hofraum, an einem ansehnlichen, mit Früchteu gesegneten Feigenbäume vorbei, unter dessen schattigem ^aubdach eiuigeu Besuchern des Tchlosses eben feuriger Trmniuer Wem eredenzt wird, uud steigen die brcitsmfigcTreppe empor, welche zu einem offenen Gangeführt. Hier finden wir an der Außenwand des Gebäudes die erste Reihe der vielgenannten Gemälde, welche leider sehr viel gelitten haben. Herzog Wilhelm uud seiue Gemahlin, deren festlichem Empfange durch Nikolaus Viutlrr die Gemälde ihre Entstehung verdauten, sind unter die Helden der Geschichte, der Minne und Poesie verseht. Dnhcr erblickt mau Hettor, Alexander den Großen und Julius Cäsar, dic biblischen Helden Iosuah, David uud Judas; an diese schließen sich die drei besten christlichen Könige: Artus, der Held der Tafelrunde, 3chlo,'o Nuxtt'lstl'iu im ^arnNial, 59 5tarl der Große und Gottfried vou Bouillon; die drei besten Ritter: Parzival, Gawein und ^wein; die drei edelsten Viebespaarc: Herzog Wilhelm von Oesterreich mit seiner geliebten ^'lglei, Tristan und Isolde und Wilhel.u von Orleans ml den sich die holde Amelei ailschluiegt. Der viebc folgt die Maft, durch die drei besten Tchwntn' vcrsinnlicht: TicNvicd mit d^n Bal'unnq, dcr wpfcrc Dittrich von Bcnl nnt dcm 3chwcrtc Tachd und Dittlnd von Ttcycr >uit d^n ^olsnuq; drci 'lticsm, Wpcrau dcr ..Trufcls.nann', -Mnig von Olck und d.r wilde ^trutl,ahu, dcm dic ..Prcußm dis ans Viecr nntnUiait^ solgm nun im Rcihcn, dcr durch die mächtigen Gestalten von drei Riesen-wcibmi abgeschlossen wird. hinter allen Ungeheuern mag man sie für die ungehcurigstcn schreiben,' lautet die Überschrift dicscr Gruppe, welchc die weiblichen Neckcngestalten der sagenhaften Niesinnen Hilde, ^odclgart und Rauhin darstellt. Durch eine mit dem Wappen der Vmtler geschmückte Thüre treten wir vom Gange in das Innere des nördlichen Traktes, und wir benm-ren schon beim ersten Blick die Wirkungen des Einsturzes der nördlichen Hauptmauer im Jahre i«6". Der Fusüwden des ersten Stockwerks erhielt sich halb schwebend und wurde sosmt durch hölzerne Säulen gestützt. Im ersten Ttock befanden sich zwei durch eine Riegel-Wand getrennte Tälc, deren einer mit dein Bilderreigen aus ..Tri,tan "nd Isolde", der andere mit Teenen auo der Tafelrunde des Königs Artus bemalt waren. Die Zwischenwand blieb beim Emstnrze zwar hängen, musttc aber doch entfernt werden, und die früheren zwei Säle sindm sich je>.'t in einen verbunden, leider mit geborstenem Fnsüwden "nd riner schauerlichen, nnt Brettern verschalten Mauerbresche gegen Cordon. Von den noch sichtbaren Bildern - - alle „Gran ill Gran" grmalt — sind offenbar jene an5 „Tristan und Isolde" nach Gottfrieds von Straßburg Dichtung die besser erhaltenen und zeichnen sich cbensowol durch Lebendigkeit alo Natürlichkeit aus. Die alten ,Mnstschätze Runtelstcins schmelzen immer mehr zusammen, die Reize der Natnr ringsum bleiben aber unverlümmert und 60 Schloss N»ülr!st!'!!, n„ Il,v»t!,,N. ungeschmälert. Es ist bezaubernd, durch die alten Fensterbogen hinaus zusftähm in dm sonnigen Schmelz des weiten Bozelicr Gartens und anf die fernen dustigelt Höhe» des Etschlandes, dann wieder aufwärts in die düstern zerrisseneli Abgründe des Sarnthales; dort die Glück scliglcit dos südlichen Himmels, hier das wilde Bett eines Bcrgbaches nnd die verfallenden Zrngen vergangener Jahrhunderte. Dieser Winkel sannnt seinen Zugängeli ist so start beseM mit Festen, als wäre cs nin die Bewachung eines nnenncsslichen Hc>rts zu thun gewesen, '^m' dein Eingänge zum Thalc stehen Maretsch, .Vebenstein und das start verfallene Nennelstein; schanen wir nun ili das Tarnthal hinein, so steht unten am Gries der Talfer das graue Schliisscheu Nicd und weiter ln'nten an der Felowand die schöne Nninc von Langeck, melmehr Wangen, über dem Bache aber in schwindelnder Höhe, scharf abstechend vom blauen Himmel, erscheinen die weis^cu Mauern von Navenstein. Doch auch tiefer im Thale, wohin unser Auge von den Mauern Nnntelsteins ans nicht reicht, stehen noch Burgen, mehr oder weniger in Verfall. Zwei stunden lang führt wn Runtelstein die neue Tarnthaler Strnste durch das felsenge Thal der Talfrr, oft mit dein Wasser um den Raum zwischen den steilen Wänden tämpfcnd. An manchen Stellen ist sie zur Hälfte in Felsen eingesprengt, darunter brüllt nnd schäumt zwischen tolossalen Frlsblöcken der Vildbach. Erst hinter dcm Iohanncskofel, einem riefigen, ganz senkrecht abstürzenden Felsen, auf welchem ein kleines schwer zugängliches Kirchlein steht, hören die Schrecken des Engpasses auf, das Thal erweitert fich zu einer freundlichen, wolbcwohnten Gegend, nnd man erreicht, sechs Wegstunden von Bozen entfernt, den Hanpt-ort des Sarnthales, das stattliche Dorf Sarnthein. Es ist ein sehr beliebter Sommrrfrischort der Bozcncr; doch musi es ehedem auch hier sehr ritterlich zugegangen sein, denn noch stehen da die drei Schlösser Reineek, >tranzrlstein und >iellerburg als Zeugen vergangener Hcrlichtcit. Riva am Gardasec, 4. Mia und der Gardasee. kann ihn vergessen, den hertichen Gardasee, der nur ein !,^^^M Mal seinen azurblauen Spiegel geschaut und seine reiz->^WM^ vollen Ufer betreten hat? Wer wird dann seiner gedenken, ^-^M ul)ue sich hinzusehnen allf jene Gestade, welche alle Reize wärmerer Zonen mit denen des hohen Nordens vereinen? Freilich, "um siH d^r Misende auf den Fluten des Sees wiegt, umfangen °N den lieblichsten Usern, an denen die Olive, der Granatbamu und ^ Aloe wucheru und die Citronencsärten prangen, da ahnet cr wol "Utn, wie winterlich talt e^ an der nahen GebnrtssiMc dieser Ge-^^sser aussieht. Während inan hier den Schatten sucht und jedes Elende Vüftchen dewillkouiutt, sucht man olien an dein Ursprünge leser Gewässer jedes Sonnenplätzchen begierig aus, jeden FelMock, ^chcr vor dem schneidenden Eiswinde schützt, der von den weiten ^chnecfeldcrn und Eismeeren heraliweht. T^ort klettert »nait mühsam ^' Vcrgtrmmncr und das Rauschen der Eislmche, das 'Getreisch Utes Lämmergeiers, das Bruunuen eines Aaren, der Donner der ^mc»i o^. ^^, Gerassel eines Felsenbruchcs ist die einzige, wenn "ch große, aber unheimliche Musit, das Wiegenlied dieser schönen, üurnen Flntm; hier ruht der müde Wanderer, ausgestreckt im Fischereien, kaum fühlt er, dass er sich bewegt, und bemerkt nicht, dass lchneller von der Stelle tommt, als vorher mit aller 5lraft' 62 Nll'll mid dl'v l^avdnfte, anstrengung iin Schweiße seines Angesichtes; übn- sich den dlanett Himmel, unter sich die noch dunkler blaue Fläche des Wassers, um sich die blauen Hiassen der Verge, wird er bald, eingewiegt von den lanell Viiftcn, dem Geplätscher der Wellen oder dein Viedc der Schiffer, cntschlmumern. Älit Verwunderung wird er erwachen, sich die Augen reiben und nicht wissen, wie mit ihm geschieht, denn Alles hat sich verändert: verschwunden sind die (Gebirge, welche wie Gewitterwolken den Blick hemmten, ein unbegrenzter Gesichtskreis liegt auf der weiten mccrartigen Fläche, welche nur in großer Ferne, durch den niedrigen Streifen des Uferrandes eingeschlossen wird. ^hne Frage vermittelt die ans den ungeheuern Eisgesilden des Monte Adamello und seiner Umgebungen kommende Sarea, der Hauutznfluss des Gardasees, dic größten Gegensätze in größter Nähe, in Vezug auf die klimatischen uud die daraus hervorgehenden Verhältnisse in den österreichischen Alpen. Da^ unserem Vaterlande angehölige Mrdende des Gardasees, wo das vo>i Citronenhainen nmdustetr Niva und das kleinere, wegen seiner schnellen Ruderer bekannte Torbole die reizendsten Punttc bilden, ist der Garten Oesterreichs. Im Norden oon den vielzackigen, kahlen Höhen um Niva überragt, wird er im Osten von dem maje statischen Monte Baldo bcherscht, dessen Abhänge und Scheitel eim' cben so npvige, als reiche Alpenflora bekleidet, während ihn im Westen, wo der Punal in brausenden Stürzen ,'das Wasser des Vedrosccs znsührt, dic Hohen des Monte Tcnara, der Cima Tavalo und des Monte ^nnino uuischließm. Inmitten dieser malerischen Gestade ncht der uuichtigc Spiegel des Garda, der selbst nach Süden hin bald italienisch wird, während die ihn begleitenden Höhen noch eine Streekc weit tiro lisch bleiben. Dieses wundervolle Vanoschaftsbild wird noch anziehender durch den altertümlichen Charakter der Hochwachtcn, Bergfesten, Herrensitze und Hafenbauten, die theils in Triimmern, theils wolcrhalten auf vergangene Zeiten hinwcifen. Als die Hcrschaft der Römer in die von Rhätiern bewohnten Wildnisse eingedrungen war, eröffneten die blauen Fluten drs !a,cu>, ^6N^«U«, wie die Römer dcu See ualntten, dem Handel mit den Barbaren einen Weg, mu gegen das Eiseu des Gebirges die Erzeugnisse des Südens umzutauschen. Zahlreiche Denksteine aus jener Zeit zeugen ».um der Bedeutung, welche Riva als Stapel-ftlal; dieses Verkehrs damals besass dessen Schisser-Innung auf cincin derselben besonders crluähnt wird. Nls auf dem großen Völkerzuge, dcr die römische Macht gebrochen, die Gothen aus dem ^sicn ein-dingend sich voin adriatischeit Virrre bis an die Hochalften ausbreiteten und ihr großer König Dietrich zu Verona s„Bcrn") residirte, wob die deutsche Sage ihr goldenes Nch nm die User des „Oartcnsees" »nd berichtet von den Ausfahrten dieses Helden, seiner Streitgenossrn und Abenteuern gegen Lindwürmer, Zwerge und ungefüge Waldfunken. -^achdeul die Vongobarden ^beritalien erobert hatten, trat die Wirklich lcit nn die Stelle der Volksdichtung; sie erbauten Festen gegen die Einbrüche der räuberischen Franken, welche bald die weite Heerstraße durch das Etschthal erkundet hatten und sich der sicheren Platze zu bemächtigen suchten. Als ,^arl der (hroßc, im Verein mit der Kirche, bic ariamschen Langobarden für immerdar gebändigt hatte, gab er ^wa mit seinem Gebiete Tmueo, Iudicarieu und das Vcdrothnl an die Martgrafschaft Trieut, loelcher bis in das 14. Jahrhundert dieser Besitz verblieben ist. Der große Äarl liebte die paradiesische Gegend "M Gardasee, wie vor ihm schon die Nömer; auf der zungcnförmigcn Halbinsel Scrmione, welche das breite Südendc des Sees in zwei Hä'lften theilt, wo einst Julius Cäsar gewandelt, hatte in ländlicher Zurückgezogcnhcit der römische Dichter Catull seine Elegien gesungen; zu Maleesine aiu Ostgcsladc bantc sich ,^iarl der Große ein Schloss und lebte dort, wie später die gewaltigen Hohenstaufeu, dem Genusse der Natur. Im 14. Jahrhundert wurde Nioa mit den zugehörigen Besitznngen an die Scaliger, welche damals an der Spitze der Nepublik Verona standeu, verpfändet; dann kam es abwechselnd in mc Gewalt der mailändischcn Visconti und seiner früheren ^bcrherrcn, der Bifchöfc von Trient, denen der Landstrich iln 1-^. Jahrhundert 64 NiUa und düv Gardajce. r>ou der mächtigen Nepublit Veuedig entrissen wurde. Als Kaiser Maxi miliau iin Jahre 15>i« smic langwierige Fehde Nlit den Venetiaueru durch cium Frieden beelldigte, wurde Niva sammt Gebiet aufs neue dem Bistum Trieut zugeschlagen, aber erst uuter Kaiser Karl V. die wirkliche Rückgabe au dasselbe erlangt. Endlich im Jahre 180:i kam mit der Säcularisiruug der geistlichen Fürstentümer Riva mit Tricut an Oesterreich. Bis in dic Mitte unseres Jahrhunderts waren diese Gebiets' theile nur durch beschwerliche Saumpfade und Bcrgwege für Karren zugänglich. Jetzt führcu mm allen Teilen die schönsten Kunststraßcu zum Nordende des Sees; Zwei derselben verbinden Riva mit der vom Brenner kommenden Eisenbahn, welche das Etschthal durch schneidet. Die eine Straße beginnt bei der Bahnstation Navazzonc und läuft westwärts. Sie durchschneidet zunächst das fruchtbare Gelände von Mori, wo die feinsten Gemüse für den veronesischeu Mart't gezogen werden und die Nebe sich von Baum zu Baum schlingt. Dauu steigt sie auswärts in die Felsenwüste von Nago, wo ein Berg stürz den einsamen Voppiosee gebildet hat, windet sich mm an eiuem Ausläufer des Monte Bald» hinab und erreicht bei dem Fischerdorfe Torbole den Sec. Die andere Verbindung des Gardasees mit der Eisenbahn beträgt die dreifache Entfernung, uud es erfordert, eine halbe Tagereise, um vou Trieut uach Nwa zu gelangen. Doch bietet diese Straße nicht minder als jene lürzere eine Reihenfolge theile lieblicher, theils großartiger, überraschender Gebirgslandschaften. Bei Trient überschreitet sie die Etsch und führt, zwischen Neiubcrgsmaueru bergan steigend, zu den wilden Felsschluchten der liilo!»« cli Vt'lu, welche der heilige Bigilius, der Apostel des Etschlandes, erschlossen haben soll durch Berührung seiner geweihten Hand, um seineu heid nischeu Verfolgern zu cutgchcn. Jenseits dieser Felsenspatte womit man plötzlich in fruchtbares Vaud; umn erblickt iu dem tiefen Seiten thalc rechts, wie das Dorf Terlago mit dem tleiueu Tee an die Kalkwände des Monte Gazza sich anschmiegt: danu gelaugt mau über Riva und d>'r <^irdas«. 65 ^ezzano, den bedeutendsten Ort zwischen Tricnt uud Arco, wo dic Straße von der westlichen zur südlichen Richtung umbiegt, an den lieblichen See von Tobliuo. Auf rincr schulalen Zunge erhebt sich in >hm das malerische Castell Toblino; die Umgegend ist reich angebaut. Doch bald eröffnet sich ein Bild, welches zu dem eben gesehenen den M'cllsten Gegensatz bietet. Nachdem man ans der Straße die Sarca U'rcicht und dieselbe überschritten hat, tritt man in eine ungeheuere Steinwnstc, wo Trümmer über Trümmer grauenhaft gehäuft liegen, ^'s sind dies die Marrochc, zu Deutsch „Fclsenmeer", die groß-tilgen Spuren eines Bergsturzes, der sich mit den Stürzen bei ^ago nnd den Slavini di San Marco an der Etsch bei Novcrcdo Nach den Chronitenschrcibcrn aus der Zeit der Karolinger im neunten Jahrhundert in Folge von Erdbeben und Felsbrüchcn ereignet haben ^ll. Bis in die Mhe des uralten Dorfes Drü erstrecken sich die wüsten Bergtrümmcr; dann führt die Straße wieder durch fruchtbarere legend, bis man das inmitten üppiger Gärten gelegene Areo erreicht. Dieses, ein stattlicher Ort, mit zahlreichen Herrenhäusern, welche die ^azza (Hauptplay) umgeben, steht im Schattet! der Felsenourg gleichen Namens, welche im spanischen Erbfolgetricgc durch die Franzosen nnter ^endiime zerstört wurde. Hinter Areo verlässt unsere Straße die Sarca; "tztere endet in südlichem ^aufc bei Torbole, wo sie sich in den Garda-scc ergießt, während die Straße nach Südwest wendend den nördlichsten '^afcnort des Sees, das langgcdchnte Städtchen Niva, erreicht. Da liegt er mm vor uns, der ^ago di Garda, dessen wunder. ^U'c Farbe schon so viele Dichter besungen haben; spiegelglatt ist die ^lä'chc, und als blickte ein zweiter Himmel nns entgegen, so täuschend kegelt sich der Sonne M)t in der blauen Flut. Wie schön auch die Zuschließenden Gestade, wie reizvoll Niua, gewiss wird doch der ^nrdasee selbst zunächst das volle Iuteressc dessen in Anspruch nehmen, ^ zum ersten Male an sein Ufer tritt und den Blick südwärts schweifen lässt in die dämmernde Ferne, wo die spiegelnde Flut und ^' Mnze.ide Himmel sich zu vermählen scheinen. 66 ^ NU',1 Il,,d dor Garda?«. Das tief griinblanc Wasser dcs Gardasccs zeichnet sich unter allen Alprnsccn dnrch ansier ordentliche Klarheit ans; desgleichen durch seine hohe Temperatur. Die höchste Wärme des Teewassers an der Oberfläche ward schon zu 24" N. beobachtet, während es selbst im strengen Winter noch nie unter !i" R. über dem Eispunkt erkaltete; man erinnert sich nicht, dass der Tee je zugefroren wäre. Interessant sind die Strömungen dcs Teewassers, welche der Garda mit den größeren Seen gemein hat, und die ihm eigentümlichen Vustblasen, welche er aufwirft. Die ersteren folgen beim Smrmc der bewegten Vnft nnd häufen dadnrch das Wasser in dieser Richtung an, wogegen sic beim Nachlassen des Windes die das Wasser in Gleichgewicht bringenden Nückstromnngen, die eigentlichen Strömungen ((^i-l-iv genannt) erzeugen. Auch beobachtet man ein der „Nuhsi" dcs Boden-'sees gleichendes Ebben nnd Fluten dcs Sccwasscrs. Die aufsteigenden Vuftblnscn, welche namentlich an der Erdzungc Sermionc bemerkbar sind, scheinen nach ihrem Gehalte einem unterirdischen Schwefelkies-lagcr zu entstammen. Zuweilen tritt auch die magische Erscheinung der Luftspiegelung auf dem Spiegel dcs Sees auf. Wic alle Alpeusecn, besonders aber jene, welche am Nusgange dcr Thälcr zur Ebene liegcn, hat auch der Gardascc feine regelmäsiigrn Tageswinde, fo langc keine Störungen in dcr Vuft vorkommeli. Der Nordwind (sover, bei den Bewohnern von Torbolc Vonto pa68aii0, Hcimatswind) schwingt seinen Fittig über dem Gewässer von Mitternacht lns Mittag; nach turzer Windstille dcr Südwind (0i-n, anch ^,näur, Untcrwind) von Mittag bis Mitternacht. Ohne diese kühlenden Winde wäre es taum möglich, in dcr Hitze des Tages sich im Freien zu bewegen. Altsirr diesen rcgclmäsiigen Luftströmungen treten häufig heftige, oft mit uugeahntcr Schnelle losbrechende Stürme auf, so dass dieser See zu den unruhigsten in der Alprukette gehört. Der aus ferneren Gegenden kommende Nordwind, welcher den Scc mächtig aufregt, heisit Vtiuto tl'liinontHna oder schlechtweg I'i'amonwn?^ dcr aus Bcncdigs Gcgcnd wchcndc Ostwind Vine/^g. bringt Feuchtigkeit und Riva ii,id d« Gardnsee. 6? Negcn. Die Stürluc auf dcin Garda sind oft furchtbar erhaben und erinnern durch die Größe dcr Wellen und ihr Tosen an Mccresstürme; schon dcr Dichter Bergil stellt diesen Vergleich an in dem Verse: „Wogend und tosend, Vcnacus, erhobst du dich gleichwie die Meerflut!" Durch sie wird die lebhafte Schiffahrt auf dem Tee bedeutend gefährdet, obwol die Schiffer behaupten, noch von lrinem Uufall etwas zu wifscn. Freilich, der Reisende, der das Dampfboot benutzt, wird sich sicherer fühlen als jener, dcr in kleiner Gondel dem empörten Elemente Trotz bieten muß. Groß ist dic Zahl dcr Segelschiffe, welche den See befahren uud Getreide den Alpcngcgcnoen zuführen, dagegen Holz, das sie südwärts bringen, ciutanscheu. Vier bis sechs Stunden währt dic Fahrt über den See. Die schneller segelnden größeren Schiffe, welche darclis heißen, führen einen Mast von selbst 21 Meter Höhe, ein großes, viereckiges Segel, sind 16 Meter lang, gegen 5 Meter breit, und tragen bis zu 170 Tonnen Vast. Die kleineren, wli-oliettoni, haben unr bis zu 40 Tonnen Tragfähigkeit. Auffallend an diesen Schiffen ist die Höhe des Border und Hintertheils, wie die schwarze Farbe, so dass sie den althellenischen Schiffen gleichen. Neben diesen Vastschiffcn gibt es noch uiele tlcine Fahrzeuge zur Ueberfnhrt dcr Personen, als dki-^nMino und' Gondeln, sowie Fischertähue. Als die besten, zuverlässigsten und tühnsten Schiffer auf dein ganzen Gardasee siud die ^ewohuer des tleiuen Dorfes Torbole in der Nordostbucht des Sees berühmt, welches wegen seiner reizenden Vage und des guten Hafens viel besucht wird. Vetteren behcrscht ein über dem Dorfe befindliches Fort, welches von einer Abtheilung ^ägcr und Artillerie besetzt ist. Die Torbolancr betreiben die Fischerei, namentlich auf Carpioncn, Lachsforellen und Sardeuen, als ein ein träglichcs Gewerbe. Mit Recht uoch gepriesener als Torbole ist die nordwestliche Hafenstadt Riva, welcher der See ein fast oeranisches 5tlima verleiht, so dass man sie wegen dcr Milde sommerlicher Wärme und der Wintcrtcmftcratur mit Recht das „Hesperien Oesterreichs" nennen 68 Niva und der Gavdas«. kann. Zwischen einen Vergesabhang und den See gedrängt, wird Niva von dem stattlichen Schlöffe Noeea, welches ehedem den Fürstbischöfen von Trient als Winteraufenthalt gedient hatte und jetzt als Kaserne benutzt wird, überragt und ist von ausgedehnten Citronengärtrn, von Vorberr und Granatbäumen umgrünt und nmblüht. Das hier gccrntctc Getreide geniigt der Bevölkerung nicht, dagegen ist das Erträgnis der Seide, des Oclbamncs nnd der Südfrüchte reichlich. Citronen und drangen bedürfen zur Winterszeit des Schutzes und der Pflege; vom '.liovember an bis zum Anfange Aprils bleiben die Gärten mit Brettern gedeckt; ^icht und Vuft treten durch Thüren ein, die tagsüber offen stehen. Zeigt sich Frost, so wird innerhalb der Bretterverschläge in offenen Pfannen geheizt. Die zahlreichen, in regelmäßigen Abständen stehenden, 6 Meter hohen weißen Backsteinpfriler, welche im Winter das Holzgcrüste tragen, schimmern schon aus der Ferne zwischen drin saftgrünen Lcmb hervor. Wird im Venzc die Brcttcrhüllc weggenommen, fo gewähren die Gärten eium schönen Anblick. Die Citronenbäume, iu langen Reihen stehend, prangen im saftigsten Grün nnd sind mit Blüten bedeckt und mit Früchten beladen, die oft die Größe eines >lc österreichisch-italienische Grenze bezeichnet. Dieser Zugang, von 'lltrrs die einzige Verbindung init dein westlichen Hochlande des triden ^Nischen Gebietes, nur zu Wasser erreichbar, liegt in einer Schlucht, ^orin die Tealiger einen Trrpvrnpfad alilegten, als sie im 14. Iahr-hundert an der Spitze der Republik Berona standen. Noch vor fünf "nddrcisiig Jahren erhob sich ein kleiner Vorgo in dieser Frlsentlamm, wo j)^> Waren verladell und auf Saumthiereu weiter gefördert wurden; ^'i Eröffnung aber der neuen Etraßcnanlagc von ^iiiua aus wurde er ^Hetrngen und verlaffen. Nur die malerischen Trümmer eines Brücken Essens, der sich über dem (iingangc des Hafens wölbte, bezeichnet »och diese Stätte und bildet mit dem durch die Schlucht nieder-^irzcnden Mfluss des Ledrosees eilieli wundcrsanlcn Anblick. So >veit das Alige reicht, sind Gcbäudctrimnncr, Trcppcnpfad, Grillld und Frls von einem dichten Gewirr wilder Oliven, Feigen und Wein ^nl'en übrrspouncn, zwifchen denen die unbändige Flut voll Klippe '^ ^liuftc springt und in Silberschaum zerstiebt. Zur Zeit der venetianischen Herschaft, alo die Stadt Breccia ^'Ml den Visconti hart belagert und ihre Besatzung dem Hunger preis-"Mbm war, landete in dieser Bucht eine lleinc Flotte, nm den ^'drängtcn zu Hilfe zu kommen. Nachdem ein Versuch von Trient ""s, durch Indiearien einen Zuzug vou ^ninnschaft und Vebcnsnlitteln an Ort und Stelle zu fördern, durch die aufrührerischen Bauern vereitelt worden, übergab der Senat dem Sorbolo di Candia die Vcitung dieses Unternehmens, welches von dem anstelligen Führer auf folgende Weise ausgeführt wurde. Er «ertheilte die Vadung sammt der bewaffneten Macht auf zahlreichen Boote», womit er die Etsch hinauf bis Navaz-zonc iu der Nähe von Mori schiffte. Hier wurden die beladcncn Barken ans Valid und auf schleifen gescht, um bis auf die Höhe des Voppio sees geschleppt zu werden. Hier abermals flott gemacht, wurden sie bis ans Ende des Wassers gerudert, dann ülier Nago an der Einsattelung des Monte Bald» nach Torbole hinuutcrgcschleift, in dessen Hafen die tleiue Armada sich sammelte und bald auf dem blauen Gewässer ihrer Bestimmung zuschwamm. Am Ponal übernahm i^raf Pai'ide ihren weiteren Schutz und die Umladung dieser Aufrüstung, welche er auf Saumthicren über beschwerliche Umwege glücklich der bedrängten Stadt zuführte. Wir sind von unserem Ausflüge am Abcudc nach Riva zurück-gclehrt und geben uns ermüdet in der ^aubc des Gasthofcs am See dem „äolc;« flvr nic^nw" (süßem Nichtsthun) hin. Mit leisem Schlag pocht die Flut an die Ufer — ein kühler Hauch zieht vom (Gebirge hcr — über unserem Haupte seutt der schwerbeladcuc Feigenbaum seine reifen Früchte so tief uieder, dass wir sic fast nut der Hand erreichen to'uue»; armdicke ^leanderzweige sind zn schattigen tauben-qänqcn gewunden, aus denen die roten Blüten sich hindurch zwängen, nud die Pappel des Südens, die düstere (5ypresse, nimmt, durch Schnüre gewaltsam zusammeng'cpresst, im Abrndduntcl die abenteuerlichsten Formel, an. Welcher von den zahlreichen Ausflügen in die Umgegend erscheint uns für den morgendeu Tag als der verlockendste? ?Nc>nte Cristallo u,:ö Dürrensee. 5. D.iä AuMzzcitM. MUMMicl Wunders hurt man in ganz Tirol von Ampczzo sagen, f^^^^! ^(irgend anderswo sollen die höchsten Verge so meistcrlos l^^^^ durcheiualldcr geworfen, fo schauderhaft anzusehen sein. ^- " '^ 1 Wen würden solche, Schilderungen nicht hinziehen? und wer, der einmal iu der Mhe, lnöchtc nicht gerne ein paar Tage opfern, um auch mit vielen anderen sagen zu tönneu: Ich bin dort gewesen nnt> halic selbst gesehen! ...... Diesem Zuge folgeud, fuhren auch wir, so erzählt Dr. Vudwig Stcub, eines Tages 0on Vruncck an der Ricnz durch die schönen Vandschaftcn des Pustcrthalcs gegen Toblach hinauf. Auf dem Toblachcr-Fcld — der merkwürdigen Wasscrfcheidc zwischen der Adria und dem schwarzen Meere — am hohen Kreuze zweigt sich von der Pusterthaler Straße jene andere ab, die nach Am pczzo zieht. Der Wagen biegt um die Ecke, fährt gegen Süden, noch cinc Viertelstunde und das grüne Puslcrthal, das heiter' TMachcr-Fcld ist verschwunden, uud wir flehen in eiueiu engen, unbewohnten Thalc, unten r>on schwarzen Fichtcnwäldcril eingesäumt, oben uon schauerlichen Dolomitwänden überragt. Am Anfang dieser Gegend liegt der tleinc Tublacher See. Rings umschatten düstere Nadelwaldungeu den Spiegel, über welchen sich die bleichen Dolomite erheben und ihr Bild in der Tiefe verdoppeln. ?2 Das Ampezzuthnl. Ant Gestade dieses Sees stiegen wir aus dem Wagen nnd begannen den Weg Zu Fuß zuriickzulcgen. Zwei gute Stunden hatten wir zu gehen und fanden auf der langen Strecke kein Dorf, keinen Hof, keine Kirche, foudern nur einmal eiu einsames Wegmachcrhänschcn. Davor stand in der Dämmerung die Wegmacherin, welche uns bitterlich weinend fragte, ob wir nichts von ihrem Manne wüßten, was ihm wol passirt sein müßte? Das arme Weib, dem es sonst ganz leidlich giengc, ist nämlich nicht recht bei Troste und obgleich ihr Manu jeden Nbcnd sicher nach Hause kommt, so wartet sie doch den ganzen Tag vor der Thüre auf ihn und klagt jedem Vorübergehenden ihre Angst. Seltsame Begegnung in dieser Wildnis. Nach zwei langen Stunden also kamen wir bei nächtlicher Weile im Post und Wirtshausc zn Höllenstein oder Höhlenstein sitalie nisch I^nära) an, welches einsam an der Greuze der deutschen Sprache gegen die welsche steht. Aufgenommen wurden wir in der Post so artig und liebenswürdig, wie man sich's nur immer wünschen konnte. So warm aber die Ausnahme, so kalt war die Stube im Nirtshause zu Höllenstein, Da stand zwar der Ofen vielleicht aus Kaiser Maxi milians Tagen wie eine feste Burg in der Stube — vier Manu könnten iliu kaum umspannen und keiner reichte mit der Hand an seine Zinnen: aber dieser mächtige Vulcan war uugcheizt, denu wie allenthalben in Tirol, so gönnt mau sich auch iu Hölleustcin eine warme Stube nur im Winter. Und doch zählten wir an diesem Tage schon den 19. September; da Höllenstein 1420 Meter über dem Meere liegt, fängt hier die, kalte Jahreszeit viel früher an als in Mcran oder Bozcn. Am andern Morgen war das Erste, vor die Thüre zu gehen und die Gegend zu betrachten. Diese ist eine flache Alpcnwirse, über welche der Monte Crislallo aufragt, ein Berg, der 3244 Meter hoch, von der höchsten Bedeutung und den wundersamsten Formen ist. Gestern abends sah er so leichenblass und gcspcnsterhaft aus, dass ich gar nichts von ihm sagen wollte, hellte am sonnigen Morgen stieg Drei Zinnen. cr vor uns auf, wie eine stnndenbreite Flamme, welche zu Stein geworden und über das Thal noch 1800 Meter emporragt. Unten ein schmaler Saum des dunkeln Waldes, über diesem kein (Grashalm mehr. Nur zwei schinalc Gletscher haben sich an des Felsen Veil' gelegt, ^ben züngelt er in hundert Zacken auf, in Zacken, dir alle deutbaren (Gestalten zeigen, von der breiten Znngc bis Zur spitzigen Nadel. Ucbrigcns braucht kaum gesagt zu werden, dass auf beiden Seiten des Thales noch dieselben phantastischen Dolomitreihen stehen, durch dic wir des Abends vorher hereingcwandcrt, allein hier sieht man sich wenig nach diesen um,«deuu der Monte Cristallo schlägt sie alle todt, obwol die drei Zinnen, welche lints neben ihm aufsteigen, auch sehr ansehnliche Verghäuptcr sind. Sie erheben sich bis zu 3000 Meter Höhe. Der Monte Cristallo, su unersteiglich er aussieht, ist in neuester Zeit doch schon wiederholt, aber mit grossen Fährlichteitcn erklettert worden, zum ersten Male 1865, von dem Wiener Dr. Paul (^rohmami; dieser war auch der erste, der im Jahre l,^;9 die drei Zinnen erstieg. Die Ampczzancr - Strasse führt von Höllenstein am User eines seichten, blauen Sees weiter. Es ist das ein „verlogener" See, der Dürrcnsee, welcher das Winterhalbjahr hindurch trocken liegt; erst im Frühjahre füllt sich das flache Becken wieder mit Wasser, in dem sich dann die Berge ringsum, auch der grosse Monte Cristallo, abspiegeln. Beim letzten Abendtrnnk hatte uns der Wirt zu Vandro mit besonderer Wärme den Monte Piano zu besteigen empfohlen. Erstens sei leicht hinaufzukommen und oben eine Nusficht, wie nirgends in der Welt, Nickel, der Hausknecht, ein ehrsamer Pustcrthaler, werde uns führen. Als der Morgen gekommen uud der Abschied von den trefflichen Wirtsleuten genommen war, gicngcn wir mit dem ehrsamen Nickel dahin, zuerst über eine bereifte Wiese, dann einen Nach entlang, zuletzt hinter dem Monte Cristallo hinein nnd rasch aufwärts. Der Weg wurde aber immer steiler uud beschwerlicher, so dass ich endlich meinen Reisegefährten fragte, ob er sich nicht entschließen könnte, den 74 2^16 Ampi'z;othal. Pfad nach dem Monte Piano mit Nicolaus, dem Pustcrcr, allein zu verfolgen, mich aber auf der breiten Heerstraße nach Ampczzo wandeln zu lassen. (5r billigte mein Vorhaben; wir drückten uns die Hände und gaben uns ein Stelldichein auf Nachmittag im „schwarzen Adler" zn Ampczzo. So gieng ich wieder auf die Straße hinunter und fetzte bei schönem Sonnenschein meine Wanderung fort. In einer kleinen Stunde kam ich nach Schluderbach, dem letzten deutschen Wirtshausc, welches nach seinem Gründer, der es 1836 erbaute und mit seinem Hansnamen der Schlnderbachcr hieß, zum ewigen Andenken so hcnanut ist. Es ist etwas weniger ansehnlich als jenes zu Höllenstein, wetteifert aber hinsichtlich der Bewirtung feiner Gäste mit diesem in rühmlicher Weise. Die Ampezzancr-Straße, auf der ich mich nun wieder einsam fortbewegte — denn es kam mir kein Fußgänger, kein Reiter und rein Wagen, kein Mensch und kein Vieh entgegen — diese Straße war einst fast ein Weltwunder. Jetzt, da die Ingenieure der (5isen bahnen ganz andere Schwierigkeiten überwunden haben, denkt man allerdings nicht mehr so groß von ihr, wie vor vierzig und etlichen Jahren. Bis 1830 gicngcn nämlich auf der weiten Strecke von Brixen bis Billach nur einige schlechte, im Sommer beschwerliche, im Winter gefährliche Wege nach Friaul und Venedig hinunter. Um jene Zeit aber beschloss die Staatsverwaltung, eine ssunststraße zn bauen vom Toblacher Feld bis gegen Belluno an der Picwc und übertrug die Ausführung dem Venetianer'Malvolti. Die Straße zieht in stattlicher Breite durch das öde Thal, steigt nur selteu so, dass es merklich wird, hat manche örtliche Hindernisse kunstreich überwunden und ist gegen die Wut der Wildbächc und die Gefahr der Vawincn allenthalben ausgiebig geschützt. Sie ist für dicfc Gegenden ein großer Segen geworden und hat namentlich den Wolstand von Ampczzo bedeutend gehoben. Wenn der Reifende die Art und Weife der Menschen kennen lernen will, sie aber uutcrwegs nicht trifft, so bleibt ihm nichts übrig, Der Toblachcr See. als ins Wirtshaus zu gchm. Dort findct er wenigstens den Hcrrn, die Fran odcr die Kcllncrill, die ihm cinstwcilcn als Vertreter dc3 Voltsschlagcs gcltm tonnen. Aus dicscut Ornndc tchrtc ich auch, als ich crst cine odcr zwei Stundcn über Schlnderbach hinausgctolnmm, in dcm kümmerlichen Wirtshaus zu Ospcdalc ein. Es ist das erstc welsche Haus an der Straße, von zerlumptem Aussehen. In scmcn Nänmen bewegte sich eine junge, fast elegante Dame, die Gemahlin des Hoteliers. Sie sah wirklich etwas vornehm aus; jedenfalls schien sic über ihrc bcschcidcnc Vagc hoch erhaben und ihre niedere Umgebung nicht im mindesten Zu beachten, dcnn Tische, Stühle, Fenster, Bodcn^ Wände, ihrc cigcncn linder — allcs war über die Niaßcn schmutzig. Ich nahm folgerichtig an, dass sich die Padrona auch nm dic ^tnchc nicht halb so viel zu schaffen machen dürftc, als ihre anspruchslose Collegill in Höllenstein. Osvedalc ist übrigclls cinc uraltc >incipr. Da hat schon Kaiscr Ätax gezecht, vielleicht schon vor ihm mancher andere Herschcr, und jedenfalls vor und nach ihm Vandskncehtc, Schmuggler und Wildschützen ohne Zahl. Der Name Ospcdalc, Hospital, bcdeutct ja selber schon, dass hier uor Alters cinc Pilgerhcrbcrgc gewesen. Eben so alt wie die Schenke ist das Bcthäuslein daneben, ein gothischer Bau, dcm heiligen Nieolans geweiht. Einc halbc Stundc von ^spedalc liegt die ^Iluille von Peutcl-stein in enger, wilder Gegend am gleichnamigen Passe. Das Castcll zu Pentelstein war seinerzeit als deutsche Orenzwacht gegen die Welschen ein sehr crhcblichcs Bcsttztmn. Tcine Erbauung schreibt die Sagc cincr vornehmen Frau zn, dic sich aus Rom hicher geflüchtet. Aber Name dcr Griinderil, inld Jahr der Gründung sind unbekannt. In alten Tagcn, um das Jahr 1W0 hernul, gehörte die Burg mit dcr ganzen Grafschaft Cadorc zum Bistum Frcistng (an der Isar). Im 14. Jahrhundert saß in dcr Pcstc cm dcntschcr Hcrr, Degen von Billandcrs, was bei Mansen am Eisack liegt. Ihm hatte ihrc Hut Kaiser Karl IV. verlichcn. Bald adcr fiel sie in dic Hände dcr ?6 Tils Aülp^i^lial, Benetinlier, »velche sic behielten, bis >taiser Nlax I-'»IN sic sannnt dem Ampezzaner Thal wieder fiir Tirol eroberte. Seit dieser Zcit residirte in der Burg ein tirolischer Schlosshauptmann mit Enplan, Köchin und „licht redlichen Änechten". Er war auch Statthalter von Amprzzo. Erst Baiser Josef N. hob die Schlosshauptmannschaft auf und lies; dic Bnrq mit dm Gütcm, dic dnzu qrhoiten, an cium Unterthanen verlanfen. Seitdein »crsiel fie; aber inich ini Anfange mimes Jahrhunderts stand sie mit ziemlich unversehrten Mauern hoch liben. Den Turm hat man erst vor etlichen Jahren abgetragen. Der Pass isi hier wirtlich sehr eng und wild. Unten im unsichtbaren Felsenbette stürmt der Bach dahin, die Bmta, zu beiden Seiten starren die Dolomiten cinf in allerlei Farben und Gestalten. Nachdem ill! aber nachgerade bald vier Stunden lang mutterseelenallein zwischen ihnen hingegangen und ihre stumme Gesellschaft genossen, waren sie nur fast zuwider geworden. In: Anfang überraschen sie, nachher werden sie uns glrichgiltig nnd schliesslich langweilig. Ich war zuletzt ganz gedankenlos cinhergeschlichen wie ein wandelndes Stück Dolomit, bis ich plötzlich rechts von der Straße eine Mine sah und dadurch wieder m> die Weltgeschichte, an die Menschheit nnd ihre Schicksale erinnert wurde. Etliche Mauern, etliche Turmchen, alles grau nnd verfallen, das sind die ehrwürdigen Uebcrrcstc des Edelsitzes der Herren von Zanna. Johann Viaria von Zanna war uuter Baiser Vropold I. Oberstwachtmeistcr der Vandmiliz, nährte aber dabei den heimlichen Gedauten, sich zum trafen, Herzog oder Grosihcrzog von Ampezzo aufzuwerfen; seine ^andslcnte, welche der angestammten Obrigkeit treu blieben, wustten jedoch ihm sein hochfahrendes Trachten bestens zu verleiden. Ein anderer Zannn zog Anno 1809 als Hauptmann einer Mipczzancr-Compagnie gegen die Franzosen, welche dann, als sie siegreich nach Ampezzo vorgedrungen wareu, mit anderen (Gebäuden auch diesen seinen Edelsw niederbrannten, so dass er jelzt nur noch in Ruinen sichtbar ist. Als ich aus meinem Nachdenken über dic Wandlung dcr Zeiten erwachte, waren die crsccn Häuser von Ampczzo schon hinter mir und allerlei Menschcnvolt auf der Straße, welches mit Spaten und Hacken in das Feld MW, Ich befand mich bereits mitten unter Welschen. Es waren zumeist Frauen und Mädchen, die mir entgegen kamen, etwas brauner als die Pusterthalerincn, mit etwas dunkleren Haaren, in welchen lange silberne tadeln staken; auch führten sie große silberne Ohrenschwengcl, wie sie die Italicncrinen lieben. Ich hatte gehört, dass die Ampczzaneriuen wie die Badiotincn (aus dein tirolischen Abtcithal) beim Gruß den Hut abnehmen wie die Männer und war sehr gespannt auf diese Erscheinung, aber es grüßte mich keine. Ihre Tracht ist übrigens ernst und einfach — schwarze, weiche, kleine Filzhüte, rote Halstücher, dunkelblaue Röcke und Schürzen, von denen die roten Strümpfe mächtig abstechen. Vor den Röcken und Strümpfen hätte ich aber jedenfalls noch voll den Dolomiten reden sollen. Wenn man fie auch unterwegs auf dem langen Passe zur Genüge genossen hat, hier in der Vandschaft von Ampczzo nehmen sie wieder einen neuen Aufschwung. Das sind wol die verrücktesten Vinien, die man in der Alpenwelt sehen kann. Niemand begreift, warum diese welschen Verge das löbliche Herlommen und ehrenhaft solide Aussehen ihrer deutschen Brüder so vollkommen auf gegeben, sich so absonderlich und ungebcrdig gestaltet haben. Es cr^ scheinen da, wie am Monte Cristallo, Zungen, Stangen, Spitzen, Nägel und neben diesen schmächtigen Figuren auch wieder ungeheure, dicke, schwerfällige Massen uon furchtbarer Höhe. Eine davon sieht einem Pserde mit abgehauene»! ^opfe sehr ähnlich; es ist der Z^oo äi m«22oäi — zu Deutsch dcr „Mittagsbock". Zur linken Hand steht die mächtige, zuerst 186:; von Panl Grohinann erstiegene Pyramide des Monte Äntclao, deren Spitze sich 32.'i5 Meter über das Meer erhebt, rechts dcr ungeheure Stock des Monte Tofann. Alle diese Dolomiten sind kahl, bis auf die niederen Vorbergc herab — an ihren schauerlichen Wänden scheint sich keine Aurilcl, leine Edelrautc hallen zu tönneu. 78 Tlii« Ampl,v,ott)lil. Htittcll ill diesem luärchcnhaftcn Kralize von Zacken und Zillnen blüht also das Dorf Ampczzo (1214 Mctcr), Welches die deutschen Pllsterthaler „auf der Heiden" ncnncn. Es besteht zlinächst alts einem stattlichen Kerne, der enger zusaulmengebaut an der Strasic liegt und Cortina heistt. Dort findet sich die Pfarrkirche, im vorigen Jahr Hunderte vollendet, grosi, aber ohne Merkwürdigkeiten, außer etwa einigen schönen Schnitzarbeiten. Etliche Schritte von der Kirche entfernt, Wie es italienische Weise ist, steht der neue gothische, sehr hohe Cam panilc (Glockenturm), Um die Kirche herum haben sich Dechant- nnd Schulhaus gestellt, ebenso der ansehnliche Palazzo des Bezirksgerichtes, sowie mehrere Gast- nnd Wohnhäuser, alle sehr gnt gehalten. Dieser Hmiptort und Sammelplatz der Gemeinde ist von zahlreichen kleineren Ansiedlungen umgeben. Jene, die sich gegen Aufgang gelagert haben, sitzen auf dem Gebirge, das da rasch emporsteigt, sind zum Theil in seilten Schluchten verborgen nnd fallen weniger ins ?lnge; die anderen aber gegen Abend liegen über eine weite nnd breite grüne Halde hin, welche bis an den gewaltigen Monte Tofana reicht. Die Häuser sind meist in kleinen Gruppen zusammengestellt, zwischen denen einzelne Bäume ihr Vaubdach ausbreiten. Hin und Wieder ragt ein kleiner Kirchturm hervor. Die Schindeldächer glänzen im Sonnenschein. Die Häuser sind Zwei und dreistöckig, säuberlich geweißt, mit Vaubcngängcn verziert nnd mit der reich bcfcnstcrtcn Vorderseite alle gegen den Hauptort gerichtet. Die ganze Halde sieht nngemein anmutig ans. In alten Tagen hat diese Gegend, wie schon erwähnt, mit der Grafschaft Cadorc als Zugehör des Stiftes Innichcn (an der obersten Dran) zum Vistum Freising gehört — es hat sich aber davon weder nntcr den Ampczzancrn noch nntrr den Freisingern einiges Gedächtnis erhalten. Später fiel sie, wie auch schon aligedeutet, den Vcncdigcrn, nach diesen durch.Kaiser Max wieder den Tirolern zu. Es hat hier wol einst, wie in Flcims (Thal des mittleren Nvisio), ein deutscher Schlag gewohnt, der aber allmählich still nnd langsam welsch geworden. Als kräftige, kriegerische Grmzlcutc wurden die Ampezzaner von der Landcsherschaft iunuer mit besonderem Wolwollcn behandelt und in ihren Freiheiten geachtet. Die Geinciudc war iu Rechtspflege nnd Verwaltung beinahe unabhängig von den tirolischen Obrigkeiten; erst Kaiser Josef schaffte die alten Satzungen ab und führte neue Ord nungcn ein. Aber uralte Gebräuche, namentlich bei den Hochzeiten, haben sich noch viele erhalten. Anno 1«0!) kämpften die Ampezzaner wacker mit, freilich auch nicht zu ihrem Vortheile. Dass die Franzosen damals nach Cortina vordrangen und es verbrannten, ist schon oben erzählt. Die Luft in Ampczzo ist rauh, Südfrüchte gedeihen nicht „auf der Heiden", ja nicht einmal das gewöhnliche Obst, das im Puftcr-thalr reift, und ebensowenig kommt der Mais fort; dagegen wachsen andere Dörner und Gras in Ucberfluss, uud deswegen werden Viehzucht und einträglicher Handel mit Pferden und Rindern lebhaft betrieben. Den größten Nutzen zieht die Gemeinde aus ihren Waldungen. Was ihr der Holzhandel einbringt, soll sich jährlich auf 20.000 fl. stellen, und sie ist schon deswegen unter den ländlichen Gemeinden die reichste in Tirol, Daher auch der Glanz ihrer öffentlichen Gebäude, der Gcrichtspalast und der stattliche Campanile. Dazu kommt die Durchfuhr aus dem Pusterthale, denn auch die Pustcrer schlagen ihre Wälder aus nnd entsenden ihre „Mnseln", d. h. die abgeschälten mannslangen Stämme, r>on Ampezzo auf der Boita nach Pcrarolo, wo sie von hundert Sägen zu Orcttern geschnitten werden, um dann weiter zu schwimmen nach Italien und bis nach Aegypten. Vcicht möglich, dass ein hieroglyphenkundiger Wanderer, der den Nil hinauf nach Theben fährt, auf.einem Zwerchbrctt sitzt, das im Tanfcrcr-Thal gewachsen. — Unzählige schöne Aäume in Tirol und Kärntcn sind auch dem Suez-Canal zum Opfer gefallen. Als ich in Cortina bei Herrn Ghcdina im „schwarzen Adler" einkehrte, sasien im Speisesaal zwei junge Männer beim Wem, zwei Pfarrvcrwescr, welche aus dem nahen Italien herübergekommen waren, um sich in dem gastlichen Ampezzo eine»! guten Tag anzuthun. Da 80 Tlis Änn'iV^thal. sic sehr artig grüßten, so faliden loir uns bald in »in lebhaftes Gespräch hinein. Dieses wandte sich allmählich dell Ampczzanern und ihrer Geschichte zu, wobei etlicher Schlachtenbilder in der Kirche Erwähnung geschah. Die alten Wandgemälde erklärten die geistlichen Herren aus einer sagenhaften Ueberlieferung des Thales. Am Fuße des Munte Antelao sollen in längst vergangenen Tagen Ampczzancr nnd Vongobardcn mit einander gckämpft haben. Die ersteren aber riefen die Mutter Gottes an, welche alsbald einen dichten Nebel auf die Feinde hcrabsenkte, su dass diese sich selbst nicht mehr erkannten und gegenseitig niedermetzelten. Als die Ampczzaner hierauf Zum Danke eine Kirche zn bauen gelobt, wies ihnen ihre Retterin selbst die Stelle an, indem sie in einer Sommernacht Schnee vom Himmel fallen liest, welcher Platz und Umfang des Gotteshauses genau bezeichnete, So entstand die Kirche «.11«, NHäonna äeii^ äil68Ä. In den Bildern des Gewölbes sind die kämftfcndcn Krieger dargestellt. Am 19. Jänner wird anch noch alle Jahre der Tag der Rettung gefeiert. Nährend wir diese Dinge besprachen, traten mein Reisegefährte und Nicolaus, der Pusterer, zur Thüre herein. Sie hatten die Höhe dcs Monte Piano glücklich erklommen, eine nncrmcsslichc, erhabene Aussicht über die Dolomitgebirge genossen und waren dann durch das Misurinathal wieder herunter und nach Ampezzo herausgekommen. Die geistlichen Herren nahinen nun Abschied, wäreud wir nnscrc Negc giengcn, um den Ort zu beschauen. Das Erste, was wir trafen, war wol auch das Schönste und Beste. Gegenüber dcs „schwarzen Adler" findet sich nämlich ein Nebenhans, das die Familie des Wirts bewohnt, uud auf ihm eine Neihc neuer Fresken, welche in diesem Alpelidorf um so mehr überraschen, als sie in Zeichnung und Farbe vortrefflich geraten sind. Auf den m'er Feldern, welche die Fenster begrenzen, sind vier Allegorien, Malerei, Bildhauerei, Baukunst luud Industrie, dargestellt. Alls dein linteu Eckfeld erscheint auch der Gott Mercur, als der bekannte Vertreter dcs Handels, auf dem rechten die Dichtkunst — oben ans den Medaillons schauen uns die edlen Häupter der Äcaler Rafael, Diirer illld Titian entgegen. Solche Wiederherstellung der alten Tiroler Sitte, die Hänser zn bemalen, würde dem Vandc bnld ein sehr farbenreiches Aussehen verleihen, doch sind mir nnr in der Hauptstadt Innsbruck einige neuere, anch sehr gelnngcnc Leistungen dieser Art bekannt. Der Künstler, dein wir jene Malereien verdauten, ist eigentlich ein doppelter — Äoppo lind Vois, die Söhne des Herrn Ghedma, beide haben sich der ^unst gewidmet, beide in Venedig stndirt und arbeitelt jetzt meist zusammen, Anch im Speisesanl hängen einige hübsche Bilder von ihrer Hand. Ueberhaupt wollen wir nicht unerwähnt lassen, dass die Anwohner der Boita sehr tunstsertig sind. ^n Ampczzn wurden jene Windbüchsen erfuudcn, welche man einst im österreichischen Heere einzuführen vcr-snchte. Auch aufgezeichnete Uhrmacher, Sternseher, Kunstschlosser und Zimmcrlcute werden namhaft gemacht. Die anderen Ampezzancr, die sich nicht durch irgend eine Kunst auszeichnen, gelten wenigstens für treu und redlich, verständig und fügsam. Mittlerweile war es Abend geworden und die Sonne hatte sich geneigt. Deshalb zogen wir wieder in den „schwarzen Adler", nahmen das Nachtmahl ein und giengen schlafen, um andern Morgens um fünf Uhr wieder ins Pusterthal hinauszufahren. Und zu dieser Stunde saßen wir im Postwagen mit seinen zerbrochenen Fensterscheiben; es war duntel und bitterlich talt, doch hatte uns die Kellnerin im „schwarzen Adler" wollene Decken geliehen, ill welche wir nns sorgfältig cinhülllrn. Bald fielen wir auch ill tiefen Schlummer. So tamen wir an Peutelstein, !i7spedale und Schluderbach uorüber, ohne ihrer gewahr zu werden. In Höllenstein kehrten wir ein und begrüßten den Monte Cristallo, den Wirt und seine Gattin zum lebten Male. Dann erreichten wir allmählich das Toblacher-Feld. Es war längst Tag und schon angenehm warm geworden. Was mich betrifft, so war ich etwas dolomitcnmüde nnd sreute mich herzlich, die qrünen Berge des Pusterlhnles wiederzusehen. Umlauft' Wl,„den,!!,,e„. , <'> 6. Vmfstein und UnMlmng. ^^^^s^as Vänqcnthal des Inn in ')l'ordtirol wird cm der Eintritts VFW^' und Anstrittsstclle durch Thalenqcn abgeschlossen, die zu Ä^^^ gleich 'Wendepunkte ill der Nichtuug des Flusslaufes de- zeichnen. Ans dem schweizerischen Engadin tommt der Inn dnrch die wildc Zchlncht oun Finstcrinin^ ins Tivolcrland nnd uinliltt in cincm Qnerthnlc scincn We^ dm-chs (^cbirsse, bis nntcrhal!.' Vandcck das lircitcir Vänqcnthal bcsiinut. Bcl'or rr Tirol verlässt, wendtt rr sich neuerdings nach Nordm: in dieser Richtnng bricht er dci .^nfstcin zwischen dm llordtirolischrn ,^a!üilalt alpenwall, zerrissen, von vielen engen Thälern durchfurcht und in manche Spitze ausgezackt. Der Strom, welcher zumeist in Auen unter ihm vorilberraufcht, theilt hier den Ufergrund unter Baiern und bester reich aus, indem das westliche Gestade mit seinen grünen Waldbergen Rufstein. Kufslüm >i»d Nmgclill!!^. 83 dem ersteren, das östliche dagegen, wo sich über waldigen Vorstaffeln alsbald die graue Fclswüstenei erhebt, dem lcljteren Vande zugetheilt wordeit sind. iinfstein ist deshalb allerdings der erste ^rt, den inan mittelst der Eisenbahn erreicht, aber schon lange vorher hat man, zur Vinten ans den Waggonfenstcrn schauend, auf tirolische Ortschafen, Erl, Nicderndorf, Ebbs, und in das breite Thal hineingesehen, in welchem der Walchsee eingebettet liegt. Iwes Gestade gehört nnter die an ziehendsten Gauen des Berglandes. Schone Abwechslung von Flnss Au, Wald, Wieseli und Feldern, einladende Wirtshäuser, weite Gesichtskreise machen jenes Ufer zu einem beliebten Wanderziele. Das bairischc User ist wol etwas einförmiger, besitzt aber dennoch manche herzerfreurude Partie. Die alte Feste Geroldseck, mm Mifstein geheißen, die sich ans einem steilen Felsen über dem gleichnamigen Städtchen erhebt, wird längst gesehen, bevor der Dampfwagm anhält. Bon der eigentümlichen Gestalt des Felsens rührt wol auch der Name her, denn im Munde des Tirolers lantet Uufstein nicht anders als „Kopfstein" ^topfsloa). Vom Vnhnhose gelangt man zunächst auf die Innbrückc, uon welcher sich ein Ausblick nicht nur auf den großen Strom, der jäh nnter ihr hindurchschießt, sondern auch auf das grüne Thal mit den grauen Gergen nach Nord und Süd eröffnet. Besonders auffallend gestalten sich in dem Hilde die blau dämmernden Verge ans dem halben Wege zwischen hier und Innsbrnck in der Brixlegger-Gegend, im Norden der Kaiser und die almenreichcn Grenzhöhen jenseits Nicdcrndorf, gegen Westen aber der Pcntling, der als grauer, doch oben noch mit Fichten bewachsener.Negcl sich hier ein sehr stattliches Ansehen gibt. Die uielen schönen grünen Seen, die ringsum ganz in der Nähe diese Felsen nno Wälder widerspiegeln, ahnt man nicht, wenn man auf der Brücke über dem schnellen, grünen Strome steht. Von der hübschen Bogenbrücke weg steigt man die Hauptgasse des Städtchens an und betrachtet zu beiden Seiten die stattlichen 6" 84 kujstt'in u»d u»is!cb»,ni, Häuser, vielfach von altertümlicher, aber bequenter Bauart, unter welchen diejenigen, die der Beherbergung dienen, nicht die geringsten sind. Kufftcin unterscheidet sich nach außen wie nach innen wesentlich von anderen gleichgroßen und noch viel größeren Städten. Das ^cben ist reger nud betricbsmuer, die Geselligkeit launiger, als anderswo. Die mannichfaltige, reiche, quellenfrischc Natnr, der Zuflufs von Fremden, die Leichtigkeit des Verkehres unterstiitzelt die Einwirkung, welche durch die ')l'achbarfchaft Baierns hervorgebracht wird. ^>er die Annehmlich keilen, welche das bairische Gebirge, ilnd diejenigen, welche Tirol bietet, vereint genießen und dabei nicht an eineilt einsamen 'I'rte sich ans halten will, der wähle Mufften! als Sommerfrischort. Die schönste Partie in der malerischen Nachbarschaft der Stadt dildtt unstreitig die Feste, welche mit einem dominirenden Ernste auf ihvem erhabenen Felsensitze hart am Flusse thront. Sie besteht au? vielen weitläufigen Gebäuden, darunter Kasematten, Caserncn und Bastionen; auf der obersten Bcrgtupve ragt der mächtige Xaiserturin mit vier Stockwerken empor, gegen Süden und worden in die weiteste Ferne hinansblickcnd. Die Festung hat nur einen einzigen verdeckten Zugang, so dass alle Bedürfnisse dni'ch Auszüge hinausbefördert werden müßen. Die Stadt Knfstcin blühte.zuerst nnter den bairischcn Herzogen, ihren Vandcshcrrcn, durch Handel auf. Ihre ^age machte sie bald ;ur Festung, die in den alten Zeiten Gcroldscck genannt wurde. Alier wie ihre älteste (beschichte, so ist auch der Anlass zu dieser Benennung nnaufgetlärt. Erst nnter Baiser Maximilian I. tritt sie aus dem historischen Dunkel hervor. Als im Jahre 1503 der bairischc Herzog Gcorq von Vandshut starb, stritten sich Albrecht von München, gestützt auf das bairische Hausgcsctz, und Ruprecht von der Pfalz, als Gemahl der einzigen Tochter des Abgeschiedenen, um den Besib von ^ufstein. Als Schiedsrichter trat Kaiser Maximilian ans, nahm die Burg mit Gewalt und gab sie Herzog Albrecht, dem er sie schon früher verliehen. Zum Befehlshaber ernannte er den tapfern Hano Picnzenaner, weil er auf dessen Treue als Baiern ^crtralien setzte. Dennoch übergab sic dieser, wie es heißt, gegen ein Geschenk von ^o.ooo Gulden, den Pfälzern nnd leitete uuu nin sc> eifriger die Verteidigung gegen den heranrückenden Baiser. Inzwischen war der Pfalzgraf Ruprecht, bald auch seine Gemahlin, die bei Anfachung der Kricgsflammc sich besonders thätig bewicscli hatte, gestorben; doch der Krieg endete noch nicht, Ruprecht hinterließ zwei Söhne. Um die Mitte des Monats October 1504 zog Herzog Albrecht mit Baiser Maximilian vor >tufstcin. Die Aufforderung zur Ueber gäbe verwarf Pienzenauer mit stolzen Worten. Maximilian bcschoss nuu die Festung ans ficben Feldschlangen durch den ganzen Tag- allein erfolglos, denn die dicken Mauern trotten dein ohnmächtigen (beschütze. Picnzenauer, der die Festung für unüberwindlich hielt lind auf ein ganzes Jahr mit allem Nötigen versehen war, lies; zum Höhne die von den Kugeln getroffenen Stellen mit einem Besen abkehren. Maximilian, darob höchst aufgebracht, sagte zu seiner Umgebung in bitterem Tone: „Sehet, ein neues Nittcrstücklcin; dieser >lrieg5nmnn will die Wundell der Mauern mit einem Besen heilen. Wir hoffen aber, dass aus diesem Nutenbiinde ein '^eil heraussftringcn werde, um ihm den Kopf abzuschlagen." Nun wurden auf Befehl des Kaisers die zwei Geschühstücke „Weck auf" und „Purlepaus", damals die gröstten in Deutschland, oon Innsbruck auf dem Innflussc nach Üufstcm gebracht, und der Kaiser feuerte sie selbst gegen die Festung ab. Diese verfehlten die beabsichtigte Wirkling nicht. Das an fünf Meter dicke Gemäuer der Feste wankte, stürzte zusammen, und mit diesem auch der Nebermut und der Mut des Commandanten. Er sandte nun zwei Edelknaben in weißen Kleidern in das kaiserliche Vager und ließ seine Bereitwilligkeit zur Uebergabe gegen freien Abzug melden. Der Baiser aber erwiderte diesen: „So will euer Hnuptmann nun endlich den Besen weglegen, mit dem er un5 zuvor gehöhnt? —> Geht hin und sagt ihm: Wir begehren mit einem solchen Spottuogcl keinen Vertrag einzugehen. Hat er das schöne Schloss also zerschießen lassen, so mag er jcht auch, so 86 Kuss!,'!» mid llm,^'lni!ui, lang cr kann, die Trümmer behalten," Nachdem die Gesandten weg gegangen waren, erklärte Maximilian im Zorne, keinen Mann um, der Besatzung zu schonen. Er schwur sogar, einem jeden, der es wagen würdc, um Gnade zu lütten, mit einer Maulschelle zu autwortcn. Die Belagerer erstiegen nun die Walle, erbeuteten nebst anderen großen Vorräten einen Schatz von 30.000 Gulden und führten die Gefangenen in das Vager des Kaisers bei der Zellcrburg aus dem linken ^un ufcr. Alle wurden zum Tode durcb das Schwert verurtheilt. Der erste der Vorgeführten war der Hauptmann Hans Pienzenauer, ein hoher schöner Mann von 36 Jahren. Zluf Begehren erhielt er eiuen Trunk Wein, nno sein Haupt fiel. Zehn andere theilten das gleiche Vos. Da näherte sich, dieses blutigen Schauspieles satt, der Herzog Erich von Braunschweig dem Baiser und bat um Gnade für die Uebrigcn. Maximilian berührte sanft des Herzogs Wange, um den Schwur zu lösen, und sprach: „Vasst sie laufen!" — An der Stätte, wo die Vcichname begraben wurden, erbaute man in der Folge eine Capcllc, welche die Baiern im ^ahre 1703 zerstörtet,. Indessen heisst der Baucrnhos an, linlen ^uumer, wo ehemals die Eapellc stand, heute noch der „Hof zu den Aiulifen" (zu den Eilfen). Von jetzt an blicb Maximilian im Besitze Kufstcins und befestigte die auf dein Felsen liegende Festuug uoch mehr, besonders durch Anlegung einer Cistcrue. Das zweite geschichtlich merkwürdige Ereignis, das sich an die Feste Kufstein knüpft, fällt in das Jahr 1708. Es war die Zeit des spanischen Erbfolgekrieges. Nutt-r dm Bewerbern um deu erledigten Thron befand sich bekanntlich auch der damalige Kurfürst Max Emanucl von Baicrn. Dem >iaifer Veopold I. hatte er gegen die Türken in Ungarn und gegen die Franzosen iu Italien uud am Nhein die trefflichsten Dienste geleistet; jetzt aber bewaffnete er sich, von den Franzosen unermüdlich aufgereizt, gegen Oesterreich, das sich mit Frankreich in: Kriege um das spanische Erbe befand, Der erste Angriff geschah auf Tirol und zwar am 17. Juni des gedachten Jahres so überraschend, dass die österreichische Verwaltung kaum eine Ahnuug davou hatte. folglich in Tirol auch leine Berteidigungsmaßregeln getroffen waren. In wenigen Stunden stand cin Hccr von 9000 Baiern nnd 2500 Franzosen vor Misstein. Der Stadt-Comniandaut Peter t^raf von Wollenstem liesi sogleich dir Porstadt anzünden, vermutlich lim dem Feinde das Vordringen zu erschweren; allein wahrend des Brandes wendete sich der Wind, lmd es wurde nicht mir die ganze Stadt ein geäschert, sondern auch die Festung vom Feiler ergriffen. Die Kanonen brannten los, und ein reich gefülltes Pulvermagazin flog in die ^uft. Nun war es den Baieru ein Veichtcs, des Platzes Meisler zu werden, den sie auch am 19. Iuui besetzten; doch dald darauf wurde dir Feste wieder von den Oestcrreichcrn erobert. ^eim Ausbruchc des Tiroler Aufstandes vom Jahre i«Mi war die Festung >iufstcin von den Baiern besetzt uud auch der einzige Punkt im ^andc, auf dem diese sich bis all das Ende unuuterbrochcn behaupteten. Zwar wurden wiederholt Versuche zur Eroberung der Festung gemacht, aber immer erfolglos; es mangelte das grobe (beschütz. Die Bauern hatten meist nur aus Holz gebohrte Mmourn, die mit Eisenreifen beschlagen waren lind nach wenig Schüssen zersprangen. Indessen hatte man in Innsbruck bairische Kanonen erobert und benüyte sie nun vor >tufstein. Die Schützen-Majore Sieberer und Speckbacher postirten eine Schützenabtheilung anf die Zellerbnrg mit zwei Geschütz' stücken von geringem Kaliber, mit welchen die Festung — allein ohne Wirkung — beschossen wurde. Eine andere Schntzeunuppr lagerte anf der Hochwacht, einer hohen steilen Felsruwand am Stndtberge. Anf den höchsten Puntt derselben, welcher wegen seiner überragenden Höhe die Festung volltommen beherscht, hatte die rüstige Mannschaft drei Kanonen von sechspfündigem Kaliber hiuaufgcschleppt und am 2A., 24. und 25. April daraus die Frstuug mit glühenden Kugeln beschossen. Diese Schüsse uud jene aus zwei Doppelraten'*) trafen, trotz der *) Starke, 1^ bis 2 Meter laii^e Fl-ucrssl'wrhl'c, welche auf rim'm Gestelle ruhend, bis '/^ Kilogr. Blei schossm. 88 ,'lIlfsN'i» I!»d U»!l1l'lNN!>1, Schusswcitc von etioa 950 Hcetern, so gut, das^ damit l'ilnge Hcann von do»' Besamung gctodtet nlld das innerhalb dor Festungswerke aufgehäufte Brennholz in Brand gesteckt wurde, wodurch große Verwirrung unter der Vcfal^ung entstand. Die Fortseyung dieser Beschießnng hätte der Feslling wirklich gefährlich lvcrdcll könnrn. Allein eine feindliche Bombe fiel, in den ebcn anbekommenen Pulvervorrat der Belagerer, der hiednreh ill die Vnft aufgienq. Son,it nahm auch dli<' beschießen der Festung wegen Pnwermangels ein Vnde. Im Juni rückte Graf d'Esquille mit :M) Hiann ^csterreichern oor die Festung nnd 1000 Mann Vandesschiil>en unter Zieberer und Spcckbacher nnterstiihtcn ihn. In der -)iacht ooni 27. Juni bcgmm unin eine Batterie aufzuführen für sieben größere Kanonen, die von Innslirnck hätten tonnnen sollen, aber nicht tamen. Indessen wurde die Festung enge eingeschlossm. Die Garnison hatte mele tränte und litt Niangel an Vebensuntteln nl,l> Arzneien. Ein aui ^. Inli' versllchter Ansfall nnirde zurückgewiesen, Mehrere Nächte hindurch beobachtete man das ^-euer von (Granaten, welche schnurgerade über der Festung in bedeutender Höhe zerplmzten. I», Folge dieser Notschüssc riicktc ant 5. Juli Morgens die ganze Division Deroy an. Der Posten an der 5lieferbrücke unter dem Innsbrucker Hauptmann Ttuffer wurde geworfen nnd das rechte nnd linte Iunufer niit Nebermacht angegriffen, ^l'ach tapferer (Gegenwehr zog sich Major lieberer, nm nicht in die bei einem Ausfalle der Festungs Garmson unvermeidliche (Gefangenschaft zu geraten, fechtend gegen den Thicrscc-Vcrg zuriick. Der Feind hatte zwar seinen Zweck erreicht, allein mit dem Verluste mehrerer braver Offieicrc. Die Nacht benülK- er mit Ueberbringnng von Vebensmittcln und mit Wegfchiffung der kranken. Am folgenden Äiorgen war dieses Hilfscorps alich scho» iiber die (Grenze zurückgezogen ulid die Festung von den ^esterreichern nnd Tirolern wieder eingeschlossen. — Der Versuch, die Innbrücke abzubrenueu, sowie durch Anzündeu einiger Hänser in der Tlad-t bei heftigem Winde die Flammen in die Fcstnng hinaufzutreiben, mislana. gälizlich. Inzwischen war während dieser Blotadc Spcckbaö)cr uncrnlüdct thätig, auf andere Art dem Feinde Schaden znznfügen. To zerstörte er mit der größteli Allstrengnng die Wege, um künftig die Zufuhr von Vebcnsbcdürfniffen für dic Fcstnlig unmöglich zu machen. So führte er dm kecken Gedanken aus, die nm Innflusse unmittelbar unter dein Schlos^berge befestigten cilf bairischcn Transportschiffe abzulösen und deu Wellen preiszugeben. Dieses an sich höchst beschwerliche Wagestück ward selbst theilweise unter dem Feuer des feindlichen (Geschützes zu Stande gebracht. In Folge des Znaimer Waffenstillstandes zog alles österreichische Militär aus dem Vande; folglich mußte die Blokadc von >tufstein aufgehoben werden. Mit der Ueliergabe Tirols an Oesterreich 1^14 ward auch diese Festung iibergebcn. Seither ist die kriegerische Fähigkeit Kufstcins nicht mehr in Allspruch genommeu worden; es diente vorzugsweise als Staatsgefällguis. Anch der Niinber Nosza Tandor war dort verwahrt. Mit diesen geschichtlichen Erinnerungen wollen wir om, den Bollwerken Kufstcins scheiden lind treten eine Fusnvandernug durch die Auen an, welche sich von der Stadt auf dein lmken Innufer südwest wärts gegen Vangtalnpfen hiltziehen, Hier sließen viele braune Aioor-wasscr zwischen Gestrüpp, welche ein niederländisches Bild zusammen-seyen würden, wenn die Durchblicke auf die Berge nicht wären. Die Stege, die über die leise wallenden Wasser führen, in welche» lange, grüne Algenfäden als bewegliche Nasen dein Znge der Flnt auf und abschwebend zu folgen scheinen, die schönen Baumgrnppeu, die Hecken, an denen saftige Wolfsmilch wuchert, der graue Pentling und an seinem Fns; das weis?e Vangtampfen: dao sind die Tcenerien dieser An. In ihr, dem AbHange der Berge entlang, slehen ver schicdcm weiße Häuser, wie man sie nirgends sauberer findet, als im Unter-Innthale. Mitten durch die An fließt der Iun lind zieht sich der Schienenweg. Hier ist für diesen eine stattliche Brücke gebaut, deren weiße Pfeiler sich in ruhiger Wallung spiegeln, neben nns aber lispeln 90 >!unl,'iu Uüd U,!,!il'bu,!N, nnbcdcutendc Wellen gegen die Quadern, niit denen uuni deu räuberischen ^auf des Flusses seitlich beschränkt hat. Hier steht dichtes Erlcngestrüpp, dort Eichen, Hier schreitet man an einer mit duftigen Gräsern gefüllten Hcuhütte vorüber, dort bleibt dem Fußwandcrrr, der sich pfadlos durch die An bewegt, nichts anderes übrig, ,ils die Schuhe abzuliehmen nnd eines der lauen Moorwässer zu durchwaten, wenn er nicht weit seitwärts abschweifen lind die Au verlassen will, Mitten in der Au hört man das Gcränsch der Zimmerleute, die am Ufer ein Schiff zusammenstellen; oder man sieht dnrch eine Vichnmg des Gebüsches auf den Strom hinans, ans welchem eben ein «nächtiges Floß abwärts treibt; oder man vernimmt das Blöteu von Nindern, die ans den grasigen Gründe», durch Qncrzäunr von einander abgesperrt, im Angcsichtc der eiligen Wellen weiden. Iemehr man sich Ober Vanglampfru, in dessen Mhr ein >iahn zur Uebcrfnhr nach >tirchbühel bereit steht, näbm desto mehr verliert die An den Ausdruck der Wildheit, Mitunter demerit man schon Maisfcldcr zwischen den Erlen mid bald schaut der we!i, schwarzen Grauwackenschiefer im „Vangen Grund", don .^chrtnnnel in der Windan nnd erblicken die Hohe Salvo, welche sich iuit ihrem Kirchlcin imnler nnd immev wieder in den Gesichtskreis hercindrängt. An der stattlichen zwcitürmigen, grünbedachten Kirche von Vrixen, welche als eine der ältesten im Mizen Imtthalc ^ilt, vorüber gelangt man znm Dorfe Kirchbcrq und sodann bald zn den Mooren, in welchen der Schwarzsce liegt. Hier raqt als verborgene Pyramide das Kitz-bücheler Horn empor, es erscheinen weiße Hänser vor dunklen Fichten, der graue Baiser vielzackig zerrissen nnd endlich das altertümliche ^itzbnchcl, dem man vor allen Tiroler Orten die Bezeichnung eincr „Waldstadt" geben möchte. Trol) seiner stattlichen Bauten und rühmlichen Wirtshäuser besitzt .WMchel seinen Hanvtvorzng in den hcrlichen Forsten, in dem unabsehbaren Grün, von welchem es anf allen Seiten umgeben wird. Wen Waldhauch genesen machen tann, der suche getrost die Stadt an der grünen Nchc auf, die gegenüber den hohen Tauern von den Schieferbergen herabtommt und sich in den prächtigen, blancn Chicmscc ergießt. 3>cr ßglockncr. 7. Der OroMockner. lein Berg in nnscrcn österreichischen Alpen übt auf den Wanderer einen so unwiderstehlichen Reiz ans, wie der Gws^locknev. Ernst nnd erhaben thront er in Mitte der "2^^W ihn nmstarrmdm Eiswelt, kühn, einer feinzugespitzten Nadel ähnlich, erhebt er sein stolzes Haupt gegen Himmel. Nnd mnß er auch dm Nuhm, der höchste Berg unseres Vaterlandes zu sein, dem i7rtler einräumen, so erreicht ihn dieser doch nimmermehr an Schönheit der Formen uud an unbeschränkter Rundschau; der letztere wird in nicht gar weiter Ferne von den Ketten der Hcrninagruppe überragt, während jener, der nunmschränttc Behcrscher der Bänder rings uiuher, in ewiger Majestät hcrabblickt auf die zahllosen Aera.cZ- häupter, die sich alle in Demut vor ihn: beugen. Als ich ein kleiner zehnjähriger ,^nade, so erzählt der zu früh verstorbene gründliche Kenner der Olocknergruppe, >tarl Hofiuailli, zum ersten Male die Spitze eines Berges betrat, als oom Gipfel des Wendelstein'") oie Pracht der Alpenwelt zum ersten Male sich vor meinem Auge entrollte, da wnrde mir aus dem Kranze der schimmernden Eisfelder, die mächtig im Süden sich emportürmten, die schlanke Spitze des Gros^ gloetncro gezeigt. „O, wenn ich doch jemals da hinaufsteigen dürfte!" das war der sehnlichste Wunsch, den ich seit jenem Tage hegte. Nasch *) iu den bmnschen Kalkalpen, nordwestlich von Kufstcm. 94 L,'r «Hros^locl^'r, stolen die Jahre vorüber, mir innuer größerer Starte wuchs mir im Herzen die Vi.cbc zu den chrwiirdigcn Domen der Natur. Das waren dic schönsten Augenblick' meines Vcbcns, wenn ich auf schwindelnder Höhe stand, wenn sich ins Endlose die Bcrgeswellen vor mir auszudehnen schienen. Und immer wieder suchte ich dann in dem Gewimmel, das mich umgab, den Niesen zu entdecken, der mir so tiefe Ehrfurcht eingeflößt. Unzählige Male hatte ich schon aus unnahbarer Ferne ihn angestaunt, da endlich lam die Zeit, wo ich ihn näher lennen sollte, wo ich die Wunder alle schauen durfte, die er in seinen Tiefen birgt. Noch war ich nicht zwanzig Jahre alt, als ich zum ersten Male das Ziel meiner Sehnsucht erreichte, zum ersten Male den glitzernden Scheitel des Großglockners betrat. Damals war der ^ergriese schon oft bestiegen worden, der liis zum Ende des vorigen Jahrhunderts für miersteiglich gegolten. Dem cdcln Fürsten Salm, Fürstbischof'von Gurt, lommt das erste Verdienst zu, nicht nur zur Ersteigung des Großglockncrs angeregt und dieselbe ermöglicht, sondern auch in der That die erste Besteigung mit Aus dauer versucht und glücklich vollführt zu haben, Verschiedene Versuche von Seiten Einheimischer, die Spitze von Osten, von dem Pastcrzen gletscher aus zu erreichen, waren gescheitert, nun sollte dieselbe ^uon Südosten, vom Veiterthale aus, in Angriff genommen werden. Im Frühjahre 1799 lies; Salm am Rande des Veitcrgletschcrs eine Hütte — dic „Salmshüttc" auf der „Salmshöhe" — erbauen, wozu das Holz ans bedeutender Entfernung herbeigeschleppt werden mußte. Von hier ans unternahmen am 15».Juni und JA.,Juli l799 drei Männer Bcsteigungs versuche, welche aber durch heftige Schneegestöber vereitelt wurden. Wenige Wochen später (18. August) unternahm Fürst Salm selbst in Begleitung von :'>() Personen die Ersteigung, als aber die Gesellschaft am 19. morgens von der Salmshühe aufbrechen wollte, wütete ein so heftiger Sturm, dass an ein Vorwärtsbringen nicht zu denten war. Obwol Salm vier Tage auf der Salmshöhe ausharrte und einmal den Versnch machte, wenigstens den i>lamm zu erttimmen, war doch alles vergeblich. Wind und Schnee nötigten die Gesellschaft, Ulwerrichtctcr Dinge nach Heiligen-blut zurückzutchren, Aber schon am 24. August wurde bei heiterem Wetter wieder aufgebrochen und am folgenden Tage um 12 Uhr mittags erreichte Salm mit seiner Reisegesellschaft die erste Spitze des Meinen Glöckner und pflanzte dort ein eisernes ttreuz auf. Damals glaubte man schon den höchsten Gipfel erreicht zu haben; zur Erinnerung an diese Glocknerfahrt wurde sogar eine eigene Dentmünze geprägt. Im folgenden Jahre lies; Salm auf dem Olocknerkammc zwei Hütten aus Stein errichten und nannte den Plab der ersten „Hohen warte" und den der zweiten höher gelegenen „Adlrrsruhe". Inzwischen veranstaltete Salm weitere Glocknerfahrten, und am 29. Juli 1800 wurde zum ersten Male von zwei Bauern die höchste Spitze erreicht, auf derselben ein Meuz aufgepflanzt und ein Kasten hinterlegt, in den, sich ein Barometer und ein Thermometer befanden. In demselben Jahre wurde die höchste Spike noch zweimal erstiegen. Die beiden kreuze wurdeu van Bliven zerschmettert, die Hütten, die Salm errichten ließ, sind vom Sturm, 3chu^ u»d vorrückenden Gletschern zerstört. Wenn aber auch alle Zeichen, die im Ansauge dieses Jahrhunderts durch die Sorgfalt des Fürsten Salm auf dem Glockner errichtet worden, nun verfchwuuden find, so müßen wir doch noch immer die Thatlraft und den Opfermut dieses Mannes bewuudrrn, der die größten Mühen nnd dosten nicht scheute, der Wissenschaft einen Dienst zu erweisen. Sein Name wird nie vergessen werden, so lange noch der Grosiglockncr auf die Scharen der Reifenden seine Anziehungstraft übt, so lange es noch Menschen gibt, die der prächtigen Spitze ihre Bewunderung entgegentragm! Durch sieben Jahrzehnte blieb Heiligeudlut im Möllthale der Ort, von dem aus der Glockner bestiegen wurde. Dies geschah bis zum Jahre ittt>i etwa achtzigmal. Unter den Besteigcrn seien Veopold von Buch, Schanbach, Agassiz, Erzherzog Johann, James Kordes, der berühmte Glctscherforscher, die Brüder Schlagintweit und >tarl voll Sontlar genannt. 96 ' Tcr ^rosiqlDttii«. Seit dem Jahre 1861 gilt das Tiroler Dorf >tals iin Süd. Westen des Großglockncrs als jcucr Qrt, von dein ans der Bcrgriese ain besten erstiegen wird. Namentlich seit I. Stüdl anf der Vanit-scharte eine Hütte erbauen nnd einen nenen Weg anf den Grostglockner herstellen ließ, wodnrch die gefährliche Passage iiber den Kleinglocknrr nnd die Glocknerschartc vermieden ivird, hat die ^ahl der Glöckner-fahrten rafch zugellomiuen; denn die Besteigung des Großglockners von Kais ans ist näher, interessanter lind weit billiger als von der Kärntner Seite. Im Jahre 186A erreichte der berühmte Nordpol fahrer Julius Payer, 1«65 Erzherzog Rainer uon der Tiroler Seite die Spitze des Großglockncrs. Anch ich nahm auf lneinen drei Glöckner-fahrten meinen Weg von >ials aus. Es war am l>. September 1867, als ich mit Mei Münchner Freunden, den Herreu A. Solbrig und P. Wiedeninann, aus dem Stubachthal, das oom Ober^Pinzgau fich gegen den hohen Tanerntamm zieht, iiber den Stubnch-Kalser Tauern nach Mls wanderte, um von hier aus meine erste Glockncrfahrt anzutreten. Doch nicht fo fchnell, als wir dachten, sollte unser vorhaben gelingen. Am 10. Scptculbcr waren wir bis zur letzten Hütte des Mdnitzthnlcs gewandert, welches gegen den Glöckner hineinführt; während der Nacht aber trat Regen und Schnee ein, wir mußten am folgenden Tage mit herabgestimmlen Hoffnungel, nach -^als zurückkehren. Vergebens warteten wir auf günstiges Wetter, aber schwere Wolteumassen umdüstcrtcn den Horizont, nnfercr Geduld wurdeu immer härtere Proben auferlegt. Wir dachten bereits ernstlich daran, nnfcrm ^icblingsplan für dieses Jahr unausgeführt zu lassen; da endlich, am 12. September, schien eine günstige Wendung eintreten zu wollen. Ein frifcher Tcmcrnwind hatte sich erhoben, eilig zerstreute er die unheimlichen Ncbelballen und fegte die an den umliegenden Bergen uoch anklebenden Wolken lustig hinweg. Schnell wurden ici^t alle Vorbereitungen getroffen, verschiedene martialische Gestalten, die Führer für nnscrc projeetirte Partie, versammelten sich am Nachmittag im Gastzimmer, Stricke nnd Steigeisen wurdm geprüft, Wein ill große bannen gefiillt, drr nutznnehincnde Proviant ausgesucht, und so brachen wir denn endlich, sieben Köpfe start, nämlich wir drei und dic Führer Josef Tchncll Josef Kcrer, Rupert und Peter Grober, am Nachmittag um 3 Uhr auf, begleitet von dcu Glückwünschen der freundlichen Wirtslcutc und vieler Dorfbewohner, die uns beim Abschied in herzlichster Weise ein gutes Gelingen der Fahrt prophezeiten. Von Kals weg marschirtcn wir zuerst östlich am Bcrgcrbache aufwärts. Nach etwa anderthalb Stunden zweigte sich unser Weg nördlich ab in das Ködnitzthal, während der Hauptwcg, die bisherige Richtung beibehaltend, über das Bergcrthö'rl nach Hciligcnblut führt. Ueberraschend war es, als wir furz nach dem Einbiegen in das .Wdnihthal den Großglocknrr erblickten, der sich furchtbar steil und wild über dem Ködniygletschcr erhob. Um 6 Uhr abends erreichten wir die ^uckncrhütte, die oberste Hütte des Thales; diese war unser Ziel für dcu heutigen Tag. Die Vnft war rein und mild, so dass wir trotz der bedeutenden Höhe von ungefähr 2200 Metern im Freien uns lagern konnten. Ein prächtiges Bild breitete sich vor uns aus. Zu uusercn Füßen in der Tiefe liegt das viclgcwnndenc Wdnitzthal, eingeschlossen zur Vinken und Rechten von der Vangwand und Freiwand, von denen besonders die letztere durch ihren fast 950 Nieter hohen steilen Abfall einen imposanten Anblick gewährt. Vor allem aber zog unsere Aufmerksamkeit der Großglockncr anf sich, der wenige Schritte ober der Hütte sichtbar war; genau untersuchten wir mit dem Fernrohre den morgen einzuschlagenden Weg. Die zunehmende Abcndtühlc trieb uns endlich in dic Hütte zurück, wo unsere Führer ein großes Feuer angezündet hatten, um unser Abendessen zu bereiten. Bald saßen wir alle um den Herd herum, in abenteuerliche Gruppen eingetheilt. Fröhlich floss uns die Zeit dahin, es wurde gelacht und gcsuugcu. Um 9 Uhr dachten wir daran, ein wenig zn schlafen; so krochen wir denn alle zusammen in einen neben der Hütte stehenden Hcuschupfen, um für den folgenden Tag 9^l Tl'r «^Vl'si^I^clnlr, neue Kräfte zu sammeln. Aber nur kurz war dic Ruhe; scholl nach zwei Stunden wurden >vir von den Führern wieder geweckt, iudrm wir, begünstigt vom hellen Vollmondlichte, möglichst bald anflnrchen wollten. Das Wetter war herlich. Nein nl,d wolkenlos dehnte sich das Firniauient ober uns aus, liur vou Zeit zu Zeit gaukelte gespenstisch ein leichtes Wölkchen mn die Spitze des (Glöckners. Nasch wurde uu» uliser Friihstück grliossrn, wenige Minuten nach 12 Uhr verließen wir die Hütte. Unser Weg führte nns an der linken Teile des >tödnil.'baches auswärts. Der guten Mondbrlruchtung hatten wir es zu danken, dass wir schon nach einer Etnnde auf dem ,>to'dm!.'gletscher standen, während sonst diese 3trecke, wenn sie mit Hilse r>on Vaternrn zurückgelegt N'erden nins:. immer einen größeren Aufwand mm Zeit und Mühe verlangt. Nach einer Pmise von einer Viertelstunde waren dir Tleigeisrn unter unseren Füßen befestigt und wir alle in ^wischenraumen von etwa ^ Metern au einem starteu Teile angebunden. Voran schritt Tchnell, der Hauptführer der ganzen Partie, und dann kam immer zwischen zwei Führern je einer von nns. Noch ein lebendes Wesen befand sich in unserer Nähr: Tchnell'5 Hund, der, im klettern fast ebenso geübt wie sein Herr, ruhig und bedächtig nrbrn dem lri.ttcrrn herlief. Msch girng es aufwärts, die Wltr zwang zu eiligem Schritte. Der >todnil>gletscher war an manchen Ttellen stark zerklüftet, so dass uns oft Tpalteu, mehrere Meter breit und unabsehbar tief, cntgcgen-gähnten. Mit bewunderungswürdiger Ticherhcit verfolgte Hchncll feinen Weg durch diesem Vabyrinth. Kleincrc Klüfte wurden übersprungen, größere umgangen; besonders als wir später dir Ostseite des Glrtschers verließen und mehr in der Mitte desselben vordrangen, legten wir in kurzer Zeit eine bedeutende Strecke zurück. Nach 2 Ttundeu waren wir an der letzten steilen Erhebung des Gletschers angelangt. Vou da an girng es etwas langsamer, denn die Steigung wird hier ziemlich bedeutend. Doch waren die Schwierigkeiten dadurch vermindert, das5 die abschüssige Fläche vou einer dicken Vage Schnees bedeckt war, in der wir immer gntrn Stand finden konnten. Der Profil,!ock,l!>r, 99 Nach einer halben Stunde Ivarei! wir am obersten Nandc des Gletschers angelangt, etwa 60 steter unterhalb der 'Adlershöhe, die hier in ciuer schroffen, brüchigen Wand abstürzt. Tief griffen die Zacken der Stcigrisen in die lose Schieferhülle ein: unter unseren Füßen losten sich cine Menge von gröfteren nnd tirilieren Feldstücken los und sausten iu rasender Eile iiber den (Gletscher hinab. Schon nach wenigen Minuten hatten wir die .'ldlcrsruhe on hier aus der OUockner an,^uschaue>l, der lwr un^ iu scharf zngesftil)ter >tante cmporraqt- er sah schrcckcncrregcnd genug ans, und nicht ohne ein gewisses Bangen schweiften meine Blicke von Zeit zu Zeit hinauf zu dem gewaltigen Riesen, Das Wetter war so günstig wie möglich, Die anfangs ucr eiuzelt anftauchcnoen Nedelliallen waren vollständig verschwunden, nicht das tleiusle Wöltchm war am weiten Horizont zu entdecken, herlich strahlte der Vollmond sein glänzendes Vicht auf uns herab, ein zauder Haftes Glitzern und Schimmern der uns umgebenden Eiswelt hervor rufend und mit fahlem Vichte die fernen Bcrgcstctten übergießend. Und ihm entgegen tauchten im Ostcn die ersten lichten Streifen cmpor, von Minute M Minntc gewannen sie rasch an Ausdehnung. Es war ein Bild von uubeschrcidoarer Schönheit und ^iroßartigtcit. Es war 4 Uhr 25 Minuten. Hier wurde nun alles überflüssige, Gepäck untcr der ^bhut von Schnell's 'Hund Mückgelassen; nur das Allernotweudigste: Plaid, Fernrohr, Vandlarten und etwas Wein wurde mitgenommen. Dic ersten 200 Meter geht cs noch leicht uud ohne Gefahr aufwärts: von da all beginnen crsi die eigentlichen Schwierigkeiten der Ersteigung, die oft so sehr übertrieben, oft aber auch so unbedeutend und gering geschildert werden. Die Wahrheit liegt auch hier, wie so 100 Ter GvnMoclner. häufig im menschlichen Leben, in der goldenen Mitte. Es ist nicht zu leugnen, dass diese letzte Strecke anstrengend und gefährlich ist, doch so furchtbar und grauenerregend sind die Hindernisse nicht, wie sie oft geschildert werden. Die Neigung des von der Spitze hcraliziehcndcn Eismantrls, der nur mit eiucr dünnen ^agc von weichem Schnee bedeckt war, nimmt jetzt wieder zu und erreicht schlichlich den starten Abfallswiutel von 47 Grad. Hier nun gicngcn zwei von den Führern voraus und hieben mittelst ihrer Beile Stufen in das Eis, uugefähr 6 bis 6 Centimeter tief. Der hicdurch hervorgerufene Aufenthalt wnr peinlich genug; da wir uämlich, wenn wir etwa fiiuf oder sechs dieser Stufen hinan-gestiegen waren, immer wieder warten mußten, bis die nächsten fertig waren, so hatten wir vollauf Gelegenheit, nicht nur durch den schneidend kalten Wind an Händen und Füßen zu erstarren, soudcrn auch durch das Hinabblicken über den rechts uud linksseitigen äußerst steilen Absturz gcgcu dic Pasterzc und den ^odnitzglctschcr, die 1250, beziehungsweise 950 Nieter unter uns fich ausdehnten, eine nicht gerade unterhaltende Schwindclftrobc zu bestehen. War mm dieses langsame Vordringen mit Mühen und Unannehmlichkeiten verbunden, so gestattete es anderseits auch als Belohnung manchen entzückend schönen Blick auf dcu von Seluudc zu Sekunde heller und deutlicher hervortretenden östlichen Horizont, der in einem überaus lieblichen Farbcnsfticl prangte üu Gegensatz zu dem noch in fahle Schatten gehüllten Westen, wo der Vollmond gerade hinter den Bergen verschwand, seine Hcrschaft einem erhabeneren Vichtc abzutreten. Vangsam gieng es aufwärts: immerfort wandten wir die Blicke gegen Ostcu, wo wir jeden Moment dae> Emportauchen der Souue erwarteten. Da plötzlich, als wir laum mehr 10 bis 12 Meter unterhalb des Klcinglockners waren, flammte die vor uns liegende Spike in glühendem Rot auf; wenige Sekunden darnach trafen auch uns die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne. Unwillkürlich jubelten wir laut auf, jeder suchte sein Staunen uud sein Entzücken dem audcren mitzutheilen. Es war cm imposautes Bild, voll Pracht und Hcrlichteit. ')ca6> wenigen Minuten hatten rings um uns die ehrwürdigen Bergricscn ihren schiunucrnden Hermelin mit einem zauberhaften Purpur vertauscht, während tief unten im Möllthale noch die schweren Schatten der Dämmerung ausgebreitet lagcn^ Und stahlblan, fast schwarz, wölbte sich ober uns das Firmament, den Uebergang von der lebhaften Glnt des Ostens zu dem duuteln Grau des Westens vermittelnd. Wein sollte nicht beim Anblick eines so wunderschönen Bildes die Brust schwellen vor Wonne und Seligkeit. Nach kurzem Aufenthalte ssieng es die letzte Strecke hinan, nach wenigen Minuten waren wir auf dem 5tlcinglockner angelangt. Es war 5» Uhr 25 Minuten, wir hatten von der Mlcrsruhc bis hieher 1 Stunde uud 5> Minuten gebraucht. Der Mcinglockncr wird wol mit Necht nicht als selbständiger Berg, sondern als die niedrigere unter jenen beiden Spitzen betrachtet, welche die höchste Erhebung des Glöckners dildeu. Er besteht aus eiuem gegen die Pasterze zu überhängenden Schneegrat, aus welchem vier Höcker sich erheben. Dieser Grat musi an dein gegen den Ködnitz-gletscher sich herabsenkcnden Absturz überschritten werden. Die auf der anderen Seite befindliche Schncewechte war so dünn, dass der Bergstock bei festem Einstoßen zu wiederholten Malen durchbrach und wir durch die so gebildete Oesfmmg hindurch aus den tief uuter uns sich ausbreitenden Pasterzcngletscher hinabblicken tonnten. Vorsicht ist an diesem Orte sehr notwendig, denn ein Altsgleiten oder Fallen tonnte hier unter Umständen nicht nnr für den Einzelnen, sondern für die ganze Gcfellschaft verderblich werden. Doch ist bei sicherem, schwindelfreiem Tritt teinc Gefahr vorhanden, zumal da man am Seile befestigt ist und sich immerfort unter der Obhut der starten Führer weiß. Wir waren jeht am letzten Theile unserer Ausgabe augclangt, der gewöhnlich als das Schwierigste der ganzen Ersteigung geschildert wird: Abstieg vom Aringlockncr zur Scharte, Ucberschreitcn derselben und Emporklimmen anf die jenseitige höchste Spitze. 102 '5«' («riMwctuor. Vs war wol dm außerordentlich günstigen Wittcrungsvcrhältnissen des Jahres 18^7 zuzuschreiben, wo die starte Hitze iui Juli und August große Schnee und Eismassen zunt Abschuielzen gebracht hatte, dass diese Strecke beiweitetit lticht so beschwerlich war, als sie sonst von vielen Glockner Ersteigern getroffen wurde. So konnten wir beim Hrrabtlettern voin ,^leinglockner zur scharte, wo früher oft eilte äußerst steile Eiswand überwunden werden mußte, an dein festen (Gestein, das überall für Hände und Füße sichere 'Anlialtspuntte darbot, ohlie große Mühe uns herablassen, so dass wir schon nach wenigen Minuten auf der Scharte standen. Auch diese, welche aus angewehtem Schnee besteht und nach den verschiedenen Jahren eine verschiedene Gestalt hat, bald höher, bald tiefer, bald so schmal wie ein Messerrücken zulaufend, bald wieder etwa? breiter ist, war dieomal außerordentlich gut zu passireu; sie besaß eine breite von durchschnittlich '/; bis '/2 Nieter. Nur an einer einzigen Stelle war sie so schmal, dass man tauin die beiden Füße neben einander ausseben tonnte. Die Vänge derselben, die so verschiedenartig angegeben, in nbertriebeltster Weise sogar auf 56 Meter geschätzt wurde, beträgt in WirNichteit tamu 10 Meter. Führer Schnell war vorangegangen uud ebnete den Weg, indent cr mit dein Fuße nach rechts und lints den Schnee abstieß und breit trat. Am jenseitigen Ende der Scharte aligelangt, fasste er festes Posw, und nun mnßtcn wir, während das Seil hüben nnd drüben von den Führern stramm gehalten wurde, die Hauptproben unserer .^»nslfertigteil ablegen. Nnhigen und sicheret» Schrittes hatten wir die scharte überwunden und jetzt befanden wir un5 am Fuße des zweiten Gipfels, der sich hier anfangs furchtbar steil erhebt, dann aber weilig geneigt zmn höchsten Puntte emporsteigt. Mit Hilfe der Führer, die an allen schwierigen Stellen mit Ziehen und Schieben uus uuterstützten, wurde auch diese letzte Strecke rasch und glücklich zurückgelegt uud um 5> Uhr 50 Minuten standet! wir auf der Tpitze, 37W Meter hoch über dem adriatischen Meere. Wir hatten sonach bis hierher volt der Vnckncrhütte 5^ Stunden, vom Klringlockner aus 25 Minuten gebraucht. ?«' Gl'lls!ssloa»!'l, ' 103 Erfüllt war mm jener Viedlingswunsch, der so oft schon in Gcdanten mich hatte vorauseilen lassen auf die wultderschone Spitze, aber alle Phantasie war llicht im Stande gewesen, mir eilt so inaje-statisches Nundgemälde vorzuzaltbern. wie es jetzt in Wirklichkeit vor meinen klugen sich entrollte. Wer fühlt sich nicht freier und erhabelier als dir übrigen Älensche», w^nn rr anf dcni (^ipftt cinc^ Borges steht und vor sich in mü'Mcnztl'r Fcrnc Oottcs hcrlichr Natur ansgrbrcitct sicht? Und wic viel schömr ist es dann, wmn jcncr Ber^ die höchste Zinne rinqs uinher, der alleilliqc Beherschrr dcr zu seilien Fiisieli sich ausdehnenden Vänder ist! Da herauf dringt nicht Falschheit nnd Hass, nicht Eigennutz lind Zwietracht, da ist alles kleinliche Streben und Treiden verschwunden uud all' die ^in^e, die den Menschen da drunten Kummer und Sorge verursachen; nur ein (^edante, der der staunenden Bewunderung, füllt unser Herz. Der Gesammteindrnel' ist ,^u lolossal, als dass er mit Worten deschrieden werden liwutr. Vine so überwältigende Fnlle von Pracht und Grosiartigteit lässt sich wol fühlen, in unserer Erinnerung tonnen wir immer wieder die Genüsse durchleben, die uns da öden qelwteu waren, nie aln-r lassen sich dieselben durch eine schwache ^-eder beschreiben. Auch die begeistertste Schildernng bliebe weit hinter der Wirklichkeit zurück! Doch nur selten wird uns auf Erden ein volMmimen ungetrübtes Gluck Mheil, meist wird eiu Herder Tropfen drin Freudentelche beigemischt sein. So herschte auch au, heutigen Tage auf der Spitze cm so furchtbarer Sturm, da/,u eine so heftige >tälte, dass wir auf dem höchsten Punlte selbst nur wenige Minuten auszuharren vermochten; wir sahen uns gezwungen, einige Meter unterhalb der Spi^e uns zu lagern, wo wir gegen den '^ind am besten geschützt waren uud wo auch die Uältc durch die immer mehr an ,^raft gewinnendeil Sonnenstrahlen bald gemindert wurde. Da fühlten wir uns denn nach und nach ganz behaglich, um so mehr, da wir alle drei trotz der bedeutenden Höhe von der sogenannten Bergkrankheit: Nebelkeiten, Erbrechen, Atmungsbcfchwcrden, "Anwandlung von Schwindel n. s, f., sowie von 104 Dc'r ("rosinloa»«'. Augmschlucrzen, die sonst in Folge des Schnccglanzcs leicht eilitreieli, vollständig verschont geblieben waren. Nach und nach suchten wir uns jetzt in dem Gewimmel der uns umgebeuden ^erge zu orieutireu. Valldkarteli und Fernrohr wnrdeu zur Haud genommen, um Alles möglichst genau zu durchforschen. Was zunächst uusere Spiye selbst betrifft, so >var dieselbe zllr Zeit unserer Ersteigung fast ganz schneefrei, eine Folge der warmen Sommer monate des Jahres 1^67. Der eigentliche Gipfel ist so schmal, dass kaum sechs Personen neben einander bequem Platz finden tonnen: er fällt gegen Osten 1400 Meter hoch außerordentlich steil gegru die Pastete ab — fast cdmso steil 1100 Meter hoch gegen Tilden zum Mdnitzgletschrr. Gegen Norden senkt er sich in jähen, mmahbaren Fclsal'stiirzen zur Glockncrwand. Fast direct gegcil ^iiden, mit geringer Ncignng gcgel, Westen, zieht sich zwischen dem Ködnitzglctscher m,d dem Teischnil.'glrtschcr ein steiler Frlsengrat hinab, derselbe, über welchen jcht der ncne Glockucrweg allgelegt ist. Auf dem (Gipfel selbst ist nur noch ein kleines Andeuten an jene Vorrichtungen erhalten, die hier Fürst ^alm vor mehrcml Jahrzehnten treffen lieft: eine etwa cinen Meter hohe Pyramide aus Eisenstäben, durch welche ehemals das 5lreuZ festgehalten wurde. Wcuden wir Mt uusere Ausmerlsamkeit auf das Entferntere, auf die großartige Rundschau, die sich vor uns ausdehnt. Unmittelbar zu unserm Füßen gegen Südosteu, Osten und worden liegt der schön geformte Pastcrzenglctscker, der in groben mächtigen Wellen vom Taucrnhaupttamm gegen das Möllthal heruu'derflnttt. Mit Hilfe des Fernrohres louutru wir die Zpalten und einzelnen Theile der Moränen wol ertennen. Unterhalb des Pasterzeuglrtschers, gegen Tüdostru, liegt das Mollthal, aus dclu gar freundlich Heiligeublut initseinem schlanken Kirchturm hcraufblickt; dieses und Stanischta, cine Ortschaft im >talser^ thalc, silid die eiuzigeu beN'ohntcn Punlle, die man von uusereiu erhabe»icll Throne aus deutlich erkennen taun. Weiter gegen Süden steigt über dem Veiter und ^ödmbthal die Schob er gruppe aus, aus welcher Der Grolisslockncr. 105 besonders das Pclzeck und der Hochschobcr hervortreten. Weiter gegen ^iordwcsten »nid Westen umgeben uns dic uicr zum Dorferthale herabziehenden Gletscher: Ködnitz, Tcischnitz-, Frusnil)- und ^aperwitz-gletschcr, die häufig unter dem gemeiusmucn Xiamen ktalsertecs zusammcngrfasst werden. Gegen ^iordwcsten senkt sich der Glöckner-kämm über die Glocknerwand, die sich durch ihren wilden Absturz sowol gegen den Tcischnitzgletscher wie gegen die Pastete auszeichnet, zum Romaric'wandkopf hinab: levterer Gipfel verbirgt uns den weiteren Bcrlcms des GlucknertnlUlucs zum Schncrwinlellopf. Uud jcl^t sind wir im Norden wieder beim Iohannisbcrg angelangt, re>n wu aus die Pastcrze ihre eisigen Fluteit hcrabschirbt gegen das Äiiöllthal. Den schönsten Anblick in unserer näheren Umgebung gewährt uns jedoch das Große Wies bach Horn, das lühn inid tn-chig im Nordoften sich emporbant,, umgeben von mächtigen ?lachbarn. W scheint allein nnter den zahllosen Spitzen, die nns rings umringen, ebenbürtig lieben dem Glockner auftreten zn tonnen. (5s sollen nun anch die Grenzen der Fernsicht, soweit ich sie mit Bestimmtheit erkennen konnte, angegeben werden. Im Süden erhebe» sich die Berge des vcnetianischen Gebietes, zur Rechten einen Blick ans die in Dunst gehüllte oberitalicnischc Ebene gestattend. Da die mathematische Anssichtsweite bei einer Höhe von ^<)l> Metern 220 Kilometer beträgt, so muß von der Spike des Grosiglockners das adriatische Meer in einer ^änge von etwa s>0 Kilometern sichtbar sein. Aber so sehr ich mich auch anstrengte, mit Hilfe meines ^ern rohrcs das Gesuchte aufzufinden, so konnte ich doch nichts mit Bestimmtheit entdecken. Wol sah ich einen hellen Streifen in jener Richtung, ob aber dies der Spiegel der Mna gewesen, vermag ich nicht zn entscheiden. Einen herlichen Anblick gewähren die weiter gegen Südwesten gelegenen Kalkalpen, welche wie Türme so starr und jäh sich erheben; lmter ihnen zeichnen sich die schneebedeckte Vcdretta Marmolada und der Monte Cristallo durch Höhe und Schönheit der Formen aus. Den interessantesten Theil der gesammten Fernsicht bilden jedoch im Südwcsten mid Westen die mächtigen Eisgcbirge: Adamcllostock zur linken, !i7rt1crgruppc zur Rechten des prächtigen Hochgall, des Culminationspnnttes der bedeutendsiel, unter den Nebengrnpucn der Hohen Tallern, der Riesrnfernergnippe, ')l0ch wcitrr l^'gcn rechts rcihm sich dlNliu di>,' lisil^cn (^ofildc dc^ ^rvthalrs, während nichr in dm ^ordcrqruiid fvrtcud dic Tpitzm der Zillcrthalcr- nud dcr ^eul'dl^er Grllppe oniporsteigen. Wenden nnr >!N'5 ge^en Nurdwcsten nnd ')iurden, so erlilicten nur, über uli^ihliqe ^ergeomellen hinwcq-schauend, die schwäbisch Zairische Ebene. Bon den zwischen ihr lind nnscrem Gipfel sich anobreitendm Bcrsszüqen treten besonders Imithalcr, Wetterslei» nnd Kaiscrqcbirqc mächtiq hcruor, init ihren qrmien inassi^en Wällen die vorliMndcu Pinzgancr Berge weit über ragend. ,^nr Rechten neben dem >tmsergcbirge war der ^fticgcl des Chicmsee5 N'ol '^n nnterscheiden. Ani äußersten Horizont, die Ailt'sicht gcgcu Norden schließend, entdeckeli wir in weiter Ferne über der dunstigen (5'brne die Donanhöhen nud den ^ahmcrwald, die kanm mcrtlich bon der weitqedehntm Fläche abstechen, Zwischen diesen und den Bergen nördlich des Sal.^achthalcs setzt sich der mächtige Zug der ,^all'alpm weiter gegen ^sten fort Min Fclsniassi0 de^ ^erchtcs-gadner Vandcs. In dieser Niehtnng lag eil! kleiner ^'ebelstreifen; es war dies das einzige verdeckte Fleckchen Erde von den dreitansend Qnadratmeilen, die sich vor nns ansbreitcten. Oestlich vom Gclnrgs-stuck des ^erchtesgadner Vandes fällt der Knltalpmzng znm Talzachthal ab nnd seht sich dann über das Tännengebirgc zur Dachsteingrnpftc fort, welch' letztere die höchste Erhebung der nördlichen ttaltalvcn ausweist. Die fernsten (^ren^en im ^sten sind der Tchneeberg bei Wien nnd das Veithagebirge an der (Grenze von Oesterreich und Uugarn, Mher heran treten an uns in dicfer Richtung die Ranriser-uud die Gastcincr^Gruftpc, aus welchen Antogcl nnd Huchnarr weit^iiber ihre Nachbarn emporsteigen. -)loch schweift das Auge übcr die vielen Höhelizüge ^ärntens und TteirrmarW, wo besonders die Tor ("roWlod'm'r. 107 Karawanten mächtig emporragen, Terglou und Hcallgart als die bedeutendsten Gipfel ill der Richtung über die Adlrrsruhc sich erheben, mid jetzt sind wir wieder an der Gruppe des Hochschobcrs angelangt, von wo alls mit der Beschreibung begonnen wurde. Aus den gellanllteli fernsten Anssichtspnllkten: oberitalienische Ebene iin Tilden, Ortlergrllppe im Westell, Böhmerwald inl ')corden nnd Veithagcbirge iin Osten lässt sich leicht erkennen, wie nmfallgreich lliid grosiartig das Panorania ist, das die Tpitze des Großglockncrs nns bietet. Es ist in Wahrheit fast des Unermcfslichcn zu viel; unwillkürlich, wenn das Ma,c über Tausende nnd abermals Tansrnde von (Äpfeln qesäiweift ist, wenn es die erhabenen Bergriesen bewundert und anMamit, die uns fast schnnriss nnd ehrfurchtenrssend in ihrer starrel» Wildheit umringen, wenn es über die weiten Schnee und Eismassen geblickt, die sich zu unsren /Men anobreitrll, so tehrt es immer wieder znrüet zu dem einzigen Pnntte. der frcllndlich nnd herzerquickend zn uns cinporschalit, zu dem lieblicheil Heiligenblnt, dessen schimlnerndc Hänschcn mit der ill ihrer Mitte sich erhebenden Kirche nns daran erinnern, dass noch nicht Alles ringsumher in ewigen Tod und nimmer zu erweckende Starrheit versunten ist. Wir waren mm schm, übcr zwei Stnndcn auf dem Gipfel. Die Kältc war nicht mehr so bedeutend wie bei unserer Autmift, auch der Wind hatte fast ganz aufgehört. Doch in den westlichen Eisgefilden begannen bereits kleine Wollchen aus den tiefer liegenden Thalmulden emporzntauchen. To dachten wir denu an den Anfbruch, wenn auch äußerst ungern, um wieder hinabzusteigen zu den übrigen Menschen, über welche wir uns in diefen Ttunden so unendlich erhaben gednntt hatten. ^)l0ch wurde dem Glöckner ein freudiges Hoch gebracht, nnd icht standen wir wieder in Neih und Glied zwischen nnseren Führern, am Seile befestigt, und sendeten einen letzten Abschiedsblick hinab von der schönen Spitze, die nns so herlichen Geuuss verschafft hatte. Es war gerade « Uhr. Borsichtig gieng es hinab über die oben beschriebene Wand, indem jeder Einzelne von uus von den Führern 108 Der Orosigluckix-r, über dic böse Stelle Hinabgclassen wurde. Vangsam, aber sicheren Trittes passirten wir dann die Scharte, in wenigen Minuten darauf hatten wir wieder den >tleinglockner erreicht. Nun stieben wir anfangs behutsam über die bei unserem Heraufweg cingchauenen Stufen hinab, indem wir bei jedem Schritte mit dem Absähe fest in dieselben einstiegen. Später jedoch trat eine etwas schnelle Beförderungsart ein, indem wir auf den Bergstock gestuft mit großer Schnelligkeit über die glatte Fläche hinabführen. 5<> Minuten nach ^ Uhr standen wir wieder auf dcr Adlersrnhc, wo Schnell's Hund laut bellend nns cntgcgensprang nnd mit allen möglichen Liebkosungen seinen Herrn begrüßte. Hier nun wurde eine größere Nast gemacht nnd dem mitgenommenen Proviant alle (5hre erwiesen- wir lomtten nns jetzt ganz gemütlich Zeit lassen zu dem Reste unseres Tagewerkes. VonderAdlersruhc ans schlugen wir den Weg über die Hohenwart-schartc nnd den Veitcrgletschcr ein, nm nach Heiligenblnt hinabzukommen. ')loch war der etwas beschwerliche Abstieg oon der Scharte zum genannten Gletscher zurückzulegen nud der letztere selbst, der jedoch wedcr eine starte Neigung, noch eine bedeutende Zerklüftung aufweist, zu überschreiten. Wenn wir diese Strecke anch nicht so bequem passirten, wie Fürst Salm, dcr sich aus einem Schlitten über den Vcitcrglctschcr hinabziehen ließ, so kamen wir doch gleichfalls ohne große Anstrengung an der Erdmoräne des letzteren an. Rasch war dieselbe überklettert, nm 9 Uhr :w Minuten hatten wir die Salmshöhe erreicht. Das Scil wnrdc nun zusammengerollt, die Steigeisen, die wir seit mehr als acht Stunden nicht von den Füßen gebracht, fanden in dcr Kraxe eines Führers ihren Platz. Hier uerließ uus anch Führer Schnell, dessen wir ictzt nicht mehr weiter bedurften; zwei uon den Führern waren bereits von der Adlcrsruhc ans auf dem nächsten Wege nach Kals zurückgekehrt, so dass nur nun mit Rupert Grober allein unserm Marsch nach Hciligenblut fortsetzten. Um 11 Uhr 15 Minuten langten wir bei den elenden Hütten der ^eiteralpc an. Nach tnrzer Rast gicng es weiter über den ^tatzensteig hinab, der sich auf der linken Seite Der cnroMockner. 109 des Baches manchmal hoch über der Thalsohle cm abschüssigen Abhängen hinzieht und manche unangenehme Passage darbietet. Tief unter uns ranscht der Veiterbach, oft an 60 bis 90 Nieter unterhalb des Steiges. Obwol es schon Ende der warmen Witterung war, so war er doch noch an manchen Stellen brückenartig von schmutzigen Schnecmasscn bedeckt, den Ueberresten der hier in reichlichem Maße alljährlich niedergehenden Lawinen. Der Weg von der Lciteralpe bis Heiligcnblut ist ziemlich eintönig; nur der Gößnitzfall bietet einen interessanten, doch keineswegs hervorragend schönen Anblick. Um 2 Uhr 15 Minuten langten wir am Ziele an, freuudlich begrüßt von den im Gasthause anwesenden Touristen, die uns seit dem frühen Morgen mit dem Fernrohre verfolgt hatten. Die ganze Partie war ohne den mindesten Unfall abgelaufen, wir fühlten uns keineswegs überanstrengt, so dass wir an: folgenden Tag den weiten Marsch von Hciligenblut über den großen Zirtnitzgletschcr, das Rauriser Goldbergwert und den Verwaltcrsteig ins Nassfcld und nach Gastein zurücklegen konnten. 8. Dax Malnitzthal. au schönen und merkwürdigen Partien so reiche Moll D^^l^ thai, welchem uoll der Dran gegen ^tordwestcn zmn^maje ^l^^ statischen Großglockner hinallfilhrt, hat zahlreiche cl'cnso i^MVÄ^ ^'l^'nswerte Seitenthäler, unter denen die nördlichen gleich dem Hanptthale znmGrat der Hohen Tauern geleiten, wie das Malnitz^, Fragantcr nnd ZirtmMhal, llnter diesen Seitenthälern ist das der Malnitz das größte; indem es sich iu zlrei Arme ästet, bietet es zwei Wege iil'er die Hohen Tauern ins jenseitige (>'asteincrthal dar: den Malnitzer und den Hoch oder >lorntanern. Bis ^bcr Bcllach streicht das untere Möllthal nach ^lurdwest; an der Stelle, wo die tiefer ins Hauptthal führende Straße nach Westen umbiegt, öffnet sich rechts das Malnitzthai, das von dem Malnitzliache seinen Namen erhielt. Den Einganq zum Malnitzthale bewacht die alte Burg Groppcn-stein. Eine Viertelstunde ».wn Ober Bcliach entfernt, sehen wir sie dort, wo über den Malnitzbach eine Brücke führt, znr rechten Seite der Strasir auf einem Glimmerschiefer-Felsen thronen; bei 100 Meter hoch steigen dessen sentrechtc Wände über den Wellen des Wildbachcs empor, der seinen Fnß rauschend umfließt lind bald darauf gegen Süden in die Müll sich ergießt. Die Zeit der Gründung nnd die Schicksale dieser Feste bis zum Jahre 1271 liegen in unenthülltem Dnntcl. Erst uon jenen: Jahre Dcr Iechucrfall i>n ^'laluitzthal. an liegen llrtuudcn vor, welche uns benachrichtigen, dass bis zum Jahre 1466 die Familie dcr Groppensteinrr iiu Beside dieser Burg war. Käufe, Schenlungen, Stiftungen uud Zeugenschaftcn ^ das siud die Berichte, welche wir mis einem Zeitraum von zwei Jahrhunderten von dm verschiedenen Gliedern dieser Familie kennen lernen, ,'lrm, wie ihre Zeit, waren auch ihre Thaten, ^'ach dem Erlöschen der Groppcn steiner gieng der Besitz dieser Burg durch ttauf oder Erbschaft wechselnd an verschiedene Familien über, bis im Jahre 169:; die Freiherren von Sternbach Groppenstein täuflich an sich brachten, das sie noch hrnte besitzen. Großentheils noch wol erhaltet,, ja selbst bewohnt in ihren Räumen, ist die Burg wett, naher besichtigt zu werden. Der Weg, der zu ihr emporführt, beginnt hart an der Malnitzbrücke und ist durch aus in den Ttein gehauen. Der Felsen, auf dem die Burg sich erhebt, steht blos; an der Westseite mit dem Bergabhange in Verbindung; hier befindet sich die einzige Eingangspforte in der hohen, dicken und mit Schießscharten versehenen ^iingumner, von der die Hauptgebäude der ^urg eingeschlossen sind. Vm,g5 der ganzen Perbindung derselben mit dem Berge läuft ein tiefer Graben, der noch vor 80 Jahren mit Wasser gefüllt gewesen fein soll. Ueber denselben führt eine Ärückc in den Schlosshof. Das Schloss selbst bildet ein längliches Viereck von zwei oberen Stockwerten. Die unteren Abtheilungen siud sämmtlich aus dem Felsen gehauen und im besten Zustande. 'M'rlwin'diger jedoch als das Schloss ist der vor demselben stehende Turm, erbaul im regelmäßigen Geviert, Er hat die bedeutende Höhe von 56 Metern und die Mauern desselben sind 2 Nieter dick. Vom Boden bis zu einer Höhe von 15 Nietern ist er ganz gefchlosscn und stand erst in jener Höhe durch einen Gang niit dem Schlöffe in Verbindung. Von dieser Eintrittsstelle in den Turm, die gegenwärtig nur mittelst einer hohen Vriter zu erreichen ist, theilt sich der innere Nnnm in zwei Stockwerte abwärts, deren Böden bereits eingestürzt sind und in fünf geräumige Elagen aufwärts, die durch steinerne Treppen in Vcrbindnng standen. 112 Taö MalniNhiil. Einige Schritte nördlich vom Schlosse ist ein Standpunkt, vorzüglich geeignet für dic Betrachtung eines höchst interessanten Schauspieles. Hoch überragend umschließt dort das schwarze Gestein mit schauerlich nächtlicher Dämmerung die brausenden Gewässer der Malnitz, die hier einen prachtvollen Absturz, den sogenannten Zechn er fall, bildet. Wir lehren nun von Groppcnstcin auf die Straße zurück, die gegen Norden in das stille Thal der Malnih führt. Ans der Tiefe znr Linken hören nur das wilde Tosen des Malnitzbaches, dessen prächtigen Fall wir eben von der Höhe ans bewunderten; zugleich scheu wir an derselben Seite über die beinahe lahle Fläche des Berg-abhangcs eine Qnelle lans bedeutender Höhe hcrabricseln, die wie ein Silberband an ihr hängt, bis sie in den Wellen der Malnitz sich verliert. Kaum sind wir eine Wegstunde von Ober-Vcllach entfernt, und schon trägt Alles, was das Auge erblickt, den Charakter der Alpen-natnr, des Alpenlebens. Die Hütten der Menschen stehen vereinzelt auf den vcrfchiedeuen Bcrgeshohcn, und rings um sie herum dic Wiesen und Felder, die der Fleis? der Bewohner nur mühsam dem widerstrebenden Boden abgewinnen tonnte. Nichts ist hier eben; überall Abhang nnd Gefahr bringender Abfall. Das ganze Bild winde nngemein lieblich seil,, wenn nicht die rückwärts gcgcu Osten fich auftürmenden Alpengipfel ihm einen feierlichen Ernst verleihen würden. Besonders reizend ist der Anblick desselben auf der Brücke zu Vassach, die über den wilden Dösenbach gespannt ist. Nichts taun überraschender für den Wanderer sein, als wenn er im langsamen Fortgange seiner Reise und nach etwas beschwerlichem Anstiege endlich die Höhe des Nabisch erreicht. Das Ungeahnte steht hier, wie mit einem Schlage hingezaubert, vor seinem entzückten Auge. Das niedlichste Alpenthal, durchschlängelt von der Malniy, deren Ufer Erlcngebüschc umsäumen; hie und da zwischen Wiesen nnd Aeckern in malerischer Lage die Wohnungen der Menschen, und im Hintergründe das freundliche Vrchlcin mit den fich anschmiegenden Hütten, während zur Rechten, zur Vinten und rückwärts mächtige Berge in die Wolten Da« Malxiytynl, 113 sich erheben. Das Alles zusammengenommen nist mit eiucmmale das ErstalNlcu uud die Bcwunderuug des Wanderers hervor; und das sind die Züge des Gciuäldcs, in wclchcm uns das reizende Dorf Malnitz, von dieser Seite betrachtet, erscheint. Das Liebliche ist hier mit dein Großartigen in wunderbarster Harmonie verbunden. Doch nur allzu turz dauern in dieser Gegend die Tage des frcndigcn, ungestörten Genusses. Mum drei Monate blüht sie im saftigen Grün ihres üppigen Alpenschmuckes, und schon kommen, früher als irgend anderswo, die Vorboten des feindlichen Winters, breiten ihr kaltes Tuch über diese reizenden Fluren, machen das Veben unter ihm erstarren, und nur erst der wiederkehrende Strahl der heißeren Sonne des Sommers vermag die Natur an dieser Stelle aus ihrem Todcsschlummcr zu wecken. Und selbst diese wenigen Monate sind nicht frei von plötzlichem, oft furchtbaren« Wechsel der Witterung. Die Hohen Taucrn, die wir rechts und links im Hintergründe mm Malnitz hcrabblickcn sehen, sind mit ihren Schnee und Eisfeldern die Erzeuger und Spender fortdauernder Gefahren. Von ihnen herab heult der Sturm, durchschaucrt daS friedliche Thal mit schneidender Kälte selbst in der Mitte des Sommers und lässt als zerstörenden Zeugen seiner Wut oft Schnee und Hagel auf den spärlichen Acckcrn seiner Bewohner zurück. Ucbcrglücklich mögen sie sich fühlen, wmu sic die Saat, die sie anfangs Mai der Erde anvertraut hatten, schon Ende August als gereifte Frucht in die Scheune bringen können. Wenn wir so dastehen auf der Höhe des Rabisch, tief unter uns zur Rechten das dumpfe Brausen des Vachcs hören, der hier zwischen enger Felscuschlucht gewaltsam Bahn sich bricht, und das ganze Thal, welches er ruhig und sanft durchzieht, mit einem Blick umfaffcn, fo mögen wir uns wol selbst versucht fühlen, der allgemeinen Sage Glauben zu schenken, dass dasselbe einst ein Ecc gewesen. Die allenthalben umherliegenden großen Fclstrümmer lassen wol anf einen mächtigen Bergsturz schließen, der in ungekanntcn Zeiten hier stattgefunden haben mag, und dessen großartige Stnrzmasscn die Gewalt uINll! uj <: Wanbrru,,^,,. 8 114 Düö Mnl,nhU,ll>, des gehemmten Baches nur im langsamen Gange dcr Jahrhunderte zu durchbrechen verluochtc. Winterwcizen, Mais und Hcidctorn werden hier nicht gebaut, vortrefflich hingegeu gedeiht die Hüualayagcrstc, und auch allc gewöhnlichen Küchengewächse kommen gut fort, besonders der Blumenkohl. Außer der Kirsche, die aber erst sehr spät zur Reife gelangt, trägt diese Gegend kein anderes Obst. Eines nur hat das Malnitzthal im vorzüglichen Grade! seine Alpentriften. Sie gewähren die beste Weide und das vortrefflichste Futter für Hornvieh und Pferde. Dcr Wolgcruch der Pflanzen und ihre stärkende Kraft behagen diesen Thieren so sehr, dass besonders die Pferde, wenn sie auf das Flachland kommen, oft nur nach mehrtägigem Hunger dahingebracht werden tonnen, anderes Heu zu genießen. Die Bewohner der Malnitz zeichnen sich durch einen frommen, christlichen Sinn, Fleiß und Genügsamkeit vor allen Mollthalern aus. Ein Zögling der Natur, furchtlos unter ihren Schrecken, einfach, kraftvoll und gut, wie sie, verlebt dcr hiesige Gebirgsbewohner den größeren Theil seines Bebens in anhaltender Einsamkeit, während des Sonnners mit seiner Herde in den hohen Alpcnflurcn vereinzelt, während des Winters mit seiner Familie in der kleinen, oft tief verschneiten Hütte. Er hat kaum Ahnung vom Dasein jener künstlichen ^cbensbcqucmlichkcit und der verwickelten Verhältnisse außerhalb seines Thales. Er weiß von keinen: Unterschied der Stände; dcr Mensch gilt hier, was er in und durch sich selber ist. Wir treten nun in das Dorf Malnih selbst und stehen hier am Zusammenflusse zweier Gebirgsbächc. Der eine, von dem die ganze Gegend den Namen trägt, führt iu nordwestlicher Richtung in das sogenannte Nassfeld, wo er entspringt; der andere, der Scebach, fließt im weiten Bogen von Ost gegen West aus dem ^assacherWinkel, den das Säulcck, die Hochalpeu, die ungeheuern Gletschcr-masseu des großen und kleinen Elcud und an der äußersten Grenze dcr riesige Aukogel umstehen. Wir wenden uns ihm entgegen. D«6 Malnitzthal. 115> Heilige Schauer erfüllen die Brust desjenigen, der hin' einsam wandelt imnitten dcr erhabensten Natur während ihres gchcimnisuollcn Schweigens! Jede Nückerinnerung an das Verlassene erlischt in seinem Innern, ihn erfasst die Allgewalt dcr Gegenwart. Staunend blickt er hinan zu jenen ehrwürdigen ÄergeZhäuptcrn, die mit nie lächelndem Ernste zum Himmel ausstreben. Doch nicht die Gestaltung der Gcbirgsformen allein ist es, die uns hier interessiren darf, auch ein merkwürdiges Denkmal vergangener Zeiten macht uns diese Gegend wichtig. Es ist der sogenannte Heiden-weg über den Korntauern, offenbar ein Wert der Tauristcr, der Urbcwohncr jener Gebirge. Der Korn oder Hochtancru liegt westlich oom Antogel. Seine Höhe beträgt 2478 Meter. Bou Malnitz bis an seinen Fuß gelangt, man durch das Staftiftthal in einer Stunde. Hier liegt der kleine, sogenannte schwarze oder Malnitzcr-Sce, reich an Forellen und köstlichen Salblingen. Die Gegend selbst heißt der Secbodcn und bietet eine der gemächlichsten Gemsjagdm des Gebirges. Nahe am See setzt man über eine Brücke und steht am Fuße des Hochtaucrn. Hier beginnt dcr Hcidcnwcg oder auch >dcr alte Saumschlag, wie man ihn nennt, obgleich in dieser tieferen Waldregion noch keine Spuren einer künstlichen Straßenanlage Zu entdecken sind. Erst auf den Alpcnwcidm über ihr zeigen sich mehrere Neste eines sanft ansteigenden, mit Rasen überwachsenen, etwa 1 Meter breiten Weges. Unbczwcifelte Denkmale dcr Römcrstraße finden sich jedoch in dem Gerölle uutcr den Schein-brcttern, einem steilen, ausgezackten Fclsenklamm, dcr einen großen Theil des Grates dieses Taucru ciuuimint. Hier gewahrt man schon beträchtlich lauge Strecken, die, im Zickzack sanft sich erhebend, zwischen den wiltz aufgetürmten Felsblöckcn unter den schroffen Wänden der Scharte, dem Ucbergangsplmktc ins Salzburgischc, entgegenführen. Dcr Weg ist da stellenweise mit bis Zu 1 Nieter hohen Mauern gegcu die Tiefe unterbaut, meistens 2 Mctcr brcit, mit tafelförmig sich blätternden Steinplatten gepflastert und mit feinem Grase überwachsen. 8" 116 Das Mllliükthal. Die vorübergegangenen Jahrhunderte haben an diesem Menschenwerke zahlreiche Verwüstungen angestellt, so dass man an vielen Stellen keine Spur mehr von demselben cutdccken tmm. Auf der lnrntnerischm Seite, beiläufig eine halbe Stunde unter dem Ucbergangs-punkte, befindet sich in einem Bassin von Granitfclscn der sogenannte kleine Tancrnscc, dessen Oberfläche zum Theile mit ewigem Eise bedeckt ist. Von diesem münden gcgeu den Bcrgabhang zwei natürliche Canälc. Ueber einen derselben geht die alte Straße mittelst eines gepflasterten Weges; der andere hingegen konnte auf diese Art nicht geschlossen werden, weil sonst die Gewässer des Sees keinen Abfluss gehabt nnd somit die Straße gewaltsam durchbrochen haben würden. Hier geht sie nur durch die Tiefe nnter das Eis und tommt jenseits wieder zn Tage. Bon da zieht sie um einen felsigen Hügel in sanften Windungen der Scharte zu und kommt auf salzburgischen Boden. Von da abwärts senkt sie sich in die Tiefe des AnlaufthalcS und vereinigt sich endlich mit dem Wege, der von hier über Backstein hinaus in das breite Thal von Gastcin führt. Auch aus salzlmrgischcr Seite ist dieser Nömerweg an vielen Stellen nicht nur erkennbar, sondern im ^tahr^) des Todten stein mit einer mehr als mannshohen Schutzmaucr gegen die Tiefe unterbaut. Die Bergbanlust der vergangenen Jahrhunderte veranlasste im Möllthalc, besonders zu Zeiten der Römer, einen häufigen Verkehr. Daraus lässt sich mit vieler Wahrscheinlichkeit erklären, wie diese, die durch die Hindernisse der Natur sich durchaus nicht abschrecken ließen, wo es galt, einen wichtigen Zweck zn erreichen, es notwendig finden tonnten, diesen beschwerlichen Weg über ein so hohes, unwirtbnres Alpenjoch anzulegen. Auch noch in späterer Zeit scheint dieser Saumwcg häufig benutzt worden zu fein, besonders damals, wo der Handel zwischen Mrnten nnd Salzburg noch bedeutend war. Da zogen ganze Karawanen ') Kahr (telt.) d. i. Felsschlucht; krssclfürmM Erwcitcnmss im ol'rrstrn Theile eines Thalrs. Da« Malnihtlial. 117 beladener Pferde durch Ober-Vcllach, wo noch jetzt eine Gasse, in der man sich sammelte, die „Samgassc" heißt. Ale« aber der Warcntransport andere, minder beschwerliche Straßen gefunden hatte, hörte anch die häufige Benützung dieses Weges allmählich auf, nnd nur Einzelne vertrauen sich und ihr Gut seinen Gefahren, selten jedoch im Sonnner, sondern meistens nur im Winter, wo Eis lind festgefrorcner Schnee den ganzen Gebirgsabhang mit einer glatten Fläche überziehen. Da geschieht es nicht selten, dass kühne Waghälsc auf einem Brette, das ihnen statt des Schlittens dient, mittelst eines Strickes und großen Stockes, notwendig zur Lenkung, die entsetzliche Hohe von mehr als 2400 Metern bis in die Sohle des Stapitzthales in der unglaublich kurzen Frist von taun: mehr als einer Biertelstunde zurücklegen. Gerne und häufiger wird dagegen der niedere oder Nassfclder-, auch MalnitzerTauern zum Ucl'crgangc gewählt. Ein Weg, dem Laufe des Malnitzthales entgegen, führt in einer Dauer von drei Stunden durch enge Schluchten zu seiner Hohe zwischen dem Gemst'ogcl und der Nammgspitze. Dort steht seit einigen Jahrzehnten ein gemauertes Haus, zum Schutze der Reisenden erbaut, und wird von Malnitz aus mit den nötigen Vebrnsmitteln versehen. Bei verführerischen Nebeln und während der Gewitterstürmc ruft den Wanderer seine Glocke. Auch eine Stunde unterhalb findet er eine gemauerte Kapelle, die dem Ermüdeten und Obdachlosen hinreichend Naum bietet. Was überhaupt von allen Alpenreisen gilt, findet insbesondere in erhöhten: Grade seine Nnwendung auf die Neise über diesen Tauern. Unverlässlich und oft trügerisch sind die Geister der Gebirge. Darum sind leine Vorsichtsmaßregeln außer Acht zu lassen, und dort, wo die eigene Erfahrung nicht ausreicht, der Nat der Einheimischen zu befolgen. Eigensinniges Verfahren hat manchem schon den Tod gebracht in jenen Regionen. Auf der Seite von Salzburg führt der Weg zunächst über die große Mulde des Nassfcldcs, den ehemaligen Boden eines Hochsces, der aus den Schnee und Eisfeldern der Schlapper-Ebene und des 116 Tas Malnchthal. Hi^llkahrs seine unversiegbare Vtahrung clnpficng. Gegenwärtig ist das Nassfcld mit seinen Gebirgsabhängcn umher cine große vortreffliche Alpe. Diese wurde vor dem Jahre 1573 ausschließend von den Kärntnern benutzt, bis sie die Gastciner daraus verdrängten, die behaupteten, dass ihnen der Nutzen llin den Ursprung der Gasteincr-Ache gebühre, nachdem sie dcrcn Verheerungen so oft erdulden mußten. Die gerichtliche Urkunde voll genanntem Jahre bestätigte ihr Recht. Die weitere Verfolgung des Weges fuhrt uns an den« Schlcicrfallc, dem Bären- und Kcsselfalle vorüber; an der Aufzugsmaschinc des Radhausberges vorbei gelangen wir nach Vöckstcin und von dort nach Wildbad-und Hof-Gastcin. So lange der süddeutsche Handel blühte und auf der Taucrnkctte reiche Gold- und Silberminen aufgeschlossen blieben, war dieser Saumwcg von großer Wichtigkeit. Als aber Venedigs Seemacht und Handel dahinschwanden und der Bcrgsegen versiegte, verödete auch er. Jetzt dient er nur einzelnen Reisenden oder Curgästcn aus Gastcin, die tagclangen Umweg ersparen wollen, oder den Trieben von Zug-nnd Schlachtvieh. Von Waren geht größtcnthcils nur Getreide ans Obertärnten nach Böckstcin, nach Bad- und Hof-Gastcin und ins obere Pongau und Pinzgau hinab. Nicht ohne Interesse und Theilnahme ist zu sehen, wie die unverdrossenen, fleißigen Bewohner von Malnitz das Getreide über den Tancrn liefern. Drei bis vier Vicrling ') Korn oder Weizen werden auf ein Saumpfcrd gelegt, und dazu binden sie noch ganze Bündel Fichten- und Tannenästc. Damit erklimmen sie, meistens mehrere in Gesellschaft, den Taucrn. Ist der Schnee noch nicht hart genug, so bringen sie ihre Bürden entweder ganz nach Bückstein oder noch weiter hinüber; denn unter solchen Umstünden ist es für Vieh und Menschen bei trübem Wetter am gefährlichsten, deicht ist da die rechte Bahn verfehlt; oder es hält der Schnccbodcn nicht fest, das Lastthicr verliert ermattet das Gleichgewicht, und dann stürzt Alles rettungslos in den Abgrund. Hat aber der Schnee im strengen ') 1 Vierling ungefähr gleich 1 Hektoliter. Tas Mnlnitzthlll. 119 Winter oder selbst im Sommer die gehörige Festigkeit erreicht, so werden alls der Höhe dcs Taucrn die Thiere entlastet, die Getreidc-säckc auf die mitgebrachten grünen Aestc gelegt, bis zu einem gewissen Punkte uon Menschen fortgeschleppt und dann losgelassen, worauf sie mit Blitzesschnelle in die Tiefe fahren. So geht' es fort, bis alles Getreide heruntergeschafft ist. Indem sie die Pferde mit einem Begleiter wieder heimwärts senden, setzen sich die übrigen Führer auf die letzte Vadung selbst und fahren mit ihr auf die gleiche Weise den steilen Berg hinab. Vonie sitzt der stärkste und gewandteste Mann, der mit einem großen eisenbeschlagcnen Stocke die ganze Fahrt leitet. Sind sie zur Thalsohle gelangt, so ziehen sie die Vast entweder eine Strecke lang fort, wenn der Boden es gestattet, oder sie tragen vierlmgwcise (beiläufig einen Zentner schwer) dieselbe an Ort und Stelle, so dass sie oft bei der grimmigsten Kälte dcs Winters uom Schweiße tricfeu. (). SchwsF Goch-Gsterwitz in karntm. den vielen Burgeit des schönen Kärntncrlandes ist NMA leine, deren Ruf nnd Herlichkeit sich so lange erhalten IM, als Hoch Osterwilz. In eines der malerischsten ^^^ l Thäler des alten Herzogtums, von den Fluten der brausenden Ollrt benetzt, hat die ')iatnr einen Kalkblock hingctiirint, welcher die nachbarlichen Berge nnd Hügel in einem weiten Hallilreis bis hin an die Sanalpc, an die Fricsacher- nnd Gm'tthaler Oelnrgc überschaut. Ein Gurt von Manern zieht sich »nehrfach mn del, Fels, nnd all' die vielen Türme, Warten nnd Zinken dienen wie Perlen an dieser Halcischnnr dein Schlosse znm Schmnckc, welches auf dem Felsenhaupte als ^lronc sich erhebt. Des Vandcs alte Hanfttstadt St. Veit, die Burgen des üppigen Glnnthnlcs, die noch in ihren Nninen prangenden Schlösser Altlraig ultd Taggcnbrnnn, das hochthronende Mannsbcrg — mit dem bnntestcn Farbenwcchsel der dazwischen liegenden Landschaft — entfalten dem Hcrabschanenden ein wunderbares Gemälde, dessen großartiges (Nanze ebenso überraschend ist, wie das Einzelne anziehend durch Erinnerungen, deren Aufzählung zur Vandcs-geschichte würde. Wie da, wenn schon der Abend über die nahen Thäler und Tiefen seine Fittige gesenkt hat, das scheidende Tageslicht noch in den Fenstern und au den Zinnen der hohen Osterwitz schimmert, bis es allmählich im Purpur der Dämmerung verlischt, so der Rückblick auf die (beschichte dieser Feste hinab ill die nachtcnde Vorzeit. Schloss Hoch - Oslerwii,, in Mntts», 121 Wann der ursprünglich wahrscheinlich mit Gehölz bedeckte, bei 280 Meter über die Thalsohle ansteigende Fclsentcgcl, der heute das mächtige Hochschloss trägt und der clien so wahrscheinlich inmitten weitreichender Bcrgwaldungen lag, zuerst von jenen» Gehölze entblößt und zu menschlicher Wohnung benutzt wurde, ist wol kaum zn erforschen. Seine weit ausschauende Vage dürfte schon sehr frühe angelockt haben, ihn als Warte, und seine Wildheit, ihn als wehrhaften Platz zu benutzen. So wenig die Nömer in der Regel sehr hoch gelegene Orte zur Anlegung ihrer Stnndlager, Castelle, Villen oder anderer Ansiedlungcn auscrsahen, so scheint doch der im Schlosshofc eingemauerte Nö'mcrstcin umsomchr darauf hinzudeuten, dass sie hier oder in unmittelbarer Nahe gehaust haben, als früher hier mehrere ähnliche Steine, darunter ein auf den Mithrasdicnst >) bezüglicher, vorhanden gewesen sein sollen. Wie dann später die Nömcrwartc zu dem slavischen Namen Ostcrwitz kam, ist unbekannt. Schon zur Karolinger Zeit spielte die Feste eine große Nolle und blieb späterhin von reinem bedeutenderen geschichtlichen Ereignis, das das jetzige Kärntcn betraf, unberührt. Im Jahre 890 vergabtc der Karolinger Arnulf Osterwitz an das Hochstift Salzburg; von diesem erhielten es im späteren Mittelaltcr die Schelüc von Osterwitz als Vchcn. Noch später kam die Vurg in den Besitz der Landesherren, eines Zweiges des Sponheimcr Grafen-geschlechtcs. Als im Jahre 1269 Ottokar von Böhmen Kärnten erwarb, ergab sich ihm auch die Feste Osterwitz. Nach dem Falle Ottotar's wurde 1286 Graf Mcmhnrd von Tirol mit dem Herzogtume Kärntcn belehnt, weil er zur Besiegung des stolzen Böhmcnlönigs thätig mitgewirkt hatte. Als dessen Geschlecht mit dem Tode Heinrich's Von Kärnten und Tirol erlosch, erhoben die Habsburger berechtigten Anspruch auf beide Vändcr und erhielten sie auch vom deutschen Kaiser als erledigte Rcichslchcn zugesprochen; allein Heinrich's Tochter, die ') Mithras war eine altpersische Lichtgotthrit, deren Dienst in Nom unter den späteren Kaisern weit verbreitet gewesen. 122 Schloss Hoch -Ostelwitz in Kärnten. berüchtigte Margaretha Maultasch, stützte sich auf einen älteren taiscr-lichen Gnadcnbricf, demgemäß sic zur ")tachfolgc sich für berechtigt hielt, und verweigerte die Abtretung Kärntens und Tirols an die Habsburger; diese tonnten bloß tarnten sammt Kram in Besitz nehmen, weil der Adel in Tirol fich für Margarctha erklärte. Es tam zuni offenen Kampfe zwischen dem Könige Johann von Böhmen, Ntargarethens Vormund und Schwiegervater, der von Ungarn unterstützt ward, und den Herzogen, an deren Seite der Kaiser stand. Erst im October des Jahres 1336 wurde zwischen Böhmen, Ungarn und Oesterreich ein Friede geschlossen, in welchem Johann Kärnten an Oesterreich überließ, wogegen Tirol der Margarctha verblieb. Die Sage hat diese Zeit der dämpfe nm Käruteu mit mancherlei Detail ausgeschmückt und namentlich iu jenen der Vurg Osterwitz eine glänzende Nolle zugewiesen, welche diese Feste als ein wahrhaft nationales Denkmal der Treue, des Mutes uud der Anhänglichkeit an die Dynastie der Habsburger verewigt. Nm den Besitz Kärntcns zu retten, lautet die sagenhafte Ueberlieferung, griff Margarctha Maultasch zu den Waffen. Schon waren die Festen Hafnerbcrg und Dictrichftcin gefallen, schon hatte der Dietrichsteincr aus seiner Väter Burg, nachdem alle Verteidigungsmittel erschöpft waren, sich mitten durch die Feinde nach St. Veit durchgeschlagen, der Wut der Männer nur allein die kahlen Mauern hinterlassend, noch zögerten die Hilfs-scharcn des Herzogs Otto von Oesterreich. Wie dem Tiroler seine Burg und Feste Tirol des Landes Schlüssel und Krone, ohne dessen Besitz man sich vergeblich Herr des treuen Alpenvoltes wähnt, so war dem Kärntner Osterwitz der wichtige Stein auf der Wagschalc der Entscheidung. Dahin gieng nun der Maultasche Absehen und Trachten; da lagen die gcflüchtctcn Schätze, dort hatte sich der Landadel zusammengeschart, mit dieser Burg stand oder fiel das Banner der Treue an Oesterreich. Rcinher Schenk, defscn Namen die Urkunden jener Zeit vielfach nennen, lange schon das Herz und der Schild seiner Vandsleute, befehligte das Schloss und verteidigte es mit 300 Reisigen. Schloss Hoch-Ostrrwih in ssnutt!», 123 Wie die Vcwa eines Vulcans wälzten sich der Maultasche Geschwader ciichcr, ^ualm nud Plage verbreitend, bis ihre Gewalt an der Felscnburg brandete. Vergebens war jeder Sturm die Höhe hinali, tcinc Schleuder ucrmochtc was gegen das Gestein, ohne Erfolg verschwendeten die Maschinen ihre Wurftraft; da umgarnte die Frau die Feste, um sich mit dem mächtigsten Feinde, dem Hunger, zu verbünden, stündlich nahm die Not zu in den uou Menschen überfüllten Gemächern nnd Gewölben der Burg. Bereits waren 2oo Mann der Besatzung dem Hunger erlegen, und der Verrat schlich gleißend in der Burg umher. Die Not machte erfinderisch; ein Stier, dem man noch kümmerlich an den Grasplätzen der Feste das Veben gefristet hatte, und ein paar Säcke Roggen waren der letzte Borrat; es gab nichts mehr zu verlieren, sie sollten das Blendwerk für die Belagerer sein, wie beinahe ein Jahrhundert nachher der Karlstciner ^ist mit ihrer letzten Ziege gegen die Prager. Als der Manltaschc Sendbote mit der letzten Aufforderung hinaufkam, gegen freien Abzug der Besatzung die Burg zu übergeben, da wurde er hämifch abgefertigt ob seiner Drohungen und seine Herrin zum Gastmahle geladen. Herab uon der Anhöhe lieft man die Haut des geschlachteten Stiers, mit frischem Fleisch und den Körnern des Getreides gefüllt, damit sich die hohe Frau wolthun könne, während im Schlosse Alles in Bewegung war, Horner und Pauken von dein Söller schallten und alle Fenster hell strahlten wie an dem Abend cincs Hochzeitsschmauscs. Da zagte die tolle Gräsin und voll Grimmes rief sie: „Ha, das sind die Vausrabcu, die sich Fraß und Futtcr auf eine lange Zeit in ihr Fclscnnest zusammengeschleppt haben. Die werden wir nicht so leicht in unsere Manen fassen. Auf! lassen wir diese in ihrem hohen Neste sitzen und richten unsere Jagd auf andere und fettere Vögel!" Auf Margarethens Befehl wurden die Vngcrhüttcn und Zelte abgebrochen und in aller Stille nahm sie ihren Abzug. Um indessen ein Zeichen zu hinterlassen, dass es ihr nicht an Kraft, nur an Willen gebrach, befahl sie, jeder ihrer Streiter solle seine Sturmhaube voll Erde fassen und auf einem ebenen 124 Schloss Hoch Osteiwih in Kärntsn. Felde, Osterwitz gegenüber, ausschütten. Dies geschah, und aus der zusammengetragenen Erde entstand ein ziemlich ansehnlicher Hügel, der noch heute die Maultasch-Schntt heißt. Auf seiner Höhe erhebt sich über einem Kaltstcinsockcl eine einfache Säule aus weißem Marmor; diese soll einst „der wildm Männin Steinbild" getragen haben, welches angeblich Georg Khcvenhiller, des Schlosses nachmaliger Erneuerer, errichten ließ. Aber weder diese Ueberlieferung, noch das Bildnis Margarethens, ihr Hut, Panzerhemd nnd Sattel, die Stierhaut, welche im Schlosse gezeigt werden, sind im Stande, der Sage irgend welchen historischen Wert zu verleihen; vielmehr lehrt die Geschichte, dass die Maultaschc nie in kriegerischer Absicht nach Kärnten gekommen sei. Nachdem der Habsburger Herschaft über das Kärntnerland zur Anerteunuug gelangt war, wird Osterwil.; durch eine Ncihc von 130 Jahren nnr als Geburtsort mancher um Staat und Kirche verdienter Männer genannt. Es gab der Stciermark und Kram Hauptleute und Salzburg in Georg einen Kirchcnfürstcn. Endlich brachen aber wieder kriegerische Zeiten herein. Der unselige Zwist mit Mathias Corviuus hatte Uugarns Strcitkräfte gegen Böhmen und Oesterreich gezogen. Die Türken, welche, so lange der große König lebte, das Bollwerk an der Donau nicht zu durchbrechen wagten, drangen nun wiederholt längs der Save und Dran in Kärnten und Kram ein. Im Jahre 14?Z empfand letzteres zuerst ihre bluttriefende Geißel. Georg der Schenke, Herr uon Osterwift, Feldoberstcr der Länder Kärnten, Kram und Tteicr, warf sich dem türkischen Anführer Achmed Beg bei Rain entgegen. Ungleich war der Kampf; die Christen erlagen der Uebcrzahl, und Georg geriet in Gefangenschaft, alls der ihn erst der Tod erlöste. Er war der Vchte der Osterwitzer gewesen und die verödete Feste bekam nun einen kaiserlichen Herrn. Noch ehr Oesterreichs Wiederherstelln- Maximilian I. die Zügel der Negicruug ergriff, sollte Kärnten alle Schrecken innerer Zwietracht, barbarischer Einfälle und Zerstörungen im Uebermaße empfinden. Schlos« Hoch Osterwitz in Kärnten, 125 Mehrmals wiederholten die Türten ihre schrecklichen Besuche, ehe sie eine eindringliche Abweisung erfuhren. Ein Jahrzehnt hielten ungarische Horden das wehrlose Mrntncrland besetzt, nnd an all' den Ereignissen nahm Ostcrwitz seinen traurigen Antheil. In den hierauf folgenden schöneren Tagen unter Kaiser Maximilian trat anch Osterwitz in die Reihe jener Festen, welche er vor-züglich bedachte. Für jedes seiner Vandc errichtete er wolbercchnete Vorratskammern von Geschütz und Waffen. Drei prachtvolle Peigamcnt-bände, heute noch in der Ambraser-Sammlung verwahrt, berichten über die Einrichtung der Zeughäuser zu Wien, Ostcrwitz, Graz, Gärz, Innsbruck und Sigmundskron. Unter des ritterlichen Baisers Urenkel Erzherzog Karl von Stcier-mart gicng das Schloss Ostcrwitz an die ,^hcvcnhiller ülicr und blieb bis heute deren Eigentum. Bon dem ersten Besitzer aus dieser Familie, Georg Freiherrn von Khevenhillcr, rührt der zwischen den Jahren 1575 und 1582 unternommene, theilwcisc auch noch spater fortgesetzte Vau der Thortnrmc und anderer Vcrtcidigungswcrkc her, den zum Theil italienische Arbeiter, schon damals,als genügsame und geschickte Bau-Handwerker geschätzt, ausführten. Seither hat Ostcrwitz, einige hohe Besuche ausgenommen, wenig Denkwürdiges erfahren. Baiser Josef II. zog dao im Schloss befindliche beschütz ab; es scheint daher entweder kaiserliches oder vielleicht ständisches gewesen Zu sein, wie es damals keine Seltenheit war, dass der Landesherr oder die Stände an Besitzer von Schlüssern, deren Erhaltung für des Vaudcs Wol wichtig galt, Geschütze, andere Waffen und selbst Mumtion ausliehcn. Die Franzosen besetzten nn Jahre 1809 das Schloss, führten beim Abzüge viel Geschütz und einen großen Theil der Rüstkammer auf zwanzig Wagen mit, beschränkten sich aber auf die Angriffswaffen und ucrübtcu auch sonst keinen bedeutenden Vandalismus an den Gebäuden. In noch neuerer Zeit verfiel Manches durch Mangel an hin^ reichender Ausbesserung und durch Bequemlichkeit. Man ersetzte die Zugbrücken durch stehende, nahm Thorslügcl als entbehrlich weg, und 126 Schloss Hoch Ostcrwih in Äävnw,. das Innere dcs Schlosses, welches schon in den Siebzigcrjahreu des vorigen Jahrhunderts Ziemlich verödet war, wurde beinahe unbewohnbar und nur in einem geringen Theil siir den einzigen Bewohner, einen mit der Reinigung der Waffen betrauten Schlosser, erhalten, den gegenwärtig ein Schlosswärtcr mit sciuer Familie erseht. Erst seit wenigen Jahrzehnten wird der Erhaltung dieses merkwürdigen Denkmals der Vorzeit mehr Viebc und Aufmerksamkeit gewidmet, in erhöhtem Maße aber erst seit dem Jahre 185^ für die Instandhaltung des Schlosses gesorgt, so dass Hoch-Ostcrwitz, vor dem Untergänge bewahrt, gegenwärtig zu den bcstcrhaltcucn Aurgcu unseres Vaterlandes zählt. Wer auf der Rudolfs-Bahn die Strecke zwischen Glandorf und Vaunsdorf befährt, gewahrt in nicht zu fernem Hintergründe gcgeu Osten das Schloss ^stcrwitz, welches sich auf stcilragendcm Hügel so romantisch, ja feenhaft erhebt, dass man glauben möchte, die alte Gralsburg mit ihrem ganzen Wuudcrwcsen sei plötzlich in das Thal der Gurk versetzt worden. Von Glandorf führt eine Zweigbahn in das Görtschitzthal nach Hüttenbcrg; von ihrer ersten Station vaunsdorf ist Ostcrwitz am besten zu erreichen. Vom Bahnhofgcbäude daselbst führt ein anmutiger Weg in einer kleinen halben Stunde hinauf. Man tann schlechterdings nicht fehlen, denn die Ringmauern, die sich in dreifacher Umgürtung um den Schlosshügcl ziehen, sind zugleich die Barriere der dem Felsen abgetrotzten Straße, die uns in Zickzack-Windungen hinaufgeleitct. Nur dieser eine Zugang gestattet den Aufstieg zum Schlosse, so steil senken sich die turmhohen Wände rings ab, deren kleinste Bo'schnng oder vorspringendes Gesimse eine Befestigung trägt. Vierzehn Thorhänscr, aus massiven Quadern erbaut nno untereinander zumeist mit Mauern verbunden, bewachen den Fahrweg, der sich an den schwindeligen Abgründen uorbeiwindet. Besonders an der Ostseitc, am sogenannten Iungfcrnsprung, fällt der Felsen senkrecht ab. Iungfcrnsprung heißt diese schwindelige Gegend, weil nach ctuer frommcu Sage eine verfolgte Kammerzofe da hinuntergesprungen sein soll, ohne sich zu schädigen. Die Thorhäuscr, zu welchen einst Zug- Schloss Hoch. Ost lwih m Kärnten. 127 brücken führten, sind mit Schussspaltcn und Fnllgittcrn versehen und waren init verschiedenen Fresken bemalt, von dcncn man noch nichr oder weniger dcntlichc Spuren sieht, außerdem sind sie mit noch erkennbaren Relicfbildcrn geschuiückt. Die Abstände der Thorhäuscr von cinluider, sind der Gestaltung des Felsens, der sie trägt, entsprechend, ungleich grüß; sie variiren zwischen achtnndzwanzig nnd hundertzwei-undzwanzig Schritten. Ans einem steilen Borsprungc des Schlossbcrgcs zwischell dem neunten nnd vierzehnten Thore steht niederer als das Schloss und dun diesem ganz getrennt eine kleine Kirche, die Gruft einiger ithcvcnhillcr. Durch das letzte Thorhaus gelangen wir in den Zwinger vor dem eigentlichen Hochschlosse, der dasselbe größtcnthcils parallel mit dessen Außenmaucru umgibt. Bon einer ziemlich hohen nnd starken Ziuncnmaucr umgeben, bildet er einen weiten, zum Theile mit Bäumen besetzten Naum. Aus ihm gewinnen wir die Ansicht des eigentlichen Schlosses, welches ein längliches, von Südwcst gegen Nordost laufendes Biereck »on dcr einfachsten, zicrloscsten Bauart bildet. Durch einen niedrigen Borbau gelangen wir ans dem Zwinger m das Hochschloss. Im Bcrglcich mit dm znmcist so zierlichen äußeren Thoren überrascht die Acrmlichtcit des kleinen Eingangs, dcr über eine unzierliche, zum Theil in den natürlichen Felsen gehauene Stiege in den Hof führt. Dessen Plan ist zum Theil durch Abstemmung der Felsen entstanden, mit einigen Bäumen und einem Gärtchcn geschmückt; an drei Seiten ist er vollständig von zusammenhängenden Gebäuden umschlossen, an der vierten steht ein kürzerer Bau, während den Nest eine Zinncnmancr schlitzt, aus welcher ein halbrunder Turm mit dcr Kapelle vorspringt. Diese dürfte ursprünglich im romanischen Stile aufgeführt worden sein. Dcr Eintretende erblickt sofort im ersten Betstühle ciuc regungslose Gestalt, die in stumme Andacht versunken Zu sein scheint, so dass man, um die Nuhc des Betenden nicht zu stören, auf den Fußspitzen einherschreitet. Näher gekommen, erkennt man in dem Andächtigen die lebensgroße hölzerne Statue eines Ritters 128 Schloss Hoch - Osterwitz in Kärntcn. von vorzüglicher Arbeit, ganz gerüstet, doch ohne Helm. Nicht weit mm der Kapelle ist cm Nömerstein mit wolcrhnltcncr Inschrift eingemauert. In ciner Ecke des Hofes holt ein angeblich 9l Meter tiefer Ziehbrunnen mit gigantischer Kurbel frisches Wasfcr aus dem felsigen Bauche. Uebcrdies fallen mehrere große kupferne Wasserbehälter in Gestalt riesiger Wannen auf. An zwei Seiten des Hofes haben die Hauptgebäude im Erd-gcschoss einen Gang, mit einfachen Artaden auf kurzen viereckigen Pfeilern. Beginnen wir, da die ebenerdige Wohnung des Vurgwärters nichts Merkwürdiges enthält, die Besichtigung der Gemächer des ersten Stockwerkes, so finden wir vorerst in dem vorspringenden Gebäude ein großes Geinach mit einem Erker auf Tragsteincn und links neben demselben eine zierliche offene Stcingallcric, von welcher sich, wie von den meisten Fenstern des Schlosses, eine eben so weite als entzückende Aussicht eröffnet. In der linken Längsseite des Hauptgebäudes ist das erste Gemach ein großer Saal, dann folgen sechs kleinere Gemächer und es schließt dieser Trakt wieder mit einem größeren Wohnraume. Alles ist gegenwärtig ziemlich verödet und beinahe leer. Doch sieht man überall in den Zimmern Neste des alten Wandgctäfcls, zum Theil sehr hübsch eingelegte Thüren und an einigen Stellen Schussspalten im Fußboden. Im zweiten Eckturme ist der Fußboden durchbrochen und es bestand hier früher nach verbürgten Sagen ein Aufzug, lieber seine Bestimmung streiten nun diese Sagen: die eine lässt ihn zur Aufziehung der Verbrecher zum Verhöre, die andere zum schnellen Herausbringen von Speisen bestimmt gewesen sein. Da jedenfalls das Gemach in die Reihe der Prunk- und Wohnzimmer gehört, fo mag mittelst dieses Auszuges statt des bärtigen, abgemagerten Schaucrbildcs eines hallwerhungcrten Verbrechers wol eher ein lachender gebratener Schweinstopf oder irgend eine andere Vabc zum Vorschein gekommen sein. Benachbart diesem Turmgrmach ist das Nonncnzimmcr, wo einst die wegen Turkcngefahr geflohenen Nonnen des nahen Mostcrs St. Georgen am ^ängsce gewohnt haben sollen. Die interessantesten TchlllsS Hoch Osk'l'ww u, ,> lu-grn. Umlauft! Wan!»ru„,,>n, 9 130 Schlos« Hoch-OsteNmk in ,'tlir»tl'!l. Der Herden liebliches Gebimmel, Es llmiss hrranf n>ic Fri^drllshanch; Dort Felder, Flnreil, Hüttenrauch Und drnbcr hin der lilmu' Hiinmrl. Beglückt, wer dich ünm Hciuiat heißcu, O Kärutnerlcmd, dll schönes Land! Ich bleib' dir troll mit Herz nnd Hand Und will iu Wort nnd Sang dich ftrelsen. Ivildbad Gastem. IQ. Das Thal G»^stcin. ^^^Mias merkwürdige und in mehrfacher Hinsicht berühmte Thal ^^»A Gastcin ist das größte unter den siidlichcn Seitenthälern ^^^V der Salzach, zehn Stunden lang, voll ^end im Unter-Pinzgcm bis znm Fuße des Malnitzcr-Tancrn. Es bildet, ahnlich dem Zillerthal, znerst von seiner Mündung an aufwärts bis obcrhall' Hof-Gastein einen fünf Stunden langen Stamm, dessen Krone sich von da an aufwärts gegen die Tauernlette ästet. Rechts zweigt sich zuerst das Angerthal ab, liuls das Mtschacher^Thal, das hinansteigt zur Tauernrcttc an die Grenze Kärntens; in der Mitte geht der Hauptast fort über das Wildbad bis Äöckstem, wo er gabelt: lints durch das Anlaufthal zum Anlogel uud Hohen Tauern, rechts durch das Nafsfcld znm MalnilM- Taucrn; der einst durch seinen Goldreichtum berühmte Nadhausbcrg treuut diese beiden Acste. Im Westell des Thales Gastein, mit diesem fast seiner, ganzen ^iinge nach parallel, zieht das Nauriscr Thal, wie im Osten das ebenfalls in gleicher Richtung streichende Großarlthal; den Südrand des Thales bildet die fast durchgehends beeiste Haupttettc der Hohen Tauern, durch welche Gastein von Kärntcu getrennt wird. Äcsonders schon ist in dein Gastciner-Thal der Charattcr der Seitenthäler der Salzach ausgeprägt. Die zwischen den Thalabstürzcn liegenden Thalflächen heißen hier Thalbo'den pdcr auch nur Böden. 132 Das Tl>lU <"as!n». Der oberste oder hinterste Thalbodcn ist das Nassseld, ein schmier, weiter Thaltesfel, 1600 Meter über dein Meere; ans ihm stürzt die ^lchc, die sich daselbst gesammelt hat, als prächtiger Bären und >lcssclfall ans den Böckstciner Thalboden, der 1100 Meter hoch liegt. Nach einer Stunde ruhigen Kaufes erreicht sie dcu Absturz im Wildbad, über welchen sie in zwei schönen Fällen auf den Thalboden von Hof (^astein (85l) Meter hoch) niederstürzt. Fast fünf Stnnden erstreckt sich derselbe bis zur Klamm, dnrch welche die Ache in wilden Fällen nnd zuletzt in einem liihncn Sprnngc in die Salzach bei Velid stürzt (6:iO Meter). Das ganze Thal heißt die Gast ein, einen 57rt dieses Namens gibt es eigentlich nicht. Der erste Ort von nnten an ist Dorf, ailch Dorf-Gastein, der zweite, der Hanptort Hof (Markt) oderHof-Gastein, der dritte dasWildl>ad,Wildbad in derGastein. An» Eiugalige i» das Thal, anf der Brücke der Salzburger-Straße, welche fast unmittelbar umer den lebten Stürzen der Gasteiuer' Ache über dieselbe führt, betrachten wir die imposanten Wasserfälle, mit welchen sich das Gewässer der Gastein in die Talzach ergießt, ^ll wilden Zacken steigen die nnten ausgewaschenen Felsen empor-schancrlich schieben sich ihre Wände ineinander; dnrch sie hindurch hat sich die Ache ihre Bahn gebrochen; doch ist es ihr nicht gelungen, die Wände bis anf den Fuß zn durchsägen; sie muß noch zwei hihnc Sprünge wagen, um ihre an Wasserfällen so reiche Vaufbahn würdig zn beschließen. Wildschänmend bricht sie liuls aus dem Hinterhalte hervor, wo uur die aufsteigenden Säulen zerstäubenden Wassers ihr Dasein verraten, wirft sich rechts in einen schäumenden Kessel, dessen Tiefe durch einen vorspringenden Felsen verdeckt wird, über dessen Fnst sie nochmals in entgegengesetzter Nichtung in wildem Sprunge hinwegseht, um i>> einem weiteren Kessel aufgenommen zu werden, wo sie dnrch ein tnnstliches Wehr gesammelt wird; ruhig und regelmäßig stürzen die eisigen, grauen Fluten über diesen Damm herab und eilen unter der Brücke hinweg, nm in der mächtigeren Salzach Namen und Selbständigkeit zu verlieren. > Tc>« Thai (^aftcin. 13'' Die Straße übersteigt ill cincr weiten Windung die Kluft. Kauui hat man die Ecke der rechts hinauziehenden Straße erreicht und folgl nun wieder ihrer Richtung lints, so beginnen die Bilder der ,^tlamm, des zum Thalc Gastcin führenden Engpasses, wo eines das andere an Whn hrit und Größe übertrifft. Die Straße zieht sich rechts an der senkrecht abstürzenden, hie und da überhängen den Thalwand hin; der Abgrund in der Tiefe ist mit Hügeln erfüllt, in welche sich die Nchr ein noch tieferes Bett eingewühlt hat. Eines der schönsten Bilder ist das erste, wo man ans dem Schatten einer Häuscrgruppe hervortritt: rechts die tiihnr Straße an der Felscnwand hängend, hie und da auf Bogen geflutt, lints ein Felsenberg uon gleicher Höhe; ill der Tiefe die Ache, ail deren schäumeudem Gestade auf einer grünen, einsamen Halbinsel im Abgrund eine Mühle; jenseits die hochaufftrebeude Wand des Klammhasecks. Hier warf vor mehreren Jahren im Winter eine Vawine das Stcinhäusclwirtshaus in den Abgrund. Die Straße steigt ziemlich start an, rechts über sich fortwährend drohende, oft über hängende Wände, lints in der Tiefe des Abgrundes die tobende Ache: so geht es bis zum kreuze, der Hohen Klamm, bis wohin Vorspann von Vend mitgeiwmmeu wird. Nnu führt die Strasic etwas abwärts, während das Bett der Ache heraufsteigt. Bisher war nur unten in der Tiefe das Bett der Ache Zwischen dunkle Wände eingeklemmt, während die obere Hälfte der Wände noch weit auseinanderklaffte: doch jetzt treten anch diese znsaunncn nnd das Ganze bildet eine ein zige duntle Kluft, von kahlen Wänden nmdüstert. Doch der Abgrund verschwindet, sowie man rechts nm eine Fclscnccke in diese Enge, die eigentliche >tlamm, tritt: die Ache ranscht dicht neben uns: eine lellerarlige vujt umfäugt uns. Au der engsten Stelle sperrte eiusl eiu Wachhauo dir Straße, dieses war der Pass Klamm. Doch nicht zu lange danert die beengende Kluft, scholl fällt ein grüner Schimmer herein. Bald darauf setzt die Straße über die Ache auf ihr rechtem Ufer; auf einem felsigen Hügel, um wclcheu sich die Straße schwingt, zeigen sich die Neberreste der Burg >t l ammstein, die im II. Jahr- IA4 Tas Thal ^aslc'iü. hundert zur Bcwachnng des Thales crbalit wurde. Hier Wendell wir uns noch cinnial um und betrachten nochinals dclt hinter llns liegenden Schlund der Klamm. Hoch oben all den grauen nnd gclbgeflcckten Faltwänden zeigt sich cine Höhle, die „cnterischc Kirche", da man einst hicr alles Ungeheure, Große, dessen Ursprung man sich nicht leicht erklären tonnte, entcrisch nannte. Hicr wohnten der Tage nacl) wilde Männer von ungeheurer Starte, so dass sic eine Pflugschar mit leichter Mühe über das ganze Thal hinwarfen; vor dieser Hohle, ihrer Wohnung, standen Ncpfclbäume, mit deren Früchten sie ans die vorüberziehenden Wanderer warfen; doch waren sie den Thalbrwohnern hold und stellten ihnen oft Butter nnd Milch vor ihre Hansthüren. Unweit Klammsteil! wendet sich ein Weg empor ül'er die westlichen Thalwände der 5llamm und jenseits gleich darauf wieder herab in die Obere Vend: es ist der alte Eingangsweg in das Thal, zu einer Zeit, als die Mammslrasie noch nicht gebahnt war. Auf diesem Wege zogen einst drei Fremdlinge in das Thal, welche die Bewohner desselben auf die in den bergen ruhenden 3chähc aufmerksam machten und von den Bergleuten mtter dem Namen der drei Waller verehrt wurden als die Gründer des einst so reichen, nun längst verfallenen Goldbergbaucs; ihnen ^u Ehren war auf der Tcheideel jenes Eingangsweges eine Kapelle zu den drei Wallern erbaut. Doch schon 12)2 bestand auch eine Art Sanmweg durch die 5tlanüu, deun damals ritt der Probst Pabo IX. von Et. Zeno bei Rcichenhall mit einem Gefährten durch die plannn; es war Winter, fic glitten aus und stürzten in den Abgrund, wo man am folgenden Tage Pabo's Leichnam unter den Eisschollen fand. Tväter legten die Goldgewcrtc in der Gastein eine Straße an, welche der Salzburger Erzvifchof Matthäns Lang 15^4 verbessern ließ. Ihren jetzigen gnten Znstand, der dennoch wegen der herabstürzenden Erd- nnd Fclsenln'üchc fortwährend der ^iachbesscrnng bedarf, vcrdantt sie erst der neuesten Zeit. Jetzt wenden wir uns nach Süden ^und werden im Gegensatz zn der Natnr der bisherigen Gegend durch 'ein äußerst reizendes nnd 5as Thal «Hastt'm. 1^5 liebliches Bild überrascht: die Klamm war der Niegcl des Thales, er ist jetzt zurückgeschoben, wir sind eingetreten in das lichte, freundliche Gemach des Gastciner Thales. Wir haben die erste Abtheilung des Thales durchstiegen nnd stehen auf dem ersten Thalboden der Gasicin, nämlich dem mm Hof Gastein. Diefcr zerfällt wieder in zwei Unter-abthcilungen, welche der Ingelsberg scheidet; denn dieser tritt von der linken Hand so weit vor, dass man die zweite Hälfte dieses Thalbodens mit ihren: Hauptort crsl dort an jener Vcrgccke, zwei Stunden von hier, erblickt. Diese untere 3trccke nennen wir den Boden von Dorf-Gastein. ' Die eben noch wildtobende und schämncndc Ache gleitet ruhig durch ihre weiten, grünen Fluren dahin; rechts und lints erheben sich hohe, aber bi,al («af^u,. Im Mittelgrunde lagert sich auf eiuer wolangebauten Schutt^ anhäufttng des >tirchbachcs der Martt Hof-Gasten mit sriueu niedlichen weißen Häusern und dem hohen gothischen Spisturm: das Wcitmoscr Echlösschen hcl't sich besonders hervor. Er ist der Hauplort des Thales m,d war im t/>. und Ni. Jahrhundert, als die l^asteiu dnrch den Goldbcrgbau blühte, der Brennpunkt derselben, so dais fast alle Men und bösen Schicksale des Thales auch den Markt trafen. Merkwürdig ist das (Gasthaus des Brauers, der ehemalige Strasserhof, znln Theil noch in seinem alten Stil erhalte», dcr aus Venedig und dem fernen Morgenland hier eingewandert zu sein scheint. Der Hof^ ramn ist dnrch alle Stockwerke mit Bogellgängen nmgebe», deren Bogen alle auf steinernen Säulen ruhen. Mit diesem Gasthausc steht die neu errichtete Bade-Anstalt in Verbindung, zu welcher das Wasser uom Wildbad seit dem Jahre >^3l hergeleitet ist. Zwei Straßen führet! von Hof nach Wildbad. i>ie alte Straße geht, ohne die Ache zu überschreiten, am Ausgangc des an zerstäubenden Wasserfallen, schanerlichru Engen und wilden Bergcswüsten reichen Mitschachthales vorbei. ?ie sogenauute neue, aber deunoch A00 Jahre alte Fahrstraße, der „Fürstenweg", sühn von dem Weiler Fclding ab nber die Ache, deren Vause hier eili gerades Bett angewiesen isi. Sie wurde 1554 von Wcitnwser uud Zott, den beiden berühmten Bcsiliern dcr Ooldgewcrlc ill Oaftcin, angelegt, um ihre Erze von Böckstein leichter herabzubringcn. Jenseits der Brücke kommen wir an den größten Bauernhöfen des Thales vorüber, des Stnbncrs uud Hitler-aucrs. Dann überschreiten wir den Angerbach, der sich nur mühsam dnrch einen finsteren Schlund aus seinem Thale drängt. ')ü>n erheb! sich die Straße rechts an der Wand des Stnbenertogels ziemlich steil i wie hingezaubert tritt plötzlich das Wildbad mit seinen weißen Häusern, die an dcr inneren Wand eines engen Felsentcssrls ringsum kleben, durchstürzt von den tosenden und stäubenden Fällen der Ache, hervor: jenseits über dem Dunkel des Waldes erheben slch graudnflig die Massen des Graukogcls uud Stuhls. Dieser Altblick gehört unstreitig T<1>5 Tl,c,l Gasten. 13? zu dm überraschendsten, die es geben tann. Rechts führt die höher steigende Ttraße liach Höcksteiu fort, während unsere Straße sich herabsentt zum Wildbad. Die Vage des Wildliadcs Gaftein ist sehr eigentülnlich. Schon oben bei der Uebersicht des Thales wurde der Thalstufeu gedacht, über welche sich die Ache stäubend und donnernd nnrft. Hier am Wildbad steigt das Thal plötzlich au l.'iO Meter I,iuall. Die Ache schtlcidct sich uon oben in eiueu quer durch das Thal setzenden Felsenriegel, stürzt hier in einigen großen Wasserfallen vielleicht N5> Nieter herab innerhalb der Must, schießt dann ans derselben heraus lind wirft sich über einen zweiten Absturz, sich freier ausbreitend, wiederum K5 Meter herab in einen groben Kessel, welcher nördlich gegen das untere Thal zu der Ache uur eiue enge, schmale Schlucht zwischen zwei hohen, mit Tannen bewachsenen Felsenpfeilern zum Auswege lässt; über ^-rlsblöcke rauscht sic wild Ml5 diesem mertwürdigen vessel heraus, ^n dem iuuereu ^iamnc desselben brechen, r>rm uutcu gesehen, linfer.siand in der Mitte der ^and die dampfenden Quellen hervor, uud rings all c,en ililieren Wänden jenes Kessels tlebeil die Häuser des Bades. Au der nördlichen Wand, doch gegen Tüdcn schauend, das Dorf und die Kirche; von der südlichen Wand, welche — ehe der mttrre große Fall beginnt — eine kleine ebene Ttnfe bildet, liegt an der Itcllc der ehemaligen, 300 Jahre alten ehrwürdigen Ttraubinger Hütte das jetzige elegante Gasthaus Strauliinger's, ihm gegcnülier das Badeschloss. Der Ipalt der Ache ist mit einer Brücke überspannt, jenseits welcher nebst mehreren Prioatbäusern die zum Promcniren bestimmte Wandelbabn sich befindet. Die berühmten warmen Duellen der Gastein brechen am Fus;e des Rcichcbcngcbirgrs aus lockerem Ttcingerölle hervor. Tie geben taglieh gegen i3.o<«) Hcttoliter Wasser. Die Tcmperatnr der ver schiedenen Quellen schwantt zwischen :l«" und 2«" U. Das Wasser selbst ist außerordentlich llar, ohne Geruch und Geschmack uud behält diese Eigenschaft, wenn man es Jahre lang aufbewahrt; auch lalt 138 Tas Tl,al l«>isteln, hat es nicht den iniltdcstcn Beigeschmack. Verwelkte, bis vier Tagc an heißen Qrten trocken gelegte Blumcli erhalten in demselben ihre Frische, ihren Farbruschmelz und scll'st ihren (Geruch wieder. Das Vasser gehört zu den indifferenten Thermen, da es in I00<> Theilen nur 0'55 fester Bestandtheile enthält. Gebraucht wird es als gewöhnliches Bad, als Dunstbad, Douche und Tropfbad, wir endlich auch znm Trinken, und beweist seine Heilkraft durch seine belebenden, anflöscndcn nl,d stärkenden Eigenschaften. Alljährlich hebt sich die Zahl der Curgäsle und stieg bereits auf 3000, während sie im Jahre 1530 bloß 1^05 betrllg. Jede einzelne Quelle ist bei ihrem Allstrittc gefasst. Von den vielen Quellen heißt die Anhöhe der Badbcrg. Die gcfassten Qncllcn sind: die Fürstcnquclle, Doctorsquelle, Franzens-qnclle, Hallptquclle, Wasscrfallquellc, Grabenbäckersquclle und Flcdermausqucllc. Schon vorhin betrachteten wir die Wasserfalle, und sie sind es, welche, man umg hier in der Umgebung des Wildbadcs hingehen, fast wo man will, immer das Auge uud Qhr bc'schästigen. Den unteren größten Sturz sieht man auf der ganzen Nordwmid, an welcher das Bad liegt, am schönsten. Um den starken Staubregen zu mindern, mit dem ein Theil des Qrtes fortwährend heimgesucht wurde, ist unter dem Falle gegenüber eine brctterne Wand errichtet; scheint die Sonne gegen Mittag geradc iu die '^rauduug hinein, so glaubt man in das glänzendste Feuerwerk von alleu Farben hineinznblickm. Ein zweiter günstiger Stundpuntt ist die Straubinger Brücke. Hinabwärts sieht mal, die Ache sich mit Wut ill den nicht sichtbaren Abgrund werfen; nur die weit hinausgeschleudrrtrn Tchaumflocken, der Donner und der aufwirbelnde Staub verratm die Tiefe. Blicken wir aufwärts, so bietet sich ein noch wilderes Schaufpiel dar, die sogenannte „Schreck"- rechts und links senkrecht nufragcudc Felsen, im Hiutcr^ gründe duril, eine kühne Brücke verbunden, unter welcher sich in wilden Wogen die Ache hervordrängt, um in grausige»! Sprüngen dlirch die enge >lluft in einen tiefen Fclscnkcsscl zu setzen. Durch ein Felsenriff und einen Niesmblock verschlossen, drängt sich nur ein schiualer Ann ane> dem dampfenden Kessel Horror: aber kaum iu Freiheit gesetzt, wirft sich die Flut schäumend im stäubenden Sprunge über ein Felsenwehr in die Tiefe unter unserer Brücke. Fürchterlich, aber auch gefährlich ist dieser Anblick zur Zeit der Schnccschmelzc; denn dann übersprühen die Flnten nicht nur die Brücke, sondern schleudern auch gewaltige Steine gegen nnd über sie hin. Ein dritter Standpunkt ist jene obere Brücke, zu der wir eben hinanfsahcn. Anch hier ein Wechsel von Ansichten; abwärts schwindelt der Blick, indem er den rasenden Stürzen der Ache folgt; anfwärts ein ruhigerer, aber schöner Wasscrfall zwischen den tief von den Flntm ausgcwo'lbtcn Wänden und darüber abermals eine tühnc Brücke gespannt, ^on hier steigen wir rechto hinan über eine Einfriedung, anf eine mit Moos, Preißclbecrcn und verkrüppelten Bäumen bewachsene Höhe, die Sonnenwende. Hier möchte einer der interessantesten Punltc sein durch die grellen Gegensätze: in grauscnvoller Tiefe der Schlund der Ache mit ihren Stürzen, ihrer furchtbaren Brandung in der Enge, die Etraubinger-Brücke, rechts der Schlossfelsen, durch Maneuver! gegen den Wogcndrang der Ache geschützt, rechts in der Tiefe die Häuser des 67rtes; in größter Tiefe die waldigen Felsenpfeilcr, durch welche die Ache ihre letzten Sprünge hinans ans den Thalboden von Hof macht, der zum Theil in seiner ganzen vicblichkeit hercinlacht, überragt von dein Gamotahrkogcl. Noch im fernen Norden in dein Winlel der grünen Berge des unteren Thales zeigt sich grauweiß ein Bruchstück der Kalkalpen, die Wetterwand. Nach dem höher gelegenen Thalboden von Bockstcin führt uns vom Wildbade die schon bekannte Straße dnrch die Schreck, durch das Getümmel der donnernden und stäubenden Wasserfälle. >taum aber haben wir die oberste Brücke überschritten, so ändert sich Alles. Der eben noch betäubende Donner verhallt, die Abgründe sind verschwunden, cinc Scheidewand ist zwischen uns uud jene getreten, da jener Fclsen-dannn, der das Thal durchsetzt, über die obere Thalflächc, wenn auch 1 l<) Das Thal Oastt'iü. nur wenig, anfragt. Friedliche Stille herscht ill diesem Hochthale, kaum hörbar plätschert die Nchc durch die ebenen Wiesen. ')cur der Hintergrund gestaltet sich ernster: da baut sich der ganze, einst so goldrcichc Nadhausberg »lit seinen vcrschiedeilen Gipfeln auf, oben schnecgeflcckt. Rechts a» den Schultern des Berges zeigt sich das eisige Haupt des Scharecks lind im Hintergründe der Thalfläche die Kirche von Bockstein. Der Wechsel uom wilden endlosen Getümmel der Wasserfalle, bei welchem mau seil« eigenes Wort nicht versteht, zum friedlich stillen Vcben dieses Thalbodeus fällt sehr auf. Ehe wir Böckstein auf der Straße erreichen, überschreiten nur die Passauer-Brücke, welche den Anlaufbach, der hier aus seinem Thalc tritt, überspringt. Bockst ein, sollst das Poch-, Wasch- nnd Amal-gamirwert des Gaftciner Bergbaues, liegt hiutcr einem Felscnricgel versteckt und verrät sich durch seine Kirche, die auf einem Hügel erbant ist. Von der obe« erwähnten Passauer Brücke führt der Weg in den innersten und höchsten Winlel des Gasteiner Gebietes, in das Anlaufthal und zum Antogel. Drei Stunden lang zieht das Anlaufthal von Böcknein südöstlich in den,^crn des Gebirges bis zum Nadcck, der letzten Alpe des Thales. Dieses bietet anfangs nichts > Besonderes dar; den Hintergrund verschließen steile Wände, ringsum ist der schwarze Boden voll schwarzen Waldungen umzäunt. Aber nun öffnet sich rechts die Thalwaud nnd ein großes Amphitheater von Felseu, das Hictahr oder Höhtahr, entfaltet fich; eine Fclsenmauer erhebt sich auf den Matten über der anderen, nur der flimmcrude Höheudnft lässt die höchsten Stufen weit zurücktreten und Schneefeldcr bezeichnen ihre Höhe. ^iuts über die Absähe der Wand gleitet weiß schäumend der Hietahrfall herab, verbirgt sich dann hinter einem bewaldeten Fclsenstock, hinter dem er mächtiger uud breiter als prächtiger Wasserfall über einige Absätze herunterstürzt. Doch erst, wenn man den Bach, indem er unseren Thalweg durchschneidet, übersetzt, bemerlt mal» seine wahre Größe. D.'r Hiekahrfall. ?!iS Thal «Nastem. 1^1 >tlUU!i ist man Ml der lichten Stelle des Hickahrs vorüber, so umdnstcrt sich das Thal von neuem. Das Gerölle, das uus vorhin in der Feruc an dem Fuße der Wände wie Sand erschien, vergrößert sich mit jedem Schritt, ungchcncrc Blöcke bedecken den Thalb»den. und nnr kümmerlich sprossen Fichten zwischen diesen von Lawinen nnd Gicßbächcn herabgeworfelien Felsen auf. Vicblich dnftendes Veilchcnmoos rötet die Trünnner. Nach einer Stnndc Weges gewahrt man rechts einen zweiten ^nächtigen Nasfcrfall aus großer Höhe herniedcrschwebcn, den Tau ernfall; hoch über die Waldungen steigen die Felshörner der Taucrutctte auf, den Hintergrund verschließt noch dunkle Waldung. Naschcr steigt mm unser Weg im Thale aufwärts durch Waldungen zur Mitteralpc und dann noch steiler hinan zn dein hintersten nnd höchsten Thaltessel des Anlaufthales, dein Nad eck, einer Alpe. Hier übernachtet man in der Tennhütte, wenn man den Ankogel, den König der Gastciner Berge, ersteigen will, wozu man wegen der Umwege von der Nadeck-Alpe noch fünf vis sechs Stunden braucht. Der Antogel (:i^; Meter hoch) galt lange Zeit für uncrsteiglich, bis ihn ein Bauer aus Böckstcin, Namens Niser, erstieg. Von der Sennhütte sehr früh aufbrechend, durchschneidet man noch den Thalboden dec< Nadecks, bw man nach einer Stunde den Fus; des Ankogels erreicht, und steigt von dort noch eine bedeutende Strecke anf einem mehrfach gewundenen Viehsteige hinan. Die Trümmer nehmeu bald so überHand, das? der Weg verschwindet und äußerst mühsam klettert umu uun über dav lockere Felsgcrö'll hiuan zur Kärntner Höhe, der Scharte zwischen Ankogel und Plattentogcl. Hier Imt man den beschwerlichsten Theil der Besteigung überwunden, obgleich nicht die Gefahren, welche jetzt erst, doch nur für Schwindelige, beginnen. Von bcr Kärntner Höhe geht man eine turze Strecke anf der Schneide des Alftcnrückens hin, steigt dann rechts durch eine enge Felsentlamm auf brn nach ,värntm herabhängenden Seebachgletscher hinab, überschreitet oas Gellüfte desselben mit Vorsicht, den Ankogel als Zielpuutt vor klugen; steigt wieder zur Grenzschcide hiuan auf einen anderen (Gletscher, 142 Too Tl,ciuvpe. Hier werden die Steigeisen angelegt und den Schwindeligen cin Seil umgebunden. Man hat nnn den gefährlichsten Theil vor sich: denn eine gute halbe Stunde hat man einen Fclseut'nmm zu ersteigen, der sich steil in die Höhe zieht, höchstens 2 Fuss l'rcit ist und vou dem man rechts fast senkrecht 630 Meter tief aus das zerklüftete Eisfeld des Klein-Elendglctschcrs, lints auf deu eben so zerrissenen Radeckgletschcr hiuabblickt. Hat man diese Strecke überwunden, so hat man gesiegt fast über die ganze östliche Alpcnwclt; denn erst im Westen beginnt mit der Glockncrgruppe ein höheres Stockwerk der Alpen. Ueber sich das im herlichsten Dunkelblau strahlende Himmelsgewölbe, blickt mau über die ungeheueren Eisfelder der Ccntraltcttc Hit, bis in die Elmmi Oaicrns und Salzburgs, während nn Süden die Höhen Italiens winken in nicht grosser Entfernung. Ein zweiter grosser und in mehrfacher Hiusicht merkwürdiger Ausflug von Böckstrin führt uns auf den goldreicheu Nadhausbng, der durch die Geschichte, durch die Grossartigtcit seiner Natur, wie durch seine Mineralien uud Pflanzen cin besonders ausgezeichneter Puukt der hohen Taucrn isl. Der Berg ist schon ill den ältesten Zeiten Sitz des Goldbergbaucs gewesen-, denn schon die Tauriskcr (Noriker) kannten die Schabe dieses Berges. Nach ihnen durchwühlten die Römer die Eingeweide desselben, und nachdem alle Grubeu der Umgegend von Gastein nach und uach cingiengen, hat dieser Berg noch seinen Ruhm bewahrl, nicht nur iu der Sage, soudern ^auch ^iu der That bis in die neueste Zeit noch fortzuleben. Der Radhausbcrg bildet einen mächtigen umfangreichen Gebirgsstock, dessen östlicher Fuß am Eingänge in das Anlaufthal ruht, während der andere am Eingänge in das Nassfeld mit dem jenseitigen Pochhart sich verbindet. Viele nördliche Taucrnthäler haben ihre Nassfelder, indem dieser Ausdruck den obersten ebenen Thaltcfsrl der Thäler bezeichnet. Das Gastcincr Nassfeld hat den Vorzug vor allen, denn mit Nassseld schlechtweg ist nur dieses gemeint. Der unmittelbar hinter Höcksteiu Das Thal Gnstcin. 14A weit vortretende Fuß des Nadhausbcrges «erschließt das Thal aufwärts, so dass der Weg über diesen Fclsenriegel hinführt, Nach längerem Steigen, während dessen man die Ache rechts in der Tiefe in fort-währenden Stürzen hat, biegen der Weg und die Schlncht links mn in cine scharfe Fclscnccke, nnd von ncliciu beginnen die großartigen und abwechselnden Scenen unseres Wcgcs. Ein dnmftfer Donner, von dem der Weg erzittert, lässt nns eine Wasserfallseene der Tauerntette erwarten, nnd es ist eine der wildesten nnd eigentümlichsten, der Kcsselfall. Die Ache schießt aus enger, steiler Schlucht hcral, und wirft sich in einen nächtlichen Abgrund, von Hoheit Felsen überwölbt, anf denen unser Weg hinführt. Furchtbar ist ihre Wut gegen die sie bergenden Felsen; sie sendet Woge auf Woge gegen fie, um sie zu vernichten, aber der Fels beugt den Angriffen aus. Sie verschwindet den Angcn des Wanderers. Wieder wendet sich der Weg rechts um, und bald darauf steht eines der schönsten Bilder des TlMes vor uns, der Bärenfall, der Schleicrfall mit dem Tchareck. Gerade lwr nns in der Höhe die Eingangspforte des Nassfcldc«, in deren Mitte die Riescmnassc des Scharccks als Pyramide aufsteigt in den blauen Himmel, rechts und lints von Schnee- und Eismassen unilagert. Unter dicfem Niesen öffnet das Nassfcld seinen Fluten einen schmalen Ansgang, und diese werfen sich, znr Ache vereinigt, in einen tiefen Felscnkrsscl. Wie Schuppen decken sich die Wogen unter majestätischem Donner eine die andere- jede Nachfolgerin sucht den Glanz ihrer Vorgängerin zu verdunkeln, indcin sie ihr schimmerndes Gewand über sie hinwirft. Wild lochen und toben die Fluten in dem tiefen Fclsenlesscl, ehe sie wieder einen Ausweg aus dieser Enge finden-, weiße Damuswolten steigen aus dem dunleln Abgrund: uutcr ihnen sehen wir die Ache wieder hervorbrechen, und sich nuu gerade gegen uns wendend, stürzt dieselbe über eine zweite Wand gleich hoch herab. Das sind die Bärenfälle. Jetzt wenden wir uns etwas rechts von dem Bilde erhabener Größe und Wildheit und werden durch ein neues Bild von Muz anderer Art überrascht. Eine 130 Nieter hohe sentrechte Wmid 144 ?ac< Thal ("asici», steigt da vor nn^ auf: von ihrem obersten Nande herab sehen wir cs glänzen: es ist ein klarer Bach, der Abfluss des unteren Pochhartsces, der sich hier herabwirft. Hie und da aufgehalten, theilt sich der Bach in viele kleinere Fäden, sich mimer mehr und mehr zur Tiefe aus^ breitend: er wird zum Theil in so feinen Staub aufgelöst, dass dieser nur sichtbar wird durch den prächtigen Regenbogen, der das untere Ende gegeil die Mittagsstunde fortwährend wie ein Zaubcrbild um gaukelt. Unter dem zartgcwcbten Schleier erscheint auch die grau uud blauschwarze, rotgeflecktc und gestreifte Felsenwand im eigenen dichte. Dieses ist der Schleicrfall. Die Ruhe und Stille dicfcs Wasscrfallcs, sein leichtes Schweben und Gleiten bilden einen wahren Gegensatz zu den tosenden Stürzen der Ache, die linw lieben uud unter uns braust uud donnert. Auf den Saumweg zurückkehrend, steigen wir in dem Eugthal weiter hinan über die Stürze der Ache, bis ein neuer Aublick unsere Schritte hemmt; wir setzen uns auf einen der Blöcke, die umhcrliegeu, um da5 grosse Vaudschaftsgemälde, das sich hier vor unseren Augen entfaltet, ;u bewundern. Der weite oberste Thaltessel rou (Naslcin, das Nassfcld, liegt vor uns. Wir sind hiermit aus dem geräuschvollen Leben der Welt in die Stille der Einsamkeit gctrcteu. Die Ache gleitet ruhig ohne alles Geräusch iu grosieu Schlmlgenwinduugm durch die weite grüne Thalflächc. Die Bäume, die ebcu uoch mu Bärcnfnll dir Wände umdüstcrteu, sind verschwunden, auch lein Ttrauch zeigt sich mehr ali den Bergwänden. Der obere Thallesscl des Nassfcldcs ist eine starke Stunde lang uud eiuc halbe Stuudc breit, ein weiter hcrlichcr Grnsteppich; der Donner der Ache ist verklungen, nur ein leises fernes Rauscheu vcrtüudet nuch das Vcben der Ttaubbächc, welche allseitig von den Höhen der Eisfelder hernbglciteu. Auch das Nassfeld war schon in den ä!tes,en feiten berühmt wegen seines Goldreichtmns. Dort oben, wo jetzt die blaugrüncn Eisfelder der Schlapper Ebene hcrabmigen, beschatteten einst hochstämmige Birkenhaine die somiMu Matten: dott gicugeu tiefe Schachte in das Tne- Thal C>ws!,'m. 145 Innen- des Berges, der sehr goldreich war. Noch vor etlichen Jahren erzählten alte Bergleute von der Heidenftrasu', die hin anführte, und wollten noch die Eisentlammeru grsehcll haben, durch welche sic befestigt War. Doch auch hier wie anderwärts in den Hochalpen lMftc ein einziger Winter solche Schneemassrn an, dass der Gletscher darans entstand, der durch seil, Abbrechen dir Bergstnbe und zwölf knappen begrub. In ihrer Not warfen sie das Vos, wer lütter ihnen r>on den anderen verzehrt werden sollte, doch der Unglückliche suchte und fand Rettung durch den Schlot der Hütte, während die Uebrigen umkamen. Wirtlich hat man 17^,, wo die Gletscher von der Sonnenhitze sehr zusnnnncngicngen, beim Zurücktreten dieses Gletschern die Ueberreste der Bergstnlx und viele Gerätschaften gefunden, die ans einer noch viel älteren Zeit stammten. Dasselbe war im Jahre 1^61 der Fall. Wie hier so überall in den Gastciner Bergen ist nnn seit geraumer Zeit der vormalige Gold und Silberreichtuiu erschöpft, die alten Bcrsjschachtc sind aufgelassen. Der ^oltsmuud al>ev weis: das Versiegen der einst so ergiebigen Erzadern — wie gewöhnlich — auf den Uebernmt der Menschen, der bestraft werdet, mußte, zurückzuführen und hat den Verfall des Bergbaues in Sagen gekleidet. Eine solche erzählt mau sich auch von der sogenannten (5rzwicsc, einer tleincn Hochebene am Fusic des Silbcrpfmnigs im Gebiete des Hochthales Boethari, zu dem man vom Nassfeld aus hinaufsteigt. Dies Revier war ehemals durch seineu Silberreichtum berühmt. Hier schoben einst die Bergknappen mit silbernen Kugeln nach silbernen kegeln und zechten ans goldenen Bechern; doch auch hier kam Nebcrmut vor dem Falle. Die knappen vergaben sich einst so weit, einem lebenden Achsen die Haut abzuziehen; von furchtbaren Schmerzen gequält wälzte fich das arme Thier auf der Erde, Nur wenige nahmen sich durch Warnungen des Thieres an und wurden dafür verspottet, indem die Peiniger ausriefen: „So wenig dieser 57chsc noch zu brüllen oder davonzulaufen vermag, so wenig wird die Quelle unseres Ncichtums versiegen." Da sprang ploylich der ^chse auf, brüllte dreimal fürchterlich uud 146 Das Thal ("astci», stürzte im rasenden Sprunge das Thal hinab. Erschrocken liefen die eben noch so übermütigen Knappen ans einander und trhrtcn traurig in ihre Hütten znrück. Als sie am andern Morgen einfahren wollten, waren die Crzndern verschwunden; sie arbeiteten tage-, wochenlang, aber vergebens, erst später fand sich wieder etwas, doch nur gerade so viel, um sich den Lebensunterhalt notdürftig zu verschaffen. So sieht die Sage die jetzige Verarmung der Gegend an gold und silberhaltigen Erzen als ein Strafgericht Gottes an; aber zwei Quellen des Erwerbes sind geblieben, die Viehzucht und die Heilquellen, und die letzteren sind die jetzigen Goldquellen statt der Gruben geworden. Zell am öee. ii. Der Teller-See im PiNMU. '<'','''5 > !>o vor wenigen Jahren vollendete Salzburg-Tiroler Gebirgs^ R^^l^ bahn oder Gisela-Bahn, welche von Salzlntrg nach Wörgl 'H^l^^ am Inn fiihrt nnd die Verbindung zwischen den nord- östlichen und den westlichen Alpenländcrn Oesterreichs mitten dnrch das Gebirge bewerkstelligt, überschreitet, nachdem sic von Salzburg bis Brück dem Vaufc der Salzach gefolgt, hinter letzterer StatM den Fluss und wendet sich nördlich in den Mitter-Pinzgan. Hier erreicht sie bald den schönen Zcller-See, an dessen westlichem Ufer sie wie die alte Strasse vorüberzieht. Der Zeller-Sce ist der gröstte See im Salzachthale und seiner Vage nach einer der merkwürdigsten Alpcnsrm, deren wenige ihm an malerischer Schönheit gleich touunru. Er liegt nämlich in ciner GebirgMcke, von der aus man nördlich eine der höchsten Gruppen der Kaltalpen, südlich eine der höchsten Gcbirgsgruppen der Mittelkctte mit dem Blick erreicht, während östlich nnd westlich das grüne Uebergangsgebirge dm Nand des Secbeckens bildet. Die tiefe Mitte dieser Gebirqöeinfasfnng ist um» dein Seespiegel erfüllt, der eine Stunde lang und cine halbe Stunde breit ist, während die Tiefe des Sees 73 Meter beträgt. Sein Abfluss geht südlich in die Salzach, während nördlich, nur durch einen schmalen Höhcnzug geschieden, die Saalach von Westen nach Norden umbiegt. Die im Norden nnd im Sühen in* 148 Der Heller-See im Pin^au. in Sümpfe (Prielauer-Moos »nd Zeller-Moos) übergehenden Ufer des Sees sind durch Ausfüllungen und Anschwemmungen entstanden, denn er ist wahrscheinlich der Ueberrest eine?! gröberen Tees, der einst die ganze Weitung des Thalbodcns ausfüllte. Jetzt sind die Sümpfe des Zellcr-Mooses zum Theil trocken gelegt; die Anschwellungen des Sees sind durch die auf Anordnung des Kaisers Franz ausgeführten Vntwässcrungsarbeitcn beseitigt worden, so dass der gewöhnliche Wasserstand des Tees selbst bedeutend niedriger ist, als früher. Der Marktflecken Zcll ain See liegt am westlichen Gestade auf einer Halbinsel, die der Echmitteubach geschaffen hat, die er aber auch wieder zu verschlingen droht. Der Ort ist uralt. Wie schon sein Name sagt, verdankt er seinen Ursprung einem Kloster, das aber nachmals spurlos verschwand. Vor 1100 Jahren, zur Zeit des heiligen Bischofs Birgilius, einstand hier das Kloster mit einer Kirche, (^Ila i,< Nikon/.is» genannt. Die frommen Mönche lichteten den Urwald lind bebauten die Gegend: allmählich entstand neben ihrer Ansiedelung eine Ortschaft, die sich zu einem namhaften Markte erlwb. Die Pfarrkirche in Zell, dem heiligen Hippolyt geweiht, ^ist ein mächtiges altes Gebäude. Sie bestand bereits im 13. Jahrhunderte, denn 1217 gab sie Erzbischof Eberhard I I. von Salzburg dem Bistum Chiemsce und stellte 121.^ den Probst des damals noch bestehenden alten Klosters Rüdiger uon Nedcck als ersten Bischof darüber. In dem allgemeinen Bauernaufstände des Pinzgaucs im Jahre 1526 blieben die Bewohner Zells allein dem Salzburgcr Erzbischofe treu und erhielten dafür die Ehrcnbcnennung der „getreuen Knechte St. Ruprechts." Sie durften jährlich eine Wallfahrt nach Salzburg anstellen, dort im Dom ihr deutsches Kirchenlied anstimmen nnd rings um den Hochaltar ziehen; abends wurden sie sodann im Hosteller bewirtet. „Die Pinzgaucr wollten wallfahrten gehn," hcift cs im Volkslied. Die Lage des Marktes Zell ist reizend; doch ist die unmittelbare Nachbarschaft des Sees namentlich vor den bereits erwähnten (lntwässerungsarbcitcn gefahrdrohend gewesen. Einmal schwebte der Dcr Zel!n'-2cc in, Pinzgaii. 14'.> 5^rt in großer Gefahr, an einem Tage durch Wasser Mld Feuer zugleich vernichtet zu werden, und wirtlich gieng mehr als die Hälfte der Häuser z»i Grunde. Uui den Tee selbst genauer tennen zu lernen, unternehinen wir nn einen« heiteren Abend eine Spazierfahrt auf dem von Tüdcn nach Norden sich streckenden Spiegel. Wir nehmen die Richtlillg nach Thumcrsbach, Zell fast gerade gegenüber im ^stcn. Auf der Mitte halten wir und überschauen die merkwürdige Gegend. Gerade im Norden erhebt sich in einer Entfernung von vier Stunden die .Mlt alpenwrlt in äußerst schroffen Formen, eo ist der Südabsturz der Berchtesgadeuer Gruppe; oben auf diesen senkrechten, nackten, wild^errissrncn Wänden breitet sich eiuc weite, öde Fläche aus, das steinerne Nicer, dessen erstarrte Wogen hiuab nach Berchtesgadcn fluten. Wcißro'tlich erscheil,cli die schroffen Felsmauern, deren Steilheit keinen Schnee duldet, mir hie und da in tieseu, schattigen Rissen verrät ein Tchneestrcisen die Höhe der Berge; blauduftige Schlagschatten auf dcu r>on nutcu bis oben nackten Wänden zaubern einen Feenpalast hin; wie von einem Altare Gottes steigen Wollensäulen aus tiefen Schnccschluchteu himmelwärts. Der Nuerfahrrne wird laum ahnen, dass bis an den Fnf; jener Berge, wo das Schloss Vichtenberg die Vage von Saalfelden bezeichnet, fünf Stnnden sind. I^t wenden wir den Blick südwärts, uud eine völlig andere Welt liegt vor uusereu Blicken; es ist die Urgcbirgswelt in ihrer ganzen majestätischen, aber ruhigen Größe. Fast erscheint sie nicht so hoch, wie die trotzigen Zacken des kaltes, wegen der sanftere» Umrifse; doch bald wird der Beobachter ihre Grösic würdigen. Gerade im Süden erhebt sich als stolze Pyramide das In bach Horn fast 2470 Meter hoch, also so hoch wie die nördlichen Faltwände, aber das vierkantige Fclsengcrüst ist noch bis zur Spike vom Grün der Matten überschimmcrt: nur oben treten die braunen Urfelslantm schärfer hervor. Ueber ihm erhebt sich der tiefbcschneitc Gipfel des hohen Tenn, Eisgcfildc und beschneite Felscnrücken um1) beideu Seiten herabsenkeud. (5r verbirgt das A.'i7K 150 Tor Zl'lk'v'.^l'l' i»! ^iüZssini. Nieter hohe Wie^bachhorn. vilito l'011 dieser Gruppe fallt der Blick in das Fuschcrthal bis zll scinem Taucrn, wrlchen der iin Hintergründe anfragende Brenn to gel bezeichnet. Großartiger zeigt fich rechts die Eiswclt des .^apruuerthalcs, dessen westlicher Eckpfeiler, das schon dick beeiste .^ivstrinhorn (3^9^ Mctcr hoch) mit dcr Eiswtlnncr, stolz sein Haupt in die vüfte hebt. lieber die Gletscher des Hintergrundes steigen zwei gewaltige Schncebergc ans dcr Nachbarschaft dcö Groß-glockncrs auf, der Ioha!in5ber>i und dcr ^ärcnt'opf. Tchmi ist es, wenn am späten ^c'achmittag dcr Schlnclz der Matten durchglüht wird oon der sich neigenden 3onnc und violetten Schatten den Faltenwurf des Gebirges oerraten; wenn die silberweißen Firnen nber dem Grün und Gran der Borberge erglänzen in dem Dunkelblau deo Himmels. Aber säwner e>der vielmehr erhabener ist der Eindruck, wenn der Abglanz der 3ounc an dcn ^altriescn ocr-l'lichcn, wenn von den grimbemattcten llrbcrgcn das lebendige Grün gewichen ist, wenn sie als dunlle Niesen im grnucu Flor der Dämmerung erscheinen, wenn dmm noch allein die Eio.Mnen stolz im glühenden Feuer der untergehenden Sonne oder ihrer Mchhut, des Abendrots, ihr Haupt erheben und sich als Herschcr dieser Welt verkünden. Duntel deckt dann das Thal, tieferes Dnntel den jetzt schwarzen Seespiegel, aber tief hinein in den fast nächtlichen Spiegel tauchen die glühenden Eisgipfel, als ob sie der Abkühlung bedurften, — Ans dieser Fahrt können wir noch da5 am nordlichsten, ebenfalls sumpfigen Gestade des Sees gclcgcne Schloss Priel au besuchen, das in dem dort üblichen Stil (hoher Giebel und oicr Vcktürmchcn) erbaut ist; dabei steht eine kleine Kirche, die einen schönen Vordcrgrnnd abgeben würde, wenn sie in einem guten Stile erbaut wäre. Wenn nur ans dem Fenster unseres Wirtshauses gegen ^sten über den nahen Kirchhof uud den jenseitigen Tee hin sehen, so erhebt sich dort das kaum ieiue Höhe verratende grüne Thonschiefer-Urbcrgangsgcbirgc. Auf seiner höchsten Erhebung zeigt sich eine dort errichtete Pyramide, als Zeichen einer weiten Aussicht. Es ist dcr T,v ^i'llrr^T,^ ii» Pintail, 1,')1 über -^KW Hilcter hohe Hlindstcin, wo sich ehemals an! Iaeobstage die Pinzgaucr versammelten, mn alle im Vanfe des Jahres vor-gekommenen Streitigkeiten und Hälidel durch oft sehr blntig elidende Fansttäinpfc zu schlichten; anßer den einstlichen Zwcikämpfen gab es anch solche, die nur ein Spiel waren. Das waren die sogenannten „NanMlfcstc". Die Höhe des Hundsteins bildet einc ziemliche Fläche; das schönste ist ader die ^lnssicht: geqen Norden die fm-chtdaren, 2ft«0 Meter hohen Wände der nbera,offenen Alpe oder des ewigen Schnees, hier Wetterwand qenannt, nnt ilnein großen Eisycfildc, dessen Zipfel wie ein Martuch inin dein groben, oben ebenen Berge herabhängen; gegen 3ndm da5 ganze Rauriscr Thal hinan nnd die sich dort erhebenden schneebedeckten Goldberge! gegen 3ndwesten die Eiswclt des Großglockners nnd des Venedigers; westlicher ein großer Theil des Pinzganes; gegen Tndosien dir (^aslciner und Grosiarlcr Bergwelt. Eine ähnliche großartige Rnndsicht bietet nnch dir, gerade westlich von Zcll gelegene, 1900 Nieter hohe Schmittcnhöhr dar, ebenfalls ein bis znr Spille grnnbewachsener Thonschicfcrberg, von dem der erwähnte Tchmittrnbach herabstürzt, nm den Marttslccken Zell zn durchströmen; nnr nnt dein Unterschiede, dass man hier, wie dort in die Ranris, in dao >tapr»n^r Thal hineinschant, nnd der Ueber-blick des Zelter-Sees nnd der Salfelder Ebene mit den darüber aufsteigenden Kalkwänden dieser Anssicht einell noch größeren Neiz verleiht. 12. hilllriu und drr T>ürronl'rra. Straße oon Salzblirg nach der alten Hnlinenstadt Z^I^l, ! Ha III?ill sühn uns l>ei dciil ')lonnthore hiualls, an dm ^i^^ Vuslschlössern Veopoldstron mid Hellbrunn uorüber. ^^^^! Prachwoll sind die Ansichten, welche mis bald dic uiel türinigc Stadt in nnscvcin Niittln »nit ihrcin Fclscnschlossc Hohen salzbnrg gewährt, lnüd die 3lilzach »nit ihren Allen und Dörferll, Villen ,lnd Tchlösseri, an ihren Ufern, lmld frnchtl'are Ackerfelder und bnntl'cblümte Wiesen, die jel.'t eine Allee l>e,n Vinden, jel.^t ein Pappel-gang, dort cm Talinenwäldchen und hier Erlena,el>iischc durchschneiden. Bald uns zur Ecite nlld bald r>or nnv erhebt der schnregekröllte, sagenrcichc Nntcrsbcra, seinen Atlaoriickeu. Die iViorqennebcl spielet, an seinen östlichen Wänden und Pinkeln wie dir BerM-ister in seinen Schlünden. Ueber srineui xiedri^eren Brllder, dein Hohenstliufeu, schwebt der Morgennebel, den nächtliche Weste m>5 dein bairischeu Äierrc, dein »Chiemsee, inn seilicn (Gipfel saninieltm. Wir liwnen uns keinen prächtigerell Morgen zn llnserer Wanderung wünschen. Unmittelbar hinter Hellbruun. erreichen wir das Dorf Anif luit cinelil neuen gothischen Zchliisschm, das in einem kleinen Weiher sich spiegelt. Hinter dem Dorfe Nieder Alm überschreitet die Straße den Abflufs des >ionigsscrs, die Alm, welche sich hier mit der Salzach vereinigt. Nun gewahren wir zur Vmlcn das mit mächtigen Mauern >>a»nn und dl'r ?ü>,r^!l>l'vg, 15>3 umgebene Schloss Nif nnd cine halbe Stunde später find wir in Kaltenhanscn, wo uns die berühmten Felsenkeller emer großen Brauerei freundlich zu kurzem Aufenthalte einladen. Hier erhebt der Barmstein, ein steiler, zweigipfeliger Kalkfels, dessen Ziuuc eine entzückende Fernsicht bietet, seine malerischen Wände. Von Kalteuhmisen bis Hallcin fesselt nun kein mertwürdigrr Gegenstalid mehr uusereli Blick; wol aber wird die Straße immer belebter nnd dm Flus^ abwärts an den wir harl heraugctommen, befahren schlverbelastetc Talzschiffc. Endlich erreichen wir, tan»! fünf Stunden nach unserem Anfbruchc r>on Talzbura., die Stadt Hallein. Wer tein qrosier Freund von Fußwanderungen ist, oder wem die Zeit knapp zugemessen, der mag uon Salzburg bis Hallein die Gisela Bahn bcnülM. Diese zweigt bald nach der Ausfahrt »on der Vinzer Vahn rechts ab uud bleibt slrt5 auf dem rechten Salzachnfer, wie die Strafe ans dem linken. In großem Bogen um^eh: die Bahn den Capuzinrrberg, durcheilt nun cm schönes, mllellbesctztes Thal. ftassirt das durch seinen prachtvollen Park berühmte Schloss Aigen, hierauf die Schlosser Goloenslein und Nrstein, führt nach dem Dorfe Pnch, dauu von der Salzach sich entfernend a>> den Schlössern Win kl nnd >tahlsperq vorbei uud gelaugt, nachdem sie dir Ober-Nlm auf einer On'ttcrbrücke iibersclöt hat, zu dem Ziele unserer Fahrt. Hallein liegt am liuten Salzachufer und ist nach Salzburg die bedeutendste Stadt des Herzogtums, die über :;6<)<) Einwohner zählt. Wie Salzburg, so besn.'t auch Halleiu eine ^roße Auzahl flacher Dächer: sie verleihen der Stadt einen eigentümlichen Anstrich, welN'e durch die vom Rauche der Saliueu uud Brauereien geschwärzten Mauernder alten Häuser eiuen erlisten, düstern Charakter erhält, ^er Drt selbst bietet keine besonderen Merkwürdigkeiten; er hat vier Plätze uud fünf Kirchen, eine Cigarrenfabrik, eine Holzschnitzerci-Schnle nnd ein großes Sudhaus, wo die au5 dem I^ürrenberg gewonnene Soole vcrsotten wird. 154 H.ulcii! »nd di'v TuvvciNicrss. Mit drill Schlnssc des ersten Jahrtausends christlicher Zeitrcchnuug stand hier nur eine Kirche, voll einigen Häusern umgeben; damals hieß der Ort Mühlbach. Alo aber iul Jahre ll2!l der Salzberg, dcn schon Kelten und Römer geuüi.-t hatten, wieder regelmäßig zu bebauen begonnen ward, da hob sich natürlich auch der am Fuße demselben liegende 5?rt schnell, wuchs znr Stadt heran, und so entstand die Stadt Hal lein, hauptsächlich bewohnt von der Halloren fleißigem Volke. Auch heute ist der Gewerbebetrieb ansehnlich, scheint aber uicht genug einträglich zu sein, denn es wird hier mehr gebettelt als anderswo. Die größte Merkwürdigkeit in der Umgebung Hallcins ist der Salzberg, der Dürrenbrrg, der uralte Tuval, den wir ersteigen wollen. Er liegt im Südwcsten der Stadt, über deren Boden er sich :''4t) Meter hoch erhebt. Seinen Reichtum tannten uud uümm, wie erwähnt, schon die Kelten und die Römer, bi5 er in den Zeiten derBölker-wandrruug in Vergrsseuheit geriet. Verödet, eine Wildnis, stand das Vand. Erst des heiligen Rupert segeusreichcs Streben rief den Bergbau im Tuual wieder ins Vebcn. Vom Jahre 112^ an sinden wir den Ban im Salzberge geregelt, da entstand auch Hallcin. Die Talzburger Erz-bischöfr der früheren Zeit betrachteten dcu ^al,^berg indessen uliuder als eine Quelle zu Staatseinkünften, sondern mehr als Fundgrube zu beschenken und Wolthaten. Sie gaben dem Salzburgcr Domeapitel, dem Stifte St. Peter, dem Ronnrnstifte, St. Georgeli in >tärnten, (5hiemsee, Raitenhaslach, Suden, Neichersberg reichliche Antheile am Salzberge. Später lernten sie den Wert dieses Bodcnfchatzes besser würdigen, zogeu allmählich wieder alle Alttheile an sich, uud seit fast uirr Jahrhunderten sind die Vandesfürsten alleinige Besitzer des Berges. Die Menge Salz, welche man seit acht Jahrhunderten aus dem Berge gewann, ist staunenswert und deutet auf die Mächtigkeit des hier von der Hand der Natur niedergelegten Vorrates. Man kann annehmen, dass in dcn letzten fünfhundert Jahren allein alljährlich an uud über 17 Millionen Kilogramm Salz erzeugt wurden, uud noch immer spendet der Berg iu uncrschöpftem Maße die Fülle seines Segens. >>!Nlcm und der ?ürre»l'n^. 15,5» Von oben hcvab betrachtet zeigt sich dieser Berg alo eine Bereinigung mm Hügeln, welche gegen Süd und Südivest an die schroffen Kalkwände des Göll hincmsteigcn. Das Innere des Berges ist Flo'tz-talkstcin von gelblicher und grauweißer Farbe. Doch finden fich auch buntfarbige Vager, bei denen ineist die brannrote Farbe vorherscht. Versteinerungen touiuien zahlreich vor. Der hier sogenannte Buch stein besteht cms Trümmern ool> eisenschüssigem Sandstein nnd Kaltbreccie'). In den Schlnchten ist Mergelerde, verhärteter Mergel und sandiger Töpfcrthon nnter der Dammcrde von geringer Vl'ächtigteit. Die Oberfläche des Berges selbst ist höchstens nur 7 bis 15 Meter tief Dammcrde, Vchm und ^alksteingeröUe, unter diesem liegt schon der Salzstock. Die salzhaltige Grbirgsmassc in diesem Berge stellt sich als ein ungeheures Stockwert von gemeinem Thone dar. Dieser Thon is: bläuliH und schwärzlich grau, mehr oder minder erhärtet, wo er zn Tage tritt, zuweilen lettcnnrtig; in beträchtlicher Tiefe geht er in Schieferthon über. (5s gibt blätteriges nnd faseriges Steinsalz in verschiedenen Farben Varietäten. Je tiefer man gräbt, je reicher an Salz wird der Thon. Man bemerkt, dass cr gegen Süden reicher als gegen Norden ist. Dao l,ier sogenannte Haselgebirge besteht auo einer Tlwnmassc, die mit Mergeladern und nur spärlich mit Stcinsnlzlagen durchzogen ist. Dieses Haselgebirge ist ebensowenig bauwürdig, als das Tanb oder Blindgcbirgc,. das kein Sal^ enthält. Ansicr dein Steinsalze findet man im Verge auch „Wunderfalz" (schwefelsaures mineralisches Altali). Es ist meist hcllwcip und durchscheinend. Das Steinsalz ist entweder nur durch den Geschmack in der Thonmasse zn erkennen, oder es findet sich krystallinisch ausgeschieden in Vmldstreifen von den herlichstcn Farben, blau, rot, weis; und grün, kleine Adern von Gyps begleiten diese Streifen. Wegen dieses Vorkommeno taun das Salz nicht anders als dnrch Auslaugen gewonnen werden, welcheo auch am kürzesten an 5>t und Stelle durch >) Brcccien l^stc!^!! aus cckMn Bn'chstiickcn vcilchicdc»«' O^stt'me, welche dnvch rm lalüqrs, thuni^s oder l'n'soli^'5 Bin^uiittcl vn'buud^n sint». 1ii6 Halle,» und dcv T>!irv^!ibev>i, hineingeleitctrs süßes Wasser geschieht, nachdem zuvor große Näume, sogcnmnttc Sulz stücke ,im ^estcrreichischrn) oder Tint werte (i>u Baicrischen), altsgrhauen sind. Hat sich das dahin eingeleitete süße Wasser mit 3alz gesättigt und die erdigen Bestandtheile zu Boden gcscht, etwa in drei Wochen, so wird dir Soole in Räume außerhalb des Berges gleitet, wo sie abermals stehen bleibt, llm sich von allen übrigen erdigen Bestandtheilen zu reinigen, nnd fließt nnn in die Sudhäuser, lim oersotten zn werden. ^?ac' ansgelangte Gebirge heißt Heidenqebirge. Da das Gebirge nicht allenthalben scstes Gestein ist, so müßen die Trollen ansgedmtt werden, besonders wo Vnftzng stattfindet, weil in solchen das Gebirge schneller Mmnmenrüctt und die Gänge wieder verengt, was bei lufwrrschlossencn nicht der Fall ist. Wo Salzwassci" durchsickert, ist der Ausbau von Holz, weil das Salzwasser das Holz härtet nnd gleichsam versteinert; wo süßes Wasser eindringt, ums; der Ausban ans Mmicrnng bestehen. Ein großes Sulzstück oder Tintwert enthält <^«8 Cubilmeter Tnlze, eine Maise, welche eine Pfanne neun Wochen lang beschäftigt. Gewöhnlich sagt man: ein Sinlwrrt enthält neun Bergpfannen Sülze; eine Bcrgpfannc ist so viel, als in einer Woche in einer Pfanne versotten werden lain,, d. i, 7A60 Hcltoliter, woraus 2200 Heltoliter gesotten werden. 100 MoaMlum Soolc geben 25 Kilogramm Talz. Gegen ^">(> Berg' leute (Schichtlcr) arbeite», in, Berge. Der zwischen Süd und West liegende Salzstoä hat eine Mächtigkeit von 2K38 Meter Väuge, 129<) Mctcr Breite und 5> 16 Mctcr Tiefe. Der Bergbau findet in neun wagrechten Stockwertcn oder „Bergen", wie sie hier genannt werden, statt: diese tragen, von oben herab gezahlt, folgende Namen: Gcorgcnberg, Veonhards Berg, Frcndcnberg, Glamcrberg, Ober-Steinberg, Unter-Steinberg, Johann Jacob Berg, Nnpcrts-Bcrg und Wolf-Dietrich.Berg. Früher hatten alle diese Berge, bis auf den Nupcrts-Bcrg, eigene Ausgängc zu Tage: nun sind aber jene am Vconhards- und Glamcrberg aufgelassen, so dass nur mehr sechs dieser Berge eigene Ausgängc haben. Da aber alle ueun Stockwerke durch Stollen, Schächte »nid Rollen nnt einander in Verbindung gesetzt sind, kann man leicht von einem znm andern, vom obersten in den untersten Berg und umgekehrt kommen. Bon Halleili ails ersteigt man den Dürrcnbcrg leicht in einem Stündchen. Der Weg erhebt sich steil am Mühlbachr hinan. Schon nach kurzem Steigen öffnet sich eine bezaubernde Uebersicht des Calzachthales und der Stadt Hallei» mil ihrer Umgebung. Mit jrdem Schritte aufwärts erweitert sich der Horizont dieses Prachtbildes. Der Mühlbach, an dem wir hinaufwandcln, bildet bei seinem Ablanfe, dicht hinter der alten Pfarrkirche, eine artige Cascade; auch der Banmbach und Adlcrbach stürzen in schönen Wasserfallen über die Wände herab. Der Pfad wird immer sleiler durch Grubcu und Schluchten zwischen schroffen Fclscnparticn, Endlich winkt freundlich aus Osten die fernhinschauendc Marmorkirchc auf dem Dürrcnberge von ihrer grünen Anhöhe herab zn uns. Ein steiler Trcppelwcg flihrt uus auch noch diesen leyten Hang hinan, und wir haben uun das Plateau erreicht. Hier steht die berühmte Wallfahrtskirche, die zahlreichen einzelnen Knapvenhämer der ^erglente und mehrere deu Zwecken des Bergbaues dienende Gebäude. Den Bau der Muttergottcs >tirch^ begann im ^ahre 1.'>94 Erzbischof Wolf Dietrich von Salzburg; sein Nachfolger Mareus Sitticus legte die lektr Hand anc< Werk ul!d im ^ahrr i<>>^ war der Bau vollendet. Die Kirche ist durchaus uou rotem Niarmor erbaut, welcher au derselben Stätte gebrochen ward, wo sie steht. Der Turm besonders ist von machtigen Maruwrguaderu gefügt, mit weißem Blech gedeckt. Seine Spitze leuchtet daher, von der Sonne beschienen, weit in das Valid, und die Kirche erhielt dauon im Voltsmunde den Beinamen der „gläsernen". Die Ersteigung des Turmes wird durch ciue herliche Aussicht, besonders gegen die höher liegenden Alpen, gegen den (Wll hin belohnt. Eine Treppe von 199 Stufen führt hinan. Sie ist so bequem, dass die Sage geht, Erzbischof Paris sei hinauf geritten. 156 Halln» !!!!^ di'v Düvrrnbcvli, Nach Besichtigung der Kirche betreten wir das Gasthaus, wc» wir uns zur Bergfahrt uuitleiden. Weiße, weite Beinkleider, ein weisicr furzer Kittel, ein Schllrzledrr und cine schottische Mütze geben u»,s das Aussehen von Bergknappen, Dann geht es unter Borantritt eines Steigers ats Führer beim Scheine mitgenommener Vampeu in das Inlierc des Berges. Wir treten in das Muudzimmcr des Freudcnberg- Haufttstollens, des dritten lwn oben herab, weil er hier der nächste ist. Das Portal ist mit weißem Marmor uom Untcrsberge gedeckt. Der ganze Stollen ist 555 Meter lang und wahrhaft großartig. Gegen 95 Meter weit hinein ist der Stollen elliptisch mit Marmor ausgemauert; dann ist er theils verzimmert, theils besteht er aus Salz- und Gypsgebirge. Wie glänzendes Geäder schimmert hier rechts und lints rotes irystallisirtcs Salz uon den Wanden. Nm Ende des Stollen steht man dann an der ersten Rolle, die mau hinabgleiten muß, um in die tieferen Stollen zu gelangen. Es gibt nier solche Rollen im Dürrenberge; diese bestehen ans runden, glatten Baumstämmen, über welche ein 3eil gespauut ist. Der Führer nimmt rittlings Platz auf dem Stamme, streckt sich auf den Rücken, ergreift mit der uon einem starten ledernen Handschuh geschützten Hand das Seil und gleitet ans diese Weise blitzschnell die Rolle hinab. Hinter ihm setzen sich auf dieselbe Weise die Fremdcu und folgen in der Fahrt, die, zum erstenmal gemacht, etwas Einschüchterndes, Abenteuerliches hat, aber sehr bald gelernt ist, so dass mau oor den folgenden Nolle» nicht die geringste Scheu mehr hat. Die Frendeiwcrg Rolle ist 1W Meter lang uud wird in 1'/-^ Minuten zurückgelegt. Wir stehen nun in dein Nutersteinberg-Stollen. Die Strecke, welche wir in diesem Hauptstollen vom Ende der FreudcnbercpNolle bis zur Iohmm-Iaeobs-Rolle zu durchwandern haben, ist 2<)5 Meter lang. Von hier öffnen sich zur Vinlen uud Rechten die Sinlwerle Alt-Widmann, Puister, >lrcmberger und Staberer. Das letzte ist eines der größten im Berge. Es gleicht einem ungeheueren Saale und fasst angefüllt 568.000 Hettoliter Wasser. Magisch schimmert in Hallrn! und dcv Tillrrnbl'Vss, 15)9 der wciten Halle im Glänze der vichtcr das Farbenspiel dcr Salze, weiß, pcrlengrnn, gclbrot, grün, amethystfarbcn und blau! Abrrlnals gelangen wir an cine Nolle, über welche wir abwärts gleiten und wandeln nnn in den Johann Jacob Hanptstollen, in dessen Nevier sich die salzreichstcn Werke befinden. Er trägt semen Namen lion dein Erzbischofe Johann Jacob oon Tlilzbnrg, der diesen Stollen 1573 schlagen ließ. Am 26. November des genannten Jahres flirren die Arbeiter im harten Salzsteine auf den Körper eines Mannes, dessen Veichnlnn znr Mumie vertrocknet war. Man brachte ihn nach der Kirche und sehte ihn dort bei. Vin ebensolcher ^all ereignete sich XNss im 2t. Georg-Stollen. Auch dort fand man eine solche Mumie, Wie viele Jahrhunderte diese Venmgiiicktcn in dem stillen Grab gelegen, wer vermochte dies zu sagen? Wir fahren über die dritte Nolle, die Wolf-Dietrich Nolle, hinab. Da der Nnpcrto ^crg, das achte Stockwerk von oben herab, zwischeu dem Johann-Jacobs- und dem Wolf-Dietrich-Berg, ohne Ans gang ist, das hristt, leine Ausfahrt zu Tage hat, und doch des Sehenswerten vieles birgt, so steigt muu in der Mitte der Wolf-Dietrich-Nolle ab und geht von dort in den Nuperts-Bcrg. Hier betritt man zncrst eine Halle, in welcher bis zu Ende des vorigen Jahrhunderts die Bcrgbeschau sich versammelte und das Protokoll abgelesen wnrde. Es heißt daher diese Halle noch heute das Berg oder Commissionszimmer. Es zeigen sich hier die Wappen des Kaiserhauses, welche au den Besuch des Kaisers Franz im Jahre 180? erinnern, nnd die Monumente der Heiligen Nnpcrt und Sigmund, Alles aus Marmor. Zur Vinten des Nnpert-Denkmals ist im Salzgestcin ein Platz ans-gehancn, m welchem die Stufen aller im Berge vorkommenden Salz-gebirgsnrten nnd mehren- iibcr Tage vorgefundene lettische und römische Altertümer aufgestellt sind. Diese Halle ist daher i« hohem Grade interessant. An dem Nnperts-Hauptstollcn liegen die Werte Schendl, Ferdinand, Sigmund, Leopold, Firmian, Kaiser Franz, Maria Empfängnis und Konhauser. Gewöhnlich werden dann 160 . Hallcin und der ?in'Vl',iln'l',i. die Fremden in das Werl >t on hanser gcsiihrt, in wclcheni sich ein Heiner Salzwasserscc befindet, der in der Grubenbeleuchtung eine im hohen Grade überraschende lnagische Wirlung erzeugt. Das Flackern der Vichter nnd ihr Widerschein im See, die farbigen Salze an den Wänden, die im Snlzgebirgc eingesprengten Gypstrystalle, welche gleich Edelsteinen funkeln, Alles vereilit sich, den Zauber der Sinne zu steigern. Wir besteigen einen Kahn, welcher oon eineln jenseits stehenden Bergmanne, wie von liusichtbarcr Hand, an einem unter dem Wasser hin gehenden und daher unsichtbaren Teile an das andere Nfcr gezogen wird. Dann kehren wir durch das öden beschriebene Bcrgzimmcr zurück und fahren die Rollen vollends hinab in den Wolf-Dietrich-Stollen. Dieser prächtige Hauptstollcn ist von dem Ende der Nolle bis zum Mundzimmer, wo man zn Tage ansgcht, gegen 2500 Nieter lang. Der lchte Theil des Stollens ist in weisien Marmor gehancn, ein wahres Nömrrwert, Der Vrzbischof Wolf Dietrich uon Naitenau begain, diesen Niejenbau >,',<16; drriundz»oanzig Jahre später war er oolleudeN er mag leicht eine halbe Million getostct haben. Durch diesen Hauptstollen fährt man nun wieder zu Tage aus. Eiu langer Wurstwagcn erwartet uns; wir besteiget» ihn, ein Knappe zieht, ein anderer taucht rückwärts nach, und bei dein starten Gcfä'llc des Stollens geht diese Fahrt außerordentlich schnell. Hier heißt's: Kopf gerade, nicht links noch rechts gefchaut, damit Kopf oder Arm nicht an eine der Ecken des Stolleus anstoßen. Ueberraschend zeigt sich am Ansgangc das Tageslicht; zurrst, noch in der Mitte des Stollens, als fenriger Punlt, dann als stets wachsender Stern, immer großer, immer strahlcuder, lind nach 10 Minuten begrüßt uns Vuft nnd Vieht im Freien nach der interessanten unterirdischen Ncisc. Wir befinden uns am Fuße des Berges dicht bei Hallcin, und nachdem wir uusere Bergmannstleide? abgelegt haben, lehren wir des lohnenden Ausfluges floh in die Stadt und znm Bahnhöfe zurück. Der I^allstätter-See von Gbertraun. iZ. Vrr hallstätter See. ^^/^H'lcnu wir von dem vielwruhniten Badeorte Ischl aus, dcr ^«^W Bahilfahvt dir Fußwanderung uorziehelld, den Weg nach OW^M^ Hallstatt eilischlagcn, wird unscr Auge, nachdem es schon ^..... mehrmals durch uialerische Punttc des bald sich verengenden, bald sich erweiternden Trannthales angezogen worden war, durch dcn Anblick des reibenden Beckens uou Goiscrn gefesselt. M5 deui reich-belebten Grunde, dessen Mitte das stattliche Dorf einnimmt, stufen sich, hier als Terrassen, dort als hngelartiqe Erhebungen uud Vorsprünge, die von den üppigsten Wiesen, bunten Baum und Valdgruppen, von Feldern, Obstgärten und Gehöften bedeckten Gelände allmählich zu den vielgestaltigen Alpenhöhen auf, welche das Thal zu beiden Seiten begrenzen. Noch schwelgen wir iu den freundlichen Eindrücken dieser Vand-schaft, als sich mit eineunual die Tccnc gänzlich ändert. Der farbenreiche. Culturboom, welcher uns eben noch umgab, ist verschwunden und ein düsterer See, zwischen steil und mächtig aufsteigende Bergmassen sich zwängend, erfüllt uuu den Thalgrund. lleber die einige hundert Schritte lange Brücke bei Steg, wo die üystallhelle Traun dem durch eine breite Klause gestauten See entstürzt, gelangen wir zu dem Haltpltche dcr Salzschiffe, die znr Thalfahrt nach Gmunden bestimmt sind. Dort nimmt uns ein tleines Umlai, liele durchschnittenen Flut rasch in ein intensives Schwarzgrün iil'ergeht und der turz vurlicr noch sichtbare Bodell in der iah zuuehmeudcn Tiefe verschwindet. Die Fahrt nach Hallstatt bietet uns genügende Musie, über die ganze Umgebung des Sees Umschau zu halten. Zunächst werfen wir noch einen Blick zurück naäi worden, wo der See in den breiten, flachen Thalbodm verläuft. Dort »mgreuzen nur weuig über 1800Meter euiftorrager.de Berggipfel den Horizont des Goiserner Beckens, dessen anmutige Vandschaftsfrische den tiefernsten llharatter des siä, nun vor ulls entrollenden Gemäldes noch greller hervortreten macht. Znnächst über dem Westufer des Sees steigt das Nlimsau-gebirge mit dem (Hosauhnls, eine dolomitische Masse von nahezu 1600 Meter Meereshohe auf. Hunderte von tief eingerisscnen Runfen gliedern das schroffe behänge in eben so viele Vorsprünge »nid Zacken, die sich in eigentümlicher Symmetrie Pyramideuförmig über einander aufbauen. Das düstere Aussehen der schwarzgrau verwitterten Felsen, in welcheu nur hie und da eine frische Bruchstelle die nrsprünglich lichte Farbe des Gesteins ertennen lässt, wird wo möglich noch gesteigert durch die zahllosen dunklen Flecken von .Mummholz, welches hier stellenweise zum Fusie des Gebirges, d. i. bis zum Niveau von 500 bis 5>40 Metern herabsteigt und somit hier seinen tiefsten Standort in den Alpen erreicht. Breite Streifen gelbgrauen Schuttes, durch die grünenden Halden bis zum See herabziehend, verraten die rasch fortschreitende Zerstörnng der leicht zerbröckelnden Massen, ^während der spärliche Baumwuchs die Unfruchtbarkeit des Bodens teuuzeichnet. « Viel compaeter uud hoher als das zerfurchte Namsaugebirge steigt am Ostufer der Sarstcin (1984 Meter) auf. Seine langgestreckte Der Hllllstätter See. 16 !l Vtasfc, durchaus schroff, thcilweise wandartlg sich erhebend, begleitet den See voin nnteren bis zum obereu Ende. Die am Fuße des Berges abgelagerten Schnttlehnen sind mit Wald, an kleineren Stellen anch mit Wiesen bekleidet. Selbst einzelne Hänschen, von ,^7bst- nnd Ahorn^ bäumen nmschattet, haben noch hie nnd da Platz gefunden, während die verschiedenen kleinen Schiffhütten ain See schon andeuten, dass dieser siir die Uferbewuhner den Hnnptvertehrsweg bildet. Wir nmschiffen nnn die flaclie Vandzunge, welche sich vor der Ausmünduug des Gosanthale^ in den See schiebt, nnd inachen oor der Gosanmiihle, einer im Villastyle erbanten Nestanration, Halt, um nene Passagiere aufzunehmen. In der Nähe fesselt eine Art Aqnä'duet unseren Blick. Ls ist der (^osaii^nniu^, eine lAil Meter lange, fast stegartig lange Brücke, welche, ans sieben riesigen Ouaderpfeilern rnhend, 4!l Nieter l>oä! nber dem Spiegel de5 (^osanbaches uon rinenl Berghang zmn andern reicht nnd die Bestimmnng hat, die Soole des Hallstätter Salzberge^ nber da^ Thal zn leiten. Unser Dampfer hat sich wieder in Bewegung gesel.tt nnd lenkt, der Krümmung des Sees folgend, nnn gegen Südwrst seinen Curs. Allmählich verschließt sich die Aussicht nach Norden, die Berge steigen steiler nnd steiler anf, der Sarstein mit der weit vorspringenden Burg an im ^sten, das kolossale Dachsteinmassiu im Süden, das Salzgebirge im Westen scheinen in ein einziges Ganzes zu verwachsen und das Secthal zmn Kessel abzuschließen. Nirgend erblickt das Auge einen breiteren Nfersaum, nnd man begreift es tanm, wie hier für die nenc Straße uon Hallstatt zur Gmamnühle nnd für die Eisenbahn Raum gewonnen wurde. Der Schiffseapitän, gewohnt, die topographische Wissbegierde der Passagiere zu befriedigen, zeigt uns im Vornberfahren den Iungfernsitz, welchen ein beharrliches Seefräulein einst im hartcn Felsen ausgesessen, das Pf affeng fäll, wo ein Priester beim Speise gange in den, See gestürzt ist, in dessen Nähe aber anch der Sel zeine größte Tiefe (124-5 Nieter) erreicht, den Steingraben, in welche».: 164 Ter Hallsläiw- Lrc, eine bit' zum Tee hcrabrciclielide Triimuierhalde von dem gewaltigen, vor einem Jahrhundert stattgehabten Bergbrnche Kundc gibt. und noch manche merkwürdige Stellen der Umgebung mehr. Indes wird unsere Anstnerlsamleit auf einen spitzen Turnt und eine hoch aufwirbelnde Dampfsäule all der südwestlichen Ecke des Sees gelenkt. Es sind die protestantische 5tinbe uud das Salincnamt uüt dem Sudwcrt, die ersten auffälligen Puntte des Marttes Hall-statt, welchem wir nns nähcru. Allinahlich breitet sich derselbe, während das Schiff im weiten Bogen dem Ufer zusteuert, in seiner ganzen, malerischen Eigentümlichkeit oor unserem Äuge ans. Der Ufersanm ist so schmal, dass die Häuser wie schwalben-nestcr au der Bergwand zn lieben seinen-, stasfelfo'rmig steigen sie liinter einander empor, so dass sich über der einen Häuserreihe eine andere erhebt. Der Marltflceten scheint zum Theil im Tee zu stehen, denn fast jedes Haus hat eine wirtlich in den Tee hmansgebante Hüttc für die Schiffe, ja mitten im Ort braust der Wasserfall des Mühlbaches von einem Felsen herab. Schuppen, grobe Manern aus Findlingsstcinen, trumme Gartcnzänne schweben zwischen den Häusern über dem See. Nicht mit Unreckt nennt ein bekannter ^llpeufreund Hallstatt ein „Genua sn unnmtniv". Von Hallstatt aus überblickt man das ganze Südeude des Sees. Da öffnet sich zur Rechten das lnrze, von der senlVechten Echcrnwand lind dem über 1200 Meter hohen Abstürze des Hierlatz begrenzte Echernthal, in dessen Mündnng die Ortschaft ^ahn mit allen zu dem Comftlexe des Sndwerts gehörigen Gebäuden und dem Salmenamte gelegen ist. Behäbig breiten sich die zerstreuten Hänser zwischen Wiesengründen und Obstgärten hin. So freundlich und einladend sieht hier der üppig grüne Thalboden aus, dass es Wunder nehmen tonnte, warum uicht auf diesem ebenen Gmnde der ganze Ort angelegt wurde, wenn nicht der breite mittägige Schatten der südlichen Gebirgswand die Angabe glaublich machen würde, dass die Vahn durch zwei Monate, das Amtsgebäude sogar drei Monate leinen Dev HallslciUl'r Sce, 165 Sonnellstrahl empfängt uild salbst im Sommer nur verhältnismäßig spärlich von dem Taggestirn bedacht wird. In der That besteht auch die friiher im Marlte gelegene Saline erst seit dem Jahre I7.'i0, wo eine Fcuersbruust deu größten Theil uon Hallstatt zerstörte, auf diesem klimatisch höchst ungünstig situirten Platze. Wenden wir nun dm Blick südostwärts, so trifft unser Auge einen gar gewaltigen Vergriesm; lnassiq l'cmt er sich auf, nnd während er in sanfter Nimdmi^ dem Dachsteinftlatean entragt, stürzt er ne^en den Sec Zn furchtbar jäh ab. Weit unheimlicher noch als der hinter Hallstatt sich erhebende Plassen sieht er fich an; denn während an diesem das Au^c doch noch hie nnd da einen Nuhepunlt in Gestalt eines aMnen Fleckchens findet, starren nns da nur lahle graue Felsmauern entgegen, wild aufragend in deu blauen Aether — es ist der Krippenstein (2105 Meter), der höchste unter den vom 2ee aus sichtbaren Bergen, ein weit vorgeschobener Vorposten der meilenweiten odm Tteinwüsten und starren Fel«tolosse, die hinter ihm lagern, ^eben ihm erhebt sich eine ganz sonderbare Felslnldung, zwergähnlich im Vergleiche zu seinem Nachbar sich ausnehmend, so dass wo! uicmand auf die Vermutung täme, dass sich die beiden an Höhe nnr um wenige Meter unterschieden: der Däumel (2087 Meter), nach seiner Gestalt treffend benannt. Ihm zur Seite sehen wir den Hirschbcrg, hiutcr diesem den tahlen Nucken des Speckbergs, dann lommcn dic Berge, welche in steilen Abstürzen gegen Obertraun abfallen und so das Obertrauner Thalbecken gleichsam absperren. Der südöstlichste Winkel des Hallstätter Sees bildet nämlich die lieblich großartige Äucht von 5?bertraun, wo sich der Traunfluss in das von ihm gestillte Seebecken ergießt. Die Häuser des Dorfes Obertrmm liegen zerstreut auf dem ganzen Thalbodcn der Bucht, welche von hohen Wänden umschlossen ist; mächtige Ahorne überschatten die grünen Fluren und niedrigen Hütten. Die Einwohner unterscheiden sich von den armen, elend aussehenden Bewohnern Hallstatts durch ihr kräftiges, gesundes und blühendes Aufsehen; sic hängen nicht oon 166 Tl>r Hallstäücr Sec. anderen Menschen ab, sic sind Holzknechte, Ackcrsleutc und Viehziichtcr und ihre eigenen Herren, wenn sie sich auch oft knapp behelfen müsicn. Die Volkstracht ist hier der Hauptsache nach schwarz, mit grossen, breitträmpigcn weisen Filzhütcn, die recht gut stehen. Ehrlichkeit, Friedsainkcit »nid, trol.; aller Dürftigkeit, Heiterkeit sind Hanptzügc der Dbertranlicr. Wir haben den Hallstätter Tee ill seiner ganzen Ausdehnung befahren. Seine Ansdehnung ist keine sehr bedeutende, denn er ist nnr 8 Kilometer lang; aber er ist unter den gepriesenen Salzkammergutscm unzweifelhaft dcr schönste, und Mt Nccht tanll man von ihm sagen, dass er die Lieblichkeit des Trannsccs mit der düsteren Erhabenheit des Königssecs verbinde Ul,d so diese beiden Rivalen ans dem Felde schlage. Während das ^«'ordende und auch dic Obertrauncr Bucht liebliche uud freundliche Bilder bieten, zeigt dcr größere Theil des Eccs einen düstercrnsten Charakter, indem rauhe steile Felstolossc ihn umragen uud die ansehnliche Tiefe dem Wasser eine dunkle Farbe verleiht. Der großartige Eindruck des Hallstättcr Sees erhöht sich, wenn die umliegenden, ohnehin schauerlichen Felsenhühen sich duukclgranblcnl mit Wolken bekleiden uud eiu scharfer Wind wcisie Wellen aufjagt. In solchem Zustande ist der Tee gefährlich, und die flachbödigen Nudertähue, mit deucn man ihn befährt, sind nicht geeignet, den heftigen Gewittcrftürmen, von denen er heimgesucht wird, Widerstand zn leisten. Ein Denkmal an der nördlichen Wand dcr Secbucht bezeichnet die Stelle, we> am 18. März 1822 unweit des Dorfes Obcrtrann 39 Bewohner desselben, die während eines Stnrmcs von der Kirche zn Goisern heimfuhren, im See ertranken. Zur Zeit der Schnccschmclzc im Frühling, und manchmal auch im Herbst bei srisch gefallenem Schnee, donnern zuweilen Lawinenstürze voll dm Bergen nnd der Tee rauscht auf. Man hört von mancher Seite behaupten, es fei durch die Eröffnung dcr Eisenbahn dieser entlegene, versteckte Alpenwinkcl seiner 3l'r Hnllstätter See. 16? Romantik und Pocfic entkleidet worden. Nicht Alle, welche dm See srühcr gckauut habeu und ihn nun wieder besuchen, lverden dieser Meinung beipflichten. Wenn man ill stiller Nacht einsam auf leichtem Dahlie über die dunkle Sccfläche hingleitet, und es ertönt der schrille Pfiff der ^oeonwtwe und es dräust das keuchende Dampfross nn't dem feurigen Schweife am jenseitigen See-Ufer dahin, jetzt donnernd über eine Brücke hinwegjagcnd, jetzt mit gellem Pfiff in den Tunnel hineinrasend, worauf das Geräusch fchwächer wird uud bald ganz aufhört, der todtcnähnlichen Stille, die früher herschtc, wieder den Platz räumend, jetzt aber der Zug wieder aus dem finsteren Bcrgschlunde hcrvorbraust und aufs neue fein donnerndes Getose über die stille Wasserfläche zu uns hcrübersendet', dauu aber sich weiter uud weiter entfernt uud endlich für immer dem Auge uud Ohre entschwindet — dann fühlt man erst recht den grellen Gegensatz zwischen der herlichcn Poesie des stillen Tees nnd jenem modernen Verkehrsmittel, das windschncll zur Großstadt führt; dann ergreift erst recht innig der Contrast zwischen dem unruhigen Geiste unseres heutigen Vcbcns und der unwandelbaren Romantik der ewigen Gcbirgswelt. Haben wir uus uun au dem Genusse des Sees erquickt, kchrcu wir zu dem Hauptortc an scincni Gestade zurück, der dem See den Namen gab. Wir landen an der Gartenterrafse des Serauer'scheu Gasthofes Einen merkwürdigeren 5>t als den Markt Hallstatt gibt es nicht in österreichischen Vanden. In zwei Stufen au der Felswand gelagert sind die Häuser, die dem'Tee ihre hohe Vorderseite weisen, während sie gegen den Weg hin ganz niedrig sind. Der Nachbar muß auf sein Dach oder bis zur Dachhöhc steigen, wenn er den über dem Wege wohnenden Nachbar in dessen Erdgcschoss aufsuchen will — tcin Noss kein Wagen kann die engen Gaffen und Steige Passiren. Hallstatt befitzt zwei Kirchen. Das katholische Gotteshaus, ein alter gothischer Bau, im Jahre i:l20 eingeweiht, liegt auf einer Fclstcrrassc in Turmeshöhe über dem Mante. Neben ihm befindet sich der Fricdhof. Hier bleiben die Todten nur acht Jahre im Grabe, 168 Dcr Hallstattcr S^'. danu wcrdcn sic ez'humirt, um neuen Ankömmlingen Platz zn inachen, und die Schädel im Bcinhansc aufbewahrt, nachdem sic un't )iaulm, Alter und Todestag beschrieben wurden. Der Todtengräber zcigt lins den Schädel seines Vaters, seiner Mutter, seines Großoatcrs — cill Granen wandelt uns an nnd froh atmen wir auf, wcuu nur wieder draußen in Gottes freier Natur stehen und den sich hier dielenden herlichen Ausblick über dell See und die umliegenden Berge genießen. Die protestantische Kirche, welche hart am User steht, in in gothischein Stil zu Anfang der Sechziger-Jahre erliant und zeichnet sich im Innern wie im Aeußcrn durch edle Einfachheit aus. Die beiden ansehnlichen Kirchen lassen auf eine stattliche Ein^ wohnerzahl des Marktes schließen. Wie ist es gekommen, dass in solcher Abgeschiedenheit, mitten zwischen unwegsamen Bergmassen uud einem tückischen Alpensee, wo nicht für die winzigste Ackerstolle, ja kaum für einige kleine Wiesenfleckc Naum vorhanden ist, wo die Natur überhaupt alle Bedingungen zur bleibenden Existenz des Menschen versagt zu haben scheint, eine nnn über 1400 Bewohner zählende Niederlassung sich entwickeln tonnte? Es würde dies unbegreiflich sein, wenn nicht der unterirdische Schal) des Salzberges es gewesen wäre, welcher zur Ansiedelnng angelockt hätte. Ist auch die Entstehung Hallstatts in nndurchdringlichcs Dunkel gehüllt, so darf doch soviel als gewiss angenommen werden, da's vor zwei Jahrtausenden dieser abgelegene Erdwiukel schon bewohnt und der Salzberg in Äetrieb war. Für beides fprecheu unwiderlegbar nicht nur das vom Äergmcister Namsauer aufgeschlossene keltische ^cichenfeld am Rudolfs-Tnrme, in welchem seit 1846 gegen tanscno Grabstätten aufgedeckt uud aus deueu die verschiedensten Gefäße, Werkzeuge, Waffen und Schmucksacheu aus Äronze, Eisen, Gold, Ärrnsiein, Glas n. s. w. zu Tage gefördert wurden, sondern auch die wiederholten Fuude ähulicher Gegenstände nebst einzelnen römischen Münzen im Gehänge und am Fuße des Hallberges, und schließlich die Entdeckung eines höchst interessanten römischen Grabmonumentes im Echernthale. Der OMtiittcr S«. 169 Die Stürme der Völkerwanderung haben höchst wahrscheinlich auch diese Gegend berührt und dm vielleicht schon geregelten Betrieb des Salzberges in Verfall gebracht. Geschichtlich taucht Hallstatt erst um den Anfang des 14. Jahrhunderts auf, wo Elisabeth, Gemahlin Klüser Albrecht's I., welche das Salztammergut zur Morgengabe erhalten hatte, das Bergwert neuerdings in Gang brachte nnd in Hallstatt selbst das Sudwesen ins Vebell rief, vielleicht aber anch nur erweiterte und regelte. Iedesfalls Hütte zu ihrer Zeit der Ort schon bestanden. Sie verlieh mittelst Vehenbrief einer Anzahl Bürger die sogenannten „Juntherrechte", wodurch dieselben nnd ihre Erben die Befugnis erhielten, Salzpfannen zu errichten, die Salz-Erzeugung auf eigene Kosten zu betreiben und vom Hofe dafür jedes siebente Fuder als ^ohn zn beziehen. Elisabeth hatte den Ort so lieb gewonnen, dass sie in demselben zeitweilig ihren Sitz nahm nnd selbst eine eigene Hofburg nn Markte sich erbanen lies?, Theile der letzteren sollen noch zu Anfang des vorigen Jahrhunderts bestanden haben. Bis 1514 hatten die ertheilten Privilegien nicht nur teinc Schmalerung erfahren, sondern waren noch, namentlich in Bezug auf den Salzhandcl, erweitert worden. Erst das genannte Jahr, in welchem Erzherzog, nachmals Kaiser Ferdinand I., eine ncnc Salzwcscn-Ordnung erließ, brachte einige Bcrtürzungcn der bisherigen Gerechtsame, indem das Inntherrecht gegen Entschädigung eingezogen wurde und das ganze Sndwcscn in die Regie des Staates nbcrgicng. Ein anderes Privilegium war das der „Salzfcrtiger", welches -52 Bürgern von Hallstatt, kaufen, Ischl und Gmundcn die ausschließliche Verpackung und Verfrachtung des Salzes anf der Traun und Donau nach Nicderöstcrreich in die Hand gab, ein Geschäft, welches namentlich vor der vollständigen Ncgulirung der Traun mit mancher Gefahr verbunden war. Dieses Privilegium wurde im Jahre 177(> gegen eine Art erblicher Iahresrentc nnd endlich anch die letztere mit allen längst nur nominell gewordenen Rechten und Pflichten der Salz- 170 ' Tcr Hnllstntter See. fertiger durch cine summarische Abfindling im Jahre 1649 für immer aufgehoben. War dic Beseitigung der crwähuteu Privilegien im Interesse des Staatsschatzes ebenso vollkonnncn gerechtfertigt, als mit der einheitlichen Entwicklung des ganzen Salincnwescns notwendig geboten, so machte sie sich doch andererseits in dem einstigen Wolstande des Qrtcs mehr und mehr fühlbar, und die eingetretenen Veränderungen ließen ihre Spur in den ^ebensverhältnissm der Bewohner bleibend zurück. Treue Anhänglichkeit an seine Heimat, diesen gemeinsamen Charakterzug aller Hochgebirgsvöllcr, hat zwar der Hallstättcr sich bis heute bewahrt, sowie zähes Festhalten an altherkömmlicher Arbeit uud Sitte. Wol geriet die Uebung der alten festlichen Gebräuche seit Jahrzehnten iu Verfall und nun wird der durch die neue Eisenbahn sich immer lebhafter gestaltende Verkehr sie vollends verdrängen. Aber mit eine Hauptursache davon ist die Verarmung der Bevölkerung. Bei dem gänzlichen Mangel anbaufähigen Bodens und dem Abgang jedes industriösen Sinnes hat die Bewohnerschaft Hallstatts seit jeher nahezu ausschließlich vom Salzbergc gelebt. Die in jüngster Zeit angewandte Vereinfachung des Snlinenbctricbes und größere Sparsamkeit bei demselben hatte zur Folge, dass bei einer sich steigernden Bewohnerschaft die Zahl der Arbeiter stetig abnahm. Gegenwärtig finden beim Talinenbetricb etwa ein halbes Tausend Menschen ihren Unterhalt. Der „Berg", das Pfau »haus und der Holzftlay siud die Stätten ihrer Arbeit. Aber wie verschieden sind da und dort die Beschäftigungen, wie verschieden der Schauplatz der Thätigkeit! Während der 5tnappe in der kalten Nacht der unterirdischen Baue feine Arbeit vollbringt, der Pfannhaufcr dagegen Tag um Tag, Nacht um Nacht fich ^iu der heißen Dampflnft des Sudwcrkes abmüht, ist der Holzknecht im vollsten Sinne des Wortes ein Sohn der freien Natur, ein Bewohner des duftigen, lichtdurch-glitzerten Waldes. Zuerst dorthin, wo der noch uncrgründetc Salzschatz run dcr cwig neu gestaltenden )iatur vor Aeonen zwischen bergenden Alpeu-uiassen aufgespeichert, jctzt von Hunderten rühriger Hände durchwühlt, geläutert uud ans Tageslicht gefördert wird zum Nutzen des Menschen! Unmittelbar über dem Markte Hallstatt erhebt sich dcr lmchm-bewaldetc Hallbcrg, über den ein breiter Gehweg in zahlreichen Windungen am Nudolfs-Turine vorbei emporführt. Vetztercr, ani Ende des 13. Jahrhunderts erbnltt und nach dein erlauchten Staunn^ Herrn der Habsburger benannt, ist durch allerlei Umbauten in ein Modern aussehendes Gebäude umgestaltet nnd dient dem ersten Beamten des Bergwerks, dem Bcrgmcistcr, znr Wohnnng. Vom Rudolfs-Turm Zieht sich das Salzbergthal Zuerst mit schwachcln, dann aber immer wachsenden: Ansteigen nahezn eine Stunde westwärts bis zu den Abstürzen des 1981 Meter hohen Plassen. Bald gelangen wir zn den ersten Stollen des Bergwerkes. Dasselbe darf sowol seiner wag-rcchtcn als senkrechten Erstrccknng nach zn den ansgcdchntestcn ulttcr seines Gleichen im Alpcngebietc gezählt werden. Es zerfällt in eilf über einander liegende Stockwerke, von denen die ficbcn unteren mit ihren zahllosen Stollen, Schürfen, Sintwrrkcn, Schachten und Wehren das Ealzflötz durchziehen, während die vier oberen Etagen zur Anf-sammlung des für die Erzeugung dcr Soole nötigen Wassers dienen. Das oberste Stockwerk hat schon eine Mcereshöhc von 1260 Metern. Zahlreiche Gebäude liegen über den wellig ansteigenden Boden des Salzbcrgthales zerstreut umher. Es sind die Wohnungen dcr Schaffer und Steiger, aus denen dominircnd das große Berghaus mit der Kanzlei, verschiedenen Werkstätten, Küche, Schlafstube u. s. w. hervorragt. Werfen wir nun einen Blick in den Betrieb des Bergwerkes. Montag mittags beginnen die Arbeiten in dem unterirdischen Labyrinthe und dauern bis Zur selben Stnnde am Freitag. Sie sind in sechsstündige „Schichten" derart vertheilt, daso der Quappe von 6 Uhr morgens bis mittags, dann von 2 Uhr nachmittags bis 8 Uhr abends in der Grube verweilt. Von Freitag mittags an ist der 172 Der Hallstätter Te?. Knappe Herr seiner Zeit und in der Vage, der Besorgung seines Haushalts' nachzugehen. Ilütcr den itnappen stehen die Häuer obenau. Diese habeu den Abbau der Stcinsalzstöckc, das Sprengen und Einhauen der Stollen, Schachte und Sintwcrtc, sowie die Anlage der Wehren, in wclchm das Auslaugen dcs Hasclgcbirsscs durch das eingeleitete Wasser stattfindet, zu besorgen. Ihnen reihen sich die Nüster an, welchen alle Arten uon Grul'cnziunuerungen zukommm. Niit der Aussaunnlung und Zuleitung der Grudenwässer ili die Wchrcu, s^wic mit der Mleitung der fertigen Toolc sind die Nasserer uetraut. Dann folgen die Vettenschlagcr, welche die in den Werten nötigen Verdammungen mit ausgelaugtem Salzthon vollführen, und die Sauberer, welche das ausgelaugte Haselgebirgc aus dem Berge zu schaffen haben. Neben den im Bergwerke selbst beschäftigten iluappen ist eine Anzahl ran Veuten in Verwendung, welche verschiedene Arbeiten außerhalb des ersteren auszuführen haben. Da gibt es Schmiede, Kohlenbrenner, Sä gcschn cider, Zimmcrlcute und mehrere Wächter. Auch die „Pastler" sind Zu nennen, wahre Universal-Genies, welche überall, wo es notthut, aushelfcn und alle möglichen Reparaturen vollführen. So beschäftigt der Hallstättcr Salzberg, welchem jährlich an 1^2 Millionen .Awgramm Steinsalz uud über 150.000 Cubilmcter gesättigte Soolc cutuommen werden, gegen 250 Menschen. Vier Fnnftheile der Soolc fließen durch die über acht Stunden lange, Vcitung den Sudwcrlcn in Ifchl und Ebenscc zu, nur der Nest gelangt im Hallstättcr Pfannhause zur Vcrsicdung. Nahe dem südwestlichen Ufer des Sees, am Ausgangc des Echernthalcs, streckt sich ein ansehnliches Gebäude hin: das Pfannhaus, in welchem allstündlich 5>o Hcttoliter Soolc zum Vcrsicdcn gebracht uud in festes lrystallinisch-t'o'miges Kochsalz verwandelt werden. Verschiedene audcre Gebäude, wie das stattliche Amtshaus, der hohe Getreidespeicher und das Salzmagazin, bilden die Umgebung des T cr Hall staler Sl'c. 1?^> Endwcrkcs, bis zu welchem cin breiter Canal für dir Talzzillen mid Holzschiffe heranreicht. Das Pfalinhaus ift das Herz Hallstatts, in der Vahn pulsirt das eigentliche ^cben deo !^rtcs. Die Arbeiten des Verb's thrill der Hallstätter luit dm Einwohnern der liächstgelegenen Dörfer, dir „Hntte" dagegen und deren Anhängsel wcrdcn l,i»n ihin fast autschlichlich in Anspruch genommen. Bei dein mir eine Pfanne enthaltenden Bndwcrt in der ^ahn find 70 bis «0 Arbeiter beschäftigt. Allen voran stehen die Ober^ nnd Unterpchrcr, dann die Borzieher nnd Talz-ansfaffer, welche mit dem Heranziehen nnd Ansheben des während der Perdampfnng ci>n der Oberfläche der Taole fich stetig ausscheidenden Salzlircies zn thun haben; dann gibt es. Toaleüpnuiper und Salzwaschcr, endlich am I-cuerraume die Ichnrer und Holz-ein leger. Das Furnien des Talzes in den Kufen ist die Anfgabe der Stosier, bei der Do'rrmig finden wir die Talzeinsetzer und Dörrer beschäftigt. Der ganze Borgang des Tudproeefses bringt eo mit sich, dass von nächtlichen und wöchentlichen Arbeitspausen, wie fie im Bergwerke stattfinden, hier nicht die Nede fein lann. Während der Dauer eines Endes, der l2 bis 15 Tage in Anfprnch nimmt, gestatten die Arbeiten an der Pfanne keinerlei Unterbrechung. Die an der letzteren Beschäftigten wechseln daher uon sechs zu sechs Stunden in der Weise, dass auf jeden Mann eine tägliche Arbeitszeit r>on zwölf stunden tomint. Die Arbeiten bei der Pfanne nehmen fast durchweg ein bedeutendes Masi von Kraft in Anspruch; die Anstrengung wird noch gesteigert durch die hohe Temperatur, welche in vielen Räumen des Tndwertcs, namentlich in den Dörrtammcrn, hcrscht. Am Heisiesten hat es der Zurichter im Feuernngsraume, indem er, mehr liegend als sitzend, unter der Pfanne bei einer Temperatur von !l5 bis 40" N. zn nicmipnliren genötigt ist. Der Betrieb von 3aliuen, in welchen fiir die Versiedung der Soole ausschließlich Holz als Fcuerungsmatcrial verwendet wird, 174 ' , Der Hl>«stcitt,'r Sc>', bedingt lncht nur ein ausgebreitetes, wolgepflegtes Waldgebiet, solidem auch zahlreiche Arbeitskräfte zur Herbeischaffung des nötigen Brennstoffes. Der jahrliche Gcsammtbcdarf an Holz in der Saline Hallstatt tanu auf durchschnittlich 28.000 bis 30.000 Meter veranschlagt werden. Die Herstellung dieses bedeutenden Quantums fällt den Holzknechten zu, deren beiläufig hundert als Vestandluechte, Mub er und Aufsetzer theils ständig, theils vorübergehend im Dienste der Hallstätter Saline, speciell des Forstamtes stehcu. Die beiwcitem größere Zahl der Holztnechtc rcerutirt sich jedoch nicht aus Hallstatt, sondern aus der Nachbarschaft, namentlich aus dem Gosauthale. Einsam, chart und beschwerlich, namentlich im Wiuter von Gefahren stets umdroht ist das Vcbeu des Holzkncchtes, der aber um den Preis der Freiheit, die er genießt, tein anderes Vebcu eintauschen möchte. Da wir dem Holzwechte iu eiuer andcrell Gegend unsen's schönen Alpcnlandes einen Besuch abzustatten gedenken, scheiden wir uon der Hallstätter Saline, dem mcrtwürdigeu Marttc und dem düsteren, romantischen See und wcldeu gewiss zeitlebens eine Sehnsucht hieher nach Hallstatt im Herzen bewahren. 14. Das, Vachstelngelnrye. M^MWnir an das Unbegrenzte reichende Mannigfaltigkeit der äußeren ^WM? Gcstaltnu>i isi dcr hervorragendste Charakterzug der Kalk- ^W^V alpen. Wenn man uon einem günstig gelegenen Höhen pliuklc eine größere Strecke der Kalkalpen überschaut, so sind oft in dcm gangen weiten Gesichtskreise kauiu zwei Gipfel von gleichem Umrifse zu finden. Hier find es sanft ansteigende Rücken oder kuppen, dort senkrecht empurstreöende Wände und Zinken, welche dcm Blicke begegnen. An einer Stelle erhebt sich das Gebirge als massige, ungegliederte Platcaubildung, an einer anderen erscheint es als ein tief Zerklüfteter Zackenkamm. Zwischen diesen Gegensätzen der Fonnentwicklung und Gliederung aber finden sich zahllose Uebergünge, welche jeder Classification nach bestimmten Formen sich entziehen. In diefem Gewirrc endlos wechselnder Gestaltungen macht sich indes cine Form »or allen anderen geltend; es ist die des wenig gegliederten, steilhängig umgrenzten, oben platcauartig ausgebreiteten Massivs, wie sie namentlich in den österreichischen Nordalpen durch die Nax- und Schnccalpe, das Priel-, Dachstein - und Tänncngebirgc, den cwigcu Schncebcrg uud das steinerne Meer vertreten wird. Am schärfsten ausgeprägt, um großartigsten entwickelt, mit der reichsten Abwechslung in den Einzclformcn ausgestattet, findet sich ienc plateauartigc masfige Gestaltung in dem Dach stein geb irge, dem 1?6 Tav Tachstt'i,!sscl»irc>t'. höchstcn und zugleich mächtigstcn Kaltstoctc allcr Nordalpcn inncrhalb dcr ganzcn wcitcn Strecke zwischen dcm Nhcin und der Vcitha. Ucbcr cincr Grundfläche von 10 geographischen Quadratmcilcn Ausdehnung steigt das gewaltige Gelling aus .'»<)0 bis 1100 Meter hohcn Thalgrimdcn bis in dic Schncercgion auf. Scincn Staunn bildet ciuc zitsmummliäugeude Masse von 3s) .^ilonicter Vaugc nud 15 Kilometer ^icite. ^on ihm zweigen einzelne, verhältnismäßig Inrzc Acstc nach verschiedenen Seiten ab, welche zwar thcilweise in ihrer äußeren Gestaltung eine dem HaupMrper gänzlich verschiedene Physiognomic zcigcn, aber dennoch nach ihrer Vage und der Art ihres Anschlusses nicht anders, wie als (Glieder des Ganzen ausgefasst und demselben zugezählt werden müßen. Versteht man unter dein )iamcn „Dachsteingcbirgc" nicht bloß den Stamm, sondern auch dessen Glieder, so erscheint dasselbe von dcr Natur durch einen zusammenhängenden Kranz von Thälern lind niedrigen Wasscrscheidepnnttcn auf das deutlichste begrenzt. Beginnen wir mit dem tiefsten Theile dcr Umrandung, so ist derselbe im Norden des Dachsteiumassws, und Zwar dort zu suchen, wo dcr düstere Hallstätter See dessen Fuß bespült. Vom Tüdostufcr dieses 500 Meter über dem Meere gelegenen Wasserspiegels erhebt sich die Umgrenznngslinic, dem start gewundenen Vaufc dcr oberen Traun und des ihr zufließenden Kainischbachcs folgend, ans einer stachen, kaum erlenndaren Wasserscheide im Thalbeckm von Mitterndorf allmählich zur Höhe von 800 Metern. Nun in das obere Ennsgcbirt übergehend, ist sie zunächst durch den zur Enns fließenden Salz ach bach bezeichnet, welcher gleich dem Kainischbachc längs dcr östlichen Abdachung des Gebirges, jedoch in entgegengesetzter Richtung, seinen Weg nimmt. Von dcr Münduug des Salzachbachcs westwärts bis zum Einflüsse der Mandling bildet die Enns dic südliche Einfassung dcs Gebirges. Dcn höchsten Theil dcr ganzen Umrandnngslinic schlieft die westliche Begrenzung ein. Am Mandlingbachc > nordwärts ziehend, erreicht dieselbe schon bci dem Dorfe Filzmoos die Hohc von I Wo Metern; von hier der rasch sich erhebenden Thatsohle dcr war men Mandling folgend, gelaugt sie im Arnilar an dcn schmalen, gleich steil nach Süd und Nord abstiirzenden Vcrbindungsgrat zwischen Dachstein nnd Gosaugcbirge, überschreitet denselben in einer bei i960 Mctcr hohen, unwcgsauieu Tchartc und fällt nun wieder in das Traullgcbict cm, ».'»in hinterm Gosliuscc an d«s Gerinne des Glisaubaches bis zu dessen Einfluss in den Hallstättcr Tee nicht mehr verlassend. So erscheint das bis zu :;<»(X) Metern »ich anfMnrlnde Dachstein^ gebirge von dcn daci'clbc rings lülüaqerndcn Alpemnassen durch uer^ hältnismaßis, lief cingcschnittcnc - Thalfnrchen ltnd Wasserläufc fast inselartia, losgetrennt, init Ausnahine icllcs schmalen, schartigen Felsen grntcs, durch welchen dao wildqezackce Gosaussebirge init dein Dachstein in Verbindung steht. Fasst man dic allgculeinsien Umrisse des eigentlichen Stockes ins Auge, so stellt sich derselbe als eiu nach alle» leiten mehr oder minder schroff abstürzender, platcauartiger Hochrnckcn dar, dessen obere Fläche eine Ausdehnung von ^'3 Kilometer Vängc und mehr als ?'5 Kilometer Breite erreicht. Die Platcauflächc selbst zeigt ein doppeltes, thcilwcisc siufmartiges Ansteigen uon Nord nach Süd und von Ost nach Nest, derart, dass die höchsten Theile des Plateaus hart nn den südwestlichen Rand des ganzen Massivs gedrängt erscheinen. Doch darf das Dachstein-Plateau nicht als cme Hochfläche im strengen Sinne des Wortes auf-gefasot werden. Abgesehen davon, dass der ganze Rücken, ähnlich den unebensten Theilcu des Karstes, ein fast unentwirrbares Vabyrinth zahlloser, bald größerer, bald kleinerer Mulden und Kessel, Wälle und .Kuppen bildet, so wird derselbe sowol nach innen, als auch au den Rändern noch von zahlreichen, selbständiger hervortretenden Massen Mehr oder minder bedeutend überhöht. Nicht bald bietet eine Alpenmasse nach ihren verschiedene!! Seilen anen so wechsclvollen Anblick dar, wie unser Gebirge. Eine Tour entlang der ganzen Umrandungslinir gibt reichliche Gelegenheit, uus davon zu überzeugen. '.Mähern wir uns dem Dachsteinstocke oon ^sten, etwa durch das Thal von Mitterudorf, so stellt sich derselbe als ein nicht uiel iibcr l'.mo Meter ansteigendes, bis zu aller Höhe mit.vulzwuchs oder Alpenniatten bekleidetes Mittelgebirge von meist abgerinideteil formen, im allgemeinen alier uon ziemlich einförmiger (Gestaltung dar. Nur sein nördlicher Vorsprung, der kuppen, zeigt der schrofferen Abstürze wegen einen mehr alpinen Charakter. Venlen wir „durch den 3U'iu", jene vom Zalzabache durch brauste, wildromantische Schlucht, welche den brimming von der Zndosteckc des Dachsceingcbirges scheidet, deni Ennsthale zn und durchwandern dasselbe aufwärts, so fesselt bald ein über waldbedeckten behänge!! und Schutthalden liufstarrender, zackiger Alpengrat uou i^o<» bis 1050 Meter Höhe, der Kamp, unseren Blick. Er bildet den östlichen Flügel im 2üdhange de^ ^achsleingebirgev. ^hul folgen in steigender Erhebung mehrere Nandgipfel, welche lille dem Thale zerrissene, whle Felsabstürze zukehren. Einzelne steil ansteigende Mulden ziehen zwischen den wandartigen Felsmassen zu dem Plateau hinan. Durch sie führen die wenigen Alpenpfadc auf den Mcken des Gebirges. Bon den südlichen Thalhängen bei Schladming erbli^cn wir zum erstenmale drei dicht nebeneinander stehende, tnnnartige Felszinnen, die höchsten Spitzen des Gebirges; doch imponiren sie uns mir wenig, da sie durch die viel näher liegende hohe Masse des Scheichenspitz und seiner Nachbarn ganz in den Hintelgrund gedrängt werden. Aber auch der Eindruck der lel.ttercn wird hier nicht wenig geschmälert durch die Zchladmiuger Namsau, welche, 220 bis 35)0 Meter über den Thalboden steil sich erhebend, eine fast stundenbreite Vorstnfe des Dachsteingebirgcs bildet. Auf dem Plateau der Namsau wohnen gegen 15M Menschen in etwa I5>0 zerstreut umherliegenden Höfen, auf einem Terrain, welches zum größeren Theile oon Wald, Wiesen und Muoreu bedeckt ist, aber auch noch zahlreiche, den Ackerbau lohnende Ztellen bietet. Wenden wir uns nun der westlichen 'Umgrenzung des Gebirges zu und verfolgen uom Mandlingpasse aus ein schluchtartiges Thal. dein ^aufe des Mandlingbachcs entgegen, so erreichen wir nach I'/2 Stunden langem, mäßigen Ansteigen Filzuioos, ein gleich der Ramsau von aller Welt abgeschiedenes Alpendorf. Nun steht uns der Absturz des höchsten Dachsteiurandcs gegenüber, doch ragen nnr die obersten Theile desselben über vorgelagerte Höhen ans und wir eilen, diese zu gewinnen. Da baut sich mit cinemmal ei», Hintergrund von unbeschreiblicher Großartigkeit vor uns empor. Zur Rechten des Nöthensteins, eines steilen, tief zerfurchten Felsenhauptes, starrt über dem dunkelgraiu'n, wüsten Rautencck eine glatte, oolltommen senkrechte Wand von mehr als li';<) Meter Höhe auf. Von ihrcm Fuße ziehen sich ungeheuere Schutthalden zu einem saftig grünen, baumbedeckten Almboden herab, während ihr Scheitel von den gleichfalls senkrecht sich auftürmenden Hörnern des Thorsteins, Mittcr spitzes und hohen Dachsteins gekrönt ist. So gewaltig der Eindruck dieser himmelcnlstrrbendeu Felsmassen aber anch imnn'r ist, so vermissen nur doch einen Hauptcharakterzng des alpinen Hochgebirges. 'Itur ein schlnalcr, kaum merkbarer Firnstreif smiutt die oberste ^ante der Wand zu'ischen dem hohen Dachstein und dem rechts ihm benachbarten ^oppenkarstein- er und noch ein paar kleine Firufleckchen sind die einzigen Wahrzeichen, dass wir Höhen vor uns haben, welche mehl als :l(io Meter in die Schneeregion eintauchen. Setzen wir mm unsere Rundreise fort, lian Filzmoos aus den mühsamen aber auch durch prachtvolle Scenerien der wildesten Hoch gcbirgsnatur lohnenden Alpenpsad über den Steig nehmend, so tritt uns ein von dem letztgeschilderten gänzlich verschiedenes Vilo entgegen Zwischen dem theils kahlen, theils wald und krummhulzbeoeckten Abfalle des Dachsteinplateaus und den Abstürzen des phantastisch fich die letzten Stufen des Gofau thales hinan. In eine derselben ist iener vielbesuchte, herliche See gebettet, an dessen Nord Ende wir stehen. Ein zweiter, gleich wundervoller Wasserspiegel, der nächsten, höheren Thalstufe angehörend, ist unserem Blicke entzogen. Dahinter erbebt sich mit steilem Abfalle die oberste 12* I ftO Das Dachsteinsscbivssc. Stufe des Gosauthales, welche sich nun weiter init allmählicher Steigung bis zu dem höchsten Südrandc des Plateaus hinzieht. Auf ihr lagert der von schroffen Wänden und Felshörnern eng umgürtete, cinc Stunde lange Go sau fletsch er, dessen start zerklüftete Zunge bis nayc zum Abfalle der Stufe heranreicht. Sein Abfluss, der von: Moränen-schlämm milchig getrübte Kreidenbach, eilt, in hohen Cascade« niederstürzend, drin hinteren Gosauscc zu. Ein zweiter kleinerer Gletscher, zur Rechten des vorigen, wird von der Schnccbergwand, dem Thorstcin und Rcisgcmgtogel eingeschlossen. Haben wir im weitere» Verfolge unserer Wanderung das Gosau-thal zurückgelegt und den Hallstätter See erreicht, so schaut uns über desfcn oberem Ende der nördliche Absturz des Dachsteinplateaus entgegen. Höher, mächtiger scheint sich hier das Gebirge aufzubauen, als gcgcu-übcr im Süden. Und dennoch erblicken wir nur 1.900 bis 2100 Meter hohe Gipfel desselben; aber sein unmittelbares Emporsteigen aus dem See in fast ununterbrochener, wandartigcr Steilheit gibt dem ganzen Hintergründe einen großartigen Character.' An der Einmündung der Traun in den Hallstättcr See ist uns der Ausblick nach den zwei gegen Norden vorgeschobenen Eckgliedern der Dachstcingruppe erschlossen. Ueber dein westlichen Ufer des Sees erhebt sich das Hallstättcr Salzgcbirgc, welches durch das von zwei senkrechten Wänden begrenzte Echcrnthal thcilwcisc vom Dach' steinstockc geschieden erscheint, dahiuter aber breit mit demselben verwachsen ist. Mit steilem, buchenbewaldeten Abhänge entsteigt es dem düsteren Wasserspiegel. An seinem Fuße klebt hart über dem Scc-Abgrmide das malerische Hall statt, oben in einem tieseingeschnittcncn Hochthnle schimmern die Hänser des Bergwerkes, den Abschluss bildet eine hochcmporstrcbcnde Felsmassc, der Plassen, welcher mit seinen rissigen, schuttbcdeckten Wänden und zackigen Umrissen noch wie eine letzte Wicderholnng jener wilden, schroffen Formen sich darstellt, die uns in den westlichen Hochgipfeln des Dachstcinrückens nnd im Gosangebirge begegnet sind. DaS DachswiussMvst?. 181 Schließen wir endlich unser»,' Nmschcm an einem von der nord lichen Umrandung nnr wenig abseits gelegenen Punkte, an dem Alt Aus sec r See. Wieder liegt ein dnntlcr Wasserspiegel vor uns, aber nicht, wie iln oberen Gosauthale, ringsuin von menschenleerer Alpenwildnis eingeschlossen, sondern in die Sohle eines uielucrzweigten Thalbeckcns gelagert, welches, von der Natnr niit allen Reizen landschaftlicher Schönheit ausgestattet, seit lange ein Vieblingsaufenthalt zahlreicher Sommergäste des SalZtammcrgutcs geworden ist. Richtet sich der Älick gegen Südweft, so fällt er znnächst auf ein am See gelegenes Dorf und auf hügelige Fluren voll üppiger Vegetation, mit Gehöften, Aeetcrn nnd malerischen Baumgruppcu übersäet. Dahinter steigen waldige Vorhöhen und steilfelsige Bergmasscn auf. Zwischen zweien derselben, dem Koppen nnd dem Sarstein, öffnet sich die Thalschlucht der öderen Traun, und über ihr schimmert ein weites Schnee- und Eisgefilde, von wüsten Hörnern und Mauern umlagert. Nochmals sind es Theile des Dachstemgcbirges, welche dort unserem Auge begegnen. Da treten zunächst der Krippcnftein, Zwölfertogel und Hi er! atz mit ihren dem Hallstätter See zugekehrten Abstürzen hervor. Hinter ihnen tanchcn granc Stcinwogen des Plateaus, nnd mitten aus denselben die kolossale Masse des Gjaidfteins anf. Diesem zur Rechten zieht sich der breite Hallstätter Gletscher oder das Aarlscisfeld, zur Vinlm der Schtadminger Gletscher über die höchsten Stufen des Gebirges herab, beide an ihrem unteren Ende durch vorgelagerte Felswälle abgedämmt. Der hohe .Vloppenkarstein, die Dierndln, der hohe und niedere Dachstein, das hohe nnd niedrige Kreuz umspannen in weitem Bogen das blendende Firnfeld, über dessen höchstem Rande der Culminationspunl't des Gebirges als scheinbar unersteiglicher Fels-Obelist sich auftürmt. Gleich den verschiedenen Abdachungen zeigt auch der Rücken des Gebirges je nach den Verhältnissen seiner Erhcbuug ein sehr verschiedenes Aussehen. Im östlichen Theile steigt lichter Hochwald bis nahe zu dm Rändern des Plateaus und weit in die thalartigen Einbuchtungen 1^2 ?a? ?ackftrn!s>rb!Vssr. desselben hiuail, Dünne Bestände voll ^ärä)cn uud Zirbcu, llulcr welchen auch noch hie mid da cine vrrkriippelte Fichte ihr Dasein fristet, finden sich über stundenlange Reviere des Gebirgsrückens verbreitet. Daneben bildet die >trummföhre in Verbindung nut der Alpenrose und anderem niedrigen ^trauclnvert weit uud breit eine dichte, manchmal nahezu undurchdringliche Decke über dein rissigen, wellenförmigen Felsboden. ^n den größeren, meist mit altem Moränenschutt ersiMten Mulden, wo eine saftige D'äutervegewtion sich entwickeln konnte, und irgend eine kleine Quelle oder doch welligsten« eine beständige Wasserlache in der Nähe vortommt, finden sich Almhntteü in größerer oder tlemererZahl, >e >iacl, der Ergiebigkeit de^ uinliegendeu Weidebezirtes. Aber schon über der Hohe von il',70 Metern beginnt die Pflailzendecke sich allmählich zu lichten, kahler Felsboden tritt in immer größeren, immer zahlreicheren Flecke» zu Tage. Auf allen nicht allzu stark geneigten Theilen ist der Fels von dicht nebeneinander liegenden, mehr oder minder gewundeilen Rinnen durchfurcht, welche mitunter eine Tiefe von einem Meter nnd darüber erreichen, Auch in dieser .^»öhenregion finden sich noch einzelne kleine Almböden mit je zwei, höchstens vier äußerst roh gezimmerten, wol anch aus losen Tteinbrocken aufgebauten Tennhütten besetzt, deren Bewohnerinnen ihrex H^asser-bedarf gewöhnlich durch die Ansammlungen der Dachtraufe oder durch geschmolzenen Schnee zu decken genötigt sind. Mit der Meereshöhe von 1W0 Metem hat der Baumwuchs im allgemeinen schon seine obere Grenze erreicht, ^'nr hie und da strecken noch ein paar abgestorbene Zirbenbäume ihr entrindetes Amverk gespenstig in die Vust. Niederes Krummholzgestrüppe zeichnet zerstreute dunkle 3tleisen oder Fleete auf die stufenattig übereinander gelagerten Felsschichten, und dürftig deckt bräunlicher, trockener Krauter-raseu den immer unfruchtbarer werdeuden Bodeu. Hie nnd da aber strecken sich schon die äußersten Ausläufer jener mehrere Stunden weiten Stemwüfte herein, in welche — kleine Oasen abgerechnet — alles über 206«) Meter ansteigende Te.raiu verwandelt crscheiut. Es hält schwer, cm anfchauliches Bild oon der unendlichen ^)ede dieser nächst höheren Regien dos Dachfteinplatean?' zu entwerfen. Mit allem Rechte haben die Umwohner de» ^'amen „todtes Gebirge", den eine ähnliche Felswüste des beuachbarteu Prielstockes trägt, anch diesem Terrain beigelegt. 5tanm vermögen die wildesten Eismeere der Centralalpen einen abschreckenderen Eindruck hervorzurufen, als d,i5 sich hier entrollende Gemälde grenzenloser Zerstörung. Versen wir den Blick auf den nächst umliegenden Bode», so zeigt dieser ein Aussehen, alo hätte es Jahrhunderte lang ätzende Säuren mif dao ungleich sich auslösende Gestein hernbgeregnet, so furchtbar zernagt, durchfressen, ausgewaschen erscheint dasselbe. Unzählige Runsen und Nisse, bald parallel, bald wirr in einander laufend, durchsetzen die entblößten Felsschichten uud zerlegen dieselben in ein Gewirre wild a>lsstarrender, oft messerscharfer Gräte und Zacken, welche kaum der geübteste Fusi ohne Gefährdung zu überschreiten vermag. Daneben klaffen bald unergründlich tiese Spalten, bald brunuenartige Schlünde, deren Ränder und Wandungen mit gransigen Spielen uud sngenartigen Schneiden ^ gleichfalls Erzengnisse nnausgeselM' Answaschuug - - ausgelleidet sind. Zeitweilig tont der Boden hohl unter den Tritten, wie über einem Gewölbe: hie und da zeigt ein tiefer Kessel mit steilen Teiteu und einem Hanfwer! von Felstrümmern im Grunde den Einsturz einer früher bestandenen Höhle. Der ganze Boden gleicht einem Siebe. Alles Schmelz und Regen Wasser wird oon demselben durch die zahllosen Spalten nnd Aushöhlungen verschluckt uud in die Tiefe geführt. Vergeblich sucht der Wauderer nach einer Quelle, um feinen Durst zu stillen, welcher namentlich an heißen Sommertagen durch die Trockenheit der Vuft über diefer sonnendnrch' glühten Stcinwüstc oft bis auf einen peinlichen Grad gesteigert wird. Außer der bis ins kleinste rcichendeu Zerklüftung und Ansnagung alles Gesteines, wie einer solchen nur der Kalt fähig ist. fesselt noch manche andere Erscheinung den Blick des kundigen Forschern. Da sind es dic überall zerstreut umherliegenden Reste lion Moränen, danrbrn 184 Das Dachstein Wieder auders gestaltet sich der östliche Vorder- und Mittelgrund. Nochmals starrt ein an 115, Meter hoher Absturz zu den Füßen, fo steil, dass es unmöglich schiene, auf dieser Seite hinabzusteigen, wenn Das DllchsteiiMbn'ss!', 1 l^5 nicht das durch Eisenringe geschlungene zolldick' Tau vom Gipfel bis' zmn Fusse des Horns eine sichere Handhabe darböte. Ein Firnhang, Zuerst in zwei Absätzen zwischen dein hohen und niederen Dachstein niederstcigend, breitet sich alsbald zu einem weiten, Zerklüfteten Gletschergefilde aus, welches nach Nordost das 5tarlseisfeld, nach Osten das Schladmingcr Eisfeld entsendet. Gleich Ruinen eines von Titanenhänden aufgebauten Riesen-Amphitheaters umstehen schroffe, rissige Wände und Zinlen das blendende Firnmeer, während der hohe Gjaid stein zwischen den beiden Gletschern wie eine selbständige Gebirgsinsel in- gleicher Steile mächtig emporragt. Grane Karrenfelder, so wüst und kahl wie die ringsum liegenden Hochgipfel des Plateaus, ziehen längs der einen Seite des Karlseisfeldcs und vom unteren Rande des Schladminger Gletschers niederwärts; dahinter aber dehnt sich der niedrigere Nordosttheil des Dachsteinplateaus hin, in welchen: selbst das Altge des Kundigen nur mit Muhe die einzelnen Gipfel aus dem Gewirre der zahllose!! Felsenwellen herauszufinden vermag. Vereinigen fich so die nächsten Umgebungen des Dachsteins zu einem lehrreichen Bilde greller Gegensätze, so.macht auch der weitere Gesichtskreis den Dachsteingipfel zu einen: der interessantesten Aussichtspunkte im Bereiche der österreichischen Alpen durch den Einblick in manches nähere und entlegenere Thal, sowie durch die Gegenüberstellung eines beträchtlichen Theiles der nördlichen Kalkalpeu, an deren innerem Rande der Dachsteingipfel selbst liegt, einerseits, und eines nicht minder großen Theiles der centralen Urgebirgszone andererseits. In solcher Weise entrollt sich vor dem Auge des Beschauers eil, Gemälde Von seltener Mannigfaltigkeit und Grösse, ein Gemälde, dessen äusserste Grenzpunkte durch den Schneeberg in Niederösterreich, die Steiner-Alpen und den Terglou in Krnin, die Gletscherkette der Hohen Tauern, die Stubaier-Alpen in Tirol gekennzeichnet sind, während gegen Nordwestcn und Norden die Aussicht über Alftentämme, Waldberge und Thalflurcn bis in die ebenen Gegenden Baierns und zu den blanen Höhen des Böhmerwaldes reicht. 15. Stift Adnwm tuppen — alles dies macht das Gesimse z« einer Naturschttnheit von überwältigender Wirkung. Freilich hat seit Eröffnung der Rudolfs-Bahn, deren Schienenweg vielfach in den j Fels ge'prengt ist und die Enns wiederholt überschreitet, diese Enge den Charakter der wilden Einsamkeit zum Theil verloren. Dagegen ist nun Admont mittels der Eisenbahn sowol von der österreichischen Seite als auch von der steirischen Landeshauptstadt aus bequem zu erreichen. Martt uud Stift gleichen Namens liegen anf dem reckten Ufer der Enns uud gewähren ein ungemein malerisches und an-ziehendes Bild. Ihre Geschichte reicht weit ins Mittelaltrr zurück. Der älteste und eigentliche Namen ist Admnnt. nach einem kaiserlichen ^andgute Adanmnta. welches'scho-i zn Karl's des Großen Zeit hier bestanden haben soll. Bezeichnend, aber nst in späteren Tagen aufgekommen, ist die lateinische Benennung ,,^ä inonws" — an den Bergen. Dies Landgut war nachmals (1005) an das Salzburger Hochstift übergegangen und aus demselben gründete nun im Jahre 1074 der Erzbischof Gebhard von Salzburg ein Äenedietiner Kloster, wozu ihm die Freigebigkeit der im Jahre 1049 verstorbenen heiligen Heimna, dei' Witwe des Grafen Wilhelm von Zeltschach und Friesach, die Veranlassung gab. Der ersle Convent bestand aus 12 Mönchen und dem Abte Arnold, Erzbischof Gebhard narb im Jahre 10«8 und wurde in der Stiftskirche beigesetzt. Einige Zeit darauf hielt sich der Stift Admoxt im N!al. > 1t?^ als Erfinder des Stcingnsscs berühmte ^iunch Thicmo iui Admonter Stifte auf. Bon seinem crzbifchüflicheu Swe iu Salzburg dlirch den Gcgcnbischof Berthold Grafril von Äioosburg, Brunzafil zubcilannt, vertrieben, brachte er etliche Hionatc als Flüchtling hier zu und beschäftigte sich während dieser Zeit mit der Verfertigung einiger Statuen. Später machte er als Erzbischof uon Salzburg in Begleitung dcs dritten Abtes oon Admont Gisill,ert einen Mcuzzug nach Palästina mit, wo beide »or Jerusalem den Heldentod starben. Dcr uicrtc Abt Wol fold erbaute im Jahre 1l2k in Admont auch ein ^mulcnllostcr, welches unter melcn Adeligen auch die schmie Sophie, drs blinden Uugartönigs Bela Tochter, nach dein Todc ihres Hräutignins, eines Sohnes Kaiser zlonrad's NI., in seine stillen Mauern aufnahm, im Jahre 1570 aber sich gänzlich auflöste. Unter dem Abte Wolfold gedieh das Stift nach innen nnd außen. Musterhafte Ordnung und m'clseitigc Thätigkeit dcr Mitglieder machtcu das Stift zu einem tleinen Staate. Unter den gebildeten Brüdern gab es schou damals manchen berühmten Namen. Die Gastfreundschaft wurde, wic in den meisten Äencdictinertliiftern, als Pflicht geübt. So wuchsen auch Macht und Einfluss dcr hiesigen Aebtc, selbst in weltlichen Angelegenheiten. Sogar das kriegerische Schwert blieb der geweihten Hand nicht fremd. Als zur Zeit dcs österreichischen Zwischcnrciches <^46 bis 12^2) einige gute jedoch schwache Acbtc das Stift dein gänzlichen Zerfalle nahegebracht hatten, wählte man den jungen, aber nngcmein thatkräftigen Mönch Heinrich zum Abtc, der als dcr zweite dickes Namens seine hohe Würde in dcn Iahreu l2?5, bis 1297 innc hatte. Um das baufällige Kloster herstellen zu lönuen. crwirlte er die Erlaubnis einer Gcldsammlung im ganzeu Vande. Von >tiwig Rudolf >.wn Habsburg erhielt er eiuen grosien (Hnadenbrief und die Bewilligung, die Fcfte Gallenstein als Zufluchtsort in >tilegsnöten zu crbaueu. Im Jahre 12^6 war dcr Ncilbau dcr großen gothischen Stiftskirche bollcndct. Abt Hcinrich war ^audschrciber und Mitcr Landeshauptmann 190 Stift Mm«»! im Lnnstl)al. in Steicrmarf und stand sowol bei König Rudolf al^ auch bei Herzog Albrecht in besonderer Gunst. FchdcNlst veranlasste ihu zu einem Anesse mit dein räuberischell Grasen Ivan von Güns, den er jedoch mit unglücklichem Erfolge führte. Heinrich's Scharel, ivurden bei Nadlersburg völlig geschlagen, er selbst mustte die Flucht ergreifen: docli blieb cr fortwährend thätiq, die Macht Ivau'5 zu brcchell, was endlich im Iahrc 12,^'» dr»i HcrzM' Albrecht gelang. Als Vandes-hauptmmm und als treuer Freilnd Albrecht's wurde Heinrich in dir mauniMlnqm ^ehdeu dröselben >nit dein Hochstifte Zalzburg und den nnt letzterem verbündeten Baieru und ünsverqnügtcn Neiriichm Edlen ucrwickclt. Zlüzburger und Baiern drangen verwüstend in das Ennsthal rin, Nottenmaun nnirdc erobert. Abt Heinrich verteidigte sich tapfer u»it seinen Reisiqcn an der von ihm erbauten Mäuse ..im Adnwntthale, er musite jedoch weichen, das Stift preisgeben und mit den Mönchen nnd VostersrlMcn ilach Gallenstein fliehen: Admout wurde geplündert. Auch vou diesem Zchlagc erholte sich das Stift bald wieder durch die Umsicht und Thatkraft Heinrich's. Kaiser Albrecht I. ehrte Admont und den ihm so treu crgebeuen Abt mit einem Besuche. Das Lebensende Heinrich's war ein gewaltsames. During Grizzer, Gemahl der Nichte des Abtes, war Burgvogt auf Gallenstein und hatte sich des Untcrschlcifes schuldig gemacht. Der Abt entsetzte ihn seines Amtes und hielt ihn einige Zeit gefangen. Grizzer sann ans Narlie. Als Heinrich am 25>. April 12'.>7 ins Paltenthal reiten wallte, wurde er auf der Höhe des Vichtmcssberges ermordet. Grizzer schois ihn mit einem Pfeile vom Pferde, worauf zwei andere Strolche aus dem Dickicht des Waldes hervorsti'irzten und deu Abt vollends todt schlugen. Um feiner groben Verdienste willen, die er sich um die Erneuerung Admonts erworben, nannte man ihn den „zweiten Stifter". Als die Vehre Vuthcr's in Steicrmart sich verbreitete, drang sie auch in die Hallen des Blasien-Münsters; der Abt Valentin Abel (i')45) bis 1568), der mit Vuther in Briefwechsel stand, und die meisten Mönche wandten sich der neuen Vehrc Zu, weshalb das Htift Adün'nt im Ennstülll, 191 N'loster einer sircligcn Untersuchung lmterworfen und der Abt zllr Abdankung genötigt würd».'. Segensreicher wirkten die Bewohner des Stiftes auf dem fried lichen Felde der Cultur und des Wissens. Sie trugen dm Sinn für Urbarmachung des Bodens, Erwerbsthätigkeit und Gcsittulig in die abgelegensten Thäler dieser liegend: sie halfen mit Rat und That und gicngcn mit eigenem Beispiele voran. Andere widmeten ihr Veben innerhalb ihrer Zelle ernsten Studien. Einer der gelehrtesten Männer seiner Zeit war der Abt Engelbert (1297 bis 1327), Heinrich's II. Nachfolger, ausgezeichnet als Theolog, Geschichtschreiber, Dichter, Physiker uud Astrolog, Um seine gelehrten Forschungen ungestört zu betreiben, zog er sich osl in die Einöde uon Iohnsbach zurück, wo er ein ,>tirchleiu baute. Er hinterließ über uicrzig, nnd darunter bedeutende Werle ans sehr verschiedenen Fächern. Auch unter den späteren Aebtcn gab es eifrige Pfleger und Förderer der Wissenschaften, so dass das Ansehen Admonto. wiederholt ein grobes war. Von dem Mte Gotthard ^tugelmayr (i?tt« bis 1«I^>, der sich durch die regste Theilnahme an dm öffentlichen Angelegenheiten der Ztciermarl und des Ztaates auszeichnete, pflegte man zu rühmen, dass er das Stift in eine Aladcmie der Wissenschaften umgewandelt habe. Die .'l'amcn eines Bemw >treil, Albert uon Muchar, Ignaz Sounnerauer, Hartnid Dorfmann, Ulrich Speckmoser u, a. werden noch heute mit Achtung genannt. Was aber das Adnwmer Stift im Schulfache leistete, lebt noch jclzt im Angedenken Aller, welche sich ein, unparteiisches Urtheil bewahren. Das Stift selbst unterhält eine theologische Haus lehranstalt nnd eine Volksschule; in den Jahren 1819 bis 185? war das Gymnasium zu Iudenburg, 1604 bis 1870 das akademische Gymnasium in Graz mit Professoreil aus dem Admonter Stifte bescht, nnd noch heute find mehrere Capitularen von Admont im Gymnasial Vehramtc thätig. Wir wenden uns nun von den Bewohnern zum Gebäude, welches, oftmals zerstört und wieder erneuert, kaum eine Spur seines I st2 Slijt Ätmiont im Enxc«»»,«!. alten Ursprungs mehr an sich trägt. Der lcl^te gewaltige Brand im April des Jahres 1U65 legte den größten Theil des Stiftes in Asche. Die Kirche, in der Zeit des dreißigjährigen Krieges erbaut, und die meisten Tratte des Klostcrgebändes wurden ein Raub des zerstörenden Elementes, welches dnrch vier volle Tage wütete. Von den Sehenswürdigleiten des Stiftes gicngcn zu Grunde: das schöne große Rcfectorium (Speisesaal) mit den toloffalcn in Haut-Relief ausgeführten vergoldeten Wandbildern der heil. Hrmma, dcS Erzbischofs Gcbhard und mehrerer fürstlicher Wolthätcr des Stiftes, der grüne Saal mit Gemälden von Kupcyly, der steinerne Saal mit vergoldeten lebensgroßen Bildern habsburgifcher Regenten, das Hausthcater, das physikalische und das Naturalien-Cabinet, sowie der größte Theil des Archives. Einer fast übermenschlichen Anstrengung gelang es, die wertvolle Biblwthct zu retten; auch der Meicrhof des Stiftes mit Vieh und Futtervorrätcn, sowie das .^astcugebäude (Kornhaus) blieben verschont. Bevor das Feuer die Stiftsgebäude ergriff, waren schon 19 Hauser des Marltrs und die Friedhofstirchc eingeäschert worden. Nach dem große» Brande dachte man zunächst an die Herstellung eines würdigen Gotteshauses; das ÄLcrt gedieh nach außen und innen sv überraschend schnell, dass das neue Blasiell Münster schon im September des Jahre 1««!) eingeweiht werden tonnte. Auf den alten Fundamenten erhebt sich nun ein geschmackvoll ausgeführter gothischer Dom, der aus einem dreitheiligcu Vangschiffc, dem östlich vorgelegten einschiffigen Chore und der westlichen Portalhallc zwischen den vciden mächtigen Türmen besteht. Die Gesammtlänge der Kirche beträgt an 69, die Höhe der Türme fast ?^> Meter, ^as an inneren lHiurichtluigsstücken aus dem verheerenden Brande gerettet wurde, hat in dem Neubau wieder feine Verwendung gefunden; dabei wurde aber auch auf eine strenge Gothil gesehen. Das Stiftsgebäude umschloss vor dem Brande sechs Hofe. Sämmtliche innere Tratte wurden eine Beute des Feuers; die noch vorhandenen Ruinen und Tchutthügcl geben einen Begriff von der SW Admoitt im 0'm!i>N,ac, 193 ehemalige,« Ausdehnung drs Gebäudes, welches wol das grösitc in der Steiermm't war. Da die äußeren Tratte, wenn auch liicht ocrschont, doch in weit minderem Grade beschädigt worden, stellte man zunächst diese wieder her, und so ist jetzt ans allen sechs Höfen ein einziger geworden. Dies nun erneuerte Gebäude stammt, mit alleiniger Ausnahme der alten Sakristei, aus dein uorigen Jahrhundert. Besonders imposant ist die nber äok Meter lange Ostfrontc, Hier befindet sich der prächtigste Naum des Stiftes, der großartige Äibliotheks-saal, welchen Napoleon selbst mit neidischen Blicken betrachtet haben soll; nur schade, dass er nie hier gewesen. Treffliche Statuen des Bildhauers Josef Stammet, sowie Deckengemälde des berühmten Bartholomäo Altamontc Zieren den Saal, in dein, alle Zweige des Wissens umfassend, ein Vncherschatz von «tt.U Bänden aufgestellt ist. Auf der Westseite umschließen das Stift alte Ringmauern mit Halbtiirmen und Schießscharten, die zum Theil noch an« dem 16. Jahrhunderte herrühret,. Ein großer Garten mit einigen Baulichkeiten umgibt das Kloster an drei Seiten. Admont besteht, wie bereits erwähnt, aus dem Stifte uud eiucm Marktflecken, letzterer kommt in früherer Zeit unter dem Mmcn „Häuser in der Zcll" nor; erst 14 ik ist vom „Markte Admont" mit etwa :-'s> Häusern die Nedc. Gegenwärtig besteht derselbe aus 115 Häusern mit 910 Einwohnern. Die Vrute in Admont und Umgegend sind zumeist gutmütig und redlich, ruhig und friedliebend; zur Arbeitsamkeit uud Mäßigkeit werden sie vielfach dnrch die Verhältnisse genötigt. Der Charakter des Sandmanns bleibt sich im Allgemeinen überall gleich, und so sind denn auch die Admonter gegen Fremde «erschlossen und nnstrauisch, auch abcrgläubig, aber nicht mehr als anderswo. Ill der Tracht, in Sitten und Gebräuchen unterscheiden sie sich >.,oi! ihren Landslcutcn in der oberen Stcicrmarl oder den benachbarten Oestcrrcichcrn uicht. Das rauhe Mima, die große Ausdehnung des Gebirgsterrains, der Sümpfe und Moorgründe beschränken den Ackerbau, Der wichtigste Crwcrbs 1 ill Stist Adnn'ni im E>,»ötl,n1, zweig isc die Rinderzucht. Die zahlreichen Wiesen nnd Weiden und besonders die ansgczcichnetcn Alpentriftcn weisen naturgemäß ans diese Eimtahmsqnelle hin. Der Auftrieb auf die „Alm" geschieht ill der Regel anfangs Juni, der Abtrieb gegen Ende September, und zwar letzterer, wenn kein Unfall bei den Thieren sich ereignete, mit altherkömmlichen festlichen Gebräuchen. Das ^eben einer Sennerin, hier Brentlerin genannt, erscheint wol Vielen bei einen: kurzen Alpenbesuche sehr poetisch, ist aber in Wirklichkeit ein mühevolles und selbst nicht gefahrloses. Nur die Freiheit, welche die Brentlcrin auf ihrer Alm im Sommer genießt und die ihr über Alles geht, entschädigt für Entbehrungen nnd schlurre Arbeit. Wir können von dem schönen Admont nicht scheiden, ohne wenigstens die sehenswertesten Punkte seiner malerischen Umgegend flüchtig besucht zu haben. Auf einem vorspringenden Felsen des Klosterkogels, gegen 220 Meter über dem Spiegel der Enns nnd eine halbe Stnnde südwärts von Admont entfernt, erhebt sich das dem Stifte gehörige Schloss Nötelstein, welches, 1665 erbaut, mit seinen Ringmauern und Ecktürmen ein romantisches Aussehen hat und einen überraschenden Ausblick auf das untere Ennsthal gewährt. Kaum halb so hoch thront im Westen von Adlnont auf dem Verge Kulm oder dein Fraucnbcrg die schöne, im italienischen Stile 1683 erbaute Wallfahrtskirche Maria Opferung. Das kleine Dorf Hall im Norden Admonts ist von diesem nur eine halbe Stunde entfernt. Wie schon der Name verrät, ist hier das Gebirge salzhaltig. Aber seit Jahrhunderten werden diese Salzlagcr, deren Besitz im Jahre 1005 auf das Stift übergieng, nicht mehr benützt. Als Kaiser Ferdinand I. im 16. Jahrhundert zur Erhöhung der Kammcrgcfällc und Erzielung gleicher Salzpreisc in den Erblanden den gesammlm Salzbedarf Innerösterreichs aus den Salzwerken oon Ausscc, Ischl, Hallstatt nnd Gmundcn, d. i. ans dem Salzkammcrgute, decken lassen wollte, wurden die Salinen aller Privatbesitzer eingelöst Stift Adnioltt im (lmMhal, 195 und dcr Betrieb dcr betreffenden Salzwerte eingestellt. Damals wnrdcn nun auch die Sndwerke zu Hall bei Admont aufgelassen, die Salzquellen verschüttet und verschlagen. In dcr Nähe von Hall, auf der Höhe des Vergsattels Zirmnitz, soll das dcr heiligen Hcnuna gehörige Schloss Purgstall gestanden haben. Der Sage nach entfloh sie oarans, um den Nachstellungen ihres Burgvogtcs zu entgehen, ans einem mit zwci juugcu Ninderu bespannten Karreli, da der böse Vogt jedes andere Mittel zur Flucht sorgfältig zu beseitigen wußte. Nach drei Tagen gelangte sie an jene Stelle in Kärnten, wo später der Dom von Gurt von ihr erbaut ward. Das Schloss Pnrgstall aber mit dein Vogte sei versunken; zur Zeit Herzog Ernst des Eisernen sollen noch die Trümmer dcr Burg ans dem Boden eines tiefen Sumpfes zu sehen gewesen sein, Wenn ein Schloss der heiligen Heunna jemals hier bestand, was gar nicht unwahrscheinlich ist, so ist es möglicherweise durch einen Bergsturz zu Grunde gegangen. Urtundlich lies; sich bisher ein solches nicht nachweisen, wol aber führte im 12. Jahrhundert ein Bach dieser Gegend den Namen Pnrgstallbach. lohnend sind auch die Ausflüge nach dem Dorfe Wcng und dem Grabncrhof, sowie in die Kaiseran, einem anmutigen Alpcn-thal mit lachenden Triften nnd einem freundlichen Schlosse; lohnender die Ersteigung der Admont benachbarten Gipfel Sch ei b elftem', Natterriegcl, Kalbling, Sparafeld, von welchen man eine prächtige Rundschau genießt. Wochenlang tonnte man die Umgebungen Admonts durchstreifen nnd würde immer neue Puickte aufsuchen können, uud stets wäre ein anmutiges oder großartiges ^andschaftsbild der Vohn dcr Mühe und Anstrengung. 13* i6. Maria-Tell. sollte nicht scho>> von dem berühmten Wallfahrtsorte WWW Ä1«aria Zell gehört haben, der, im schönen Thale der ^WWD steirischcn Salzn gelegen, alljährlich das Ziel vieler Tausende von frommen Pilgern und zahlreicher Freunde malerischer Gebirgsgegenden isl? Von Norden, Osten nnd Süden treffen die Strcchen bei dem Gnndcnortc zusammen, deffeu auf einem Hügel thronende Kirche von allen Seiten eine bedeutende Strecke vor Zell gesehen werden taun, Rings um die Kirche liegen auf demselben Hügel die Hänscr des Marktes; schöne Waldbcrgc schließen den freundlichen Bcrgkessel ein, defsen anziehenden Viittclftuult Maria- Zell bildet. Ehe wir von Süden her den Gnndenort crl'cichen, kommen wir bei der Mündung des Na sin gb ach es in die Salzn über eiuc Brücke, jenseits welcher rechts am Wege ein seltsames Felsgebildc mit einer thm-nhnlichen Spalte unsere Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt. Die Legende erzählt davon Folgendes: Beiläufig mu das Jahr 1157 kam, vom Abte zu St. Lambrecht'), Otto VII., ausgesendet, ein Priester mit einem Marienbild im Arme iu diese Gegend, um die göttliche Vehrc in dieser Wildnis zu verbreiten. Bis zum Tode ermattet, snnf ev. nach langem Pilgern, zur Erde und setzte sein gläubiges ^' Im SNdostcü vo» Muran, nahc dem utn-rru Mm-chale. !Naria-Zell. Maria. Zell. 19? Vertrauen einzig auf die Gottesmutter, deren Bildnis er mit sich trug. Da raffte er sich mit seiller letzten Kraft noch einmal auf uud sah nicht gar fern gegen Norden den Forst gelichtet, was ihn auf eine wirtliche Gegend schließen ließ. Allein starr und unübcrsteiglich, wenigstens für seine schwachen Kräfte, stand Plötzlich ein mächtiger Fels uor ihm und verhinderte jedes weitere Vordringen. Da wandte der Priester sich mit inbrünstigem Gebete zu dem heiligen Bilde der Madonna — und sieh da! durch ein Wunder theilte sich der Fels zum bequemen Thore und gestattete ihm den Zugang in das Thal, in welchem er, den Wink des Himmels erkennend, nun für die Maria eine Zelle zu erbauen beschloss. Und das ist auch der Sage nach der Ur'pruug des Gnadenortes, dcu wir betreteu. So wie uon der Gruppe der Hügel, auf deren einem, dein Sandbühel, der Martt steht, drei Thäler ausgehen, so bildet Maria-Zcll selbst drei in denselben Richtungen auslaufende Straßen, welche seit dem großen verheerenden Brande in der Allerheiligen-Nacht des Jahres 1827 meist aus ueuncn, freundlich blinkenden Häusern bestehen. Wo diese Straßen zusammentreffen, weitet fich der Marktplatz. Auf diesem stehen zahlreiche gemauerte, mit Eisenblech gedeckte .^ämerbudcn, die sich in zwei langen Reihen uor der Kirche hinziehen und nur der m'elstufigen Treppe, welche zur Kirche führt, Platz machen. Die meisten der daselbst zmn Verlaufe ausgestellten Waren aus Gold, Silber uud anderem Metall, aus Holz, Glas, Wachs u. s. w. sind der Audacht gewidmet und bestehen außer kirchlichem Zicrrat uud Heiligenbildern in Nachbildungen uon Gegenständen des gcmeiucn Bebens und Glicdmaßen des menschlichen Körpers u. dgl., welche letztere ox voto (auf Grund eines Gelübdes) von den Käufern in Kirchen und Capellen aufgehängt werden, um damit die Erhaltung oder Heilung des Gegenstandes Zu erflehen, den die 'Nachbildung darstellt, oder um für erhörte Gebete zu danken. Auch an Amuleten fehlt es nicht, und die wuuderthätige Medaille mit dem Bildnisse der Madonna ill der Glorie hat auch eiuen auswärtigen Ruf erhalten. 198 Maria'Zcll. Die Wallfahrten in groben Pro cession en fallen in die Zeit vom Mai bis October. Man unterscheidet zwei Wallfahrtspcriodcn („Con-curse"); die erste beginnt anfangs Mai und endet zn Frohnleichnam, die zweite beginnt nnt der großen Wiener Procession zn Maria Himmelfahrt nnd schließt zu Maria Geburt (8. September). Von 71 Ortschaften Nieder« nnd 57bcrösterreichs, Steicrmarts, Mrntens, Böhmens, Mährens und Ungarns pflegen die Wallfahrts - Proccssionen an bestimmten Tagen in Maria-Zcll einzutreffen nnd ihren feierlichen Einzug zn halten. An manchen Tagen treffen mehrere Procesfionm znfnmmen. Ein unnennbares Gefühl bcniächtigt sich der Brust des unbefangenen Znsehers, wenn dic Schareli verschiedener Nationen sich vor dein Guadenaltarc sammeln, in mancherlei Sprachen nnd Singwei-'cn die innigste Verehrung der heiligen Gottesmutter, das unbegrenzte Vertrauen auf deren liebevolle Hilfe, eine wahre Hingebung ihres Gemütes ans-sprechcn nnd in frommer Begeisterung vor dem Bilde der Hilfreichen sich niederwerfen; wenn die heiligsten Gefühle anf jedem Antlitze fich spiegeln, strömende Thränen die beengte Brust erleichtern und zitternde Seufzer allmählich die Tone des Gesanges ersticke». Nicht nur während der Wallfahltspcriodc herscht reges ^cbm im ^rtc, sondern auch in der Zwischenzeit, indem es fast nie an kleinerm Gesellschaften und einzelnen Besuchern fehlt, die entweder dcr Trieb der Andae! t oder die Vorliebe füv reizvolle Gegenden in dieses weltbekannte Gebirgsthal lockt. Ein bnntcs Gewirre belebt den Marktplatz alljährlich am Dienstage vor Michaelis (29. September), wo von allen Seiten das Vieh znm Verkaufe zugetrieben und in eigens dazu errichteten Verzäummgen aufgestellt wird. Da hat man die beste Gelegenheit, die immer mehr in Abnahme kommende Voltstracht des Nordstcircrs kennen zu lernen. Die bebänderten, mit Blmnen nnd Federn geschmückten, schwarzen oder grünen Hüte der Männer, die Imutcu >iopstüchcr dcr Weiber, dic roten oder grünen Brustflcckc, kurz Haltung, Tracht und Gestalt lässt die Kinder dcr Alpen nicht ver- Maria-Zell. 199 kennen; und wer Vust hat, sich an dein Springen nnd Stampfen beim abendlichen Tanze zu ergötzen, der tann dieses Vergnügen hier in reichstem Maße genießen, denn nirgend vielleicht ist verhältnismäßig die Zahl der Wirtshäuser so groß, als in Maria Zell. Die 900 Gin-wohner des Marttcs leben auch fast ausschließlich von den Wallfahrern, indem sie ihnen Herberge bieten oder die verschiedensten Gegenstände an dieselben verkaufen. Wir wenden uns mm vom Nahmen zum Bilde, von der Fassung zum Edelsteine, vom Marltc Viaria-Zell zu seiner weltberühmten Wallfahrtskirche. Noch ehe man sich auf das Einzelne dieser imposanten Erscheinung einlässt, fällt der Reichtum der Kirche schon durch die kostbare Kupfcrbedachung auf. Sowol der Zugang der Treppe als das Portal sind mit Statuen ohne bedeutenden .^unstwcrt eingefasst. Interessanter in tünsilerischcr Beziehung ist das uralte steinerne Basrelief über dem gothischen Hauptportnlc nebst den Figuren, die in den Bögen desselben angebracht sind. Es stellt die ganze alte Geschichte des Gotteshauses dar. Nechts erblicken wir die Verehrung der Gottesmutter durch den Markgrafen Heinrich von Mähren und dessen Gemahlin Agnes, welche gegen Ende des 12. Jahrhunderts jenem wunder-thätigcu, von dem Vambrechtcr Priester in einer Hütte aufgestellten Marienbildc eine Steinenpclle bauten. Vinls zeigt sich die Darstellung der Schlacht, welche ^omg Vlidwig i. von Ungarn gegen die weit überlegenen Heiden gewann, wofür er die tlcinc Eapcllc im Jahre 1363 mit einem großen Gottcshausc umgab, von welchem noch der mittlere,, 82 Meter hohe gothische Tmm übrig ist. Die Kirche in ihrer heutigen Gestalt wurde 16!4 gegründet und 169!1 vollendet. Sie erhielt zwei neue Türme, welche zu beiden Seiten des alten Turmes sich erheben, nnd ein Schiff, doppelt so lang als das alte, in dessen Mitte sich eine schöne Kuppel wölbt. Sie ist unbedingt die größte Kirche des Landes, indem sie im Innern 92 Meter lang, >^l Meter breit nnd 31 Meter hoch ist. Ihre sieben Glocken, deren größte 5880 Kilogramm wiegt, geben ein wolgestimmtes Geläute uud mächtig dröhnt 200 Mavü, Zell. der Klaug ihrer ^?rge> durch den ehrwürdigen Dom hin. Der Hochaltar mit dein herlicheu Crucifix aus Ebenholz nnd Silber, zehn schöne Scitenaltäre, die lnächtige Marmortanzel, allerlei Botwbilder und Wcihcspendcn lion verschiedenem Kunst- und Geldwerte und ähnliches Beiwerk, was zu eilier prächtigen Ansstattimg gehört, sind ganz geeignet, den Gottesdienst anf wirtsame Weise zu fördcrli nnd ,;n heben. Mitten in dieser würdigen Umgebung steht, umschlossen uon einem Merncn Gitter, die nraltc Waldcapelle mit dem Gnadenbilde, einer '/2 Meter hohen, ans ^indenholz geschnitten Bildsäule. Ein reich verzierter Dom nmwölbt nnn dieses einfache Kleinod, und die ehemalige Einsiedelei hat sich in einen der besuchtesten Tempel verwandelt, in welchem jährlich mehr als 100.000 Wallfahrer Trost nnd Stärlmlg suchen. ' Sehenswert ist auch die überreiche, von Gold und 2ilber strömende Schatzkammer. Hier werden zahlreiche kirchliche Gefäße, Hciligenschrcine, Altärchen aus tastbaren Steinen, alte Messbüchcr, Edelsteine, Perlen nnd kostbarer Schmuck anfbewahrt. Besonderes Interesse erregen die in vergoldetem Silber ausgeführten Staium^ bäume des Habsburg-lothringischen Hauses und der neapolitanischen Binigsfamilie; Fahne, Sporen, Steigbügel und Schwert des Königs Vndwig l. von Ungarn, sowie seine und seiner Gemahlin Hochzcits-gcwändrr. Eine Kuriosität ist auch die goldene Feder des Dichters und Predigers Zacharias Werner, ei» Geschenk des Fürst-Primas 5 Karl von Dalberg, von Werner Zell vermacht. Hat man die zahlreichen Sehenswürdigkeiten der Kirche einer Betrachtung unterzogen, wird, man sich gerne den schönen Umgebungen des Wallfahrtsortes zuwenden. Die schönste Ansicht Maria-Zells und der dasselbe einschließenden Gebirgslandschaft zeigt sich auf dem (5alvarienberge, einer mäßigen Anhöhe oberhalb des Marktes, Rechts, beinahe gegen Norden, erscheint der felsige Ocrscher, etwas näher die viel kleinere Gemein Alm, mit Maria Z^ll. 201 schönen Wcidcflächcn und einer waldigen, gegen Westen hinstreichendm Niederung, deiu V run ft ein; weiter gegen den Marlt zu der Rasingbcrg, Diesem gegenüber reihen sich die drcispitzigen Zeller-hütc, der etwas tiefer liege»ide Farenboden und die Tricbein Alm an einander und bilden das schöne Grünauthal, welches, vom Nasing-bache bewässert, die fruchtbarsten Aecker und die üppigsten Wiesen umfasst, biegen Züdcn öffnet sich das Tal',a und Aschbach that zwischen der Triebcin- und Sauwnnd-Alm. Am Eingänge des ersteren liegt das Dors Nasing mit dem romantischen Sigmundsberg. Das letztere, in welchem- sich auch das k. t. Guß wert befindet, ist im Hintergründe dnrch die schön abgeflachte, hohe Aflenzer-Staritze geschlossen. Von der südlichen Sauwand weiter lints erhebt die hohe 3 o n i o n ihr Fclsenhaupt. Nückwnrts, nach Nordosten, steigt die Vürgeralpe mts, dercu südliche Vorhöhe der Sandbühel ist, auf welchem der Markt mit seinen schönen Oafsen und dein geräumigen Platze sich ausbreitet, nud dic imposante Gnadcnlirche mit ihrer doppelten Fenstcrreihe, der schöngewölbten Kuppel und dem hohen gothischen Turme praugt. Verfolgen wir von Maria Zcll aus die Straße nach Süden, so lonnnen wir hinter dem Dorfe Nasing an der Sigmunds-Capelle lwriiber, lvelche auf einem tanncnbewachsenen vorspringenden Felsen hervorragt. 2ic N'ar urspriinglich befestigt und mit hohen Mauern umgeben, um den Angriffen der Türken zu widerstehen, die im 16. Iahrhuudert wiederholt in diese entlegenen Thäler eindrangen. Bald erreichen wir das großartige Gufnverk, welches am Zusammen flussc der Salza und des Aschbachs gelegen ist. Es wurde im Jahre i?tt) errichtet und und gicng 1800 in den Besitz des Staates über. Mit seinen Hochöfen, Werkstätten, Magazinen, dem Amtshause, den Beamten und Arbeiterwohmmgen bildet es eine ahnschnlichc Ortschaft. Die Eisenerze werdm in dcu Bergwerken des drei Stunden entfernten Seebergs in dcr Gollrad zu Tage gebracht nnd geröstet, dann in den Hochöfen des Gußwcrts geschmolzen und in Sand- oder Lehmformen gcgofscn. Man hat die nicht einträgliche Fabrieation von 202 Marin-Zcll, Galanteriewaren jctzt ganz aufgegeben und erzeugt fast ansschlicßlich nur gezogene .Kanonen bis znm grüßten Kaliber. Felgen wir nun dem Aschbache südlich, so kommen wir an der Mündung des Gollradthalcs vorüber nach Wcgschcid, wo sich die Straßen scheiden; ostlich geht cs ins Mürzthal nnd über Mürzstcg nach Mürzznschlag, südlich steigt die Straße über den Sceberg hinab nach Scewiescn nnd Aflcnz bei Brück an der Mur. Ans der schönen Hochebene des Sccbcrgs liegt der Brandhof, die Alpenwirtschaft des im Jahre 1559 verstorbenen Erzherzogs Johann, jetzt dem Grafen Franz von Mcran gehörig. Den ehemaligen Bauernhof kanstc 1818 der Erzherzog und ließ ihn umbauen. Der anmutige Vandsitz liegt nahe an der Poststraßc, mit seiner Fronte gegen Osten gelehrt. Der Van ist ebenerdig und hat zwei Flügel, aus deren Mitte die achteckige gothische Capellc vorspringt. Ein plätschernder Brunnen zwischen ihren Strebepfeilern ladet den Wanderer zur Labung, eine Ruhebank gegenüber in einem Halbkreise von Cedern, welche hier gut gedeihen, zur Rast ein. Auf dem hohen Dache, welches Wohnzimmer für Gäste enthält, erhebt sich ein gothisches Türmchcn mit Uhr nnd Glocke. Zwei Thore führen in den geräumigen Hof, durch den die Wirtschaftsgebäude vom Wohnhausc getrennt sind. Rückwärts ans einer Erhöhung blühen in einem Gärtchen, welches in einer leinen Eapctle die Bildsäule Rudolf's von Habsburg umschließt, schöne Alpenpflanzen. Ringsum aber prangen üppige Niesen, dem kargen Bodm mit rastlo'er Mühe abgerungen, welche sich allmählich in die höheren Alpmtriftcn verlieren. So ist das Acußcre. Einfach und prunklos, aber ein Muster sinnvoller, wahrhaft poetischer Zusammenstellung ist das Innere des Gebäudes. Es umfasst einen Saal,, die Capelle, im'hn-n' Wohuräumc und das Iägerzimmer. Alles verrät den groß- und edeldmtcndm Menfchm, den Verehrer geraden, schlichten Sinnes und den warmen Freund der Alpen. Mit dem Gefühle tiefer Rührung kehren wir von dem merkwürdigen Brandhof nach Maria-Zell zurück, nm von dort ans einen Ausflug Maria-Zcll. 203 nordwestwärts zu dcili schönen Erlaffce zu ulitcrnehmen. Unser Weg führt uns durch dic kühlen Waldgründe der Griiuau, Der tiefgrime Spiegel des Sees, über dessen Mitte die Grenze zwischen Stcicrmark und Nicdcröstcrreich läuft, ist 1415 Meter lang, 840 Meter breit und bis 190 Nieter tief und birgt köstliche Saiblinge. Aus ihm fließt die Erlaf ab. Nicht fern von hier trifft man den kleinen Hechtcnsee mit dunklem, von abenteuerlichem Pflanzengeflcchtc durchkreuzten Gewässer, in welchem der Hecht gierig unch Raub sich umhertummelt. Eiu zweiter Ausflug, der sich noch besser lohnt, wiult uach Niedcröstcrrcich zum ^assingfalle, welchen man von Maria>Zcll aus über Mitterbach, Wald, den Ioscfsberg und das Oertchen Wicncr-briickc in drei Stunden erreicht und welcher der größte Fall Nicdcr-österreichs ist. Gutgcbahute Wcgc llnd Anlagen, von dem berühmten Dichter ^adislaus Pyrker herrührend, erleichtern die Ansicht von allen Seiten. Eine Tafel zeigt den Weg, und in eiucr halben Stunde steht mau vor dem Falle. Doch führcu zwei Wege dahin, ein alter und ein neuer. Von der Wiencrbrücke geht man an der Vassing hinab und überschreitet auf hoher brücke dm Bach, worauf sich jcnc Wege scheiden; der neue läuft längs dein Bache fort, der alte erhebt fich rechts zum Kollerbauer, von dem mnn durch deu Wald zum Kaiferthron gelangt, einem vorspringenden, mit Geländern und Bänken versehenen Platze, von dem man eine herliche Uebersicht des wilden Felscuthales genießt. Auf einem steilen Pfade zum Bache hinab gelangt man auf eiucr Holztreppc zum „unteren Pavillon", wo man die schönste Anficht des Wasserfallcs hat, der von dcr großen und kleinen Massing und vom Kienbachc gebildet wird. In drei Absätzen stürzt das Gewässer, das künstlich geschwellt werden kauu, an 120 Mtter tief in das schwindelerregende Felscuthal hiuab. Von der Wiencrbrückc führt die Straße uach Nordost weiter, um sich später nach Nord gegen St. Polten und nach Ost gegen Haiufrld zu 'palten. I/. Dor GrrsrlM. Osten durch die große Erlaf, im Westen durch die Ips von deli Nachbardergcn geschieden, zieht sich der mächtige DH^' ! Oetscher si««6 Meter hoch) zwischen diesen beiden ^, ' - ^-l Flüssen beinahe geradlinig in einer Väuge von 2'/2 Wegstunden hin. Auf dem Boden Nicderöstcrreichs nur vom Zchneeberge an Höhe übel troffen, steigt er unweit Iosefberg aus dem sogenannten Erlasboden ill cinein schneidigen, alif beiden 3eiteu steil abfallenden Rücken empor, anfangs mit mächtigem Wald bewachsen. Höher öden wird mit der Krummholz-Region zugleich sein großartiges Fclscngerippe, „der ranhe Kamm", sichtbar, welches, großentheils von fetten Weideplätzen unterbrochen, sich über den Gipfel hinzieht: dieser selbst, nach dem hier aufgerichteten Kreuze der „Kreuzkogel" genannt, liegt genau in der Mitte des Gebirgsrückens und wird, an seinem westlichen Abhänge sanfter abfallend, in einer Hohe von 1450 Metern nach abwärts zu wieder von Wald gedeckt. Noch ungefähr l60 Meter senkt sich hier der Wckeu, steigt jedoch aus dieser Einsattelung, der sogenannten „Riffel", zu eiueiu zweiten Gipfel mit weniger felsigem Boden empor — dem kleinen Octscher — und endet m> der Ips mit einem dritten, ungefähr 1260 Meter hohen Rücken, der seines einst mächtigen und dnnteln Waldes wegen „schwarzer Oetscher" genannt wird. Der ganze Nucken des Octschers von dcr Erlas bis zur Ips, bildet durchwegs einen schmalen Grat, der auf der Südseite steiler abfällt und dort die Schichtung seines Gesteins entblößt, daher er auch von dieser Seite einen großartigeren Nublick gewährt als von dcr nördlichen. Nur auf seinen: Gipfel wird die schneidige Form des Mckeus von einer fast ebene»,, mit dem üppigsten Grase bewachsenen Fläche unterbrochen. Die uorhcrschend kantige Bildung des ganzen Oetscher-Rückens schließt alle Kahre') aus ^ wie sie so häufig in den Kalkalpcn vorkommen. Nur an dcr nordöstlichen Seite des Gipfels findet sich zwischen diesem und dcr schneidigen Pyramide eines niedrigeren Gipfels, dcs Taubensteins, eine kleine Vertiefung, die unter dem Namcu „Pfanne" bekannt ist. Sie bildet das ewige Schneebehältnis des Octschers, wohin man nur hinabzusteigen braucht, wenn die mitgenommenen Wasservorräte ausgegangen find, und wo man im Falle dcs Uebcrnachtens leidlich gegen den Wind geschützt ist, der auf dem Gipfel zeitweise mit furchtbarer Gewalt haust. Eine Ersteigullg dcs Oetschers ist ungemein lohnend, da die Rundschan von seiner Höhe mit den Panoramen mancher doppelt so hohen Bergriesen wetteifern kann, von tciner im ^cmde Nicdcrösterreich aber übertroffcu wird. So hcrlich und ausgebreitet die Rundsicht vom Gipfel des Schnecbcrgcs, des „Ostcaps dcr Kaltalpcn", ist, so steht sie doch hinter jener des Oetschers weit zurück. Von dessen Spitze aus sieht man so rccht, wie Vcrg auf Berg in erschütternder Hoheit sich türmen uud dazwischen fügen sich die reizendsten Ausblicke in die den Fuß umsäumenden Thäler und auf ferne lachende Fluren. Die Fernsicht des letzteren stejgt in ihrem Werte durch den Umstand, dass sic sich einer über alle Zweifel erhabenen Sicherheit erfreut. Wie oft wurde nicht schon der Schneebcrg von tüchtigen Fachmännern zu dem Zwecke bestiegen, um dessen Panorama festzustellen, ') Vergl. die Anmerkung S litt. 206 I>r Ol'tschrr, und doch sind sic noch heute nicht darüber einig, ob der Dachstein in seinem Gesichtsfelde liege oder nicht. Vom Gipfel des Oetschcrs übersieht man das Terrain uon vier Kronländern, ninulich den grösitcn Theil voll Nieder- und Ober-östcrrcich, einen nicht geringen Theil der Steicrmart und Theile uon Salzburg. Ueber zweihundert namhafte Bcrgspitzcn umfasst das Rundbild von der niedrigsten Erhebung, dem Kahlenlicrgc bei Wien, bis zur höchsten, dem Hochnarr in den Nassfelder Taucrn. Von den vielen Erhebungen innerhalb der Märten Nicdcröstcrrcichs seien genannt mn rechten Donau-Ufer: der Schöpfel, die ^ilienfeldcr-Alpc, der Lmdkogel bei Baden, das Hochcck, der Schnecberg, Göller, Naralpc, Schnrealpe, Wechsel, Dürrenstcin, Hochtahr und Sonntagbcrg; a,n linken Donau-Ufer: Schloss Weinsberg, der Ostrong und Iauerliug. Blicken wir weiter gegen Norden aus, so zeigen sich uns im fernsten Hintergründe die Berge des Böhmerwaldcs, gegen Süden herab lachende Fluren und reizende Thäler, die vom majestätischen Donnu^ ström nnd unzähligen Flüssen und Bächen durchzogen siud, ein Vnnd reicher Cultur, des Segens und Friedens, es zeigen sich uns der Tulncr-Boden, ein Theil des Marchfcldes und die Gegenden des Manhartsbcrgcs bis über Znaim hinaus. Das Häuscrmccr von Wien ist vom Octscher aus nicht sichtbar, da es durch die Berge von Hütteloorf verdeckt wird. Außerhalb Niederösterrcichs reicht der Blick in nordwestlicher Richtung bis an die Grenze Vaierns, uon Obcrösterreich sind ^mz uud Enns deutlich zu ertcuncn, man Übersicht ferner den ganzen Mühllrcis uud aus dem Böhmcrwalde ragen der Plöckcustcin und die Hochfichtel empor. Von den Glanzpunkten in südlicher und westlicher Richtung heben wir das Mariazeller-Thal hervor, ferner die hohe Vcitsch, die imposante Fclscnkette des Hochschwab, die mit ihrcu schnee-bcdccktcu Gipfeln in einer Länge uon zehn Stunden den zehnten Theil i>es ginizen Oetscher-Pmiornmas einnimmt, den Ncichenstein bei Eisenerz, die Nottenmanncr-Tauern, die Äürgas- und Prielcrtctte, den Traun- Der Octsch^, , 207 stcin und vor allen den Niesenbau dcr viclgipfcligcn Dnchstcingruppe luit ihren weiten Eisfeldern und als höchste Häupter mehrere Eiszinnen der Nassfeldcr-Tauern, nnter denen der Huchnarr besonders hervorragt. Es »ersieht sich wol von selbst, dass viele dieser Objecte nur bei völlig reinem Himmel zu erkennen sind. Die günstigsten Monate hiezn sind Juli, Angust nnd die erste Hälfte des September, und die genussrcichsten Stunden die des Abends und Morgens, wobei jedoch wieder erstere vorzuziehen sind, weil bei Sonnenuntergang die scharf ausgeprägten Häupter der Vergriescn als dnnklc Massen in das goldene Firmament hineinragen und hicdnrch recht deutlich hervortreten. Aber auch der Sonnenaufgang bietet ein cffcctvolles Schauspiel. Im Hochsommer tann man schon bald uach 1 Uhr nachts die Stelle erkennen, an welcher das Gestirn des Tages, gleich einem feurigen Balle, aus der Tiefe des Ostens auftauchen wird, um durch feinen Glanz alle anderen Erscheinungen zu besiegelt. Ader diese großartige Fernsicht ist es nicht allein, wodurch der Oetschcr die allgemeine Aufmerksamkeit ans sich gezogen; es haben auch seine Höhlen nicht wenig dazu beigetragen, welche durch ihre hohe ^agc, den unterirdischen See und durch mancherlei abenteuerliche Sagen Anziehungspunkte gewordcu sind. Bevor man noch zu diesen Höhlen gelangt, erregen die sogenannten „Wettcrlöchcr" einiges Interesse, deren der Oetscher im Ganzen drei hat; das eine ist 5 Minuten vom (Gipfel, ein gröberes bei HOU Meter vom Octscherkreuze entfernt, und ein drittes befindet sich in der Nähe des Taubenslcins. Sie gehen in einen engen Schlott an der Oberfläche des Berges aus und sind auf Kalkgebirgen überhaupt nicht selten, wie am Traunstein bei Gmunden und am Uutcrsberge bei Salzburg. Das Volt nennt sie Wctterlöcher, weil von ihnen die Sage geht, dass, wenn uian Steine in dieselben wirft, sich alsbald Wolken zusammenziehen und entladen, eine Sage, die wir in vielen Gebugsgegenden wiederfinden, fo am Schnccbcrge, in den steierischen Alpen, in den Karpathen, im Niesengebirgc nnd am Pilatnsbcrgc bei ^uzern. Nach 20« Der Oetscher, dem Volksglauben sind es die Berggeister, die, durch die Steinwlirfe aufgeschreckt, das Unwetter anrichten, oder, wie am ^tampel, Hexen, dic »Ulf ^fengabeln reitend die Wetter machen. Eine Verbindung der Wetterlöchcr mit den eigentlichen Oetschcr-hohlen ist nicht anzunehmen, da letztere zu weit nach 57sten lieben. Diese Höhlen sind das Geldloch und da5 Taubcnloch. Schon die herliche Fernsicht, die sich vor ihnen öffnet, lohnt reichlich die Miihe eines Besuches. Man übersieht dic Mariazcller-Straße vom Nnnabcrgc bis in die Thalebene dcs Gnaoenortes, dessen Kirche sich sehr stattlich ausnimmt. Nechts erheben sich die Zellerhütc, die >iräuterin, der Dürrenstein nnd Scheiblingstein, vor ihnen die Fcldwiesalpc niit ihren vielen Sennhütten, und tief im Hintergründe gegen Süden der Hochschwab. Die größere der beiden Höhlen, das Gcloloch oder die Octfcher-Eishöhle, gehört Zn den großartigsten unterirdischen Eisbildungen unserer Monarchie. Ist in Höhlen die Eisbildung an sich schon eine höchst seltene Erscheinung, so ist in Oesterreich keine Eishöhle zu finden, wo die Eisbildung in so bedeutender Scehöhe und in solchem Maße erscheint, denn das Geldloch liegt 1N',9 Meter über dem Meere. Gewaltige Fclsblöcke sind vor dem Eingänge oer Höhle gelagert nnd ein tiefes Schncefeld zieht sich von da in die Tiefe des Schlnndes, wo sich der berüchtigte Octschcrsee befindet, von dem das Geldloch ursprünglich die „Secluäcn" hieß. Die Größe des Sees, der eigentlich nur ein kleiner Tümpel ist, wechselt mit seiner Wassermcnge; man hat zu Zeiten fast gar kein Wafser, sondern nur einen leicht zu durchwatenden Sumpf vorgefunden. Haben wir nun den See überseht, so bietet sich bald ein Schauspiel dar, das zu den reizendsten der Höhlcnwclt gehört. Man denke sich einen Strom von beiläufig 12 Meter Breite und ebensoviel Tiefe scntrecht herabfliegend, bei seinem Vause über eine doppelte Wehre stürzend und dann in horizontaler Richtung seinen Weg weiter vcr- Der Octschn-, 209 folgend, die ganze Wassermasfe aber in krystallhclles Eis verwandelt, weiter oberhalb cine gewaltige Vispyramide, die l'> Meter zur Docke hinanftcigt, ringsum noch glatte Eiswände nnd kahlr geborstene Felsen, und man hat ein Bild von der Wirkung dieser imposanten Eisinasse, in dercn Krystallen sich noch die Grnbenlichter tanscndfältig brechen. Ersteigt man hierauf die Höhe der Eiswand, so gelangt man znm großen Eisdom, der an Großartigkeit noch den Wasserfall übertrifft. Vr hat eine Vänge von etwa 45 Metern nnd ebensoviel Breite nnd eine Höhe von 22 bis 23 Metern. Seinen Boden zieren spiegelglatte Eisflächen, ans denen sich im Hintergründe mehrere Eissänlcn nnd hie nnd da gleich Tanfsteincn oder Opfcrstocken einzelne Fclsstücke erheben, während andere Massen an den Wänden gleich Altären oder Grabmonmucnten hervortreten. Die feierliche Stille des Domes wird nnr dnrch plätschernde Tropfbrnnnen belebt, deren stärkster in der Mitte ein offenes Eisbassin füllt. Klettert man dann noch einige Meter über Felsblöckc in die Höhe, so gelangt man in den Hanptgang der Höhle, der gegen 190 Meter lang, !» bis l l Meter breit nnd verhältnismäßig hoch ist. Außer diesem finden sich noch mehrere Gänge nnd schachtartige Schlünde von geringerer Ausdehnung in der Höhle vor. Eine Viertelstunde in westlicher Nietung vou dem Eispaläste des Gcldloches gelangt man zu dem kleineren Tanbenloche, so genannt von den daselbst nistenden Bergdohlen oder Schnecvögeln, welche von den Vcuten für Tauben gehalten wurden und einst in großen Scharen darin gehaust haben. Die ^üngenerstreckung dieser waffcrloscn Höhle beträgt 92, ihre Höhe 30 Meter, die grüßte Ans-dchnnng in der Breite 18 Meter. Interessant wird das Taubenloch durch seine Schlotte, Vchtere sind selbst in den berühmten Trainer Höhlen sehr selten und nnr die Grotte von Corgnale ^bci Trieft) fönnte ill einzelnen Partien mit dem Tanbcnloche verglichen werden. Ueber gewaltige Felsblöcke muß mall mich hier in das Innere der Grotte hin ab klettern. Ein Dom von 31 Meter Höhe zeigt sich sofort Ui>, lauf!- Wa„b,'ru„,i>>!l, ^ 21s) Der Oetscher, dein Besucher. Aus diesem kommt man in einen höheren Raum, in die Capelle, in der weiß- und rotbrauner Sinter gothische Ornamente nachbildet. Nach der Ersteignng einer 7 Nieter hohen Wand wird in eine Seitenlmcht eingebogen, um in den höchsten Nanm der ganzen Höhle, in den sogenannten großen Turm, Zn gelangen, der 30 Meter aufwärts misst nnd dem sich dann der zweithöchste Raum, der kleine Turm, anschließt. Die Oetschcrhöhlen gehören nicht nur zu den seltensten Erscheinungen in der Höhlenwclt, sondern sie sind ebenso sehr auch ein Gegenstand der Volkssagc und Volksfurcht geworden. Schon in ältester Zeit galten sie als Aufbewahrungsort vieler Schätze, obwol im Octscher nie edle Metalle gefnnden wurden. Wilddiebe nnd Wurzelgräber mochten wol öfters die Höhlen ausgesucht haben, und die Welschen, welche man früher in ganzen Kraxen Schätze uom Oetscher wegtragen sah, dürften nur Wnrzelgräbcr gewesen sein. Als Gegenstand der Volksfurcht hat der Oetscher die Benennung „Hetschalberg" nnd, von Millionen böser Geister und Hexen bewohnt, spielt er darum in den österreichische»! Hexcnsagcu dieselbe Nolle, wie in den norddeutschen der Blocksberg. Er hat hierin gleiches Geschick mit allen jenen Bergen, an deren Abhängen sich wilde Einsamkeit und Romantit lagert. So hat der Böse oben zwischen dem eisigen Thorsteiu und dein Scbcuchenspitz seine Wohnung, und wie er dort an ganz heiterm Tagen die Schnecwolken cinherwirbelt, so gibt er zur Nachtzeit durch feurige Funken von seiner Anwesenheit ^nnde. Der Sagenreichtum des Octschergcbicts lässt wol auf eiue poetische Ader der Bewohner schließen. Und in der That leben neben den Sagen zahllose bieder noch im Muude des Voltes fort, die mit Vorliebe im Freien, auf den Bergen gesungen werden. Namentlich sind es die sungm Dirnen, welche den Gesang pflegen und die Kehlenfertigteit der „Schwoageriunen" (Sennerinnen) ist sprichwörtlich geworden. Das eigentliche Bergreuier theilen die Sennerinnen und die Holztnechte miteinander; die Berufspflicht weist den ersteren die „Alm", Der Oetscher. ^11 den leMeren den Wald zu, während in der Tiefe der Thäler Bauern und Schmiede ihrcr Arbeit walten. Finden wir aber bäuerliche und gewerbsthätige Äcuölkernng überall in Niederösterreich, auf den hohen Alpcnwie^eit ini Süden des Vandes znr Soinmerszeit auch überall die „Schwaigerinnen" wieder, so nimint dagegen der Holzkuecht im Oetschergebictc eine vereinzelte Stellung ein und ist anderswo im ^ande nnter der Enns fast gar nicht zu treffen. Wo das Gebiet des Bauern aufhört, fängt >mes des Holz-tnechts an. Im Hochgebirge ist seine Heimat, dort, anf einer grünen Wiesenmatte, einem Bcrgqucll nahe, steht seine Keusche, eine niedrige, aus übereinander gelegten Baumstämmen gezimmerte, mit Brettern gedeckte Waldhütte. Hier hat er seinen Ein- und Ansgang 0ft nur auf Waldesdauer. Mancher hat sich ein paar Joch Gruudstücke erworben und mit Weib und bindern auf dem Besch angebaut. Dann ist die Hütte wohnlicher, er hält Ziegen und vielleicht anch Kühe dabei. Gewöhnlich stehen mehrere Holzwechttenschen beisammen nnd bilden die Ansiedlmig aller Knechte, die in einein Schlage arbeiten. Das Jahr hindnrch hat der Holztnecht sein Brot im guts-herrlichen Walde und verdient es sich mit der Axt. Vom Forstamt wird ihm der Holzschlag zugewiesen; hk'r arbeitet er mit mehreren Genossen unter Leitung des Passkncchts (eine Genossenschaft uon Arbeitern heisst Pass) und unter Aufsicht des Revierfürsters. Mit Beginn der schöneren Jahreszeit zieht er in den Schlag. Die Last, die er mit sich trägt, ist nicht gering: zwei Zugsägen, zwei Hacken, ein Mosel, die Scheiter zu tlieben, zwei Sägescheiden, ein Bohror, eine Klaftcrstange, ein Schleifstein nnd eine Eiscnfeilc. Dazn wird noch das Nötige für den Lcbensbedarf auf die „Kraxe" geladen, die er auf dein Rücken trägt. Seine Arbeit im Schlag ist nichts weniger als einförmig. Zuerst kommt das Fällen der Stämme, dann das Zersägen derselben in „Brocken" (so heißen die Stücke), dann das Spalten der Brocken in Scheiter, das „Aufzainen" (Aufschichten) der Scheiter in Stöße, 212 Der Octscher. endlich das „Bringen" und das Schwemmen des Holzes bis zum Rechen. Um den Holztnecht in seiner Eigentümlichkeit zu würdigen, muß man ihn arbeiten sehen. Seine Behendigkeit und Umsicht sind staunenswert. Der Baum fällt ihm sicher auf die' Stelle, die er beim Anlegen der Axt vorbcstimmt hat. Die Arbeit wird fast stets paarweise, von Zweien, in Angriff genommen. Zuerst hanm die Beiden eine tiefe Kerbe in den Stamm. Dann setzen sie auf der anderen Seite ihre Säge au und sägen, bis der Baum abgeschnitten umstürzt. Auf ebenem oder wenig abschüssigem Buden ist das keine schwere Anstrengung, wol aber auf VorMüngeu von Felswänden, von wo oft eine einzelne schlanke Värche oder Fichte geholt werden soll. Da müßen die Holz-knechte sich nicht selten schwere Steigeisen anlegen, daunt sie am steilen AdlMig wählend der Arbeit nicht stürzen, und sich wol vorsehen, dass der umfallende Baum auf dem winzigen Felscnautritt keinen von ihnen in die Tiefe hinabstürzt. Viegt der Baum endlich auf dem Boden, so werden zuvorderst Wipfel und Aeste abgchaueu, hierauf der Stamm in kürzere Stücke zersägt. Beim Klieben der Scheiter fallen die Schläge des Mosels so dicht nacheinander,' dass ihnen der Widerhall nicht folgen kann, und iu der Regel trifft der Mosel immer den rechten Punkt des Klotzes, dass er knurrend auseinanderspringt. Hat der Herbst den Bergen das bunte ^aubtleid angelegt, so ist der erste Theil der Arbeit gethan; der Reihe nach stehen „Zaine" (Stöße von geschichteten Scheitern) dort, wo früher der Wald war. Da kommt der Förster, die Zaine nachzumessen, berechnet den Machluhn, den der Holz-tnccht nunmehr abholen kann, uud handelt mit ihm um das „Bringen" ab. Das Bringrn gedieht während des Winters, für den der Holzknecht sehr reichlichen Schnee erhofft. Der Schnee ist für die Holzarbeiter im Gebirge so notwendig, wie dem Aegypter das Ueberschwellen seines Stromes, Er gleicht die Unebenheiten der Hänge aus und lässt den Schlitten zu, das bequemste aller Beförderungsmittel. Nichts fürchtet der Bergbewohner fo als eiuen schneelosen Winter; Der Oetsch«, 213 ill solchen tann nicht der dritte Theil der gewöhnlichen Holzmenge herabgebracht werden. Rechtzeitig setzt der Holzkuecht seine Handschlittcu, Schneereife, Steigeisen in Bereitschaft, richtet sich Bahnen her, baut „Niesen" und Schwemmwerte. Unter Niesen versteht mau im Gebirge breite Prügelbahnen a» einem Äergabhang, der >nit langen Scheitern so gepflastert ist, dass das darauf geworfene Holz über sie hinabkollert. Hat der Schnee den gefrorenen Boden unter sich, so ist die Zeit zmn „Bringen" da. Da schnallt der Holzkuecht die Eisen oder Schneereife an die Füße und nimmt die Schlitten znr Hand. Die Scheiter werden aufgeladen, mit Stricken befestigt, und mm geht's auf der kürzesten Bahn und stellenweise mit reißender Schnelligkeit abwärts zur Riese oder zur wassersammelnden Klause. Die schnelle Fahrt, der ein langsamer uud mühsamer Nückgang folgt, wiederholt sich, bis alles Holz aus dem Schlage gebracht ist, Noch müßen wir einen Augenblick bei der Wirtschaft der Holzknechte verweilen. Ist im Frühjahre der „Pass" Arbeiter im Schlag angelangt, so geht man ans „Sollen machen", d. h. man zimmert aus rohen Baumstämmen die Notwohnung, Schlafgeinach und Vorhaus, wobei letzteres zugleich als Küche benutzt wird. Im Geschäft des Kochens wechselt einer mit den anderen ab; zu Mittag tommeu für den ganzen Pass die unvermeidlichen „Holzknechtnocken", morgens uud abends „Schott-snppe" (Rahm). Zur Mahlzeit legt sich jeder cm glttes Stück schwarzen Brotes bei, und dann und wann thut er einen Schluck aus gemeinsamer Flasche, dereu Inhalt wöchentlich im nächsten Wirtshaus erneuert wird. Ain Samstag uud am Vorabende eines Festtages stellt der Holz-tuecht die Arbeit zu Mittag ein, verlässt den Pass und wandert heimwärts zu seiner Keusche. Das Weib hat indes die häusliche Arbeit besorgt und die Wirtschaft geführt. Herzlicher Willtonnn schallt ihm aus der Kinder Mund entgegen. Noch am Abend macht er sich ans Schleifen, Feilen uud Ausbessern der Werkzeuge, die für die Arbeit der nächsten Woche bereit sein müßen. Am Sonntage wird 214 T« welsch.,, vorerst Gott gegeben, was Gottes ist, dann aber dem Wirtshauie leider ost mehr, als der Beutel vertragen kann. Den Holzknecht crtelmt man an der grüueii oder grün verbrämten graneu Vodmjoppe, dem grünen, mit Genisbart und Schildhahnfedern gezierten Hut, deni schlanken, festen Körperbau, dem freien, oft kcckcn Blick nnd dem zierlich geschnittenen Ttuybärtchen. Sein Einkommen ist schuial; mit Not nnd Mühe erhält cr seine Familie nnd etwas zu erübrigen vermag er nicht. Ehemals half ihm das tödtende Blei seiner Büchse, freilich ans schlimmen Wegen, zu einem Nebenverdienst, nnd für den erbeuteten Nehbock lam mancher Gulden in die Tasche. Seitdem aber das Wild weniger nnd die Forstaufsicht schärfer geworden ist, geht's mit dem Wildern sehr schwer. Unter dir freien Beschäftigungen des Holztncchts, die ihm einen kleinen Gewinn abwerfen, gehört das Wuizelgrabm, Dieses war früher so im Schwünge, dass selbst Veute ans Tirol zu diesem Zwecke lamen und den Octscher ausbcnteten. Gegenwärtig ist auch das Wurzelgrabeu nicht mehr lohueud, wenn auch noch ziemlich viel nach Eliziau und Meisterwurzel gesucht wird, wmigcr für drn Heilgebrauch als — znr Verwendung in Bierbrauereien. Viel lönnte noch über das Veben uud Treiben der Holzwechte gesagt werden, dn' eine Neiue Welt eigener Sitten darstellen. Aber nur Eines soll noch Erwähnung finden. Es ist einleuchtend, dass Menschen, welche fast das ganze Jahr über in freier Vnft, bei fchwerer Arbeit, unter stets drohenden Gefahren leben, gchmd und mutig werden müßen. Und es ist in der That ei» derbes, wackeres Geschlecht; der Schweis; ihres mühseligen Daseins hat am echten Menschen nichts verkümmert. Ihre Unerschrockenheit nnd Tapferkeit find unbeschreiblich. Manches ihrer Abenteuer wäre würdig, vom Dichter besungen zu weiden, nnd ans ihrem Treiben könutc ein Noman zusammengeschmiedet werden, von dessen Wirksamkeit sich um so mehr erwarten liche, ie mehr der Dichter sich auf die Wirklichkeit beschränkte und ic weniger er vou den Gebilden seiner eigenen Phantasie hineinmcngte. i8. Die Scmmering-Vahn. ltz^^,'^js sind die Alpenwegc au sich schwierig', da man nur an ^HlR>^I wenigen Stellen und unter großen Hindernissen über dic ^M^! Alpenjochc wegschreitrn kann, weshalb die ^nnststraßen ^-^ ^I über diese Gebirgsrücken zn den großartigsten Werken, neuerer Banlnnst gehören. ')loch schwieriger mußte es sein, eine Eisenbahn über die Thäler, Schluchten, Klippen und Hänge eines 152(1 Mctcr hohen Berges zu führen, sie gegen Wildwasser, Ucberschwemnmngen, Bcrgstiirze zn schützen, ihre Steigung zu verringern und doch deil Pass zu erreichen, Tunnels zu sprengen mld turmhohe Viaduttc zn dauen, deren Bogen wieder ans Bogen ruhen. )tur der Sachkundige vermag die ungeheuren Schwierigkeiten zu beurtheilen, welche vorher zn berechnen und zu beseitigen waren, ehe »nan den Bau der Bahn ausführen konnte. Mit dieser Eismstraßc talin sich keine drr melgcrühmten Nmucrstraßen messen, von denen eine auch über den Scnnuering führte, obschou die Römer den Brenner als Hauptverkehrsstraße vorzogen. Seit der Vollendung der Semmering-Bahn sind noch andere Schienenwege über die Alpen gelegt worden; seit Jahren schon werden auch die Brenner-Bahn und die MontCenis-Bahu befahreu und der Bau der St. Ootthardbahu schreitet der Vollendung entgegen. Aber die Bahn über dm Semmering genießt den Ruhm, die erste großartige Gebirgsbahn der l^rdc zu sein; hier hat zuerst der Mcnschmgeist über 216 Die Gsmmn'imi Buy», scheinbar unüberwindliche Hindernisse triumphirt, iudem or die letzten Schranken des modernen Weltoerkehrsmittcls besiegte. Die Teuimering-Bahu is! in den Jahren 1848 bis I"54 vom Staate lint eincnl ^ostcnanfwandc von 15 bis l9 Millionen Gulden gebaut wurden. Die Veitnng dcs Vanes war in den Händen des Ritters von Weg a, dein in jüngster Zeit vor der Station Semmering ein schönes Denkmal errichtet worden. Die Fahrt über den Scunnering ist im höchsten Grade romantisch. Man sieht in das wildmalcrische Schwarzathal mit seinen Felswänden, Schlüudcn, Meilern, Wäldern, Dörfern nnd erblickt die Bergrücken der Naxalpe, des Schneebcrges und dcs Saurilsscls; der Zng sanst durch lange Tunnels, nni auf der anderen Vergseitc in Krümmungen über bogcnrciche Viadnctc, Pfeiler - Anbau nnd an steilen Wänden durch die Bergwilduis dahinzurasseln. Bald ist man ilt hclleui Sonnenschein, bald in Finsternis, bald zwischen nackter Felswildnis, bald in kühler Waldung, bald über dem Thalc, bald unter dem Walde. Wegen dieser stets wechselnden Scenerie ist die Scunnering-Bahn der zweiten gr^cn Gebirgsbahn unseres Vaterlandes, jener über den Brenner, entschieden vorzuziehen, ^cicht minder aber auch wegen der Schönheit des Bahnbaues; denn am Brenner bantcn Privatleute, daher sparsam, am Semmering baute der Staat, und er stellte Prachtbauten her. Wol bietet der Brenner einzelne Bilder von einer Erhabenheit, wie fie dem Semmemlg nicht eigen ist; solche Bilder gewähren die Eisfelder des Valser und Gschnitzthales oder die Stubaier Ferner. Allein diese Puukte abgerechuct, leidet der Brenner von Innsbruck bis nach Brisen an einer gewissen starren Grüße. Wundcruoll freundlich nnd großartig zugleich und in reicherer Abwechslung im Naheu und Fernen tritt uns die Natur auf der Seunncringfahrt entgegen. Von Gloggni«) an, wo das Thal der Schwärzn enge wird, beginnt die Alpenstraße. Die ^age dcs Marltes ist reizcnd. Zu den nahen Bergen der Nord- und Südseite sind im Westen die letzten Die Temmmntt Bal,n. ' 217 Ausläufer des Semmcrings getreten. Auf ihrein äußersten Borsprung ragt das große Schluss von Gloggniy mit der Kirche in seiner Mitte auf. Rechts wendet sich aus der Waldschlucht an seinen» Fuß die Schwarza heraus, links von demselben öffuct sich das l'reitcrc Thal, das zum Scunnering führt. Hier thront das Schloss Wartensteitt auf hoher Bcrgcsknppc und strebt der Sonuwendftcin oder Göstritz zur Hohe, iu der südlichen, der Gruppe des Wechsels angchörigen Bcrgrcihc aber gewahrt man den Einschnitt des Kranichberger Thales. In der Tiefe dehnt sich dann der Markt auf beiden Seiten der Schwarza bis an den Tchlosshügel von Nurdost nach Südwest aus. Seine Vage nahe der nördlichen Wand des Beckens verschafft ihm ein so mildes Klima, dass dort am Silbersberg wie am Eichbcrg auf den gegen Südeu gekehrten Seiten noch Wein gebaut wird. Die Bergkegel des Silbersbergcs und des Eichbcrgcs sind die bcideu Eckpfeiler am Eingänge des oberen Schwarzathalcs, welches die Scunnering-Bahn von Gtogguik an bis Payerbach in Schlangen-Windungen durchzieht. Haben wir die Thalsperre, welche jene zwei Bergtegcl bewirten, hinter uns, so erschließt sich bei den stattlichen Gebäuden der Papierfabrik Schlöglmühl zuerst der Anblick des Thales von Pay erb ach. Die Bahn läuft an seinem Nordraudc nahe dem linken Ufer der Schwarza fort; auf seiner Südseite erheben sich in ihren Nordgehängen die Berge zwischen ihm und dem Thale von Schottwicn. Wir sehen die Vinie der Bahn auf denselben hinan-klimmen. Die Thalhänge sind reich bebaut und durch Weiler und Einzeln-Höfe belebt. Nach vorn aber baut sich die prächtige Naxalpe und das übrige Gebirge des Thales von Reichenau und der Prein über Payer-bach und dem hcrlichen Pahnviaduet auf, welcher das Thal westwärts auf das Wirkungsreichstc abschließt. So kommen wir nach Payerbach, dessen Häuser in ungleicher Höhe um die alte Kirche lagern. Schon auf der Strecke von Gloggnib nach Payerbach hat die Eisenbahn eine bedeutende Steigung zu überwinden-, die eigentliche Semmrringfahn fängt jedoch erst bei Paycrbach au. Zunächst dem Alt' ?>c Temmerins, H^ahn. Bahnhöfe leitet der prää)tigc, 280 Meter lange Viaduet auf ucun Riescnbogcn in südlicher Richtung über die Schwärzn und ihr Thal. Jenseits desselben geht dic Bahn sogleich in die südöstliche Richtuug über lind Nimmt jetzt am Südrande des Payerbachcr Thales iuit der grüßten Steigung (1:40) znm Eichberg hinan. Hinreißend schön gestaltet sich der Blick Hinali auf das Ncichmauer Thal, der nur turz, und jener auf das Thal von Payerbach, der lange und wiederholt sich darbietet. Neber mehrere Viaducte inid durch luehrcrc Tunnels tommt man aus deiu Eichberg nahe über dem Viaritc Gloggnitz an. Die schimmernde Fläche r>on Neuntirchen, von den duftigen Grenzbergen gegen lluqarn gesäumt, liegt vor dem Blicke des Reisenden aufgerollt. Später nach der Wendung dcr Bahn nach Westen eröffnet sich die Aussicht auf Wartenstcin, den ^tter und das etwa 130 Meter tiefere Thal uou Schottwien; auch der Göstril>, hat sich migestcllt. Nahe dem Ostcnde des Fichbergcs wendet sich die Alpcnliahll im Vogen westwärts, um in ziemlich gerader Richtung an Schottwien und Klamm und weiterhin an der Weinzettclwand vorbei zur talten Ninne zu eilen, wo sie wieder rückwärts geht und im Bogen durch die Adlitzgräbcn hin die Passhöhc erreicht. Viu besonders malerisches Bild zeigt sich von der Station Klamm aus. Man sicht den 15^"> Meter hohen Sonnwcndstcin odcr Göftril.- in seiner ganzen Höhe und Breite, mit den fächerartig ausemandcrlaufendcn Furchen, die der Wildbach riss, und dem saftig grünen Gelände, durch welches die Scmmcringscrasie in langen Windungen zur Klause von Echottwicn hcrabstcigt. Von dem Abhänge des Göstriy her schimmert die zweitürmigc Wallfahrtstirchc Maria-Schutz. Tief uuten liegt, mit der Doppelreihe seiner Häuser in eine Felscullamm eingeengt, der bis in seinen letzten Winkel aufgeschlossene Marlt Schottwicn. Hoch oben aber auf senkrechtem Felsenvorsprunge schaut die Nuinc ^lauim herab, so hoch uud steil, dass man das graue Gemäuer laum erleuuru taun, und doch fliegt der Eisenbahnzug sehr bald noch viel höher als die Felswände hinan. Hinter Klamm gelangt die Bahn zu den steilen Thalschluchten der beiden Adlikgräbcn, deren Wände sich schroff ausgezackt und zertrümmert, fast senkrecht über dem engen, grünen Thalstreifcn unten erheben nnd die sich mcilcnlang im Zickzack von Schottwien aus wie ungeheuere Nisse ins Gebirge hinein dehnen, indem ihre Wände voll malerischer Wildheit den Gebirgsswck des Semmerings von den Thälern der Schwärzn nnd Prein trennen. Eine Strecke lang folgt die Bahnlinie in weit ausschweifendem Bogen dieser Fclscnwindung, dann zeigt sie zwei gewaltige Viadutte, welche in zwei Bogenrcihcn übereinander gegen 38 Meter hoch dm Jäger- und den Ga'mpcrl-grabrn übersetzen. Die größten Schwierigkeiten hattc der Bahnbau zn überwinden, um den Schienenweg vom unteren in dcu oberen AdlilMaben zu leiten. Nackte, zerbröckelnde Felswände mit steiler Böschung, dabei vor tiefen Wildbächcn eingeführt, botcn die einzige Möglichkeit des Wcitertommcns dar. An diefen Felswänden entlang sollte die Bahn klimmen, diese Schluchten und breiten Senkungen überbrücken, dort eine Fclsenwand durchbohren. Da das Gestein jener Wände viele Nisse und Sprünge hatte, so war zu befürchten, dass es mit der Zeit durch die Erschütterung der Bahnzüqe immer mehr gelockert und endlich ganz auseinander-gerüttelt werden möchte, daher muftte man hier bei der Wenizettel-wand den Weg tief hinein in die Felswand sprengen und diese Wand durch Pfeiler mid Mauern stützen, inn sie vor dem Auseinanderfallen zu sichern, so dass drei Tunnels durch Galerien zu einem langen Haupttnnnel vereinigt werden. Bei der Durchfahrt ist der Reisende in finstere Nacht gehüllt, dic nur zeitweise zur Seite durch den Schimmer der grünen Tiefe unterbrochen wird. Bald nachdem der Zug aus dem letztm Tunnel wieder an das Tageslicht gekommen, langt er in der Station Brcitcnstein an. Hicranf eilt er an der Spiesiwaud hin. übersetzt ans hohem Viadnctc den Kranselgraben und wcndct sich nach Süden. Hier überschreitet nun dic Bahn die Adliygräben au der taltcn Rinne, über deren 220 Tie Scmim'i'inq ^a?n. Klüfte sie mit Hilft gewaltiger Viaduetc lwu zwei übereinander gebauten Bogenstellungen gelangt. Ein Hochgcbirgstesscl umfängt uns mit Steilwänden, an denen das Geschiebe hcrnbsintt und über ihm gewahren wir die Gipfel der höchsten des Gebietes, den Schnccbcrg und die Nnx. Im Kessel widcrhnllt der Atemzug der Vocomotive, während sie aufwärts klimmend iiber die schwindelnd hohe Brücke gleitet. Wieder gelangen wir auf der Fahrt durch den Wolfslierger Tunnel in nächtliche Finsternis; hinter demselben aber erscheint wie mit einem Zanberschlage das überraschendste Bild cm, allen. In . malerischem Gewirre von Fels und Wald überblicken wir den künstlichsten Theil der Bahn, die uns herausgeführt, wie sie ties uutm von >tlamm her und dennoch hoch über der >iluft bald au der Felswand, bald in derselben sich herauwindct. Wem« zur vollen Wirtung dieses Bildes noch etwas fehlt, so wäre es der Zufall, dass eine zweite Vocomotiuc, wie sie mit ihrer Vast aus der fernen Tiefe heransteigt, als wandelnde Staffage diente. Mit der letzten Biegung ist die Station Semmering, der Endpunkt der Bergfahrt, erreicht und die Herlichkciten, rwn denen bisher nur Theile zu schnellem Geuusi geboten waren, liegen in einem weiten Halbrund ausgebreitet, rechts uud lints die Berge des Gebietes mit ihren Gipfeln uud dem umsswcu Unterbau; im Vorgrunde die grünen Stufen der Passhöhr, im Hintergründe die blaue weite Niederung des Wiener-Beckens, aus welchem sich, wenn Tag und Stunde günstig sind, dir hellen Punkte der Ortschaften abheben. Unmittelbar hinter dem Statiousplayc öffnet sich der größte und letzte Tunnel der Semmering Bahn. Er ist schnurgerade durch den Berg gebohrt worden, hat eine Väuge vou 1^20 Metern und nrcicht in der Mitte im höchsten Puuttt- der ^>ahu eiue Scehöhe von «9« Metern, 459 Meter über dem Ausgangspunkte Glogguik. Indem man diesen Tunnel passirt, überschreitet man zugleich die Grenze Steiermart's; denn an seinem Ausgange findet man sich schon im steierischen Früschnitzthale. Die Bahn tritt uuu iu eiu starkes Gefalle ein und führt ohue die Vermittlung kolossaler Bau-Objette in diesem freundlichen Thale mit sanften Äergformen, wahrhaft smaragdgrünen Wiesen nnd kleinen Ansicdlungen, worunter noch Steinhaus nnd Spital die beträchtlichsten, nach Mürzzuschlag, dem Ende der Gebirgsbahn. Letzteres liegt freilich noch in einer Scehöhe von 680 Metern, also nur nm 20 Meter niedriger als die Station Klamm. Die ganze Bahnstrecke von Gloggmtz bis Mürzzuschlag ist 42 Kilometer lang; sie zählt 15» Tunnels von 4274 Meter ^änge nnd 16 Viadutte r>ou bedeutender Ausdehnung. Steigung, Krümmung, Nnterscbwelluug lind alles Technische ist mit der größten Sorgfalt berechnet, nnd selbst für die Wasserspeistmg der Maschinen gesorgt, zu welchem Behufe die Bcrgwasser gcsannnelt, geklärt und durch Pumpenwerk oder Nohren weiter geleitet werden. Bei deu großeli Eisenbahnbauteu deukt inan vorzugsweise an die technischen Schwierigkeiten der Bahn selbst, au die Vermessungen der Höhen, an die mühevollen Persuche, überhaupt eiue Bahnlinie aufzufinden, an die Berechnung der Bogen, des Steigens und Fallens, weniger aber an die unendlichen Schwierigkeiten, welche die Herbeischaffung des Materials macht. Je uuwegsamer die Gegeud ist, um so mehr nehmen die Schwierigkeiten zu. Man bedarf Massen Materials, Tausende von Arbeitern; bald fehlt es an Wegen nnd Untertunftsortm, bald stören elementare Ereignisse den Weitcrbau, und es werden dadurch die Herstellungskosten bedeutend gesteigert, so dass schon die Herstellung einer gewöhnlichen Bahnstrecke die größte Umsicht vorausscht. Mit welch' großartiger Thatkraft, mit welchem Ueberblick musiten daher die Erbaner der Scunnering-Bahn ausgerüstet sein! > 'Aber nicht bloß großartig ist dieses Werk, es ist auch schön zugleich; alle Constructionen an Häusern, Viaduetcn, Tunnels u. s. w. genügen nicht allein ihren materiellen Zwecken, sondern sie erfreuen auch deu ästhetischen Sinn durch die Leichtigkeit uud Aninnt dcr Verhältnisse. Dic Viaduete in dcr kalten Rinne und im Adlihgraben überraschen cbcnsowol durch die Kühnheit und Seltsamkeit dcr Anlage 222 Die Simmering-Nahn. als durch dm vollendeten Geschmack ihrer Architektur. Dabei trägt Alles den Stempel der Festigkeit und Dauerbarkcit in so ausreichendem Maße, ulld die Fahrt selbst geht mit so viel Nuhe u»d Sicherheit vor 'sich, dass auf natürlichem Wege wol nirgends ein Gefühl von Unbehagen über die Gefährlichkeit der Bahn entstehen wird. Und so vereinen sich denn hier Natur und Kunst, um i» dem Geiste des finnigen Beschauers einen Eindruck hervorzubringen, den er mit Bewunderung empfängt und gewiss mit Liebe zu bewahren suchen wird. ^chottwien. 19. Der Markt Schonwien. im Jahre 1838 die Zchimcnlinic oon Wicn mich Gloggmtz schon im Van, die von Mürzznschlag nach Trieft !<^^H^ beschlossen war, lag es iu der natürlichen Fürsorge, dem ^" '^^'^ l zwischen Gloggnitz >md Niürzzuschlag liegeudcu Vertchrs-hindernisse, welches die Höhe des Temmerings bot, seine Veschwerlichlcit zu nehmen. Da man damals an die Ausführung einer Eisenbahn über den Semmering nicht dachte, schritt man zum Umbau, oder, richtiger gesagt, zum Neubau der Semmeringstraße, der 18^9 begonnen und 1642, im gleichen Jahre mit der Eröffnung der Bahnstrecke Wicn-Glogguitz, vollendet wurde. Durch eilf Jahre, bis 1854, mußten Waren und Reisende von Gloggnitz über den Zemmering mittelst Axe befördert werden, um erst wieder von MürZzuschlag an die Eisenbahnfahrt fortzusetzen. Hinter Gloggnitz biegt die Scunueringstraße in das gegen Südwelt sich erschließende Thal. Rechter Hand hat man den steilen Jüdabfall des Eichbergs, aus dessen Halde man in bedeutender Höhe die Semmeringbahn gewahr wird, links erheben sick waldbedeckte Berge, uutcr denen der Otter am höchsten emporragt. Fortwährend aber erfreut das Auge des Wanderers das hoch thronende Tchloss Warten stein, welches das ganze Thal ^zu beherschen scheint. Die ziemlich belebte Ztraße durchschneidet, sich im Bogen westwärts wendend, 224 3>er Marlt Schottwien. die Ortc Weiß en bach und Aue, bis sie sich durch vortretende Felsen plötzlich eiugeeugt sieht. Im recliten Winkel biegt sic mm nach Süden nm, uud »vir befiudeu uns unvermutet in deul Viarkte Schottwien, den uus bisher die Felshöhen verbargen. Die westliche Richtung der Straße sehen die Adlitzgräben fort, über dereu Gingang, zugleich über dem uuteren Ende des Marktes, die alte Feste >tlamm ans schroffer Felseuhohe trotzig sich erhebt. Schottwieu besteht aus eiuer einzigen, längs der Straße in der durch Felsen eingeengten Schlucht aufwärtsziehcudcu Gasse. Es zählt 6l) Häuser uud übcr 5W Bewohner lind ist trotz der beengten Lage ein freundlicher 5>t, der gegenwärtig von Sommergästen und Touristen viel besucht wird. Das Ziel der letzteren ist die gespaltene 5tcgcljpitze des Göstritz oder Sonnwendstcins, welcher sammt der an seinem Abhang gelegenen Wallscchrtstirchc Maria Schutz schon vom Martte ans sichtbar wird. Der Göstritz, in der erhabensten Spitze 15>45 Meter hoch, ist bewaldet nnd reich an Alpenrosen, zeigt aber jzuhöchst überall Fels> durchbrüchc auf grüuem Boocn. Vlan besteigt ihn entweder von Schottwicn aus über Maria-Schutz, oder besser voll der Höhe des Semmeriugpasscs. Ucbcrrcich lohnt er die tlciuc Mühe seiner Ersteigung, denn von seinem Gipfel genießt man eine Fernsicht, die weit über den südlichen Theil des Wiener-Beckens und in die österreichischen und stcirischen Alpen reicht. Die größte Wirkung erzielen die Schnee- und Raxalpe nnd der Schncebcrg. Doch am entzückendsten gestaltet sich der Vordergrund: Schottwicn, die Feste Klamm, die Windungen der Semmeriugstraßc, ieuc der Semmcringbahn mit allen ihren Prachtbauten, und dic Thäler und Schlösser um den Wcchscl: Fcistritz und Mrchbcrg, Steicrsbcrg, Kranichbcrg und Wartcnstem. Wie bereits erwähnt, sind die heutigen Besucher Schottwiens der Mehrzahl uach Sommergäste und Touristeu. Anders und weit lebhafter gicng es hier zu, als noch die Straße über den Vcunucring den ganzen Verkehr mit der Stcicrmart durch den Markt zog, wo- ?l'r MaNl ^chl'Nwieü. 225 gegen derselbe jetzt ober ihin auf der Eisenbahn vorbei branst. Die heutige Scunncrillgstraßc, die dritte der aufeinanderfolgenden lwnst-siraßcn über den Berg, erhebt sich in weiten Serpentinen auf den Schottwien um 410 Meter iiberragenden Sattel. Aber so bequem sic ist, scit dor Eröffnung der Seiumcringbahu liegt sic verödet. An jenen Fclscngen, welche den Eingang zn den Adlitzgräbcn und der einzigen Gasse des heutigen Marktes Tchottwicn bilden, sind zwei Niederlassungen zn unterscheiden: die Feste auf der Höhe und der Marlt in der Tiefe des Thales. Die Felsenenge hieß „(5 hl am me", und ihr ^ame wurde dann auf die Burg übertragen, die sie beherscht und, uiu sie zn deherschm, !,ingestclli wurde; denn durch die einengenden Felsen schien der Pla^ zur Abwehr gegen den Feind wie geschaffen. Freilich anfangs, als mmi die Burg auf die stolze Fclsenhohe baute, hat man die Klamm selbst wol noch nicht befestigt; denn so lange der gauze Vandnrich oom Temmering nordwärts bis an die Thalsohlc der Piesting noch zur Steiermart gehörte, bedürfte die Feste des TchnlM vor dem Feinde nicht. Die ganze lange Zeit vor ihrer Vereinigung lebten die beiden Nachbarländer Oesterreich nnd Stelen mart in Frieden nebeneinander. To blieb es auch, als der letzte Fnrst von Steicr, der sieche Herzog ^ttolar VI., sein vand an VcopoldV. von Oesterreich vererbte (1132). So blieb es aber nicht, als fünfzig Jahre später (1240) der letzte Äabcnbcrgcr Friedrich der Streitbare finderlos starb und beide Vänder als Ziel hcrsch-süchtiger Äcwcrbnng hinterließ. Mit dem Pressburger Frieden, den >tönig Przemysl Ottotar nach dem ersten >lampf nm Stcicrmart mit .^ionig Bcla lV. von Ungarn schloss (1254), ward der nördliche Theil des Vandes bis an die Wasserscheide der Mnr, mithin alles, was von Stcicrmart diesseits des Scunnering lag bis an die Schneide der Berge, zn Oesterreich geschlagen. Damit war dic jetzige Grenze hergestellt. Schottwicn, Gloggnitz, Ncnnkirchcn, Putten u. s. f. rückten in das Gebiet von Wien, Mid die Zcheide dieses Gebietes bis auf dm Hochriickeil des Hemmerina. hinauf. ^ Damals, wo König ^ttotar die Sicherung seines Gebietes ,-.,,d einen zweiten Kalnpf um Ttcicrmart im Ange hatte, war wol der natürlichste Anlass gegeben, die 3telle, wo Schottwlcn licc^t, in ihrer slrateiiisclien Wichtigkeit ,',n citenncn nnd anszuniil.^'n. Mit der Äc-fesliliuug drr ^lcunnl (Us ^vcnzwartc wnrde nbcr auch der ^vt im Thale in seinem inneren Wesen selbständig nnd erhielt seinen desondcrcn Namen „Schaidwien", d. i. Scheide des Wiener Gebietes, während der Burq über dem '?tte l>Unmi!>) der Me Mmr blieb. Heute sind noch nicht alle Tpnrm vmi dem Säinsirlcib dahin, in welchem Schottwicn scinc Inqcnd verbracht hat. Henle noch niertt der Wanderer an den Felsen, die den ,^rt säMen, nnd neben denselben manchem, was var Zeiten Menschentunst zu seiner' Wehrhaft machnnn beigestellt hat. Es lohnt sich, den Sftnren zn folgen lind sie ^n einem ^ild ',n einigen. Am oberen >Hndr der Klamm gegen den Semmering hin schloss eine >'» bis !' Meter hohe Äiaucr in der Vänge l>on beiläufig 20 Schritten dir ^t beiden Seiten steil abfallenden Felsen. (5s war eine Doppclmaner. 3ie enthielt das „obere Thor", rechts davon eine Ocffnnng ,'Mi Durchgang des Tennueringbachcs, und ober dem Thor in zwei Stoäwerten einen gedeckten l^mig für 'Mchseiischül.mt. lnn die von der (^östril)leiten herabziehende Itrasic zn bcstrrichcn. Die Vianer rechts linmittelbar am Felsen war durch einen Wehrturm, lints in bedeutender Höhe durch eine aus dem Fels herausgebante Warte flantirt, deren Hintcrrcmm wol für l<> Mann Platz hatte. Der Ausblick von hier reichte bis in den lints vom Göstritz herab-ziehenden wo'striiMaben. Eine gleiche Mauer, nur, wie es scheint, weniger hoch und ohne gedeckte Gänge, verband die Ränder der Klamm an ihrem unteren Ende. Dort ragen die Felsen nur an der Nordscitc steil empor, gegenüber ist die Böschung sanfter. Man half durch einen massigen Wehrturm nach mid dm'ch eiue Äl'auer, die sich vou demselben gcgen den sogenannten ..Probstwald^ hinauf bis an dic vorspringenden Felsen zog. Von der Htauer sieht man noch Neste, vom Wehrturiu nicht mehr. Unter ihm floss dcr Bach ans der plannn, Zwischen ihm und dem zweiten Wehrturm anf der ^iordsrite siibrte das später mit dem Stemwappcu des Marktes gezierte „untere Thor" in die >tlamm. Im ganzen war dieser Theil der Befeftiguug schol, in der Anlage schwächer und forderte ein besonderes Aufgebot von Wehrkraft. War durch die bezeichneten Festungswerke die >i!amm abgesperrt, so dienten andere innerhalb derselben zu weiterer Verteidigung, zunächst einige Wchrtürme ans dem Bergrücken, der zwischen dem Zemmering-und Haidbach bis nahe ans obere Thor hinzieht, später zur Auf bewcchrung von Munition verwendet, wie aus der Benennung „Pulver türme" zu ersehen ist. Zwei davon bestehen noch und genieren der Schonung, die einem Unbeachteten aller ^rtcn zu Theil wird. Es lässt üch voraussehen, dass die Burg ,^!amm als der bcherschcude Punlt der Fortification mit der unteren >tlamm in unmittelbarer Verbindung war. Aber dcr unterirdische Verbindungs gang, von dem man sich erzählt, ist nicht mehr aufzufinden. Dagegen zeigen sich in dcr Felswand gegen das Weisienbachthal einige Höhlungen, die den Bestand einer für Kriegszwecke in den Ttein gehauenen Gallerte außer Zweifel setzen. 3ic zog in der Hohe von etwa '^ Metern beinahe horizontal gegen den Haidbachgraben, war an einzelnen Ttcllen durch Manerwert gedeckt, au anderen offen und dort nur über einen Bohlensteg gangbar, den man leicht entfernen konnte, und hatte durchwegs Naum für cinen gcrüsletru ,Mmm, an einzelnen Stellen für mehr als eineu, Mau nruut diese Höhlungen ..Türken-lücher" — nickt ohne (^rnnd, wie wir sehen^verdm. Endlich sind an der Stelle, wo über dem oberen Thor der bedeckte l^ang hinlief, noch zn beiden Zeiten in Fels gehauene Eingänge mit den Treppen deutlich sichtbar, die zur Verbindung der Höhcuuunttc mit der unteren Klamm dienten. 228 lei Vtartt ^chl'itunl'n. An manchen Fehden nnd Kriegsereignisscn nahin die Feste silamm mit Schottwicn thätigen Antheil. Der härteste Schlag aber traf dcn ilrr im ^ahre 152l), als die Tiirlen nnter Sultan Solinmn's Führung nach Oesterreich kamen. Währelld dao grosie Türkenhcer Wien ciuschloss, zogcll TtrcifschlU'en anf Bcutc ino Vnnd. Ciiu' solche crschim ^or Sch^ttwicii inid bcdranM den ^it in jcdcl' Wcisc. Dlc Verteidigung scheint aufs Acußcrftc gegnligcn zu fcin, und crst nachdem ciu fcrncrcr Widerstand mchlos war, wandten sich die Belagerten zur Flucht ins Gebirge und in die Höhlungen der Felsen, während dcr Feind den verlassenen 57rt theilwcise niederbrannte nlid dann al'M. Das Ereignis lebt noch in der Ueberlieferung des Voltes und, findet eine Bestätigung in der großen Menge von Schädeln und ^tuochen, klingen, Dolchen uud Pfeilspitzen, die man nach ver-lässlicher iVlittheilung aus einen» Wie'enfleck iin Innern dcr plannn ansgrub. Zu dieser ^'leit, lind zwar seit dem Jahre 1516, war der treffliche Staatsmann Siqmund r>on Herb er st ein, der treue Diener des Baisers Maximilian 1., Pfandhrrr nnd Pfleger uou plannn lnit Zubehör nnd blieb es lns zn seinem Tode im Jahre 15»66. Wiederholt wechselten hieranf Schottwicn und Mamm ihre Pfandherrcn, bis sic in die Hand des t>iros'Meisters des deutschen Ordens übergiengcn, der zn Wiener Neustadt rcsidirte. Doch schon im Jahre 1603 verpfändete Erzherzog Maximilian, eiu Sohn des Baisers Maximilian II., als Gros'Uieister des Erdens die Herschaft 5ilamm gegen ein Darleihen von 21,<)0<) sl. an Georg Bernhard Freiherrn von Ursenbeck, dcr schon das nahe Pottschach nnd Wartenstein inne hatte und damals Vandmmschall i,i ')iicderöstcrrcich war. Die Freiherren von Nrsenbeck waren die letzten Pfandinhaber von Klamm und Tchottwicn. Im Jahre 1651 gicngm die Gntcr durch Kauf vom Staate in den Privntbcsitz der Familie von Walscgg über, die mit dein Neichsgrafcn Franz Anton 1828 im Mannsstammc erlosch. Hierauf kam die Hcrschaft an die Fürsten von vicchtenstein, welche sie noch hente besitzen. Der Marlt Tchottwicu. 229 Während aber die Walscgger den Hcrschaftssiy nach Stuppach ^bci Gloggni>5) verlegten, verödete das Schloss Klaunu und verfiel allgemach, bis es 1^05 l'ei einem tläglichen Versuch von Widerstand gegen dic eilirückcnden Franzosen mit dcin Pfarrhof cin Naub der Flammen wurde. Zwar ließ zu Anfang der Dreiser-Jahre Fürst Liechtenstein die Burg restaurirm, doch liegt sie gegenwärtig, bis auf ciuigc Mauern uud wolerhalteue Räumlichkciteu, in Trüunucru. So ist die Feste, uuter dcrcll Schirm sich untcu iu der ,^lamm allmählich ein Mrmeiuwcseu bildete, zur Ruine geworden, während ihr Schilling im vause der Zeit jeden Zoll Boden, der zwischen den Felsen und dem Wege lag, mit seiuem Anwesen ausgefüllt hat uud jetzt darin gedeiht, wenn er auch nicht mehr wachsen laun. Unbeirrt durch Mauern und Wchrtürme, waltete der stille Flcis; in der Aamm, der Menschen an Menschen bindet und im friedlichen Wettstreit am Schmuck des Vandcs webt. Schottwien — urtuudlich erfchciut dieser Ramc zuerst im Jahre 126topf, es müße lvegen der leicht zu verteidigenden Fclsencnge eine Festung werden. Aber der Play hatte noch ei» anderes Mertmal, das zur Erwägung aufforderte. Er lag in der Richtung eines der wichtigste» Handclswege nnd ließ diesem den einzigen Durchgang offen. Diesen Durchgang zu behaupten und für die Entwicklung seiner inneren Wolfahrt auszunützen, das war ein ebenso natürlicher und dein ^nlereffe des Ortes entsprechender Beruf. In der That hat Schottwicn für diesen perils sich in Vandc schnüren, belagern uud beschießen, aushungern und verbrennen lassen, bis die Zeit lam, wo seine Väter endlich merkten, da«? >tmd sei gescheiter als sie, und es seinen Weg gehen ließen. Von dem Augenblicke an, wo die Schießscharten in seinen Mauern und die Zuglöcher aus seinen Zinnen ihre Bedeutung verloren — man kann das Ende des 17. Jahrhunderts dafür annehmen — datirt der Aufschwung des 57rtes in der ihm zusagenden Tphäre. Er fieng an lion der Straße zn leben, die Straße schaffte ihm ^rot und außer dem Vrot noch ein Ucbriges zur bequemen Gewohnheit des Vebeus. Wir werden sehen, wie die Natur und die offemln'l,e Straßcnftflege zur Äetricbsamtcit in dieser Richtung mithalf. Was von den Häusern zu beiden Seiten der Straße dem dringendsten Vedarf entzogen werden, tonnte, wurde nach und nach zu Gasthäusern eingerichtet: der lange beschwerliche ^crgwcg drängte zu leiblicher Stärt'ung, ehe man ihn antrat, zur behaglichen Rast. wenn man ihn zurückgelegt hatte, nicht nur den Wanderer, sondern vornehmlich den I-rächter, desfcn schweres Fuhrwert auf dem ansteigenden Wege schon an fich zeitweise Ruhe punttc bedingt. Der frühere Warcnocrtchr über den Scunnering geschah mit Samurosscn, welche die Ware trugen. Dieseln entsprechend troch in den ersten Zeiten der Saumpfad — eiucm heutigen Fußwege vergleichbar — am regellos sich herabwindeudril Vachuser aufwärts, lentte, wo es nicht geradeaus writer gicng, »ach der ansgetretelien Hufspur lints oder rechts ab und gelangte ilach maunigfaltigcli Anstrcngnngcu und Kraftproben, wic sic hier mi steiler Anstich, dort ein hemmender Gicschach nötig machten, eltdlich auf die Höhe des Passes. Schon zu jener Zeit hatte Schottwien durch seinc Vage unmittelbar vor dein Anstieg den Vortheil für sich, dass Reisende nnd Frachter aus seme Dienste angewiesen waren. Nicht nur Herberge und Zehrung, auch die Hilfe beim Verkehr krachte ihm Erwerb. Die Bewohner hielten Saumrosfr, theils um del, schwerbeladene» Wagen, die durchgezogen lamen. die Vasi zu erleichtern, theils um selbst Waren zu verfrachten. Mit der Uebung wuchs das Geschäft. Wenn muli in Oesterreich dr-' (Gebrauch vou i^agen zmn Warcll Transport schon i>n 12. ^ahrhuudett vortmumt, so bezog er siä, doch nur auf Straßen, wo die Natur lein lxjonderes Hindernis entgegen stellte. Im (Gebirge dagegen tlitt ^r späi au die Stelle des Saum vcrtchrs, uud zwar erst zu einer ^>(it, wo man in der Construetion von Achsen und Rädern so weit vorgeschritten war, dass sie den Unbilden der 3traße Stand hielten, und dauu ooruehmlich aus ftrmilegirteu Straßen, d. i. auf solchen, die uoul Wal elivci lehr niclu vcrluieden werden dnrften uud die man um des Gewinnes willen, den Vandesfürstcn und uon ihnen Berechtigte aus der Wcgstcucr zogcu, notdürftig in sahrbarciu Zuslaud erhielt. Eine solche prioilegirte Straße war die durch Schottwieu ziehende. Der Haudcl von Venedig nach Wien und umgekehrt durste leine andere befahren, wenn er nicht ConfiZeation seiner Ware nnd andere Strafen erfahren wollte. Je fester «nan Achsen nnd Räder zu eoustruireu verstand, desto mehr tonute man den Wagen belastcu; >e mehr mau ihn belastete, desto mehr Kraft mußte angewendet werden, um ihn fortznbcwegen, wobei ein kräftiger Schlag von Pferden schon mit in Rechnung tommt; und bei der sorglichsten Bcdachtnahme auf das Verhältnis zwischeu Vast nnd Kraft — dic mal, einem Frachter tamu znmutcu wird — spielt 2!i^ Der Marlt Tch^ON'i^i, imuler »och dao Terrain und der Znsmnd der 3trasic unangenehm dazwischen. Ein» Wagenlast, die z. B. von Wien iiber ^ienstadt nach Nennlirchcn ohne Anstand bewegt wurde, hatte von ^ieunkireben nach Gloggnitz und noch mehr von Gloggnib nach Schottwien einen wachsenden Zuschuss von .^raft nötig, uni in gleichen, Htaße fortbewegt ,',n weiden, während von Schottwien aliv zur Weiterfahrt jede Berechnung dem thatsächliche», ^ediirfnio wich. Der Wagen, dev !nit vier Pferden hcrlam, brauchte sech^, ja stellenweise acht Pferde, um seine Vast auf die Höhe des Passes zu bringen, und während der Fahrt smnd ihm die Möglichkeit in Aussicht, noch mehr zu l'raucl'en. Diese UnterslMnng nnn wnrdc von Schottwien geleistet nicht nur gegen (>ield lind glltc Worte, sondern auch, wie sich aus dein Gesagten ergibt, im Interesse des lmmenländischen Handels; nnd ans dieser NntcrsliitMlg mit Allem, was daran hicng, zog der ^rt durch Jahrhunderte seinen bürgerlichen und lohnenden Erwerb. Freilich war die öffentliche Ttrastcnpflcgc dem Vorspannwrsen dazumal nngemein günstig. Ueber den Zustand der Temmeringstraßc von der ^rit an, wo man sie ül'erhanpt mit Wagen befuhr, bis zum Jahre 17-^, wo die innerösterrcichischen Stände fich bewogen fühlten, auf gemeinsame Kosten eine nenc zu banen, fehlen uns gcniigende Nachrichten. Doch lässt sich, wie gesagt, annehmen, dass man sie fahrbar erhielt, da der Vortheil Einzelner nnd das Intcrrsfe zweier Bänder dabei im Spiele war. Nnr unch man von einer tunstmäsiigcn Anlage, fowic von der Bcdachtnahme auf besondere Terrainschwierigteiten absehen. Wenn nun jene 1728 nnter Kaiser Karl VI. eröffnete neue Ttrasic — sie besteht noch hente als alte Straße nnd kann in ihren Steigungen verfolgt werden — damals als ein Wunder des Vergstraßcnbancs galt, und wenn fic nicht nur wegen ihrer schnellen Vollendung — sie soll in 58 Tagen fertig geworden sein — sondern insbesondere wegen des durch sie erleichterten Warentransports allgemein gepriesen wurde, so kann man sich eine Vorstellung machen, wie es mit der älteren Semmerinqstraße gestanden habe. Dm Schottwieucrn insbesondere war die neue Straße so günstig angelegt, als ob sic selbst dereli Ban besorgt hätten. Schon von Gloggnitz herauf hatte der schwere Frachtwagcn Vorspann nötig, von Schottivicn weiter die doppelte, nach Umständen cmch die dreifache und vierfache, nud selbst der leichte Neisewagcn durste ohne ernstliches Bedenken sich diefcr Hilfe nicht erwehren. Das Vorspannswcsen in Schoktwien erhielt einen l,cuen Schwuug; die Fahrpost daselbst wurde im Personenverkehr eine der stärksten im Vandr; die Tchottwiener hatten manchen Tag nicht weniger al^ 20l) Pferde auf der 3tras;e, abgesehen davon, dass Tag für Tag ganze Reihen von Frachtwagen die Ttrasie verstellten, der Borspann harrend, bi5 sie verfügbar war. Schottwien hätte ^u manchen Zeiten noch einmal so viel Pferde gebraucht, als eo stellen tonnte. Darüber vergicngcn mehr als hundert Jahre, bedeutungsvolle Jahre durch Ereignisse, die Staaten und Vänder umgestaltet haben, und noch bedeutungsvoller durch die Ideen in ihrem Schoße, die auf eine völlige Umwälzung der alten Verkehrsmittel hinzielten. Mit Frankreichs kriegen in Italien ward der Ärrgstraftenban auf einen neuen Fuß gesetzt. Ganz gegen die alte Uebung, welche die Höhe aus dem kürzesten Wege zu erreichen strebte und die steileren Stellen nur so weit ausglich, dass sie mit angestrengter >lraft zu überwinden waren, galt jetzt der Grundsatz, die stürze des Weges der Bequemlichkeit unterzuordnen und, indem man die Höhe in zahlreichen Windungen mit sanftem Anstieg erreichte, den Nachtheil des längeren Wcges durch Schonung von Kraft und Material auszugleichen. So wurden die Alpenslrasicu gebaut, im flüchtigen Dienste des Krieges, aber mit bleibendem Wert für den friedlichen Verkehr, den noch heute der Handel würdigt. Noch einschneidender wirkte die Eiscnschicne, die im Verlaufe der genannten ^eit das Festland dein Dampfe zum ^ln griff bot, nachdem er auf dem Meere schon Ruder und Segel besiegt hatte, und vorerst auf ebenen Strecken zum ^ampse gegen die alte Strafte schritt. 2A'1 Trr Marl: Echoliwir», In dcit Dreißiger-Jahren unserer Zeit waren in Oesterreich schon mehrere Bergstraßen nach den« neuen Systeme angelegt »nid mehrere Eisenbahnen gebaut, bis ina>l daran schritt, den Weg über den Semmcring den nencn Anforderungen entsprechend zn gestalten. Eingangs dieses Aufsatzes wurde erwähnt, dass die jüngste Scmmering straßc gleichzeitig illi: dem Ban der Bahnstrecke vmi ^ieu nach Gloggnitz ausgeführt und im Jahre 1«4-' eröffnn wurde. „In würdiger ^eise," heißt es in einer gleichseitigen 3childcrnng, „reiht sich dieser Ban an die großartigen neuen Ttraßenlianten der Regierung an. Iil einer vänge uun 5«00 klaftern und mit einer Steigung von nicht mehl- als 3 Z^ll aus die Klafter, während die alte Strafe theil weise bis 13 ^all stieg, errcichl dic' ileue in secho ^enduugeu die Höhe von 1200 Fu^." Mit der neuen Ttraßc waren alle Beschwcrlichleiien des Berg Überganges, soweit es die ,^unst des Ttraßendanes vermochte, über wunden. Wenn man >!,>- mn- das viertel der Zeit gegönnt hätte, die die alte hatte, um ihre Wirtnngen zu älchcrn, sie hätte des Dantes aller, die den alten Zustand kannten, versichert sein tonnen. Aber die Zeit, in welche ihr Van fiel, war eben nicht darnach, jemandem Zeit zn lassen: nnd dem Martte TäMwien, der den alten Znstand am besten getannt nnd aus ihm Nutzen gezogen hatte, war es nicht zn l'erdenlrü, dass er snr den neuen wenig Borliclic empfand. Hchott-wien, dnrch den bequemen Bcrgweg iin innersten Marl getroffen, erfuhr die Bittcrtcii des Sprichwortes, dass das Bessere des Guten Feind sei. Tein (Hrwcrb durch die Vorspann war vernichtet, die Gasthäuser verwaisten, nnd die ernste und nichts weniger als leichte Frage trat all seine Bürger heran, wic dieser Verlust für die Folge auszugleichen sei. Da geschah noch etwas anderes, den Schottwienern, sowie anderen Unerwartetes. Die neue Straße hatte taum ihre Honigwochen hinter sich, so erschienen Männer mit Messtijchcn, Wasscrwagcn, Zirkel nnd Reißbrett ill der klamm und begannen vorarbeiten zu einer noch T«' Marl! 3clwttw>cu. 2^5 ucucren Ttras;e. Auch diese, hatte dell Scimncrmg zum Zicl, aber auf dem grösttmöglichcn Uulwcge und mit dcr sorgfältigsten Bedacht-uahmr auf Alles, was sic kostbar und zu einem stauncuowertm Dcnl-mal für tommendc Geschlechter inachen lönltte. Die Ichottwlencr hatten ^on dem Tchlaqe, dcn sic mit dcr tamn vMcndelen Ttraße erhalten, ci'en N0ch Passung sirllUli, um üliel' den neuesten Plau dcu >!0ps zu schütteln. „Wozu hatte man denn" - mcintcu sie — „die eine gebaut, wenn man die andere im Sinne hatte?" — Ader qegen höhere Rücksichten, siegen das Interesse des beschleunigten Welwertehrs hat ein solches 5t0psschntteln nichts ,^n dcdcuicn, ,^l, den Wäldern und Bcrggründcn um dcu Semnn'vmg tonle dald lustiger Hammcrschlaq, dröhnte das uom Fels gelbste Gestein iu donilerndeüi Wiederhall, und cils Jahre nach Vollendung der neuen ^trns;e dampfte hoch über den Wuscn der Schottwiener ein Fest,',ug oon Gästen anf dcr ncncsten dahin. Dic Behauptung ist nicht gewagt, dass jeder dieser Gäste von dcr Vage dco ^rtes in der ^lauie lintell überrascht und entzückt war. 2O. Drr Curort ^leichcnbrrg. ^c^Ms^L!" verschieden trob des gleichen Zweckes, der lcidendeu MD^D "^l'cnschhcit Heilung z»i bringen, isl der äußere Charakter ^MW^ der Curorte. Stellen wir l,ur dcs V^rglcilln's HMc'v ^—^Wj ^y^ Wiesbaden und rincö dcr tirolischl'n Baucml'ädci' ncl'l'lN'inniid^, Hicr luuli dil' unm'rfal'chtc ^latnr »hne die Zuthat dev Nlitwendiqst^i! ^eqneniliclitcit, dort dic höchste Steigern:!^ des modcrilcn Vnz-ns, die weitcstqetl-iebene Verfeiuemnq in der Besvicdignng aller Bedürfnisse nnd (Genüsse. Eine vermittelnde Ttcllmia, zwischen solclion Gcgcnfäveli nimmt der steierische Cnrm't Gleichender^ ein, der mit'dcr wirksamen Heilkraft seiner bellen nnd inilder Vnft sclwne Vage nnd wohnenden Conlfort verbindet, ohne lebteren ili einer dein Heilzwecke abträglichen Weise zu steuern. Der große (Neoanost Veopold von Vnch bezeichnet Glciclmü'crg nach dem Eindrnck, den dasselbe ans ihn machte, sehr treffend durch das Wm'tspirl „Berge ohne Gleichen". Der Charakter der angclcM: Bnmnm-Colonic ist der einer lieblichen Idylle; Kunst und Natur haben beide gewetteifert, diesen Wohnsik der Lymphe mit einem besonderen Viebreiz auszustatten und ihn nicht bloß fnr die leidende Menschheit, sondern anch fnr Freunde der Natur nnd des Ttilllebcns zn einem heiteren Asyle zu schaffen. Der Anblick dieses reizenden Bildes ist vorzugsweise für den uon der Südseite des Thales — also von der Gleichenberg. Älur her — Antonnuenden von übcrrafchellder Wirkung. Dm Hintergrund bildet die mächtige, schöngesormtc Trachyt - Pyraniide des Glcichenbergcr-Vogels, ihm zur Viutcn erhebt sich die waldige Kuppe, welche die romantische Burg Gleichenbcrg so malerisch ziert. Ganz dein Charakter des wellenförmigen Terrains entsprechend, sind die Gebäude der Colonic nicht gassenähnlich gereiht, sie stehen mehr oder weniger gesondert in dem vielfach verschlungenen Straßennetze, das sich mit zierlichen Partanlagen theils über das anmutige Brunnenthal, theils aber über die nahen sanft aufsteigenden Anhöhen ausbreitet. Die meisten gruppiren sich nm die Heilquellen m,d nm den rebcnbctränztcn ^irchenhügel. Sämmtliche Häuser Zeichnen sich durch einen gefälligen, zumeist Villenartigen Stil und durch eine glücklich gewählte Vage aus; einige überraschen sogar durch ihre großartigen schönen Verhältnisse. Sonnige und schattige Plätze in Hülle und Fülle, mit Ruhebänken ausgestattet, bieten Erholung und Erfrischung neben den lieblichsten Fcrnsichten auf die Gleichcnbcrgc, den Hochstradcn und die angrenzenden mit Dörfer», gekrönten Hügel — auf die alten Schlösser Gleichenberg, Trautmannsdorf und Stradcn, bis weit an die Grenzen Kroatiens, Kärntens und Ungarns. Einen besonderen Neiz verleiht nuserem Eurortc das frische Grün, welches in allen Nuancen ihn umschlingt und durchzieht. Weinberge mit den ausgezeichneten Trauben Südstricrmarks, reichgescgnete Obstgärten, saftige Wiesen wechseln mit fruchtbaren Feldern oder schattigen Vnub und Nadclholzwäldern ab und bieten ciue Neihc von Bildern voll Anmut und Vicblichtcit. Das üppige Grün der Vegetation lässt auf günstige klimatische Verhältnisse schließen. Gleichcnbcrg wird im Halbkreise von Berghohen eingeschlossen, welche 100 bis 130 Nieter hoch über der Thalsohle sich erheben; gegen Norden aber ragt der eine halbe Stunde lange, an 600 Nieter hohe Nucken des Gleichcubcrgcr-Kogels empor und deckt gleich einer schützenden Wand den Curort vor den Anfällen rauher 23H ?"' Diners ^<>'>ch!'„l»'vts dagegeu !N das Thal ganz ^ifsell und gestattet ungehindert den belebenden Sonnenstrahlen den Zutritt, Deshalb genießt Gleichenberg die Wolthat eines milden Hinnuels und hat nuch bereits als llimatischer Curort einen solchen Xiamen erlangt, dass srlbst 5iraNtV lnnli fcnicu ^iidcii au scincn Qnellcn Hoilung ihvcr Vcidcn suchen. blicht miudl'r günstig dcni Pflauzcuwuchsc als das Klima ist dor Bodcn dicscr Gcgrnd, dcm, er ist vulcauisch und Trachyt und Vasalt licfml urrwittornd cino fruchtbare Erdc. Dic ql'oguostis^n'n Verhältnisse von Glcichenl>crs> zeigen eine besondere Nebereinsttunnnng >nit jenen des 3icbena,cbn'ges, der Eifel uud anderer GelürsssZüge, wu den hiesigen verwandte Quellen entspringen, ^u einem weiten Umlreise begegnet auch hier das 'Auge liberal! den redenden Zengen der vnleanischen Thätigkeit in den trachytischen kegeln, cinftorgeh^benen Äasalttuppcn nnd anderen Ichuielzungsftroditctcn. in deren Gebiete zahlreiche Quellen anfgchen. Die beriihniten Glcichcnberger Hcilqllcllen entspringen aus den Trachytlagcrn des Sulztogels in der tesselartig eingeschlossenen Ein-bnchtnng des Thales, an der sich in Terrassen aufsteigend die einzelnen Wohnhäuser des Cnrortes gruppircn, Tie gehöreu zu den alkalischen Eisensäuerlingen, deren hauptsächliche nnd wirksame Bestandtheile kohlensaures Natron, Kochsalz nnd Kohlensänrc sind. Fünf Quellen gehen im Curorte selbst auf: die ConstantinsQuelle, die Emma-Quelle, die Rümer^Quellc, die Karls- und Werte-Quelle. Etwa ^ Stunden von der erstgenannten Quelle entfernt kommt die Klausen Quelle zn Tage und an zwei Stunden südlich von Glcichcnbcrg quillt der Iohannis-Brunnen hervor, welcher dem Erzherzog Johann zn Ehren seinen Namen erhielt. Die Constantins- und die Klausen-Quelle werden sowol zur Tnnt-als zur Badeeur, der Iohannis-Brunnen zur Trinteur uud endlich die Miner- und Werlc Quelle bloß zu Bädern gebraucht. Der im Handel geläufige Name .Meichenderger Wasser" bezicht sich ausschließlich auf das Wasser der Constmttins-Quelle, aber auch die eisenhaltigen Wasser der Klausen Quelle und des Iohanms-' bruuucns werden versendet und von allen drei Quellen gehen jährlich iiber ftl>o.0<)s> Flaschen in die Welt hinaus. Annerhalb Qesterreich-Ungarns beziehen namentlich Deutschland, Italien, Rumänien, Nuss-land und Constantmopel größere Quantitäten, ja sclbsl Argypten ist ein Absal^gebiet. Die Veiden, in deren vinderung oder Heilung sich Glcichenberg besonders wirksam erzeigt, sind Vungen- und Magenkrankheiten. An 'W00 Lurgäste kounnrn alliährlich hiehcr, niä't nur aus den ucr^ schicdenen Ganen nnseres Vaterlandes, sondern an^ den meisten Vändern Europas und sellist aus Aegyptm. Die Gleichenberqcr Quellen waren schon den Römern bekannt und wurden von ihnen höchst wahrscheinlich auch demist; wenigstens deuten zahlreiche Funde r>on bchauencn 3tei>ien, Gcfäsien und Geräten anf eine römische Niederlassung in dieser Gegend. In den Zeiten der ^Merwanderuug sand die Colmn'r ihren Untergang und die Gegend verwandelte sich in eine Wildnis, aus welcher erst nach Jahrhunderten der Ruf einer ncucntdecktm Qnellc — der Sulz, jetzt Constnntins-Quelle — erscholl. Das Wasser blieb jedoch bloß ein gesuchter Vabe-lrunt in der nällckten Umgebung; denn sein Vmporlommen in weiteren Kreisen hinderten die fortwährenden Gefahren, denen die Gegend durch die verheerenden .^iigc der Qsinancn, Ungarn »nd >luru.^en') aus^ geseht war. Dazu gesellten sich aber noch innere Unruhen, ummter< brochene Bauernaufstände, religiöse Wirren und endlich jene schauerliche Periode in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, wo der Glaube, an Hexen die Tribunale zu deren Perfolguug mit Feuer und Schwert in Feldbach, sowie in den Schlössern Gleichenberg und Trautmannsdorf errichtete. Alle diese Ereignisse waren zu erschütternd fiir die Verhältnisse eines ruhigen Bebens, als dass man den Quellen eine weitere Aufmerksamkeit zugewendet hätte. !) So ummtci! sich die Anhmiqer drs «rasen Emmerich Tötoly mid ^ranz Nakoczi's ?I. in UnlMn. Erst seit dein Ende des vorigen Jahrhunderts wuchs dic Thcil^ nahmc für die Quellen; eine licue Aera für dicselbell begann aber mit dem Jahre 1834, als auf Anregung dcs verdienstvollen Dr. I. Ä^crle dor damalige Vaudeschcf von Stcicrmart Graf Ätathias Con ft an tin von dicken burg zum Autaufc aller Heilquellen >nit dm angrenzenden Grundstücken und zur Gründung einer Brunnen-Anstalt cinc Aetien Gesellschaft ins ^eben rief, welcher der Curort fein rasches Aufblühen vcrdantt. Mit einem besonderen Geschicke hat der Berein das dis dahin nnwirtbare Brunncnthal binnen lurzer Frist iu eiucu wahren Zaubergartcn umgcschaffcn; nacl, dem nahen Echlosfc Gleichend erg erhielt auch die neuc Brunnen-Cownie ihreil Namen. Im Jahre 183? wurde der Curort twn 118 Gästen besucht, zwei Deecnnicn später suchten bereits 1346 Vcidendc hier Heilung, nnd fortwährend ist die Zahl der Curgäsle int Tteigen begriffen. In mehr als einer Hinficht lässt fich Glcichcnberg init deu, berühlntcn Tiroler Curorte Hieran vergleichen, mit dem es gleiche geographische Breite und Scehöhe hat. Nie Mcrm, bcfibt aucl, Glcichcuberg die Wolthat eines milden Klimas. Und wenn auch die lieblichen Umgebungen Gleichcnbcrgs an (^rosiartigcm nichts bieten, was mit der hcrlicheu Mcrancr Gegend den vergleich aushielte, fo finden wir doch hier wie dort eine Menge theils noch wol erhaltener, theils verfallener Bnrgen uud Schlösser, welche uns die Geschichte des Vandes erzählen. Da ist vor allen das Schloss Gleichenberg zu nennen, welches sich angesichts des Curortcs malerisch auf bewaldeter Höhe erhebt. Keines der Schlösser in der ganzen weiten Umgebung, mit Ausnahme der Niegcrsburg, besitzt eine so imposante Vage. Es wurde im Jahre 1^24 durch den Grafen Max Trantinamtsdurf in seiner jetzigen Gestalt aufgebaut, geriet aber bald in Verfall und blieb verödet, bis es erst wieder in der jüngsten Vergangenheit rcstaurirt und bewohnbar gemacht wurde. Bon der Feste Trautmannsdorf im Südwcstcn dcs Curortes, dem uralten Ahncnfitzc des gleichnamigen Geschlechtes, ?!>5 <5n!!',l <">!'!ch,'!,!,'erss, 241 ^, ist gegenwärtig fast icdc Spur vertilgt. Dagegen isi da? zierliche Schloss Pop pen dors bei Gnas, welches ittl'.? oon eineui italienischen Architetten in dem Stile der Vaudhäuser erbaut wurde, wic solll,e iul Benetianischen häufig zu sehen, noch wol erhalten, wenn es auch ganz leer steht. Das un Osten Gleichend ergs gelegene Rapfen st ein, duräi eine herliche Fernsicht ausgezeichnet, wird noch bewohnt. Wenden wir uns von hier nordwärts dem Naal'thale zu, so gelange» wir zu dem Schlosse Gertholdstein, welches sich romantisch auf einer vor-springenden Höhe erhebt, über deren Abhängen slch cm partählllichr!' Vanbwald und Obstgärten ausbreite». Es ist mm zu einem der frenndliMm Vandsiye umgeschafsen nnd besteht aus der alten Burg nnd dcm ^icuschlosse, welche beide durch die Capellc miteinander verbunden werden. Gen Nordwcst ist der Markt Feldbach gelegen, ocr ansehnlichste 5>t im ganzen Raabthale, der früher eine Stadt gewesen, durch die verheerendenRaulMge der Tüllen nnd Knruzzcu aber nngemein gelitten. Hier wurde in den Jahren 1674 und i«i?5 ein berümtigter Hcz-cnprucess geführt, zu Folge dessen der Pfarrer von HalMdors, Georg 'Agricola, die Pnrgstall'schc Pflegerin in Nicgerslnlrg, ^^tharina Paldanff, die sogenannte Älumcnhez,'c, die schone Schulmeistersgattin Maria Maurer und acht andere Personen dem Hentcrtod verfielen. Südlich von Fcldbach steht das malerische Schloss Hainseld, rinst den Grafen von Purgstall gehörig. Die letzte Gräfin aus dieser Familie setzte den berühmten Gelehrten und Staatsmann Joses Frcihcrrn von Hammer .'imu Erben ihres Besitzes nnd Namens ein, ^>on größerem Rufe und ansehnlicherer Bedeutung als Hainfeld ist die nordöstlich von Fcldbach gelegene Riegersburg, eine der schönsten Festen in ganz Stciermart. Anf dem Wege zur Nicgersburg passirt mau das zwar wol^ erhaltene, aber nichts Sehenswertes bietende Schloss Kornlierg. Bon der letzten Anhöhe dieser Straße ist der Anblick der Riegerslmrg, dieses Natur und Wmstwunders, uon der bezauberndsten Wirtung. Die Feste tröut die äußerste Zinne eines 490 Meter über dem Meere ,242 Diir ^»ron (^lrichüiibrr.',, ' erhabenen Fclscnbergs, der naäi ')iord und West senlrecht abstürzt und dessen i:iil:der steile Abhänge gegen Süden und ^?stm durch gewaltige Bollwcttc gedeckt sind. Die letzteren umwinden wie Kronenzinlen den ganzen Berg, weshalb die Niegersbnrg an das Kärntner-Schloss Hoch-Ostcrwil.' gemahnt. Auch hier steigt in vielfachen Wluduugcu der Weg hinan und führt dnrch sieden Thore zum Schlosse, welches 1 Capclle, 34 Ziiumcr, 2 große Säle, 9 Vorsäle, 17 Kammern nebst andern Räumen in sich schließt. Wegen ihrer besonders günstigen Vage und starten Befestigung nwchte diese Burg einst als Grcnzhütcrin teiuc unbedeutende Rolle gespielt haben. Im Jahre 1239 flüchtete sich Agnes von Merau, Gemahlin Friedrich's des Streitbaren, Hieher und verteidigte sich eine Zeit lang wider die Truppen des Äaisers Friedrich II. Damals bestand die Feste eigentlich aus zwei Schlössern, ^ichtenegg und Monegg. Der tühne Umbau wurde erst, turz vor dem Ucbergangc der Burg an die Grafen Purgstall, im Jahre 1597 begonnen und 1613 vollendet. Ein trotziges Mannweib, Elisabeth Katharina Frciin von Galler, allgemein im Vandc die „schlimme vicsel" genannt, brachte im Jahre 1653 das riesige Wert zu Stande. Gefangene Türken arbeiteten im Schweiße ihres Angesichts au den Maueru, an welchen der Ungestüm ihrer Vandsleute lünftighin ein gewaltiges Hemmnis finden folite. Jui Jahre 1822 gieng die Riegcrsburg an die Fürstcu von Viechtenstein über, denen sie noch heute zu eigen ist. Die noch wolerhaltene Feste birgt viele Sehenswürdigkeiten, unter denen der schöne Speiscsaal mit vielen Porträts, der Rittersaal, das Bilderzimmcr und das Hcxeuzimmcr hervorzuheben siud. In dem letzten fesselt vorzugsweise die Aufmertsauücit das Bildnis der bereits genannten Pflegerin des Schlosses Katharina Paldauff, welche die Sage als Märtyrerin ihrer 5tunst, frische Blumen zu erzeugen, auf dem Scheiterhaufen sterbe» lässt. Bou dem Hexenzimmer genießt mau eine herliche Aussicht, die uur uou jener des Gleicheubcrger Vogels übertroffcn wird; über fruchtbares Gelände und die schönen, duftig- Der Cuvott Gleichcüdevg. ' 243 blauen Gebirgszüge, welche den Horizont gegen Nordcl! bilden, schweift weithin das cntznckü' Ange, wol mehr als hundert Geuicrtineilen steirischen und ungarischen Bandes überblickend. Die bisher genannten Schlösser in der Umgebung des schönen Glcichcnbcrg sind bei weitem noch nicht alle. So wären noch das wol-eingerichtete Brunnsee, das großartige Halbcnrain zu nennen, oder Ober-Radtcrsburg bei Nadtcrsburg, Obcr-Mureck bei Murcck und andere Wenn wir nns aber in dieser Schilderung anf die Schlösser beschränkten, so musi schließlich noch hinzugefügt werden, dass (^lcichenberg anch zahlreiche andere Schönheiten und 3ehenswürdigk'iten in engerem und weiterem Umtrcisc besitzt. Die lmistcu dieser Partien sind mit nur geringer Mühe zu erreichen nnd bieten in lieblichster Abwechslung cine Neihe der anziehendsten Bilder, so dass es wol berechtigt sein mag, Gleichenbcrg einen höchst schätzenswerten ^rt zu nennen nicht bloß für >trante sondern auch für l^chmde. 10* 21. Gwr Wandrnmg über den Medll. M^M^Marvis, der Hauptort des tärntncrischcli ^annllhal»-', welches j^^^^^! sich im Angesichte dcs wolbckanntcn Dobracz zu>u Gail-!'^M.>i thale öffnet, ist ein KnotcnftMltt «on virr wichtigen Straßen. ^'^^^l Von Billach her führt die cine den Oailflnss aufwärts an dem durch semm Nusdnu ülierraschenden Schlossr Arnold sic in nnd dm miichtia.cn Trünunerll des Dobracz« Bergsturzes uom Jahre 1^48 vorbei in südwestlicher Richtung nach Taruis, begleitet oou der ^ndolfZ'Bal)n. Die zweite Straße zieht ostwärts iwer Weißenfels nach Main ins Savethal, welchen Weg auch die Eisenbahn einschlägt. Eiitc dritte Straße geleitet in südlicher Richtung M>cr den Prcdil m das Gorzische und die m'crte endlich nach Westen über Malliorgeth, und Pontafcl in das Gebiet Bmetiens. Hat inan etwa von Villach her seinen Weg nach Tarms genommen, so wurdc dac^ ^ll!ge durch eine wcchscluMe Neihc herlichcr Bilder erfreut. Das anfangs breitere Gailthal verengert sich bei Arnoldstcin und die Gegend beginnt allmählich ihren bisherigen Charatter zu ändern. Die Berge, denen wir cntgegcnwandcrn, trctcn immer näher aneinander und die Gebirge des Hintergrundes erheben immer höher ihre stolzen Häupter, während in unserer Nähe die smaragdgrüne Gailitz in ihrem Sand- und Fclsrnbette eileud dahmranscht. Nur mit Schwierigfciten nnd Belämpfuu^ vieler Hindernisse tonnte mail Dcr j?lv5ilpaß. Eine Wand>'r»nss üb«!r de» Prcdil. 245 in diesem felsigen Thale für die großartig angelegte Kunststrasie imd die unterhalb derselben führende Eisenbahn den Naum erzwingen, letztere ist eine ununterbrochene Aufeinanderfolge von Felseneinschnitten, Tunnels, mächtigen AufVänluuingen und wahrhaft «chwindelerregmdell Ucberbrückungen. Haben wir nach Paffirung des Nautcrgrabens den Stationsplatz von Obcr-Tarvis erreicht, so eröffnet sich mit einem Male die ungeahnte großartige Alpenlandschaft dcr Gegend von Tarvis. Die hcrlichc Mangartgruppc, die fünf Spitzen des Schöneck, die Ricscnlciche, der pyramidenförmige Königsberg, die imposante Wifchdcrggruppe mit den glänzenden Schncefcldern dcs obersten Kaltwasserthales bilden, wie sie von Oft nach Nest der Reihe nach in die Vüftc emporsteigen, in der That ein großartiges Panorama. Tarvis besteht aus zwei Häuscrgrnppen, Ober und Unter-Tarvis, welche eine Viertelstunde von einander entfernt liegen. Während ersteres ein alter Ort ist mit bnrgähnlichen, wappengeschmückten Häusern mit Erkern, gothischen Fenstern und Thüren, hat letzteres moderncu Charakter und weisl großen Fremdenverkehr auf. Wegen seiner Vage -am Knotenpunkte so vieler Straßen hatte Tarvis von jeher eine besondere strategische Wichtigleit, wie dirs in den "großen Franzosenlriegen vorzugsweise sich herausgestellt hnt. Im März 1797 wäre hier der heldenmütige Erzherzog Karl von Oesterreich nahezu in französische 'Gefangenschaft geraten, wenn nicht der ^berstlicutenaut Fedak mit «einigen Husü'.reli die feindlichen Neitcr am Eingänge eines Hohlweges so lange ausgehalten hätte, bis der Erzherzog in Sicherheit war. Schlagen wir nun, um auf den kürzesten Wege von hier ins Küstenland zu gelangen, die Predilstraßc ein, so umfängt uns, nur eine kurze Strecke von Tarvis südwärts eutferut, mi Stelle der kamu ^genossenen freien, großartigen Rundschau eine enge Thalschlucht. Obgleich beide Bergwände aus Trinskalk bestehen, liegen hier Porphyr-blocke zerstreut mnher, ia sind oft zu Hügeln aufgeschichtet. Die Heimstätte dieser Fclstrümmcr erreichen wir gegenüber der Einmündung des wüsten Kaltwa-sergrabens: dort tritt plötzlich linker Hand eine 2^16 Eine Waüdl'rümi iibl'r dl'n Pvl'dil. isolirtc Phorphyrmassc auf, ucltcubraun, fcinsplittcrig, mit vielen kleinen, weißen Fcldspatkrystallcn gemengt. Der vorher dunkclgrauc, weiß-durchtrümmcrtc Kalkstein wird jetzt weiß, denn der Dolomit beginnt. Gerade über dem Winlel zwischen dcm aus Südwest hcrabkommenden Kaltwassergrabrn nnd dcm südwärts ansteigenden Naiblcr-Thal erhebt sich jetzt anch äußerst schroff eine Dolomitmassc, der Königsberg. Sein Name weckt Erinnerungen cms der ältesten beschichte Kärntcns. Als nämlich König Alboin — angeblich auf des Narses Ruf — seine Vongobardcn aus Pannonicns Ebenen nach den Gefilden Italiens führte, bestieg er diesen durch seine frcjc und imposante Vage und seine Höhe einladenden Gipfel, um hcrabzublickcn in das benachbarte Friaul. Sein Entschluss war gefasst. Er drang ungehindert durch die Felscnschlnchten und gab einer neuen Periode in der Geschichte der Völker ihren Anfang. Bon nnn an, sagt Paulus Diaconus, der Geschichtschreiber der Longobardcn, hies? dieser Gipfel der Königsberg. Das Naibler-Thal selbst bietet oberhalb der Bereinigung des Kaltwasserbachcs mit dcm Naiblcrbachc ein Bild von ganz veränderter Gestalt dar. Vctztercr nimmt nämlich beinahe die volle breite der Thalebene ein. To lange, wie dies in trockenen Jahren geschieht, der Zufluss gering und die Verdunstung start, rieselt der Bach sanft nnd ruhig durch das Thal; wenn aber Regengüsse kommen und längere Zeit dauern, dann wächst er zn ungewöhnlicher Höhe an, durchrauscht als wilder Bcrgstrom dic Thalcbcnc und wird für Gebäude und Menschen nicht selten höchst gefährlich. In diesen unbestimmten und öftcr sich wiederholenden Uebcrschwennnungcn liegt anch der Gruud der Unfruchtbarkeit dcs Bodens, der hicr ganz mit kalksnnd überdeckt ist, zwischen welchem nur spärlich einzelne Gräser Wurzel fassen köuucn. Raibl verdankt seinen Ursprung der reichen Bleierz-Lagerstätte, die im Innern dcs Komgsbcrges liegt nnd seit Jahrhunderten ausgebeutet wird. Das Erz macht iu den hier befindlichen Schmelzöfen auch dcu Hüttcnproecss durch und man gewinnt jährlich an 500.000 bis 600.000 Kilogr. Blei, 670.000 >tilogr. Zinkblende und 620.000 Mogr. Galmei. Hiüc Wandlung ill'« dc» Prl'dil, 24? Hoch gelegen, riugsuui eingeschlossen uon Gebirgen und nur Nordwindcll zugänglich, hat das Raibler-Thal oicl mit der Ungunst der Wittcrnngsr>erhältnissc zu tämpfcn. Nnr wenige Vionatc des Jahres dauert hier die mildere Wärmc des Sonnners, denn der Schnee schmilzt erst gegen Ende Mai und schon im Anfange des September zeigen sich die ersten Vorboten des Winters. In diesen klimatischen Verhältnissen mag auch der Grund der sonderbaren Erscheinung liegen, dass die Krummholz-Vegetation, die sonst nur aus der Höhe gefunden wird, bis herab in die Thalcbcnc sich zieht. Raibl ist wie Tanns uou Deutschcu bewohnt, obgleich im Eanalthale schon viele Wenden wohnen; doch halten sich beide Nationalitäten streng gesondert. Die Raiblcr bauen wegen des rauhen Klimas ihres Ortes weder Getreide, noch ^bst, sondern nur etliche Küchengewächse, und nehmen zumeist Arbeit in den Bergwerken oder den Schmelzhütteu. Zwei Wege führen von Raibl auf die Höhe des Prcdil; der eine, höher gelegen und, weil er im Sommer fahrbar, die „Sommcrstraßc" genannt, gestattet eine freiere Ansicht der Gegend; der andere hingegen, tiefer gelegen und bctannt unter dem Namen der „Winterstraßc", wird dann benutzt, wenn im Frühlinge die Lawinen abstürzen. Es sind deshalb auch an den gefährlichsten Stellen Schutzdächer angebracht, unter welchen der Reisende gesichert für fein Vebcn verweilt, während über ihn die Lawine in die Tiefe des Naibler-Secs rollt, der hart unter der Strafe mit geringem Umfange zwischen himmelanstrebcndm Gebirgen ruht. Je höher wir nun auf der freieren Sonnnerstrasic steigen, desto großartiger erheben fich die Berge um uns. So fchcn wir dort, den Blick gegen Westen gewendet, zu unfcrer Vinlen den gewaltigen Sccloftf, den erzreichen Königsberg zur Rechten, und zwischen beiden den riesigen Wischbcrg mit seinen Tchneefcldern hoch hinanf in die Viiftc sich dehnen bis zu einer Region, in der jedes Pflanzcnlcbcn beinahe ganz erstirbt. Ganz anders als hier gestaltet sich das Bild der Natur, sobald wir die Hohe des Predil und damit auch den Tcheidcpuutt zwischen 24^l V5in>' Wandel,:»,, lihsr d>'» Prcdil, Kärnten und dcm >tüstenlande erreicht haben. Vor uns steht ill riesiger t^röße und Erhabenheit der NlUügart, rechts ooil 'hm die sogenannten Prethergebirge, die den Ursprung des Isonzo umschlichen; lints hingegen jene Ausläufer des ^iculgart, welche bis hinab zuni Predil sich ziehen. Zwischen diesen Bergen sieht mail als schmalen, lichten Streifen die Strafe, die allmählich lichen Gilden sich senkt und bei Flitsch hinaus in die Ebene uon l^örz sich verliert. Der Prcdilpass, an der Hanptwasserschcidc zwischen dem Schwarzen Meere und der Mrm ^elea,en nitd i i<>5> Hiieter hoch, gehört zn jenen niedrilien, wasserschcidcndcn Iöchcrn, welche die hiesige Gegend auszeichnen: iidcr Taruis ist er taun« 450 Meter erhal'cn, lloch uicl weniger nber Nail'l, von wu wir lülis^ eine Wegstunde bis aus die Passhöhe gebraucht haden. Etwas unterhalb der ülicr den Predil herabziehenden Grcnzscheide liesst ein in ,'nna.ercr Zeit errichtetes Fort, welches den stratcssisch niichtissen Pass ^u decken bcstiunnt ist, Hier stand auch, und zwar an den Abhängen zu unserer '/inten, iui Jahre i^'.i dus Blockhaus, bei dessen VertcidWMss ge^eu die andrinsscndcn Franzosen der Hauptmann Johann Hermann von Hermannodorf sammt seiner heldrmnüti^'u Hchar den Tod des uuuerssa'nglichen Ruhmes fand. Es war am Abende des 1«. Mai l^Oli, als die Zpitze einer feindlichen Division durch ianonmfcuer nötigte sie zum Rückzüge. Dessenungeachtet uollcndctc der Feind in der Nacht sein begonnenes Wert und eröffnete am frühen Morgen des nächsten Tages sein Battcricfcner gegen das Blockhans; aber ohne Wirkung. Jeder Versuch, demselben näher zu tommcn, war fruchtlos und lief für die Franzosen verderblich ab. Als man nun auf diesem Wege das Ziel nicht erreichen tonnte, nahm man zu Unterhandlungen seine Zuflucht i doch scheiterten c>,e feindlichen Absichten all der unerschütterlichen Treue, mit der Hermann dem einmal gcfasste» nnd klar erkannten Entschlüsse nnhicng. „^cine Ergebung'" war unveränderlich feine Zbltwort. Mm, griff abermals zu den Waffen, doch wieder ohne den gewünschten Erfolg. Da trat plöblich ein Umstand ein, welcher dieser ^age der Dinge auf den, Predil eine für die Angreifer günstige Wendn»,g versprach. Es wurden nämlich die Blockhäuser anf Talcmai l'ci Malborgcth nach der hartnäckigsten Verteidigung und uach dem Tode des Hauptmanncs Henscl von dem über Pontafcl vorgedrungenen Feinde eingcnomnien. Um nun die tapfere Bcsavung am Predil zu entniutigen, schickten die Franzosen einige der Gefangenen von Tnlauai dahin ab. um durch grauenhafte Schilderung des erlittenen Schicksales die M'aft dcr Treuen z» erschüttern. Doch schlug auch dieser Kunstgriff der Feinde fehl, denn Hermann gab die bündige Antwort: „Die bis auf dasAeicherste ist mir aufgetragen. Ich fürchte den Tod nicht und will anf den, Felde der Ehre sterben.'' Als nun auch die'es Mittel, die Capitulation dc« Blockhauses M erreichen, fehlgeMagen hatte, wurde von frmiMscher Seite Alles aufgeboten, um das Fort ^i erstürmen-, denu schmachvoll wäre es gewesen, mil ei> er Macht von '!«)<»<» Manu l.so start war die feindliche Colonne) vor einigen Hunderte!, und einer hölzernen Feste sich zurück ziehen zn müsien. Furchtbar wogte daher der Fciud unter Trommel''chlag und wildem Geschrei gegen dieselbe heran, um die Brustwehren ;» ersteigen und sich des Geschützes zu bemächtigeu. Aber reihenweise mähte fie das Kanonen- und Kleingewchrfcncr der Verteidiger nieder. Schon verzweifelte der Feind an der Möglichkeit, das Fort ;u erstürmen: da loderte vlMich aus ihm eine Flamme empor, die von den Franzosen mit ^anchzen begrüstt wurde. Vier Coinpaguien Boltigeurs hatten nämlich am AbHange des Gebirges das Blockhaus umgangen und mit i!,,!äglich^'r Miilx die steile Höhe über demselben erstiege». Von dort ans schleuderten sie Pechtränze in das hölzerne Bollwerl, um es in Brand ',u necken, was ihnen leider auch gelang. Gefräßig nnd mit furchtbarer Schnclligleit griff die Flamme um sich- UN! ihr Vöschcn zu hindern, stiirmte dcr Feilid mit doppelter Kraft von vorne gegen die mutigen uncrschrockclicn Verteidiger und suchte ungestümer als je die Nedoutcn und Batterien des Forts zu erreichen. Finstere Rauchwolken qualmten aus den Oeffnungcn desselben, überall leckte bereits die furchtbare Flamme und schon nahte sie sich der Pulverkammer und drohte, im nächsten Augenblicke das Haus in dic Luft zu sprengen. Da rief Hauptmann Hermann in höchster Verzweiflung: „Hinaus Kameraden! blicht lebend soll uns dcr Feind in scinc Gewalt bekommen!" Und hinaus stürzten sie alle in wilder und ordnungsloser Hast und warfen sich in den dichtesten Haufrn dcr Feinde. Vine kurze Zeit vergicug, und Hermann, dcr heldenmütige Verteidiger des Prcdil, fiel blutend aus vielen Wunden und neben ihm scinc tapfere Schar. Nur ciuigc Wenige blieben gerettet, um von dem schrecklichen Vosc ihrer Waffenbrüder Nachricht zu geben. Der Pass war geöffnet, dcr Feind rückte gegen Tarms und von dort in schnellem Siegesläufe gegen die Donau vor. Ein Monument, das sich hart an der Straße in würdiger Einfachheit erhebt, ehrt das Andenken dcr gefallenen Helden. Dic Straße, welche wir nun weiter verfolgen, zieht durch die Fortification am Südabhangc des Predil zum Theil Mischen Wiesen hinab nach dcm Dörfchen ^bcrprcth, dann in Serpentinen nach Mittelpreth, welches mit dcm ganz nahen Unterpreth fast zusammenhängt. Während des Abstieges fällt unfer Blick ostwärts ans die mächtigen Wände des Scbnik, an dessen Fuß dic Coritcuza beginnt. Von Prcth abwärts verengert sich die Schlucht immer mehr, der Wildbach zerschellt an dcn Felswänden, bald jedoch wird das Brausen des Wassers wegen der Tiefe, in die sich hier der Bach cingcgraben, matter, wir sind in dcr mehrfach umstrittenen Flitschcr-Klause, wo am Eingänge in dcn Boscagrabcn das zerstörte Festungswert Dacls liegt. Die Brücke, über welche die Straße auf das jenseitige Ufer weiter führt, ermöglicht einen Blick in die finstere, grause Ticfe dcr stluft, in der der Bach seine Fluten dahimvälzt, während sick aufwärts die Felswände gen Himmel erheben. Unterhalb der Klause, nachdem die Straße eitlen kleinen Tunnel durchschritten hat, wird das Thal wieder weiter, und man gelangt in das von dm wildesten Bergen umrahmte, von Wiesen und Feldern umgebene, r>on Weinreben umranttc Flitsch. Die Thalcbeue, welche dcr „Flitschcr-Boden" heißt, ist großeuthcils unfruchtbar und durch die hier zusammenströmenden Bäche mit Steiugcrölle und Sand überschüttet; von Osten herein kommt uämlich dcr Isonzo aus seinem Ursprungsthale uud vereinigt hier mit sich die Coritcnza. Betreten wir aber die Straßen des Marttes, so werden wir aus dem ganzen Charaltcr des Ortes gewahr, dass wir deutschen Boden verlassen uud den Wohnsitzen der Welschen nahe gekommen; denn Flitsch zeigt, obwol die hiesige Gegend von Elovencn bewohnt wird, volltommcn italienische Physiognomie. 22. VeldeF und die Wachem. großartigste Gegend Mains ist unstreitig das Thnlgeuiet ^HWiI der Wochci'ner Save, welches non Osten her tief in ^l^^ das Innere des gewaltigen Bergstockes dcs Triglau ^^5->?H eindringt. Uni so höher wird die Schönheit dieser tarst grgcnnlier der cchtc Alprncharattcr zeigt, zum letzten Male die romantischen Thäler mit 3een und Wasserfalle», die über doi, Wäldern sich erhebenden pstanMireichcn saftigen Alpenweiden, die schneMtröltten Berghänpter, We»n sollte daher nicht ein Ansfluq in dic schöne Wochein verlockend und lohnend erscheinen? Vs war ein schöner Sommert^, der 2^. ^,nli 1<^7^, als ich >) nnd niein Frrnnd und Schwager ^ischhof ans der Nuoolfs^Bahn »on Villach her iil>er Tarl'is in das nns noch nnbckanntc ^rainerland snhrel! nnd nach lleberschreitnnli der Wasserscheide zwischen der Gailil,< und der Wnr^ener 3ar»e in das inalcrische TlnU der lelöteren sielaln^tcn. Ä^ittaq und später war's geworden, ehe wir die Station Nadmnnnsdorf-Vces erreichten, wo man die Bahn uerlässt, wenn man Veldes nnd die Wochcin bcsnchen will. Welchc hrrliche Landschaft l>reitete sich da uor unseren Auqetl aus, als wir uon Vees nnsereni Ziele entgeqen westwärts blickten. ') Der Hl'rausgclicr, Die yanzc ^iette dev julischcn Alpeu lag im hellsten Sonnenglanzc vor uns^ im ^iorden derselben sahen wir den spiycn Gipfel des Mangart, im Sndcn don merkwürdig geformten Alten Wciberzahn, während in der Mittc des Gcbirgszngcs dcr dreigipfelige Triglav fcin hehre« schnccgclröntes Haupt erhob, alle ihn mugcl'mden Fclszinncn wcit iiberragmd. Grüne BorbcM und eine snuuligdcnc Flur füllten den Raum zwischen der Bahn und dein lahlcn Hochgebirge im Hintergründe auo, und in geringer Ferne winltc uns von hoher Felsenwaud das Schloss Geldes, mner dein der Spiegel des gleichnamigen Sees sich ausbreitet. Eine Weile noch blieb dieses prachtvolle Gcbirgspanorama in Sicht, nachdem wir einen lcichträderigcn Postlarrcn bestiegen hatten und gegen Vcldes fuhren. Steil wendet sich die Straße zum tief cingeschnittenen Bett dcr grünblauen Wurzener Save hinab, die hier schon ein recht ansehnlicher Fluss ist. An dessen lintcm Ufer sührt die Straße durch kleine Waldbestände langsam wieder hinan, bis plötzlich nach etwa halbstündiger Fahrt der Spiegel des Bcldeser-SecS aus dein Grtin dcr Überpflanzungen heruorlugt nnd das stolz auf einer dem See lotrecht entsteigenden Felswand erbaute Schloss Bcldes im Glänze der Sonne hcrübcrleuchtct. Vor einem einladenden Gasthause, noch oberhalb des Sees, setzte uns der Postwagen ab, und erst nachdem wir durch eilt, schmackhaftes Mahl uns erfrischt hatten, lcnlteu wir die Schritte zum Ufer hinab, da5 wir in wenigen Minuten erreichten. Ungemein lieblich und anmutig ist das Bild, welches dcr See von Vcldcs mit seiner malerischen Umgebung bietet. Der kleine (nur 117 Hektare niessende) grünc Spiegel bildet ein unregelmäßiges Viereck, das mannigfach gestaltete Berge gro'ßtcntheils umrahmen. Nährend die Abhänge gegen Westen leider unbcwaldet sind, besitzen die übrigen Gestade in ihrem reichen Buschwerk und den schönen Bllmngruppen, zwischen denen ewige Villen, ein großes Hotel, ein stattliches Badhau« uud die freundliche Pfarrkirche sich erheben, einen 25)4 Vrldt'ö i!»d di^ Wochen. , reizenden Schuiuck. Am nördlichen Ufer thront üver einer scukrcchten unnahbaren Felswand das mittelalterliche Schloss, ihm gegenüber liegen am Süoufcr des Sees, wo auch der Scebach zur Wocheiner Saue abfließt, die kleinen Dörfer Schaltendorf und Seebach. Das alte Dorf Vcldes, voiu Sec aus kaum sichtbar, versteckt sich gröstteutheils hinter dem Schlossfclscn. Die reizvollste Partie des Zees ist eine kleine runde, grünbclaubtc Felscninsel, welche im Südwestcn sich steil aus den Naren Fluten erhebt und die freundliche Wallfahrtskirche Maria im See trägt. Die hochaufgcfülirten weißen Mauern des Mcssnerhauscs und des Kirchturmes mit der rotbraunen Kuppel leuchten aus dem vollen Grün der dichten Büsche und Baume in schönem Farbcncontrasie malerisch henwr. Dieser Punkt zog uns am meisten all. Wir betraten einen der a»! Ufer schaukelnden Nachen uud mit raschen Nnderschlägen lcntten wir dem lieblichen Eiland Inselwcrth zu. Von unserem Fährmanuc erfuhren wir, dass der See- ungcmem reich an Fischen, Karpfen, Hechten und Wallern, sei; dass er seine gröftte Tiefe, 27"5 Meter, an der Westseite der Insel beswc i dass er gewöhnlich zur Weihnachtszeit gefriere und dann mit seiner glatten Fläche eine beliebte Fahrbahn für Schlitten und Schlittschuhläufer bilde. Aus der Insel führen zwei steinerne Stiegen zur Kirche: eine derselben ist, wie eine Inschrift meldet, von Herrn Marx Petschacher von und zu Schoffart dem „Iyngeren" im Jahre 1655 erbaut. Die Wallfahrtskirche, welche kein besonders merkwürdiger Äau ist, soll in manchen Jahren selbst von 10.W0 frommcu Pilgern befucht werden. Ein reicher Schab, das größte Kleinod des Vandcs, wird in dieser Kirche verwahrt: at, ihn knüpft sich eine crimicrnswerte Ueberlieferung. Zur Zeit der französischen Zwischcuherschaft über Illyrien, dem auch Krain angehörte, sollte der große KirchensäM gleich anderen Kostbarkeiten des vandcs entführt werdeu, Der französische Beamte, der diesen Veschlltss im März des Jahres 1«13 ausführen wollte, fand nebst seinen Gehilfen von Seiten der mutigen Weiber von Beldes ^ ^cldos und bil! Hvochii». ^!55 eincl, so heftigen 3,^iderstand, dass er sciu Vorhab«! aufgeben mußte. Ja, dieser Weiberanfstand hatte zur Folge, dass uou« französischen General-Inlcndantcn die Weifung einlangte, mit dem Verkaufe deö der iiirche gehörigen Silbergerätcs innezuhalten, den Wert desfcll'cn abzuschätzen nnd den ^irchenschatz gegen Erlag des baren Betrages oder Ausstellung dreier Obligationen den Bczirlsinsassen zu belassen, .was auch geschah. So haben die mutigen Frauen von Beldcs der Gnaden-lirchc aus Insclwerth ihren 3chaiö gerettet. ^)iachdem ich und mein Begleiter mit uusercm Kahne nach Vcldcs zuriickgelehrt waren, besuchten wir daö Vuuisen-Bad; denn Vcldes ist em Curort, der über sieben Quellen idn'i taltc und m'er warme) uerfügt, von denen iedoch nur uicr zu Heilzwecke», benutzt werden, ^on den Thermen wird die wärmste, ein Natron-Eisen-Täucrling von 23" C., zuul Äaden verwendet. Außer dem Bade besteht hier noch eine Naturheilanstalt des Schweizers Ritli, der die verschiedensten «ranlhciten verzärtelter und der Natur entfremdeter Städter durch das schöne Trifoliuin „Wasser, ^uft, Vicht" zu heilen versucht. Damps' liäder, talte Douchcn, Sonnenschein und Bewegung in frischer Vnft bei schmaler Pflanzentost werden als Heilmittel angewendet und die Patienten — befinden sich, wenigstens in Vcldes, wol dabei. Frappirend ist der erste Anblick der Curgäste Nitli's auf dem Spazicrgange: barhaupt uud barfus; in leichtem Gewände wandeln sie um der Abhärtung willen bei der grösttcn Sonnenhitze und im Regenschauer einher. Die Sonne war inzwischen tief hcrabgcsnnleu und lange Schatten warfen bereits die westlichen Berge über den See. Aber dies tonnte uns nicht abhalten, auch noch das so einladend uon der Höhe winlendc Schloss Bcldes zu besuchen. Auf einem steilen Zickzackwege neben der scnlrcchtcu Hclsenwand erreichten wir bald die mit Schießscharten versehene Ringmauer des geräumigen Hofes, welcher dao noch wol erhaltene Schloss umgibt. Die Freundlichkeit des Gutsherrn gestattete uns, die lohnenden Aussichtspunltc zu betreten, uud entzückt ruhte mm das Auge aus der vor uns sich ausbreitenden Vandschaft. In östlicher Richtung jahcn mil' Vers uud Rlidmaunsdorf, dllhtuter dic Alette del' tahlcu Karawankcn und in blauer Ferne dic schonen Steircralpcn. Nach Norden hin versperrte lcidci ein dichter Woltcnschleicr dir Aussicht; dm schönsten Anblick abrr genossen wir südwärts, wo sich zu unseren Füf^cn dcr Spiegel dc^ Sccs ljinbrritttc, nmschlosscn lwn einem Kranze modriMcr Berge, lider welche im Hiutcr^rnndc nlää>tigc Niesen ihr Haupt erhoben. Von diesem herlichcn Bildc tonnten wir nne. ilicht trennen. Immer dnntlcr ward's; die ferneren Berge verschwanden allmählich hinter dem Zchlcicr des nwltensänm'rcn Al'md Himmels: dafür tmiclUen längs des Scc^csiadcii uicl sreundlichc ^^^er allf und plö^lich crtlan^ aus dcr Mittc dc^ Nassers von dcr Felsen inscl her der trautc >Uang der Bespergloctc und verkündete mw den Frieden der Nacht. Das Schluss ^rld^ l>m ciuc lUtr Geschichte, dir lüs zun, Beginn dco n. Jahrhunderts zurückreicht. Kaiser Heinrich l l. der Heilige schentt,,' ans Fürliitte seiner Gemahlin, dcr heiligen >t!misnmde, im Jahre U><)4, ,',ur Zeit, da Batilo Gras ilu Krainqau war, Vcldes dem tirolischcn Gottcshanse Brixcn, wo damals 'Mmiu lic>n Zäden Bischos war. C'r sell'st ,'owie spater Baiser Heinrich lV. flirten dieser Schentnna. noch andere Gebiete hiu^l^ und auch in der Folge wnrde die Herschast VcldeS durch Geschenke, fromme Bcrmächmissc ulid Mus immer mehr und mehr uergröslert, bis sie endlich den gröstte» Theil des trainifchen Oberlandes unlsasste. Baiser Friedrich II, selztr iiil Jahre i2.i6 den Herzog oon Käntten ,'^um Vogt des Gotteshauses Briren ein und befahl demselben, über die Hcrschast Geldes zu wachen und Sorge zu tragen, dass der Bischos. dcr sich Geldes als Tafelgut vorbehalten, im ungestörten Besitze desselben bleibe. Mit Tirol, gieng auch die gedachte Bogtci-yerlichicit a» den Habsburger Herzog Rudolf IV. von Oesterreich über. Die Hellen von >i reig h, Herb art von Auersperg, Vandes-hauptmanl, von >train, dessen tragisches Ende 1575, m eincin Gefechte mit den Türtcn den vergleich nnt dem Heldentods drs Veollidas wol Vcldcs und die Wochcin. 25? aushält, und Georg Freiherr v. Lcntowitsch, gleichfalls Landeshauptmann von Kram 1593, ein siegreicher Vorfechtcr gegen die Türken, waren urkundlich Hauptlcutc des Brixcncr Gotteshauses zu Vcldcs. Hcrbart von Aucrsperg wurde diese Hauptmannschaft gcnounucn, weil er Protestant war, und dem itatholiten ^entowitsch gegeben. Das Edclgeschlecht derer von Kreigh ist in Diensten des Gotteshauses Vrixen zu großer Wolhabenhcit hinangcstiegcn. Sie hatten auch die Hcrschaft Vcldes, und zwar bis 15Z3, pfandweise im Besitze, worauf die Hauptmannschaft von Vcldes mit der ^anocshauptmannschaft von Krain vereinigt wurde. Die Reformation und Gegenreformation riefen in Veldcs und Umgegend große Unruhen und blutige Kämpfe hervor. Als die alte Ordnung der Dinge nach vollendeter Gegenreformation wieder hergestellt war, verwalteten die Brixncr die Herschaft Veldcs selbst, bis sie im Jahre 1651 Wolfgang Engclbrccht Graf von Aucrspcrg nnd Gottschcc, Landeshauptmann von Kram, von dem Bch-ucr Bischöfe Anton als eine Pfandschillings-Herschaft erhielt, in welcher Eigenschaft dieselbe auch auf Anton Fürsten von Eggcnbcrg, als er Vandcshaufttmann in Kram war, übergicng. Später hatte Vrixcn dic Herschaft wieder in eigener Verwaltung. Als das Bistmn Vrixen im Jahre 1803 säcularisirt wurde, gicng Vcldes in Staatseigentum über. Endlich im Jahre 1858 brachte der Gewcrkshcrr von Sava, Victor Nnard, die Herschaft durch Kauf an sich, welche er noch heute besitzt. Für dm tüuftigen Tag hatten wir uus eine Wanderung in die Wochcin vorgenommcu; doch giengcu wir mit gcriuger Hoffuung auf schön Wetter zur Nuhc und erwachten am frühcu Morgm des 25. Inli bei ncbclschwercin Himmel. Dennoch unternahmen wir die beabsichtigte Partie, und unser Vertraueu in das Wetter wurde bald gclohut, da die höher steigende Sonne Nebel und Wolken rasch vollends verscheuchte und nun das reinste Vlau auf uns hcruiedcrlachtc. Unser Weg führte zunächst das Ecenfcr entlang in füdwcstlichcr Richtung zu ciucr Höhe, welche den Scckcsscl von dem benachbarten 256 Bcldl'5 und dlr Wochri». Thal dcr Savica (Wocheiner Save) scheidet. Von diesem Höhenrücken genossen nur die hcrlichstc Aussicht auf den hellglänzenden Kaltsteinzug der .^arawanken hinter nns, in die sich vor uns erschließende Wochein und auf das ticfcingeichnitteue stcilumrandcte Thal der Savica. Bald erreichten wir das nette Dorf Wochciucr-Bellach (slou. Bellas) mit cincr freundlichen Kirche iumittcl, des kleinen Fricdhofcs; dann gicug's altf der wolgcpflcgten Straße zwischen Feldern am linken Flussufer weiter, dcr nahen Thalcngc entgegen. Auf den Feldern waren Bauern mit der Ernte des Weizens beschäftigt; sie boten uns freundlichen Morgcngntß, da wir an ihnen vorübcr-kamen. Die Bewohner dcr Wochcin, wie fast des ganzen Kraincr-landcs, find bekanntlich Sloucnen. Hier an dcr Savica erschienen sie uns besonders kräftig und wolgcbaut; nanlentlich begegneten uns wiederholt höchst anmutige Kindergcsichter, die uns freundlich anlächelten. Reinlichkeit und einige Volhabeuhcit verraten die Wohnhäuser in den Dörfern, welche alle so ziemlich gleichmäßig aufgeführt siud. Auf einem Unterbau oon Stein erhebt fich ein hölzernes Stockwerk mit einem offenen Gange und vorfpringcndcn Vatleudachc. Zelten fehlt dcr Schmuck von Blumen; besonders beliebt sind rote N'ellcn, die in reichen Blütcngarbcn aus den Fenstern hcrabhäugcu. Ackerbau wird hier wcuig getrieben, ausgedehnter ist die Viczucht. Neben Mait^ uud Weizcnbau gibt es auch ^bstcultur, namentlich fahcn wir die prächtigsten )lufsbäumc am Wege. Das Getreide wird, wie aucli in Steiermark und Kärntcli, in sehr kleine Garben gcbuuden uud diesc auf dcli sogeuauntcli „Gctrcideharfen", hohen Gerüsten mit zahlreichen übereinander angebrachten Qucrstangen, aufgehangen und so aufbewahrt. Indem die Straße sich scntt, tritt sie auch in das enge werdende Thal ein, welches mm einige Stuuden lang zuerst südwärts, dann gen Westen in den inneren Kessel dcr Wochcin führt. Die beiderseits einschließenden Gehänge sind meistens steil, aber bewaldet, mitunter großartig au Höhe, von wildem Charakter. An einzelnen Stellen streben kahle Wände hoch auf und zeigen deutlich die Schichtuug dcr Geftciusmasscn, Dachsn-inlalk und Dolomit, Velb^ I!»d bit Wochnn. 259 Hic uud da gibt es auch grasbedecktc Halden, wo kleines braunes Vieh geweidet wird. Die Pferde sind ebenfalls klein, aber kräftig. Von weitem schon wurde uns der Wcidcplalz einer folchcu Herde verraten durch den Gesang ihres Hirten, dessen zwar klanglose aber unübertrefflich gewaltige Ttiunnc das Echo der Berge wachrief. Dann antwortete ihm auf der gegenüberliegenden Thalscitc r>on der Höhe herab ein anderer Hirte und dieser in seiner einfachen Melodie doch eigentümliche Wcchsclgcsang in dem sonst menschenleeren unbewohnten Thalc machte einen ergreifenden Eindruck. Auf einem fast dreistündigen Wege durch dies Engthal trafen wir lein Dorf, tcin Haus und nur wenige Vcutc l'amen uns entgegen. Desto bevölkerter war das klare, smaragdgrüne Wasser der Saviea, wo sich Forellen und andere Fische in ganzen Tcharen herumtrieben. Endlich erweitert sich wieder das Thal, man bekommt zuerst Felder, dann Häuser zu Gesicht uud erreicht nacheinander die Dörfer Ncnming (slov. Nomen) und Vcdccc. In der Nähe des lchteren stürzt rechter Hand om, der Straße ein ziemlich hoher, wcun auch nicht wasserreicher Fall in vier Eascadcn malerisch herab. Nach fast fünfstündiger Wanderung hielten wir bei brennender Sonnenhitze unseren Einzug in Fcistritz (slov. Bistrica). Es ist dies der Hauptort eines weiten majestätischen Bcrgtcsscls, der eigentlichen Woche in, von den ^lovcnen Buckwa Dolina d. i. Äuchcnthal gcuannt. Fcistritz erscheint seiner Anlagt und der Bauart feiner Häufcr nach als ein echtes Gebirgsdorf mit cugcn winkeligen Gassen, unterscheidet sich aber zu seinem Nachtheil von den bisher durchschrittcncn Dörfern des Scwieathales durch grosse Unrciulichkeit; nur das hübsche Schulhaus macht eine wotthuende Ausnahine. Unter den Fcistrw überragenden Bergen dominirt der nahe (.'cruä?'^rsc, von dessen Gipfel man eine weite Aussicht bis auf das Meer und Venedig genießt; auch durch seine Flora ist er ausgezeichnet. D»c Vorhöhcu desselben sind mit zahllosen kleinen Stadeln bedeckt, wo das Bergheu aufbewahrt wird, bis die glatte Schuccbahn des Winters den Transport des 17" 260 Veldes »ud die Vocheii,. Heues ins Thal hinab auf Schlitten ermöglicht. Denn die Mehrzahl dcr hiesigen Bewohner beschäftigt sich mit Viehzucht; der Ackerbau ist gering. Da aber die Landwirtschaft nicht genügenden Unterhalt bietet, haben sich die Wocheincr frühe der Eisenindustrie zugewandt; die ansehnlichen Eisenwerke zu Fcistritz und Althammcr find uralt und datircn wol aus der Römcrzcit. Auf dem Heiocnhügcl bei Wochem findet man noch Spuren römischer Gebäude. Zu Fcistritz kehrten wir im Gasthause des Postmeisters Zupane cm, dcr sich in dcr freundlichsten und aufmerksamsten Weise um unseren Mittagstisch bemühte. Dann bestiegen wir cm einfaches Vaucrngcfährtc, um rascher den Wochcincr See zu erreichen. Auf dem Negc dahin trat unmittelbar hinter dem Dorfe dcr Triglav vor unsere Aligen; stolz schaute er von hohem Throne in die zu seinen Füßen gelegene Thalticfc herab, um fo ernster drcinblickcnd, als finstere Wolkenballen sein Haupt zu umlagern begannen. In kurzer Frist waren wir am Ostcndc des Sees angelangt, dessen grünblauer ruhiger Spiegel, von wildromantischen Höhen umrahmt, einsam dalag. Der Wochciner See erstreckt sich eine Stunde lang, zwischen West und Ost, ist eine halbe Sunde breit uud etwa 45 Meter tief. Die Savica, welche ihn speist, stießt an seiner Ostscitc ab. Von seinem obcrcn Ende her blickten uns saftige Alpcnmattcn lieblich entgegen; aber die uon dcr Höhe des Triglav entsendeten Wolken bedeckten schon in dichtem Schleier den größeren Theil des Himmels, so dass wir beschlossen, nur mehr den Fall der Savica noch aufzusuchen uud dann an die Rückkehr zu denken. Dcr langsamen Kahnfahrt die Benützung unseres Wagens vorziehend, lenkten wir auf die an der Südseite des Sees hinführende Straße ein. Zwischen Grün, im Angesichtc der mächtigen Bcrgc und des schimmernden Sees, an einer vereinsamten Capcllc vorbei, gelangten wir bald an die Savica, welche mit gewaltigem Schwalle ihr klares Wasser den dunklen Fluten des Sees spendet. Nmi verließen wir dcn Wagen und schritten durch dichten Buchenwald weiter. Der Fall Vüldeö und die Wochcin. 261 des Savicabachcs kündete sich schon von ferne an durch scin dumpfes Gedröhne; trotzdem wurden wir durch den Anblick des großartigen Schauspiels, das sich jetzt unseren Blicken bot, wahrhaft überrascht. Aus einem Fclscnlochc stürzt die wasserreiche Savica hervor und wirft sich 75 Meter tief in den tobenden Abgrund hinab. Schwer nur trennten wir uns von dem herlichen Bilde; aber wir mußten umkehren, denn schon hatte sich der ganze Himmel in Wolken gehüllt, die uns nichts Gutes verkündeten. Bald erreichten wir das Gefährte, welches am Secufer unserer harrte; dann gicng es rasch nach Fcistritz zurück, wo wir noch rechtzeitig anlangten, um den Postwagen zur Heimfahrt nach Veldes zu benutzen. Freilich einen geringen Theil nur von den prächtigen Sehenswürdigkeiten des Triglav-Gebietes hatten wir besucht; aber schon jene Partien, die wir gesehen, lohnten in vollstem Maße unseren Ausflug in die Nochcin. lohnender noch soll der Besuch der „sieben Seen" des Triglav sein, welche nordwärts oberhalb des Savica-Ursprungs in einsame Felsen eingebettet liegen. Die Krone gebührt aber unzweifelhaft dem mächtigen Bchcrschcr dieses ganzen Gebietes, dem drcigipfcligen Triglav, dessen schncctragcndc Kalkmassc die Gewässer zu drei Flüssen, der Dran, dem Isonzo und der Saue, entsendet, und dessen großartiges Panorama selbst Theile von Tirol, Stciermark, Istrim, der oberitalischcn Tiefebene und die ehemalige Meerbeherscherin Venedig inmitten der Lagunen umfasst. Unsere Fahrt nach Veldes gieng langsamer von statten, als wir es wünschten. Auf halbem Wege brach das Unwetter los, welches schon so lange gedroht hatte — ein echtes Hochalpcngcwitttcr. Mit Mühe nur deckten wir uns in den: halboffenen Wagen gegen den strömenden Negen; übler aber war der Kutscher auf dem Bocke daran und am schlimmsten das bedanernswcrtc Pferd, welches schließlich in dem entsetzlichen Gusse bei allzufrüh hereinbrechender Dunkelheit kaum mehr vorwärts kam. Und ohne Untcrlass zuckten die Blitze und ihre 262 Velvet und die Wochcin. Douncr riefen cm grauenvolles Echo wach, das mit den stets sich erneuernden Schlagen in cincn endlosen Donncrlaut uerschlnolz. Als wir bei Bcllach die Höhe des Bergrückens zwischen dein Scwica-Thal und dem See von Vcldcs erreichten, da gicngcn die Blitze in unserer unmittelbarsten Nähe nieder und schlugen wiederholt in Bäume und Tclcgrafthcnstangcn, welche rasselnd zerbarsten. Froh waren wir, als uns, zwar durchnässt aber sonst heil, um '-^ ^hr abends der Wagen vor Iekel's traulichem Gasthause absetzte. 2z. DaF DühlenschloU Lurri in kraln. l^^>^> Miter den charattcristischcn Erscheinungen des so mcrtwürdiacll !v^»/,i trainischen und tüstenländischen Karstes sind es die zahl-!^H^^i reichen Höhlcnbiloungen vor allein, welche dieses Gebiet ^^^I^ zu ciucr der sehenswürdigstcn Vandschaften der Niollarchic, ja von Europa machen. Die an prächtigen Tropfsteingebilden überreiche Adelsberger Grotte erfreut fich auch seit Jahrhunderten schon des ihr gebührenden Ruhmes nnd wird alljährlich von mehreren tausend Reisenden besucht. Aber außer ihr gibt es noch viele höchst sehenswerte unterirdische Naturwunder im Karste, welche, von der Aaupwcrtchrs' ftraßc — der Bahn — entlegener als fie, minder beqnem zu erreichen sind uud bei geringerer Frequenz auch einen weniger weitreichenden Ruf genießen. Ein ganz bcfondcres Interesse nehmen unzweifelhaft die Lneger Grotten für sich in Anspruch, cinestheils weil hier fünf Grotten-Mündungen in einer Felswand ncl'cn- und übereinander zu Tage gehen, anderntheils weil mit dein Naturwunder der Grotten sich die Romantik einer alten Burg, welcher Geschichte und Sage besonderen Reiz verleihen, in seltener Weise vereint. Gewöhnlich besucht man Vueg von Adelsbcrg ans. Man hat die Wahl auf der Triestcr Straße bis Hraschc nnd dann auf ^and-wcgcn über ^andoll und Brinic in 2'/^ Stunden nach ^ueg zu fahren, 264 Dao ,M,w,schlosö kucg m Krai,,. oder in derselben Zeit nordwcstwärts über Ottot, Sagan und Prcstawa dahin zu gehen. Dieser Fußpfad ist nicht unangenehm; abwechselnd führt er durch Wiescnland, Heide und Holzung und namentlich ist es interessant zu sehen, wie scharf sich die Vegetation des Kalkbodens von der üppigeren Flora des Sandsteines zunächst der Poit abscheidet. Denn in der Kalkformation des Karstes finden sich auch größere oder kleinere Bildungen von Sandstein, welche Wasser- und pflanzcnrcicher sind als der Kalt. Die kleine Häuscrgrupftc des Dörfchens Vucg (stov. ?i'<>ä^uiÄ) liegt am östlichen Rande einer tiefen Wicsenfchlucht, in welcher der Votva-Bach ein paar Sägemühlen treibt. Nördlich wird diese Schlucht von einer Kaltwand geschlossen, welche aus derselben über 120 Meter hoch äußerst schroff ctnporsteigt. In dieser Wand befinden sich die Mündungen der fünf ^ueger Grotten, nämlich der Schloss-Grotte, des Belvedere, der großen Grotte, der oberen Grotte und der Lotva-Höhlc. Von dem Dorfe geht man am Bcrgabhange fort zu dem neuen Schlosse Vueg, welches im Jahre 1570 von dem Grafen Johann Cobenzl erbaut wurde und seit 1816 im Besitze der Fürsten Windischgrätz sich befindet, deren Verwalter hier wohnt. Das Schloss hat drei Stockwerte, wol eine sehr lange Fronte, aber nur geringe Tiefe und enthält wenig Gclass. Es ist zwar nicht in eine Höhle hineingebaut, aber allerdings dicht an die Bergwand, und die Felsen hängen an einigen Stellen über das Dach des Nebengebäudes vor. Hinter den im dritten Stockwerke befindlichen Gastzimmern ist ein breiter gedeckter Raum, welcher auf eine tleine Terrasse, den sogenannten „Garten" führt, unmittelbar am überhängenden Felsen. In einer Ecke gewahrt man hier im Felsen einen Schlott mit einer Holztrcvpc und hinaufgestiegen findet man sich im Belvedere, einer kleinen Grotte, nach Art einer großen Theaterloge gebildet, wo man an der Thalseite eine schützcude Brustmauer aufgeführt hat, um ungefährdet den Uebcrblick der Landschaft genießen zu tonucn; ein allerliebstes Plätzchen. Tllö Hühlcnschlosö ?ur>i in strain. 265 Am Fuße der breiten Treppe zn deut dritten Stockwerke des Schlosses hinauf befindet sich eine schmale Thüre; tritt man dort ein, so ficht man sich mit Erstaunen vor der senkrechten Felswand, und hoch über sich eine Brücke zu derselben führend, ^inks ist eine schmale steinerne Treppe an der Hintcrwand dos Gebäudes angebracht, auf welcher man zu dem Gefängnisse nnd zu den Dachräumen gelangt. Durchschreitet man letztere, so kommt man, an der Schlossglockc vorbei, auf eine gedeckte Terrasse, die gleichfalls eine massive Brustwehr hat und eine anmutige Aussicht darbietet. Bon der Treppe rechts führt aber ein hölzerner Steg hinüber zu der alten Höhlcnburg, die man von unten und außen nicht scheu kann, weil sie durch die Dachungen des neuen Schlosses ganz versteckt wird. In der Bergwand ist hier eine über 23 Meter hohe, aber nur halb so breite Höhlenmündung, nach unten nnd oben sich verengend. Die untere Kluft wurde mehrere Meter herauf vermauert, bis zum Niveau des inneren oberen Höhlenraumes; von hier an steigt die eigentliche Frontemaucr der Vuegcr Burg noch um 6 Meter empor, die gauze Breite der Hohle schließend. Ein einfacherer kunstloserer Bau lässt sich nicht denken, aber unbczwinglich war das Nest seinerzeit gewiss. Man denke sich das neue Schloss hinweg, so hat man die schroffe hohe Wand vor sich, deren vorspringende Klippen nicht cinmal Warttürmc zu tragen brauchten, denn nur ciue wilde Katze mochte sie crklettcru. Wahrscheinlich führte die Zugbrücke ans dem Türmchen, ^u welchem mau auf dcm bereits erwähnten Stege gelangt, auf einen vorspringenden Felsen, von wo dann ciue Strickleiter herabgelassen wurde. Vielleicht geleitete von dort ein Steg, etwa 9 bis 10 Mcter lang, au der Wand rechts abwärts, wo sich im Felsen eine schlottähnliche Höhlung befindet, in welcher ungesehen und geschützt eitle weiter 12 Meter tief bis auf den gangbaren Bergabhang herabführen tonnte; die untere Mündung dieses Schlottes ist neben der jetzigen Gcsindcstubc im Zweiten Stockwerke des neuen Schlosses. Betreten wir das Innere der alten Burg, jetzt ein Greuel der Verwüstung. Diese alte Burg befand sich wirklich vollständig in der 266 Tils Höhlenschloss Liieg m Krai». Hohle, ohne ein Dach zu brauchen. Dic Grotte Zicht sich steil nach aufwärts und bildet zwei Absätze, auf deren oberstein die Cisternc fich befindet, welche noch jetzt das ganze Schloss mit Wasser versieht. Ein paar kurze Klüfte reichen noch höher ohne weitere Verbindung. Erasmus ^ueger war iiu 15>. Jahrhundert Besitzer dieser Burg. Er war eiu Waffenbruder jenes unglücklichen Andreas Baum-kirchuer gewesen, welcher, um Baiser Friedrich III. uor Gefangenschaft zu retten, sein ^eben eingesetzt hatte, später, da ihm kein Sold bezahlt wurde, sich empörte und schließlich mit Hinterlist nach Graz gelockt dort im Jahre i i?3 enthauptet wurde. Vueger, ein tüchtiger Kricgs-mann, der mit dem Schwerte leicht zur Hand war, erschlug 1483 im kaiserlichen Hoflager den Marschall Pnppenheim, der seines Freundes Baumtirchncr Andeuten verunglimpfte. — Er mußte fliehen, rettete sich iu seiue Höhlcnburg, damals rings von undurchdringlichen Wildnissen umgeben, und lebte fortan vom Stegreife. Nicht genng, dass er der Schreck seiner Nachbarn war, zug er sogar die Türken auf dcu Karst und führte sie selbst uor Trieft, wo sie aber die Bürger mit blutigen Köpfen heimschickten. Caspar Naubcr, Hauptmann zu Trieft, erhielt nun Befehl, dicfem Unwesen ein Ende zu machen und sich Vucgers um jeden Preis zu bemächtigen, dessen Schlupfwinkel aber nicht auszuspüren war. ^ueger wurde dadurch immer verwegeuer, erschien einst sogar vor Kleinhäuscl, einer nun iu Trümmern liegenden Burg bei dem Markte Planina im Norden von Adelsberg, wo Naubcr mit seiner Schar sich eben aufhielt, und schickte diesem Botschaft, er wolle ihm den Weg auf seiuc Burg zeigen nnd ihn daselbst bewirten. Es gelang zwar nicht, den Tollkühnen einzuholen, aber der Hufschlag seines Pferdes leitete endlich bis vor seinen Höhlensitz, ^ucgers Pferde und sonstiger Biehstand, Uor der Höhle untergebracht, fielen in die Hände der Truppen, aber Nanbcr erkannte alsbald die Unbezwingbartcit der Burg. Kaiser Friedrich III. befahl die Besatzung auszuhungern; der Winter gicng indes erfolglos vorüber und in der Fastnacht des nächsten Das HühlenschlosS Lucg in Krain. 26? Jahres 1464 ließ Lueger, den Soldatm Zuin Hohn, einen in vier Theile zerslnckten Ochsen hinabwcrfen. Die Belagerer hielten dies zwar nur für eine List, aber zu Ostern kam ein Lamm, sodann sogar etliche lebende Schöpse herab, und Lucger lud den Hauptmaun Nauber wiederholt ein hinauf zu kommen, um sich zu überzeugen, wie trefflich er vorgesehen sci, uud betheuerte, er würde ihm gerne von seinem Ucbcrflusse herablassen, wären die Stricke nur lang geling; gegen sicheres Geleite für den Boten wollte er ihm aber gerne einige Leckerbissen mittheilen. Dieses Anerbieten wurde angenommen und Luegcrs Hoffalt war sonach die Falle, die er sich selbst legte. Sein vertrautester Diener, zugleich sein Schreiber, wnrdc zu der Botschaft auscrschen; anf einer weiter stieg dieser bis zur großen Grotte, worauf die weiter wieder hinaufgezogen wnrdc, indem er dann weiter auf den Bcrghang klettern tonnte. Er brachte dem Hanptmann Nauber ein Körbchen mit Erdbeeren nnd Kirschen mit dem Vorgeben, sie seien in der Höhle gewachsen, obwol sie aus dem Wippacher Thale, wo alles mehrere Wochen früher reift, gebracht waren. Nun wußte man, dass die Höhleuburg durch einen geheimen Gang stets neu mit Proviant versehen werden müßc. So oft dann Nauber persönlich vor der Burg erschien, schickte ihm Luegcr Obst, Fische n. dgl., aber der Diener ließ sich endlich bestechen und verriet seinen Herrn. Er bezeichnete ein Loch in der Felscnwand, das heimliche Gemach, auf welches die Feldstücke gerichtet werden sollten; wenn nun sein Herr sich dahin begeben würde, wie er allnächtlich zu thun pflegte, so wolle er an einem andern bezeichneten Orte ein Licht aussteckm, worauf dann die Stücke alle zugleich losgcbranut werden sollten. Es geschah, nnd die Gefchützkugeln trafen zwar nicht den Ritter, aber Felsenstücke sprengten sie ab, deren eines ihn an: Schienbein, das andere am Kopfe zu Tode trafen. Der Schreiber übergab hierauf die Feste und offenbarte den Höhlcngang, welcher ans der Burg zu Tage führte. 268 Dns Hiihlenschlols Luess inKrain. Mit Erasmus Lueger starb sein altes Geschlecht aus; das Besitztum gicng an den Vandcsfürstcn über, die Wildnis ward nach uud nach urbar gemacht und ein Dörfchcu eutstaud gegemiber der Burg. Im Jahre I5>s,6 brachte der erzhcrzoglichc Kanzler Johann Cobcnzl die Herschaft an sich und begann das neue Schloss zu bauen, welches Graf Johann Philipp Cobcnzl rcnooircn oder vollenden ließ. Der unterirdische Vcrbindungsgang, welcher Zum Birnbaumcr Wald geführt haben soll und durch den ^ueger seinen Muudvorrat bezog, ist nrcht mehr aufzufinden. Noch um das Jahr 162!) kamen durch denselben Diebe in das Schloss; sie wurden ertappt, mußten den schon damals verschollenen Gang, den sie selbst zufällig entdeckt hatten, zeigen uud der Herschastsbesibcr Hanns Martovi6 ließ denselben dann vermauern und auch die Müudnng über Tags verlegen. Viel ausgedehnter als die bisher besuchten Hohlräume ist die mittlere große Grotte, zu der man den sehr steilen mit Nasen bedeckten Abhang heruntersteigt. Die eiförmige Mündung befindet sich etwa 75 Meter unter dem Gipfel der Bergwand und ist gleichfalls durch eiuc alte Bcfestigungsmaucr halb geschlossen, zu deren Thor cin Steg von dem Berghaugc hinüberführt. Innerhalb des Thores ist ein gegen 9>/2 Meter hoher Dom mit einem Troufbrmmen. viuks befindet sich eine geräumige Oeffnung, durch welche man in die unterste Hohle auf deu Bach hinabsieht. Die Grotte ist ein mäßig weiter Gang, der sich plötzlich nach etwa 190 Metern senkt und zu ciucr Kluft fuhrt, über welche seit dem Jahre 184? cin Steg gelegt ist; früher war man über diese Kluft nicht vorgedrungen. Ein niederer, von Menschenhänden ausgesprengter Durchgang führt dann in eine hohe Halle, wo Fclstrümmer von einem ehemaligen Einstürze aufgehäuft liegen. Die Höhle ist weiterhin mit enormen Massen von Schlamm erfüllt, der wcllruförmig den ganzen Boden bedeckt uud stellenweise mehrere Meter dick abgelagert ist. Tropfstcinbildungen fehlen nicht; es sind vorwiegend Stalagmiten, aber sehr uurciu, grau gefärbt und weit Das Höhlenschloss Luca in Krai». 269 entfernt von den inannigfachcn zierlichen Gestalten ill der Adels-bergcr Grotte. Meistens sind es parabolische 5icgcl; der größte hat die Gestalt eines Heuschobers und mag an der Basis über 2 Meter im Durchmesser haben. Die Grotte endet, 835 Meter vom Eingänge, an einer aufwärts gehenden engen Klnft, aus welcher ein sehr heftiger ^uftstrom kömmt, der auf eine Verbindung jnach außen schließen lässt. Bei dem Trümmcr-vcrgc zieht sich lints ein niederer Seitenlang sehr steil mit mehreren Abstürzen hinab zum unterirdischen Bette des Lokoa-Baches, der bei Hochwasscr die ganze Grotte erfüllt. Ans jenem Seitengangc gelangt nmn auch zurück in die vorerwähnte Kluft unter dem Stege. Kehren wir zu dem Trümiucrhügcl in dem Hanvtgange zurück, wo wir eine nach aufwärts führende weiter gesehen haben. Sie ermöglicht uns, das oberste Stockwerk dieses Höhlcnraumes, einen etwa 330 Meter langen, stellenweise sich sehr verengenden Gang, zu erreichen, welcher an der Vorderseite der Bergwand hoch über dem neucu Schlosse mündet, von wo hölzerne Stiegen und Leitern über die Felsen herabgclcitm zum Schlossthore. Diese Mündung dort oben wurde erst im Jahre 1846 entdeckt; die ganze Höhle bezeichnet man aber als die obere Grotte. Am Flchc der Kalkwand endlich öffnet sich die fünfte Höhle, die Lol'va-Hohlc nämlich, in welche der Lokva-Bach fich uerlicrt. Mau kaun nicht weiter als etwa 20 Mctcr in der Eingangshalle über die herabgestürzten Fclsblöcke hinabsteigen, denn die Hiutcrwand senkt sich plötzlich und so tief herab, dass nur das Wasser darunter hin seinen Weg zu finden vermag; natürlich kann mau nur bei sehr kleinem Wasscrstandc selbst so weit vordringen. Seit alten Zeiten herscht die Meinung, dass die Lokua unter dem NanoZ, der höchsten Erhebungsmasse des Virnbaumer-Waldes, fortfließe, sich mit noch anderen unterirdischen Gewässern vereinige und dann fünf Stunden weit nordwestlich von ^ueg als Wippach-Fluss bei dem gleichnamigen Schlosse wieder hervorbreche. I70 Das Hülik'nschlosö i'iü-.i i,i Krai». Da die „große Grotte" allein — abgesehen uoi! deut mit ihr in Verbindung stehenden obersten Gange — fünf Stockwerke oder Etagen enthält, ist also, die anderen vier Grotten mitgerechnet, der Berg in neun verschiedenen Ebenen von größeren nnd tleincrcn Höhlen durchschnitten, eine Eigentümlichkeit, die von keinem anderen Berge im Karste bisher bekannt ist. 24. IMa. tief gesunkene, in jüngster Zeit wieder ncn sich erhebende MMH^- Pola hat untor allen Städten ill Istricn init dem antiken li^M, dünnen auch die Spuren einstiger Nöluerhcrschast am treueslen MH^.^ bewahrt. Wcnugleich rrst spät in dcr Gi,'schichtc cnvahnt, wm' ^'s doch sicherlich cine der ältesten Niederlassungen an der >iiistc dcr istrischcn Halbinsel, worauf schon dic von Plinius, Strabo und anderen alten Schriftstellern erzählte Sage deutet, dass eine Schar lolchischer Männer auf der Verfolgung Mcoeas hierher gelangt seien nnd den 57rt nuqclcgt hätten. So viel ist wahrscheinlich, dafs die der Sceränbcrci ergebrucn Aewohlicr Iftricns, welche dem thratischcn Stauune angehörten, Pola wegen seiner bcherschendm Stellung Zu einem ihrer Haupthäfen machten. Doch schon im Jahre 178 u. Chr. unterlagen sie der höheren Kriegskunst dcr Römer. Ganz Istrien wurde erobert und Pola eine römische Colonie, auf dessen Besitz dic nenen Herren hohen Wert legten; sie schufen die alte Stadt zu einer Grenzfcsttmg ihres Gebietes gegen die auf den quarncrischen Inseln hausenden Mnrnier, sowie gegen die benachbarten Dalmatcr. Bald blühte Pola als wichtiger Hafen- nud Handelsplatz und erfreute sich großen Wolstauds. Da sollte die Stadt ein trauriges Schicksal habm. In einem Bürgerkriege nach Cäsars Tode ließ Augustus aus Rache ganz Pola 272 Poln. zerstören, weil cs zu Brutus mid Cassius hielt. Aber uur kurze Zeit lag es in Trümmern: dcun iufolgc der Wichtigkeit semes Hafens ward Pola auf bcsselbcn Augustus Befehl wieder uud umso prachtvoller aufgebaut. Von nun an hieß cs „Pictas Julia", und nicht lange dauerte cs, so überflügelte die nmc Stadt um vieles ihre frühere Größe. Pietas Julia hatte ciu mit Mauern lind Türmen umgebenes Capitol auf^dcm Gipfel desselben Hügels, der noch jetzt mitten in Pola liegt. Rings um das Capitol besetzten die Häuser der eigentlichen Stadt den ganzen Hügel, an dessen Fuße sich die Umfassungsmauern hinzogen. Die Vorstädte lagerten sich im Halbkreise um den caftitolinischcn Berg auf deu anderen sechs Hügeln. Vom Capitol aus führten mehrere Straßen strnhleuförmig durch prachtvolle Thore, sowol zu deu Vorstädten als auch uach dem Hafen uud den anderen Städten Istrieus. Herlichc Tempel und andere öffentliche Gebäude ließ die Prachtliebc der gleich Nom auf sieben Hügeln gelegenen, reichen Stadt aufführen, und einige dieser Denkmale überlebten um fast zwei Jahrtausende ihre sterblichen Gründer uud erregen noch heute die Bewunderung des Beschauers. Fast sieben Jahrhunderte währten die glücklichen Zeiten der Nömerhcrschaft für Istricn und Pola. Seit dem Ende der letzteren verfiel die so großartige und wolhabcndc Pietas Julia und wurde cm elender, unbedeutender Ort; dem: widerwärtig warcu ihre späteren Schicksale uud Haudel uud Schifffahrt verließen ihren Hafen. Im Jahre 493 tau» Istricu unter die Gewalt der Gothen. Als aber Iustinians Feldherren Belisar und Narsrs Italien dem byzantinischen Reiche unterworfen hatten uud dieses zum Exarchat vou Navrnna gemacht wurde, schlug man auch Istricn zu dem letzteren uud sein Statthalter nahm dcu Sitz in Pola. Im Jahre 789 bemächtigte sich Karl der Große der ganzen Halbinsel, wicwol die bedeutenderen Küstcuplätzc erst cilf Jahre später in seine Gewalt tamen. Pola blieb auch fernerhin die Hauptstadt der Provinz uud ein Markgraf von Istrien erhielt die Führung der Verwaltung. Obwol aber die Städte P°l°. 273 Bestätigung ihrer früherm Rechte erhielten, begann trotzdem jetzt der vollständige Verfall Polas, denn die staatlichen Veränderungen fiihrten einen allgemeinen, gewaltigen UmstnrZ herbei, die der Blüte Istriens förderlichen Ursachen hurten auf, da Handel und Verkehr nun andere Wege eingeschlagen und Polas nicht mehr bedurften. Da die Gemeinden das Nccht hatten, sich gegenseitig zn bekriegen und gleich unabhängigen Mächten miteinander zu verhandeln, so war dies eine weitere Duelle des Elends und Verfalls für die istrianischen Städte. Mn wurde es dcn Vcnetianern leicht, den ganzen Handel uud die gauze Schiffahrt der Adria an sich zu reißen, sowie auch die istrischcn Städte, welche von einander dnrch Feindschaft uud Hass getrennt waren, nach Belieben zu demütigen. Ein >trieg mehrerer Städte der Halbiusel mit der stolzen Nepnblil endete im Jahre 1150 mit der Eroberuug und Verheerung Polas. Als sich nun dieses dcn mit der Inselstadt rivalisirenden Freistaaten Pisa nnd Genua in die Arme warf, zcrM'te Venedig zu wiederholten Maleu dessen Manern nnd hintertrieb jeden neuerlichen Aufschwung der Stadt. Seit dem Jahre 1230 waren die Patriarchen von Aquitcja die Markgrafen von Istricn; aber ihre Absicht, die ganze Provinz wieder zu vereinigen, blieb unausgeführt, da ihre Autorität teiucr großen Achtung genoss. In diesen Zeiten bildeten sich zwei Parteien in Pola, eine demokratische uud eine antolratischc. An der Spitze der ersteren stand die Familie der Ionatasi, während die andere Partei, welche die Hcrschaft einem einzigen, mächtigen und tapferen Oberhaupte übertragen wifsm wollte, die Familie der Sergicr zu Führern hatte. Diese verstanden es, fich das Amt und die Würde eines Gcneralcapitäns des Volkes übertragen zn lassen. Allmählich maßten sich die Eergier die absolute Hcrschaft an, da sie die militärische Gewalt in ihren Händen hatten. Sie residirten in dem Schlosse uou Pola, dein ehemaligen Capitol, welches die ganze Stadt bchersclM, und nahmeu auch von diesem Castell den Namcu dc Castro-Pola an. Als die Poleser ihr 274 Poln, Streben, dir Nlleinhrrschaft dauernd an ihr Haus zu fesseln, erkannten, beschlossen sic die nenc Tyralinei gewaltsain zu stürzen. Während einer feierlichen Procession am Charfreitagc abends des Jahres 1271 wnrden mehrere Glieder der Familie in der Kirche San Stefano meuchlings ermordet, indessen ein anderer Hanfe gedungener Mörder das Castcll überrumpelte, nm die übrigen Sergier der Freiheit zu opfern. Nnr ein einziger Knabe wnrde uon einem Diener ans Mitleid ins Franeiseancr-5tlostcr gerettet nnd dort vor der Wnt des aufgebrachten Voltes bewahrt. Dieser Sprössling pflanzte jedoch die Familie fort und kam später wieder zn Ansehen. Im Jahre 1328 war Pola neuerdings mit den Genilesen verbunden, was die Venctiancr bewog, die Stadt abermals zn verheeren. Da mm die Poleser die tranrige Erfahrung gemacht hatten, dass sie ein entfernter Freund gegen einen feindlichen Nachbarn nicht zu schützen vermochte, nnd da ohnehin die anderen sieben istrischcn Städte sich bereits der Republik Venedig unterworfen hatten, so beschlossen sie, ebenfalls die Herschaft der mächtigen Inselstadt anzuerkennen. Venedig nahm die Bedingungen der Poleser an nnd schickte nn Jahre i:^N einen Podest^ mit Grafentitel nach Pola. Nachdem sich die Küstcnstädte an Venedig unterworfen hatten, wurdc l37l der Herzog von Oesterreich Graf uon Istricn, welches von nun an zwischen zwei Hrrschaften getheilt war. Das österreichische Gebiet, auf die meist öden nnd rauhen Gegenden des Landes beschränkt, blieb arm, unbeachtet und mit seinen Bedürfnissen von den vcnctianifchcn Küstenstädten abhängig. Aber auch die Zustände der letzteren ucr< schlimmerten sich immer mehr nnd mehr; denn Venedig beutete in selbstsüchtiger Weise die Einnahmsquellen des Landes, Salzgärten, Oelpflanzungen, Wälder, zn seinem eigenen Vortheile ans, ohne sich die Wolfahrt der Bewohner im geringsten angelegen sein zn lassen. Namentlich unglücklich war jedoch Pola, welches in einem Kriege zwischen den Venetianern und Gcnnescn von den letzteren 1379 völlig zerstölt wurdc. Aus den Nuincu sich laugsam wieder erhebend, litt es Pola. 275 später, mehrmals mich von der Pest heimgesucht, durch die räuberischen Ginfälle der slavischen Ust'oken. Die Stadt kam durch alle diese Widerwärtigkeiten so herab, dass sie kaum 600 Einwohner zählte, als 1797 die Republik Venedia, ihr Ende erreichte und die istrische >tüste an Oesterreich siel. Die düstere Schilderung eines französischen Reisenden, der Pola damals besuchte und der da sagt: „Die Garnison besteht aus neun Mann, die den Hunger mehr fürchten als den Feind!" dürfte gar nicht übertrieben sein. Wenn dieser Reisende das heutige Pola zu sehen vermöchte, er würde es nicht wiedererkennen! Vor drei Jahrzehnten wurde Pola Zum Centralhafcn der österreichischen ttricgsmariuc gemacht und hat sich in solcher Eigenschaft zu einer Eccfcstung ersten Ranges emporgeschwungen. Seit jener Zeit wurden Berge abgetragen nnd.Buchten ausgefüllt, nnd dem hicdurch gewonnenen Raume entstiegen nach nnd nach alle jene Bauten nnd Etablissements, welche dem jetzigen Stande des Scekriegswesens entsprechen. Die meisten Hügel in der Runde krönten ihr Haupt mit mächtigen Forts, während die seit Nömerzeit verlassenen und nur von Neugierigen besuchten Steinbrüche sich wieder belebten. Zahlreiche Privatbantcn, sowie öffentliche Alleen nnd Anlagen, denen n,an große Sorgfalt widmet, haben Pola ansehnlich verschönert nnd ans einem früher kanm bewohnbaren Neste zn einer erträglichen Stadt gemacht, welche bereits mehr als 10.000 Einwohner zählt. Seit jüngster Zeit ist auch Pola als Endstation der Istrianer-Bahn mit den: Eisenbahnnetz der Monarchie in Verbindung gesetzt und dadurch der übrigen Welt nähcrgerückt. So mag der Fremde Pola mit dein größten Interesse besuchen: cr findet in den vielen Bcmrcsten des römischen Altertums, fowie in den großartigen Etablifscments der Marine für seine Tonr einen reichlichen Lohn. Wenden wir zunächst unsere Schritte nach dein Nathausplatze, dein Brennpunkte des gcsammten Bebens, so stehen wir anf classischem Boden, dem Forum der Augusteischen Colonie. Die eine ganze Seite 18* ' 276 Poia, dcs Platzes nimmt das Nathans cm, mit seinen Artadcn und seinem Balcon ein hübsches Muster dcs venctianischcu Stils. Ursprünglich stand hicr cm römischer Tempel, der Diana geweiht, von welchem aber mir die Rückwand erhalten ist. In dessen Neste baute man um das Jahr 1300 mit vielem Geschicke den „Palazzo di Signori" hinein, wo dcr vcuctianischc Statthalter rcsidirtc. 1581 wurde dann das ucr-fallcne Gebäude lcidcr nicht ganz stilgerecht rcstanrirt. Auch die den Platz umgebenden Häuscr luit ihren Säulcubalconcn, hohen Kaiuincn und Rundbogen sind ganz im vcnctianischcn Gcschiuacke; in ihren Erdgeschossen haben sich Kaffeehäuser aufgcthan, wclchc ihre Tische nach italienischer Modc vor den Thüren stchcu habcti, uud in und vor denen sich abends dic italienische Männerwelt mehr zum Schwaben und Rauchen, als zum Verzehren vcrsauuuclt. Wruigc Schritte durch dic dcr Nathausfa^adc parallel laufende Gasse bringen uns zu dcm zierlichsten der erhaltenen Rümerwcrlc, dem der Stadt Nom und dein vergötterten Augustus geweihten Tempel, einem fast unversehrten Porticus von sechs korinthischen Säulen, hinter welchen die Cella eine tlciuc Altcrtülucrsammlung mnschließt. Das gauze ist nur 8'/^ Nieter hoch uud 15^/,, Hictcr breit, aber von trefflichen Verhältnissen und schöner Ausführung. Seine Erhaltung dankte es dcm Umstände, dass es während dcr Epoche dcr Ncuaissaucc als Gctrcidcspcichcr verwendet wurde. Vom Nathausplatze führt eine gerade Straße nach der Porta aurata, ciucm zicrlicbcn, autikcu, reichverzierten drcibogigcn Thore im toriuthifchcn Stile. Der ursprünglich ganz einfache Äau wurde von der hicr heimischen Familie der Sergicr an dcr iuucrcu Fa^adc durch einen prächtigen Bogen geschmückt. Unweit davon erkennt man au dcr halbkreisförmigen Einseulung im Hügel die Stelle des alten Theaters, welches im Iahrc 1501 noch unversehrt stand; von seinen Steinen erbauten die Vcnctiaucr im 17. Jahrhundert an dcr Stelle des römischen Capitols cin Castcll, das Kaiser Franz wieder herstellen ließ. letzteres licgt im ^steu dcr Stadt uud dcr Wcg zu ihm führt durch Polci. 277 die Porta Gcmina, cm um 1.'>0 n. Chr. erbautes Stadtthor, Welches erst 184.') durch Ausgrabungen freigelegt wurde, ebenso wie das Herculesthor, au welchem man noch neben dem Schlussstcin den gewaltigen Kopf und die >ieule des namcugebenden Gottes erblickt. Zwischen diesen drei Thoren zieht sich die antike Stadtmauer hin, durch vielfache mittelalterliche Anbauten häufig verdeckt, aber in ihrem Vaufc noch deutlich erkennbar. Von jenen oben erwähnten Tempeln aus führt eine Straße nach Norden zuerst durch zwei Reihen vcnetianischer Häuser des 15., 16. und 17. Jahrhunderts, dann zwischen elenden Hütten, endlich durch Gürten. Nachdem man darauf eine kleine, neu entstandene Militärstadt von Baracken, Pulvcrmagazmen, Casernen u. dgl. durchschritten, steht man vor dem großartigsten römischen Bauwerke Polas, der Arena, die schon vom Meere aus den Blick des ankommenden Reisenden fesselt. Die ganze äußere Umfassungsmauer ist noch fast unversehrt erhalten, während leider von der inneren Einrichtung, die größtcnthcils verschwunden, nur große Schutthaufen, einzelne mächtige Quadern, sowie Gräben und Eanälc fich dem Auge darbieten. Doch läfst fich selbst unter dem Schütte die Anordnung der Zellen für die wilden Thiere und die der Gänge ganz deutlich erkennen. Ja der Mangel des inneren Baues verleiht dem Ganzen einen großartigeren Charakter, demi man übersieht mit den, Aeußcren durch die vielen Bogen und Fenster gleich zeitig auch das ganze Innere. Icdesfalls macht dieses Amphitheater einen erhabeneren Eindruck auf den Beschauer, als das in Verona, welches um ein ziemliches größer ist, aber fast uur die ilmcren Baulichkeiten erhalten hat. Das Amphitheater in Pola ist wie die meisten anderen in Form einer Ellipse gebaut. Die äußere Mauer besteht aus zwei Bogengängen und einem drittru Stockwerke mit quadratischen Fenstern, ist 24 Meter hoch und hat in jeder Reihe 72 Arkaden. Die eigentliche Arena, auf der die Kampfspielc stattfaudeu, ist 63 Meter lang und etwa 47 Meter 2?s Pola. breit, Sic war von einer mannshohen Mailer ciugefafst, iibcr welcher^ von ihr durch einen schmalen Gang gttrcnnt, die Stufcnreihen sich erhoben. Die Zuschauer auf den untersten Sitzen waren durch ein Gitter (Men die Wut der tämpfcndcn Bestien geschützt. Zu den Sitzen gelangte mali vermittelst Stiegen, die unter den Sitzreihen selbst angebracht waren und mit viereckigen Ocffnungen ins Innere mündeten. Die Arena hat zwei Haupt- nnd mehrere Nebrnthorc; erstere liegen an den Endpunkten der groben Achse. Im obersten Gesimse der Umfassungsmauer bemerkt man viereckige Durchbrüche, aus welchen die Zeltstangen hervorragten, denn zum Schutze gegen die Sonnenhitze wurde das ganze Theater mit Zelten überzogen. An der äußeren Umfassungsmauer gewahrt mau noch ferner vier turmartigc Anbauten, die zu einander in einem Rechtecke lirgell, deren Zweck aber nicht tlar ist. Die Sitzreihen boten Raum für mindestens 15.000 Zuschauer. In der Arena wurden nicht bloß Thier- und Gladiatorcntämpfc, sondern auch Wasscrschlachtcn oder Naumachien abgehalten. Das zu diesem Zwecke bestimmte Bassin ist noch vorhanden; in dasselbe mündet ein Canal, welcher Wasser aus jenem Aquäduttc zuleitete, der auch die oberen Theile der 3tadt mit Wasser versorgte. Ein zweiter Canal steht noch jeM mit dl,-r Sce iu Verbindung. Noch im 14. Jahrhunderte war das um 150 n. Chr. erbaute Amphitheater ziemlich unverletzt, weil strenge Befehle des Patriarchen von Aquilcja die Verschleppung von Steinen verboten. Statt der auf einander eindringenden Gladiatoren, oder der sich bekämpfenden Schiffe, übten sich Tempelritter, die unweit davon ein Kloster besaßen, hier im Turnier, und bis 1425 fanden regelmäßige Fcftc mit ^anzen-werfcn und Schenttämpfen statt. Daun aber saul Pola in Trümmer, und lein Verbot tonnte mehr die armen Ueberlcbrudcn hindern, Marmor-stufcn und Quadersteine nach Venedig zu verhandeln. Gegenwärtig wird fill' die Erhaltung dieses kostbaren Monumentes so gut wie nichts gethan; Hirten weiden ihre Schafe und Ziegen darin und es Pol«. 279 ist ein Ort der Unreinlichst nnd des Schmutzes, dm man sich scheuet zn betreten. Dennoch macht dieses Bauwerk noch heute einen großartig erhabenen Eindruck und erfüllt die Seele mit Gefühlen mächtigster Bewunderung. Am schönsten erscheint es au einem ruhigen Frühlingsmorgen vor Sonnenaufgang von der Sccscitc aus gesehen. Himmel und Meer sind in der Morgendämmerung purpurrot nnd veilchenblau gefärbt, und das Bild des imposanten Baues spiegelt sich im klaren Wasser wieder, währcud das Auge durch die Bogen und Fenster der aufgehenden Sonne cntgegeublickt. Bei Nacht und wenn der Mond mit seinem fahlen Vichte den kolossalen Bau überzieht, ist es eine unheimliche geisterhafte Erscheinung, gleich einem immensen gebleichten Knochengerüste, uud man wagt es kaum daran vorüberzugehen. Einen anderen magischen Anblick genießt man, wenn das Innere mit Pech-tränzen beleuchtet ist, was bei besonders feierlichen Gelegenheiten zu geschehen pflegt. Wie verschieden davon ist der Eindruck, wclchcu das Hauptwerk des neuen Pola, das im Hintergründe der Bai gelegene Arsenal, auf den Besucher macht! Von diesem gewaltigen Gebäudceomplexe, zu dem im Jahre 1856 der Grundstein gelegt wnrdc, rühmt man namentlich, dass es nach einem einheitlichen woldurchdachtcn Plane und gleichsam aus einem Gnssc errichtet wurde, wogegen andere ähnliche Anstalten nur eine Anhäufung einzelner Bauten sind, sowie sie das Bedürfnis und die Umstände auszuführen geboten. Das Arsenal besteht aus zwei Theilen, deren einer am Ufer in drei parallelen Reihen sämmtliche durch ein dichtes Eisenbahnnetz verbnndenen Magazine und Werkstätten umfasst, während der andere aus der kleiuen vorgelagerten Olivcuinsel die Werfte, Sägemühlen und Trockendocks in sich begreift. Hier sieht man einen Balancedock, den ersten, welcher in Europa gebaut wurde, und der im Staude ist, iu äußerst kurzer Zeit Linienschiffe und Panzerfregatten, also ein Gewicht von 5()()l) bis 60(X) Tonnen behufs Visitirung nnd kleinerer Reparaturen der unteren Theile ganz 280 Pola. außer Wasser zu heben. Für größere Reparaturen, sowie für Neubauten sind zwei Schlittenbahnen bestimmt, deren jede zwei Linienschiffe oder drei Fregatten fasst und wu eine eigene Maschine die fertigen Schiffe in den schwimmenden Dock drückt, oder die zn rcparircnden aus demselben ans ^and zieht. 1500 Menschet, sind im Arsenale beschäftigt, darunter eine Anzahl Frauen beim Bedienen der Nahmaschinen, welche die Segel fertigen. Die übrigen sind nnr zum kleineren Theile freie Arbeiter, zumeist Schmiede mid Zimmcrlcute. Im übrigen liefert die iährln'bc Militärstellung in den >tüstcnländcrn 200 bis 300 Schiffsbau-Handwerker von Bcrnf, von denen etwa nnr dir Hälfte zur See geschickt wird, während man die anderen dm beiden Handwcrkereomuagnicn in Pola überweist. Dort arbeiten sie während ihrer ganzen Dienstzeit in ihrem Handwerke weiter, wofür sie ansier dem Matrosensoldc noch einen täglicben Arbeitslohn erhalten. Nnr zwei Eingänge zum Arsenal gibt es, und diese sind streng bewacht; vom Handelshafen wn'd der seinige dnrch eine schwimmende Schranle getrennt, und gegen die Vandseite schlicht eine hohe Maner jedes Spähen von Unberufenen ab. ^ängs dieser Mauer führt cinc lange bamnbepflanzte Strasse bergauf in das militärische Vieitel, auf einen öffentlichen Spazicrgang, der auf drei Seiten von reinlichen, regelmäßigen, aber langweiligen, gleichsam nniformitten Hänsern, den Wohnungen der Officicrc und Beamten, umgeben ist. Welch scharfer Gegensatz zn der italienischen Stadt dort unten, die ihren Mittelpunkt auf dem NathauspllM hat! Hier obeu Alles neu nnd frifch, nuteu die Neste vergangener Jahrtausende; oben die dcntsche Einfachheit, Ordnung und Sanberkeit; unteu die anziehende graeiösc italienische Unordnung und der Schmuli; oben einfache Toiletten, blonde Haare, rote Backen und gesetztes Betragen der Frauen, unten überladener Puy, schwarzhaarige, bleiche, lebendige Weiber; oben trinkt man Vier, unten Wein! Hier oben könnte man sich nach nuten, wenn nicht gerade ein österreichischer Seemann zum Hafen eilt oder ein slavischer Vauer zum Markte kommt, nach einer lombardischcn Stadt. Terzatto. 25. Mnne und Umrlrlmng. ^^Mi'wischcn Istriens Osttuste und dem gegenüberliegenden Fest-lande, das zum Königreich Kroatien gehört, ziehen sich äw" Neihm langgestreckter Felsinseln hin, welche meist ^Z^Ä> aus demselben Kalk bestehen, wie der Karst lind ein Theil der Südalpen: innen, nahe dem Festlandc, die Inseln Veglia, Arbe nnd Pago, außen, mehr seewärts, Vnssin nnd Cherso. So entstehen drei Mceresstraßen, die sich weit in südlicher Richtung hinziehen: der Canal delta Morlacca zwischen dcm Fcstlande einerseits, Arbe und Veglia andererseits, Zwischen letzteren nnd Vnssin nnd Cherso der Canal des Qnarnerola und schliesslich .zwischen Vussin und Cherso und der istrischcn Küste der Qnarnero. Insel und Klippen, langgestreckte Halbinseln, tieseinschneidende Meeresbuchten und stets steil aufsteigende Küsten sind die charakteristischen Mertmalc dieses Gebietes, welches der Geograph in derselben Weise, wie die uon den Hellenen besiedelten Vändcr nicht in Meer und Vand zerlegen darf, sondern gcniäsi der Amphibien-Natnr seiner Bewohner in seiner ZusammenselMig aus Fels nnd Wasser als ein Ganzes zn betrachten gezwungen ist. Wie die einzelnen Gipfel nnd Spitzen einer Alpcnlcttc die von der gewaltigen Vora nnd den schäumenden Wellen zernagt nnd ausgcfrcssen sind, ragen dic Eilande über dem Meere empor. „Man stelle sich," sagt Heinrich No«, „die Thäler der Schweiz bis dahin, wo die grüne Matte an das graue Gestein grenzt, mit Wasser angefüllt vor: die hohen Gebirge ragen noch über seinen Spiegel hinaus, die niederen sind von ihm begraben, die mittleren schauen mit schmalem Nucken notdürftig darüber hinweg — das ist Dalmaticn, über solche wcllcnbcdcckte Gebirgsthäler trägt nns tagelang das Schiff." Wenn sich aber die Bora von den Höhen des Karst-gcbirgcs herabstürzt auf das ndriatischc Meer zn ihren Füßen, oder von Süden die Winde hcraufblascn, so finden sie wol in den weiten Golfen von Trieft und Venedig Naum genug znm Austoscn; hier aber in den engen Canälcn brechen sie sich und verfangen und wühlen die Gewässer der fast rings umschlossenen ainphithcatralischcn Becken so mächtig auf, dass die erfahrensten Schiffer — nnd bessere als die libnrnischcn und dalmatinischen sucht man seit den Ro'merzciten weit uud breit vergebens! ^ sich nicht aus den tiefen, stillen uud sicheren Zufluchtshäfen herauswagen. Neberaus reich an Fischen ist dieser Meerbnscn, so dnss die Bewohner seiner Küsten nicht im Stande sind, den Ucbcrfluß zu bewältigen, nnd die Fischer von Chioggia vom vcm-tianischcu Strande herüberkommen, um ungestört ihren Theil an dem Mccresscgcn einzuheimsen. Im November verlassen sie, wol 250 Lentc auf 50 bis 60 Barken, die „Bragozzi" heißen, ihre Hemmt und derweilen bis gegen Ostern hin in den österreichischen Gewässern. Der Reihe nach machen fortwährend einige der Barken die Rückfahrt nack Chioggia uud Venedig, um dort ihren Fang abzusetzen, der durchschnittlich im Jahre 400.000 Kilogramm betragen nnd einen Wert von 60.000 Gulden rcpräscntirm soll. Eigentümlich ist diesem Mceresthcilc eine Art Krebse, .^n^,; genannt, die nur in norwegischen Fjords wieder vorkommen sollen und als Zuthat zum Risotto hoch in Ehren stehen. Die größte Stadt der gmizen Gegend ist Finme im innersten, hcrlichstcn Winlcl des ganzen Golfes. So kahl und jedes Pflanzen- Fimnc und Umgcbuiiss. 283 Wuchses bar die Fclsgestadc des Quarucro bei dcr Punta di Proulon-tore, Istricns südlichster Spitze, und nördlich davon sind, su lachend und fruchtbar erscheinen sic, sobald »nan die engste Stelle des Canals hinter sich hat, von Moschicnizzc bis Fiume. Dort gleicht das Land, durch die Insel Cherso gegen den Wind geschützt, einem reichen Garten. Aber setzt man die Umfnhrlmg des Golfes von Fiumc weiter südlich über Porto M und Bueeari bis Novi und Zengg fort, so tritt man bald wieder in das Gebiet der grauen nackten Fclswüstcn ein. Fiume, von den Deutschen vormals „St. Veit am Flamuc" geheißen, kroatisch Nc>la, eine königliche Freistadt, bildet mit drei Dörfer» das sogenannte ungarische Litorale, einen zur ungarischen Krone gehörigen Auner. Diese einzige Hafenstadt Ungarns nimmt sich von außen mit ihren weiden, palastähnlichen Häusern, der schönen EchiMände und den hohen Bergen dahinter, stattlich genug aus. Der weite Hafen, der 30 bis 40 Dreimastern und doppelt so vielen Küstenfahrern Ausnahme gewährt, die ansehnlichen Werften, die gefüllten Magazine, der breite Corso, die sprudelnden Brunnen, Alles gibt ihr den Anschein einer blühenden, thätigen, sich rastlos entwickelnden Stadt. Durch zwei Bahnen mit dem getreidereichcn Ungarn verbunden, nimmt sie auch im Handel leine unbedeutende Stelle ein und besitzt außer dem Schiffsbau eine lebhafte Industrie in Mehl, Chemilalien, Segeltuch, Leder und Papier. Die Magyaren, welchen im Jahre 1868 Fiume sammt Gebiet wiedergegeben worden ist, haben sich nach Kräften bemüht, durch nicht unbedeutende Opfer die Stadt Zu heben, nnd allerorts ist auch ihr Walten zu erkennen. Während die meisten Städte dieses Küstenlandes die ein halbes Iahttauscud währende Hcrschaft der Veuetiaiier in ihrem Aeußern leinen Augcublick verleugnen, ist es in Fiume, wenigstens ill der Unterstadt, deren Grund und Vodcn Znm großen Theile feit etwa sechzig Jahren dem Meere abgewonnen worden ist, den Ungarn gelungen, Alles zu magyarisirm. Da findet man einen Cvlso Deak, einen Adamich-Platz, eine Kossutl> Straße und Urmeny-Promenade; da find große Brauereien mit 284 > »nid Uins>l'lnii!l>. freundlichen, weiftschürzigcn 5lelluerinnen und schnurröckigen Musikanten, wie in Ändapeft, und jedes Gasthaus hat zur ebenen Erde seine „Schwcunuc"; in magyarischer Sprache sind auch die Bekanittmachnllgen und Vadenfchilder abgcfasst. Dieser ueumodischc llcbcrzug verschwindet aber sofort, wenn man den Nhrturm dcs Corso hinter sich hat nnd die schumtzigc Altstadt betritt, die spöttisch Gomila, d. i. Haufen, heißt. Stufenförmig zieht sich dieselbe den Berg hinan, uud enge Treppeu führen unter niedrigen Vogcn hindurch zu wiukrligcn Gässchcn, wo in unsauberen Ostcricn (Wirtshäusern) italienischer Gesaug erschallt und neuer Wein getrunken wird. Noch weiter hinauf siud niedliche Villen am Bcrgcshange zerstreut, uud danu sperrt ganz oben der graue nackte Fels, von dem sich schäumeud die Finmara hiuabstiirzt, den Weg. Dieser Fluss cutspringt als Reöina etwa 18 >tilomrtcr nördlich von Fiume und mündet im Osten der Stadt ins Mcir. Er hat in Vorzeiten ein ziemlich ausgedehntes Alluvial»Delta aufgeschwemmt, welches jeyt von reichen Gemüsegärten beseht ist, denen die Mhe des Waffcrs besonders zugute tonnut. Zwischen diesen Gärten erstreckt sich die im Sommer sehr besuchte kühle Waudel-Allec „Seoglictlo". Die altc NAiudung der Fiuuuu'a — dem Flusse selbst grub man eine neue — wurde stlwn uuter Maria Theresia durch Ausbaggern zu eiuem Hafen, dem zweiten Fiuiues, umgewandelt und mit mächtigen Ufcrmaucrn versehen, an denen alle Holzschiffc anlern. Dort ist der hübscheste Plah in Fiume, vormals Fiumara-, seit 1850 Icllachich-Platz genannt. Die alten Bäutne am Ufer überragen noch die Masten der dort ankernden Schiffe; gut gebaute Häuser begrenzen die breite und belebte Anlande nnd eine Reihe vou Pfählen, deren jeder einen lebensgroßen geschnitzten Türken^ oder Nngartopf trägt, trennt den Fuß- vom Fahrwege. Dieselbe Verzierung fiudet fich übrigeus an den Schlussstcinen der Thore von sämmtlichcu bedeutenderen Gebäuden der Stadt au allen Bogen, ja selbst an den Echmueksachcn, den Ohr- und Armringen aller Anwohner und Anwohnerinnen des Quarncro bis Mum' und Umgl'lnnig, 2^5 hinauf zu dm Fiumaner Damm wieder. Es wild vermutet, dass dies eine festgewurzelte, wcuu auch jetzt unverstandene Erinncrllng an jenen Sieg sci, den der Ungarkönig Bcla IV. im Jahre I2i;2 bci Grobnik, unweit Fiume, über die Osmancn davontrug. Wenn früher erwähnt wurde, dass seit einem Jahrzehnt das magyarische Element in Fiumc auffällig in den Vordcrgruud getreten sei, so kann doch nicht daraus gefolgert werden, dass dadurch Fiumc selbst eine magyarische Stadt geworden. Bei einer so verkehrsreichen See- und Handelsstadt taun überhaupt nicht eigentlich von Nationalität die Ncde sein. Man sagt freilich: irgend einer Nation müßen die Vewohncr jedes Ortes angehören: sie können doch nicht ohne Nationalität sein? Das gilt freilich von jedem Einzelnen; aber eben weil die Einzelnen so vielerlei Nationen angehören, kann man der Gesammtheit nicht eine der vielen Nationalitäten zuschreiben. In Fiume ist der größere Theil derjenigen Familien, welche durch Handel, Industrie und Rhcdcrci dem Platze Veben und Verkehr geben, außerordentlich manuigfaltigcr Abstammung. Kraincr, Deutsch - Tiroler, Italicner, Magyaren, Engländer, Westdeutsche, Griechen haben sich, anf die vielversprechende Naturanlnge dieser Gegend rechnend, des Erwerbes wegen als Kaufleute, Fabrikanten, Nhedcr hier etablirt, und zusammcu den Ort weit mehr emporgcbracht, als die kleine Zahl eingcborncr illyrischcr Unternehmer, die, mit wcuigcu Ausnahmen, der Zeit nach erst später als jene Fremden sich emporgeschwungen haben. Wer gute Geschäfte machte und sich bereicherte, siedelte sich in der rasch vorrückenden Neustadt an, baute selbst Häuser dort und 50g hiemit wieder cineu großen Theil der Bevölkerung nach sich. Ill der A ltstadt blieb fast nur icncr Theil der Eingcborncn zurück, der nicht im Stande war, es denen in der Neustadt gleich zu thun oder sich daselbst zu verwerten. Diese Altstadt ist der Theil der Stadt, wo man etwa von Nationalität sprechen könnte. An merkwürdigen Gebäuden besitzt Fiumc sehr wenig-, die alte Capitel oder Hauptkirchc, deren Frontispiz nach Art des römischen 286 Fiiimr und Uinssl'lnmss. Pantheons gebaut ist, die St. Veitslirche, cine Nachahmung der Kirche Maria delta Salute in Venedig, das geschmackvoll aufgeführte Casino mit dem Theater, das Gouueruements-Palais und das Rathaus sind einzig der Erwähnung wert. Die interessanteste Baulichkeit liegt außerhalb des Ortes: es ist das alte Schlofs der Familie Frangipani auf dcm Berge Trsat oder Tcrzatto, welcher den Namen der einstigcn Nömcrstadt Tarsatiea bewahrte. Neben demselben erhebt sich ein Franciseancrllosler, ein Wallfahrtsort, zu welchem eine Treppe von 400 Stnfcn führt, die sich über dcr Schlucht der Fiumara an den Felsen hinaufzieht. Scholl unten bei der Stadt, wo die Treppe nntcr einem hübschen Thorbogen ihren Anfang nimmt, hat cine wunderthätigc Madonna ihren Sih, welcher Städter wie flämische Bauern gleicher Weise ihre Huldigung darbringen. Damen, in Trauer-tleidern und von Dienern begleitet, entledigen sich unter dem Bogen ihrer Schuhe und steigen barfuß die 400 Stufen hinan. Die Trümmer des Schlosses dcr Frangipani wurden im Jahre 1813 Eigentum des Fcldmarschalls Grafen Nugent, eines Irländers in österreichischen Diensten, dcr sie r>or völligem Untergänge bewahrte und den einstmaligen Kerker zu sciuer Gruft bestimmte. Nur hat er zwischen die alten Umfassungsmauern aus dem i^. und 13. Jahrhundert und den hübschen viereckigen Turm aus dcr Zeit der Ncnaissanee ein ^ lleincs Museum römischer Altertümer in Gestalt eines schrecklich modernen, weißen griechischen Tempels hingepflanzt, der den Eindruck des Ganzen arg stört. Hcrlich aber ist die Aussicht, die man von dcr Spitze dcs Turmes genießt, wendet man nun seine Blicke landeinwärts, wo man das steil abfallende Thal der Nöka oder Fiumara mit den zahlreichen industriellen Anlagen, die ihre Wasserkraft benutzen, hinaufsieht, oder lässt man das Auge wcit hinaus über das Mecr und seine felsigen Inseln schweifen. Historische Erinnerungen mancherlei Art wevdcn dort oben wach. In einem kleinen Gärtchcn vor jenem Tempel steht die Siegessäule mit Adler und Inschrifttafcl, welche die Franzosen auf dem Schlacht- fcldc lion Marcngo errichteten, während das Franciseancrllostcr die Grabcr der Frangipani birgt. Erinnerungen an dieses Grafengeschlccht begegnet man überall an diesen Gestaden. Die Frangipanis, welche in den Kämpfen der Gnelfen nnd Ghibellinen im 12. und i:l. Jahr-hnndcrt einc hervorragende Nolle spielten, warm cine römische Adels» familic. Ein nach Ungarn übersiedclter Zweig derselben wurde am Ende des 12. Jahrhunderts von >lönig Bela III. niit Fiume belehnt. Mehrere Glieder dieser Vinic werden in der Geschichte Oesterreichs nnd Ungarns vielfach genannt. So Franz Christoph Graf von Frangipani, welcher, nachdem er im österreichischen Interesse gegen Venedig nnd die Tinten tapfer gefochten, sich dem Gcgcnkönig Johann Znpolya anschloss und Slavonien gegen den Grafen Batthyänyi verteidigte. Bei der Belagerung der Burg von Warasdin tödtlich verwundet, starb er bald darauf. Nilolaus Gras von Frangipani zeichnete sich in den Kriegen Kaiser Rudolfs II. gcgeu die Türken ans und ward vom Kaiser Mathias zum Ban von Dalnmticn, Kroatien und Slavonien ernannt: er starb im Jahre 1647 zu Wien. Franz Christoph Frangipani, Graf von Trsat, stand mit dem Palatin Wesselenyi, Franz Nadasdy und seinem Schwager Peter Zriny an der Spitze der Empörung gegen Kaiser Leopold I. in Ungarn. Der Anfstand wurde niedergeworfen, Frangipani aber mit Zriuy am :il,. April 1671 zu Wiener-Neustadt enthauptet. Seine Güter wurden eingezogen und seine Familie des Adels beraubt. Das .Kloster ans dem Trsat ist sehr malerisch, wenn auch scinc Wände sehr imchrerbictige Gemälde tragen, die kaum einer italienischen Kneipe zur Zierde gereichen würden. Interessant ist die zweischiffigc, der Längsachse nach getheilte Kirche, nur dass ihr wiederholte Restaurationen vom Jahre 1291, 1430 nnd aus deut Aufauge des laufenden Jahrhunderts arg zugesetzt haben. Die Grabmäler der Fraugipani siud einfache ^cichenstcine, zum Theile mit dem Nelicfbildc des Betreffenden, die unbeachtet in einem Wintel der .Kirche liegen und von den Tritten der Kirchgänger früherer Jahrhunderte oft sehr gelitten haben. 288 Fun»,,' und Umsscbmni. Ein etwas einförmiger Weg führt von Fiumc westwärts am Meere entlang nach Prclueca. Zuerst kommt man bei dem Bahnhöfe der Triester Bahn vorbei, dann bei einigen Fabriken, Brennereien, einer Torpcdogicßcrci nnd bei einzelnen einsamen Gärten nnd Obstbauiu-Pflanzungen, in die alte eiserne Thorgittcr einen Einblick gestatten, und wo Statuen von Faunen und ländlichen Göttern verstümmelt im hohen Grase liegen. Dann aber bekommt der Wanderer drei lange Stunden nichts weiter zu sehen, als Hirtenjungen, die mit ihren Schafen hoch oben an den Bergen hermnklcttern oder auf den Straudfclscu hocken. Endlich öffnet sich die wol versteckte, nach allen Seiten gut geschützte Bai von Prclucca, an welcher mau uach Sprengung der Felsen Hütten zum Thunfischfang errichtet hat. Die Vorrichtungen Zu dieser Fischerei, dem Ncichtume dieser Küste, sind überaus einfach und bestehen in zwei Observatorien von 20 Nieter Höhe,, riesigen, schräg gegen die See hin aufgestellten Leitern, auf deren oberem Ende sich ein Sitz für den Späher befindet. Am Fuße des Berges lehnt sich eine nach drei Seiten hin offene Bretterhüttc an die Felswand; sie hat eine über den Erdboden erhabene Dieluug, auf welcher die Fischerslcute schlafeu. Deren find etwa zehn, darunter ciu Schiffsjunge, alles Einwohner der Inseln Cherso und Vcglia. Sie sperren den Meerbusen mittelst eines großen Netzes auf einen Theil seiner Breite ab; von oben überschaut nun der Auslugcr, der immer drei volle Ttuudeu auf seinem lustigen Sitze aushalten muß, das Meer und gibt ein Zcichcu, wenn die Beute in die Bai geraten ist. Sofort schliesit der, welcher uutcn die Wache hat, mit einem zweiten Netze die Ocffuuug und versperrt damit den Thuufischen jeden Ausweg. Mit leichter Mühe werden dann dieselben ans Ufer getrieben und gefangen. Ist das Glück günstig, so inachrn diese Vcute oft brillante Geschäfte: ganze Bänke von Thunfischen fallen ihnen zu und jeder Fischer erhält dann cnchcr seinem Vohnc Tausende von Pfunden als seinen Antheil, zudem alle kleinen Fische, die iu die Maschen des Netzes geraten uuo die er im nahen Volosca verkauft. f>litvica-Seen. 26. Die Olitwcrr-Srm. südliche Hochland Kroatiens ist trotz scincr Armut reich an Wunderwerten dcr Natur. Es stcht fest, dass dcr N^/H kalkige Karst in diesem Hochlande zmn größten Theile M-^^M kahl nnd nncultivirt ist, cs finden sich in demselben leine grünen Wälder nnd keine üppigen Thäler; das Getreide gedeiht hier nicht am bestell, auch findet man in demselben tcine große Anzahl voll Quellen; dagegen ist dieses lallige, kahle Hochland mit Naturwundern bedacht, dcrcnglcichcn man wenige auf Erden finden wird. In dieser steinigen Hochlandswüste ragen hohe Felsen, welche ausgedehnte Höhlen in sich schließen, in grauenerregende Schluchten und tiefe Abgründe stürzen noch nie gesehene Wasserfalle nnd verlieren sich Flüffc zn unterirdischem ^aufc. Das größte unter den Hochlandswnndern Südlroatiens sind aber die Pliwiecr-Secn, welche sich am südlichen AbHange des Klcinlapcla-Gcbirgcs, unweit des türkischen Kroatiens, eingebettet haben. Wenn es dir einmal gelingt, in das schone Gactathal, welches sich zwischen dem Velclnt lind der kleinen Kapela einige 46«> Meter über dem Meeresspiegel erhebt,-und nach X7toöac zu kommen, so versäume ja nicht, den Pliwiecr Sem einen Besuch abzustatten. Das Gackathal, in welchem Otoöac liegt, bildet eine schöne und fruchtbare Ebene, eine X^ase in der Steinwüste. Die Gebirge, welche Umlauft: Wü»dci,mge„, 1 ! den Plitvieer-Seen zurciscnd gelangt man in den Ort Vrhovinc, l,0 Meter übcr dein Gactathale. Hier beginnt eine Hochlandsflnr, van Vrhovinc bis Babinpotok sich eine Stunde lang ausdehnend. Sobald man diese Höhe erklommen, verschwindet der Anblick der durchwanderten Steinwüstc nnd der kahlen Inra-Kaltfclsen und die Augen erlaben sich an dem schönen Grün nnd den wellenförmigen Hügeln, die ans Mergel lind Meide zusammen-gesellt sind. Nach einigen Angcnblicken erreicht man das Kleine Qapela-Gebirge, nut schönen Wäldern bewachsen, und zwischen den einzelnen Stämmen erblickt man hic nnd da einen Abgrund oder cinc Schlucht. Dem Nandc des Gebirges folgend kommt man in das Dorf Prieboj, zwischen der Kleinen Kapela nnd dcr Ple^iuiea gclrgcn. Pricboj ist für die Bcsteiger dieser beiden Höhen ei» willkommener Rast- nnd Ausgangspunkt. Die Straße Zu den Plitvieer-Secn macht in Pricboj einen Einbug in das Gebirge, Ricscnstämme von Buchen und ans dem Boden hervorragende Gcstcinsrippcn begleiten sie rechter Hand, links ist das Gebirge bewaldet, am Nandc dcr Straßen breiten sich einige Felder und Wiesen aus, von welchen die Seen mngrenzt sind. Sowcit dcr Boden bebaut wird, kannst du fahren, weiter muß man sich auf dic Kraft dcr eigene» Beine verlaffen. Jeder irrt, wenn er glaubt beim erstln Anlangen zu den Seen die ganze Pracht und die Wunder aller dreizehn Seen mit einem Male wahrnehmen zu können. Die Seen ziehen sich nämlich in einer krummen Vinic und sind durch Vänmc, Gestrüpp nnd Felsen von einander getrennt Tic Pliluiccr-Zecii. 291 und deshalb dem Auge auf eilnual unzugänglich. Ein guter Führer wird dich au einen solchen Punkt führet!, von wo aus du mit einem Blick zwei oder drei Seen uud mehrere Wasserfalle erblicken kannst. Solch ein passender Punkt ist die Waldwicse »or dem Tee Galovac, wo sieben Seen und unzählbare tosende uud schäumende Wasserfälle Zugleich sichtbar werden; eil, zweiter ,^rt ist die Quelle der Korana, von wo man einerseits den Plitvieafall, andererseits den Galouacfall zu schell bekommt. Der trefflichste und umfangreichste Bcobachtungspunkt wäre der Berg „Mctla" szn deutsch: Kehrbesen), von welchen: die ganze Pracht aller Seen übersehen werden tonnte. Aber der Vcrg ist schwer zu ersteigen und es bedarf noch der Hand des Menschen, den Weg dorthin zu bahnen. Wer daher alle Seen sehen will, must sic alle vom ersten bis zum letzten der Ncihe nach besuchen; ans den einzelnen Eindrücken wird er sich erst ein Gcsammtbild dieses wunderschönen Gebietes vcr-schaffen. Die Seen find gleichsam in tiefen kesseln eingebettet, deren Ufer Kalkwände umranden, während in weitem Umfange Gebirge und Waldungen sie einschließen. Ill der ganzen Umgebung hcrscht Ruhe und Stille. Man vernimmt nur das Brausen der Wasserfalle und das Klappern einer Sägemühle, der einzigen, welche in dieser Wildnis steht. Das Vlöten der Schafe, das Meckern der Ziegen, die hie und da weiden, höchstens der Nuf eines Hirten oder die Klänge seiner „8v,l'alion," sind die Vaute, welche sich zeitweilig in das Tosen der Wasser meugcu. Es sind dreizehn Plitviea-Scen an der Zahl. Zwöls sind durch Wasserfälle untcreniandcr verbunden, das dreizehnte Tcebcckcn des Batinovac ist von den anderen abgetrennt. Das kroatische Volt erzählt, dass einstens an den Plituica-Secn eine „schwarze Königin" hauste, deren Hauptquartier am Kozjak-Sec gestanden. Sie soll die einzelnen Seen hergestellt und dieselben durch Maucrwerke geschieden haben. Nach ihrem Tode verwandelten sich die Mauern in den Kalttuff uud stehen noch heute in diesem Zustande da. 19* 292 T'e Plilmcv!,'' 2l'c,!. Die Plitvieer^Scen erstrecken sich von Südwcsl gegen N'ordost in einer Väugc von 7 9 Kilometer und enden mit dem Flusse Koraua. Dcr crftc See, Proäöansko, ist WO Meter, der zwölfte, )iovakovi6a brod, nur 617 Nieter über dein Meere gelegen. Die Seen fallen in Abstufungen von Tüdwest gegen Nordost aus einer Höhe von 153 Meter. Südlich von den Plitmea-Secu erhebt sich der Berg „Kur" (Hüftbein) bis 1090 Meter hoch. Von diesem Verge fließt dcr Bach Crna rieka (schwarzer Flnst), welcher bei ^ieslovae M in einer Schlncht uerliert, dann wieder zum Borschein kommt und mit dem Bache Prhovsta den ersten See bildet: Prozäansko jczero, 1264 Meter lang, 422 Nieter breit. Dcr Wasserfall dieses Sees ist 10 Metcr hoch und bildet den zweiten See: Ciginouac, 320 Metcr lang, 152 Metcr breic. Von hier ans führt wieder ein Wafserfall in den dritten See: Otrugljat gomü, 442 Meter lang, 148 Meter breit, dessen Wasscrfall, 7 Meter hoch, ihn mit dem uiertcn See verbindet: Cnw jezcro (schwarzer Scc), 240 Nieter lang, 4 Metcr breit. Hierauf folgt dcr fünfte kleine See: Vir, 142 Meter lang, 5?-5 Meter breit. Nach ihm folgt dcr sechste See: Galovae, 75« Metcr lang, .",«? ? Nieter breit. Der Wasscrfall dicfcs Sees besteht aus drei Caseaden, die sich über Kalktuff-Fclfcn stürzen, ist 26 Mctcr hoch mid verbindet den Galooae mit dem siebenten, dem Gradinsko-See, welcher 652 Mctcr lang und 347 Nieter breit ist. Dcr Wasscrfall aus diesem führt in dru größten und schönsten See: Kozjak (Zicgensec), 3075 Nieter lang, 6i:i Nieter breit. In den Kozjat ergießen sich noch drei Bäche: Mala Rieöica, Mati-jaöcvac und Icscnovae und füllen sein Becken noch reichlicher. Nach dem Kozjak folgen noch der Milans-See, 425 Mctcr lang, 190 Metcr breit; Otrugljal dolnji, 26« Meter lang, 125 Meter breit; Kaludjcrouo je^ero, 2«4 Nieter lang, 64 Nieter breit, und endlich Novalovi^a lnod, 53 Nieter laug, 68 Mctcr breit. Mit diesem enden die Plitvica-Sccn; scin Abfluss stürzt sich 29 Mrter tief iu die Quelle des Koranaflusscs, dculsclben eine reichliche Wassermcngc zuführend. Tle Plitui«r-2cm. 293 Neben dm zwölf erwähutcu ist noch der dreizehnte Sec Batinouac, welcher mit deu übrigen in keiner Verbindung steht. Untcr allen anfgczähltcn Seen ist dcr Kozjak oder Ziegcnsee dcr hcrlichstc. Ein neuerer Neisebcschreibcr, dcr die Plitvieer-Tccn bcsncht hat, schildert ihn folgendermaßen: „Stelle dich, Vcscr, an 760 Mctcr hoch iiber dcm Vtccresspicgcl und steige noch nm 60 Mctcr über die Ebene, ans welcher sich der Kozjak-See ausbreitet, denke dir ringsherum üppige Wälder von hundertjährigen Buchen und Tannen, überziehe dic Ufer mit einem weichen Teppiche des frischen Grüns und das, was dir von 5talt knapp am Ufer weiß erscheint, nenne eine künstliche Milchstraße eincs englischen Prachtgartcns; in die Mitte des Wassers versetze eine Insel als Spielgcrät der wogenden . Wellen und dazu stelle am anderen Ufer eine Mühle unterhalb des Felsens auf, uutcr einem zweiten Felsen rechts eine Tage, spanne alle Sehnerven an, um dein Auge am dnntclsaphirischcn Wasser-blau weiden zu können, richte deine Ohren nach allen Seiten, nm dich an dem Brausen dcr Wasserfalle zu ergötzen. Auf diese Art wirst dn dir doch in etwas ein Bild dieses Wundcrsces schaffen tonnen. Damit das Bild vollkommen wird, hat die Natur Felsen erhöht, mit Dickicht nnd Moos überwachsen, über welche sich dcr See Galouac ergießt, sich den Weg dnrch dieselben bahnend. Damit die andrängenden Wasser die Zartheit des itozjak nicht verletzen, erhebt sich von der Tiefe ein gewaltiger Felsen unterhalb des «Galovac-Secs, dessen WasscN'orrat ans dem linken Winkel dieses Felsens herunterstürzt. Von diesem Punkte siehst du beinahe die Hälfte des Kozjat, welcher die Grundlage mehrerer Seen zu bilden scheint, sowie vier große Wasserfalle, durch welche das Wasser aus den höher gelegenen kleinen Seen dcm ^tozjak zueilt, nnd dann erspähst du dcu Galouac und erblickst den mächtigsten Wasscrfall in diesem kreise. Wenn du dir dies Alles anschaust nnd dir das künstliche Hcllbrunn bei Salzburg und Term im römischen Gebiete mit dcm berühmten Tibur ins Gedächtnis zurückrufst, dann glaubst 294 Tic PIitlncrr»Seo». dn, dass cine Künsllcrhand das Wasser oberhalb dcs „Kozjat" in die Kluften zwingt und es durch die Spalten künstlich hcrausflicsicn lässt, um so ans dic Beschauer erhabener einwirken zu können. In diesem Kreise sind noch fünf kleinere Wasserfalle von jenem Punkte dcm Auge zugänglich." Es gibt 20 bis 30 Wasserfälle, welche die einzelnen Seen verbinden; von allen aber zeichnen sich besonders drei aus. Der erste verbindet den Galovac mit dein Gradinsko-Sec nnd ist 28 Meter hoch. Der zweite führt das Wasser ans dem Novatoviäa brod der Korana-qucllc zu. Knapp an den Seen stürzt sich der Bach Plitvica, welcher von Nordwcst kommt und den Seen seinen Namen geliehen, an einer 78 Meter hohen Wand in den Koranafluss nnd bildet zwei über-cinander liegende Wasserfalle. „Gleich neben dcm Wasserfalle dcs Nouatoui6a brod," sagt der obcrwähntc Nciscschildcrcr, „erhebt sich ein mächtiger Felsen, an welchen: der Bach Plitvica in mehreren Strahlen herunterfällt, welche einem ziemlich entfernten Beschauer als Strahlen ans reinstem Silber erscheinen, nnd weil sich das Wasser, obwol mit keiner Gewalt herunterfallend, zerstreuet, erscheint der ganze Fels wie übersilbcrt. Wenn cs möglich wäre, in diesen Winkel einige Sonnenstrahlen werfen zu können, so rcstettirte der ganzc Winkel einen Zanbcrglanz." Das Wasser der Plitviccr-Seen ist klar nnd hell, auf der Oberfläche von grüner Farbe und in der Tiefe mchr blau. An dcn dic einzelnen Seen von cinander trennenden fchmalcn ^andstrcifci»' setzt sich der Kalltuff an, aus dcn Kallthcilchen, welche im Wasser in großer Fülle enthalten sind, sich bildend. Diese Nändcr müßen in Folge dessen immer höher werden nnd das Wasser könnte nicht abfließen, wenn nicht die Menschen dies durch das zeitweise Durchbrechen der Kalkrändcr verhindern würden. Das Höhcrwerdrn derselben wird durch Zufuhr von Pflanzen und Bäumen begünstigt. Einige Thiere, besonders Conchilicn, setzen sich aus dcm Kalltuffe fcst, sterben ab, versteinern und vergrößern das Gestein. v Tie Plitvicrr 3«n. 295» Daraus kann UllNl schließen, dass, als sich das Wasser hier zum ersten Vtalc dm Wcg bahutc, keine Scon, sondern ein geneigtes Flnssbctt, hicr tiefer, dort seichter, erMrtc, das Wasser aber auf die besprochene Art Teen bildete. Deswegen tonnte man diese Tccn mit vollem Nechtc einen in seinem Vaufe gestörten Fluss nennen. Die Flora an den Plitvieer-Scm ist von keiner hohen Bedeutung. Neben dcn Bnchcn, Tannen, Föhren und Fichten des Waldes sind zwei Pflanzen erwähnenswert und zwar eine Art der Spierstaude (3pirae^ l-nnll) auf dcn Felsen des Milan-Sees und eine Schaumkrautart (^lu'ä.'nnm« o!>olitrcmz auf. Wer uon einem zweimonatlichen Aufenthalte in einer solchen Gegend nicht gesund wird, tann sich gleich ins Grab niederlegen. Aber die erhabenen Plitdiccr-Sccn bleiben unzugänglich, von den Menschen vernachlässigt, bis auf bcsfcrc Zeiten, wo wenigstens die Maler der Heimat es als eine Pflicht betrachten werden, uns nnd der Welt das hcrlichc Plituiccr-Gebiet in die häusliche Stille zu übertragen." Rerkafälle. 27. Dalmatinische Nmidschafmi. der interessantesten Gebiet unserer Äionarchie ist das l^!^^ langgestreckte Küsten- lind Inselland Dalumn^i, ivelches, DMX7 in seiner physikalische» und landschaftlichen Beschaffenheit -^ , "« in vollste»! Coutraste zur gegenüberliegenden Seite Italiens stehend, als eine geographische Individualität zu betrachten ist. Dies merkwürdige Vand wollen wir besnchcn, das erst die Griechen zn inächtigcn Niederlassungen, wie Epidanrus (Nagnsa), Kerkyra (Cnrzola), Pharia (Vcsina), einlud, das den Römern wegen des Reichtums an Wald, Ocl nnd hochgewachsenen triegcrischcn Menschen höchst begchrcns-würdig erschien, wo die Templer in den Jahrhunderten der ^rcuzzügc festen Fns; fassten, und wieder die Vcnctiancr im heftigsten Ringen gegen die kroatische und türkische Macht sich zu behaupten suchten, aus demselben Grunde, wie die Römer, weil das ^and ihnen Holz und ^cute lieferte. Auch Napoleon hat dasselbe auf Jahre unter seiner Hcrschaft gehabt. Und wenn alle diese Colonistcn nnd Eroberer dem ^andc Andenken hinterlassen haben, von den griechischen Münzen an bis zu den von Marschall Mannont angelegten Bandstraßen und Befestigungen, so ist jetzt die österreichische Regierung bemüht, durch Eisenbahnen die ärmere Mstc mit dem reichen Hintcrlandc zn verbinden und die Verkehrswege nach jenen bisher türkisch gewesenen Provinzen Isi^ Dalmntinische '.'andschafl^i,. zu eröffnen, welche in unseren Tagen in dcn Besitz des Kaiscrstaates übergegangen. Dalmatim ist ein Karstland uon großartiger Zersplitterung der Küste nnd der vorgelagerten Inseln. Das Gewühl uon Meerengen, Straßen und Buchten Zwischen den zahllosen Inseln, Scoglicn und Landzungen tonnte an das norwegische Gestade mit seinen Scheeren und Fjorden erinnern. Aber während die Fjordbildung bedingt ist durch die Erhebung von Ttciltüslcu in Verbindung mit Glctschcrbildung, ist die dalmatinische Küstenzcrsplittcrung hervorgebracht durch allmähliche Senkung eines Gcbirgslandes mit m'clcn von Nordwcst nach Südost streichenden Thälern. Das ganze Gerippe war fertig, ehe die Senkung begann, an der Fjordküste aber beginnt die Spaltung und Ablösuug erst mit der Hebung. In Folge seiner überreichen Gliederung ist, das dalmatinische Küstenland reich an Häfen, an Zufluchtsorten für die Schiffe; deswegen hat aber auch im Mittelalter hier die Pirnterci wie kaum irgendwo geblüht. Das uorhcrschcnde Gestein, aus welchem die Gebirge Dalmatiens bestehen, ist der Krcidetalt; stellenweise ist auch der Nummulithcntalt sehr start vcrtrctcu. Die Nummulithcn oder Münzsteinc sind die, kleinen Münzen an Umfang gleichenden Schalcnrestc gewisser niedrigster Thiere, die einst in so uugchcuren Mengen cxistirten, dass sie, zu Boden gesunken und durch einen Schlamm verkittet, das Material zn dicken Schichten einer sehr harten Fclsart wurdeu. Wegen jenes znr Küste parallelen Streichens der Gebirge geHort die Flusscntwickelnng senkrecht zur Miste zu dcn Ausnahmen, und die dem Kreidetalt ganz besonders eigene Zerklüftung ist überhaupt der Ansammlung des atmosphärischen Wassers höchst ungünstig. Es rächen sich hier die Sünden der waldvcrdcrbcnden Borfahren auf furchtbare Ncisc. Denn es war einst anders, als Wald, Unterholz und Moosdeckc den das Wasser haltenden Schwamm bildeten und Festland und Inseln sich des üppigsten Aussehens erfreuten. Die Waldlosigtcit uud der stellenweise gänzliche Pflanzcnmangcl reicht oom Tolmamnjchc ^andjchajl!,!!. 293 nördlichcli Dalmaticn bis zum Meerbusen von Cattaro; nur einzelne ^7 äsen, der Waldbcstand der Inseln Curzola und Vaeroma, erquicken vorher das Auge. Dann wieder zwischen Nagusa und der Bocca ist eine grauenvolle Fclswüstc, deren Schrecknisse und melancholisches Aussehen nur durch die vollkommen tahlcn, im Sonnenschein wic Schnee glänzenden Hochgebirge des Hinterlandes übcrtroffcn werden. Der Farbcncontrast Zwischen den bewaldeten und den unbewaldetcn Strecken ist ein so auffallender, dass von altcrshcr die dichter bewaldeten Pnnttc darnach benannt wurden, womit zugleich bewiesen ist, dass die Entblößung schon vor Jahrtausenden begonnen hat. Die „schwarze" Kcrtyra hieß die Insel Curzola, die noch heute wegen ihrer, wenn auch schon start gelichteten Kiefernwälder auf diesen Namen Anspruch hat. Ucberall aber, wo man in diesen südlichen Küstenlcmdschaften noch tleinc Walobeständc antrifft, muß man mit Ingrimm Zeuge sein der sinnlosesten und barbarischsten Ansrottung dieser Neste. Wir haben uns die ganze Ostküstc der Adria bis Griechenland herunter einst bedeckt zu denken, die höheren Strecken mit Waldungen der Schwarzföhre und der Steineiche, die niedrigeren Strandgegcnden mit der Strandtiefcr. Vm, der letzteren ist auf dem lieblichen Eiland Vacroma bei Nagusa noch ein Bestand. Dieser Baum gewinnt durch seine dünnen, langen, hellgrünen, locker stehenden Nadeln und die zahlreichen feineren Verzweigungen der Arste ein sehr lichtes, fast durchsichtiges Ansehen und bringt bei leisem Vuftzugc ein gauz eigentümliches Säuseln hervor. Unzweifelhaft gicngcn schon die ersten- Ansiedler, um Raum für ihre Anpflanzungen von Getreide und Wein zu bctommcn, an die thcilwcisc Ausrottung dieser Wälder. Auch dass die schifffahrtknndigen Männer nicht sparfam mit dem Bauholzc umgiengcn, ist begreiflich; ihnen half in der Vernichtung des Baumwuchses ihre stete Begleiterin, die Ziege. Das Zcrstörungs-werk ist bis heute ununterbrochen im Gange geblieben. Ein neuerer Reisender macht auf den Holzbedarf für den Fischsang aufmerksam, 30(1 Tlilinatiüischl' l'liüdschaiw,. nämlich beilu Stechen nüt der vicrzackigen Gabel bei Kicnseucr. auf die durä) grenzenlosen Veichtsinn hervorgernsclien Waldbrändc, aus das barbarische Entrinden der jungen Bäume behufs Gerbuug nnd Festigung dcr Nrl.-e, endlich aus das Kalkbrennen, wozu man dic lct/tcn Stümpfe und Wllrzeln ansrodct. Wie gesagt, ist schon im Altertum der Wcinswck für den Waldbaum angesiedelt worden und mit ihm auch der Oclbaum. Das erstere Gewächs verlangt unausgesetzte Pflege; für geringere Mühe der Lockerung des Bodens und des Bcschncidens spendet der Oclbaum seinen Segen. Er ist in Dalmaticn allenthatbcu angepflanzt, wo nicht die Sorglosigkeit der früheren Bewohner das kostbare Erdreich ganz ins Meer hat schwemmen lassen; doch ist er weniger als die verdrängten Nadclliäumc zu einem farbigen Bcgctationsbilde geeignet. Hohe, schattcngcbcnde EfcMplare sind selten, und meist bietet der Oclbaum einen prosaischen Anblick. Von späteren Eindringlingen in unser Vand können wir noch der Nlocstaudc gedenken, die auf Vesina so üppig gedeiht, dass sie aus dem Fcstnngsdcrge ein natürliches Verhau bildet, sowie einzelner Palmen, die zu ocnctinnischcr Zeit in die Gärten gekommen zu sein scheinen. Wenden wir uns aber wieder der gemishandcltcu Natur zu. so tritt unter der sparsamen Strauch- und Gestrüpp-Vegetation einiger Distrietc, namentlich von ^csina, der Rosmarin hervor. Schon wenn man sich dieser bevorzugten Insel nähert, bringen dir ^üfte 3 bis 4 >tilomctcr weit das starke Aroma des Rosmarin entgegen, des mit dem schlechtesten Boden vorlicb nehmenden Wundcrtrantcs, das dem Landmanuc in seinem Notstände noch Glück nnd Segen verheißt, zumal ihm die Cultur desselben keinen einzigen Tropfen Schweiß abnötigt. Man schneidet Eude Mai die zwei- und dreijährigen Zweige ab und dcstiMrt auf rohe Weise aus den getrockneten Blättern das ätherische Oel, dessen Ertrag sich für die Stadt Vcsina auf jährliche 30.000 Gulden belauft. Der wichtigste Verbrauch des ill Trieft eingeführten Nosmarinöles besteht darin, dass man das für Talmlltiüischc Vaüdschlijtc». »)01 technische Zwecke bestimmte ^livcnöl damit uugmicßbar macht, um eine Ttelierherabsctzuug bei der Einfuhr des letzteren zu erzielen. Ans dem bisher Gesagten geht hervor, dass die sparsame Vegetation die Abhänge uud Thäler nur mit dürftigem Schleier bedeckt uud ihnen, zimml welin die höher gestiegene Sonne gcuiirtt hat, kaum eine andere Farbe gibt, als das Wcißgrau des A bis 10 und 12 Meter breiten, völlig nackten Strandgürtcls. Waudcrt man in der schweren Mittagsglut über die steinigen Pfade hm. so will sich nichts recht zu einem erfreulichen Bilde gestalten; geht aber die Sonne zur Nüstc, dann verwandelt sich das fahle Antlitz, das die Landschaft bis jetzt gezeigt, in eine Farbenpracht sondergleichen. Sie erglüht in Not und allen Tönen von Gelb und Violet, und diese die Vandpartieu umkleidenden Farben vereinigen sich mit der Abendbläuc des m'clzcrstückcltcn Meeres zu einem wunderbaren Gesnunut-Effect. Dalmatml birgt aber auch Vandschaftsbildcr, welche nicht des magischen Abendrotes bedürfen, um auf den Beschauer einen mächtigen Eindruck zu machen. Ist über alle Beschreibung hcrlich die Wirkung des Meeres zwischen den zahllosen Höhcuzügcn, Landzungen und Scoglim, die man von dem Gipfel eines der ktüstc benachbarten Berges überblickt, so gibt es auch im Iuncrn des Bandes Punkte, welche die Mühe, sie aufgesucht zu haben, in reichlichstem Maße lohnen. Eine der gcrühmtesten Partien im dalmatinischen Binncnlande sind die Wasserfalle der iterta, welche nicht nur den Einheimischen als ein Weltwunder gelteu, sondern auch in ganz Europa ob ihrer Schönheit zu einem gewissen Rufe gelangt sind. Ihnen wollen wir einen Besuch abstatten. Der Reisende, der iu den kleinen Hafen von Sebenico einfährt, bcmertt es wmu, dass an der Nordscitc desselben zwischen zwei mit Ginster und Oclbäumcn bcd.ccktcn Steinhügeln eine Wasserstraße in das Festland hineinführt, oder besser gesagt, aus demselben heraus. Denn es ist die ktcrta, einer jener wenigen dalmatinischen Küsteustüssc, die, aus starten Quellen entspringend, nach wrzcm ^aufe sich wie Selbstmörder in das Meer stürzen, nachdem sie sich umsonst bemüht, irgend Z02 Talnmtinische ^nndschastt'». cine nüblichc oder segenbringendc Thätigkeit zu entfalten. Auch der Ausdruck „stürzen" ist auf die Mündung der 5terka nicht gut angewendet, lUlUt sollte es ehcr eiu Schleichen nennen^ denn die Strömung des Wassers ist cine so schwache, dass sie bei Ebbc lanm bemcrtbar ist, während bei Flut das Meer in das Flussbett weit hinaufbringt uud das süße Wasser dcr Kcrta in Brackumsser verwandelt. Nomantit taun man den Ufern der Kcrta nicht absprechen, aber es ist eine echte Sceräuber-Nomautil, die sich dem Auge des Reisenden darbietet. Steine, Felsen und zackige Klippen, lein Graswuchs, kein Baumschlag, kein Gesträuch. Die fahle Farbe der Felsen wird nur r>on breiten, schmutzig-grünen oder rötlichen Flecken unterbrochen, bescheidenen Flechten, die seltener Ncgen und heißer Sonnenschein nach jahrhundertelanger vereinter Ärbcit entstehen lichen. Stellenweise treten die Ufer weiter zurück und gestatten eine ctwas freie Aussicht über die Uferfelfcn auf die umliegenden Berge. Auch von dort blickt dcr nackte Felsen herüber, jedes Pflcmzcnwuchscs bar, in gelblichem Scheine dcr dalmatinischen Sonne. So hell sind die Verge gefärbt, dass man auf Entfernungen bis zu einer Stunde einzelne auf den holprigen Gebirgswegen cinhcrschreitendc Menschen als schwarze Punkte sieht, die sich scharf om, dem hellen Gesteine abheben. Ueber dein Ganzcu fchwcbt dann wol ein einsamer Adler odcr ein Falke unbeweglich und dunkel am leuchtenden Himmel. Die Fahrt durch dcn schmalen, aber tiefen und für Scedampfer zugänglichen Fluss dauert nicht lange. Mch einer Stuudc etwa öffnen sich plötzlich die Ufer zu einem weiten Bogen, dcsfeu Endcn durch vorspringende Fclszacken, wie durch Coulissen verborgen werden und die Kerka ist mit einem Male zum Scc gewordeu, zum weiten, ruhigen, an dcn Ufern mit hohem Schilf und Röhricht bewachsenen See Prot'ljan, den man durchschifft, um wieder in den engen Fluss einzufahren, dcr abermals, aber nun in etwas stärlercr Strömung, zwischen Felswänden dahingleitet. Mit dcm Scc uud seinen flachen Ufern hat aber auch tnc Sumpfregiou begonnen nnd die armen Morlaken, Palmatinlsche Landschaftl'n, ich dm Dom des heiligen Tryphonius mit seineli Bildern hinzu, so ist man nlit der Aufzählung dor Merkwürdigkeiten fertig. Unverkennbar in der Architektur der altertümlichen Gebäude ist der Einfluss Venedigs, welches seit dem Jahre 1420 in Cattaro haschte. Der anziehendste Ort der Stadt ist der Bazar der Montenegriner unweit der Porta Finmara, nameiltlich am Montag, Donnerstag und Freitag, wenn die 3ohne und Tochter der Schwarzen Berge in Scharen auf der l^lä erbauten Strafte hcrabgcstiegen kommen, welche sich in zweinndsechzig Windungen zu der nahen Grenze hinaufzieht und Cattaro mit NjeguZ, der Heimat des dortigen Fürsten, nnd Cctinie, seiner Residenz, verbindet. Mf diesem Bazar müsien die Montenegriner zuerst ihre sämmtlichen Waffen ablegen, ehe sie die Stadt betreten dürfen, und die österreichischen Behörden überwachen diesen Puntt genau, weil sich nicht selten zwischen den Montenegrinern nnd den Cattarmcrn Streit erhebt. Der Mann oft zu Pferde, die geplagte Fran mit schweren Vasten bepackt, so wandern die Vcute sieben, acht Stnnden weit über Berg lind Thal und bringen Käse, Fische, Kartoffeln, Gemüse, Eis zur Bereitung des Sorbetto (Kühl-getränt), Geflügel, im Winter Hasen nnd Federwild, auch Reisig zum Brennen, Snmachblätter für die Gärbcr nnd Snmachholz für die Färber von Cattaro. Um spärlichen Gewinn schleppen die armen Weiber auf gekrümmten Rücken Vastcn herbei, welche in anderen Bändern kaum Männer zu tragen im Stande wären. Nicht minder belebt als der Montenegriner Bazar ist der Markt nuf der Marina, wo sich die Bocchescntrachtm mit den montenegrinischen mischen nnd namentlich uiel Fische zum Verkaufe,ausgestellt werden. Denn Seefische, Neis, Polcnta nnd Gemüse, Schafe nnd Ziegenfleisch sind die gewöhnlichen Speisen in den Boeche. Rindfleisch tommt selbst in Cattaro nur selten vor nnd in der Fastenzeit, lyelchc streng beobachtet wird, ist Stockfisch (Banolu) fast das tägliche Essen. Das gemeine Volk begnügt sich auch außer den Fasten mit BanM, Zwiebeln, Polenta und Scoranzcn, einer Art lleiucr Weißfische ans Montenegro. Die Bocche di Cattnro. 313 Geistige Getränke werden gerne und viel genossen und sehr beliebt bei Reich nnd Arm ist schwarzer Kaffee. Auffallend ist auf der Marina der Contrast zwischen dem Aeaßern der Bäuerinnen aus den Bocche und der Aermlichkcit ihres Einkaufs: sie sind über und über mit Schmncksachcu bedeckt und dabei Holm sie mit Bedacht ciu paar Grenzer aus der Tasche hervor, um die sonderbarsten Speisen, gekochte ^chscnfüßc, an welchen noch die Hufe sitzen, Schwarzbrot, das aus schlecht gehacktem Stroh bereitet zusein scheint, und dergleichen einzukaufen. Auch die Männer tragen häufig Stickereien mid wertvolle Waffen im Gmtel, die ihnen schweres Geld gekostet haben nnd oft ihren ganzen Reichtum ansmachen. Ucberhanpt bekommt man hier die verschiedensten Costüme zu fehon, denn in der Boeche hat jedes Dorf fast feine eigene Tracht und bewahrt dieselbe aufs strengste. Der Contrast zwischen denselben ist oft ganz bedeutend und erstreckt sich gleicherweise auf Schnitt wie anf Farbe des Gewandes. Während in Cattaro, Perasto nnd Perzagno die meisten Männer sich nach enropäischcr Weise kleiden, tragen die Risancr ein großes granes Wamms und eine betreßte Weste mit goldenen knöpfen, weiße von roten Strumpfbändern gehaltene Strümpfe nnd einen roten Fez mit goldener Puschcl, dagegen au Feiertagen reich mit goldenen und silbernen sitzen nnd Stickereien bedeckte, lange Uebertlcidcr und Westen von dunkelgrünem Tuche. Dazu im Gürtel kostbar verzierte Waffen, Handschar und Pistolen, nnd oft eine damascirtc Flinte mit Perlmutter-bedecktem Kolben. Die Bewohner von Dobrota nnd die meisten Katholiken überhaupt gcheu von Kopf bis zu Fuß fchwarz: kurze, faltenreiche Beinkleider von schwarzem Zeuge, bei Reichen von Seide, schwarze Strümpfe und Schuhe, schwarze Weste und Jacke, dnnkle Veibbinde und fchwarzcs Käppchcn, dass man meinen sollte, sie hätten Trauer; nur an Weste und Käppchen ist etwas Goldstickerei angebracht. Werfen wir schließlich einen Blick anf die Geschichte Cattaros. Welcher Ort zn Nömerzciten an dessen Stelle gestanden hat, ist nicht mit Sicherheit ansznmachen, wenn auch dort gefundene Inschriften 314 , Die Bocchc di Cattaro. beweisen, dass er damals schon bewohnt war. Ascrimmu, das dort gelegen haben soll, lässt sich seiner Position nach überhaupt nicht festlegen. Im Jahre 867 unserer Zeitrechnung tommt Cattaro zum ersten Male anlässlich eines Saracencnübcrfalls glaubhaft in der Geschichte vor. Bis 1178 war es eine Ncpublil untcr dem Schutze der serbischen Könige, dann bis 1204 eine byzantinische Stadt, dann stand es wiederum bis 1368 untcr serbischem, nachher untcr ungarischem Protectorate. 1378 von den Venctiancrn erobert und geplündert, machte es sich später wicdcr selbständig, unterwarf sich aber 1420 aus Furcht vor den Türtcn freiwillig den Vcnctiancrn, welche versprachen, ihm seine Verfassung zu bclasscn, die Eintüuftc nur für dic Stadt selbst zu verwenden und dicselbc nie einer andern Macht abzutreten. Zu wiederholten Malen machten die Türken zu Wasser und zu Vaudc den Versuch, sich Cattaros zu bemächtigen, aber stets wurde ihre Absicht durch das rechtzeitige Erscheinen dcr venetiauischcn Flotte vereitelt. Im Jahre 1797 kam dann die Stadt durch den Frieden von Campoformio an Oesterreich, welches dieselbe bis 1806 behauptete. Dann besetzten es die Russen, danach die Franzosen nuter Gautier, welcher Anfang 1614 durch englische Schiffe uutcr Hoste zur Capitulation gczwungm wurde. Hoste überlief? die Stadt den Montenegrinern, deren Freude über den Besitz eines Seehafens freilich von kurzer Dauer war. Denn die Oesterreicher rückten bald heran und erzwängen fich am Ni.Iuni 1814 Einlass in die Stadt, welche scitdcm bei Oesterreich verblieb. Es ist keine besonders glänzende Geschichte, die die Stadt gchabt hat, vielmehr eine voller Unglück uud Kämpfe. Die Geiftcln vieler dalmatinischer Orte, Pest, Erdbeben und Türtcn, habcn auch Cattaro schwer heimgesucht: 156!'» kam mehr als die Hälfte dcr Einwohner bei einem Erdbeben um, und dasjenige von 1667 zerstörte Cattaro nebst Budna und Castclnnovo vollständig. Diese Schicksale haben wol ebenso viel dazu beigetragen wie die düstere beengende Vagc dcr Stadt, um ihre Einwohner zu den erustcu, einfachen, aber braven Menschen zu machen, als welche sie sich dem Fremden gegenüber Zeigen. Dcr Strudel. 2<). Der Vouaustrudel bei ^rein. Stück dcr Donau, das inan zwischen ^inz und Wien M^^ bcfährt, ist ohnc Zweifel dcr hcrlichste Thcil dcs ganzen ^l^W großen Flusses, denn es haben sich hier Natur und ^^-^"! menschliche Cultur in ciucm so hohen Grade bemüht, die Ufer und Anlande reich zu schmücken, wie sonst nirgends mehr auf der ganzen 2770 Kilometer weiten Strecke dcs Flusslaufes. Die von Ottmsheim bis Vinz von Bergen eingeengte, ungethciltc Donau tritt unterhalb dieser Stadt ill das überaus anziehend gestaltete, mit so reichem Schmucke dcr Natur und mit dichtem und fröhlichen! Menschenleben gefüllte Becken von Vinz. Verlässt mm, diese Stadt mit dem Dampfboote, so erreicht man bald die Stelle, wo die Donau in zahlreiche, von großen und ' kleinen Inseln untereinander getrennte Arme sich zu spalten anfängt. Erst bei Ardagger nähert fich dcr Strom ciucr neuen Enge und durchströmt, in ein ungcthciltcs Bett vereinigt, eine 75 Kilometer lange, oft düstere, nur stellenweise lichtere Waldschlucht; bis bei Krems die Berghohen wieder zurücktretcu und dcr flacheres ^and gewinnende Strom die Arm- und Insclbildung wieder beginnt, welche sich bis über Wien hinaus fortsetzt. An vielen Stellen heben sich aus dem Flusse Sandbank so hoch, dass sie aus dem Wasser hervorragen. Häufig hat sich auf ihnen ein dichter Pflanzenwuchs cutwickclt und dann führen sie den Namen „Auen". Z 16 Tci Toüoustrudcl bci C^vcin. Haiuc auf diesen voli Vspc'n, Erlen und Ahornen wechseln hier nut Iilassgrüncm Weidengebiisch oder tleincn Glasflächen. In früheren Zeiten waren sic die Ausenthaltsorte zahlreichen Wildes, die Wuhnstätte von Bibern; heute gewähren sic nur mehr verschiedenem Wassergeflügel eine mehr oder weniger sichere Zuflucht. Meten diese grünen Inselfteckc inmitten des Stromwassers, auf dein das Schiff rasch thalwärts gleitet, bald höchst anmutige, bald wieder wildromantische Bilder, so erhöhen Dölfcr und Schlösser in buntem Wechsel mit kleineren Städten oder stolzen Klosterbautm die landschaftlichen Schönheiten der Donaugeländc zwischm ^inz nnd Wien. Namentlich die wilden Insel- und Auen-Ansichten sind es, welche dieses Stück der Donau von der mit ihn: so oft verglichenen Nheinpartic von Mainz bis Bonn charakteristisch unterscheiden. Sie, die dem Nhcinc vollständig fehlen, verleihen der österreichischen Donan nnr noch mehr Reize. Diese Schlösser, im Schilfe versteckt, diese Inseln, nur hier nnd da von einem einsamen Fischer bewohnt, diese uirlgesftaltencn Flnssadcrn, die sich ganz in Wildnis verlieren und zu verlieren scheinen, nnd doch nach einiger Zeit wieder aus den Wäldern tlar und unversehrt hervortmnmen, nin sich mit dem grossen Strome zu verbinden—bilden einen Nciz, dessen der Rhein entbehrt, wo man alles mehr an den Ufern, in, Flusse weniger suchen darf. Das Schiff gelangt auf seiner Thalfahrt zunächst an der Tränn. Mündung vorbei. Am jenseitigcn Ufer gewahrt man, hinter einer banmbewachscncn Insel halb verborgen, das Dorf Stcicregg; nur das höher liegende, gleichnamige Schloss tritt hervor. Höheres Interesse erregt weiter unten Mauthausen, dem Ennscinflussc gegenüber. Dies Gemälde ist den Rheinbildern ähnlich. Der Ort ist nralt, liegt dicht am Ufer des Flusses, das verfallene, turmähnlichc Pragstein in der Nähe, das in den Strom hineinragt. Sonst lässt sich hier im (tanzen wenig erblicken, denn die Enns strömt auf einen: niedrigen, flachen Borlandc, welches fie sich selbst geschaffen hat, in die Donau ein. Die grüne Farbe behält das Wasser noch auf weiter Strecke hin, nachdem sic sich in die Donau ergossen. Bald verflacht sich nun aucl! das linke Ufer und die Fahrt bietet bis Wallsce nichts besonders Bemerkenswertes dar. Hier beginnen aber wieder Vandschaften uon anziehender Schönheit das Auge des Reisenden zu fesseln. Zunächst sind es Markt nnd Schloss Nallsec, die den Blick auf das rechte Ufer lenken. Auf senkrecht abfallenden Felsen, welche die Donau wie in leidenschaftlicher Umarmung rauschend umströmt, erhebt sich das stattliche, von ciuem hohen Turm überragte Schloss, einst Eigentum des Feldmarschall K Daun. Auf der andern Seite sieht es sich von schonen, üppigen Gefilden umlagert, und fern, in den Hintergrund zurückgedrängt, stehen die Bcrgricfm, die Häupter von dunklen Waldungen umschattet. Die anderen herlichen Ansichten, die sich von Wallsec ans entfalten, müßen jeden zum Entzücken und zur Bewunderung hinreißen. Ruinen nnd Schlosser, Klöster nnd einsame Caftellcn, friedliche Dörfer, kleine Städte, ferne Berge, nahe Türme, dunkle Schluchten, offene Thäler, schroffe Abhänge, lachende Anen, das Alles ist in wirkungsvollem Wechsel durcheinander gemischt. Hunderterlei hübsche Täuschungen führt der uiclgewundcuc ^auf des Stromes herbei; hunderterlei Erwartungen, kleine Hoffnnngcn und Befürchtungen macht er rege. Zuweilen zieht er sich langgestreckt vor den Blicken hin, wie eine große Chaussee nnd stellt in nebliger Ferne viel Schönes in Aussicht. Zuweilen ist er wie in Stücke zerhackt, Berge schließen ihn von allen Seiten ein, nnd wir fahren wie in dem engen Kreise eines einsamen Bergsees. Wir drehen uns, nnd wieder schießen wir in eine solche abgeschlossene Wasscrmasse hinein: es scheint, als reihe eine Kette von Seen sich aneinander, au deren schroffen, felsigen Ufern wir zu scheitern fürchten. Und welche geschichtlichen Vrinncruugcn tanchcn hier in uus auf! Da liegt der Nibelungenhort in der Donau, da ziehen die Nibclnngcnhcldcn an ihren Ufern herab. König Etzel zieht herauf ihnen entgegen; die Klänge der Hunnenschlachten tönen im Donauthalc wieder. Karl der Große dringt siegreich herab nnd kehrt triumvhircnd zurück. Da taueru sogar 318 ' Der Donaustilldel bci Greln. noch die Geister der Nömer in zahllosen Scharen, und die italienischen Weiber kommen weinend und den Germanen flnchcnd herbei, um den Tausenden ihrer hier gefallenen Geliebten einen Kranz zu winden. — Dann wieder ziehen deutsche Vcbauer, Franken, Baicrn und Schwaben, siegend den Fluss herunter. Aber der Ungarn wilde Schwadronen stürzen über das Alles herein, und, durch die Douauschluchten dringend, bringen sie Trauer und Wüste wie eine mächtige Flut über die entferntesten Völker. Doch zwischen alledem welch' neuer Wechsel, welche mächtigen Klänge, welche frommen Gesänge! Hunderttausend nnd aberhunderttauscnd Männer, Ritter aus Norden und Westen wallen den Strom in wenigen Jahrhunderten hinab in ferne Zonen, um des Erlösers Grab mit Thränen nnd Blut zu netzen. Bei Ardaggcr wendet die Donau sich plötzlich nordwärts. Das Flussbett wird enge, zu beiden Ufern treten hohe Waldbcrgc an den Stromlauf heran; wir nähern uns dem altbcrühmtcn Strudel, der merkwürdigsten Partie des Stromes anf der Strecke zwischen Vinz nnd Wien. Bevor jedoch die Donau in den düstern, von schwarzen Waldungen beschatteten Schlund eingeht, werden noch kurz vorher Schönes und Liebliches Zu einem höchst romantischen ^andschaftsgemäldc Zusammengedrängt. Freundlich grüßend spiegelt der Strom die Bilder des hübschen Städchcns Grein uud des ansehnlichen Schlosses Grcinburg zurück, bis er endlich, melancholisch von den Fichtcnwaloungcn gefärbt, in die eigentliche Enge eintritt. Der bis jetzt noch breite nnd majestätische Strom, plötzlich aus seinem südnördlich gewendeten Vaufc nach Osten umgeworfen nnd bald nachher auf den zehnten Theil seiner früheren Breite zusammengedrängt, beginnt mm zwischen nnd auf kolossalen Granitllippcn sich zu drehen und zn schwingen nnd wallend zu bewegen. Das ist der Grein er Schwall. Eine halbe Stunde unter Grein folgt der Strudel. Zwischen schauerlichen Felsen liegt wie ein verfallener Brückenpfeiler mitten im Thorwege des Strudels die Insel Wort, auf deren Nordfcite ein Felsblock die Trümmer der Burg Werfenslein trägt. All derselben Ncr Tomnistl'udcl dc'i, Grein. ij19 Seite stürzt die Hauptwasscrlliasse des Stromes in starkem Falle brausend hinab; schon in weiter Entfernung hört man dieses Getöse als ein dumpfes Rauschen. Die beim Strudel zusammcngeprcsstcn Gewässer wurden vormals in ihrer Hauptmasse auf einen mitten im Strome gelegenen hohen Fclsblock, den „Hausstein", der die Trümmer eines nralten Turmes trug, angeworfen und bildeten zurückprallend in dem hier tief ausgehöhlten Granittessel des Donaubcttes den sogenannten Wirbel, der früher wegen dcr wirbelnden Vcwcgnng des Wassers wie der Strudel den Schiffern sehr gefährlich war, jetzt aber in Folge von Sprengungen nur eine starte Stromschncllc ist, über die das Fahrzeug rasch dahin schießt. In wenigen Minuten ist die Strecke durch Strudel und Wirbel gefahrlos Zurückgelegt, die einstens nur mit banger Besorgnis passirt wurde. Kein großer Fluss unseres Vaterlandes, ja Mitteleuropas hat wol eine ähnliche Scenerie aufzuweisen, wie sie die Donau am Strudel und Wirbel darbietet. Am nächsten tommt ihr wol der Einbruch des Rheins in das Thonschicfergcbirge des Tannus unterhalb Mainz, das viclgerühmtc Bingcrloch, das allerdings in seiner Art sehr schön ist. Doch ist dort die Physiognomie dcr Umgegend eine viel sanftere. Dem Flusse bleibt weit mehr Naum als hier, wo die Donau ihre Augenbrauen so äußerst finster und drohend zusammenzieht. Auch sind die wcinlaubbckränztcn Thonschiefcrhöhen des Rheins viel niedriger und freundlicher, während die waldigen Granittuppcn dcr Donau die ganze Scene überragen und beschatten uud sie um so düsterer machen, wenn die Sonne etwas niedrig steht und nur einzelne Vichtcr wie in einen Keller von oben hereinfallen. Nur die Douau überbietet dies alles noch einmal in jenen kolossalen Felsenriffen des „Eisernen Thores", die sie an der uugarisch - serbischen Grenze durchbricht. Da ist das Gauze der Scenerie noch großartiger. Da dcr Strom dort selbst schon wieder mwergleichlich mächtiger ist, die Ufcrgcbirge viel höher und imposanter, die Schlucht weit länger und die Ncihe der Wirbel und Ttromschncllcn und die gmi^e Ausregung der Gewässer dauernder, so erhält mm, dort noch tiefere und erschütterndere Eindrücke. Strndcl nnd Nirl'cl waren, wie bereits erwähnt, der Schiffahrt vonuals sehr gefährlich. Um den letzteren leichter passirbar zu unichcli, sprcligtc man bereits im 16. Jahrhunderte dnrch dm Granitstock des Haussteins rechter Hand einen (ianal, den sogenannten Vuegcanal, der aber nur bei höherem Wasscrstand oon den aufwärts fahrenden Schiffen dcnuyt werden tonnte. Während die Kreisbewegung des Wassers im Wirbel bei Hochwasscr besonders gefahrdrohend war, wnrde der Strndcl bei mittlerem und niederem Wasserstand den Schiffen verderblich, weshalb man mit Nccht diese beiden Stromstellen die Scylla und Charybdis der Donau genannt hat; denn eine Gefahr war für den Schiffer immer zn bestehen. So blieb's bis vor hundert Jahren. Trotz aller strompolizeilichen Anordnungen ereigneten sich stets Unglücksfällc nnd alljährlich forderte dcr Strndcl seine Opfer. Erst in dem an Unfällen besonders reichen Jahre 1777 cntschloss sich die grosic Kaiserin Maria Theresia, Abhilfe zu treffen. Eine eigene Commission wurde eingesetzt, die sich dahin einigte, dass die gefährlichsten Felsen, cinc der fünf „Ttcintugetn", die „Martlugel", cinc dcr „Dreispitzen", die „Maißen-" und die „Wolfslugcl", ferner eine Fclscnrcihc des „Rosst'opfcs" am Wörtufcr, aus dein Wege gcränmt und dcr Scitcnausfall des Wassers abgewendet oder vermindert werden sollte. Noch in demselben Jahre begann man mit den Sprengungen, welche l>w >7'.>2 fortgesetzt wnrden, ohne dass man die als notwendig erkannte Aufgabe, einen Fahrcanal von :;() Meter breite nnd 1'9 Meter Tiefe nntcr Nullwassrr herzustellen, erreicht hätte. Die Kriegsunruhen dcr napolconischen Zeit unterbrachen dieses Friedenswcrt und erst im Jahre 1«24 wurden die Arbeiten am Strudel wieder aufgenommen, welche nun bis 1>>1'.» danertcn. Endlich wandte man sich der Correction dcs Strudels und Wirbels neuerdings im Jahre 1854 zn und brachte nach großartigen Sprengungen, welche nbcr 28.000 Kllbilmctcr Fclscnmassen aus dem Strombette schafftet», dieselbe im Jahre 1662 vorläufig zum Abschlüsse. Aber die Aussprcngung des neuen Canals ist erst auf etwa drei Fünftel der ganzen Spreng-arbeit gediehen; die Fclssohlc desselben, welche ursprünglich auf 1-9 Meter Tiefe geplant war, liegt heute höchstens 15 Meter unter Null. So sind allerdings die früheren Schwierigkeiten und Gefahren für die Thalfahrt bereits merklich vermindert, aber noch nicht gänzlich beseitigt. Gegenwärtig stehen der Schiffahrt im Strudel drei Wasserstraßen zu Gebote: der „Hössgaug", das „Waldwasser" und der „Strudcleaual". Während der Hössgang nur bei hohem Wasscrstandc befahren werden kann, tritt das Waldwasser bei niedrigerer Wasscrhöhe in Benützung; beim niedrigsten Stande ist nur der Strudelcanal passirbar. Da zwar die Thalfahrt immer austandslos von statten geht, die Bergfahrt jedoch selbst heute uoch häufig mit Schwierigkeiten zu kämpfen hat, sah sich die Donau - Dampffchiffahrts-Gesellschaft veranlasst, einen Strudellotfen zu bestallen, dem eilf Gehilfen, sogenannte „Kranzlcr", beigegebeu sind. Ferner stehen in dem uuterhalb des Strudels gclcqcucu Orte St. Nikola stets Pferde und Achsen in genügender Zahl bereit, um, wenn es nötig ist, die Schiffe über das Hindernis an Taueu hinaufzuziehen. Der ^otse bestimmt auf seine Gefahr und Verantwortung die einzuschlagende Noute entweder durch den Strudclcanal oder das Waldwasser und begleitet jeden solchen Schlepftzug mit den eilf Krauzlcrn zur Ucbcrwachung der Fahrt, um bei allfälligcr Gefahr durch Hilfstauc ciuc Katastrophe zu vermeiden. Eine solche Schlcppfahrt erfordert nicht selten über 20 Pferde. Im Jahre 1871 benötigte die Dampfschiffahrts-Gesellschaft zu diesen Schlcppfahrtcn nicht weniger als 4718 Pferde, 1996 Ochsen und 5150 Manu, was einen Kostcnaufwaud von 20.154 fl. verursachte. Ungleich günstiger für die Schiffahrt sind heute die Verhältnisse am Wirbel. Als im Jahre 1854 die bedeutsame Regulirung des Strudels in Angriff yenommcu wurde, sollte auch dem Wirbel seine 322 Dcr DonauStrudel bei (^rciii, Gefährlichkeit benommen werden. So beseitigte mau durch Sprengungen dic Fclseninscl des Hausstein gänzlich und füllte mit dem gewonnenen Matcrialc die gefährliche Einbuchtung mn linken Ufer, den sogcnanntell „Fricdhof", aus, so dass nicht allein jede Gefahr nnd Schwierigkeit jür die Schiffahrt, sondern auch jede Spur der Wirbelbewegung nunmehr vollends verschwunden ist. Wie groß die Unannehmlichkeiten und Gefahren für die Schiffe fahrt ehemals hier gewesen, entnehmen wir aus alten Schilderungen dieser Stromstclle. Die Schriftsteller des 17. Jahrhunderts nennen den Strudel „einen infamen Ort, an welchem viele Schiffe an den Föllsen gcschcittcrt nnd Alles, was darauf war, zu Grunde gegangen". „Daselbst," so sagt einer dieser Schriftsteller, „gibt es viele Klippen im Wasser, über welche solches mit großer Gewalt uud schröcklichem Geräusche, so mau weit höret, dahinstruddclt und hohe Wellen wirft. Die Schiffe werden wie ein Ball hin nnd her, jcht zur Seiten, bald herfür, bald znrückgeschmisscn und die Schiffer sammt den Passagieren und Waaren wäsch-naß angespritzet. Indem das Wasser in seinem ttauf gehemmt wird uud nun stets im Wirbel herumgeht, so ist die Gefahr desto großer, wenn man noch dazu nnerfahrcnc nnd betrunkene Schiffslcutc hat. — Ereignet fich dergleichen, so fängt nach kurzem Herumdrehen das Schiff zu sinken au." „Dahcro," heißt es weiter, „haben dcun auch die Schiffer die Gewohnheit, daß fic es keinem Passagiere, ?b er schon fraget, sagen, wann mau ,^u diesem gefährlichen Orte tommcn werde? Denn hierdurch verhindern sie alle Furcht, Geschrei und Tumult, welches öfters durch große Bewegung des Schiffes Zum Unglück Vieles beigetragen. Nichts besser ist auch in .der That, als daß außer den Schiffern alle andern Passagiere diesen Ort schlafend durchpassircn." Wirtlich, es ist unglaublich, wie die Aufichteu über die Dinge fich zu verschiedenen Zeiten ändern. Was unsere alten Vorväter einen „infamen" Ort nannten, erscheint uns herrlich lind wunderbar, und wo wir bei dem flüchtigen Vorübcreilcn der reizenden Bilder uus hundert Augen wünschen möchten, da geben sie uns den Nat — schlafen zu gehen. Dürrenstein. ZO. Dürrcnstein an der Donau. ! ^M^Interhalb Melk, dcsscn berühmte Abtei so prachtvoll auf ihrem WlDM erhabenen Fclscnsitzc thront, strömt die Donau uiehrere ^^^K-I Älcilen wcit durch ein einsaiucs cugcs Thal, Welches schon zu Karl's dcs Großen Zeiten dic Wach au geheißen haben soll und reich an Sageu wie an Naturschönheitcn ist. Hochaufgetürmtc Granit- ulld Gncisuiasscn umsäumen mit ihren dicht bewaldeten Abhängen den rauschenden Strom, welcher ungethcilt und inscl^os ohne viclc Krümmungen durch den Niss dahineilt. Ohne Zweifel spielte dieser Strompass ehedem eine sehr bedeutungsvolle Rolle in den Kämpfen der Deutschen mit den Oswültern, und bald besetzten ihn die ersteren, bald die letzteren als einen ihnen wichtigen Haltpunlt am Strome. Bei Aggsbach und Aggstcin tann man den oberen Eingang dcs Passes annehmen, der bei Dürrmstcin und Krems sein Ende nimmt, und die Burgen Aggstein und Dürrenstein gewissermaßen als seine Thor- und Grenzwächter betrachten. Der Fahrt auf dem Dampfboote stromabwärts durch die Thalenge der Wachan, welche alle Zauber der Poesie umspielen, ist ohne Zweifel die Kahnfahrt vorzuziehen; wie wir ja auch gerne in besonders reizvollen Gegenden lieber den Dampfwagen verlassen und in leichtem .Karren oder besser noch zu Fuße wandernd die Natur in ihrer ganzen 21* 3'2 4 Türrcnstt'ln an dcr Tonau. Schönheit genießen. Der Dichter Platen schildert einmal in ein paar hübschen Versen eine Ncisc, wie er sie Zu machen wüufchtc. In einem Boote, sagt er, möchte er ans einem endlos langen Strome, leise geschunkelt, immer abwärts und abwärts fahren, die schönen Ufer stets ans der Ferne betrachten und mir dann und wann einmal ans Land-steigen, mn eine Blume zu pflücken, die ihm gefiele. So besteigen denn anch wir in Melt einen Nachen nnd treten die Thalfahrt dnrch die Wachau nach Dürrcnstein an. Da der Strom hier äußerst schnell fließt, wie er dies oberhalb Ungarns nur ausnahmsweise nicht thut, so gleitet fast ohne alle Mühe der Ruderer das Boot flüchtig dahin. Unterhalb Melk bleibt die Donau eine Strecke lang noch gespalten und umschließt niit ihren silberglänzenden Armen zahlreiche kleine Inseln. Bald wucht linker Hand aus der buntfarbigen An das alte Emmcrsdorf auf, mit den Ruinen eines von den Grcincrn zerstörten Naubnestes. Dann erhebet« sich znr Rechten auf hübschen Fclsenvorsftrnngcn das Schloss und das Kloster Schönbühel. Schon bei Emmersdorf fchwiugt der Strom nach Nordost um, unterhalb Schöubühcl wendet er sich fast nordwärts und eröffnet nun dem staunenden Auge einen Strompass, der zu seinen erhabensten Partien zählt: die Wachau. Nasch fliegt unser Boot über den glitzernden Spiegel des einsamen Stromes; nur sein Rauschen all den nahen Felsen unterbricht melodisch die feierliche Stille. Die ganze Seeneric atmet tiefe Poesie. Darum hat auch die Sage die poetischste Gestalt des Donausagcu-kreises hichcr versetzt. In dieser Gegend haust das Donanwcibchcn, welches nach echter Nixcnart sich nach dein Umgaugc mit den warmblütigen bindern unserer Welt sehnt und sich iu den Neigen der Fischer drängt, oder inmitten der frohen Gespielinnen von neugierigeil Spähern belauscht wird, wenn sie wie Vellenschaum und Blumcnduft in Vuna's Elfculicht dahin schweben. In das Bett des beengten Stromes schieben sich eoulissenartig die Uferbcrge, cs scheinbar sperrend, und vorne auf stattlichem Fels- Dürreustt'in an dcr 2)o»all> 325 gipfel erhobt sich weithin dräuend die einst gefürchtcte Burg Aggstein. Am Fuße dieses Felsens dehnt sich dcr ^rt Klcin-Aggsbach ans, gegenüber anf dem linken Ufer Groß-Aggsbach. Dcr Felsen, anf dem Aggstcin liegt, ist zweiköpfig, und beide Küpfc, sowie dcr zwischen ihnen liegende Einschnitt, sind von den Ruinen nnd dein mächtigen Gemäuer des Schlosses bedeckt. Die Hanpt-gcbände thronen anf dem dcr Donau zugekehrten Gipfel. Zahllose kleine Fußsteige, Felsen- und Trümmcrpfade und Thorwege führen zu den verschiedenen Abtheilungen dieses merkwürdigen Adlcrneftes. Zu den höheren Partien mus; man auf langen Leitern hinaufsteigen, die Mm Theil über Klüfte und Abgründe weg liegen und die ein neuer Besitzer zum Frommen dcr Besucher errichten ließ. Im 12. und 13. Jahrhunderte war Aggstein sowie Dürrenstein dem gewaltigen Geschlechte dcr Knenringer zu eigen. Von diesen sind namentlich die Brüder Heinrich und Hadmar bckanrit geworden, die treucstcn Stützen Leopold's des Glorreichen, die wildesten Feinde seines Sohnes Friedrich dcs Streitbaren, des letzten Vabcnbergerö. Durch Macht uud Reichtum zu Willtür und Uebcrmut verleitet, empörten sie sich gcgen dm jungen Herzog, verbanden sich mit auswärtigen Feinden und wurden plündernd, raubend und mordend der Schrecken dcr ganzen Gcgcnd. Als es endlich Friedrich II. nach Jahresfrist gelungen, ihren Trotz zu bändigen, übte dcr Herzog Gnade und ließ die „Hunde von Kucnring", wie fich die Brüder selbst nannten, im Besitze ihrer Güter und Würdcn, iudcm cr sie mit dcn Worten entließ: „Ihr wart böse wie Hunde sind, seid nun auch treu wie diese!" Das Geschlecht dcr Kucnringcr starb erst im 16. Jahrhundert aus; doch. waren damals ihre Burgen Aggstcin und Dürrenstein längst anderen zu Theil gewordcu. Der Schauplatz der entsetzlichsten Gräuelthatcn war die Feste Aggstcin im i:;. Jahrhundert, da sie als Vasall dcr Kuenringer der Ritter Schreckcnwald inne hatte. Ihm war cs nicht genug, die Armen Zu plüudcrn, die ihr Weg zu Vand oder anf dcr Donau in Aggstcins 326 Tül'l'l'üsttin nil dcr To,ian. Nähe gebracht. Im höchsten Theile der Burg gelangt man durch ein Loch in dcr Mauer auf einen schmalen Fclscnabsatz, kaum einem Einzelnen zur engen Schlafstättc genügend, von der Gestalt eines^ Söllers, über den nnendlichcn Abgrund heraushängend. Ans diesen Fleck in schwindelnder Höhe, mit der beherschendcti Alissicht auf die lieblichste Gegend, stieß dcr Schreckenwald seine Gefangenen hinaus zur entsetzlichen Wahl, den langsamen Hungertod ans dem starren, kalten Felsen, welchen er zum Höhne sein „Noscngärtlein" nannte, zu erwarten, oder ihm zuvorzukommen durch einen freiwilligen Sprung in die unabsehbare Tiefe. Setzen wir uuscrc Donaufahrt weiter fort, so gelangen wir bald an Willendorf vorbei, an Fuße des Iaucrlings, dessen Spitze jedoch vom Strome ans nicht sichtbar ist, später an St. Johann und Schwallenbach. Alle diese Orte besitzen schöne gothische Kirchen, aus den Zeiten dcr Babcnbcrgcr stammend, nnd geben Zeugnis für dcn lebhaften Verkehr auf unserer Donau im Mittelaltcr, welcher sich erst in diesem Jahrhunderte zur alten Bedeutung hob. Jetzt zeigt sich am linken Ufer ein maucrähnlich aufsteigender Felsen, die Tcufelsmaucr, welche einst der leibhaftige Gottseibeiuns aufgebaut haben soll, um die Donau abzudämmen; Hahncnruf nnd Morgenröte hindrrtcu ihn an der Vollendung seines Werkes. Die Tcufclsmauer zwingt die Donau zu einer Biegung nach Nordost, worauf dcr freundliche Markt Spitz sichtbar wird, um den berühmten Tausend ^ Eimcrberg herum gebaut, von dem die malerische Ruine Hinterhaus trutzig ins Vaud blickt. Von dcr Lage dieses Weinbergs sagt das Volt: in Spitz wachse der Wein auf dem Marktplatze; doch ist er von jener Sorte, zu dem drei gehören, ihn zu trinken; auch hüte mall sich wol, einen Tropfen auf den Stiefel fallen zu lasfen. Am rechten Ufer folgt mm Schlofs Arnsdorf mit den Dttrfcrn Ober-, Mittel- und Untcr-Arnsdorf und lints St. Michael mit seiner schöllen gothischen, noch durch Wall, Graben nnd Türme verteidigten Kirche, mit den berühmten sechs thönernen Hasen auf dem Dachfirste, von denen die Sage geht, einst habe dcr Schnee Türrenstciil an der ?o»>iu. 327 so tief gelegen, dass die Hascu über die Kirche weggelaufen wärm. Die Katakombe der Kirche ist gefüllt mit dm Gemmen der im Jahre 1805 hier gefallenen Franzosen. Auf St. Michael folgt Wcscndorf und diesem der pittoresk gelegene Markt Wcißcntirchen, welcher 1645 von dcn Schweden und 1805 von dcn Franzosen viel zu leiden hatte. Nnn wendet sich der breiter werdende Strom in starker Krümmung nach Osten und Süden, reichen Wechsel der Scenerie bietend, da auch wieder Inseln im Bette liegen; und nun zeigt sich endlich am linken Ufer der Vurgfcls von Dürrcnstcin, welcher in stolzer Würde zu dcn Wolken emporragt. Das Bild ist einzig nnd bezaubernd! Znr Linken ein waldcsdüstcrer Graben, überhöht von einem steil aufsteigenden Waldbcrg. Aus dem tiefen unbestimmten Dnnkel dieser Naldscklucht erhebt sich schroff uud tüh» der Dürrcnstein, wie ans, lausenden von Obelisken zusammengctitttt, gipfelnd in die nicht mehr großartigen, aber malerischen Ruinen der alten Feste, welche znr Rechten und zur Vintcn je eine mit Türmen besetzte Zinnenmauer zur Stadt herabsendet, als wollte sie diese umarmen. Die Stadt selbst — die kleinste in Oesterreich — ist wol bewehrt mit Mauern uud Türmen, und sind das neue Schloss wie die beiden Kirchen stattliche Gebäude und wahre Zierden der Stadt. An Dürronstcin kann der Freund alter Befestigungskunst sich wonniglich fatt sehen; überall noch die bizarren Formen, denen durch die vielfach gebrochenen Vinien ein eigentümlicher Neiz verliehen wird. Wer könnte Dürrenstcin verlassen, ohne des Richard Mvenherz Gefängnis besncht zu haben? Darum steigen wir hiuan zur Höhe, welche die Trümmer der alte» Felsenfeste trägt, wo man bald einen Beweis von bedauernswertem Vandalismus gewahr wird. Vom Strome aus glaubt man zwei große gothische Spitzbogenfcnstcr zu sehen; hier oben aber erkennt man, dass dies zwei gewaltige Ocffnungen seien, mehrere Meter hoch nnd etwa vier Meter breit, welche wahrscheinlich um der Aussicht willen in die Mauer geschlagen wurden. Von der Ein-theilnng des Baues ist nichts mehr kenntlich. Einige Gewölberippen I28 Dürren stem a» d«>r I"oi>^>i. lassen eine Capcllc vermuten, und cm regelmäßig viereckig in den Felsen gehauener unschuldiger Keller muf; — als das einzig übrige gedeckte Gemach ^- natürlich der Kerker des Richard Vowcnhcrz sein. Hat mau die höchste Spitze, welche taum einige Quadratmeter Flächcnraum umfasst, erklommen, sieht mau erst die Kühnheit des Baues ans dieser fast überall unzugänglich abstürzenden Viftpe. Ueber die Zeit der Erbauung Dürrcnsteins oder Tyrnstcins sowie seine Begründer wissen wir nichts. Die Feste erscheint im 12. Jahrhundert im Beside Hadmar's von Kuenring, dem auch die Wachau sammt Aggsteiu zu eigen war und der das Schloss Wcitra erbaute. Seine Besitzungen reichten uon der Donau bis gegcu Bohmeu »nid in das Mar6)fcld hiuab. Uuter dm Kucnringern theilte die Blirg Dürren-steili alle Geschicke mit Aggsleiu, gcwauu abcr lwr dicsein ill der Geschichte eine höhere Bedeutung dadurch, dass sie zum Gefängnisse für den ^önig Richard Vöwenhcrz von England auserscheu wurde, welck)cu der österreichische Herzog Leopold der Tugendhafte am 20. December 1192 zu Erdbcrg bei Wieu hatte feslnehmcu lasseu und Hadmar zur Verwahrung auf Dürrcnstein übergab. Hier wurde Kiinig Richard durch 15 Monate in ehrenhafter Haft gehalten, bis Herzog Vcopold ihn an Kaiser Heinrich auslieferte. Bekannt ist die rührende Sage uon dem Sänger Blonde!, welcher auszog, seinen Gebieter zu suchcu und ihn schließlich auf Dürrcnstciu fand. Hadmar endigte sein Vcbcn im Jahre 1217 alls einer Kreuzfahrt nach Palästina und Acgyfttcn, wohin er Herzog Veopold den Glorreichen begleitete. Der beiden Söhne dieses Kucnringers, Heinrichs mld Hadmars, der „Hunde vou >luenring", geschah bereits Erwähnung. Nach der Gefangennahme Hadmars wurde das ihm gehörige Diirreustcin gleichzeitig mit Aggstcin von dem streitbaren Friedrich belagert uud genommen, aber nicht Zerstört, wie mclc Chronisten behaupten. Nur der stärkste Turm ward durch Friedrich's Wurfmaschinc zertrümmert. Noch mehr als ein Jahrhundert blieb Dürrcnstcm im Vcsitze der Kucnringe, worauf es dann oftmals die Besitzer wechselte. Im Türrcnftein an drr Donau. 329 März I!'l5> nahmen die Schweden die Burg und schleiften sic bci ihrem Abzüge. Ans dieser Zerstörung erhob sie sich nicht wieder. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts befand sicl, die Feste in nicht viel besserem Zustande als heute. Im Jahre 1683 empficng zu Dürren stein, doch schon im neuen Schlosse, Miser Leopold I. die frohe Mch-richt von Wiens glücklichem (5'ntsatzc von 5tara Mustapha's Belagerung und brach von dort aus auf zu seinen: feierlichen Einzüge in Wien. Im österreichischen Erbfolgclrieg 1741 wußten sich die Dürren-steincr durch eine ebenso gelungene, wie lomischc Vist einer Invasion zu entziehen. Sie steckten geschwärzte Ärunnenröhren in die Schießscharten und trommelten hinter den Mauern drauf los, als gelte es Jericho zu erobern. Die Belagerer hielten den Platz für stark armirt und verteidigt uud zogen ab. Etliche Jahrzehnte später wurde aber hier blutig getämpft; am i:i. '.^wemdcr 1805 wurden iu der Mho die Franzosen unter General Mortier uon dem österreichischen Feldmarschalb Vicutcnaut Schmied! und den Russen unter >tutusow über die Donau geworfen, wobei Schmicdt den Heldentod fand. Vauge noch bleiben die stolzen Trümmer Dürrensteins dem stromabwärts Steuernden sichtbar; und unser Auge sucht an ihnen zu haften so lange, bis sie in dämmeriger Ferne verschwinden. „Fahr wol, du Burg um Fl'lseichang, Wo NcM- baut dcv i'lav, Wo Richard saß uud Bloubcl saug Und >tul'!niug völlig war!" 31. Vie Nostnlnlrg im kmnptMr. ITUNW^Mor einöln halben Jahrhundert war's, dass der vielqcrühmte l^H^^, Schriftsteller Freiherr von Hormayr die Klage erhob, das !^^M^ sogenannte „Waldvicrtcl" Nicdcröstcrrcichs sei „leider noch ^D^Ä> so wenig bekannt". Äc'it dem Bekanntsein steht es hellte nicht viel anders, obwol seither die Touristik erst in Schwung ssekommen, und wicwol seit Jahren eine wichtige Bahnlinie das Wald viertel durchquert — aber auch mit dem „leider" hat es seine Nichtigkeit; denn an Schönheit nnd Eigentümlichkeit fehlt es dem Lande jenseits des Manhardsbergcs keineswegs. Das Hauptgewässcr des Waldvicrtels — von der im Süden begrenzenden Donau abgesehen — ist der dem nadelholzrcichcn Weins-bergcr Walde entströmende Kamp. Von seiner Qnellc bis Zwcttl in einem Halbkreise sich nach Nordost windend, schlägt er nun die Ost-richtnng ein, welcher er in viclgcwundcnem Vaufc solange folgt, bis ihn plötzlich der vortretende Manhardsberg zn südlichem Wege zwingt. Zuletzt die Ebene des „Wagram" betretend, erreicht er in zwei Armen die Donau. In schmalem Bette, zumeist von steilen Thalwändcn eingeengt, wälzt er sein reines, doch bräunlich gefärbtes Nasser durch eine fast ununterbrochene Ncihe unwegsamer waldesdnnkler Schluchten dahin. Von Seitenthälern kann nicht die Ncdc scin; die Znbächc nehmen ihren Weg durch tiefeingefurchte Gräben, welche mählich oder rascher gegen die Hochfläche aufsteigen. Erst wcmi wir dicie betreten, gewinnen wir Einsicht in dcn Charakter des Kampgcbietes und damit auch in dcn dcs Waldviertels überhaupt. Wir befinden uns auf einem hochgelegenen Plateau, welches aber nur theilwcisc ebenen Boden, vielfach Hügel und kleinere Erhebungen, Mulden, tiefciugcschnittenc Thäler und Schluchten aufweist. Im oberen Kampgcbiete, dem Granit-Nemcr, ragt zwischen vereinzelten flachen Stellen eine grosse Anzahl kleiner, unansehnlicher Kuppen empor, und ein stetiger Wechsel kleiner Waldbcständc — im Volksmunde „Schacher" genannt - - Felder und Wiesen sowie vereinzelter Gehöfte gibt der Landschaft einen partähnlichcn Charakter. Im mittleren Kamp-gebiete, wo der Granit drin Gneis Platz macht, beginnt der Wellenschlag des Terrains ruhiger zu werden; die zerstreuten Kuppen wachsen zu weniger auffälligen Platten und Flachrücken zusammen; die Bäche rauschen uicht mehr in uuwegsanien Schluchten, dagegen haben sich die. größeren Gcwäfscr desto tiefer cingcschnittcn. Die Waldungen werden ausgedehnter, die meuschlichrn Wohnungen treten mehr zu geschlossenen Ortschaften zusammen. Die größeren Waldbestäudc bildet zumeist die Fu'ltto, deren Stamm und Gezweige häufig reichlicher Mooswuchs bedeckt. Große Strecken des Waldbodcns überzieht das Grün der Heidelbeere, wogegeu in tieferen Gründen feuchte uud sumpfige Stellen sich ausbreiten. Sowol iu deu Vinsentuiigeu, als auch auf dcn Hügeln nud selbst auf sonst ziemlich ebenem Terrain treten dunkclgrauc Felsparticn zu Tage, häufig in plattcnförmiger Gestalt sich nur wenig über dcn Boden erhebend. Oft sind dieselben, besonders auf der Höhe von Hügeln, mit Buschwerk und Birken bewachsen, während die ebenen Flächen gewöhnlich die rötlich blühende Besenheide überzieht. Ms dcn Feldern fehcn wir häufig den Flachs angebaut, der mit seinem zarten, hellgrünen Kraut und der bläulichen Blüte der Gegend ein eigentümliches Gepräge gibt. Die Straßen des Bandes führen meist in ziemlich gerader Richtung über die Höhen uud gner dnrch die Einscnkungcn hin, indem es nicht leicht möglich gewcfen wäre, dieselben die schmalen uud gewundenen 332 . Lie Noseiiburg im KamfttlwU'. Thäler der größeren Bäche und Flüsse entlang anzulegen. Auch die Franz-Josef-Bahn verfolgt ihre Route in gleicher Wcisc quer über die Hochfläche. Der Eindruck der Vandschaft ist im Ganzen ein ernster. Die Aussicht von einem höher gelegenen Puntte über das weite Hügelland mahnt theilwcisc an Bilder, wic sie das Flachland darbietet, dagegen wird man in engen, fichtcnbewachscncn Thälern mit rauschenden Bächlcin, die ihren Neg Zwischen und überweisen nehmen, an den Vordergrund von Gebirgslandschaften größere!»- Maßstabes erinnert. Unter den vielen tleincn nnd größeren Thälern des Waldvicrtcls gebührt wol dem Kampthale der erste Preis, und zwar nicht blos; deshalb, weil es an Größe allen andern voranstcht, sondern weil es auch, namentlich in der einsamen, fichtmbcschattetcn Enge zwischen Zwettel und der Noscnlmrg eine Fülle der schönsten Bilder darbietet. Aus dieser langen Strecke sind das Stift Zwettcl, der Martt,^rumau, das Ocrtchcn Wegschcid und ein paar Mühlen die wenigen Spuren menschlicher Cnltnr an den Ufern des Kampflusses. Vollen wir aber eines aus den vielen romantischen Bildern dieser Thalstrecke herausgreifen, so wird »? die alte Rosen bürg sein müßen, die jenen wichtigen Wendepnntt des Flusslaufes behcrscht, wo sich die unwegsame schluchtartige 5tampcngc zum lieblichen nnd fruchtbaren Thalc von Gars erweitert. Gerade an der Stelle, wo die Nosen-bnrg hoch oben ans den Felsen thront und diese aus Ziemlicher Höhe fast senkrecht gegen den Fluss abstürzen, macht die ganze Vandschaft wegen ihrer eigentümlichen Staffage einen großartigen Eindruck; die Zinnen, Ertcr, Türme und Türmchen der Burg fchanm gar ernst in die braunen Gcwäfscr des ktamp, waldige Höhen, gewaltige Fclsmasscn, hie und da einzelne Gehöfte, aus dcre^n Essen bläulicher Nauch in die Höhe steigt, darüber der reine Himmel gespannt, aus dem die goldenen Strahlen der Sonne das ganze Bild zauberhaft beleuchten, in wessen Brust möchten sie nicht unbeschreibliche, unvergcssliche Gefühle geweckt haben! Ti? Nosc'nbulg im Kampthalr. 333 Die Nosenburg isl. cine dcr interessantesten Burgen dcs Landes^ in historischer wie in archäologischer Hinsicht, und eine dcr bcstcrhaltcnen, wenn sie auch heute nicht mchr icne Pracht und Hcrlichkcit auszeichnen, um dcrctwillcn sic einst selbst in entfernten Vanden besungen wurde; wic noch ein altes Volkslied von ihr meldet: „Es liesst cm Schloss in Oesterreich, Tas ist ganz wol sselxnict, Pon Silber und von rotem Gold Mit Marmorsteili gemauert." Zu welcher Zeit die anfangs kleine und unansehnliche Roscnburg begründet wurde, ist ebenso unbekannt, als ob dcr Erbauer sie uon umher wachsenden wilden Noscn so nannte, oder ob er seinen Familiennamen auf sie übertrug. Gleiche Ungewisshcit hcrscht über die Abstammung dieses Geschlechts der Rosenburgcr, welches zuerst kurz vor oder in den Tagen des Herzogs Heinrich Jasomirgott in Oesterreich erscheint und schon zu Ende des 13. Jahrhunderts wieder aus der Geschichte verschwindet. Mch einer bis zum Jahre 1460 reichenden Lücke in den Annalen dcr Noscnburg und nach mehrfachem raschem Wechsel dcr Besitzer bis i486 erkaufte die Vurg in diesem Jahre die Familie Grabncr, welche sich dcr lutherischen ^chrc zuwandte. Unter Leopold Grabner bekam die Nosenburq ciuc eigene Berühmtheit in dcr österreichischen Ncformatimlsgeschichtc. Denn Leopold, durch Freund schaft innigst mit dem berühmten Enenkcl von Albrcchtsbcrg verbunden, wurde mit diesem dcr eifrigste Verbreiter der Lehre Luther's uud bestellte 1562 den Christoph Reuter als Prediger nach Roscnburg, dcr von hicr aus, im Verein mit dein gelehrten Chyträus, dem schwankenden Zustand dcr lutherischen Kirchclwerfassung Festigkeit zu geben suchte. Leopold's Sohn, Sebastian Grabner, lebte seit dem Jahre 1583 fast beständig in der Roscnburg, die durch ihn eine beinahe ganz neue Gestalt bekam. Von dcr alten Burg blieben nur die Hauptmauern jenes Theiles, der sich im Kamp spiegelt. Der reiche Grabner erweiterte die Kammern und baute einen Saal, dessen Deckc mit Gemälden, 33^ Dir Roscüburg iin Ka»>vtl>all', Darstellungen ans Ovid's Atctamorphoscn, geziert wurde. Auf seinen Wint entstand ein großer Garten, der Vieblingsaufcnthalt seiner Gattin, stets verschönert durch ihre sorgsame Pflege. Nach dem Tode seiner edlen Gattin ward die Rosenburg, wo sie so gerne geweilt hatte, für den tiefgebeugten Burgherrn cinc zu schmerzliche Erinnerung an die nncrsctzlich Verlorne, und er veräußerte sie 1604 an einen Frciherrn Jörger; aber noch in demselben Jahre gicng sie an den Frcihcrrn Scyfricd von itollonitsch über, dessen Geschlecht ans Kroatien stammte. Von dieser Familie kauften schon 1610 die evangelischen Stände und Ritterschaft Niederöstcrrcichs die Nosen-bnrg. Das nahe Horn, wo fic Schriften und Waffen gegen ihren Vandcshcrrn fchmicdeten, machte es ihnen angenehm, und Horns Herr, ein Pnchaim, führte die Aufsicht über die Nosenburg und veranstaltete daselbst Rittcrspiclc nnd Frcudengclage. Doch währte dies Treiben nicht lange; schon im Jahre 1611 wechselte die Burg ihren Besitzer und drei Jahre später wieder, da sic der Hoftammerrat Freiherr Vincenz Muschingcr zu Gumpcndorf täuflich an fich brachte. Mit Musänngcr beginnt für die Noscnburg cinc neue Periode der Vergrößerung und der Verschönerung. Er gab der Burg einen dritten Hof. bantc neben dem Vustgartcn im länglichtcn Viereck bedeckte Gänge nnd Gallerten und gestaltete so einen großen Hof, den man den Turnierplatz nannte, vermutlich von seiner ehemaligen Bestimmung noch vor dem Bestände der gemauerten Einfassung. Glücklich vergrößerte Muschingcr die Noscnbnrger Hcrschaft durch die Erwerbung der Her-schaftcn St. Marcin, Horn, Gars nnd den Sitz Naan, die aber ins gesammt sehr verschuldet gewesen sein müßen, da sie alle seinen Erben an die Gläubiger verloren giengen. ')inn gelangte die reiche Hcrschaft von Hand zu Hand, bis fie im Jahre 1658 Graf Joachim von Wind-Hag ankaufte. Joachim Ensmüllcr, durch glückliche Talente und rastlosen Fleiß gleich ausgezeichnet, wurde Doctor der Rechte. Frühzeitig widmete er fich dem Dienste des Staates. Seine Vanfbahn vom Vandfchafts- Die RosenblNg in, Äcimpthal?, 3'^5 Sccretär bis zum Negicrungs-Präsidenten ist eine fortlaufende Kette seltener Verdienste, durch unaufhaltbaren Eifer in den Geschäften seines Berufes, durch unerschütterliche Treue gegen seinen Monarchen erworben. Er stieg von Stufe zu Stufe, wurde Freiherr, schließlich Graf mit dem Beinamen Windhag, seiner in Oesterreich erkauften Hcrschaft Windhag entuommcu. Seine Schlösser in Nicderöstcrrcich: Kchrbach, Ncichcnan, Groß-pcrtholds, ^angschlag, Neunzcn, Großpopven verdauten ihm Ver^ bcsscrungcn, und die Rosenlmrg hob er besonders empor. Die von Grabncr begonnenen, von Äluschiugor mit sehr bedeutendem Aufwandc fortgesetzten Verschönerungen wurden durch ihn vollendet. Seme Rosen-bürg berechtigte schon von scrne mit ihren dreizehn Türmen zu großen Erwartungen. Hatte man auf Schlangeupfadcn im Schatten bemooster Tannen den Berg erstiegen, so überraschte der auf allen Seiten mit doppelten Gallerten umgebene erste Hof. Vom Eintrittc rechts waren im oberen Theile der Gallerie die Kaiser des alten Noms, im uutcrn die Kaiserinnen gemalt. Ober dem Eintritlc prangten im hcrlichstcn Farbenschmuckc die Kaiser aus dein Hause Habsburg, über der Haupt-Pforte der damals regierende Leopold ^. Zur linken Hand riefen die Abbildungen bedeutsamer Männer, jeder mit seinem Namen bezeichnet, wichtige Momente der Geschichte in das Gedächtnis zurück. Da war Erzherzog Veopolo Wilhelm, Heerführer uud Statthalter der Niederlande, zu sehen; daneben Herzog Maximilian von Äaiern, der dem Kaiser Ferdinand II. die Schlacht auf dein weißen Berge bei Prag gewann; hierauf Graf Karl von Bncquoy, der gleichfalls im dreißigjährigen Kriege mit Erfolg gegen die Böhmen und Ungarn gctämpft hatte, uon den letzteren aber bei Neuhäusel gctödtct worden. Das folgcudc Gemälde führte den Grafen Hciurich von Dampicrrc vor, der gegen Osmancn uud Böhmen gestritten, das nächste den Italiener Ambrosius Spinola, den die Eroberung von Ostcude mit Nuhm und Reichtum überhäufte und den in Folge der Einnahme von Breda der Papst mit Seipio und Cäsar verglich. Anf den berühmten Albrecht von 336 Die Noll'nburg im Kllmpthall'. Wallcnstein folgte im Bilde Graf Heinrich Schlick, der Vielgereiste, Kricgspräsidcut unter dem zweiten und dritten Ferdinand. Diesem zur Seite erschien Johann Graf Tilly, der nie Wein verkostet, nie ein Weib gefreit, nie eine Schlacht verloren hatte, bis ihm bci Veipzig Gustav Adolf gegenüber stand. Nun erschien Pappenhcim, der bei Lühen gefallen, der trotzige Collalto, dessen Verdienste ihn über manches Unglück erhoben; Johann von Werth, der in kurzer Zeit sich aus dem Staube zu hohem militärischen Nange aufschwang; Mathias Graf von Gallas, kaiserlicher General im dreißigjährigen Kriege; der Hesse Peter Mclandcr, eigentlich Holzapfel; Johann von Oesterreich, der unter König Karl II. ganz Spanien beherschtc; der staatstlugc Herzog von Condc!; Octavio Piecolmnini; Graf von Hatzfcld, der die Schlacht bei Iantau verlor, abcr diese Schartc später durch die Eroberung Krakaus aus den Händen der Schweden wieder gut machte; der Kampfheld Johann Christoph von Puchaim; Johann Graf von Aldringen, im Cabinetc und im Felde brauchbar; der geheime Nnt und General-fcldwachtmcister Adrian Freiherr von Enkenfurt; der Sieger bei St. Gottharo, Graf Montecuculli; und der bewunderte Verteidiger Orünns, Vudwig dc Touches. — Die vierte Seite dcr Galleric, durch die der Eintritt in das eigentliche Schlofs gieug, trug in Nischen Statuen ausgezeichneter Männer der alten Noma, vom siegreichen Horaticr bis auf Marius und Pompejus Magnus. Eine Vrückc trug hier über einen Graben, steinerne Geländer bewahrten vor möglichem Sturz und auf Zwei Säulen hielten aufrechtsleheudc Vöwcn des Herschafts-besitzcrs Wappen. Eine Zugbrücke verwehrte das Eindringen in den zweiten Hof, den ein Wasserbehälter mit immer sprudelnden: Wasser belebte. Neuerdings hemmte eine Zugbrücke den Schritt und führte, herabgelassen, durch das dritte Hauptthor in den innersten Hoframn. In den umfangreichen Schl-ossgcbaudcn waren die Cavcllc mit doppelter Emporlirchc und einem freundlichen Gemälde, die Krönung Mariens darstellend, und zwei große rcichgczicrte Säle sehenswert. Dem äußeren und mittleren Hofe entlang erstreckte sich ein „Vust-, Küchen-, Di? Noscnbiirss in, jtnmftthcil^. 337 Kraut- nnd Obst Gärtl", IN dem die geradlinigen Wege sich alle rechtwinkelig kreuzten. Hier befanden sich ein mit Schildkröten nnd Fischen besetzter Teich, eine Fontaine nnd ein steinernes Badhans, über welches ein offener Saal mit einer ans Sänlcn nchendcn Kuppel gebaut war. Vom Garten aus genoss man eine schöne Aussicht in das durch eine Papier- und einige Mahlmühlcn belebte Kampthal. Diese durch ihn zu einem der prächtigsten Schlösser Niederösterreichs umgestaltete Noseuburg war ein Vicblingsaufcnthalt des Grafen Joachim von Windhag, dessen Stiftungen für Etudirende, dessen Bibliothek, welche er Zu Wien dem öffentlichen Gebrauche widmete und die später der Univcrsitäts-Bibliothek einverleibt wurde, ihn Oesterreichs Musen uuvcrgesslich machen. Nach sciuem Tode kam die Noseuburg 1672 an den Grafen Mollarth, dessen Tochter diese Herschaft ihrem Gemahle Grafen zu Sprinzcnstein zubrachte. Ihres Sohnes Ferdinand zu Sprinzcnstein TochtcrMariaNcgina ehelichte den Grafen Leopold Karl von Hoyos und brachte ihm die ererbte Rosenburg nebst anderen Hcrschaften zu, welche die gräfliche Familie Hoyos noch heute besitzt. Der Zahl, der Zeit hatte die Schönheiten der stolzen Nosenburg zernagt, die herlichcn Gemälde der Gallcric verschwanden spurlos, die Statuen verwitterten, die Hofmaucrn uud Türme verfielen und nur jener Theil des Schlosses, welcher zur Wohnuug der Beamten bestimmt war, wnrdc in guten: Zustande erhalten. Da entschloss sich der gegenwärtige Besitzer Ernst Graf Hoyos, die Nosenburg vollständig Zu rcstaurircn, und dies Werk ward auch zu Aufaug uuscrcs Jahrzehntes mit bedeutendem Kostcnaufwaudc würdig ausgeführt. So prangt denn heute das erneuerte Schloss wieder wie in der Zeit seines Glanzes auf der stolzen Höhe, eben sowol ein Zengnis kunstsinniger Vergangenheit wie des pictätsvollen liberalen Geschleiftes der Gegenwart. Um l!,!, fl- Wcmderunsss». 22 32. Die königliche Stadt Tnaim. der Besuch einer kleinen Landstadt dem an bedeutendere !^^^Ws Lebcnsforuicn gewohnten Großstädter schou einen ganz eigentümlichen Nciz in den beschränkten, oft kleinlichen ^^^^I Verhältnissen, in welchen sich hier alles öffentliche Leben bewegt, so nehmen viele Landstädte durch ihre zahlreichen historischen Reminiscenzen ein höheres Interesse für sich in Allspruch, indem hier gewöhnlich das Gepräge vergangener Zeiten bei weitem nicht so sehr verwischt wurde, als in den großen Städten, die in ihrem rascher pulsircnden Leben sich immer wieder verjüngen. Gesellt sich nun zn solchem geschichtlichen Interesse noch dcr Neiz einer schönen Lage und ansprechenden Umgebung, so wird es auch dem beschränkten Orte an Scenerien nicht schlcn, die dem Gedächtuisse angenehme Bilder Zurücklassen. Dieser Art ist im allgemeinen der Eindruck, welchen die königliche Stadt Znainl auf den fremden Besucher zunächst übt. Sowol durch seine Geschichte, als durch seine Denkmäler uud seine Lage ist Znaim eine der interessantesten Städte in einem Umkreise von zwanzig Stunden «m Wien. Anmut lind Lieblichkeit charaltcrisiren seine Umgebung, welche daher jeden anspricht; selbst der Dichter Scumc, der vielgereiste, fühlte sich heimclud angezogen, als er nach Znaim kam, nnd schrieb: „Hier Znaim. Tie lvnissliche Ttadt Znnim, 339 möchte ich wol wohnen, so lieblich mid freundlich isl die ganze Gegend, selbst unter dem Schnee." Das nördlich von der Donau anhebende Terrassen land, welches in seinem östlichen Theile ansehnliche Gebiete von Nicdcröftcrreich nnd Mähren erfüllt, wird uon der ostwärts fließenden Thaya derart durchschnitten, dass diese so ziemlich uiederösterreichisches und mährisches Terrasscnland von einander scheidet. Gegen Osten hin erscheinen die Plateaulandschaften von einer fruchtbaren Niederung, dem sogenannten „Thaya-Schwarzawa-Becken", begrenzt, welches zahlreiche, ticfcin-gcschnittene Bach' nnd Flussläufe durchfurchen. Ihren mäandrisch geschlungenen, abwechslungsreichen Waldthälern verdankt die Gegend einen großen landschaftlichen Neiz. Die reichste Fülle von Natnrschön-heitcn entfaltet aber das Thal des Hauptflusscs, der Thaya, welches bei Vöttau an der Einmündnng der Schellctawa seinen nördlichsten Punkt erreichend von hier an bis Znaim füdostwärts in zahllosen Krümmungen fast 30 Kilometer lang durch hcrlichc Waldgründe sich hinzieht. 130 bis 190 Meter hoch fallen die steilen, meist eng zusammen--gerückten Thalwände au den Fluss herab; häufig ist ihre grüne Hülle von wilden Fclszähncn durchbrochen, und ab und zn fpicgeln sich Burgtrnmmcr im Flusse. Unterhalb Znaim verflacht sich das Thal der Thaya; diese tritt hier in eine der landschaftlichen Schönheit entbehrende Ebene, welche erst weit im Osten, bei Nikolsbnrg, durch die Polaucr-Berge wieder unterbrochen wird. Der Hauptort des Thayagcbictes und der Ausgangspunkt für die Durchstrcifung desselben ist Znaim. Seine ^agc am Nusgange des engen, romantischen Thayathales gegen die östliche Ebene kömmt ihm sehr zu statten. Da hier Znglcich der Nordsaum des österreichischen Weingcländes und die rauheren Getrcidefluren, die bis über die Marken Böhmens hin reichen, sich berühren, genießt auch Znaim gleichsam die Vortheile eines doppelten Klimas, und so scharf soll hier die Scheidelinie zwischen Nord nnd Süd gezogen sein, dass man versichern will. 340 Die liinigliche Stadt Zxaim. schon vor dem oberen Thore sei dem, welchen ein Spazicrgang aus den unteren Stadtthcilen dorthin führt, ein sehr bedeutender Wechsel der Temperatur bemerkbar. Am linken Ufer der Thaya thront die Stadt Znaim 75 bis 95 Meter über dem Flussspicgcl auf der Höhe eines Verges, dicht herangerückt an seinen südwestlichen steilen Abfall gegen den Fluss. An drei Seiten wird der Uferbcrg durch ziemlich tief ciugeschnittenc Wasserlänfc isolirt: durch die Thaya, wie eben erwähnt, im Südwcstcn, durch den Granitzbach im Westen, im Norden und Nordostcn durch den Leskabach. In den stumpfen Winkel, dm die Granitzschlucht und das Thayathal einschließen, drängt die Znaimcr Anhöhe gewaltige Fels-masscn vor, welche steil und kahl nach beiden Wasserläufen zu abfallen und auf ihrem Firste die alte Burg von Zuaim tragen; die Stadt selbst breitet sich von dieser Höhe in terrassenförmig absteigenden Häuscrmassen gegen die Niederung. Nur der ärmlichste uud am meisten verwahrloste Stadtthcil, die „Altstadt" oder „Alt-Zuaim", drängt sich mit seinen schlechtgebanten Wohnstätten und Hütten in eine steil aufsteigende Einbuchtung, welche auf der einen Seite uon hall'gcbrochencn Vorwerten der Burg, auf der anderen von der hochragenden Mrchc zu St. Nikolaus behcrscht wird; tiefer noch liegt als der südlichste Etadtthcil das „^cderthal", dessen Charakter mit dem der Altstadt übereinstimmt. Gemäuer und Wallgräben umgürteten im Mittclaltcr die Stadt; bis auf wenige Nebcrreste ist beides verschwunden. Der Graben, der die Ostseite der Stadt entlang zog, ist ausgefüllt und an seine Stelle sind liebliche Gartenanlagen getreten, welche gegenwärtig eine der schönsten Zierden »on Znaim bilden. Inwicfcrnc die Ansicht, das armselige Quartier von „Alt^Znaim" für die ursprünglichste Alilage der Stadt zu halten, berechtigt, wird sich heutzutage schwerlich mehr ermitteln lassen; wie überhaupt die älteste Geschichte Zuaims in uudnrchdringlichcs Dunkel gehüllt ist. Erst für das Jahr 10^8 finden wir fichcre urkundliche Gewähr für den Dic löuisslichc Stadt Znalni. 341 Bestand der Znaimer Burg. Mähren, der Herschaft Stefan's I. von Ungarn entrissen, wurde mit Böhmen vereinigt, worauf dessen Herzog Vi-ctislaw 1054 die Znaimcr Provinz an seinen Sohn Konrad als Herzog verlieh. Damals bestand Znaim aus der Burg, die znr Residenz diente, und einem Burgfleckcn, welcher auf dein Boden der heutigen Altstadt und dcs oberen Platzes bis zur Schmied- und Füttergasse sich ausbreitete. Großen Schaden litt der Ort aus Anlass der blutigen Thron« strcitigtcitcn zwischen dem Znaimcr Fürsten Konrad und dem Vöhmm-hcrzog Wladislaw II.; eine gänzliche Zerstörung der Burg und des Fleckens aber ist nicht glaubwürdig verbürgt. Zu größerer Bedeutung hob sich Znaim, als König Ottokar I. von Böhmen vor der Burg eine neue Stadt ansehnlicheren Umfangs erbaute, deren Erblühen die Verleihung von Stadtrcchton und die Heranziehung deutscher Elemente ans Vaicrn, Sachsen, Franten, Thüringen mächtig förderten. Trotz mannigfacher Fährlichtcitcn durch Brand und Krieg, namentlich in dcn durch Friedrich den Streitbaren von Oesterreich erregten Unruhen, wuchs die Stadt, deren Ausbreitung noch durch leinen Mauergürtel gehemmt war. Erst ihr großer Gönner, der ritterliche Pl-emysl Ottotar II., nmgab sie im Jahre 1260 mit einem festen Stcinwalle, begann auch den Bau des Rathauses und begründete und erweiterte Klosterstiftungen. Die Stadt, welche im Leben sein Licblingsaufcnthalt gewesen, sollte auch nach der unglücklichen Schlacht bei Icdcnspcugcn durch achtzehn Jahre seine deiche bergen, welche erst im Jahre 129? nach Prag überführt wurde. Als 1306 das Pi-emyslidcnhaus in Böhmen erlosch uud zwischen Friedrich den: Schönen von Oesterreich und Heinrich von Kärntcn cm blutiger Streit um den erledigten Thron entbrannte, wurde Znaim durch Belagerung arg mitgenommen und sogar den Ocstcrrcichern verpfändet. An Böhmen zurückgegeben, erlebte es nun mehrere Jahrzehnte glücklicher Fncdenszeit, welche erst durch den verderbliche,: Hader zwischen Iodot und Protop, den Söhnen des luxemburgischen Mark- 342 Die königliche Stadt Znami. grasen Johann von Mähren, in trauriger Wcisc geendet wurde. Bralid und Bcnviistung tobtcn zu wiederholten Malen in seinen von den östeireichischen Fürsten belagerten Mauern, uud als endlich Verrat und Giftmord sich ins Mittel legte, um die schwebenden Fragen zn lösen, wurde die hartgcprüfte Stadt der Hauptsitz jener wilden Freibeuterei, womit Hynek von Neustadt (der „dürre Teufel") uud Johann Eokol durch lange Zeit die Plage der Umgegend wurden, uud an deren blutige Eühnung noch Zur Stunde der sogenannte „Näubcrturm", das weithin sichtbare Wahrzeichen der Stadt, mit düsterer Mahuung erinnern soll. Neuerdings hatte Znaim in den Hussitenkriegen arg zu leiden; dafür brachten ihm die Kampfe zwischen Georg von Podi'brao und dem Ungartönig Mathias Corvinus, in welchen es das wechselnde Geschick klug zu seiuru Gunsten demote, uenc Erweiterungen seiner städtischen Gerechtsame. In der Zweiten Halste des 16. Jahrhunderts nahm Zuaim die neue Vehre an uud wurde eine evangelische Stadt; doch führte die Schlacht am Weißen ^ergc auch hier im Wesentlichen die alten Zustände zurück. In der Geschichte des dreißigjährigen Krieges wird der Name Znaims öfters geuamit. Hier übernahm Wallcnftcin im Jahre 1632 den Oberbefehl des zweiten für den Kaiser geworbenen Heeres, während dreizehn Jahre fpätcr der Schwede Torstenson durch seine Thore zog und die schwer gedrückten Bürger brandschatzte. Auch Friedrich II. von Preußen, der im österreichischen Erbfolgekriege Znaitn besetzte, legte der Stadt eine Contribution auf. Von den Franzofcntriegcn im Äcginne unseres Jahrhunderts blieb sie gleichfalls nicht unberührt. Franzosen und Nüssen kämpften unter ihren Mauern und erstere befetzten 1805 uuter Napoleon's eigener Führuug zweimal die Stadt, bis der „Znaimer Waffenstillstand" uud bald darauf der Friede zu Wien die lange ersehnte Nuhe wieder brachten. Uuter den hier berührten geschichtlichen Ereignissen dürste kaum Eines sein, wovon nicht bei einem Gange durch die Straßen, oder um Tic loingliche Stadt Zmnm. 343 die mm freilich zum größten Theile verschwundenen Ringmauern von Znaim noch ictzt dem aufmerksamen Sinuc irgend ein Gedcntzeichen entgegenträte. Trotzdem ist der Gcsammteindruck der Stadt ein durchaus freundlicher. Die Wohnhäuser zeigen zumeist moderne Bauart; nur hie und da finden sich altertümliche Bauformen. Auf die Reinhaltung der Straßen und Plätze wird viel Sorgfalt verwendet; die Seitengassen sind wol sehr enge uud düster. Betreten wir die innere Stadt von Znaim an ihrem südlichen Eingänge nnd wandern die Kalchergasse aufwärts, so gelangen wir an den: grauen uralten „Wolfsturm", einem der letzten Neste der Stadtmauer, vorbei auf den stattlichen „nntcrcn Platz", wo das Capucincrtloster und die Maricnsäulc auffallen. In der Füttcrgassc sind das Nathans und das Stadthaus bemerkenswert, letzteres birgt einige Altertümer und ein wertvolles Archiv. Ersteres, 1260 begründet, ist namentlich durch den Umbau des Jahres 1869 so umgestaltet, dass es tciuc Spur seines Alters mehr zeigt. Gegenwärtig ist das Kreisgericht daselbst untergebracht. Dagegen ist sein im Jahre 1448 vollendeter schöner Turm in der ursprünglichen Gestalt wol erhalten. Der Knauf der höchsten seiner neun Spitzen befindet sich 80 Meter hoch über ^dem Straßcüpflastcr. Ungefähr in halber Höhe des Turmes ist eine Austrittsgnllerie angebracht, von der das Auge ungeheuere Flächen nach allen vier Wcltgegcnden beherfcht, im Süden bis an den Schnccbcrg nnd Oetschcr, die bei besonders tlarer Vust deutlich sichtbar sind. An Hcrbstabenden bei dichtem Nebel soll sich der Reflex des Vichterglanzes von Wien in einem schmalen Lichtbogen bemerklich machen, der über den südlichen Horizont emporsteigt. Die Füttcrgassc führt uns auf den dreieckigen „oberen Platz", wo sich, da ihn das Poftgebnude, die Bczirkshauvtmannschast und die besten Gasthöfe der Stadt umschließen, ein fast immer reges ^eben entwickelt. Wir werfen von hier einen Vlick nach der abseits gelegenen St. Michaclstirche, welche von König Wratislaw im Jahre 1103 gegründet seil, soll, nnd folgen dann einem Labyrinth von Gässchcn, 344 ' Die künigliche Ttadt ^»aim, welches zn der wahrscheinlich von Karl IV. erbauten St. Niclaskirche führt. In ihrer uuulittelbarcn Mhe steht auf dem äußcrstcu Äcrgrande gegen die Thaya über lieblichen Weingärten die uralte Wenzelscapelle, eine der wenigen noch erhaltellcll mittelalterlichen Kirchcnbautcu mit zwei Stoclwertcit. Bom Vorplätze der St. Niclastirchc genießt man eillen überraschend schönen Blick ill das Thal der zu Füßen zwischen Fclscngründen sich windenden Thaya, auf die kümmerlichen Behausungen der Altstadt, welche in der steil zur Kirche aufsteigenden Hügelbucht sich zusammendrängen, und ans die nächsten Umgebungen der Stadt. Hier übersehen wir die weitläufigen Nmmauerungen der alten Znaimcr Burg, hinter derselben den mit mirr Abtei gekrönten Pöltenberg, an dessen Abhang der sagcnreiche Nab cnstein sich erhebt. In der Nähe der Burg gewahren wir den sogenannten „Hcidcntcmftcl", wol Znaims ältestes Baudenkmal, eine Notlmde ill romanischem Stil, während näher gegen die Stadt der achteckige „NaubcrtlN'm" düster zum Himmel ragt. Vier Vorstädte besitzt Znaim, die untere und die obere Porstadt, Thayadors uud Neustift. Verlässt mau die innere Stadt ostwärts gegen die letztgenannte Vorstadt, so gelangt mau anf den großen freien „Kopalplatz", wo sich zwischen Parkanlagen cm zu Ehren des Obersten Kopal, des Siegers von St. Vucia und Vicenza, errichtetes Denkmal erhebt. Auch die Umgebungen Znaims erregen cbm sowol durch malerische Schönheit und scsselnde Anmut als durch sagenhafte lind historische Reminiscenzen viel Interesse. Aus ihrem rcicheu Krauzc wolleu wir nur Zwei Puuttc namentlich hervorheben, von dcnen dcr eine mm seine Stelle in der Geschichte der deutschen Literatur behauptet, der andere durch die Sagen, welche sich an ihn knüpfen, ausgezeichuct ist. Die eine Ocrtlichkcit ist das Dörfchen Poppitz, etwa eine Stunde von Znaim jenseits der Thaya entfernt. Hier wurde der berühmte Romanschriftsteller Charles Sealsfield, der „grosse Unbekannte", eigentlich Karl Postcl geheißen, im Jahre i?9ö geboren. Dil! töniglichc Ztndt Zinnüi. 345 Viel naher der Stadt finden wir an ihrer Westseite die andere Oertlichkcit, den schon genannten Rabcnstein. Dort, wo der Polten-berg sich znr Thaya herabsenkt, ist etwa 80 Meter über der Thalsohle eine Masse kolossaler Felstrümmer derart übereinander gelagert, dass sie, von einem bestimmten Punkte des Flussufcrs aus betrachtet, sich Zu dem Profile eines gewaltigen Mcnschcnantlitzcs gruppiren, das gegen Znaim hinnberblickt. Menschenhand ist hieran durchaus unbctheiligt, wie man sich überzeugt, wcnn man die Mühe nicht scheut, zu der Niesen-stirnc emporzuklcttcrn. Des „Nabensteincr Niesentopfs" hat sich die Sage bemächtigt, deren Munde wir folgende Ueberlieferung entnehmen. Ritter Seifried und sein Vater waren wegen einer blutigen Rachethat von der Reichs-acht getroffen worden; nur von einem Diener begleitet, flohen sie von ihrem Heimatssitze. Eine feindliche Schar, die sie überfiel, schleppte den greisen Vater uud den Diener fort, während der juuge Ritter sich rettete und auf seiner Flucht in die Gegend des jetzigen Nabensteins kam, wo in prachtvollem Felscnschlosse die anmutige und gütige Fee Hiltrudc hauste. Seifricd gewann sie zum Weibe und lebte sechs Jahre in glücklicher Ehe, die durch vier liebliche Knaben gesegnet wurde. Nur der Kummer des Ritters um das Schicksal seines Vaters, von dem er seit jenem Ucbcrfallc ganz ohne Kunde geblieben, trübte dieses Glück. Da stieß er ans einem Strcifzugc, den er mit fcincn Mannen unternommen, auf jenen Knecht, der mit Scifried's Vater gefangen worden, durch List sich aber wieder befreit hatte; dieser brachte ihm die Schreckensnachricht, dass sein Vater, auf den Tod gefangen, in einem Turmverließe der nahen Burg Znaim sitze; nur augenblickliche Hilfe könne ihn noch retten. In Sturmcseilc sprengte der Ritter mit seinen Mannen gegen den Turm, dessen Verteidiger der Wut des Angriffes nicht Stand hielten. Aber dennoch Zu spät erst vermochte er in das Verließ einzudringen; die zersprengte Thüre Zeigte ihm den blutübcrgossenen Leichnam seines Vaters! Da umficng Wahnsinn Scifricd's Sinne. Er hieb nieder, was sich ihm in den Weg stellte, Feind und Freund. Selbst seine Kinder, 346 Die tönigliche Stadt Ziunm. die vor dem Felsenschlossc daheilll spielte«, kannte er nicht mehr; und schon hatte er drei der blühenden Knaben blindwütend erschlagen, als die herbeieilende zaubcrmächtige Mutter den uicrtm rettete, den wahnsinnigen Mörder aber durch ihre»! Spruch in einen Fels verwandelte, der nun als „Rabenstein" den Wanderer schreckt. Hiltruden aber mit dem letzten Knaben sah man niemals wieder. Schloss Eisgrub. 33. 45iMUli. allen bisher von uns besuchten Gegenden war es die Schönheit der Ziatur zunächst, welche unseren bewundernden Blick fesselte, mid wo sich Werte der schaffenden Menschen-^^-^l Hand mit dem Naturbildc verbanden, da traten sie zumeist als Staffage in dessen Nahmen. Sollte es mm aber nicht auch von Interesse fein, unsere Schritte nach einer Gegend zu lenlen, wo der Mcnschengeist an die Stelle der hier stiefmütterlichen Natur trat und diese meisternd ein Lcmdschastsbild schuf, welches Kunst- und Naturwerk zugleich zu sein scheint? Dies ist in vollem Maße der Fall mit den fürstlich ^iechtcnstein'schen Part- und Schlossanlngcn von Eis grub, welche unter den großartigsten und herlichsten Europas genannt werden müßen. Durch eine einförmig unfruchtbare Ebene wälzte hier noch vor nicht viel mehr als einem halben Jahrhundert der träge ThaMluss seine trüben Wasser, die sich im tief gelegenen Terrain häufig zu stehenden Sümpfen sammelten, niederes Schilfrohr wuchcttc zwischen den einsamen Auen und auf Dämmen mußten die Verbindungswege geleittt werden, die den seltenen Verkehr zwischen Eisgrub und der nahen Grenze Niederösteneichs vermittelten. Welch ein Bild nun, geschaffen durch die Muuificenz eines kunstsinnigen Fürstengeschlcchts, bietet sich heute an dieser voll Natur so wenig einladenden Stelle! 348 EiSgrlib. Aus den ländlichen Gassen dcs Marktes Eis grub (slavisch Lednice) auf den größer angelegten Hauptftlatz hinaustretend, finden wir plötzlich unsere Blicke gefesselt durch einen Prachtbau, dcr, wie eines jener wunderbaren Fccnschlösser in Ariost's Zaubcrniärchcn, in phantastischen Formen aus dem Grün blühender Gesträuche aufsteigt. In dein rumaucsten Stil des Mittelalters, der in seiner nncrschöpftcn Mannigfaltigkeit der Phantasie so reizend erscheint, ist er dem Urbildc des stolzen Schlosses Windsor in England in freier, echt künstlerischer Weise nachgeahmt. Da es sich hierbei nicht um einen völligen Neubau, sondern zunächst um eine Nestaurirung des bereits bestehenden Schlusses in ganz entgegengesetztem Stile handelte, so waren die zu bewältigenden Schwierigkeiten höchst bedeutend und um so schwerer Zn besiegen, als auch noch örtliche Anforderungen der mislichsten Nrt an den Banführer gestellt wurden, wie z. B. die schon bestehende Pfarrkirche von Gisgrnb dem Vane einverleibt und angchörige Nutzgcbäudc damit in Verbindung gesetzt werden mußten. So besteht denn das gegenwärtige Schloss aus einem Haupt-traktc, mit zwei gegen den Park vorspringenden Seitenflügeln, während an dcr entgegengesetzten, dem Markte zugekehrten Seite mit einem noch weiter vorfallenden Scitentraltc die dem Baue einverleibte Ortskirche corrcspondirt. Ein in weniger reichen Formen gehaltenes Nebengebäude verbindet hier zur Vint'cn den Hauptbau mit den daran stoßenden Wirtschafts- und Stallgebänden, indessen Zur rechtet! Hand als Spitze und Abschluss des ganzen Werkes die großartige Orangerie weit in den Ziergarten hinein ihre glasgewölbtcn Hallen streckt. Dieser reich-gegliederten Grundanlage entspricht in sinnvoller Conscqucnz eine Fülle der architektonischen Ausführung, die in keinem Theile jene innere Harmonie vermissen lässt, wodurch das wahre Kunstwerk eben seine bedeutendste Wirkung erzielt. . Die dem Blumengarten zugekehrte Hauptsronte hat ihrer Bestimmung gcmäß auch den reichsten Schmuck erhalten; hier schließen sich zierliche Terrassen an gefällige Erker mit flachen Spitzbogen und Cisgrub. 343 schlanfen Säulen, Statuetten in der strengen Manier des 14. Jahrhunderts unterbrechen die größeren Flächen der Wände, und der üppigste Sculpturschmuck in durchbrochenen Gallerim und Balustraden entfaltet gleich organischen Gebilden allenthalben seine phantastischen Ranken und Blättcrgewindc, während hoch über Allem zwei gezinntc Türme den äußeren Umrissen den befriedigendsten Abschluss geben. Auf der entgegengesetzten (südlichen) Fronte tritt die Kirche in ihrer vollcntwickcltm Gothik so bedeutend hervor, dass der schöne, mit einer Fülle seltener Gewächse reich besetzte Schlosshof nur flüchtige Beachtung erregt. An einer mit bewundcrnswcrtcr Feinheit des Meißels gearbeiteten offenen Veranda vorüber gelangen wir an die Ostseitc nach der weltberühmten Orangerie, jenem in seiner Art einzigen Prachtbau aus Glas und Eisen, wo die hcrlichstcu Gewächse aller Zonen in endlosen Reihen mit einer unübersehbaren Fülle der duftigsten Blüten und Früchte alle Sinne berauschen. Eine Glasvforte von mächtiger Grüße führt aus diesem Pflanzen" Paradiese nach drm sogenannten Blnmcnsaal, wo noch einzelne erlesene Tropenkinder in marmornen Vasen sich wiegen, und unmittelbar daran erschließt sich im Erdgeschosse des Gebäudes jenes grandiose Gesell-schafts-Appartem cnt, das an solidem Prunk der Ausstattung und geschmackvoller Harmonie jedes Einzelnen wol kaum seines Gleichen auf unserem Continente haben dürfte. Hier schließen fich mehrere Salons, ein Tanzsaal uud eine geräumige Bibliothek aneinander, während das erste Geschoss eine Reihe eleganter Gastzimmer, der große Families saal und das höchst behagliche Damen Appartement einnehmen. Wenn hicr geschmackvoller Luxus waltet, so siudcn wir dagegen im zweiten, dem Familienkreise gewidmeten Stockwerke eiuc solide Einfach, heit, die an englische Muster erinnert. Durch alle Räume aber, vom prunkschwcrcn Gcscllschaftssalon bis hinab in die fürstlichen Keller, die auf sinnreiche Weise im Charakter von Tropfsteingrottcn gehalten sind, geht gleichwol ein bindender Zug von erfindungsreicher Originalität, welcher deu wolthuendstcn Eindruck auf del, Bcfchauer ausübt. , 350 Eit. Dieses Wunderschloss nun bildet gleichsam den einleitenden Vorhof Zu jenem berühmten Parke, welcher jcl.;t an der Stelle des' oben geschilderten öden Sumpfgeländcs seine kunstvollen Schattengängr und blumenreichen Triften entfaltet. Der stille Thayafluss wurde gezwungen, hier sich ein neues Bett Zu suchen, dort mußte er an passender Stelle Zum breiten Wasserspiegel sich ausdehnen, und wieder an anderen weitentferntcn Punkten wurde sein Lauf beschleunigt, und hochüberstürztc Wehren oder schäumende Cascade» briugcu rauschendes Leben in die geheimnisvolle Stille einer entlegenen Waldpartie. So entstanden jene vier großcu Teiche, die jcht die GrcnZc Mährens gegen Niederösterreich bilden und deren gesammte Wasserfläche — mit den sie verbindenden Flüssen und kleineren Aachen — ein Drittel des ganzen, einen Flächm> räum von mehr als 250 Quadratkilometern einnehmenden Partes aus^ füllt. Sechs größere uud zehn kleinere anmutige Inseln unterbrechen diese wcitgcdchnte Wasserfläche, und 150 Brücken, bald in hoch' geschwungenem Bogen sich wölbend, bald mit dem phantastischen Neiz orientalischen Prunks die Sinne bezaubernd, dann wieder in flacher Spannung das Verlangen an: kürzesten zum Ziele tragend, stellen die erwünschten Verbindungen und Pfade her. Und mm, welch eiuc unübersehbare Fülle der überrcichstcu Vegetation überwuchert alle diese Waldebenen, Wiesen, Landzungen, Eilande und hundertfach getheilten Gärten, deren jeder für fich ein Ganzes bildet nnd doch wieder in den weiten Riesenpark als Theil fich einfügt! Von dem hcrlichen Blumengarten an, der unmittelbar unter den Mauern des Schlosses bis an den nächsten Teich in allen Farbentönen prangt nud die köstlichsten Wol-gcrüchc spendet, durch den daran stoßenden eigentlichen Part, bis an den weiter über die Märten Nicdcrösterrcichs und gegeu Lundenburg reichenden Thiergarten im Deimwalde grünt, duftet und blüht jene in ihrer Art einzige Vereinigung von Vcgctationsformen, welche von der Palme bis zur Zwergkiefer die Pflanzen allw Zonen von den Tropen bis in die Nähe der Schneegrenze uns vorführt. Die königliche Nose vor allen ist es,>die hier in hunderterlei verschiedenen Arten um den Eisgrub. 351 Preis der Schönheit wirbt und dcr nehm Noscninscl ihren Namen leiht. Rosen sind es und duftige Akazien, die uns an ein liebliches Vlütengestade leiten, wo ein kleiner Tcichhafen Zu lohnender Gondel-fahrt ladet. Wohin aber soll sich der nnsichcre Schritt wenden in dem Wald-labyrinth des eigentlichen Partes, der von hier ans in unabsehbare Fernen seine dunklen Haine und schattigkühlcn Gänge erstreckt, welche nur etwa die Lichtung einer blumigen Wiesenflur oder eines Teiches schimmernder Spiegel an einzelnen Stellen unterbricht? Silbcrrindigc Platanen, ernste Weymouthskiefern, der schlanlstämmigc Tulpeubaum, die dorucnlosc Gleditschie, hochstrcbcndc Pappeln, amerikanische Linden, der träumerische Lebensbaum, und neben dem prächtigen Goldregen der hcllblütige Cratägus ^ und wie sie alle hcisien mögen, die Millionen von Bänmcn und Sträuchern, welche vier Weltthcilc hicher gesteuert haben, in sinnbctäubendrr Mannigfaltigkeit drängen sie sich da dnrch-einander, uud das Auge sucht nach einem Hnltpunktc, wo es ausruhen mag vom lieblichen Gcwirrc der Bildungen. Da begegnet ihm, fern hcrüberwinkcnd über eine Ncihe von zusammenhängenden Teichen, ein hochragendes Monument, ein schlanker Turm nach Art eines türkischen Minarets, und damit ist denn auch der Pliult gcwouncn, von dem sich in luftiger Bogclpcrspcctwc eine Totalübcrsicht des nngchcnren Parkes gewinnen lässt. Aus weißen Quadersteinen erbaut erhebt sich dieser Turin über der vielkuppeligen sogenannten Moschee, deren acht Säle mit kostlichen Ottomanen, orientalischen Pruntwaffcn und Rossschwcifen reich verziert sind, 68 Meter hoch in die Lüfte: eine sreischwebcnde Spiraltreppc von Al)2 Stufen führt bis hinauf in die zierliche Vaternc, darauf weithin der vergoldete Halbmond fchiuuncrt. Auf der höchsten Gallerie weilend schauen wir zu unseren Füßen gebreitet die ganze weite Ebene, darin der Park von Visgrub seine grünen Massen ont faltet wie die Wellen eines heiteren Meeres, nur ostwärts ziehen die fernen Karpathen eine dämmerige Grenze zwischen Mähren, Ungarn und Oesterreich, und im Nordwrsten ragen die Polnner .^talkbergc, 352 Eisnrub. an den Kuppen basaltisch gewölbt mid weiter gegen Süden noch einige isolirte Kalkfelscn vorschiebend, die zum Theil mit Dörfern uud Ruinen gekrönt, au den tieferen Abhängen im heitern Grün der Weinrebe prangen. Zwei Flüsse, March und Thaya, durchschneiden das weite Fruchtgcfildc, bedeutende Straßcuzüge und die geraden Linien der Nord« bahn uud der ^undcnburg-Grussbacher Bahu kreuzen sich in mehrfachen Richtungen, und vier größere Ortschaften— Vundcnlnlrg, Eisgrub, Nitolsburg und das in Nicdcrösterrcich gelegene Fcldsberg — berühren in weiten Distanzen den äußersten Umkreis der kamn übersehbaren Knnstanlagcn. Von der Höhe dieser weithinspä'hmdcn Warte überschauen wir aber auch am bequemsten alle jene rings verstreuten Vurusbauteu, wodurch jede bcsoudcrs hervorragende Stelle des Parkes ein Wahrzeichen zu gesammelter Betrachtung erhielt. An einer der südlichsten Stellen erhebt sich, durch seine Mittellinie genau die GreuZc zwischcu Mähren und Oesterreich bezeichnend, am Ufer des großen Bischofwartcr-Teiches das originelle Grcnzmal, cm prachtvolles Arkadengebäude, dessen mit drei Kuppclu überwölbte Altane einen entzückenden Ueber-blick der weitgedehnten Wasserfläche bietet, Währelid beiderseits schwebende Gärten uud die au den Seitcnvorsprüngcu abfallenden Blumcurampcn die natürlichste Vermittelung des stolzen Vancs mit den umgebenden Gartenanlagcn bilden. Unfern hievon und seitwärts von dem neuen Damme, über den der Allecwcg uou Eisgrub nach Feldsberg führt, zeigt dcr Ncuhof, ein architektonisch reich stilisirtcr Mcicrhof mit zwei Hauptfrontcn, das vollkommenste Muster ciucs Bauwerks, dem bei nachdrücklich ausgesprochenem praktischen Zwecke gleichwol die Nciuheit des ästhetischen Eindrucks nur wenig gefährdet wurde. Oestlich hicvon, am „Mühltciche", erhebt sich der 'Apollotempcl, eiuc zum größten Theil offeue, von acht donschcu Säulen getragene Halle, deren überragende Hauptuischc mit einer Halbknppel geschlossen ist; eine weite Femsicht trägt den Blick über drei Teiche hinaus uach entlegenen Umgegenden. Diesem luftigen Baue eutfpricht an der Westseite des mittleren E'sssrub. 353 Wasserspiegels der Circus der drei Grazien, cm im weiten Halbkreis geschwungener Säulm-Porticus nach Mischer Ordnung, der, einen Hügel mit blumengeschmückten Terrassen krönend, freundliche Durchsichten nach mehreren Richtungen öffnet. Acht prächtige Alleen führen von hieran die Säume des eigentlichen Parks. Wo sich dieser in den großen Thiergarten verliert, leitet eine Allee nach der Hanscnburg, welche im Acußcrn und Innern eine Ritterburg des 14. Jahrhunderts nachahmt. Hier, ans einer Thaya-Inscl, im Schatten viclhuudcrtjähriger Eichen, sammeln sich häufig auf den woldctamitcn Nuf eines Waldhornes ganze Scharen von Edel^ und Damwild und flüchtiger Rehe. Denn hier stehen wir schon im Reviere des großen Deimwaldcs, der sich südlich über die nieder-österreichische Grenze bis Feldsbcrg und Ncinthal erstreckt, östlich aber mit den Lundcnburger Waldungen zusammenhängt und für alle Arten des Wcidwcrks dcu bequemsten Boden darbietet. Gegen Felds-bcrg zu, welches ein großartiges Iagdschluss im Renaissancestil zeigt, haben diese Haine, wenn auch an vielen Stellen im dunkelsten Schmucke ticfschattigcr Eichen prangend, noch ein mehr partähnliches Ansehen, während an der mährischen Seite die prachtvollsten Fichten- und Tannen-stämmc nur die feierlich-düstere Einleitung zu einem urwaldartigcn Dickicht bilden, das, bis an das Schloss von ^uudcnburg sich erstreckend, zahlreichen Herden von Schwarzwild zum selten gestörten Aufenthalte dient. Auf der „Reisten", einer freien Anhöhe nahe bei Feldsbcrg, beherscht das Colonnaden-Gebäudc, eine auf24 korinthischen Säulen ruhende Gallcric, drei Vändcr unserer Monarchie, während fich tiefer im Walde das nach dem Muster eines römischen Triumphbogens geballte Denkmal der Diana birgt. An noch geheimnisvollerer Stelle endlich erhebt sich die ungcmcin geschmackvoll ausgeführte Hubcrtus-Capcllc, eigentlich ein reizender Altar gothischen Stils, welchen das Steinbild des Schutzpatrons aller Jäger ziert. So stehen wir nun am Rande der Wunder von Eisgrub, die es fast zweifelhaft erscheinen lassen, ob der zcugcudcn und blühcudcn Urkrafl dcr Natur oder dcr ordnenden Vienschcnhand das größere Vob gebühre. So edel und hoch war dcr Gcnuss, dcr uns bci ihrem Durchwandern erfreute, dass wir die Wanderung von ncncm beginnen müchtcn, nm nochmals allc die Neize durchzukosten, die hicr in so uucrschöpflichcr Fiille verciuigt sind. Macocha. 34. Me Macocha und die Slouprr Mhle in Mähren. ^°^^!('lch einc nntcrirdische Wundcrwelt, überlagert mil oder' MM^^ irdischeil Vandschaftsrcizen, öffnet sich uor dem überraschte» Ä^^D Blicke des Naturfreundes ini Herzen des Kronlandes ^^^^1 Wcährcn, auf das die freigebige Statur aus ihrem Füll-hornc neben SchmihcitiZgabcn und Schätzcn jcdn' Art anch diesen eigentümlichen Zauber strömen ließ! Wenige Stmidcn nordwärts r>on der Vandeshanfttstadt Brunn zweigt sich eine mertwiirdige (^rnppe uon Höhlen und <^r»twi von dcni fclscngcn Thal der Zwittawa i>, dem herlichen Adamsthale gegen Osten ab, mit den Nicscnhallen der Vcjüistala (Sticrfclscn) beginnend, an welche sich im Iosefsthalc der steinerne Saal, die Höhle Wej-pnstct (Durchgang), die Eua-Grottc und die Kiriteiner Höhlen reihen und eine Stnndc siidlich von stiritein -nnt der Troftfstcingrottc von Ochoz endigen. Eiuc Strecke oberhalb des 57rtcs Adamsthal liegt, wie dieser an der vielfach gewundenen Zwittawa, der gewcrbfleißigc Martt Blansto. In dem rouiantisch schönen Vandstriche nordöstlich von letzterem, den die Pmttwa, cin lintsscitigcr Zufluss der Zwittawa, theils offen am Tageslichte, theils verborgen im Dnntcl nntcrirdischcr Höhlen und Gange durchströmt, breitet sich cin zweites System oon 356 Tie Macocha mid diü Sloopor Höhle in Mähre». Höhlen, Grotten, Erdfällen uud Abgründen aus, so großartig und mannigfaltig, wie man cs nicht bald irgendwo auf dcr Erdoberfläche finden dürfte. Diese Zerklüfteten und unterhöhlten Kalkgcbildc streichen in zwei Thalzügcn gegen Nordost, beiderseits des schauerlichen Erd-fallcs Maeocha, und sind an ihren Endpunkten von dein reizenden Wallfahrtsorte Sloup und dcr malerischen Burgruine Holstein gekrönt. Von dcr Eisenbahnstation Blausko führt dcr Weg an den großen fürstlich Salm'schen Eisenwerken vorbei in das Puntwathal, welches sich ic weiter desto malerischer lind grotesker gestaltet. Hochstarrcnde und wildzcrklüftctc Fclscnwändc engen den vom Wildbachc durchrauschtcn, waldumschatteten Thalgrund ein, aus deiu sich plötzlich eine 60 Meter hohe Fclsenwand ciuportünut und den Aufsatz einer Wasscrgrottc bildet. Dieselbe heißt die „Punkwaqucllc" und gilt als dcr Sammelpunkt mehrerer von dein durchhöhltcn Boden dcr oberen Landschaft verschlungenen Bäche. Wie aus dein Schoße des Orkus strömt hier die Punkwa lcisc nnd sacht hervor, als ob ihre unterirdischen Gewässer das Tageslicht scheuten; ails dem Höhlcubassiu heraustretend, setzt aber dcr Bach eiligen Causes mit plätschernden Wellen, cingcfasst von üppigem Pftanzcnwuchse und einer reichen Baumuegetation, seinen Weg weiter fort, um sich bald wieder in den grauen durchlöcherten Felsen zu verlieren. Von dem „Punkwa-Ausflusse" dehnt sich das Sloupcr Thal nordwärts bis Zu dem Orte, von welchem es den Namen trägt, aus. Gleich im Anfange erblickt man Stalaktitengrotten und jenseits der östlichen Thalhöhcn gähnt die fürchterliche Macocha inmitten des Hochwaldes den staunenden Wanderer an. Wer hat nicht schon von diesem schauerlichen Abgrunde gehört, cm dessen felsigem Nandc der Blick schwindelnd in eine kaum crgründliche Tiefe sich verliert? Die Macocha ist ein gewaltiger Felscukcsscl, 35 Meter lang, gegen 60 Mctcr breit und an 1-i7 Mctcr tief und verdankt wol einem furchtbaren Erdsturze ihr Entstehen. Das wildromantische Puntwathal bietet zwar ein Die Macocha und die Slonper Höhle in Mähren. 357 angemessenes Porspiel zu den späteren Eindrücken, allein wer nun zuletzt den beträchtlichen Waldbcrg hinanaMonnncn ist und zwischen leichtem Gesträuche, auf blumigen Wiesen dahinwandclud, sich plötzlich am Felsenrandc des ungeheueren Abgrundes sieht, dem schwindelt vor den Sinnen und ein Gefühl des Grauens bemächtigt sich seiner Seele. Die ganze Umgebung scheint mit einem Male wie durch einen Zauber-schlag verändert und ins Schaurige verzerrt; wild rauscht es in den Wäldern, schroffes Gestein durchbricht den schütteren Raseubodcn, krächzende Raubvögel lrcisen hoch in den lüften, und zagend irrt das Auge an den hohen Felswänden hinab, vergebens einen Haltpunkt suchend an dem glatten, nur hie und da mit niedrigen Flechten bedeckten Gestein. Wo diese Stcinmasscu gleich einer kühnen Mauer zuhüchst sich türmen, da überragt, von verwegener Menschenhand gebaut, ein luftiger Pavillon die gähnende Tiefe, eine portalartigc Gloriette bewahrt den Zugang, und hier eben ist es, wo das grausige Schauspiel in seiner vollen Wirkung genossen werden kann. ^n sent-rechtem Absturz ragen hier die Felsen über I.W Nieter hoch vom Grunde auf, während sie an den übrigen Seiten des Abgrundes zuoberst trichterförmig sich senken und erst beiläufig im letzten Drittel der Ticfc vertical abfallen. So weit hinab es jene sanfteren Abhänge gestatten, behaupten verwitterte und halbgebrochene Tannen und endlich noch wirres Gestrüppe den unsicheren Aoden, bis nur noch Farrcn-träutcr und winzige Moose das halbnackte Gestein mit spärlichen! Grün bekleiden. Zur einten aber wagt sich der Fußpfad noch tiefer hinab bis zu einer kleinen Terrasse, über deren Geländer ein noch näherer Einblick in die untersten Regionen gestattet ist. Schon hier wird die beträchtliche Abdachung des tiefsten Grundes, welcher voll oben fast flach erschien, bemerkbar. Genaueren Aufschluss über die Sohle der Maeocha vermag aber nur der zu geben, welcher die Tiefe des Schlundcs sclbst erreicht hat. Hier sieht man, dass der Boden von einem großen, aus Kalttrümmern aufgetürmten, über 90 Nieter langen Hügel nnd einem gegenüberliegenden kleinen Sandhügcl eingenommen wird. Zwei klare 358 ' > Tie Macccha u»d die Tlou^rr HlUilc in Mcil,rc». Teiche bilden die einzige Unterbrechung des übrigens mit Ntooscn wild überwucherten Bodens, mid ein diese Teiche verbindender Bach rauscht in die Nacht eines Höhlcnschlundcs, um eine halbe Stunde unterwärts wieder silberklar ans Tageslicht zu brechen und dein Puntwa-thale fein frisches Wasser zuzuführen. Ein mächtiges Steiuportal eröffnet übrigens an dieser Seite den Zugang zu weit verzweigten Grottengängcn, welche sich im tiefen Verließ der Fclscngründc verlieren, die aber noch keines Menschen Fuß betreten. Der schauerliche Abgrund, von dessen Nandc noch heute der Hirt bei herannahenden Gewittern schen seine Herden treibt, weil der durch die Höhlung strömende Vuftzug den Blitzstrahl lockt, war in früheren Zeiten noch weit mehr gefürchtet nnd gemieden; denn scheußliche Thiergcbildc hausten nach dem Volksglauben in seiner Tiefe, und nicht selten sah man einen mächtigen Drachen, rauschend die gezackten Flügel schwingend, dem unheimlichen Namne entsteigen. Die Sage erzählt, daß zu jener Zeit, als die Taboritcn") in Mähren einfielen, cin frecher Räuber Namens i?be5lit, zum Hungertode vcrnrthcilt, in die Macocha hinabgrlafsen wurde. In der grausen Tiefe an jeder Rettung verzweifelnd, wurde dieser plötzlich durch cinc entsetzliche Erscheinung ans seinem dnmpfen Hinbrütcn aufgeschreckt. Ein riesiger Lindwurm ließ sich mit ausgebreiteten: Flügclpaar in die Tiefe nieder und leckte mit rauher Zunge an einem daselbst liegenden glatten grauen Steine, worauf das Blut, welches aus seinem verwundeten Vcibe rann, allmählich zu stocken begann. Am folgenden Tage erschien das Ungeheuer wieder und that dasselbe, wie Tags zuvor. Da fasste der Räuber den verzweifelten Entschluss, sich anf den Rücken des grässlichcn Thieres zu schwingen, um auf diese Vcisc aus dem Abgruudc zu cnt-tcmnucn. Als das schreckliche Ungetüm seinen Flug eben über eine Wiese nahm, ließ sich !i7be«l,'t plötzlich von dem Rücken desselben herab-gleiten uud war gerettet. Aber statt nun cin ehrliches ^cbcn zu beginnen, l) Tk Pavtti />i5ta's im Hussitenkriege (1l19—1436). Die Macoch« >md die Slonpir Höhl.! in Mähren. 35i9 griff cr wieder zu scincm altcu Mubcrhandwerte und cudctc zuletzt llntcr dem Beile des Henkers vor dem Olmützer Rathause. > Auch dm Namen des Abgrundes „Macocha" sd. i. Sticflnuttcr) fucht der Volksmuud durch eine schlichte Sage zu erklären. In dem kleinen Dorfe Wilimowitz lebte vor langer Zeit der reiche Vauer Holta, dcm seine crftc Frau ein liebliches Söhnlcin ^camcns Wenzel' hinterlassen hatte. Um seiner ausgedehnten Wirtschaft willen nochmals heiratend, gewann er mit der Hand ciucr jungen Witwe auch einen Sticfsohn, dem die Mutter das ganze reiche Erbe ihres Mannes sichern wollte. Tic fasste daher den Entschluss, den llcinen Wenzel aus dem Wege zu räumen und nahm ihn einmal mit in den Wald, wo sie ihn zwang, am Rande eines gähnenden Abgrundes Schwämme zn suchen. Da stieß sie den armen Knaben in die Tiefe und eilte nun freudig heim. Als der Vater sein Söhnlcin vermisste, machte er sich mit mehreren Bauern auf, dasselbe zu suchen. Am Naudc des Abgrundes horten sie ein leises Wimmern und gewahrten mm den Knaben, der beim Sturze glücklicherweise in den Zweigen einer Tanne hängen geblieben war. Mit Stricken winde er heraufgezogen und semem Vater wiedergegeben. Voll Wut stürzten aber die Ballern nun in das Haus Holka's, ergriffen die Rabenmutter, schleppten sie trotz Bitten uud Jammern an den Rand des Abgrundes uud schleuderten sie hinab. Seit jener Zeit führt die Macocha ihren Namen. Gegenüber der Maeocha, auf der Westseite des fclsbecngten Slouper Thales, erhebt sich die Ruine des Bergschlosscs Blanzcko, vielbesucht wegen einer schönen Fernsicht und eines starten Echos. Dieses Schloss war im 12. Jahrhundert Besitztum der ^lmützcr Bischöfe, ward in der ersten Hälfte des 15. Iahrhnndcrts vou dcu Taboriten erstürmt und zerstört, und von ihm leitet sich der Ortsname Blansto her. Am nördlichen Ausgange des Sloufter Thales ruht still und anmutig innerhalb eines Kranzes von Waldhügclu der Wallfahrtsort Sloup, gekrönt von dem vetürmtcn Nuudbauc der Marien ^ Kirche, zu dessen Gnadenbildc jährlich viel tausend Wallfahrer vou uah und fern pilgern. 360 Die Macocha »»d die >2lo»ftl,'r Höhle in Miiyven. , Von dem Dorfe Slonp rieselt cm Forcllcnbach nach den berühmten Höhlen, dic ihn verschlingen. Seinem ^aufe folgend, gelangt man nach kurzer Strecke zn einer malerischen Felscngrupfte, biegt mn einen mächtigen Folsblock und erreicht hinter einem niedrigen Hügel den Eingang der Sloupcr Höhle. Ans einer Vorhalle steigt man in die nachtountlen Grottenrämne empor. Vabyrinthischc Gänge verzweigen, winden nnd strecken sich tief mtter der Oberwelt; sie verengen sich bald Zu schmalen nnd niedrigen Passagen, durch die es beschwerlich ist, fortzukommen; bald erweitern sie sich zu Sälen und Domen voll phantastischer Pracht. Nach zweihundert Schritten klimmt man anf schwanker Treppe hinab zn dein Nande einer trichterförmigen Vertiefung, welche bezeichnend „der Abgrund" heißt. Seine Tiefe verrät die lange Fallzeit eines hinabgeworfcnen Steines. Er um-fasst weitläufige unterirdische Hallen und in einer derselben befindet sich ein kleiner See. Die Scitcnwändc dieser tiefsten Höhlen räume sind theils kahler Felsen, theils mit Tropfsteinen besetzt, deren abenteuerliche Formen bei Fackelbcleuchtung die Phantasie aufreget, nnd beschäftigen. Mächtige und verworrene Fclscntrümmcr bedecken den Boden und aus zahlreichen Scitmspaltcn stürzt das Wasser brausend nieder. Unter den übrigen Schlünden und Höhlen, welche den Besucher an mancher Stelle mit Untergang bedrohen, wurde die sogenannte „Nirgrottc" näher durchforscht, welche zur strengen Winterszeit im Schimmer ihrer Eisgebilde feenhaft erstrahlt. Von dem „Abgrunde" senkt sich der „Eascadengang" gegen Westen. In demselben bildet der ^alttuff versteinerte Cascadcn uud an den Wänden glitzert und flimmert es von Krystallen. Auf der entgegengesetzten Seite leitet von: „Abgrunde" ein Gang zu einer großartigen Tropfstcinmassc. Dahinter liegt ein kostbarer Fundort urwcltlichcr Thierreste; seit Jahrtausenden ruhen hier zwischen Schichten angeschwemmten Bodens zahllose Skelette vom Höhlenbären, Höhlentigcr, Höhleumardcr, Vielfraß und von der vorsündflut-lichcn Hyäne. Tic Macocha mid dic Tlnuft« Hühle in Ätährc». lj6i Sobald man ans der merkwürdigen Unterwelt wieder all das Tageslicht zurückgelangt ist, fesselt in der Nähe der Sloupcr Höhlen ein wunderlich gestaltetes Felsgebildc dm Blick. Wie in einer Vauuc hat die Natur aus Steinkolosscn einen gigantischen Durchgang gewölbt und mit einem schönen Portale ausgestattet, der seinem Aussehen nach „der Schoppen" oder auch „der mährische Pausilipp') genannt wird. Eine halbe Stunde ostwärts von Sloup liegt das reizende Holsteiner Thal, dessen smaragdene Wiesmgründe umu Ahoru- nnd Buchcnhaine cingcfasst und von der Nuinc des Vcrgschlosses Holstein überragt sind. Der Burgberg birgt in seiner Felsenbrust eine düstere Höhle, einst als Verließ der Schreckmsort Gefangener und Eingekerkerter. An solchen Unglücklichen scheint es dieser, im dreißigjährigen Kriege zerstörten Naubfcstc, nach der Zahl der im Verließe gcfuudeuen Menschentnochcn zu urtheilen, nicht gefehlt zu haben. In der Umgebuug Holsteins befinden sich mehrere Felsenhöhlen uud Grotten, deren dunkle Tiefen uon Gewässern durchrauscht werden. Ucbcchaupt ist in dieser Gegend der Bodcu ganZ dnrchhöhlt; davon zeugen die in neuerer Zeit erfolgten Erdstürzc, deren grausen Spnrcu man auf der süowärtigen Landstraße begegnet. Diese führt an der laugen und niedrigen „Schaf-grottc", welche Stalaktite enthält, dann an der „Kaisergrottc" oder „Einodis", deren Fclscugcwölbe einen unterirdischen See umspannen, endlich an dem Dürfe Oslrow uorübcr uud gelangt mit einer südwestlichen Wendung in ein düsteres Felscnthal, welches „das dürre Thal" genannt wird, sich aber je weiter desto malerischer r>or Augen slcllt. Bald wölbt sich vor dem überraschten Blicke ein hochgespannter natürlicher Felscnbogcn, welcher „die Tcufclsbrnckc" heißt; weiterhin wendet uns die „Nittcrhöhlc" ihr schwarzes Hohlaugc Zu uud ihr gegenüber klingt nns aus dem Dunkel der „Katharine,!-Höhle" die ') Tcr Pansilippo ist mi Berg nordwestlich bci Neapel, mcttwnrdig durch dic ("votte vou Pansilippo, einen >/<> Stunde langen, 7 bis 10 Metcr breiten nnd 25 dis 28 Meter hohen Felsenwe^ nach Pnzznoll. 362 Tic Mncoch^ und die SloilM' Hohl^ in Htal>r>,'». Mär von einem darin verirrten lilid Mtlgckommcücn Landmädchcn geisterhaft entgegen. Einige Tchntte weiter befindet inan sich abermals im Punkwa-thalc und auf dein nächstell Wege nach Blansto und dem wald-mngürteten und fclscnmnrandctcn Thalc der Zwiitawa. ^chwarzcr-Sce im Vöbinerwal!». 35> Im VWmrwillde. ^^^M^cdcr die alten Römer noch die dentsäien Krieger des M^H^M Mittclalters fanden ein besonderes Vergnügen an dem (M«^ undurchdringlichen Urwalde dos böhlnischcn Grcnzgebirgcs s«^^^M!^ ^^^ kehrten ihin wo möglich — manchmal anch gezwungen durch feindliche Schwerter — den Nucken. Es mag anch noch in neuerer Zcit den 3alz Karawanen, die auf den berühmten goldenen Steigen den Böhmcrwald passirten, ganz ungemütlich guvcscn sein, unter dem Geheul der Wölfe und Gebrumme der Bären, auf schmalen steinigen Saumpfaden die schaurige Wildnis des Urwaldes durchirren zu müßen. Erst als die uucrmcsslichcn Holzmassen dnrch den wachsen den Bedarf an Wert gewannen, als den ersten zur Grcnzoertcidigung angesiedelten Colonien die holzvcrtilgcndcn Glashütten folgten, lichtete sich der Urwald; gar bald verwandelten sich die holperigen Saumpfade in breite, von Gehöft zu Gehöft führende Feldwege, denen später die von Glashütte zu Glashütte ziehenden Straßen sich zugesellten. So zugänglich gemacht, wurde der Böhmerwald zum Zielpunkte der wissenschaftlichen Ferienwanderungen rathedcvmüdcr Professuren und beutelustiger Studenten, die, Schiller's „Räuber" in der Tasche, „nach dcn böhmischen Wäldern" zogen. Diesen ersten Pionnicren ist es zn danken, dass dnrch farbenreiche Schilderungen des Gebirges, seiner stolzen Berges Häupter, der im Waldcsduutel versteckten romantischen Seen und der im ewig frischen Grün prangenden Thäler, das 364 Im Bül>»i«wa!dl!. allgemeine Interesse wachgerufen nnd wcitc naturforschendc Kreise zum Besuche des Böhmcrwaldcs angeregt wurden. Auch eine» Dichter, ciucn Nuhmcsherold seiner Pracht und Schönheit hat der Böhmerwald gefunden, ihn, dem vor kaum zwei Jahren cm Denkmal auf der hochragenden „Sccwand" inmitten des thaufrischen „Hochwaldes" errichtet wurde: Adalbert Stifter! Trotzdem wurde der Böhmerwald aber nur wenig besucht uud blieb dem eigentlichen Touristcnverkehre bis heute ein verschlossenes unbekanntes Gebiet. Denn ihm ferne hielten sich die Eisenbahnen Böhmens und Baicrns und auch für gute Unterkunft des ermüdeten Bergwandercrs war nur an wenigen Orten gesorgt. Dies ist nuu anders geworden; nicht bloß zieht böhmischerseits am Baume des Gebirges eine Eisenbahnlinie dahm, sondern drci Eisenbahnen sc^eu quer übcr das Gebirge hinweg, Böhmen mit Bairrn verbindend. So kann man heute bequem vom Eisenbahncoup«.! die Herlichteiten des Waldgebirges überschauen nnd hat von den Bahnstationen ans Gelegenheit, nach tnrzer Wanderung durch schattigen Oald die Hochgipfel zu erklimmen und weite Landstriche bis zu den glitzernden Eisfeldern der Alpen zu überschauen, die müden Glieder in dcu dunklen Fluten nixenreicher Seen zu starten oder auf weichem Moos mitten unter Baumriescn dahmgcstrcckt Waldc^duft zu atmen. Auch für gute Unterkunft, Speise und Trank ist überall gesorgt, wo der Tourist Eiutchr halten mag, der hier wol nirgends großstädtische Cultur suchen, vielmehr an der Urwüchsigteit von Land und Leuten sich erfreuen wird. Denn ungekünstelt, gastfrei und bieder sind die Bewohner uud urwüchsig in dem Sinne mangelnder Cultur sind auch heute noch weite Strecken des Böhmcrwaldes, wenn auch der eigentliche Urwald mit allen seinen Schrecknissen: den wilden Thieren, trügerischen Sumpfpfaden und dem von keines Menschen Fuß betretenen undurchdringlichen Waldcsdickicht bereits verschwunden ist. Noch zu Anfang des vorigen Iahrhuudcrts war der Äöhmcr-Wald, den District der klinischen Freibauern und die Sumpfslrecken Im Vöhmerwalbc. 36 5 ausgenommen, ganz und gar mit Urwald bedeckt, eine ungeheuere menschenleere, unwegsame Wildnis, das Jagdrevier zahlreicher Raub-Mcre. Aber auch hents hcrscht noch in dem ganzen Gebirge der Wald vor und Feld, Wiese und Moor treten ihm gegenüber entschieden zurück; durch seine Waldungen ist auch der Böhmcrwald berühmt geworden. Bezüglich der Waldvcrhältuissc lassen sich in dem gcsammten Gebiet des Gebirges drei Regionen unterscheiden, welche auch für die Landwirtschaft von Bedeutung sind, eine untere (bis 700 Meter Höhe), eine mittlere (von 700 bis 1100 Meter) und eine obere (über 1100 Meter). In der unteren Region, welche das ganze Vorgebirge mit Ausnahme seiner höchsten Gipfel umfasst, hat sich der Mensch bereits am meisten breit gemacht, so dass der größte Theil des Bodens dem Ackcrlandc angehört. Von landwirtschaftlichen Culturpflanzcn gedeihen fast alle, welche auch im mittleren Böhmen gebaut werdeu, in den höheren Gegenden jedoch vorhcrschmo Roggen, Hafer, Kartoffeln und Flachs. Wiescnflächcn und Grassümpsc erscheinen znmcist auf die Thalfohlen beschränkt, während die Gehänge häufig von Hut-weiden eingenommen werden. Eo bleiben dein Walde, der in dieser Region größtenthcils von Kiefern gebildet wird, nnr die Berg-kuppen und steileren Thalhänge und alte, urwaldähnlichc Bestände fehlen ganz. Anders sind die Waldvcrhältnisse in der mittleren oder Bcrg-rcgion. Hier ist der Wald, aus Edeltannen, Fichten und Buchen bestehend, die hcrschcndc Vcgetationsform. Vom Schöningcr und Ku-bani, vom St. Thmnagebirgc, vom Plöckcnstcin, Vuscn, Rachel, Arbcr und anderen Hochgipfeln überblickt das Auge ungeheure Hoch-waldmasscn, welche die brciicn, langgestreckten Kämme, die Kuppen und Abhänge bcdcckeu, die grünen, mit Wiesen und Sümpfen erfüllten Thalsohlcn und Niederungen einfassen und die mit einzelnen Gehöften oder mit Dörfern bestreuten Dichtungen und Blößen um- ringen. Freilich haben die furchtbaren Stiirmc voll 186^ und 1870 und der denselben folgende, über fünf Jahre andauernde Borkenkäfer-fraß, welchen Kalamitäten Tausende von Jochen des schönsten Hochwaldes zum Opfer gefallen sind, grosic Vücken in die Wälder gerissen nnd ganze Bergtuppcn, Minne und Abhänge cutblößt; aber die bücken in den Äesländcli entziehen sich von fern dein Auge nnd im Vergleich zu dm entstandenen Blößen sind die noch vorhandenen Waldmasscn immerhin so kolossal, dass, wer den Böhmerwald nicht vor jcucn Jahren gesehen hat, eine Abnahme des Valoes kaum finden wird; nirgends weiter in Mitteleuropa sind auch Waldmasscn von solcher Ausdehnung vorhanden. Besehen wir nns nun diese Hochwaldmasscn etwas genauer. Die alten Hochwaldbcständc haben noch immer einen urwaldähulichcn Cha ratter, denn sie sind ausnahmslos aus der ursprünglichen Urwalddeckc des Gebirges hervorgegangen. Ein fast beängstigendes Gefühl, ein Gefühl der Kleinheit nnd Ohnmacht ergreift ^cdcn, der zum erstenmale einen solchm Bestand betritt. Die dominircndcn Ääumc, Fichten und Tannen, sind Niesen mit 45 bis 55 Meter hohen, 1 bis 1'Z Meter starten, säulenförmigen Stämmen uud hoch angesetzten Kronen, ja streckenweise besteht der Wald nur aus solchen. Zwischen diesen Riesen, deren Alter 200 bis 300 Jahre beträgt, stehen jüngere Bäume, doch immerhin von mächtigen Dimensionen, denn anch sie pflegen selten unter 70 Jahre Zu zählen. Nur an lichteren Stellen nnd in Nicken, welche durch das Fällen starker Bäume oder durch Windriss entstanden, trifft mau junges Hol.^, undurchdringliche Dickungen bil dcnd. Wenn solcher Hochwald nur aus Fichten uud Tannen besteht, so macht er nnläugbar einen düsteru Eindruck, wenn aber das dunkle Grün jener Nadelhölzer häufig von dem hellen Vaub der Rotbuche unterbrochen wird, so gewinnt derselbe ein heiteres und oft völlig partähnliches Ansehen. Außer diesen ans ehemaligem Urwald hervorgcgangcncn Alt beständen, welche schon seit langer Zeit einer rationellen Planter ^m ^»Ml'l'U'llldr. ÜC'7 wirtschaft'! unterlegen haben, gibt cs aber auch noch wirtliche Ur Wälder, d. h. Waldbcständc, welche nicht allein ohne Zuthun des Menschen entstanden sind nnd seit Jahrtausenden an derselben Stelle eristircn, sondern um deren Verjüngung sich auch der Mensch nicht gekümmert hat, welche also sich selbst überlassen geblieben sind. Frei lich juugfräulichcn, von der Axt noch nie berührten Wald wird man mit Ausnahme des etwa 115 Hektare großeu Vuckcn-Urwaldes am ^tubani, welcher laut einer Bestimmung des regierenden Fürsten von Schwarzenberg für „ewige Zeiten" intakt erhalten werden soll als bleibendes Denkmal der ursprünglichen Urwaldpracht, kaum irgend anderswo im Vöhmerwaldc finden. Aber so lange der Mensch weder für die Verjüngung eines Waldes etwas thut, noch die von selbst gestorbenen, stehenden oder gefallenen Bäume ans den Beständen hinausschafft, wird derselbe den Urwaldcharaltcr bewahren, mag noch so viel Holz in ihm geschlagen werden. So aufgefasst, gibt cs immer noch sehr bedeutende Urwaldstrecken. Das Innere eines solchen Urwaldes macht noch einen ganz andern Eindruck, als die dunklen Hallen der geschilderten alten Hochwaldbestände. Bäume jedes Alters, vom einjährigen Pflänzchcn bis zum funfhundcrtjahria.cn Riescnstammc, stehen da in buntem, regellosem Gemisch; in allen Richtungen lagern Stämme (sogenannte „Nonnen") sclbstgcfallcucr oder vom Sturm geworfener und gebrochener Baum-riefen, theils noch berindet, theils mit dicken Moospolstcrn, mit Farrcn, Bärlapp uud Kräutern bedeckt, in den verschiedensten Stadien der Zersetzung begriffen. Auch stehend sterben die Bäume ab und ihre Stämme, zuletzt der Rinde völlig beraubt, leuchten dann aus dem dunklen Grün der lebenden Fichten uud Tannen als wcistgeblcichte deichen gespenstisch hervor. Die Humusschicht ist gewöhnlich so mächtig, dass der Same den eigentlichen Bodcu zum 5tcimeu gar nicht findet. ') Bl'i dcv PläntlMm'tschaft wcldcn MN' rmzl'liic Ttämutt', jc nach AcdlN'f nis, ans dein ^aldc In'nnl^ssolMlcn. 368 >. 369 ihnen die Torfmoose und andere Torfpftanzcn eine hervorragende Nolle spielen. Von ferne machen sie den Eindruck von Wiesen und werden auch als solche benutzt, wiewol das Futter, welches sie liefern wegen der vorhcrschcndcn Saucrgräscr einen nur sehr geringen Nährwert besitzt. Einen ganz andern Anblick gewähren die „Filze" oder Torfhochmoorc, welche die Mulden der Kämme und Plateaux anfüllen und meist mitten im Walde vorkommen und mächtige Torflager zu enthalten pflegen. Hier besteht die Pflanzendecke vorzugsweise aus üppigen, von Wasser durchdrungenen Polstern, welche von bleichgrünen oder rötlichen bis purpurroten Torfmoosen gebildet werden und vielfach mit verschiedelien Torfsträuchern bewachsen sind. Ueber solche Torfmoospolster hinwcgzuschrcitcn ist gefährlich, denn oft bedecken sie tlafterticfe Schlamm- und Wasserlöchcr. Häufig genug findet mau in den Filzen auch offene Tümpel oder dachen schwarzbraunen Wassers, selten größere Wasseransammlungen, Teiche oder Seen. Eine festere Stütze gewähren dem Fuße die mit Sauergräseru, Zwergwciden und niederen Sträuchern bedeckten Wülste oder Kaupen, welche allenthalben aus der im Allgemeinen braun erscheinenden Moosfläche hervorragen. Oft muß man von einer solchen Kaupe auf die auderc springen, um m die Filze einzudringen oder diese'zu Passiren. Mehr oder weniger dicht sind die Filze gewöhnlich auch mit Kmcholzticfcrn und Schwarzbirken, dazwischen auch mit verkümmerten Fichten bedeckt. Diese Torft moore, deren mauchc eine Ausdehnung von mehreren hundert Hektaren besitzen, werden als unproductive Terrain betrachtet, haben aber als natürliche Wasserbehälter für die Vächc und Flüsse eine hochwichtige Bedeutung, wenigstens di'e>emgen, welche die Quellen von fließenden Gewässern enthalten. Große Flächen nehmen in der mittleren Region mich die Wiesen ein, welche die meisten Thäler und Einsenkungen, welche keinen Wald tragen, mit ihrem saftigen Grün auskleiden. Der Ackerbau aber beschränkt sich auf. die Cultur von Roggen, Hafer und Kartoffeln; nur in den unteren Gegenden wird der Flachs noch mit Erfolg gebaut. Umluufl: Wanblrimge», 24 3?0 ^"> Böhou'rwnlde. Erreichen wir mm die obere Region, welche alle über 1100 Meter gelegenen Partien des höheren Gebirges bis zu den höchsten Gipfeln umfasst, so finden wir den Ackerbau auf einige Hafc» nnd Kartoffelfelder beschränkt, welche fich an die fehr wenigen bewohnten Orte drängen, aber dem Menschen nicht den nötigen Vcbcnsunterhalt zu bieten vermögen. Hier blichen die Kartoffeln erst Ende September nnd der Hafer braucht zur Ncife dreizehn Monate und darüber. Auch Wiesen find spärlich, dafür trifft man stellenweise echte Almen, wo die Scnnwirtschaft betrieben wird wie in den Alpen. Alles übrige Terrain ist Waldboden, Filz oder nacktes Gestein. Der Wald, vielfach vom Stnrm zerfetzt und vom Borkenkäfer dccimirt, besteht fast ausschließlich aus Fichten, welche mit steigender Höhe immer kurzschäftigcr und struppiger werden nnd an der Wetterseite mit langen grauen nnd braunen Flechtenbärtcn behängt sind; er hat einen ungcmcin düstern nnd nnhcimlichen Charakter. In den höchsten ^agcn wird der Fichten« wald lückig, die Bäume drängen fich gruppenweise zusammen, als ob sie sich gegenseitig gegen die Unbilden der Witterung schützen wollten. Die erhabensten Kuppen tragen aber nur mehr Zerstreute Büsche von Knieholz, vereinzelte Zwcrgfichtcn nnd Ebereschen, weshalb sie von ferne völlig kahl erscheinen, während in der Nähe der Boden sich gelb zeigt, da auf diesen Höhen die Fclsmassen dicht mit einer gclbgrüncn Krnstenflechte überzogen sind. Bei nnferem Anfstcigcn bis zu den höchsten Zinnen des Gebirges haben bisher die Vcgctationsvcrhnltnissc desselben nnscrc volle Aufmerkt samkcit in Anspruch genommen, nnd wol mit Nccht, da der Böhmer-wald cin echtes Waldgebirge ist nnd seinen Nuf eben den Wäldern verdankt. Er birgt aber in den einsamen Mulden und Thalschluchten der oberen Region noch eine andere Merkwürdigkeit, auf die wir ebenfalls uuseren Blick lenken müßen, bevor wir von dem Böhmer-waldc scheiden. Es sind dies die an die „Mecraugen" der Tatra erinnernden hochgelegenen düsteren Seen, deren es. im Ganzen neun oder Zehn gibt, und die mit Ausnahme eines Sees dem böhmisch- bäurischen Grenztmmne angehören. Sie sind insgesammt sehr klein — der Schwarze See als der größte misst nur etwa 10 Hektaren — dagegen verhältnismäßig sehr tief; doch schwanken die Angaben über Größe und Tiefe, wie Höhenlage noch außerordentlich. Auch der landschaftliche Charakter ihrer Umgebung ähnelt sich vielfach, so dass wir durch den Besuch eines dieser Seen die Eigentümlichkeiten aller zur Genüge kennen lernen. Wir wählen den schon genannten Schwarzen See, den größten und tiefsten nicht bloß, sondern auch höchstgelcgcncn. Vom Markte Eisenstein, nahe der Grenzstation der Pilscn-Pricsener Bahn, erreicht man bald jenen Fußweg, der auf die Seewand und zum Schwarzen See geleitet. Am Heidelhof und dem Gehöfte des Höhlbauern vorüber, durchschreiten wir wechsclud Wald und Wicsen-gründc, bis wir in der Nähe der Scewand die kahlen Regionen der „Stcinmccrc" betreten. Als wäre der ganze Berg nur ein riesiger Steinhaufen, so wirr durcheinander liegen die Stcinblöckc vom Bergrücken bis hinab inS Thal in allen Größen und Formell da. Mit Moosen und Flechten in allen möglichen Farben bunt überzogen, zeigen die Stcinmecrc ein ganz eigentümliches Ansschcn — ein eigenartiger Mosaitboden, dessen wcttcrgrcmc und moosgrüne Felder durch das üppige, mit roten Früchten bchangenc Himbecrgesträuch in angenehmer Weise belebt werden. Der erst in neuester Zeit durch diese schauerliche Wildnis gebahnte Waldweg bietet eine schöne Aussicht auf den Arber und die nachbarlichen Thäler und bringt uns an den malerischen Felszacken des Zwergccks vorüber unmittelbar an der böhmischen Landesgrcnzc auf eine mit verkrüppelten Fichten und Knieholz bewachsene Felscuplattc, eine der kuppen der Seewand. Von dem hier erbauten Aussichtsturmc genießt man eine imposante Fernsicht, welche einen großen Theil Böhmens bis gegen Prag umfasst und weit über den südlichen Vöhmcrwald und über die baicrischen Berge hinweg bis zu den dämmernden Höhen der Alpen reicht. Ein tiefer gelegener Punkt der Tecwand zeigt uus die Aussicht auf den Schwarzen See. Die Ueberraschung, die hier dadurch geboten 372 ' ^ Im Nühmermnldc. wird, dass man, aus dem dichten Waldgestrüpp hervortretend, plötzlich den dunklen Secspicgel, wol 160 Meter tief, am Fuße einer schier vertical?,! Felswand erblickt, wird in Jedermann den nachhaltigsten Eindruck hervordringen und das Bild für lange Zeit dem Gedächtnisse einprägen. An bewaldeter Lehne herab steigend, erreichen wir in einer Stunde das Ufer des Sees und suchen mm die Stelle seines Abflusses auf, von wo der Anblick des dunklen, mcist regungslosen Wasserspiegels den düsterer Nadelholz-Hochwald fast rings umrahmt, nnd der darüber sich erhebenden kahlen Felsschroffcn der Secwand am wirkungsrcichsten ist. Der See bildet drei Buchten und ist 90 Meter tief, weshalb sein Wasser so dunkel erscheint; aber aus dem gleichen Grunde könnten auch die übrigen Böhmcrwald-Tcm Schwarze Seen heißen. Fast jeder dieser Seen bcMt auch seine Tccwano. wie der Abfluss stets Seebach genannt wird. Am nördlichen Ufcr steht ein aus Fichtenstämmen gezimmerter Pavillon, wo schattige Sitze zur Ruhe laden. Hier kann der Wanderer inmitten der schweigsamen Umgebung schwelgen und träumen im Anblick des romantischen Wasserbeckens, an das sich mehrere Volkssagcn knüpfen, denen allen der Gedanke zu Grunde liegt, dass das Heiligtum der Natur durch die frevelnde Hand des Menschen zu Zwecken schnöder Geldgier misbraucht nnd entweiht worden sei. 3<5. Die Burgruine Schreckenstem. ^^^Wrachtvoll großartige Felswände erheben sich beiderseits der WN^H Elbe, wo diese ans Böhmen sich nach Sachsen wendet. Der Name der böhmisch-sächsischen Schweiz lässt zwar ^^^! nicht den eigentümlichen Charakter, aber doch den Reiz und die seltene Natnrschönheit jenes Flussgcbictes ahnen. Die eigentlichen Neizc des Elbcthalcs beginnen schon bei der freundlichen Bischofsstadt Vcitmcritz, dem würdigen Haupte jener Gegend, welche „Böhmens Paradies" genannt zu werden pflegt. Die Fahrt cmf der Elbe von Leitmcritz herab entrollt dem Ncisendcn eine rasch wechselnde Anzahl romantischer Partien, die bald einen heitern, bald einen ernsten Eindrnck hervorbringen. Je näher dem Schreckenstein, desto romantischer wird die Gegend und erweckt in unserer Brust unwillkürlich die Sehnsncht, im schweigsamen Dunkel der Fichtenwälder Zu wandeln, von den Bergtuftpen und Felsen herab-zuschauen auf die mächtige Gebirgskette, welche gleich den durch einen Zaubc'rschlag vcrsteinten Wogen eines wild empörten Meeres weithin sich ausbreitet. Das Gebirge ist theils mit Nadelholz bewachsen, theils erhebt es starr und drohend sein kahles, zerklüftetes Gestein, als wollte es emporwachsen und immer höher und höher werden, als wollte cs mit seinen ragenden Stcinmasscn dic eilenden Wolken aufhalten. 374 Tic Burgruine Tchrcckl'»sti>ui. Drei Stunden nordwärts lion Veitmcritz, auf einer dieser Klippen, einem bei 85 Meter hohm Klingstcinfclsen^, welcher sich ans dem Gcbirgszugc bis zur Elbe hervordrängt nnd beinahe senkrecht über dcn silbernen Wellen steht, lagern die Trümmer der Burg Schreckcnstcin. Von jeder Seite gesehen geben der steil anfsteigendc Fels, der „^urlci der Elbe", und die Maucrrestc, die ihn ssönen, ein hcrliches, romantisches und imposantes Bild. Nicht mit Unrecht trug das Gebäude oben den Namen Schreckcnstcin, denn stolz und hehr stand es auf felsiger Höhe, dengelnden Zum Schrecken. Von drci Seiten war die Burg unzugänglich und zur vierten, dort, wo der Fels gegen die Nord-seitc zn etwas weniger steil durch eine Einsattelung mit der nächsten Höhentettc sich verbindet, war der Zngang durch einen festen Gürtel von Zwingern und Mauern geschützt. Zwischen dem rechts aufgetürmten Burgfelsen, auf welchem die Neste des Hauptgebäudes stehen, und dem am linken Fclscnrande sich hinziehenden Vorwerke wandelnd, gelangt der Besucher zu einigen steinernen Stufen, welche zn dem höher gelegenen, gothisch gewölbten Burgthore führen; ehedem vertrat die Stelle dieser Stufen eine schief über eine bedeutende Kluft gesenkte Zugbrücke. Die Ruinen der Wuhngebäude oben lassen die Weitläufigkeit und Stattlichkcit der Burg erkennen, welche vorwiegend im gothischen Stile erbaut war. Nebst einigen noch erhaltenen Gewölben ist hier der ehemalige Rittersaal vorzüglich bemerkenswert. In seiner Verfallenheit lässt derselbe doch seine ehemalige Einrichtung ahuen, und seine Fenster bieten eine prachtvolle Aussicht in das tief unten liegende Flussthal. Das Tafelwcrk der Wände ist längst vermodert, die trauliche Sftitzbogenwölbung gebrochen, der blaue Himmel sieht ruhig ') Älingstcin odcr Phonolith ist ein plattenförmig sich absonderndes und in dünnen Platten beim Schlage hell klingende's Gestein mit dnnkclssrnnlich-gniner oder gell'lichgrmicr Ornndmassr, welches in Ungarn, Böhmen, Tentschland weit verbreitet ist, einen trefflichen Vrnchstein nnd verwitternd eine höchst fruchtbare Ackererde liefert. ' Tic Burssruinc Tchrcctrnstcu,. 375 hinein und die Sonne durchscheint von oben ganz ungehindert das Innerste der Nittcrhallc und der zerstörten Gemächer, ans deren lockerem Gestein Gras nnd Waldblumen sprießen. Eine Schentwirt-fchaft hat sich hier eingenistet, wie cm Sperling im Adlerhorst. Schlichte Tische stehen da gereiht, rohe Holzbänke vertreten jetzt die Stelle kunstreich geschnitzter Stühle, statt Zierlich mit Wappen und Sinnsprüchen ausgestatteter, gewaltiger Hnmpen, ftatr der reich ciselirten Silber-pokale klappern thönerne Kruge, klingen einfache Bicrgläscr. Nicht die alten Schreckenstcincr sind es, nicht stolze Wartenberger, nicht tapfere 5l,'insly's, nicht würdige Sprossen des Hauses Popel, die hier tafeln, schlichte Bürger sind es aus dem nahen Aussig, Badegäste aus Tcplitz, neugierige Touristen und fahrende Landschaftsmaler. Sonnenschirme und Spazierstöcke aus gebrechlichem Nohr lehnen jetzt an den Wänden, an welchen einst Schwerter, tanzen nnd Schilde blinkten. Das dachlose Gemäuer verlassend, schreiten wir über ansgebrochene Stufen zum Felsgipfcl hinan, auf welchem uns das innerste Gebäude mit seinem noch immer hochragenden Warttnrmc, mit der zerfallenden gothischen Capeltc und eingestürzten Kemenaten fesselt. Ueber Schutt und Steine, welche Moos nnd Gras bedeckt und Ephen umrankt, durchklettert man die öden Näumc, bleibt aber jedesmal wie gebannt stehen, wenn der Blick durch einen Mauerriss oder ein Fenster in die lachende Gegenwart fällt, auf die amphithcatralisch anfsteigcnden Berg-tcttcli, die braunen Felsen, die sonnigen Nebcnhügcl, auf die hier und dort aus dem saftigen Grün hrrvorlugenden Dörfer und Weiler, auf die Türme des freundlichen Aussig, auf den silbernen Fluss, der still des Schrcckenstcins bemooste Sohle netzt. Schwante Nachen gleiten über die Wellen, bewimpelte Frachtschiffe und mächtige Holzflüsic, bald überholt von dem 'fchncllercn Dampfboot; und an all' diesen Fahrzeugen eilt ein Eiscnbahnzng brausend vorüber. An der Rundwartc und den innersten Burgrestm vorbei kommt man durch ein enges Pförtchcn über einen schmalen Steg, der jetzt die ehemalige Fallbrücke über einen gähnenden Felsspalt ersetzt, auf 376 Die Vulnluinc Schicclenstcin. ein kleineres, sich etwas tiefer herabsenkendes Plateau, welches das Vorwerk und die Verbindung des Burgfclsens mit dcr nachbarlichen Höhcntcttc schirmend bchcrscht. Hier war das Hornwerk des Schreckensteins; es liegt noch mehr in Schutt und Trümmern als die Hauptburg, und nnr die Aussicht auf deren malerische Nuinen und auf die im Hintergründe ans der Tiefe steigenden, mit Nadelholz bewachsenen Berge belohnt für den Weg anf dieses Fclscnplatcan. Schreckenstein war, soweit Urkunden darüber berichten, ein landesfürstliches Kronlehcn, welches zu Nnfang des 14. Jahrhunderts Pcsik von Strekow innc hatte. Dieser erbaute die Vnrg vom Grund aus neu nnd wurde dafür im Jahre i:nu mit einem königlichen Freibrief begnadet, welcher die einträglichen Elbzöllc bei Vcitmcritz und Aussig mit dcm Schrcckenstcincr Kronlehcn vereinigte. Er verkaufte im Jahre 1319 Schreckenstein an Georg von Wartenberg, welcher sich die Erblichkeit dieses Lehens versichern ließ. Einer seiner Nachfolger überließ 14W die Burg Schrcckcnstein durch Tausch an die Familie von Wchynie; doch fchon im Jahre 1415 finden wir WlaLet von Kladno als Herrn auf Schrcckenslein, einen eifrigen Katholiken und einen der vornehmsten Parteigänger König Sigismund's. Im Frühjahre 1426 erfüllte Waffcnlärm die Gegend von Aussig nnd Schrcckenstcin. Es war die Zeit dcr schrecklichen Hussitenkriege. Sigismund hatte Aussig nebst anderen böhmischen Städten an Friedrich den Streitbaren von Meißen verpfändet nnd meißnische Truppen in dieselben gesetzt. Zn Aussig stand die Hauptmacht dcr Meißner. Die Taboritcn und Waisen zogen im Frühling 1426 in Nordbohmcn umher, die meißnischen Besatzungen zn vertreiben. Im Mai warm Veipa, Wcisiwasscr, Trcbnitz, Du^, Graupen nnd Tcplitz in den Händen der Hussiten, aber Aussig trotzte noch. Ritter Iatoubct von Wi-esowie, der zweite Führer der Taboritcn, ein Mhner, aber unsteter Kämpe, welcher mehr dem Waffenglück der Taboriten huldigte, als deren religiösen Eifer theilte, hatte die Stadt Aussig bald nach Ostern angegriffen nnd belagerte sie durch drei Monate hart und mit Ausdauer. Katharina Die ÄM'ssruine Schrcckcnstcmc. 3?? von Meißen, Friedrich's entschlossenes Weid, ricf ill ihrcs Gemahls Abwesenheit ein bedeutendes Heer zusammen, das schwerbedrängte Aussig zu entsetzen und weiter in Böhmen vorzudringen. Ein Heer, welches, wicwol etwas übertrieben, auf 70.000 Mann geschätzt ward, darunter die Blüte der meißnischen und thüringischen Ritterschaft, zog iu drei mächtigen Haufen gegen Aussig; aber dic in den umliegenden Bezirken zerstreuten Böhmen, schleunige Waffcnhilfe aus Prag entbietend, sammelten sich zeitig genug, den Scharen des Ritters Wreso-wic beizustchcn. Die Böhmen besetzten, 25.000 Mann start, eilig die Anhöhe bei den Dörfern Prcdlic und Hcrbk'). Prinz Sigmund Korybut, der Priester und Feldherr Protop der Große, Johann Smii-ict>- von Suiiric, zwei Herren von Kunstat und Pod^brad, Hynet von Waldsleiu und die beiden mährischen Herren Johann Towaöowstv und Wcnccslaw von Krawai' waren die obersten Feldhauptleute der Böhmen bei diesem Vcrteidiguugstampfe. Am Morgen des 14. Juni wm es bei dcu Dörfern Prcdlie uud Hcrbic zur Schlacht; sie war cilie der blutigsten und für die Böhmen rühmlichsten im ganzen Verlaufe der Hussitenkriege. Vor Beginn des Kampfes rief einer der Untcrhauptleutc: „Wer diese Gottes-schlacht mannhaft auskämpfen will, versöhne sich zuvor mit Gott dem Herrn!" Die Böhmen fielen sämmtlich auf die Knie und beteten laut, und die Taboritcnpricstcr theilten das Abcndmal aus. Prinz Korybut hielt eine feurige Anrede und übergab die Führung der Schlacht Protop dem Großen. Der erste Angriff der au Zahl überlegenen Meißner war fürchterlich. Im ersten Anprall rissen sie die vorderste Wagenburg nieder, von der zweiten jedoch empfieng sie ein mörderisches Feuer aus Haubitzen und Feldschlangen, welche die Böhmen meisterlich zu bedicucu wußten. Mit wildem Geschrei stürzten die Taboriten in die Gassen, welche ihr ') "Diese Anhöhe erhielt wegen des für die Meister imMcMchen Ausganges der Schlacht, wobei sie in die Flucht geschlagen wurden, den Namen ,,Bsli:'mi", d. i, Vanfen, Geschütz in den feindlichen Massen geli6)tct hatte. Ein Berzwciflungs-tampf entbrannte. Die Dreschflcgclgardc Prokop's that Wunder der Tapferkeit, und „wo die Waisen drcinschlugcu", heißt es in einem alten Liede, „dort floss das Blut in Strömen". Prinz Konflmt selbst hieb wacker um sich. Wncha von Iliiwn führte „wie ein Vöwe" des Prinzen Banner. Ein Tr6ta von ^ipnk drang fechtend so weit in des Feindes Scharen, dass ihn die Seinen verloren gaben, er aber kehrte mit seinem Banner glücklich, sieghaft wieder. Der junge mährische Held Wenccslaw von itrawai- wurde im dichtesten Handgemenge verwundet. Endlich wendeten sich die Meißner nach verzweifeltem stampfe zur Flncht; müde vom Schlagen mid verschmachtend vor Hitze und brennendem Durst, wurden sie scharenweise die Schlachtopfcr der Verfolger. Die Dörfer Predlic und Hcrbic wurden angezündet und viele Meißner verbrannten in deren Häusern, in welche sie sich geflüchtet hatten. Beide Parteien hatten sich vor der Schlacht zugcschworcn, keinen Pardon zu geben. Bei Prcdlic waren vierzehn Grafen und Hauptlcutc der Meißner von ihren Streitrosscn gestiegen, fleckten die Schwerter vor fich in die Erde und knieten um die große Mcißucr Heerfahnc, um ritterliche Haft zu bitten, aber vergebens; fic fielen allesammt unter den Streichen der erbitterten Taboritcn und Waisen; nur den Edelknaben, welche seitwärts bei den Pferden standen und die Stcchhelmc ihrer Herren hielten, schenkten die Sieger das junge Vebcn. Iatonbek von Wi-csowic, der Taboritcnsührer, nahm ans Mitleid einen meißnischen Fcldhauvtmann auf sein eigenes Schlachtross, um ihn zu retten; die grimmen Taboritcn aber tödtcten ihn dennoch vor ihres Anführers Augen. Das Heer der Böhmeu hatte einen verhältnismäßig unbedeutenden Verlust erlitten; am meisten betrauerten sie den Tod ihres kühnen Untcrfcldhcrrcn Johann Äradatv, welcher unter König Wenzel IV. Bürgermeister in Prag gewesen war. Die Meißner aber ließen 15.000 Gefallene auf dem Schlachtfcldc, darunter 23 Bannerherren und fieben Grafen. Der Bach, welcher vom Schlachtfelde der Elbe zueilt, war an diesem Tage buchstäblich vom Älute der Erschlagenen gerötet. Auf ihrer weiteren Flucht tamcn noch viele Meißner um; bei Graupen und Geicrsbcrg fand man bei dreihundert flüchtiger Ritter todt; aus der Negräbniscavellc, welchen ihnen ihre Verwandten dort errichten ließen, entstand suätcr die jetzt berühmte Kirche des Wallfahrtsortes Maria-Schein. Auch bei Prcdlic wurde eine noch hcutc bestehende Gedächtnis-capellc jenes blutigen Tages erbaut. Die Söhne Wlaöck's von Kladnu mußten, um sich dcn Besitz des Schrcckenstcins zu sichern, nach jener Entscheidungsschlacht den Hussitcn Bundcsfreundschaft geloben. Unter Georg von Podöbrad hielten die Herren von Wartenberg den Schrcckcnstcin abermals im Pfandbesitze, um das Jahr 1500 die Herrcu von Walostcin. König Ferdinand I. verpfändete die an die böhmische Krone rückgclangte Vnrg an Kaspar Dc^ensl^ von Strojctic, und uach dessen im Jahre 1557 crfolgtcm Ableben an dessen Sohn Wenzel, welcher sie mit töniglichcr Zustimmung an Wenzel Popel von Vobt'owic auf Duf abtrat. Dessen Sohn Adam Gallus Popel von Vobtowic, einer der trcucstcn Näte Rudolfs II., welcher als kaiserlicher Commissär im (5'lsass, in Siebenbürgen und Ungarn mit Erfolg gewirkt hatte, erhielt im Jahre 1601 für seine treuen Dienste die Burg und Herschaft Schrcckcnstcin crbcigcntümlich und seither blieb diese Besitzung bei der Familie ^obkowic. Im dreißigjährigen Kriege besetzten im Jahre I6:;i die Sachsen unter Arnhcim den Schreckenstcin, im Jahre 1634 die Schweden uutcr Ban^r, im Jahre 1639 ein Streifcorps vom Heere Torstcuson's und 1646 des Obristcn Coppy schwedisches Raubgesindel von der Kttnigs-mart'schcn Armada. Vom dreißigjährigen Kriege ab wurde der Schreckcnstein nur selten bewohnt und verfiel allmählich. Im siebenjährigen Kriege waren noch einzelne Gebäude uutcr Dach und ein Theil der Vurg bewohnbar. Während die Preußen im Jahre 175? Aussig besetzt hielten, hatte sich eine Abtheilung Kroaten auf dein Schreckeusteinc eingenistet. Die 380 Die Burgruine Tchrcctcnstcin. kühnen Notmäutlcr neckten den Feind durch häufige Ausfälle und Streif-zügc und erschossen bei einem solchen den preußischen General Zastrow. Die Preußen nahmen endlich die halbverfallene Burg energisch in Angriff, vertrieben die kroatische Besatzung und ließen ein Commando unter Major Emiuger oben zurück. Nach der siegreichen Schlacht bei Kolin zogen die Kroaten (am 27. Juli 1757) wieder vor Schrcckeustcin, eroberten die Burg und nahmen den Major Eminger mit 200 Mann Preußen gefangen. Diese kriegerischen Scenen verscheuchten die letzten Bewohner des halbverfallenen Schrcckenftcins, und Zeit und Wetter vollführten fortan ihr Zerstörungswut' unaufgchaltm um so mächtiger und schneller, als das Dachwcrk auch des letzten Gebäudes theils morsch zusammengebrochen, theils durch böswillige ^cutc verschleppt war. Wie das verwitternde Stelct eiucs mächtigen Giganten starrcu nun Schreckensteins Ruinen von ihrer Klippe herab in dcu silbcrucu Strom, den diese Burg einst beherscht, nicht als ein Schlupfwinkel und Schlagbaum kühner Naubgeuosscu, sondern als ein stolzer Sitz geachteter Herrm, als eine Brustwehr des Vaterlandes, treu wachend au dessen wogenden Pulsadern, der hcrlicheu Elbe. s) 7. In der böhmischen Schweiz. Schweiz! Der Name könnte nicht ungeschickter l^sW^ gewählt sein; denn mit dcm Schweizer Alpcnland hat dic so bezeichnete Gegend nicht das Geringste gemein. Mag l^^^^j auch hie und da eine waldbcschattcte enge Felsschlucht, von einem Vächlcin durchrauscht, in ihrer Romantik an das Hochgebirge erinnern: die Illusion, der man sich hingegeben, ist sofort verschwunden, wenn man einen der breiten Thalgründe betreten oder gar die Höhe des niedrigen Gebirges erklommen, welche als ein einförmiges, mit Kiefernwald und prosaischen Feldern besetztes Plateau sich darstellt. Ehemals hieß die bescheidene, liebliche Landschaft, welche von Hcrrnstrctschcn bis Pirna von der Elbe durchzogen wird, das Meißener Oberland; erst seit dcm Jahre 1795 ist der Nmuc „sächsisch-böhmische Schweiz" in Gebrauch gekommen, zu einer Zeit, wo man sich den Schönheiten der Schweizer Hochgebirgswelt aufmerksamer zuzuwenden begann und nun mit Vorliebe auch anderen Gebirgslandschaften den Namen „Schweiz" beilegte, ohne damit das Ding mit dem richtigen Namen zu nennen. Und trotzdem besitzt jenes von der Elbe und einigen Seitenthälern durchbrochene Sandstcingebirge, welches als „böhmische Schweiz" das Erzgebirge mit den Sudeten verbindet, seine eigentümlichen Schönheiten. Ucberall erblickt man senkrechte Felswände oder frei aus- 382 I» der lwlMischi'u 3chwci;, ihnen hervortretende Pfeiler, die in gewissen Höhen terrassenförmig auseinander geballt oder horizontal abgeschnitten sind. Weite oder cngc schluchtcnartigc Thäler mit senkrechten Fclsgehängen, die nur am Fuße Zuweilen von einer schrägen überwaldcten Schutthalde cingehiillt find, durchschneiden ein einförmiges Plateau, auf dem hier und da einzelne Felsbcrgc oder Pfeiler von ähnlichem Van emporragen, so dass man deutlich erkennt, sie sind nichts Anderes, als eine bis auf geringe Ueberrestc zerstörte obere Fclsvlatte. Horizontale Schichtung und senkrechte Zerklüftung ließen bei einer Thalauswaschuug durch Wasser keine anderen Formen zu, als eben horizontale und senkrechte. Was hier schräg ist, ist Folge späterer Zerstörung, Schuttanhäufung oder kuppen-förmigcr Ucbcrströmung des alts engen Oeffnungcu hervorgetretenen Basaltes. Die phantastisch wilden Formen des Sandsteins, welche sich indessen mit einer gcwifsen Gleichförmigkeit wiederholen, versetzen in poetische Stimmung; und wenn auch die Plateaux recht monoton sind, so bieten sie doch vielfach schöne Fernsichtcn tief nach Böhmen und Sachsen hinein. Auch das Silberband der Elbe verleiht der Gegend einen hohen Reiz. Was aber die Bequemlichkeit im Reisen betrifft, so gibt es wol kein Gcbirgsland auf Erden, was hierin mit der böhmisch-sächsischen Schweiz sich messen könnte; die verfeinerte menschliche Cultur hat hier Alles so durchdrungen, dass die Gegend mehr eiucm großartigen Parke als einer Wildnis gleicht. Der Antheil Böhmens am Elbesandsteingcbirge wird durch die Thalfnrchen der Elbe und des Kamnitzbachcs in drei Grnppen getheilt, von denen die des Tctschcncr Schnecbcrges im Westen, das Vinsdorfer Plateau und die Dittersbacher Heide im Osten des tÄbcstromcs liegen. Der Tetschcner oder hohe Schncebcrg, die bedeutendste Erhebung des nordböhmischcn Sandsteingcbirgcs, überragt mit seiner Höhe von 724 Meter alle Berge der böhmisch-sächsischen Schweiz. Es ist ein langer bewaldeter Bergrücken, ^ Stunden lang, '/i Stunde breit, von einem Fclsentranz umgeben. Nahe dem höchsten Punkte erhebt sich der feste, geschmackvoll aus Sandstein gebaute Aussichtsturm, In dor dölimischl,'» 2ä,wei;. 383 an 33 Meter hoch, den Graf Thun-Hohenstein im Jahre 186^-errichten ließ. Bon sciner Zinne genießt mau die großartigste Rundschau in der ganzen böhmisch-sächsischen Schweiz. In der Nähe breitet sich ein gewaltiges Waldpanorama ans, darüber ragen im Norden die Platcanbcrgc der sächsischen Schweiz, nach Osten die ^ansitzer Berge, nach Süden und Südoslen öffnet sich das Eulau- oder Äodcnbach-Thal mit einer Menge freundlicher Ortschaften, gcnan im Süden Eulau, darüber die Nuine Blantenstein, links davon Äodcnbach nnd ein Stück uon Tetschen; darüber erheben sich die Kuppen des Mittelgebirges mit dem Milleschauer bis zn dem einem Sargdeckel vergleichbaren Schlossbcrgc lion Tcplitz; mehr im Vordergründe erscheint westlich das Erzgebirge, während nach Nordwcstcn das Elbthal nnd ein großes Stück von Sachsen sichtbar wird, wo die Türme des reizenden Dresden sich am fernen Horizont scharf abzeichnen. Einen natürlichen Ucbcrgang, eine Vermittelung zwischen der Gruppe des Schnccbergcs und der Dittcrsbachcr Heide bildet das Vinsdvrfcr Plateau, welches an der Westseite von der Elbthal-spalte, nordwärts durch das tief cingcschnittcne Thal von Krcibitz und des Kamniftbaches begrenzt erscheint und sich nach Osten nnd Süden bis zu jenen Ticfenlinicn erstreckt, deren Streichen durch die Orte AöhmisclMamnitz und Tctschcn angedeutet wird. Dieses Plateau, welches gegen Osten ansteigt, ist nicht blos; von cnggcschlossenen Thal-gründen mit senkrechten Wänden umgeben, sondern uon solchen auch bis in das Innere durchfurcht. Im oberen Theile breiter, sind diese Thäler im Grunde mit Häusern bedeckt, wild und öde aber in den sehr engen unteren Partien. Auf der Höhe erheben sich einige theils aus Sandslein, theils aus Basalt bestehende flache Kluppen, unter denen der prachtvolle, abgestutzte Basaltkegel des Nosenbcrges am höchsten (634 Meter) emporstrebt, aber, da er ganz bewaldet ist, die Mühe des Erstcigcns nicht lohnt. Das zwischen der Elbe, dem Kamnitzbache und der Nordgrenzc Böhmens gegen Sachsen gelegene Sandstcingcbiet, die „böhmische' 364 ^n dn' lwymischc» Schweiz. Schweiz" im engeren Sinnc odcr dic Dittcrsbachcr Heide genannt, zeichnet sich durch seinen bizanen landschaftlichen Charakter vor den eben geschilderten Gebieten in hervorragender Weise aus. Dort, wo am rechten Ufer die Kamnitz ihr Wasser der Elbe übergibt, liegt, nur wenige Minuten von der sächsischen Grenze entfernt, am tiefsten Punkte Böhmens das freundliche Dorf Hcrrnskreischen. Besonders reizend wird sein Anblick, wenn man von der Mitte des Stromes aus in der Abendbclcuchtnng die zerklüftete Felswand betrachtet, an und unter welcher die Häuser des Ortes erbaut sind. Wenn wir von hier den ^auf der Kanmitz aufwärts verfolgen, so gelangen wir etwa nach einer halben Stunde in den lieblichen Edmunds-Grund, welcher von gewiegten Bcurtheilern landschaftlicher Schönheit für den malerisch schönsten Grund der sachsisch-böhmischen Schweiz erklärt wird. In der That bieten die steilen Thalwändc im Schmuck des wechselnden Grüns von Laub- und Nadelholz zusammen mit dem klaren, forellcu-reichcn Wasser oft die prächtigsten Bilder. Ungleich lohnender aber ist die Partie durch das Thal der Biela, welches sich oberhalb Hcrrnskretschcn nordoslwärts von, Kamniftthal abzweigt. Denn hier führt der Weg durch romantischen Wnldgrnnd an zahlreichen Sägemühlen vorüber, zuletzt auf steilen Treppen zu dem berühmten Prcbischthorc hinan, dessen kühner Felscnbau an Großartigkeit weder iu 57csterreich noch überhaupt in Europa von einem andern übertreffen wird. Dieses Naturwunder erhebt fich auf der Höhe des gleichnamigen Berges, 291 Meter über dessen Fusi, A73 Meter über dein Meere. Durch eine freistehende schmale Felscn-wand hat die Natur hier eine 20 Meter hohe und ebenso breite Wölbung gebrochen, unter welcher eine alte Fichte steht, die aber mit ihrem Wipfel zur Höhe nicht hinanrcicht. Der obere Schlußstein hängt auf einer Seite mit dem Hauptfelscn zusammen und ist etwa 15 Meter lang, :; Meter stark. Auf der andern Seite ruht er nur auf einem die Platte tragenden Pfeiler und hat so ein brückcnartiges Ansehen. Alle Umrisse au diesem höchst sonderbaren Quadersandstcin- Gebilde sind abgerundet, als wenn der Drechsler die Felsen in der Drehbank gehabt hätte. Bietet sich schon dnrch die Thoröffnung dem Auge ein cntziickcndcs Gemälde dar, so ist die nmfasscnde malerische Fernsicht von der Fclscnbrücke noch ergreifender. In nnmittelbarcr Nachbarschaft erheben sich die merkwürdigen Formen des fäulenartigcn Prcbischlegels nnd des Kreuzstcins; in der Tiefe erblickt man eine Menge schancrlichcr Abgründe, während sich in der Ferne die Fluren Böhmens zn einem Panorama ausbreiten, uoin Erzgebirge nnd böhmischen Mittelgebirge begrenzt, aus denen sich in der Mhc der Rosenberg majestätisch erhebt. Von der Brücke hat man mir wenige Schritte bis zur Vandesgrcnzc, so dass das Prcbischthor gleichsam die nördliche Pforte Böhmens bildet. Doch noch andere Wunderwerke des betretenen Sandsteinreoiers sollen wir staunend erblicken, wenn wir unsere Schritte weiter ostwärts nach der Dittcrsbacher Heide lenken. Das kleine Dorf Dittersbach kann als ein Ccntralftunkt der böhmischen Schweiz betrachtet werden, denn es liegt 2^ Stunden von Hcrrnstrctschen, 2 Stunden von Böhmisch-Kamnil) entfernt und ist uou diesen beiden Orten gleich leicht zu erreichen. Bei dem genannten Dorfe befindet sich der berühmte Felfenkessel von Dittersbach, der weit nnd breit seines Gleichen sncht. Nings nm eine nur wenig ansteigende Fläche von 95(1 bis 1150 Meter Durchmesser, in deren Mittelgrund die Kirche von Dittcrsbach steht, erheben sich steil aufsteigende abgestufte Fels-massen ili den groteskestcn und abenteuerlichsten Formen. Bis zu einer Mcereshöhc von ^20 bis 360 Meter bilden sie zusammenhängende Sandsteinwändc; von da aufwärts sondern sie sich aber in einzelne höchst malerische Fclsgruppcn, mttcr denen die schroff abstürzende Wilhclmincn-Wand, der prachtvolle spitzige Felstcgcl Maricw Fels, das in kolossale Platten gespaltene Felscnprisma des Nabenstcins, endlich die abgestumpfte Pyramide des Faltcnsteins besonders auffallen. Eine Wanderung Zu den merkwürdigsten Punkten dieses Amphitheaters antretend, ersteigen wir zunächst auf 170 Treppen den Nudolf-Stein, 386 ^n dcr böhuilschcn 2chw«,. einen Fclstolofs, der auf sciller Höhe cin Häuschen trägt, von wo aus man eine hcrliche Allssicht genießt. Ein Promenadesteig, der sogenannte Fürstenweg, führt von hicr durch Vaub- und Nadclholz-bestand auf und ab uud zulegt über eine Brücke auf die Wilhelminen-Wand, anf deren höchster Felskuppe ciue Erenntagc steht. Von da kommt mau über „Balzers Vager", ein iu Fcls gehauenes Ruhebett, zu dem Großen Spiy gen stein oder Marien-Felsen; 240 Holz- uud Stcmtrcppen führen auf die Spitze der Felspyramidc, voll deren (Gloriette aus uiau das ganze Elbthalgcbirge bis zum Schnecbcrg bei Tctscheu überblickt. Zwischen der Wilhclminen-Wand nnd dein Marien-Felsen liegt der Meine Spitzige, drei Felssäulcn, von welchen die mittlere auch der „Drahtbiiidcr" heißt. Auf den Marien-Felsen folgen noch der Nabcnstcin und dann der Faltenstcin, dessen.Gipfel die Trümmer einer Naubburg trägt. Nirgends zeigt fich der cigentüinlichc Charattl'r dcr Quader-sandstein-Gcbildc deutlicher, als an diesem Felscnt'cssel von Ditters-bach. Wie künstlich aufgebaute Mauern nnd Türme starren uns NO bis 100 Meter hohe Felswände oder reihenweise geordnete Felspfeilcr entgegen; durch tiefe Klüfte abgesondert erscheinen die mächtigen Fels-platten, auf dercn oberstem Ende große Würfel- oder pyranndcnartigc Fclsstückc ill scheinbar sehr Zweifelhaftem Gleichgewichte balancircn, und mit Necht fragen wir, welchen Klästen verdanken diese wundersamen Gebilde ihren Ursprung? Die Antwort lautet: nicht die Mtlcanischcn Kräfte der Tiefe haben diese Fclsgebilde emporgehoben, soudern das Wasser hat sie ausgcwascheu und modellirt. 3chon beim ersten Anblick dieser Bildungen uutcrscheidet man auch hicr zweierlei Absonderungsflächen, welche sich in dem ganzen QuadersanostciwGcbirge vorfinden und ihm seinen Namen geben. Die ersten bilden fast horizontale, meilenweit fortziehende Stufen, welche zu wicderholtenmalcn in Terrassen absetzen, bevor sie ihre normale Höhe erreichen. Diese horizontal abgestuften Fcls-platten find nichts Anderes, als die einzelnen Schichten, in welchen I» dcr blihnnschcu Echweiz. 38? dcr Sandstein seinerzeit durch Sandabsay auf dem ehemaligen Ntccrcs^ gründe sich bildete. Dic zweite Art dcr Absonderung dcs Gesteins bildet srutrccht auf der Schichtung stehende Müstc, Nisse und Spaltc», wclchc dic Felsmasscn bis zu verschiedenen Tiefen durchsehen uud trennen und dadurch das Geslcin qnadcrförmig theilen. Dic Entstehung dieser senkrechten Klüfte tmm aus dcr Znsammenzichung des Sandsteins beim Festwerden, nachdem das Meer sich zurückgezogen, uud aus dcr Zcrspaltung bciui Durchbruch jüngerer uulcanischcr Gesteine — der Basalte, welche tuppenförmig dem Quadcrsandstein-Gebirge auf-gcscyt siud — durch den Sandstein erllärt werden. So mögen wir uns «.'orstellcn, dass jenes Vabyriuth lnul grotesken Fclsiuasseu, welches wir jetzt die böhmisch-sächsische Schweiz nennen, ursprünglich eine monotone Ebene uon horizontal liegenden Saudsteinbäntcn war, die sich im Niveau dcs Königstcins uud Vilicn steins weithin gleichförmig ausdehnte. Der erste Ncgcnguss, der aus dic aus dem Meere laugsam emporgehobenen Gesteinsschichten niederfiel, leitete die erodircnde Arbeit des Wassers ein, dic gefallenen Tropfen strömten nach der nächstgelegeueii Äodeurinfenlung, zarte Rinnen hinter sich zurücklassend; zum Nieselbach uercint, folgen sic den uorhandcueu Spalten des Gesteins und schneiden sich tiefer ein; als Bach stürzen sich die gesammelten Gewässer in die Klüfte, erhalten hier dic volle mechanische Kraft einer stürzenden uud strömenden Wassermassc und wühlen sich tiefe Schluchten in die Felsen. Zum ^lufsc vereint, 'waschen sie sich ein breites Bett aus, das sich mehr und mehr erweitert, bis endlich durch die fortdauernde Abwafchung und Fortführung dcs abgespülten Gesteinsmaterials jeuc Erosionsthälcr gebildet sind, die von steilen, fast senkrechten Felswänden eingeschlossen werden, und m welchen zwischen Thalgrund uud Thalwand lein allmählicher Ncbcrgang wahrnehmbar ist. 25* ztt. DaF Istr-Sandstrinplatmu in Oord lwhmru. ^^^^Mlic paradiesische Gegend Nordböhmens, welche zwischen dem §H^W Vciimeriher Mittelgebirge ulid deiu Icschtcnzngc eingebettet 7^<^^ ^^^' ^^^ unucrdicntcrweisc lusher lnun Strom dcs MM^Dj reiselustigen Publicmus nnberiihrt. Freilich fehlten ihr bis vor wenigen Jahren die nötigen Eisenbahnlinien; hcntc aber steht dies Gebiet bereits mit den Hanptronten dcs böhmischen Bahnnetzcs derart in Vcrbindnlig, dass in dieser Hinsicht wol selbst dem bequemsten Touristen kein Wunsch mehr übrig ist. Die hcrlichsten landschaftlichen Schönheiten der bezeichneten Gegend grnppiren sich nin das Becken von ^cipa, Hirschbcrg und Ncichstadt. Im Nordostrn desselben streichen die Ausläufer dcs Lcitmcritzcr basaltischen Mittelgebirges hin, das bei Haida noch einen seiner würdigsten Repräsentanten, den >!leis, aufgestellt hat; weiter östlich folgen die rasch nach der Niederung abfallenden Höhen des nordböhmischen Smidstcingcbirges, als dessen am weitesten nach Süden vorgeschobener Posten der wild zerklüftete Slaviöet bei Vürgstcin gelten kann; noch weiter östlich liegt das Ieschtcngcbirge. Zwischen diesem nun und dcm ^eitmeritzer Gebirge zieht sich mit einem weiten Bogen nach Süd als Verbindungsglied das Iscr-Sandsteinftlatcau hin; im Mittel Rollberg. wenig über 300 Meter, an den nördlichen und südlichen Rändern aber 380 bis 450 Nieter hoch, bildet es die Wasserscheide zwischen dem Polzenflnssc, der Elbe und der Iscr, letzteres Gewässer zwingend, voli seinem ursprünglichen Vaufe scharf nach Süden abzubiegen. Dieses Plateau zerfällt in geologischer wie landschaftlicher Beziehung in drei Gruppen, in eine westliche, in der Gegend von Dauba nnd Mscno, eine mittlere, bei Wcißwasser nnd Hühnerwasscr; und eine östliche, bei Aicha und Nebenan. Letztere, welche mit dem Ieschkcngcbn'gc unmittelbar zusammenhängt, ist charakterisirt durch einzelne, scharf hervortretende Sandstein-kuppen, zwischen die sich kleinere Phmwlithkcgel gruppircn; eine höchst interessante Erscheinung sind hier die beiden scharfkantigen Vasaltrücken, vom Voltsmundc als Teufclsmaucrn bezeichnet, welche ill einer ^ängc von drei Stunden in südwestlicher Richtung den Sandstein durchziehen; an manchen ^rten ragen sie maucrfo'rmig 6 Meter hoch empor, und mußte man, da sie dem Verkehr ein arges Hindernis entgegensetzten, tunnclartigc Gänge durch sie hinhurchbrcchen; so zwischen Kössel nnd Sabcrt bei Oschitz. Nach Westen zu steigt das Terrain rasch in den ruinengekrönten Sandstcinfclscn des DLwm nnd denen des Hirschbcrgcs auf; die Basaltmassc des majestätischen Nollbergcs schließt die Gruppe ab. Der mittlere Theil des Iser-Sandstcinplateaus charattcrisirt sich durch ausgedehnte, einförmige Hochflächen; auch an ihrem Rande taucht eine gewaltige Basaltmassc auf: der zwcigipfclige Vösig bei Hirsch bcrg. Der westlichste Theil zeigt lange Sandstcinplatten, von Basalt dnrchsctzt; echte Vertreter dieser Formen sind der Kosclbcrg bei Leipa und der ^ange Berg bei Habstcin; eine große Anzahl von Thalspalten durchschneidet das Gebiet nach allen Richtungen. Eine Eigentümlichkeit der Anlage der Dörfer ist in diesem Theile bemerkenswert. Man könnte wol erwarten, dass die Ortschaften die Nähe des Wassers und der Straße in den Thälern aufsuchen würden. Aber letztere sind so schmal und haben so schroffe Ränder, dass für die Entwicklung der Dörfer tcin Raum blieb; so suchen diese die Höhe dcs Plateaus, mid wir finden in dcn ticf cingcschnittcncn Griinden nur einsame Mühten und Gasthäuser. Von diesen jetzt genannten Bodenerhebungen ist nun das Becken völlig eingeschlossen, innerhalb dessen sich die Städte ^eiva, Ncichstadt, Niemcs, Hohlen, Habstcin und Hirschbcrg befinden; es ist noch einmal getheilt durch das Kümmerer Gebirge oder den sogenannten Thier-gartcnwald, ein furchtbar Zerrissenes Sandsteingcbirgc, an dessen Fuße vordem die Wasscnvogen ihr wildes Spiel getrieben haben mögen; der dichte, finstere Wald, der es bedeckt, vollendet die wilde Schönheit seiner Thäler. Die sudctischc Richtung dieses Gcbirgszngcs (Südost-Nordwest) war entscheidend für die Richtung der Straßen in dem besprochenen Gebiete; die wichtigsten derselben sind ^cipa-Hirschbcrg-Weisiwasscr (zugleich Bahnlinie) und Veipa-Ncichstadt-Hühnerwasscr.' Die höchsten Erhebungen dcs Thiergartcnwaldes sind der Eichberg (452 Meter) nnd der große Pcl^bcrg (4l9 Meter), beide basaltisch. Die nordwestlichen Ausläufer, die ebenfalls aus Vasalt bestehenden Mückcnhahucr Steine, sind so eigentümlich grotesk zerllüftct, tlippen-artig, dass man sie aus der Ferne gewiss für Sandsteinbildungen ansehen wird. Der lleincrc westliche Theil des Beckens ist durchströmt von dem Abfluss der mächtigen, scrartigen Hirschbevgcr Teiche, der größere östliche vom Polzenfluss. Die Ufer des letzteren find sehr flach nud werden zur Zeit der Ncbcrschwemmung in secnartige Flächen verwandelt. Das'ganze Becken ist mit Diluvial-Ablagcrmigcn bedeckt, die in fruchtbarem, rotem, lehmartigcm Boden bestehen uud eine Mächtigkeit bis Zu fast 6 Meter haben. Edle Vcrgformen, „domaitige" blaue Basalttuppcn steigen allenthalben aus dieser Ebene empor. Die Abgeschlossenheit dcs Gebietes, das geringe Gefalle der Gewässer, die mächtigen Schuttablagcrungen lassen wol darauf schließen, dass das ganze Becken früher einen See bildctc, aus dem das Kummerer Gebirge, sowie die einzelnen Basaltkuppen inselartig hervorschauten: um so wahrscheinlicher ist diese Ansicht, als wir in der Hirscbberger Niederung noch drei große sccnartige Teiche finden: den Hcidctcich (114 Hektar), don Großteich (!542 Hcltar) und den Grofthcrrnscr Teich (228 Hektar), der kleineren Wasserflächen, wie des Poscl- und Woberncr Teiches und der Huhlener Teiche gar nicht zu gedenken; alle dicsc Gewässer haben einen gemeinschaftlichen Abfluss durch das Höllcthal bei Ncuschloss in den tiefer gelegenen Veipacr Kessel. Eilie Wanderung durch dieses Höllcthal gleicht einer solchen durch das Biclathal bei Königslcin oder den Eduiundsgrund bei Herrns-krctschcn. Zwischen schroff aufsteigenden Sandstcinfelscn, deren Höhen und Schluchten umn üppigsten Niischwald bedeckt sind, zieht der klare Fluss still und ruhig dahin. Mächtiges Schilf und riesige Farne säumen ihn ein. Dieses Thal ist gebildet durch den Durchbruch der in der Hirsch-berger Niederung früher aufgestauten Gewässer, deren Eutwcichnng im Norden die höheren Sandstcinmasscn ein Hindernis entgegensetzten. Im Laufe der Zeit arbeiteten sich aber die Fluten einen Weg hier durch, und so entstand jenes reizende Durchbruchsthal. Ans der Mitte des Sees ragte als eine Insel der Sandstcinfclscn des höchst originellen Habstcines (bei der gleichnamigen Stadt) empor. Von welcher Seite man auch die Hirschberger Niederung betritt, überall hat man seine merkwürdige, mit den Trümmern einer Burg gekrönte Gestalt uor Augen. Der obere Theil des Felsens hängt weit über, so dass das Gauze fast wie eine umgekehrte Pyramide anssieht; dies scheint darauf hinzudenten, dass allmählich zurückweichende Wasserfluten ihren Zcr-störungsproccss an ihm ausübten; indem die unteren Partien des Felsens länger dem feindlichen Element ausgesetzt waren, als die oberen, konnte die eigentümliche Forin entstehen. Das Städtchen Hirschbcrg scheint so recht geeignet zu sein, für Touristen als Standquartier zu vielen Ausflügen zu dienen. Die ^nft wird hier noch nicht oerpcstet von dem Qualm der Fabriken; keinerlei Industrie stört mit lästigem ^ärm das Stillleben der frcnnd lichen Bevölkerung; zufrieden pflanzt Jeder in seinem Hopfengarten. A92 DaS Isci-Sandstl'inplcitt'n» ni Nuvbb>jl>,»t,!, Der Wildfrennd mag sciu Auge wcidcn au dcn Nudeln von Wildschweinen, Dmn- und Edclhirscheli iin gräflich Waldstein'schcn Thicr^ garten, odor an dcn mannigfaltigen Sumpf- und Wasservögcln, welche die Ufer und Wasserflächen der Teiche beleben; der Botaniker und Entomolog taun hoffen, reiche Ausbeute zu erzielen; denn Sandstein und Vasalt, selbstsläudig und vermischt, Wald und Wiese, sumpfige lind trockene Striche sind in reichster Abwechslung vorhanden. In etwas mehr als einer Stunde wandert man zu dem zwei gipfeligcn Vösig, der die Nmnen einer aus dein 5>. Jahrhundert stammenden Burg und die Trümmer eines von dein Wallenstcincr gegründeten Klosters trägt uud von dessen Turme man eine Aussicht geniestt, die vom Wiuterberg bis in die Gegend von Prag uud vom Millcschaltcr bis zur Schnceloppc reicht. Oder man besucht den eine Stunde entfernten Altperstein, einen spitzen Vasaltzinken, auf dem lülm die Trümmer eines Nanlniesics hängen-, oder endlich, mau lässt sich durch den Thiergarten auf die Vornay am Nordrande des Groß-teichcs führen. An grottcnartig zerklüfteten Saudsteinwänden vorüber geht der Weg durch dcn wildprächtigstcn Hochwald auf dcn steilen Vasaltgipfcl. Da liegcu sie unter uus, die breiten, snlleu Hl>asscr^ flächen der groben Teiche, ili deren blaueu Spiegeln sich die freundlichen Ortschaften beschauen. Die ganze Hirschbcrger Niederung mit ihren üppigen Wiesengründcn, saftig grünen Hopfengärten nnd ihren zahlreichen, domartigen Kuppen ist vor nnscrm Blick ausgebreitet. Ein wahrer Kranz von Ruinen uud Schlössern folgt in weiterer Ferne: der RalSko, der Viisig, das Hnnstaschloss, der Altpcrstein, die Non-bnrg, Habstcin und Ncuschloss. Die langen Nucken des Daubaer und die spitzen Kegel des Veitmcritzcr Gebirges schließen nach Westen das Gemälde ciu, während nach Nord und Nordost das Auge über die düsteren Waldgründc bis zur fcruen Vauschc und dem Hochwald bei Zittau schweift. Bon Hirschberg Abschied nehmend, wenden wir uns der Stadt Leipa zu. In dem Gebiete zwischen Elbe, Iscr nnd Kamnitz ist sie Das Ise» Sandstein ft latccm in Nordbühmon. Z93 die bedeutendste Stadt. Das hat sic lediglich ihrer ^agc au der Mündung des ganzen jcht geschilderten Beckens zu danken. Hier laufen dic Straßen von Hiihncrwnsser, Wartenbcrg, Gabel, Haida und Hirschberg Zusammen, von hier aus genieinsam durch das Polzew thal der Elbe zustrebend. Dicsc Hauptverkehrsader Böhmens, der Elbstrom, wäre wol mm dein besprochenen Gebiete ans noch anders zn erreichen. So führt von Habstein und Hirschbcrg eine Ehausscc nach Melnik und von ^ceuschloss eine solche über Graber nnd Auscha nach ^citmeritz; aber in den mannigfaltigsten Windltu^en schlangeln sich dieselben bergauf, bergab dnrch die niiihsaiuen Passagen des Daubaer und nn den Nändcru des Veitiueri!)cr Gebirges hin. Ebenso unbequem sind die Dcfileen von Gabel aus dnrch das Icschlcngebirge nach Ncichcuberg nnd noch schwieriger die über das Lausiher Gebirge nach Zittau. Wie nun der Polzcnfluss säiumtlichc Gewässer des ganzen Gebiets nach Vcipa uud von hier aus nach der Elbe führt, so zieht die Hauptmasse der Handelsproduttc jener Gegend, Feldfrüchtc, Holz, Hopfen, Vieh :e., die sanft abwärts sich neigenden Straßen nach Veipa nnd von hier aus dnrch die Passage, die der Polzcnflnss vorschreibt nnd die in ostwestlichcr Richtung die einzig mögliche durch das ^eit-meritzcr Gebirge ist, nach der Elbc. Abgekürzt wird dieser Weg noch durch die Bahn. So ist ^eipa ein natürlicher Stapelplatz. Vs bildet selbstverständlich den Eiugangspuntt für auswärtige Producte. Auch das geistige Material findet fich hier aufgestant, Oberrealschule nnd Gymnasium, Bürgerschulen :e. sorgen snr die intcltcctuellr Entwicklung. Wir tonnen die Bedeutung dieses Ortes kurz mit den Worten zusammenfassen: veipa ist Handels- nnd Schnlstadt für die Umgegend, Der stets wasserreiche Polzcnftuss mußte auch das Aufblühen der Industrie begünstigen, nnd so sind hier zahlreiche Fabriken entstanden. Von ^cipa aus empfiehlt sich ein Ausflug in das 8wojter Gebirge; das ist ein Complex von Snndsteinmassen, der schon uorhul erwähnte südlichste Allslänfer des nordbohmischen Sandstcmgcbirges. 394 Tas Isl'r-Eaiidstcmpc.itolN! in Noidböl,»!«,. Es scheint, als habe hicr die ^iatur in den schaurigen wildrn Schluchten, den schroffen Abstürzen, den höhlen- nnd grotteuartigcn Bildnngeli alle Schönheiten des Sandstcingebirges anf einen Punkt zusammendrängen wollen. Der Name Slaviöek bedeutet nachtigallenartig. Unter gewissen Richtungen soll nämlich der Vind beim Durchstreichen der zahlreichen Schlnchten klagende, melancholische Töne, ähnlich der Acolsharfe hervorrufen; daher diesc Bezeichnung. Der Gipfel (536 Meter, also wenig niedriger als der große Wintcrberg) ist basaltisch. Er gewährt eine wunderbar schöne Nnndsicht, die bis zum Nicscngebirge, dem Millcschauer, der Vansche nnd dem Musty bei Vlünchengrätz reicht. Mrdlich vom Slavi<"ek, nahe dem Dorfe Bürgstcin, steht der Einsicdlerstcin, ein isolirtcr Sandsteinkcgel, der die Nninen einer Nant'linrg trägt nnd dein wir wegen des besonderen Interesses, das er erregt, noch einen speciellen Gesuch abzustatten gedenken. Der Einsicdlcrstcin wurde nach einander von sechzehn Einsiedlern bewohnt, deren letzter 1501 starb. Aber er ist nicht der einzige Punkt dieser Gegend, welcher die Stätte eines eigentümlichen Eremitcnlcbcns wurde. Mancherlei Raubgesindel, um religiöser oder politischer Verbrechen wegen Verfolgte, Deserteurs, Wilddiebe, Falschmünzer,- wegen ekler Krankheiten Ausgewiesene, endlich fromme Einsiedler und Büßer — alle diesc ^cute suchten uud fauden in den zerklüfteten Saudsteinfelsm im dunkeln Schoße des dichten Forstes willkommene Verstecke; hicr konnten sie nngcstört ihr lichtscheues Wesen treiben. So entwickelte sich in Böhmen ein Troglodytcnlcben, das hie und da bis heute besteht. Wie der Sandsteinkegcl bei Vürgstcin nach den Einsiedlern, so hat auch die Samuels-Höhle des Slaoil-ck nach einem Eremiten ihren Rainen. Die Höhlen des Höllcgrnndcs tragen unverkennbare Spuren, dass sie lange Zeit bewohnt gewesen sind; die Grotten der Drllbska Sknla, d. i. Näuberfcls, bei Klcinskal, bildeten einst den Schlupfwinkel einer Vande, die die ganze Umgegend in Schrecken versetzte, bis eine von ihnen geraubte Jungfrau wieder entwischte und ?ns Iser-Sandstt!»plateli!i in Norddiihmen. !i95 die Landbevölkerung sicher durch das labyrinth Zur Rache führt«?. Auf dem Musty bei Vtünchengrätz besteht bis znm heutigen Tage cin echtes Troglodytcndorf. Hier bilden die zahlreichen Höhlen des Sand-stcingebirgcs die WohnMtcn ganzer Familien; in dumpfen, lichtloscn^ von Schmutz starrenden Felslöchern Hansen die Beklagenswerten, die cngcn, feuchten Räume noch nüt Ziegen, Schweinen und Gänsen theilend. Krüppel und Cretins, völlig nackte Kinder und nur mit Lumpen halbbekleidete Erwachsene bekunden den Zustand äußeister physischer und geistiger Verkommenheit, in dein sich dicfe Gesellschaft befindet, nnd man weis? nicht, ob man bei ihrer Betrachtung dein Gefühle des Abscheues oder dem des Mitleides den Vorrang lassen soll. Doch zurück zn unserm Gebiet. Vom Einsicdlerstein wenden wir uns nach Ncichstadt. Alle die kleinen Vandstädtc, wie Reichstadt, Nicmcs, Wartcubcrg und 57schitz, in denen die Indnstric gar keine oder doch nur eine sehr nntcrgeordnete Nolle spielt, tragen ein nnd denselben Charakter: außer der Kirche, der Schule und dein Schlosse irgend, eines reich begüterten Adligen weisen sie lwnu ein bedeutendes Gebändc anf. Die Häuser sind fast alle noch aus Holz gebaut, selten über zwei Stock hoch, mit weit vorstehenden, oft bedenklich schief hängenden Dächern, die mit Schindeln gedeckt sind; eine Eigentümlichkeit bildcn die Vanbcn, das sind an der Straßenseite befindliche, meist anf Holzfäulen ruhende Vorbauten. Während des Tages herscht eine fast unheimliche Stille anf dem Markte und in den Straßen; die Bewohner sind auf den Feldern und in den Gärten beschäftigt; erst nach beendetem Tagewerke beginnt sich größeres ^cbcn bemerkbar zu machen. Dann findet man nnter den Vauden bunte, malerische Gruppen gelagert, von rauchenden Männern und lachenden Frauen und Kindern. Zu ganzen Trupps ziehen Burschen und Mädchen singend durch die Straßen; zwischen die deutschen bieder mischt sich wol hie und da eine öcchischc Weise. Ncichstadt besitzt in dem mächtigen, weitläufigen, aber etwas schwerfälligen Renaissancebau des kaiserlichen Schlosses eine hervorragende Merkwürdigkeit. Die 396 Dnö Iser-Siixdstmipllitcal! i,i Ncrdliöhmcn. fürstliche Pracht seiner nüt hc-rlichcn Kunstschätzen geschmückten Gemächer erreicht ihren Gipfelpunkt in dem Saale der historischen Sitzung, wo wir Wand' und Deckengemälde von entzückender Schönheit nnd Holzschnitzereien alter, höchst seltener Arbeit finden. So langweilig im Ganzen die Städte selbst, so reizend sind ihre Umgebungen. Da ist z. B. eine halbe Stnndc von Wartenberg der D^win, ein Sandsteinfclscn mitten im Walde mit einer sehr umfangreichen Niline, von deren Zinnen man eine wundervolle Aussicht genießt auf den blauen Spinel des Hammcrtciches, der aus dem üppigsten Wicscngrün herausschaut auf den majestätischen Nollbcrg, die bausche, den Hochwald, Icschlcn, Vimbcrg, Tolzbcrg, Kleis, Slaviöck, Ortelsberg, das Kainnitzcr Gebirge u. s. w. C'in wahrer Kranz von Städten zeigt sich den erstaunten Blicken. Wer noch mehr schauen will, erreicht in anderthalb Stunden den Gipfel des Nollbergcs, der sich ganz isolirt 411 Mcw' über die Ebene erhebt (696 Meter absolut). Sein Fuß besteht aus Sandstein, der von dichtem Nadelwald bedeckt ist; weiter oben tritt der Vasalt auf; hier prangt der mächtigste Buchenwald. Auf dem Gipfel finden wir dic riesigen Trümmer der Burg Nalsko; zwei ehemals kolossale Türme flanlireu den Mittelbau, durch dessen Fensterhöhlcn sich dem Auge ein entzückendes Vandschaftsgemälde darstellt. Die Burg soll schon im 9. Jahrhundert bestanden haben; nrtundlich tritt sie im Anfang des zehnten auf. Im 15. Jahrhundert war fic im Besitze der Wartcnbergc, die auch auf dem Düwin saßen und uun hier aus die Umgegend brandschatzten. — Im Jahre 1468 belagerte der Sechsstädtebuud ^) das Schloss. Aber die Besatzung konnte ruhig auf ihrer Warte, die die festeste uon Böhmen war, dem Angriff entgegensehen. Sie war wol vcrprouiantirt, und wenig Mann vermochten dem Sturm von Tausenden zu widerstehen. Da erboten sich ') Dle Oln'vlmisitzer Städte Bautzen, Görlitz, Zittau, Laubcm, Löbau und Camrnz schlössen 1A46 einen „Sechsstädtrbmid" zu gemeinsamer Hilfe gegen Mörder, Räuber nnd andere Verlnrchcr. T>nS Iscr-Saiidslcinlilatcau i» Nordliuhmen. 397 Zwölf Freiwillige aus der Stadt Zittau zu cinein kühnen Wagstücke. Der Hirte, dessen Obhut dic Herde des Schlosses anvertraut war, trieb täglich am Abhänge des Berges die Ninder zur Weide. In der Abenddämmerung wurde er überfallen uud niedergemacht. Das Dutzend Wagehälse trieb nun die Herde vor sich her, dem Gipfel zu. Als dcr Pförtner die ihm wolbckanntcn Glocken dcr Thiere vernahm, öffnete er sorglos, und im nächsten Momente wütete dcr Mord in der Feste. Die überraschte und völlig verblüffte Besatzung wehrte sich kaum und wurde bis auf den letzten Mann getiidtet. Mit der Erinnerung an diese wenig bekannte Heldenthat der tapferen Zittaucr wollen wir von dem interessanten Gipfel scheiden und uns dem Städtchen Wartcnbcrg zuwenden, wo wir diesmal das Ende unserer Wanderung erreichen. 39- Burg Vürystrin auf dem Ou-sirdlcrstcin. ^^^Wölebcr die älteste Geschichte dcr Burg auf dem isolirten Sand- M»«M slcinblock lici Bürgstcin (unweit Haida im nördlichen Böhmen), welchen das Volk, seit einem Jahrhundert und ^2^^! länger, anch dl'u Eilisiedlcrstein nennt, besitzen wir leider tcine Nachrichten; doch muiicn wir annehmen, dass die Gründung in einer sehr frühen Zeit stattgefunden habe, denn die natürliche ^age des Felsens war zu einem Burgbau sehr verlockend, ähnlich der des Ojbin bei Zittau. Die Herren von Lipa waren wahrscheinlich beider Burgen Gründer. Der ältere Name dcr Burg Bürgstein (in der früheren Schreibart Bcrtinstcin, Birtstcin, Pirtftcin) war öcchisch, denn vor den Hussitcutriegcn sprach man in ^eipas und Vürgstcins Umgegend noch größtenthcils öechisch. Heute noch erinnern die Namen vieler Dörfer, Berge, Bäche an ihren slavischen Ursprung. Die Burg hieß ursprünglich Slup oder Sloup, d. i. die Säule, das Säulcuschloss. Ein Zweig der Herren von Vipa nannte sich nach dieser Burg „von Sloup", vertauschte aber diesen Namen bald, der Mode jener Zeiten folgend, mit dem deutschen „Bcrtinstcin" uud,,,Pirkstcin"; dennoch erhielt sich dcr Name Sloup in Uilunden bis MU 17. Jahr- Bürgstein. Bury Vülgstnn auf dem Einsiedlerstei». ' 399 hundert. Schon in der Mittc des 14. Jahrhunderts verschwinden die Herren von Sluup oder Pirtstem ans der Gegend ihrer Stammburg und tauchen theils in Mähren, theils im öaslaucr Kreise wieder auf, wo sie sodann eine zweite Burg Pirkstein erbauten. Im Jahre 1440 saßen Johann und Friedmann Panc^ von Smojno als Herren auf Bürgstein. Mit ihnen zugleich erscheint Miles (Nitolaus) Panc!. 401 stand erhoben, liest Libstcinskv das Schloss unter der Fclscnburg Bürgstein herstellen und bewohnte dasselbe, besonders seit seiner Erhebung zum Hauptmann des Veitmcritzer Greises, sehr oft. Die Schweden beunruhigten Bürgstein wiederholt und führten auch dic Verödung dcr Burg herbei; sic erstiegen und verheerten dieselbe im Jahre 1K39 nach cincr kurzen Gegenwehr eines Häufleins kaiserlicher Soldaten. Nach dem Tode des Grafen Libstcinskv von Kolowrat fand man seinen Nachlass im zerrüttetsten Zustande, weshalb sämmtliche Güter zum Verkaufe gelangten. Seine wiedervcrmählte Witwe erstand die Hcrschaft Nürgstcin und hinterließ diese ihrem Sohne ans zweiter Ehe, Ferdinand Hroznata Kotoi-owcc Grafen von Kotol-owa. Dieser fasste die eigentümliche Idee, die öde Fclscnburg zn einer Andachts-stättc nniznfchasfen: er errichtete daselbst eine Einsiedelei, liest oben mehrere Banten vornehmen, eine geräumige Cavelle, Grotten und Bctnischen in den Felsen hauen nnd einen neuen Änfgang anbringen. Das seltene Wert machte viel von sich reden, die abenteuerlichsten Gerüchte über dasselbe entstanden, ja man vergast über der neuen Eremitage auf die alte Vurg und bald galten sogar alle Felsenarbeiten anf dem öden Säulcnschlossc sammt und sonders für eine neue Anlage des Grafen von Kokoi-owa. Dcr erste Einsiedler auf dem Bürgstein, dcr nun den Namen „Einsiedlcrstcin" erhielt, war um das Jahr 1690 Bruder Constantin, ein gelernter Baumeister, welcher an den Bauten und Steinarbeiten seiner tolossalcn Felscnklausc ciucn wcrtthätigen Antheil nahm. Bis Kaiser Josef's II. Hofdeerct im Jahre 17«'> alle Einsiedeleien in Böhmen anfhob, wohnte stets ein Einsiedler oder auch ein Paar derselben auf der Felscnburg Bürgstcin. Die Sühne des Grafen Ferdinand Hroznata von Kotm'owa verkauften 1710 die Herschaft Bürgstein an das Hans Kinsk>-, mit welchem eine neue Acra für Bürgstcin begann. Durch die Grafen Kinsk^ wurde die Hcrschaft in vielfacher Hinficht gehoben und zu einem der ersten Industrie- und Handclsbczirtc Böhmens umgebildet, besonders -102 Burg Biirsts»cu, «uf dcm ^iüsiedl^ftriü, dnrcl, den ^berstlandiägcrincister Johann Josef Ntaximilian >tinst>' (gcb. l?<>,'>, g^si. I7>^o), den energischen und opfermütigen Schöpfer von Fabriken und neuen Iudnstriczwcigcn, den Gründer neuer Dörfer, den milden Gebieter und frommen ^tirchenstiftcr, wclchcr auch in den Jahren 1733 bis 173.') das jctzigc elegante Schloss zn Bürgstcin anf ciner Vehne in l?inMr Entfernung von der alten Fclscnbnra. crbaucn ließ. Es ist die ^ilk', ungcschmücktc Wahrheit, was die Inschrift anf dem Grabmal dicfes edlen Grafen in der Biirgstcincr Pfarrlirchc fa^t: „Teinem Vaterlandc gab er Verdienst, Gewerbe nnd Handlung feinen Unterthanen Eigentum, Freiheit nnd Ncichtnm, vcrenngtc dadnrch fcin rnhmoolles Nndentcn in den Herzen feiner Vandslcutc." Einem Andern dieses Geschlechts, dem k. k. Fcldmarschall^ieulenant Karl Grafen Kmsk> (geb. 1760, cM. 1831), verdankt Aürgstcin die meisten Verschönernna,cli; es ward durch ihn zn cincin dcr annehmlichsten Adclsfchc nmgeschaffen. Sein reger Schönheitssinn beschäftigte sich auch mit dem „Einsicdlcrstcin". Die alte Felsenbnrg wurde neuerdings beqnem zugänglich gemacht, die hübschen nnd ganz originellen GartcnanlcMN dcr Eremiten w'.nden wiederhergestellt nnd das Ganze cincr Zweckmäßigen Aufsicht übergeben. Sa bildet jcht der Bürgstcin den Anziehnnqspnntt für zahlreiche Besucher, deren Interesse durch dic eigentümliche Oertlichtcit gewiss in hohem Grade angeregt wird. Am Fuße des sogenannten ftwojtcr Gebirges, auf dessen Abhang ein Theil des Dorfes Mrgstein erbaut ist, öffnet sich, anf der einen Seite von malerischen, ticfcrngckriwtcn Sandsteinfelsen, anf dcr andern lwn allmählich aufsteigenden Hügeln begrenzt, ein eigentümlich reizendes Thal, dessen Sohle einst ein größeres, durch einen Bach erfrischtes Gcwäffcr erfüllte, »on welchem noch jetzt Teichgründe übrig find. Inmitten eines folchen Teichgrnndes, welchen nun die anfgcdämmtc Straße dnrchfchncidet, türmt sich ganz isolirt nnd start zcrtlüftet anf cincr nnbcdcutcudcn Erhöhnng ein mächtiger Sandsteinblock in beinahe cylindrischcr Form, nur anf einer Seite ziemlich stark überhängend; dicscr Fels trug das Sänlenschloss Slonp oder war cs cMusscr- maßen selbst, denn in seiner natlirlichen Vage bestand docli eigentlich nur die Fcstigtcit der Burg und sein Kern war zu verschiedenen, zur Burg schmissen Gemächern benutzt. Hart an dem Fels länft die Straße, welche von Haida an dem neuen Schloss Bürgslcin vorüber nach dcui nahen bleich stadt führt. ')lördlieh mtter dem Felsen sicht der altertümliche Ncst jenes von Adnin Vcrta erbauten Schlosses und daran grenzt der ehemalige Mcicrhof, welcher nrknndlich schon im Jahre 1412 bestand nnd jebt grösitentheils zu Bcaintenwohnungen, Kanzleien und ,;u der Hauptniedcrlage der bcnihmten gräflich ,^instv'schen Spiegel-fabrik dient. Die Nrwässer haben die kanten und Ecken des Stcinkolosscs stark abgerundet und die Vetter von Jahrhunderten verliehen dem Ganzen eine gleichmäßige, gelbgrauc Färbung, die besonders bei einer hellen Beleuchtung eine prächtige Wirtung übt nnd schon manchen Landschaftsmaler zu hcrlichen Studien entzückte. Die höheren Theile des Felsens, welcher gegen :w Meter hoch und -l5 his 60 Meter breit ist, sind abgeplattet; hier einc ganze Strecke geebnet, dort abgestuft, wie es die Notwendigkeit beim Burgbau gebot oder wie es sich gerade am besten thun liest. Die Klüfte und Felscnril.'c sind theils sorgsam vermauert, theils sieht man an den alten Falzen und cingcspitzten Vöchern, wie dieselben einst dnrch Balten und Nicgclwerl verwahrt gewesen sein mochten. An der Südwestscite laufen drei ziemlich regelmäßig in den Felsen gehauene Wchrgängc übereinander; sie bietet die breiteste Fronte und den eigentümlichsten Anblick. Zuoberst auf dem Plateau des Felscntolosscs wachsen Eichen und >tiefcm und selbst die Strcitgäugc erscheinen von Neben begrünt, deren Stöcke noch von den Einsiedlern gelegt worden sind. Man stmmt, wenn man durch den neuen Eingang in das Innere des Felsens gelangt ist, über die vielen, mitnnter hohen nnd langen Gänge, Treppen und «Gemächer, die hier auf das mühsamste in das Gestein gehauen sind. Viele davon stammen ans der Zeit der ritterlichen Bewohner, andere aus der Epoche, der Klausner. Die 2U* ^04 Burg Bin'ssslcin n>if dl'»! llmsu'dk'rstl'in, sehenswertesten Partien ans der ältesten Zeit befinden sich an dcn erwähnten Stroitgängen. Auf einem tieferen Plateau, von dem nian unmittelbar die Wehrgängc betritt, steht eine riesige Buche, in deren Nindc lnan frithcr die ?lamcn und Daten hoher Besuche cinzuschncidcn pflegte, als ein wol dn'ihundertjahrigcr Wächter des Eingangs zur Rüstkammer, welche aus zwei Felscngemächern besteht. In beiden ficht man noch die Falzen, in welchen die Holzncgcl Zum Aufhängen der Waffen angebracht waren; in der Fcnsterbrüstung des ersten Gemaches, dessen Decke uon rohen, in Stein gehauenen Säulen gestutzt wird, befinden sich zwei styllose, aber gewiss sehr alte Scnlpturen, einen liegenden Vöwenauf der einen, nnd auf der andern Seite einen aus dem Gitter gekommenen und nach demselben zurückblickenden Tiger vorstellend. Beinahe am entgegengesetzten Ende des Strcitgangs gelangt man über Stufen in den sogenannten „Krug", ein ftaschcnförmigcs Gefängnis, welches früher keinen Zugang hatte und tcinc andere Ocffnnng als jene, nicht viel mehr als mannsdicke, dnrch welche man die Gefangenen von oben hinabließ. Das Innere dieses „Krugs" ist mit vielen, mitunter sehr alten, mühsam eingekratzten Figuren bedeckt, davon die meisten das Werk qualvoller langweile der Gefangenen sind. Das oberste Plateau hatte Raum für ein ziemlich großes Gebäude, doch ist von einem solchen außer einem Zug der Grundmancrn nichts mehr übrig. Ein Wäldchen grünt oben nnd üppiges Moos; wo man da den Boden aufwühlt, stoßt man fast allenthalben auf Vrandspurcn; es wurde an der eigentlichen Burgstätte bereits eine nicht unbedeutende Menge verkohlten Getreides anfgefnndcn. Von der Nurgslättc senken sich, einander gerade entgegenlaufend, zwei Stiegen in den Burghof hinab, wo man noch den halbver-fchüttcten Frlscnbrunncn, in den Stein gehauene Stauungen und die Stelle der ehemaligen Anffahrt sieht, welche von einem vorgeschobenen Fclsblock besonders wirksam zu verteidigen war. Eine Fallbrücke verschloss den früher einzigen Anfgang znr Burg; man erkennt im Burghöfe noch die Stelle, wo deren Anfzugskurbel angebracht war. Die geräumige Vurgcapellc, cinc Reihe von Grotten und 'bischen, zwei Häuschen, deren eines anf dem ehemaligen Nürzgartcn der Burg steht, stammen, wenigstens in ihrer jetzigen Gestalt, aus der Zeit des Grafen Ferdinand von Kotol-owa nnd sind meistens das Werk des Eremiten Conslantin, dessen Nachfolger lleinc Gärtchen nnd Hecken anbrachten und so der öden Burg einen eigentiimlichcn, belebenden Schmnck vcrlichcll. Die Bnrgeapcllc, die unter dem Grafen von Kotoi-owa, wenn nicht ganz neu angelegt, so doch erweitert und ganz verändert wurde, mit ihren rohen, grauen Eaudsteiuwändcn, ohne jeglichen Schmnck, ill ihrer schwachen Beleuchtung, mit ihrer Allssicht ans den Rundfeustcrn in den von jenen beiden hohen Burgtreppcn dnrchfchnittenen Felscnspatt, macht einen überraschenden düstern Andruck; man tränmt in den Katakomben zu sein! lieber der ovalen Decken-ösfnnng der Cnpcllc wölbt sich eine gemauerte Knppcl, von welcher, so lange Klausner oben wohnten, morgens, mittags und abends ein Glöcklcin ertönte, das noch immer nicht verstummte; es befindet sich seit 17^5, auf einem Türmchen im Mcicrhofe nntcr der Vurg nnd lässt noch immer täglich dreimal seine elegische Stimme durchs Thal erklingen. 4.wn Reisenden, wie die Grubenbaude an den !>()() Meter tiefen, sentrecht abfallenden Schncegrnbcn und auf der Spitze der Schneetopfte das im Jahre i«68 erbaute Koppenhaus. Die innere Einrichtung der Bauden bezieht fich immer auf dic Beschäftigung ihrer Bewohner: den Wiesenbau und die damit verbundene Viehzucht. Jeder Baudenmanu besitzt unmittelbar vor feiner Wohnung, längs dem Abhang des Berges, ein uach Verhältnis scines Viehstandcs größeres oder geringeres Stück Vand in erblichem Pacht, das er sorgsam von Steinen reinigt nnd oft mit den aufgeschütteten Haufen desselben einzäunt. Diese sogenannten Grasgärten sind fchon ans der Ferne durch ihr frisches Grün von der übrigen Bergwcidc sehr unterschiedet!, ihre Cultur ost mit der der schweizerischen Matten im Wesentlichen eine und dieselbe, ihr Wert aber weit geringer als der der Alpcnmattc. Sie siud von fchr verschiedener Güte in ver^ schicdcnm Theilen des Gebirges; im Ganzen haben die auf den 412 Das Nicsl'Nsscbirgc. mittäglichen Berglehnen der böhmische,! Seite gelegenen hinsichtlich ihrer Fruchtbarkeit den Vorzug vor dcn auf der Wintcrseite befiltdlichen schlesischen. Für die besten Wiesen werden allgeilleili die in dcn „sieben Gründen" gehalten; die südliche, von drei Seiten durch die höchsten Berge geschützte Vage dieser Wiesen und der Reichtum der Bewässerung befördert hier mehr als irgendwo das Gedeihen des Pflanzcnlcbens. Steigen wir von dein Kamme des Gebirges in seine oberen und unteren Thäler, so sind es zwei Erwcrbszweigc, welchen wir nntcr der dichten Bevölkerung vornehmlich begegnen, die Spinnerei und Weberei. Findet sich der Flachsban auch nur in den Vorgebirgen, so ist die erste Verarbeitung desselben doch durch das ganze Niescngcbirge verbreitet. Anßcr Böhmen deckt namentlich Mähren den Bedarf der fleißigen Spinner. Die Vorarbeiten zur Herstellung eines guten Flachses sind nngemcin nmhsam, so dass oft von einem Kilogramm nicht mehr als 13 bis 16 Dekagramm feilies, zu eiuem vorzüglichen Gcspinnste taugliches Material übrig bleibt. Von ihm wird dann aber mich ein Faden gewonnen, der bei einer Vängc von 16.800 böhmischen Ellen si<)'6 Kilometer) nicht mehr als 2 5 Dekagramm wiegt. Und dieses Wunder wird von Männcrhänden mittelst der Spindel oder des Spinnrades vollbracht. Indes bedient man sich zu dem feinsten Garn lieber der Spindel als des Nadcs, obwol mal, mit diesem schneller arbeitet. Selbst im Gehen sieht man die fleißigen Spinner, bald Erwachsene, bald Kinder, bei ihrer Beschäftigung. Dennoch ist der Vohn nnr ein kärglicher, und dieser wird dem armen Arbeiter nicht selten durch Garnhändler noch verringert, welche ihn nötigen, den Flachs nnd andere Dinge, die er zu seinem Zwecke braucht, von ihnen zu beziehen. Oft verdient die fleißigste Spinner-familic kaum 50 bis 60 Kreuzer dcn Tag, wovon die ganze Familie, drei bis vier Kinder anßer Mann und Frau, nicht nnr erhalten, sondern auch gekleidet nnd noch soviel erübrigt werden soll, um neuen Flachs anzukaufen. In welche Not gerät das arme Volk alsdann, Tns Rleil'ii^'bil'.i!'. 413 wenn der Winter mit aller Strenge oder anhaltende Theuerung der nötigsten ^cbensmittel eintritt! Zu dieser armen Bevölkerung gesellt sich die gleich arme der Weber. Ucberall ist der Wcbstuhl verbreitet, seine Zahl hat sich seit Ansang dieses Jahrhunderts mindestens verzehnfacht, denn manches Dorf, das damals kanm drei Wcbstühlc zählte, hat jetzt deren dreißig. Die Arbeiten der Weber sind nach der größeren odcr geringeren Feinheit verschieden nnd werden auch verschieden bezahlt; gleichwol hcrscht fast nnter allen Arbeitern große Nut, da namentlich die Maschinen-wcbcrei Englands und Belgiens den kärglichen Verdienst schmälert. Fast znr größcrn Hälfte sind die Bewohner des Niescngcbirges Weber. Andere finden Unterhalt in den Bergwerken, Eisenhämmern nnd Glashütten, odcr sind Holzhauer nnd Köhler, odcr verfertigen Spicl-zcng, Küchengeräte, musitalischc Instrumente, wie Geigen, Guitarren nnd andere. Alle sind sie arm und führen ein nngcmcin dürftiges ^ebcn. Trotzdem fehlt der Frohsinn nicht; die Arbeit macht die Leute mäßig nnd heiter, versüßt ihnen die Nahrung und dann die Nuhe. 41. Frafcnlirrg. im ')l'ordwestcn von Mähren die Grenzen Böhmens, M^^D Preußens nnd dcs österreichischen Schlesiens znsammen-^U^^^ laufen, liegt in einem weiten Thale der Sudeten das ^^--M Städtchen Frciwaldau unt dem westlich nahe darüber sich erhebenden dopftclssiftfclia.cn schüngeformtcn Berge, auf dem die Colonic Gräfcnberg gebaut ist. Diese Colonic hat keine Geschichte; sie datirt von der Mitte dcs vorigen Jahrhunderts, als Bürger von Frciwaldau sich daselbst ansiedelten. Aber sie kann sich eines Mannes rühmen, dessen Name in der Geschichte der Hcilkunst fortleben wird, dessen Andenken mit warmer Verehrung von Tausenden gehegt wird, welche die Herstellung der Gesundheit, das Wicdcrcrringcn der Freude am ^cbcn den mächtigen Wirkungen der Wassercur verdauten, die der seltene Mann zum Wolc der Menschheit geschaffen uud in bcwuudcrnswcrtcr Thätigkeit viele Jahre Zur Ausführung brachte. Vinccnz Pricsinitz, ein Bauernsohn nnd selbst Landwirt, war es, der solche Schöpfung ins ^cbcn rief. Er wandelte die ehemalige, fast bäuerische Ansicdlnng dcs Gräfcnbcrgcö um zu einem vielberühmten Wallfahrtsorte. Um dic hcilsftcndenden kalten Quellen dcs tanncnbcwachsenen Gebirges schuf er Umfafsungen nnd Wege, baute Häuser auf dem Gräfcnbcrgc Grafenberg. Oriisl'nln'vg. 415 und endlich das große weitläufige (5urhaus, welches auf der Hohe die ganze Colonic überragt. Dcr Nuf wolgclungener Cllren durch die von Prießniv zurrst angewandte Wasscrheiltunst zog bald Vcidendc aus allen Weltgegenden herbei, so dass Gräfcnberg schließlich Jahr fiir Jahr an 2<>00 Cm-gaste und darüber auszuweisen hatte. Aber nicht das Wasser allein, welches als Bad, zu Einpackungcn in nasse Tücher, bei Douchen, als reichlich genossenes Getränk Nnwendung findet, bildet hier das einzige Heilmittel; dcr Patient muß seine ganze Lebensweise naturgemäß umgestalten und namentlich bei einfacher 5tosi jeder Witterung trotzend viel Bewegung im Freien machen, wozu die schöne Umgebung Grafen-bergs, die ausgedehnten prächtigen Nadelwälder in lieblicher Weise einladen. So verlangt die hiesige (5ur r>on dem Patienten manches ^pfer, indem er seine ganze bisher gewohnte Vebensnrt ändern und gleichsam einen neuen Menschen anziehen muß. Dlirmn war auch Oräsenbcrg trotz seines Weltrufes nie ein moderner Badeort, nno als es mit Pricßnitz, dcr im Jahre 1851 starb, die Hauptanziehungskraft verlor, sank cs bald zmn nnnmchr wenig beachteten Curorte herab. Aber des Begründers Anhänger verbreiteten seine Heilmethode unter der gesammten eivilisirten Menschheit und verschafften in der Heilkunde überhaupt dein Wasser die ihin als Heilmittel von Natur aus gebüh-reudc Stellung, In der Umgebung von Gräfcnbcrg sindct man allenthalben Zeichen des Andenkens und dankbarer Verehrung, dem verewigten Naturarztc gewidmet. So ist ihm nnwcit der Colouic ein kleines, in gothischem Stile ansgcführtcsMausoleum erbaut. Ali dem sogenannten ^oppcnwcgc erhebt sich ein von dankbaren Magyaren errichtetes Denkmal, ein Werk Schwmtthalcr's. Anßcr einem „böhmischen Monumente" gibt es auch ein „preußisches" an dcr „Prcnßcnancllc". (5inc hochgelegene, durch einen Obelisk gezierte Waldquellc heißt die „Pricßnitz-Quelle", wobei heutzutage Jeder zunächst an den Gründer des Ruhmes von Gräfenbcrg denkt. Ihr Name jedoch erinnert znglcich an einen 416 Griifcnl'^. dcr Vorfahren von Priestniv, der hicr zur Zeit des dreißigjährigen ,striegcs erschlagen ward, als er Soldaten verfolgte, die ihm scinc Tochter geraubt hatten. Noch hoher iiu Walde findet man die oft bekränzte „Vincenz-Quelle", in dcr Nähe der „stcirischen" und „finnischen 5?.uellc", die sich sämmtlich dnrch ihr vorzügliches nnd sehr kaltes Wasser auszeichnen. Vorzugsweise ist es die nördliche und östliche Scitc dcs Gräfcn-bergcr Waldgebictes, welches den reichen Quellcnschatz birgt. ^ Ihr gegcniiber iiu Norden erhebt sich an der rechten Scitc dcs Bielaflusses dicGoldkoppe, ebenfalls mit zahlreichen, nbcr weniger benutzten Qncllen. Höher als die Goldkoppc steigt die nahe Nesselloppc (9l'>f! Meter) empor. Von letzterer genießt mal, eine hcrlichc Fernsicht auf den nntcrcn Theil des Viclathalcs, auf die Verge dcr Grafschaft Glatz und auf die nnermessliche gegen Norden sich erstreckende Ebene Preußens, geschmückt mit Städten nnd Dörfern, unter denen bei reiner ^uft Iohannisberg. Ncisse und oielc andere Ortschaften leicht crtannt werden; nur gegen Süden ist der Blick durch die vorliegende hohe Masse dcs Hirschbadtmnmcs Fn'iwaldan mit dem romantischen Thalc oon Neitmhcm, Wiesen-berg und Ullersdorf verbindet. 27* 42. WhmmiBcrg ill Schlesien. Nordwestcn voll Freiwaldau liegt unweit dor preußischen M^llI^, Grcuzc das Städtchen Iaucrnig, dessen :;200 Einwohner >^M^pH Wollweberei und Kronraschfabrieation betreiben, besuchte ^ ^"^ Nosö- Ulld Vichmärttc abhalten. Ill der Nähe ist ein Silber- und Bleibergwerk im Gauge. Der Ort selbst ist schlicht und anspruchslos, er besitzt aber in dein alten Schlosse Iohannisbcrg eine Sehenswürdigkeit ersten Ranges. Auf dem Gipfel eines steilen und felsigen Vorbcrgcs der Sudeten thronend, von Parkanlagen umgrünt uud von Ziergärten nmblüht, bietet dieses Schloss, welches der gewöhnliche Summeraufcnthalt des Fürstbischofs von Brcslau ist, einen überraschend schönen Anblick für jeden Besucher, mögc derselbe zu ihm von dem österreichischen Waldgebirge hinab oder von dem preußischen Flachlandc hinauf steigen. Zwcihundcrtachtzig Stufen führcu zu dem Schlossgcbäudc empor, das durch die Uurcgclmäßigteit sciucr Aulage, die mittelalterlichen Fenster, Ertcr und Giebel einen höchst malerischen Eindruck macht, im Illuern aber zu einem ungcmcin wohnlichen Sounnersitze eingerichtet ist. Um das Schloss gruppircn sich eine große Aussichtsterrasse, ein Blumen- und Ziergarten in französischem Geschmacke, eine Obst-Pflanzung, ein Gewächshaus, ein englischer Part, eine Meierei, ^ohamnsberg (Schlesien», Iohmmiobcl'ss in Cchll'sien. 421 Schicßstättc und die Schlossfrciung oder Colonic Iohannisbcrg, fowic wcitcr das Dorf und dic Stadt Iancrnig. Iohannisbcrg wurde nuf dem Boden des Fürstentums Ncissc von dem Herzoge Georg von Münstcrbcrg angelegt und nach demselben Gcorgenct oder Girgcnck benannt, woraus mit der Zeit der Name Iaucrnig entstand. Nach der im Jahre 1163 erfolgten Trennung Schlesiens von Polen brachen tranrigc, gcwaltthätigc Zeiten über das Fürstentum Ncisse herein. Zahlreiche, dem Stegreif ergebene Adelige hanstcn fürchterlich in den schutzlosen Gauen, nnd selbst der Herzog Volcslaus von Fürstcubcrg, welcher mit dem Bischof von Breslan in Feindschaft lebte, bedrängte hart dessen Unterthanen. Endlich stellte der weise nnd thatkräftige Bischof Prccislaw von Pogarclla, welcher seine Güter vom Böhmcnkönigc zn Lehen nahm und der erste Standes-Herr und höchste Vasall der böhmischen 5tronc in Schlesien wurde, Ruhe nnd Ordnung im Lande her. Er tanfte im Jahre 1358 Burg und Gebiet Girgcnck, sowie Burg nnd Gau Fricdcbcrg, und war somit der erste geistliche Scblosshcrr auf Iohannisberg. Mit dem Bifchofc Prceislaw begann für das Land ein goldenes Zeitalter, welches anch unter seinen Nachfolgern fortdauerte und nn-gestört über cm halbes Jahrhundert das Emuorblühcn unseres Gebietes begünstigte. Die Naubburgeu, der Schrecken des Landmanns nnd Städters, wurden nach und nach beseitigt, und mit dem Einttitte gesicherter Rechtszuständc entwickelten sich die Bodcncultur uud der Bergbau, Handel und Industrie. Allmählich änderte sich unter ocr milden Hcrschaft des Krnmmstabcs die rauhe Physiognomie der Sudctmthäler. Wo vordem undurchdringlicher Urwald die Gegend hatte, erhoben sich jetzt freundliche Höfe, voltreiche Orte, und dazwischen verdüstert dehnten sich üppige Saatgcfildc uud lachende Wiesen. Der Bergmann drang mit friedlicher Waffe in den Schoß dcr Berge uud förderte Eisen uud Blei, Gold und Silber zu Tage. In cin-sameu Waldgründen strahlte die Glut der Hochöfen nnd die von Bergbächcn durclnauschten Thäler wurden dnrch den lustigen Lärm 422 Iohan,ii>?b!'l'n in Echlcsicn. ^ der Pochwerke, Sensenhäunncr, Drahthütten, Brcttsägcn und Papiermühlen belebt. Abcr schlimme Tage brachen auch flir diese Gegenden heran, als die schrecklichen Hussitenkriege Böhmen und seine Nachbarländer erschütterten. Um für den Tod des Präger Senators Johann Krasa an den Katholiken Nache zn nehmen, fiel eine Schar Taboriten in das bischöfliche Gebiet ein, verheerte dasselbe und brannte im Jahre 1429 die Burg Girgcnct nieder. Doch größer und schöner sollte sie ans ihren Trümmern wieder erstehen. Bischof Johann Ruth begann 1504 den Ncnbau nnd Johann Thnrzo vollendete ihn im Jahre 1509, weihte die Vurg dein heiligen Johannes dem Täufer nnd nannte sie Iohannisbcrg. Bischof Thurzo ließ auch die Burg Kaltcnstcin abtragen und verwendete die schönsten und größten Banstcinc derselben zu der Anlage der ncncn Außenmaucin und der Schlossterrasse auf Iohannisbcrg. Unter dem Bischöfe Andreas Ierin stand in dem Fürstentume Ncissc der Vcrgban auf den: Gipfelpunkte der Blüte. Dieser Kirchenfürst übersandte am 5. August I5s>0 einen dreieinhalbpfündigcn und am 20. Mai 1591 einen neunpfündigen rohen Goldklumpen, der auf dem Hakclsbcrgc bei Zuckmantcl gefunden worden war, in das Naturalien-Cabinet des Kaisers Rudolf II. Noch heute zeugen ungeheuere Pingcnzügc'), tiefe Schachte und langgctricbcnc Stollen von dem einst so fleißigen Bergban im Hatclsbcrge. Aber im vorigen Jahrhunderte hatte der vormalige Goldrcichtum schon sehr abgenommen nnd als der Hanptstollen mit brausendem Vergwasscr sich sülltc, hörte die Goldgewinnung ganz auf. Gleichwol tommt noch goldhaltiger Schwefel und Magnetkies neben Blende, Blciglanz, Kupferkies, Rot- und Magnctstcin hier vor. Von den Schrecken des dreißigjährigen Krieges blieb auch das bischöfliche Gebiet nicht verschont. Zuerst wurde es in den Jahren 1619 und 1621 von dem Herzoge Johann von Iägerndorf gebrand- l) Piugcu sind Verüefmuim an der Erdoberfläche iu Vergwcrksgcgcndm, durch verbrochene Grubenbaue gebildet. schätzt, später (1626) voll Schweden und Sachsen auc'gesallgt, und litt fortwährend lintcr dcn Hccrcsdurchzügen von Frculid mid Feind, trotz des besonderen Schlchcs, welchen ihm der deutsche Kaiser angc-dcihcn ließ. Im Brcslaucr Frieden (l742), dcr dcn ersten schlesischcn Krieg beendete, wnrde niit dem größten Theile Schlesiens auch ein Theil des Fürstentumes Ncissc an Preußen abgetreten. Etwa 1? Quadrat-mcilcn <978 Quadrat .Kilometer) jenes Gebietes blieben österreichisch, die damals in die vier Aemter Iohannisbcrg, Freiwaldau, Friedebcrg und Zuckmantcl eingetheilt wurden und der Diöccse des Brcslaner Bistums bis hellte einverleibt blieben. Gegenwärtig bildet dieser Nest des Fürstentums Neissc die Bczirtshauptmanlischaft Freiwaldan. ?er ')l'muc Iohannisberg crilinert auch an zwei hervorragende Männer: der gefeierte vaterländische Dichter Christian Freiherr von Zcdlitz wurde hier am 28. Februar 1790 geboren und Cardinal Melchior Freiherr von Diepcnbrock, dcr in den Freiheitskriegen als Vaudwchr Lieutenant mitgekämpft und fpätcr Fürstbischof von Brcslan geworden, ist hier im Jahre 1853 gestorben. Fassen wir nun das Schloss Iohannisbcrg selbst näher ins Auge, so bemerken wir alsbald, dass seinem Vanftilc der Stempel verschiedener Zeiten aufgeprägt ist und dass im Gegensatze zu dem altertümlichen Hauptgebäude dcr Turm mit dcr Uhr und Galerie einer viel jüngeren Periode angehört. Sowol von dieser Galerie als anch von dcr bereits erwähnten Schlosstcrrassc genießt der Besucher cinc reiz- uud wechsclvollc Aussicht, die ihm in dcr Nähe wie in der Ferne anmutig schöne, anf dcr österreichischen Seite zum Theil selbst hoch romantische Bilder vorführt. Zunächst weidet sich das Auge an dem erquickenden Grün und dein Bllitcnschmclz dcr Schlossgärtcn. Dann schweift dcr Blick gcgcn Südost weit hinaus in das schlcsische Hochgebirge dcr Sudeten, die sich in großartigen, malerischen Formen über- und nebeneinander auftürmen uud in waldreichen Ketten über Fricdcbcrg, Frciwaldau und Würbcltthal gegen den Opftaflnss strichen. Der Hochschar ll 435 Meter) und dcr jtönig im Gesenk', dcr Allvater oder Vatcrbcrg si48? Aletcr), ragen hier am höchsten empor. Wendet man den Blick von diesem anziehenden Vandschaftsbildc gegen Südwcst, so wird man mit einer in noch höherem Grade malerischen Fernsicht über Krautcnwalde, gegen Vandcck und iiarpcnstcill überrascht. Wildromantische Thäler, in deren beengtem Grunde Gicsibäche tosen und ranschen, machen tiefe Einschnitte in die rmchbewaldrte Felsenbrnst des Gebirges. Schroffe Höhen bilden die Thalwändc nnd treten einander oft ganz nahe gegen» über, während auf ihrem Nucken aus dem Grün des ^anb- nnd Nadelholzes gewaltige Fclsblo'ckc und nackte, spitzige Klippen hervorragen. Hie nnd da stürzt dcr Gicßbach über eine hohe Fclsenwand nnd erzeugt einen Wasserfall, welcher, von dcr Morgensonnc magisch bclmchtct nnd vol, dem geisterhaft über die Bergwäldcr ziehenden Nebel thcilwcisc verschleiert, bezaubernde Effecte hervorbringt. Welch einen entzückenden Gegensatz zn diesen beiden romantischen Fcrnsichtcn gewährt dagegen der Ausblick nach Nordoft! Da breitet sich eine weite Fläche aus, von dem schimmernden Gcädcr des Neisse-flnsses nnd seinen zahlreichen Ncbengewässern durchflochten, welche mit ihm dem Oderstromc zufließen. Gegen Mitternacht taucht der Granit-legcl des durch seine Aussicht brühmten Zobtenbcrges auf; fern im Hintergründe erscheint Silbcrberg; näher zur rechten Seite winkt die Stadt Ncissc mit ihren blinkenden Domwppeln und dem historisch merkwürdigen Schlosse des Vifchofs von Äreslan. Wer dieses herlichc Frnchtland überblickt, der wird den tiefen Schmerz der edlen Kaiserin Maria Theresia über den Verlust dieser reich gesegneten Provinz, dcr .^ornlammcr Preußens, begreifen, dcr wird die Thränen zu würdigen verstehen, welche die große Monarchin vcrgoss, als sie ausrief: „Es ist eine kostbare Perle in meiner Krone!" Friedek. 43- Vle Schwrsterst.idte Fricdrli unk Mistcll. M^MIinc interessante Eigentnmlichtcit dcs Herzogtums Tcschm ^HD^ sind dic beiden großen Doppclpfortcn am Ein- und Ans-^iMW^s gange dcr Ncichsstraßc, nämlich die Schwcstcrstädte Friedct-"^^ "^ '> Mislct an dcr mährischm nnd Äielitz-Vinla nn dcr galizischcn Gvcnzc. Dcr Bcrtchr in bcidm Doppclstädtm, sowie anf dcr qcmzm Ttraßc war Mar nuglcich bclcbtcr, chc dic Eisciü'ahn, den nördlichen Theil dcs vormaligen Tcschencr Greises durchschneidend, Reisende und Güter mit Dampfeskraft nach .^sten beförderte, gleichwol blieben beidc Orte, wenn anch abseits der Hauptlinie dcs ncucn Echicncnwcacs, mit welcher sie durch Flugbahnen verbunden sind, von dcr grossen industriellen und kommerziellen Bewegung unserer Zeit nicht unberührt. Gleichwie in Vielitz-Biala die Tuchfabricatimi, so blüht in Friedet-Mistet nnd Umgebung die Bauinwollwarcn-Industrie. Diese beschäftigt zahlreiche Wcbcrfamilicn, ja beinahe zwei Drittel sowol dcr städtischen als dcr ländlichen Bcuötterung, zumal in den gewöhnlich sehr strengen und langwierigen Wintern, in welchen die Hütten der Dorfschaften tief im Schnee begraben nnd der Verkehr zwischen den mitunter weit zerstreuten Wohnungen beinahe ganz unterbrochen ist. Da gewährt jene den Bewohnern bei dem Mangel anderweitigen 426 Tie Tchwcstcrstädtl,' Zricdtt und Mistel. Verdienstes einen wonn auch oft nur kümmerlichen, so doch sichern Vrodcrwcrb. Die Bezirke Friedet und Mistet' zeichnen sich überdies und vorzugsweise dnrch ihre Eiseuprodnttion aus, welche ans der mährischen Seite insbesondere dnrch die Thätigkeit der mitten in hochromantischen Gcbirgssccncricn gelegenen Eisenwerke von Fricdland, 6cladna nnd .^stravi^a ein reiches Erträgnis dem Olmützer Fürstcrzbistlnn liefert, Während die bedeutenden Gewcttc ans der schlcsischcn Seite zn den reichen Teschcncr Besitzungen des Erzherzogs Albrecht gehören. Diese letzteren liegen nahe bei Friedet, in den: reizenden Thalc der Ostram'ca, welche cmf dein tarpathischen Grenzgrbirgc zwischen Schlesien, Niähren nnd Ungarn entspringt nnd, in ihrem ganzen Vcrlanfc die mährische schlesischc Grenze bezeichnend, jenseits der kohlcnberühmtcn Stadt Ostrau in die Oder mündet. Da glüht nnd sprüht es in den Hochöfen, da pocht nnd hämmert es in den Hüttenwerken nnd Fabritsstätten; da gcht es so recht arbeitsfrisch nnd betricbslnstig zn; da erhält das Visen, welches hierorts reichlich im Erdenschoße lagert, seine erste Form. In den crzherzoglichen Eisenwerken zu Baschka im Süden nnd Karlshütte im Westen uon Friedet sind Hoch- und Röstöfen, Puddlings- nnd Schweißöfen, Frisch- nnd Strcckfeucr, Stahlraffinirfcner, Hammer-nnd Streckwerkc, Dampf-, Stoß- nnd Bohrmaschinen u. s. w. im Betriebe nnd erzeigen große Mengen uon Stab-, Fein- nnd Grobeifen, Kesselblech, Feinblech, Eisenbahnschienen und Gusswarcn. Die Stadt Friedet, welche an 5200 Einwohner zählt, gewährt auf ihrer felsigen Höhe einen stattlichen Anblick. Unter ihr, am linken Ufer der Ostravica, liegt die mährische Stadt Mistet mit mehr als 3400 Seelen und die beide Städte verbindende Gemeinde Kolorcdou. In dem Bilde Friedcts ziehen Zwei Punkte vorzugsweise den Blick auf sich: das erzhcrzoglichc Schloss und die Wallfahrtskirche. Das Schloss ist ein weitläufiges Gebäude, aus verschiedenen Zeiträumen stammend, nnd umfasst das eigentliche Hcrrcnschloss nnd die den äußeren Hofraum einschließenden Ncbenbantcn. Ersteres Tic Tchwchcrstäd!,! Fricdcl !>,id Hiistot. 42? ist cm kräftiger Masscnbau mit llaftcrdicken Mauern und tiefen Fensternischen und zeichnet sich namentlich dnrch einen Eckturln mit Kuppel aus, welcher die Gegend bchcrscht. Das Schloss nimmt die oberste Seite des Marktplatzes der Stadt Friedet' ein. Die schönste Ansicht bietet es aber jenseits gegen den Fluss, wo es sich stolz auf einem steil abfallenden Berge erhebt. Niedliche Parkanlagen bekleiden in Stufen den Abhang vom Schlossgcmäncr bis zur Thalsohle, während uon einem gegen Süden angelegten Nondeau sich dem überraschten Blicke eine reizende Aussicht eröffnet, weithin über eine mit Baum--gruppcn reich beschtc und von dem rauschenden Vergwasser der Ostrcwica durchschlängelte Thalcbene nach den Karpathen, ^ints bildet der turmreiche Theil des Schlosses, über die Vaumwipfel des Parkes emporstrebend, den Vordergrund. In weiter Ferne dagegen erscheint als der imposanteste Punkt die Gcbirgskönigin ^issahora, auf breiter Basis zu ihrem kahlen Scheitel sich erhebend. Die Gipfel der Knöhina und des sagcnreichcn NadhM blicken über niedrigeren Bergen deutlich hervor. Weiter gegen Westen begrenzen anmutige Bcrgrcihcn in malerischem Wechsel uon Wald und Feld das reizende Vandschaftsbild und verlieren sich hinter den Vanmgruppcn des rechten Vordergrundes in die weite Ebene. Und nahe ans dem grünen Thalgrunde schimmern die schmucken, weißen Häuser und Türme der Stadt Mistet hervor, welche ihre Verlängerung, das Dorf Koloredou, bis an die ^stravicabriicke hcrub erstreckt. Auf einem Hügel außerhalb Fricdcts erhebt sich die doppcltürmige Wallfahrtskirche der gnadenreichen Mutter Gottes, mit einem terrassenförmigen Zugänge und schönem Purtale. Der Grundstein zu diesen: stattlichen Gottcshause ist 1740 gelegt und die Kirche im Jahre 1759 vollendet worden. Hiehcr ziehen jährlich an den Marien-Tagen taufende frommer Pilger uon weit und breit und stellen mit dem bunten Wechsel ihrer Trachten und Gestalten malerische Staffagen in dem Stadt- nnd ^andschaftsbildc dar. In ihren Ncihen erblickt man die blan gekleideten Banern und die kurzröckigen, rotbcstrümpften, in weiße Vcintücher 428 Die Schwestevstndte Fricdek und Nlistck. gehüllten Bäuerinnen dcr Friedeker Gegend, ^ccbcn denselben schreiten die hochwüchsigen Goralcn — so heißen dic Bewohner dcr nordwestlichsten Karpathen polnischen Stammes — mit leicht über dic Achseln geworfener brauner Gunia (Mantel ans Ziegenhaar), dcn unvcrmcid-lichen Hakcnstock „Obuch" in der Hand, stolz cinhcr. Andererseits ziehen die deutschen Knhländlcr '), die niährischcn Wallachen nnt Trichterhütrn, dic Elovateu mit weisilcinencn Beinkleidern, „Gatycn" genalutt, nnd nn^arisch bcschuürtm Jacken herbei. Anch Vandstädtcr fehlen nicht im Gcwirrc der verschiedensten Costüme, das sich Miz eigen ausnimmt neben dein noch hie nnd da in dcn Seitengassen Fricdcks wunderlich in dic Angen fallenden Contrastc dcr Baustile. Da stehen nämlich nicht scltcn znr Seite eincs modernen^ eleganten Wohnhauses urvätcrlichc Gebäude mit ^aubnigängctl, dic sich auf hölzerne Pfeiler stützen. Dagegen macht dcr im länglichen Viereck von gcmanertcn Häu'eni umschlossene Marttplab mim freundlichen Eindruck. Das Gleiche gilt lwn dem östlichen Theile der Stadt nnd Borstadt, welcher in Folge dcs Brandes von i^l.^ ncn und durchgchends aus Ttcinen aufgcbaut worden ist. Den Ursprung der Städte Friedet und Mistel versetzt eine Tradition in die Mittc des 12. Jahrhunderts nnd leitet den ^camcn der ersteren Ttadt von einem Ritter Fricdcberg hcr, ')ilich ciner anderen Sage wäre cinc Niederlassung an Stelle des heutigen Frieds noch viel älter; darnach soll das Prcsbytcrium der jchigen Stadt-pfarrtirchc ein Hcidcntcmpcl gewesen sein, dcr im Anfange dcs 2. Jahrhunderts zu einer christlichen Kirche nmgcstaltct wnrdc. Doch sind beide Ueberlieferungen ganz unverbürgt. Stadt und Herschaft Friedet gehörten nachweislich von Alters her zum Hcrzogtmne Tcschcn nnd waren ursprünglich cm unmittclliarcs landesfürstlichcs BcMum, welches von dem Herzoge Wenzel Adam, dem Betcnncr und Verbreiter dcr lutherischen Kirche im Gebiete Tcschcns, >) Das Kllhliindch cn ist dor fnichtlmrc Landsttich Vniln'cns an dcv Odcr. Tic SchweslerMll! friedet und Vlistcf. 423 15-15 verpfändet, später wieder eingelöst und im Jahre 1563 dem Sohne des Herzogs, Prinzen Friedrich Kasimir, verliehen wurde. Nach des Letzteren Tode brachte die Hcrschaft Friedet der reiche schlesischc Großgrundbcsibcr Georg von ^ogan an sich, verkaufte sie aber wieder an den Olmützcr Bischof Stanislaus Pawlowsky, welcher auch die Stadt Mistet besaß. Nach ncncrlich zweimaligem Wechsel des Besitzers kam die Herschaft an den Grafen Franz Praschma, kaiserlichen Kämmerer und Landeshauptmann des Fürstentums Wohlau. Dieser gewann besonderes Ansehen durch die Verfolgung einer gefährlichen Räuberbande, welche unter ihrem Anführer Oudra aus Iauowitz im Fricdck'schcn das Vand diesseits und jenseits der mährisch-schlesischcn Grenze raubend und mordend durchstreifte uud alle Straßen und Wege unsicher machte. Ondra erscheint als eine Art schlcsischcr Ninaldo oder Fra Diavolo'), von dem sich bis auf unsere Tage manche komische und schaurige Sagen im Munde des Landvolkes erhalten haben und ill langen Winternächtcn in den Baucrnhüttcn erzählt werden. Endlich als das Treiben seiner Bande zn arg wurde, erhielt Graf Praschma als Obcramtsrat in Ober- und Nicdcrschlcsicu und Herr auf Friedet den Auftrag, die furchtbaren Räuber, deren Haupt-schlupfwiukcl und Verstecke in dcu ungeheuren Fricdctcr Forsten lagen, aufzusuchen nnd zn vernichten. Praschma traf umfassende Maßregeln. Er schickte Strcifeommanden ans und verordnete, dass jede Gemeinde die Annäherung der Räuber durch Sturmleutcn verkünden und dieses Signal von Ort zu Ort bis zum Amtssitze fortgepflanzt werden follc. Aber Alles war längere Zeit hindurch umsonst. Der Nänberhallptmann des Fricdctcr Waldes entzog sich durch die kühnsten und adcntcncr-lichsien Men dem strafenden Arme der Gerechtigkeit. Endlich bot Praschma das Althan'schc Dragoner-Regiment zur Verfolgung Ondra's und sciuer überaus zahlreichen, weitverzweigten und förmlich organisirten ') Zwei berühmte italienische RäülxvlMptlettte. 430 Tic Schwestl'rstndie ivnedrl u»d Mistel. Räubcrgenosfcnschaft auf ulid setzte riuen Preis von 109 Goldgnlden auf die Einliefcrung des Führers. Nun ward die Bande alsbald zersprengt und theils aufgehoben, theils getödtet. Ein Angeber führte eine kaiserliche Ttreifpatronillc zu Ondra's Versteck; dieser wurde gefangen und erlitt einen qualvollen Tod auf dem Nadc. Der Sohn des Grafen Franz, (^rnf Johann von Praschnm, verkaufte Friedet im Jahre 1797 an deu Herzog Albrecht von Tnchfen Tcschcn und dcffcn Gemahlin Maria Christine, die gefeierte Tochter der Kaiserin Maria Theresia. Von diesem hochsinnigen und menschenfreundlichen Fürstcnpaarc vererbte sich die Teschcncr Hammer, mit Eiw schlnss des Fricdeker Gebietes, an die Familie dcs glorreichen Heerführers Erzherzog Karl von Oesterreich und sonach auf dessen Tohu und Nachfolger Erzherzog Albrecht, den heutigen Äcsitzcr. kurort Roznau. 44. Der Kurort No^uau. ^M^^GI'n ^sten der Markgrafschaft Utährcu, fast im Mittelpuntte ^MW^, der mährischen Wallachci, am Fusie des gewaltigen N adho»t j^MRX'f und durch diesen gegen die rauhen Nordostwindc geschützt, ^E^<^>.,j ^^^s,i ^,^,^ lycitcn, Plellcnrcichcn Thalc der freundliche Curort No/.mm, anf seiner nordöstlichen Seite von der Bcöwa und im Westen vom Haxovl'nbachc umschlungen, rings von einer immergrünen Kette bewaldeter Karpathen-Vorgebirge umgeben. Wo diese Berge tiefer zurücktreten oder bei minderer Erhöhung muldenförmige Einschnitte l'ildcn, zeigen sich reizende Thalpatticn, welche den rauhen Gcbirgscharattcr mit heiterer Abwechslung beleben, während im Westen allein eine breitere Ticfung den Älick weit hinaus nach den Bergen von Kra5na und Wcisi-tirchcn führt. Was aber dieser Vaudschaft ein so vorzüglich belebtes Ansehen gewährt, das ist jene üppigfrische Fülle der Vegetation, die alle Höhen und Fluren übertleidet und die eben in dem Reichtum von alleuthalbcn aufsprudelnden Gcbirgswässern ihren Grund hat. Zur Vc6va, dem Hauptflussc des Thales, der hier bei Noönan den Charakter eines brausenden und schäumenden Gcbirgsbaches ablegt, um hinfort in ruhigem Gange den westlichen Gefilden der Hanna zuzuströmen, drängen sich von allen Seiten tleiurre Bäche herbei, sich der stilleren Führerin anzuschließen. Hier sind es frische Gcbirgswässer, die — wie berauscht von Düften der Alpenflora — in tühuen Sprüngen 432 Tcr Eurort Noinau. nach dcr Tiefe stürzen, dort trägere Kinder des Thales, die oft mit kaum bemerktem Ursprung aus dem Kiese aussickern und mineralische Elemente im seichten Bette ablagern. Im thanigen Hanchc solcher Qucllcntraft aber erstarkt die Vegetation dieser Gefilde zu markiger Vebcnsfüllc: bis hoch hinan zu den gerundeten Scheiteln finden wir die Berge mit Wald und Strauchwerk überwuchert, und während nntcn im Thale gesegnete Kornflnrcn mit fetten Triften wechseln, die von anmutig verstreuten Banmgruppcn überschattet und begrenzt sind, gemahnen nur znhöchst die mit saftigem Grün geschmückten Bcrgwcidcn an die Alpengipfcl von Tirol nnd Stcicrmark. Die würzige Lnft einer solchen in thaufrischcm Gewände prangenden Gegend äußert auch auf den Menschen den wolthucndstcn Einfluss. Trotz der reichlichen Menge der Rinnsale nnd ihrer Wasscrfülle sammelt sich doch nirgends im Thalc schädlicher Ucbcrflnss an Feuchtigkeit, da der schottcrigc, sandige Boden das Ncgcnwasscr schnell versickern lässt nnd so die Bildung von dachen nnd Sümpfen verhütet. Und da die einschließenden Vcrgrcihcn kalten Luftströmungen den Eintritt verwehren, so erfreut sich No5nau eiues sehr milden, mäßig feuchtwarmcn Klimas; während dcs ganzen Sommers ist die Temperatur nur unbedeutenden Schwankungen unterworfen. Deshalb eignet sich No/.nau in vorzüglicher Weise zu einem klimatischen Eurortc, namentlich für Lungenkranke. Um so günstiger wirksam zeigt sich diesen dcr hiesige Aufenthalt, da ihnen auch noch cinc vortreffliche Mölke, welche den würzigen Kräutern der Umgegend ihre besondere Güte verdankt, als Heilmittel geboten wird. Noittmn genießt seit etwa dreißig Jahren einen Weltruf, wicwol es schon im Jahre 1796 als Curort bekannt war. Gegenwärtig nimmt die Zahl der Besucher alljährlich zu nnd hat sich schon auf mehr als 1300 Curgästc gesteigert. Aeltcr als sein Nuf ist die Geschichte Noönans, dessen ursprünglicher Name eigentlich „Roönovcc" lautete. Dieses soll im Jahre 126? dcr streitbare Olmützer Bischof Graf Bruno von Schanmbm'g gegründet haben. Tcr (5ilrllrt No/.na», 433 In Folge dcr meist stürmischen Zeiten hat Roxnau scinc Besitzer oft gewechselt. 3cit 1348 — in welches Jahr die Erbauung dcr nun ganz in Trümmern liegenden Burg auf dein Hradisto fällt — bis 141? gehörte 3io5wan dem in der vaterländischen Geschichte berühmten Geschlechte dcr Herren von Kravai-. Als dic Fulnctcr Linie dieses ritterlichen Geschlechtes erlosch, gieng die Hcrschaft in raschem Wechsel von Hand zu Hand, bis sie in dcr zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in den Vesitz des Herrn Johann von Cimburk gelangte, dem gleichzeitig auch Ncutitschcin und Bsctin gehörten, und dcr wiederholt von dem ruhmreichsten der böhmischen Könige, Georg Podsbrad, mit wichtigen diplomatischen Missionen betraut wurde. Des Johann von Cimburk Tochter Kuniguudc brachte 1480 Roönau dem Herrn Peter von Peziug als Hciratsgut mit, der dasselbe aber schon im Jahre 1504 an die Gebrüder von Kunstat verkaufte. Auf gleichem Wege gicng dieses Besitztum sammt den Herschaftcn Vsctin und Wallachisch-Mcscritsch im Iahrc 1530 an Iaroslau von Tchcllcnbcrg übcr, welcher— seinem Vater Johann von Schcllcnberg, dem berühmten Kanzler des Königreiches Böhmen, an Charakter in keiner Weise ähnlich — scinc Unterthanen derart drückte, dass, wie die Sage erzählt, die gcsammtcn Einwohner des nun spurlos verschwundenen Dorfes Alt-Zubri übcr Nacht mit ihrem ganzen Vieh stände nach Ungarn auswanderten, nachdem sie zuvor alls Rache den Hauptstollcn des dazumal hier befindlichen Silvcrbcrgwcrkes verschüttet hatten. An diese ehemaligen in der Mhc Noiinaus gclcgcucu Montanwerke criunctt uns noch heutigen Tages die Benennung der unweit von Zubki, dem Geburtsorte des gefeierten Ocschichtsschrcibcrö Palackv, liegenden „Hammcrmühlc". Der Schcllcnbcrgcr verkaufte No/.nau im Iahrc i5:;i an Johann von Pcrnstcin, dcn ob seines rnormcn Reichtums bekannten ^andcshauptmann von Älähren. Die Burg auf dem Hradisto aber hatte ihre Bedeutung verloren; sie war von ihren adeligen Eignern verlassen worden, räuberische Horden nisteten sich in den verwahrlosten 434 Tl>r Lurort No/nan. Räumen cm, welche die ganze Umgebung zuletzt derart beunruhigten, dass endlich zufolge kaiserlichen Mandates im Jahre I5,!'.> vollmd^ gesprengt worden ist. An das Hauptthor des Hochschlosscs lehnt sich jcl-t das Wohnhaus eiuer Wirtschaft an. Theben j,i li,i^arn. 441 In dem Thebcncr Felsen hat die Natnr cm Werk gebildet, das man in früheren Iahrhnndcrtcn gewiss als ein Meisterstück bewundern mußte. Ein gleich schöner, gleich großartiger, gleich gut Zur Befestigung geeigneter Felsenblock, in einer gleich wichtigen nnd imposanten Position kommt tanm wieder an der Donau vor. Nach leincr Himmelsgegend hin erhebt sich weit nnd breit eine gleich trol^ige und domuiirmde Fclsenstirn; sie ist ohne Rivalen. Nach Norden nnd Westen erstreckt sich in unabsehbarer Ferne das völlig flache Marchfcld, das die Fclscu von Theben in seiner ganzen Ausdehnung überwachen. Nichts tommt auf der Donau, nichts auf der March herunter, was von dieser Wartc nicht ans entlegenster Ferne erspäht werden tonnte. Dass daher diese Felsenzinncn schon frühe mit Befestigungsbauten besetzt worden, ist unzweifelhaft. Die Nähe Carnunts, wo Kaiser Märe Anrel seinen großen Geist aushauchte, verleitete zu dcr Annahme, dass die Nömer ans dem Thebencr Felsen eilten Äeobachtungsposten angelegt hätten, und dass derselbe so ziemlich gleichen Ursprungs mit Carnunt sein dürfte. Es ist jedoch dnrchans unerwei^lich. dass d-e Nömer jemals in dieser Gegend die alte Rcichsgrcnzc des Istcr überschritten und am linken Donanufcr Befestigungen gehabt hätten. Es spricht vielmehr die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Barbaren, vielleicht die Quaden, hier eine Grenzwchr gegen die Römer anlegten. Die Sage schreibt die Entstehung dieser Burg einer Jungfrau zn nnd leitet davon ihren unzweifelhaft flauischcn Namen D5vina (Devoina, Dowina) ab, was etwa mit „Magdeburg" zu übersetzen wäre. So viel ist gewiss, dass^ die Feste einst zum mährischen Slavcnrciche gehörte. Im Jahre 864 wnrde sie von Ludwig dem Deutschen belagert und eingenommen, später aber von den Ungarn besetzt. Im Jahre 12^:; wurde sie mit dem zu ihren Füßen in einer Vucht sich ausbreitenden Städtchen von Oesterreichs Herzog Friedrich dem Streitbaren niedergebrannt, 127^ von .Aung Ottotar von Böhmen, der damals auch über die österreichischen Vande regierte, erobert. Zu Anfang des 16. Jahrhunderts war Theben 14'^ Thclit'n i» Unsslirn. im Besitz der Grafen roil Pösiug und St. Georgen; Raiser Ferdinand I. schenkte cs den: Palatin Ungarns Stephan Bnthori. Im Jahre 1609 taufte es Johann Kcglcvics von Mathias II. und verpfändete es nachher an die Familie Palocsai. Zum letzten Male wechselte das Schloss Theben seinen Besitzer im Jahre 16:>5>, da es Eigentum des Palatins Paul PlUffy wurde; bei dessen Nachkommen blieb es bis znm heutigen Tage. Im Jahre 1663 konnte die Burg noch mit gutem Erfolge die Angriffe der Türtcn abschlagen, ward jedoch bald nachher zur Nninc. Hinter dein Schlosse und Markte Theben erhebt sich der mit dichtein Buchenwald bestandene grosic oder Thcbcncr Kogcl. Ein kurzer, aber steiler Hohlweg führt zu seinem Gipfel, anf welchem die Franzosen im Jahre 1809 einen Vcobachtnngspostcn hatten. Prächtig, entzückend ist die Fernsicht, welche sich lion diesem erhabenen Standpunkte erschließt. Wir kehren zuerst das Auge gegen Norden. Weithin überblicken wir hier eine fruchtbare, reiche Ebene, dnrch welche sich die March, schimmernd wie ein Silbcrfadcn, hcrabwälzt von den Marken Mährens. Dort erblicken wir am rechten Ufer derselben Schlosshof, einst die Villa des großen Engcn, wo der Held in ländlicher Einsamkeit anf seinen ^orbeern ruhte, und in den Schatten-gangen des Gartens die Entwürfe zu künftigen Siegen gebar. Weiter hinauf gegen Norden March eck mit dem Salmhofc, wo Niklas von Salm, der heldeumütigc Verteidiger Wiens gegen die Heerscharen Tollman's, im Jahre 15 W starb. Ganz im "Norden gewahrt man die Ruinen von Ballcnstein und Blascnstein. Im Westen dehnt sich die Fläche des Marchfcldes aus, jener welthistorische Boden, auf dem vor sechs Jahrhunderten der stolze Ottotar, von Rudolf von Habsburg geschlagen, seinen ritterlichen Geist aushauchte, und im Jahre 1W9 zuerst Napoleon's Gestirn vor dem Sicgesglanz von Aspcrn erbleichte. Jenseits der Ebene schlichen die fernen Gebirge bei Wien das Gesichtsfeld gegen Westen ab, während im ^7stcn die Höhen der nahen kleinen Karpathen einen Ausblick in die Ferne hemmen, indessen mit ihrem Thcbcn in Unssarn, 443 malerischen Wechsel ^on Fels und Wald einen prächtigen Contrast zu dcr nncrmcsslichen Fläche im 'worden und Wcstcn bieten. Zu den Füßen dcs Beschauers liegt die Thebencr Schlossrninc, deren kühnen Bau uiau von dieser Höhe aus erst recht bewundert, kehren wir nnn den Blick nach Südeu, so begrüben wir freudig dcn prächtigen Donaustrom mit den rauschenden Daiupfbooteu, welche auf fciucn Wogen dahingleiten. Tcinc Auen und Inseln, die Dörfer und Märkte an seinen Ufern gewähren ein ebenso großartiges als reiches Bild. Besonders ragen die Tchlossruiucn bei Hainluirg uud Wolfsthal hcroor. Auch das ^eithagcbi'rgc liegt vor uuscren Augen und hinter den sich gegenüber ausbreitenden Höhen gewahrt man als glitzernden Streifen dcn fernen Spiegel des Neusicdlersccs. Sind wir von der Hohe nach Theben zurückgekehrt, so können wir mit dem Damftfbootc iu ciuer kurzen Viertelstunde die hcrlich gelegene alte Haupt- und Krönungsstadt Ungarns, Prcssbnrg, erreichen, wohin auch nächst dem Strom am Fuße dcs Gebirges ein Weg führt. So gehört Theben zu den anziehendsten Puntteu iu dcn au malerischen Partien reichen Umgebungen Preft'burgs. 46. Einr 25rst!,!glmg drr ^crlDurfcr- )^^^Wu' äußerst scharf begrenzt,.', gesonderte Grnppc der Hohen ,^3^l^ T-'ttra bildet dcn erhabensten und interessantesten Theil der Karpathen, dcn Mittelpunkt des ganzen karpathischen ^^^l Gebirges. Ans einer 800 Meter hohen Basis erhebt sich dieser imposante Höhenzug, von einer Großartigkeit des Anblicks, wie er sich in Europa vielleicht m,r noch im südlichen Spanien wiederfindet. Die ganze Tatra-^cttc dehnt sich, an 50 Kilometer breit, über 1^0 Kilomcter lang, von Westen nach Osten aus und bietet von jeder Seite ein verschiedenes Bild dar. Die südliche Hauptfroutc erscheint in ihrem größten Theile als eine massive, wenig gegliederte Mauer von schwerfälligem düsterm Charakter. Anders gestaltet sich der Anblick von Südosten her, aus dem hier begrenzenden Poppcrthale, von jedem belicbigeu Pnnkte desselben zwischen Vliesivna uud ^esumrl '). Strenge Symmetrie herscht in den: Bilde, das einen auffälligen Mittelpunkt nnd um diesen hermn malerisch geordnete Scitenglicder zeigt. Dcn Mittelpunkt bildet die mu weitesten nach Südcu vorgeschobene Schlagcudorfer-Spihc, welche mit ihren vollen runden Formen ') U»s?r Bild Zl'isst dic Ansicht der T^'tva von ^öuun't aus. Hohe Tatra. Emc Besteigung d« Gcrlodllrfer-Epitzc. -115 am höchsten sich zu crhcbcn scheint. Gleich Vasallen treten dic NIN 180 bis 200 Meter höheren Gipfel der Lomnitzcr- und Gerlsdorfcr-Sftitzc beiderseits hinter diese Hcrschcriit zuriick und ebenso symmetrisch ordnen sich lints nnd rechts niedrigere Ketten an, welche das Hoch-alpcnbild nach Osten und Westen zu abschließen und so dem Ganzen den Stempel durchdachter Vollendung aufdrücken. Am höchsten unter den Tatra - Bergen ragt die Gcrlsdorfcr-Spitzc s2659 Meter) empor, die man bisher immer von dem im Westen Kcsmarks gelegenen Badeorte Schmecks dnrch das Fcltathal erstieg. Ms in die Sechziger-Jahre galt ihr Gipfel als uucrrcichbar und bis heute ist die Zahl der Ersteigungen eine sehr geringe. Dic sechste wurde am 15. Juli il>?5> von Professor Dr. Dionys von Dczsü unternommen; die folgende Schilderung, seinen Worten sich anschließend, gilt dieser Expedition. Um 1 Uhr nachts, erzählt Dr. von Dezsü, brachen wir von Schmecks auf. Wir waren unser füuf, ein Umstand, welcher uuscr Vorwärtskommen nicht wenig hemmte. Unseren Führer machte Johann Still, Lehrer zu Neu-Walddorf, der trotz seiner siebzig Jahre seinem Führeramtc wacker entsprach, indes sein Enkel Erwin, ein siebzehnjähriger Jüngling, unterwegs so sehr ermattete, dass er nach zwauzigstimdigem Marsche zuletzt unterlag, bei Schmccks ohnmächtig Zusammenbrach und auf einem Wagen nach Hause gebracht werden mußte; ein vicruudzwanzigstündiger Schlaf stellte ihn jedoch wieder her. Außer diesen Beiden hatten wir noch einen Packträgcr mitgenommen. In Gesellschaft eines Professors, meines Reisegefährten, schritten wir wolgcmut dein dichten Walde zu, der den südlichen Abhang der Schlagcndorfer-Spitze bedeckt. Aber im Dunkel der Nacht, bei dem matten vichte unserer Laternen, tamcn wir nur langsam vorwärts, so dass es schon V,^1 Uhr war, als wir über die Stcinblöckc des Fclkabachcs hmübersctztm. Dieser Ucbcrgang ist einige tausend Schritte vom oberen Saume des Waldes entfernt, ungefähr eine Viertelstunde unterhalb des Fcllacr Sees. Wir rasteten hier bis ^5 Uhr uud nahmen 446 Eine Vesteigmic, der l"?rlödon«,'r-Spitze. im dichten Krummholzgcstrüppc bei lustig prasselndem Feuer unseren Morgenimbiss; erst dann gicng es an das eigentliche Steigen. In einer kurzen Viertelstunde gelangten wir ohne besondere Schwierigkeiten auf den sich vor uns wölbenden niedrigen Bergrücken, der das Fetkathal gegen Westen umsäumt. Dieser Nucken ist ein Ausläufer der Gcrlsdorfer - Spitze, uud wäre diese von hier aus zugänglich, so tonnte man sie in nördlicher, dirccter Richtung am frühcsteu erreichen. Die Gcrlsdorfcr-Spitze nämlich smtt ihren Grat gegen Süden, und dieser bildet in seiner Fortsetzung die kleine Gcrls-dorfcr-Spitzc; von hier an theilt er sich uud zerfällt in einen westlichen und einen östlichen Grat. Jener erstreckt sich dem Botzdorfcr, dieser dem Fclkacr Thale entlang. Zwischen diesen zwei Graten ucrticft sich nicht unbedeutend das Gestein und bildet den sogenannten „Gcrlsdorfer Kessel", den von drei Seiten senkrechte Felsentürmc umschließen. Auf dem östlichen Grate ist der Zugang durch nnübersteigbare Fcls-massen versperrt, so dass mau genötigt ist, die Schritte dem ziemlich entfernten westlichen Grate zuzulcnkcn. Von den: erwähnten Bergrücken erreichen wir über ein weites Trümmerfeld, von Block zu Block springend, binnen einer Stunde den südlichen Nand des Kessels. Ein Blick in denselben erfüllt uns mit Grauen; er ist ganz wasserleer, seine Wände sind schroff und kahl, sein Boden uud die nächste Nmgcbuug mit Felsentrümmcru und Geröllmassen bedeckt. Nun umgiengen wir den Kessel uud setzten den Weg auf seinem steilen Nande stets westlich und stets aufwärts fort, wiederholt genötigt, über große Felstrümmer, zwischen denen nur hie nnd da kahle Krummholzsträuchcr vegetiren, in gebückter Stellung hinüber zu balancircn. In der Höhe von 1790 Meter bleibell auch diese Sträucher gänzlich aus. Bald darauf erreichen wir ciue Trümmcrkuppc, auf deren Scheitel eine Signalstange aufgepflauzt ist. Hieinit haben wir den westlichen Grat erreicht und gelangen nun über seinen flachen Nückm bald auf eine zweite Trümmcrluvpe, uon wo wir uns in direct nördlicher Richtung aufwärts wenden. Wir umgehen westlich Eine Vostcigunst dür Gl'rlödorsl'v - T^ntzc, 447 leicht die im Wege liegenden ersten Fclfentürmc und kommen ohne besondere Schwierigkeiten gegen halb 8 Uhr zu einer tiefen Scharte des Grates, wo zahlreiche Fclfentürme, himmelhoch in die Vüfte ragend, jeden weiteren Weg vollends abzusperren scheinen. Ncchts neben uns klafft nns der furchtbare Kessel entgegen, linker Hand stürzt der Abhang des Botzdorfer Thales jäh in die Tiefe, vor nns erheben sich unzugängliche Fclsenwändc. Unser Führer dcuttt auf eine schuttbedccktc Nutschlehuc, die wir passircn müßen. )lach kurzer 3iast wenden wir uns derselben zu. Unter dem Tritte der Voranschrcitcndcn fahren die Steine tosend in die Tiefe des Botzdorfcr Thales nnd man hält sich nur mit Mühe aufrecht. So Mancher hat schon hier zum Rückzüge geblasen. Es ist dies die erste Probe für unerfahrene Bergsteiger, die an das Gehen auf schiefem Nutfchtcrrain nicht gewöhnt find. Diese Passage sührt neben wunderschönen Fclspnrticn zu einer isolirtcn, hoch emporragenden nnd scharf zugespitzten Felssänlc, „die Kanzel" benannt. Diese bietet eine sehr schöne Aussicht in das Botzdorfcr Thal, auf seine nadclförmigm Spitzsä'ulcn, bizarren Felswände, dm ungewöhnlich geräumigen oberm Thaltcsscl und das darin anmutig schimmernde träumerische Mccraugc. Todtenstillc hcrscht ringsumher, selbst der Bach tief unten im Thalc scheint stille durch sein Fclscnbett dahinzuschleichen nnd nur sein silbernes Geflimmer belebt die furchtbar öde Gegend. Von hier tlettern wir wieder zum Grat empor, den wir an einem ziemlich tiefen Einschnitt erreichen. Wieder gähnt uns zu den Füßen der wilde Kessel an. Das Vorwärtsschreiten auf dem Grate ist neuerdings «erwehrt; steile riesige Felsen bedecken ihn nnd wir sind genötigt, uns auf die östliche Seite Zu schlagen, da dic westliche, nämlich die Äotzdorfcr Thalscitc das Fortkommen ebenfalls unmöglich macht. Am östlichen Gehänge also, auf dem höchsten Nandc jenes Kessels, der hier wenigstens :',0U Meter tief uuter unseren Füßen sich aufthut, müßen wir fortwährend kreuz nnd quer, zwifcdcn Felsenriffen, auf schmalen und abschüssigen Pfaden nns cmporwinden, bis wir 446 Eine Besteigung dci Oerlsdovjci - Ipitze. endlich jene Stelle erreicht haben, wo die beiden Gcrlsdorfcr Grate sich vereinigen und in jene Spille zusamliienlaufen, die von den Gemscniä'gern die „kleine Gerlsdorfer-Spitze" bcnaintt wurde. Am Fuße dieser Spitze wird Nast gehalten, nm zum schwierigsten Theile der Arbeit Kräfte zn sammeln. Die Nnndschan von diesem Punkte ist hinreißend. Südwärts, unmittelbar zu unseren Füßen, fallen die Felsenwändc in den Ricsenlcssel; nicht weit von uns, gegen Osten, ragen auf dem östlichen Grate spitze Fclssäulen, Reihe an Reihe, hoch in die Lüfte; etwas entfernter ziehen sich die Kamine und Rücken der Schlagendorfer- und ^omnitzer-Spitze dahin; in westlicher Richtung starren uns entsetzlich steile Gipfel und Spitzen entgegen, darunter die Votzdorfcr- und die TVttra-Spitze; in noch weiterer Entfernung erscheinen die phantastischen Gestalten einer Menge von Hörnern und Kuppen gleich einem steinernen Walde; gegen Süden hin weilt das Auge entzückt auf der fchöncn weiten Zipser Ebene. Zwei Meeraugeu, der Votzdorfcr uud der Csorbacr See, haben nns schon vorher mit ihren glänzenden Spiegeln crgctzt. Dieses Bild fesselte nns derart, dass wir erst um l) Uhr an die Fortsetzung des Weges dachten. Die Luftlinie von der kleinen bis zur großen Gerlsdorfer-Spitze ist unbedeutend, und dennoch wie groß die Entfernung für den Wanderer und wie beschwerlich der Weg dahin! Der Vcrbindnngstamm bildet einen schroffen, felsigen Sägc-grat, von vielen nahe nebeneinander liegenden Scharten durchbrochen; in eine Reihe von Türmen und Fclszacken aufgelöst, erstreckt er sich sattelförmig von der kleinen Spitze zu der großen hin. Im Allgemeinen ist dieser Kamm ungangbar; bei der Festigkeit des Granits erhalten sich die Seitengrate, Nippen uud Gchäuge unter hohen Winkeln, bilden die verschiedensten Hörner, Säulen und Spitzen, überhängende Klippen, schroffe, von unwegsamen Trümmcrmassm bedeckte Vchncn, sturzdrohcudc Wände und finstere spaltartige Schlüude. Zum Glücke befinden sich am westlichen Abhänge jenes Sägcgrates unzählige Rinnsale uud Furchen, die uuten steruartig M'ammcnlaufeu. Zwischen Eine Vesteiss»n steil hinabstürzen, dass die unteren Partien verdeckt bleiben, gewährt das volle Gefühl hohcr Isolirtheit uud steigert dadurch den Effeet dcr Aussicht. Auf unserem Stcinsitzc — wäre er nur nicht so hart gewesen! — möchte mau sich leicht cinbildl-u, ohne jegliche Verbindung niit der Erde mitten in der Vuft zu schwcbeu. Wenige Schritte von den Spitzen unserer Schuhe schien die Welt ciu Ende zu haben. Dcr crstc auffallende Gegenstand lim uns war der Nicscnfcls nnscrcs Nachbargipfcls, der hehren Tntraspitze, das „Mattcrhorn^der Karpathen. Die Fernsicht ist schön, ja wunderschön, und tann es nicht onders sein. Die Gcrlsdorfcr-Spitze tritt inmitten des Gcbirgszugcs in unmittelbarer Nähe dcr höchsten Erhcbnngcn dcr mittleren Gcrglette aus dem Hauptrücken hervor nnd blickt nun auf den ganzen, schönsten und großartigsten Theil des Gebirges hinab. Nicht einer der größeren und mit Necht berühmten Gipfel fehlt in diesem Panorama. Dcr Horizont umfasst den Hauptstock der Gebirgsgruppc und dehut sich von der in weiter Ferne umnebelten polnischen Ebene bis zu der bläulichen Kreislinie dcr Gömörcr und Sohler Erzgebirge. In dcr Nähe gegcu Ostcn fallen besonders dcr klastenbcrg und die Schlagen- Eiüe Besteigung der ^crlsdovfer - Spitze, 4,> 1 dorferSpitzc ins Auge; etwas weiter erheben sich: dcr Mittclgrat' Turm, die schöne, schlanke Vomnitzer-Spitze mit ihren Trabantcll und die Kesmarker-Spitze, die massive und mit ewigen Eisfeldern besäetc Eisthaler-Spitze und hinter dieser die B6laer Fleischbänke mit ihren weißen Kalkwänden. Nach Westen hin ragt eine Anzahl der verschiedenartigsten Gipfclformen empor, dic auf das Gemüt wirtlich überraschend einwirkt: hier sehen wir die nadelförmig Zugespitzte Botzdorfcr- und die rundliche Mccrangspitzc, die kegelförmig gedrückte Vastei nnd das t'ühn hervorragende schiefe Krummhorii des Krivlin; ilu Hintergründe die glockenartig geformten breiten Viptauer Voralprn. Vorzüglich aber scsselt den Blick in dieser starren steinernen Welt unter allen auf ungarischer und polnischer Seite aufragenden unzähligen Spitzen und Felscnhornern, scharfen Graten und zerrissenen Wänden immer wieder voll neuem dcr imposante schroffe Turin der nahen Tätraspitze, welche sammt ihrer nächsten Umgebung den schönsten und reizendsten Punkt für den Ausblick bildet. Nur uoch Eines von diesem hcrlichen Orte. Die rechts und links klaffenden bodenlosen Schlünde geben ciu Bild solch' grässlichcr Zerstörung, die uuzähligen Klippen stieren so grauscncrregend hinab in die Tiefe, dass uns bei diesem Anblicke unwillkürlich ein Schauer überläuft. Uebcrhaupt dürfte es außer der DUra in Ungar»! kaum eine Ocrtlichkcit geben, die wie diese den vollen Ernst, welcher in grauenhaften Wänden, plötzlichen ungeheuren Abstürzen liegt, tiefer fühlen ließe — den Ernst, dcr die Seele mächtig erfasst und die Willenskraft stählt. Vergcbcus fpäht hier das Auge nach sanftem, rasigem Thnlgchänge, oder nach verfallenen Terrassen und Fclsstnfen, diesen Kennzeichen der Schieferschichtcn. Ringsumher ist alles starr und kahl, jede ^inic bricht jählings ab, jeder Bach erscheint ein Wasserfall, der ganze Tntrazug als ein Felsmassiv vom Gipfel bis zur Waag-Popräder Thalsohle, in die seiu unabsehbares Fclsmlabyrinth hinabfällt. Zwei Stunden lang genossen wir diesen Aufenthalt für Götter. Nachdem wir unsere Notizen wolverwahrt zurückgelassen hatten, traten 29* 452 Cine BesteissMiss der Gcrlsdorser-Svltzc. wir um 1 Uhr nachmittags den Rückgang an. Dieser nun war erheblich schwieriger als der Aufstieg. Unser Führer, um die obere Schnecfurche nicht passircn zu müßen, schlug cinen andcrm Weg ein. Es begann ein wirtlich schlimmes Steigen, ein sich oft wiederholendes Auf- und Abklcttcrn über tlippigc Grate, schiefe, von Abgründen scharf begrenzte Platten, über pralligc Wäudc uud stachlige Bcrgriftpcn, über ticfgcrisscne, hohle, gosscuartigc Wasscrrinnen, kurz ein fortwährendes Klettern mit Händen und Füßen, zwei Stunden lang, bis wir endlich um 3 Uhr die kleine Spitze erreicht hatten. Die interessanteste und vielleicht gefährlichste Arbeit war indes die Fahrt in dem „Kamin", einem schornstcinartigcn durchlöcherten Fclsturm, in dem man sich bloß mit Hilfe des Rückens uud der Kniee svrtarbcitcu mußte; ciuc wahre Nauchfanglchrer-Arbeit? Die tlciustc Unvorsichtigkeit hätte traurige Folgen habcu tonnen, wenn sie auch nicht eben mit Lebensgefahr drohte. Solche Passagen bringen in der Regel nur dauu ernste Gefahr, wenn das Auge beunruhigt wird. „Bergsteiger stehen offenbar gleich Kindern und Trunkenen unter dem besonderen Schutze der Hiumcclsmächte," bemerkt der bewährte Bergsteiger Julius Payer. So gelang es auch uns, die gefährlichste Strecke, von der großen Spitze bis zur tlciucu, ohne Unfall zurückzulegen. Nachdem wir auf letzterer eine halbe Stunde lang ausgeruht hatten, setzteu wir den Rückweg in der früher beschriebenen Richtung fort; am oberen Saume des Kessels jedoch schlug unser Führer cinen anderen, bedeutend schwierigeren Pfad ein, auf dem man nur äußerst beschwerlich kriechend forttommcu konnte; dann balancirtcn wir, der Erschöpfung nahe, über die umfaugreichc Steinwüste und erreichten endlich bei beginnender Dämmerung die letzte Anhöhe ober dem Felkathale. Noch einen Blick in die wilden phantastifchcn Fclsformen des südlichen Gcbirgszuges, dessen stolze Zinnen das goldcuc Sonnenlicht nicht mehr traf, iu des Gcrlsdorfcr-Kessels ungeheure Tiefe, in welche schon die graublaue Nacht einzubrechen begann, während auf den äußersten Gipfeln des Gebirges noch das matte Zwielicht der Eiin' Äl'stüiguiui der Gcrlödorfrl-Spitze. 45^! Dämmerung herschte, und der Augenblick war gekommen, wo die Sonne am grcllcrhcllten Horizonte hinter den schattigen Gestalten der Krioängrupfte niedersank — ein feierlicher Anblick, der einen gewaltigen Eindruck auf uns machte. Beim Fclta-Uebcrgang wurde nochmals ciuc halbe Stunde gerastet und 1^/,, Stunden darauf hielten wir, von der frischen Abenoluft ucu gestärtt, um -'/,,10 Uhr abends unsern Einzug in Schmccks. 47- Die Meeraugen der Hohen Gätra. M^^su den eigentümlichsten Erscheinungen der Dttra gehören "^^^ ^ ihre Sem, welche das Bulk in seinem poetischen Gefühle 1 L^ schwungvollste Dichter leinen schönern, aber anch keinen passenderen Namen ersinnen sür diese von den erstarrten Wellen des graubraunen Felsenmcercs eingeschlossenen zahlreichen, kleinen, blau-oder schwarzäugigen Bcrgsccn, nmringt uon aller Wildheit, wie sie da träumen von der Sonne warmem Hauche, von flüchtigen Gemsen, die sich auf den glitzernden Wasserflächen spiegeln, lind von den Wundern ihrer geheimnisvollen Tiefe. Unnennbarer Reiz liegt in diesen stillen klaren Hochseen. Kein Wunder, wenn das Volk unzählige Märchen sich ül'cr diese gebildet hat, über die Uncrgründlichtcit ihrer Tiefe, über die Verbindung ,dersclbcn mit dein Meere, ohne sie für mehr als eben Märchen zu halten. Was die Gebirgsbewohner von diesen merkwürdigen Seen gefabelt haben, galt lange Zeit der Welt draußen als verlässliche Kunde; erst in unseren Tagen sind die „Mecraugcn" der Hohen Tatra Gegenstand genauer wissenschaftlicher Untersuchungen geworden, sind aber bis heute noch beiwcitcm uicht gelingend durchforscht. Im Gegensatze zu den Nicderungsseen nennt das Volk alle im gcsammten Karpathcnsysteine vorkommenden größeren und kleineren ^ziHoo^ ^ill, Dir Ml,','ra»ss!!» der ssolM Tütra. 45)5 Gebirgsseen „Meeraugen". Ihre Zahl ist sehr bedeutend; denn wollte man jedes mit stehendem Wasser gefüllte Becken als See bezeichnen, so würde die Hohe Tätra allein deren etwa 1!2 zählen, wovon nnr der Csorbaersee auf der Südseite und die sogenannten Toporower Seen auf der Nordseite außerhalb des eigentlichen Gebirges liegen. ' Hoch über dem Meere in enge Felsenbecken eingebettet, haben sie nnr eine geringe Oberfläche, die aber noch nicht bei allen geinessen wurde. Die beiden größten, der „Große 2cc" sWielti staw) und der „Große Fischsee" haben nur 34-8 und ^ Hektare Oberfläche; der kleine „Note See" sVöröst«'>) misst aber gar nur 0 18 Hektare. Hinsichtlich der Tiefe, welche das Volt für unergründlich hält, sind erst uier Seen untersucht; unter diesen ist der Große Ciemno-Smreöinski-See 41'3, der Csorbacr See 2<)-? Meter tief. Da der Flächcnraum der ilieisten Seen so gering ift uud die allerdings sehr steil in dieselben abfallenden Wände durch fortwährendes Verwittern und Herabstürzen ihres Materials gewiss schon uielc Jahrhunderte zur Ausfüllung der Secbeckcn beitragen, so darf wol angenommen werden, dass leine der uugcmessenen Tiefen die obcngcnannten ansehnlich übertreffe. Die Farbe des Wassers aller Seen ist dunkelgrün, mehr oder weniger ins Schwärzliche übergehend, wodurch die so häufig wiederkehrenden Namen „grüner" uud „schwarzer Tee" erklärt werden. Nur der Ziclony staw (Grüne See) bei Zakopane erscheint lichtgrün, während der „Note See" im Wcißwasserthale seinen Namen von dem roten Feldspate führt, der del! Granit daselbst bildet, wogegen die Farbe des in dem nördlichen Arme desselben Thales gelegenen „Weißen Sees" in Folge des Moorgrmidcs rötlichbraun ist. Genaueren Einblick in den eigentümlichen Charakter der Tätraseen wird uns eine Wanderung ».'erschaffen, auf der wir etliche dieser Seen zu besichtigen Gelegenheit finden. Wir wählen zu diesem Zwecke einen Ausflug von Zakopane aus zu dem Cznruy staw GlMnieowy und über den Pass Zawrat zu den „fünf lpolnischen) Seen" und dein 456 Die Meeraxnen drr Hol>r,, T,'n. Fischsrc, weil diese 3oui' nicht uur einc der interessantesten, sondern auch der großartigsten ist in der ganzen Tlitra. Z atop ane eignet sich in vorzüglichem Grade als Ausgangspunkt für zahlreiche lohnende Partien in das Gebirge galizischen Antheils. Dieses grosse, ^ Kilolnctcr lange, ungefähr 25i<)0 Einwohner zählende Dorf liegt an den Quclll'ächen des weißen Dnnajce am Nordfuße d^r westlichen T:Ura, ^iach polnischer Art sind die Häuser nicht in zu^ sannncnhängenden Reihen erbaut, sondern zerstreut iu mehrere», Gruppen, lüc auch eigene Namen führen. Den Mittelpunkt des Ganzen jedoch bildet die Partie um die kleine hölzerne Kirche, wo auch mehrere Kaufläden uud Restaurationen sich definden, bestimmt, für die Bedürfnisse der Gäste zu sorgen, die alljährlich aus Galizicu und Russische Polen zum Sommeraufcnthaltc hichcrtommen. Innerhalb des Ortes zweigt fich nach Südosten die Straße zu dem frciherrlich Eichlwru'schcn Eisenwcrf Zatopane ab, welches um das Jahr 17<)<) errichtet wurde und aus einem Hochofen nebst Formen-tischlcrei, m'cr Eiscuhämmerli, cincul Walzwerke, dem sogenannten Schlosse, zahlreichen Beamten und Arlieitcnvohlumgcu lind einem Gasthause besteht. Im Hettiste des Jahres i^?,', wurde hier auch eine Kaltwasserheilanstalt eingerichtet. Von dem Eiseuwcl'le aus, bei dessen Gasthaus wir uns bereits 999 Meter über dem Meeresspiegel befinden, treten wir unsere beabsichtigte Wanderung an. Wir haben die Wahl, entweder auf einem ziemlich schlechten, mehrmals gewundenen Fahrwege, oder auf einem kürzeren Fußsteige durch den Wald den Berg Boeon hinanzusteigen, auf dessen Rücken die Waldrcgion endet. Nun führt der Weg mäßig ansteigend über den Slupn«'>w Ilptaz, alls dem das erste Krummholz auftritt, thcilwcisc tnapp an dem Nandc des sich steil hinabstürzenden Thallesscls, weiter zu der eine ziemlich breite terrassenförmige Fläche bildenden Eiusattlnng zwischen der Kofta Krnlowa und der Kopa Magnry, welche letztere sich in der Gestalt eines steilen Fclscntcgcls über den Dattel erhebt. Während der Pfad zum Gipfel der Magern Tie MeeraiMit dev Holn'n T-ttva. 457 rechts hiuauleiiet, steigen wir lion dem Sattel durch eine Schlucht direct hinab in das Thal der Sucha woda. N'achdem wir an einer Salaschc (so heißen hier die Sennhütten) vorbeigekommen, überschreiten wir den Bach und steigen an der entgegengesetzten Thallehnc langsam hinan. So erreichen wir bald den Czarny staw (Schwarzen See) G^sienieowy, einen der größten'und schönsten der Tätra. Aus dein schwarzgrünen, stillen, fast ovalen Bassin ragt westlich eine kleine, mit Krummholz bewachsene Fclscninsel hervor, nnd die schroffe Ko«ei clcc-Spitze, die in rauher Jahreszeit ihr verwittertes Gestein massenhaft in den See schütten mag, spiegelt sich haarscharf in den klaren Fluten. Am östlichen Ufer führt mm der Fußsteig bis an das südliche (5ndc des Sees, wo man den aus dcm „Gefrornen See" kommenden Bach überschreitet und sodann auf defsm linkein Ufer über ungeheure Felsen ansteigt, um nach einer Stunde auf einem tleinen Plateau zustehen, uutcr welchem der kleine Zamarzjy staw (Gefrorene See) liegt. Hier bietet sich dem Bcfchauer ein Bild dar, dcm an Großartigkeit höchstens noch der Kcsfcl der fünf Seen in der kleinen Kolbach bei Schmecks vergleichbar ist. Die den See umschließenden Felswände sind in gewöhnlichen, nicht zu heißen Sommern iu ihren Schluchten mit kolossalen Schncefcldern erfüllt, die sich bis zu dcm See selbst hinabzichcn. Nirgends mehr ist eine Spur von Krummholz, nichts als kahle Fclsmauern bieten sich dein Auge dar, das anfänglich gar kciueu Ausweg ans dem Fclscnlabyrinthc zu finden vermag. C'ine schmale, nach oben sich immer mehr verengende Schlucht leitet nach Südsüdwest zu dem vielfach zerrissenen Grat empor, der die ^winniea mit dem Kozy wierch verbindet uud in dieser 2170 Meter hohen Einsattlung dm Namen Zawrat führt. Nach einer Stunde anstrengenden Vetterus, bald über lockeres Gerölle, bald über Schnee, erreicht man den nur wenige Schritte breiten eoneavcn Sattel, von dem sich der Anblick auf eine unbeschreiblich großartige Alpenlandschnft darbietet. Nach Norden ist die Aussicht zwar beschränkt, da eine 458 T>lü M«ra»lim der Hohl,'» T»tra. lleiue schiefe lHbeuc die Schlucht, in der man hinaufgeklettert ist, verdeckt; im Süden aber hat man zu seinen Füßen dm obersten der polnischen „fünf Seen", und etwas weiter sieht man einen Theil des zweiten oder „Schwarzen Sees", einen Theil des hohen Rückens nnd eine große Anzahl von Tätraspitzcn, unter denen namentlich der Kriv-'m hervorragt. Aus dem Sattel nnn slei^t 'mau übcr die zwar abschiissigen, aber nicht gefährlichen, grasigen Südnbhänge in das Thal der „füuf Seeu", welches uustrcitig eines der interessalltestcn Thäler der Tä,tra ist. Zerrissene, öde Fclscnspitzen umgeben in Form eines Kranzes die fünf Seen. Nur Schnee und Stein wechseln miteinander ab in dieser Wildnis; denn das Pflanzcnlcben ist hier über der j>lrummholzrcgion uur sehr spärlich. Hie und da llammcm sich dünne Mooshärchcn an die Granitfelsen; die Schuccfeldcr aber erstrecken sich bis iu das Wasser der Sccu. Am höchsten liegt der Zadny staw (Hintcrfec, 1792 Meter), der auch Zamarzly (der Gefrorene) heißt, weil er auch im Sommer, wenigstens zum Theil, zugefroren ist. Rechts davon liegt iil einer etwas tieferen Mulde der doppelt so große Czarny flaw (Schwarze See), während linker Hand gegen den ^tozy wicrch sich ein lleines Thal, Pnsta Doliula, hinzieht, welches uns bald an einer verfallenen granitnenSalaschc vorbei zudem grüßten der Tl'ürasccu, dem bereits genannten Wiclti staw, hinablcitct. Neben ihm hat der galizischc Tlltraverein aus Granit ein llrines Schui^haus errichtet. Ein Wirt befindet sich hier nicht, uud das Häuschen dieut blos: dazu, damit sich die Touristen hichcr flüchten tonnen, wcnu fic von der finsteren Nacht oder von dem ausbrcchcnden Sturlnc il» der öden Wildnis überrascht würden, die von allein Vertehrc so weit entfernt ist. Der Abfluss des Wielli staw, der Noztota-Äach, bildet etwas weiter unten eium prächtigen, 6^ Meter hohen Wasserfall, welcher unter dem Nameu des Czitlowa- oder .^Ulawa-Fallcs dem Fünf-Seen-Gebiet zur interessantesten Zierde dient. Um ihn gut zu übersehen, must mau ein Stück hinabsteigen. In zwei, Absätzen stürzt sich Tic Mennige» dor Hohcn Tntrii. 4>>9 die Roztoka über den oberen, ctioa 4'^ Nieter hohen und fast seittrechtcn Theil dcr Secwcmd hinab; dann ergießt sich die ansehnliche Wasser-niengc sausend und schäumend über die schräg geneigte Granitflachc der unteren Wand in die Tiefe, um aus dieser eine riesige Ncbelwolte emporzusenden. Die Ulnqcbuug dcs Falles trä^t die Ziige del- höchsten Wildheit. Mr nicdercs Gebüsch überzieht stellmwcisc die Thalwändc, und noch weit übcr die lcytcn Uruüuuh^lzsträuchc hinaus ragen ill schwindelnder Steilheit dic granitnen NialU'in cnip^r, die, von Wasserritlm zcrrisscit, dort, wo sic hier und da zurücktreten, hoch-lic^cndc Mulden umschließen, in denen sich größere Schneemassm saiinneln, die selbst im wärmsten Sommer nie ganz wegschmelzcu. Vom Cziktowa-Falle k'hrcn wir zum Wiclti staw zurück und tommcn, nachdem wir den Ausfluss des Baches aus dem See überschritten, nach wenigen Minuten zu den, sehr kleinen Maly staw und bald darauf zu dem größeren Przedn)' staw (Vorderscc), den beiden letzten der „Fünf Seen". Nun führt uns die Gebirgswanderung auf-nnd abwärts, bald über Grauittrümmer, bald über grasige Abhänge, in das Thal der Biatl'a, in welchem der große Fisch sec (Nybie staw), die Perle aller Tätraseen, gelegen ist. An Flächcngehalt nur von dem Wielki staw übe>troffen, wird er an Großartigkeit der Scenerie der Umgebung von keinem der übrigen Tätrasccn erreicht, wozu vor Allem mich der Umstand beiträgt, dass er zu den ticfstgclegcnen Seen der Nordseite des Gebirges gehört, da die Meereshöhe seines Ufers nur 1401-:; Meter beträgt. Die Grenze lwu Ungarn und Galizieu durchzieht ihn uon dem Ausflusse der Biaita nach Südwest in der Richtung auf den malerischen Felsen Mönch und theilt von seiner Fläche je die Hälfte Ungarn lind Galizicn zu. Er ist reich an Forellen, die man oft über die Oberfläche des Wassers springen nnd nach Mücken haschen scheu taun. Auf dem Damme, welcher den See im Norden begrenzt, hat der galizische Tiltraucrcin ein Schutzhaus errichten lassen, von wo ans man einen prächtigen Neberblick des Sees und seiner Umgebung genießt. In 460 Die Mccnnnilm dev Huh^n D'>tvc>. dem krystallrcinen, an den Ufern grünlichen, gcgen die Mitte adcr schwarz glänzenden Wasser spiegeln sich die einschließenden, wildzerrissenen nnd nur spärlich mit itiummholz bekleideten Felsen mit ihren Schneeflocken nnd dcn Wasserfällcl», die wie Silbcrfädcn hinab-rauschcn. In dein begrenzenden Fclsenkranzc fallcl, alis^cr dem Acönch besonders die Gemse, die Mecraugspitzc, der Türke und die Zwölf Apostel auf. Hat man den Fischscc aus dem zu Gebote stehenden Flosse übcr-schifft, wozu etwa 20 Minuten erforderlich sind, fo führt rechts von dem kaskadenförmigcn Abfluss des Meerauges ein mehrfach gewundener Fußsteig auf der ziemlich fteileu, adcr doch gefahrlosen Felswand aufwärts uud nach etwa einer halben Stunde erreicht man die Höhe des Qucrrirgcls, auf welchem ein eisernes Kreuz an den Besuch des Bischofs Gregor Zieglcr von Tyniecko im Jahre 1823 erinnert. Von hier aus übersieht man cbcnsowol dcn Fischsce in seiner ganzen Ausdehuuug, als man uuu das Mccraugc uor Augen hat. Dieses besitzt bei etwas tlciuerem Flächcugchalte beinahe die Gestalt des Fischsecs. Dcr slosscl, in dein das Mccraugc liegt, ist fast kreisrund, rings uon steilen, thcilwcisc mit Schnee bedeckten Felswänden und Spitzen umgeben, die sich höchst malerisch in dm duutlcn Fluten abspiegeln. Der Rückweg uon hier ums; zuuächst uach dem Fischsee gerichtet sein; von diesem aus stehen uns aber zur Rückkehr nach Zakopane einige, auch wieder reichlich lohnende Wege zu Gebote, dic kürzer lind minder beschwerlich sind, als die hiehcr cingeschlagcuc Tour. ^andscbaft am Dniestr. 4li. Am oberen Dujester. MMW^Ini Osten der Hohen TtUra beginnt jener rcichbcwaldcte ^MvH Sandstcinzug, welcher auf seinem Hanpttammc die Grenze ^MR^ zwlschtt, llngarn nnd Galizicn trägt Mld den die Gco-^M^^l graphcn das tarpathische Waldgebirge genannt haben. Der westliche Theil, bis Znm Ungh, führt anch den Namen der Ost-Beskiden. Die dortigen Gebirgsbewohner kennen aber beide Namen nicht; fic benennen bloß kleinere Ketten und Gruppen oder einzelne Berge, deren Namen dem Nichteingclwrncn mitnntcr ganz fremd klingen, da sie selten in Ncifcbcschreitmngcn, noch welliger anf Karten ersichtlich sind. Das dnrchans südöstlich streichende Gebirge nimmt mit seiner Annäherung an die Marken der Bukowina stetig an Höhe zn, nicht nur im Haupttammc, sondern anch in den demselben parallelen Vor-tcttcn. Sein nördlicher, galizischcr Abfall ist im Westen steil; im Ost-thcilc dagegen steigt das Gebirge sanft, znm Theil in Hügeln, zum Dnjcstcrthalc herab. Die Gestemsartcn, ans denen die Waldkarpathcn sich aufbauen, sind Sandstein nnd stellenweise Granit, anf denen Kreide lagert. Im östlichen Theile der nördlichen Karpathen-Abfälle liegt zu nntcrst dichter Krcidckalt, weWarbig nnd im Brnchc splittcrig, auf welchem dann die zcrrcibliche Kreide die obere Schichte bildet. Diese geognostischen Verhältnisse erklären wol auch die vielen Erdscntungen, die hier häufiger t6^ , ?lm oberen Dn>estcv, sind als vielleicht m irgend einem andern Vande Europas und wahrscheinlich dcr Ausspülung des unterliegenden talk's durch die ^iicdcr-schlage ihre Entstehung zn verdanken haben. Solche Scnknngen silld von verschiedener Größe, meistens trichterförmig, und selbst nach den größten Regengüssen ist in diesen Trichtern nie eine Spur von Wasseransammlung zu bemerken. Im westlichen Theile ersetzt znmeist Sandstein die Kreide, wie man dies überall, wo Flussbctten die tieferen Schichten erschlossen haben, sehen kann-, dieser besitzt eine Mächtigkeit von nngcfähr A0 bis 30<) Metor und wird zur Verfertigung von Schleif- und Mühlsteinen oder als Baustein benützt. Dieses in seinen Hauptmassen eigentümliche Sandstcingcbilde der Karpathen ist reich an Salz-, Kohlen- nnd Torflager» nnd enthält anch eine große Menge von Naphta- oder Petroleumqucllen. Soust findet man unter einer mäßigen Erddeckc in den meisten Gegenden Thoncisensteinftötze, deren Erze jedoch so mager sind, dass in Folge dessen die Eiscn-Erzeugnng theuer zn stehen kommt. Diese steinigen Grundlagen werden zum größten Theile von einer geringen Erdkruste überdeckt, deren unbedeutendes Erträgnis die Bewohner dieses Bodens tanm zu ernähren vermag. Die Nntlir in ihrer Güte bedachte diese Gegenden, gleichsam zur Entschädigung, mit ungeheuren Waldmasscn, die zumeist aus Fichten, Tannen, Kiefern, aber auch Buchen bestehen. In der Mittclrcgion der Karpathen findet man noch ziemlich häusig die Värche, welche, früher in Polen allgemein, jcyt nur im Gebirge zn treffen ist. Bon den 2 Millionen Hektaren Forste, die Oalizicns Boden bedecken, sind beinahe ''/? Gcbirgswaldnng, welche an 2 Millionen Master Brennholz, nngerechnct die Verwendung zn Werk- und Bauholz, liefern. Die Forstwirtschaft, einst unter polnischer Herschaft wegen des allzngroßcn Holzübcrflusscs so viel wie nicht gekannt, steht anch heute noch nicht auf gleicher Stufe mit den anderen westlichen Kronländern, doch bemüht sich schon seit vielen Jahren die Negierung, ein geeignetes Forstpersonale heranzuziehen. Trotz der schlechten Bcwirtschaftnng dcr Wälder nnd trotzdem, dass ?>m olleren Dnjcster. 46^ 22 Salzsiedereien, etliche :w Eisengewerke, einige hundert Köhlereien, cm Dutzend Glashütten ihr nötiges Brenliholz aus denselben blichen, ist nicht sc> bald an Holz mangel zn denken, da in den höheren Negio nen der Waldkarpathcn noch immer von keines Menschen Axt ange^ tasteter Iwvald in mächtigen Revieren zn finden ist, in dem Tausende von Klaftern nutzlos zn (Grunde gehen. Ist in Folge der neuen Eiscnbahnbauten anch in deren Nähe der Wert des Holzes gestiegen, so sind doch die grölten Gebiete von bequemen Verkehrswegen zn entlegen, als dass man die Massen des Holzes gut verwerten tonnte. So mag es denn wol auch heute noch tiefer im Gebirge vorkommen, dass man gegen Erlag eines Guldens an den Eigentümer sich so viel Holz ans dem Walde schlagen kann, als man will. Die Nichtachtung der Holzmasscn geht so weit, dass Hirten und Jäger, wenn sie im Walde Feuer anmachen, dies unmittelbar am Stamme eines groben Baumes thun, der dnnn oft vom Feuer ergriffen vollständig verkohlt und als schwarze Bauim'miie noch lange stehen bleibt, häufig aber auch seinen Brand den nachbarlichen Bäumen mittheilt nnd dadurch große Strecken Waldes in Asche gelegt werden. Der landschaftliche Charakter der nördlichen Verzweigungen des tarpathischrn Waldgebirges ist im Allgemeinen ein wildromantischer. Dichte, wcitgedehntc Waldungen wechseln mit kahlen Bergen, steilen Fclsenwändcn, herabstürzenden Gewässern und sonstigen überraschenden Naturschö'nhciten. Vewundcrnswert sind besonders in der Tiefe des Forstes mächtige Steingebilde, welche in ähnlichen beschatteten Baum--regionen wol selten vorkommen mögen. Im Gebiete des oberen Stryj, eines rechten Nebenflusses des Dnjcstcr, erwecken diese Stein-blocke ganz besonderes Interesse. Dem in der feierlichen Stille der Waldeinsamkeit fortschreitenden Wanderer stellt sich plöl.Uich ein schroff ansteigender, gewaltiger Fclsblock entgegen, der an 30 Meter hoch emporragt und nach unten sich bedeutend verjüngend mit Mühe nur das Gleichgewicht zn erhalten scheint. Dieser Fels bildet gleichsam dic Vorhut einer langen Reihe solcher altersgrauen Riesen der 464 Am oberm Txjrster. Borzelt, die Einen im Zweifel lnsfcn, ob das Urgcbildr der ')latnr oder das mühsame Menschcnwcrk daran mehr Bewunderung oerdient. Denn der untere Theil dieser mit Hlioos und Strauch bedeckten Felsen ist einer Mauer gleich abgeglättet nnd mit ansehnlichen, tammerartigcn Aushöhlungen versehen, die in den massiucn Stein hineingearbeitet wnrdcn. Jede der letzteren ist hinlänglich groß, nln mehrere Menschen anfzunehmen nnd alle sind anffälligerwcisc nur nach Süden offen. Es scheinen dies Zufluchtsstätten für die Gebirgsbewohner zur Zeit der Tataren-Einfälle in Galizicn, die sich so oft wiederholten, gewesen zu sein. In solcher Umgebung entspringt der Hauptflnss Ostgalizicns, der ansehnliche Dnjcster. Seine Quelle liegt in einer Vorkette des karpathischcn Waldgebirges im Norden des Uszolpasscs und des San-Ursprunges — ans galizischem Boden bei dem Dorfe Dnjcstrzyf-Dnbowy in der Samborer Bezirtshanptmannschaft. Vom Ursprünge bis Sambor bildet er ein lm'zes, breites Qucrthal, das anfangs nördlich, dann nordöstlich streicht. Unterhalb Sambor wendet er sich nach Südosten nnd behält dicfe Richtung bis zu seinem Anstrittc aus der Monarchie bei. Im Vereine mit seinen Zuflüssen Strwicza nnd Biftrica bildet er zwischen Sambor und der Stryjmnndung große, noch nngebändigtc Sümpfe, im weiteren Vcrlanfc durchbricht er zwi^ schen Steilufern nnd uütuntcr dichtbcwaldctcn Höhen fich windend die oftgalizischcn Sandsteinlagcr nnd geht, nachdem er auf kurzer Strecke Galizicn gegen die Bnlowina, dann gegen Bessarabien begrenzt hat, ganz nach Nnssland über. Die Bewohner des hinsichtlich seiner Bodenverhältnisse nnd seines landschaftlichen Charakters gefchilderten galizischcn Gebirgslandcs am Nordabfalle der Waldtarpathcn gehören dem kleinrussischen Stamme der Nnthcncn an nnd heißen im Westen Bojkcn, im östlichen Gebiete Hncnlen, werden aber gewöhnlich insgesammt mit dem lederen Namen bezeichnet. Es sind echte Söhne des Gebirges, hochgewachsen, voll frifcher Kraft und von edler Gestalt, aus deren duntlcn Gesichtern Am obrrcn Dujrstei. 465 nicht bloß Ernst, sondern ein gewisser Trotz zu lesen ist, der sich wie gegen Wind und Wetter, so auch gegen den Menschen kehrt. Wic alle Gebirgsbewohner sind die Hueulen bescheiden in ihren Bedürfnissen und hängen zähe cun Althergebrachten. Der Ackerban ist nur auf kleine Thalgebietc beschränkt und die Unfruchtbarkeit des Bodens lässt nur wenigen Hafer, hie nnd da etwas Mais und Kartoffeln gedeihen. Bedeutsamer ist die Viehzucht. Im Sommer treiben die Huculcn ihre Schafherde»! auf die hohen Berge und weiden sie dort bis in den September oder October. Während mm die Hirten, Baöowe geheißen, auf den Bergweiden Mölke und Schaftäse bereiten, bestellen die Weiber daheim das Haus und den kleinen Acker, wcbcn grobe Leinwand und spinnen Schafwolle. Im Herbste führen die Huculcn die von ihnen bereiteten Käse und das gemähte Heu herab und fällt hoher Schnee, zeitlicher als gewöhnlich, so binden sie an ihre Fußbekleidung dünne Brcttchcn an, um sich das Gehen zu erleichtern. Auf dem Dnjester und seinen Ncbenflüsschen schwemmen sie Bretter und anderes Holz, das sie in ihren Gebirgswaldungcu fällen, zum Bertauf in die Ebene. Ueberhaupt befasst sich der Hnculc geru mit Handel aller Art. Die zahlreichen Gcwäsfer, die seinen Boden durchfließcu, liefern ihm dazu eiue Mcugc Fische, darunter vorzüglich gute Forellen; die Wälder bicteu ihm nebst ihrem Reichtum au Bau-und Brennholz viel Wild aller Art, das er als guter Schütze, oft auf ungesetzliche Art, fclbft zu erlegen weiß. Sogar die Ochsen, die während des Sommers wegen der nötigen Zugtraft genährt und gepflegt werden, tauscht er bei Annäherung des Winters in einem Städtchen der Umgebung gegen verschiedene Waren, namentlich aber gegen Getreide und Branntwein aus. Nur ein Thier der Haushaltung geben die Huculen nie oder doch höchst selten weg; dies sind ihre kleinen Pferde eigentümlicher Raffe, welche sich zum Ersteigen steiler, felsiger Berge, sowie zum Durchschwimmen reißender Gewässer vorzüglich eignen. Das Reiten ist hier auch allgemein, und Mann und Weib sind bci einer Reise Unternehmung stets beritten. Um>»u!«i Wanden,,i,,!-!,. Kl) 466 Am obeicn Dnjcstcr. Kehren wir in der Wohnung des Humlcn ein, so werd^ll wir bald gewahr, auf welch' niederer Culturstufe er sich noch befindet. Die ans Holz gebauten, mit Stroh gedeckten Häuser sind zumeist höchst armselige Hütten, welche häufig in einem Raume Menschen nnd Thiere beherbergen. An Hausrat ist da nicht viel zn finden. Nur Verheiratete schlafen in Bettstellen, alle Anderen halten ihre Nachtruhe auf Kotzen, Vinsendecken oder Stroh. Da der Kamin fehlt, verbreitet sich der Ranch im Wohnramne und nimmt dann seinen Weg bei der Thüre hinaus. Unter solchen Umständen lann auch der Kochkunst leine besondere Sorgfalt gewidmet werde»!. Milch, Käse und Haferbrot, dazu Fische und mitunter Wildprct bilden die Nahrung dcs Huculen. Als Bekenner der gricchisch-unirten Kirche hat er überdies eine Menge Fasttage, die zu halten ihm tauiu viel Mühe tostet. Dagegen würde es ihm nngemein schwer fallen, sein ^icblingsgetränt', den Branntwein, Zu missen, dein er leider über die Maßen zuspricht. Im Zustande der Truntcnheit begeht er dann manche tadelnswerte oder strafbme Handlung und Diebstahl und Naub sind nicht selten. Trotzdem ist das Volt ungcmein fromm nnd wallt alljährlich ill großen Scharen Zu den wnndcrthätigen Caluarienbcrgcn und Gnadcntirchen uon Pac^aw, Kalwaryja nnd Kobylanla. Daneben haben sich aber auch noch manche Neste alten Heidentums bis auf den heutigen Tag erhalten. Die Flüsse werden uon den Nufsalten, lieblichen, doch mutwilligen Nixen, bewohnt gedacht, welche den Fischer zu sich in die Tiefe locken. Fest eingewurzelt ist der Glaube an Vampyre oder Blutsauger, und mancher noch Vebcndc wird als zulüuftiger Vampyr bczcichuet, weshalb er gefürchtet wird; man erfüllt aber alle seine Wünsche, um sich bei ihm in Gunst zu setzen. Nuch ali der althergebrachten Kleidung hält der Huculc wie insgemein dtt' Gebirgsbewohner fest. Die Männer bedecken das Haupt mit einem schwarzen Hute, den ein rotes Band, eine Pfauenfeder und allerlei Zicrrat schmücken, im Winter auch mit einer langgcspitzten schwarzen Lammsfcllmütze. Das wcißleinene Hemd, dessen Aermcl Äm olleren Dnjester. ^ -^li? mit roten, schwarzen odcr blauen Bändern allsgenäht sind, reicht gewühlt lich über die Knie; das Beinkleid ist weit, lang und wird am hausig-sten ans rotem Tnche gefertigt. Ein schwarzbraunes Obcrtleid, gleich-falls von Tuch, wird über die schultern gehängt, darmltcr eine Tasche ans vielfarbiger Schafwolle, während die Hüften ein mit Knüpfen verzierter Ledcrgürtel umschließt, der Messer, Feuerzeug und Tabakspfeife trägt. Die Fußbekleidung besteht in Bundschuhen. Der Hand fehlt nie der kräftige Stock mit einem Az'tansakc, welcher cbensowol als Stütze beim Bergsteigen wie als nngcmcin geschickt gebrauchte Waffe dient. Die jnngcn Bursche schmücken ihren Nacken mit Kreuzen, Rosenkränzen, messingenen Heiligenbildern n. dgl. nach ursprünglich russischer Sitte. Das weibliche Geschlecht kleidet sich sehr einfach. Junge Mädchen umwinden ihre Hüften mit einem breiten, dicken Wollstoffe, den sie gewöhnlich selbst verfertigen, tragen eil« gesticktes Hemd und als Schmuck Korallenschnürc und bunte Glasperlen. Der Kopf bleibt unbedeckt; die zierlich geflochtenen Zöpfe werden gleich einem Kl'anzc um das Haupt gewunden und mit Bäudcrn geziert. Die verheirateten Weiber tragen auf dein Kopfe einen Schleier aus dünner weißer Leinwand. Die Füße bekleiden sie mit Bundschuhen oder mit farbigen Saffiansticfeln. Des Winters umhüllen sie sich, gleich den Männern, mit einem langen Nocke von grauem odcr schwarzem Halinatuche odcr mit einem Schafpelze. :z<>' 49- Im Südastm der Bukowina. ^amc „Bukowina" nnrd l'ou dcn Buchenwäldern her-^H^i^ geleitet, welche noch heutzutage einen großen Theil des Vandes bedecken, und bedeutet souiel als Buchcnland. Eine ^OH^-Äjj sa^„h,^ Ueberlieferuug aber berichtet, dass Stcphan VI. der Große, Fürst der Moldau, einst ans einem offenen großen Felde zwischen Pruth und Dnjcster, bei (5hotim und Czcruowitz, 20.000 Polen gefangen genommen; die spannte er au dcn Pflug und ließ das ganze, 18 Kilometer lauge Schlachtfeld von ihnen umpflügen, alsdann säete er Buchensamcn dahin, woraus der schöne Buchenwald erwuchs, der dem Vande dcn Namen gab. Besser aber tonnte man die Autowiua das Waldland schlechthin neuiicu; dcun die weit ausgedehnten Waldungen, welche vielfach noch im Urzustände sich befinden und nahezu die Hälfte ^) des ganzen Vandcs einnehmen, bestehen zum größten Theile nus Nadelholz und der Vaubwalo steht erst in zweiter Vinie. Suchen wir in ein solches Urwaldsrcmer einzudringen, wie sie sich im gebirgigen Süden des Vandes auf Tagereisen weit erstrecken. Zu einer solchen Unternehmung bedienen wir uns der kleinen, aber sicheren und ausdauernden Huculcnpfcrdc, ohne die das Forttounuen hier im Gebirge nmuöglicb wäre. Mit dem Aufhureu des cultmirtcn ') gcncmrr ^3'4"/y der Gcsammtfläche. Im Nüdoslcn der Vulowina. 469 Waldes nehmen auch die Straften und Wege ihr Ende nnd es bleibt gewöhnlich nichts Anderes übrig, als im Bette eines Flusses oder Baches, der das düster beschattete Thal durchrauscht, die Richtung ins Innere des Waldes zn verfolgen. So ssleicht eine derartige Expedition in gewisser Hinsicht dem Reisen in den binnenländischen Gebieten Griechenlands und seiner Inseln oder Kleinasiens, wo schließlich als vcrlässlichc Wege nnch nnr mehr die Flussbetten zu beschreiten sind. Wenn der Wasscrstand klein ist, so bleibt wol Namn genug, nm nebenher im trockenen Theile des Bettes zn reiten; an engeren Stellen oder an bedeutenderen Windungen ist man aber genötigt, die Wasserflut zn dnrchschnciden. Dabei überlässt man sich ganz dem Instinttc der Pferde. Diese wissen überall sich selbst zu helfen: mit unglaublicher Gewandtheit winden sie sich zwischen Fclsmasscn, Steinen und Baumstämmen hindurch oder überklettern dieselben. Wolleubrüche richteu oft im Walde große Verheerungen an. Die umgestürzten nnd weggeschwemmten Bänme lagern an den Flnss- nnd Bachufern nnd türmen sich zu gewaltigen, ungeordneten Holzswsieii auf, in die sich mächtige Fclsblöcke gezwängt haben nnd von denen einzelne Stämme gleich MastsMcn hoch aufragen. Dringt man durch eine der bücken aus dem Rinnsale des Thals in den nachbarlichen Wald ein, der nnr aus Fichten besteht, so sieht es darin in einer anderen Art fast ebenso wild aus. Den Boden bedecken frische, halb und ganz verweste, dicht von Moos überzogene Baumstämme. Zwischen den noch aufrcchtstchcndcn sieht man überall schon gleichsam die fallenden in schräger Richtung an ihre Nachbarn angelehnt: Grünes und Dürres, Vebcn und Tod bunt durcheinander. Aber nicht nnr die freien Elemente zehren an diesen dem stolzen Behcrschcr der Erde noch nutzlosen Produtten der Natur. Die Gefahren, die der Mensch, wo er die wilde Natur gezähmt hat, abzuwenden oder doch zn mildern versteht, zeigen sich hier in ihrer ungebrochenen Macht. Ungeheuere Waldstrccke,i hat der Borkenkäfer 470 Im Siidoste» dcr Bukowina. angenagt uud zum Thcil schon getödtet. Die Stämme slehei! oft noch, aber verdorrt, entnadelt und entrindet, spater mich ohne Acslc, zuletzt fallen sie. Der Wurm hat ihr Herz zernagt. Ein anderer Feind sind die Waldbrändo, welche in diesen Gegenden der Mensch veranlasst und ihr Weitergrcifen nur selten verhindert. Da die Bewohner wenig ins Innere des Waldes eindringen, so entstehen die Brände zumeist an den Säumen, an den Flussufrrn,; lange Strecken der Waldungen sind da halb verkohlt; aber auch' die versohlten Bäume bilden längs der Rinnsale schwarze Wälle. Die Waldbrändc rntsichm nicht immer durch Unachtsmntcit, sondern absichtlich, denn aus ihnen bcncht bisher die einzige Benutzung der lit Wälder; die Bäume werden auf dem Stocke verbrannt nnd die übrigbleibende Asche gesammelt und zu Pottasche gesotten. Die einzigen Inwohner dieser Urwaldswildnis sind die freilebenden Thiere, unter denen selbst Bären und Wölfe noch nicht selten sind; es wäre daher nicht ratsam, sich volllommcn nnbcwnffnet tics in den Wald hineinzuwagen. Wenn aber anch in der Oslhälftc der Butowina das Waldland dominirt, so finden sich doch in den breiteren Thalniedcrungen größere Strecken urbar z gemachten, fruchtbaren Bodens uud mehr oder weniger ausgedehnte Dörfer, deren einzelne Gehöfte zerstreut uud fern von einander liegen, hie und da ein Klostcrban bilden die Staffage inmitten der grünen, oft so malerischen Landschaft. Die armseligen Hütten der Hucnlen, welche die Banern sich selbst errichten, enthalten, wie im nachbarlichen Galizien, unter demselben Dache zugleich Wohnung nnd Stall und sind zum Schutze gegen Einbrüche von Bären nnd Wölfen mit einer doppelten Einplantnng versehen. Ilnuerglcichlich ansehnlicher rcpräscntiren sich die Möstcr der gricchisch-mchtmiirten Basilicmer oder Kalugcr, deren gegenwärtig noch drei bestehen: zu Putna, Snezawil>a und Dragomirna. Ersteres, das älteste, im Jahre 1466 von dem moldauischen Fürsten Stephan dem Grosicn gegründet, liegt in der Mitte großer einsamer Wälder ^NI TüdosN'ii der Bulllwi»«. 471 in nugemein spärlich bewohnter Gegend; die Kirche dco Klosters bewahrt das Grab seines l5»ol verstorbenen Stifters. Das aus dem Jahre 15^1 slanimende Sue,^awiha ist etwa drei Stunden von der am gleichnamigen Flusse gelegenen Stadt Suezawa nach Südwcstcn elttfernt und enthält mehrere Grabmäler fürstlicher Familien ans dem Hanse Mugila, Hart an der Ostgrenzc der Butowina gegen die Moldau liegt das dnrch Größe nnd Schönheit ausgezeichnete Kloster Dragomirna. Ein von der Snezawa nordwärts streichendes Seitenthal beherbergt die im Jahre 17^ gegründete großrussische Colonie ^ipowany, von wo aus wir in nördlicher Richtung bald Dragomirna erreichen. Der schöne, nnt reichen Saatfeldern nnd blühenden Gärten prangende Grund, in dessen Mitte hentc das Dorf nnd das weitläufige, in byzantinischem Stile erbaute Kloster liegen, war einst ein ödcc-, unbenutztes Gut, das den Vandesfürsten der Moldau gehörte und nnt den Snczawer landesfnrstlichcn Gütern vereinigt war. Wojwode Peter der Vahme schcnltc das Gut dem Clias lirinitu; von diesem erbte es sein Sohn Athanasius 5trin>to, Metropolit in Suczawa, welcher daselbst zn Ansang des 17. Jahrhunderts (angeblich 1611) Kirche nnd Kloster Dragomirna stiftete. Wiederholte Einfälle und Nänbereien fügten dem Kloster großen Schaden zu. Als unter dem Wojwoden Basil ^npul (163^—1654) Timotheus Chmcl-nieli nnt den Zaporoycr stosalcn und mehreren Tatnrcnhorden gegen Snczawa zog, erstürmte er nnt seinen Banden auch Dragomirna. Da das Kloster start befestigt uud von hohen Ningmauern nmschlossm war, so hatte sich bci der Mchricht vom Herannahen des Feindes viel Volt nnd ein großer Theil des Handrlsslandes von Snezawa in das^ selbe geflüchtet nnd alles wertvolle Eigentum, das in der Eile trans-portirt werden tonnte, mitgenommen. Chmelnieti forderte die Verteidiger zncrst znr Uebergabe des Planes ans. da ilnu jedoch eine abschlägige Antwort ertheilt wnrdc, so befahl er einen allgemeinen Stnrm, in welchem die Verteidiger, nachdem em großer Theil derselben umge- tommcn war, unterlagen. Von deli übrigen fielen die ulcistcn in Gefangenschaft; nnr wenigen gelatlg es, sich durch die Flucht zu retten. Das Kloster selbst wurde ganz ausgeraubt; alle Habe und die aufgespeicherten Waren, alles Gold und Zilber, alle Kirchcngcwändcr und Was nur von einigem Wcrtc war. wurde als Beute ergriffen uud fortgeschleppt; die vorhandenen Doeumeute und Bücher, auch die Eigen-tums llrlundcn zerfetzt uud verbrannt, und überhaupt eine vollständige Verwüstung der inneren Einrichtung vorgenommen. Nachdem der Feind abgezogen, wäre es unter den darauf folgenden Verhältnissen lanin möglich gewesen, das Kloster und dessen Rechte entsprechend zu vertreten, da den Mönchen die Mittel dazu vollständig entrissen waren. Darum begaben sich am 22. März 1654 die Kalnger des Klosters Zu dem Wojwodcn der Moldau Georg Stephan, den, sie mit großem Leidwesen klagten, dass ihnen die Kosaken sämmtliche Schcnt'nngs- und Gnadmbricfe, worauf Dragomirna seinen Besitzstand gründete, geraubt und vernichtet hätten. Da bestätigte der Wojwode von Neuem alle dem Kloster zugehörigen Güter und setzte dasselbe wieder in die ^age, sich nach wie vor erhalten zn können. Die weitere Geschichte des Klosters berichtet, mit Ausnahme einiger Tataren-Streifereien, die auch Dragomirna berührten, weniges voll Bedeutung. Als die Bukowina im Jahre 1775 an Oesterreich fiel, wurden, wie bei den übrigen Klöstern, so anch bei Dragomirna die bestehenden Verhältnisse genau untersucht nnd verzeichnet. Bei dieser Gelegenheit zeigte es sich, dass das Kloster damals von seinen früheren, reichen Gütern uur mehr wenige Besitzungen sein Eigentmn nannte. Mehrere Güter waren von den Bojaren') unter verschiedenen Vorwänden weggenommen worden; andere, die in der Moldau lagen, nahmen jene >lalugcn in Anspruch, die von Dragomirna uaeb dem Kloster Niamz in der Moldau übersiedelt waren. ') Die Bojarin waren j^nc Adeligen m dcr Muldau, welche im Nate des Woiwodcn oder Hospodaroi 2ik und Htimim' hattl'u. Im Südosten der Vulowina, 473 Wir können von diesem Gebiete am Ostsaume unseres Vaterlandes nicht scheiden, ohne vorher noch der bereits erwähnten, unweit Dragomirna gelegenen Colonie Vipowany einen Besuch abzustatten. Es ist eine der Niederlassungen der in so mancher Hinsicht interessanten Sectc der ^ipowaner, welche zu Ende des vorigen Jahrhunderts unter Kaiser Josef II. aus Vithnucn in die Bukowina kamen. Ihr Hauptsitz ist die Ortschaft Fontina alba mit dem dicht daneben liegenden Dorfe Klimoutz anf dem Plateau, welches sich zwischen dem Sereth und der Suczawa erstreckt. Die Lipowaner oder eigentlich Philiftpowaner heißen so nach Philipp Pustoswiat, unter dessen Führung sie gegen das Ende des 17. Jahrhunderts aus Nussland, wo sie hänfigcu Verfolgungen ausgesetzt waren, nach polnisch Lithauen flüchteten. Sie sind eine russisch-griechische Secte, und zwar ein Zweig der Nostoluiten, die sich selbst Starawerski, d. i. Altgläubige, licnnen, weil sie sehr strenge auf dic nach ihrer Meinung unverfälschte alte Bibelübersetzung und die alteu Gesang- und Gebetbücher der griechischen Kirche halten, welche durch die Revision des Patriarchen Niton zn Moskau in der Mitte des 17. Jahrhunderts geändert oder, wie die ^ipowaner sagen, verderbt worden find. Diese Secte scheidet sich wieder in zwei Hauptparteien; die eine anerkennt kein geistliches Oberhaupt der Kirche und keine Priester, sondern überlässt die Verwaltung des Gottesdienstes don Gemeinde-Nettesten, die andere hat geweihte Priester, denen die Ehe gestattet ist. Die ^ipowaner haben manches Eigentümliche an sich, wodurch sie sich von Andersgläubigen sehr uutcrscheideu. Der Eid ist ihnen unerlaubt und ciuc einfache Bctheuenmgsformel wird an deffen Stelle für ausreichend gehalten. Ihre hergebrachte Kleidung dürfen sie nicht verändern, sich auch den Bart nicht scheren. Sie müßen sich aller geistigen Getränke enthalten, eine strenge Znrückgezogenhcit von allen Andersgläubigen, die ihnen als unrein gelten, beobachten, dürfen nicht mit ihnen essen und trinken; auch dürfen fic keine ärztliche Hilfe in 4?4 Im Südoste»' der Vutowina. Anspruch nehmen, weil sie jedes beiden für eine uon Gott auferlegte Buße halten. Dic Ehe ist in ihren Augen weniger eine kirchliche als vielmehr eine bürgerliche Handlung; die Frau erhält nicht den Zunamen, fondern den Vornamen ihres Mannes. Hinsichtlich des Glaubensbekenntnisses stimmen sie aber mit der griechischen Kirche vollkommen übcrein; sie haben dieselben gottcsdicnstlichcn Gebräuche uud dieselben Feiertage wie die Griechen und Russen. Im bürgerlichen ^cbcn zeichnen sich die ^ivowaner der Bukowina durch Fleiß, Ordnungsliebe. Reinlichkeit uud Nüchternheit aus; sie beschäftigen sich besonders mit der Obstcultur, mit Anleguug von Teichen zur Fischzucht, mit dem Ackerbau und Obsthandel und stehen den Huculcn im Lande weit voran. 5O. Eordli und die Gardner Borgspalte. W^^^ls Fclscnburg an dcs .^aiserstaates Grenze, dieselbe bewachend !^MM>,^^ gegen den uiulUler ruhenden Orient und die Böller, die ^^^' ,,5ort ulitcn auf einander schlagen", erhebt sich zwischen ' ^^V''^',., dcr ungarischen und dcv nnilachischcu Ticsclicnc das an ^iaturschmihcitcn wic an Naturprodmtcn reiche Hochland ran Siebenbürgen. Ansehnlich lMer als die zahlreichen BenMNpften nnd Hngclrcihen im Innern des Vandcs steigen die Nandgcbirgc empor, welche das ganze Hochland umwallen. Im Gegensatze zn dem meist anmutigen Charakter der niederen Vandschastcn tonnen sich die mächtigen, c>st wildromantischen Nandgebirgc an Großartigtcit selbst den Alpen vergleichen; nur die Schnee- nnd Glctscherwrlt fehlt. Zn den schönsten (legenden des Vandcs gehört unstreitig das hcrlichc Thal des gold-sandführcndcn ^lrauyos, welcher iui Wcstrandc Siebenbürgens seinen Ursprnng uimmt und iu östlichem Vaufe sicl> der Maros znwcndet. Dort, wo die beide» Bäche von Tur uud Aston vereinigt in den Aranyos fallen, liegt am linken Ufer dieses Flusses die Stadt Torda, das alte Thorenburg. Das Thal ist an der östlichen uud westlichen Seite von Hiigelrcihcn eingeschlossen, dessen Gehänge mit Neben bepflanzt sind. Das Städtchen hat ein bescheidenes, ländliches Aussehen; es ist zwar ziemlich regelmäßig gebaut, hat aber wenig merkwürdige Gebäude. Es zerfällt in drei Theile, in Alt- und Ncu- 476 Torda ,i»d die Toidaer Vcrssspalt,,'. Torda und das Dorf Vgyhäzfalva. Vcbteres liegt längs des Aranyos-fiusses, dann folgt Alt-Torda, welches von Neu-Torda nur durch einen kleinen Bach und durch den zu den Salzgrubcn führenden Weg geschieden ist. Auf dem Marktplatze von Alt-Torda steht die katholische Pfarrkirche, ein großes, jedoch nicht sehr schönes Gebäude. Auf der Südseite dieser Kirche sieht mau die Ucberreste der Thorcnburg, welche Ulan seit 145A aus deu Steinen eines römischen Castclls erbaut hatte. In der Nähe der katholischen Kirche befindet sich auch das Prätorium oder Comitatshaus, denn Torda ist die Hauptstadt des Countates Torda-Aranyos. Außer den Katholiken haben hier lioch, wie in den meisten siebcnbürgischen Städten, fünf verschiedene Rcligionsparteien ihre Gotteshäuser, die reformirten und evangelischen Protestanten, die unirten uud nichtunirten Griechen und die Uuitarier. Die Ungarn bilden den überwiegenden Theil der Einwohner, deren Anzahl über 8800 beträgt. Torda liegt im Gebiete einer römischen Colonie, welche ihre Gutstchuug den dortigen Salzlagern verdankte. Auf einem Hügel südwestlich von der Stadt erhob sich das römische Castell, von welchem man jetzt nur noch einige Gräben sieht. Es werden aber noch immer römische Denkmäler, Statuen, Urnen, Münzen, ausgegraben; auch findet mau daselbst große und breite Ziegelsteine, die Ueberrestc einer römischen Wasserleitung. Ein halbkreisförmiges, aus großen Steinen uhnc Mörtel erbautes Thor der alten römischen Stadt hat beinahe anderthalbtausend Jahre der Zerstörung der Zeit widcrstandeu und stürzte erst im Jahre 1657 zusammen. Südöstlich von Torda, am Aranyosflussc, breitet sich eine schöue Ebene aus; hier soll der römische Kaiser Trajan im Jahre IM deu daeischen Wnig Dercbalus in einer blutigen Schlacht überwunden haben. Die Walachcn nennen diese Ebene noch immer Trajans-wiese, von den Ungarn aber wird sie ^reuzfcld genannt. Auch später war sie der Schauplatz mancher Schlachten, und unter den einheimischen Fürsten versammelten sich daselbst einige Male die Truppen Tordll ,md dir Tordaer Verssspaltc. 477 zu militärischen Uebungen. Torda blieb auch nach der Ansicdlung der Ungarn ein befestigter Ort, wo mehrere Vandtagc abgehalten wurden. Gleich oberhalb Torda erhebt sich der an den Abhänge», mit Weinreben bedeckte Berg, auf dessen Gipfel eine Kirche nebst einigen Wohnhäusern steht. Dieses ist das Tordacr Salzdergwert. Schon die Rümer haben die dortigen SalMnbcn gekannt und abgebaut. Dass sie auch im Mittclalter benützt wnrdcn, beweisen verschiedene königliche Schenkungen; auch fand man in einem Schachte ein Stück Eichenholz mit der Jahreszahl 1364. Es gibt daselbst fünf Gruben, und im vorigen Jahrhundert gewann man jährlich 20 Millionen Kilogramm Salz, welches meistens nach Ungarn verführt wurde. Gegenwärtig wird der Abbau in geringerem Maße betrieben. Die Salzgruben Siebenbürgens haben gewöhnlich die Gestalt eines Kegels, indem der Schacht eine enge .Ocffnuug hat nnd sich in der Tiefe immer mehr erweitert. Die Nömer dagegen legten die Gruben in der Gestalt eines nmgckchrtcn Kegels an. In den alten aufgelassenen römischen Salzgruben bildeten sich mit der Zeit Salzteiche, welche in Torda und an anderen Orten Siebenbürgens als Salzbäder benützt werden. Bei Torda gibt es über zehn solche Teiche, die eine Viertelstunde von der Stadt in einer von sanft abgerundeten Bergen umgebenen Einsentung liegen. Etwa zwei Stunden südwestlich von Torda befindet sich eine merkwürdige Bcrgkluft, welche weithin sichtbar ist >und die Tordaer Spalte genannt wird. Ein niedriger, M) Kilometer langer Kaltsteinzug ist von oben bis unten quer durchschnitten; wahrscheinlich wurde er durch vnlcanische Kräfte gehoben, so dass die Gebirgskette entzwei geborsten ist. Die Sage knüpft die Entstehung der Spalte an die Geschichte des heiligen ^adislaus. Derselbe soll, als ihn die Kumanier hart verfolgten, zu Gott gefleht habm, das Gebirge möchte sich öffnen und ihn vor den Heiden schützen. Durch die Spalte rauscht ein Bach, der in dem Thalc jenseits des Gebirgszuges entspringt. Er nimmt fast die ganze Sohle der <47^ Torda »nd die Turdaer Ver^'palfe, Kluft ein, denn dieselbe ist au malichen Stelleu bloß 6 bis 8 Nieter breit mid hat nirgends eine größere Breite als gegen 20 Meter, Nach oben zu erweitert sie sich, und die obersten Ränder derselben sind vielleicht 190 Meter von einander entfernt. Die Tiefe der Spalte beträgt über 300, die ^änge mehr als 1200 Nieter. . Die Seiten derselben sind, wie sich vermuten lässt, äußerst steil, und die gegen überstehenden Felsen entsprechen an manchen Stellen so genau einander, dass sie den: Anscheine nach vollkommen ineinandergreifen möchten, wenn sich die Spalte schließen würde. Sie ist in der That eines der schönsten Fetsenwunder; die uielcn fast senkrecht aufsteigenden Klippen und Felsen gewähren einen prächtigen Anblick. Man lann am Ufer des über gewaltige Felscnblückc dahin rauschenden Baches durch die ganze >Auft von einem Ende zum andern gelangen, muß jedoch hänfig den Bach durchwaten und über gefährliche Felsen weitcrkletteru. So ziemlich in der Mitte der Klnft befindet sich auf jeder Seite in einiger Höhe vom Bache eine Höhle. Aus der rechten Seite ist die Höhle, welche Bajluta oder Balitav^ra (Baj's Loch oder Balika's Burg) genannt wird. Ein steiler, 200 Schritte langer Weg führt zum Eingänge, welcher durch einen doppelten Wall mit Schiesilöchern qesäMt ist. Die Höhle selbst ist groß, wie cinc weite gothische Halle gewölbt und taun wenigstens hundert Personen faffen. Hinter dicfer Halle theilt sie sich in zwei Gänge; der cinc führt immer höher hinauf, verengt sich und wird niedriger, so dass man bald nur gebückt weiter gehen lann und endlich an einen Wasscrtümpel gelangt. Die andere Oesfnnng leitet in einen etwas gcwnndcncn und ebenfalls aufwärts steigenden Gang und endet mit einer engen Spalte. Auf der linken Seite der Schlucht befindet sich fast in derselben Höhe eine tleinerc Höhle, in welcher man tauin 100 Schritte vordringen lauu; der Eingang derselben ist ebenfalls mit Mauern befestigt. Die Oesfuungcn der beiden Höhlen stcheu gegenüber nnd sind kaum einen Büchscuschuss weit von einander entfernt. Es scheint demnach, dass die beiden Höhlen einst zusammen- Toida imd dil! Tovdaer Vcrssspalte. 479 hicngen und l!ur dlN'ch die Bcrsiung des Gebirges von einander getrennt wurdm. ^ Die Höhlen dienten während des Mongolenzuges und in den späteren kriegerischen Zcitm als Zufluchtsort. Im Jahre l?<)9 flüchtete sich Nikita Balita, eil, walachischcr Hanptmann des Franz Räk6czy '), mit einigen Gefährten in die Höhle, welche nun seinen Namen trägt, und setzte fich daselbst in Vcrteidignngsznstand. Auf wiederholten Ausflügen in die Umgegend schaffte er die nötigen ^cbensmittel herbei. Er wird als ein änßerst mutiger Held geschildert, nnd es gehörte große Tapferkeit dazu, um ihn in seiner fchwcr zugänglichen Felsenburg anzugreifen. Endlich im Jahre 1712 vereinigten sich die Einwohner von Torda mit der kaiserlichen Besatzung Klnusenbnrgs, um Balika, der eben einen Nanbzug ausführte, zu verfolgen. Dieser Zog sich, oor der Uebermacht weichend, gegen seine Felsenburg zurück und hatte den Eingang derselben beinahe schon erreicht, als ihn ein Tordaer Fleischer mit einem nachgeworfenen Beil zu Boden schleuderte. ') Dieser war Bcfchlshalier mijstmidischcr Baiicri, m Ungarn ^'wosen; von !7!>7 lns 1711 war er Fürst von Sicbcnuürgen. 5i. Im Eldorado. ist das goldreichstc ^mid nickt allein in der Monarchic, sondern in Europa überhaupt. Sein Bergbau I^W^^l ist uralt, und schon seit zwei Jahrtausenden werden seine Gcbir^c iu verschiedenen Richtungen nach Gold durchwühlt; denn seine Goldbergwcrke rühren höchst wahrscheinlich von den alten Daciern her, von denen selbst die Römer sie erst überkamen. Allein der siebenbürgischc Bergbau wird, mit Ausnahme der ärarischcn Werte, selten nach den Regeln der itunst betrieben, vielmehr als eine Art bürgerlichen Gewerbes behandelt, womit sich die Bewohner gewisser Bezirke, denen lein anderer Nahrungszweig sich darbietet, ernähren müßen. Um Gold zu gewinnen, hat man nicht überall nötig, eine Grube zn machen; jeder kann aus einer Menge goldhaltiger Gcbirgs-arten, aus dem Sande der Flüsse und schon aus dem durch Ncgcnflut hie nno da angeschwemmten Sande Gold answaschcn. Kostspielige Tiefbaue sind daher selten; man treibt häufig Raubbau, theils um in der größten Geschwindigkeit viele Ginnahme zu macheu, theils nnd noch mehr, um Schätze vor Diebereien in Sicherheit zu bringen, welche in den Gegenden, wo die Bergwerke liegen, sehr häufig sind. Die Hauptlagerstätte des siebcnbürgischen Goldes befindet sich in jenem Arme des westlichen Nandgcbirgcs, welcher von den Quellen oesAranyos, vom Hallina ab, südöstlich gegen die Maros sich erstreckt. Im sicbeiidik'ssischn' Eldorado. 481 Ialathna (Klcinschlatten) am Ompoly soll unter den Nvmcrn dcr Sitz des Obcraufschcrs dcr dacischcn Goldbcrgwerlc gewesen scin und ist noch jetzt die wichtigste siebcnbnrgischc Vcrgstadt. Die meisten Fundstätten liegen aber im Aranyosthalc, sowie einigen Nebcnthälcrn, und zwar bei dm Orten Offenbänya (Osscnburg), Topänfalva, Abrudbänya sGrusischlattcn), Vucsum uud Vöröspatak. Neben den Goldmine« sind vielfach auch Goldwäschereicn im Gange, namentlich in den Flüssen Aranyos, Maros und ^apas, außer welchen aber noch mehrere andere Flüsse und Bäche Goldsand führen, besonders in ihrem Oberlauf, ehe sich ihr Sand mit fruchtbarer Erde mischt. Die ergiebigsten und am stärksten betriebenen Goldwäschcreicn sind die bei Maros-Ujvär, Szetcrcmbc, Olnh-Pian und Nct'nte. Durch dieses Eldorado Siebenbürgens wollen wir nun der Führung des Engländers Charles Boncr folgen, welcher dasselbe in den Sechziger-Jahren bereiste. Wir beginnen unsere Wanderung an der Maros bei D6va an jener Stelle, wo aus dem Marosthalc die Straße nordwärts gegen Nagy:'lg ins Gebirge einbiegt. Die Straße steigt anfangs allmählich an, wird aber in dcr Nähe des Dorfes Nagyiig ziemlich steil. Ungestüme Gewässer rauschen tosend neben dem Wege den Berg hinunter und hoch ragen zackige Felsen in die ^üftc; eine großartige Gcbirgssccncric beginnt. Noch eine Strecke weiter nnd vor uns eröffnet sich ein tiefes Thal, das von beiden Seiten wild-zerklüftete Felsen begrenzen; unter diesen ragt einer, auf dessen kahler Höhe eine griechische Kirche steht, über alle anderen empor. Die ^age von Nagyäg ist ohne Zweifel eine der schönsten, welche irgend ein Gcbirgsdorf in Europa haben mag. Der Ort ist eine Ansiedlung von Bergleuten. Um 3 Uhr morgens werden dieselben durch hölzerne Klappern, die an verschiedenen hervorragenden Stellen angebracht sind, geweckt. Es wird eine Messe gelesen, der Alle beiwohnen, und Pmü't 4 Uhr ist Jeder an seinem Platz im Bergwerke. Dcr Stollen, welchen wir betreten, liegt 514 Meter über dcr Mecrcssiäche; derselbe ist hoch, breit, mit Steinen gewölbt und über 2')l><) Hicter lang — cm schönes Stück Arbeit. Weiterhin, da, wo dic Maucrnng aufhört, ist der Stollen in den harten Felsen gehauen. Wir besteigen einen darren, der von einem Pferde auf einem eisernen Schienenwege fortgezogen wird: dic Fahrt scheint gar kein Ende nehmen zu wollen. Der Hauptswllen mit den anderen von ihm anslanfendcn Gängen dürfte wol eine Vängc von 9500 Meter haben. Wo der Felsen durchhaucn ist, tnsft inan äußerst pittoreske Formen nnd Gestaltungen an. Vänglichc Zackcl«, ähnlich den Stalaktiten, hängen von dem unregelmäßig gewölbten Dache heia!.', an den Seiten öffnen sich gähnende Nisse und Höhlen mit absonderlichen Mündungen, enge, schmale, gewundene Gänge, der Aufenthalt von Gnomen und Äcrgtoboldcn, wie unsere Phantasie uns vormalt. Alles entspricht hier vollkommen der Borstellung, die man sich uon dem Inneren eines Bergwerkes gemacht hat; lange schwarze und weiße Adern durchziehen das Fclsgcstcin, und in diesen Adern ist das goldhaltige Erz enthalten. Dieses ist su kostbar, dass der Eingang in die Mine sorgfältig bewacht nnd jeder Arbeiter bei seinem Austritte genau untersucht wird. Bon Nagyng wenden wir uns über die Berge nach Äoieza, iiber schmale Saumpfade, durch enge Schluchten, an einzelnen Niederlassungen, am Saume des Waldes vorüber. Auf dem ersten Theile unseres Weges genießen wir eine ausgedehnte Fernsicht — gleich einem grünen Ocean dehnt sich die hier und dort von der Sonne hell bestrahlte Ebene aus. Jetzt erhebt sich auf der einen Seite des Weges ein kahler Hügel; seine Oberfläche ist mit Vöchcrn bedeckt, vor denen Erdhaufen liegen, gleichsam als hätten sich hicr Kaninchen ihre Gänge gegraben. Ganz nahe am Nandc des Weges sieht man plumpe Ocffnungen, gerade hoch genug für ciucn Knaben zum Hineinschlüpfcn. Dieselben führen in das Innere der Erde; es sind Gänge, die von den Goldsuchern gegraben werden. Uebcrall und auf allen Seiten ist der Berg auf diese Art durchlöchert. Nun gelangen wir auf eine Anhöhe uud ein von dem früheren ganz verschiedenes Panorama crösfnet sich unseren Blicken. Im siebeiMrgischm <2ldol',ido. 483 Bor uns liegt ein breites Thal; im Vordergründe bricht mit einem-male die Hügellettc, deren vorderste Spitze als kahler Felsen kühn in die Vanoschast hineinragt, ab; daneben eröffnet sich ein engeres Thal, und weiterhin kann nnscr Angc von dem Orte, wo wir stehen, bis zn dem gegenüberliegenden Berge schweifen. Da nlld dort an den Abhängen sind Kirchen nnd Mörser zerstreut: einzelne gröbere liegen inmitten von Gärten nnd grünenden Saatfeldern in der Ebene selbst. Zn nnsercr vinten ragen mächtige, mit Buchen nnd Eichen bewachsene Felsen in die Vnft, diese halten die Strahlen der untergehenden Tonne von inis ab; aber das ganze Thal erglüht im Vichte, mid loir, von liihlem, dunklem Schatten nmwebt, blicken hinab in all' den goldenen Schimmer nnd die rotlich fnnkclndc Pracht. 'Auch in Boieza nnd in den benachbarten tlcincn Gcbirgsdörfcrn sind überall ärarische nnd Priuat-Goldbergwcrlc nebst vielen Poch^ werten im Betriebe. Der von hier nach Abrndb^nya führende Weg ist änßerst interessant; derselbe läuft eine Strecke weit dnrch ein tiefes Thal, windct sich dann allmählich mehrere. Stnndcn lang in die Höhe, von welcher, als der Wasserscheide, ans man erst recht bemerkt, wie weit man heranfgctommcn. Znr vinken geht man an dein HwttVm, cincm mächtigen Kaltfelscn, vorüber, der ans der Sandsteinformation der Karpathen in einer Höhe von 1266 Metern hervorragt. In der Umgegend von MrndbVuiya sind die Einwohner eifrigst :nit dem Goldgraben beschäftigt. Die Verge sind nach allen Richtnngen hin dnrchhöhlt, nm nach Gold zn snchcn; da der Suchende ein Baner, cin Tagelöhner oder ein kleiner Handwertsmann ans der Stadt ist, so tragen natürlich alle diese Mincnarbeitcn einen höchst einfachen Charakter nnd werden ohne alle Methode betneben. Jeden Montag bringen Diejenigen, welche einiges Gold gefnndcn haben, dasfelbc den betreffenden Regierungsbehörden, die es dann nach Karlsbnrg in die Münze schicken. Das überbrachte Gold wird zncrst probirt, dann gewogen nnd der Wert desselben nach gedruckten Tabellen berechnet. Die Bezahlung erfolgt in ncncn Dncaten nnd Silbcrmünzcn; oft werden einem 31* 484 ^m sil,'bo»bnvgischr!i Cidorndo. einzigen Individuum für das Gold, Welches es bringt, 10, 30 und 40, auch 6«) Ducaten ausbezahlt. Zur Gewinnung einer solchen Mmgc Goldes brauchen die Vcute vier bis acht Wochen, manchmal auch länger. Auch Goldstanb, den man aus dem Flnsssauoc wäscht, wird gebracht, in dm Zipfel ciucs Sacktuches oder iu einen alten kappen gewickelt; die gcsammtc Bevölkerung scheint mit dem Suchen nach dem verlockenden Metalle beschäftigt zu- sein. Goldsuckcn hat wie das Diamantcusuchcn iu Brasilien einen eigenen Zauber; die Versuchung wird immer stärker und stärler, der stets wachsende Nciz lässt, wcun auch die Enttäuschungen noch so zahlreich sind, die Entmutigung uicht aufkommen; lalm doch der nächste Augenblick schon hundert-, ja tausendfältig die verlorene Mühe der früheren wieder einbringen. In der Nähe von Nbrudb-'mya, oder genauer von dem etwas weiter östlich gelegenen Vöru'spatat erheben sich imuitten einer fruchtbaren Vegetation die beiden berühmten Basaltbcrgc Dctunata goala ,uud Detuuata flotoasia, welche durch ihre regelmäßige Säulenbildung sich uustrcjtig dcli schönsten ähnlichen Erscheinungen im westlichen Europa würdig an die Eeitc stellen. Das Gestein, aus dem die Säulen bestehen, wurde iu einer längst vergangenen Periode des Bestandes unserer Erde in flüssigen!, lavaartigcm Zustande empor-getrieben und bildete im Erkalten ziemlich regelmäßige vier-, sechs- und achtscitigc Säulcu. Auf einer Seite des Fclsenbcrges haben diese Säulen eine hübsche abgerundete Form angenommen. Dic Farbe des Gesteines ist dunlelgrau, da uud dort schwärzlich. Der Fuß der Wand ist mit einer Trümmerhalde herabgestürzter Säulenfragmcntc bedeckt; vou dem douuerartigen Getöse, welches dnrch das häufige Herabstürzen von Säulcntrümmcrn über die Wand hervorgebracht wird, uud von seiner übrigens nur an der Westseite ganz kahlen Beschaffenheit erhielt der Fels seinen Namen — in wortgetreuer Nebcrsctzmig „die nackte Verdonnerte". Alle Höhen rings herum sind uull von Vöchern, in welchen auf die möglichst uuvvlltounncne Weise Gold gesucht und gcwonucn wird. Im siebl'nlnirssijchc,! Eldorado. . 4 85 Das DorfBucsum hat 112 solcher Stollen' die in den Berg führen; cm anderes Dorf — Korn a — hat deren 60. In der Nähe von Vörösftatat haben die Abhänge die Form von Ameisenhaufen, und wic auf solchen regt sich und wimmelt es uon Arbeitslcuten; man zählt hier etwa 340 solcher Vcrgwcrts-Nnternrhmnngcn, die alle in Betrieb stehen und 5000Pochwcrtc zumZermalmcn des Erzes beschäftigen. Da die Leute hier über keine Capitalien verfügen, so können sie weiter nichts thun, als in möglichst primitiver Art Gänge oder Köcher in gerader Linie in die Erdc Zu graben. Die Stollen sind gewöhnlich sehr niedrig und schwer Zugänglich, fallen auch oft, da sie durch nichts gestützt sind, ein; allein dieses fortwährende Graben hat das Aussehen des Berges ganz verändert — man sieht nichts als eine Menge von Schutthaufen. Da und dort flehen einige Hütten für die Arbeiter. Von Zeit zu Zeit begegnet man einem Weibe oder einem Mädchen, das mit einem Korbe voll Erz auf dem Nucken den Berg hcrabtommt und dasselbe in die unten gelegene Pochmühlc trägt. Fast jeder Bauer hat seine eigene Pochmühlc; von hier wird dann alles torbweisc nach Hause gebracht. Bisweilen sieht man auch ein Saumpfcrd mit solchen Körben beladen; doch können sich nur wenige ein solches halten. Es ist gewiss eine harte Arbeit, dieser Bergbau, besonders in den niedrigen Stollen, wo der Arbeiter sich fortwährend bücken muß, wenn er seine Trage Trnchytgestcin oder Quarz mühsam herausschafft. Den ganzen Weg bis Vöröspatak entlang steht eine Stampf-mühle dicht neben der anderen; man hört nichts als das Geräusch der Hämmer, wic sie, vom. Wasserradc emporgehoben, der Ncihe nach auf das Erz fallen; das ganze Thal erdröhnt von dem pochenden lärmen. Bisweilen sieht man ein Weib das fein zermalmte Gestein zusammenscharren, uder einen Mann der den Sand aus dem Bette des Flusses herausschafft, um darin nach Goldstaub zu suchen; denn es wird nicht nur eine beträchtliche Menge desselben von dein Gcstcinc durch das Wasser weggewaschen, sondern auch die zahllosen Stampfmühlcn längs den Flussufern liefern eine bedeutende Menge der kleinen, kostbaren Körner. 466 Im sicl'cül'iirssischc» Eldorado. Die ganze Gegend ist il! dor That sehr goldreich, man findet dieses edle Victall bisweilen ganz rein in Form von zarten Blättchen oder von feinen gelben Haarbüschclchcn, so zart wie der Flaum der Gartendiftcl. Bei Ossenb:u,ya findet man es verbunden mit Tcllurerz.') Außer diesem kostbarsten der Minerale findet man anch Blei und Silber. In der Nähe von Vöröspatal ist eine Stelle, wo das Gold besonders reichlich vorkommt. Der ohnedies schon reich mit Gold versetzte Sandstein stößt hier an die porphyrartigc Formation der Csctatie, wo die Goldadern die ganze Masse durchziehen und bis zum Gipfel des Berges hinamcichcn. Betrachtet man die groben, weit gähnenden Hohlen, so muß man staunen über die ungeheure Menge Goldes, welche die Römer hier gewonnen. Nichts legt ein beredteres Zeugnis »on der Macht, nichts ein hrrlichcres Zeugnis von dem Geiste der Nömer ab, als dieser Berg, dessen ganze Gestalt und Natur ihre Arbeit verändert hat. Gleich einem Krater wurde der Felsen ausgehöhlt und bildct so eine große Festung: die Csctatic märe. Mächtige Felsenriftpen laufen an den inneren Wänden herum, schmal oder breit erhebt sich ein Nand über dem anderen mit ^effnungcu in zahlreiche Nebenhöhlen; durch diese Nicsenportalc gelangt man wieder in das innerste Herz des Felsens. Wir durchtricchen einen langen dunklen Gang und tommcn in einen zweiten solchen Krater: die Csetatic mita, die tlcinc Festung. Nund um uns her, und wol ^0 Meter in die Hohe wurde der Felsen spiralförmig ausgehöhlt; das windet sich glciäi wundersamen Treppen in die Höhe und von oben blickt der blanc Himmel herein. Steht man so mitten in der Höhle und schaut an den Wänden hinauf, so kommt es Einem gerade so vor, als stünde man auf dem Äodcn einer ungeheuren Niesenschncckc, die an einem Ende durchbohrt worden und ihren inneren Bau mit,all' den unzähligen Windungen und Spiral- ') Tellur— chcmisch-mifclchcv ^toss, dcm Schw.'fcl »cihcsk'hcnd. I«! sil'bcnbürqischün Vldornd«. 4^? gangen sehen lässt. Da Nüd dort erblickt das Auge, dm Spirallinien folgend, Seitengängc, die ill das Innere dcs Berges führen. Millionen von Tonnen Gesteins wurden so ans den Eingeweiden dcs Berges geschafft, um darans das Gold zn gewinnen, das die gauze Masse in solch' reichen Adern nach allen Richtungen hin durchzog. Der riesige Berg gleicht jetzt einer hohlen Schale; der innere 5lcrn wnrde her-ansgenommcn und fortgeschafft. Der Anblick macht einen tiefen Eindruck; die wilde Großartigkeit der Seme, das Bild einer fast über-nlcn'chlichcn .Kraft, welches die Arbeit diefer Legionen von kühnen Äiänncrn im dampfe mit der Natur znrückgelasfen, erwecken Gefühle, deren man nicht so bald Meister wird. In den Gängen nnd Hohlen sind dic Spuren uon großen Fencru sichtbar. Da das Gestein hart wie Eisen ist, so war der Bergbau in jenen Zeiten eine nngcheurc Arbeit; noch war das Pnwcr nicht cr> funden, um damit die Felsen zn sprengen; statt dessen zündete man ein mächtiges Feuer an, bis das Gestein brüchig wnrde nnd sich mit den gewöhnlichen Werkzeugen leichter loslösen ließ. Wo einst der Klang uon hundert, von tausend Hälpmern in den Felsen wiederhalltc, snchcn jetzt einzelne arme walachischc Bauern in den längst «erlassenen Scitcngängcn nach dem spärlich sich findenden Golde. 52. Auf drr Pußta. ^i^,,f-^'och liegen tiefe Stille und nächtliches Dunkel auf der Pußta, !tz^Ä^^ lmilenweit schnattert kein »untigcr Hahncurnf in die immer !^Ä>M^,! tü'hlcr werdende Vuft, graue Dünste schweben leichthin !^i^^W über den Boden; da dämmert leise am östlichen Himmel der Tan. herauf, jubelnd steigt die Heidelerche empor nnd begrüßt das Weben der Morgenröte, welche immer rascher, innncr feuriger den Horizont umsäumt. Aber auch unten regt sich das ncuerwachcndc ^cbcn; das Brüllen einzelner Rinder mischt sich iu das meckernde Blöken der jungen Schafe, und Zwischendurch stößt ein feuriger Hengst ein Gcwicher aus, hell wie eiuc Schlachttrmnpetc, unruhig schnanbcn die Pferde und stampfen den Boden mit wechselnden Hufen. Da crhcbeu sich die grosien langhaarigen weißen Hunde, dehnen sich schlaftrunken, gähnen uud schauen mit ihren t'lugen schwarzen Äugen nach den Hirten, die sich theils nutcr den Herden geschäftig hernmtrcilicn, theils die einfache Lagerstatt eben verlassen, die kegelförmige Erd- oder Nohrhüttc, welche, kaum etwas größer als das lnftigc Obdach eines Feldhüters, dein Hirten fast nur zur Aufbewahrung der Nahrungsmittel und Kleidung dient und ihn unter Tag bloß bei Platzregen und Hagclschlag aufnimmt. Hürde um Hürde öffnet sich; grunzend und unverträglich drängen sich die Schweine heraus, bedächtig schreiten die stattlichen, A»f der Pusjw. 489 langgehörnten Rn.der hervor, rasch die tlcinen, beweglichen Pferde. Hinter jedem Trupp Pferde reiten cin, zwei Hirten, mehrere aber hinter dm Scharen dcr Rinder- lässig traben dic Hunde uebrüher. Pfeifend und singend lmlfcn die munteren Buben der Hirten nach, welche von dem zwölften Jahre an bei den: Vater bleiben, weit vom Dorfe, um das Geschäft des Hirten bei Zeiten zu erlernen. Die Sonne ist mittlerweile in glutroter Pracht und abenteuerlich groß aufgegangen und strahlt ein Meer von Licht und Wärme auf die baumlose, nahezu wagrechtc Ebene herab. Weder Ortschaften noch Meiereien, weder Waldungen noch Gebüsche, weder Berge noch Bodcn-anfchwellungcn beschranken den endlosen Gesichtskreis, nur da und dort taucht vor dem spähenden ,'l>M der lange Arm eines Ziehbrunnens oder die Turmspitze einer fernen, fernen Dorfschaft auf. Wiewol die Heide im März, oon den Fluten der mit der Theism verbundenen Wasser größtentheils bedeckt, einem Meere glich, so blieben nur wenige Lachen als Zeugen der jährlich wiederkehrenden, theilwcisc wolthätigen Ucbcrfchwcmmuug zurück, und auch dcr Tteppenfluss Horto-'b^gy durchirrt nur stockend, ohne eigentliches Flussbctt, stellenweise im Vodcn versickernd, die einförmige Steppe. Die wasserarmen Tümpel sind mit Schilf, Riedgras und Binsen bedeckt nnd werden von scheuen Wasscrvögcln besucht, welche in ihrer Ruhe nur durch nachstellende Naubthicre, meist große Fallen, gestört werden. Der sodareichc Boden hat sein herlichcs Frühlingstlcid bereits abgelegt uud eignet sich meilenweit nscht zum Aubau dcr Fcldfrüchtc, deun entweder ist er zu feucht, oder er wird durch die Sommerhitze zur mürben m Staub zerfallenden Krume ausgedörrt, fo dass er wegen der Armut an Pflanzen bloß eine dürftige Fauna — Trappen, Rebhühner, Hasen in geringer Zahl als Iagdthierc — beherbergt. Der spärliche Graswuchs bietet den Schafen, Rindern und Pferden nur kärgliche Weide, und auch diese verkümmert, wenn im Hochsommer dcr bis zur Wurzel verbrannte Rasen einem gelben dürren Stoppclfelde gleicht, bis vielleicht ein Zufälliger Hcrbftregen neue Keime erweckt. 490 A»f dcr Piisttll. Die Herden haben sich nach allen leiten übcrdie Ebcnc zerstreut und weiden anfangs ruhig und behaglich. Bis zn den entferntesten Weiden hat der Csiküs (Nosshirt) die Pferde getrieben, und die unruhigen halbwilden Thiere lassen es sich selbst auf der magersten Huwug gefallen; trotz der Glocken, welche die alten Stuten am Halse tragen, zerstrencn sie sich mianfhorlich und werden nur durch den Karitas, eine fabelhaft lange Peitsche mit ganz turzem Stiel, zusammengehalten. Aber immer unerträglicher werden bereits die Stiche und Bisse der Inseetcn, unablässig umkreist der Csik«'>s die wild und scheu werdenden Nosse, und schon ist sein schweißtriefendes Pferd ganz ermüdet. Da hält er still — ein Pfiff — und aus der taun, zn bändigenden Herde sprengt mit gehobenem Schweife und fliegender Mähne sein Licblingspferd hervor; mit einem Sprunge ist er auf dem unge-sattclten und ungezügelten Pferde und jagt den Ausreißern nach, dass die Mente im Winde flattert. Wie feftgegosfcu erscheint er auf dem Wildfaugc, das Bild des verwegensten und sichersten Natlirrcitcrs. Ans dem klopfe sil?t eiu runder, niedriger, mit einer Feder, mit tünst-licheu Blumen oder den zarten weißen Rispen des Pfriemengrases geschmückter Hut; das kurze Hemd deckt kaum die brauue Brust, unglaublich weite, weiße Beinkleider, Gatycn, die bis zum Kuic reichen, fallen nntcr dem Vcdergurte auf die gesporuten pfcrdclederncn Esismcn herab. Am Sonntag, oder wenn die Hitze nicht zn groß ist, gehören dazu uoch ciuc schwarze, fransige Halsbinde aus Flor, die mit Zinn-tnöpfen bcsäctc Weste und der zierliche Spenzer ?dic Mentc), der gewöhnlich seitwärts umgchäugt wird. Im Herbst, wcuu eisige Nebel dcu nahen Winter vcrtündcn, wirft der Nosshirt noch eine Guba um, einen Ucberwnrf ans zottigem ^odcn. Mit der Gewandtheit des südrussischcn Tabnntschit oder des amerikanischen Gaucho schwingt der CsitV»s seine aus Hanf uud Nosshaaren gedrehte Wurflcine, wenn es gilt, einen Wildling mitten aus der Herde hcrauszuholeu. Die jungen Pferde nämlich verlassen die Pußta nicht, als bis sie im dritten oder vierten Lebensjahre verkauft oder Auf der Pusita. 491 gebändigt und zum Dienste des Menschen abgerichtet werden. Dein cincn Thiere nähert sich der CsitV>s rasch, wirft ihm den Vasso mu dm Hals, reißt rs zur Erde und sitzt bereits aus dem Rücken des wildeu Rosses; bei einem andern ungcmcin argwöhnischen lässt er ebenso sehr seine Schlauheit und Behendigkeit, als seine Kraft nnd Sicherheit, seine Kühnheit nnd Geistesgegenwart bewundern: er schleicht sich an das schelle, kluge Geschöpf heran, kann er cS aber nur mit der Hand berühren, so ist er auch schon droben. Anziehend ist dann der Wett-tampf des entsetzten, blind tobenden Rosses mit dem kaltblütigen Neitcr. In einer Stunde ist er zu (woe, die Willenskraft des todmüden Nenners ist durch die schonungslose Parforcejagd gebrochen. Häufiger als die Herden der Pferde gewahrt man große Scharen schlanker, fcinglicdrigcr, munterer Rinder von bläulich weißer Farbe. Das Nind, wähliger als das Pferd, wird gleichwol nur, wenn es als Schlachtvieh ausgeführt werden soll, auf fettere Weiden gebracht, sonst mnß es sich, namentlich in trockenen Jahren, mit dem nnanschnlichsten Graswuchs begnügen und den Winter nicht selten mit übler Kost fürlieb nehmen, Ist der Tommer aber uicht zu heiß, so gewährt das wolgenährte, lebenslustige Hornvieh cincn schöllen Anblick. Die Rinder werden nach einigen Jahren entweder als Schlachtvieh in den Handel gebracht oder als Zugvieh bei der Landwirtschaft verwendet. Jeder Gutsbesitzer hat eine Gulya ^Rinderherde) von verschiedener Größe, je nach dein Umfange seiner Pußta, ans deren mauäier etliche Tausende Stücke weiden. Sommer und Winter über leben die Rinder, gleich den Pferden, anf der Pußta uud kommen, wenn sie auch gelegentlich nberschncit werden, in milden Wiutcrn nur bei strcugcr Kälte uutcr DaeF. Es ist schwer für den Hirten, seine große Herde zusammenzuhalten, nnd der Gnlyäs (Ninderhirt) mnß, bevor man ihm sein Amt anvertraut, wie der Csit<'>s sein Probestück ablegen. Gleich diesem ist er der am meisten abgehärtete Hirt der Ebene; beide müßen gegen eine mehr als zwcmwnatlichc Trockenheit der stark crhchten Vuft nnd gegen die feuchte stuhle des Morgcnthaucs fo unempfindlich sein, wie 492 Auf bor Pußta. gegen die glühendheißen Stepftcnwindc, die stoßweisen Schauer dcr schneidend kalten Karftatheustlirme und dic Ncgcngüfsc dcr in Südungarn urplötzlich aufsteigenden Gewitter. Später als dic andern Hirten verlässt der Iuhnsz (Schäfer) in seinem ewigen Pelz (der langen Bunda), welcher „im Winter gegen die Kälte, im Sommer gegen die Hitze schützt", als Zelt und Bett dient, die woloerwahrte Hürde, weil seinen Pfleglingen dic Feuchtigkeit des Thaues schaden würde; in dcr Hand hält er den langen, oben gctrümmten Stab, mit dem cr auch jene Mutterschafe cinfäugt, die cr abends für feinen Bedarf melkt. Die zahllosen Schafe werden in Südnngnrn fast nur wegen des Vließes gezüchtet, schon das Fleisch wird wenig beachtet, Käse wird nicht überall bereitet. Die schwer lenkbaren, dummen Wollträger folgen den Glocken der Hammel, noch mehr aber einigen friedfertigen Eseln, welche dcr Hirt den Herden beigemengt, da die in Nussland zn diesem Zwecke übliche Ziege anf dcr Pus?ta nicht gedeiht. Hiuter dem Schäfer schlendern gelangweilt die migeincin starten Wolfshunde, wclchc es anscheinend unter ihrer Würde halten, wenn keine Gefahr droht oder lein Fremder naht, sich nm die Herde zu kümmern. Wenn der CsilVis dcr Heißsporn unter den Hirten, so ist derIuh-isz sein Gegenstück, das gutmütige Phlegma, der Träumer auf der Pußta, welcher, dic Pfeife im Munde, den Wolfshund zu seinen Füßen, stundenlang alls seinen Stab gelehnt hindämmert, weil cr sich von seinen unselbständigen Pflegebefohlenen nie entfernen darf. Die anderen Hirten besuchen ihn manchmal, um sich von ihm — dem einzigen Musikanten außer dein Zigeuner — auf dcr Hirtenflöte odcr dem Dudclfack cincs aufspielen und sich mit Molken und saurer Milch bewirten zu lassen. Seltrücr sind auf dcr Pußta die Herden dcr Schweine; dicsc werden mehr in den Grcnzgcbictcn zunächst dcr Gebirge gehalten. Der Karu'lsz odcr Schweinehirt ist eine "Art Nomade, da cr seine Thiere im Winter in die Sumpfuicdcrungcn, im Sommcr ins Gebirge, im Herbste in die Eichenwälder trcibt. Dem Bcrkchr der Menschen ?l,,f drr Püstta. 493 entrückt, ist er ungeselliger, roher, zur Gewaltthat geneigt, seine äußere Erscheinung durch die Zuthat der scharfen glänzenden Hacke, seines Spielzeugs und Stabes, zugleich seiner mit bcwuudcruswcrtcr Geschick-lichkcit gehandhabten Waffe, wenigstens uuhcimlich. Die Sonne steigt höher, die Luft wird immer heißer, warme Luftströmc steigen senkrecht empör, Staub und dünne Hälmchm mit sich führeud. Ueber alleu Pflanzen fließen und zittern glitzernde Lichtwogen, in der Ferne beginnt an warmen, dunstigen, hcllsouuigcn, stillen Tagen im Hochsommer, seltener im Frühling und Herbst das D^lilülb (die I?aw moi-Zana) ihre trügerischen Luftgebilde zu wecken, bald den Wellenschlag des strömenden Wassers, bald die Spiegelfläche eines Teiches nachahmend, seltener Hütten uud Dörfer, Herden und Menschen hcranzaubcrnd. Ist die Hürde nicht allzu entfernt oder ist kein Wasser in der Nähe, so werden die Herden nach Hause getrieben. Der bei der Hütte zurückgebliebene Hirte hat mittlerweile die Tränkrinncn um die Brunnen vollgcschöpft. Die Herden trinken uuu in langen Zügen, und die Anwesenheit aller Hirten ist nötig, um dem Stoßen und Drängen Einhalt zu thun. Die Herden sind nun befriedigt und Ziehen sich langsam zurück. Gemächlich strecken sich die Rinder auf den Boden und beginnen das Geschäft des Wiederkauens. Doch bald stört die unerträgliche Schwüle ihre Nuhc. Die Rinder, die Schafe, bisweilen auch die Pferde drängen sich zusammen und eines birgt den gesenkten Kopf im Schatten dcs andern. Denn Bäume fehlen überall, soweit das Äuge reicht, und die Stcppenpflanzen, die mitunter etliche Meter hoch werden, vermögen leinen Schatten zu geben. Alles Leben scheint, außer dem der Inscetcn, crstorbcu; die Herden geben teiucu Laut von sich, auch lein Raubvogel kreischt, Alles sucht das kostbarste und hier fast unmögliche Gut, den Schatten. Jetzt haben die Hirten Zeit, an sich zu deuten. Sie lagern sich um den dampfenden Kcfscl, dessen Feuer wegen Holzmangcls mit erstaunlich wenig Schilf, trockenem Gras oder Mist unterhalten wird, und lassen 494 Auf der Pusüa. sich ihr einfaches Mahl, das in Gemüse und Paprikaspcck, Milch und Brot besteht, wol schmecken. Dann plaudern nnd scherzen sie, behaglich ausgestreckt nnd die vielgeliebte Pfeife fchmauchcnd. Inzwischen ist es ungefähr 2 Uhr geworden nnd die Herden werden wieder auf die Weide getrieben. Langsam bewegen sich die Züge vorwärts nnd die einzelnen Trupps zerstreuen sich erst, wenn die Sonne anfängt, sich zu fentcn. Jetzt erwacht zum zweiten Male das eigentliche Vebcn der Steppe, auch die Herden erhalten ihre Frische allmählich wieder. Mit dem Wechsel der Tageszeit wechselt die Beleuchtung der Pußta und die Farbe des Himmelsgewölbes; kein Maler, kein Dichter vermag die Zartheit der Tinten, in welchen die Ferne schwimmt, zu veranschaulichen. Endlich sinkt die Sonne hinab, ein blutigruter Niesen-ball in ciueiu gespenstigen, zugleich fahlen und glntroteu Meere; lange noch nach ihrem Untergänge schwebt ihr Bild über dem Horizonte. „Nun schleichen aus drin Moore kithle Schauer Ilud leise Nebel übers Heideland." Die Herden kehren gesättigt und behäbig zu ihren Hürden zurück, wo sie eingeschlossen werden; dann lagern sich die Wolfshunde herum, nnd zwar jeder dorthin, wohin man ihm seine Nahrung gelegt, uud nicht leicht wird er seinen gewohnten Platz verlassen. Nun gewährt die Steppe plötzlich ein überraschendes Bild; allüberall, bei jeder Hürde, steigen flackernde Feuer auf bis zum fernsten Horizont nnd stechen grell gegen den nächtlichen Himmel ab. Die Hirten bereiten und verzehren ihr Nachtmahl, einige Kühe und Mutterschafe werden gemolken, und nachdem Mcs besorgt ist, besuchen manche Hirten ihre Nachbarn und plaudern oder spielen, um das Feuer gelagert. Auf die Bitte der Hirten erzählt der Szümad<'> (Oberhirt) seinen Bojt-'lrcn (Gehilfen nnd Untergebenen) nraltc Sagen nnd Mären, wie er sie selber einst als Bojtär aus dem Munde seines Sz-uuado geschöpft. Nings hcrscht tiefes Schweigen nnd tcincr der Vauschcndcn wagt es, ihn zu unterbrechen. Erst spät in der Nacht verstummt sein beredter Mnnd nnd bald umfängt Alle der süße Schlaf. So ist das ^cben der Hirten auf der Pnstta, scheinbar einförmig, wie die Pußta selbst. Aber wie diese in ihrer Gestalt die größte Mannigfaltigkeit darbietet: üppige WciZcnsaatcn, Maisfclder und Tabakpflanzungen, dürre „Natrouteichc", saftige Wiesen, endlose magere Weiden, öde Sandflächen und dürre Heiden oder sumpfige Vertiefungen und rohrbcdccktc Tümpel, und wie sie je nach der Jahreszeit stellenweise einem scgcnübcrschüttcten Vande, dann einer Wusle gleicht; ebenso ist das Vebcn des Hirten ein anderes, je nachdem cr Rinder oder Pferde hütet, Borstenvieh oder Schafe — ein anderes, wenn der Lenz mit grünem Sammt die Steppe schmückt und die Herden vor Uc.bcrmut taum sich leiten lassen, wenn der tropische Sommer durch seinen Gluthauch träge, ängstliche Nuhc über die Gefilde seutt, oder wenn der Winter die ,,Tcnfe1srippc" über die Fläche schleift und Schneeschauer wirbelnd darüber fegt. Uebersicht drr üenützten Nitcratur. Almanach der Südbahn. I. Pustcrthal—Amvezzo. Nien. (O. I.) Äm ^urdlicstiiNc der A0ria (Pola). („Globus." Illustrirtc Zeitschrift für Länder« mid ^ile^linde. 2«. Bd. 18?!',.) Amthor, !>1'. C'dliard. Bozcn und Umgebung. Gera 1872. --------Der Alpeufreund. Blätter für Verbreitung von Alftenkunde unter Jung und Alt. Gera t«6N ff. Amtliur, Dr. EdiilU'd, ui,d M. ^rcihcrr u. Iaborilessss Gamsciiegss. Kärntner führcr. Reisehandbuch für Ääruten. Gera 1874. Vellcr, l)r. M. A. ^1t. v. Drr Ortscher und sein Gebiet. 2 Bde. Wien 1859. --------SchMwu'n und seine UnigebuiiH ^Oesterr. Jahrb. rcdig. von Dr. F, Stamm. Wien l«77, G. 1"5 ff.) Voncr, Cliarlcs. Siebeubürgeu. Land und Leute. Deutsche Ausgabe. Leipzig 1868. Dahllc, O. Tic Feste SMUmdstrou. lAntthor's Alpenfreund/ lll. Pd.) ' Viirrcilbn'li, Der, im Herzm^tnme Ealzbnrci nnd seine Grnbenfalivt, München 1847. Fischer, Alrj'andcr. Horn und seine llmssel'Miss. (Blätter des Vereines für Landes- tnudo oon Niederosterrcich, V. Iahrg, Wien i«?l. S. 15? ff.) Filimc („Globus". ,'!<>. Bd. 1«?6. S. 4'.» ff.» Frischauf, 3r. ^lihaiNl. Ver^tonrcn in: kroatischen Grcuzlande. (Im Jahrbuch des österr. TonnftenClubs'in Wien. VI. iälnbjahr. Wien 1872. S. l ff.) Führer, ^llüstriNcr, ill das Riesen^ebirqe. Mit Beiträgen von Siegfried Kapper, Otto Müller, Franz Weller. Wien. ttü,iil, Nr. ^udwig. Curort Beldes, Das traiuischc Gräfenbcrg. II. Auflage. Wien l^7!>. Goldhauu, I),'. ^lldwlss. Eisgrub. (Hölzel's maleriich-historisches Albnm uou 3)täl,ren und Schlesien. I. S. l^ ff.) >-------Macocha. (Hölzel's Album von Mähren und Schlesien. I. S. 5». ff.) --------Ro/.nau. (Hölzel's Album vou Mährcu uud Schlesien, Olmntz 1800. I. S. 1 ff.) --------Znaim. sHölzcl's Albnm von Mähren und Schlesien. I. S. '-»^ ff.) GrasslNier. Dr. F. Die Dnnau. Wien t««<> (im Dvuäe», Grösser, Gustaf. Hallstatt nnd seine Umgebnugen. („Touristische Blätter." Nnnd- schnn auf denl Gebiete der Alftcukundc und Touristik. IV. Bd. Heft III und IV. Wien Itt?«.> Grulic, ^>l. W. Alpcuwandcruugen und Fahrten auf hohe nud höchste, Alpeu» spieen. Oberhanseu 1«?.'. Hafclblich, l),'. Karl. Oetscherfahrteu. (Blätter des Vereines für Landeskunde von Niederösterrcich. X. Jahrgang. Wien 187»!. S. ^M fi., 24« ff.) Haus U. Hausen, I>r. Iuscf. Gleicheuberg in Stciermarl. Sein Klinm und seine Onellen. Wien 1870. Hexfw', ^'udwlsi N. u. Tie Kruuländer von Oesterreich. 5 Vde. Wien 1855. Hochstrttcr. Fcrdiiillud U. Geologische Bilder der Vorwelt und der Ictztwrlt, I^s;Iilige>^ !^7.'! HofMlNiii .MN, und I. Ttiidl. Wandcrnngeu in der Glocknergruftpe. München 1«? !, HorMlNil, Jojcph Freiherr U. Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst, ll! Iahrg ^üie» l«-_>,',, (S. 5»l>^ ff: Das Schloss Osterwil?). --------Tascheudnch für dir vaterländische Geschichte. Neue Folge. II. Ia!>rg. ik^. Müxcheu. S ü»! ff.! Aggstein, S, !'.'! ff.: Die Nosenlnirss. Hill'ücr, Aiitnii. 3eut!l>ürdigleite,l der Stadt Zu0. HilnfiUVY, ^ohinin. Ilugarü und Siebeudüvlsen, Darmstadt 1«56—«!4. Jahrbuch dci? uiuiaristhcn .^aruathcil-Vcrciilc'I. Kosmarl i»'4 ff ^tlaiö, Pjct0>?llW. I'!'i!'<>n 1,^78. >iol>1llUi«l>, ^r. Üinort Zto^nan in Mäliren. Wien 1^75 >illl!l, ^. ^'. Die Dunlin vou ihrem Ursprünge dis Pest. Trieft 1«54. >ic>ll!c»liclicv, Kar!. Die holie T>Ura, II. Auflnqe, Teschen 18?^ .^oristtll, Prof. Dr. (5., llild Prof. ^. .^crjoi. Archio für die uatnrwissenschaft' liche Vaud'sduichfc'lfchuii^ von Böhme», l. Bd. Prag 1869 K?li, I>r. HnN'ti». Der verlässliche Führer in die romantischen Gegenden der devonischen .^airforumtion lü Mähren. Brunn l«<',7. V. !l!„^>. 1«?8 ^iutschcru, U,'. Carl. Gräfeuberg. Beschreidniu, der Heilanstalt nnd ihrer Uiu qednnq Wien 187X. Lad'llrxcr^ Iusltiliau. Geschichte der Feste Ruutelstein. (Archiv f. Gesch. u. Alter tuiuslnnde Tirols. III, Jahrg. Iunsbruck I«tt8.) ^cchucr, ^utnoia,. >Hine OetscherPartie, (Jahrb. des o'sterr. Touristcn-Clubs iu Wien. V (>lnl'jahr. Wien 18?^. S. 5U.) List, Ouidl». Dürrenstein. Eine Donanfahrt. (Iahrl). des östcrr. Tonristeu Clnl's iu Wien. VIII. Iahra,. 1«?7. S, 2^'—2.'>'.'.) ^'orcn;, ld'. I. N. Vom Onariierischen Gebiete. s^Oesterreichische Nevne" 1-!>^i) Müriailüö, Fr, HOiuiüthu^. 1'..,. ^i-.^,!,in VVi>uI1iK^llni?l iun.t<>l. das ist Ver mehrte eigentliche Deliueatiou :c. der Graf- uud Herrschaffteu Windhaac,. Noseudnrg am grossen >tamp Uud Wolfshofen :c. Nieim l<;7!;, McNcl'el Reisevncher! Nord Deutschlaud, Oestlicher Theil. Ill, Anflmie Leipzig 1^?.^. Mitimcc, ^erdiinnit! V. Malerisch historische Stizzcn ans Böhmen. Wien und Olmntz '. Alfred. Die voll den Oberlausiher Sechsstädten eroberten mid zerstörten glandduriien der LaiM, Schlesiens nnd Böhmens, ^ittall 187'5. vtc>ll>a»rr, (vrust ^Itudulf. Ertlarenc>er Text zn ^-. ,t. .^üapft's „Iüustrirter Bnto- wina". ^ — Iohanuesberg, lHolzel's Albnm von Vlähren nnd Schlesien, I. S. 151 ff.) — — Sloup lHölzel's Albnm vou Mähreil nnd Schlesien, ll. S. 1 ff.) Pascher, Karl. Führer durch den Böhmenvald. Pilseu 1«?8. Payer, Julius. Die südlichen Ortler Alpen, Gotha 18'lN. (Petermann's Ergäu znugshefte Nr. ^7). Pcrnharl, M. Bilder ans Kärnten. »lit beschreibendein Texte. Klagenfurt I^l!'!. ^räsil, I>i', Ä^. '^. Der Cnrart Gleicheuberg nnd sei,ie INngebnng Wien 1«<>ü Nui!,ttcr, I»i'. 'Ailtuil V. Das ttaiserchnm ' Oesterreich und .^töingreich Ungarn in nialerischen Original Ansichten, mit beschreibendem Tert. Nie», Dannstadt. >3. ^. Gräfenberg. (Hölzel's Album vo» Hk'ähreu lind Schlesien, 1. S. 77 ft,) >-. P. U. Das Hochland über d^-m (".nda°Sec ^Globus." XXI. Bd. Brmin- schwas, 1X72. S. 1«U ff, 2M ft., ^chnsci, Tl>. Bildrr ans Novdböhmcn l„Ans allen Weltthciü'ii." Illnstr, Monats h^'fte s, Vändor- und Vo'ttcvkniidl'. IX Ial,rq. t«7». S. X24 ff,) — — Führcr durch ^tordbölüiu'u, die Sächsische Schweiz nnd das Zittain-r Gebirs,!', II, Auflcissi', Dv^sdn, l>^7^. <-cha^lUllycl', l>i'. (5. Dalinatil'». Gco^raphisch-historischstatistische Bcschreidu,!,; ans nnchnitischm hineilen. Trirst 1»77, Schmlliach, A^olUli. Die deutschen Älpcü, für (5i»hein!ische nnd fremde geschildert. II. Äuilagc >', Bde, ^vena l><>'» 1^71, ZcheilM', v^> HuchosterN'i») in .^ärnteil, lMittheüniMtt der l. t Central^omniissioil z. »Hrf^rich!!,!^ u. Evlialtiin^ der Bandentmale. V. Bd. Vieu >« ff,) ^chmili, Heiüt uil! v. Unser Vaterland. In Wort und Bild geschildert, l. Zerie: Die d.utsch^i Alpen. Stuttgart. (O. I,> «chmit»l, l>l'. Adolf. Die Grotten und Höhlen von Adelsberg, ^neg, Planina nnd Vaas. Wien 1«54. — — Wegn>eiser in die Adelsbergcr Grotte inid die lieimchbarren Höhlen des barstes. Il, Anflage. Wien l««',« ^chnlidt, !^i,^l ^ul. R^deüln-rss. I. ^ahrq. Berlin 1«?^, S. '.'^l ff.) ^chlcivcr, !>i'. m<'^65 ^rclu^, Aüt. 3er derühntte Salzderg nnd Wallfahrtsort Türrcnberg bei Hallein. ll. Änfla^e. öeidl, Ioha»u Gabriel. Wandernn^-n dnrch Tirol nnd Steiermark ^ Bände '/eipziq — — Ein oberösterreichischcr Salineuort «Hallstatt) Ein Beitrag znr .^uüd.-r>on Vand nnd Venten. (Oesterr. Nevne i^iü', , ^tlifflrr. ^. ^. Das deutsche Tirol nnd Vorarlberg. Innsbruck 154^. ^tcul>, ^udwi>i. Drei Sominer i» Tirol. II. Aufl :! Bde. TtMVlc, NüNolf. Die ^el'irgsbeunihner in Oalizieil. Wien 1««><», — — Die nordlichen Abfälle oder die galizische Seite der Karpathen, Wien 1»'H. Umlauft, Ui>. friedlich. Die österreichisch-ungarische Monarchie. Geographisch- statistisches Handbuch. Wien und Pest. i«76, WlllMr, ^liscs. Das Möllthal n,id der Großglockner. .Vagenfurt I85i<'>. Wlisslier, ^ojcf, uu» l>i>. V. Hartmallii. Der Führer dnrch Kärnteu Ci^i Neise!,andbnch ^llagenfnrt >^»>,. Wcstwciscr ans der Salzburg-Tiroler Gebirgsbahn (Giselabahn). Salzburg. WcidnilNl!,. ^. (5. Tunriste» Handbnch für Salzburg, ^ Thlc ^cmmnn, P. Tlilifsil». Der Tonrist in Adinont. Histor.»topogr, Skizze vo», '.'ldlnont nnd dessen Hingebung. Wien 18?.'j. ^tllloulni, l>r. Ätnril^. Der Bö'hmerwalo uud seine Ningelnlngen. Prag ^7". ^riarlc'^, <5i>., Wanderungen in Dalmatien. <,Mobns" XXXI. Bd. Braun schweig lx77 ) Zuaim und seine Umgebnngen. Fnr Einheimische und Fremde geschildert. ^naini >><71. Sach-NeMer. Abr'ldWriN!« 481, 483. AdlNnellostock !»«, Adel^der^er Grolle 15. ?ldl^>'r„l,e l»5,, W, Adlitzqraben 2l!>. Admunt !« Älpeuwivtichnst!>. Al!-Ausiecr See l«i. Alter^Weiderzalin 253. Althammer2>!<>. Alttrniss >20. Alt version 392. Altuater 417, 424. Äluta ü«. . Amvezzo?7, ÄmftcvU'lhal l-i, 7>. And««c«°I,!sc> Ä«. Aussi'ibuch 1»»!. Anstertdal lül. Unis 152. Anloael IN«, N4, 1!>l, 1l>, Anwustüal >3>, 140, AranNoö 475, 1«0. Arbc K>, li^i. Urco «!5. Arleck lil',. Armlar N7. Arnlildstein 2U. Anisdmf 336. Nschl!,ichtl,al 201. Aue 224, Uuen 315, »«8. Vabinvotnl 2U0, Nadberss 138, Naj>>,la 47«. Vatiuovac 2!>"., Vnso,,!, Ä'nld >2, BaUeüsteui 4>^. Vlllit^vnrn 47/<, Vciinürr Gebirge 2!'. Äcmliwiilder ^. Aiirenfall 18?, 148, Anre»l>ilit'1 >'!>. Biircnlcilif >'>l>. Bcirmstci» 15^, Aaschll, >3r 47n. Ällstei 42l, Zauben 1». 410. Äe«va 4lü, Bejöislala ^',5, Belcl!te>'iind»erla>'d wl!. Berss>'U!n'rl!»7. ^!erss!ii d, »icderunssarischei! !2. Äerffschlipf 8, Vcrssslul, ^!. Ä?rm»N'Alpen N. Äertlioldstein 2N. Aeslide» ^1, 22, Äiala 4«5, Bialfa 45». Äiela 8«^ Vieln, schlesische 4N>. Viclnch 2^. Biclili l'.'5 Aiüödoncr Platen» ll^. Bisamlieni >, V'strica il^l. Älasenstl!» 4!^. Äodciquelle 4««, Bocche di Cattaro lü. 3Nl!. ^öckstein II«, !ül, 140. ^uclll'i 45l!. Böl!»lerwald N, 1^, 10»!. ^03. Bölimijche «lamme m,i. Vllicz>, 482. Boiaren 472. Äo>ten 4l!4. Vora i l. V^scassnU'en 250. Pllsili ^!>- 892, Votzdorfcr See 44«. Butzdurfrr Spitze N», 45'. Älizen 43. 5l, Vozexer Boden 43. Avagozzi 2»2. Vrandhof 202, Hraunoberg 48«!. Vrazzu n:/ Vreeeien !5>5, Äreiiensteui 2N^, Bren„i'rstrc>s!r II. Brenxlussel l,">0, Ar>,nderss 407. Äru„eck 7l, AllNNlj« 248, Vrunsteiil 2ol. Äuccaii 2«3, ^iichau >«7. !!„< !,<- ^1i Vein, N4. Änchelsdorf 4l«. ^»chsteui i«<:, Bnchftnii, der „rusie I8ü. Viicsum 481, 485. Äulowina 4i«8, Mrsslis 1^,, Burgau l>!3, VUrgeralfte 301. Äür« stein 388, 398. Eonal bella Mnrlacca 2«l. Cnnal des Quarnerolo 281. ^asielnuovo 307. ClUtaro 8l0, öeladna 42«;. Ce„, i5e. Eieiinyv'SmveLinsli'See 455. liima Taulllo 6s. Cc>l Oiu,»e!lll 39. Coma 4i!. Zorftnalr-^olile 15. Coritenza 250. Cortina 78, Erna ricla 293. Crnn jrzero 292. Gevel Instl 2N. Csetatie märe 48«. Lsetatir mika 48«. Csiläs 4!«'. Cforbaer Ser 448, 455. Curzola l6, 397. 32* 500 Sach NeMer. E,!,ri,',' staw 457. 458. Ezilll'wa'FaU 458. Nachs!,'!» 17!», Dachstclüssübirae 175, VllchsiliiisslUvftc 12, I0U. Tn6,st,'mmafflli 1L3. Da el»' .',',„, 'liilixill I«5. 2)tbri^n>rr Heide L«. Deiniwald !!5U, «23. D'ttdnb 493, Trtnxllla flotoaßa 484. Tl'lunala „oala 484. Leiilsch.Nlwil'urs 4-lN. T«wii, .^9, 39'!, Tl'vma ill, D!iün,schl' ?Iwe» 15. Dittl'vodach :!^5. Titl^i^bachev ssclsenlessel 19, 385. Dittr>>>!'ali,cr Heide 384. Dxiesl^r20. 4U4. Nodlotli 3U). Dnlioen 1!!. Tolomit,!2. Tolomitalp?n 12. DoilN!! 27, ^'.». Dn»>i»strudcl ^l5, 318. Vo»auwi,liel !>i!<. Dosl'übnch ii^. Dilrieuderi, l54. TOrrsiisi'c 72. Tiinvüst,'!» ü^>. Z27, Obbs 8,l, Echevntlial N!l, 180. Edm,»ds.Ol'Und 3«l. !iny»,lzfalva 17«. (5>chl!l'rn ÄI7, 21«, 223. Elchsnsti'in »7>. Eiüsi^dlcrstüin N«. Eilli .". ^isack 5>!. 'l>,nrt.'z>,'U Ä7. <3n>!s 2^, 17l!. Ennotlial 17^. EplllllnruS 297. Er! ^. El'lafbnden 2«l. Erllns^' 203. <5>,^l'bllsse 18. Er,^i,^iiiie, slcbmtü',>,',iifcl!!'s 23. E»^ss!>b>v,ie, unssllrischts 22. >iva ^rotle 855. ! Aare»bode« 201. ssnssatti»! l2 Fall, Morgaxa 2L, 433. i^aira 22. ! FeiNri^ 259. Fcldvacl, 24>. sseldiiiss 13«. Feldedeiss 353. ssellabach 445. ssellal'i See 445. sfnxe»,' m, Ficht^lgrliNlie 18. Fi>;e 3«!>. ßilzmooi! 170, I7!1. 50. ssischs«, sirosier l55>, 45,9. ,^i»!»e !i«^, Ä>^>, , ^litscker^Vudc» 25!. Flitschcr Klauic Z50. Fontixa nllia 473, ! Flllü» G!?tsche>,' 42. ^ strüganterthal i l<». ^ Frnnlstadt ll!5>. 4!!'!. ffranzenstiohe!l3. ssr^Ul'iiberss 194. > ssicibfrg lull. ssrl'iwNi'dlN! 41,!, 423. ssrit'debcr^ 423. ssricdel 425, 43N. ssri^dland 4.'«!, l ssriesüchr,- Grblrsse is«. > ssru^ra Gor« !3. 2!!. ssr«Si!!hnll'tich<'l l«5. ss'llnel 4!!»! ^ Mm See» <55>, 4',-l. ! nürftenwcq I3U. ! ssusch ,,. ^ Waclatljnl 2^,, ft'alln' 244, 252. Ga,lll,al 24 >. Ga>or,ic 2!>i, 2!>2. Galovacfall 2>'>. ! Gampl'illiraden 21!». ! Owidasee 12. ,!i. j Oli'ienicowy 45? 5 Gastald 4«. ! c^astein, Dors«G. 135. ("ast^!» Tlml II, 131. G.'ldl'll, 20X. Ocnn'logcl >>7. Gorlsdc>rs,r'Svitze 22, 444, 445, Ocroldsecl ^ll, "4. j Gl'läusc 1^«!, I««. Ocscntt'. !»»!,v. schlcsischeö 19. ^ Giselll>Vllh>! »4?. Ojaidstein 18,. Gladowa 2!». ^landers I2l!. Glanttial I2o. 0'lay 41!!. <^!lciü!<'!tt',r^, Hchlos« 24U. Klcücherdnch >», l l Glelscherthur 10. ! OUl'llgNih 216. Ooiur» >l!l. Goldenftei,! >5,'l. ^!o!dlopv« 4>,!, Golf vo» ssiume n>. st'ollvad 2Nl, OUiüorcr Erzgc!)irc>e 450. Goraleu 43^. <"ört!chi!«>ni! i^l!. <>ws>inb,>ch >77, <>'!>!,i!,q>'lu»lil' I7!>, (^oi^u^lllschcr 1^0, l^0>!i»l!al<< !«!2 <^Us,1!lM!!t!lt !C>3. Goi,i!isoe 177, Goianüilll isl0'Se!' 292. Griif,nbern 414, Gra» 2!°«. GraniNilateau. iisierreichischls 17. O'rcnlwacll'Nsselinss« 187. Greine, Schwall 2x, Gli.^' 5!, Orod,»er Tl,al 12, Gvos! A>i,ii!>iach :l25. (^vi's^irlllia! i:>!, Grostt'i,' Hec I5,'>, Orosl^ 2t!,r>nl,aul'ü 407. Gros!N>octm'i l>, !)3. Grosilieiviise,- Teich 391. Or^teich 3'.11. Gvilünu 2"3. t«,i!,ia»tlia« 2»>. Ollliii,.' 491. (A»»lsch!il, 52, G,>'l!I,!>!>,r lÄlbirsse 12«. H^bste,', lull, 392, H«ibc» :, 4»2. ^c>>»ln,vss 4 in, 443, Hcittiseld 241. Halbcin',1!» 2l!!, Hal> llie, Admont) 187, 194, HalldNli 171, Hcill.i» !5-.', I5>3. l54, Hiillina 4«<», ,<"li!Uier Eaiz^ebirsse 180. Hall'ta'tevTee l»!i, 1><0. H^nliü^neich 39(>. Hanxa ^ü. VlNis-'ss Moor 25, Hborfer Sattel 4»><>. Hase>ffel!!>ne 155. Hauolaschll's, 3!'2. Hau.'stei» 31«. 5a5.c>ula 4»I. Heli»al!»n 23, Heidengrbivge I5ü. He>dcnwess !!5. H,'idc»!»lM >^!. Hil'I.U,r !4'tal,rfall 140, Hi.rlal) l!>1. Hirschbadlainm 416. Hirsckbern (Böhmen) 38». Hirschdera (O-Ö,) 165. Hirschbera. Stadt 388, 391. Hochlllpc» 5, !), Hl'chnarr l<>6. Hoch Ostcrwitz 120, Hc^chjchlir 424, Hochsckargivfel 417. Hochschnec!1. Hochschober l05, IN?, Hochlnncrn no, Il5, 131. Hoi^Gastein ii^, 13«. ^l'lil'nialzburg l52. H,'l!e»ft,n,fen 153. ^^»cwavtc »5, Hrher 3chne?beig 382. H^'ye Snlue i!l, U2. Hol,e^ »tad 407. Ho!>lal>r l40. H^lNenstein ?2. Hl'lll'l,st,>i» 72. H^ll.^v.U 3!»1. Hl'lllah, N«. H l»,'in 35,6, 3!>l. >'.',^l«echte 211. ^opsliarlen 91. ^l,,d>»'lo 433, H>,c»>>'i, 464. H,,»ds!ein 151, .^»tti'Nbelg 126. Iliuciüilg 32s. Iancvniss 42«, Ilisscrgraben 219. Idiilli» Bevgland 14. ^l'!>noliac 292. I>'schtrnliet>iige 3s». Inn !?7, I»l'achl>oi!i ill». ^ns>>lwcvtl! 254. Ililnnunvibevss 4U!, 420. ^»»»ovlicher Gebirge 186. Ills>f>,erss 204. I,chl I'll. IWlhol li, Iser l!>, Iscrsscbirge 19. Istli'en 15. 1«. l)udicarle!! 63. Hnm'isz 402. Iullsche Älven 13. 2u,!,,fcr,!sitz 163. Kiililensscbirsse I. Nnhlspcvg 153. ,'l«l>r >!»!. 2l»5. Kniuischbach 176. ,Naiser ^. Kai'l'rau 1!»5, Klinrriiebirsse 10»!. Ha,ssithron 20». öt,i!la!ven illa>p^>, norbtirollschc l2, ».Us u»!. Kalferle-'s l<',',, ,'llllte»>!cn,3. Äaltwllsjertüal 2>5, Kllliidieiol'0 jezerll 2!>2. Kaluqer 4?^,. Klllwaryja 4««:, KÄMinssebirge 186, Kamnitz ,'^l. ttaml, I7X, 330, Kainl^z 492, ttavela, die aroße >">. Kl>pel«, die tlenic >'>, Z^!>. Kavr>,nerl!,n< !5l>, 15>. Karawllnll',, 12, l07, Kml^eiofeld 1^!. ztcirnische A!lien >2. Närnünsch steierisch« Nlften II. K>n'lnit!,,'!i I. 2N, jlavpatlil'n, tleme 21. Knrpa:l,e,i, wcisie 21. jtlinmihisch!','Waldgebirge 21.4!N, itapfe«s?le>neler Heide 2«. Ker'e 1l,. Kellerliurg 60. Kerla 15. KerlN'ssälle 3N1, 304. K^rtyr« 2!»?, Kcil>e 451. Kesselbera 4l»7. Kesselfllll !32. 143. Kienbach 2l»3. KivchbiUiel !»>. Kiriieiner Höhlen 355. Kitzlmchel l'2. Kitzbiichelei-Horn »2. Kitzstt'iichor» <5<>, Klamm 133. 2l«, 224, 225. Klammste,» l33. Klebenstl'in ,',2, «!0. Kleu!-?ls,ss<^cl»er!»>, 101. Klei»viinlel 26«. Kins 3x». .«lin outz 473. KlimiNein 374, ittmura 2' Knihlna 427. 43«. Kobylanfa ln«, llodniyqlrtscher 97, W l«5. KödlNl!tt!c>l !'!!. Kollevdaucv 2N3, Kolovedov 4^l, 4ii?, Kuniss^beiss 245. 24»!, 247, 436. «ll»>a>''>Iowa 456. Kova MagnN, 456, .«üper»ils!!'!N 4l?. Kovlnii 17«, lxl- Kopp,nlarsn >!0, 1>5. Ko>,öil'I,^«T»itze 457. Kl",>lber>i 3«!>, Xiitschacher Tl,nl 2üi. Kotur 3l!>, Krn»ichberssl',' Thal 217, Krai^clstein 6n, ,N>auil'l,nabe» .!>^. ,«raute>n«>ilde 424. Äroidenblich IX". Kvcil^, da«« ill,!,!! l81, Älüiiz, das niedrige l«1, Kveu^feld 4?«>. Kripprnstein 16,',, 181. Kiiu/ui 45!. l!rlü„ossi Hori 404. Kroatischer Karst 15. ssN,l'"N 43L, Kufflcin 12. »2, K»I,lanoch?n 42^, iiul 2!»ii. Kulm (Ä«ss) 1«?. l»4. Kümmere,,' (Äübirqe 390. iinclnsee 1«, ^cicroma 29ü, Lagune» 15. L^hn >»!4, Vaibach, Fluss 14. Lailiaclicr Moor 14. Vllndcct 4!i4. ^,'andro 72. LaniicÄ 60, La»qer Äer»i 8k9, Vünntcnn^fc» «!>, W, Van^sei' IÄ«, ^nvlvn'i>jlilctscher i»5. Vasjuch !>^. Vaswchcr Winlel 114. VüsNNss '.'^3, VüssiN!,f«ll 203. Vaun^dorf i^ü, Vausiyer Berg und Hügelland 1st, Vawiueil 8. «ebece 259, Lcdrosec 62, Vedrothal 63. ^re« 252, Leichenbern 187. ^,'eipa 38«. 3^2. ^citüralctlchcr!>4. !t!eitha 2«. ^eiihageliirsse 12. 10«, 44^. 443. VeitMl'lilj 373, Vend l3l, Vend, obere 134. Vesina lü, 5N?, 300. Leovo!bl>l>elli i, 12, ^eovoldl'l,o>, l'>2. ^ibnriüjcher itarst 15. ^lchien!»^ 1 ü». ^ielnil^r 'l' 406. ^inorimele lis, ^i>iowanl'r 473, ^iv0wa, N 471. 473, vi^taucr Alpen 45l. Vil'>l>»er Oevirgc 22. ?,s^, >U, ^ounnyer^Spihe 22. 43N, 4-!,'., 4>8, !5,l, kopvillsee 6>. i'uclnerhlltte N7, Vucsivn« 444, Vncc,, Torf 264, V„e„, b»l,>enschloss 263. Vnez>er Hühle,, 15, 263. 502 Tach^N^ister. Lundenburg »52. i,'ussi,l IN, '281. M.icoch«. Vrdfall 20. 855. 35«. Madatichserurr 32. Mad.'tschiilelfcher »3, M>idal!Äsmtze 33. Mag^„leiu'n Grölte l,',, Mäin'N'chee! Hochgevlisse I» Mala Rielica 2!«, Mllldor^etl, 244. Malcesiiie «3, Malnch, Dorf 113. Malniljer See >I5, Mlllui^er Tauern UN, 117, MalnilMal 1l0, Maln stnw 459, Ml!»ssvach 17«, Mandün^pnf, 1?«, M>n,>iar! M7, 248 Mn»^nl,N>lPPe 245, Ma»I,!Ni,!li>ivt<«s,lchirge 1, Mlionöbcrn 120. March 2«, 352, 440, 442. Marchect 442. Marchft'ld l, 25, Us, Marttsä, «U, ?)!a>ss>ilem See 25l. Ma,ia-2ch»Y 2", 224, Ä1lari>ne,l 19«. Mai!a,eller Oußweit 20l. Mar'v' 475». 4»», Mn^'i«.Ui>'lr 48!. Nlavrocht' «!5>, H.üliiuun'ch Hch»tt >24, Mav^rl^n'ni >^'>, Mccr, steuierne,? >4!>. Meerauge» 22, l'.l. Mel>vn»!il'viys 45,l, Meleda'10, Mcll »23, M.'lU'! 2!'1 Viil.niS« 2!»i, Äusllk 425, 4!«!. Mll»raS 12l. Minolalftci! U, Älitte>>,>ll>t>, 25.0, 253, Mitli!,»dorf l?6, 178, Äiin^rspitz i?!i. Ä!ii)Utl>iU N, !15, M»»!,' ^ldciMlll« s!s. Monle Antclao 77, M>"lll' !tn>' Tciiava «2. Ml'»>!> Tofaxa 77. Mo,ix Trcleio !;>,>, Monte Zebru 31, Ml'läüen IU. Mori l!l, Mofchieunz? 283, MulNblich 1!i5>, 154. Milr^xschlliss 32l, Ninp,^q 4!^l, Najofeld ill, i:N. I3ü, 142, 144. ! Nasöseider T.imr» l17, ! Nattl'rri^el I8l!, il,5, ' Neisse 4ii>, Nriss»', ,V>lls! 4.'4, ?t>,'narad>'r Olchir>ie 2^!, NesscNopvr 4l,ltitschem 43», Ne»tia 2«, Nl'ütraer Gebirge 52. Nieder^Um 15^, Niederndorf ^, NiederuillinrÜchc Tiefel'cue ?5>, Niemei« A!»,',. Nilol^l'urss 35^', Nollenduijer Bas>« 1«. ^I'rdstl'irischl' Alpen N, Novalot'ie^ drod 2!>2, N»Ul 2«l! N»»nnulit>!» 13, N»»lM»>it!',,la!k 12, Oberavund 4>8. Obor-Murcck 3>3, Obriprrtli 2ftN. Ober Nadleisburq 343, Övertraun n;,'>. Obei»»s!ari?che Hnchedelie 35, ^lieruossiirijchr Tirfedc»!' 28, Obev-Vel!ach ilu, 117, Ocho^Grotle 355>. Oder 424. Odl'rbern 4.1«. Odran 43«. Ofienb^nl,« 48l. Olrusslja! dolnji 2!'2. Olriinljat ssornjii ÜNL, Oll>,t,.Pl!Ni l^l. Oftpa 424. Orjen 15, Orsl'ua cAlt°) 2!», Ortler 31, Ortll'r^ll^en 12, 31, Ortlcrarxvpe !06. > Orlleslpche 12, 3l. Oichitz !>^>, yspedale 75. Oftalften N. Ost-Veslideii 4. Oetichcr .'!>«». 2>>4, ! Oi^thall'r-Alpen II, 1l>a, Otter 223, Pactaw 4«a. Pniio >>>. 281, 'pal^ntlial l«7, Vassoteil 434, Pllsterzenqletschcr !'l, 1l>1, ^ai>crbach Zl7. Velzecl 105, Hentlina, «3, »9. U'ciastl' ,'!09, Perznnno 3!0, Ve!lll,,ell 440, Pl'lttelstei» 75. ^faftenlUllll 'Lietai« Julia 272. Pingen 422. ! ^il^ssllll 118, 147. ^lanina-HoyIe 15, Plosien 1«>5, 171. i«a. Platlcnloarl 14 l, Plaitensec 13, 26. PleißÜorn 33, Vlcschber« 187, ! Ple«mlc» 2!>», l Püsevica-Gebirsse 15. > Plituicafall 2!»l' ! Plitvicer-Seen 15, 2X3. PIi.'lle!>stciner-S!'e is. Poil l4, ^o>« I,;. 271. Pl'lje,, 13, Poltenberss 344, Po»al <>2,' 69, Ponssan 118. ?n!>« «liiül 48, Pontnfel .'44, ^»UPeildurf 241, Popfterll,«l 444, Poftpltz 344. Porto M 283, Piebischthor I». 384. Predil 244. 247. Predilpass 13. Predlic 377. Prein 217, Prelncca 288 Pres«>b»r,i 1. 439, 443. Pretl,era.eblrg>! 248, Prieboi 290. Piieiau l5>0. Priel«ner'Moc!S 148. Prollian 302. ProNian mali 303. ProZöanölo je^ero 2!>2. Prutl, 3<1. , Pr^edn« staw 45!». ^ P»ch 153. Pnn!wa,bal 35«. Pnittli d'Oftro 30«. Piiiss stall I «5, Puslerthal 71. Pusita 488. Pus!ten 25. Puma 470, O.uarnero 1«, 281. Qucis 40«. ! Naad ?». Mlldrustem 344, 345. Nnbiich N2. Radec! !4i. Mad!,usa 297. , Na^usaner-Grbirsse 15>, ! NaiblerTee 247/ Rllibler.Tlial 24,!. Main 124, Naiwii'sen 418, Nal<«k° 3!>2, Naminalftltze 11.7. ! Ram>au (Kchiadnlinger) 178- Namsanaebirge 1U2, RlNissnelfeste 151. Sach-Register. 503 Rasing .'l>l, :>>a!>»ssl!lich I!»«, iil^singderc, 2«1, !it,,nvor lill!, Nnurw, Tdal II, Nauvisl'r Gruppe 106. Na>!,iscl Tdl'l 131. l5l. !>ta,!te»c(t 179. ^^n^Ifte l^, 217. Üinchol'cüssl'birssc 137. Ncichenan 217,' N^ichensiein 1««. Rlichsiadl !!8", 395, 402. Xtcinc'ck »!>> RoiMhal !>5>.1. Meilenhau 4>9. üt^iltl» 4X1, ^nüülstt'M . ^I,anl„„ II. Rh,itische Alpl!» ll, i!N>^b «, >1tt!n,r, la1>>,- -Nil. Nisaiio llnü, N>r>i ,!l, 0?/ !)io,'r,,burg 33>>, 322. Nöielstein i!»l, Roiev S>!' 455. Nc>ltt!nm Paso ii3. R0t!,c>iftcin I7U, !>l0lt!'!!!»al!» l"?, Nudol,^ Bnl,,i ,^7. «,14. Rudolfs Tun» 171, Runtelstl»,, i'>i. Elllliach IN. Snlllfcldl'N >!9. Sabbioülcllü 1«. Salasch,,' ^'<7, Talmijhiiltc!^l. Sal'^a, stoische 19«. Sal^nch > l7, Salzachbach I7>>, Sal;a'!,nl -.'»I. Ea>',d!>riev Alpen 12. Sn^seNisscr 1«'>), Slll^ammcrMt Älftcii 12. San 8!!. El, Georgen 12«, Zt, Oerllnnd üÄ. St. Ioliann 32«. st, Nilola 321. Zt. '^eit 1-'<1. Snxdbühel I!>7, ^«i. Sllvmalischeö Tiefland 26. SarnUial >s. 5>i, 52. Sar«!l»all'>,'.'Open 52. Tarmticin M. Siiulcck 111. > «^authalev ^llpen 12, Snoc 3!>, Salnca 25«. Echach« 33! Schallenborf 254. Schareck l l<», Schril'e>>'>'r Hochalm 18«. Schcidclsicm l^ü, 1!»', ! Schl'lk'iawa :«^!>, Echllldunnss l7^ SchIane»dc>rsev-Bpihl!44i,448/l5U. Schlep" El's,,e l!7, ,44. Schlcicrsall ill. l <2ch>oql!»üyl -'17, , Schlossyllf 443, ! Schludrrliach 7l. ! Echmtttmliach l!8. Sch!»ittf»t!ö!>e 15,1, j Sckiiecbelss l2, K'S, 220. Schn^tnpv»' l!>, <'ck ^.«,i. Scholl wie» 2l«. 22», 324. Schrecl^nstl'in 3?ll, Schir»li«!l, 3Ä. HchvNNlial ,'<.'. Schulistick.'rsftll) l»',, SchüN'^üsl'l !^'>, ««, ^ Schniabljch dorisch,,' Ebcne IN«, z Schwa!ssl'r!»!i>.'!! 2ll. ! Echwllllcnl'nch 3Ä!l. z Schwarza :il7, ^ Schwülzcül'l'lss 1><7. , Schwaizor See l,^. 371, dclln Madonna di ta- Scl'!i>>>'» >" Seäicistiidicl'üiid 3!>a. Sccd,ich -',4, Seeberss ^ni, 202. Semi>l«m>i 11. Semmeiiiiss, Stntion 220. SemmerinssBnliil 214. Srnuneviüssstraßc 223. 232. Seretl, 3n/ Senmone «l3. Siclien Gliindc 40«. 409, 412. Sirüenliülsstn 48». Siebl'übürzil'ns Hochland Ll, 23. Slgm!l»d!,»w!,'!idste!!! 817, 218, 324. Svarattld i^«, l^5>. Speclderg ü!5, Spi^qliyer Schnc^lierq 417. Lfticliwanb 2ll), Spital 2il. Tianischl,, 104. Ste,i i»!i. SteuNNl'b?!! 163, Slrinhaus 22l. Stnnmerrc 3?l, Stoirischc« Hil,icllci,>d l!. Stilfs ^>. Slilfser ^uch 12, »l. S!iIf>er°IoäpStlnße 32. Sloliuo 3>0, Ttranibevss 43«, Sn»del 2«, Sirwicza 4<54, Sl»bachll,a! !»ich ,^< aiscr'Tau crn !)« Htüliencltllliel 13«, Stltt'Pllch 22!', Suczawn 471. «^uc^awi^ll 4'0. Sulbe,n'i°Thal 31. Soibelifrrorr 32. Sulzstücle 15«. ^uiullua Güvirge 18. Sütoriüll 309. ^w^ilcr Gebirge 3»3. Sz^lcrembl! 481. TlN1sscnbr>,,!n 120, Tals«' 43, 51. Taniowcmcr Wald l4. larsaticn 28«. Talvis 244, T-ltrn 22, 43«, 444. ?lUra. liolie,444, T»N',i-2vche l^l^, 450. Taubenll'ch 20>!, Tnin'rn, huhrr >1. T,ü,ei„f!ll III. Teijclimyiilttscher 1U4, 105, Tl>»us»r ÄcnnN 2«. Tenn, huwr l4!>. Trvini'senlnid, bölim^mahr ü>. ^ Tt'l;,itto 28»!, Tm'chcn'r Zchnrebcrss 382. Tl'»!»'l^i!lnuer 32ü. Tl'»l,!c 43«!. T!,al>a ^!!>. 3,'><». 35.2. Theben 4,l!>, 4<0, Tl,el>e»ei Ko„el 439, 442. Theil! 29. T!iicr,,arlenwlUd 3»0. Tliicrsel,' Äeva 88. Tünr>'nb»r>i 4?5>. Thl'rstein i?9. Tl,»m«i!liach 149. Tiroll'r-'Alpen 11. Tol'lack 7>. ! T°l,Illch«!"sseld 7l. Tc>blacher 3ec 71. Todlc' Gcdirge 183. T°lay>r Weine 2ij. Touion 201, Topi'lnfalva 4«l. Toporower Sec 45,5, T°rbol> «2, «4, «7. Torda 475 Tordacr ^erssspattc 477. Tra,oi°Tl,lll'3i. 32. Trajanöwies^ 47«. Tran^i»,lvanischü Alpen 23. 5'»4 Snch'Nniistcr. ^ ^«'ichüziün^c,!. Trin ^formation l^? Triekem.Alm 20 l, ^riqlav 1U7, !i53, 26N. 3«l, Trsnt 28l!. Tschltschendode» 15, Tnlin'r Vecke» «5, 2". Tuva! 154, Ullersdorf 41U. Uittünn'l'tl, 250. Un^ 14. Nrlll^l'» 5. >!,! I',3 Uvwald, bolinuscker 3«6, ^l'dittta Mannolllda n>5. Pallia I'l, °i^i. '^rldl'^. Scklos^ 253, 2,'.5. B^lcl'it I,',, 2^!'. P^u'dizier-Oluppe 10«. Arz^ano l'sl,litat ^81, 48ö. Vulcan-Pass W ^ Wachau 3ü!>, 334. Wllssram 330, Wllichs^ N. Waldcnburc, 41«, Wals>vicrte> 330, Wallnttici. müln'sche 437. WMllchifch Mew'itsch 4»3. Wn»!ien >!0, WarlliGebnae 13, Ä>,», Wlivte,,b>>rg 3»,'», »»7, VarN'nstlnn 2l?, 2i!3. Welsienfels 244, Wl>istnltirche, 327. Weiße,,' S« 455, Wcifttiränier Hühe 20. Weisiwasscr 4<>',<, Wcivustl't 35,5 W^Ni, 1!>'' W,^fe»or Tchirfti 187, Wl'sl'NdoN 327. Wl',ic>Iöcl!>!r d^s Ocischer 207. W>'ltl'rst>'!»ssMvgl' !0N. Wil'Ui sUiw 455, 458, Wn>» I, 43!'. WlNu-rNt'llcn L5>. 2X. W>>',,er-W<,!d 1, 12, Wi«dachi,u!>! il>5, !»'>. W>Idbad.OaN!>i» >l3, 137. WlU^xdovf 320, Wiüdische Marl !5. Win!! >53, Wirbel 2«, Wischd^vq 247. Wlschlienissvnpv!,' 345. Wocdein 252, 25!» Wochcmer Save 252. Wochei!l 4.13. Wo>nl!'i. Worms«' Joch 33. Würbenthal 424. Wuizener Save 252. Zadny staw 45«, Za>at!!„a 4^1. Zalovane 45, Zl ll^r'I'loo« 148, Zcnss.1 283. ^irloüy sl^w 45>5>, ^>!Int!,>,,l>v A,Vc» 1l. >0>>. Zinnen, dici 73, ^ivser Berssland 32. Zivtüitzthal lio, >^naim 338. Zxbii 433. ^iltmaiitcl 418. ^ufllllssuihe 31, i^lcha 30!>, Zwi)ttcrlo,,el I8l, Wrrichriliimlien. Seite li.', Zcilc A v. n. lies: D rau-Uftrs. „ 15, „ ^3 „ o. „ PUwica. „ !67, „ 13 „ u. „ Sccaucr. Auf den betreffenden Abbildungen sollen die Unterschriften richtig lauten: Hoch-Osterwitz. — Dragomirna. — Detnnata. UMi,