Preis 20 Heller. Rhapsodie. Wie der Vollmond aus den Wolken der Nacht ist das Antlitz der Liebsten aus den Schleiern mir entgegengetreten! Sanft, mit Glanzblick die Verwirrungen lösend, am dunklen Himmel der Seele! Durch Wogenaufruhr, stürmische See, vom Heimatland hinausgewiesen, von Leitsternen verlassen, trug mich einsamen Schiffer der Liebe mein verlorener Nachen! Aber von leisen Liebesstrahlen meines Mondes berühret, hat die Wellenempörung, der gähnende Abgrund unter mir, sich zum freundlichen Spiegel des Himmels geglättet! Ein Schmetterling mit entfalteten Schwingen schwebt der bewimpelte Nachen, mit Mondenlichtern und Lüften spielend, durch gekräuselte Blumen des Schaumes über der grünen Meerflur. Woher? Wohin? Dort hinten, woher die Fahrt mich trug, dort hallet im Zug des Nachtwinds gedämpftes Tosen der Brandung nach —, die gegen den Strand des Lebens sich bricht. Heil dir, mein Nachen, Heil! daß du entronnen den Wirbeln bist! Und dort, wohin du strebest, dort liegt das Land der Hoffnungen, das Paradies der Wünsche, der Hesperidengarten, der Inselhain der Seligen! Gewürzte Lüfte tragen die Liebes-grüß’ herüber von nachtduftenden Wunderblumen, und Nachtigallen flöten Schlummerlieder dem müden Schiffer entgegen. Komm, o müder Schiffer der Liebe, Sucher des Schönen, sehnendes Herz! Aus dem schwankenden Nachen komm ans Eiland der Ruh’, unter die wehenden Palmen des Friedens, komm! — Ruhe dich aus, entschlummere! und jener Mond, des Liebesantlitz du sahst im Spiegel der Wasser, als Glanzgestalt der Liebsten tret’ er im sterngestickten Gewand der Nacht dir entgegen. Fr. Radiert. Die erste Walpurgisnacht. Gedicht von Goethe. Ouverture und Übergang zum Frühling. Chor des Volkes. Es lacht der Mai! Der Wald ist frei Von Eis und Reifgehänge. , Der Schnee ist fort; Am grünen Ort Erschallen Lustgesänge. Ein Jüngling. Ein reiner Schnee Liegt auf der Höh’; Doch eilen wir nach oben, Begehn den alten heil’gen Brauch, Allvater dort zu loben. Die Flamme lodre durch den Rauch! So wird das Herz erhoben. Chor der Druiden und des Volkes. Die Flamme lodre durch den Rauch! Begeht den alten heil’gen Brauch, Allvater dort zu loben! Hinauf! Hinauf nach oben! Eine alte Frau aus dem Volke. Könnt ihr so verwegen handeln? Wollt ihr denn zum Tode wandeln? Kennet ihr nicht die Gesetze Unsrer harten Überwinder? Rings gestellt sind ihre Netze Auf die Heiden, auf die Sünder. Ach, sie schlachten auf dem Walle Unsre Väter, unsre Kinder. Und wir alle Nahen uns gewissem Falle. Chor der Weiber. Auf des Lagers hohem Walle Schlachten sie uns unsre Kinder. Ach, die strengen Überwinder! Und wir alle Nahen uns gewissem Falle. Ein Druide. Wer Opfer heut’ Zu bringen scheut, Verdient erst seine Bande. Der Wald ist frei! Das Holz herbei, Und schichtet es zum Brande! Chor der Druiden. Der Wald ist frei! Das Holz herbei, Und schichtet es zum Brande! Ein Druide. Doch bleiben wir Im Buschrevier Am Tage noch im stillen, Und Männer stellen wir zur Hut, Um eurer Sorge willen. Dann aber laßt mit frischem Mut Uns unsre Pflicht erfüllen. Verteilt euch, wackre Männer, hier! Chor der Wächter und des Volkes. Verteilt euch, wackre Männer, hier Durch dieses ganze Waldrevier, Und wachet hier im stillen, Wenn sie die Pflicht erfüllen. Ein Wächter. Diese dumpfen Pfaffenchristen, Laßt uns keck sie überlisten! Mit dem Teufel, den sie fabeln, Wollen wir sie selbst erschrecken. Kommt! Mit Zacken und mit Gabeln Und mit Glut und Klapperstöcken Lärmen wir bei nächt’ger Weile Durch die engen Felsenstrecken. Chor der Wächter. Kommt mit Zacken und mit Gabeln Und mit Glut und Klapperstöcken Lärmen wir bei nächt’ger Weile Durch die engen Felsenstrecken. Kauz und Eule, Heul’ in unser Rundgeheule! Chor der Wächter, der Weiber und des ganzen Volkes. Kommt mit Zacken und mit Gabeln, Wie der Teufel, den sie fabeln, Und mit wilden Klapperstöcken Durch die leeren Felsenstrecken! Kauz und Eule, Heul’ in unser Rundgeheule! Ein Druide und Chor des Volkes. So weit gebracht, Daß wir bei Nacht Allvater heimlich singen! Doch ist es Tag, Sobald man mag Ein reines Herz dir bringen. Du kannst zwar heut’, Und manche Zeit, Dem Feinde viel erlauben. Die Flamme reinigt sich vom Rauch: So reinig’ unsern Glauben! Und raubt man uns den alten Brauch; Dein Licht, wer will es rauben! Allgemeiner Chor. Dein Licht, wer will es rauben! Ein christlicher Wäditer. Hilf, ach, hilf mir, Kriegsgeselle! Ach, es kommt die ganze Hölle! Sieh, wie die verhexten Leiber * Durch und durch von Flamme glühen! Menschen-Wölf’ und Drachen-Weiber, Die im Flug voriiberziehen! Welch entsetzliches Getöse! Laßt uns, laßt uns alle fliehen! Oben flammt und saust der Böse; Aus dem Boden Dampfet rings ein Höllen-Broden. Chor der christlichen Wächter. Schreckliche verhexte Leiber, Menschen-Wölf und Drachen-Weiber! Welch entsetzliches Getöse! Sieh, da flammt, da zieht der Böse! Aus dem Boden Dampfet rings ein Höllen-Broden. Chor der Druiden und des Volkes. Die Flamme reinigt sich vom Rauch: So reinig’ unsern Glauben! Ein Druide. Und raubt man uns den alten Brauch; Dein Licht, wer kann es rauben! Allgemeiner Chor. Und raubt man uns den alten Brauch; Dein Licht, wer kann es rauben! Kleinmayr & Bamberg, Laibach. 895— 4