Diego und L e o n o r e. E i n TrauerspieZ i N fünf Aufzügen. - ■ 1 »H L a y b a ch, bey Ignatz Aloys Kleinmayer. >01 Personen: Diego von Wallborg. Don Manuel Lemos, Freund des Diego, Verlobter der Violante. Don Duarte Gonzaga, Graf vo» Vi-mioso, Großinquisitor. Herr Timotheo Sampajo, Inquisitor- Don Nunno Sampajo, Ritter. Anführer dev Hascher. Benito, Bedienter der Donna Leonove. Polo, Bedienter des Do>< Manuel. Donna Leonore Almeida, Nichte des Großinquisitors. Donna Violante Camara, Vertraute, und Gesellschafterin der Donna Leonore. Catalina, Kammermädchen der Donna . Leonore. Der Schauplatz: ein Landhaus der Donna Leonore, unweit Lissabon. Diego »«d Leoiwre. Ein Trauerspiel/ in fünf Aufzüge»' » Personen. Diego von Wallborg. Don Manuel Lemos, Freund des Diego, Verlobter der Vivlante. Don Duarte- Gonzaga, Graf von Vi-mioso, Großinquisitor. Herr Timotheo Sampajo, Inquisitor. Don Nunno Sampajo, Ritter. Anführer der Hascher. Benito, Bedienter der Donna Leonore. Polo, Bedienter des Don Manuel. Donna Leonore Almeida , Nichte. des Großinquisitors. Donna Vivlante Camara, Vertraute, und Gesellschafterin der Donna Leonore. Catalina, Kammermädchen der Domra Leonore. Der Schauplatz: ein Landhaus der Dona Leonore, unweit Lissabon. Erster Aufzug. Ein Vorzimmer. Erster Auftritt. Donna Violante (schreibend) unb Benito. Benito. ^^Oft Manuel steigt eben vom Pferde ab. D. Viol. Dem Himmel few Dank I So tixiV das unnöthig. (nimmt die Papiere Zusammen) Bringt ihn herauf. (Benito ab) Die Liebe hat ihre Unruhen- — und auch ihre Freuden. Jene sind mehr, aber diefe sind grösser. Ob das Her; am Ende dabey gewinnen wird. A 2 Zwei)- 4 Diego, und Lconors, Zweyter Auftritt. Don Manuel/ Donna Violante. D. Viol. Willkommen Don Manuel! nun das ist das erstemal, daß Sie mich auf sich haben warten lassen. Wird das öfter geschehen? D. Manuel. Ach Violante, es war unmöglich , völlig unmöglich, daß wir gestern zu Ihnen kommen können, wie wir versprochen hatten. D- Viol. Gut, war es denn aber auch unmöglich, uns das wissen zu lassen? Die beyden verliebten Mädchen warteten den ganzen langen Tag auf ihre Schaffer (wahrend, daß sie das Schreibzeug verschließt, klingelt, und ein Bedienter den Tisch wegtragt) Wir waren an Morgen so heiter, wurden gegen Mittag so bekümmert, waren an Nachmittage so ernsthaft, und Stetige» so schwermüthig zu Bett — ach ich glaub' immer, ihr Männer wißt nicht recht, was Liebe ist, gewiß nicht. Ihr seyd heftiger, feuriger, als wir, aber nur so lang-es Ausbruch der Leidenschaften ist, bald darnach seyd ihr wieder so vernünftig, so ruhig, wie andere Leute. Und doch unter uns gesagt, seyd ihr so am besten, denn wenn ihr nur zärtlich zu seyn scheint. ein Trauerspiel. 5 so seyd ihr vollends eißkalt. Wir verach-teit, sobald wir lieben, jeden, der nicht unser Geliebter ist, euch sind andere Mädchen nur gleichgiltig. Wir werden traurig, ungeschickt, einsam; unhöflich, verlernen unsere Künste, vergessen alle unsere Pflichten. Ihr spielt, tanzt, treibt eure Geschäfte vor, wie nach, nur ein wenig zerstreu, ter. Ihr klagt uns schwachen Werkzeugen allen euren Kummer, und erzählt uns jedes Opfer, das ihr der Liebe bringt: wir wischen unsere geheime Thrane geschwind vom Auge, und erscheinen vor unserm ge« liebten Beschützet' mit heiterem Gesicht. Sagen Sie Manuel, lieben Sie mich nun von ganzer Seele, aber haben Sie je daS einige Schmachten empfunden: die kränkliche Sehnsucht, woran man gleich jedes verliebtes Mädchen erkennen kann ? Sehen .Sie mir einmal ins Gesicht — HimmelI was ist Ihnen? Sie erschrocken mich, Manuel , was ist Ihnen begegnet? Sie sind ja ganz betäubt. Reden Sie doch! D. Manuel. Ach Violante, Sie versprachen sich Vergnügen von meiner Gegenwart — Ich habe Ihnen eine schröck-liche Nachricht zu erzählen. Die arme Leo-«ore. A 3 6 DieZo, und Lesnore, D- Viol. Die oume Leonove ? wo ist Diego, er ist doch mit Ihnen hier. D> Manuel. Diego ist nicht hier. Er ist im Gefängnisse, und in dem förchter. lichsten Gefängnisse. Er ist in den Händen der Inquisition. D. Viol. Der Unglückliche? Gott, was wird aus Leonoren werden : aber Manuel-wie ist es möglich, was sollte Diego verbrochen haben. D. Manuel. Verbrochen hat er nichts, das ich wüßte, eine Uibereilnng war es, welche die Umstande entschuldigen, recht-fertigen können. Aber Sie. kennen die Streu, ge dieses Gerichtes. Neben dem förchte ich, daß Diego Feinde hat, die ihm schaden können, und es auch wollen. Was soll nun ein Fremdling anfangen , der von niemand Unterstützung oder Vorbitte zu gewar-ten hat, den schon jeder als einen Bösewicht meidet , und den nun vollends die ganze Melt verlassen muß, sobald sich die Inquisition seiner bemächtiget? ich weiß nicht, was ich für meinen Freund thun soll, glaube nicht, daß ich etwas für ihm thun kann. D. Viol. Aber ich begreife nicht, wie das hat zugehen können. D. Manuel. Sie sollen alles hören, aber sa- ein Trauerspiel. 7 sagen Sie mir, wo Leonore ist, fte darf es noch nicht erfahren. D. Viol. Sie ist hinausgegangen. — Catalina! . Dritter Auftritt. Catalina, die Vorigen. Catalina. Gnädiges Fräulein! D. Viol. Wo ist deine Herrschaft. Catalina. Sie ist in den Garten gegangen, um den schönen Morgen zu gemessen. Ich soll ihr das Buch nach der Terrasse bringen. D. Viol. Gehe zu ihr, aber sag ihr ja nicht, liebes Mädchen, ums Himmels willen nicht, daß Don Manuel hier ist. Dem Don Diego ist ein ltnglück zugestossen. Las sie noch nicht wissen darf. Halte sie so lange im Garten auf, bis ich zu ihr komme. Wir müssen erst überlegen, wie wirs ihr beybringen jvvllen. Hörst du liebes Kind, sey klug. Catalina. Der gute Freund ist doch nicht krank? D. Manuel. Nein Catalina dies nicht. D. Vivl. Ich weiß selbst noch nicht, was cs ist. Mache nur deine Herrschaft nicht vor der Zeit unnvthig besorgt. A4 Ca- 8 Diego / und Leonore, Catalina. Verlassen Sie sich auf mich. (ab) Vierter Auftritt. Donna Violantc, Don Manuel. D. Viol. Den schönen Morgen zu gemessen. — Genieß ihn dn armes Mädchen, genieß den Morgen, der Tag wird so schön nicht. — Nun erzählen Sie mir die Geschichte. Sie ist so schlimm nicht, hoff ich. D. Manuel. Der deutsche Graf, den Sie einmal gesehen haben, dev>erst kürzlich aus Italien hier angekommen war , ist die Veranlassung zu Diego Unglück. Er schlug sich vorgestern Morgen mit einem Italiener aus Neapel, der ihn hier ausgesucht hatte. Diego könnt es feinem Landsmanne, und Freunde nicht abschlagen, dabey zu seyn. Der Graf wurde so gefährlich durch den Hals geschossen, daß ihn Diego mit in seine ■ Wohnung nahm, wo er gegen Abend starb. Der Hauswirth war so gewissenhaft, oder so voreilig einige Geistliche ruffcn zu lassen, die den Grafen berichten sollten. Ich war gegenwärtig, als sie hereinkamen. Diego stellte ihnen vor, daß der Graf so, wie er selbst, ein Deutscher, und evangelisch scy, dev ihres Beystandes nicht bedürfe, und ein Trauerspiel. 9 und ihn auch nicht verlanget habe. Und das bekräftigte auch ich; sie Hessen sich dennoch nicht bereden, selbst der Graf versicherte , so lang er reden konnte, daß er als ein Protestant sterbe, und gab hernach durch Zeichen feinen Widerwillen gegen alles das, was sie ihaten, zu erkennen. Diego batt sie lange mit vieler Mäßigung, die letzten Augenblicke eines Sterbenden nicht zu beunruhigen. Sie kehrten sich nicht daran, und begegneten ihn sehr verächtlich. D. Viol. ltnb darauf vergieng sich Diego Nicht wahr? wie oft macht ihr euch, und uns durch eure unsinnige Heftigkeit unglücklich! ^ D- Manuel. Nein Violante, Diego hielt langer an sich, als ich von ihm vermuthet hatte. Endlich drang einer mit Gewalt an den Grafen Diego, stieß ihn von Bett' weg. Der Mönch stolperte aus Furcht, oder mit Vorsatz über einen Stuhl, so, daß er auf die Erde siel. Sogleich liefen die andern ans Fenster, und riefen: Gottes, und des Königs Hilfe! das Volk versammelte sich augenblicklich, und die Hausbedienten bemächtigten sich des Diego, bis man auf Befehl der Mönche nach der Inquisition geschicket hatte. Die Bedienten der heiligen Hermandad kamen so eilig, daß A 5 Die- io Diego, und Leonore, Diego mit’ nur eben dreseS Taschenbuch zu-sicckcn, und mir auf französisch sagen konnte , ich sollte seine Leonore trösten. In die-.ser Zeit starb der Graf, und Diego wurde nebst seinen Bedienten nach der Santa Casa gebracht. D. Viol. Sie folgten ihm bis dahin? D. Manuel. Anfänglich; da ich ihm aber nichts nutzen konnte, so gieng ich nach Hause, um Ihnen gestern die Nachricht zu überbringen. Ich ward aber selbst noch vor Tage nach der Santa Casa gehollet, wo ich gestern Nachmittag verhöret, und erst btefe. Nacht auf freyen Fuß wieder ge-stellet ivurde. D. Viol. Das ist freylich eine fürchtet’« liche Begebenheit. Aber ich hoffe, wenn man den Diego unschuldig findet, daß man ihn wieder entlassen wird. D. Manuel. Die Sache ist so, wie ich sie Ihnen erzählet habe. Er ist gewißlich unschuldig. Doch wenn alles gegen ihn ist — Der Herr Timotheus, der mich verhörte, war sehr gegen ihn aufgebracht. Man will, »■ daß et ein heimlicher Jude, und selbst der Mörder des Grafen sey. Die Mönche haben einhellig ausgesagt, daß der Graf als «in Katholik gestorben, und vermuthlich immer ein Katholik gewesen wäre. Diego soll al- cin Trauerspiel. n allein Schuld daran seyn, daß er nicht als ein Katholik aus der Welt gegangen ist. D. Viol. Der Herr Timotheus ist dem Diego nie geneigt gewesen, besonders seit einiger Zeit hat er sehr nachthcisig von ihm gesprochen. Dagegen hat der Groß, inquisitor immer sehr günstig von ihm ge-urtheilet, und oft gewünschet, daß ein so liebenswürdiger Mensch ein Katholik seyn möchte. Der Don Duarte Gonzaga ist ein billiger Mann, und wird ihn nicht unschuldig verdammen helfen. Ich hoffe noch. D. Manuel. Ach Violante hoffen Sie nichts. Man hat bey dem Diego Sachen, und Wechsel von einigem Werth gefunden, und um die nicht herauszugeben — Gott! was sag ich, — die Tyranney muß er. schröcklich seyn, die mir die Zunge bey ihnen bindet. D. Viol. Lassen Sie das. Es thut zwar gut, wenn man einmal frey von Herzen weg-rcdet; aber es hilft doch nichts, wir wollen lieber auf Mittel denken, dem Diego bey-zuspringen. D. Manuel. Ich weiß keins. Der Italiener ist natürlicherweise ans dem Lande gegangen. Und wenn Diego auch nicht als Mörder des Grafens angesehen wird, so ist er doch als fern. Sekundant strafbar. Das Diego, und teonote, Das Zeugniß der Mönche gilt mehr als daS weinige. D. Viol. Aber am Ende wird man doch nichts weiter auf ihn bringen können, als daß er bey dem Duell des Graftns gegenwärtig gewesen : und das gehört nicht vorS geistliche Gericht. D. Manuel. Am Ende sagen Sie? Wann wird das seyn? es vergehen immer Jahre, ehe ein solcher unglücklicher Gefangener feitt Todcsurtheil, oder seine Lossprechung erhalt. Und die letztere ist nicht einmal immer eine Wohlthat. Denn was nützt dem Befreyten der Nest eines Lebens, dem stiller Gram, oder erstickte Wuth, Einsamkeit , Demüthigungen, und vielleicht Martern die Safte geraubet haben? So sehen Sie wenigstens alle aus, die von der Inquisition sind losgesprochen worden. An ein Civilgericht wird Diego nie abgclic-fert, so lang man Hoffnung zu haben glaubt, oder vorgeben kann ihn zur Abschrvörung seiner Lehre zu bewegen. Uiber dem ist itzt kein Gesandter des römischen Kaisers hier, der sich seiner als eines Deutschen annehmen könnte. D. Viol- Frcylich sehe ich noch durch diese Finsterniß. nicht durch. Vielleicht giebt uns die Zeit Mittel an die Hand. Itzt ha- ein Trauerspiel. 13 haben wir ein dringendes Geschäft. Helfen Sie mir denken Manuel, was sollen wir Leonoren sagen. D. Manuel. Ach bedaure bas arme Kind. D- Viol. Ich bedaure ? Sie sind ißt allem mit ihrem unglücklichen Freunde beschäftiget. Manuel, und das verzeihe ich ihnen; sonst wäre der Ausdruck zu kalt. Schreyen muß man, wenn man die leiden sieht, die es so verdiente, glücklich zu seyn: Ohne diese unselige Leidenschaft ware Leo-nore durch Frömmigkeit und gute Werke eine Heilige geworden, die uns ein Bey-spiel, und unfern Kindern eine Vertreterin im Himmel gewesen ware. D. Manuel. Sie tadeln doch diese Leidenschaft nicht? D. Viol. Ich tadle Sie nicht. Ach kenne den Werth ihres Freundes. Die ben-den Herzen mußten vereiniget werden; sobald sie sich kennen lerncten; aber ich bedaure, daß sie sich erkannten, D. Manuel. Wären sie darum gluckli-cher gewesen, wenn sie sich nicht gefunden hatten? D. Vivl. Sie wären vielleicht nie vollkommen zufrieden gewesen, das geb ich zu; ihre Herzen würdens immer gefühlet haben, daß ihnen noch etwas fehlte: aber sie hatten i4 Diego, und Leon.ore, ten sich dadurch einander nicht unglücklich gemacht. Sie würden auf einem andern Wege Befriedigung ihrer Wünsche gesucht haben, und hatten da wenigstens Ruhe gefunden, die nun, wie ich fürchte, dahin ist. D. Manuel. Gewiß , und auf immer; denn was auch der Ausgang seyn mag, fi> macht er ihre Verbindung doch unmöglich. Nach einer langen Gefangenschaft wird Verbannung ans dem Reiche die gelindeste Strafe des Diego seyn. D-Vwl. Ich habe im Ernste nie geglaubt, daß diese Verbindung statt haben könnte. D. Manuel. Wahrscheinlich war sie nicht, aber doch nicht unmöglich, Leonore ist ja frey, hat über ihre Hand, ihr Vermögen, über alles zu gebieten. Sie hangt sogar von ihrem Oheim nicht weiter ab, als sie selbst will. D. Viol. Die Religion des Diego — ich bitte Sie —- ist hier ein unübersteig-liches Hinderniß. Leonore konnte seine Hand nie anders erhalten, als indem sie einen Theil ihres Vermögens, ihre Verwandte, ihre Freunde aufopferte, und ihr Vaterland auf immer verließ. Das ware einer Liebe, wie die ihrige ist, vielleicht nicht schwer geworden: nur waren noch Hin- etn Trauerspiel. i< dernisse da, die daS gute Mädchen nicht ganz übersehen konnte. Sie ware entschlossen , ehe sie diesem ausfersten Schritt wagte zu versuchen, ob sie ihres Oheims Einwilligung erhalten könnte. Uttb dieser würde Mittel gewußt haben, den Diego auf immer zu entfernen. Denn daran ist nicht zu denken, daß er seine geliebte Nichte einem Fremdling, einem fremder Religion Verwandten geben sollte. D. Manuel. Aber Violante, Sie beförderten ja selbst von jeher die Zusammenkünfte des Diego, und ihrer Freundin. D. Viol. Nicht von jeher. Es ist nun aber ein Jahr, daß Sie den Diego als ihren Reisegesellschafter, und Freund in unser Haus brachten. Er erwarb sich unsere, und des Legaten Achtung, Sie wissen, daß er alle Eigenschaften hat, die das Auge, und das Herz eines Mädchens bey einem Manne wünschen mögen. Aber für Leono-ren glaubte ich sicher zu seyn, da sie alle Bewerbungen der Männer um sie, und selbst des würdigen Ritters Sampajo, standhaft abgewiesen. Sie war ja immer allein mit ihrer Seele, und mit der Glückseligkeit an. derer Menschen beschäftiget. Wie, und ihre Liebe gegen einander entstanden ist, weiß ich nicht. Ich hatte zu viel an unsere An-, 16 Diego / und Leonore, gelegenheiten zu denken, als daß ich hatte andere beobachten können. Und bey einem so ernsthaften, eittfctmen Mädchen wie Leo-nore, ist es schwer die Liebe wahrzunehmen. Sie entdeckte sie mir zu erst, und erklärte sogleich, daß sie mit Diego, oder mit keinem auf Erden verbunden seyn wollte. Ich kenne ihre Entschlossenheit, die immer die Folge der reiflichsten Uiberlegung, und hiev — dev unwiderstehlichen tief gegründeten Leidenschaft war. Sie können Lenken , daß ich ihr alles sagte, was sich Freundinen in solchen Umständen sagen müssen. Sie hörte meine Vorstellungen, Bitten, Warnungen, Prophezeihungen an. Sie wisse das alles, sagte sie, aber sie fei) überzeugt, daß sie das Werkzeug seyn werde, den tugendhaften Diego dem Himmel zuzuführen. Ihm habe sie ihre Sache empfohlen — von da an habe ich beständig gesucht, den Diego von ihr zu entfernen, wenigstens ließ ich sie nie allein. Denn Diego glaubt ich sey zu klug, als baß er eine solche Verbindung hoffen könnte, und zu großmüthig um ein Mädchen durch ein Bekänntniß zu beunruhigen, wovon er keinen Nutzen erwarten durfte. So dacht ich, aber cs ist anders gekommen. D. Manuel. Nun lassen Sie dqbey dem Die- ein Trauerspiel. i? Diego Gerechtigkeit wiederfahren. Ich hab ihm das Geheimnitz seiner Liebe abgelockt, welches sonst nie jemand aus seinem Munde würde gehört haben. Er war sogar entschlossen, ohne Wissen der. Leonore Portugal! in wenig Tagen zu verlassen, und Kriegsdienste zu nehmen. Der Zufall auf dem Wasser, wo er ihr so großmüthig das Leben rettete, hinderte das schöne Opfer, welches er ihrer Ruhe bringen wollte. Wir glaubten ja alle, wie er sie aus dem Wasser gezogen hatte, daß sie nicht wieder zum Leben kommen würde. Diego wurde da von seinen Empfindungen überwältigt. Er tvatt in einen Augenblicke zu ihr, wo Sie sich entfernet hatten , um Hilfe zu suchen; und sagte ihr — er glaubte zu einer Sterbenden zu reden : —- du gehest voran meine Liebe, bald, sehr bald werde ich bey dir seyn! dort werde ich dir sagen, was ich auf Erden nicht sagen durfte! Sie schlug ihre Augen auf, und antwortete ihm : Diego ich lebe, und will ewig die Deinige seyn. D. Viol. Ich weiß dies Manuel; Leonove hats mir nicht einmal erzählt. Sehen Sie, nun könnt ich freylich den Fort, gang dieser Liebe nicht weiter hindern. Sagen Sie mir, was sollten Freunde in sol-J.II. Band. B chen j 8 Diego, und Leonore, che» Falle lhun? dem Großinquisitor die Sache entdecken? Manuel ich wäre Ihrer unwürdig gewesen, wenn ich meine Freundin , meine Wohlthaterin hätte verrathen wollen, und be» gemeinen Leuten mögen heftige Mittel wirken; bey Diego und Leo-noren hätten sie nur ihr Unglück beschleunigt , nicht abgehaltcn. D. Manuel. Zuverläßig. Ha! ich kenne den Diego. Hindernisse sind ihm, was andern Belohnungen sind. Und doch muß maus nur beharrlich nennen, nicht hartnäckig. D. Viol. Dazu kam denn die Hoffnung, ihn zur Annehmung unsers Glaubens zu bewegen. Und in der Zeit, daß diese allmä-lig verschwand, hatte man an ihm so viele neue Tugenden entdecket, war man sich einander so gewohnt worden, hatte man daS süsse Gift so langsam, und unvermerkt ein-geschluckt, daß es nun mit dem Blute innig vermischet war. Da hatr' ichs nicht uöthig ihre Zusammenkünfte zu befördern — sie fanden sich nur gar zu leicht, nur gar zu oft — sondern ich mußte das thun, was Leonore so oft für uns gethan hat. D. Manuel. Sie durch Ihre Gegenwart unverdächtiger, vielleicht auch weniger gefährlich machen. Das letztere war indessen bey ein Trauerspiel. 19 bey Diego, der so seiner Begierden Herr ist, und bey dev frommen Leonove wohl nicht ;n besorgen. D. Viol. Ich weiß nicht, ich dachte doch. Auf der einen Seite eine übernatürlich hochgespannte Frömmigkeit , und zugleich Bekehrungssucht, die uns einander so nahe rückt, auf der andern ein selbst gemachtes Gebäude von Grundsätzen, auf beyden Seiten viel Schwarmerey , Liebe zum Ausserordentlichen, zarte Empfindlichkeit , und eine unbegränzte Leidenschaft — Ach Manuel wohin können die nicht fübren ! D. Manuel. Wohin? Nicht weiter, als bis ihnen die Empfindung dessen — D- Viol. Ich weiß, was Sie sage» wollen. Aber glauben Sie mir gegen Versuchungen der Einbildungskraft, und des Herzens kann nicht erlernte, nicht angebohr« ne Rechtschaffenheit schützen. Die sanften Leidenschaften sind zu nahe verwandt, als daß sie nicht in einander übergehen sollte», in ein System dev Moral laßt sich vollends alles, was dem Herzen wohl thut, leicht hineiubringen. Und hat denn schon ein Moralist die Gränzlinie gezogen, wo eine Leidenschaft anfängt Laster zu werden ? gegen meine Verführung, Uiberredung, und selbst gegen Uiberraschung ist der tugend» B 2 hast LO Dlögo, und Leonore, haste durch seine Tugend gesichert: aber wer mag widerstehen, wenn gleichgestimmte Seelen sich ihren unfrenwilligcn Empfin-dungen überlassen, und sie gar durch eine unvermeidliche Verblendung mit einander verwechseln? dann, darf nur der Kopf dem Herzen das Wort reden, und die Gefühle ordnen, und vereinigen, so entstehen zuletzt Maximen daraus, die den Fall der Tugend sicher, aber um desto gefährlicher machen, weil er vorsetzlich ist. So glaub ich, sind Abelard, und Heloise gefallen, und so würden früh, und spat, Diego und Leo-nore gefallen ftyn. D. Manuel« So wehe uns andern! wer wird dann stehen bleiben. D. Viol. Niemand — wenn die Versuchung verhältnißmaßig ist — als etwa der Phlegmatische, mit fingerdicken Nerver, und der wahre Bösewicht, der es ordentlich gelernt hat seinen Begierden zu gebieten, wau, und wo er soll. D. Manuel. Sie thun wohl, daß sie den Weisen in solcher Gesellschaft nicht nennen. D. Viol. Den Weisen? es kann seyn, daß der ächte Weise, der achte Tugendhafte, der achte Fromme zuweilen grossen Versuchungen widerstanden haben, aber das bewirkte entweder ein höherer Bensiand, ein Trauerspiel. 21 abet* fte waren durch Setbett, und Erfahrungen anderer Art stumpf gemacht, und von Empfindungen zurückgekommen. D. Manuel. Aber Sie Violante, Sie haben ja so reizenden, so verführerischen Bewerbungen widerstanden. D. Viol. Sie dürsten mir das nicht hoch anrechnen. Wenn uns der Verstand allein, ja einmal eine Neigung einreden sollte — welches noch bcy mir der Fall nicht war — so weiß er sie auch-im Zaum zu halten. Aber ich fürchte immer, jedeK Mädchen werd überwunden, wenn der kömt, der für sie bestinimet ist? nein, das sind Mahrchen — der sich für sie schickt. Den Vorzug haben nur die Madchey, die grosse vortresliche Eigenschaften besitzen, wie Leo-nore , daß sie ihren Diego nicht so leicht antreffen. Finden Sie ihn aber ■— doch zum Glück geschieht das selten — so fallen sie wie andere Mädchen. D. Manuel. Nur nicht so tief, wie andere. D. Viol. Nicht so tief, aber hoher herab, das kömmt auf eins. D. Manuel. Ich streite nicht mit ihnen, wenn es auf Kenntniß der Menschen ankömmt. Aber wo haben Sie das alles ge-lernet, daheim, bey Ihrer anscheinenden B 3 Sorg- . 22 Diego, und Lesno re, Sorglosigkeit, und in dem kleinen Zirkel einer einzigen Stadt? wie haben Sie das angefangen? D- Viol. Ach weiß es selbst kaum. Wen man von Iugeud auf, so wie ich von andern abhangt, immer ihre Neigungen, ihre Launen studieren muß, so lernt man denn so beyher die Herzen kennen. Und was die Liebe betrift, Manuel, da dacht' ich, hätten wir beyde Gelegenheit gehabt einige Erfahrungen zu machen — doch wir schwätzen von uns, und vergessen darüber Lco-noren. Nur das muß ich Ihnen noch sagen, liebster Manuel, denken Sie nicht eher an die Vollziehung unserer Verbindung, bis Leonorens Schicksal auf eine, oder die andere Art entschieden ist, denn daß dieser Streich es entscheidet, ich förchte, das ist mehr, als gewiß. D. Manuel. Aber Violante. — D. Viol. Keine Einwendungen , dieser Sturm muß wenigstens erst vorüber seyn. Ich sollte im Haven der Ruhe geniessen, und meine Freundin den Wellen ausgesetzt wissen? und Sie — Ihren Freund. D. Manuel. Ich unterwerfe mich Ihnen , aber der Sturm wird lauge dauern. D. Viol. Das glaub ich nicht, weil er heftig ist. Freylich muß das Schiff nicht vorher, scheitern — aber das wirds ja nicht. ein Trauerspiel. 23 D. Manuel. Der Klippen sind viel. D. Viol. Wissen Sie, worauf ich mich stütze, wenn Diego jemais nur halb entschlossen gewesen ist, um Leonorens willen die Religion zu andern — und manchmal hat er mir wenigstens zweifelhaft geschienen — so wird ihn dieser Zufall vollends überreden. Er wird einschen, daß dies das einzige Mittel ist sich, und Leonoren zu retten. Und dann lassen Sie uns die Strenge dieses Gerichtes segnen, die ein so gutes Werk zu Stande gebracht. D. Manuel. Stellen Sie immer Leono-ren die Sache von dieser Seite vor; daS wird sie, wenigstens mit Anfang, beruhigen. Aber ich, ich zweifle. Er hat sich mehrmals . über diesen Punkt sehr bestimmt gegen mich erklärt. Die Mittel, deren sich die Inquisition bedient, sind auch gerade nicht die, so bcy Diego anschlagen. Ein Deutscher mit seinem Geiste läßt sich nicht durch Einkerkerung bekehren. D. Vivl. Er bleibt doch Mensch. Sein nicht gemeiner Geist ist es eben, worauf ich meine Hoffnung gründe. Sehen Sie: Groß, und Sonderbar grenzen so nahe an einander, daß es noch keinen grossen Mann gegeben hat, der nicht so eine Art von einem Sonderlinge gewesen ware. Bey denen Leu-B 4 te* 24 Diego, und Leonove, ten nimmt die Phantasie oftmals einen Schwung, der sie zu Dingen verleitet, die ntan nicht von ihnen erwarten dürfte. Sie ihun etwas, nicht um sonderbar zu seyn, sondern weil sie es sind. D. Manuel. Ach! Violante, wenn das das einzige Rohr ist, woran sich unsere Hoffnung halten soll. — D. Viol. Es ist doch besser, als gar keins. Jm Anfänge muß Levnore doch wenigstens eins haben, worauf ste sich stützen kann. D. Manuel. Wenn das aber bricht. — D- Viol. Wenn das bricht, so war' es schlimmer, als vorher, meinen Sie. Nun so hat ste sich doch solange dran gehalten, bis wir ein anders gefunden ‘— oder bis ihr der Himmel eins reicht, der uns nicht über unsere Kräften versucht. D. Manuel. Aber wird sich Leonove von dieser Hoffnung tauschen lassen? D. Viol. Warum tauschen? es wird doch möglich« Uiberlassen Sie mirs nur. Man darf ihr das nicht weitläufig Vorhalten , sondern muß ihr nur auf beit Gedanken helfen. So siehts aus, als wenn sie selbst darauf gekommen wäre; und sie halt von jeher viel auf ihre Ahndungen. D. Manuel. Also soll sie die ganze Sache wissen? D. ein Trauerspiel. 25 D. Viol. Alles , alles muß sie wissen. Sie siehts zuverlässig, wenn man ihr etwas verhehlen will, und, was am schlimmsten ist, ohne es zu sagen, bamt möchte sie sich das Uibel noch grösser vorstellen, und unsere Trostgründe verlöhren ihre Glaubwürdigkeit. Sie kömmt. Gehen Sie in das Zimmer, sie muß Sie nicht sogleich sehen. (D. Man. will abgehen, kömmt aber gleich^ZUräck) Fünfter Auftritt. Polo, die Vorigen. Polo. Ach gnädiges Fräulein! kommen Sie zu Hilfe, der Donna Leonore zu Hilfe. D. Viol. Warum ? wie so? Polo- Sie liegt in Ohnmacht unten im Hofe. Sie weiß alles. (D. 'Viol. ab) Sechster Auftrit t, D. Manuel, Polo. D. Manuel. Sie weiß alles? Woher? hat ihr Catalina gesagt, daß ich hier scy. Polo. Ach! nein gnädiger Herr. Verzeihen Sie, ich Hab ihr alles sagen müssen. D. Manuel. Du ? wie kannst du •— Polo. Ach! es ist 'nicht meine Schuld. Ich kam ebett aus dem Stalle, wo ich die B 5 Pftr- 26 Diego, und Leonore, Pferde hingcbracht hatte, als sie mit ihrem Mädchen um die Ecke der Gartenmauer kam. Sie hatte mich gesehen, eh' ichs gewahr wurde, und da ich weglaufen wollte, da rief sie mich. Sie frug mich : ist dein Herr da? Ach sagte nein. Aber sie sah mirs an, daß ich log, darauf frug sie mich gewaltig ernsthaft, ob ich Nachricht von ihnen brachte. Ach antwortete nein. Da war ich nun gefangen. Catalina winkte mir, daß ich schweigen sollte, und das sah sie zum Unglück. Sie befahl mir zu sagen, was ich hier zu thun hatte, und da gestand ich denn, daß ich mit meinen Herrn gekommen ware. D. Manuel. Hattest du nicht was anders vorwenden können? Polo. Das halt' ich freylich thun sollen, aber sie sieht einem immer so in die Angen. Wie sie horte, daß Sie allein gekommen waren, so frug sie mich : guter Polo ist Diego tobt ? das gieng mir durchs Herz. Ach sagte: das Gott verhüte,, nein er ist nur nach der Santa Cafa gebracht. Ich Thor ! nun bedenke ichs erst, daß das schlimmer ist, als tobt seyn. Ja nun wars heraus, und da mußt ich ihr alles haarklein erzählen. D. Manuel. Was hast du ihr alles eus ahlt? Po- ein Trauerspiel. 27 Polo. Was ich mit angesehen, und von Euer Gnaden nachdem gehört habe. D. Manuel. Und wie nahm sie sich da-bey. Polo. O sie war ganz ordentlich. Sie weinte gar nicht, da ichs doch nicht ohne Weinen erzählen konnte, und seufzte auch nicht einmal, nur zuweilen wurde Sie ein bischen blaß. D. Manuel. Armes Mädchen, o das kenn ich ! Sagte sie dann gar nichts dazu? Polo. Wie ich ein Weilchen auserzahlt hatte, und Catalina sie bath ins Haus zu gehen, so frug sie mich: also wird Don Diego heut nicht hieher kommen? Ich antwortete, ich glaubte nicht, auf die Art würd' er wohl nicht gut können. Darauf klopfte sie mir auf die Schulter, und sah Cata-linen ganz freundlich an, und auf einmal sank sie nieder, und war weg. Wir haben alles versucht, um sie wieder zu sich zu bringen, aber ich glaube nicht. — D. Manuel. Sie wird wohl wieder zu sich kommen. Höre, nimm dir das zur Lehre. Ein Bedienter muß gar nicht reden, wenn er nicht Befehl oder Erlaubnis dazu hat. Was hast du nun dadurch angerich-tct! Donna Leonore ist so empfindlich, und es rührt sie, wenn einem Menschen litt« glück begegnet, zumal einem Bekannten. 28 Diego / und Leonove, Polo. Freilich ja. Aber gnädiger Herr, glauben Sie denn, da»; ich das nicht weiß ? D. Manuel. Was ? Was weißt du? Polo. Daß die beyden sich einander lieben. O wir sprechen so oft davon, Catalina , und ich, daß sie sich so gut für einander passen. Catalina wollt erst gar nicht glauben, daß Don Diego ein Protestant ware; sie meinte, die waren alle weiß, wie Kreide, und todtfärbig. Ja sagt ich, das habe ich auch geglaubt. Das machen einem die Mönche weiß, die nur von einem Kloster zum andern kommen, aber sie sollte einmal die schönen Mädchen in England-sehen, und die rochen frischen Kerle in Deutschland. D- Manuel. Dein Geschwätz auf ein andermal. Itzt höre, was ich dir sage. Ich kenne deine Treue, und weiß, daß du auch schweigen kannst. Von allem dem, was zwischen uns hier, und besonders zwischen Diego, und Leouoren vorgegangen, wenn du einmal was solltest gehöret, oder gesehen haben, darfst du an niemand, wer es auch sey, ein Wort sagen. Vorzüglich nicht an die Bedienten des Großinquisitors. Bedenke nur Polo, du könntest den guten braven Don Diego dadurch unglücklich machen. ein Trauerspiel. 29 Polo. Der Himmel bewahre mich. D. Manuel. Schon gut. Ich weiß, daß man dich nur an deine Pflicht zu erinnern braucht. Dev Fehler liegt au mir, wenn schon etwas versehen ist. Ich hatte dich warnen sollen. Polo. Bey allen Heiligen! ich habe noch mit keinen lebendigen Menschen davon geredet. Aber das muß ich doch sagen, was der eine Kammerdiener des Großinquisitors neulich erzählte. Er hätte zu seinem Herrn gesagt , daß er glaubte, der fremde Herr wäre in das gnädige Fräulein verliebt. Der Großinquisitor hätte aber geantwortet, er wäre nicht gescheit, und könnte solche Neuigkeiten vor sich behalten. D. Manuel. Es ist gut Polo. Nun gehe, und siehe, was Donna Leonore macht, und bringe mir Nachricht. Polo. Ach! da kommt sie schon. Gott Lob, und Dank. (ab) Siebenter Auftritt. Donna Leonore, Donna Violante, Catalina, Don Manuel. D. Manuel. Wenn Violante nicht besser trösten kann, als ich — Ich will doch wenigstens nicht so ängstlich aussehen. D. 3o Diego, und Leonore, D- Leon, (im Kereintretten) Nein meine Liebe, sorgen Sie nicht. Das wird nicht wieder kommen. Es war nur der erste Schrocken. Es kam mir so unerwartet. — Guten Morgen Don Manuel ; das ist noch ein Glück, daß Sie doch hier sind. D- Manuel. Was soll ich Ihnen sagen, liebste Leonore? Ich weiß nichts, als das; ich wünschte. Sie beruhigen zu können, und daß ich hoffe, es wird am Ende noch alles gut werden. D.Leon. So? D. Viol. Gewiß wird es. Sehen Sie, jedes Glück in der Welt ist mit Bitterkeit vermischt; das ist das Erbtheil der Menschheit. Sie haben bis itzt nur die Süßigkeit der Liebe geschmeckt , und ganz ohne Leiden kann sie doch nicht seyn. Die Ihrigen sind groß , weil Ihnen dev Himmel viel Kräften gegeben: aber es folgen auch wieder fröhliche Stunden, v D. Leon. Sd? D. Viol. Ein so gutes, frommes Kind kann nicht immer unglücklich seyn. D. Leon- Also wäre ich wirklich ein gutes frommes Kind? Nun ja ■— Himmel! du bist'Zeuge gewesen, wie lang ich widerstanden, wie lang ich gegen mich selbst gekampfet habe. Es ist ja alles dein Werk, ein Trauerspiel. zr imb das wirst du nicht unvollendet lassen. Mir hast du des Diego Seele auvertrauet, und so mußt du mich auch in den Stand setzen, von ihr Rechenschaft geben zu können. Das Mokante, das beruhiget mich, und soll mich beruhigen, hoffe ich, der Ausgang sey auch, welcher er will. Sollt es , mir aber doch zu schwer werden, so will ich an ihren schwesterlichen Busen fliehen. Da will ich sterben. D. Viol. Ich will Ihnen redlich bey-stehen Leonore. Mit Vorstellungen und Gründen, wenn Sie deren jemals bedürfen, itzt durch herzliche Theiluehmung. Denn Sie können sich das selbst sagen, was ich Ihne» sagen würde, und noch ist bey weitem nicht alles verlohren. D. Leon. Noch nicht, sagen Sie! könnte den» einmal alles verlohren gehen ? Das kann nicht, das soll nicht! bey Gott, das soll nicht, wer will mir den Diego nehmen? Ha! deß spott' ich! Diego läßt sich nicht nehmen. Man kann mir ihn vorenrhalten, aber mein Eigenthum muß mir werden. Er ist mein. Er gehört niemand zu, als mir, das kann ich beweisen. D. Viol. Liebste Leonore ! beruhigen Sie sich. Wie soll ich Sie trösten, wenn ein Wort, ein unbedeutendes Wort, Sie in Aus- Z2 Diego, und Leonore, Aufruhr bringt? ist das meine sanfte Freundin , meine weife Schülerin? D. Manuel. Ich hoffte, die Geliebte des Diego follte mehr Muth haben. D- Leon. Much? recht Don Manuel, ja! Much hab' ich! D. Äiol. Das ist nicht Much , das ist Wildheit. Wer muthig ist, muß kalt seyn. Kommen Sie meine Liebe, crhoilen Sie sich, (zu Catalina) Einen Stuhl! wollen Sie Weisheit, und Religion zu Schande machen. Sie, in der wir andern eine Heldin zu sehen erwarteten? Wenn Sie schwach seyn wollen, so geben Sie uns ein abschreckendes Beyfpiel, daß man gelehrig seyn kann, ohne folgsam zu seyn. Wenn Weisheit, und Religion Leonoren verlachen , und schon beym Anfänge der Leiden verlachen, wer hat denn Beystand von Ihnen zu gewarten? D. Leon, (gerührt) Aber was soll ich thun meine Freunde, was kann ich ? Ach, wenn ich nur erst weinen konnte! —- Gut, ich weiß, was ich thun will. Ich rede immer von mir. Diego wird gewiß nicht an sich denken. Von ihm will ich reden. — Muth, sagten Sie, Manuel? Diego har Much. Weißt du noch Catalina, bcy dem Stiergefechte, wie der Stier in unsre Loge sprang? 33 ein Trauerspiel. sprang? Wäre da der muthige Diego nicht gewesen. — Aber kalt, Violante, kalt war Diego nicht. Erinnerst du dich noch Ca« talina? wie roch er wurde? Catalina. Aus Bescheidenheit denk ich, daß er eine schöne Handlung vor so viel Zuschauern hatte verrichten müssen. D. Leon. Du bist ein liebes Mädchen. — Aber sagen Sie mir Don Manuel, mit wem spricht nun Diego, da Sie nicht bey chm sind? Ist da Jemand mit dem er rede« könnte? D. Manuel. Warum suchen Sie mit Willen alles hervor, sich noch mehr zu betrüben ? Ist das wirkliche Uibel für Sie nicht groß genug? Freylich sieht Diego da keinen Menschen — als etwa täglich ein paarmal. D. Leon. Den Kerkermeister? Nicht wahr? D. Manuel. Nun ja, aber wen mögt' er auch sehen wollen? Einsamkeit ist ihm lieber, als Gesellschaft, mit der er nicht von Ihnen reden darf. D- Leon. Recht! das denk ich auch -=> Sehen Sie Violante, daß ich mir gern Zureden lasse. D. Viol. Gut, meine willige Freundin«, ich hoffe, daß das von Herzen gehet. Zwar sollt ich eifersüchtig seyn, daß Don Manuel III. Band. E mehr 34 Diego, und Leonore, mehr über Sie vermag, als Ihre alte, treue — D. Leon. St! Seyn Sie ja nicht eifersüchtig. Sie wissen nicht, daß jemand den Don Manuel eigentlich dazu hergeschickt hat, um mich zu trösten. Wars nicht so Catalina ? Oder hat der gute Polo das nur so gesagt? D. Manuel. Ich verstehe Sie. Nein. Die letzten Worte, die ich von Diego hörte, waren: Gehen Sie, und trösten Leonoren. D. Leon. ( hastig aufstehend ) Gott! tröste dich selber, du ebfec Mann! Du hasts nöthiger, wie ich. Ich habe Freunde, wo ich hinsehe. Du hörst nicht den Silberton einer tröstenden Stimme. Du kannst dich nur mit Gott unterhalten, und auch das nicht laut. Denken Sie, Violante, man darf da nicht einmal laut beten.' D. Viol- Die stillen Seufzer hört Gott auch. D. Leon. Das ist wahr, aber wenn das Her; überfließt, wer kann die Zunge binden! Ich sollte nicht zu meinen Gott rufen dürfen ! — Nicht dürfen! D- Viol- Ich sehe, Don Manuel hat noch wenig ansgerichtet. Schämen Sie sich. Sie sollten sich auf den Beystand Gottes verlassen, und lieber mit uns sinnen, wie wir dem Diego beysiehen wollen. ein Trauerspiel. st D.LevN. Da haben Sie recht. JchThö-riim! immer mit meinem Ich beschäftigt! Aber doch Hab' ich auch schon daran gedacht. Wissen Sie, was ich thu» will. Mein Oheim ist et» gütiger, frvMmer Mann, dev mich von Herzen liebt. Ich will zu ihm, ich will ihm alles entdecken. Er wird den Geliebten seiner Nichte nicht int Gefängnisse lassen; gewiß nicht. Ja, das will ich thun. D. Viol. Wir haben auch unsere Hoff, nung auf ihn gesetzt. Aber Sie müssen-doch vorher noch überlegen, ehe Sie diesen Schritt thun. D. Leon. Uiberlegen ? — Diego sagte einmal, wenn man in Gefahr ist, und nur einen Ausweg vor sich sieht, so muß man den einzigen ohne Uiberlegung wählen. DaS hab' ich behalten. Sehen Sie, ich bin ge. lehrig, und will auch folgsam seyn. D. Manuel. Wenn nur Diego nicht zu viel dabey wagt. Der Großinquisitor könnt' ihn leicht den Kummer seiner Nichte entgelten lassen. D. Viol. Wär' ei nicht besser, wenn Don Manuel vor sich erst versuchte, ob seine Bitten, und Vorstellungen etwas bey dem Großinquisitor ausrichteten? Wir wollen hernach auf einmal die Gelegenheit er. z6 Diego, und Leonore, greifen , wenn er eben hier, und bey gntev Laune ist, für den Diego zu sprechen. Vielleicht zeigen sich in der Zeit neue Wege. D. Leon. Der gerade ist immer der sicherste , und der Weg, den die Liebe führt, ist gerade, schnür gerade. Diesmal lassen Sie mich meinen Eingebungen folgen. ■— Eben fällt mirs ein. Don Manuel, wo sind meine Briefe an den Diego ? D. Manuel. Das Gericht hat alle seine Sachen in Verwahrung genommen. Sein Briefkasten ist darunter. D. Leon. O so weiß man unser Ver-standniß gewiß! Sehen Sie, so muß ich eilen , meinen Oheim gegen nachtheilige Berichte vorher einnehmen. Er ist noch tut Bellem beym Könige. Dahin will ich ; auf der Stelle. Catalina besorge du alles. Lege mir ein Kleid zurecht. Das , worin mich mein Oheim neulich schön nannte. Du weißt doch? Catalina. Ja mein Fräulein, (ab) D. Leon. 9hm- Violante das billigen Sie doch? ES ist nunmehr Pflicht; sonst möchte Diego um meinetwillen noch mehr leiden. D- Viol. Ja ich sehe ein, daß der Groß, inquisitor es eher von ihnen wissen muß, als von dem Timotheus, der die Untersuchung ein Trauerspiel. 37 chung in dieser Sache hat, und der sie auS ge,rissen Ursachen wohl nicht von der besten Seite vorstellen wird. Aber sind Sie auch tn d'er gehörigen Fassung? D- Leon. O ja allerdings. Mein Her; schlagt gar nicht mehr. Fühlen Sie nur. D. Viol. Ich fühle wohl. — Wie, wenn Sie es mir überliessen, es dem Groß» inquisitor vorzutragen? Ich will gleich zu ihm fahren. D. Leon. Darinn erkenn ich Sie. Don Manuel, wenn Sie einmal einen Freund auf die Probe stellen wollen, so geben Sie ihm nur einen gewissen unangenehmen Auftrag, den Sie nicht gern selbst ausrichten möchten. Wenn er willig ist es für Sie zu thun, so trauen Sie ihm, auf mein Wort, trauen Sie ihm bis zum Tode. Aber daS nicht, liebste Violante. Ich kann am besten mit meinem Oheim reden. Ich weiß den Weg zu seinen Herzen. Er hat mit*, erst kürzlich eine Geschichte erzählt. Er hat selbst einmal in seiner Jugend unter ähnlichen Umständen geliebt, daran darf ich ihn nur erinnern. Aber das ist ein Geheimniß. D. Viol. Wenigstens werde ich sie doch dahin begleiten. D. Leon. Auch das nicht. Bleiben Sie bey ihrem Don Manuel, bis ich zurück C 3 fora« 38 Diego / und Levnore, komme. Ich werde der Liebe keinen Ait-genblik ranben; ich, Catalina, und meine Bedienten sollen mich begleiten. D. Viol. Der Himmel geb Ihnen die Gabe der Uiberredung , die Sie oft so unwiderstehlich macht, in doppelter Masse. Wir sehen Sie doch noch, ehe Sie wegfahren ? D-Lt'on. Ja. Es ist nur noch erst eine Hauptsache abzuthun. Ich habe heut keine Messe hören können, und brauche doch den Beyftand des Himmels so nöthig. ■— Dann werd ich auch ruhiger seyn. Leben Sie wohl indessen. — Roch eins, Don Manuel, (führt ihn bey Seite) Kennen Sie beit Kerkermeister ? Ist das ein freundlicher Mann? D. Manuel. Ich kenne ihn nicht; ich hoffe es. D- Leon. Ich hoff' es auch. Gegen Diego wird er nicht unfreundlich seyn. — Aber sagen Sie mir, sollten Sie dem Diego wohl Ketten angelegt haben ? Das wäre doch hart. D. Manuel. Ich glaube, ste haben es gethan, aber ste sind ihm gewiß wieder abgenommen. Die Gefangenen tu der Santa kasa tragen keine Ketten. D. Leon. Ach ja! die Kirche ist eine gute liebreiche Mutter, Hab ich immer sagen hören. Nun nichts mehr. Nun will ich forrmachen. (ab) A ch- eilt Trauerspiel. 39 Achter Auftritt. Donna Violantt/ Don Manuel-' D- £BioL Gott geleite dich, dn holdes unglückliches Mädchen! aber was meinen Sie, wie ertragt sie ihr Unglück? D. Man. Ich weiß nicht. Doch besser, als ich dachte. Sie spricht zu viel, und bey ihr ware das Stillschweigen noch mehr zu fürchten. D. Viol. Aber so heftig Hab' ich sie nie gesehen. Doch ist besser , wenn der Kopf leidet, — der läßt sich zurecht weisen, —1 als wenn das Herz alles allein tragen soll. — Wie wird wohl der Don Duarte Gonzaga die Sache aufnehmen? D. Manuel. Sie kennen ihn besser, als ich. Ich bin überzeugt, daß er ein rechtschaffener, und guter Mann ist, weil Leo-nore zu ihm Vertrauen hat, und weil er Sie liebt. D- Viol. Dennoch besorg' ich. — Doch es hat nicht anders seyn können. Aber zeigen Sie mir doch des Diego Brieftasche. Vielleicht sind Leonorens Briefe darin. D. Manuel, (sie aufschlagend) Es ist nichts darin, als ein Wechsel, und ein Päckchen Briefe, worauf Diego selbst ge« E 4 schrie- 4o Diego, und Leonore, schrieben: Empfehlungsschreiben nach Brasilien. Sie wissen, daß er nach Brasilien reisen wollte, ehe er Leonoren kennen lernte, weil da Bekannte von seiner Mutter sind. D- Vivl. Ich wollt, er Halts «gethan. Doch was Hilst das — Ich will nun gehn, und mich ankleiden. Sie sehen auch noch so verstört aus, mein Lieber. Leonore muß uns so nicht wieder finden; sie möchte von den Aeuffern aufs Innere schließen. Wir müssen wenigstens so aussehen, als wenn wir Hoffnung hätten. Sie bemerkt alles. Und das sind die unauslöschbarsten Eindrücke, die von Kleinigkeiten Herkommen, weil man nicht auf die Ursache verfällt. — Ich werd' Ihnen melden lassen, wenn ich fertig bin. Zwey- ein Trauerspiel. 41 Zweyter Aufzug. (Die Scene bleibt) Erster Auftritt. Don Manuel. Donna Violante. D. Viol. Das nicht; aber ich bin beklommen. Ich wünschte, daß ^wir Sie von ihren Vorhaben abbringen könnten. Und doch — wahr ists, daß sie am meisten über den Großinquisitor vermag, und daß sie dem Timotheus zuvorkommen muß. Sagen Sie mir, was halten Sie von dem Mann? D. Manuel. Mein Held ist er nicht. Aber Sie wissen, daß man von den Herren nicht frey reden darf. D. Viol. Ich verlange nicht, daß Sie gegen ihn deklamiren sollten. Ich will nur wissen, ob Sies für unmöglich halten, ihn in dieser Sache durch ein Mittel, gleichviel welches, soweit herumzubringen, daß er wenigstens nicht wider den Diego ist. Was bewegt den Mann, seines Bruders Bewerbung um Leonoren so eifrig zu unterstützen? E s die 42 Diego, und Leonore, die brüderliche Liebe schwerlich, denn die bcyden sind gar zn ungleich gesinnt. D. Manuel. Was anders, als die Ehrbegierde, mir einem der vornehmsten Hauser im Königreiche verbunden zn seyn. D. Viol. Daö ist sicherlich nicht allein. Warum haßt er denn den Diego? D. Manuel. Ein Paar-Wortwechsel über gelehrte Materien. — D. Viol. Die niemals heftig waren. — D. Manuel. Woben er aber doch des andern Uibcrgewicht an Kenntnissen, und Witz fühlte. Wie oft hat solcher thörichte Neid den tödtlichsten Haß erweckt. D. Vivl. Das gcb' ich zu. Aber ich dächte, ^der Timotheus war' cs wohl gewohnt, sich übertroffen zu sehen. Diego hat ihn überdeni immer sehr geschont. Nein, nein; da ist noch mehr. Wenn cs das wäre, so war' er dem Diego ausgewichcn; so hält' er nicht alle Gelegenheit ergriffen in unserer Ecgeinvart von ihm zu reden, so hält' er nicht, wie Sie sagen, sogar in der Stadt seinen Umgang gesucht. Ich glaub, ich glaube , er ist selbst Leonoren nicht ungeneigt. D. Manuel. Das will ich nicht in Abrede seyn. Aber er ist nicht so einfaltig, daß er Hoffnung haben sollte. — D. Viol. O 1 die Wollust verblendet auch ein Trauerspiel. 43 auch die Klügsten. Leonorens Briefe haben ihn sicher nichts neues gelehrt. Er hat ihre Liebe langst gewußt; das Hab'ich ihm angesehen. Vermuthlich hat er sich auf seines Bruders gutherzige Sorglosigkeit, und auf leonorens Frömmigkeit so einen kleinen Plan erbaut. Wenn er erst Schwager gewesen wäre, so hatt' er noch gerade gesucht , auch Gewissensrath zu werden, und dann hofft er ohne Zweifel durch Heucheley Leonorens Vertrauen zu gewinnen, und so ferner. Ich bin beynahe gewiß, daß es so ist, und denke nur, wie wir das zu unfern Vortheile nutzen wollen. Es sollte mich herzlich freuen , wenn wir den Kautz anführen könnten. D. Manuel- Aber wie das anzufangen wäre. — D-Vwl. DaS weiß ich selbst noch nicht recht. Etwa so. Wenn wir ihn zu verstehen gäbe», daß beyde gar sehr wünschten , Leonoren mit seinen Bruder verbunden zu sehen. Daß Diego nicht besser entfernet werden könnte, als wenn man ihn auf frcyen Fuß stellte, wo er dann alsobald sein Vorhaben ausführen würde mit ihr aus dem Lande zu gehen, daß wir ihm davon Nachricht geben wollten, so, daß er Leonoren zurückhollen, und den Diego auf einem Schifft 44 Diego / und Lconore, fe nach seinem Vaterlande schicken könnte. Unsere Nachricht käme dann etwa um einen Tag zu spat, und die Verliebten waren in Sicherheit, noch ehe der Herr Thimotheus sie verfolgte. D- Manuel. Das scheint ein bißgen weitläufig angelegt zu seun. D. Viol. Fveylich. Ich denk eS auch nur noch so roh. Wir haben ja Zeit es auszubilden. Leonore muß davon nichts wissen; sie wird sich schwerlich zu einem Betrüge hcrablassen. Ihnen sag' ichs nur, damit Sie künftig den Diego nicht so hitzig bey dem Timotheus vertheidigcn. D. Manuel. Glauben Sie im Ernst, daß sich Tiiuotheus wird hintergehen lassen? D. Vivl. Vielleicht, vielleicht auch nicht. Wenn ich nur erst mit ihm reden kann. ES müßte nicht gut scyn, wenn ein Frauenzimmer nicht selbst einen solchen Mann hintergehen sollte. Schlagts aber fehl, so muß man was anders aussinnen. Sogar der Ritter Sampajo kann uns nützlich seyn. Zweyter Auftritt. Polo, Diego, die Vorigen. Polo, (eilig, und bestürzt) Ach gnädiger Herr! ein Wort« D. Man. ein Trauerspiel. 45 D. Manuel. Was ist? (Polo heimlich ZU D. Manuel) Hast du Erscheinungen? Polo. Nein, gewiß nicht. Draussen auf der Gallerie. (D. Man. will hinausge-hen. Indem tritt Diego mitAlinten, und Hirschfänger herein) D. Manuel. Gott! Diego! (fallen sich in die Arme) D. Viol. Himmel! Diego J Diego. Willkommen, mein Freund ! willkommen gnädiges Fräulein! D. Man. Aber Diego, wie gehr das zu ? D. Viol. Sind Sie frey? Diego. Bis itzt ja, wo ist Leonove? D. Manuel. In ihrem Zimmer. D. Viol. Sie wollt' eben zum Großinquisitor fahren, um für Sie zu bitten. Diego. Sie ist also wohl. So bin ich zu frieden. Das ist wunderlich zugegangen» D. Manuel. So wunderlich, daß ichö nicht begreife. D. Viol. Wie hat man Sie sobald auf freyen Fuß gestellt? Diego. Ich hab' mich selbst befreyet, ich bin entflohen. D. Manuel. Ilnmöglich! aber so sind Sie keinen Augenblick sicher. Diego. Das weiß ich. Ich will auch nur Leonoren sehn, und dann gehen. D. Viol. 46 Diego, und Lconore, D. Viol. Ach Diego! Sie sind nicht zur glücklichen Stunde nach Portugalk gekomen. Diego. Ich bin meinem Schicksale gefolgt. Es ist seiner Entscheidung nahe, und ich glaub', ich Hab' mir nichts vor;uwerfen. Führen Sie mich zu Leonoren, gnädiges Fraulein. Mein Aufenthalt hier ist kurz, und die Augenblicke sind kostbar. D. Viol. Ich muß sie erst vorbereiten. Uiberraschen dürfen Sie sie nicht. — Warten Sie -— Ich will mit ihr Herkommen. Bleiben Sie hier so lange. Don Manuel gehen Sie mit mir, um mit Catalinen zu reden, wenn sie herauskommeie sollte. Sie möchte zu früh Lerm machen, (zu Diego) S!och wünsch ich Ihnen nicht Glück. (ab) D. Manuel. Hat Sie jemand im Hause gesehen? Diego. Niemand als Ihr Polo. Ich tin durch den Garten gekommen. , D. Manuel. Ich bin bald wieder beyIh-ten. Du Polo geh' auf die Gallerie, und nerhindre, daß niemand herein kömmt. (ab) Diego. Da Polo, (giebt ihm die Ahnte. Polo ab) ein Trauerspiel. 47 'Dritter Auftritt. Diego, hernach D. Manuel. Diego, (in grosser Bewegung) Hier bin ich ! — Nun weiter — Was weiter? —• Alles, oder nichts. — Was ist Leben allein ? — Freyheit ist etwas. — (gemäßigter) Nim meinen Dank Vater! — Ec hatte meine erste Empfindung seyn sollen: aber — du hast uns gemacht, und nicht wir selbst. D. Manuel. Sie wird gleich hier seyn. Wenn wir sie kommen hören, so sollen Sie in den Saal gehen. Wenns dann Zeit ist, so kommen 'Sie herein. Noch einmal willkommen , ( umarmt ihn ) mein theurer , wieder gefundener Freund. Diego. Ich dank Ihnen, weiß Leonore schon, daß ich da bin? D. Manuel. Noch nicht. Das gehet so geschwind nicht. Ihr Unglück erfuhr sie ganz unvorbereit, von dem unvorsichtigen Polo, und zwey Stürme hintereinander wäre zu viel. Sie kennen Sie. — Aber liebster Freund, was ist nun Ihre Absicht ? « Diego. Ich habe keine. Sie müssen erst die Geschichte meiner Errettung hören. Dan urtheilen Sie, und Leonore mag über mich beschliessen. D. Manuel. Nun wohl, Ihre Brieftasche will ich Ihnen doch wieder geben. 48 Diego, und Leonore, Diego. Gut, da bin ich ja auf einmal reich. Mögen Sic doch das übrige behalten. D. Manuel. Eins muß ich noch zu meiner Beruhigung fragen. Sie sind doch überzeugt liebster Diego, daß ich Ihnen bey Ihrer Gefangennehmung keinen Beystand leisten konnte? Diego. Sie beleidigen mich durch Ihr Mißtrauen. Ich dachte, wir sollten und kennen. Ihr Widerstand würde mir sehr geschadet haben. Ein anderer hätte vielleicht die Grimmasse gemacht mir beyzuspringen. Hab ich doch ihren Much gesehen, wans Zeit war. Dev ist nicht unser Freund, wer ihn zur Unzeit beweisen will. D. Manuel. Sie kommen. Gehen Sie. Sie können uns da hören. (Diego ab) Vierter Auftritt. Donna Leonore, Donna Violante, D. Manuel, Catalina. D. Leon. Ist das sicher Violante ? D. Viol. Ganz sicher. In wenig Ta. gen kann Diego bey Ihnen seyn. Nicht wahr, Don Manuel? D-Leon. Woher haben Sie die Nachricht Don Manuel? D. Manuel. Von einem unserer Freunde ein Trauerspiel. 49 he in Lisabon, der genau um die Sache weiß. Vielleicht ist er schon itzt frey. D. Leon. Tauschen Sie mich nicht. Sie wissen fehlgeschlagene Hoffnung ist schmerzlicher , als unvorgesehenes Unglück selbst. Unwahrscheinlich ist es. Das heilige Ge-richt befreyet feine Gefangenen nicht so bald. War Ihre Nachricht schriftlich ? so zeigen Sie mirs. D. Viol. Wir wollen Ihnen die Wahrheit sagen. Wir haben eben erfahren, daß Diego aus seiner Haft entsprungen ist. D. Leon. Was! wo ist er? Er war entflohen, und ware noch nicht hier? und Sie stehen da, Manuel, und eilen ihrem Freunde nicht zu Hilfe! aber er wird sich verstecht halten, bis alles sicher ist. Sicher? Wo wav' er denn sicherer, als hier ? (die Arme An ihre Brust drückend) Oder sollt' er schon aus dem unglücklichen Lande entflohen seyn? Ja! ich muß ihm nach. Ich muß zu ihm. D- Viol. Liebste Leonore! er wird nicht Weggehen , ohne Sie gesehen zu haben, oder Ihnen Nachricht zu geben. D. Leon. Das ist wahr, das will ich erwarten. Owo bist du Geliebter? Frey, und nicht bey deiner Leonore! Ä Fünf- III. Band. so Diego, und Leonore, Fünfter Auftritt. Diego, die Vorigen. D.Leon. Ach! da ist er! (fallen sich in die Arme, und halten sich lange stillschweigend umarmt) so viel Jammer, und so viel Freud au einem Tage. Aber nun bin ich glücklich, vollkommen glücklich. Sic reden nicht mein Lieber? Diego. Ich kann nicht. Ich bin aus Meiner Fassung. Die Begebenheiten sind zu schnell auf einander gefolget. Ich war sonst so stolz auf meine Standhaftigkeit, —-ach! Leonore sie war weg, und ganz weg. D. Viol. Hört lieben Leut, das ist alles recht, aber davon könnt ihr hernach reden. Itzt muß Diego auf seine Sicherheit denken. D. Leon» Sind Sie wirklich entflohen? * Diego. Ja, Leonore! Die Hand des Himmels hat mich geleitet, sonst hätte das nicht geschehen können. D. Leon. Ha! du hast mich erhört, gütiger Himmel, ich will dirs danken. Diego. Die Aufseher in der Santa Cafa waren sehr beschäftiget, als ich hereinkam. Man hatte an dem Abend viel, und vorneh» Me Gefangene cingcbracht. Das war die Ursache, warum man mich nicht gleich, wie sonst gewöhnlich, verhörte, deswegen ließ 51 ein Trauerspiel. matt mir auch meine Kleider, und meine Haare. Sie glaubten, ich sey ruhig, weil ich betrügt war. Ich wurde in eine Kammer gebracht, wo schon ein andrer Gefangener war. D. Leon. £> schön! So waren Sie nicht allein. Die Einsamkeit, die Einsamkeit war mir fürchterlich. Aber wer war denn Ihr unglücklicher Gesellschafter? Diego. Ja wohl unglücklich. Gott, das ist schrecklich, erschrecklich ! Welch ein Schicksal. Das Andenken wird meine Tage verbittern. Ich muß den Mühseligen und Beladenen in die Grube stoffen, und an ihm D. Manuel. Was ist das Diego, erzählen Sie doch? Diego. Hören Sie nur. Der Gefangene war schon viele Jahre da gewesen. Er saß da bleich, waffersichtig, starr, und zitterte bey jeden Laut, den er hörte. Ich hielt ihn für stumm, denn er antwortete auf keine meiner Fragen. Wie ich an andern Abend so vor mich einige englische Worte sagte, so stand er auf, und frug mich wild, ob ich ein Engländer wäre? Ich „ erzählte ihm meine Begebenheit. Das ist dein Glück Knabe, sagt' er, sonst hätt' ich dich diese Nacht umgebracht. Drauf vertraut er mir, daß er ein Loch in die Deck« D 2 ae- sr Diego, und Leonore, gearbeitet habe, um-4» du oberes Zimmer zu kommen, und sich durchs Fenster an seinen zerschnittenen Bettlaken hcrabzulasscn. Daß diese die letzte Nacht sen, in welcher das Vorhaben ausgeführt werden müßte, indem morgen das Zimmer, vcrmuthlich zur Wohnung für einen Mönch aufgeräumt würde. Er habe sich vorgesetzt, mich im Schlafe zu erschlagen, damit ich seine Flucht nicht hindern könne. D.Leou. Gräßlich! Diego. Weil ich ein Deutscher, und «in Glaubensgenossen von ihm war, so vertraut er sich mir an. Wir krochen in der' Nacht beyde durch die gemachte Oefnung herauf, und befestigten den Strick am Fenster. Drauf küßten wir uns, nahmen Ab« bede, wo wir uns in England treffen wollten , Und denken Sie, Manuel, welche Anweisung er mir gab. Ich sollte bey Kapitaiu Shandy unter dem Namen Thomas Battler nach ihm fragen, denn er war des rhrlichen Korporals Trim Bruder. D. Manuel. Welch ein Zufall! der Ka-pitain Tobi, wovon ich Ihnen so oft erzählt habe, Violaute; Unser bester Freund. Diego. Wie wird dein Her; blUtten, du edler Mann, wenn du das hören wirst; der arme war so begierig nach der Frey- heit, ein Trauerspiel. sz heit, daß er der erste seyn wollte, der sich herunter ließ. Er war so ungeschickt, oder so schwach , daß er mit einem Schrey zur Erde siel. Ich bedachte mich keinen Au. genblick ihm zu folgen, und war glücklicher. Er hatte ein Bein gebrochen , und batt mich flehentlich, allein wegzugehen. Ich thatS endlich, Gott weiß mit welchem Herzen. Sicherlich haben sie ihn nun wieder in ih--ten Klauen. O! — D. Leon. Bejammernswürdig! Aber Sie leiden mehr dabey, als vielleicht her Unglückliche selbst. D. Viol. Lassen Sie die Erinnerung. Cr tft wohl schon glücklich, und in Freyheit. Diego. Ich ware bey ihm geblieben, hatte mich nicht die Erinnerung an Sie aus meiner Sinnlosigkeit geweckt. Ich taumelte aus der Stadt, und kam durch Umwege in diese Gegend. Wie es Tag wurde traf ich einen Engländer den Sir Jones an, Vt hier ein Landhaus hat, und aus die Jagd gehen wollte. Ich Hab ihn vorher nur einmal gesprochen, aber ich wagt' eS doch mich ihm zu entdecken, denn ich konnte in meiner Kleidung nicht weiter gehen, ohne Gefahr erkannt zu werden, weil man wir bie- Knöpfe vom Nock geschnitten hatte. Er wechselte die Kleider mit mir, und versprach, D z mich 54 Diego, und Leonore, mrd) diesen Abend auf ein englisches Schis zu bringen, welches heut auf dem Tagus herunter kömmt, und gleich in See geht. D. Leon. Unmöglich, Diego ! Mich verlassen ?, Heute schon ? — Doch ja. ES muß seyn. -Gut! D. Viol. Liebste Freundin, standhaft. Diego. Ach Leonore, es wird nicht alles gleich so gehen. D. Manuel. Ich wottr' es wünschen, - aber ich kenne das. Der Himmel lenkt unser Schicksal durch Zufälle; sobald wir Ein. würfe machen. — Diego. Sir Jones will zu dem Kapi-tain des Schiffs, der sein Freund ist an Bord fahren, um mir diesen Abend weitere Nachricht zu geben. Ich hab' ihn gebettelt unter ihrer Addresse Donna Violante an mich zu schreiben. D. Viol. Gut, und bis dahin wollen Sie hier bleiben? Diego. Darf ich, Leonore? D. Leon. ( fällt ihn in die Arme) D. Viol. Hören Sie Diego. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, wie viel Gefahr Sie laufen, wenn man Sie wieder ertappet , wqs Ihr Schicksal seyn wird. (Leonove setzt sich nachdenkend in einen Stuhl) Sie können hier int Hause nicht bleiben, ohne entdeckt, und angegeben zu werden. ein Trauerspiel. ff Am besten ists, denk ich, wenn Sie sich den Tag über in dem kleinen Gartenhause aufhalten, wo niemand hinkommt. Sie sollen Nachricht haben, sobald wir des Sir Jones Brief erhalten. Dann können Sie diesem Abend in Gottes Namen zu Schiffe gehen. Des Himmels Schutz möge Sie begleiten; aber fort müssen Sie, D. Leon. Violante! D. Viol. Still! Ich muß itzt für Sie denken, (zu Diego) Sobald Sie in Sicherheit sind, melden Sie uns Ihren Aufenthalt. Wir wollen dann sehen, was weiter zu thun ist. Ich dachte, Sie könnten von Leonoren alles erwarten, Und diese kurze Trennung ist nöthig, mit Ihre künftige Vereinigung leichter, und sicherer zu bewerkstelligen. Kommen Sie, Don Manuel , sehen Sie zu, ob jemand int Garten ist. Ich will die Bedienten hier aus diesen Flügel entfernen. So kann Diego hernach durch das untere Zimmer, und durch den bedeckte» Gang bis zum Gartenhause kommen , ohne daß man ihn gewahr wird. Wir kommen bald wieder, (im Abgehen) Diego, wenn Sie hübsch gehorsam sind, so werden wir im Garten spatzieren gehen. Aber ans Fenster dürfen Sie nickt kommen. (D.viol.u. D. Man. ab) D 4 Sechs- s6 Diego, und Leonove, Sechster Auftritt. Diego, Donna Leonore, Catalina. D- Leon, («ach langem Stillschweigen) Laß uns allein, liebe Catalina. ((Catalina ab) Nnn Diego. Diego. Nun Leonore? ( sie sijllschwei-gend betrachtend. Sie sitzt mit bedecktem Gesicht) Leonore! ich weist/ was Sie in diesem Augenblick empfinden; ich sehe, was Sie empfinden. •— Aber, meine Theure, fassen Sie sich. — Es war ja nicht meine Schuld, nicht Ihre Schuld; es ist Fügung des Himmels. -- Reden Sie doch mit mir. — Nicht kleinmüthig , meine Liebe. — Wir haben so nur wenig Minuten. — (im Tone des Schmerzens) Ihr Stillschweigen macht wich unsinnig. Sehen Sie mich doch an. Gott! welch eine Trennung wird das werden. D. Leon. Trennung ? Komm hier zu mir. Setz dich her! (er setzt sich zu ihr) Trennung ! Was ist das? Bist du der Diego, der mir geschworen, in meine Hand geschworen , sich nie von mir zu trennen, nich» einmal in dem Tode selbst von mir zu trennen ? Drcgo. Ja, und ich wills halten. Eine kurze Entfernung ist nicht Trennung. D- Leon. Für mich gleichviel. Itzt, ’ - - , '• oder ein Trauerspiel. <;? • eder auf immer. Liebende dürfen sich nicht verlassen, wenn ihr Schicksal in der Crise ist. Diego. Aber wenn es zur Erfüllung ihrer Wünsche nöthig ist? Wenn sie sich nur darum verlassen, um sich bald, sehr bald — D. Leon. Thorhcit! Ich halte das, waS ich habe, und erwarte von der Zukunft nichts. Hoffnung ist nur für die, die nichts haben. Denkst du, daß ich dich lassen werde; nun da ich weiß , was es ist, von dir entfernt zu fenn. Diego. Wohl. Ich denke, daß Leonove zu allem, was sie thut, gegründete Ursachen hat. Ich will bleiben, mich so lang', als möglich verbergen. Sollte man mich entdecken — D. Leon, (aufsiehend) Du verstehst mich nicht. Verkennst du mich so? — Allerdings mußt du fort, noch heute fort: aber ich will mit dir. — Du erschrickst? Das war ja schon vorlangst unser Entschluß er wird nur beschleunigt. Nicht wahr, du Zieber ? Diego. Ich sehe Schwierigkeiten. D- Leon. Die jede Unternehmung hat; und die solltest du scheuen ! Aber was für welche? Diego. Leonore, ich fürchte, dich zu verlieren. D 5 D. Leon. f8 Diego, und Leo no re f D. Leon. Höre. Meine Briefe haben «ns verrathen; das ist sicher. Mein Oheim wird mich so beobachten, daß ich dir unmöglich folgen kann. Sieh! so verlierest bit mich doch gewiß. So werd' ich hier sterben, allein, nicht in deinen Armen sterben, Und darfst dann nicht hieher kommen, nicht einmal den Ort sehen, wo sie mich hinge, legt haben. Diego. O! still! ich bitte dich. D. Leon. Dan» ist die gchofte Glück, seligkcit dahin. Der Traum ist aus; und die Erinnerung daran — Diego! Diego! Diego. Du marterst mich. D. Leon. Ich will dich nur überzeugen, Erdenk' ichs etwa? Diego. Nein, aber glaubst du, daß unser Glück mir weniger am Herzen liege, als dir? D. Leon. Es betrübt mich, daß dein erster Gedanke nicht war mich mitzunehmen, wie du auf deine Flucht aus Portugal Lachtest. Diego. Das betrübt dich? Wenn es nun mein erster Gedanke gewesen ware? D. Leon. Wie so? Diego. Ich habe dem Sir Jones etwas von dir gesagt. Er will uns bey dem Äa-pitain des Schiffes für ;wey Engländer aus- ein Trauerspiel. Heben i die wegen eines Duells entweichen müßten. So kannst du freylich mit, obev es ist gewagt. Wenn man Verdacht hatte, wenn man das Schis anhielte. —- Ich wäre dann nicht ein blosser Flüchtling mehr, sondern auch ein Entführer. Würd' ich da nicht den gewissen Tod zu gewarten haben? D. 5con. Der immer auf dich wartet, wenn du wieder in ihre Hände fällst. Durch den geringsten Versuch aus der Santa Easr zu entfliehen, hast du schon das Leben verwirkt. Ich niag nicht ohne dich leben, das weißt du. Warum sollen wir also nicht unser Schicksal vereinigen?. Oder sindcst du darin keinen Trost, lieber an meinem Busen mit mir zu sterben, — als dorr bey den Henkern ? Diego. Ich will alles , alles, (sie umfassend) Komm denn mit mir, meine Getreue ! Wenn ich dich in den Tod führe, so vergieb mirs. Meine Absicht war, dich zu der größten Glückseligkeit, die die Erde geben kann, in die Arme des treuesten Mannes zu führen! D- Leon. Also diese Nacht bin ich bey dir, dein; und dann auf ewig! Eile wonnereicher Augenblick, verbinde die, welche die Natur für einander schuf! Wenn Liebe lohnen kann, Diego, so sollst du für deine Treue reich belohnt werden./ Freust du dich darauf? Die- čo Diego, und Leonore, Diego. Unaussprechlich. — Aber eins Bitte. D. Scon. Nun? Diego. Wenn man uns entdeckte, mit Gewalt zurückführen wollte — (schmeichelnd) soll ich denn den Tod aus deiner Hand erhalten ? D. Leon, (erschrickt etwas, giebt ihm endlich die Hand) Ja. —. Aber du giebst mir ihn doch auch? Diego. Nein, unmöglich. Das kan» ich nicht. D. Leon. So weiche der Himmel von dir, wenn du mich in der Stunde allein lassest ! Doch gut: ich kann ja selbst. Das entflohene, an ihrer Ehre gekrankte Mädchen soll kein Mensch wieder sehen, der sie höhnen, oder über den eingebildeten Fehltritt aus Mitleid lächeln könnte. — Zwar glaubt' ich, aus dessen Hand sollte der Tod süsser seyn, der mir zweymal das Leben rettete, als es noch etwas werth war: aber er hat nur Muth , wenn ihn die Gelegenheit überrascht, so lange das Blut ausbrauset. Er ist zu feige, eine grosse That mit Vorsatz, mit kalter Entschlossenheit auszuführen ! Diego. Welche That auch! Wie sollt' ichs anfangen, ein Mädchen zu tobte», dich jtt ein Trauerspiel. 6r ju tobten? ^- Es wird nicht dahin kommen/ meine Liebe. D. Leon. Das hoff' ich. Aber wen» es sollte — Du stellst dir Dolch und Schwerd vor. Das nicht. Ein kleiner wohlschmeckender Trank, aus einem kleinen goldne» Becher, sieh ! der vereinigt uns auf ewig, llnd dann einen Sprung ins Wasser, mit verschlungene» Armen. Willst du das ? Diego. Ich hoffe, daß wir — D- Leon. Willst du das? Diego. Wenn du's so willst. D. Leon. Versprich mirs. Diego. Ich versprech' es. D. Leon. Heiliger Vertrag! Nun bi» ich vergnügt, wer will uns trennen! —• Noch muß ich um etwas dich bitten, um etwas Wichtiges — Da kommen sie wieder. Nun lebe wohl! Wir sehen uns wieder in dieser Nacht. Es ist Catalina. Siebenter Auftritt. Catalina, die Vorigen. Catalina, (eilig) Eben kömmt ein Be« bientet des Großinquisitors. Seine Ex-len; lassen Ihnen melden, daß sie heut mit dem Ritter Sampajo nach Lisabonzu« Pückkehren, und hier Vorkommen werden. D. Leon. te Diego, und Leonore, D. Leon. Was ist das! Heute? Catalina. Diesen Nachmittag. D. Leon. Ach, Diego wir sind lohren. Diego. Warum verlohren ? Ihr Oheim weiß ja nicht, daß ich hier bin. D. Leon. Das ist wohl wahr. Aber warum kömmt er eben heute? Diego- Seine Geschäfte beym Könige werden gcendiget seyn. Ich kann mich ja so lang , als er hier ist, verborgen halten. D. Leon. Gut; aber wie sollt' ich ihn empfangen? Was soll ich ihm sagen, wenn er von deiner Gcfangennehmung spricht, und wenn ihm der Timotheus ■— o weh, o wch ! — wenn der ihm schon von unserer Liebe Nachricht gegeben. ■— _ Diego. Beruhigen Sie sich. Das kann nicht seyn, er kann unmöglich schon davon wissen. D. Leon. Wenn auch nicht: wie soll ich ihn ansehen ? wie soll ich Abschied von ihm nehmen? ich werde mich verrarhen, wenn er mich mit einem Auge voll Freundlichkeit ansieht. Wie werd' ich den liebreiche» Vater verlassen können? Diego. Sie müssen an ihren Diego denken. Catalina. Was soll ich den Bedienten gnädiges Fräulein? D. Leon. ein Trauerspiel. 6z D. Leon. Ich weiß nicht, geh' und ruft Donna Violante. Diego. Wozu? Sie müssen den Besuch doch airnehmen. Sage dem Bedienten, liebe Catalina, es würde deiner Herrschaft sehr angenehm seyn, Seine Exlenz zu sehen, und bitte darnach Donna Violante, und Don Manuel hieher zu konrmen. (Catalina ab) Achter Auftritt. Diego / Donna Leonvre. Diego. In der That , Leonore, das würde nur Verdacht erwecken, daß ich mich hier aufhielte. Wer weiß, wozu dieser Besuch gut iss. D. Leon. Gut iss? Ach, wenn er das ware! Ich fühl es in mir ; einen zweyten Sturm werd' ich-nicht aushalten. Diego. Wenn Ihr Oheim hört, wie unschuldig ich bin, vielleicht läßt er sich bewegen, daß er Befehl gibt, mich nicht zu verfolgen. So können wir ja desto sicherer fliehen. ' D. Leon. Das klingt schön. Freylich iss es möglich. — Ich bin auch gleich so erschrocken. — Wir wollen sehen. Zwgr wird mir die Verstellung schwer werden-: aber dir 64 Diego, und Leonore, dir zu Liebe — Die Heiligen selbst haben sich ja oft verstellt, wenn ihre Absicht gut war. Diego. Das beweist wenigstens, daß Heilige auch Menschen waren. Neunter Auftritt. Donna Violante, Don Manuel, die Vorigen. D. Viol. Ich höre, daß dev Großinquisitor hieher kommen wird. D.Leon. Ach freylich. Liebste Violan-te, rachen Sie uns. D. Viol. Warum? Lassen Sie sich daS lieb seyn. D/Leon. Sonst wohl; aber itzt. —-Wenn es nur nicht unsern Plan vereitelt. D. Viol. Weichen Plan ? Den wir vorher machten , oder den Sie itzt gemacht haben? Diego. Wie so? D. Viol. Keine Verstellung. Ich Hab' es Ihnen vorher angesehen, Leonore, welchen Vorsatz Sie faßten. Und Catalina hat uns erzählt, daß Sie so etwas von Verlassen gesprochen Härten. Do» Manuel, und ich wollen Sie nicht hindern. Reisen Sie, wohin der unvcrbitterte Genuß dev Lie. ein Trauerjplel. 6s Liebe Ihnen winkt. Ich will das Vergnügen Ihres Umgangs gern Ihrer Glückseligkeit aufopfcrn; denn Sie beyde sind doch allein ans Erden, wo Sie auch seyn mögen. Aber vorsichtig, lieben Kinder. Wie wollen Sie das anstellen? D. Leon. Es kömmt alles auf die Nachricht des Sir Jones an. Diego hat es mir ihm verabredet. D. Viol. Und Sie wollen also Vaterland, Freunde, und Vermögen zurücklaffcn? D. Leon. Nicht doch. Ich nehme das alles mit. (den Diego bey der Hand fassend) Wenn es dort gut ist, so komme» meine Freunde wohl nach. — Ich bitte Sie, Violante, machen Sie mirs nicht noch schwerer. Ich weiß so nicht, wie ich mich von IHM,' trennen will. D.Viol. Davon nichts weiter. Wir haben itzt nicht Zeit daran zu denken. — Und Sie, (zu Diego) machen Sie, daß Sie fortkommen, wenn Sie nicht wollen entdeckt seyn. Don Manuel wird Sie nach dem Gartenhause bringen. Sie sollen von allen Nachricht erhalten, was hier vorgeht. Uibrigens sind Sie mit Ihrer Hoffnung allein : aber die wird Sie schon unterhalten. D. Manuel. Mein Polo soll hier bleiben, und zuweilen zu Ihnen kommen. Ich III. Band. E will 66 Diego/ und Leonore/ will nach der Stadt gehen, und Horen, ob man von Ihrem Aufenthalt etwas argwöhnet. Wenn Timotheus erfahren sollte, daß ich hier sey, so möcht' er Verdacht kriegen. Am Abend komm ich wieder zurück, und begleite Sie nach dem Schiffe. Diego. Wohl. Ich mache Ihnen viel Beschwerde. D. Leon. Thun Sie das, aber kommen Sie ja wieder? D. Manuel. Sicherlich. D. Leon. So wollen wir gehen, Vio-fante. Ich habe noch vieles in Ordnung zu bringen. — Mein Oheim war mir immer willkommen, nur — Wenn ers schon wüßte, das würd' eine schreckliche Zusammenkunft iverden. D. Viol. Nicht hoch. Das kann er Uvch nicht wissen. fro Diego. Und wenn auch: Sie sind ja entschlossen, Leonove? D. Viol. Scyn Sie ruhig. Er würde nimmer den Ritter Sampajo mit hieher bringen, wenn er von Ihrer Liebe unterrichtet ware. — Kommen Sie. Don Manuel , Don Diego, bis zum Wiedersehen. D. Leon. Leben Sie wohl, Don Manuel. Ich dank Ihnen für Ihre Freundschaft. (zu Diego) Armer Mann, Sie werden da ganz allein scyn. ein Trauerspiel. 67 Diego. Immer bey Ihnen. D. Leon. Gott erhalte Sie J— Ach! ich weiß nicht — Diego , wird das gelingen? Ich hoff' es. Man muß nicht denken, wenn man handeln will. Also munter, mein Lieber; keine Gedanken, (umarmt ihn) Ich will in jeder Minute ein Gebett für den einsamen Gefangenen thun. (gehen ab) Zehnter A u ft r i t.t. Diego. Don Manuel. D. Manuel. Nun will ich Sie hinbringen. Ich komme, so bald es mir möglich ist, von Lissabon zurück. ■— Noch eins. Sie werden Geld brauchen. Geben Sie mir Ihren Wechsel; hier wird so viel seyn, als er beträgt. Diego. Das ist mehr. D. Manuel. Ich glaube nicht. Was drüber ist, können Sie mir gelegentlich wieder zuschicken. — Polo! Polo, (kommt herein) Gnädiger Herr. D. Manuel. Ich werde nach der Stadt gehen. Du bleibst hier, und sollst Don Diego bedienen, der sich auf dem Garten-Hause verborgen anfhalre» wird. Aber vorsichtig und verschwiegen! (gehen ab) E 2 ' Ant- 68 Diego, und Leonore, S3 Dritter Aufzug. ( Die Scene bleibt) Erster Auftritt. Timotheus. Anführer der Hascher. Timoth. (im Auftretten) Wie? kömmt er denn gerade ißt daher? Ans. der Hascher. Sie befahlen mir ja mit meinen Leuten in dieser Gegend nach-zusuchcn. Ich sah Sie nach dem Landhaust fahren , und gieng Ihnen deswegen nach. Timoth. Hat .er mir Nachrichten zu bringen , so ist es gut; sonst kann er mir das Spiel verderben. Ich kam hieher als ein Bekannter vom Hause, um zu kundschaften. Wenn man ihn aber gesehen hat, so weiß man gleich, was unsere Absicht ist. Wo sind denn seine Leute? Ans. der Häscher. Sie sind umö ganze Haus herum auf allen Wegen so gestellet, daß er uns nicht entwischen tarnt. Timvth. Wenn er hier ist, ja: aber ist er beim hier ? Ihr könnt da umsonst stehen dren Tage, und indessen gehet er an einem andern Orte durch, und lacht uns aus. Auf. ein Trauerspiel. 69 Ans. der Hascher. Ehrwürdiger Herr, ich bin fast gewiß, daß er hier ist. Wenig» stens ist er nach dieser Gegend angegangen, diesen Morgen bey Anbruch des Tages hak ein Bauer im Felde zwey Herren gesehen, die die Kleider verwechselt haben, der eine ist hernach nach dieser Seite gegangen, und der andere nach seinem Hanse hiev in der Nahe. Er soil ein Engländer seyn, der Jones heißt. TlMdth. Verflucht! ich kenne den Kerl. Der ist so vorwitzig, so keck, wie alle seine Landsleute. Warte 1 du sollst häßlich buffen. Ans. der Häscher- Ich bi» schon bey ihm gewesen , er war aber nicht da. Und von seinen Leuten ist nichts herauszubrin-gen; die sind alle Engländer. TllUvth. So sind wir doch aber noch nicht gewiß, ob er sich hier im Hause «ufhalt. Wenn er auch hier gewesen, so kann er wieder weg seyn. Sie werden ihn nicht lange geduldet haben. Indessen junge , unbesonnene Leute, und verliebt dazu. Ans. der Hascher. Aber haben Sie von dem andern, der das Bein gebrochen, von dem Äuttler was erfahren? Sie haben sich doch sicher verabredet, wohin Sie gehen wollen. Timoth. Der ist stumm, wie der Tod. E z Aus 70 Diego / und Leonore, Auf die Folter darf man ihn itzt nicht bringen , sonst krcpirt der Kerl. Der war auch so ein Engländer, die machen uns immer am meisten zu thun : aber es ist auch ein Vergnügen, wenn man zuletzt Starrköpfe unterbringt. ■— Es kommt jemand. Laß er sich nichts merken. Z w e i) t e v Auftritt» Catalina. Die Vorigen. Catalina. Ehrwürdiger Herr , mein Fräulein laßt sich Ihnen empfehlen, und bedauert, daß sie Ihren Besuch heute nicht annehmen kann. Sie ist unpäßlich. Timoth. O weh! das bedauer' ich von Herzen. Was fallt denn dem frommen Kinde ? Sie bettet und fastet so viel. Catalina. Es ist nicht von Bedeutung, aber sie muß doch das Zimmer Hütten. Timoth. Das thut mir in der That leid. Ich komme ganz von ohngcfahr. Ich Hab' in dieser Gegend Geschäfte, und will hier nur eine gewisse Nachricht erwarten. Ihre Herrschaft wird mich deswegen entschuldigen. y Catalina. Donna Violante wird bald die Ehre haben bey Ihnen zu seun. C will abgehen) ■ Timoth. Hör Sie doch, meine Tochter.' ein Trauerspiel. 71 Catalina. Was ist zu Ihren Diensten ? TlMVth. Sie kennt mich doch, sie weiß, daß ich ein rechtschaffener Mann bin. Catalina. Was sollt' ich sie nicht kennen ? Sie sind derTimotheus, der Bruder des Ritterü Sampajo. Sie kommen ja oft in unser Haus. Timoth. Ich will Sie etwas fragen. Sie thut mir einen (Befallen, wenn Sie eS aufrichtig beantwortet, ich will Ihr schon was schenken. Catalina. Ich dank Ihnen gar sehr. Ich muß int zu meinem Fraulein. Ein andermal, wenn es Ihnen gefällig ist. Timoth. Nur einen Augenblick. Sie hat doch wohl von dem Unglücke gehört, das dem Don Diego begegnet ist. Catalina. Ach ja. Er soll nad}' dev Santa Casa gebracht scyn. Das hält' ich nicht in dem Herrn gesucht, daß er so ein Verbrechen begehen würde. Timoth. Wohl weiß sie auch, baß er schon wieder in Freyheit ist? Catalina. Das wäre, so muß er unschuldig gewesen seyn. Das ist mir doch lieb um ihn. Timoth. Ganz unschuldig ist er nicht: aber es hatte doch im Grund nicht viel zu bedeuten. Er mochte es sich wohl schlim« E 4 wer 72 Diego , und Leonore, mer vorstellen, als cs war, und da ist er aus dem Gefängnisse entflohen. 9t tut mögt' er meinetwegen auS dem Lande gehen, denn was soll man einen armen Fremden ohne Nutzen quälen? ob ich gleich seine Seele gern gerettet hatte. Wir müssen doch aber so thun, als wenn wir ihm nachsetzten, und da ist uns gesagt worden, daß er sich hier aufhielte. Catalina. Bewahre! Was sollt' er hier? Timoth. Wenn sie nun wüßte, wo er rväre, so thäte Sie wir wohl den Gefallen, ihm zu sagen, daß ich ihn als ein guter Freund bitten liesse, sich von hier wegzumachen , und weil ich mich sonst genothi-get sehen würde, ihn fest nehmen zulasten. Catalina. Von Herzen gerne, ehrwürdiger Herr, aber ich weiß kein Wort davon. dmötl). Ich wende mich deswegen an sie, weil ich weiß, daß sie verschwiegen ist. Es könnte mir selbst Verantwortung zuziehen , wenn man es erführe. Catalina. Aber ehrwürdiger Herr, ich weiß ja nichts davon. Timotl). Komme sie, Kind, es soll auch ihr Schade nicht seyn. Catalina. Ich weiß von nichts. Timoth. So! AlguaZil, 'nehm er sie iw Namen des heiligen Gerichts gefangen. Ca- ein Trauerspiel. 73 Catalina. Hilfe! Himmel, (lauft mit (£'efct)tey ab, und schlagt die llhüre zu) Timoth. £>! du sollst nicht entlaufen! Dritter Auftritt. Polo. Die Vorigen. Polo. Was giebts hiev! ■— Ha! (will abgehen) Timoth. Komm her Putsche ! Dienst du nicht bei) Don Manuel ? Polo. Ja, ehrwürdiger Herr. Timoth. Ist dein Herr hier? Polo. Nein, er ist nach der Stadt, und wird diesen Abend wieder herauskommen. Timoth. Wenn kam er hier an? Polo. Diesen Vormittag. Timoth. Was macht er in der Stadt? Was wollt er hier? Polo. Das weiß ich nicht. Timoth. Kennst du den Do» Diego? Polo. Ja ehrwürdiger Herr. Timoth. Sieh', mein Freund, .hier ist Gold. Hast du ihn heute gesehen? Auf dein Gewissen. Polo. Ich? ~ Nein — mein Herr. Timot. Gesteh es, oder du bist verlohreu. Polo..Ich weiß von Nichts, mein Herr. ,Der ist ja im Gefängnisse. E 5 Ti- 74 Diego, und Leoiwre, Bmoth. Gut Putsche. (zu dem Käscher) Nchm' er ihn gefangen, schließ' er ihn hunt zusammen, und wcrf' er ihn hin, wo ihn Gott nicht hören kann! Polo. Gott! Barmherzigkeit, Barmherzigkeit! (kniee nieder) Bmoth. Nichts, ich will dich lehren Flüchtlinge aus der Santa Casa zu verstecken ! Polo. Ach ehrwürdiger, gnädiger Herr, ich will ja alles bekennen ! Gnade, Gnade! ich will ja alles gestehen! Verbrennt mich nur nicht! Timoth. Ist er hier? Polo- Ja, ja! ^imoth. Wo ist er? Polo. Im Gartenhause. •— Oh! Ach Gott, ach Gott! Tlmoth. Ist das wahr, sonst soll dir angst werden. Polo. Ach ja! Ämotl). Steh' auf. - Wer ist bey ihm ? Polo. Niemand. Bmoth. (geht mit dem Käscher ab-seit, und spricht mit ihm) Polo. O weh ! o weh ! Wo soll ich nun hin! Ein Verrather! Erbarme dich, erbarme dich! Ein Verrather z ich! Ich alter Kerl ein Trauerspiel. 7f Kerl muß noch — ich wollte, daß ich begraben läge! ‘ Timotl). (zurückkoimnend) Ist das Gartenhaus offen? Stell dich nicht so ungebärdig. Ist das Gartenhaus offen? Polo. Nein. , Timotl). Warum nicht, Kerl? Polo. Hier ist der Schlüssel. Timotl). (zu den Aaschern, der ab-geht) Da. Aber mit Vorsicht. Polo. D schändlich, schändlich! Wer mir das gesagt hätte. : Timotl). Was heulst du da! Gieb dich zufrieden, ich will dirs vergeben, unter der einzigen Bedingung —- hörst du? Polo. O ja , ja ! * Timotl). Unter der einzigen Bedingung, wenn du keinen Menschen sagen willst, daß du mirs entdecket hast. Polo. Nein, nein , nein ! Gewiß nicht. Timotl). So kannst du gehen. Polo. Gehen? Gehen wohin ich will? Timotl). Ja. Polo. Ich dank', ich danke. Timotl). Dhn' alle Strafe. Polo. Ich danke vielmals. (lauft ab) ••4 Vier- 76 Diego, und Leonore, Vierter Auftritt. Timotheus. Ha! dich hätten wir also wieder! — Ich könnte ihn reisen lassen. Aber nein. Ins Grah mit ihm! Sonst lief ihm wohl das Mädchen noch nach. — Und dann der Klüg-- ling. Nun wollen wir sehen, wer den meisten Witz hat. — Wer bist du? Der kluge Diego? Hast du dich fangen lassen, Knabe? Willst du mit deinem Witze pra- • len, io prale zu Hause: in fremden Ländern läßt man sich das nicht bieten. — Dumm ist der Junge nicht, aber verwegen. — Du sollst so kalt werden, wie daS Land, wo du her bist. ■— Hübsch ist er auch. Aberdas vergeht, mein Püppchen. In der Santa Easa fallt das Fleisch gewaltig ab. Nach vierzehn Tagen sollst du so kümmerlich, so bußfertig aussehen, wie ich. Mein Bruder ist doch ein rechter Pinsel, laßt mich für sich arbeiten. Fünfter Auftritt. Donna Violante. Timotheus. D. Viol. Ihre Dienerin, ehrwürdiger Herr! Timoth. Der Himmel segne Sie, mein Fraulein > D> Viol. ein Trauerspiel. 77 D. Viol. Wie kommts, daß sie uns so unerwartet mit Ihren Besuch beehren? TiM0th. Es thut mir leid, daß Donna Leonvre unpäßlich ist, ich werde mich nicht lang anshalten. D- Viol- Donna Leonore wünschet, Sie in ihrem Zimmer zu sprechen. Sie wollte gern die Ursache wissen, warum Sie ihr Mädchen haben wollen gefangen nehmen lassen,, warum Sie mit einem Häscher in ihr Haus gekommen sind. Timvth. Den Hab ich in der That nicht mitgebracht, er kommt nur, weil er weiß, daß ich hier bin, wenn Ihnen das Mädchen erzählt hat, was vorgegangen ist, so wird Sie Ihnen auch die Ursache gesagt haben. D. Viol. Ehrwürdiger Herr, ich will mich nicht stellen, als wenn ich die Veranlassung zu diesem Verfahren nicht wüßte, aber Sie sind ein verständiger Mann, dev den Lauf der Welt kennt; Sie sind kein blinder Eiferer. Was hilfts Ihnen den jungen Menschen unglücklich zu machen ? Timvth. Wenn Sie von Don Diego reden, so muß ich Ihnen sagen, daß es allein das Heil seiner Seele ist, welches mir am Herzen liegt. Ich lieb ihn väterlich, aber mit Wehemurh lieb ich ihn, wie der Hirt dar 7.8 Diego / und Lconore, das verlohrne Lamm. Ich danke dem Himmel , daß ich ihm die Wohlthat erzeigen soll, ihn wieder zurück zu führen. D- Viol- Eine Wohlthat, die man einen wider Willen erzeigt — Timvtl), Ist doch am Ende eine Wohlthat. D. Viol. Sie verstehen sich auf die Menschen so gut, mein Herr! und kenne» den Diego so gut, daß Sie wissen können, Cie werden diesen Zweck beu ihm nie erreichen. Aber das Key Seite. Ich will offenherzig, ganz offenherzig mit Ihnen reden. Sie wissen entweder schon das Lie-besverstandniß zwischen Diego und Leonore, oder wissen es nicht. Gleichviel; so entdeck ichs Ihnen itzt, daß ich die Sache von Anfang an nicht gebilliget habe, das müssen Sie meinem Verstände zutrauen, wenigstens der Betrachtung meines eigenen Vor-theils. Timotl). Das sollt' ich denken, aber doch wundr' ich mich, — D. Vtvl. Daß ich weder den Patriarhe«, noch dem Ritter, noch Ihnen etwas davon entdecket habe. Ehrwürdiger Herr, ich bin gewiß, daß cs bey Leonoren, vielleicht bey beiden, nichts als eine flüchtige Neigung war, eine Schwarmerey, wel, che ein Trauerspiel. 79 che die Zeit auslöschen mußte, welche aber Hindernisse erst zur Leidenschaft gemacht haben würden. Das mußt' ein Geheimniß bleiben , so ein Geheimniß, wie jedes Mädchen einS hat. Don Manuel, und ich wünschten aufrichtig Leonorcn mit dem Ritter verbunden zu seheu. Dies war unser Plan: Diego wollte in wenig Tagen nach Brasilien reisen. Seine Briefe hätten wir aufgefangen, und zurückbehalren, Leonore wür-de sich betrübt, Diego sich beklaget haben, und beyde hätten sich endlich zufrieden gegeben. Diese lente Begebenheit hat ihn nun freylich Leonoren werther gemacht; —^ Sie wissen, Unglück ist edlen Gemächern die beste Nahrung der Liebe — aber wenn Sie ihn reisen lassen, wenn er erst weg ^ ist, so wird sich das Ding wieder zuziehen. Timoth. Es ist nun zu spät; — (verwirrt) und wenn es auch das nicht wäre —. Fräulein , ich bewundre ihren Verstand, aber glauben Sie mir, blos das Amt, welches mir Gott gegeben hat, nöthiget mich. D. Vlvl. Erlauben Sie mir noch eine Betrachtung. Der Großinquisitor liebt feine Nichte aufs zärtlichste. Ich bin gewiß, Sic werden ihn verbinden, wenn Sie die Sache abthun, ohne Aufsehen zu machen. Timoth. Darin» irren Sie sich, mein Fräu- 8o Diego / imt) Leonore, Fräulein. Er ist ein frommer Mann, wie ich überzeugt bin, die Rettung einer armen Seele muß ihn lieber seyn, als — Ich thue meine Pflicht , Fraulein, ohn' Ansthen der Person, wie ichs vor Gott, vor meinen Gewiß, sen verantworten kann. — Was ist das? Sechster Auftritt. Donna Leonore. Die, Vorigen. D- Leon, (in der Scene) Laß mich! D- Viol. Was haben Sie? D. Leon. Hilfe, Hilfe! mein Vater, Hilfe! Timoth. Was ist Ihnen? D. Leon. Ach, eilen Sie zu Hilfe! Im Garten stnd Häscher. Violante, sie wollen ihn fangen. D. Vivl. Was? Tr'motl). Sem, Sie ruhig, mein Kind. Es soll ihm kein Leid wiederfahren. D. Leon. Kein Leid ? Ich habe den Lärm gehört. Laufen Sie doch, und retten Sie! 1 Timoth. ( kalt ) Mein Fraulein, ich dachte, Sie wären krank, hier kann ich nicht helfen, es geschieht auf meinen Befehl. D. Leon. Entsetzen! Grausamer Mann! Ha! ich will sterben, hier will ich sterben, (wirft sich vor einen» Stuhl nieder, und legt das Gesicht darauf) D. Vivl. ein Trauerspiel. 8r D. Viol. Mein Herr, wozu Hilst Ihnen das? Ahr Bruder, und der Großin. quisitor werden's Ahnen schwerlich danken. Timvth. Senn Sie darum nicht bekümmert , mein Fraulein, (tritt ans Aenster) D-Leon. Sag' es ihm, Violante, sagK ihm wieder, ich bin hier gestorben! Ach liege hier! Schleppt mich auch weg nach dem Scheiterhaufen! D. Viol. Leonvre! Meine Beste! Er-mannen Sie sich. D. Leon. Nichts ! Es ist aus. Timoth. (zurückkommend) Ach glaube, meine Fräuleins , Sie thun am besten, wenn Sie sich von hier entfernen. ■ Ach bedaure, Donna Leonvre, in der That, ich bebaute es, daß ich Ahnen Kummer ma. chen muß; aber es thut mir auch wehe, daß die stille, fromme Levnore sich so schwer versündiget, einen Mörder, einen Rebellen, einen Landlaufer vor den gerechten Ahndun« gen der Obrigkeit zu verbergen. D. Leon, (sieht sich nach ihm um) Verzeih' mir, heiliger Mann, ich dachte, der Satan stünde vor Gott, und klagte. D. Viol. Wie schlecht kennen Sie den Eingang zum Herzen, wenn Sie auf den schimpfen, den man liebt. Mein Herr, Hl. Band. F rührt 82 Diego, und Leonore, rührt Sie denn nicht der Zustand des armen Kindes ? Timoth. Ja wohl, er rührt mich, aber — D- Viol. Aber — Lassen Sie ihn noch los. Der Großinquisitor wird bald hier seyn,-was wird der zu dem Aufstande sagen ? Bmoth. Wird er Hieherkommen? D. Viol. Diesen Nachmittag mit ihren Bruder, (vertraulich) Herr. Wir bcyde hätten das Ding so schicklich in aller Stille «bthun wollen, ohne Hascher, ohne alles. Bmvth» Ja, ich kann nicht Helsen, ich kann ihn nun nicht retten» D. Leon» Sie können nicht? (aufspringend) So will ich ihn retten, (lauft „ach der Thüre. Indem wird Diego gebunden von zwey Haschern hereingeführt) Siebenter Auftritt. Diego. Ans. der Hascher» Die Vorigen. D. Leon. Einen Dolch ! (Violante halt ste zurück) Weg! Ich will! (sucht fich loß zu machen, und fallt ohnmächtig zurück ) Diego. Laßt mich Verfluchte! Sie ist mein! (wird von Haschern gehalten) Timoth. ( $u violante) Sie werden wohl» ein Trauerspiel. 8Z wohl thun das Fraulein von hier weg zrr bringen. (D. Viol. ab. Zu Diego) Nun junger Herr. Ans. der Häscher. Hier. Das haben wir bey ihm gefunden. Eine Brieftasche, und diese Börse. Timotl). 'Woher haben Sie das? — Antworten Sie mir. — Wissen Sie, daß ich Ihr Richter bin, daß ich ein Recht habe zu fragen. Diego. Hier nicht. Timotl). Sie sind keck. Aber Geduld; Sie sollen noch kleinlaut genug werden. Ans. der'Hascher. Ehrwürdiger Herr > er hat sich uns widersetzt. Wir haben ihn mit genauer Noch überwältigt. Zwey von meinen Leuten hat er auf den Tod verwundet , und mich selbst, (zeigt die verbundene Kand) Timotl). Mein Herr, Ihre Rechnung wird groß. (D. Viol. kömmt mit zwe-p Bedienten, die D. Leonore wegtragen wollten ) Diego. Ich bezahle Sie an dem Himmel. Ihnen bin ich nichts schuldig. Sie sind nicht sein Diener. D. Leon, (erwachend) Ey ja, du guter Schutzgeist. Ich komme schon, ich fonts me J — Mo? Wo? was? halt l wo wollt F 2 ihr 84 Diegö, und Leonott, ihr mit mir hin? (springt aus, und faßt den einen Bedienten) Mensch, wo hast du ihn? Sag' es, ich tčbte dich sonst. Benito. Gnädiges Fräulein! D- Leon. Sag' es, ich bitte dich. D. Viol. Leonore, sehen Sie doch um-basist ja Ihr Benito, er ist ja hier. D.Leon. Ha, Ha! -- (zu Diego) Hast du ihn auch gesehen? Freue dich, er holt uns beyde ab. Diesen Abend., Bimotl). Wer denn? D. Viol. Sammeln Sie sich. D. Leon. Ach ! (zu Timoth.) Ich weiß nicht; ein glanzender Genius, denk' ich. —. Warrim sprichst du nicht Diego? Haben Sie ihn schon geschlachtet? Herr! Timoth. (Sti den Haschern) Bringt ihn weg. D. Leon. Nein, nein! Weg da ihr Sklaven ! (sucht die Haschet wegzustössen. Diego hat sich die ganze Zeit bemüht, sich los zu machen) Timoth. Donna Viokante, Sie müssen die kleine Schwärmerinn entfernen, ich wollte nicht gern Gewalt brauchend D. Leon, (hat Diego umarmt) Halt dich fest! sie sollen uns nicht trennen. Ich will hier an dich wachsen. ££>. Viol. Sie haben Gewalt genug gebraucht. ein Trauerspiel. 85 braucht. Liebste Leonove, seyn sie ruhig; wozu hilft Ihnen das? Diego. Ich bitte Sie meine Liebe, mäßigen Sie sich. Gönnen Sie doch dem höhnischen Manne da nicht das Vergnügen, sich an ihren Schmerzen zu weiden. (Leo--nore laßt ihn los.) D. Viol. Warten Sie doch, bis Ihr Oheim ankommt, der wird sich gewiß Ihrer annehmen. D.Lcon. Ah. — Ja wohl. — Was soll ich denn thun? D. Viol. Sie sollen mit mir gehen. D. Leon. Ehrwürdiger Herr * Sie wollen ihn doch hier nicht tobte» ? Timotl). Nicht doch, mein Fraulein. Wie kann Ihnen das einfallen? D. Leon. Hören Sie, lassen Sie ihn mit in mein Zimmer gehen. Ich will ihn bewachen, 0 ich will ihn bewachen — Er soll gewiß nicht entwischen. Timotl). Das geht sa nicht. Das darf ich nicht thun. D.LevN. (nach einigem Nachdenken) Nun wohl. So will ich noch eine Bitte thun. Ehe Sie ihn von hier bringen, soll ich ihn noch sinmal sehen, noch einmal sprechen, allein mit ihm sprechen? O ja, lieber Herr. Sehen Sie, ich will Ihne» 86 Diego, und Leonore, die Mähe erleichtern ; ich will ihn auf den rechten Weg znrückweisen. Weiter will ich nichts. — Sie zaudern ? Zu Ihren Fügen, ('will vor ihm niederfallen) Diego, (mit einer Bewegung sie zu hindern ) Leonore Almeida! D. Leon. Was? Recht! Ich soll vor keinen Menschen knien —- O liebster Herr, versprechen Sie mir das. Timoth. Ja, mein Fräulein, das ver-fprech' ich Ihnen. D. Leon. Gewiß , ohne Rückbehalt? Timoth. llntev der einzigen Bedingung, daß es Ihr Oheim billigen wird. D.Viol. Das wird er gewiß. — Nun kommen Sie, Leonore, kommen Sie. D. Leon. Gleich, gleich. Diego, erinn-re dich unsers Vertrags. Ich will für dich betten, so inbrünstig — Wir sind Beyde Gefangene. Aber ein schöner Engel wird unö die Thüren öffnen, (wird nicht ohne Strauben von D. Oiol. und den Bedienten weggeführt) Diego. Ja, tröste dich. Dort oben, du Heilige, sch' ich dich bald, bald wieder. D. Leon, (im Abgehen) Sagt' er was, Diolanie? D. Viol. Sie sollen sich trösten, meine Liebe. (gehen ab) Ach- ein Trauerspiel. 87 Achter Auftritt. Timotheus. Diego. Häscher. Timoth. (spöttisch) Ein schönes Mab, chen, Don Diego. Das war' ein hübscher Fang gewesen, nicht wahr? Diego. Lassen Sie mich wegbringen, wa-soll ich hier? Timoth. Und ein reiches Mädchen. Das verlohnte sich schon dev Mühe einer Ent, fühvnng. Diego. Ich verachte Sie mit Ihrem Verdacht. Timoth. Das haben Sie doch nicht Ursache. Kluge Leute verachten mächtige Feinde nicht. Diego. Also sind Sie mein Feind? Timoth. Nicht Ihrer Person, sondern Ihrer Verbrechen. Diego. Sie sind kein gemeiner Sünder; Sie sollten auch nicht die Sprache dev ge, meinen Heuchler führen. Timoth. Ich sehe, wir Beyden glauben uns einander recht zu kennen. Sie halten mich für einen Heuchler. Der Richter hat zwar nicht nöthig , sich gegen einen Ge, fangenen zu entschuldigen; indessen, da wir einmal so weit sind — Ich berufe mich auf das Zeugniß aller, die mich kennen. 88 Diego, und Leonore,' auf die Pflichten meines Standes, sauf meinen untadelhaften Lebenswandel , meinen unbescholtenen Ruf, auf das Vertrauen meiner Obern, welche das mir aufgetragene Amt wohl einen Unwürdigen geben könnten, aber nicht lassen würden, daß ich kein Scheinheiliger bin. Ihr besondrer Feind bin ich auch nicht, denn Sie sollen sehen, daß ich von dem, was Sie itzt gesagt haben, und was schon allein Verbrechen genug ist , keinen Gebrauch machen werde. Aber Ihr Freund bin ich eben so wenig ; und aus dev sehr guten Ursache, weil ich Sie kenne. Sie sollen hören, waö ich von Ihnen denke; fo werden Sie wenigstens sich selbst gestehen müssen, daß ich nicht anders handeln durfte, als ich rhue: Andern werden Sie das freylich nicht gestehen. Diego. Reden Sie, thun Sie, was Sie wollen: nur kurz. Timoth. Sie sind nicht, wie ich anfänglich dachte, ein flüchtiger, unbedachtsa-mer Jüngling, d-r sich blos durch die Sinne irre führen ließe; nein, es hat sich nun gewiesen, was ich heimlich fürchtete, daß Sie ein feiner, wohlbedächtiger, aber desto gefährlicherer Betrüger sind. Diego. Kerl l (faßt sich wieder) Ti- ein Trauerspiel. 89 T'imoth. Einer von den«, Abentheurern, deren Glück in allen Landern blühet, too es gutherzige, unerfahrne Jünglinge und leichtgläubige Mädchen gibt; ein Handwerk, daS zwar immer das verdiente Elche nimmt, aber doch indessen ehrliche Leute zu Grunde gerichtet, und Familien beschimpft hat. Diego. Wenn Sie kein Inquisitor wären, so ward' ich antworten. Aber Ihr Kopf weiß von dem nichts, was die Papagayenzunge spricht. Timoth. ES ist keine Kunst für einen Menschen, wie Sie sind, sich in das Her; eines ungewahvsamen Mädchens einzustehlen. Eine leidliche Gestalt, ein schwermü-thiges Milchgesichtchen, eine anscheinend edle Handlung, mit prahlhafter Sittsamkeit verrichtet, bald eine gezierte Bescheidenheit, bald eine prunkhaste Auskramuug moralischer Grundsätze, und alle die kleinen Kunst, griffe, die Sie, für Ihr Alter, gut genug inne haben, konnten die unschuldige Leonore leicht bethören. Aber ich, mein guter Herr, ich sehe durch ; durch alle Schminke, MaS» ke und Schleyer. Wie durfte sich der na. menlose Fremdling einkommen lassen, der Nebenbuhler des Ritters Sampajo zu seyn? Diego- Sie erwarten doch nicht, daß ich mich hier rechtfertigen soll, wegen ei, Fs per 9° Diego, und Leonove, »er Beschuldigung, die die Ehre angeht? Ach fth' Ahnen auch an, das; Sie's besser wissen. Die kleinen spitzbübischen Augen strafen den Mund Lügen, (zu den Wäschern) Bringt mich weg! Timottz. Sie sollen nnch erst aushören. Nicht, um meinem Bruder einen Nebenbuhler vom Halse zu schaffen, verfolg' ich Sie, denn ich konnte Sie ja noch gehen lassen. Sie würden sich über das verunglückte Abentheuer ärgern, und ein anders suchen. Mein Bruder mag auch selbst zu seinem Vortheile sehen, wenn er anders noch ein Mädchen seiner Liebe würdig halt, die ihre Gunstbezeugungen einem buhlerischen Landstreicher zugeworfen hat. Diego. Verwagener! du lästerst eineHei-lige. Himmel, gib meinen Augen Dolche, um den verläumderischen Hund zu tobten! Timoth. Sachte, sachte! Sehen Sie, ich bin ganz kalt, weil ich die gerechte Sache habe. — Nicht, um Sie wegen Ihrer Verbrechen zu züchtigen , nicht aus Privathaß verfolg' ich Sie; sondern um der Welt einen Betrüger zu entlarven, um sie von einem Frevler zu befreyen, und um die, Entweihung der heiligen Gebrauche unsrer Kirche zu bestrafen. Sie können sich Glück wünschen, daß Sie nicht in die Hände der ein Trauerspiel. st der weltlichen Obrigkeit gefallen sind, die sehr' bald mit Ihnen fertig geworden wäre, da wir hingegen suchen müssen, wo nicht den Leib, .doch die unsterbliche Seele zu retten, von welcher ich, als von einem mir anvertrauten Pfände, dereinst Rechenschaft geben muss Diego. Rächer! lebst du noch? Last den Sünder stumm, oder mich taub werden. Wie er dich Kuffodert! Timoth. Nun haben Sie meine Meinung gehört. Künftig bin ich Ihr Richter, 'und dann möchten Sie btc Ihrige wohl nicht so frey sagen dürfen, als heut. Entdeckte Schelmerey har ein Vorrecht, eine zeitlang zu fluchen, Es ist auch empfindlich, wenn man einen so schönen Anschlag aufgeben muß. Alle Ihre Beleidigungen sollen mich auch nicht abhalten,» Sie in mein stündliches Gebet einzufchliessen. Diego. Nennen Sie mich nicht vor Gott, ich bitte Sie; dev Teufel möchte sich freuen, daß mein Name zu einer Lästerung gebraucht würde. Timoth. Bringt ihn weg, wieder nach dem Gartenhause. Ihr haftet für ihn. Diego. Endlich. — Nur dies noch: Sündigen mag Ihnen eine lange Gewohnheit seyn; gber Ihr Gewissen wird mich und Leonoreu nicht 92 Diego, und Leonore, nicht vergessen, wenn eS anfwacht. (mit den Häschern ab ) Timotl). (zu dem Ans. d» K.) Hör' er I Neunter Auftritt. Timotheus.' Auf. der Häscher. Timotl). Der Gefangene muß hier bleiben , bis es Nacht wird. Ich wollt' ihn gern eher weg haben, als der Großinquisitor kömmt, aber ich mag das Aufsehen nicht. Geb' er genau Achtung. Keine lebendige Seele darf zn ihm kommen. Wen» er bey Gelegenheit von den Bedienten im Hause was erfahren kann, so meld' er mirs. --Ich will doch sehen, was in der Brieftasche ist. „Empfehlungsschreiben nach Brasilien. An Don Duarte Gonz," — „Was der Tausend! Nun geh' er nur hin. Wenn «r diese Sache so klug zu Ende bringt, als «r ste angefangen hat, so soll er auch in kurzer Zeit Alguazil major seyn. Verlaß' er sich darauf. — Noch eins. Von dem, was hier im Zimmer vorgegangen und gesprochen ist, weiß er nichts; und seinen Leuten sag' er auch, daß sie davon nichrS gehört und gesehen haben müssen. Versteht er mich? ^ Auf. der Häscher. Wohl. (geht ab) Ti- ein Trauerspiel» 93 Timoth. Was Teufel! ein Brief an den Großinquisitor, versiegelt ? Das begreif' ich nicht. — Sollte Diego wohl nicht wissen, daß eben dev Gonzaga, der Erzbischof hl Brasilien war, nun unser Großinquisitor ist? (ruft den Anführer b. A. zurück) He da ! Komm er her ! Das hab' ich vergessen» Von dem Großinquisitor dürfen weder er, noch die Andern mit dem Gefangenen ein Wort reden» Sein Name muß nicht einmal genannt werden. Merk' er sich das. (Ans. der Hascher ab) Was mag da drinn stehen ? Das wollen wir hernach sehen, (steckt die Tasche eiü) Was wird's feyn? Ein Empfehlungsschreiben, das nicht übergeben worden, weil der Großinquisitor nicht mehr dort ist. — Die Sache wird ernsthaft, dünkt mich. — Nimm dich zusammen, Timotheo» Nur alles wohl überlegt. Wenn's auch schief gienge, was kann dir zu Schulden kommen? Vorsichtig, Timotheo, aber dreist. Der pfiffigste Streich mißlingt oft, weil man sich den Gegenpart zu klug vorgestellt. >•» Die Anklage wär' also: Meuchelmörder, Verführer, Entführer, Rebell gegen den Staat, gegen die Religion Der Junge dauert mich, meiner Seele. Ich redete bloS deswegen so lange mit ihm uni mich durch seine Heftigkeit zu verbittern. Aber es ist 94 Diego > und Leonove f auch ein trotziger Kerl. Meine kleinen Augen! Sieh' doch. Meine Augen sind doch so klein nicht, (vor dem Spiegel) Und spitzbübisch ■— Warte, warte! Du sollst deine Augen desto mehr aufreisten, wenn mir dich da vor dent schwarzen Tische haben. — Papagayenzunge? Ja, ja. Die Zunge hat das Wort: Tod, auswendig gelernt ; Tod! Tod! soll sie auch über dich aussprechen. 1— Und dann wollt' er nicht haben, daß das Mädchen vor mir knien sollte. Ey verflucht! Es haben wohl hübschere Mädchen in der Santa Casa vor mir auf den Knien gelegen^ Aber schön ist sie, das ist wahr. Das Weinen steht ihr auch vortreflich. Wenn sie nun da gelegen hätte, und hätte die nassen Augen zu mir aufgeschlagen , °— üh ! das war' ein Vergnügen gewesen! — Höre Mädchen, wenn du wolltest , du könntest den armen Schächer retten ! — sogar die Laster — die Schwachheiten in uns müssen sich einander die Wage halten. Ich glaube, wenn mich nicht die Wohne zuweilen weichherzig machte , ich' wäre der unerbittlichste Tyrann. — Doch wollt' ich, der Handel war' ans. -— Thue düs, was du thust, ganz, öder fang' es gar nicht an; daö ist mein Grundsatz. Ich habe ja mehr solche Sachen gehandhabet. (zieht ein Trauerspiel. (zieht die Glocke) Man muß sich erst so weit drinn verwickeln, bis man mehr aus Nothwehr, als aus Thatigkcit handeln muß; dann gehts von selbst. Zehnter Auftritt. Timotheus. Benito. Timvth. Was macht dein Früülein 1 Benito. Ich kanns nicht sagen. Wie ich von Catalinen höre! soll sie sich übel befinden. Timvth. Melde mich bey ihr. Ich komme gleich nach. (Benito ab) Verhärte dich gegen die Thranen. Wenn Sie andere Waffen hatten, so würden sie ste brauchen; und für Dolch und Degen schützt dich ja dein Kleid. ( ah ) Vier- ?6 Diego, und Leonore, Vierter Aufzug. (Die Scene bleibt) Erster Auftritt. Timotheus. Ritter Sampajo. Timoth. Ich weiß nicht, der Großinquisitor that ja so kaltsinnig, wie ichs ihm erzählte. R. SüMp. Das wundert dich? Er ist tu der That über dein Verfahren unzufrieden. Warum Haft du das auch gethan? In dem Haufe seiner Nichte. Du hatt'st das Ding wohl anders angreifen können. Timoth. So? Meinst du? R. Samp. Uiberhaupt muß ich dir sagen , es kommt mir vor, als wenn dir der Großinquisitor gar nicht mehr so gewogen ware, als sonst. TiMvth. Das weiß ich. Wasthutdas? 1 Es ist ein Mittel mehr groß zu werden, wenn man sich mit berühmten Leuten überwirft. N. Samp. Ein Mittel, berüchtigt ;U wer- ein Trauerspiel. 97 werden, ja: aber das kann man bequemer haben, auf einem weniger gefährlichen Wege. Timotl). Pah! Gefährlich. -- Aber hat's denn Sr. Exellen; gefallen, dir die Ursachen Ihr» Mißvergnügens zu entdecken? — Sage doch. R. Samp. Bruder, ich kann den Spaß in einer ernsthaften Sache nicht vertragen. Timoth. Ich scherze auch nicht; aber ich ärgere mich , daß du das so wichtig nimmst. Wer will dem Timotheus was thun? dem Beichtvater so vieler Herzoge, dem Gewissensrath so vieler Damen vom Hofe, dem Prediger, dem das Volk so gerne singen hört. R- Samp. Die Antwort hätte ich nicht erwartet. Ich dächte, die Achtung eines Mannes , wie der Großinquisitor ist, sollte dir werthev seyn, als der Schutz nnd Bey-fall der Gönner, die du da genannt hast. Timoth. Eins ist gut, und das andere nicht übel. Wer auf einem weiten unbekannten Wege gehen will, der schneidet sich kleine Kerben in die Bäume, um Weg und-Steg wieder zu finden. Wenn er grosse Pfähle Hinpflanzen wollte, so würden andere seinen Gang bald aufspühren und sagen: Hier kam er durch. Glaube — Aber hat er etwas von mir geäuffert? Hl. Band. G R. Samp. 98 Diego, und Leonove, R- Samp. Nein , er hat nur seit tu niger Zeit gar nicht von dir gesprochen, und wenn ich dich nannte, so wurd' er, ich weiß nicht, so ernsthaft, zurückhaltend. Es ware mir angenehm , wenn mein Bruder, und mein Freund einträchtig mit einander wären; und um meinen Bruder war' mirs lieb. Davon ein andermal. Sage mir, warum hast du dem armen Teufel so ernstlich ttachgesetzt? Du hatt'st ihn ja können reisen lassen. Er ist ein junger Mensch; er war ja nun gewitzigt. Timoth. Kennst du unsere Gesetze? R. Samp. Man verfolgt oft jemand, und freut sich heimlich , wenn er durch-wischt. Timotl). Das war' ein heuchlerisches Spiegelfechten, wozu ich mich nicht Her-Massen kann. Psticht und Gewissen verbanden mich — R. Samp. Gut. Wenn das deine Ve-wegungsgründe waren, so Hab' ich nichts zu sagen. Timoth. Weißt du die Verbrechen dieses Kerls? R. Samp. Bruder, ich mische mich in eure Geschäfte nicht. Thu du, was dir gut dünkt, und was du verantworten kannst. Ich habe nur zuweilen gedacht, ob dich dein €>. ein Trauerspiel. 99 Eifer nicht zu weit treibt. Ich hatte mich nicht zu so einem Amte geschickt; ich bin nicht hartherzig genug. — Du bist ein klu. ger erfahrner Mann, glaubst du, daß eure gewaltsame Bekehrungen dauerhaft sind? Timoth. Wir thun, was wir können. Wenn die Schaafe sich nicht durch den Hir-tenstaab wollen winken lassen, so müssen sie mit Hunden herbeygehollet werden. R. Samp. Und dazu laßt du dich brauchen ? Timoth. Nimm dich in Acht. Du bist mein Bruder, aber ich bin Inquisitor. R. Samp. Nun , nun, es war so böse nicht gemeint. — Was willst du denn mir dem Diego anfangen? Timoth. Seine Sache wird nach dem gewöhnlichen Lauf gerichtet werden. R.Samp. Der Großinquisitor glaubte, daß sie nicht viel auf sich hätte, so gehaßig auch der Bericht davon abgefaßt wäre. ■ Timoth. (spöttisch) Sagt er das? 3t. Samp. Denoch werd' er einen schweren Stand haben, weil du wenigstens nicht sein Freund wärest. Timoth. So ? Uiber die hellsehende Köpfe! Du und der Großinquisitor habt doch wohl bende nur ein Auge, und müßt von an» der« eins borgen, wenn ihr etwas beobachten wollt. G 2 ioo Diego, und Leonore, R. Samp. So kennst du den Großinquisitor noch nicht. Ich denke, der ist der feinste Beobachter, dem man's nicht ansieht, wenn er Bemerkungen macht. Bmoth. Meinetwegen. — Du wolltest Vorher von der Königinn sagen. R. Samp. Sie hat den Diego, als ihren Landsmann, dem Großinquisitor empfohlen , und mir aufgetragen, bey dir für ihn zu sprechen. Timoth. So sprichst du für deinen ärgsten Feind. R- Samp. Wie so? Timvth. Höre mich an, Bruder. Ich habe dich sonst als einen entschlossenen kühnen Jüngling gekannt, aus dem einmal ein Mann werden sollte. Ob du dich in Brasilien geändert hast, muß ich erst sehen: ich kenne dich itzt zu wenig. Federkraft muß noch in dir seyn, weil du dich so hoch geschwungen hast, und Klugheit mußt du auch haben, weil du bey Hofe in Ansehen stehest, und der Freund und Günstling eines grossen Mannes bist. R. Samp. Nun? Timoth. Ist es dein völliger Ernst, die Donna Leonore zu henrathen? R. Samp- Wie kannst du fragen? Es ist mein einziger , mein höchster Wunsch. ein Trauerspiel. ioi Timoth. Einziger ? Hm I — Du liebst sie also von ganzer Seele? R. Samp. Von ganzer Seele. Nicht mit der sprudelnden Liebe eines Jünglings von zwanzig Jahren, aber mit aller Treue, und Beharrlichkeit eines Mannes von vierzig. D'moch. Also willst du auch alles unternehmen , deinen Wunsch zu befriedigen? R.Samp. Natürlich. Timoth. Alle Hindernisse wegräumen? R.Samp. Alles, alles. — Aber, wie kommst du — Timvrh. Still. Merk' auf. Dieser Diego , dreier armselige, unbedeutende Fremdling, hat seine lüsternen Augen — faß' eS recht, Bruder, — hat seine Augen bis zur Donna Leonore aufgehoben, hat das Mädchen bezaubert. — R. Samp. Unwahrheit! Verlaumdung! Timvth. Du sollst Beweise haben. Hier — hier ist ein Paquet Briefe, die sie an ihn geschrieben. R. Samp. Zeig her. Ihre Hand! Gib ! Bmoth. Itzt nicht. Du kannst sie hernach lesen. Der Großinquisitor muß sie erst sehen. In diesen Briefen hat man unter andern den sinnreichen Anschlag verabredet , mit einander nach Deutschland zn gehen. Des Ritters Sampajo geschieht G z nicht 102 Diego, und Leonore, nicht anders Erwähnung, als wenn man mtt seiner eitlen Bewerbung Mitleid hat. Er ware zwar ein recht guter und weiser Mann, aber gegen dem Diego. — R. Samp. Ich kann's nicht glauben. Bruder, du thust mir weh. Timoth. Wie mag dich der geübte Betrüger heimlich ausgclacht haben! R. Samp. Verflucht! Wo ist der Kerl? Timoth. Wenn ich nicht gesorgt Hatte, so käme deine Frage wohl zu spat. Nun fodr' ich ihn lieber heraus, und laß dich noch von ihm todtschiessen. Die Rache will ich schon übernehmen. Dein Geschäft ist die Sache dem Großinquisitor vorzutragen, und zwar mit einer Art — wenn du Sinne hast, die Beleidigung recht zu fühlen, die man dir angethan hat, so brauch' ich dir nicht zu sagen, wie du sprechen sollst. Eine schlichte Erzählung, aber gut gewendet, ohne Affekt, ohne Ausruffungen, aber mit kummervollen Gesicht, hie und da ein wohl-gewahltes Beywort — R. Samp. Wozu die Künste? die Sal„ che spricht ja selbst. Timoth. Nun denn. Herrlich. Aber das ist noch nicht genug. Du mußt den Großinquisitor dahinbringen, daß er, ohne sich im mindesten darein zu mischen, mir Diego's ein Trauerspiel. 103 go's Verhör und Bestrafung austrZgt, und ganz allein überläßt. Ich weiß mehr, als ich dir ißt sagen kann. Aber glaube mir, wenn dieser Diego binnen Monatsfrist noch im Lande der Lebendigen ist, so wirst du Leonoren niemals erhalten. R. Samp. Wenn Sie für einen andern eingenommen ist, so will ich sie nicht. Ich habe mich ihr nie aufgedrungen, und werd' es itzt noch weniger thun. Ich liebte sie ohne Nebenabsichten, ohne Eigennutz, das weiß der Himmel. Ich war ein Thor, daß ich mir einbildete, ein junges Mädchen sollte keine Augen haben , sollte über mein Alter wegsehen. Und doch, dieses Mädchen war Leonore, die erhabene Leonore, die zugleich dachte, und empfand, ipo andere nur fühlen. Timoth. Sie bleibt, was sie war : immer noch deiner würdig. Ohne die kleine Schwachheit hatt' ich sie selbst für einen Engel gehalten. R. Samp. GleißnerischeS Geschlecht! Wenn die erste von dir — Doch, was be. klag' ich mich ? Sie war mir ja nichts schuldig. Zwar hat sie mich oft versichert, sie wolle nie einem Manne, nur dem Himmel leben , und nun verschleudert sie das Herz, dessen ich mich nicht würdig hielt, an einen G 4 Ver- io4 Diego, und Leonore', Verworfenen. Bruder, wenn du findest, ' daß er durch List das Mädchen berückt, durch Niberraschung, durch Täuschung sich in ihre Neigung eingeschliechen hat, so rache Tugend und Unschuld an ihm. Aber ich kann mirs nicht einbilden; der Mensch iah einem ehrlichen Kerl so ähnlich. Timoth. Er hat mich selbst im Anfang betrogen. Aber der Himmel hats weißlich fo. geordnet, daß es keinen Schelm gibt, der sich die Schelmerey nicht zur Gewohnheit machte. So muß er sich am Ende doch selbst entdecken. — Du mußt also dem Großinquisitor die Geschichte erzählen. Ich ver-muthe, er hat keinen Verdacht von so etwas gehabt. R. Samp. Gewiß nicht. Noch wie wir hieher fuhren , hat er mich aufgemunlert, von neuem um seiner Nichte Zuneigung zu werben. — Es wird dem guten Manne viel Kummer machen. — Hat denn Violante darum gewußt? Timoth. Allerdings. Sie hats auch ge-mißbilligt, wie sie sagt. Aber du weißt wohl, die Mädchen verrathen sich einander nicht. R. Samp. Sie ließ sich eben beym Groß-1 inquisitor melden, um mit ihm allein zu reden. Deshalb gieng ich weg. -Ohne Zwei- ein Trauerspiel.. io* Zweifel wird sie ihm das Geheimniß entdecken wollen. Timoth. Sicherlich. — Wart' einmal — R. Samp. Mir ists lieb. Wer mag gern schlimme Nachrichten hinterbringen? Timoth. Das ist freylich am Ende ei-ncrley. Siehe zu, daß du Violanten auf deine Seite kriegst. Wenn wir sie mal brauchen sollten , — es laßt sich schon was mit ihr anfangen. Ich Hab' eben eine weit-läuftige Unterredung mit ihr gehabt, aber wir mogten uns beyde gegen einander nicht herauslassen. — Wenn du nur suchen willst, den Großinquisitor so aufzubringen, daß er sich von dem Menschen ganz lossagt, ihn in meine Hände gibt, so soll er dir nicht weiter schaden, da bin ich gut für. Wie ein Rechenexempel will ich ihn von der Tafel dev Lebendigen wegwischen. Binnen einem halben Jahre har ihn Leonore vergessen, dann trittst du wieder in deine alte Rechte. Zweyter Auftritt. Der Großinquisitor. Die Vorigen. Ein Bedienter. Se. ExceUenz. (ab) Timoth. Bruder, wenn dir Leonorens Person und Vermögen etwas werth ist, s» wend' ißt alles an. — G 5, Groß- io6 Diego, und Leonore, Großinq. Mein Herr! ich hab' eben eine sehr unangenehme Sache erfahren; haben Sie was davon gewußt? Bmoth. Ich kann wohl errathen, was Sie meinen. Allerdings Hab' ich darum gewußt, doch erst seit der Gefaugennehmung des ruchlosen Menschen, und durch die Briefe ihrer Nichte, die man bcy ihm gefunden hat. Wir waren vorher nicht allein, sonst würd' ich Sie davon unterrichtet haben. Großinq. Geben Sie mir die Briefe. Timvth. Ich beklag' euer Excellenz deswegen von Herzen, und freue mich nur, daß mich der Himmel zum Werkzeuge gemacht hat, diesen gefährlichen Heuchler kenntbar zu machen, und zu bestrafen. Großinq. Ich bin darum nicht besser mit Ihnen zufrieden. Sie hätten wohl aus Achtung für mich und meine Familie behutsamer zu Werke gehen mögen. Timott). Gnadgev Herr, Sie wissen, daß wir Befehl haben, ohne Ansehen der Person und des Standes — Großinq. Befehl? Sie verwandeln gern Erlaubnisse in Befehle, merk' ich. Sie haben die Freyheit, die Verbrecher aus jedem Hause wcgzuhollen, aber, wohl zu verstehen , wenn Sie wollen. Ich denke, meine Nichte würd' Ihnen den Flüchtling nicht vor- ein Trauerspiel. 107 Wett tli ftftett haben , wenn er von ihr ge-fobevt wäre. Das mag indessen hingehen. — Nur daß Sie, der immer so viel Freundschaft für unser Haus vorgab, mir die Entdeckung bon dem Liebesverstandnisse nicht mitgetheilt haben, das sind' ich wenigstens nicht freundschaftlich. Timoth. Euer Excellenz kosten versichert seyn, dag ichs auö keiner andern Ursache verschwiegen Hab', als Ihnen den Kummer, zu ersparen. Großinq. Dafür muß ich Ihnen denn also verbunden seyn. Aber ich würd' es Ihnen noch mehr danken, und ich glaube, Ihr Bruder hier gleichfalls, wenn Sie mich erst um Rath gefragt, und nicht so öffentlich verfahren hatten. Uiberhaupt mein Herr, sind Sie für dies Richteramt zu rasch, zu unbehutsam. Der glühende, lodernde, zudringlinge Eifer entstellt den Richter nur; der warme zuthätige Eifer macht ihn lie-bensivürdig. Jener schreckt; dieser überzeugt allein. Auch der Weise kann noch ein paar Schritt über seine Schuldigkeit hinausgehen; aber wer sich gar zu viel zu thun macht, immer geschäftiger ist, als die Pflicht von ihm fodert, dem mangelts entweder hier, oder hier, (auf Kopf und Brust zeigend) Ich werde nächstens über dieses '1 Ka- io8 Diego, und Seenöte, Kapitel ausführlicher mit Ihnen reden müssen. ■— Was gedenken Sie denn mit Ihrem Gefangenen vorzunehmen? A^imotl). Er soll diesen Abend nach der Stadt gebracht werden. Großinq. Gut. Ich kome Morgen selbst dahin, und werde seine Sache untersuchen. Aber ich möcht' ihn itzt gern sprechen. Wollen Sie sich die Mühe geben, ihn hieher kommen zu lassen? Timotl). Wie Sie befehlen. (ab) Dritter Auftritt. Der Großinquisitor. Ritter Sampajo. Großinq. Ich bedaure Sie, mein Freund. R. Sp. Gnädiger Herr, ich bedaure Sie. Großinq. Ich leid' auch viel dabey. Das Mädchen ist so an mein Herz gewachsen. Der schöne Traum, daß sie und mein Freund durch einander glücklich werden sollten! Das soll dir, dacht' ich, die drückende Last deines Amtes erleichtern, das soll dich deine kummervolle Jugend vergeffenmachen, dein Alter demjenigen der Erzväter ähnlich machen, das soll die zeitliche Belohnung für Fleiß und auf-geopferte^ Kräfte seyn; und nun — R. Samp. Mein Freund ! Großinq. Heiliger Gott! du hast mich Der- ein Trauerspiel. 109 Verlaugnung und Ergebung in deinen Willen früh gelehrt: aber wenn hu jeden Faden, der mich noch an die Erde heftet, zerschneiden willst, 0 ! so laß mich nicht allein, nicht einsam zurück! — Sie wissen die Geschichte meines Lebens. Ich Hab' Ehren, 58emo» gen, das Zutrauen eines Königs erhalten, lauter Dinge, die ich nicht wünschte, die ich sogar von mir abwehrte; und alles, wornach ich trachtete, alles, alles, ist mir verweigert worden. Da steh'ich an einem Posten, wo ich für das Seelenheil und die moralische Besserung so vieler Tausende sorgen soll, ich, der sich nie die Kräfte zutraute, nur in einem ganz kleinen Zirkel nützlich zu seyn. R. Samp. Eben mit diesen Gesinnungen, wo ware wohl ein Würdigerer, als Euer Excellen; sind? Großinq. Mißtrauen in sich selbst ist eine gute Eigenschaft, aber es ist nicht hinlänglich. Und dann ein Großinquisitor zu seyn! Den Weg, den ich die Seelen zum Himmel führen soll , selbst mit Dörnern zu bestecke» , Gruben darauf zu graben! Gerad' itzt hatt' ich die Einwilligung und den Bey-tritt unserö Königs erhalten, einige Mißbräuche beym Inquisitionsgericht abzustellen, fahre hieher in völliger Zufriedenheit, um ein« no Diego, und Leonove, einmal einen glücklichen Abend mit meiner Nichte hinzubringen, und da wartet schon ein neuer Jammer auf mich. Hatt' ich nur was davon gewußt; meine kranken Nerven können die ttiberraschung nicht vertragen. — Sie glauben nicht, Ritter, wie weh' mirs thut, um Ihretwillen, um Leonorens willen, und auch um des armen Menschen willen, der slch'ö nicht träumen ließ, in Portugal sein Verderben zu finden. R. Samp. Mein Bruder halt ihn für einen verschlagenen Bösewicht. Großinq. Bauen Sie auf seine. Reden nicht; — es thut mir leid, daß ,'ch Sie für Ihren Bruder warnen muß — aber ich fürchte, daß Sie sich einst seiner schä, men werden. — Freylich hat sich Diego vergangen. Seine Flucht, seine Widersetzlichkeit könnten ihm schlimme Handel machen ; doch glaub' ich, daß er unser Mitlei, den verdient. — Sie mögen meine Schwachheit tadeln, liebster Freund; aber ich hab' einen Grund mehr, ihn zu schützen. Er ist ein Deutscher, und hat auffallend ähnliche Züge mit einer gewissen Person — 0u (Btiinp. Die Sie gekannt haben ? Großinq. Ja wohl. Sie wissen's ja — in Wien — deren Andenken — Freund, ich kann mir nicht helfen; es ist lange her—• aber ein Trauerspiel. m aber ich wert»' es nicht los, als mit dem Tode. — Noch empfindlicher ist mir Leo-norens unglückliche Verblendung. Violante sage mir, ihre Leidenschaft scy auf einen Grad getrieben, daß ttiberspannung und Erschlaffung drauf folgen müsse. Ihre Wünsche zu befriedigen, ist unmöglich, rein unmöglich , wenn ich so einen Gedanken auch fassen könnte. — Ha! ich bildete mir so viel auf daS Mädchen ein. Aber ick darf nur auf eine Sache stolz thun, gleich züchtigt mich der Himmel, und an derselben Stelle. Hinterher und' ich zwar immer Ur. fache, ihm dafür zu danken ; aber jede Hof nung, die aus dem Herzen gerissen wird, macht doch eine Wunde. Meins glaubt ich, wäre so vernarbt, daß es nicht mehr schmerzen könnte, und doch fühl' ich, dies thut bitter weh. Man kömmt. Was wir itzt gesprochen haben, Ritter — R. Samp. Das versteht sich. Großmq. Auch Ihr Bruder nicht. Vierter Auftritt. Timotheus. Die Vorigen. Timoth. Er wird im Augenblick hier fentt. Ich will hoffen, daß Euer Excellenz eine bessere Begegnung von ihm erfahren werden, als ich. ' Groß- us Diego, und Leonore, Grvßinq. Edelmüthige Leute wollen auf ihre Art behandelt seyn, und Ihr Gefangener ist einer, wo ich nicht irre. Timotl). 3ch wünsche, daß Euer Excellen; immer so günstig von mir urtheilen mögen, als Sie einst nachtheilig von dem Verfüh« rer Ihrer Nichte denken werden. Grvßinq. Wünschen Sie das nicht. Man kann nicht wissen, ob die Sache nicht anders ist, als sie scheint. Fünfter Auftritt. Diego, (wie vorher) Ans. der Häfcher. Die Vorigen. Grvßinq. Was ist das! Gebunden? Wozu das, mein Herr? Timvth. Euer Excellenz wissen, wie er sich betragen hat. . Grvßinq. Ganz recht. — Don Diego, Sie werden einsehcn, daß Ihnen Ihr Widerstand nichts hilft, sondern Ihre Sache schlimmer macht. Auch diese Kränkung hätten Sie sich ersparen können. Versprechen Sie mir bey Ihrem Ehrenwort, daß Sie sich morgen in der Santa Casa zum Verhör einstellen, sich dem Schluß des heiligen Gerichts unterwerfen, und nicht ohne meine ausdrückliche Erlaubniß aus der Stadt ein Trauerspiel. uz weichen wollen. — (Diego zaudert) ES bleibe Ihnen doch kein Weg zur Flucht übrig. Ich dächte, der Zwang müßte Ihnen zu. wider seyn. Und dann wollt' ich nicht gern, daß das Haus meiner Nichte einem Kerker ähnlich sähe. Diego. Ach! gnädger Herr, ich ver. sprech' es Ihnen auf das heiligste. Ihr Gefangener will ich ganz, will ich gern seyn; nur — Großinq. Und was? Diego. Nur geben Sie mich nicht der Verhöhnung dieses Mannes Preis. (auf Timotheus deutend ) Großinq. (wirft einen ernsthaften Blick auf Timotheus) Bindet ihn los. ( zu den Haschern ) Und wartet brausten! ( die Hascher ab ) Diego. Ich dank' Ihnen, mit Beschä. mutig dank' ich Ihnen. Sie hätten doch noch Ursache, ungütig zu seyn. Großinq. (halb sachte zu den andern) Meine Herren, verzeihen Sie, ich mögt« gern allein mit ihm reden. (Tim. und R. Samp. ab ) HI. Band. H Sechs^ 114 Diego / und Leonore, Sechster Auftritt» Der Großinquisitor. Diego. Gwßinq. Ungütig weed' ich nie seyn, aber gerecht. Unbesonnener Mensch! Weh che Raserey hat Sie hieher geführt, zu Ihrem eignen Verderben, die 3luhe einer glücklichen Familie zu stören, das Herz eines unschuldigen Mädchens mit einer unstatthaften wilden Leidenschaft zu vergiften • Diego, ich habe Sie geschätzt, ich habe Sie geliebt, weil ich Sie für einen weisen Jüngling hielt; ich hab' Ihren Umgang mit meiner Nichte geduldet, gern gesehen, um Ihres ehrlichen Gesichts willen. Und nun haben Sie mich betrogen, haben mich da verwundet — o! es ist nicht recht, junger Mensch -— Diego. Gnadgev Herr — Größt nq. Glauben Sie, glauben Sie einem Manne, der auch jung gewesen, dev auch Begierden hatte, es kommt eine Zeit, ein Alter, wo nian wünscht, alle Ver. gnügungen dev Sinne und Empfindung seiner Pflicht aufgeopfert, und lieber niemals einen Wunsch, eine Neigung befriedigt zu haben. Diego. Erlauben Sie mir, gnadgev Herr —• ein Trauerspiel. ns Großinq. Ich weiß, was Sie sagen wollen, was Sie sagen können. Donna Violante, die gewiß Ihre Freundin ist, hat mir Ihre Geschichre vortheilhaster erzählt, als Sie viellcichr selbst rhun würden. Ich glaube, daß Ihre Liebe zu meiner Nichte unwillkührlich und edel war. Aber, wenn Sie recht geliebt hatten, wissen Sie, wüs Sie thun mußten? Von dem Augenblick an , daß Sie sich Ihre Zuneigung entdeckt hatten, mußten Sie fliehen, das Mädchen nicht wieder sehen, und wenn's Sie das Leben gekostet hatte. Dann waren Sie ih-rer werth gewesen. Sie halten das für unmöglich ? — Ich habe so ein Frauenzim. mer gekannt, auch eine Deutsche, die einen jungen Portugiesen unter denselben Umstanden liebte, und so liebte, — sie hatte ihm alles aufgeopfert. ■— Kaum erfuhr sie, daß eine' solche Verbindung sein Unglück seyn würde, so verließ sie ihn, heurathete geschwind einen andern, den sie nicht liebte, und er hat nach der Zeit nichts weiter von ihr gehört. Diego. Ich will mich nicht rechtferti-gen — Großinq. Lassen Sie mich erst ausreden. Ich verzeih' Ihnen den Kummer, den Sie mir gemacht haben, weil es nicht Ihre H 2 Ab- ii6 Diego, und Leonore/ Absicht war. Meine Thranen sollen Sie nicht drücken, ob es gleich nie Segen bringt, wenn über einen geweint wird. — Ihr Handel in der Stadt mit den Mönchen, soll Ihnen, hoff' ich, nicht viel Umstände ma-chen ; und die andern Beschuldigungen werden ja wohl ungegründet seyn. Morgen müssen Sie in her Santa Casa erscheinen, und vermuthlich werden Sie, nach unser» Gesetzen, bis zur Entscheidung daselbst in -Verhaft bleiben müssen. - Ach allein will Ahr Richter seyn, und werd' alles thun, um die Sache bald und zu Ahrem Dortheil zu enden. Aber dann augenblicklich müssen Sie Portugal verlassen, und schwören, nie wieder zurück zu kommen. Dies ist mein Entschluß, und ist mehr, als ich für irgend «inen Menschen in der Welt thun würde. Denn sehen Sie, ich überrrette selbst das Gesetz, welches den, der aus dev Anqui» sition entflieht, zum Tode verdammt, und den, dev sich den Haschern widersetzt, auch zum Tode verdammt. Diego. Ich dank' Ihnen, väterlicher Mann. Es ist zu viel, — und doch nicht genug. — Q! übergeben Sie mich wieder in die Hände des Timotheus. Der tobtet mich doch nur einmal, und Ähre @ute ■— Machen Sie aus mir, was Sie wollen, tin Trauerspiel. ni waS bvauS werden will. Ach habe nur zwey Wünsche: Leonvren, oder den Tod. Jene können Sie mir nicht geben; so geben Sie mir diesen. — Doch er wird so kommen, er wird gewiß kommen; das hoff' ich, das weiß ich, — Sagen Sie mir, liebreicher, heiliger Mann, wie sind Sie mit Ahrem Herzen in der Welt fortgekommen , wie haben Sie leben und alt werden können? Grvßinq. Wozu das ? ( bewegt ) Was geht Sie mein Her; an? — Ach beklage Sie, armer, unglücklicher Mensch. — Ach hab' auch gelitten. Viel gelitten in dev Welt. — Aber Jüngling, es kommt ein Leben, ein lohnvolles Leben. —- (gibt ihm die Hand) Dä sollen sich die Guten, die Edlen Wiedersehen, (halb vor sich) Sehen Sie mich genau an, damit wir uns dort gleich wieder kennen. ■— (ausserst gerührt) Noch dicS mein Sohn. Da! (küßt ihn) Und nun nichts weiter. Nun gehen Sie. Wir machen uns ohne Noth weichherzig. Diego. Wohin soll ich? -— Ast also keine Hofnung Leonoren jemals zu besitzen. Großinq. Keine, keine! Warum fragen Sie mich. Ach hab' Ahnen meine Meinung gesagt, Dona Leonore mit Ahnen vereinigt -H 3 da< / nF Diegö, und Leonore, das ist in dieser Welt unmöglich — haben Sie mir noch was zu sagen? —- Diego. Nichts. Großing. Recht. Unsre Königin» hat von Ihnen gehört, und mir aufgetragen, mich nach Ihrer Familie zu erkundigen. Sie hat sich ihres Landsmannes sehr ernstlich angenommen. Ihr Nam' ist Diego von Wallborg; nicht wahr? Diego. Ja. Großing. Haben Sie mir nicht gesagt, daß Ihr Vater aus Portugal wäre? Dev Nam' ist ja deutsch. Diego. Mein Vater war ein portugiesischer Edelmann. Der Kaiser gab ihm wegen seiner Dienste den deutschen Adel. Ich hab' ihn sehr jung verlohren. Meine Mutter, die eine Deutsche und Protestantin ist, hat mir seinen Geburtsnamen, und die Ursache seiner Entfernung aus Portugal nie entdecken wollen. Sie besitzt ansehnliche Güter , und wohnt itzt in Hamburg. Großing. Ihre Mutter ist eine Deutsche ? (heftig) Doch nicht aus Wien? Wie ist ihr Geschlechtsname ? —. Doch das brauch' ich nicht zu wissen. — Weswegen kamen Sie eigentlich nach Lissabon? Diego. Um von hier nach Brasilien zu veisen. Groß- etn Trauerspiel. 119 Großinq. Warum Hab' ich Sie nicht lieber dort, als hier, kennen gelernt? So ware vielleicht alles besser. Diego. Sind Euer Excellenz dort gewesen ? Großinq. Verschiedene Jahre, ja. Wer kommt? Siebenter Auftritt. Donna Leonore. Die Vorigen. Großinq. Was wollen Sie? D. Leon, (»hm die Hand küssend) Ih, ten Segen, mein Vater. Großinq. Gott segne Sie, Fräulein. D- Leon. Fraulein ? Bin ich nicht Ihre Tochter mehr? Großinq. O, Sie haben mich sehr be. trübt. Leonore, wie konnten Sie so sich vergehen, iw konnten Sie — Doch, ich will Ihnen keine Vorwürfe machen: die werden kommen. Aber das verzeih' ich Ihnen nicht, daß Sie mir aus der wichtigste» Angelegenheit Ihres Lebens, aus einer Sache, die Ihre und meine Ruhe berrift, ein Geheimniß gemacht haben. Warum fragten Sie mich denn sonst um Rath, wenn Sie sich verirrt hatten ; warum entdeckten Sie mir den sonst all' Ihre Wünsche, Ihre geheimsten Gedanken, erzähl. Jjt 4 ten 120 Dichö, und Leonore, ten mir alles, was Sie Gutes und BöseS dach, ten ? Hab' ich Ihnen nicht immer treulich ge-rächen ? Hab' ich Sie jemals unfreundlich von mir gewiesen ? Nahm ich Sie nicht auf meinen Schoos, drückte Sie an meine Brust, und sagt' Ihnen: Kind, das mußt du thun, darum mußt du Gott bitten. Und giengcn Sie nicht jedesmal getröstet und gestärkt von mir ? Wie ich meiner Schwester auf ihrem Todbette versprach, Ihr Vater zu feyn, als sie mit dem legten Blicke, dev noch in die Augen zurückkam, da der Geist schon weg war, ihre Tochter zu mir wies, da dacht' ick nicht, Leonore, da dacht' ich nicht, daß Sic mich einmal durch Mißtrauen kranken sollten. D. Leon. £>, verzeihen Sie, mein gütiger Oheim, verzeihen Sie mir. Ach! Diego, hält' ichs nur gethan, was du immer wolltest , hätt' ich's ihm nur entdeckt. Ja, ja, so waren wir glücklicher. Aber der Himmel weiß, ich konnte nicht. Ich war stumm, betäubt. Ich hatte keinen Gedanken, keine Empfindung, als «für meinen Diego. Aber, gnädger Herr, ich liebte ja. Wer ist da nicht heimlich, zurückhaltend? Man liebt nicht, so lange man noch gegen andere vertraulich ist. GroßlNq. Liebe, immer Liebe» Was soll bas? D. Leon. ein Trauerspiel. 121 D. Leon. Was das soll? Großinq. Denken Sie nicht weiter daran. D. Leon. Nicht daran denken ? — Vis mir die Gedanken vergehen, will ich an nichts anders denken. — Ha! mm seh' icbs. Es ist alles eins. Sie sind eben so grausam, wie der andere; grausam mit aller Ihrer Sanftmuth und Güte. Gift ist Gift, und wenn's mit Honig bekkeistert wird. — O, meine Mutter, meine Mutter, hatt' ich dich noch ! Wenn du vorn Himmel herabschauen kannst, 0, so sieh', wie sie mein Her; mißhandeln ! Unempfindliche Männer sollen die Gefühle deiner Tochter messen, beurtheilen — Gfoßinq. Leonore D. Leon. Was wissen Sie von dev Liebe ! Sie und der Timotheus sind nur halbe Menschen: Sie haben den ersten, den seligsten Trieb der Menschheit in sich ersticken müssen. Gehn Sie in Ihr Kloster, wo Liebe Thorheit, und Gefühllosigkeit Pflicht heißt! Hier in der Welt haben Sie nichts zu ordnen; hi^r wird alles, alles durch die Liebe getrieben, durch die Liebe regiert. Diego- Leonore, Sie sind unbillig. Wenn Sie wüßten, wie liebreich ich bin behandelt worden. — Gott! daß ich der Frie-densstöhrer seyn mußte! Warum bin ich ncht auch allein das Opfer? H 5 D.Leon. i22 Diego, und Leonore, D. Leon. Beklage dich nicht. DaS ist nicht anders. Der Liebe muß immer ein Paar geopfert werden. ■— Geopfert? — Ja, so ist'ü. •— Diego, wir schicken uns recht dazu: jung und rein. Gewißlich rein. O! die Evttiun kennt uns. — Haben sie dich auf eine zeitlang losgebunden? (besieht feilte Aande) Das ist gut. Sieh', ich bin auch noch freu, ich kann noch her-umgehen, ranzen, singen — so lang' es dauert. Sie müssen erst die Messer wetzen. — Ich weiß nicht, wie mir ist. Schlimm ist mir nicht. — Opfer, ich bitte dich, wenn du zum Altäre kommst, und das Blut riechst, so winsle nicht. Das hören die Opferer gern. (sinkt entkräftet in einen Stuhl) Diego. Meine Liebe, was ist Ihnen? Großinq. Welche Schwärmer«)! Gott! ist es dahin gekommen l Mein Kind besinnen Sie sich. D. Leon. Weg da ! weg da! Ich liege so ganz recht. Ich will mich nicht ruh. ren. Nur zu! Großinq. Heiliger Gott, sey uns gnä« dig! Das fehlte mir noch. Was mache» Sie, Leonore? Scheu Sie doch auf. Hier ist ja Ihr Diego, bey Ihnen ■— Diego. Leonore, kennen Sie mich nicht m hr! — ein Trauerspiel. 123 mehr ? — Ach liege hier zu Ähren Füssen. — Hören Sie mich doch! ■— Ach weiche nicht von Ahnen, nicht von Ihrer Seite. — Meine Liebe, wollen Sie Ihren Diego nicht mehr sehen? D. Leon. Oh! Bist bit noch da? (ihm die chand reichend) Mir war wunderlich zu Muthe. — Hab' ich dich erschreckt? Verzeih mir, du Lieber. Steh' auf; aber weine nicht. Gwßinq. O meine Tochter, was war das? Wo bleibt Ahr Glaube an Religion und Tugend? So muß ich meine Erwartungen vereitelt sehen? Haben Gie alle meine Lehren vergessen, vergessen, daß Selbsterhaltung die erste Pflicht ist? D. Leon. Selbsterhaltung ? Guter Man, für wen sollt' ich mich erhalten, wenn dieser es nicht ist? Was soll auf der Erde ein alternloses verlassenes Mädchen, die keine Hofnungen, keine Wünsche mehr hat? —-nicht einen kleinen elenden Wunsch mehr. Großinq. Also mich lieben Sie nicht? Für mich wollen Sie sich nicht erhalten? D.Leon. Ja, ich lieb', ich ehre Sie; mehr als eine Tochter ihren Vater geehrt hat: aber was ist das gegen diese Liebe 1 Und dann, wie bald wird der kleine Rest Ihres Lebens dahin seyn. So war'ich ja doch i24 Diego, und Leonore, r dock in der weiten Wüst' allein. Heben Sie eine Blum' aus der Erde weg/ ob sie eine Stunde früher oder spater verblüht, was ist daran gelegen ? So lange Diego mein ist, will ick gegen den Tod auch kämpfen, und siegen: aber ohn' ihn bin ich, waö die matte Fliege gegen den Herbstwind ist. Großinq. Ich glaubte, meine Nichte wüßte, daß es Unrecht ist, daß es Verbrechen ist, seine ganze Seele an ein zeitliches Gut zu hängen. D. Leon. Das ist dessen Sache, der mir diese Sinne, und dieses Herz gab. Unrecht sollt' es seyn, etwas Irrdisches zu lieben? p ! ich bin unbesorgt. Sehen Sie: Strafen müssen dem Verbrechen angemessen seyn; und meine Lieb' ist so unbegränzt, so unaussprechlich , daß keine Strafe mögliche wäre, sie zu ahnden. ■— Aber ist das Ihr Ernst, mein Oheim, Ihr rechter Ernst, daß Liebe Verbrechen sey? Sie waren ja auch nicht immer unempfindlich. Großinq. Ich war's nicht immer, nein; aber ich buffe auch dafür. D. Leon. Gut, ich will auch buffe», mehr, als je eine. Am Tage will ich lieben , und des Nachts wachen, beten, seufzen , weinen, knien; so buffe«, bis der Teufel selbst sagt: es ist zu viel. Groß- tin Trauerspiel. rar Großinq. Mein Kind, lassen Sie sich rachen. Ergeben Sie sich in die Fügungen des Himmels mit Geduld, und bitten ihn um Kräfte, Ihr Unglück zu ertragen. Ich erwarte von Ihnen, Don Diego, daß Sie meiner Nichte eben so rachen werden. In meinem Vermögen stebt's nicht, Ihre Vereinigung zu bewirken. — Hier sind Ihre Briefe. Ich habe sie nicht gelesen. Neh. men Sie. D. Leon. Was soll ich damit? Sie gehören ihm. Nimm sie, Diego. Großinq. (gibt sie chm) Ich hab' Ih. rem Freunde metnqt Entschluß gesagt. Wenn Sie erst ruhiger sind, so will ich weiter mit Ihnen reden. Ich lasse Sie allein. Sie müssen sich einander Much machen. Diego. O, gnädger Herr, verlassen Sie doch itzt Ihre Tochter nicht. Sie hat Ih. ren Zuspruch so nöthig. D. Leon. Nicht doch. — Ihren Entschluß soll mir Diego sagen? Lassen Sir hören. Ist es Trennung? Großinq. Ja. Ich kann nicht anders. D. Leon. So Hab' ich nichts weiter nv. thig, als was ich mir selbst geben kann. Ich brauch' Ihren Zuspruch nicht. i26 Diego, und Leonore, Achter Auftritt» Timotheus, (eilig) Ritter Sampajo. (langsam und bekümmert) Die Vorigen. Timoth. Gnädger Herr, ich bitt' um einen Augenblick, (mit dem Großinquisitor aus die Seite) D-Leon. Hast du dazu eingetmlliget ? Diego. Sie werden mich von dir weg-reissen , aber freywillig geh' ich nicht. D. LevN. Welche irrdische Gewalt vermag das ! Ja, wenn Sie dem Tode gebieten könnten: bleib' zurück! — Sieh', was haben Sie da? Wie schadenfroh dev Mönch aussieht! Laß seyn,, was es will. Diego, (zum Ü. Samp.) Was hat Ihr Bruder da , mein Herr? R. Samp. (ernsthaft) Sie wcrdei.S hören , wenn Sie's noch nicht wissen..— Gnadges Fraulein, ich beklage Sie von Herzen. D.LevN. Ich dank' Ihnen. Ka, zu beklagen bin ich. — Was kommt nun ? Großinq. (dem Timoth. einen Brief gegeben, welchen er mit Erstaunen und Unwillen gelesen. 5'u Diego) Kennen Sie einen gewissen Sir Zaires? Diego. Ja. Großinq. Haben Sie ihn heut gesprochen? D.Lcon. ein Trauerspiel. 127 D. Leon, (steht auf und tritt vor den Diego) Still! ich will für dich antworten. Ja! Großinq. Haben Sie sich mit ihm verabredet , diese Nacht auf einem englischen Schiffe zu entfliehen? D. Leon. u. Diego. Ja! Großinq. Mit meiner Nichte ? In Ma. trosenkleidung? D.Leon. Ja! Großinq. Diesmal haben Sie Recht, Thimotheus. (zieht die Glocke) So? Und Sie versprachen mir, ohne meine Einwilligung nicht wegzugehen? (zwey Bediente) Rust die Hascher, (einer geht ab) Nun kenn' ich Sie, Verführer. Ich habe mit Ihnen nichts weiter zu thun. Die Gerechtigkeit mag Ihren Lauf haben, (die Käscher) Bemächtigt euch seiner; und weh' Ihnen, ito Sie sich widersetzen! Diego. Das werd' ich nicht. D.Leon. Aber ich! (zieht einen Dolch hervor, und dringt auf die Käscher ein, die sich zurückziehn) Wer ihn anrührt, der ist des Todes! Großinq. Fräulein r Sie sind wahnsinnig. D.Leon. So nehmt mir's nicht Übel wenn ich euch umbringe. (Timoth. will ihr/ weh- 328 Diego, und Leonore, wehren, ©le sticht nach ihm) Da/.du! (Diego entwindet ihr den Dolch) Gur, da! Du kannst besser. Zu ! (er wirft den Dolch nieder, den R. Samp. aufhebt, und trägt Leonoren in einen Stuhl) Was! Laß mich! Großing. (zu dem Bedienten) Rust ihr Mädchen, und sagt der Donna Violante, sie soll ohne meine Erlaubnis nicht von ihrem Zimmer gehen» (Bediente ab) Meiner Nichte kann ichs zu gut halten, aber ihr nicht, die alter ist, verständiger seyn sollte. — Morgen, vor Tage, soll er nach der Stadt gebracht werden. — Ritter Sampajo, ich erwarte Sie hernach in meinem Zimmer» Oder nein; Timotheus kommen Sie mit mir. (ab) Timvth. (zu dem Ans. d. A.) Nehm' er seine Sachen wohl wahr. (ab) D.Leon. (zu Diego) Du hinderst mich, Unglücklicher? Meinen Dolch, Ritter! Diego. Um Gotteswillcn, ftyn Sie ruhig. D.Leon. Immer sagt Ihr, ich soll ruhig sevn, still seyn. O, laßt mich reden, laßt mich schrenen , sonst mnß ich an meinem Jammer ersticken. Ich versink' in der See und Ihr ruft mir zu: Schwimm nicht! Warum soll ich nicht mit dem Verderben ringen, mich gegen den Untergang strauben? R, Samp. ein Trauerspiel. 129 R. Samp. Sie machen sich und uns alle unglücklich. D. teon. Daran liegt mir nichts. Halt' ich nur Gottes Blitze, Ihr solltet sehen! Sieht der kämpfende Stier auf den Wurm, den er zertritt? Diego. Wie heftig Sie sind. D. Leon. Spotte meiner noch ! Wie ohnmächtig ich bin. O! daß ich ein Sturmwind ware! Alles, was Odem hat um uns her, sollt' in Trümmer zerfliegen, daß wir uns in der unendlichen Wüste sicher lieben könnten. Diego. Erinnern Sie sich doch unsers Vertrags. Wir haben noch nichts verloh-renwenn wir die Entschlossenheit behalten haben, (spricht heimlich mit ihr) D- Leon. O ! wenn das dein Entschluß ist — wohl, wohl — so bin ich zufrieden. Ans. der Häscher. Kommen Sie, mein Herr. Diego. Gleich, (zu R. Samp.) Haben Sie die Güte, Sr. Excellenz zu sagen, daß dieser Anschlag eher gemacht war, als ich das Versprechen gab, nicht von hiev zu gehen, und daß ich mein Versprechen würde gehalten haben. R. Samp. Das werd' ich ausrichten. Diego. Weiter hab' ich von ihm nichts III. Band. Z zu i3° Diego, und'Leonove, zu bitten. Morgen mag mich richten, wer da will. D. Leon, (die nachdenkend gestanden) Recht; so soil's sepn. Wenn man nur Hofnung hat, sich wieder zu sehen, so beruhigt man sich leicht. Ja, ich war zu heftig. Nun bin ich ganz anders. — Damit du in deiner Gefangenschaft an mich denkst, so will ich dir einen Heiligen geben, den du — an den Hals hängen kannst, (gibt ihn ein Papier) Ich erfüll' also mein Versprechen. Aus meiner Hand hast du ihn erhalten. Diego- Ich danke dir. Lebe wohl. Wir werden uns freudiger wieder sehen. D. Leon. Noch nicht. Armer Diego, du wirst da nichts zu essen und zu trinken haben. Ich will dir was schicken. Eine Flasche Wein. Das kann dich starken, wenn du willst , auf immer starken. Verstehst du mich? Diego. Ja. D. Leon. Ritter, sagen Sie mir doch, scheint diese Nacht der Mond? R> Samp. Ich denke ja. Warum? D> Leon. (ZU Diego) Um zwölf llhr, mein Geliebter, will ich den Mond ansehen, und auf deine Gesundheit trinken. — Willst du das auch ? Diego. Ich will, ja. ein Trauerspiel. 131 D. Leon- (zu dem Ans. d. H.) Hat eu eine Uhr, mein Freund? Ans der Hascher. Ja. D. Leon. Geb' er her. (stellt sie nach der ihrigen) Auf den Schlag zwölf, Diego. Bis dahin , guter Mann, ( zu dem Anführer der Hascher ) bis zwölf Uhr begegn' er seinem Gefangenen freundlich. Dann will ich ihm auch meine Uhr hinterlassen — schenken. Da hat er noch Geld. — Will er nicht? — Auch gut. — Nun ist die Minute da — Komm, nimm Abschied von mit,-— vor Gott, ernst, und feyerlich, — so wie dein letztes Gebet ftyn wird. — Küsse mich. — Ach I wir hatten so glücklich fet)tt wollen ! >— Noch einmal. — Noch einmal. — Diego, (kniet vor ihr nieder) Leonore, hier war es Tand — Lieb' in der Ewigkeit — D. Leon. Steh' auf. Weinst du? Nein. Recht so. Von nun an seyd auch ihr vertrocknet. Die Augen, die ihn nicht wieder sehen, sollen auch nicht weine». Auf Erden ist nichts mehr, das einer Thrane werth Ware. — Nun geh, geh! Ich mag dich nicht mehr sehen! Diego. Bringt mich weg. (die Hascher heben ihn auf, und führen ihn weg) D. Leon, (mit aufgehobenen Armen, zitternd, bald vor, bald zurückgelehnt) I2 Geh, izr Diego, und Leonore, Geh, geh; sonst weed' ich wieder wild. O, bleib noch ! — Fort, fort ! — Ach, nur noch einmal! ■— Einen Blick! -— O! (sieht ihm noch eine Zeitlang nach, kehrt sich endlich um, und fällt dem U. Samp. um den Kais) Ach, Violante, nun ists aus; nun ist die Geschichte ausl R. Samp. Da kommt Ihre Freundinm Neunter Auftritt. Donna Violante. Catalina. Die Vorigen. D. Viol. ( in der Scene) Ich will t Der Freundschaft hat kein Großinquisitor zu gebieten. — O, meine thenre Leonore! D. Leon, (fallt Hiolanten in die Arene) Ach, Violante! — Er ist fort, fort auf ewig ! — Wo waren Sie, wo blieben Sie ? — Ach! Sie hatten ihn sehen sollen, wie er weggeschleppt wurde — (läßt Violanten los ) Da, hier , führten sie ihn weg. — Der Blick, den er noch aus der Entfernung nach mir her warf — sahen Sie's Ritter ? •— doch Sie sehen so was nicht — er war — Violante, ich weiß nicht •— wis der letzte westliche Sonnenstral über's Meer, gebrochen, matt, und doch, daß man's fühlt, er gehört der Sonne zu. — Der letzte? — Him- ein Trauerspiel. 133 Himmel! so sollt'es also mit uns enden? Das wav' also alles? —- Hinunter mit dev Hofnung! Ich freue mich, daß ich dich kenne, (mit bitterm Lächeln) Du Irrlicht host mich lange genug geafft. — Was betrachten Sie mich so untersuchend, Violante? Sie wundern stch, daß ich so gefaßt bin? Der Much sollte ja billig am größten seyn, wann das Unglück am höchsten ist: aber xs ist erkünstelt, Gleißnerey. Der Kummer weiß wohl, was er chnt. Er ist ein Hofmann: Lächeln im Blick, und Dolche im Herzen. D. Viol. Theure, unglückliche Freun-btrni, könnt' ich Ihnen helfen ! — Aber vielleicht — D. Leon. Keilt Vielleicht mehr! Ich bin der -Täuschungen müde. Schmeicheln Sie mir nicht mit dem falschen Vielleicht; ich müßte sonst den Kampf noch einmal durch-kampfen, und das hiesse, ein Geschöpf martern. Itzt bin ich besänftigt. Verzweistung hat die Bahn aufgebrochen; nun lassen Sie den Gram im Stillen arbeiten, und sein Werk vollenden. Was wollten Sie ^ mir auch helfen? — Könnt' ich ihn noch einmal sehen, den angenehmen, den liebvollen, den edlen Jüngling! — Aber das geht nicht. I 3 D. Viol. i34 Diego/ und Lconore, D. Viol. Sie sehen ihn gewiß wieder. D. Leon. Wenn ich das nicht wüßte, so würd' ich auch hier flehen, und drüber sprechen. Zuversichtlich weiß ichs. Ich Hab' einenFreund, einen mächtigen, sichern Freund, der noch keinen Unglücklichen verkästen hat. Sie sehen mich an, Ritter? Tod heißt er. Die Glücklichen kennen ihn nicht. Aber wenn man mit ihm bekannt ist, — es ist kein barmherzigerer Mann in der Natur. Sie sollen sehen, wie leicht er das Elend von mir nimmt. Und er ist ein unvergleichlicher Philosoph. Im Augenblick trocknet er die Thrancn weg, macht die Runzeln im Gesicht eben, bezähmt das wilde Blut, und lehrt das widerspanstige klopfende Herz still scyn. R. Sump. Guädges Fräulein , wenn Sie wüßten, welchen Antheil ich an Ihrem Kummer nehme, wie aufrichtig ich Ihren Freund beklage ■— D. Leon. So ? Wie gütig doch die Menschen sind! Ich habe noch keinen Unglücklichen gesehen, den sie nicht bedauert hätten , aber — hinterher. R. Samp. Sie thun mir Unrecht. Wen Diego der Mann ist, der Ihrer Liebe würdig war — D. Viol. Ja, mein Herr, der ist er, Glau- ein Trauerspiel. 13? Glauben Sie meutern Zeugniß, das gewiß unpartheyisch ist. Es wundert mich, daß Sie noch zweifeln. Die Edlen sollten sich beym ersten Anblick kennen. D. Eevn. Nun; und was ? R. Samp. So will ich mich seiner aus alle,» Kräften annehmen, so will ich alles an« wenden — , D.Leon. Es ist zu spat. Können Sie machen, daß ich ihn noch einmal sehe, noch einmal, eh' er weggebracht wird, so lind Sie mein Engel. Denn, sehen Ste, tch hätt' ihm noch viel zu sagen. Nichts von diesem Leben mehr, sondern von dem künftigen, von dem Heil seiner Seele. Icb allein kann ihn bekehren, weil er weiß, daß tch ihn liebe. Alle andere suchen ja sein zeitliches Verderben, wie kann er glauben, daß Ihnen sein ewiges Wohl wichtig sey? S Ritter, wenn cs möglich ist, verschaffen Sie mir noch eine Unterredung mit ihm. Dieser Abschied war zu schnell, zu unvollkommen , nicht genügend. Sie wissen s ja wohl, wenn man zweymal Abschied nimmt, so trennt man sich viel ruhiger. R. Samp. Ich will's mit Ernst versuchen , mein Fraulein; ich will mit Sr. Excellenz reden — D- Viol. O j R. Samp. Pfuy, ein Geistlicher, und so hartherzig! Timott). So? Das ist mein Dank? Wenn ich nicht gewesen wäre, so segelte deine angenehme Braut in dieser Nacht davon , und du hätt'st Morgen früh das Nachsehen. Ware nicht mir gerade der Brief in die Hände gefalle», ihr hattet euer Tage nicht gemerkt, daß da was hintersteckte. Mir haben mit verschlagenen Leuten zu thun. Um ein Haar hatte mich die listige Violante sicher gemacht, betrogen. Mir so etwas zu bieten! -t— N. Samp. Bruder, ich bitte dich um Gotteswillen, geh mit dem Diego menschlich um. Ich glaube, daß du allein mir zu Gefallen so geschäftig bist: aber ich fürchte, Leonore wird doch nie mein werden. Ihr Herz ist zu tief verwundet; eine zweyte Neigung kann nicht darinn aufwachsen. Timvth. Thorheit! Ich kenne die Mädchens. Die ekste Liebe vergißt sich freylich so geschwind nicht: aber hast du schon eine Frau gesehen, die ihren ersten Liebhaber zum Man- ein Trauerspiel. 139 Manne gehabt batte? — Bruder, ißt darfst du nicht Massen, da alles auf so gutem Weg' ist, da schon fast alles gethan ist. Um ein Mädchen, wie Lconore, hatt'st du dich gar nicht bewerben müssen, wenn du Bedenken tiiugst, eilt halb Dutzend Nebenbuhler auf die Seite zu schaffen; versteht sich durch erlaubte Mittel, so wie dieses. Ich hasse den Diego nicht weiter , als in so fern er deinem Glück hinderlich ist, obgleich sein Vorwitz eine kleine Züchtigung verdiente. Was ich ißt thue, geschieht aus Selbstvertheidigung. Er muß ganz ausser Stand gesetzt werden, uns zu schaden. Ich will ihn nicht hinrichten. Wenn's aber sein Proceß so mit sich bringt, je nun, die Gesetze kann ich nicht andern. Kommen wir ihm nicht ans Leben, so schicken wir ihn ganz heimlich nach Anterika; da mag er arbeiten. Aus den Bergwerken dort soll er nicht wieder ans Tageslicht kommen. — Du machst grosse Augen? Wenn ich dir nun sage, daß ich einen Brief in dev Tasche habe, der dich um dein ganzes Glück bringen kann. Sobald ihn der Groß, inquisitor zu sehen kriegt, so wird mein Herr Diego im Triumph ins Haus gehollt, erhalt Leonorens Hand, und der Ritter Sampajo — mag zusehen, wenn er will, oder kann abziehen, und wird anSgesacht. 14° Diego, und Leonore, Ein Bedienter. Ehrwürdger Herr, dep Wagen ist fertig. Timotl). Ich komme gleich. (Bediente ab) Die vertrakte Reise! Dringe nur darauf, daß der Mensch sogleich nach der Stadt abgeführt wird, sonst spinnen die Mädchen wieder so einen Anschlag aus. Haben wir ihn nur erst in der Santa Cafa, ■— wo er wieder heraus soll —- so will ich für ihn den Scheiterhaufen besteigen. Sobald er herein tritt, soll er die Hosnung ausziehen, wie sein Kleid, und er soll sie nicht eher wieder haben, bis ihm der Tod sie gicbt. R. Samp. Bruder, Bruder ! Timoth. O, ich bin aufgebracht, über den Widerstand, — über das Gcwinsel der Wcibslcute, — über den Großinquisitor, — über alles. >— Wenn man eine Sache, die so gut eingeleitet ist, den Schneckengang fortkriechen sieht, das ärgert. Und im Grunde willst du doch das Mädchen gern haben. R. Samp. Ich hab's lernen müssen, meine Wünsche zu zähmen. Unmögliche Dinge —- Timoth. Unmögliche? Nach sechs Wochen ist bey Leonoren die Schwärmerei) verflogen. Nur muthig, Herr Ritter. —-Oder willst du nicht, so darf ich dem Großin- ein Trauerspiel. 141 inquisitor nur diesen Brief zeigen, so ist Lconore Almeida morgen die Gemahlin des unvergleichlichen Bastards Don Diego di — der Himmel weiß wovon. — 9t. Samp. Was ist denn das für ein Brief? Timoth. Ein Brief, den ich um vieles nicht weggebe. Sieh: An Don Duarte Gonzaga, Erzbischof von Sanct Salvador. Dieser Brief gibt die Ehre des Großinquisitors in meine Hände. Künftig werd' ich Großinquisitor von Portugal seyn; nicht dem Titel nach, aber der Großinquisitor wird doch der gehorsame Diener deines Bruders seyn. R. Samp. Sage mir , was soll das heissen? Davon begreif' ich nichts. Timoth. Ich hoffe, deine Freundschaft wird nicht so weit gehen, daß du deinen Bruder verrathen wirst. Und um dir zn zeigen, wie nothwendig Diego's Entfernung ist — Du weißt doch, daß der Großinquisitor als Gesandter in Wien war? R. Samp. Ja. Timoth. Und hast auch gehört, was die Chronik damals sagte, daß er haussge Besuche bey einer deutschen Dame abgelegt habe — Wie er's nun seinem Dortheile gemäß fand, in den geistlichen Stand zu tret- 142 Diego, und Leonore, tv.ette» , fb mußte das natürlicher Weise eingestellt werden, zumal da das Frauenzimmer eine Protestantin war. Bey ihr aber hatte die Liebe so tiefe Wurzel geschlagen , daß sie ein beständiges Andenken davon behielt. Unb dieses Andenken — erschrick nur nicht, es geht alles menschlich zu — ist denn unser liebenswürdiger Diego. R- Samp. Ich bitte dich, Bruder, ist das wahr? Woher weißt du das? Timvth. Aus diesem Briefe, den ich bey ihm gefunden. Diego selbst weiß nichts davon. Ein gewisser Don Diego Macedo, der damals in dem Gefolge des Gesandten war, und in Deutschland blieb, ohne daß man weiter was von ihm hörte, hat daS Frauenzimmer geheurathet, und Diego mag wohl nicht anders wissen, als daß der sein Vater sey. Seine Mutter hat ihn nun mit diesem Briefe nach Brasilien schicken wollen, um sich seinem Vater darzustellen, denn sie und er wissen nicht, daß der Don Gonzaga, der Erzbischof in Sanct Salvador war, nun Graf von Vimioso und Großinquisitor von Portugal geworden ist. Da Diego das nun sehr leicht erfahren, oder die Mutter hören kann, daß der Großinquisitor kürzlich den Kardinalshut erhalten, so ist es r.öthig, de» Menschen geschwind, ein Trauerspiel. 143 tilth so zu entfernen, daß die Entdeckung der Verwandschaft immer zu spat kömmt. R. Samp. Ich weiß ganz genau um die Geschichte. Ich habe sie von dem Großinquisitor selbst. — Gieb mir den Brief. Titnotl). Nicht aus meinen Händen. — Ich werd' ihn nicht mißbrauchen. R. Samp. So laß mich ihn wenigstens lesen. Timoth. Das will ich. Ein Bedienter. Mein Herr, Sc. Ex-ceiten; lassen Sie ersuchen, Ihre Abreise zu beschleunigen, weil die Königinn nun bald von der Tafel kommt. Timoth. Den Augenblick. Ja, ich muß fort. Wenn ich wieder komme, sollst btt ihn lefen. Aber ich bitte dich inständig, laß dir nichts merken. R. Samp. Laß mir nur den Brief hier. Timoth. Bey Leibe nicht. Lebe wohl, Bruder. Sey diesmal klug, und du wirst mir's danken, (mit dem Bedienten ab) N. Samp. War' es möglich! — Wo-ber sollt' er's sonst wissen? —• Welch ein Zufall! Timoth. ( Zurückkommend ) Bruder, glaub das nicht, was ich dir gesagt habe. Es ist erdacht. Es ist kein Wort wahr dran. R. Samp. Du irrst dich gewaltig, wenn 144 Diego, und Leonore, du mich das willst glauben machen. Wenn's nicht so ware, wo wüßtest du denn um die Sache? Timotl). Wenigstens ist es ganz anders, als ich sagte. Sobald ich von Vellem zurückkomme , sollst du alles haarklein Horen. Gedulde dich nur bis dahin. Ich denke ja, daß ich mich auf meinen Bruder werde verlassen können. (ab) Eilfter Auftritt. Ritter Sampajo. (Nachdem er lang in Gedanken gestanden) Er ist mein Bruder. — Wenn ichs nun dem Großinquisitor sage , und cs ist hernach nicht so. — Und wenn es so ist ■— Leonore, Leonore, bit machst meine besten Erwartungen welken! — (wieder in Gedanken) Mein Versprechen muß ich Leo-noren doch halten. — Und ich muß es sagen. In meinem Alter soll keine Begierde mehr über Pflicht und Freundschaft Herr werden. ■— Dir geb' ich das Leben wieder, Diego, und meine Glückseligkeit schwindet in dem Augenblick. — Mag's mein Bruder verantworten, wenn er unrecht thut. (ab) F ü n st i ein Trauerspiel. 14s Fünfter Aufzug. (Zimmer der Donna Leonore.) Erster Auftritt. Donna Leonore. Catalina. D. Leon, (vor einem Tische, worauf sie geschrieben) Violante ist auf ihrem Zimmer? Catalina. Ja. Don Manuel, der eben zurückgekommen, ist bey ihr. D. Leon. Der wird sich wundern; iit dev Zeit ist viel vorgegangen. — Die Armbänder. Catalina, (hohlt, und bindet' sie Leo-nore« um) Sie haben lange geschrieben. D.Leon. Es ist mir sauer geworden. Ich bin so zerstreut. — (zeigt ihr beyde Arme) Sieh, hier sein Bildniß — und hier das Gesicht seiner Mutter. Eben der merkwürdige Zug um den Mund, eben der weite Stern im Auge. ■— Wie sah er aus, als du ihm meinen Brief brachtest? III. Band. K Cü- 146 Diego, ui d Leonore, Catalina. Nicht eben heiter, aber zufrieden. D. Leon. So? Catalina. Wollte wenigstens so ausse-hen. Wenn ich mit ihm redete, war er ganz freundlich; aber es war so eine verzerrte Miene, wie eines, dev von seinem Freund' «ns dem Schlafe geweckt wird, und sich zu lächeln zwingt. Beym Lesen Ihres Briefes , wo er denn nicht so auf sich Acht haben konnte, fiel das Gesicht wieder in die gewohnten Falten zurück. D. LeoN. Wie spat ist cs ? Catalina, (sieht nach der Uhr, die auf bem Tische liegt) Zehn Uhr. D.Leon. Und um halb eilf — nicht wahr? Catalina. Ja. — Der Ritter ist doch «in vortresticher Mann. Der Alguazil wollt' anfänglich gar nicht drein willigen; aber wie der Ritter versprach, dafür zu haften, baß Don Diego nicht entfliehen sollte, so .zab er sich endlich. Doch will er die ganze Zeit, wann Diego bey Ihnen ist, drauffen gepriesen , daß du Ruhe in meine Seele gegossen , mir den Stärkungstrank gereicht hast ! Nun noch wenige Minuten, noch etre paar Zuckungen eines Sterbenden, ein paar: ängstliche Gcbcrden eines Schlafenden, dann erwach' ich zur unwandelbaren Glorie, dann ist die Siegerin« gekrönt ( steht fröhlich e auf) Wohl mir, und meinem Freunde O sie waren nicht für diese Welt unsv K 4 Her- r;s Diego , und Leonore, Herzen (nimmt ein Flaschgen aus einem Rastchen) Wie wenig ! und in einigen Tropfen ist Fried, und Seligkeit — Gift? Nein. Labsal dem Kranken. Erlösung dem Eingekerkerten. Beruhigung dem Rastlosen. Erquickung dem Durstigen. Himmlischer Vater, was wäre der Mensch in Leiden , und Schmerz, wenn er nicht sterben könnte, und wie groß ist er über Leiden und Schmerz, wenn er weiß, daß er sterben kann. O nun ist mir ganz anders. Wundervolle Kraft des Gebets ! •— Horch! — er kömmt. Nun Liebe verlaß mich nicht. Dritter Auftritt. Diego. Donna Leonore. Diego. Seh' ich dich wirklich noch einmal ? (fallen sich in die Arme) D. Leon. Komm her! wie siehst du aus? so ernsthaft? Diego. Mein Gesicht heuchelte nie. Aber deins ? •— Du siehst gelassener gus/ als ich erwartete. Uibertünchte Verzweiflung? D. Leon. Nein ich bin nur freudig am Ziele. Und wie ists mit dir ? Hast du noch einen Entwurf gemacht? Diego. Den einzigen, der mich nicht hintergehen soll, hoff' ich. D. Leon. ein Trauerspiel. 1 isz D. Leon. Hub der ist? Diego. Du fragst, ich komme bey dir zu sterben. D. LeoN. Ist kein Fünckchen Hoffnung wieder in dir erwacht? Diego. Ich komme zu sterben. D- Leon. Kein Schimmer einer fröhlichen Aussicht? Diego. Licht, volles Licht. Ganz nah, aber an jenfeitigen Ufer. Ich darf nur überspringen. D- Leon. Doch nicht ohne mich? Diego. Am liebsten für dich. — O Leonove , ich beschwöre dich, überdenke den Schritt, den du thun willst. Sieh, ich stehe so nahe am Tode, werde nicht vorgeben, daß ich nicht empfände. Gern, freu« dig will ich mich deiner Ruhe aufopfern, —-und meine Liebe verdient diesen Lohn -— wenn du dir getrauest, nur ein paar kümmerliche Jahre noch dein Leben hinzuhaleen. Laß mich vorangehen; ich bin seit langer Zeit dazu vorbereitet. Was sind wenige Jahre, die du noch harren mußt, von einem Leben, daß sich in die Ewigkeit ergießt? D. Leon. Nichts mehr, wenn du mir nicht diese erbetene Stunde verbittern willst. Sieh zurück auf das Jahr, seit welchen du mich kennst, und frage dann, ob ich ohne K 5 dich i54 Diego / und Leonore, dich leben würde. Das ist nun vorbey: aber uns diese wenigen Minuten trostreich, vergnügt zu machen, das las; deine Sorge seyn. — Hier ist unser Erretter, (daü Aläfchgcn Zeigend) Diego. So gieb mir. D. Leon. Noch nicht. Auch ist die Hälfte für mich. Diego- Gieb her, aber dann laß uns eilen. D-Leon. (gießt die eine Hälfte des Tränkchenü mit etwas Wein in einen Becher) Der Arzt, der mirs gab, war ein guter Mann. Ein Tropfen soll die heftigsten Zahnschmerzen stillen. Diego. Was sind diese Schriften? D. Leon. Anordnungen wegen meines Vermögens. Deine Mutter ist nicht vergessen. — Was siehst du mich an? Diego. Leonore, woher hast du dieStaud-haftigkeit in dieser Stunde? D. Leon. Don meiner Religion, die für jedes Leiden einen Trost, für jede Wunde einen Balsam hat. — Zehn Tropfen wären der Tod, sagte er, dies sind zusammen hundert, für jeden fünfzig. — Mich verlangt recht darnach. — Uibel kanns nicht schmecken. Wenn wir im Tode waren getrennt worden , das wäre schrecklich gewesen. ein Trauerspiel. iss sen. Düs Pulver, düs ich dir gab, roav auch weit heftiger, schmerzhafter als dies. — Diego. Daß ich dich so in mein schreckliches Schicksal verwickeln mußte! — Reich mirs her. Mädchen, laß es mich doch dicht, trinken. D. Leon. £>! gönne mir doch die Ruhe. — Komm. Noch eine Umarmung, vielleicht die letzte. Ich weiß nicht, wie schnell es wirken wird. Laß ab, bit wirst blaß. Muthig, murhig! Was ist dir «der Tod ? Du warfst dich ihm zweymal vor für deine Leonvre; mit ihr muß er Spielwerk sevn. (führt ihn zu den Tisch, und ergreift den Becher) Du zitterst für mich, ich sehe dirs an: aber glaube mir, wenn andern Märtyrern der Tod nicht fürchterlicher war, als mir, so ist die Belohnung leicht errungen. Diego. Nur geschwind; gicb mirs. D-Leon. Nein Diego, ich habe dich zuerst geliebt. — Aber aus deiner Hand will ichs trinken, (giebt ihm den Becher, er will trinken, sie entreißt es ihm) Falscher ! du willst doch bey jeder grossen That der erste seyn. — Schaut herab, ihr gütigen Machte des Himmels, und segnet zwei) Liebende, die in ihrer Unschuld sterben, mit unbefriedigter Lieb im Herzen da-hinsierben. ( sie trinkt) Diego. 1)6 Diego, und Leonore, Diego. (unruhig, ängstlich, ob er ihr wehren soll) Ja seht herab; ich tßbte sie nicht. D. Leon. Es ist doch ein wenig bitter. Diego, (nimmt ihr den Becher, und schüttet das übrige aus dem Klaschgen hinein) Da! aus deiner Hand. (sie thut etwas TOeiti dazu) Kann mein Tod sie erhalten, und glückselig machen , so mögen seine Schrecknisse zehnfach über mich fonmteit, D- Leon, (indem er trinken will) Halt! Wer ist da? (setzt den Becher weg) Vierter Auftritt. Ritter Sampajo. Die Vorigen. % R. Samp. Verzeihen Sie, daß ich unangemeldet komme: aber ich habe vergnügre Nachrichten zu bringen. Don Diego! sie sind frey. . Der Großinquisitor hat Entdeckungen gemacht, die für ihn, und Sie beyde auffcrst wichtig sind. Ich wünsche Ihnen aufrichtig Glück. Diego- Ich dank Ihnen mein Herr, aber ich bitte, daß Sie uns nur noch eine Minute allein lassen. Uns gehe» keine Nachrichten weiter an, weder betrübte, noch fröhliche. Wir sind mit unferm Schicksal aus- ein Trauerspiel. 157 ausgesvhnt, So gräulich es ist, so bedürfen wir doch keiner Hilfe mehr. R. Samp. Aber wenn ich Ihnen sage, daß Lconore gewiß die Ihrige seyn toicb; Diego. Sie ist schon mein. D. Leon. Täuschung, Täuschung! Gehen Sic! Ritter. R- Samp. Mein Fräulein, ich komme von Ihren Oheim, und versichere Sie, daß Don Diego mit Ihnen vereiniget wird. D- Leon. Das kann uns itzt nicht mehr helfen. Es ist zu spat. Ritter! Sie hätten früher kommen müssen. Jeder Boche ist uns ein Todesbothe. R. Samp. Warum ? Was ist hier vorgegangen ? Diego. Nichts. Sehen Sie: der Großinquisitor ist ein mächtiger Mann, und hat seine Macht gemißbraucht. Wir wollen seine Gnade nicht. R. Sp. Wenn Sie ihn kennten, Diego! Diego. Liebreich in Worten ja: aber da steht die Unschuldige, die er geopfert hat, die er selbst verabscheuet. Der Menschenfreund, der nicht Much genug hat seinen Gesinnungen treu zu bleibett, ist gefährlicher als der Tyrann; denn Key ihm sucht der Hilflose Zuflucht, und findet sich betrogen. Ich 158 Diego, und Leonore, Ich freylich, ich Fremdling, bin ihm nichts, und doch weiß er, daß ich seines Schöpfers Geschöpf bin, und ein eben so würdiges, als eins von euch. R. Samp. £> sie sind ihm theurer, als Sie glauben. Diego. Gleichviel itzt. Wenn Sie es gut mit uns meinen , so verlassen Sie uns. R. Samp. Wollen Sie nicht mit mir gehen, zu dem Großinquisitor , zu ihrem Vater? Diego. Nein. D. Leon. Nein , nein-! R- Sp. Wenn Sie wüßten, welche Entzückungen auf Sie warten. Komme» Sie. Diego. Nein, sag' ich. R. Samp. Kommen Sie , umarmen Sie Ihren Vater. O ich muß cs Ihnen sagen. Diego von Wallborg war Ihr Vater nicht. Diego. Was sprechen Sie? R. Samp. Heißt Ihre Mutter nicht Anna von Baden? Diego. Ja. R. Samp. Nichtig. Dev Großinquisitor kannte Ihre Mutter in Wien. Sie sind sein Sohn. D. Leon, (auf einen Sopha sinkend) Nein das ist zu hart. Erbarmung ! Erbar- mung! R. Samp. ein Trauerspiel. 179 - R. Samp. Kommen Sie nur; Sie sollen überzeugt werden. Diego. ( der vertieft gestanden ) Das betäubt mich. •— Ritter, Sie ergeben sich dem Teufel, wo Sie meine Mutter lästern! R. Samp. Ihrer Mutter eigner Brief beweißt cs. Der Brief an Don Duarte Gonzaga war an den Großinquisitor; der ist dieser Don Du^rte. Diego. So recht! Noch die Folter vor dem Tode. Ha! das muß ein Ende nehmen! (nimmt den Lecher, und trinkt ihn aus) D. Leon. ( aufspringend ) Halt, Unglücklicher ! Ritter, Hilfe, Hilfe! Es ist Gift! R. Samp. Was ist? D. Leon. Es war Gift, Gift! Netten Sie! Diego. ( den Ritter zurückhaltend ) Bleiben Sie! Ist es wahr? Meine Mutter sprach immer von einem unglücklichen Geheimnisse von einem heimlichen Kummer. Ist es wahr? D. Leon. Hören Sie doch; es war Gift! N. Samp. (der sich loszumachen sucht) Was haben Sie gethan? Diego. Wo wollen Sie hin? Nun ja, «s war Gift. Sie hat ihren Kelch vor mir geleert. i6o Diego, und Leonore, leert. Wenn Sie da retten können, so laufen Sie. R. Samp. Entsetzen! (ab) Fünfter Auftritt. Diego. D. Leonore. dann Catalina. Donna Violante- Don Manuel. D. Leon, (fallt wieder auf den Sopha) So sinke I Natur ! — Diego, (steht betrübt) Ich murre nicht; aber warum noch dies ? •— Und es ist, gewiß ist es. — Strafe mich, strafe die Sünd im zweyten Glieds; aber warum diese? ( auf Leonore» zeigend. Er wirft sich vor ihr nieder.) Catalina, (kommt) Ach! mein Frau, lein, mein Fräulein! Diego. Fort! rühre mein Mädchen nicht an ! Sie lebr noch. Catalina. £>! Sie sind blaß, wie der Tod. Diego. Merkst du das ? Geh und sags der blühenden Rose. Catalina. Was soll ich machen! mein armes,■ armes Fräulein. Diego. Was du machen sollst? Geh zur Unschuld, und warne sie. (D.Violante, und D. Man. kommen) D.Vrol. ein Trauerspiel. 161 D.Viol. O I meine beste, liebste, an« genehme Freundin, was haben Sie gemacht? (zu Latalmen , die abgeht)' Geh doch, und rufe Hilfe, (zu Diego) Gräßlicher Mensch, was haben Sie angerichtet? Sie liebten Leonoren, und ihr ärgster Feind hätte sie Nicht unglücklicher machen können. Diego. Wahr, alles wahr! D. Leon, Violante, nein. D- Manuel. O mein Freund, ich brachte Sie nicht nach Portugal, daß Sie da Ihren Tod fanden. Diego. Daß ich da meinen Vater fan-de! Sagen Sie, ist es wahr? D. Manuel. Ja, mein Bester. Der Großinquisitor ist fast gewiß, daß es so ist. Ich war bey ihm, als der Ritter es ihm entdeckte. Sobald der Timotheus wieder zurückkömmt, wird die Sache ins Licht gesetzt. Diegd. So werd' ichs nicht erleben. Dev Tod ist in mir. D- Viol. Da ist daS schreckliche Gefäß. D. Manuel. Aber ist denn keine Hilfe? Diego. Ich will keine. D. Leon. Mir ist schlimm, schwindlicht; ich bin so schwer. — Ist das der Tod, Diego ? — Das ist fürchterlich. ■— Ist dir auch so? — Oh! III. Band. L Diego» 162 Diego, und Levnore, . Diego. Verzeih mirs, verzeih mirs. D. Leon. Ich dir verzeihen? Verzeih du mir. Ich war reif, überreif; dich entreiß ich den Umarmungen deines Vaters. Sechster Auftritt. Der Großinq. R. Samp. Catalina« Ein Bedienter. Die Vorigen. Großinq. Muß ich leben! ~ O Tochter ! £) mein Sohn! Diego, (aufstchend) Bin ich das? Großinq. Ich wollt', es wäre nicht. (Les-uoretts Kand ergreifend) Ist denn hier keine Rettung? z . > R. Samp. Alle Bediente sind »ach Aerz-ten anSgefchickt. Großinq. (wird LeonorenS Armband gewahr) Was ist das hier ? Zeig her! Catalina, (bindet es ab) Diego. Meiner Mutter Bitdlliß. Großinq. Ja, sie ists! Ach! warum Hab' ich dich nicht eher gesehen > Komm, mein Sohn, (umarmt ihn) Ich kann dein Vater nicht seyn, ich bin ja dein Mörder. Aber doch verzeih mir. Diego. Gern, gern. Leonore und ich werden glücklich seyn. Großinq. Verzeih Euch der Himmel,, was Ihr gethan habt. D>. Leon. ein Trauerspiel. 163 D. Leon. Näher, näher, bu glänzender Mann 1 Hohle sie heim auf deinen Fitti-gen, die matte Streitern,»! — O bringt mich aufs Bett; ich falle, ich falle. (D- XHoI. (fatal, und der Bediente tragen sie ins Schlafzimmer) Nun bald, mein Diego. Ich schlafe schon, ( zu dem Großinq.) Kommen Sie bald nach, mein Vater. Großinq- Nimm mich weg von der Scene des Jammers, mich alten Mann! (setzb sich) Ich bin in Arbeit und Summet vertrocknet , und da brechen sie mir die beyden grünen Zweige ab. Diego. Ihren Segen, mein Vater. Großinq. Meinen Segen? O die Sterbenden sind heiliger, wie die Lebenden. Meine weite Hand zittert. Segne dich der, der allein segnen kann; ich kann nicht. Bete du dort für mich. Diego, (zu D. Man.) Halten Sie mich! Ich taumle. — Wo ist sie? wo? Bey ihr muß ich sterben', will ich sterben. (wird von D- Man. in Leonorenü Zimmer geleitet. Im Abgehen) Noch eine Gnade. R. Samp. Was verlangen Sie. Diego. Mein armer Bedienter. R. Smnp. (zu dem Großinq.) Sein Bedienter ist noch in der Santa Casa. Großinq. Er soll noch diese Nacht be-L 2 freyet 164 Diego, und Lconore, fuenet feyn; und dann mögt ihr das Haus anstecken. Siebenter Auftritt. Der Großinquisitor. Ritter Sampasy Großinq. Mein Freund, Sie sind ein mitleidiger Mann; wodurch hab' ich die schwere Ruthe verdient? Schon Jahre lang schwank' ich um meine Grube; und die müssen in der ersten Blüte des Lebens und der Hoffnungen weggeriffen werden. Ich habe gesündigt, ja: aber mach ein Ende, mach einEnde! R. Sump. Gntidger Herr, einige Ausev-wahlte werden zum Leiden und Dulden auf* gestellt; aber ihr Lohn wartet ihrer. Großinq. Nun, wenn du mich züchtigst, weil du mich lieb hast, so küß ich deine Hand ; aber ich muß darauf weinen, sie liegt schwer auf mir. Ein Bedienter. Timotheus , und Euer Ereellenz Leibarzt. Großinq. Laßt ihn eilen, (der Bediente ab) Ritter, Ihr Bruder ist ein böser Mann. ein Tral-erspiel. iS? Achter Auftritt. Timotheus. Der Arzt. Die Vorigen. N. Samp. (zu dem Arzt) Geschwind, mein Herr, thun Sie, was Sie können. Ick furcht, es ist zu spät, (der Arzt geht in das Zimmer) Timoth. Das ist eine unglückliche Begebenheit. Großing. Geben Sie mir den Brief an mich, den Sie erbrochen haben. Timoth. (ihn überreichend) Ich bitte, daß Euer Excellcn; erwägen — Großinq. Schweigen Sie! (er liest) Ja, -ihre Hand — O armer Jüngling! Ein sauberer Vater! — R> Samp. Lesen Sie ihn itzt nicht; es greift Sie zu sehr an. Großinq. Recht. Ich kann auch hiev meinem Herzen nicht Luft machen, (auffte-hend) Aber Sie, Timotheus, Sie tükischer Mensch, was hatten Ihnen die Unschuldi-gen gerhan? Timoth. Gnädger Herr, ich habe meine Pflicht — Großinq. Still ! Niemand ist ganz boshaft, sagt man ; aber ein Heuchler ist es. --Jch verweise Sie von diesem Augenblick an h das Kloster Ihres Ordens nach A mada. L 3 Hü- r66 Diego, uub Leon ore, Hüten Sie sich, ohne meine ausdrückliche Erlaubnis;, einen Schritt aus dem Kloster zu rhun. ^intotb. Gnadger Herr, ich muß gehorchen ; aber Unrecht bleibt Unrecht. Großinq. Nicht dieser Sache wegen allein. Tinivcheus, ich verfahre gnädig mit Ihnen. Der König hatte Ibnm was fchlim-mevs zugedacht. Denken Sie nur an die Donna Medina, die Sie nun seit sechs Kahren in der Santa Casa zu Befriedigung Jh» rcr Lüste verborgen gehalten. Timotl). D Bruder, tc6_6jn verWren: Wroßmq. Wenn man gelinde mit Ihnen umgeht, so danken Sie es Ihrem rechtschaffenen Bruder, dessen Namen man nicht gern beschimpfen will. Aber weg ! ans meinen Augen und aus diesem Hanfe! Sie sollen nicht mit mir unter einem Dache seyn, ((limeti), ab) Neunter Auftritt. Donna Violante. Die Vorigen. D. Viol. (kömmt weinend aus dem Schlafzimmer) R. SciMp. Wie ist es? D. Viol. Laßt mich. R. Samp. Ist noch Hoffnung < D.Viol. ein Trauerspiel. 167 D. Viol. Wo war ein Mädchen ihr gleich ! und das muß ihr Ende seyn! Meine holde Freundinn, meine traute, traute Gespielin», Engel! Großinq. Heraus damit! Ist eS vvrbey? D-Viol. Sie hat ausgelitten. Erringt noch mit dem Tode. Großinq. Ich muß hin. Ach will doch sehn, ob ein alter Vater nicht mit seinem Sohne sterben kann, (gehr mit D. Viol. hinein) R. Samp. Unselige Schwarmrrey ! du hast so viele Schlachtopfer, als Laster und Bosheit. Schön , mit Blume» geschmückt sind deine Opfer: aber dennoch bluten ste l (geht auch hinein)