Aligemeines die Bewegung des Geschosses, die Schuss- und Feuerarten, das Richten UI)(l Scliiess- und Correcturregeln. Pola. Buchdruckerei Ig. v. Kleimna/i' & Fed. Bamberg in Laibaeh. 1879 . Inhalt. I. Bewegung des Geschosses. Se ite a) Borvegung des Geschosses itn Bohre. ] l>) Bewegung des Geschosses ausserhalb des Bohres ... 11 c) Wirkung des Geschosses.13 d) Treffwahrscheinlichkeit.22 II. Sehuss- und Feuerarten. a) Schussarten.20 b) Feuerarten.. . 29 III, Richten. a) Das Bichton mit dem Aufsatze.31 b) Das Richten mit aussergetvohnlichen Richtmitteln ... 34 IV. Schiess- und Correcturregeln, a) Bescliiossen feindlichor Schiffe vom Schiffe aus .... 39 b) Beschiessen feindlicher Boote vom Schiffe aus ... .41 c) Beschiessen anvisirbarer Bofestigungen, Ortscbaften etc. vom Schiffe aus.42 A) Beschiessen ungedeckter oder nur tiieihveise gedecktor/ Truppen, Munitionstransporte etc. vom Schiffe aus . . 48 e) Beschiessen gedeckter Befestigungen, Ortschaften, Trup¬ pen etc. vom Schiffe aus.50 f) Beschiessen von Truppen, Ortschaften, Feldbefostigun- gon etc. vom Bande aus.53 g) Walil des Abfeuerungsmomentes.54 Tatoeile der Positionswinkel.56 Tabelle der Tangenten.57 I. Bewegung des Geschasses a) Bewegung des Geschosses im Eohre. Das bei dev Verbrennung des Pulvers entwickelte Gas hat. das Bestreben, sich nack allen Seiten kin auszudebnen, bis os sicli mit der atmospkariscken Luft ausgeglichen hat. G-eschiekt die Verbrennung in einem abgeschlossenen Eaume, so gibt sich das genannte Bestreben des Gases durch einen Bruck auf die Umschliessungswande laind, welcher Bruck umso grosser ist, je kleiner der Eaum im Verhaltnisse zu dem verbrennenden Pulver ist; er wird dann am grOssten sein, wenn das Pulver in einem Baume verbrennt, den es ganzlich ausfullt. Bieser grOsste Bruck, dessen das Pulver fahig ist, lieisst die absolute Kraft des- selben. Wenn sich der Baum erweitert, nimmt der Bruck des Pulver- gases auf die Wande ab, und zwar steht diese Abnahme naliezu in demselben Verhaltnisse wie jene Erweiterung, namlich: ist der Eaum doppelt so gross als ursprttnglich, so ist der Bruck nur halb so gross, als er im urspriinglicken Baume war; bei der Zunahme des Baumes auf das Breifache fiillt der Bruck des Gases nahezu auf ein Brittel, u. s. f. Ber Bruck des Pulvergases iiussert sich gegen alle Ein- schliessungs\vande mit derselben Stiirke. Sind die Wiinde nicht fest genug, diesem Brucke zu widerstehen, oder leicht beweglich, so werden sie zerrissen (wie bei den Granaten durch die Spreng- ladung) oder von der Stelle geriickt. 2 In einem Geschutzrohre wirkt der Druck der Pulvergase einerseits auf den Geschossboden, andererseits auf den Stossbodeu and auf die Bohrungswande des Geschiitzes. Der Druck auf das Geschoss bringt dieses zum Weicben, treibt es durch das Bohr und aus demselben hinaus; der Gegendruck auf den Stossbodeu treibt das Gesehutzrohr nach riickwarts, bewirkt den Bucklauf des Eohres und der mit diesem verbundenen Laffete; der Druck auf die Bohrungsw;inde wird durch den Widerstand derselben unwirk- sam gemaeht, — kanu aber, wenn er die Festigkeit der Wande iibersteigt, das Zerreissen des Eohres herbeifiihren. Nachdem die Entztindung und Verbrennung des Pulvers eine gewisse Zeit erfordert, wird in den meisten Fallen das P ul ver nicht ganz verbrannt sein, bevor sich das Geschoss in Bewegung setzt, sondern es wird wahrend der Bewegung des Geschosses im Bohre die Verbrennung des Pulvers fortdauern, so dass die Menge des Gases immer mehr zunimmt, bis die Verbrennung des Pulvers vollstandig vor sich gegangen ist. Dies wtirde einen immer grosseren Druck des Pulvergases bedingen, wenn der Eaum, in vvelchem es sich ausbreitet, derselbe bliebe; dieses letztere ist jedoch nicht der Fali: da durch die Geschossbewegung der Eaum fur das Ausbreiten des Gases sicli immer vergrossert, wird auch der Druck desselben nur im Anfange der Geschossbevvegung zu- nehmen, bald seinen grossten Werth erreichen und dann conti- nuirlich abnehmen, bis das Geschoss die Miindung verlassen hat. Dem unausgesetzten Drucke des Pulvergases auf seinen Boden folgend, durcklauft das Geschoss die Bohrung mit immer wach- sender Geschwindigkeit, so dass diese am grossten ist, wenn das Geschoss an der Miindung anlangt. Der Druck des Pulvergases auf die Bohrungsvvande heisst dessen bris ant e Wirkung, wahrend die Summe der Drucke auf das Geschoss, welche dessen schliessliche Gesclnvindigkeit an der Miin- dung bevvirkt, die ballistisch e Wirkung genannt wird. Die bri- santo und die ballistische Wirkung stehen nicht im directen Zu- sammenliange mit einander, so dass einer grOsseron brisanten 3 Wirkung eine kleiaere ballistiscke entsprechen kann, und umge- kehrt. Dieses hilngt von der Gescbwindigkeit ab, mit rvelcher das Pulver entzttndet wird und verbrennt; ein rascber verbrennendes Pulver entvvickelt in ktirzerer Zeit eine grossere Menge von Pulver- gas, bat daber eine grossere brisanto Wirkung, wahrend infolge der friiher aufhorenden Gasentwicklung der Druck sehr rascb ab- nimmt, daber die Summe der Driicke verhaltnissmassig klein wird. Nebst der Bevvegung nach vonvarts erbalt das Geschoss aucb eine drebende Bewegung (Botation) um seine Langenaxe, \velcbe biebei stets mit der Axe der gezogenen Bobrung uberein- fallen soli, was man die Centrirung des Geschosses nennt. Die Botation um die Langenaxe wird bei den Geschossen der Vorderladrohre dadurcb berbeigeftibrt, dass die am Geschosse fixen Warzen gezvvungen sind, den Piihrungsllacben der scbrauben- formig gewundenen Ztige zu folgen, \vabrend bei den Hinterlad- robren die Bildung eigener Fiilirungsleisten am Geschosse erst durch die Bewegung des Projektiles im Bohre bewirkt wird. Zur Erzielung dieser Botation sind die Geschosse versckie- denartig eingericbtet. Man unterscbeidet: a) Warzengeschosse; dies sind mit fixen Warzen ver- sebene Projektile, rvelche im Bobre dadurcb gefuhrt werden, dass die Warzen von den Ztigen aufgenommen und beim Schusse zur Botation gezwungen werden. b) Pressionsgeschosse heissen jene, bei denen eigene Fiihrungsleisten erst vvbbrend des Schusses, durch das Einscbneiden der Bobrungsfelder in das Fuhrungsmateriale des Geschosses, ge- bildet werden. Bei den Projektileu der Handfeuerwaffen ist das Fuhrungs¬ materiale entrveder Papier oder unmittelbar die Materie des Ge¬ schosses; bei den Projektilen der Gescbutze bingegen Blei oder Kupfer, bei jenen der Mitrailleusen aber Messing. Um das Einscbneiden der Felder zu erleichtern, sind diese in der Begel schmal und niedrig, und iiberdies hat der Geschoss- fithrungstbeil gevvohnlich nur an gewissen Stellen den Purchmesser i* 4 der Bohrung zvvischen den Zugbasen, wodurch das Ausweichen der verdrdngten Fiihrungsmaterie erraoglicht wird. So zeigt der Fuhrungstheil der Handfeuenvaffengeschosse baufig Ringnuthen (Luftkanale), jener der G-eschosse mit Blei- mantel Mantelnuthen, endlich jener der Projektile mit Kupfer- fuhrung zwischen den Fiihrungsringen den glatten, im Durcli- messer kleineren Geschosscylinder. c) Expansionsgescliosse sind jene, wo wahrend des Schusses der hintere Geschosstheil oder die auf den Boden oder den Fuhrungstheil des Projektiles aufgesetzte Scheibe, Htilse etc. derart radial ausgedehnt (expandirt) wird, dass sich die Felder der Bohrung in diese Partie einschneiden miissen und so das Geschoss zur Eotation zwingon. d) Compressionsges-chosse heissen jene, bei denen in- folge der Widerstande und der Tragheit der Matei-ie des vorderen Geschosstheiles der riickwartige, bereits bevvegte Geschosstheil ver- kiirzt und gleichzeitig derart radial ausgedehnt wird, dass die Leistenbildung im riickwartigen Theile des Projektiles durch die Pelder der Bohrung bewirkt werden kann. Von den in der k. k. Kriegsmarine eingefiihrten Geschossen werden mirjene der 18- und 23 Geschiitze durch Warzon, alle iibrigen Projektile aber durch Pression gefukrt. Bei den Mitrail- leusen und Handfeuenvaffen wird ftberdies zum Theile auch die Geschossexpansion und Compression verwendet. Das Wesentlichste iiber die LeistenbilduDg bei den Geschossen der osterreichischen Hinterladgescliiitze, Mitrailleusen und Hand- feuerwaffen ist folgendes: 1.) Bei den Bleimantelgeschossen haben die Wulste des Mantels denselben Durchmesser wie die Ziigo, w;ihrend die Theile zwischen den Wiilsten, die Mantelnuthen, einen der Bohrung zwi- sclien den Peldern gleichen Durchmesser haben. Beim Laden wird das Geschoss derart angesetzt, dass die erste Wulst des Bleimantels schon theilweise in don Verbindungsconus zivischen dem gezogonen Bohrungstheil und dem glatten Laduugsraum eintritt. 5 Beim Beginne der Bevvegung sclmeiden sicli die Felder in die erste und nach und nach in alle folgenden Wulste ein, wo- bei das verdrangte Blei zvvischen den Mantelnuthen Platz findet. Durch diese Ausgleiclmng der Bleimasse bilden sich im Mantol, entsprechend den Peldern der Bobrung, fortlaufende Purcben, vvahrend die Ziige durch eine ziemlich gleichmiissig fortlaufende Erhohung oder Leiste ausgefiillt werden. Bei Geschtitzen mit Keilztigen, welche letzteren sich gegen die Mundung zu verengen, geht die Bildung der Leisten vvahrend der ganzen Bewegung des Geschosses im Bohre fort, vvo- durch eine bessere Ausgleichung der Bleimasse und eine gesicher- tore Pflhrung des Geschosses erreicht wird. 2. ) Bei den Geschossen mit Kupferfiihrung schneiden sich die Felder der Bohrung entweder in alle Kupferringe ein (7- und 9<%, Bohre) oder es findet dieses Einschneiden nur in dem riickvvartigen, breiten Ptihrungsbande statt (15%! Guss- stahl-, 15 Bronzekanonen mit Kupferfiihrung und 28 Rohro), rvahrend das vordere Kupferband bloss zur Centrirung des Projek¬ til es dient. Dieses Band erhalt infolge dessen die Bezeichnung Centrirungsb and und hat den Durchmesser der Bohrung zvvi- schen den Peldern, vvahrend das Piihrungsband einen etvvas grosseren und die Kupferringe der 7- und 9 <%, Geschosse den gleichen Durchmesser haben, wie die Bohrung zvvischen den Ziigen. Um den Puhrungstheil des Bohres zu verl&ngern und die Centrirung der Projektile zu erleichtern, sind die 28<^ ft und die 15%t, Bohre fur Kupferfiihrung mit einem gezogenen Geschoss- raume versehen, dessen Durchmesser zvvischen den Peldern etvvas kleiner ist, als jener des Fiihrungsbandes. 3. ) Bei den 25'"%, Mitrailleusen sind die Geschosse mit einer messingenen Puhrungshiilse versehen, deren schalen- formiger Boden durch den Druck der Pulvergase expandirt vvird. Infolge dieser Expansion vvird der Durchmesser im riickvvartigsten Theile der ohnedies fur Pression construirten Hiilse derart ver- 6 grossert, dass sich die Felder in denselben geniigend oinschneiden konnen. Der vordere Theil der Hiilse dient bloss zur strengen Cen- trirung des Projektiles. Um jede Lockerung und Verschiebung der Fuhrungshiilse zu verhindern, ist im Geschosse, nahe dem Boden, eino seichte Bingnutb liergestellt, in welehe die Mantelfl&che der Hiilse eingepresst wird. Die P atron enhiil s e hat in der Hohe der Eingnuth des Geschosses drei Einkerbungen, wodurch jede Verriickung der Geschossfiihrungshiilse verhindert wird. 4. ) Das altartige Geschoss des Karabinors und ebenso das Projektil des Bevolvers hat an seinen starksten Theilen (an den Wiilsten) einen Durchmesser, vrelcher etwas grosser ist, als jener zwischen den Ziigen der Bohrung. Beim Eintreten des.Geschosses in die Ziige werden in diese Theile, ebenso wie in die Wiilste des Bleimantels eines Geschosses der Hinterladgeschiitze, Furchen eingeschnitten, wodurch sich an jeder Wulst in die Ziige passende Leistentheile bilden. Durch den Druck des Pulvergases wird ferner das mit tiefen Ringnuthen zwischen den Wiilsten versehene Geschoss zusammengedriickt (com- primirt), wodurch die einzelnen Leistentheile einander naher ge- bracht und endlick ununterbrochen fortlaufende Leisten nach der ganzen Liinge des cylindrischen Geschosstheiles entstehen. 5. ) Die Geschosse der verstarktenKarabinerpatronen, Modeli 1877, sind an ibrem cylindrischen Fiihrungstheile mit eincm Papiermantel versehen, in den sich die Felder der Bohrung einsehneiden. Durch diesen Mantel wird das Verbleien der Ziige giinzlich verhindert. Fur die Centrirung des Projektiles rviihrend seiner Bewegung im Bohre ist eine centrirto Lage des geladenen Geschosses und ein moglichst festes Umschliessen des Gesehossfuhrungstheiles von der gezogenen Bohrung des Bohres von grosster Wichtigkeit. Bei den 18- und 23%,, Vorderladrohren wird diesen For- derungen nicht entsprochen, weil ein Spi e Ir a um zwischen Ge¬ schoss und Bohrung und ein zweiter zwischen Geschosswarzen 7 und Zfigeu unvermeidlioh ist, da sonst das Projektil nicht geladen werden konnte. Infolge des Spielraumes zwischen Geschoss und Bohru n g wird das Projektil von einer Seite der Bohrung auf die andere geworfen. Es treten daher die Gesekosse unter ver- sehiedenen Richtungen aus dem Rohre, je nackdem sie zuletzt obeu oder unten, rechts oder links au die Bohrungswand ange- schlagen haben. Damit bei diesen Anschlagen die karte Geschoss- materie mit der Bohrung nicht in Beruhrung komme, muss der Spielraum zvvischen Gescliosskorper und Bohrung grosser sein, als jenor der Pilhrungswarzen nach der Tiefe der Zttge, vvelchen Unter- schiod man dielsolirung der G es c h o ss m a te ri e nennt. Um die Nachtheile des Spielraumes zwiscken Geschoss und Bohrung so viel als moglich zu beheben, werden die 18% t und 23% t Geschosse mit einer kupfernen Dichtungsscheibe a, Fig. 1, versekeu, welche mittelst der Bodenlochschraube h lose mit dem Geschossboden verbunden wird. Diese Scheibe ist derart nach auswarts gevvolbt, dass sie den Geschossboden nur mit zwei sckmalen Ringflachen bertihrt. Durch den Druck der Pulvergase beim Schusse vvird der gowolbte Theil der Scheibe -flach gedriickt, hiedurch der iiussere, reifenartig aufgebogene Rand der Scheibe gegen die Bohrungs- wand gepresst und so der Spielraum betrilchtlich vermindert. Der Spielraum derWarzen nach der Breite der Zftge hat eine sclilotternde Fiihrung des Projektiles im Rohre zur Polge. Um beim 18%! Rohre in dieser Richtung moglichst abzuhelfen, haben die Ziige an ikrem Ende eine Verengung. Diese bewirkt, dass die Fiikrungsvvarzen des ruekwiirtigen Kranzes, rvelche beim Ladcn an den Ladefliichen schleifen und gegen die Euhrungsflachen zu einen Spielraum haben, sich beim Eintritt in die Zugverengungen immer mehr den Fuhrungsflachen nahern und am Ende der Verengungen an den Fuhrungsflachen anstehen, von welchen sie bei der nackkerigen Bevvegung gegen die Miindung zu gefiihrt werden. Wiirde dieses allmahliche Ueberflihren der Ge- 8 schosswarzen von den Lade- zu den Fiihrungsiiuclien nicht schon beim Laden stattfinden, so rviirden die Warzen beim Beginne der Bewegung plotzlich den Spielraum iiberspringen und an die Fiih- rungsflaclien mit Gewalt anstossen, was eine Beschiidigung der- selben zur Polge haben konnte. Bei den Vorderladgesehiitzen mit steigendem oder Progressiv- drall (23 Geschiitz) hat das Geschoss zwei Kriinze von Warzen verscbiedener Grosse, von denen nur die grosseren die eigentliclien Fiihrungvvarzen bilden. Jede kleinere Warze hat gegen die ihr ent- sprechende grbssere eine solche Stellung, dass sie jedesmal erst am Ende der beztiglichen Bewegung die betreffende Fliiche des Znges erreicht, und zwar am Ende der Bewegung von der Miindung gegen den Ladungsraum zu (Laden) die Ladeflache (a, b, Fig. 2), sovvie am Ende der Bewegung gegen die Mttndung zu die Fiih- rungsflache (c, d, Fig. 2). Eine Zugverengung am Laderaume ist bei diesen Geschutzen nicht vorhanden, daher ein allmithlichcs Ueberfuhren der Warzen von den Lade- an die Fiihrungsfiachen nicht stattfindet. Bei den Hinterlad-Geschutzen, Mitrailleusen und Handfeuerwaffen ist die Centrirung und Fuhrungder Projektile im Allgemeinen eine vollkommenere, als bei Vorderladgesehiitzen. Die beste Centrirung haben die Bohre mit gezogenem Geschoss- raume. Minder vollkommen ist dieselbe bei den fiir Bleimantel- Geschosse bestimmten Rohren mit glattem excentrischen Geschoss- raume. Bei diesen ist zwar auch das geladene Projektil centrirt, nachdem aber zwischen Geschoss und Geschosslager ein Spielraum vorhanden ist, so kann das Projektil wahrend der erston Bewegungs- momente beim Schusse durch die Pulvergase hin und her gedruckt werden. Beim % e f m Bohre ist der Geschossraum glatt, umsehliesst jedoch das Projektil, dessen vorderster Fiihrungsring im vorderen Uebergangsconus lagert, sehr knapp, sp dass das geladene Geschoss gleichfalls ziemlich gut centrirt ist. 9 Am unvollkommensten ist die Centrirung boi den 1%., den gusseisernen 15^« und den gusstahlernen 21 c j m , Eohren, wo der glatte Gescliossraum concentrisch zur gezogenen Bohrung ange- ordnet ist. Infolge dieser Anordnung ist das Projektil schon im Geschosslager nicht centrirt, was insoferne von Nachtheil ist, als das Geschoss erst gehoben werden muss, ehe es in den gezogenen Bohrungstheil gelangt. Es schneiden sieh daher am Begimi der Ziige die Pelder oben in die vorderste, unten in die ruckwiirtigste Mantelwulst (Ring) besonders stark ein. Bei den Mitrailleusen und Handfeuorwaffen ist zwar die Anordnung des Laderaumes die gleiche, \vie bei den zuletzt cmvahnteu Rokren, nachdem aber der ruckwiirtige Geschosstheil von der Patroneuhiilse umscMossen ist, der vordere in der Lade- stellung bereits im gezogenen Bohrungstheile lagert, so gelangt das Geschoss dennoch centrirt in die gezogene Bohrung. Die Geschwindigkeit, welche das Geschoss bei seinem Aus- tritto aus dom Rohre erreicht hat, heisst Anfangsgeschvvin- digkeit, mit Beziehung auf die nun beginnende Bewegung ausser- halb des Rohres. Die GrSsse der erreichten Anfangsgeschwindigkeit hiingt ab: 1. ) von der Grosse der Pulverladung; die Grosse der Pulver- ladung wird nach dem Verhiiltnisse ihres Gevvichtes zum Gevvichte des Geschosses geschiitzt, — dieses Verhaltniss nennt man den Ladungs-Quotienten; 2. ) von der Qualit;it des Pulvers, nilmlich von der Giito seiner Bestandtlieile und von dem Vcrbaltnisse, in welchem dieselben gemengt sind (Dosirung); 3. ) von der Art der Verbrennung des Pulvers, nilmlich von der Gesclnvindigkeit der Entziindung und Verbrennung dessolben, auf welche die Dichte des Pulvers und die Grosse und Form der KOrner Einfluss nimmt; obenso von dem Orte, wo die Patrone entztindet \vird, d. h. wo das Ziindloch in die Bohrung ein- miindet; 10 4. ) von der Grosse der Widerstande, wolcho das Goschoss boi seiner Bevvegung im Bohre zu iibervvinden hat, als da sind: der Widerstand des Fiihrungsmaterials der Geschosse gegen das Einschneiden der Kohrfelder, die Eeibung des Geschosses an den Bohrungsiviinden, die Eeibung der Warzen an den Fiihrungsflachen der Ziige, der Widerstand der Ziige, wodurch das Geschoss gezwun- gen ist, einen weiteren (aus der fortsehreitenden und drehenden Bowegung zusammengesetzten) Weg lhngs des Zuges zuruckzulegen. Fiir die Grosse dieses letzteren Widerstandes sowie fiir die Eeibung der Warzen ist der Brali massgebend; 5. ) von der Lange der Bohrung und specieli des gezogenen Theiles derselben: je langer das Bohr ist, desto langer bleibt das Geschoss dem Brucke des Gases ausgesetzt, desto grosser muss daher seine endliche Geschvvindigkeit vverden, ■—- ausser wenn das Eohr so lang wird, dass der stets abnehmende Gasdruck sclion kleiner wird, als die unter 4. angefiihrten Widerstande fiir die Geschossbewegung, in welchem Falle eine \veitere Vermehrung der Bohrungslange eine Verminderung der Geschwindigkeit zur Folgo hatte; iibrigens tritt dieser Fali bei den in der Praxis vorkom- menden Bohrungslinien nie ein; 6. ) vom Spielraume, indem die durch den Spiclraum ontweichenden Gase nicht nur als Triebmittel verloren gehen, sondern auch die Eeibung vergriissern, da sie das Projektil fest an die gegeniiberliegende Bohrungswand pressen. Vermoge des Bralles der Ziige dreht sich das Geschoss ivahrend seiner geradlinigen Vorwiirtsbewegung im Eohre auch um seine Langenaxe. Hiebei vollfuhrt das Geschoss bei Handfeuor- waffen und Mitrailleusen haufig eine ganze Umdrehung, bei Ge- schtitzen und Bevolvern hingegen nur einen Theil derselben, indem die Ziige auf die Liinge der gezogenen Bohrung keine vollo Umdrehung machen. Im Allgemeinen ni,mmt die Brehgeschrvindigkeit der Projektile mit ihrer fortsehreitenden Geschivindigkeit stets zu und erreicht daher an der Miindung ihren hochsten Werth. 11 Beiin Rohre mit constantcm Dralle vviichst die Geschwin- digkeit der Drehung in demselben Verhaltnisse, wie die fortschroi- tende Gescliwindigkeit des Geschosses, weil ftir ein gleiches Stiick der fortschreitenden Bevvegung das Mass der Drehung stets das- selbe bleibt. Beim Rohre mit Progressivdrall vvachst die Geschwin- digkeit der Drehung rascher, als die fortsehreitende Geschvrindig- keit des Projektiles, \veil fiir ein gleiches Mass der fortschreitenden Bewegung das Mass der Drehung gegen die Miindung zu immer grdsser wird. BeimRohre mit gomischtem Dralle (15^ Bronzekanone) gilt fiir den langeren, mit Progressivdrall gezogenen Bohrungs- theil das fiir Rohre mit Progressivdrall Gesagte, wahrend ftir den kiirzeren, mit constantem Dralle gezogenen vorderen Theil der Bohrung das fiir Rohre mit constantem Dralle Ervvahnte Giltig- keit hat. Der Vorthoil des gemischton Dralles gegentiber dem reinen Progressivdralle besteht darin, dass die Rotationsstabilititt der Ge- schosse besser gesichert wird. b) Bewegung des Geschosses ansserhalb des Rohres. Wenn das Geschoss die Miindung verlasst, so behalt es anfangs die ih m durch die Stellung des Rohres ertheilte Richtung, sowie vrahrend der ganzen Bewegung die erhaltene Rotation bei. Die urspriingliche Richtung und Geschwindigkeit der Be- . wegung des Geschosses \vird durch die auf dassolbe einvvirkende Schvverkraft und durch den Widerstand der Luft abgeandert. Infolge der Einwirkung der Schvverkraft fallt jeder Korper gegen die Erde, und zwar in der l ten Sekunde ungefahr. in 2 Sekunden * 2 X 2 X 4'9™/ == 19-67, = 3 -- * 3 X 3 X 4-97 = 4417, * 4 * * 4 X 4 x 4'9'"f = 78-47 u - s - f - 12 Er sinkt daher nicht in jeder Sekundo gleich tief, son- dern in der l ton Sekunde um.4-9”/, 2 . * * . 4-9 + 9'8 m / = 14-77, 3 > = = . 14-7 + 9-87 = 24-57, 4 * * * . 24-5 + 9-87 = 84-37 u - s - f - Das Geschoss, welches infolge der Elevation des Eohres nach aufwarts geworfen wird, wUrde sick, wenn die Seliwerkraft os nicht herabziehen mochte, immer hoker tiber den Boden erheben. Das durch die Sclnverkraft bedingte Sinken desselben verursaeht eine immer grossere Verminderung dieser Erhebung, so dass das Geschoss anfangs, so lange die Erhebung- grosser ist als das Abwilrtssinkeu, noch immer in die Hoke steigen, dann aber, wenn das Abwartssinken die Erhebung tlbertrifft, oino nach abwarts gerichtete Bewegung annehmen und schliesslich den Boden erreichen wird. — Der Widerstand der Luft bevvirkt eine fortwahrende Verzo- gorung in der Bewegung des Geschosses, vermindert daher dessen Geschwindigkeit und die Erhebung ubor den Boden, so dass es den Boden friiher erreicht, als dies sonst der Eall ware. Zur Erlauterung des Vorstehenden sei als Beispiel ein Ge¬ schoss angenommen, welches die Mundung mit einer Geschwindig- keit von 500 m j in der Sekunde unter einem Winkel von 3 0 ver- lasst. (Diese Eichtung bezeichne die Linie AB in Fig. 3, A C stellc den Boden vor.) Wenn weder die Schwerkraft, noch der Luftwiderstand ein- wirken rvtlrden, so vfirde das Geschoss in der ursprunglichen Eich¬ tung und mit gleichbleibender Geschwindigkeit fortgehen, daher in 1 Sekunde den Weg A a — 5007» = 2 Sekunden * » Ab = 10007, = 3 = * * Ac = 1500 7, » 4 » = » Ad = 20007 u. s. f. zurucklegen. ■— Infolge des Widerstandes der Luft ver- liert das Geschoss bcstandig an seiner Geschwindigkeit; angenom- IB men, dass dieser Verlust so viel betriigt, dass das Geschoss in der ersten Sekunde nur den Weg von 450, in der zweiten Sekunde den Weg von 410, in der dritten Sekunde von 380, in der vierten Sekunde von 360u. s. f. zuriicklegt, so wiirde es dann nicht mehr nach 1, 2, 3, 4 Sekunden die Punkte a, b, c, d , sondern jene a, b\ c', d' erreichen, deren Entfernungen vom Anfange der Beivegung Aa' = 4 : 50 ™/ , Ab'= 860 w f, Ac' = 12407, Ad'= 17007 betragen. — Die Punkte a', b', c', d' haben eine Hohe von 25 - 67, 45-17, 65 - 07 , 89-17 iiber dem Boden. Nachdem sich das Geschoss, wie sclion angegeben, infolge der Scbwerkraft in 1 Sekunde 4 - 0 ™/, = 2 Sekunden 19-67, * 3 * 44-17, * 4 = 78-47 sen kt, so wird es sich in den beziig- liehen Zeiten nicht mehr in den Punkten a, b ', c, d’, sondern in den Punkten a”, b", c", d" befinden, welcke um die zuletzt angegebenen Zahlen in Metern darunter liegen, dalier nur 18'77) 25-57 , 20-97, 10'77 Hohe tiber dem Boden haben. Wie ersicht- licli, steigt das Geschoss ungefahr bis zur Mitte seiner Balin in die Holie, senkt sich aber im ziveiten Theile derselben wieder und vviirde im angenommenen Beispiele kurz nach der vierten Sekundo den Boden erreichen. Nachdem die Senkung des Geschosses eine ununterbroehene, in wachsendem Verhaltnisse fortgehende ist, so ist die von ihm beschriebene Bahn eine gekriimmte Linie, an der man einen a u f - steigenden Ast AS und einen fallenden SD unter- scheidet. Infolge der zunehmenden Senkung des Geschosses unter die Linie seiner ursprunglichen Richtung stellt sich seine Axe immer schriigor gegen seine Bahn, so dass der Widerstand der Luft, ivelcher das Geschoss anfangs gerade von vorne traf, immer mehr gegen die untere Seite dosselbon ivirkt. Dieser Druck der Luft 14 auf die imtere Fliiche strebt das Geschoss mit der Spitze noch melir nach aufvviirts zu drehen, nachdem er auf den vorderen Theil des Geschosses grOsser ist, als auf den riickwartigen. Diese Drehung vviirde ein Uebersttirzen des Geschosses herbeifuliren, wenn sie nicht durch die Rotation ermassiget und in eine krei- sende Bewegung der Geschossaxe um den Schvverpunkt verwandelt wiirde, wobei ein Projektil mit Rechtsrotation mit seinem vor¬ deren Theile (vom Schwerpunkte bis zur Spitze) von links iiber oben nach rechts ausschlagt, withrend der untere Theil (bis zum Geschossboden) den Halbkreis von rechts liber unten nach links beschreibt; beim Zuruckgehen der Spitze von rechts liber unten nach links in ihre urspriingliche Lage bevvegt sich der Geschoss¬ boden von links liber oben nach rechts. Diese Bewegung des Ge¬ schosses wird das conischePendeln genannt, \veil der Weg der Geschossaxe die Mantelflache von zwei im Schiverpunkte des Geschosses zusammenstossenden Kegeln bildet. Nachdem bei dieser Bewegung die Geschosspitze sich gegen rechts aus der Schuss- richtung bewegt, so wird der Druck der Luft auf den vorderen Theil dieselbe von der linken Seite treffen, daher gegen rechts driicken und eine Abiveichung des Geschosses nach dieser Seite liin verursachen. Diese Seitenabweicliung nach rechts wachst mit der Distanz in immer grosserem Verhaltnisse, wie aus den Schusstafeln zu er- sehen ist. Infolge der so gearteten Seitenabvveichungen stellt sich die Bahn des Geschosses auch von oben angesehen als eine ge- krttmmte Linie dar. — Die Neigung des Kohres gegen den Horizont vor dem Sehusse heisst E le v ati on, und wenn sie (wie beim Schiessen auf ein tiefer gelegenes Ziel, beispielsweise auf die Wasserlinie des feindliclien Schiffes auf kurze Distanzen) nach abwarts ge- richtet ist, Depression. Beim Schiessen auf ein hOher oder tiefer gelegenes Ziel heisst der Winkel, ivelchen die Verbindungslinio der Geschutzmundung und des Zieles mit der Horizontallinie ein- schliesst, Positionswinkel. Der Winkel gegen den Horizont, 15 unter welchem das Geschoss die Mundung verlasst, heisst der Geschossabgangsvvinkel*; der Winkel, unter \velchem das- selbe den Boden wieder erreickt, Einfallswinkel; die Geschvvin- digkeit, mit welcher das Geschoss am Ziele ankommt, End- gesclnvindigkeit; die Entfernung des Punktes, wo das Geschoss vvieder zu Boden fallt, die Seli us s w e ite. Wird das Geschoss unter kleinen Elevationen abgeschossen, so bleibt es meistens nicht beim ersten Aufschlage am Boden liegen, sondern macht noch mehrere Spriinge, ivelehe Goller lieissen. Je grosser der Geschossabgangsivinkel ist, desto hoher wird sich das Geschoss iiber den Boden erheben, desto leichter also einon Gegenstand von einer bestimmten Hohe iiberschiessen. Der Eaum am Anfange und am Ende der Plugbahn, wo das Geschoss ein Ziel von einer bestimmten Hohe nicht iiberschiessen kann, heisst der bestrichene Eaum fiir diese Zielhohe. Bei ganz kleinen Elevationen wird sich das Geschoss wahrend der ganzen Bahn nicht liber das Ziel erheben, daher der ganze Eaum ein bestrichener sein; mit zunehmender Elevation wird der bestrichene Eaum an beiden Enden der Bahn immer kleiner. Ist beispielsweise in Fig. 4 A die Mundung, AB der Ho¬ rizont oder die Verbindung der Mundung mit dem Ziele, die * Der Goschossabgangsivinkel musste dem Elevationswinkel gleich sein, wenn das Bohr vom Augenblicke des Abfeuerns bis zu jenem, in iveichem das Geschoss aus der Mundung tritt, seine Lage nicht verandern wiirde. Dem ist jedoch in den meisten Piillen nicht so, sondern das Bohr gerath infolge des Biickstosses auf dasselbe schon vor dom Austritte des Geschosses in Bewegung, ivelche sich grosstentheils als ein Aufschnellen des vorderen Bohrtheiles kundgibt, so dass bei Geschiitzen der Geschossabgangsvvinkel fast ausnahmslos grossor ist als der Elevationsivinkel; der Untorschied zivischen beiden fuhrt deshalb den Namen Erhebungsivinkel und ist in der Schuss- tafel als soleher angogobon. — Bei Handfouerivaffen heisst diesor Winkel Vibrationsivinkol und ist.boi kurzen Waffen gowohnlich positiv, bei langen negativ. 16 krummen Linien AC 1 , AC 2 , AC 3 die Flugbalmen eines Geschos- ses miter verschiedenen Elevationen, MN eine Linie, welclie iiberall die gleiclie Hbhe eines Zieles bezeiehnet, so siekt man, dass die Balin AC ± der ganzen Lange nacli, jene AC t nur von A bis Z> 2 und von E 2 bis C g , jene AC 3 nur von A bis D a und von E 3 bis C a bestreichend sein wird. Ueber das Verhaltniss, in vvelchem die Gesclivvindigkeit des G-escliosses, der Luftwiderstand, die Sclrussvveite, der Geschoss- abgangs- und Einfallswinkel etc. zu einander steben, ist Folgen- des zu bemerken: 1. ) Wird ein und dasselbe Geschoss mit derselben Anfangs- geschivindigkeit unter verschiedenen Elevationswinkeln geschossen, so entspricht dem grosseren Elevationswinkel auch eine grossere Schussvreite; wird ein und dasselbe Geschoss unter demselben Elevationsivinkel abgeschossen, so erreicht es eine um so grossere Schussweite, je grosser seine Anfangsgeschvvindigkeit war; — soli mit einem und demselben Geschoss, ivelches mit verschiedenen Anfangsgesclnvindigkeiten geschossen wird, dieselbe Scliussweite erreicht werden, so muss fur die kleinere Anfangsgeschwindigkeit ein grosserer Elevationsivinkel in Amvendung kommen. 2. ) Der Widerstand der Luft ist um so grosser, je grOsser die Geschvvindigkeit des Geschosses ist; er ist daher im Anfange des Eluges (an der Miindung) am grossten und nimmt immer mehr ab; ebenso ist der vom Luftvviderstande abhangigo Verlust an Geschivindigkeit im Anfange der Flugbahn am grSssten. 3. ) Bei zwei Geschossen von verschiedenem Kaliber ist der Luftwiderstand auf jenes von grdsserem Kaliber grosser; sind zvvei Geschosse von demselben Kaliber, jedoch von verschiedener Ein- richtung, so ist fur die GrOsse des Luftividerstandes hauptsachlich die Form der Geschosspitze von Bedeutung; ganz flach abge- schnittene Geschosse (einfache Cylinder) wttrden den grossten Widerstand erfahren, vviihrend der kleinste Widerstand einer der ogivalen ahnlichen Geschosspitze zukommt, \veil an derselben die Luft am leichtesten abfliesst. 17 4. ) Von zwei verscliieden schweren Geschossen, vvelche den gleichen Luftwiderstand erleiden, wird das schvverere denselben leichter tibervvinden, daher weniger an Geschvvindigkeit verlieren als das leicktere; demuacb ist von zvvei Geschossen desselben Kalibers das langere und folglich schwerere im Vortheil gegen ein ktlrzeres, — bei gleicher Lange das aus schwererem Materiale (Stahl gegen Gusseisen) erzeugte, sowie das mit eiuer geringeren AushOhlung verseheno. 5. ) Bin grosserer Geschvvindigkeitsverlust infolge des Luft- vviderstandes bediugt bei derselben anfanglichen Geschwindigkeit und derselben Elevation eine kleinere Schussvveite, erfordert somit eine grossere Elevation, im Falle dieselbe Schussvveite erreicht vverden soli. 6. ) Infolge der stetigen Abnahme der Geschvvindigkeit ist die Endgeschwindigkeit eines und desselben Geschosses um so kleiner, je grosser die Scliussdistanz ist; auf ein und dieselbe Distanz ist die Endgeschwindigkeit eines Geschosses um so grosser, je grosser die Anfangsgeschvvindigkeit war, und bei derselben Anfangsgeschvvin- digkeit, je kleiner der Luftwiderstand und je besser das Geschoss denselbon zu ilbervviuden geeignet ist. 7. ) Der Winkel der Bewegungsrichtung des Geschosses mit der Horizontalen nimmt vom Anfange des Fluges (Abgangsvvinkel) immer inehr ab, bis das Geschoss den hochsten Punkt erreicht, wo die Richtung seiner Bewegung parallel mit dem Horizont ist; von da an neigt sich diese Richtung wieder immer mehr gegen den Horizont, bis das Geschoss den Boden erreicht (Einfallsvvinkel). Der hochste Punkt der Flugbahn liegt etwas weiter, als die Mitte derselben, (sielie die Schusstafel) — der niedersteigende Ast der Flugbahn ist daher kilrzer und gekrlimmter, als der aufsteigende, der Einfallsvvinkel grosser als der Geschossabgangsvvinkel. Der ITnterschied zvvischen dem Einfalls- und dem Geschossabgangs¬ vvinkel vvhchst mit der Schussdistanz und ist sonst von dem Ge- schvvindigkeitsverluste des Geschosses abhiingig. 8. ) Der bestricliene Raum filr eine bestimmte Zielliohe ist ftir ein und dasselbe Geschoss bei gleicher Anfangsgeschvvindig- 2 18 keit um so kleiner, je grosser die Elevation (daber aucli die Schussdistanz) ist; bei gleicher Schussdistanz bat von zwei Ge- scliosseii dasjenige einen grOsseren bestrichenen Eaum, welches in- folge grosserer Aufangsgesclnvindigkeit mit kleinerer Elevation gescbossen vvird. 9.) Der bestricbene Eaum fur verscbieden hohe Ziele wiicbst im grosseren Verhaltnisse, als die Zielhobe, d. h. er ist fiir ein doppelt so kolies Ziel, mehr als doppelt gross. — Infolge der grosseren Krummung der Elugbahn am Ende ist der bestricheno Eaum in diesem Tlieile derselben kleiner als am Anfange. (In den Schusstafeln ist nur der bestrichene Eaum am Ende der Balm, als der wicbtigere, angegeben.) c) Wirkimg des Geschosses. Wenn das Geschoss am Ziele anlangt, so ubt es eine seiner Natur und Eiurichtung entsprecbende Wirkung aus, welclie sicli im Durclidringen und Zerstoren von Hindernissen, im Bescbadigen von Bauliclikeiten und Scbiffstbeilen, im Entzimden von brenn- baren Gegenstanden, sowie im Venvunden und Todten von Mon- scben aussert. Insbesondere ist die Wirkung der verschiedenen Geschoss- gattungen folgende: 1.) Die Hartguss- und Stahlgranaten sind bestimmt, die Pan- zerung der feindlicben Panzersobiffe zu durcbdringon, beim Hin- durchgehen durch die eigentlicbe Schiffswand infolge der Entztin- dung der Sprengladung zu bersten, hiedurch die Scbilfswand zu zerreissen, die inneren Scbiffstheile zu bescbadigen und unter Um- standen selbst das Scbiff zum Sinken zu bringen. Das Durchdringen der Panzerung und Durcbscblagen der Scbiffsvvand wird nur dann erfolgen, wenn das Gescboss beim Auftreffen die hiezu erforderlicbe Kraft bat, wahrend im Gegen- falle, wenn namlich die Kraft des Gescliosses dem Widorstande der Panzerung nicbt geivachsen ist, nur ein Eindringen in den 19 Panzer und Bersten in demselbeti, also eine theilvveise Zer- storung der Panzerung ohne Eindringen in das Innere des Schiffes erfolgt. Die Durchschlagskraft oder lebendige K raft des Ge- schosses ist abhiingig von dem Gevvichte desselben und der Geschvvindigkeit, mit vveleher es auftrifft. Nachdem die Geschwindigkeit mit dem Wachsen der Schuss- distanz abnimmt, so wird auch die Durchschlagskraft des Ge- schosses immer kleiner, je grosser die Distanz vrird. Der Widerstand der Panzerung gegen das Eindringen des Geschosses vvachst mit ihrer Dicke. Er steht aber auch im Ver- hiiltnisse zum Umfange (daher auch zum Kaliber) des Geschosses derart, dass fiir das Eindringen des Geschosses nicht die Durch¬ schlagskraft selbst, sondern derjenige Theil derselben, vveleher bei ihrer Vertheilung auf den Geschossumfang auf die Masseinheit ontfallt, massgebend ist. Es konnen demnach zwei Geschosse von verschiedener Durchschlagskraft und verschiedenem Kaliber gleich tief in eine und dieselbe Platte eindringen, wenn der auf die Masseinheit des Geschossumfanges kommende Theil der Durch¬ schlagskraft in beiden Fiillen gleich ist. Ebenso vvurde von zvvei Geschossen, vvelche die gleiche Kraft beim Aufschlage haben, das von kleinerem Kaliber tiefer eindringen. Hingegen vvftchst bei Geschossen von gleicher Einrichtung (beispielsvveise bei den Stahlgranaten der gusstiihlernen Geschiitze) mit dem Wachsen des Kalibers das Gevvicht in grosserem Ver- haltnisse als der Umfang, so dass bei gleicher Geschvvindigkeit das Geschoss des grosseren Kalibers nicht nur eine grossere Durchschlagskraft iiberhaupt hat, sondern auch demselben ein grijsserer Theil dieser Kraft auf die Masseinheit des Umfanges zukommt. Trifft ein Geschoss schief auf die Platte auf, so vrird es immer schvverer durchdringen, je schiefer das Auftreffen ist (vreil os bei derselben Panzerdicke einen immer grosseren Weg in der 2 * 20 Platte zuriickzulegen hat), und wenn der Winkel des Auftreffens zu gross (beilaufig uber 30°) wird, ganz vom Panzer abprallen. Das scbiefo Auftreffen ist auch dami vorhanden, wenn auf grossere Distanzen gegen eine vertical stehonde Panzerplatte ge- schossen wird, solbst wenn die Eicbtung des Scbusses auf die Platte, von vorne angesehen, eine sonkrechte ist; denn infolge des griisseren Einfalhvinkels ist die Plugbahn sehief iiach abwarts gegen die Platte gerichtet. Es ist also aucb aus diesem Grunde der Scliuss auf grossere Distanzeii nocli unwirksamer als auf klcinere. Ton besonderer Bedeutuug fiir die Wirkung ist die Festig- keit des Materiales, aus ivelchem die Geschosse erzeugt sind. Ist das Gesclioss fest genug, um beim DurcMringen durch den Panzer niclit zu zerschellen oder in seiner Form veriindert zu vverden, so wird die ganze Kraft desselben ausgentitzt; im Gegenfalle, wenn niimlich das Gesclioss den Stoss auf deu Panzer niclit auslnilt, obne zu zerbrecben oder gestaucht zu werden, kommt niclit die ganze Kraft des Geschosses zur Yerwerthung. Der zweite Tlieil der Wirkung dieser Geschosse, namlich das Bersten des Geschosses und die minenartige ZerstOrung der Scliiffswand durch dasselbe, ist von der Grosse der Sprengladung abhitngig. Damit die Seitenvvande dieser Geschosse nicht zu sehr gescliwacht \verden, ist die Aushohlung fiir die Sprengladung ver- haltnissmassig klein, und zwar bei den Hartgussgranaten kleiner als bei den Stalilgranaten, daher die letzteren eine grossere Spreng¬ ladung aufnehmen und eine grossere Sprengvvirkung ausiiben konnen als die Hartgussgranaten. Um die mOgliche Sprengwirkung vollstandig auszuniitzen, muss das Geschoss zerspringen, \vahrend es durch die innersten Theilo der Schiffswand geht. Geschieht das Zerspringen zu friih, so beeintrachtiget es die Durchschlagskraft des Geschosses, nacli- dem in diesem Falle die ganze Wand nicht durchschlagen \verden kann; geschieht das Zerspringen zu spat, namlich wenn das Ge¬ schoss schon die ganze Wand durchschlagen hat und in das Innere des Schiifes eingedrungen ist, so geht der bessere Theil der 21 Sprengwirkung, niimlich dio minenartige Zerstorung dcr Schiffs- wand, verloren, wonn auch das Goschoss grossere Zerstorungen im Schiffsinneren anrichtet. 2. ) Die Ziindergranaten sind bestimmt, gegen Deckungen voh geringerer Widerstandsfahigkeit (Holzschiffe, Festungswerke, Gebaude ete.) in derselben Weise zu wirken, wie die Stalil- und Hartgussgranaten gegen gepanzerte Schiffswande. Sie bediirfen domnach keiner so grossen Durchschlagskraft, ihro Wiinde konnen schwacher gehalten, der Hohlraum zur Aufnahme einer grbsseren Sprengladung eingerichtet werden. Bei diesen Gesehossen wird daher die Zerstorung durch die Sprengladung zur Hauptwirkung. Ueberdies haben die 7- und 9 c jm, Granaten gegen Torpedo- boote und jene des 7 GescMtzes, wenn dasselbe als Landungs- geschiitz verwendet wird, auch gegen feindliche Truppen, haupt- siichlicli gegen die Artillerie, zu wirken, wobei sie die feindlichen Goschiitze und Fuhrwerke zerstoren und durch umhergeschleuderte Sprengstticke Menschen und Thiere todten und venvunden. 3. ) Das vorziiglich gegen Menschen und Thiere zu wirken bestimmte Geschoss ist das Shrapnel. Es wird gegen die Mann- schaft auf Deck und in der Takelage des feindlichen Schiffes, gegen Doote und gegen feindliche Truppen am Lande vervvondet. Vermoge dor Einrichtung seines Ztinders zerspringt das Shrapnol in einer bestimmten Entfernung vor, und in einer bestimmten Hohe oberhalb dem Ziele und liborschuttet den Feind mit Schroten und Sprengstticken. Die Entfernung des Sprengpunktes vom Ziele heisst Sprengintervall, die Hohe des Sprengpunktes iiber dem Boden Sprenghohe. Die Shrapnels der 15% t Geschutze werden auf Distanzen von 200 bis 2600 "j/, jene der 9<) n Geschutze von 500 bis 2300 m j, die der 7%* Geschiitze von 400 bis 1900 ^ an- gewendet. 4. ) Ganz dieselbe Wirkung wie das Shrapnel, nur auf kilr- zere Distanzen, aussert die- Btichsenkartatsche; die Biichse wird schon im Eohre durch die Pulverladung zorrissen, und es 22 vverden dio Sclirote, sich beim Verlassen des Rohres kegolformig zerstreuend, gegen don Foind getrieben. Die Kartiitschen finden nur boi don 15^» Geschiitzen der Fluss-Monitors, ferner bei den 9- und 7 c fm Geschiitzen Auiven- dung, u. z. bei den 15^ Geschiitzen der Fluss-Monitors von 200 bis 1400 m j, bei den 9 c / re Geschiitzen bis 500 ,n f, bei den 7 c fm Geschiitzen bis 400 m f. 5.) Die Brandgeschosse sollen in entziindbare Gogen- stiinde (holzorne Schiffsivandc, Takelage, aus Holz aufgefiihrte Baulichkoiten am Lande etc.) eindringon und dieselbcn durch den umherspriihenden Brandsatz entziinden. —■ Dicse Gcscliosse sind nur dem 9^ ft Geschiitze eigen. d) Treffwahrscheinliclikeit. Mannigfache Ursachen bringen es mit sich, dass nicht jeder mit domselben Geschosse, derselben Ladung und Elevation ab- gefeuerte Schuss genau gleich dom andern ist, und donselben Punkt eines Zielobjectes trifft. — Diese Ursachen sind: Ab- ivoichungen in der Anfaugsgeschwindigkeit (hervorgerufen durch geringe Verschiedenheiten im Gewichte des Geschosses und der Pulverladung, sowie in der Giito des Pulvers, ferner durch vcr- schiedene Einfliisse auf die Entziindung und Verbrennung des Pulvers und auf die Bewegung im Rohre); Abiveichungen in der Richtung, in welcher das Geschoss beim Verlassen des Rohres die Bevvegung im Freien beginnt (dies ist besonders bei Vorderladern mit Spielraum zu bemerken); ungleichmiissig schiofe Lage der Schildzapfenaxe beim Schusse; ungleichmassige Erhebung des Rohres beim Austritte des Geschosses; ungleicher Druck der Luft; Ungenauigkeit in der Einstellung des Aufsatzes; schlechtes Zielon; schliesslich wechselnde Starke und Richtung des Windes. Diese Unistande verursachen, dass nicht alle Geschosse die- selbe Schussweite erreichen und dieselbe Seitenabivoichung haben. Je geringer die angefiihrten Abiveichungen und Unregelmassig- 23 keiten sind und je weniger sie den Plug des Geschosses zu beein- llussen vermogen, desto geringer ist die Abweichung des einen Schusses vom andern, desto kleiner daher die Plache, auf vrelcher sich die Schusse zerstreuen, und desto grosser anderseits die Wahrscheinlichkeit, dass man beim Schiessen ein Ziel von bestimm- ter Ausdehnung treffen werde. Denkt man sich zur Ermittlung dieser Treffvvahrscheinlich- keit aus einem Geschtitze untor ganz gleichen Umstanden eine betrachtliche Anzahl von Schiissen gemacht, welche (wie in Fig. 5 angodoutet) in verschiedener Entfernung vom Geschiitze und vor- schieden weit seitwarts von der Schussrichtung ab auffallen, so nonnt man den in die Mitto aller Schiisse fallenden Punkt A den mittleren Treffpunkt, die Entfernung eines joden Schusses vom Punkte A in der Richtung der Schusslinie (nach der Liinge) dossen Liingenabiveichung, die Entfernung in der darauf senkrechten Richtung aber dessen Seitenabweichung vom mittleren Treffpunkte; — ferner die Entfernung mn von dem kiirzest gegangenen bis zum weitesten Schusse die Langen- streuung, die Entfernung pq der beiden aussersten Schusse von cinander die Seitenstreunng. Der Punkt A, um welchon die Schiisse am dichtesten fallen, hat die grosste Wahrscheinlichkeit, bei der Wiederholung des Schiessens unter denselben Umstanden, getroffen zu werden; die tVahrscheinlichkeit, dass ein anderer Punkt getroffen wird, nimmt mit der Entfernung dieses Punktes von A immer mehr ab. — Anderseits kann man mit grosser Wahrscheinlichkeit darauf rech- nen, dass man beim Schiessen auf ein Ziel von der Lange mn und der Breite pq lauter Treffer und keinen Pehlschuss haben wird; die Zalil der Treffer wird um so mehr ab- und die Zalil der Pehlschusse zunehmen, je mehr sich die Liinge und Breite des Zieles vermindert. Ist MN die Lange desjenigen Zieles, auf welches bei unbegrenzter Breite desselbon nur die Halfte der Schusse als Treffer entfallt, welches also ebenso oft getroffen als gefehlt vverden kann, so nennt man diese Liinge MN die mitt- 24 lere Langenstreuung, die Halfte derselben oder die Entfor- nung einer dor beiden Linien M und N vom Punkte A die mittlere Lilngenabvveichung (diese beiden Entfernungen sind gleich, weil angenommen werden kann, dass sich die Scliusse in dem Theile vor A genau so wie in dem Tbeile hinter A zer- streuen); ebenso lieisst die Breite P Q des Zieles, auf welches bei unbegrenzter Lange dio Halfte der Sckiisse fallt, die mittlere Seitenstreuung, und die Entfernung des Punktes A von den Linien PP oder QQ die mittlere Seitenab\veichung. Wird auf eine verticale Scheibe gescliossen, welclio bei m {Fig. 6) aufgestellt ist und durch welche die Sckiisse hindurch- gehen, bevor sie den Boden erreichen, so entspricht dem mittleren Treffpunkte A am Boden ein mittlerer Treffpunkt A' in der Scheibe, der ganzen Langenstreuung mn eine bestimmte Ho h en - streuung mn', der mittleren Langenstreuung MN eine mitt¬ lere Hohenstreuung M'N', jeder Lftngenabweichung eine Hohonab\veichung, der mittleren Langenabvveichung A M oder A N eine m i 111 e r e H o h e u a b w e i c h u n g H' .M' und A' N’. Wie gross sich eine bestimmte Langenabweichung auf der Scbeibo als Hokenabvveickung darstellt, hangt von der Grosse des Einfalls- winkels ab. Nachdem die Einfallswinkel mit dem Wachsen der Distanz zunehmen, so entspricht einer und derselben Liingenab- weichung auf der kiirzeren Distanz eine bedeutend kleinere Hohen- abweichung als auf der grosseren, — ebenso umgekehrt einer bestimmten Hohenabweicliung auf kurzen Distanzen eine grossere Langenabweichung als auf grosseren. Die Hohen- und Seiten- streuungen und Abweichungen nehmen mit der Distanz stetig zu, wiikrend die Langenstreuungen und Abweichungen meistens auf den mittleren Distanzen am kleinsten sind und gegen die grossten und kleinsten Distanzen zunehmen. Die bei den verschiedenen Distanzen auftretenden mittleren Hohon- und Seitenabweichungen bilden den Masstab fur die Treff- fahigkeit eines Geschiitzes unter bestimmten Verhaltnissen. Die Trefiahigkeit ist abhangig einerseits von der mehr oder vveniger 25 sicheren Euhrung des Geschosses durch das Rohr, anderseits von der grosseren oder geringeren Eahigkeit des Geschosses, die ihm ertheilte Richtung ausserhalb des Rohres trotz der ungleichmassi- gen Einwirkung des Luftwiderstandes bis zur Erreichung des Zieles beizubehalten. Das Erstere ist hauptsachlich durch die Einrichtung des Rohres bedingt, in weleher Bezieliung die Vorderlader mit Spiel- raum von den Hinterladern ohne Spielraum weit iibertroffen werden. Eur das ricktige Einhalten der Elugrichtung ist vorztiglich die Construction des Geschosses von Einfluss; auch in dieser Bezie- hung sind die Geschosse der Hinderlader gegen die mit weit vor- ragenden Warzen verselienen der Vorderlader im Vortheile. Die zn langen Geschosse mit sehr schlanken ogivalen Spitzen sind, so sehr sio fur das Durchschneiden der Luft von Vortheil sind, wegen ihres starken conischen Pendelns der Treffsicherheit ungiinstig. Von Einfluss auf die Treffahigkeit ist ferner auch der Kaliber und die Anfangsgeschrvindigkeit des Geschosses, indem ein mit eincr grosseren Geschwindigkeit sich bevregendes und vermoge seines verhaltnissmassig grOsseren Gewichtes die Luft leichter durchschncidendes Geschoss eines grosseron Kalibers fur die aus- seron ablenkonden Ursachen wenigor empfindlich ist, als ein lang- samer sich bewegendes von einem kleineren Kaliber, — daher das Erstere besser treflen wird als das Letztere. II. Sclmss- und Feuerarten. a) Schussarten. Die Schiisse unterscheidet man: 1. ) Nach dom Geschosso in Granatschusse, Shrapnol- schiisso, Kartatschschiisse etc. 2. ) Nach der Neigung des Geschtitzes gogon den Horizont in Schusse mit liorizontalom Eohro, Schiisse mit erhOhtem (elevirtem) Eohro (Bodenstiick gosenkt) und Schiisse mit go- senktem (dopressirtem) Eohre (Bodenstiick gehoben). Nachdem zur Erreichung was immer fiir einor Distanz das Goschoss stets unter einom hostimmton Winkel nach aufvviirts ge- schossen werden muss, so ist jeder Schuss eigentlich oin Schuss mit Elovation. Jedoch bezieht sich diese Elevation mir auf dio Verbindung des Geschtitzes mit dom Ziele, niimlich auf dio Grund- linie des Schusses; es kann daher die urspriinglicho Eichtung der Bewegung, wenn das Ziel tiefer liegt als das Geschutz, wenn also die Grundlinie des Schusses nach abvviirts geneigt ist, auch horizontal oder ebenfalls nach abwarts geneigt sein. Das Erstoro findet statt, wenn der Positionswinkol des Zielpunktes gleich ist dem der Distanz entsprechenden Elevationsivinkol; -— eine Do- pression ist vorhanden, wenn der Positionswinkel des tiefer liegen- den Zielpunktes grosser ist, als der der Distanz zukommondo Elevationswinkel, —• wahrend in dem Ealle, als der Positions- winkel kleiner ist als der Elevationsivinkel, selbst auf ein tiefer liegendes Ziel mit ivirklicher Erhohung des Bohres (mit elevirtem Eohre) geschossen wird. Auf ein gleich hohes oder hoheres Ziel wird selbstverstandlich immer mit elevirtem Eohre geschossen. 27 Beim Depressionsschusse and boim Schusse mit horizontalen! Bohre kann sich dio Flugbahn dos Geschosscs ihrer ganzen Lange naoh niclit ttber die Hohe der eigenen Batterie erheben, ist also tur ein Ziel von gleicher Hohe durchaus bestreichend. Aus diesem Grunde ist es vrichtig, die Distanz zu kenncn, auf wolelie boi horizontaler Lage der Eohraxe das Geschoss zum ersten male am Wasser oder am Bodon aufschliigt. Diese Distanz richtet sich fiir jedes Geschiitz nach der Hohe desselben iiber Wasser (ilber den Boden) und kann mit Hilfe der Schusstafeln und der Tafel der Positionswinkel leicht gefunden werden; man sucht niimlich zuerst in der Tafel der Positionswinkel die gemessene Hohe der Ge- schiitzmimdung iiber Wasser, schreibt sich aus der horizontalen Bubrik derselben die Distanzen und Positionswinkel heraus und vergleicht sio mit der Schusstafel; — jene Distanz, bei vvelcher der Positionsvvinkel dem Elevationsvvinkel gleich ist, ist dio Distanz des Horizontalschusses. — Ist in der Schusstafel ein grosserer Erhcbuugsvvinkel vorzeichnet, so miisste or beriicksichtigt werdcn, indem man die Elevationswinkel um denselben vermehrt. Beispiel. Die Hohe der Miindung cines gusstahlernon 15 Geschiitzes fiir Mantolgeschosso iiber dem Wasser betrage 3 m /; filr diese Miindungslioho ist nach der Tafel der Positionsvvinkel, auf 100Distanz der Positionsvvinkel * 200 m j = 300 m / = 4007 * 5007 Nach der Schusstafel betriigt der Schiessen aus diesen Geschutzen: 1° 43', 0° 52', 0° 34', 0° 26', 0° 21' u. s. f. Elevationsvvinkel beim 28 Dor Vergleich dieser Koihen mit jener der Positionswinkel zcigt, dass dio Distanz des Horizontalschusses fur Stahlgranaten fast genau 400 m j ist, jene ftir Ziindergranaten aber zwischen 300 n j und 400 , namlich auf ungefahr 360 m l fallt. In der Schusstafel ist ein Erhebungswinkel von 4' (Stahl¬ granaten), beziehungsweise 2' (Ziindergranaten) eingetragen. Ver- grossert man die Elevationswinkel um dieses Mass, so vermindert sich die Distanz des Horizontalscbusses um ungefahr 20 m !, be- ziehungsweise 10 "j/, also nur unbedeutend. Die Schusstafeln zeigen, dass alle Geschutze von inclusive 15°/n, Kaliber aufwarts einen sehr kleinen Erhebungswinkol liaben, wahrend derselbe bei den 7- und 9 c jm Geschiitzen, besonders wenn sie auf hydraulischeu Kaperten installirt sind, bedeutend ist, und bei der Ermittlung der Distanz des Horizontalschusses jedenfalls in Beriicksichtigung gezogen werden muss. 3.) Nach dein Zielpunkte in direkte und indirekte Schusse. Erstere sind jene, wo der beabsichtigte Treffpunkt an- visirt wird, wiihrend man indirekte Schusse solche nennt, bei denen cin Anvisiren dieses Punktes nicht mdglich ist, weil das zu bc- schiessende Objekt dem Auge des Visirenden durch irgend ein Hinderniss oder eine absichtlich hergestellte Deckung entzogen ist. Soli es dennoch getroffen werden, so muss die Flugbahn des Geschosses iiber das Hinderniss hinweggehen und schliesslich das hinter diesem befindliche Schussobjekt treffen. Dor Theil der Flugbahn hinter dem Hindernisse vvird um so starker nach abwiirts gekriimmt sein miissen, jo hoher die Deckung und jo kleiner die Entfernung derselben von dem zu be- schiessenden Objekte ist. Fur die Marine ist der indirekte Schuss nur von geringer Bedeutung; nachdem aber trotzdem die Beschiessung von Objekten nothvvendig werden kann, welche eine starker gekriimmte Flug¬ bahn erfordert, wurde fur die 7- und Ziindergranaten und 9%t Brandgeschosse nebst der grosseren ,Schussladung' noch eine zweite, kleinere ,Wurfladung‘ angenommen. Die mit dieser 29 Ladung abgegebenen Schtisse nennt man Wiirfe und unterscheidet sie gleichfalls in direkte und indirekte. Die Wiirfe goschohen n ur auf kleinere Distanzen, u. z. beim 7 c jm, Geschiitze auf Entfernungen von 400' bis 1500, beim 9 c f n Geschiitze von 400 bis 2000'"/. 4.) Nach dem Verbalten des Geschosses beim ersten Aufschlage in Stech- und Gdllschiisse. Wenn das Gescboss beim ersten Aufschlage stecken bleibt oder im Wasser versinkt, ohne weiter zu gehen, so nennt man den Schuss einen Stechschuss; wenn hingegen das Geschoss noch mehrere Sprilnge oder Goller macht, so nennt man den Schuss einen Gollschuss. Gollsehiisse geschehen auf kiirzere Distanzen, wo der Einfallsvvinkel noch nicht gross ist, und bei ruhiger See oder atif ebenem Boden; — vvahrend auf grOssere Distanzen bei grosserem Einfallsvvinkel, oder selbst auf kiirzere bei stark be- vvegter See oder auf unebenem Boden sich meistens Stechschilsse ergeben. Bei einem Gollschuss nennt man den Winkel, unter vvelchem das Geschoss vvieder vom Boden abspringt, den Abprall- vvinkel; dieser ist beim ersten Goller meistens (besonders auf kurze Distanzen) grosser als der Einfallsvvinkel, vvahrend die vveiteren Goller immer flacher vverden. Der Gollschuss ist nur bei Eundgeschossen von Vortheil, da die Langgeschosse, infolge der Rotation, beim Gollen meist aus der Schussrichtung abvveiclien. Aus diesem Grunde vvird der Goll¬ schuss auch nur beim Schiesssen der Kartiitschen angevvendet, indem man auf ebenem, dem Gollen giinstigen Boden (oder bei ruhiger See) absichtlich einen kleineren Aufsatz nimmt, vvodurch sich anstatt der vvenig bestreichenden direkten Schiisse flacher gehende Gollsehiisse ergeben. b) Feuerarten. Eine Batterie von Geschiitzen kann so feuern, dass entvveder jeder Vormeister selbstiindig das ihm bezeichnete Objekt beschiesst, 30 oder dass alle auf ein und dasselbe Objekt gericbteten Geschiitze einer Breitseite gleichzeitig abgefeuert vverden. Das Erstere nennt man ein Vormeisterfeuer, das Letztere ein Breitseiten- f e u e r. Bas Vormeisterfeuer bat den Vortkeil, dass es das Peuer continuirlich obne langere Unterbrecbungen zu fiihren gestattet, walirend das Breitseitenfeuer im Allgemeinen in Amvendung tritt, wenn durcb das gleichzeitige Zusammentreffen mehrerer Schiisse auf einem Punkte ein grosserer momentaner Erfolg erreicht werden soli. Beim Breitseitenfeuer werden entweder alle Geschiitze auf einen und denselben Punkt gerichtet, so dass die Schusslinien in diesem Punkte zusammenlaufen, oder es werden die Geschiitze alle in eine und dieselbe Richtung, d. h. parallel zu einander gestellt; die erstere Art des Breitseitenfeuers heisst concen- trirtes Peuer, die letztere aber Parallelfeuer.* Die Concentrirung ist auf jeder Breitseite nur auf einen in der Distanz von 4 Hundertmetei' vom Mittelgeschiitze liegenden Punkt eingerichtet. Es kann jedoch das coneentrirte Peuer mit dieser Einrichtung auch auf geringere Distanzen und auf griissere bis zu 8 Hundertmeter angewendet \verden, weil auf dieser die Divergenz der Schusslinien der Entfernung der beiden aussersten Geschiitze der Batterie entspricht. Die Elevation der Geschiitze muss jedoch immer der Distanz entsprechen. Das Parallelfeuer wird bis 20 Hundertmeter angewendet. * Die neueren Kasematschifte konnen auch ein Bug-Parallol- feuor (parallel zur Kiellinie des Schiffos) abgobon. IIL Das Ricliten. Eicliten lieisst, dem Geschtttzrohre eine solche Neigung (Elevation) und eine solche Stellung nacli der Seite ertheilen, da- mit das zu beschiessende Objekt getroffen werde. Mit Bezug auf das Ricliten heisst die Elevation des Rolires dessen Hohenrichtung, die Stellung nacli der Seite dessen Seitenrichtung. Die Vorriclitungen, mittels welcher das Geschutz in die riclitige Stellung und Lage gebracbt wird, lieissen Richtvorrich- tungen, u. z. nennt man die Vorrichtung fur die Ertheilung der Elevation R i c li t m a s c h i n e , die Vorrichtung zur soitlichen Vorrftckung (Backsen) des Gescliiitzes beim Richten Backsvor- richtung. Die Hilfsmittel, nach denen die Einstellung der Seiten- und Hohenrichtung geschieht, werden Richtmittel genannt. Sie scheiden sich in gewohnliclie und aussergewiihn- liclie. Zu den ersteren gehčren die Aufsatze und die Visirkorne; zu den letzteren die Riehtstabe, die Backsstabe, die Eintheilung der ruckvviirtigen Backsschiene und das Peilinstrument. a) Das Richten mit dem Aufsatze. Die Verbindungslinie zivischen dem Visir-Einschnitte des Auf- satzcs und der Kornspitze heisst Vis ir lini e. Diese Linie ist es, welche beim Richten in die Richtung nach dem Zielpunkte gebracht werdeu muss. Hiorauf beruht die 3-2 Einrichtung der Aufsatze, wie aus nachfolgender Erorterung her- vorgeht: 1. ) Beim Scliiessen auf einou Punkt in der Hoke des Ge- scliiitzes wird die auf diesen Punkt gericlitete Visirlinie stets die- selbe horizontale Eichtung kaben,* wie sick auck die Neigung (Elevation) andern mag. Ware kiebei das Rohr selbst horizontal, wie in Fig. 7 , so miisste die Entfernung des Visireinschnittes am Aufsatze b von der Rohraxe gli eben so gross sein, wie jene der Kornspitze a von derselbeu Axe, niimlich bh — ag. Dies ist die Grundstellung des (ganz kerabgelassenen) Aufsatzes. Neigt sick das Rohr mit der Miindung nack aufrvarts, so dass die Verlan- gerung- der Roliraxe die Visirlinie kreuzt, so muss nach Fig. S die Eutfernung bh grosser sein als jene ag , daker, wenn ag un- verandorlich ist, bh um das Stiick db zunehmen, und zwar um- somekr, je grOsser die Elevation wird. Diese Verkaltnisse bleiben unveriindert, wenn anstatt auf einen Punkt in der Hohe des Geschiitzes auf einen hoheren oder tieferen Punkt gesckossen wird; die Visirlinie kat auck in diesem Falle stets dieselbe, jedoch nickt mehr horizontale, sondern nack auf- oder abwarts geneigte Ricktung, von welcher die der Distanz zukommende Elevation gerecknet wird. Es muss domnack der Visireinscknitt des Aufsatzes immer mekr in die Hoke geschoben \verden, je grosser die Elevation werden muss, d. k. je grosser die Distanz ist. 2. ) Wenn das Gesclioss sich rviihrend seines ganzen Pluges genau in der durch die Stellnng des Geschiitzrokres bezeiclineten Ricktung AM , Fig. 9, bewegen w(irde, so miisste die Visirlinie genau parallel mit dieser Stellung, niimlick mit der Axe des * Naehdem als cin Punkt in der Hoke dos Gosckutzes derjonige angosclion wird, rvelclier in der Hoke der Miindung liegt, also in die Verliiugerung der horizontalen Rohraxo fiillt, so wird die bei allen Geschutzen etwas kokoro horizontalo Visirlinie nickt auf diesen Punkt M, Fig. 7, sondern auf einen hoher liegenden M' gorichtet sein, jodock ist diese kleine Differenz nur auf den niichsten Distanzen von Bedeutuug. 33 Rohres AB sein. — Nachdem aber das Geschoss von dieser Richtung immer mehr ab\veicht, namlich nicht die gerade Linie AM, sondern die gekrtimmte AM' besckreibt, daher in der Distanz AM nicht den in der Richtung der Rohraxe liegenden Punkt M, son- dern einen anderen Punkt M’ rechts von dem ersteren trifft, — so muss die auf den zu treffenden Punkt M' * gerichtete Visir- linie ab von der Rohraxe abrveichen, d. h. es muss, nachdem der Punkt a, das Visirkorn, fix ist, der Punkt b, der Visireinschnitt am Aufsatze, weiter nach links rticken. Dieses Seitvviirtsrucken des Visireinschnittes muss, nachdem die Seitenabweichung' des Geschosses mit dem Wachsen der Distanz in immer grčisserem Verhaltnisse zunimmt, ebenfalls mit der Distanz rvachsen, wie dies die Figur versinnlicht, in \velcher m 1; m 2 , M\ die Treff- punkte auf drei verschiedenen Distanzen, b lt b 2 , b 3 die Stellungen des Visiroinschnittes fiir das Zielen auf diese Punkte, cb lt cb 2 , c b 3 das Seitwartsriicken des Visireinschnittes aus der zur Rohr- axe parallelen Richtung a c der Visirlinie bezeichnen. Dem entsprechend sind bei den 9-, 18- und 2S c / m Geschtitzen die Aufsatzkanale nicht parallel zu der durch die Rohraxe ge- dachten Verticalebene, sondern unter einem Winkel (beim 9 c f m Geschiitze vom 2° 23', beim von 2° 52', beim 23 e j, n Ge- schiitz von 0° 44') von der verticalen Richtung nach links ge- neigt, \vodurch der mit dem Visireinschnitte versehene Kopf des Aufsatzos um so mehr nach links riickt, je \veiter der Aufsatz aus dem Kanale gezogen wird. Bei den ubrigen Geschtitzen, bei welchen der Aufsatzkanal (oder die Aufsatzhtilse) parallel mit der Verticalebene durch die Rolirase ltiuft, ist der Querarm mit * Als Zielpunkt wird immer derjenige Punkt gewiihlt, ftir.welchen die Wahrscheinlichkeit des Treffens die grossto ist, namlich der mitt- lere Treifpunkt; die Seitonabweichung dioses Punktes von der Richtung der Rohraxe, welche beim Richten in Betraeht kommt, wird zum Unterschiedo von den Seitenabrveichungen anderer Punkte vom mittleron Treffpunkte die parallole Seitenabweiohung oder Derivation gonannt. Die Derivation ist in den Schusstafeln eingetragon s 34 Distanzstrichen versehen, \velche markiren, wie weit der Visif- schieber nach links verschoben werden muss. Es muss demnach, wenn die Kornspitze ihre Stellung auf dem Rohre unveriinderlich beibehalt, der Visireinscbnitt des Auf- satzes mit dem Wachsen der Distanzen immer mehr, sowol nacli aufwiirts (fiir die Elevation), als auch nacb der linken Seite (zur Borichtigung der Derivation) rticken. — Das Richten mit dem Aufsatze besteht darin, dass der Vor- meister durcb den Visireinscbnitt des Aufsatzes iiber die Korn¬ spitze auf den Zielpunkt sieht und nacb Bedarf so lange das Rohr heben oder senken und das Greschiitz nach recbts oder links verriicken lasst, bis die genannten drei Punkte fiir das Auge genau zusammenfallen. Dieses Einricbten der Visirlinie auf den Zielpunkt heisst Z i e 1 e n oder V i s i r e n. Das Visiren gescbiebt stets mit gestricbenem Kome, d. h. so, dass die Spitze des Kornes in gleicber Hohe mit dem oberen Rande des Visireinschnittes am Aufsatze und in der Mitte desselben geseben wird. b) Das Richten mit aussergewohnlichen Richtmitteln. Durch die aussergewohnliclien Richtmittel, welche in Ver- wendung treten, wenn dem Vormeister nicht ein bestimmtes Ziel, sondern nur die Richtung und Entfernung des Zieles gegeben ist, muss jede der beiden Richtungen, niimlich die Seiten- und die Holienrichtung, unabbangig von der andern ertbeilt werden. Das Mittel fiir die Einstellung der Holienrichtung ist der Ricbtstab, jenes fiir die Seitenrichtung die riickivartige Backsschiene oder die Backsstabe. Auf der Hiilse des Richtstabes sind die Striche eingeschnitten, nach welchen das Rohr in die der Distanz entsprecbende Neigung eingestellt wird, damit die Wasserlinie des feindlichen Scbiffes getroffen werde. Diese Noigung ist fiir die kiirzesten Distanzen (bis zur Distanz des Horizontalscliusses) eine Depression, fiir die 35 grosseren Distanzen eine Elevation. Der Strich, nach welchem das Rohr genau horizontal eingestellt wird, ist auf der Hiilse schitrfer gezogen und mit H iiberschrieben; von demselben laufen die Distanzstriche fiir Depression nach aufwarts, jene fiir Elevation nach abivarts. Wenn das Schiff eine Neigung (Krangung) nach einer Bord¬ seite hat, so mtlssen die Geschiitze dieser Seite um den Neigungs- winkel des Schiffes elevirt, d. h. die Bodenstucke gesenkt, jene der anderen Bordseite um denselben Winkel depressirt, d. h. die Boden- stitcke gehoben werden, damit die Rohraxen in die horizontale Lage gelangen, \velche die Grundlage fiir die Ertheilung der Ele¬ vation nach der Eintheilung der Richtstabhulse bildet. Um diese Correctur der Krangung ausfiihren zu kOnnen, dient die in ganzeu und halben Graden ausgefiihrte Eintheilung des Richtstabes. Diese Eintheilung geht bis 5 Grade nach aufvvarts (Richtstab 5° hoch) und bis 5 Grade nach abw;irts (Richtstab 5° tief) vom Nullstriche, welcher der Lage des Schiffes auf geradem Kiele entspriclit. Den Weiser zu dieser Eintheilung bildet der obere Rand der Richtstabhulse. Beflndet sich das Schiff auf geradem Kiele und es soli der Richtstab z. B. auf 8 Hundertmeter eingestellt vverden, so vvird der obere Rand der Richtstabhiilse auf den O-Strieh des Richt¬ stabes eingestellt, hierauf derselbe in den Richtstabschuh des Rapertes eingeset-zt und das Bodenstuck so lange gehoben oder gesenkt, bis der betroffende Distanzstrich der Richtstabhulse mit denj Weiser am Rohre iibereinstimmt. Ist das Schiff etvva 5° nach Steuerbord gekrangt und es sollen die Geschiitze der rechtcn Batterie auf ein am Wasser be- findliches 10 Hundertmeter entferntes Ziel gerichtet werden, so ist auf dieser Bordseite der obere Rand der Richtstabhulse auf 5° tief einzustellen, hierauf das Bodenstuck so lange zu heben oder zu senken, bis der Distanzstrich (10 Hundertmeter) der Richt¬ stabhulse mit dem Weiser am Rohre iibereinstimmt. Die Seitenrichtung wird bei den Geschiitzen auf Schlitten- raperten und boi den Kanonen nach der Eintheilung der s* 36 riickwartigen Backsschiene, bei den gusseisernen 15%j Geschtitzen auf Eadraperten mittelst der Backsstiibe und der Backsleine ein- gestellt. Auf der ruckwartigen Backsschiene ist bei jedem Gescliiitze fur das concentrirte Feuer ein Strich eingesclmitten, neben welchem sicli dio Durchlochung fur den Stopper befindet. Bieser Strich ist bei den Geschtitzen, welche auf der linken Seite des Mittel- geschutzes stehon, links, bei den rechts stehenden Geschtitzen aber rechts vom Schlitten angebracht. Piir das Parallelfeuer ist die Backsschiene auf jeder Seite des senkrecht zur Kielriehtung stehenden Schlittens in halbe Grade bis zur grSsstmoglichen Backsuug eingetheilt, und es sind die, ganze Grade bezeichnenden, liingeren Striche mit fortlaufenden Zitfern beschrieben. Als Weiser fur die Eintheilung der Backs¬ schiene ist bei den Geschtitzen auf Schlittenraperten auf jeder Seite des Schlittens am Trtiger der Backsrolle ein Zeiger ange¬ bracht, vvobei der rechtsseitige fur die Eintheilung auf der rechten, der linksseitige ftir die Eintheilung auf der linken Seite des Ge- schtitzes gilt. Beiin 9^ Geschtitze entfallen diese Zeiger, nach- dem der beztigliche Kand der metallenen Schleifbleche den Weiser bildet. Die Backsstiibe sind an den Aussenseiten der Eapertwtinde in Htilsen verschiebbar. Die beiden zu einem Geschtitze gehorigen Backsstiibe vverden durch eino Leine, vvelche um einen Knopf am Ende eines jeden Backsstabes gefuhrt ist, verbunden. Die Backs¬ stabe sind an der oberen Fliiclie fur das concentrirte, an der iiusseren Seitenfliiche ftir das Parallelfeuer eingetheilt, u. z. sind die Eintheilungen auf die beiderseitigen Backsstiibe genau so ver- theilt, wie auf den beiden Seiten der Backsschiene bei den Schlit¬ tenraperten ; aucli sind die Theilstriche ebenso, wie dort angogeben, bezeichnet. Den Weiser zur Eintheilung des Backsstabes bildet die ruckwiirtige Kante der Htilse desselben. Soli von der Grundstellung aus cine Seitenrichtuug nach links gegeben werden, so wird der linksseitige Backsstab auf Nuli eingestellt, der reclftsseitige bis 87 zum betreffenden Theilstriche herausgezogen, die Backsleine straff gespannt und sodami das Geschiitz so weit gegen rechts gebackst, dass die Leine in die zum Kiel des Schiffes parallele Eichtung kommt, was nach einer in das Deck eingeschnittenen, diese Eich- tung markirenden Linie beurtheilt wird. Das Eicliten mit den aussergevvohnlichen Eicbtmitteln besteht darin, dass, ohne auf das Objekt zu zielen, einerseits das Geschutz- rohr so weit elevirt oder gesenkt wird, bis der Weiser mit dem der Distanz entspreclienden Theilstrich der Eichtstabbulse uberein- fallt, anderseits das Geschutz entspreckend gebackst wird, bis boi Schlittenraperten der Weiser des Schlittens, beim 9 c j, H Geschiitzo der Eand des betreffenden Schleifblecbes an dem Tbeilstriche der Backsschiene ansteht, bei Eadraperten aber die Backsleine mit der im Dečke eingeschnittenen Linie parallel lauft. Das eigentliche Visiren iibergeht auf das Peilinstrument, ivelches dazu dient, den Visirenden erkennen zu lassen, wann das feindliche Zielobjekt den Punkt erreicht, auf welchen die Geschutze einer Bordseite gerichtet sind, damit er rechtzeitig das Signal zum Abfeuern geben, beziehungsiveise die Abfeuerung der Geschutze bewirken kiinne. Am Visirrahmen des Peilinstrumentes befinden sich analog wie auf der Eichtstabhiilse die Distanzstriche von 1—20 Hundertmetcr, auf welche der obere scharfe Eand des Visirschiebers eingestellt wird, und am Verticalbogen analog wio am Eichtstabe die Eintheilung far die Kriingung, auf welche der obere Eand des Diopters eingestellt wird. Am Horizontalgradbogen befindet sich die Eintheilung fur die Seitenrichtung, niimlich fur das concentrirte und Parallelfeuer, fur \velche der rechte Eand des DioptertrSgers den Weiser bildet. Befindet sich das Schiff auf geradem liiele, so wird das Diopter auf Nuli, der Visirschieber mit dem oberen Eande auf den betreffenden Distanzstrich eingestellt und hierauf uber das Absehen des Visirschiebers und die Visirmficke auf das Ziel visirt. Ist eine Krangung zu. corrigiren, so wird das Diopter in der beim Eichtstabe angegebenen Weise auf den betreffenden Krangungs- 38 grad und dami erst dcr Visirsckieber entsprechend dcr Distanz eingestellt. Beim Richten mit dem Peilinstrumente ist das in den folgen- den Schiess- und Correcturregeln Angefiihrte, insoferne os auf das Poilinstrument Anwendung finden kanu, zu berucksichtigen. Hiebei kommt noeh zu beachten, dass das Peilinstrument nicht ftir dio Correctur der Seitenabweicbung eingerichtet ist, dass daher auf grbsseren Distanzen so viel nacb links abgehalten werden muss, als nach der Schusstafel die Seitenabweichung nach rechts betriigt. Bozuglich der Kriingung ist sich in erster Linie an die Weisung des Schiffspendels zu halten, diese jedoeh durch die Libelle am Peilinstrumente zu controlliren. Die Libelle kann aucli dazu dienen, auf eine eventuell eingetretene Aenderung der Kriingung aufmerk- sam zu machen. — Es ist wesenflich, dass die auf dom Peil¬ instrumente eingestellte Kriingung mit der den Geschiitzen ange- gebenen genau ubereinstimme. — Beim Schlingern des Schiffes >vird man am besten tiran, keine Kriingung einzustellen, es sei denn, dass die Kriingung des Schiffes grosser ist, als der grosste Ausschlag der Rollbewegung, so dass das Schiff trotz dieser Be- wegung gar nie auf geraden Kiel kommt. IV. Sdiiess- und Correcturregeln. a) Beschiessen feindlioher Schiffe vom Schiffe aus. Beim Schiessen mit Panzergeschossen, Ziindergrana- ten und Brandgesehossen ist, wenn mcht ausdriicklich ein anderer Visirpunkt angegeben mirde, stets auf die Wasserlinie des Schiffes und auf die Breitenmitte der dargebotenen Zielflache zu richten. Diesbeztiglich muss man sich Polgendes gegenwartig halten: Jeder zu kurz gehende Schuss ist eigentlicli ein Pehlschuss und kanu nur als Gtoller treffen, iviihrend ein zu weit gehender Schuss das feindliche Scliiff direkt, wenn auch etwas hoher treffen kann; ferner hat ein direkt hoher treffendes G-esclioss die Eichtung nach abwarts, gegen den Schiffsraum zu, wahrend ein im Abprallen treffendes den Plug liber das Schiff nehmen und wirkungslos bleiben kann; schliesslich ist der Winkel, unter dem das Gleschoss nach dem ersten Aufschlage \vieder abprallt, besonders auf kiirzere Distanzen, grosser als der Binfallswinkel, daher der. bestrichene Eaum vor dem Aufschlage griisser als liinter dem Aufschlage und die Treffvvahrscheinlichkeit fur einen etwas weiter gehenden Schuss grosser, als fiir einen um das gleiche Mass zu kurz gehenden, wobei noch zu beriicksichtigen ist, dass beim Grollen das G-eschoss leicht aus der geraden Eichtung kommt oder das Aufgbllen beim Aufschlage ganz ausbleiben kann. Hieraus folgt, dass, wenn man der Distanz niclit ganz sicher ist, man lieber eine etwas grossere als kleinere Distanz annehmen soli. Es ist ferner beim Schiessen 40 auf grossere Distanzen zu berticksichtigen, dass das Geschoss fiir seme Beivegung eine gewisse Zeit braucht, vviihrend welcher cin rasch fahrendcs Schiff einen niclit unbotrachtlichen Weg zuriick- legt. Wenn auch dieser Weg im Verhiiltnisse zur Distanz nicht gross genug ist, um eino Aenderung derselben nothwondig zu machen, so wird man doch dem angefiihrten Umstaude dadurch Beacbtung schenken mtissen, dass man beim Anfahren des Schiffes die Visur etwas tiefer, beim Davonfahren etwas hoher halt oder nach dorjenigen Seite hin abrichtet, nach welchor das Schiff fiihrt. Ura wie viel einem mit bestimmter Geschvvindigkeit fahrenden Schiffe vorgerichtet wird, ist aus der Schusstafel zu entnehmen. * In derselben Woise wird man den Einfluss eines starken Windes berticksichtigen mtissen, indem man nach derjenigcn Soito hin abrichtet, von welcher der Wind kommt. Jedoch lassen sich hiefttr keine bestimmten Masso angeben, sondern es muss das Abrichten schatzungsweise nach der Windstiirke geschehen. Mit Shrapnels und Btichsenkartatschen werden feind- liche Schiffe nur aus n ah m s woise beschossen, wobei in der Rogel auf esponirte Mannschaft zu richten ist. Das Feuer der Mitrailleusen und Handfeuorwaffen hat vorzugsiveise gegen lebendes Materiale gerichtot zu sein, und es muss den betreffenden Vormeistern und Schutzen iiberlassen bleiben, die sich ergebenden gtinstigen Momente rasch und geschickt auszuniitzen. Als Kennzeichen fiir den gtinstigen Effekt des Klein- gewehr- und Mitraillousenfeuers wird die an Bord des feindlichen Schiffes entstehende Unruhe und Venvirrung anzusehen sein. * In den Schusstafcln ist nihnlich das Mass dor Ahriclitung fiir ein mit 10 Meilon Geschwindigkeit fahrendes Schiff angogeben. Hat das passirende Schiff einc andere Geschivindigkeit V, so wird das Mass dor Abrichtung durch Multiplication dor entsprechenden Zahl der Schuss- tafol mit i gefunden. Betragt z. B. die Fahrgosch\vindigkoit dos zu boschiossenden Schiffes 13 Meilon, so ist = 1*3; os muss daher das der Schusstafel zu ontnehmende Mass der Abrichtung mit 1'3 multi- plicirt werden. 41 b) Beschiessen feindlicher Boote vom Schiffo aus. Gegen Torpodoboote wird man aus Gesckiitzon mit Ztindergranaton feuern. Dor Hauptgegner des Torpedobootes ist jedoch die Mitrailleuso und auf kleinere Distanzen auch das Kleingewehr. Beim Beschiessen anfahrendei' Torpedoboote bilte man sich vor Weitschilssen, weil vermoge der sehr geringen Hohe und der grossen Fahrgeschvvindigkeit dieser Boote leicht ein Uoberschiossen zu besorgen ist. Gegen sich jmtferuende Torpedoboote trachte man aus ahnlichen Griinden nicht zu kurz zu schiessen. Kaim das Einfallen der Geschossc beobachtet wcrdcn, so corrigire man gegen anfahrendc Torpedoboote Weitschusso, gegen sich ontfernendo Kurzschtlsse sogleich derart, dass der Feind in Kurze in jene Distanz kommen muss, welche der neuen Aufsatz- hohe entspricht. Bis auf Distanzen von 1000 m l soli das Feuer gegen an- falironde Torpedoboote langsam und wolgezielt sciu. Auf Distanzen innorhalb 1000 ^ muss die Lebhaftigkeit des Fouers mit der Verringerung der Entfernung stotig zunehmen, und schliesslich von ungefahr 500 n j Distanz an in ein Schnellfeuer iibergehen. Gegen sich entfernende Torpedoboote gilt im Allgemeinen das Gegentheil. Gegen andore feindliche Boote soli aus Geschiitzen in der Begel mit Bttchsenkartatschen und auf grossere Distanzen mitShrapnels geschossen vverden. Hiebei ist insbeson- dere bei ruhiger See lieber eine zu geringe Aufsatzhoho zu geben, um die Goller der Fullgeschosse auszuniitzqn. Inbetreff des Kleingevvehr- und Mitrailleusenfouers gilt das beim Beschiessen von Torpedobootcn Gesagte. 42 c) Beschiessen anvisirbarer Befestigungen, Ortschaffcen etc. vom Schiffe aus. Hiebei sind zwei Palle zu unterscheiden: cntwedor liegt das Schiff ruhig oder es bleibt in Fahrt. 1.) Das Schiff liegt ruhig, wcil das Peuer des Peindes nahezu oder ganz ungefiihrlich ist oder der Scliiffskorpor durch einen vorliegenden Wellenbrecher, eine Insel etc. gedeckt wird. In diesem Palle werden vorerst einige gut gezielte Schiisse mit Z lin d er granaten mit dom der bekannten oder gesckatzton Entfernung* zugehiirigen Aufsatze abgegeben. Hiebei hiite man sicli vor einer Ueberschatzung der Distanz, weil beim Beschiessen von Landobjekten die Beurtheilung der Weitschiisse meistens schvvieriger ist, als jene der zu kurz gehenden Schiisse. Wurde infolge unrichtiger Beurtheilung der Distanz gleich anfangs ein Weitschuss erzielt, so breche man am Aufsatze so- gleich derart ab, dass die naehsten Schiisse zuversichtlich zu kurz gehen. Hiedurch bringt man das Ziel in die Hab el, d. h. man lernt fur die Aufsatzhohen jene Grenzen kennen, innerhalb welchcr die richtige Aufsatzhohe liegt. Das Eesultat der ersten zu kurz gehenden Schiisse wird erkennen lassen, welcher Correctur der Aufsatz beilaufig bedarf. Ist eine bedeutende Correctur niithig, so muss dieselbe schiitzungsweise gegeben werden, worauf neuerdings einige gut gezielte Schiisse abzugeben sind. Gelangt man durch ein- oder mehrmalige Wiederholung dieses Verfahrens zu Treffern, die dem Zielpunkte nahe liegen, so wird, wenn niithig, eine feinere Correctur wie folgt gegeben: Man entnimmt der betreffenden Schusstafel die Verlegung des * Ist diose Bntfernung grosser als 1000 m f, so soli zum ersten Einschiessen ein einziges Gesehiitz, und zwar insoforne noch eino guto Boobachtung der Schusswirkung iniigllch ist, ein Beigeschiitz ver- wendet werden, dessen Aufsatzstellung nacb dem Einschiessen auf die iibrigeD Geschiitze iibertragen wird. 43 Treftpunktes nach der Hohe odor Seite, welche 1 '% Aenderung der Aufsatzhohc oderSeitenverschiebungenfcspricht, und corrigirt nunmehr dio Aufsatzstellung entsprechend dor Lago des erzielten Treftpunktes. Um die Aenderung der Seitenverschiebung auch boi den Geschiitzen mit schiefenAufsatzkanalen vornehmen zu konnen, ist beim 9 c /, n Aufsatze ein beweglicber Visirschieber angebracht, boi den Aufsatzen der 18- und 23 % Kanonert hingegen das Bliittchen mit dem Visireinscbnitte im Aufsatzkopfe verschiebbar. Nach dem ersten Einschiessen mit Ziindergranaten kann — insoferne dies die Natur des Zieles erfordert und die Distanz nicht iiber 2000 m / betriigt — das Feuer mit Panzergeschos- sen fortgesetzt werden. Hiezu wird der Aufsatz fur Panzer- geschosse gegeben und die Seitenverschiebung auf Basis der mit Ziindergranaten erhaltenen Besultate corrigirt. Stellt sich nach den ersten Schiisson neuerdings eino kloine Correctur als notliwendig heraus, so wird dieselbe auf die vor- beschriebene Weise ausgefiihrt, Das Gleiche, gilt auch, wenn ohne Eiicksicht auf die ver- wendete Geschossgattung \vahrend der Action aus einem oder mehreren Geschutzen mehr als die Hiilfte der Schiisse zu kurz oder zu hoch, zu weit nach rechts oder nach links gehen solite. Selbstverstandlich ist sodann fur dieses Geschiitz, beziehungsweise fiir diese Geschtitze, die Correctur nach dem Mittelpunkte der zuletzt erzielten Treffergruppe zu bewirken. Im weiteren Verfolg der Action kann unter Umstanden auch zum Breitseitenfeuer geschritten ;verden, wenn die Oertlich- keit dem unter Dampf befindlichen Schiffe jene Wendungen ge- stattet, welche durch das vorher zu bestimmende Einstellen der Geschiitze nothwendig werden. Die im Allgemeinen fiir das Breitseitenfeuer massgebenden Grundziige sind nachstehende: Gegen gepanzerte Kiistenbefestigungen ist inner- halb der Distanzen von 100 bis 800 ein concentrirtes Feuer mit Panzergeschossen abzugeben. Hiezu iverden die Geschiitze und 44 — das Peilinstrument auf die Concentrirmarke eingestellt und die Hohonrichtnng wie folgt ermittelt: Beflndet sich das Schiff auf ge rad e m Ki el e, so ist der Positionsrvinkel der Befestigung in Bezug auf den Wassorspiegcl ara Peilinstrumente und am Richtstabe als Kriingung (Biclit- stab x° tief) einzustellen. Ist das Schiff gekriingt, so rauss zum Positionsrvinkel der Krangungswinkel „tief“ addirt, jener „hoch“ liingegen vom Positionsrvinkel subtrahirt rverden. Die Summe, beziohungsweise die Differenz beider Winkel wird am Peilinstru- mcnto und am Bichtstabe als Kriingung eingestellt. Die der Distanz entsprechondo Elevation rvird nach der rich- tigen Einstellung der Kriingung stets mit den aussergervohnlichen Richtmitteln gegeben. Nach dem Einstellen der Geschtitze und des Peilinstrumentes muss das Schiff derart gewendet rverden, dass die Visur tiber das Peilinstrument durch das Ziel geht. Auf grossere Distanzen darf gegen derlei Objekte ein Breit- seiten- (Parallelfeuer) ni e abgegebon rverden. Gegen ausgedehnto Befestigungen ohno oder ma¬ mit schrvachem Panzerschutze und obonso gegen Ort- s c ha f ten ist ein Breitseitenfeuer nur selten abzugeben, nachdem das einzelne Geschoss zur Zorstorung oder rvesentlichen Beschiidi- dung des Objektes geeignet ist. Insbesondere vvende man ein Paral¬ lelfeuer niclit oh n e triftigon G rund auf Distanzen uber 1000 m f an, deun die Treffwahrscheinlichkeit rviirde selbst aus- gedehnten Objekten gegeniiber nur sehr gering sein. Beispiel 1. Eine gepanzerte Kiistenbatterie, deren Mitte nach Schatzung oder Pliinen 10 m / iibor dem Meoresniveau liegt, soli mit 26 c jm Stahlgranaten beschossen rverden. Die Batterie A, Fig. 10, hat einen 10 bis 12 Zoll dicken Panzerschutz und ist mit schrveron Geschiitzen armirt. Das an- greifende Schiff kann sich jedoch hinter einer deckenden Strecke der vorspriugenden Landzunge B halten, rvelche mindestens 500”/ von der Mitte der Kiistenbatterie ontfernt ist. 45 Es wird daher dioser Tlieil dor Landzunge rascli angelaufen, sodami der Batterie eine Breitseite zugekehrt und nun liings der gedeckten Strecke das Feuer eroffnet. Hiezu geben die der Be- festigung zugekelirten Gesckutze vorerst ein langsames, gut geziel- tes Vormeisterfeuer mit Ziindergranaten ab, wobei der Aufsatz der Distanz von 500 m j entsprecbend gestellt wird. Das Mittelresultat der ersten drei Schiisse sei folgendes: Die Geschosse treffen etwa 3zu tief und infolge der ziemlich steifen Briese und anderer nicbt vollkommen aufgeklarter Ursacben um l m j zu weit links. Es ist somit die Aufsatzhohe zu klein, die Seitenverscbiebung' zu gross. Aus der beziiglichen Sckusstafel entnimmt man, dass auf 500 rn j Distanz 1 m f m Aeuderung der Aufsatzhohe oder Seitenver- schiebung den Treffpunkt um 0*23 "j verlegt. Naekdem um 3 m j zu tief geschossen wurde, ist der Hokenaufsatz ungefahr um 300:23 = 13zu klein. Man gibt daher ftir die folgenden Schusse statt des Hdhenaufsatzes fur 500 n J jenen fiir 700 m j. Ferner verringert man die Seitenverscbiebung in solcher Woise, dass man von jener fiir,700 ,f j/Distanz (2’6 links beim linken, 0 - 5 , %i, links beim rechten Aufsatze) 100:33 = 3 abbricht, d. h. die Seitenverschiebung 0 - 4 , '^ n . rechts beim linken und 2’5 rechts beim rechten Aufsatze einstellt. Das Besultat der nachsten drei Schusse sei nachsteliendes: Im Mittel genommen gehen die Schusse 0’6 ,n f zu tief und 0• 5 m f zu vveit rechts. Es muss daher die Aufsatzhohe nocli um ungefahr 2 ”%, vergrossert, somit der Hdhenaufsatz schatzungsvveise fiir 725 m j eingestellt iverden. Hingegen ist die Seitenverschiebung um etwa l - 5 ‘ n 'j m zu verringern. Die Gesammtcorrectur der Seiten- verschiebung kat sonach 3 rechts -f- 1‘5 ' ,n j m links, d. i. zusammen 1 • 5 m f m rechts zu betragen. Die folgenden drei Schiisse werden bereits mit Panzer- geschossen, u. z. mit der Aufsatzhohe fiir 725 n J abgegeben. Dio oinzustellende Seitenverschiebung wird wie folgt ermittelt: Man entnimmt der Schiisstafel fiir Stahlgranaten die Seitenver- 46 schiebung fiir 725™/ und bringt die obenerwahnte Gesammtcorrec- tnr an. Hiernach erkalt man beim linken Aufsatze die Seiten- verschiebnng: 2 - G ‘ m f m links + 1'5 ,; / m rechts = 1-1 ^ links, beim rechtenAufsatze die Seitenversehiebung: O - 5 ^ links -f- rechts = 1 rechts. Im weiteren Verlauf der Beschiessung zeigt sich, dass man mit dieser Aufsatzstellung im Allgemeinen ein Quadrat von 3 */ Seite trifft, dessen Mittelpnnkt nahezu der bezeichnete Zielpunkt ist. Nur das G-eschiitz Nr. III schiesst continuirlich zu hoch und zn weit links. Infolge dessen vvird bei diesem Geschutze die Auf¬ satzstellung nach den eben fur die ganze Batterie gegebenen Directiven geandert und hiedurch der mittlere Treffpunkt sammt- liclier Geschutze dem bezeichneten Zielpunkte nilher geruckt. Dor TJebergang zum concentrirten Feuer aus der Distanz von 725 m j ist nur dann zu empfehlen, wenn die Zielfliiche eine bedeutende Ausdehnung hat, nachdem auf diese Entfernung die Streuung der Geschosse schon iiber drei Viertel der eigenen Batterie- lhnge betragt. Ist jedoeh die Distanz jener von 400 ’"/ nahe, so kann auch bei Zielfliichon von geringer Ausdehnung nach dem Ein- schiessen mit Ziindergranaten sogleich zum concentrirten Peuer geschritten werden. Beim Uebergang zum concentrirten Peuer werden die Geschutze und das Peilinstrument auf die Concentrirmarke eingestellt und dio Hohenrichtung wie folgt ermittelt. Man be- stimmt aus der dureh Probeschtisse gefundenen Distanz (beispiels- weise 450""/) und der bekannten Hohe (10 nl j) des Zieles iiber dem Meeresspiegel den Positionswinkel dos Zieles in Bezug auf den Meereshorizont aus der angehiingten Tangententabelle und schliigt diesem Winkel den jeiveiligen Krangungswinkel zu oder ab. Im supponirten Palle betragt der Positionsvviukel anna- liernd 1 1 / 4 0 ; der Krangungswinkel sei 2 0 hoch , also 2 0 ne¬ gativ. Es ist dalier die bei den Geschiitzen mittelst des Bicht- stabes, beim Peilinstrumente mit Hilfo der Gradeintheilung des 47 Verticalbogens einzustellende Kfangung s / 4 ° hoch. Die der Distanz von 450 m j entsprechonde Elevation wird auf die bekannte Weise eingestellt. Aus der Lage des Treffermittelpunktes der ersten Breitseite wird man sodann arn Peilinstrumente beurtbeileu konnen, um wie viel abzuricbten ist. Angenommen , dieser Punkt liege ungefalir 2 m j zu hoch und 1 ' m j zu weit links, so wird in der Polge in jenem Momente abgefeuert, wo die verlangerte Visirlinie des Peil- instrumentes durch einen Punkt geht, der 2 m j unter und 1 rechts vom beabsichtigten Treffpunkte liegt. 2.) Das Schiff findet keine Deckung, bleibt da- her in Fahrt, um dem feindlichen Feuer keinen flxen Zielpunkt zu bieten. In diesem Falle ist es angezeigt, vom zu beschiessenden Objekte gleich weit entfornte Punkte auszumitteln, von denen aus die Beschiessung vorzugsweise zu erfolgen hat. Hiezu wird das Ziel in einem entsprechend grossen Bogen, welcher an einigen Stellen durch zu peilende Punkte charakterisirt werden kann, rasch umfahren. Hiebei geben ein oder melirere Geschutze ein lang- sames, gut gezieltes Vormeisterfeuer mit Zundergranaten ab, woboi der Aufsatz der (niclit zu uberschiitzenden) Entfernung gemass gestellt wird. Nach den ersten Schiissen wird der Aufsatz, wie im ersten Falle angegeben, wenn nothig corrigirt, doch hat es hiebei auf die Ertheilung der feinen Correctur niclit anzukommen. Hat man sich durch ein- oder mehrmalige Correctur des Aufsatzes mit Zundergranaten eingeschossen y so kann zum Feuer mit Panzergeschossen und auch zum Breitseitenfeuer tibergegangon vverden. Hiebei gelten im Allgemeinen die im ersten Falle aus- gespi-oclienen Directiven, doch wird es, um dem Feinde das Ein- schiessen zu erschweren, geiviihnlich von Vortheil sein, wenn man den Halbmesser des Beschiessungsbogens von Zeit zu Zeit andert. 48 d) Beschiessen ungedeckter oder nur theilweise gedeckter Truppen, Munitionstransporte eto. vom Sohiffe aus. Das erste Einschiessen erfolgt in der Eegel mitZfin- dergr anatem* Hiebei suche man beim Beschiessen sich nicht bewegender Truppen, Transporte etc. zuuachst das Ziel in die Gabel zu bringen, worauf die Gabel, durch successive Vergrosserung des Hohenaufsatzes der unteren Gabelgrenze, allmiihlich bis auf 50 m j verengt wird. Die feine Correctur der Hohen- und Seitenrichtung wird schliesslich auf die in c) erwahnte Weise gegeben. Hat man sich derart eingeschossen, dass ungefahr die halbe Anzahl der Schtisse als „zu kurz", die tibrigen Schiisse als „nicht zu kurz 11 beobaclitet werden, so darf beim ruhig liegenden oder den Peind im Kreisbogen umfahrenden Schiffe die Aufsatzhoho nicht nrehr geiindert werden, bis mehrere Schusse (etvva vier) nach einander zn kurz oder nicht zu kurz gehen. Sodann ist die Aufsatzhoho um 25—50 m f zu vergrossern, beziehungsweise zu verkleinern. Solite es zweifelhaft sein, ob sich in der Niihe des Zieles gunstiger Boden fur die Beobachtung des Granatfeuers befindet, so ist eine grossere Zahl direkter Treffer anzustreben, wozu die Aufsatzhohe so regulirt wird, dass etwa ein Drittel der Schusse als zu kurz beobachtet werde. Bewegen sich die Truppen, Transporte etc. ge g en das Schiff, so wird das Peuer mit einem Aufsatze eroffnet, \velcher nach Schatzung einer um 200 bis 400 m J zu ldeinon Distanz entspricht. Geht dabei der erste Schuss nicht zu kurz, so wird am Aufsatze sogleich erheblich abgebrochen. Aehn- liches gilt auch, wenn im Verlaufe der Action zwei Schusse nach einander als nicht zu kurz beobachtet werden. * Ist der Boden vor dem Ziele fur das Sohiossen der Ziinder- granaten ungunstig, d. h. sumpfig oder sehr occupirt, so musson Shrapnels boniitzt rverdon, insoferne sie don Gescbiitzon eigen simi. 49 Entfernen sich die zu beschiessonden Truppen, Transporte etc. vom Schiffe, so wird das Feuer mit dem der abgeschiitzton Distanz zugehorigen Aufsatze begonnen und nach entsprechender Correctur so lange unterhalten, bis zwei Scliiisso nach einander zu kurz gehen, worauf der Aufsatz je nach der Schnelligkoit der Bewegung um 100 bis 300 ™j vergrossert wird. Hat man sich mit Ziindergranaten eingeschossen, so \vird gegen Truppen auf Distanzen bis 1500 ni j das Feuer vortheilhaft mit Shrapnels fortgesetzt, wobei der Aufsatz und die Tempirung der unteren Gabelgreuze anzuwenden ist. Hiobei ist beim Beschiessen freistehender Truppen ein mittleres Sprengintervall von 75 m j und eine Sprenghohe anzustreben, die ungefahr 0 - 5 bis 0• 3°/ 0 der Distanz betragt. Sind bei den ersten drei bis vier Schussen die Sprenghohen zu klein, so ist die Tempirung um 50 m l zu vermindern; explodirt ein G-eschoss hinter dem Ziele oder schlagt es vor oder hinter demselben auf, so muss an der Tempirung um 100 '"j und selbst mehr abgebrochen werden. Sind die beobach- teten Sprenghohen zu gross, so wird die Tempirung entsprechend vcrmehrt. Mit Brandgeschossen sind nur grossere Munitions-, Lebensmittel- und Fouragetransporte zu beschiessen, wobei selbst- verstandlich der Aufsatz der zum Einschiessen beniltzten Geschoss- gattung zu iibertragen ist. Auf Distanzen bis 1500 ist das Geschutzfeuer durch jenes der Mitrailleus en zu unterstutzen. Hiezu wird der ermittelte Geschtitzaufsatz auf die Mitrailleusen iibertragen und dann corri- girt, wenn das Feuer der Mitrailleusen die gewiinschte Unruhe, Verwirrung und eventuell Stockung nicht hervorbringt. Auf ki ein e Distanzen vverden Truppentransporte etc. mit vortempirten Shrapnels, Bilchsenkartatschen, Mitrailleusen und Klein- gewehren beschossen. Die vortempirten 7- und 9%, Shrapnels sind auf Entfernungen von 400 bis 500 m /, die 15 % Shrapnels von 400 bis 700 ln f. zu gebrauchen. 4 50 Die Buchsenkartatsclien dieser Geschiitze werden auf Distanzen bis 400 m f , respective bis 600 m f vonvendet. Hiezu ist beim Schiessen auf ebenem Boden der Aufsatz der boztiglichen Schusstafel zu beniitzen. Beim Schiessen auf unebenen Boden sind die Aufsatzhohen um ungefahr 1 / 3 bis 1 / 5 zu vermehren. Die 1 5Buchsenkartatschen der Flussmonitore werden gogen vollkommen ebenen Boden, der dem Gollen der Fiill- gcschosse gunstig' ist, mit dem Aufsatz fiir „ ebenen Boden “ ge- schossen. Hat das Terrain Erhohungen oder tiefe Einschnitto, so ist der Aufsatz fiir „unobenen Boden“ zu verwenden. Das Peuer der Mitrailleusen hat auf kleinore Distanzen lebhafter zu worden und von circa 500 ' m j an in ein Scbuollfeuer iiberzugehen. Mit Karabinern ist ein Peuer nur innerbalb dos aus- giebigen Ertrages (fiir die normale Patrone 600, fiir die ver- starkto Patrone 1000 Schritte) abzugeben ; auf Distanzen ttber 400, beziehungsvveise tiber 600 Schritte ist nur langsam zu schiessen. e) Beschiessen gedeekter Befestigungen, Ortschaften, Truppen etc. vom Sohiffe aus,* Nachdem in derlei Pallen der beabsichtigte Treffpunkt nicht anvisirt werden kann, ist zum indirekten Peuer zu schreiten. Haben die Geschiitze aussergewohnliche Eicht- mittel, so ist nachstehendes Verfahren einzuleiten: Man addirt (wie in c angegeben) den Positionsvvinkel dos beabsichtigten Treffpunktes (in Bezug auf das Meeresuiveau) und den eventuellen constanten Kriingungsvvinkel ** des eigenen Schiffes, * Auf jene indirekte Schussart, wo die Deckung dem eigenen Schiffe niihor liegt, als dem zu beschiessenden Objekte, ist im Nacli- stehenden nicht Riicksicht genommen. ** Kriingungswinkel „tief“ sind hieboi als positive, Kriingungs- winkel „hoch“ als negative Grossen in Reelmung zu bringen. Der Posi- tionsvvinkel ist stets positiv. 51 stellt die Summe beider Winkel als zu gebende Kriingung ein uncl gibt die der geschatzten Distanz entsprechende Blevation mit Hilfe der Eintheilung der Eichtstabhiilse fur Ziindergranaten. Sodann sucbt man einen markanten Punkt der Kammlinie oder einen, in der au- gestrebten Schussrichtung liegenden, deutlicb bervortretenden Punkt (einzeln stehender Baum, Telegraphenstange, Plaggenstock etc.), der sicli moglichst nahe vor oder hinter dem beabsichtigten Treffpunkte befindet und als Zielpunkt bentitzt werden kann. Nunmehr wird dem Geschiitze die vorher ermittolte Elevation gegeben, am Aufsatze d ie der Entfernung des zu bescbiessenden Objektes zuge- borige Seitenverschiebung eingestellt, das Geschiitz in die Scliussricbtung gebackst und der Aufsatz allmiiklicb so lange geboben, bis die Visur durcb den als Zielpunkt zu beniitzenden Hilfspunkt golit. In diesem Momente wird abgefeuert und die Wirkung aus einem erhohten Standpunkte (Marsen, Eaaen etc.) beobachtet.* Ging der Scbuss „zu kurz“, so wird analog vvie beim direkten Feuer der Aufsatz allrmlhlich vergrossert und die Ele¬ vation des Eobres dem ontsprecbend vermehrt. Ging der Scliuss „nicht zu kurz", so muss am Aufsatze sogleicb ausgiebig abgebrochon vverden. Liegt der Treffpunkt zu vveit reckts oder links, so muss ttberdies audi die Seitenverschiebung corrigirt vverden. Hat sich nach mebrmaliger Correctur ein Geschutz mit Ziindergranaten ein- geschossen, so tritt die gleicbe Aufgabe auch an die ttbrigen Gescbiitze heran. Diese beniitzen sogleicb den Hohen- und Seiten- aufsatz des bereits eingescliossenen Gescbfltzes und corrigiren ilire Aufsatzstellung auf die in c) angefiihrte Weise. * Ist dio Beobaclitung vom eigonen Sehiffe aus nicbt moglicli, so muss man sich mit an auderon Punkten aufgesteliten Beobaclitern durcb Signale verstiindigen. Dorlei Punkte sind entsprechende Boobach- tungsposten einos zvveiten Fahrzouges, erhohte Stellen eines schon bcsetzton Kiistenstrichos etc. Ist dio Beobaclitung der Gosehutzvvirkung ganz unmoglich, so ist ein indirektes Pcuer mir auf sohr aus- godohnto Objekte abzugeben. 52 Sind die Geschiitze ohne aussergewohnliche Eicht- mittel, so ist aus denselben ein indirektes Feuer nur gegen ausgedelmtere Objekte abzugeben und als Zielpunkt gleiclifalls ein Punkt der Kammlinie oder ein entspreekend gelegener Hilfspunkt zu vvaklen. — Zum ersten Einscbiessen werden wieder Zunder- granaten venvendet. Nach dem Einscbiessen der ganzen, mit aussergevvoknlichen fiicktmitteln versehenen Batterie und ebenso nacli dem Einschiessen der kiemit niclit betheilten Geschtitze mit Ztindergranaten kann, wenn erspriesslich, die Gescbossgattung gevvecbselt vverden. Mit Shr apne Is wird man gegen gedeckte Truppen, Trans¬ porte etc. feuern. Hiebei ist ein bedeutend klcinores als das normale Sprongintorvalle anzustroben und sollen aucli die Sprengholien um 2 bis 3 m j kleiner sein als die normalen. Die Tempirung ist hiebei so zu regeln, dass ungefakr 70 % der geschossenen Slirapnels vor, die anderen hinter der Deekung explodiren. Ergeben sich nacheinander drei negative Sprenginter- valle, so ist die Tempirung um 50 ^ abzubrechen. Zum W er fen der Ztindergranaten und Brand- geschosse wird dann geschritten, wenn sich die Truppen, Trans¬ porte etc. hinter Deckungen befinden, die entweder von den Granaten nicht durchschossen vverden konnen oder fiir die Flug- bahn der geschossenen Projectile zu hoch sind. Hiebei ist anfiing- lich der Aufsatz der oberen Gabelgrenze zu beniitzen und derart geschtitzweise zu corrigiren, dass 50 bis 75 °/ 0 der Wurfe „uicht zu kurz“ ausfallen. Gleiches gilt aucli, wenn man sich beim Bo- schiessen gedeckter Ziele nach der Kammlinie einsckliesst. Das Feuer der Mitrailleusen und dcs Kleingevvelires ist beim Beschiessen von Truppen etc. in gedeckten Stellungon ohne Werth. 53 f) Beschiessen von Truppen, Ortschaften, Feld- befestigungen etc. vom Lande aus. Isfc dor zu beschiessende Feind, respective das Objekt, un- gedeckt, so gelten im Allgemeinen die in d) gebrachten Direc- tiven, daher nur auf einige Punlcte aufmerksam gemacht wird. Beim Einsohiessen und wenn nothig audi im Verlaufe der Action wird die feine Correctur durch das Einrichten des ruckwartigen Visirpunktes nach dem Treffpunkte, bei mehreren Treffern nach der Mitte der Treffergruppe bewirkt. Hiezu visirt man, ohne an der Aufsatzstellung des scliuss- bereiten G-eschiitzes das Geringste zu andern, neuerdings nach dem Zielpunkte und verschiebt sodann, ohne an der Stellung des Ge- schiitzes etwas zu andern, den ruckwširtigen Visirpunkt in solchor Weise, dass die Visur durch den zuletzt erzielten Treffpunkt, respective durch die Mitte der letzten Treffergruppe, geht. Bei dieser Aufsatzstellung fallen Ziel- und Treffpunkt uberein; man wird daher mit diesem Aufsatze audi dera beabsichtigten Treff¬ punkte nahe kommen, wenn man ihn nunmehr anvisirt. Solite wegen Mangel an Zundergranaten oder bei einem fiir das Schies- sen derselben ungiinstigen Terrain das Einschiessen mit Shrapnels vorgenommen werden miissen, so wird das Feuer mit einem Auf- satzo und einer Tempirung eroffnet, welche einer ot^vas kleineren Entfernung als der abgeschatzten entsprechen. Erfolgt die Explo- sion vor dem Ziele, so werden Aufsatz und Tempirung um 200 vermehrt und dieses Verfahren so oft wiederholt, bis man das Ziel zwischen zrvei Explosionen bringt. Hierauf wird die Gabel auf 100 ”j verengt und mehrere Schusse mit dem Aufsatze und der Tempirung der unteren Gabelgrenze abgegeben. Nunmehr Averden, wenn nothig, vviederholt Aufsatz und Tempirung um 50 corrigirt, normale Sprenghohen und positive Sprenginter- valle angestrebt. Beim Schiessen der Biichsenkartatsclien ist in drin- genden Gefechtslagon aus dem 7 c j n Geschiitze bis 200 ™j Entfer- 54 nung iiber den ganz herabgelassenen Aufsatz imd Seitenverscliie- bung auf Nuli nach der HOhenmitte des Zieles zu richten. Fiir das Schiessen und Werfen gegen Truppen, Transporte etc. in gedeckten Stellungen gilt — abgeselien von dem iiber die Beniitzung der aussergeivoknlicken Richtmittel Gesagten — das in d) Envithnte, docli ist die feine Correctur durch Einrich- ton des Visirpunktes nach dem Treffpunkte zu bewirken. Nachdem die k. k. Marine als Landungsgeschiitz nur die 7 c / m Kanone auf Landungslaffete venvendet, so haben die Cor- recturregeln f) eigentlicli nur fur dieses Geschiitz Bedeutung. Soll- ten jedoch schwerere Marinekanonen als Positionsgeschiitze placirt werden, so gelten fur dieselben bei gleichen Zielen die gleichen Regeln, iviihrend fiir Ziele anderer Art grosstentheils die im Frii- heren besprochenen Gorrecturregeln aufrecht bleiben. g) Wahl des Atfeuerungsmomentes, Im Allgemeinen muss als Grnndsatz aufgestellt werden, dass cin Geschiitz oder eine Batterie dann abgefeuert \verden soli, wenn die Visirlinie durch den Zielpunkt geht. Fiir Geschiitze mit einem festen Geschiitzstande sind sonach \veitere Vorsekriften olfon- bar nicht nothig, aber fiir Schiffsgeschiitze, deren Stand sicli mit der Bewegung des Schiffes andert, sind noch nachstehende Regeln zu beachten: Die Wahl des riclitigen Abfeuerungsmomentes ist nameut- lich bei einer rollenden Bevvegung des Schiffes von besonderer Wichtigkeit und erfordert grosse Uebung und Umsickt des Visi- renden. Damit in einem solehen Falle trotz der besten Bichtung nicht der Sckuss \virkungslos bleibe, muss das Abgehen des Ge- schosses genau in dem Augenblicke erfolgeu, in ivelchem die Visir¬ linie der Hohe nach auf den Zielpunkt eintrifft. Hiebei ist zu beriicksichtigen, dass zwischen dem Abfeuern (besser gesagt Ab- ziehen) und dem ivirklichen Abgehen des Geschosses aus der Miin- dung eine gewisse, wenn auch kleine Zeit vergeht, iviihrend 55 welcher das rollende Schiff seine La ge veriindert. Aus dieser Ur- sache muss etwas friiher abgefouert vverden, als das Eintreffen der Visirlinie auf den Zielpunkt gesehen wird. Hiefur liisst sicli koin bestimmtcs Mass angeben, — dassolbc muss der Beurthei- lung des Abfeuernden tiberlassen bleiben; es ist mir zu bemerkon, dass bei grosseren Sehwingungen des Schiffes, welche schneller vor sich gehen, die zvvischen dem Abfeuern und dem Abgehen des Goschosses verstreichende Zeit einen grosscreu Einfluss auf die Abgaugsrichtung des Gescbosses austibt. Damit das Eintreffen der Visirlinie besser beurtheilt werden konne, soli man wo miiglich nicht feuern, wahrend sich die betref- fende Bordseite des Schiffes senkt, sondern mit dem Abfeuern warten, bis sich das Schiff vvieder aufzurichten beginnt, wobei die Visur den Raum zvvischen dem Geschiitze und dem Schussobjekt durchlauft. Hingegen soli bei schvverer See, da durch das Abfeuern im Aufwartsschwingen des Schiffes liber die Horizontalo die Pivo- tirung leiden wiirde, das Abfeuern stets im Abwartsschwingen unter die Horizontale geschehen. Wenn das Abfeuern auf das Signal vom Peilinstrumente geschieht, so ist eine Verzogerung zvvischen diesem Signale und dom oigontlichen Abfeuern unvormoidlich, vvelche Verzogerung beim Rollen des Schiffes obenso vvio jene zvvischen dem Abfeuern und dem Abgehen des Schusses in Berlicksichtigung gozogen vvorden muss. Auf Schiff en mit eloktrischer Geschiitz- abfeuerung entfiillt das ervviihnte Signal und somit aucli die genannte Verzogerung. 56 Tabelle der Positionswinkel. 57 Tabelle der Tangenten. 5