MITTHEILUNGEN des Musealvereines für Krain. Jahrgang X. 1897. Heft 5. C5 ^ Die Höhlen und Grotten in Krain. Eine vollständige Aufzählung derselben sowie Angabe der über diese bestehenden Literatur. Von Prof. Dr. Oskar Gratzy. Der Reichthum des Landes Krain an Grotten ist schon seit Valvasor bekannt; auch wurde in Werken, Zeitschriften und Zeitungen viel darüber geschrieben. Bis heute fehlte aber ein genaues Verzeichnis aller Grotten ebenso, wie eine Zusammenstellung der darauf bezüglichen Literatur. Dieser Aufgabe wollte sich der berühmte Grottenforscher, k. k. Regierungsrath Franz Kraus, Ehrenbürger von Planina in Krain etc., unterziehen und hatte sich mit Hofrath von Hauer zusammen (Section für Höhlenforschung im k. k. Hofmuseum) zu dem Zwecke einen handschriftlichen Zettelkatalog über alle Grotten und Höhlen Österreichs angelegt. Leider entriss der Tod uns Regierungsrath Kraus zu früh; seine Handschrift — Abschrift des Originalkataloges — vermachte dieser besonders für die Erforschung der krainisch-küstenländischen Grotten hochverdiente, unvergessliche und bahnbrechende Gelehrte der «Société de spéléologie» in Paris. Noch wenige Tage vor seinem Hinscheiden ermächtigte er aber am 9.Jänner 1897 schriftlich den Schriftleiter der Salzburg . 61 » Steiermark . 280 » Kärnten 27 » Krain . 90 » Görz . 36 » Triest . 30 » Istrien und Dalmatien . . . . . 129 » Deutschtirol und Vorarlberg . . . 158 » Wälschtirol . 12 » Böhmen, deutsche Gebiete . . . 191 » Böhmen, böhmische Gebiete . 262 » Mähren und Schlesien . . . . . 36 » Galizien und Bukowina . . . . 0 » Somit erscheint die Organisation der Erdbebenbeobachtung in den meisten Ländern in ihren Grundzügen geschaffen. Um allerdings in Einzelfallen das Gebiet, welches von einem Erdbeben erschüttert wurde, nach Form und Größe sowie nach den Intensitätsabstufungen zu erkennen — was der Erdbebenforscher unbedingt erfordert —, wird es nöthig sein, die oben ausgewiesene Anzahl von Berichterstattern durch wesentliche Ergänzungen und Ausfüllungen der bestehenden Lücken zu erhöhen. Die schwierige Aufgabe der Landesreferenten würde namhaft gefördert erscheinen, wenn die intelligenten Kreise der Bevölkerung allenthalben die Geneigtheit hätten, ihnen entgegenzukommen und gegebenenfalls aus eigenem Antriebe Erdbebenmeldungen erstatten wollten. Mit diesem Ersuchen wenden wir uns hier auch an die geehrten Mitglieder des Musealvereines insbesondere, da das Unternehmen zugleich eine Vereinsangelegenheit ist, in den Rahmen der statutenmäßig gefassten Ziele und Zwecke des Musealvereines gehörig. Eine «Anleitung zur Berichterstattung über ein Erdbeben» befindet sich in den Händen unserer Vereinsmitglieder ; sie wurde im Schlusshefte des Jahrganges VIII, 1896, der «Mit- theilungen des Musealvereines» veröffentlicht. Die Erdbebenmeldungen beliebe man zu richten an den Referenten für Krain und das Görzer Gebiet, Professor Ferdinand Seidl in Görz. Den Bemerkungen über den Stand der Organisation folgen in den «Mittheilungen der Erdbebencommission» die Berichte über die Erderschütterungen, welche sich im Jahre 1896 ereigneten, angereiht nach den Referatsbezirken. Den größten Umfang beansprucht naturgemäß der Bericht aus Krain und dem Görzer Gebiet. Denn erfahrungsgemäß äußern sich starke Beben nicht bloß durch einen oder wenige Katastrophenstöße, sondern die Ursache, welche die Haupterschütterung auslöst, bleibt längere Zeit wirksam und erzeugt durch einen Schwarm von Nachbeben eine sogenannte Erdbebenperiode. Der Agramer Katastrophe vom 9. November 1880 folgten bis 28. Jänner 1882 noch 304 Erdstöße, abgesehen von ganz leichten Schwingungen des Bodens und den zahl reichen bloßen Detonationen. Auch in den Jahren 1882 und 1883. wiederholten sich die Stöße in der Umgebung des Agramer Gebirges noch ein- bis zweimal im Monat, und erst allmählich stellte sich die normale seismische Thätigkeit ein, welche in Agram (ebenso wie in Laibach) jährlich nur zwei bis drei leichte Stöße zur Auslösung bringt. Im Jahre 1896 dauerte in Krain die Erdbebenperiode, welche mit den furchtbaren Kraftäußerungen der Osternacht 1895 begonnen hatte, noch fort und erzeugte — soweit bekannt geworden •— an 53 Tagen 74 Erdstöße. Man wird indes kaum vier darunter ihrer Intensität nach in die IV. Stufe der Erdbebenstärkescala einreihen können, alle andern sind unter die «sehr schwachen Stöße» der III. und die «außerordentlich schwachen Bewegungen» der II. Stufe zu zählen. Die in der Bevölkerung übliche Schätzung der Stärke von Erdstößen ist meist sehr übertrieben. Aus Laibach selbst wurden im Laufe des Berichtjahres 39 Stöße gemeldet, 19 aus der ersten, 20 aus der zweiten Jahreshälfte. Die Chronik des ganzen Referatsbezirkes aber enthält in der ersten Jahreshälfte die Meldungen von 34 Stößen aus 22 Tagen, in der zweiten von 40 Stößen aus 31 Tagen. Es wäre indes verfehlt, aus dieser Vertheilung auf eine Zunahme der seismischen Activität in der zweiten Jahreshälfte zu schließen. Die letztere erhält ihr Übergewicht offenbar nur durch den rein äußerlichen Umstand, dass die Berichterstattung seit August 1896 eine vollkommenere geworden ist, da der Referent zu Ende des vorangegangenen Monates die Aufrufe und Fragebogen der ErdbeBencommission der kaiserlichen Akademie versendet hatte. Die Chronik der Erdbeben von Krain und Görz, w'elche das in Rede stehende Heft der «Mittheilungen der Erdbebencommission» vorführt, ist somit wegen ihrer Unvollständigkeit kaum geeignet, auf die gewiss interessante Frage, ob die seismische Activität im Laufe des Jahres 1896 im Abnehmen begriffen war, eine bestimmte Antwort zu geben. Recht sonderbar ist die Vertheilung der Erdstöße des Berichtjahres auf die Stunden des Tages und der Nacht. Von den angemeldeten 74 Stößen entfallen nämlich 20°/o auf die Zeit von 8h vormittags bis 8h abends, die Zeit der Thätigkeit der Menschen, während 80 % auf die Stunden von 8* abends bis 84 morgens, die Zeit der Ruhe des Menschen, entfallen. In der Schweiz ist die Vertheilung eine ähnliche, im 12jährigen Durchschnitte 1880 —1891 kommen 26% der beobachteten Erdstöße auf die Zeit der Thätigkeit, 74% auf jene der Ruhe. Inwieweit an diesen Ergebnissen das persönliche Moment der Berichterstatter betheiligt ist, kann natürlich nicht entschieden werden. Nach diesen statistischen Excursen erlauben wir uns nachzusehen, inwieweit die Ereignisse der vorliegenden Chronik die in der Erdbebenforschung vor allem wichtige monographische Behandlung gestatten. Leider sind nur die Meldungen über zwei Beben so weit vollständig, dass sie das Schüttergebiet annähernd erkennen lassen. Der Erdstoß, welcher am 5. April 1896 um 10* 10™ abends (Eisenbahnzeit) das Isonzothal erschreckte, war am stärksten in der Umgebung von S. Lucia und Podmelec und erreichte daselbst die V. Stufe der Intensitätsscala. Von diesem centralen Gebiet erstreckte sich die Erschütterung nordwärts und gegen Görz hin viel weiter als in ostwestlicher Richtung. Das Schüttergebiet scheint elliptisch zu sein, mit einer von Görz gegen den Predilpass reichenden, 60 km langen Hauptachse, während die Querachse nur halb so lang sein dürfte. Dieses Beben ist wohl das stärkste und umfangreichste von allen ähnlichen Ereignissen des Berichtjahres in Krain und dem Görzer Gebiet. Ob es mit den seismischen Vorgängen im Becken Oberkrains in irgend welchem Zusammenhänge steht, lässt sich dermalen ebensowenig erweisen als das Gegentheil. Hingegen ist eine andere Erschütterung, über welche eine Anzahl von Meldungen eingelangt sind, ohne Zweifel der Bethätigung unserer Erdbebenperiode zuzuschreiben. Es ist das der Erdstoß, welcher am 8. November 1896 circa 4fc 35™ morgens die Bewohnerschaft von Laibach erschreckt hatte. Überdenselben sind auch aus St.Veit, Jeschza, Kropp und St. Marein Meldungen eingelangt. Die Erschütterung erreichte am Laibacher Felde fast die IV. Stärkestufe und dürfte das ganze diluviale Oberkrainer Becken in Schwingungen versetzt haben. Im Südosten (St. Marein) drangen dieselben auch in die ältere Felsunterlage der Triasformation ein. Die Längsachse der erschütterten Fläche verläuft parallel der Streichrichtung des Karstgebirges (Nordwest-Südost). Dieser Umstand ist bemerkenswert, da das Schüttergebiet des Hauptstoßes der Osternacht 1895 eine entschieden im Streichen der Karawanken und Steiner-Alpen von Ost nach West gestreckte Form besitzt. Übrigens wird man mit Recht Anstand nehmen, die Form eines Schüttergebietes von über 40 km Länge (Kropp - St. Marein) erkennen zu wollen, wenn nur die Meldungen von fünf erschütterten Orten vorliegen ! Im Laufe des Berichtjahres fanden noch wiederholt leichte Erschütterungen des Laibacher Feldes statt, so am 9. April, 17. Mai, 29. Juni, 22. Juli, 9. September. Leider ist uns wegen Mangel an Berichten jede Einsicht in den Verlauf und die Verbreitung derselben versagt. Berechtigt sind wir nun zu der Folgerung, dass die «Laibacher Erdbebenperiode» mit Ende des Jahres 1896 noch nicht als zum Abschlüsse gelangt anzusehen ist. Wir erlaubten uns im Vorstehenden die Chronik, welche das I. Heft der «Mittheilungen der Erdbeben-Commission» vorführt, soweit unser Interesse zunächst berührt wird, einer kurzen Erörterung zu unterwerfen. Den Inhalt der übrigen seither erschienenen Hefte wollen wir nur in aller Kürze anzeigen. Das II. Heft enthält einen «Bericht über das Erdbeben von Brüx am 3. November 1896» von Fr. Becke. Es ist eine Monographie des Doppelstoßes von IV. Intensitätsstufe, welcher am genannten Tage kurz nach 4 4 abends im Gebiete des Erzgebirges bei Brüx einen elliptischen Flächenraum von etwa 40 km Länge und 20 km Breite erschütterte. Das Material für die Studie lieferten dem Verfasser die Meldungen aus 14 Orten, während die negativen Berichte von 18 Orten die Umgrenzung des Schüttergebietes sicherten. Es liegt nahe, das Beben mit der böhmischen Thermenlinie und dem südöstlichen Bruchrand des Erzgebirges in Zusammenhang zu bringen. Professor Laube machte darauf aufmerksam, dass das Beben an jener Stelle eingetreten sei, wo eine Gesteinsfalte des Erzgebirges plötzlich abgeschnitten ist. Bemerkenswert ist noch, dass dieses Beben zeitlich in enger Verbindung mit einem ungewöhnlich tiefen Barometerstand steht, welcher heftigen Sturm und Schneefall im Gefolge hatte. Das III. Heft bringt einen «Bericht über das Erdbeben vom 5. Jänner 1897 im südlichen Böhmerwald», gleichfalls von Fr. Becke. Dieses schwache Beben erregte bei der Bewohnerschaft ziemliches Aufsehen, da die Gegend seit Menschengedenken von solchen Äußerungen der unterirdischen Naturkräfte nicht heimgesucht worden war. Beide ebenerwähnte Monographien liefern den Beweis, dass die erst im Laufe des vorjährigen Sommers geschaffene Organisation in mehrfacher Beziehung sich gut bewährt, und berechtigen zu der Hoffnung, dass es durch jahrelang planmäßig fortgesetzte Beobachtung der Bethä-tigungsweise der unterirdischen Naturkraft gelingen wird, die Dunkelheit aufzuhellen, welche gegenwärtig noch über ihrem Wesen liegt. Mögen auch die Mitglieder des Musealvereines nach Kräften beitragen, dass dieses Ziel erreicht werde «zum Nutzen der Wissenschaft, und» — so heißt es im Aufruf zur Organisation der Erdbebenbeobachtung in Krain, ,Mittheilungen des Musealvereines’, Vili., 1896, Seite 191 — «wohl auch zum allgemeinen Frommen der Menschheit, wie ja bereits vielfach rein wissenschaftliche Untersuchungen zu ungeahnten praktischen Erfolgen geführt haben». Iviteraturberielrit. E. Pospiehal, Flora des österreichischen Küstenlandes. Leipzig und Wien, Fr. Deuticke, 1897, 8°, I. Band, S. XLIII und 576, 14 Tabellen, analytische Übersichten enthaltend. Ein umfänglich angelegtes sorgfältiges Florenwerk, welchem 20jährige Wahrnehmungen des Verfassers zugrunde liegen. Die Aufzeichnungen älterer Botaniker sind verwertet, jedoch nicht, indem der Verfasser sich einfach auf sie berufen würde ; er gieng ihren Spuren nach, um sagen zu können: «Alle in dem Buche aufgezählten Pflanzen habe ich an sämmtlichen angegebenen Orten selbst gesehen.» Das Florengebiet reicht im Norden bis St. Peter am Karste. Das vorliegende Werk wird daher auch jedem Botaniker Krains überaus willkommen sein. p, s. Die Österreichisch-Ungarische Monarchie. Geographisch-statistisches Handbuch für Leser aller Stände von Prof. Dr. Umlauft. Dritte umgearbeitete und erweiterte Auflage. Mit 176 Illustrationen und 15 Karten. In 25 Lieferungen à 30 kr. Wien, Pest und Leipzig, Hartleben. Preis: in Prachtband 9 fl. — Diese neue, durchaus umgearbeitete und wesentlich vermehrte Auflage von Professor Umlaufts geograph.-statistischem Handbuche : «Die Österreichisch-Ungarische Monarchie» ist ein treffliches Werk, das in klarer und anregender Darstellung alle Kronländer bespricht und in 25 Lieferungsheften erschien. Die letzten Lieferungen behandeln das Küstenland, Tirol und Vorarlberg, die Sudetenländer, Galizien und die Bukowina, Dalmatien, die Länder der ungarischen Krone und das Occupationsgebiet. Prof. Dr. Umlauft hat mit diesem Werke seinen alten Ruf als gediegener Fachmann und Schriftsteller neuerdings gerechtfertigt. Als willkommene Ergänzung des Textes, welche namentlich für die studierende Jugend wertvoll ist, müssen wir die bedeutende Anzahl sorgfältig ausgewählter und im Drucke gut ausgeführter Landschaftsbilder und statistischer Karten über die physikalisch-politischen Verhältnisse Österreich-Ungarns erwähnen. Dr. o. G. Herausg. u. verlegt vom Musealvereine f. Krain..— Druck von Kleinmayr & Hamberg in Laibach.