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Kreis - Ingenieur zn Adelsberg , ver- ivendete seitie Musse dazn , die verschiedenen Ansichlen der innern Groile mit moglichsler Treue zu zeichnen. Als er mir die Blatler vormies, schienen sie mir so mahr, so treffend zu Papier gebracht , dass ich ihn aufmunterte , dieselben nach einem eiivas grosseren Massslabe und in Far- ben auszufiihren. Es fehlle mir an einem Sach - und Localkundigen, der die Beschreibung machen , und an einem Ferleger , der das kleine, aber doch kostspielige TVerk herausgeben , die Kapfer stechen lassen , und Herrn Schajfenrath fiir seine Muhe honoriren solite. Mehrere desshalb gemachte Antrage und Versuche misslangen ; und obgleich so viele Adelsberg beriihrende Frernde, darunler die angesehen- sten Beisenden, die Grotle besuchen, und kein Fag vergeht, ico diess nicht rnehr oder minder der Fali ist, so fehlt es doch immer noch ah einer Beschreibung, an einem JVegiceiser: daher der Eindruck , den diese merkiviirdige Hohle auf den Beioimderer macht, nur zu bald uiieder aus dem Gedachtnisse schccindet. Diess bewog mich, die Herausga.be dieses TVerkes baldmogiichst zu veranslalten, die Beschreibung fiir dasselbe zu verfassen, die Kosten der Auflage vorzuschiessen, und es auf mich zu nehmen , dass dem Herrn Schaffenrath, ivie billig, der seiner Zeit zu losende Geivinn cles Absatzes iiberlassen werde , indem ich iiberzeugt bin , dass ich auf diese JFeise zur naheren Bunde meines an Naturivundern so reichen Vaterlandes meseni-' lich beilragen , und jedem Reisenden einen ivillkommenen Leilfaden an die Hand geben iviirde. Mein JVunsch gehl dahin , man icolle erkennen, dass nur die JVahrheit meine Feder leile , und dass ich nicht ehca eine poelische Schilderung, noch iveniger etiuas gani Neues, nie Gesagles lie- fern vcolle. Vielmehr bille ich das Gegebene als eine Compilalion alles desjenigen zu belrachlen. mas bisher von beobachtenden Reisenden iiber diese Naturmerkmiirdigkcit gesagt morden ist. Ich habe daher gesucht Bemerkungen melche in den mir zu Gesicht gekommenen Biichern iiber IT diese herrliche Grotte mit meinen eigenen Beobachlungen in Verbindnng zu brin »en. Meine JVidmung far den Slaalsdienst und andenveilige Beschaf- tigungen mdgen den schlichten ungezierlen S/yl entscJuildigen, in ivelchem ich das Beobachtele niederschreibe. Krain besitzt ein TVerk, auf das es mit allem Recble stolz seyn darf. Es ist jenes von Johann JVeichard , Freiherrn von Valvasor: ,Die Ehre des Herzogthums Krain ,‘‘ 4 Folio-Bande, Laihach 1689 , mit viden Knpfern, ivelches alle Merkiviirdigkeiten dieses Landes fleissig und mit grosster Sorgfalt aufgezeicb.net , enthdlt. Meines JFissens ivird in demselben das erste Mahi dieser Grotte er u:a.hnl. Im er sten Bande, achten Capitel, Seite 278 und 53 1 , behanptet der Herr Freiherr in dieser Grotte iiber zwei Meilen iveit gegangen zu sejrn. ]Verin man aber die Epoche beriicksichtiget, in ivelcher er lebte, und die Geistergeschichten, die er anfiihrt, lieset, so ivird man ivohl gestehen miissen , dass er bei diesem Bestiche sehr befangen u:ar , folglich die von GespenslerJ'urcht anfgeregte Seele. den tuahrscheinlich kurzen TVeg fiir einen so langen hiti L ; denn zuverldssig kam Herr Freiherr von Valvasor nicht jenseils des einstromenden Baches Poik. IJessenungeachlet hat er in jeder andern Beziehung so uoichtige Beobachtungen gemachl, alles so genau aufgezeichnet, dass man ihm vollen Glauben schenken darf. TVas er iibrigens von dem zuriickgelegten langen JVege sagt, bezieht sich nur auf einen Seitenast der Grotte, links von der grossen Treppe hinab. Valvasor erivahnet nicht, voanri die Grotte enldeckt usorden ist, und spricht Izu seiner Zeit 1689 ) als von einer langst bekannlen Hohle. Ich selbst habe sie iiber fiinfzigmahl besucht, bin aber bis zum Jah- re 1819 nie iveiter als 176 JViener Klafler vom Eingange gekommen, ivo rechls eine senkrechle TVand, schauerlich in das unten fliessende JVas- ser absliirzend, und links die steile JVand bis zur Dečke der Grotte hinan, alles iveilere Vorschreilen hemmen. Herr Joseph Ritler von Loivengreif, k. k. Kreis-Cassier, clessen bereilivillige Dienstfertigkeit jedem Reisenden zur Geniige bekannt ist, ivar der Erste, ivelcher iveiter zu dringen ivagle, und jeder Gefahr trolzend, sic/i zum TVasser herabliess, um (bei Gelegenheii , als Se. k. k. Majestdt, der hochstselige Kaiser Franz der Erste im Jahre 1816 Krain mit Ihrer Gegenivart begliickten ), eine ziveckmassige Beleuchlung in der Tiefe , Idngs dem JVasser anzubringen, da man bisher kein anderes Mitlel kannle, auf Mugenblicke das Ganze zu erhellen, als grosse Bunde Slroh anzuziinden und in die Tiefe zu senken. Herr von Loivengreif zvollte versuchen, den Augen unsers geliebten Kaisers diesen Schanplalz auf langere Zeit, als Strohfeuer verriiag, sicht- bar zu erhallen. Er Hess lange Feuerleitern bringen , durch deren Zu- sammenfdgung er, mil Beihilfe der von ihm eigens gedungenen Arbeiter die Tiefe erreichle, in der das JVasser fliesst. Es ging nach JVunsch, und ivurde ihm moglich, an beiden Ufern des Bacher Lichter aufzustellen. Er fand, dass das losende und slreng v fliessende JVasser, das ein siarkes Gelbse vernrsacht. nicht , icie man behauptele, anergriindlich , sondern, bei minderm JVasserJtande 1 bis z Fuss tief sey. Herr von Loivengreif beniitzte diese Gelegenheit , Nachforschungen nach allen Richtnngen anznslellen , ob sich /tein iveiterer Gang in der Grotte enldecken Hesse, Allein! alte Eemiihungen waren vergebens. Senk- recht empor slrebende JVdnde verhinderlen. alles iveitere Vordringen, nur das Rinnsal des Raches zeigte bei dessen Ein- und Ansjliisse eine nicht durchschreilbare Oejfnung. Se. k. k. Majestat verweillen daher auf dieser hohen JVand, (ivie denn seit undenklichen Zeiten Jedermann am iveitern Vordringen gehin- dert umrde, und kehrten ergdtzl von dem herrlichen Anblick dieses unter- irdischen Ganges zuriick. Zur Erinnerung an dieses fiir Adelsberg hochst merkiviirdige Ereig- niss Hess Herr von Loivengreif auf jener Stelle, wo Se. k. k. Majestat gestanden, einen Denkstein setzen. Bei Gelegenheit der Beleuchtnngsversuche entdeckte Herr von Loiven¬ greif links neben der jetzt in die Tiefe fiihrenden Treppe einen Fe/sen,, auf den man, obschon nur mit vieler Vorsicht , iveiter schreilen konnte, und bemerkle im Dankel, in einer senkrechten Hohe von 8 Klaflern ein Geiodlbe. das ivohl einen ziveilen Grottengang bilden konnte, halte aber kein Miltel , die Hohe zu erklimrnen. So iveit ivar die Adelsberger Grotte bekannl , als man im Jahre 1819 die Durchreise Sr. jetzt regierenden Majestat Kaiser Ferdinand der Er- ste damahls nocli Erzherzog Kronprinz ankiindigte . Herr von Loivengreif ivollle diesem hohen Gasle die Grotte ivo mog- lich noch volištdndiger beleuchlet darstellen, und versuchle solche Vor- richtungen an der, das jenseitige Ufer des Baches bildenden Wand ari- zubringen, dass die bei der Anivesenheil Sr. k. k. Majestat darch die Be- leuchtung in der Tiefe, im oberen Theile der Grotte gebliebene Dunkel- heit vermieden iverde, und auch die oberen Theile des Domes erleuch- iel erscheinen. Er beslieg auf Leilern alle Seiienwande , versuchte hier und da Lich- ter aufzusiellen, um dem Ganzen ein gefdlliges Ansehen zu geben, ivobei er stets das friiher entdeckte Geivolbe C oder Bogengang) im Auge halte, und nach Mdglichkeit versuchle, bis dahin zu gelangen. Mit unsaglicher Miihe ivurden grosse Feuerleitern in die Grotte ge- schafft. Drei beivdhrle herzhafte Manner von Adelsberg nnterslutzlen Herrn von Loivengreif , und nachdem man an das Ende der Leiler ge- langt war , klirnmle man an der sleilen JVand mit Lebensgefahr, und sich ivechseliveise unlerstutzend, bis zu dem von unten gesehenen Bo gen empor. JVer schildert das Entziicken dieses um die Kenntniss der Adelsber¬ ger Grotte hochverdienlen Mannes , als er seine Vermulhung , dass hier eine Forlselzung der diesseits des Baches befndlichen Grotte sey, besia- iiget fand. Mit schnellen Schrillen und gierigen Blicken durchlief er un- VI gefdhr 100 Klafler der Grolle ; allein die vielen Stalaktiten , d/eden TVeg bedecklen und irre fiihren konnlen , der geringe Lichtvorrath, noch mehr aher der TVansch , durch schnelle Vorrich l uti gen deni binnen acht Tagen anlangenden geliebten Kronprinzen die Grotte gleich zugdnglich zu machen, zusangen ihn znm Riickzuge. Nun zvar Herr von Loivengreif in hochsfer Thaligkeit. Grosses Zim- merholz ivurde in die Grotte gebracht, auf Kranen hinab gesenkt, und auf der Gegenseile hinaufgezogen. Tug und Nacht war gearbeiiet, Herr von Loivengreif hatte sein Lager in der Grotte aufgerichiet. und am Ende des sechsten Tages stand eine Iiolzerne Treppe von 8 Klaftern Hohe jenseils, und 6 Klaftern diesseits fertig, auf ivelcher nach genaucr Prii- fung 100 Menschen gefahrlos zu gleicher Zeit hinab und jenseits ivieder hinaufsteigen konnlen. Nun eille Herr von Louuengreif in die neue Grotte und verirendete die lelzten 48 Slunden, urn die Unebenheilen ivenigsiens auf die Breite eines Schritles , in so iceit es die Zeit geslatlete, auszugleic/ien, und fiir Se. k. k. Hoheit gangbar zu machen. Seit dieser Epoche ist die Adelsberger Grotte mit Recht beriihmt, und von Reisenden sehr stark besucht. Da seine kaiserliche Hoheit der Kronprinz der Er sle, den neu ent- decklen Theil der Grotte betralen, so Hess Herr Ritler von Loivengreif znm foriivdhrenden Andenhen, auf eigene Kosten , da s Monument in &chwarzem Marmor mil vergoldeien Buchstaben aufstellen , und dasselbe gleich am Eingange in die neue Grotte , oberhalb der ziceiten Aufgangs- ireppe , jenseils des durch die Hbhle siromenden Baches Poik, mit Ver- l/indung der daselbst vorkommenden Stalaktiten, set zen. Der Vandalismus, der auch in dieser Grotte bemerkbar umrcle, in- dem man anfng die schoneren Stalaktiten abzubrechen und davonzutra- gen, icohl auch unfern derselben uvieder ivegzinverfen, oder an Fremde zu verkaufen, veran/asste die Einrichtung einer Grotlen-Commission, ivelc/te unler der Oberleilung des jevceiligen Herrn Giibernialralhes und Kreishanplmannes von Adelsberg steht. Der vormahls unbeschiitzte Ein- gang ivurde mit einer Mauer versperrt. ein Thiirslock eingemauert, und eine starke, mil einem Schlosse versehene Thiir eingefugt. Jeder ankommende Fremde meldet sich in dem Specereigeivolbe und Tabac - Districts-Verlage des biirgerlichen Kauf mannes Herrn Fabiani, gibt die Zahl derjenigen an, ivelche die Grotte besuchen ivollen, so ivie die der Fiihrer , ivelche mit Lichiern versehen, die Gesellschaft begleiten sol- len. Alan erlegt zu dem Groltenfonde fiir jeden Fremden dreissig Kreu- zer und fiir jeden Fiihrer dreissig Kreuzer Conveniions Miinze, schreibt seinen Nahmen in das sogenannle Grottenbuch ein, und die Fiihrer, be- kannte verldssliche, von der Bezirksobrigkeit in Eidespjlicht genommene Lente sind sogžeich bei der Hand. Binnen einer Vierlelslunde schon ge¬ la ngl man von Adelsberg aus, auf einer bec/uemen fahrbaren Slrasse an den Eingang. Jenen Fremden, die sich beklagen, dass die Fiihrer nich/s erklaren und viel zu rasch vorivdrls schreilen, muss ich Folgendes erinnern. VII a) Ein solcher Fiihrer spricht meisicns nur die slavische Randes- sprache. TFie soli er sich nun dem Reisenden verslandlich machen, vcenn keiner von Leiden des andern Sprache versteht? Uebrigens pflegen sie Lei den merkwiirdigslen Panelen der Grolte stili zu stehen , ikre Richter em- porzuhallen , and denjenigen Gegensland, denn sie bemerkbar machen ivol- len, zu beleuchten. b~) Diese Fiihrer haben den J Fe g, den sie gehen , schon mehrere tau- send JVIahle gemacht , Jiir sie hat das vllles schon langst den Reiz verloren , and sie gehen ihren abgemessenen gleichformigen Schritt. Der Fremde isl enlvveder noch nie in einer Hbhle gewesen, and sein Gemiith ist dann be- fangen , beengt , das ihm umgebende Dankel dngstiget ihn, er meint nur driickende Raft zu verspiiren, u dhrend die Grolte einen trefflichen Riift- icechsel hat. Seme Rungenfanclionen iverden hierdurch anfangs elu as er- schwert, and diess beicirkt , dass er den gleichformigen Gang des Fuhrers fiir Rile hdlt. Der Beobachler jedoch , dem die Dunkelheit der Grolte nichls neues ist , ivillforschen, alles besehen, and auch ihm ist der Gang des Fiihrer s zu schnell, iveil er ihn daran hinderl , endlich c) bille ich jeden Unbefangenen zu beurlheilen, ob nicht die geringe Belohnung von dreissig Kreuzern Conventions- Miinze eines solehen Fiih- rers fiir u:enigsletiš zivei, oft auch vier Stunden langes Fenveilen in der Grolte , imel u: o fiir er noch selbst sein Richt schaffen muss, es nicht na- tiirlich mache, dass er diirch schnellere Schritle an Brennmateriale zu ersparen suchl? Die Ileraugabe der sinsichlen und dieser gedranglen Beschreibung soli diesen Beschiverden abhelfen, den Reisenden auf das vorbereilen , u as ihm zu Gesichle kommen wird, und daher seine sluf merksarnkeil nur auf die bemei kensuoerllien Gegenstdnde lenken; es sollen dadurch seine Schritle beschleuniget, aber auch der Eindruck, den das Gesehene auf ihn ge¬ macht, bleibend erhallen iverden. Noch muss ich der Deullichkeil ivegen bemerken, dass die TForte rechts und lin k s , diesseit s und jenseils irnmer von der Slellung des Beobachlers beim Hineingehen zu verstehen seyen , ivo somit der Berg rechts, das JFasser lin k s von ihm liegen. 'J l 'c ■ S^er Markt Adelsberg lic gl; sieben Postmeilen von Triest und neun von Laibach, auf der von VVien nach Triest fiihrenden Poststrasse und ist der Sitz eines Kreišamtes. Er bezeichnet den von Wien Kommenden den An- fang des Karstes, jenes steinigen Strich Landes, der in der Delegation Udine beginnt, durch das Thal von Pontafel und Canal del ferro bis an die Granze Karnthens erstrebet, sich an die Seekuste gegen Tibein (Duino) und gegen Adelsberg hinzieht, dann von dort oberhalb Triesl uber Fiume durch ganz Dalmatien, Ragusa, Albanien und einen Theil von Bosnien gegen Cephalonia verliert. Der Karst hildet eine grosse Strecbe Landes, ist bald mit im Erdreiche feststeckenden, ungeheuren Kalkfelsen-Massen, bald mit losen, grdsseren und kleineren Kalksteintriimmern ubersact, und bildet auf den ersten Anblick, eine vveisse, von aller Vegetation entbldsste, steinigte Strecke, die mit trichterformigen, grosseren oder ldeineren Tha- lern bedeckt ist, worin sich die beste Erde und eine čippige Vegetation zeigt. Ja selbst die sparliche, zvvischen den losen Steinen befindliche Erde bringt gutes und nahrhaftes Gras hervor. Das System der Vulkanisten scheitert am Karste, der ganz aus Kalk- stein besteht, und eine Menge Versteinerungen enthalt. Die trichterformigen Thaler zeigen deutlich, dass sich das Wasser durch selbe von der Oberflache der Erde zuriickzog; so scheinen auch die in Krain uberall im Schoose der Erde sich bildenden Hohlen durch Was- ser entstanclen zu sejn, vvenigstens sind sie sich alle in ihrer Hauplgestal- tung ahnlich, und haben meistens im tiefsten Puncte stehendes Wasser. Dem Naturforscher muss es hochst interessant seyn, zu vernehmen , dass alle cliese Hohlen nicht in einer gemeinschaftlichen Riclitung, oder vvenigstens nicht nach der jKluftung des Gesteines streichen. Zuvveilen streichen sie wohl in der Slreichrichtung des Gesteins, aber sehr haufig durcbsetzen sie dieses in einem Winkel von 45 Graclen, ja so- gar rechtv\inkelicht. Wie nun diese Grotten entstanden, vvie sie durch Schichtungen des festesten Ralksteines in einem rechten VVinkel durchsetzen konnen, vveiss ich mir nicht zu erklaren, und auch keine geniigende Hypothese dafiir zu geben. ' Gevviss aber scheint es, dass eine gevvaltige Masse, vvahrscbeinlich Wasser, auf den S tein gevvirkt und ihn durchbrochen habe. Merkvvurdig sind die senkrechten Grottengange an mehreren Orten Krains, vvo das Gestein senkrecht durchbrochen ist. Derlei natiirliche Schachte sind oft viele Klafter tief. Besonders bei diesen siehtman, vvie die Schichtung des Gesteins durchbrochen ist, so dass Hammer und Meissel es nicht besser halten thun konnen. 2 1 .® ®<& — VVelche Kraft war zu einem solchen Durchbruche erfordert! Da diese Schachle oft nur drei bis zvvolf Schuh im Gevierte haben, und die Seiten des Schachtes deutlich die hervorspringenden Ecben des Gesteins enthalten, vvelche auf der Gegenwand einpassen. Nicht allein in dieser, sondern auch in allen iibrigen Grotten Krains habe icb die Beobachtung gemacht, dass der Gang der Grolte sich nicbt nach der Scbichtung des Gesteins bilde, sondern dass der Gang, vvenn er einmahl eine Richtung genommen, oh- ne Riicksicht auf die Stralificationen des Gesteincs, oft mebrere hundert Klafter fortscbreite. Er bleibt in der Dečke meist von einer gleicben IJohe, und vvird nur dadurch niedriger, dass sich der Boden gegen die Dečke erhebt. Im Allgemeinen sind alle Wande dieser Grotte (mit vvenigen Ausnah- men) mit Tropfsteinmassen uberzogen, so dass es schvver wird, die Schich- tung des Gesteines zu erkennen. Wie reichbaltig diese Grotte an Tropfstein-Formationen sev, vverde ich andervvarts zeigen. Die Grotte liegt, vvenn man von Laibach nach Triest fabrt. recbts von der Poststrasse, 600 Klafter in Norden von Adelsberg; der bisber bc- kannte Haupteingang streicht bei 1900 VViener-Klaftcr von Westen nach Osten, dann beiliiufig 3 oo Klafter gegen Norden, und vvieder 3 oo Klafter gegen VVesten. Zicht man aber eine Gedankenlinie von dem Eingange bis zu dem bisher bekannten Endpuncte der Grotte, so liegt derselbe gerade im Stri- che voh Siiden nach Norden. Die Ildble bat mebrere Seitengrotlen, deren Endpuncte noch nicbt entdeckt sind , und ich bin geneigt zu glauben, dass der bis nun bekannle Endpunct nicbt der Hauptgang der Grotte sey, sondern dass vielmehr der links binter St. Stephan vorkommende Seitengang, der in die Tiefe halt, den Hauptgang bilde. Der Reisende, der jetzt zwei Stundcn berpiem in der Grotte fortschrei- tet, hal vvohl keinen Begriff, was fur Arbeiten zu vollbringen, vvelche Hindernisse zu beseitigen vvaren, und vvelche Anstrengung und Geduld es Herrn von Lovvengreif kostete, bis er die Grotte gangbar macbte. Wer sich eine kleine Vorstellung davon macben vvill, der lasse sich liber St. Stephan hinausfiihren, oder schlage einen Seitengang ein, und er wird bald auf dem Bauche zu kriechen genothigl seyn, oder auf Stalakti- ten stossen , bald bobe Steinldbcke iibersteigen, und bald vvieder sich in zvvei und drei Klafter tiefe Thaler hinablassen, oder auch, mit Gefahr die Beine zu brechen, sich durch die von der Dečke herabgestiirzten Felsen- massen bindurchvvinden miissen. Ilerr von Lovvengreif hal alle Felsenmassen in die kleinen Hdhlen und Thaler versenket, sie zu Parapeten vervvendet, und so den Boden der Grolte zu einem guten Fahrwege geebnet. , An den Slellen, wo Wasser auszutreten pflegt, oder durch die Dečke Tagevvasser eindringen, und Lis in den Sommer hinein, den Boden i bis 2 Fuss hoch bedecken, liess er einen 2 bis 3 Fuss breiten Danim von Sleinen errichten , der die Besuchenden vor jeder Nasse schutzt und be- quem zu uberschreiten ist. Seine Evcellenz, unser hochverebrter Herr Landesgouverneur, Joseph Camillo Freiberr von Schmidburg vvaren es, vvelche ihn bei diesem Unler- — ® 11 •nehmen gegen manche Kleinlichkeit in Schutz nahmen und als grosser Verehrer der Natur, iiberall mitvvirkten und die Hindernisse beseitigten; — und ohne die machtige Hand dieses Gonners alles Guten und Niitzli- clien, vvaren die Verbesserungen in der Grotte, so vvie noch mancbes an- dere Gute in Krain, gevviss nie zur Reife gediehen. Nun habe ich noch eine Bemerkung aufzuzeichnen, welcbe mir an- fangs ein Vorurtheil schien, die ich aber bald als vollkommen vvahr be- statiget fand. Die Lichter brennen in den Nachtstunden heller, der Aufenthalt in der Grotte ist ercpickender, und selbst die Luft reiner als in den Tagesstunden. VVarum? weiss ich nicht anzugeben. Wenigstens vvird diess selbst von den rohesten Leuten gefiihlt. Als die Gange noch durch Stalaktiten und Steinmassen verlegt vvaren, hielt ich mich oft uber 56 Stunden lang ununterbrochen in der Grotte auf, speiste und schlief clarin, doch vvahlten wir stets zu Nachforschungen die Nachtstunden, die Tagesstunden zur Ruhe. Am 21. April 1829 machte ich einen Gang in die Grotte, der 9 l L Stunden vvahrte, und mir vvie eine Stunde vorkam. Wer sie das erste Mahi betritt, nach AJlem forscht, vvas ihm neu erscheint, der vvird, ohne uber 5 oo Klafter vveit hineinzudringen, sehr leicht 4 — 5 Stunden aufs Angenehmste verleben. Anfangs, als der Eingang Jedermann olTen stand, lief Jedermann mit Holzfackeln, oder mit Strohbundeln darin umher, und schvvarzte dadurch die schonsten Stalaktiten, so wie das Gevvolbe. Gegenvvartig darf man bloss Grubenlichter, mit OehI gefiillt, brennen; vvenn eines erhabenen Reisenden vvegen die Grotte erleuchtet vverden soli, vverden Kerzen aufgesteckt. Daher haben die vveiter vom Eingange in die neue Ferdinands-Grotte befindlichen Stalaktiten ihre Weisse erhalten. In der ganzen bis jetzt zuganglich gemachlen Grotte liat der Reschauer durchaus keine Gelahr zu furchten. An den Abgriinden stehen gemauerte Parapeten; jene uber vvelche der Weg im Gange fuhrt, sind theils verschiittet und geebnet, theils mit stei- nernen Treppen versehen. Die Felsenblocke, vvelche friiher an der Dečke den Herabsturz droh- ten, sind mittelst grosser Stangen losgemacht und herabgevvorfen vvorden. Im Friiblinge und Herbste ist der Weg hier und da etvvas feucbt, sonst konnen auch Frauenzimmer mit leichten Schuhen, die nur den zer- schlagenen scharfen Kalksteinen zu vviderstehen brauchen, ohne Furcht vor Nasse im Hauptgange einige Stunden umhervvandeln. Ich rathe jedem Fremden vier Fiihrer zu nehmen, denn bei der Gross- artigkeit der Parthieen kann man mit zwei Lichtern kaum etwas unter- scheiden, vvahrend vier Richter, gehorig aufgestellt, die Gegenstande wohl beleuchten. Vorziiglich kommt es darauf an, immer zwei Lichter in einer Entfer- nung von acht Schi-itten vor sich herschreiten zu lassen. Gelangt man zu Gegenstanden, die man naher untersuchen vvill, so treten diese zusammen, und die Fiihrer verstehen genau die beste Wirkung mit ihren Lichtern hervorzubringen, Wiil man noch undurchsuchte Seitengrotten betreten, so rathe ich, mehrere Fiihrer mit sich zu nehmen, vveil sie im Schritte lest und ' 2 * ver- •—o?, IS lasslich siiul, die hbchste Geistesgegenvvart haben, und vollkommen fiir denjenigen Sorge tragen , der sich ihnen anvertraut. VVenn man iiber vier Stunden auszubleiben gesonnen ist, so muss man die Fiihrer davon verstandigen, clamit sie Oeblvorrath mitnehmen, auch wirtl man dann vvohl thun Wein und Brot mitzunehmen, tim diese Leute nach vier stiindigem Gange zu erquicken. Dass ihnen dann auch ein hoherer Lohn gebuhre, hedarf vvohl kaum einer Ervvah nun g. Ich vveiss aus Erfahrung, vvelch unangenehmes Gefiihl es erregt, wenn man mitten in Betrachtung alier jener merkvviirdigen Gegenstande durch die Nachricht gestbrt vvird, dass nur fiir eine Stunde noch Oehl vorhanden sey. In der ganzen Grotte findet man kein fliessendes Wasser als im gros- sen Dom, vvo der Bach Poik einfliesst. Alles andere Wasser, das man hier und da in der Grotte antrifft, ist Tropfvvasser. Da ich oft und viel davon genossen, oh ne je die mindeste Unannehmlichkeit oder Beschvverde zu spiiren, so glaub’ ich es Jedermann anempfehlen zu miissen, der in der Grotte von Durst hefallen vvird. Im Marž und April, im October und November gibt es hier und da Stellen in der Grotte, vvo das Tropfvvasser liaufiger falll, doch nirgends so stark, das« es, selbst bei 2/(Stiindigem Vervveilen, die Kleider durch- nčissen konnte. Die obere Dečke der Grotte ist verschiedenartig gestaltet, und richtet sich nach der Gestaltung des vom Gange durchsetzten Gesteins. Auch hangt es von den haufigeren oder seltneren Stalaktiten ab, die entvveder hangende Zapfen bilden, oder vvohl gar nur die Wande mit ei¬ ner Hruste iiberziehen. Haufig bildet die Dečke ein gothisches Gevvolbe , und ich lialte diese Grottenstrecken fiir die festesten und dauerhaftesten, vvenigstens sieht man in denselben nie eine Špur von herabgefallenen Stei- nen, selbst nicht bei jenen der altesten Epoche. Von diesen allgemeinen Bemerkungen gehe ich zu den einzelnen iiber. Der Eingang der Grotte vvird (vvenn man sich auf der Poststrasse von Triest nach Atlelsberg belindet) in dem Augenblicke sichtbar, als man Adelsberg erblickt. Richtet man den Blick links von Adelsberg auf den Berg mit dem alten Schlosse, so bemerkt man deutlich die Kluft im Gesteine, vvelche den Eingang bildet. Die Platte Nr. i zeigt die Ansicht von Adelsberg, des Einganges der Grotte, und der alten Veste Adelsberg. VVenn man von der Miihle dem Eingange zuschreitet, so vvird es dem genauer Forsehenclen nicht entgehen, dass einst der Eingang nicht da vvar, vvo er jetzt ist, sondern dass er naher gegen Adelsberg gelegen haben mag. Da ferner das Ganze vor dem Eingange der Grotte gelegene Gestein in sehr schiefen, gegen den Bach sich senkenden Schichten liegt, so scheint eine Strecke von 4o Klafter vor dem Eingange von der Hohe des Berges bis zum VVasser herabgeglitten zu seyn , und so die Felsenvvand, in der sich jetzt der Eingang belindet, bloss gestelll zu haben. Das Gevvolbe, vvelches dadurch entblosst vvurde, so wie die einzelnen, grossen nicht zertriimmerten Felsenbldcke, vvelche hie und da auf dem Abhange ruhen, liefern die sprechendslen Bevveise fiir diese Kataslrophe. Es scheint sogar,jlass sich noch ein Stuck des Berges gegen die Miihle hercits abgeldset liabe, und bei einem Erdbehen gleichfalls abgleiten vverde. Wenn man von Adelsberg gegen die Grotte zu geht, so erblickl man in dem unter 4^ Graden gegen den Horizont sich verflachenden Kalkgesteine zvvei grosse Oeffnungen, vvovon die untere die grbsste ist, und den mit grossem Gerausche sich liinein stiirzenden Poik-Bach aufnimmt; die obere kleinere aber den dermahligen Eingang der Grotte bildet, welcher zvvblf Klafter bober als der Wasserspiegel liegt. Von Adelsberg bis hieher sind 600 VViener-Currentklafter und der An- kommende vvird von einem, gutem Fahrvvege zur Grotte geleitet. Bevor ich die Beschreibung der Grotte beginne, scheint es nothig, den horizontalen Durcbschnitt derselben anzufiihren, vvelcher in Nr. 2 dargestellt ist, und den VVanderer belehrt, was fiir einen Weg er machen vverde, und vvelche die merkvviirdigsten Puncte dieser Grotte sejen. Derselbe vvurde, in so fern er die neue Prinz Ferdinands-Grotte darstellt, von Herrn Foiker, k. k. Kreis-Ingenieur in Neustacltl, und in Bezug auf die alte Grotte von Herrn Schaffenrath, k. k. Kreis-Ingenieur in Adelsberg , nach den Re- geln der Kunst aufgenornmen, und ist daher verlasslich. — Der Eingang ist, zur Erhaltung der Grotte, mit einem 7 Schuh hoben Thore versehen, und die vorige Kluft so zugemauert, dass durch das Thor alle Nebeneingange geschlossen vverden. Der Kalkstein des Einganges bricht in zvvolf bis achtzehn Zoll dicken, iibereinander liegenden Fldtzen oder Schicliten, die nach dem Berghange und der Ersireckung dieser Wand sehr stark einfallen , fast senkrecht uber den Boden hervortreten, und an ibren oberen Enden abgescbnitten sind. Einer davon hat sich gegenvvartig bei der Wassermiindung von der Dečke getrennt, und droht bei irgend einer Erderschutterung, oder durch die eigene Schvvere herabzustiirzen. Der Bach treibt vor seinem Verschvvin- den eine Miihle. In Krain ist das Verschvvinden der Tagvvasser in den Schooss der Erde nichts seltenes. Die Abbildung Nr. 5 . versinnlicht diesen Eingang, und ist genau an Ort und Stelle aufgenornmen vvorden. Der Eingang gebt durch die Scbichtung des Kalksteines, so dass man nach der Bergmannssprache sagen konnte, das Hangende und Liegende mache den Fiirst und die Sohle, vvobei man den einstiirzenden Bach an seiner Linken durch verschiedene Felskliifte sieht, und sein Rauschen und Tosen deutlich vernimmt. Der Kalkstein scheint mir ganz dolomitisch zu sejn. Dessen Bruchflachen sind aus kleinen stumpfen Rhomboedern gebildet, glanzen am Lichte, und ^ind gevvohnlich sehr cavernos, mit ofl deutii- chen Sehichtungen, vvesshalb ich ihn mit Herrn Professor Heinrich Bronn fiir einen Hohlen-Dolomit halte, auch ist er hell hlaulichtgrau. Der Gang erhebt sich schnell, und zvvar so, dass nunmehr neun stei- nerne Stufen aufvvarts fiihren; die Dečke de Grotte vvolbt sich zu einem gothischen Dom e; ist mit Tropfs tein iiberzogen und zeigt nur sparlich hier und da einzelne herabhangende Salaktiten von 1 bis 1 V 2 Fuss Dicke, de- ren Alehrzahl vvahrscheinlich des becfueroeren Durchganges wegen, abge- schlagen vvorden ist. Ein ahnliches, genau geschlossenes gothiclies Gcvvdlhe kommt in der ganzen Grotte nicht vvieder vor. —** J 4 : —* Der Boden senl— FRANZ S. KAISER VON OESTERREICH, DER GERECHTE, DER GUETIGE, DEU WEISE, stanci den 16. Mai 1816 hier und besah diesen unterirdischen Schauplatz der vviivkenden Natur. Joseph Ritter von Lovvengreif, h. h. Kreiscassier, bat clieses mit innigstem Gefiihle der Unterthansliebe und Ebrfurcht der Mit- und Nachvvelt bemerhbar gemacht. Kehrt man nun i 5 bis 20 Schritte zur Naturbriicke zuriick und vven- det sich von clieser reclits abvvarts, so trifft man eine steinerne Treppe,die Herr von Lovvengreif sehr sinnreich an einer fast senkrechlen Felsenvvand anbrachte, und von vvelcher acht und zvvanzig Stufen zum Wasserspiegel hinabfuhren. Wer clieses Werk betrachtet, vvird doch niebt die grossen Schvvierig- keiten vollkommen einsehen, mit vvelchen Herr von Lovvengreif zu lcam- pfen hatle, um von der Hohe in cliese Tiefe zu gelangen. Indessen muss bemerkt vverclen, dass bei dem Grottenbesuche des damabligen Kronprin- zen y als es sich darum handelte, die Treppen auf beiden Seiten des Was- sers binnen vvenigen Tagen herzustellen, cliese, vvie ich sclion ervvahnte, aus Holz gezimmert vvurden, und nach diesen erst hat Herr von Ldvven- greif die Richtung der steinernen Stufen berechnet. Ist man drei und zvvanzig derselben hinabgestiegen, so kommt man zu einem Ruheplatzchen, von vvelchem man links abvvarts auf einem Fuss breiten, langs eines Abgrundes laufenden Fusssteige, der gefahrlich und beschvverlieh ist, in die uralte Grotte gelanget. Ich vverde seiner Zeit auf cliese Grotte zuriick kommen. Von diesem PJatzchen uber zvvanzig steinere Stufen hinab schreitend, kommt man zu einem zvveiten Ruheplatzchen, von dem man erst der Na- turbriicke oder des natiirlichen Bogengevvolbes ansichtig vvird. Von hier leiten endlich andere drei und dreissig Stufen zu dem Was- serspiegel. Durch einen aus Steinen aufgefiihrten Damm vvird der Wandelnde vor jeder Ueberschvvemmung gesichert, und zu einer vierzehn Klafter langen eine Klafter breiten , aus Eichenholz fest gezimmerten Brucke gelei- tet, vvelche hier den stark rauschenden uncl streng fliessenden Bach iibersetzt. Jenseits derselben fiihren 82 steinerne Stufen aufvvarts. Auch hier hatte Herr von Lovvengreif im Jahre 18x9 nur ein festes, holzernes Geriiste angebracht; gegenvvartig findet man eine schdne, sehr becpieme steinerne Treppe, vvelche sich kiihn unter einem fi - ei sclivveben- den grossen Felsen emporzieht. Wenn sich grosse Ueberschvvemmungen ei’eignen, dann iiberstromt das VVasser die Brucke vier bis fiinf Fuss, und die Verbindung mit dem jenseitigem Ufer ist vvohl gar auf acht Tage gebemmt. Jene, vvelche die Grotte bei stai-ker Beleuchtung besuchen, mogen auf dem Mittelpuncte der Brucke stehen bleiben, um von hier diese Parthie zu uberblicken. — 1.6 — Ein herrlicheres, imposanteres und iiberraschenderes Panorama wird man niclit leicht vvieder finden, besonders, vvenn sanfle Harmoniemusik, wie es ofters geschieht, sich vernelimen liisst, und diesen Eindruck erhoht. Das Tosen des VVassers, dieMusik, die Beleuchtung oberhalb zur Rech- ten und Linken, endlich der, auf einem scbief stehenden Holze gegen die Dečke gezogene Kronleuchter, bringen einen magischen Eindruck hervor, der wolil empfunden, aber niclit bescbrieben werden kanu. Alles das setzet die Kuhnheit des Herrn von Lovvengreif ins schonste Licbt, der nach drei Jalirhunderlen, der Erste, es vvagte, sich in die niicht- licbe Tiefe hinabzulassen, und in die schauerliclre Hohe emporzuklimmen ; der beide Ufer mit einander verband, und seinem Vaterlande und Adels- berg eine Ceriihnitheit vcrschaffte, vvelche so lange dauern muss, als es vvissbegierige Verehrer der unlerirdischen Schbpfung geben wird, die ihm Dank und Acbtung zollen miissen. Der uns durch den Tod leider zu friih entrissene Ilreis-Ingenieur Schaffenrath hat die Situation mit der gevvissenhaftesten Treue aufgenom- men; und vvenn die Abbildung Nr. 5 . niclit den grossen Eindruck hervor- bringt, vvelchen die Wirkliclikeit macht, so ist es einzig dem Umstande zuzuschreiben, dass die Natur von der Kunst nachgeahmt, aber nie er- reicht vverden kann. Indessen ist die Abbildung doch vvahr und sehr genau. Nachdem man diese zvvei und acbtzig Stufen zuriickgelegt hat, hefin- det man sich auf jenem Puncte, vvelchen Herr von Lovvengreif im Jalire 1819 mit Lebensgefahr erkletterte, und den er, nach Sr. kaiserlichen Hoheit dem Erzlierzog Kronprinzen, vvelche, der Erste, diesen Theil der Grotte nach seiner Entdeckung li etra ten, Prinz Ferdinands- Grotte, benannte, vvel¬ chen Nahmen sie auch seit jenem frohen Ereignisse fortan fiibrte. So vvie man die letzte Stufe betritt, befindet man sich in einer vveiten, 4 % Hlafter hohen Halle, deren Wolbung mit Stalaktiten angefiillt ist. Gleich links bemerkt man eine kleinere Wolbung, die gleichfalls von Stalaktiten strotzt. Diesen Platz (sielie Platte Nr. 6) vvahlte Herr von Lovvengreif, um ein einfaches Denkmahl Sr. kaiserlichen Hoheit dem Durchlauchtigslen Herrn Erzlierzog Kronprinzen nunmehr kaiserl. Majestat zu errichten. Die Inschrift lautet also : In dieser Grottenhalle, Wie Zauber anzuschau’n Wo aus dem Tropfenfalle Sich macht’ge Saulen bau’n, Trat ein aus fernem Land Manch hoch Erhabner schon, Vor allen Ferdinand, Der hohe Kaiserssohn. Ani 17. August 1819. Hueber sculpsit. ^ Lovvengreif possuit. Wer die Fiille der hier vorkommenden Stalaktiten und ihrc Formation betrachtet, der kann sich einen deutlichen BegrifF von dem machen, was er in der Grotte sehen vvircl. —17 &<&■— Ich rathe daher Jedem, diesen Formationen einige Aufmerksamkeit zu vvidmen. Wenn die Grotte beleuchtet ist, so vviinschte ich, dass sich Jedermann von einem Fuhrer rechts dahin Ieiten liešse, wo sich die Musik zu verber- gen pflegt, und von diesem Standpuncte aus den grossen Dom noch ein- mahl aufmerksam betrachte, und die dern Auge sich darbiethende Scene gehorig vviirdigen mijehte. Wenn man von hier den ganzen durchschriltenen Raum iiberblicht, so wird man finden, dass der jenseitige Gang mit dem diesseitigen gleiche Pilihe babe, und nur durch den Wasserspiegel von letzterem getrennt vverde. Es sclieint sonach hier einst ein fortlaufender Gang ^evvesen zu seyn, den die VVasser gevvaltsam durcbbrochen haben. Wann dieser Einsturz oder Durchbruch geschehen, auf vvelche Weise sich diess kiihne, grosse Gevvolbe dariiber spannte, sind Fragen, die der Mensch anstaunt, ohne sie beantvvorten zu konnen, die aber stets das Ge- miith erheben, und zur Bevvunderung des Schopfers hinreissen. — Yop hier an beginnen die Stalaktiten in allen Formationen den Wan- derer zu begleiten, und die Dečke und alle Wande nach jeder Richtung in unzahlbarer Menge zu bedecken. Der Weg verenget sich bald, und erhebt sich so sehr, dass man iiber neun aus Tropfstein gehauene Stufen allmahlig hinauf schreitet. Hierauf gelangt man in einen vier Klafter hohen Gang, in vvelchem rechts eine grosse, dicht zusammen geschichtete AJenge machtiger Stalak¬ titen hangt, die den verschiedenen in Piauchkammern aufgehangenen Fleisch- stiicken , als: Schinken, Speckseiten und dergleichen ahnlich sehen; daher heisst diese Gegend auch die Fleischbank. Bis hieher gelangte Herr von Lovvengreif, als er das erste Mal diese Grotte betrat. Die Unebenheit des Bodens, die Menge der auf demselben slehenden Stalagmiten, herabgefallene Felsblocke verdeckten den weiteren Gang zur Linken, und die minder zahlreichen Stalaktiten zur Rechten machten ihn glauben, dass der vveitere Hauptzug der Grotte sich rechts vvende. Er verfolgte daher diesen Weg, der desshalb auch in Eile geebnet vvurde. Um Nalimensirrungen vorzubeugen, vverde Folgendes bemerkt: Se. kaiserliche Hoheit der Herr Erzherzog Ferdinand, vvelche 8 Tage spater eintrafen, vvurden in diese Abtheilung der Seitengrotte gefiihrt, aus vvelchem Grunde die Fuhrer zuvveilen diese kleine Abtheilung irrig die Kronprinz Ferdinarids - Grotte nennen, vvahrend die ganze Grotte vom Monumente angefangen Prinz jezt Kaiser Ferdinands-Grotte heisst. Im Allgemeinen scheint das Verhaltniss des Sehichtenfalles zur Rich¬ tung der Ilohle sehr grossen Wechsel untei’worfen zu seyn, und ist, des Salagmiten Ueberzuges vvegen, schvver zu erkennen. Doch hier scheint der Gang sich in der Richtung des Falles der Banke fortzuziehen, und dieselben vom Liegenden zurn Hangenden durchzusetzen. Diese Seitengrotte gevvinnt durch die Menge schoner, vveisser brillan- tirter, oft auch ins Braunliche fallender Tropfsteine einen herrlichen An- blick, und ist ausserordentlich anziehend. Man lasse sich hier den antiken Kopf weisen, vveleher tauschend erscheint, vvenn die Fuhrer die Lichter, nach der erhaltenen Belehrung, gehorig stellen. 5 ■e 18 3 ^ G lcic.ii reclils von demselben ist der englische Gartcn, einc I® 22 s— Wenn dieser Saal gehbrig erleuchtet ist, und vvas oft geschieht, von frohlicher Musik ertbnt, zugleich von fiinf Lis sechshundert tanzendcn oder lustvvandelnden Menschen LeleLt vvird, so gevvahrt diess ein hochst impo- santes, freudiges Schauspiel, und iiberrascht auf unglaublich reizende Weise. Der Saal ist ringsherum mit schdnen Stalaktitensaulen geschmiickt, und mit verschieden gestalteten Tropfsteinen drapirt. Ich empfehle gleich beim Eingange einen vveissen, hochst durchsich- tigen von der Dečke niederhangenden Stalaktiten, der ein aufgehangenes Bettuch tauschend nachahmt, und von ausserster Feinheit und Zartheit und von blendender VVeisse ist. Diese Stalaktitenart kommt hier selten vor, und ist eine schatzbare Merkvviirdigkeit unter den zarten Gevveben der schaffenden Natur dieser unterirdischen Welt. Hier, zvveihundert fiinf und achtzig Wiener Klafter vom Eingange, im tiefen Schoose der Erde vviinschte ich dass die Freunde der Natur ein vvenig ausruhten , 'das bislier Gesehene mit diesem Buche in der Ii and sich vvieder ins Gedachtniss riefen, um es dernselben bleibend einzupriigen, und neue Krafte zur vveiteren Bevvunderung der ewig schopfenden Natur im Schoosse der. Erde zu sammeln. Wenn der Besucher dieser unterirdischen Schopfung hinreichend aus- geruhet, und das bisher Gesehene mit den gestochenen Ansichten ver- glichen bat, vvollen wir vveiter schreiten, und wer Durst fiihlet, mag im Tanzsaale mit einem reinen frisclien Tropfstein-VVasser sich laben. Indem vvir den Tanzsaal in seiner Lange von 25 Klaftern durchschrei- ten , bemerken vvir fast in der Mitte desselben, an der linken Wandseite eine fiinfzehn Zoll hohe Oeffnung, v\elche man in der Lange von vier ]>is fiinf Schuhen durchschliipfen muss, um in einen andern, nur zwei Klafter hohen, mit dem Tanzsaale paralel laufenden kleinern Gang zu koinmen , der vvenige aber blendend weisse Stalaktiten aufzuvveisen bat, und von dem man riickschreitend, durch eine enge Kluft sich durchvvindet, bei dem Stock im Eisen, in den Hauptgang vvieder herauskbmmt. So vvie man den Tanzsaal verlasst, erblickt man zur Linken einen Tropfstein, der ganz vveiss einen kleinen Springbrunnen bildet, an vvel- chem der VVasserstrahl senkrecht aufsteiget, und in drei Abtheilungen herabstiirzet. Man steigt nun drei Stufen abvvarts, und kommt zu sehr schdnen Tropfstein-Gebilden, vvelche die Einbiklungskraft des VVanderers sehr an- genehm beschaftigen vverden. Ich empfehle es, eine gebrochene Trofstein-Saule zu betrachten , vvel¬ che von ilner Basis zum Theii abgerutschet ist, zum Theil noch auf sel- ber ruhet, und sich an ihre daneben stehendn Schvvester lehnet. Wer in dieser Grolte die Bildungen der Stalaktiten studieren, vver die Art vvie sie sich so verschiedenartig gebildet haben , betrachten; vver die Zeit berechnen vvill, vvelche zur Bildung solcher Kolosse erfordert vvird, der findet Štolf genug, Tage lang Hjpotbesen aufzuslellen, und sich in Be- trachtungen zu verliefen. Welche Regelmassigkeit, vvelches Ebenmass herrscht in einem jeden solchen Gebilde, erzeug t von einzelnen , durch einen Zeitraum von Jahr- liunderten, auch vvohl von Jahrtausenden in glcicher Richtung fallenden Tropfen. In regelmiissigen und gleichen Zvvischenraumen fallt hier ein Tropfen, und hohlet ein Becken von mehreren Schuhen im Durchmesser aus, vvel- ches an seinem Rande sich stets vergrossert, und im Umfange zunimmt. Dort fallt der Tropfen eben so einformig und senkrecht vvie jener, bildet aber im Gegensatze des Erstern , eine grosse Erhabenheit, die aber auf ihrer Oberflache ganz kuglicbt und eingekerbt, dem Blumenkohle iihn- lich ist. Hier fallt ein anderer Tropfen von gleicher Hohe, eben so senkrecht vvie die beiden ersten, in gleichen Zvvischenraumen der Zeit, und eben so grosser Entfernung von der Dečke herab. Kein Becken , kein Blumen- kolil bildel sicli, soudern ein spitzer vom Boden aufstrebender Kegel, kaum vier Zolle im Durchmesser, aber zvvei Klafler hoch geslaltet, vvahrend sein anderer Nachbar von einem gleichartigen Tropfen, aus eben derselben De¬ čke gebildet, die Figur eines acht bis zehn Zoll im Durchmesser dicken niedern stumpfen Kegels erhšilt. Hier fallt der Tropfen von der mit keinem Kalksinter iiberzogenen Dečke senkrecht herab, vvahrend dort andere, ehe sie fallen, eine spann- dicke Kruste liber die Dečke ziehen. Manche Tropfen biblen vor dem Falle einen zvvei Zoll, bis vier Schuh dicken Kegel, der von drei Zollen, bis auf zehn Schuhe lang, von der Dečke lierabhangt, „Staiaktit“ andere dagegen bauen herrlich schdne Pjramiden, von einem Schuh , bis fiinf Klafter Hohe, vom Boden gegen die Dečke strebend, „S talagmi ten“ genannt. Hier blendet das Auge eine spiegelglalte Flache an der steilen Wand, durch bernieder rieselnde Trop¬ fen geschaffen, dort treten Saulen in zierlichen Formen nar mit dem Halb- messer aus der Wand, vvahrend nabe daran andere Schvvestern zu Wasser- Fallen und Bildern mancher VVesen; in ungeregeltem Gemiscbe theils halb, theils ganz gestaltet sind. So lebhaft die Einbildungskraft gefesselt und beschafliget wird, eben so ergbtzend ist die Tauschung, die sich einem raschen Bescbauer dieser magischen Unterwelt nicht selten aufdringt. So zum Beispiele, diiucht es dem ersten Blicke, mancher Tropfen riesele nicht nach den Gesetzen der Schvverkrat senkrecht nieder, sondern vvinde sich nach verschiedenen Rich- tungen und Beugungen scbief langs der Wand, indem er vielfach geboge- ne feine, ofl sechs Zoll bervortretende Gestaltungen bildet. Wie mannigfaltig, oft zierlich, oft grotesk, oft riesenhaft sind diese Gestaltungen, in allen Abstufungen des Beginnens bis zur Vollendung: vvie in den Werkslaten eines grossen Bildners. Manche dieser kleinen und kolosalen Tropfstein - Figuren, veranclern nach Verschiedenheit des Standpunctes, und der Entfernung des Beschaucrs den Grad ihrer Aehnlichkeit mit jenen Gegenstanden, deren Gestalt sie erhielten. Andere derselben behaupten immer gleich die namliche optiscbe Be- stimmtbeit, und tauscben das Auge mit dem Wahne, als ob eine kunstge- iibte Menschenhand sie geformt Hetite. Doch ist es immer nur ein Tropfen Wasser, der in gemessenen Ab- satzen der Zeit von der Dečke zum Boden streht. Bevvunderungsvvurclig bleibt es, dass der Tropfen, der einmal ein Ge- bilde zu formen begonnen, dieses namliche durch Jahrhunderte fortan gleichfbrmig erzeugt. Wenn man nur oberflacblich die Sache betracbtet, 24 scheint zvvar die Erklarung dieser Beobachlungen leicbt zu seyn, und sich dadurch zu begriinden, dass die Ortsbeschaffenheit die namliche bleibt. Allein, diese Lbsung verlieret ihr Gevvicht, sobald man naher ervvagt, dass zvvar an der Dečke, von welcher der Tropfen fallt, keine merkliche, oder auf den Tropfenfall Eirifluss nehmende Veranderung vielleicht vorge- he ; dass sich jedoch dort kem Tropfstein bildet, sondern geracle a m Grande, dem Ziel des Tropfenfalls, der Ort, auf welchen der Tropfen fallt, sich stets verandert. Die Empfindungen, welche den ruhig beobacbtenden Bevvunderer die¬ ser Werke der Allmacht, bei der Betrachtung so imposanter Natur-VVun- der, die einer Zaubervvelt gleichen, unvviderstehlich ergreifen, sind so be- seligend , dass ich herzlich vviinsche, es mbge Jedermann , der diese Grolte besuchet, sie so ganz und so vvarm fiihlen, als sie micb bei jedesmaligem Grottenbesuche entziicklen. Aucb die geivaltsarnen Umstaltungen in der Grotte zeigen, dass die Natur nach eigenen, uns unbekannten Gesetzen in dieser (Jntervvelt vvirke. Die allgemeine Meinung iiber die Veranderungen , die sich in derlei unterirdiscben Hbhlen ergeben, gehet dabin , dass durch Erderschiitterun- gen die schvvachen Gevvolbe einstiirzen, die losen Stamme von der Hohe herabfallen, und die in ihrer Basis nicht stark genug an die Dečke be- festigten Slalaktiten-Saulen herabgestiirzet vverden. Ein aufmerksamer Be- obacbtcr entdecket dagegen viele Veranderungen, vvelche sicli nach dieser allgemeinen Meinung nicht erklaren lassen. Viele Veranderungen sind in diesem Tbeil der Grotte nicht mehr so bemerkbar, weil die unermudele Anstrengung des Ritters von Lbvvengreif, zur Becjuemlichkeit der Grotlen-Besucher den Boden geebnet, folglich alle Hindernisse hinvveggeraumet hat. Tiefer hinein lindet man jedocli noch je€ 186 &— gungen , vvelche verschiedene fallende Tropfen ver ursa eliten , begegneten , da vvar d as VVasser zum Absetzen der kohlensauren Kalktheile am geeig- netsten, und so vvurde allmahlig das Bereich eines herahfallenden Tro- pfens, gegen das seiner Nachbarn, durch einen vvellenfdrmig gebogenen Kamm von Kalksinter abgegriinzet. 44 ,,Je hoher dieser Kamm vvurde , desto lidher spannte sich auch das durch ibn umschlossene VVasser; die desto starkern Schvvingungen vvurden durch maneberlei Unebenheiten desBodens modificirt, durch die ebenfalls verstark- ten Scbvvingungen des Nachbar-Beckens bekampft, und daherriihret es, dass mit sfeigender Udbe jener kammfdrmigen Beckenrander sie auch in immer starkeren horizontalen VVellen-Linien bin und her gebogen erscheinen.r ,,Diese sinterigen Kamine am Boden sind aher immer verimreinigt durch mechanisch niederfallende Erde, von rdlhlicht okeriger Farbe, da auch diese, da wo die Schvvingungen des VVassers sich begegnen, am hau- figsten ausgespublet vverden miissen.“ „Diese Entstehungsart vvird auch dadurch bestatigt, das die sinterige Masse auf zvvei verscliiedenen Seiten eines Kammes scharf geschieden zwei- erlei Farbung und Grade der Reinheit zeigt; der Kamm ist zuvveilen auch doppelt nebeneinander. Andersmiisste der Erfolg sevu, wenn selir gesiit- tigtes Kalkvvasser, auf einen Theil desBodens herabflele, wo es sich nicht ansammeln konnte. Es vvurde dann sich vertheilen, und in sehr kleine Triipfchen auf dieser abhangigen Flacbe verspritzen. Schnell vvurde das VVasser verdiinsten, und seine Kalktheile hinterlassen, vvelche bald als Ke- gel, bald als Trichter emporvvachsend, sich iibereiiiander aufthiirmen vvurde."• Von dem Platze der Cascaden vveiter schreitend, musste man vormals ofl bis zu dem Kndchel im Wasser vvaten, weil der Zufluss des von der Dečke eindringenden VVassers, starker als das Einsikern desselben in den Boden vvar. Ich glaube dass an dieser Stelle der Grolte die obere Dečke nicht entfernt vom Tage sej, und dass es eigentlich die durch Schnee und Regen erzeugten Tagvvasser sind, vvelche herahtropfen. Herr Kreisingenieur Schaffenrath, als technisclies Mitglied der Grot- ten-Commission, hat einen Vorsclilag, dieser Unbecfuemliclikeit auszu- vveichen, gemacht, vvelchen Putter v. Lovvengreif befolgte, und einen 24 Klafter langen Stein-Damm errichtele, der die Besuscher cler Grotte, langs vier Klafter hohen sehr vveisen Stalaktiten-Saulen in eine von Tropf- stein ganz iiberzogene Halle leitet, in der ein sonderbar geformter Trojif- stein von der Dečke herabhiingt, und mit einigem Kechle der Lus ter (Kronleuchter) genannt vvird. Von diesem Puncte vveiter, leitet ein zehn Klafter langer Danim, ne¬ ben einem Tropfstein - Gebilde zur Linken, vorbei, vvelches aufmerksam betrachtet zu vverden verdienet, und ganz den Fahnen ahnlich sieht, die man zur Zeit des Kirchvveihfestes hier zu Lande von den Kirchthiirmen vvehen liisst, dalier auch dieser Tropfstein ,,die Fahnen“ heisst. Von unten auf, ebenfalls in senkrechter Richtung, strebt daneben ein Stalagmit, der eben so gliinzend v\ r eiss einer im Handschuhe steckenden Mannerhand ahnlich ist. An dieser namlichen Stelle doch rechts, und in betrachtlicher Hiihe, sieht man einen dunkelgrauen Fleck, welcher ganz das Bild einer Na c h te ul e vorstellet. Meiner Ansicht nach ahnelt jedoch dieser Punct mehr dem Gemiihlde einer Nachleule, als einem plastischen Bilde dieses Thieres, und ist vve- 4 * —o*e 28 @n^— sentlich nichts anders, als eine von dem alles iibertiinchenden Kalksinter entblosste Stelle des Decken - Gevvolbes. Links sielit man den sogenannten Springbrunnen in der Hdhe von vier Klaftern; das Auge des Beschauers glaubt mitten unter vveissen Stalak- titen ein mehr als Klafter hoch ,■ senkrecht emporschiessendes rothes Was- ser zu erblicken, vvelches auf den Seiten wiecler herabsturzet, und eine selu- schone rothe Cascade biklet. Es scheint, als vvare das VVasser mitten in seinem Sturze zu Stein gevvorden, diess gestaltet eine der tauschendsten und sclionslen Gruppen, und verdient gehorig beleuchlet und betracbtet zu vverden. In eben dieser Halle rechts ist eine Vertiefung , in der Bohe vom Boden zwei Klafter beilaufig, vvelche der Tabernakel genannt wird, und von aussen durch zierlich gearbeitete Tropfstein Siiulchen gescbmiicket ist. Wenn eine Lampe hineingestellet vvird, so ist dieser Punct sehr lieb- lich anzusehen, und rechtfertigel einigermassen den ihm gegebenen Na¬ men. Unlerne von diesem Puncte, und zvvar: mitten zvvischen dem Ta¬ bernakel und der Nacbteule ebenfalls rechts, sind zvvei einen Zoll dicke, vveisse , ganz durchsichtige herabbangende Tropfstein - Bilder , vvel- che, vvenn man eine Lampe dahinter stellet, dem am Himniels-Gewol- be schwebenden Monde ahnlich, und daher beim Mondschein genannt vverden. Wahlt man jedocli diese Art der Beleucbtung, so geht dadurch die Wirkung der Erleuchtung fur die librigen Theile dieser Halle fur den Au- genblick verloren. Aus derselben kommt man links zu einer vier Klafter boben Pjramide, die kaum zvvei Sclmhe dick ist, und von der Basis bis zur Spitze ganz mit Hjrogliphen ubersaet zu sejn scbeinet. Wie diese Erbabenlieiten auf einer senkrecht stehenden Flache , und in der Rundung einer Situle erzeugt vverden konnlen, diirfte schvver zu erklaren seyn. Bei- nahe scheint es, dass die Entstebungsart dieser Tropfsteinkikler gleicb jener sev, vvelche der Gestaltung des Stock im Eisen, die oben besehrieben ist, zum Grunde liegt. Auf der niimlichen Seite nur etvvas riickvvarts sind mehrere Stalaktiten von grosserer Feinbeit und Zartheit bemerkbar, vvelche wie aufgehan- g e n e W it s c h e aussehen. Die Fiihrer zeigen unmittelbar darauf, einen grossen Stalagmiten , wel- cber der Kohler-Ofen genannt vvird, ebenfalls ein Tropfstein im gross- arligen Style ist, und allerdings an einen runden Kohlen-Meiler er- innert. Ich muss den Grotten - Besucher hier auf einen Stalaktitenkegel auf- merksam machen , der obne alle Verbindung auf dem nicht ganz ebenen Boden ruhet, ® 3® — Kalksinter iiherzogen. Sie sehen glockenfbrmig aus, und sind darom merk- vviirdig, weil es nicht leiclit zu erklaren ist, vvie solche glockenfurmige Gebaude durch Tropfenfall entstehen kdnnen, da doch diese und andere Grotten die Ueberzeugung liefern, dass die senkrecht fallenden Tropfep keine convexen Gruppen zu bilden pflegen. Auf gul gebahntem ganz ebenen Boden gelanget man 525 Klafter vom Eingange entfernt zum Grabe. Hier ist der Boden ganz mit kammahn- licben Schniiren dicht uberzogen, die Halle sehr hoch und von betracht- licher Breite; das Grab-Gebiiude liegt rjuer iiber die Grotte, und ist mit mehreren Saulen, Obelisken und Pjrarniden , die um selbes stehen , ver- zieret, so dass es eine scbdne arcbitektoniscbe Parlhie ist. Rechts, bevor man zum Grabe, dessen Abbildung die Plalte Nr. 11 treffend darslellet, kdmmt, slehet eine drei Klafter hohe, und im Durchmesser einen und einen hal- ben Schuh messende Pjramide, vvelcbe einen Schuh breite Absatze hat, und sehr regelmassig gebaut ist. Vor dem Grabe stehet links ein hoher Obelisk, vvelcher der ganzen Parthie eine besondere Schonheit gibt. Das Grab selbst ist eine grosse Tropfstein-Alasse, welche aus sehr vie- len Schiebten Tropfsteines gebildet ist, und am Boden rechts eine Vertie- fung bat, in der ein Sarg fiiglich Platz fande. Diese Verliefung ist ein- und ausvvendig mit den schonsten senkrechten vveissen Tropfstein - Saulen , die meistens durch aufsitzende Kalkspath - Kristalle sehr schon brillantirt sind , geschmiicket. Allem Anscheine nach vvird es nach einigen Jahrhun- derten ganz geschlossen und vertropfet sejn. Jmposant ist es diese Parthie mit zvvdlf Grotten - LiclHern beleucbtet zu sehen ! Der gebahnte Weg fuhret rechts des Grabes vveiter: links ist eineSei- ten - Grotte, vvelclie becfuem zu geben ist, und nur am Eingange liegen einige Felsen-Triimmer. Sie erstrecket sich nicht vveit, hat schdne Stalak- titen und Stalagmiten, unter diesen einige rotbe auf weissem Grunde, und ist am Ende vollkonunen geschlossen. Der Weg in dieser Seiten - Grotte ist bis nun noch nicht durch Kunst gebalmt. Von dem Grabe in dem Idauplgange vveiter schreitend trifft man links den bisher bekannten griissten Koloss dieser Grotte. Er ist ein zusammen gevvachsenes , auf allen Seiten frei stehendes Tropfstein - Gebilde , vvelches in seiner Basis zehn Klafter im Umfange bat, und nur zwei und eine hal- be Klafter hoch ist. Ehrfurcht gebietencl ist der Anblick dieser Riesen- Alasse , und unvvilfkuhrlich vvird der Forschersinn des Beschauers zu der Frage geleitet, vvie viele hundert Jahre es bediirfte, um diesen einzigen Ko- lcss durch den Tropfenfall hervorzubringen. Kaum begriffsfahig vvijrde das Zahlenresultat der muhesamen Bereclinung eines Mathematikers wer- den, der es ubernehmen vvollte , das Zeiterforderniss fur den Ban dieser Gestaltung zu entzilfern, besonders, vvenn die Beobachtung richtig ist, dass vvie einige Grottenfuhrer behaupten, ein auf eben dieselbe Fliiche auffallender Tropfen in funfzehn Jahren eine kaum dem menschlichen Auge bemerkbare Hube eines Bodensatzes absetze. Funfhupdert fiinfzig Klafter vom Eingange erreicht man die Jabot’s, gevvohnlich die Schapodeln genannt, vvie sie die Platte Nr. 12 . darslellt. An der rechten Seite der Wand senket sich ein feines hell durchsichtiges ausgezachtes, und einen Hahnenkamm ahnlich gefaltetes Tropfslein-Gebil- de, in einer Neigung von 45 Graden aus der Wand hervorlrelend gegen —31 . den Botlen, und erregt billig die allgemeine Bevvunderung, vvobei zu be- merben bommt, dass hier der Kalbstein in seinei* Nacblheit sich zeigt, da dieses Gebilde aus dem nacbten Kalbstein geflossen ist. Die Halle ist vier und eine balbe Klafter hoch, geraumig, und der Luftvvechsel bier und in der ganzen Grotte vortrefflich. Auf der linben Seite , diesen JaboPs ge- geniiber, ist eine abgebrochene Stalagmiten - Pvramide, die nicht ininder die Aufmerbsambeit der Grottenbesucher auf sich zu ziehen verdienet. Zvrei und einen lialben- Schuh vom Boden ist diese Saule oder Pyramide abgebrochen. Da beine aussere Veri e Izuri g an ihr zu bemerben, bein Stein in der Na h e befindlich ist, der dureh seinen Fali von oben auf die Saule diesen Bruch hatte bevvirben bdnnen , so erregt derselbe staunendes Forscben. Sie lehnte sich an die Wand und briimmte sich dort, vvo ihr Schvverpunct in dieser schiefen Stellung sein diirfte ; gerade so, vvie ein junger Baum sich hriimmen wurde, wenn er abgefallet, im Sturze be- griflen , von einem andern Baume aufgehalten vviirde. Diess ist )iicht op- tische Tauschung, denn die Pyramide hal vvirblich oben eine Krtimmung. Allein sie ist nicht nur gebogen , sondern liat auch eine zvveite Saule auf- sitzen , die nach dem Bruche erzeugt, in jener Richtung fortwachst, vvel- che die nun gebrocbene einst gehabt haben mag. Diese Pvramide ist fer- ner merbvviirdig, weil sie bocherartig gebaut ist. Die Kocher reicben von unten bis zur Spitze, folgen in bleinen Absatzen regelmassig auf einander. Ihr ist beine andere Pjramide in der Grotte ahnlich, und die Bevvunde¬ rung, die sie anspricht vvird noch grosser , wenn man die Basis im Bru¬ che der stehenden Saule betrachtet, vveil die nach dem Bruche herabse- fallenen 7’ropfen den un tern Theil vertropft und glatt gemacht haben, vvogegen der Obertheil so gebrochen erscheint, vvie ein Baum zu brecben pflegt, namlich, dass einige Stiicbe langer, einige biirzer, somit dieselben fast zahneartig und also nicht vvie ein Stein gebrochen sind, der bantig, muscblicht oder uneben bricht, Die verschiedenen liolzartigen Zacben ma- chen, dass man mit dem Lichte ganz becjuem den Bruch durchsehen und betracbten bann, somit cleutlich sieht, vvie sich dieser Bruch bereits starb vvieder vertropfet hat. , Herr Schaffenrath hat diese Ansicht mit seiner gevvohnten Genauig- beit aufgenommen; in dem vveilern Hintergrunde vverden dann noch zvvei Pvramiden bemerbbar, von welcben die eine die grosse , die andere die bleine Cvpresse heisst. Artig nimrnt sich bier der Grottengang aus, der aus vveissem und grauem Kalbstein bestehet, fiinf Klafter hoch ist, und eine verhaltnissmassige Breite an den Wiinden aber beine Tropfstein - Ge¬ bilde hat. Die grosse Cypresse stehet ganz vereinzelt und frei, und hat eine von allen Seiten scbief aufsteigende Basis, vvie diess noch bei beiner vorliergesehenen wohl aber bei mehreren nun folgenden Pvramiden der Fali ist. Sie hat drei Klafter Hohe , achlzehn Zoll im Durchmesser, und scheint aus einem rotblichen dVopfsteine zu bestehen. Die bleine Cypresse ist ganz der vorigen ahnlich, nur um die Halfle bleiner, und auf der Oberflžiche vvie erstere mit erhabenen Zeichnungen geziert. Diese ganze Grotlen - Strecbe ist von der Natur geebnel , sojnil bat die Kunst bei diesem Gange nichts gethan; der Boden ist durchaus mit Hah- nenbamm ahnlichen Wellen-Linien belegt, und daher ein Bevveis mehr fur Herrn Professors Bron n Behauptung tiber clie Entstebungsart der- selben. —< 0 * 32 30 Wenige Schritte vorvvarts schreitend komrat man zum rothen Meer. Dieses ist ein Eisen-Oxid, vvelches sichtbar aus einem zvvei Schuh hohen Koche an der rechten Wand armdick h er aus geflossen , iiber den' Boden sich ausgebreitet, am Ausflusse jedoch eine merkliche Erhohung gebildet hat, und dann zu Stein geworden ist. Ich gebrauche mich dieses figurli- cben Ausdruck.es , vveil nur dieser, aus dem gemeiuen Sprachgebrauche ge- nomraen, am besten den Eindruck bezeichnet, den der Anblick dieser Masse auf die Beseher macbt. Darum erlaube ich mir auch an die ver- ehrten Besucher der Grotte die Bitte diese Gebilde wohl betracbten und sich aneignen zu vvollen, damit sie auch von der Grotte entfernt bei der Aulstellung von Hvpothesen nicht bereuen mdgen, den vvirklichen Bestand nicht genau beobachtet oder einen vvesentlichen Umstand unbemerkt gelas- sen zu haben. VVenn man vveiter scbreitet, so bleibt man immer in einem Gevvolbe von reinem Kalkstein, dessen Dečke stets die Hbhe von vier Klaftern be- halt, und der ohne allem Kalksinter-Ueberzuge sich dem Auge darstellet. iSacbdem man iiber drei. Stufen aufvvarts gegangen, erreicht man sechshundert Klafter vom Eingange entfernt die Kan o n en - S a u 1 e. Ihre Farbe ist vveiss , glanzend, und beim Anscblagen heli tbnend, sie stehet ebenfalls vereinzelt, ist canaliculirt, hat eine Hbhe von drei Klaftern, im Umkreisb drei Klafter einen Schuh sechs Zoll, und einen Schuh von einander abstechende Absatze. Die Benennung Kan o n en - S a ul e erscheint als vollkommen passend, vvenn gleich die Stalaktiten, vvelche selbe vorstel- len, nicht den Kanonen sondern den Laufen der Miiitarflinten ahnlich sind. Die Halle ervveitert sich von diesem Puncte an merklich, und nimmt nach Massgabe der Ervveiterung auch an Hbhe so zu, dass sie bis fiinf Klafter steigl. In der grbssten Ervveiterung sieht man in der Mit te eine beilaufig eine Klafter hohe diinne Pjramide (einen sogenannten Pilier auf Reitschulen ahnlich) aus dem Boden emporvvachsend, daher das Ganze die Reitschule heisst. Rechts sechshundert zvvanzig fiinf Klafter vom Ein¬ gange befindet sich der so sehr geriihmte so sehr bevvunderte Vorhang, Platle Nr. i3. Ich muss hier bemerken, dass Herr Schaffenrath diese Ansicht nicht hinein gehend, sondern als aus der Grotte herausgehend gezeich- net habe, weil sonst die Parthie zu einfbrmig sich dargestellet hatte. So aber hat er die Kanonen-Saule in den Hintergrund, den Vorhang, das Strohdach, und die Hiihnersteige dagegen in den Vordergrund gebracht. Meine giitigen Eeser, vvelche die Grotte besuchen, vvollen sich also bei der Vergleichung dieser Abbildung mit der Naturstelle, mit dem Gesichle gegen den Grotten - Eingaug vvenden, um die genaue Aehnlichkeit der Zeichnung beurtheilen zu kbnnen. Ueberhaupt mbge mir der VVunsch gestattet seyn, dass die geneigten Grctten-Besucher den Standpunct des Herrn Schaffenrath, der auf den meisten Abbildungen angezeigt ist, ebenfalls genau vviihlen wollten, um die Zeichnungen und Darstellungen treffend ahnlich finden zu kbnnen. Der Vorhang ist die zartesle Stalaktiten - Formation, fein weiss, ei¬ nen bis zvvei und einen halben Schuh aus der Wand hervorhangend, durchsichtig, vier Linien dick und neun Schuhe hoch, in schiefer Rich- tung, ganz wie ein halb nach der Seile gezogener Vorhang, an seinem —oo 33 a<£>— ganzen untern uncl Seitenende mit einer vier Zoll breiten hraun und roth eingefassten Bordure, und mit einer feinen, vvellenfijrmig gezakten Ran- derung versehen. Sein geordneter Faltenvvurf, der dem geschicktesten Ta- pezirer Ehre machen vviirde, muss die Bevvunderung Jener erregen, die beriicksichtigen vvollen, dass diess aBes durch fallende und herabrieselnde Wassertopfen entstanden sey , auch ist er so formlich geordnet , als ob in dieser niagischen Untervvelt die Natur in einer seltnen Laune der ihr sonst nachaffenden Kunst jene cbaracteristischen steifen Formen habe nachbilden wollen, welche jedem Werke, selbst der gewandtesten Menschenhand das Zeugniss seines — immer menschlicben Ursprunges aufdrucken. Diesem Vorhange gegeniiber stellen sich Stalaktiten - Ausgusse aus der nackten Kalkvvand dar, vvelche darum merkvviirdig zu sehen sind, weil sie verschiedenartig geflochtene und verzvveigte Stalagmiten bilden, die unter dem Namen: das Strohdach und die Hiihnersteige gevviesen vverden. Wenn sie gleich keine treffende Aehnlichkeit mit diesen Benen- nungen haben, so ist es doch gut ihrer zu erw;ahnen, vveil diess die Ver- anlassung gibt, dass die Grotten - Fiihrer auf selbe aufmerksam gemacht vverden, und sie den Grotten-Besuchern zeigen. Bis zum Schlusse des Jahres 1828 vvar dieses das gevvohnliche Ziel aller die Grotte Besuchenden, von vvelchem sie vvieder riickkehrten, vveil der vveitere Weg der vielen Hindernisse vvegen beschvverlich und nieht gebahnt war. Dessbalb mache ich auch hier einen kleinen Absatz, und glaube ei- ne den geneigten Leser vvillkommene Mittheilung in der Bemerkung zu machen, dass die Grotten - Vervvaltungs - Commission durch die stets ein- fliessenden Eintrittsgelder in den Stand gesetzt ist, die vielfach ausgespro- chenen Wunsche der Besucher dieser herrlich schonen Grotte, in ihre tiefern Raume gefahrlos und becpiem vordringen zu konnen, zu vervvirkli- chen, somit den Weg bis zu dem bis nun bekannten Endpuncte der Grotte fortzufiibren , und alle gefahrlichen Durcbgange, Briicken und Ge- lander vollkommen sicher zu machen. Zu diesem Zvvecke ist auch die- se Wegstreke den um die Grotte hochverdienten Mannern : Ritter v. Lo- wengreif und Herrn Schaffenrath anvertrauet vvorden, und ist bereits gut hergestellt. Ehe ich in der Grotten - Beschreibung fortfahre, glaube ich eine Be¬ merkung machen zu miissen: Der Gedanke, dass ein vaterlandisches Werk auch wo moglich im Va- terlande herausgegeben werden soli, hat mich bevvogen, denDruck in Lai- bach beginnen zu lassen. Auch hat Herr Adareus Charl, Ptupferslecher in Laibach , mir erklaret, dass er die Fortsetzung der Kupferstiche zu ubernehmen wunsche, und da ich ervvog, dass durch die vveite Entfer- nung von Laibach nach Prag jeder kleinste Anstand durch eine vveitvven- dige Correspondenz erst abgemaeht vverden miisste, so nahm ich Herrn CharPs Anerbieten an. In vvieferne derselbe der schonen Manier des Herrn Dobler nahe ge- kommen ist, werden die geneigten Leser gutigst selbst beurtheilen. Jch darf m einen geehrten Lesern ktihn versprechen, dass die Strecke, die noch zu durchvvandern eriibrigt, ihrem Ende zu , im Vergleiche mit den beiden erstern beschriebenen Theilen, die schons te und interes- santeste ist. Bevor vvir aber dieses Ziel verfolgen , muss ich einige Bemerkungen 5 "S: voransenden, welche sich meinem Urtheile iiber die physisc.be Veranlas- sung dessen aufdringen, dass in dieser Grotte die Schonheit und der Reich- thum der Tropfsteinbildungen mit der Entfernung von der Grottenmiin- dung progressiv zunehmen, vvahrend ich es dem Erkenntnisse der Gelehr- ten dieses naturvvissenschaftlichen Zvveiges anheim stelle, meine Ansichten zu vvurdigen und zu berichtigen. Bekanntlich erfordert der Niederschlag des kohlensauren Kalkes, dass die Kohlensaure im Wasser, welches dazu diente , die Kohlensaure aufzulosen, sich wieder verfluchtige. Dieser Ver- fliichtigung ist der Zutritt der athmospharischen Luft nicht nothig. Je ge- ringer der Druck der Luft ist, desto heftiger erfolgt die Verdiinstung, und im luftleeren Raume ist die Verdiinstung am sarksten. Ebenso ist es be- kannt, dass das kohlensaure Gas durch seine grossere physische Schvvere die atmospharische Luft verdranget. Dieser VVahrnehmung zu Folge sollten in den Grotten die grdssten und schonsten Stalaktiten-Formen und Figuren immer in den tiefsten , von der atmospharischen Luft enferntesten Puncten vorkommen. Demungeach- tel haben mich meine in vielen Grotten Krain’s vorgenommenen zahlrei- chen Wanderungen vom Gegentheile iiberzeugt. Ueberall erscheinen 4o bis 100 Klafter vom Eingange entfernt die herrlichslen Tropfsteine. Dage- gen stebel in den ferneren Riiumen das Grundgestein nackt da , und wird liochstens durch eine Kalksinter - Hruste iiberzogen. Die Kaiser Ferdi- nands-Grotte macht hievon in Krain einzig eine Ausnahme. Vom Eingange an halten die Tropfsteingebilde bis in die Gegend des Grabes, in mehi- oder minderer Me n ge und Mannigfaltigkeit an. Vom Grabe bis zu dem im gleich tiefen Niveau liegenden Eingange zum Calvarienberge vermindern sich diese Bildungen: die Dečke besteht meislens aus dem nackten rauben vveissgrauen Kalksteine , ohne allem sin- terigen Ueberzuge, und nur selten erscheint hie und da eine Pyramide , eine Saule, und ziert oder belebt gleichsam den einformigen Gang der Grotte. Vom Eingange zum Calvarienberge, somit g25 Klafter vom Grot- ten-Eingange entfernt, beginnen aber erst die Pracht-Scenen. Es bedarf hier keiner erhitzten Phantasie; den schlichtesten kalten Menschen reissen die ausserordentlicben Scenen, die sich dem Auge dar- bieten , zur lauten Bevvunderung hin. Ich habe bei meinen Grottenbesu- cben stets mehrere Grotten-Lichttrager und mehrere Menschen zur Her- beischaffung verschiedener Bediirfnisse gebrauclit. Dabei vvar ich besorgt jederzeit vvenigstens ein Paar AJenscben mitzunehmen, vvelche die Gi - otte noch nicht besuchet hatten. Ich habe ihre von keiner Nebenabsicht gelei- teten j\eusserungen genau bemerket, vveil mir daraus ein ziemlich richti- ger Masstab ihrer Gefuhle und der Eindriicke, welche die Natur-Scenen auf ihr Gemiith machten , deutlich vvurde. Alle, selbst die Rohesten konnten nicht ohne den sonderfearsten Ausdriicken diese entferntern Punčte durch- vvandern und brachen , vvenn sie den Calvarienberg ansichtig vvurden , in Ausrufungen aus, vvelche ihr Entziicken ausdruckten. Die Natur, die in den iibrigen Grotten Krain’s das Schonste derselben an ihrem Eingange erzeugte, hat in dieser Grotte das Ilerrlichste in gros- ser Entfernung vom Eingange aufgestellet. Meine Meinung liber dieses Sachverhaltniss reducirt sich auf die Fra- ge, „varum die erstbemerkte Strecke der Adelsberger Grotte von der Grot- „tenmiindung angefangen nur sparlich mit Tropfstein-Bildern ausgestattel — 35 — „ist?“ und ich glaube diese Frage ganz einfach durch die Betrachtung be- antvvorten zu konnen, dass diese Strecke tiefer als alle Uebrigea liegt, und dass folglich der kohiensaure Kalk durch die hohe Aufschichtung der Gebirgsmasse nicht so leicht als an den der Erdoberilache n ah er lie- genden Punclen durcbdringen kann. Von dem Vorliange schreitet man ebenen Fusses und im gleichen Ni- veau, in welches wir beim Grabe kamen, fort. Die Dečke erhebt sich fast iiberall zur Hohe von fiinf Klaftern, und der Gang hat die Breite von drei bis vier Klaflern. Die Wiinde bestehen aus nacktem vveissgrauen Kalk- stein , dessen VVolbung der Tauschung Raum gibt, als ob der Durchbruch durch die Gevvalt der Menschenhande bevvirkt vvorden vvare. Vollig sicht- bar ist seine Scliichtung, die in bald liegenden , bald aufsteigenden Paral- lelogrammen liber die Kdpfe der VVanderer hereinzubrechen scheint. Nach- dem man eine gute Strecke in dem einformigen Gange fortgeschritlen ist, kommt man zu einem Stalaktiten, der einen schonen Wasserfall vor- stellet, jedoch ganz verschieden von den iibrigen bis dahin bevvunderten ahnlichen Gestaltungen ist. Hierbildet das herabfallende Wasser nicht Schnii- re, auch vvirbelt es nicht iibereinander, und gestaltet eben so vvenig Un- ebenheiten , vvelche den vvellenformigen Sturz des Wassers anzeigen wiir- den; sondern das Wasser scheint in ein bis zvvei Zoll breiten, glatten Bandern heraBzugleiten, dergestalt, dass ein Fali des Wasser neben dem andern zwar dicbt aneinander aber doch sichtbar getrennt einen breiten Rechen von milchvvelssen Bandern bildet, und um so bemerkensvverther ist, als in der ganzen Grotte kein anderer ahnlicher Stalaktit vorkdmmt. Zunachst daran, nur naher der Grottensohle, sieht man dagegen einen rothen Wasserfall aus der VVand stiirzen ^ ivelcher den Erstbeschriebenen ganz ahnlich , mit denselben, die von vveisser Farbe sind, einen vortreff- lichen Rontrast zur Schau stelit. Vorvvarts schreitend, erblickt man rechts einen von der Dečke herab- hangenden grau angehauchten, flachen, oben beilaulig acht, unten fiinf Zoll im Durchmesser haltenden Stalaktiten, vvelchen die Fiihrer denTiir- kensabel nennen. Da diese Formation mehr einer senkrecht herabhan- genden Riesenschlange ahnlich sieht, so ist die gevvahlte Benennung schwer zu rechtfertigen; immer aber ist dieser Tropfstein beachtungsvverlh, weil er in der ganzen Grotte ebenfalls der Einzige dieser Form ist. Auch fallt dem Beobachter die Betrachtung auf, dass alles Wasser, vvelches an diesem Stalaktiten herabrieselt, so sehr mit kohlensaurem Ral- ke geschvvangert sey, und dabei die Verdiinstung der Kohiensaure und des VVassers so schnell erfolgen miissen, dass der VVassertropfen nicht ganz iiber den Stalaktiten herabzurinnen Zeit findet, weil man nicht bemer- ket, dass nur einer dieser Tropfen zur Erde gefallen vvare, und vveil man an der Sohle der Grotte auch nicht eine Špur von abtropfendem Kalksinter vvahrnimmt. Von diesem Puncte aus fiihrt eine Seiten - Grotte rechts vom Haupt- gange. Adan kann sie nur mit vieler Beschvverde durchvvandeln , da herab- gefallene Steine und gebrochene Stalaktiten den Weg so sebr verschlim- mern, dass man liber eine Stunde vervvenden muss, bis man an eine Stel- le kommt, an vvelcher der Fiirst sich der Sohle so sehr nahert, dass man nur mit Gefohr vveiter kriecljen konnte, was jedoch bisher nicht Statt fand. 5 * •o 36 In dem Hauptgange vveiter schreitend, der von allen Stalaktiten ent- blossl ist, und blos den Kalkstein darstellet, aus vvelchem das Gebirge be- stehet, bemerket man rechts an der Grottendecke vier tjuer iiberliegende, einen halben Schuh bobe, bei zwei Klafter lange dunkelbraune Stiicke, vvelche auffallend Holzbalken gleichen, und indem sie den Geist des VVanderers statt der fehlendem Tropfstein-Gebilde beschaftigen, ihm die Frage abnothigen, vvie diese Balken vvolil hieber gekommen sejn mogen und vvie es komme, dass sie nicht langst sehon verfaulet sind? Da es mog- lich ist, an der Seitenwand, jedocli mit grosser Behutsamkeit, bis an diese (^uerbalken binan zu klimmen, so babe ich mir die Ueberzeugung ver- scliafft, dass dieses vermeinte Holz nur Abstufungen eines dunkelgrauen Sandlagers seyen, in vvelchem diese Querbalken blos von dunkelbraunem Eisenoker gefarbt vvurden, und dass dieses Sandlager, vvelches dunkel ge¬ farbt ist, hier in der Dečke des Grottenganges ausbeisst. Von bi ek an vveiter vorvvarts bleibt sich die Grotle einformig gleich, und fortan horizontal; aber man erblickt bald darauf eine rechts des Gan¬ ges stehende lierrliche, weisse, drei Klafter hobe, und eben so viel im Um- kreise messende majestatische kanaliculirte, in Absalzen getheilte Saule, fast gleichformig breit, vvelche gegen das obere Ende kaum merklich ab- nehmend, da sie sich dem VVanderer anfanglich als fast im Mittelpuncte des Ganges stehend dartellet, aus dem Dunkel mit Majestat hervortritt, und einen vortrefflichen Eindruck machet. Ihr Anblick, nach einer ziem- lich langen Strecke in der sich dem forschenden Auge kein aufifallender Gegenstand bemerkbar machte, iiberraschet um so angenehmer, als dieser Koloss aus dem entferntesten Hintergrunde blendend vveiss entgegen glanzt. Von dieser Saule rechts fuhrt eine Seiten - Grotte. Sie hat an den meisten Stellen kaum einige Schuh Hbhe, und man muss oft kriechend sich durch- vvinden. Sie ist von Stalagmiten und Stalaktiten theils auch von herabge- fallenen Steinblocken sehr verengt, der Boden voller Klufte^ somit gefšihr- lich zu durchschreiten. Von Strecke zu Strecke findet man kleine Hallen, in vvelchen die herrlichsten Tropfstein-Gebilde vorkommen, die haufig auf ihrer Oberllache kristalisirten Kalkspath aufsitzen haben, somit bei dem Lichte der Fackeln brillantirt erscheinen. Allein, alles dieses entschadiget nicht fur die Miihe, die man anvvenden muss, bis man dahin gelangt, und so kommt es, dass meines VVissens nOch Niemand diesen Gang vveiter verfolgt hat. In der Lange einer Stunde bin ich in tlemselben fortgesehrit- ten, was jedoch nach meiner vieljahrigen Erfahrung die Lange von zwan- zig Minuten geben vviirde, vvenn der Weg vvie im Hauptgange gebahnt vvare. Drei mit Hyroglyphen-artigen Basreliefs uberzogene Saulen von sechs Fuss Hbhe haben vor Allem in diesem Seilengange zu ervvahnen mir \viirdig erschienen. So vvie man vvieder den Hauptgang erreichet^ kehrt man auch zu den Tropfstein - Gebilden zuriiek, und unmittelbar nach der oben ervvahnten kolossalen Saule stellen sich dicht neben einander zvvei ahnliche eben so kanaliculirte Saulen dem Grottenbesucher dar. Wenige Klafter vveiter erscheinen links vvieder zvvei sehr breite, grosse, in Absat- zen getheilte Stalagmiten; vvelche mil einem rothlichen Tropfsteinsinter umhullet sind, der glan/dos ist, muschlicht bricht, nur hie und da den vveissen Tropfstein durchblicken lasst, und gleichsam vvie ein Mantel diese Saulen umgibt. Auffallend ist es, dass die auf der rechten Seite des We- ges stehenden kaum ein Paar Klafter von den Ersteren entfernten Saulen ■^© s®' — dagegen, von einer matten vveissen Hiille umflossen sind. Diese Ueberzii- ge sehen dem erharteten Thone ahnlich , und sind von neuester Forma- tion. Dem Anblicke nach scheinen sie auf einmal geflossen und erhartet zu seyn, wenn ich mich figiirlich so ausdriicken darf. Schlaigt man eia Stiick dieses Manteis ab , so erscbeint er muschlicht, aus mehreren einen Zoll dicken oft verschiedenfarbigen Schicbtungen bestehend, die dem Karls* bader Sinter, die Harte ausgenommen, ganz ahnlich sind. Hie und da ha- ben diese Mantel Liicken, durch vvelche man den gevvohnlichen vveissen glanzenden Tropfstein der Saule deutlich hervorblicken siebt. Nun gelaiigt man zu dem b esc h w eri i c h en Durchgange. Tafel Nr. 14. Dieser ist sehr treu dargestellt, und macht eine sehr schdne Par- thie der Grotte aus. Als ich bald nach Entdeckung dieser Grotte mit Herrn Ritter von Lovvengreif Entdeckungs-Excursionen machte, vvaren wir noch genothigt, unter der quer liber die Grotte iiegenden Tropfstein-Saule durch- zukrieclien, und durch die gevvohnlich mit Tropfvvasser gefiillten Becken zu vvaten. Hievon erhielt diese Parthie mit grossem Rechte den Namen des beschvverlichen Durchganges. Bevor man an diesen Punct der Grotte kommt, verenget sie sich machtig, und bei genauer Betrachtung zeigt es sich, dass herabgefallene Stalaktiten die Ursache davon sind. Unmittelbar vor dem beschvverlichen Durchgange liegt links eine abgebrochene Tropf¬ stein - Saule , deren Basis sieben Schuh im Durchmesser halt, nach ihrer ganzen Lange kanaliculirt ist, und auf vvelcher schon wieder ein hetracht- lich dičker Stalagmit gegen die Hohe vvachst. Eine Klafter von dieser Saule entfernt liegt quer liber die Grotte eine andere, die acht Klafter im Um- fange misst, kanaliculirt ist, und das Weiterschreiten so sehr hindert, dass man nur unter derselben mit vieler Miihe durchkriechen kann. Diese Saule ist merkyviirdig, weil sie gerade in der Mitte in zwei gleiche Thei- le gekrochen ist. Aber dennoch stiirzt sie nicht zusammen , obgleich sie von ausserordentlichem Gevvichte seyn muss. Sie wird von den, an den beiden Endpuncten aufliegenden Massen so empor gehalten, dass die zvvei gebrochenen Theile sich nicht bis zum Boden senken konnen. Es ist eine nie gestillte Sehnsucht des menschlichen Geistes bei dem Anblicke seltener Gegenstande, vvelche die rastlose Thaligkeit der Natur- krafte schuf, nach den veranlassenden Ursachen der Umstaltungen nach Zeit und Mittel zu forschen, durch vvelche sie hervorgebracht vvurdei Daher dringt sich auch hier die gevvohnliche Frage auf: „wie lange mag „wohl schon diese Saule in ihrer gegenvvartigen Lage seyn?“ Bewundernd und staunend erblickt man aber bald die Unmoglichkeit einer geniigenden Beantvvortung in der fortschreitenden Erzeugung neuer Gestaltungen; in- dem an den beiden Endpuncten ehen dieser umgesttirzten Saule zvvei Sta- lagmiten empor steigen, von vvelchen der Eine kleiner, der Andere aber von betrachtlichem Umfange und namhafter Hdhe ist. Diese Parthie er- gotzt das Auge machtig, und macht den Wanderer zvveifelhaft, vvohin er seinen vveitern Weg nehmen soli, da der tiefere Punct der Grotte gegen die liegende Saule zu, gevvohnlich vom stehenden Tropfvvasser uberfiillet ist: links jedoch befindet sich ein gut gehahnter vom Ritter v. Lovven¬ greif angelegter Weg, der sechs Klafter in die Hohe fiihret, und von vvel- chem man daher diese gestiirzte Saule auch von ohen herab zu sehen be- kommt. Merkvviirdig sind fiir den Grotten-Besucher im Aufvvartsschreiten zvvei Tropfsteinmassen, von vvelchen die Eine rechts an den Fusspfad sich — 38 —■ anlehnt, und einen Stalagmilen von besonders grossem Umfange bildet, der ganz kanaliculirt ist, und dessen Erhabenheitea in der Lange eines Schuhes mit Quergurteln abgetheilet ist. Diese Letzteren sind Orgelpfei- fen ahnlich, und wenn man selbe mit dem Finger oder mit einem Stocke nicht zu heftig beruhrt, erklingen sanfte Tone, die an den schmelzen- den Laut der Harmonika tauschend erinnern. Da man dicht an diesejn Kolosse voriiber gehet, so kann man alle Theile sehr genau betrachten, und gevviss wird Jedermann die Menge urid Regelmassigkeit dieser Saul- chen bevvundern. Eine andere Merkvviirdigkeit zeigt sich gerade diesem Kolosse gegeniiber, links des Weges. Sie ist eine Stalaktiten - Saule von einem urid, einem halben Schuh im Durchmesser, vvelche sich von der De¬ čke getrennt hat, und seitvvarts abgevvicben ist. Man sieht, da man hier mit dem Kopfe fast bis zur Dečke reichet, genau die Stelle, an der die¬ ser Stalaktit aufsass, so vvie die Basis der Saule, die sich ablosste. Der Naturforscher vvird mit Vervvunderung bemerken, dass beide Fliichen fast glatt sind, dass folglich zvvischen beiden Korpern eine kleine Kohasion statt fand, und es erregt Schaudern, vvenn man von diesem Beispiele auf die libri gen Stalaktiten der Grotten scbliessen vvollte, vveil in dem Falle, dass bei allen so vvenig Verbindung bestiinde , man mit Recbt besorgen miissle , dass von Augenblick zu Augenblick eine der Tausende von Tropf- steinmassen, die hier ober dem Haupte des Beschauers hangen, sich losen, und den Wanderer erschlagen konnte. Zur Beruhigung der Grotten-Besu- cher kann ich jedoch die Versicherung geben , dass im Allgemeinen die Stalaktiten fest an der Dečke hangen, mit der sie nur einen Kbrper bil- den. Die Erklarung der Frage aber, warum gerade an der gegenvvarti- gen Stelle die beschriebene 7'ropfsteinmasse nicht eben dieselbe gediegene Verbindung babe, lindet sich in der Betrachtung, dass sich dieser Stalak¬ tit von seiner erzeugenden Dečke eben desshalb abgelbset habenmag, \veil er nicht die gevvohnliche Vertropfung der Uebrigen hatte. Herr Piitter v. L o wen gr ei f, der so viele Sprengungen in allen Theilen der Grotte vornehmen liess, bezeugt mit geniigender Biirgschaft, dass nicht ein einzi- gesmal ein Stalaktit, gross oder klein, durch die Erschutterung abgelb- ses vvurde. Von diesem obersten Puncte des Weges vveiter schreitend hat man den rechts liegenden beschvverlichen Durchgang auch schon zuriickgeleget, und der Weg senket sich plbtzlich vvieder auf das Niveau der Grotte , welches man vom Vorhange her fortan betreten hatte. Bevor man jedoch in die Ebene kommt, bleibt rechts eine sechs Schuh lange, vier Zoll im Durchmesser halten- de, horizontal mit dem Boden liegende, dabei von keinem Gegenstande un- terstutzte Saule merkwiirdig, die nur an einem ihrer Endpuncte fest auf- sitzet, und auf deren anderem entgegen gesetzten Endpuncte ein senkrecht aufstrebender Kegel empor wachst. Diese Bildungsart lasst sich sehr schvver erklaren, weil die parallel mit dem Boden ablaufenden Tropfen ihrer Schvvere wegen immer zur Erde sich senken, somit herabhangende Zapfen nie aber horizontale Absatze bilden konnen. Wollte man behaupten, dass diese horizontal sclivvebende Saule absichtlich bei Errichtung des Fusspfa- cles eingeschoben vvorden, und eine herabhangende Saule gevvesen sey, so miisste man davon abgesehen, dass die genaue Vertropfung a m End¬ puncte keinen Trug zulasst, zugeben, dass in dem Falle, als die Saule von der Dečke herabgehangen vvare, der auf dem anderen Endpuncte der- — ^*e 3® ©— selben jetzt emporstrebende Hegel dann unlaugbar als ein Pertinenzstiick in horizontaler Richtung sich gebildet babe, woraus vvieder folgen vviir- de, dass demungeachtet die , Erldarung der Bildung dieser Saule immer auf die namliche Art gemacht vverden miisste. Ich meinerseits bebenne, mir diese Gestaltung durch keine geniigende Hjpothese erklaren zu konnen, und ancleren Theils ist mir auch kein almliches Beispiel eines Stalaktiten in dieser Grotte bekannt. Die Sohle der Grotle liegt vvagerecht und be- stehet aus erhartetem Thon, auf vvelchem die oben beschriebenen Kamme in vielfachen Riebtungen sich durchkreuzen , und daher von den Grotten- Fiihrern mit dem Namen Landkarten bezeichnet vverden. Hier zeigen die Grottenfiihrer rechts eine rothe Uebertropfung, ganz der oben beim rothen Meere ahnlich 5 mit dem Unterschiede jedoch, dass sie hier einen Hiigel von zwei Klafter Hohe, und einen runden erhabenen Riicken bildet, auf vvelchem in der Wand ein rundes Loch befindlich ist, aus dem diese Masse herausgeflossen zu sejm, und einem Wasserfalle ahnlich , sich erbar- tet zu haben das tauschende Ansehen hat. Ich bediene mich dieser Dar- stellungsvveise, weil ich in anderer Art den Anblick dieses Theils der Grot¬ te nicht trelfend genug zu versinnlichen vviisste. Zunachst an diesem Hii- gel ist auch ein kleinerer mehr rothlicher und regelmassig gruppirter, so- mit noch mehr in die Augen fallender anderer Hiigel bemerklich. Die Entstehungsart der Tropfsteine, von vvelcher ich schon mehrmals zu erwahnen Anlass hatte, lasst nicht zu, dass die Tropfsteinmasse lliessen und sich erharten konnte. Aber vvie taiuschend erscheint hier die ganze Masse als durch einen Fluss erzeuget, und selbst das unbefangenste Gr- theil kann sich der Meinung nicht entschlagen, dass die Entstehung dieses Tropfsteinkorpers auf nassem Wege zu Stande gekommen sej. Auch vvird es bei genauer Besichtigung des Ganzen unzvveifelhaft, dass diese Masse aus dem ervvahnten Loche vvirklich herausgeflossen sey , vvas mit der be- kannten Entstehungsart des Tropfsteines im offenen Widerspruche zu ste- hen scheint. Ich entvvarf dariiber verschiedene Hjpothesen, und entschloss mich, den einen Hiigel auf der Riickseite durchzubrechen. Ich fand eine Dečke von Kalksinter, ahnlich den oben beschriebenen Manteln, mit dem Unterschiede jedoch , dass die Hruste hier von drei bis acht Zollen Dicke hatte , dass die Schichtungen derselben breiter als bei den Beschriebenen, und dass sie ganz dem Karlsbader Sediment (Bodensatz, Niederschlag) ahn¬ lich waren, nur nicht jene Dichtigkeit hatlen, da diese unter dem Drucke der Finger zerreibbar sind. Unter der Dečke bestand der ganze Hiigel aus Flusssand mit eisenhaltigem rothen Thon gemengt. Auf der Grundlage der Resultate meiner ortlichen Untersuchung schien mir die Erldarung iiber die Entstehung dieser Hiigel sehr einfach in folgender Art gemacht vverden zu konnen. Die im Innerii cles Gebirges befindlichen Wasser-Mas- sen geschvvangert mit Flusssand und Thon brachen durch das bezeichnele Loch hervor, und setzten die schvveren Theile ab; die Wasser llossen ab oder vercliinsteten, und die zuriickgebliebene Masse vvurde nach und nach von der Tropfstein-Kruste iiberzogen, vvelche sich nunmehr als ein vereinter Korper darstellt. Aehnliche kugelfdrmige Hiigel von drei bis vier Schuhen Hohe veren- gen etvvas vveiter rorvvarts die Grotte, da sie an ihrer rechten Seite gela- gert steben; doch ist der Ueberzug derselben nicht roth sondern vveissgrau. So vvie man diese Hiigel verlasst, kommt man zu einer Reihe von grotes- — ©e 40 ao ken eine bis eine und eine halbe Klafter hohen Saulen, vvelche gleichsam das vveitere Vordringen hemmen zu vvollen scheinen, indem sie quer iiber die ganze Grottenbreite sich aufthiirmen. Sie sind vveiss und nach ver- scbiedenen Formen gebildet. Eine sehr merkvviirdige Saule befindet sich rechts, sie ist abgebrochen und quer auf zvvei andere, vvie die Schwelle einer Zimmerthiire gelegt, von vvelcher dann aufvvarts ein vveisser Stalag¬ mit vvieder emporstrebt. Diese Saulenreihe bezeichnet den Anfang und Eingang zu den lierrlichsten Gruppirungen der Tropfsteine, und zu dem verborgensten Heiligthume dieser Naturschatze. Alles, was man bis zu diesem Puncte sah, vvaren einzeln getrennte Gegenstande , gleichsam einzelne Coulissen des grossen Schauplatzes. Nun kommen zusammenhangende ein grosses Ganzes bildende Vorstellungen. Alles,'vvas an Tropfstein-Gebilden bisher von mir beschrieben vvurde, bie- tet zvvar grosse Mannigfaltigkeit, grossen Wechsel, allein ohne einem be- stimmten Zusammenhange, ohne einem grossen Tableau dar. Nur der grosse Dom, der im mer das Grossartigsle bleibt, und die Gegend des Grabes, vvelche ebenfalls ein regelmassiges Ganzes zur Anschauung bringt, sind geordnete Bilder in harmonischer Uebereinstimmung. Alle iibrigen beschriebenen Formalionen sind vereinzelte Gegenstande, die dalier auch keinen vollkommen befriedigenden Totaleindruck im Gemiithe des Beschauers zuriicklassen konnen. Von der Saulenreihe an hingegen, vvelche ich der Aufmerksamkeit der Grotten- VVanderer empfahl, und die man die I’ropy- lšien der Tempelhallen nennen konnte, iiberraschen den Blick grossere in Ordnung und Einheit zusammen gestellte Gemahlde, vvelche zvveckmas- sig beleuchtet, und mit Musse betraclitet, alles bisher in der Grolte Ge- sehene weit ubertreffen , und des vorziiglichsten Pinsels vvurdig sind. Jedes dieser Gemahlde, jede Scene ist ein grosses Ganzes nach einer gevvissen optischen Symetrie aufgestellet, und fesselt mit Entzucken die Sinne. Die er- ste Halle, vvelche der VVanderer betritt, ist die englische Kiiche. Werihr diesen Namen zuerst gab, und vvarum sie selben fuhre, ist mir unbekannt. Zur Zeit, als der Weg in diesen Grotlentheilen noch nicht gebahnt vvar, und die Forschung neuer Entdeckungen eine langere, genaue und oft auch durch Hindernisse erschvverte Betraehtung der einzelnen Gegen-^ stande erforderte, vergingen leicht fiinf bis sieben Stunden, bis man die Halle der englischen Kiiche erreichte, um so mehr, als auch das Aus- lenken in Seiten-Grotten manchen Zeitraum verschlang. Bei diesen gros- seren Wanderungen hielt ich daber an diesem Puncte gevvohnlich das Mittagsmahl, vveil Gesellschaft und Fiihrer der Erhohlung und Erquickung gleich nothvvendig bedurften, und vveil dieser Punct einen scliicklichen Ruheplatz darbot, um neue Korperkrafte zu sammeln, mit vvelchen man sich vv ohl ausgeriistet fiihlen musste, vvenn man das Ziel erreichen wollte, den damals noch ausserst beschvverlichen Weg liber den Calvarienberg zu- riicklegen, und die entferntesten Theile der Grolte besichtigen zu konnen. Jetzt kann man alle bis hieher bemerkten Gegenstande mit voller Musse betrachten , und dennoch erreicht der Wanderer diesen Punct in zvvei Stunden vom Eingange her. Einige Schritte vorvviirts, und vvir stehen an. der Pforte zum C alvari en b erge! Bei dem ersten Anblicke erhalt man eine Riickerinnerung an die Scene beim Grabe; allein diese Parthie hat etvvas Theatralisches, das Ganze ist in einem genauen Ehenmasse und grossartig von der Natur ausgestattet. —€ 5 >® 41 3 ^ NeUnhundert fiinf und siebenzig Klafter vom Eingange entfernt, stehen vvir v or einer imposanten herrlichen Gruppenreihe, welche .im Ein- zelnen vvie im Ganzen dem Beschauer ein feierliches stilles Entziicken ab- nothiget. Herr Schaffenrath hat uns in der Platte Nr. i5 mit grosser Treue diese Ansicht uberliefert. Rothe und vveisse Stalagmiten, liier vvie riesenmassige Schvvamme in verkehrter Richtungauf einander gestellt, dort als kanaliculirte Saulen, andere vvieder als von unten nach oben strebende Kegel, und von oben nach unten hiingende Tropfstein-Bilder und Eiszap- fen gestaltet ergdtzen das Auge, enjuicken die Sinne, und reissen auch die kaltesten Gemiither unter den Grottenbesuchern zu lauten Beifallsbe- zeugungen hin. Diese Parthie mit einer nicht zu sparsamen Beleuchtung aus dem Gesichtspuncte betrachtet, aus vvelchem selbe aufgenommen wor- den ist, versetzt die Phantasie in eine Welt vvunderbarer Ideale. Derreich- ste und schonste Schmuck seltsamer Gestaitungen , vvechselnd, und im bun- ten Gevvirre offnet dem bezaubertem Blicke ein Bild unnennbarer Grosse; — Scbauder und Entziicken verdrangen sich im steten Kainpfe in der Brust des Beschauers. — Die Schrecken des Orcus und die vvonnigen Gefilde Elisiums, vvie sie uns der Dichter der Mjthe mahlt, scbeinen hier in ei- nem Bilde vereint zu seyn. Von dieser herrlichen Parthie vvendet man sich rechts zum Calvarien- berge, und befindet sich sogleich in einer imposanten Halle von achzehn Klafter senkrechter Hdhe. VVie vvinzig klein 1'iihlet sich der Mensch hier, vvenn er diese Hdhe mit dem Auge misst, und bei schvvacher Beleuchtung die Dečke dieses Gevvolbes kaum im Dunkel zu unterscheiden vermag! Wie machtig erhebt sich sein Geist, vvenn er im Scbosse der Erde ein von der Natur kiihn gespanntes Gevvolbe von achzehn Klaflern Hdhe liber sich erbli- cket! Welche Beivunderung ergreift ibn, vvenn er einen Berg von beilau- fig dreissig Klaftern senkrechter Hdhe hier unter der Erde frei und isolirt da stehen sieht. Dieser tief unter der Oherflache der Erde emporgethiirm- te Berg ist der so hoch gepriesene Calvarienberg! Die Grottendecke strebt nicht allmiihlig mit dem Grottenraume aufvvarts, sondern das Ge- vvolbe erhebt sich mit einem Mal in die staunensvverthe Hdhe, so vvie man unter das Portal tri11. Diese Parthie ist so gross, dass, stellet man nicht vvenigstens zvvanzig Lichter auf, das meiste im Dunkel gehullet bleibt. Vor einigen Jahren durchforschte ich diese damals noch oden Ge- genden , bevor irgend eine Špur eines Weges bestand; allein die štete Be- sorgniss in diesen Kliiften einen Fuss oder vvohl gar das Genick zu bre- chen, erlaubten mir nicht, diese Herrlichkeiten ganz, so vvie sie es verdie- nen, zu bevvundern. Ich musste mich immer nur auf die zunachst befind- lichen Gegenstiinde beschranken, denn zu gefahrlich war das Besteigen derselben. Am 10 . und i5. Mai i83o besuchte ich die Grotte vvieder. Mittler- vveile hatte die Grotten-Vervvaltungs-Commission an diesem ausserordentli- chen Berge einen guten Fusspfad anlegen lassen, der durch die Sorgfalt des Ritler v. Lovvengreif bis zur aussersten Spitze der Bergkuppe in einer Lange von Einhundert Zvvanzig Klaftern gefiihret ist. Gnbeschreiblich vvar mein Gefiihl, als ich mit voller Sicherheil und Ruhe diese ausseror- dentliche Natur-Seltenlveit bis in den geringsten Einzelnheiten bevvundern konnte. Man ersteigt den Berg nun vollkommen gefahrlos, und der Besu- cher kann es mit Sicherheit unternehmen, aus dem Pfade zu treten, und 6 42 JO- eine Excursion seitvvarts zu machen, um sich eine richtige Vorstellung von den Gefahren zu verschaffen, vvelche man bei der ersten Entdeckung und vorziiglich damals zu bestehen hatte, als man in dichter Finsterniss mit Hiilfe einzelner Grubenlichter diesen Berg zu erforschen suchte. Nun sind die Gefahren verschvvunden , und mit frohlichem Gemiithe kann man sich den Eindriicken hingeben , vvelche die Anschauung eines solchen Natur- vvunders der Seele gevvahrt. Meine Feder ist zu schvvach , um vviirdig das Herrliche zu beschrei- ben , vvas sich dem entziicklen Blicke darbietet, vvenn man diesen Berg zum ersten Mal ersieht. Wie soli ich die grosse Menge von Stalagmiten schildern , mit denen derselbe dicht besaet ist! Die ganze Oberllache und die Seitenflache desselben sind mit drei bis vier Klafter h oh en., scblanken, zur Dečke emporstrebenden vveissen Tropfstein-Saulen besetzt, vvelche bald glatt , bald kanaliculirt, bald Hierogljphen-artig bezeichnet; mit Saulchen umgiirtet, mit Spiral-Linien umvnmilen sind, vvahrend ebenfalls olme ei- ner bestimmten Abtheilung und eben so dicht, etvvas schmalern, ungefahr in der Dicke eines Mannsarmes, aber nur drei bis fiinf Scliuh holie Sta- lagmiten von rother Farbe zw r ischen ihnen emporvvachsen, vvelche eine glatte Oberflache haben, gegen die vveissen Saulen sonderbar abstehen, und dabei mit breilen VVulsten so umgiirtet sind, dass sie dem Gekrose ahn- lich sehen, und fiinf bis acht solche Umgiirtungen haben. Zu bemerken ist, das die Oberen immer breitere Rander als die Unteren haben, und dass in der ganzen Grotte keine ahnlichen mehr vorkommen. Man muss diesen Wald solcher vveissen und rothen Stalagmiten, so vvie ihr buntes Farbenspiel und die so sehr von einander abvveichende aussere Form sehen, um ganz entziickt zu vverden, auch ist nicht zu laugnen , dass seit der Enldeckung viele Saulen abgeschlagen und entfremdet vvurden. Die liber diesen Berg gespannte Gevvdlbsdecke ist ein von allem Tropfstein-Ueber- zuge entblosster grauer Kalkstein , der meistens glatt, und eben ausgefiillt ist. Auch bemerket man auf demselben keinen Tropfenfall, so, dass es den Anschein hat, als ob diese Menge von Saulen , den Baumen gleich, aus dem Boden empor gesprosst vvaren. Ganz frei steht der Berg unter dem Gevvolbe ; nur riickvviirts senket er sich etvvas steiler nieder, und im Hintergrunde scheint ein di'ei Klafter hohes Gevvolbe eine vveitere Fortse- tzung der Grotte anzudeuten. Sie ist jedoch nur einige Schritte lang, und neiget sich bald so sehr zur Sohle, dass sich das Gevvolbe ganz an sel- be anschliesset, und alles Weiterschreiten unmoglich machet. Es erregt bei allen Besucliern das hdchste Erstaunen, dass die vveissen Stalagmiten, ungeaclitet sie so dicht mit den rothen vermengt stehen, in ihrer Form sich nicht ahnlich sind, sondern ihre Unterscheidungs-Merkmahle immer die namlichen bleiben, daher die vveissen vvulstartige Ausvvuchse haben, und die rothen, glatt hoch empor strebenden Saulen nachbilden. Die Tafel Nr. 16 stellet einen Theil dieses Berges, vor der Mitte des¬ selben , und zvvar mit dem Gesichte gegen den Eingang gevvendet, ange- sehen dar. Da der Punct, von vvelchem Herr Schaffenrath die Aufnah- me machte, nicht auf dem vor Kurzem verfertigten Fusspfad liegt, sondern erst aufgesuclii vverden muss, so zvveifle ich nicht, dass die Grotten-Yer- vvaltung-Commission, sobald die dringender nothigen Wege beendet sind, auch eine kleine Auslenkung zu djesein Puncle machen vverde , damit jeder Reisende sich selbst von der Wahrheit der Zeichnung iiberzeugen kann. —e*© 43 Die Tafel Nr. \y stellet die Kuppel dieses Berges vor. Am 4 . Juni 1 83o geruhten Ihre Majestat die durchlauchtigsle Frau Erzherzogin Maria Louise, regierende Herzoginn von Parma, die Grot- te zu besuchen. Entziickt durch die herrlichen Ansichten der Grotte, und durch die schonen Naturspiele, vvelche die Tropfsteine bilden, achteten ihre Maje¬ stat keine Ermudung und nicht die Lange des Ganges, sondern drangen bis an den hocbsten Punct des Calvarienberges. Hier geruheten Ilire Ma¬ jestat aus hochst eigener Bevvegung hochst Ihren Namen aufzuzeichnen, vvelchen Ritter v. Lovvengreif unverzuglich im Steine einatzen liess, da- mit noch spate Nachkommen an diesem Platze, auf welchem unsers aller- gnadigsten und allgeliebten Kaisers Franz erhabene Tochter stand, von jener liebenden Verehrung durchdrungen vverden , vvelche alle Untertha- nen Oesterreichs fur ihr durchlauchtigstes Kaiserhaus erfullt. Nocb in der Entfernung geruhten Ihre Majestat die Frau Erzherzoginn des fiinf ein- halhstiindigen Ganges ungeachtet, sich mit hoher Begeisterung dieser Grot¬ te und ihrer Schiinheiten zu erinnern. Herr Schaffenrath hat die Stelle bis zu vvelcher die durchlauchtigste Prinzessin muthig gelangte, in seine treffend ahnliche und getreue Abhildung aufgenommen, und die vereh- rungsvvurdigen Schriftzuge, welche die Kuppe des Berges schmiicken, hlei- hen auch fiir die Nachvvelt ein merkvvurdiger Gegenstand dieser herrli¬ chen Grotte. Ich habe die meisten Grotten von Krain durchforschet und durchkro- chen 5 ich habe einige des Auslandes gesehen, nnd ich glaube dennoch mit aller Zuversicht behaupten zu diirfen, dass eine ahnliche Parthie, wie der Galvarienherg ist, nirgends hisher aufgefunden vvurde. Ich habe viele Frem- de hieher begleitet, und ich kenne die Aeusserungen der meisten der Ueb- idgen, vvelche die Grotte hesuchten, da mir die Grottenftihrer dariiber Auskunft gaben; aber Alle brachen in die lebhaftesten Ausdrucke der Be- vvunderung aus, sobald sie in diese Gegend kamen. Da diese Parthie nicht vviirdig genu g durch eine Beschreibung versinnlichet vverden kann, sondern gesehen vverden muss, so enthalte ich mich aller vveitern Anriihmungen , und will bloss bemerken, dass einzelne Reisende, vvelche nur vier Grot- tenlichter hei sich haben, nicht im Stande sind, das Grosse und Herrliche dieser Scene zu iiberblicken. Um diesen Zvveck zu erreichen , mussen we- nigstens zehn Lichter hie und da hinter die Saulen aufgestellt vverden, und vier Lichter mussen den Grottenbesucher hegleiten , um nur einiger- massen das Ganze iibersehen zu kdnnen. Uehrigens bestehet dieser hohe Berg aus einer grossen aufgetburmten Masse von unformlicben Kalkstein- Blocken , vvelche hunt ubereinander da liegen, und vvahrscheinlich von der Dečke sich„ablosten, und eben diese vvild iibereinander gethurmten Steinmassen sind es, die das Emporklimmen so ausserst beschvverlich mach- ten. Diese Blocke sind auf ihrer ganzen Oherflache mit einem zvvei bis drei Zoll dičken, ausserst glatten graulichten, im Bruche sehr glanzenden Ralkspathe iiberzogen, von vvelcher Gattung mir in dieser Grotte nirgends etvvas ahnliches vorgekommen ist. Bei vollstandiger Beleuchtung erzeugt dessen Glanz des Ueberzuges einen magischen Strahlenschein , dessen op- tische Wirkung sich nicht beschreiben, sondern nur durch personliche An- schauung zur Ueberzeugung bringen lasst. Die Ablosung von der Dečke muss vor vielen Jahrhunderten geschehen sejn , weil vveder an der Dečke -©s 44 @— die mindeste Ablosung, noch auch am Boden irgend ein frisch gefallener Stein zu sehen, sondern alles mit dieser Kalkspath-Kruste iiberzogen ist. Wie vortrefflich die Dečke zusammengefiiget ist, bevveiset der Umstand, dass nicht das kleinste Kornchen herabfiel , als man den neuen Fusspfad anlegte, und Ritter von Lovvengreif fiinf Minen bohren und anziinden Hess , um durch Felsensprengung die Absicbt zu erreichen, dass Ihre Ala- jestiit die Frau Erzlierzoginn Al ari a Louise den Berg beijuem ersteigen konnen. Jeder Knall dieser fiinf Sprengminen war betaubend und scbien die Grundfeslen zu erschiittern; aber die Wdlbung der Grottif und der Ueberzug , der sie birgt, erlitlen auch nicht die geringste Einvvirkung. Auf diesem Berge sind vor zvvei Jahren , und jetzt dort, vvo man den Weg arbeitete, Thierknocben gefunden vvorden. Bei der ersten Entdeckung vvar icli personlich anwesend. Zvv ischen zvvei Steinblocken vvar eine, einen Schuh tiefe und eben so breite Vertiefung, die oberi bloss mit der er- vvahnten Kalkspath-Kruste iiberzogen vvar, zufallig erdffnet vvorden. In dieser Vertiefung lag der Kopf eines IIohlen-Bares in drei Theile gebro- chen , mit sechs Zahnen drei Wirbelbeinen und ein Sliick eines hintern Fušsgelenksknochens. Eline Spanne davon entfernt, fand sich eine ahnliche Vertiefung, in vvelcher viele bis auf Zoll Lange zerbrochene Rippen, drei Sliick Fussge- lenkbeine, ein zersplitterter Hiiftknochen und zvvei VVirbelbeine lagen. Alle diese Knochen vvaren die Ueberreste der namlichen Thierart, batten noch ihr inneres Zellen-Gevvebe, und vvaren in einem vveichen, zerreiblichen Zustande und nirgends erhartet. Jene Stiicke, vvelclie der Oberllache am nachsten lagen, hatten die Tropfstein Kruste fest auf sifch sitzen. Ich be- vvahre alle diese Stiicke in meiner Sammlung. Auf diesen Fund baute ich sogleich meine Hvpothese iiber das Entstehen des Galvarienberges. DieBe- trachtung, dass diese Knochen so splitterartig gebrocben vvaren, bestimm- te mich zu der Voraussetzung, dass der Einsturz der Dečke zu einer Zeit erfolgt sejn miisse, in der die Hdhlen-Biiren lebten, und dass diese Tliie- re durch das Fallen der Steine zermalmt in kleinen Griibchen Platz lin- den konnten. Ich vvar davon innig uberzeugt, und hatte meine Hvpothe¬ se gegen Jedermann mit Muth vertheidigt. Ich bedurfte jedoch noch ei- nige Localbesichtigungen, ob ich nicht so gliicklich vviire, andere vvohl erhaltene Knochen zu finden, und ging vvenige Tage darauf vvieder auf meinen Lieblingsplatz j den Calvarienberg, vvar aber nicht so gliicklich, neue Knochen zu entdecken. Ich raumte zvvar aus den zvvei ervvahnten Griibchen v ollends alle Knochensplitter heraus, um meine Hjpothese von Zersplitterung der Knochen mit neuen Griinden untertiitzen zu kdnnen. Aber w ie erstaunte ich, als ich beide Vertiefungen oder LScher von dem Kalkspath-Ueberzuge ganz vertropft und sehon gliinzend, folglich den kla- ren Bevveiss fand, dass die Kruste, als diese Knochen dahin kamen, vvo sie dermalen lagen, langst sehon den ganzen Berg umhiillet hatte , und dass daher die Entstehung dieses Berges in eine noch entfernlere Periode , als in jene der Existenz der Hohlen-Baren gesetzt vverden miisse. Auch lagen die Knochen in dem Locbe ganz frei, wie in einem glasirten Topfe, und nur jene, vvelche sich auf der Oberllache befanden, vvaren von dem Kalkspath-Ueberzuge so fesi umschlossen, dass die Knochen ebe brachen , als sich von der Kruste trennen Hessen. Da meine Hypothese so scbnell zusammen stiirzte , so vv age ich keine zvveite aufzustellen , sondern fiihre —«=!>« 45 — (las Beobachtete mir an , damit kenntnissreiche Naturforscher uns hieruber ihre Ansichten mitzutheilen, die Gefalligkeit haben mdgen. Die Grottenbesucher diirften es vilieicht sonderbar findcn, dass ich hier beine vveitere Ervvahriung von den iibrigen Thierknochen maclie, vvelche sonst noch in dieser Grotte gefunden vvorden sind: allein zu mei- ner Entschuldigung muss ich bemerken , dass ich die verschiedenen Kno- chen, welche aus der Grotte beimlich heraus gescbleppet vvurden, nicht sah, und dass der Vandalism zur Zeit als die Grotlen - Vervvaltungs - Com- mission noch niclit bestand, mancbesj^erstorte, vvas jetzt geschonet wird. Damals vvar es Gevvohnheit , jederzeit den Fremden fiir ein kleines Ge- schenk manches Merkvvurdige aus der Grotte zu iiberlassen, vvas ich aiis Liebe zu meinem Vaterlande gerne theuer hezahlt hittte, vvenn man mir es gehracht haben vviirde. Da ich dagegen Alles, vvas ich von dieser Grotte heschreibe und an- gebe, selbst gesehen und selbst beobachtet babe, somit mich als Biirgen fiir alle meine Angaben stelle, so ist es einleuchtend, dass ich iiber jene in der Grotte gefundenen Thierknochen, die ich nicht selbst sah, eine Ver- sicherung abzugeben , mir nicht erlauben kann, Nach dieser langen Abhandlung, vvelche die Grotten-Besucher mir ge- vviss gerne vergeben vverden , kehren vvir auf den Siandpunct zuriick, von vvelchen meine Zvvischenbemerkungen ablenkten , niimlich zu dem Gipfel des Calvarienberges. Bevor man von diesem, seltenen Genuss gevvahrenden Bilde scheidet, vveide sich noch der trunkene Blick an ali’ dem Schdnen und Erhabenen , vvas die vvirkende Kraft der Natur mit ihrem unerschopf- lich reiclien Zauberstabe hier in evviger Nacht verbarg. Rund umher schaue das Auge noch einmal in das hunte glanzende Gevvirre der Gestalten, in die majestatische Wdlbung, hinab in den grausen Schlund der Finsterniss, und tief dem Gedachtnisse eingepriiget vverden der Erinnerung diese unter- irdischen Herrlichkeiten hleiben, Ich rathe dem VVanderer, der sich durch den zuriickgelegten Weg ermiidet fiihlt, besonders dem zarteren vveiblichen Geschlechte von diesem Puncte aus, auf dem gebahnten Wege zu dem Eingange zuriickzukehren, der auf der i5. Platte abgebildet ist. Der riistige Forscher hingegen mo- ge links vveiter sich bemiihen , und vvird zvvisčhen Vertiefungen und Kliif- ten sich durchvvindend, durch eine ganz andere Halle gelangen, mit man- cher Beschvverde schdne Tropfstein - Gebilde , vvelche jedoch von den his- her Gesehenen sich durch nichts unterscheiden, erhlicken, und endlich bei St. Stephan in den Haupt-Grottengang herabkommen ; ein Weg, den die Grotten-Vervvaltungs-Commission, nach Massgabe ihres Grottenfondes ebenfalls herzustellen beflissen sejn vvird. Von dem oben ervvahnten Eingange vveiter in der Haupt-Grotte fort- schreitend, lasst man den Calvarienberg rechts, und gelangt zu einem gros- sen Thale, vvelches den Gegensatz des so eben verlassenen Berges machet. Es ist beilaufig zvvolf Klafter breit, zvvanzig Klafter lang, von Felsentriim- mern ganz uneben gemacht, jedoch durch den dariiber gezogenen Kalk- sinter kuglicht vertropft, somit gar nicht beschvverlich zu iiberschreiten. Bevor man jedoch diese Stelle verlasst, verdienen zur Linken drei blen- dend vveisse Tropfstein-Saulen, von vvelchen die zu nachst stehende an ih- rer Spitze ungefahr zvvei Schuhe Flachenraum haben mag, betrachtet zu vverden. Auf dieser nachsten Situle stehet in der Mitte ein drei Schuh ho- — 46 her Tropfstein-Regel, ganz ahnlich dem Bilde, vvelches man liierlandes vom heiligen Steplian hat, rechts und links sind zwei gleich hohe, jedoch viel dunncre Tropfstein-Saulchen , die an z.vvei Kerzen erinnern, vvie man solche in Rirchen-Leuchter aufzustellen pileget. VVendet man von hie- raus das Auge rechts, so sieht man den zvveiten Ausgang des Calvarien- herges, und gerade vor sich viher das Thal hin , erblickt man die Fortse- tzung des Grotten-Hauptganges. Wer mit gehoriger Vorsieht, da der Weg noch nicht vveiter gebahnt ist, das Thal uberschritten hat, findet schbne Stalakliten und Stalagmiten, deren Gestalten und Formen, hatte man den Calvarienberg noch nicht besucht, allerdings Bevvunderung erregen vvurden. So aber geht man ungeriihrt an ihnen voriiber, und kommt an ein zvvei- tes noch tieferes Thal, von dessen grbsster Tiefe bis zur Dečke beihvufig 24 Klafter Hohe seyn diirften. Dieses Thal hat keinen Namen. Ich vviirde es das Thal der Vernichtung nennen, vveil es schauerlich anzusehen ist, in- dem sehr grosse Steinblocke und Felsentriimmer hunt durcheinander lie- gen , und hie und da zvvischen ihnen dunkelroth gefarbter vveicher Thon vorkdmmt. Ganz deutlich ist es zu erkennen, dass die Blocke von der Dečke herabgestiirzet sind, und dass ober dem Kopfe des VVanderers noch ahnliche Massen schvveben, vvelche herabzustiirzen drohen. Es kostet vie- le Miihe und Vorsieht, dieses Thal zu durchschreiten , vveil jeder Fusstritt mit Ueberlegung gemacht vverden muss, um sich nicht zu beschadigen. Dabei ist nicht zu laugnen , dass die Besorgniss, es konnte eine der an der Dečke schvvebenden Massen herab stiirzen , das Gemiith ebenfalls been- get, und das Weiterschreiten noch beschvverlicher machet. Freilich kann den Zeitpunct des Herahstiirzens Niemand bestimmen, aber eben so gevviss ist es, und beschaftiget die Phantasie des Grotten - Besuchers , dass dieser gefiirchtete Zeitpunct eines den Tod bringenden Absturzes auch der nachst vverdende Augenblick seyn konne. So wie dieses Thal jetzt aussieht, mag es vor vifelen Jahrhunderten auch am Calvarienberge ausgesehen haben. Billig solite jeder Grottenbesucher dasselbe besehen , vim sich einen deut- lichen Begriff von den Beschvverden zu machen , vvelche das Forschen in der Grotte in den ersten Jahren nach ihrer Entdeckung mit sich fiihrte, als es noch iiberall mehr oder minder so chaotisch vvar, wie uns dieses Thal gegenvvartig erscheint. Jeder, der sich die Miihe gibt, diesen Ver- gleich anzustellen, und dem grossen Werke das nothig vvar, einen Riick- blick zu schenken, vvird den verdienten Dank aus vollem Herzen dem er¬ sten Entdecker Herrn J o s eph Ritler v. Lo wen greif zollen, der alle mog- lichen Hindernisse vibervvand, alles was Neid nur erfinden konnte, nicht achtete, iiberall mit eigener Festigkeit durchdrang, und uns und unseren Nachkommen so herrliche Geniisse noch fortvvahrend bereitet. Wohl ihm, dass er sich, vvie ich schon im ersten Hefte ervvahnte, der Unterstiitzung Seiner Excellenz unsers Hochverehrten Herrn Gouverneurs Freiherrn v. Schmidburg erfreut, vveicher alles VVissenschaftliche und Niitzliche be- schiitzet, und von dessen Wirken ich umstandlichere Ervvahnung zu ma¬ chen mir vorbehalte, vvenn ich die Alterthiimer beschreiben vverde, die bei Gelegenheit der Abtrocknung des Laibacher Morastes im Flussbette der Laibach gefunden vvurden. Wer dieses Thal der Grotte im Riicken hat, kommt zu einem fiinf Schuh hohen rothen Stalagmiten, vveicher der grossen Aehnlichkeit vvegen den Namen des Kapuciners erhalten hat. Hier vvendet sich links eine — 4T s-^ Seitengrotte, die seit dem Grabe die Erste in dieser Richtung lauft. Sie vvird von den Grubenfuhrern als der fortlaufende Hauplgang betrachtet, hat zeitvveise schon am Eingange stehendes Wasser, scheint in die Tiefe somit zum VVasser-Spiegel dieses Gebirges sich zu neigen, ist an ihrem Ende geschlossen, komite jedoch von jungen riistigern Forschern noch im- mer genauer durchforschet vverden, ob nicht hier ein vveiterer Groltenzug entdeckt vverden konnte, was meinern und meines Freundes Lovvengreif vorgeriicktem Alter und Beleibtbeit nur mit grosser Beschvverde gestattet sejn vviirde. ISicbt ferne vom Kapuziner nahert man sich dem vermutheten En¬ de dieser Grotte. Ein entferntes Platschern fallender Tropfen verkiindet, dass man nahe am Tropf-Brunnen ist, vvelchen Herr Schaffenrath mit voller Wabrheit in der Tafel Nr. 18 dargestellet hat. Hier erblickt man einen rothen heliflimmernden abgestutzten Kegel, dessen Basis sehr breit ist, und dessen nachste Umgebung an der rechten Seite unter Wasser steht, an der Oherflache aber ein einen Schuh breiles Becken hat. In das- selbe fallt von der Dečke herab aus einer Hdhe von beilaufig zehn Klaflern in gleichen Zeitraumen ein Wassertropfen, der, so wie er in das Becken auffallt, sich nach allen Richtungen verspritzt. Bemerkensvverth ist es, dass die Starke und Geschvvindigkeit der fal- lenden Tropfen, so wie ihre Kristallhelle ohne Riicksicht auf die Jahres- zeit im Sommer und im Winter immer sich gleich bleiben. Seit dreizehn Jahren ist dieser der Ort , an dem die Grottenfiihrer ihre Beobachtungen anstellen. Sie behaupten , dass in diesem Zeitraume sich vveder die Starke noch die Richtung des Tropfens im mindesten veriindert haben, und dass nach ihren mit einer Messerklinge gemachten sehr genauen Vergleichun- gen die Tropfsteinmasse im Becken sovvohl, als in dessen Umgebung, nicht in der Dicke eines Blattes Papier zugenommen habe. Auch verdie- nen auf diesem Plalze zvvei sehr grosse kuppelformig hervorstehende rolhe Stalagmiten mit einem vveissen Adantel iibertropft, noch bemerkbar ge- machl zu vverden. Die Grotte verengt und erniedrigt sich immer mehr, der Boden vvird schliipfrig und^mthig, einige vorhangarlige Slalaktiten zeigen sich noch, und mit einem Mal steht man an einer engen Pforle. Durch diese Pfor- te blickt man in ein kleines sechs Klafter langes und drei Klafter breiles, an den Wiinden ganz glatt vertropftes Gewolbe, vvorin stehendes Wasser sich befindet, vvelches alle Fortschritte hemmt, und i2 5 o Klafter vom Eip- gange entfernt, fiir dermahlen diese beruhmle Grotte schliesst. Das Wasr serb^hiiltniss scheint trichterfčirmig zu seyn , und das schmale Ende dersel- ben seine Basis auszumachen. Sobald man an dieses Ziel gelangt ist, pfle- gen die Fiihrer den Grotten-Besucher mit schnellen Scbritten zuriick zu fiihren, und in zweiSlunden, oft noch friiher kommt man vom Schvveisse triefend an das Tageslicht. Ich erlaube mir jedoch den vvohlmeinenden Rath, dass es zvveckmaissiger sey, an die Fiihrer die ublichen Geschenke zu verdoppeln, damit man den Riickvveg langsam zunicklege, und dadurch die Moglichkeit erlange, die auf dem Hinvvege bevvunderten Parthien auch von der entgegengesetzlen Seite mit Musse betrachten, und dabei beruck^ sichtigen zu konnen , dass die meisten Reisenden nie vviederkehren, dass folglich ein zu schneller Ueberblick keinen bleibenden Eindruck binter- lasst, und dass es also vvohl die Miihe lohne, ein Paar Stunden mehr auf —-© 48 die Besichtigung so interressanter Gegenstande zu vervvenden, deren Sclidn- heit und Seltenheit es vverth sind, die von ihnen erhaltenen Eindriicke bleibend und unausldschlich zu machen. Nebst dieser Bemerkung halte ich es nicht fur iiberfliissig hier noch den beim Eingange ertheilten Rath zu vviederhohlen, dass man, bevor man den Grotten-Besuch beginnt, die Grotten-Fiihrer mit seinen Absichten bekannt machen miisse, damit sie sich hinreichend mil Oehl versehen konnen. Hiezu ist es aber ndtliig, dass man ihnen statt der Erklarung, wie weit man geben vvolle , vielmehr genau bestimme, wie lange man in der Grotte zu bleiben gedenket, vveil bei dem erstern Ausdrucke sie die Zeit nach ihren eilferligen Schritten bemessen, bei Letzterem hingegen die bestimm- te Zeitperiode, ob man nainlich drei oder sechs Stunden vervveilen vvolle, erfahren, und sich hiernach mit BrennstofF fur die unumganglich nothvven- digen Grubenlichter versehen. Auch die schon einmal gemachte Bemer¬ kung, sich mit kalter Essvvaare geniigend auszuriisten, ist allerdings ven VVichtigkeit, damit man nicht in den Fali komme, dass Besuclier und Fiihrer aus Mangel an Nahrung der nothigen Korperkrafte ermanglen, und vor der Zeit zur Riickkehr gemahnet vviirden. Wenn der Wanderer den grossen Dom im Riickvvege iiberschritten, und einen Theil der Treppe gegen das Monument Seiner Majestat des Kaisers Franz erstiegen hat, so kommt er drei und zvvanzigStufen von oben herab gerechnet, auf ein Ruhe-Platzchen der Treppe, von vvo aus links eine Grotten-Abtheilung fiihret, vvelche schon in den iiltesten Zeiten be¬ kannt gevvesen zu sejn scheinet, somit die alte Adelsberger Grotte heisst. Diese scheint diejenige zu sevn, vvelche Herr Freiherr v. Val¬ vasor besuchte, und vvelche ihm bei zvvei Stunden lang zu sejn diinkte. Jene, vvelche daruber Zvveifel hegen , ob es vvohl dieser Groltenzvveig gevvesen sey, den Valvasor betrat, oder ob er vielmehr in der Ferdi- nands-Grotte vvar, da er in semeni VVerke: Ehre des Herzogthums Krain, ganz bestimmt anfuhret, zwei Stunden Wegs in der Adelsberger Grotte gemacht zu haben, belieben zu ervvagen, dass bereits vorne durch Beschreibung der gefabrvollen Art, mit vvelcher Herr Ritter v. Lo- vvengreif die Kaiser Ferdinands - Grotte entdeekte, zur Geniige ervviesen sey, dass vveder Baron Valvasor, noch sonst ein menschliches Wesen vor dem Ritter v. Lovvengreif in dieser Grotten-Abtheilung gevvesen sey, und vveder die nackte acht Klafter hohe Felsenwand ei’klimmet, noch liber den schnell iliessenden tobenden Bach Piuka zu setzen gevvagt habe , indem auch nicht die mindeste Špur eines friihern Besuches zu entdecken vvar. Wiire Baron Valvasor dort gevvesen , so vviirde dieser genau aufzeich- nende Forscher krainerischer Seltenheiten, es gevviss auch angemerkt ha¬ ben. Mit der gleichen Consequenz ist voraus zu sehen, dass das Merkvviir- dige, vvas dem Baron Valvasor nicht entgangen ist, auch den For- schungstrieb seiner Nachfolger gereitzt haben vviirde, und so vvare die Kaiser Ferdinands-Grotte doch zeitvv eise besuchet, und die Tradilion liber ihre Exi- stenz vvare bis zu unseren Zeiten erhallen vvorden. Andererseits mdehte ich aber auch nicht gerne den alles so genau beschreibenden Baron Val¬ vasor der Uebertreibung beschuldigen. Ich habe mich also zu iiberreden gesucbt, die alte Adelsberger Grotte habe einst eine grossere Ausdehnung gehabt, und sey seither durch das Tropfvvasser vertrojifet vvorden. Allein dngegen zeugen die vveiter unten 49 ervvahnt vverdenden Inscliriften, vvelche in der letzten zuganglichen Halle alle Wande bedecken, und eben desswegen redende Bevveise sind, dass schon im Jahre 12 13 dort der Endpunct gewesen sejn miisse, vveil sich sonst vvohl nicht alle dort aufgezeichnet hatten. Es bleibt mir also zur Losung der Frage nichts iibrig, um meinen Satz aufrecht zu erhalten , als den Baron Valvasor zu beschuldigen, dass er durch Gespenster-Furcbt verleitet, und von der Neuheit dieses unterir- dischen Meistervverkes der Natur ergriffen, weit in den Berg hineinge- drungen zu sejn, sich irrig eingebildet haben mag. Doch muss ich be- merken, dass man in dem Falle, vvenn man noch nie in einer Grotte vvar, und dann diese Seiten-Grotte friiher als die Kaiser Ferdinands - Grotte be- tritt, wohl auch eine und eine halbe Stunde in selber vervveilen kann, was die Grottenfuhrer aus der Erfahrung haufig bestiitigen, und vvodurch also Baron Valvasors Angabe seines Zeitaufvvandes von zvvei Stunden bei etvvas genauerer Forschung gar nicht unvvahrscheinlich vvird. Auch konnte Valvasor, vvenn er in der Ferdinands-Grotte nicht vvar, keine andere als die alte Adelsberger Grotte betreten haben, vveil es auf diesem Puncte keine andere Grotte gibt als diese, und somit bleibt dem Rilter v. L.6- iv engreif die ungetriibte Ehre einzig und allein der Entdecher der Ferdinands-Grotie geicesen zu sej^n. Ich mache nun auch von dieser alten Adelsberger Grotte Ervvahnung, damit meine gegenvvartige Beschreibung sovvohl iiber diese als liber die Ferdinands-Grotte so vollslandig als mdglich \verde. Ich vvill jedoch keinen Grotten-Besucher ermuntern, mir in selbe zu folgen, vveil sie vveder be- merkensvverlhe Tropfstein-Gebilde enthalt, noch sonst etvvas darbietet, was mit dem in der Ferdinands-Grotte befindlichen Naturschatze einen Vergleich aushalten konnte. Von dem bezeichneten Puncte der steinernen Treppe vvendet man sich in die Haupt-Grotte hinein gehend links ab, und schreitet auf einem zvvolf Zoll breiten , vier Klafter langen Pfade , langs eines fiinf Klafter holien Ab- sturzes in diese Grotte, in der man von dem Tosen des einstiirzenden Baches Piuka iibertaubt und sich rechts hinter einem vorspringenden Fel- sen vvendend, in einen schmalen gothisch gewolbten Gang kommt. Diese Grotte zieht sich in der Richtung nach Norden fort, und ist der gefahrli- chen engen Passagen und des geringen Luftvvechsels vvegen auf der Haupt- stiege durch das fortlaufende Gelander abgesperrt, jedoch fiibren die Grot- tenfuhrer, vvenn man es ausdrucklich verlangt, die Grotten-Besucher eben- falls dahin. Anfangs ist die VVolbung der Grotte sehr breit, vveil sie jenseils bis iiber den einstiirzenden und durchstromenden Bach sich erstrecket, bald aber vvird selbe enge, und man h at einen ungeebnelen Pfad vor sich. Deber eine braune mit Kalksinter iiberzogene Masse gelangt man in einen neun Schuh h oh en Gang, der sich allmahlig bis auf fiinf Schuhe erniedriget. Doch auch dieser erhebt sich nach vvenigen Schritten vvieder, und hier sieht man einen rothen Tropfstein, der einen sclionen Wasserfall bilclet. VVenige Schritte vveiter scheint sich die Grotte zu schliessen, und vvirldich diirfte hier oder bei einer der folgenden engen Durchgange in der kom-' menden Zeit die Grotte sich vertropfen und geschlossen vverden. Zu die¬ ser Meinung werde ich durch die Betrachtung geleitet, dass 65 Klafter von der Hauptstiege entfernt, wo man in. diesen Grottenzvveig tritt, diese Grol- —o>c 50 s-o— te nur noch eine Oeffnung von einer Klafter Hohe und zvvanzig Zoll Breile hat, vvelcKe sich nur unbeguem durchschreiten liisst. Man befindet sich hier in einem braunroth vertropften Raume, von vvelchem aus sich dreis- sig Klafter vveiter die Grotte auf eine runde, zvvanzig Zoll im Durchmesser haltende Oeffnung zusammenziehet, durch die etvvas beleibte Personen nicht kriechen konnen. Der Grottengang vvird niedrig, schmal und schvver zu begehen, und hier zeigt sich ein zvveiter Tropfstein-Wasserfall, der schbner als der Erstere ist. So wie man bei diesen voruber ist, kommt man zu einem Gange, der rechts rothe und links vveisse Stalaktitenmas- sen enlhalt. Man fangt an allmahlig an der vvarmeren Luft, die man ein- athmet, immer mehr zu spiiren , dass diese Grotte keinen Luftvvechsel habe, und dass man sich ihrem Ende nahere. Diese Vermuthung bestatigt sich bald, denn 120 Klaftern von ihrem Anfange entfernt, kommt man zu einer abvvarts kaum zvvanzig Zoll im Durchmesser haltenden ovalen Oeff¬ nung, die man nur sehr muhsam am Bauche kriechend durchschreiten kann , und befindet sich 12.5 Klafter weit vom Antritte dieser Grotte, beim vertropften Gerippe. Die Wande sind mit vveissen, braunen und ro- then Kalksinter iiberzogen. Links befindet sich am Boden liegend das sogenannte Gerippe. Ich vvar vvenige Tage nachdem Ritter v. Lovvengreif diese seit einem und einem halben Jahrhundert unbesuehle Grotte vvieder zum er- sten Mal zu betreten vvagte, in derselben, und habe also das Gerippe noch unverletzt sehr aufmerksam betrachlen und untersuchen konnen. Ich glaube damals die Schenkelknochen am Boden neben einander liegend, und den Leih an der linken VVandseite befindlieh, doch sehr vom Tropfstein iiber- zogen, genau beobachtet zu haben. Es vvaren jedoch, so viel ich mich er- innere, nur die allgemeinen Formen, keinesvvegs aber einzelne Theile kennbar, und um eine Stalagmiten-Sšiule vvar der rechte Arm so geschlun- gen , dass man den Handknbchel und die funf Fingerknochen deutlich er- kennen komite; dort hingegen, wo die Halsvvirbelbeine und der Kopf seyn sollten , vvar der Tropfstein so dieht auf einander geschichtet, dass man keinen Knoehentheil mit Gevvissheit erkennen konnte. Frei von allem Vorurlheile habe ich bisher Alles, wie ich es gesehen und gefunden habe, beschrieben, und hoffe, dass jeder Grotten - Besucher irieiner Unpartheilichkeit Gerechtigkeit vviederfahren lassen vvird. Diess gibt mir die Berechtigung vorauszusetzen, dass man mir auch in Bezug auf dieses menschliche Gerippe Glauben beimessen vverde, obgleich gegen- vvartig dasselbe schon sehr undeutlich gevvorden ist. Als ich funf Jahre spaler naeh meiner ersten Beobaehtung die Grotte vvieder besuchte, fand ich die Schenkelknochen und den Arm betrachtlich von der Tropfstein-Kruste iiberzogen, und dort, vvo ich den Kopf vermu- thete, hat ein muthvvilliger Grotten-Besucher ein Loch in die Tropfstein- Kruste gesehlagen. Ich forschte in demsclben, fand es tief, und konnte nur zvvei kleine menschliche Knochensplitter auffinden, die zu klein vva¬ ren , um beurtheilen zu konnen, ob sie vom Schadel oder von einem Kno- chen des Leibes gewesen sind. Diese Grotte vertropft sich immer mehr, und es ist nicht unvvahrschein- lich , dass in fiinfzig Jahren die Grotten-Besucher den einstigen Bestand dieses Gerippes bezvveifeln vverden, ja dass bis clahin der Grottengang selbst ganz vertropft und es unmoglich vvird, bis zu dem Gerippe vordringen zu konnen. —oe 31 Auf jeden Fali scheint die grassliche Vermuthung gegriindet, dass die- sem Ungliicldichen , dessen Gerippe hier das Grab fand, sein Grubenlicht erlosch, und dass er vom Hunger und Durst gequalet in langsamen To- desqualen sein Leben ausgehaucht habe. Moliter ossa cubent. Seit jenem Jahre, in vvelchem ich diese Stelle zum zvveiten Male be- sah , habe ich am korperlichen Umfange so sehr zugenommen, dass ich die¬ se Grotte nicht mehr betreten kann. Jndessen versichert mich Herr Schaf- fenrath, dass das Gerippe seither nochmehr mil Tropfstein-Kruste iiber- zogen worden sej. Herr Professor Yolpi fuhrt in seinem in Triest 1820 herausgegebenen Werkcken, betitelt: „xiber ein bei Adelsberg neu- entdeckles Poleeotherium von ein e m Freunde der Natur“ an, dass unfern dieses Gerippes ein behauener Kalkstein wie der Obersturz einer Thiire am Boden liege. Ich muss diessfalls bekennen , dass ich diese Aehn- lichkeit so wenig bemerken konnte als den Ort, wo dieser Kalkstein ge- standen sejn mag. Wenige Klafter ist es dem Wanderer noch vergonnt vveiter zu schrei- ten, denn dass ganze Gevvolbe schliesset sich vollkommen, und bildetzvvei Idundert Klafter vom Eintritte in diese Grotte enlfernt, eine runde Halle, vvelche ganz mit Namen bezeichnet ist, und kein vveileres Vordringen ge- stattet. Ich halte mich verpflichtet diese Inschriften, obgleich Herr Pro¬ fessor Volpi in seinem erst bemerkten Werkchen sie scbon angefuhret bat, doch meinen Lesern mitzutheilen, um nichts an der Vollstandigkeit der Grotten-Beschreibung mangeln zu lassen. Herr Schaffenrath hat diese Inschriften ganz nach der Natur gezeichnet, und sie erscheinen Nr. 19 abgebildet, so vvie sie an der Wand der Grotte theils mit der Kohle , theils mit der Bleifeder und mit Kothstein geschrieben sind. Die Natur hat viel zu ihrer Erhaltung beigetragen, da der Trofstein zvvischen der Steinvvand und der Schrift herab gerieselt ist, und die Schrift vvellenformig empoi-- gehobenhat; auch ist hie und da der Tropfstein unter und ober der Schrift herabgeflossen , und hat sie gleichsam mit einem evvigen Firniss uberzogen. Wer hier eine Stunde vervveilt, vvird vvohl fiihlen, dass die Lichter und der Athem der Menschen die Lebensluft verzehren , und dass es hier vve- nig Luftvvechsel gebe. Jeder vvird also gerne den Riickvveg antreten, und seine Lunge merlich erleichtert finden, vvenn er auf die Haupttreppe zu- riick gelangt. Ich weiss nicht, ob jeder das gleiche Gefiihl mit mir theilet. Ich vve- nigstens muss bekennen, dass die Ferdinands-Grotte in mir nie eine un- angenehme Empfindung hervorbrachte, vvogegen in dieser alten Adelsber- ger Grotte mir mancher Schvveisstropfen durch die eingesperrte Luft und durch die engen Durchgange ausgepresset vvurde. Es vvird dem geneigten Leser nicht unbemerkt geblieben sejn, dass die Inschriften der Wande schon mit dem Jahre I2i3 beginnen, dagegen aber nicht auf unsere Tage reichen, sondern mit der Jahrzahl 1676' enden, und dass folglich zvvischen dieser Zeitperiode und dem ersten Besuche des Ritters v. Lowengreif im Jahre 1816 ein Zeitraum von 140 Jahren ver- flossen ist, in vvelchem vvahrscheinlich der erste iible Zugang der Grotte, der jetzt doch 12 Zoll breit ist, Jedermann von dem Besuche derselben abgeschrccket hat. Moge es mir vergonnet sejn, diese Beschreibung mit dem Wunsche zu schliessen, dass jeder VVanderer in den Adelsberger Grotten jenen Hoch- —«*> 52 ®<^ genuss an den Herrlichkeiten ilirer Schatze fiihle, der mir so oft zu Theil vvurde, und dass dieses kleine Werkchen, vvelchem Vaterlandsliebe das Entstehen gab, nicht fiir unvvurdig erkannt vverde, seine Bestimmung als Leitfaden fiir Grotten - Besucher und zugleich den Zvveck zu erreichen, dass der Mit- und Nachvvelt eine umstjindliche Kenntniss von dem gegen- vvartigen Zustande der beriihmten Adelsberger Grotte verschaffet wird. Endc