Der Untergang Metullums. Trauerspiel iu vier Aufzügen aus der Geschichte Krains Heinrich Penn. Laibach 1866. Der Untergang Metnllnms. Trauerspiel in vier Aufzügen auS der Geschichte Krams von Laibach 1866. Druck von Ignaz v. Kleinmayr L Fedor Bamberg. Im Selbstverläge des Verfassers. Dem unermüdlichen krainischen Patrioten und Forscher, dem muthigen Kämpfer für sloveuische Interessen Herrn Dr. GMM HMrick LoBtA, Bürgermeister von Laivach, widmet dies Buch als Zeichen aufrichtiger Verehrung der Verfasser. Widmung. Oft wenn Enttäuschungen mein Herz durchziehen, Ich Leben suche und nur finde Stein, Treibt es mich fort, der Menge zu entfliehen, Die statt des Wesens liebt den leeren Schein ; Ich wende mich vertrauend zu Thalien, In ihren Tempel tret' ich freudig ein: Dort schließt sich auf die Zauberwelt der Töne, Das Menscheuhcrz in seiner ganzen Schöne. Es treten vor mich große Charaktere, Die dem Geschicke sich zum Kampf' gestellt, Als Gegensatz Pygmäen, deren Lehre Voll Selbstsucht, widrig in das Ohr mir gellt. Daß die Erkcuntniß meiner selbst sich mehre, Ans jener Welt ich seh' die eig'ne Welt, Formt was ich las im Buche der Geschichte Sich vor mir zum dramatischen Gedichte. Das Frauenherz und was es tief empfindet, Die Stufenleiter bis zur höchsten Qual, Die Liebe, welche Herzen ewig bindet, Des Unglücks Thräne wie der Freude Strahl - — Ich seh' es klar, die Erdenhülle schwindet, Es steigt verklärt empor, ein Ideal! Des Weibes hohe Würde mir zu zeigen, Daß ich mein Haupt muß staunend vor ihr neigen. Welch süße Bilder plötzlich sich entfalten, Der Dichtung Zauber herrlich vor mir steht, Medea, Klytemnästra seh' ich walten, Thusnelda, Sappho und Elisabeth. Dort Klürchens, Gretchens duftige Gestalten, Chricmhildc, Brunnhild aus der Mythe, seht! Doch wer kann all' den Perlen Namen leihen, Die nns're Sänger licht zum Kranze reihen. Doch eine Fran grüßt oft mich im Gedanken, Sie zieht hinaus, sic läßt ihr Vaterland, Dem theurcu Mann zu folgen ohne Wanken, Wird er der Heimat Todfeind auch genannt. Blutbande trennend, reißt sie ein die Schranken, Bedroht ihr Volk mit Waffen in der Hand; Stirbt mit dem Mann', daß sic sein Eigen bliebe — ' Und mit ihr schließt das hohe Lied der Liebe. Ich hab's gewagt, die Züge festzuhalten, Des Bildes Rahmen gab mein thcu'res Kram, In seiner Mythe fand ich die Gestalten, Ein ganzes Volk zog herrlich in mir ein, Im Frciheitskampf' sich mächtig zu entfalten, Da klingt das Lied der Liebe süß darein, Das düst're Fatum aber droht am Ziele — Mein Traum verkörpert sich zum Trauerspiele! Und wie mein Blick aus lüugstvcrgnug'nei^Zcitcn Zur Gegenwart des Vaterlandes schweift. Wie ich begrüße seine Gottgeweihten — Ein Bild voll Kraft gewaltig mich ergreift. Du Edler bi st's, Dir sagen diese Seiten Was schon als Jüngling längst in mir gereift; Zu Deinem Preise soll mein Lied erklingen Und gottbegeistert meinen Gruß Dir bringen! Du hast das Buch der Mythe anfgeschlagcn, Und Krams Geschichte blickt Dich offen an, Den wunderbaren Schatz der alten Sagen Hast Du auch Fremden weise aufgethan, Als Steuermann wirkst Du in diesen Tage», Und strenges Recht bezeichnet Deine Bahn; So nennt als Forscher, Rechtsgelehrten, Denker D i ch stolz Dein Land, und jetzt der Hauptstadt Lenker. Und wie Du selbst gekämpft bei manchem Siege Für die Slovencu und ihr altes Recht, So nimm dies Buch, darin im Freiheitskriege Sich zeigt ein starkes, heimisches Geschlecht; Und schmücken Deine theurcn Namenszüge Mein Buch, dann wird eS, treu wie Gold und echt, Ein Fürst des Geistes aus der Taufe heben, Und durch Dein Wort wird meine Dich¬ tung leben! Agram, 20. September 1865. Der Untergang Metullums. Dramatisches Gedicht in vier Aufzügen. Ein Volk, das bei der Wahl zwischen Knechtschaft und Untergang den letzteren wählt, ist, wenn auch gering an Zahl, ein großes Volk — und seine Aufopferung für die Idee der Frei¬ heit und Unabhängigkeit ein histo¬ risches Moment. P e r so u e«: Octavianus Cäsar, Imperator. Aurelia, seine Pflegetochter. Mamercus, Octaviaus Feldherr und Vertrauter. J o l a ü, Legatns. Lavinia, dessen Tochter. C S s o, Diener der Aurelia. C uä u s, t Aulus I C a nut, Fürst der Japydeu. Marro, Unterbefehlshaber, Flüchtling aus Pannonien. O c r us, ein alter Japyde. A u d o l e o n,r A lbi u s s Primäres und Mitglieder des hohen Rathes Geutiu's, l zn Metullum. Römische und japydische Krieger, Volk, Gefangene und Primäres. Die Handlung spielt in Illyrien; der erste, zweite und dritte Act in Aurupinin und am adriatischcn Meeresufer, der vierte in Metullum. Die Zeit der Handlung 32 v. Chr. > ->.. j ' ' ,,' ,: i . - !-> z G <^»>t '- N ! r> - "! H .0 LL K« Erster M. l. 8cene. (Straße in Aurupium, im Vordergründe rechts Octavians Palast. Aus dem Hintergründe) Tn8ns und Aulus. Cnäus. Zu Viel, zu viel, ich kann es kaum ertragen! Äulus. Was ficht dich an, daß deine Wangen glüh'n Und aus den Augen dir die Freude blitzt? Cnäus. Mein Inneres durchjagen Sturmgefühle, Weit öffnet sich das hochentzückte Herz Und jauchzend sucht die Freude sich den Ausweg! O Seligkeit, sie kommt, ich seh' sie wieder! Äulus, Du rasest, Freund, sprichst du von einem Weibe? Cnäus. Freund meiner Jugend, dir entdecke ich's — Du kennst des Jolas wunderbare Tochter. 6 Äulus. Lavinia, die er von Rom entbot? Cnnus- Und ahnst du nichts? Ich lieb' Lavinia! Heut' naht sie mit Octavians Pflegetochter. Äulus. Bist du von Sinnen, Cnäus? Cnäus. Sprech ich wirr? ÄiNug. Du willst das Auge zu der Jungfrau heben, Um deren Gunst selbst die Prätoren buhlen? Cnüus, Ich buhle mit! Äulus. Ihr Vater ist Legatus, Und du? Cnlius. Sohn einer freigelaß'nen Sklavin! Das meinst du, nicht? Wer machte mich dazu? Ist Jener schon im Mutterleib geadelt, Und Der verdammt, noch eh' cs sich gezeigt, Wie's in den Köpfen aussieht dieser Beiden? Des Vaters That, die ihn geschaffen, war Nicht edler, wie der Trieb, der mich gezeugt; Nicht an die Eltern kehrt sich das Talent, Der Sohn ist ehrlos nicht, wenn es die Mutter! Nein, aus dem dunklen Schachte trotz des Schlammes 7 Kommt reines Gold zu Tage und bleibt rein; Doch laß den reingebornen Purpur altern, Zerreißt er dir in tausend schlechte Fetzen! Aulus. Doch sprich, wo schautest du Lavinia, Und kennt sie deines Herzens tolle Neigung? Cnäus. Sie liebt mich wieder! An dem zweiten Tag Der Saturnalien war es, daß ich ging, Um mir den Zug der Sklaven zu besetz'», Und an Satnrns Bildsäule traf ich sie, Sittsam verschleiert, unter ihren Frauen. Warum soll ich noch einmal wiederholen Die vielen Stunden stürmischer Erregung, Die Pein des Zweifels und der Ungewißheit, Bis es gelang, mein Herz ihr zu eröffnen. Aulus. Wie soll cs enden? Denkt doch an die Zukunft; Zwar hast du schnell des Weisen Wort erfaßt, Der uns Verlass'ne in sein Haus genommen, Und viel geschöpft hast du aus seinen Büchern; Doch römischer Ritter, und ein Sohn der Sklavin! Lnüuo. Den Göttern Dank, die neue Zeit ist da! Der Adel ist nicht mehr allein berufen, Das Staatsschiff nach dem sichern Port zn lenken; Das Volk hat kühn sein altes Recht erfaßt, 8 Und seine Besten stehen mit im Rathe Und sprechen muthig für des Lcindes Wohl. Das Volk hat mit dem Adel sich vereint, Und jede Schranke ist dem Geist geöffnet! So zag' ich nimmer für Lavinia, Und denk' ich ihrer, fühl' ich Riesenkraft Und Riesenmnth znckt flammend durch die Seele. Erkämpfen will ich, was Gebart versagt, Des Mathes Zeichen ihr za Füßca legen, Und lohnt cs mir Octavian mit Ehre, Wird unerbittlich nicht der Vater sein. ÄuNw. Ob es gelingt and wann, ich kann's nicht denken! Limas. Und warum nicht? Was war der Marins? Der Sprößling einer niedrigen Familie, Und wurde doch mit Ehren überhäuft, Wie kaum ein Römer sie vor ihm erfuhr. ÄiUus. Denk' an sein düst'res Schicksal bei Minturnü. Lnüuo. Trotz dieseni war er sieben Male Consul. Äulus. Doch wenn dir Cannt einst zum Sulla wird? Cnmis. Nein, denn gerade Cannt ist der Stachel, Der meine Thatkraft immer neu belebt — Ein großer Gegner reizt zur großen That! 9 Äutns. Fast schwindelt mir vor den verweg'nen Worten! Cnäus. Ich bin dem Ziel so fern nicht, als dn glaubst; Mamercus ist mir lange schon gewogen. Äulus. Horch, Cnüus, horch, der Imperator naht! Laß uns die Wache halten an der Pforte. (Stellen sich an das Thor des Palastes.) 2. 8 cene. Vorige, Octaviau. Octavio» (noch auf der Treppe die Wache bemerkend). Was soll die Wache bei Octavian? Wann schirmt der Löwe sich mit fremder Kraft, Wo er der Stärkste? Sendet mir Mamercus. (Anlns und Cnäus ab.) Kleinliches Volk, ihr Knechte eurer Sorgen, Zu eig'nem Heile wählt ihr fremden Schutz; Denn köstlich ist ein wohlbewachter Schlaf, Der leere Kopf hat nichts dabei zu thun, Und Kopfesarbeit ist's ja, was ihr scheut. So seid ihr All', und nach dem eig'nen Hirne, So winzig klein, bemeßt ihr auch die Andern! (Heftig auf- und abgehend.) Der größte Thcil Japydiens ist mein, Hier in Aurupium liegt meine Hauptmacht, 10 Monötium noch, zum Schluß Metullum — Und dieses Land heißt römische Provinz! Doch warum kommt nicht Kunde von Monötium? 3. 8cene. Octavian, Mamercus. Wciavlan. Bringst du mir Nachricht von Aurelien? Mamercus. Noch immer säumt dein thcures Pflegekind. Gclam'an. Rom ist bedroht, bei mir nur ist sie sicher. Mamercus. Das lange Harren macht dich ungeduldig. Vclaviaii. Nun, daß mein Liebling zögert, deine Braut, Liegt wohl am Wetter, das der Fahrt ungünstig; Doch wann kommt Nachricht von Monötium. Mamercus. Ich ahne, keine gute. — Uebermacht, Ungünstige Stellung können Vieles ändern. Gctamau. Doch diese Schaar besiegen nicht, Mamercus! Mamercus. Ich fürchte, Canut kam uns schon zuvor Und nahm den Hohlweg vor Monötium! 11 Gclavian. Schon wieder Er, warum doch immer Er? Bin ich ein Anderer? Ist dieser Kopf Derselbe nicht, der immer für euch dachte? Hat diese Hand nicht siegreich euch geführt? Mamercus. Fragst du den großen Haufen um Vergang'nes? Nur an die Gegenwart hält sich sein Sinn. Vctamaii. Ich glaube, selbst Mamercus ist nicht bar Der Furcht, die dieses Uugethüni verbreitet? Mamercus. Octavian, ich spreche nicht von mir, Jedoch im Heere sieht es anders aus. Vctnvian. Daß doch das Schreckbild meine Wege kreuzte! Mamercus. Dann sei es nicht die Klippe deines Ruhms. Gctauiau. Du Thor, ich stehe fest, doch jene Stirne, Wär' sie aus Erz gegossen, muß zerschellen! Mamercus. Sah'st du Maschinen brechen statt der Mauer? Getavian. Barbaren sind es, stark, doch regellos, Und rohe Kraft bricht sich am Schild der Kunst. 12 Mamercus. So geh und frag' dein kunstgeübtes Heer, Ob es bei Canuts Schlachtcnruf nicht bebt, Als hätte es ein Donnerschlag getroffen. Vctavian. Und freie Römer nennen sich die Memmen? Ehrlose Knechte sind's und nied're Sklaven, Die Rom niemals gezeugt, nie anerkannt Als seine Kinder und als freie Bürger. An ihrer Spitze sah ich Cassius Und Brutus bluten, des Pompejus Sohn, Zweimal geschlagen, sich verzweifelnd wehren, Jetzt zittern sic vor einem rauhen Bären. Mamercus. Weil dieser sie zu bärenhaft begrüßt. 4. 8cene. Vorige, Iotas (eilfertig). Vrtaoiaii. Was bringst du mir? Islas. Gewißheit, wenn anch schlimme, Denn Botschaft bringen die Gesandten selbst. 13 Den Hohlweg fanden sic besetzt, und Canut Brach tollkühn aus dem Wald in unsre Schaar — Der kleine Rest zieht eben nach dem Markte. Mamercus. Das war ein Bärenschlag, den ich geahnt. Gclauiau. Aemilius war Führer dieser Schaar? Aemilius hat aufgehört zu führen! Mamercus. Du bist erzürnt, was willst du thuu? - Iolas. Bedenke, Daß er der Erste auf dem Walle war, Als wir Aurupium erstürmt. Octavia». Der Erste? Ha, immerhin, gestrichen dnrch die zweite Ist diese erste That! Ein Beispiel gilt's, Wie ich die Feigheit zn belohnen pflege. Mamcrcus. Herr, schone ihn, vergeblich ist die Strenge. Vclauia». Ob sic vergeblich ist, das werde ich bestimmen. Ans Heer denkt Alles, an den Führer Niemand, Und was sind Jene anders, als Maschinen, Die ich gebrauchen muß zn meinem Zweck, 14 Und ist ein Glied nicht ganz, wie ich es ford're, Greif' ich in die Maschine, reiß es aus, Ob's Unrecht oder Recht, ist meine Sache! Ein Glied zerbrechen — nennet ihr vergebens ? Wie kann ein Glied das andere bestimmen, Denn ihr seid selbst nur Theile von dem Ganzen, Ich aber bin der Lenker der Maschine! Zerbrechet mich, wer regelt ihren Lauf? Brecht die Maschine, bau' ich neu sie auf! Lolas. O lasse Gnade, Herr, für Recht ergeh'n! Mnmcrcus. Du thust es nicht, du schonst gewiß den Mann — Ich kann's nicht glauben, daß du anders handelst. Vctavlan. Du sollst so glauben, wie ich glauben will! Zu was habt ihr denn Rang und Sold im Heere, Etwa das Thun des Führers zu bekritteln? Und rechtet ihr ob dieses Thuns mit mir? Meint ihr, ich wisse nicht, was ich beginne, Weil's enrem Maulwurfshirnc unbegreiflich? Kommt auf den Markt und holt mir die Lictorcn. Kann sich Aemilius mit dem Schwert nicht wehren, So sollen ihn die Fasces kämpfen lehren! (Alle ab.) 15 5. 8cei»e. Verwandlung. (Gegend am adriatischen Meere. Zu beiden Seiten hohe Felsen, rechts ein mächtiges Feuer, im Hintergründe die See. Nacht, Sturm.) M a rr o , O c rus und andere J a p y d e n (letztere ver¬ schieden grnppirt). Mares (nach dem Meere blickend). Da gilt kein Zweifel, römisch ist das Schiff; Glück auf den Weg, ihr Nationenkncchtcr, Bebt vor dem Meer — uns dienstbar ist die Flut, Wie jene Flamme, die euch Rettung heuchelt! Doch sind die Unfern lange schon zur See Und ihrer Wiederkehr bin ich gewärtig. Verns (kommt nach vorwärts). Das ist kein Treiben, wie cs Männer ziert, Und Canut hat das Strandrccht streng verboten. Marrs- Bist du ein Weib und kannst du's nicht verschweigen? Verns. Warum verschweigen, ist cs ehrenhaft? Marrs. Weil wir mit Thaten, nicht mit Worten prahlen. Verns. Mit Thaten? Ei, heißt Stehlen eine That? 16 Mirrro. Wenn klein der Kampf, wird das Erkämpfte groß. Vcrus. Was habt ihr denn erkämpft, daß ihr euch rühmt? Mnrro. Nur wenig noch, doch bald kommt Größeres, Dann soll's der Fürst erfahren nnd uns loben. Gcrus. Der kühne Streiter in der osf'ncn Schlacht Ist Lobes sicher, nicht der tückische. Knrra. Du weiser Mann, wie trcibcn's denn die Römer? Hast du von ihnen Offenheit gelernt? Wcrus. Pfui über dich, und weil es nicht geschah, Willst dn von uns die Feigheit ihnen lehren! Morro. Ist gut der Zweck, wer rechtet mit dem Mittel! Und ist cs schlecht, so will ich's auch verfechten. Vcrvs (höhnisch). Du sollst's verfechten, doch zu früh für dich! Marro (für sich, vortretcnd). O plandrc du, ich komme doch zum Ziel, Die Habsucht ist mein mächtiger Genosse, Ich nütze sie, dich, Canut, zu zerschmettern; Noch nie verlor, wer auf die Habsucht bau'te! 17 Ich will nicht dienen, will der Erste sein Und lieber fallen, als der Zweite bleiben! (Hinter der Scene: Sieg! Sieg!) Marro. Sie nah'n, Willkommen! (Hinter der Scene: Sieg!) Alle. Willkommen! 6. 8cene. Vorige, Aurelia, Lavinia, Gefangene, neue J a P y d en. Marro (wendet sich zn den Neuangekommenen). Ich wünsch' euch Glück zu der gelungenen Arbeit! Ein Japydc (vortretend). Erwähle dir das Beste des Erkämpften. Marro. Nicht doch, die Beute sei des Kämpfers Eigen. Doch sch ich recht? Ihr führt Gefangene? (Mit einer Handbewegung.) Habt ihr vergessen, was ich euch befahl? (Die Frauen werden rechts abgeführt, auf deni Felsen links erscheint C a n nt und übersieht die Scene.) Marro (der ihn nicht bemerkt, zn den Japyden). Der Wetterschlag übt Gnade, wie die Meersluth, Hier aber richtet Donner nicht und Blitz, 1** 18 Und kein Erbarmen lebt bei dem Gericht, Wo Rache nrthcilt. Zieht! (Alle ziehe» die Schwerter und dringe» nnf die Gefan¬ genen ein.) Lannl (vom Felsen). Halt, Elende! (Alle blicken mit Entsetzen ans, die Flamme erlischt plötzlich unter einem heftigen Donnerschlage.) Alte. Der Fürst! Er sah's! Marro (für sich). Dreimal verfluchte Stunde, Dreimal verfluchter Anblick des Verhaßten! 7. 8ceito. Vorige, C a n nt (tritt mit flammenden Blicken in die Mitte der Krieger). Lannl. Hinein das Schwert! Ihr säumt? Hinein das Schwert! Habt ihr die Scham vergessen und die Ehre, Daß ihr wie Räuber au dem Strande lauert, Von dem Erwerb der Finger feig zu leben? (Zn OcrnS.) Du folgst den Frauen auf das Schleunigste, Sie mögen abseits sich vom Felsen lagern. (Ocrns ab.) 19 Ein freier -Feind bekämpft den freien Feind, Brust gegen Brust im rechten Augenblicke, Der Feigling nur sucht einen Hinterhalt Und ziehet Vortheil auö des Feindes Unglück! Bon jenem Augenblick, wo ihr das Recht Mit Füßen tratet, wurdet ihr zu Räubern, Und wüßte ich, ihr haltet ferner d'ran, So wären wir vom Augenblick geschieden, So wär' das Band zerrissen, das uns einte, Und ihr befreit vom schuldigen Gehorsam; Ich aber schämte mich, daß ich Japyde, Daß meine Brüder feige Räuber sind, Und daß ich Fürst des Rüubervolkes war! (Ocrnö kchrt zurück.) Ich würfe meine Würden euch zurück, Erklärt' euch aller Pflichten bar und ledig, Wollt' nichts von euch, ihr suchtet nichts von mir, Und ausgeglichen lüg' die Rechnung hier! Gcnis. Sei nicht so streng, verzeihe deinem Volke, Erst deine Rede hat die That enthüllt In ihrer ganzen Größe und Verdammniß. Das Haupt ergreife, nicht die schwachen Glieder. Knrro- Ha, meinst du mich? Canul. Die Frage hat's bejaht! Wen sonst, als dich? Dein Treiben birgt die Nacht, LO Doch gibt es Männer in Japydien, Die lieber sich am Licht des Tages freu'n, Und an der Ehre! Marro. Thaten wir es nicht? Des Kriegers Ehre ist allein der Muth! Canul. Des Kriegers Ehre ist die Menschlichkeit, Denn Muth hat auch das wilde Thier des Waldes, Das sich kampfglühend auf den Gegner stürzt, Die Menschlichkeit erhebt euch über's Thier! (Zu Ocrus.) Wer sind die Frauen? Gcrus. Edle Römerinnen, Octavians Pflegetochter mit der Freundin. (Allgemeine Bewegung.) Mnrro. Octavians? Befiehlst du jetzt noch Schonung? Cnnnl. Was that das Weib, daß es entgelten soll, Wenn ich dem Manne gegenüber stehe lind Blut die Rede hin und wieder trügt? Gilt dieser Kampf dem Vater, oder Kinde? Dich, Ocrnö, setze ich an Marro's Stelle, Schaff die Gcfang'nen schleunig nach Metnllnm, Daß die Primores für sie sorgen mögen, Die Frauen stehen unter meinem Schutz. 21 (Zu Marro.) Du hast dich selbst von diesen losgesagt Und gabst Verrath für Gastlichkeit zum Lohn. Geh, der Japyde nennt dich seinen Feind, Dein Name gilt als ehrlos hier zu Lande, Kein tapf'rcr Krieger trag' ihn fürderhin. Geh, eines Tages Frist hast du, zu scheiden, Kreuzt dann sich nns'rc Bahn zum zweiten Mal, Verläßt den Platz nur Einer von uns Beiden! (Ab.) 8. 8cene. Vorige ohne Cannt. Älorro (heftig, für sich). So wär' es ans? Vorüber, wie ein Träumen? Nein, noch versuch' ich dich, Gewalt der Rede, Die mir schon oft die Krieger unterwarf. (Wendet sich zu den Japydcn.) Was seh' ich, Brüder, ihr gehorchet ihm? Hört, ungestraft entreißt er euch die Beute, Die ihr errungen mit Gefahr des Lebens! Was hat er vor? Wer gab ihm denn das Recht, Euch so zu knechten, wie man Sklaven knechtet? Seid ihr nicht frei geboren, so wie er? Nicht reich an Mnth, wie er? Die Hand ans Eisen, Dem Frevler nach, es blutig zu beweisen! 22 Vccus. Daß wir bereu'», wozu du uns verleitet, Daß wir ihn lieben, wollen wir beweisen! Marro. Mir müßt ihr folgen, hört ihr? Mir, nicht ihm! An eurer Spitze habe ich gekämpft, Der Erste in der Schlacht, wenn's galt nach vor¬ wärts, Und wohl der Letzte, wenn es hieß: zurück! Jetzt aber bin ich wie ein Knecht beschimpft Und jeder Sklave dünkt sich mehr als ich; Ist euch des Führers Ehre nimmer heilig, Daß ihr im Staube sie zertreten laßt? Auch ihr seid ehrlos in des Führers Schmach Und eure cig'ne Pflicht ruft euch zur Rache! Vcrus (ohne auf Marro zu achten zu den Ucbrigeu). Macht euch bereit, die Bente au die Spitze, Und in der Mitte die Gefangenen! Maero. Halt! Denkt ihr noch an jenen blut'gcn Tag, Wo uns die Römer aus Anrupium warfen? Wer deckte da den Rückzug? Sprecht doch jetzt, Wer war's, der sich dem Feind entgegenstellte, Als er im Hohlweg plötzlich auf uns fiel, Jndeß die Hauptmacht Canut rasch gesammelt; 23 Wer gab ihr Zeit, daß sie sich retten konnte? Ich! Diese Brust bot ich dem Feind für eure, Dies Leben für daS eure! Ihr jedoch Laßt ungestraft mich als Verbrecher höhnen, Den cinst'gcn Retter aus dem Lande jagen? Mit meinem Blute hab' ich euch erkauft, Und ener Leben ist mein Eigen worden; Ihr müßt cs wagen, meine Schmach zu morden! Vcrus. Nicht Pflicht ist's, deinem Worte sich zn fügen, Denn znm V e rr a th am Für st e n ruft es uns, Um sich dem Feldherrn dankb ar zu beweisen; Den Feldherrn aber setzet ein der Fürst, Und zeigt er sich nicht würdig seines Amtes, So spricht uns dieser vom Verbände frei, Und er nur ist's, dem wir Gehorsam schuldig. (Die Japydm beginnen von der Bühne abznziehen.) Marr« (in höchster Wnth). Ihr hört mich nicht und wendet euch von hinnen? Jetzt hab' ich dich erkannt, erbärmlich Volk, Das jedem Winde willenlos sich beugt! Wer zu benützen weiß den Augenblick, Kann auch das Volk benützen nach Belieben! Eilt, Memmen, hin und kriecht zn seinen Füßen, Beugt euch geduldig seiner Tyrannei Und leckt ihm die Sandalen, wie die Hnnde! 24 O geht und werdet sein, ich brauch euch nicht; Hab' ich den Plan im cig'nen Kopf entworfen, Fühl' ich auch Kraft in mir, ihn auszuführen Und seine Fäden kunstreich zu vereinen; O, geht ihr euren Weg, und ich den meinen! (Ab.) (Der Vorhang fällt.) Zweiter M. l. 8ce»e. (Säulenhalle im Paläste zu Aurupium.) Octaviau, Cäso, Mamercus (vou rechts auftrcknd). Vctaviau. Nein, alter Schelm, ich sage dir, du lügst! Läsü. O Hütt' ich Unrecht, Hütt' dies Bischen Hirn Verlernt, den Flnchgedankcn fortzuspinuen, Der ain Verstände mir allmächtig rüttelt! Doch Wirklichkeit ist, was ich dir verkündet. Vctavian. In Feindes Hand das Schiff Anrclias', lind du entfloh'u? Es grenzt an lichten Wahnsinn! Cäso. Der Einzige bin ich, dem die Flucht gelang, Was nicht gefangen ward, verschlang das Meer; Von einer Woge jäh cmporgcschleudcrt, ^ah ich die Trümmer auf den Wellen treiben. Gttavia». Ha, schwarze That, gezeugt im Tartarus, Daß Riesenschmcrz den Stolz des Römers prüfe! s 26 Mamercus. Herr, lasse dich vom Schmerz nicht übermannen. Cäso. O Wüßtest du, wie sehr ich dich bedau'rc! C>ctavian. Zurück! wer wagt's den Cäsar schwach zn finden? Hab' ich gebettelt denn um euer Mitleid? Ich bin so stark, mein Schicksal selbst zu tragen. Mamercus. Er sprach nur aus, was alle Krieger fühlen. Vciavian. Was alle fühlen? Also geht am Ende Der Schlechteste des Heer's an mir vorbei Und zuckt in feiger Wehmuth seine Achseln, Besänne sich wohl gar, mit mir zu tauschen? Ich will euch andere Gedanken lehren. Ihr sollt mich fürchten und ench glücklich schätzen, Wär't ihr ein Theil nur vom Octavian; Wer mich bedauert, bringt sich nm den Kopf! Doch ihr Japyden beut mir neuen Kampf Von einer Seite, die mir fremd gewesen; Wohl, auch zu diesem seh't ihr mich bereit. Ihr habt mich bei dem Herzen angefaßt, Das cig'ne Herzblut mag euch Antwort geben! (Llirm von Außcn.). Was soll der Lärm? Wer treibt das Volk zum Jubel? 27 2. 8cene. Vorige, Jo las, Aurelia, Lavinia, Canut, C näus. Ioloo. Heil uns, Octavian, wir sind gerettet, Ich hab' mein Kind nnd bringe dir den Liebling! Äurelia (auf Octavian zufliegend). Mein väterlicher Frennd! Octavian. Willkommen, Mädchen, Willkommen in Anrupium! Cäso. O Herrin, i'aß mich deri Saum des Kleides wieder küssen, Die Stunde segnen, die dich uns gerettet! Mamercus. Mich dauert Rom, daß es dcu schönsten Schmuck An die Barbarenstadt abtretcn mußte! Aurelia. ^ch grüß' euch nach bestandener Gefahr, Die dieser Jüngling von uns abgewandt. (Zu Canut.) 6onnn näher doch, mein Retter. Octavian- Ein Japyde! Lolas (zu Mamercus). Beim Hercules, sieh diesen edlen Wuchs! 2» 28 Mamercus. Wie sie aus Marmor den Apollo meißeln. Aurelia. Die Feinde ließen uns allein am Strande, Denn unsere Bande wehrten jeder Flucht; Doch dieser Jüngling löste unsre Fesseln Und bahnte durch die Berge uus den Weg. Lolas. Ich danke dir, und sagt mir gleich dies Kleid, Daß wir uus feindlich gegenüber standen, Macht diese That dich doch zu meinem Freunde. Mamercus. Ich preise dich, daß du den Sonnenschein lins wieder brachtest in das finstere Lager. Vctaman. Halt, nur an mir ist's, diese That zu lohnen, D'rnm wähle kühn, und ist's das Höchste, was Die Phantasie dir vor die Seele zaubert — Verlang' es frei, ich schwöre, dir's zu geben! Ciniul. Du spottest wobl? Doch ist cs ernst gemeint, So frage ich, hat jemals ein Japydc Um Römergunst Und Römerlohn gebettelt? DaS Gold, das du mir bietest, ist getränkt Im warmen Herzensblute der Nationen, Die ihr Jahrhunderte hindurch geknechtet! 29 Der wilde Fluch der Menschheit liegt darauf, Der zu den Göttern nm Vergeltung donnert! Ich will kein Gold, am wenigsten das deine. Als Imperator führst du an das Heer, Und blind gehorchen dir die Legionen, Doch laß versiegen deines Mammons Quelle, Laß auf den Sold das Heer vergebens warten, Wo bleibt dein Anseh'n dann und deine Macht? Gehorsam wandelt sich in Rebellion, Die Besten flieh'«, weil du nicht mehr bezahlst — Und das ist Treue einer Söldnerschaar. In meinen Bergen zählt nur eine Münze, Das ist die Freiheit, die uns Alles gilt! Wctaman (spöttisch). Du hast vom Philosophen Wohl gehört Und möchtest mich zum Alexander machen. Doch Ehre, Macht und Ruhm verschmähe nicht! Canlit. Octavian, ich verachte deine Ehre, Die gar zu schlecht Verrath und Falschheit deckt, S' ist wurmig Holz, von Außen übergoldet; Macht fühl' ich riesenmäßig in der Rechten, Wenn ich das Schwert auf einen Römer schwinge, Und Ruhm? Mein Ruhm ist, für mein Land zu kämpfen, Mit meinem Leib des Bruders Leib zu decken, Mög' in den Staub mich auch die Waffe strecken! 30 Ottawa». Beim Jupiter, das nenn' ich stolz und kühn. Canul. Nicht doch, nur unerwartet.hörst du jetzt Zum ersten Mal das nackte Wort des Mannes. Gedung'ne Schmeichler haben dich umgeben, Gepriesen jede deiner Thatcn feig; Sie suchten dich in süßen Tranm zu wiegen, Ich aber will den Vorhang rasch zerhauen, lind laß' die schwarze Wirklichkeit dich schauen! Ottawa». Kamst du hierher, großsprecherisch zu prahlen Und dein Talent als Redner uns zu zeigen? Lannt. O spotte immer, doch warum ich kam, Wenn ich nicht Lohn für meine That begehre? Dich wollt' ich seh'n in deiner stolzen Pracht, Der du aus Trümmern einer halben Welt Trophäen bau'st für die Triumphe Roms! Ich sah dich, und mein ganzer Dank ist der, Daß unverletzt mein Selbstgefühl geblieben! Ottawa». Ha, unerträglich ist mir dieser Trotz! Lanul. Nun wohl, so mög'st du eines mir gewähren: Dies ist die Stadt, wo meine Lieben ruh'n, — Laß ihre Grüber mich noch einmal schauen. 31 Vctaman. Du hast mein Wort, cs soll dich Niemand stören. Äurclia. Dann schenk' noch eine Stunde der Befreiten. Camtt. Sie sei die letzte meines Frühlingstages! (Ab.) Vctaman. So kenn' ich sie, so störrisch wie die Weiber. Den starren Trotz, den halten sie für groß Und suchen darin ihren ganzen Ruhm, Stolz blicken sie auf wahre Größe nieder, lind sind nichts weiter, als das blinde Werkzeug In unsrer Hand, zu unsres Kopfes Zwecken! (Alle ab bis ans Cniins.) 3. Scene. Cniins, gleich darauf Marro. Cniins. Denkt jeder der Japyden, wie der Jüngling, Beneide ich den Feldherrn von Barbaren! Marro (schaut vorsichtig beim mittleren Portale herein). He, guter Freund, man wies mich da herauf, Den Imperator suche ich. Cnäus. Und weiter? 32 Marrs. Und weiter? Nun, so bitte ihn hieher. Lnäus (mißtrauisch). Was willst du mit ihm? Marr». Seht mal, kümmert's dich? Cnäus. So wie es dich bei deinem Fürsten kümmert. Marro. Bewahre, Freund, ich stecke nie die Nase In meines Herrn Geschäft. Doch dünkt es mich, Als sei dies Rittertugcnd bei den Römern! Cnäus. Erbärmlicher, den Spott sollst du bezahlen! Marro. Bezahlen? Nein, das mög' Octavian thun, Wie er den freien Willen euch bezahlt, Den ihr ihm alle knechtisch überlassen. Lnäus. Wärst du nicht fremd und suchtest nicht den Feld- Herrn, Du solltest uns nicht ungestraft verhöhnen; So schweige ich und will nicht fürder rechten. Marro. Wie schlau du bist! Ja, wer den Kürzern zieht, Bemäntelt das Nichtkönnen mit Nichtwollen! 33 Doch laß' uns enden, hol' den Imperator, Ich habe ihm gar Wichtiges zu melden. (Cnäus ab nach rechts.) Marro (allein). Bei allen Schrecken, die ein Gott gezeugt, Das war er selbst, ja, das war Canut selbst, Ich sah ihn deutlich in den Tempel schreiten! Glück zu, mein Fürst! Hier kreuzt sich unsre Bahn, Nun weise sich's, wer klüger von uns Beiden. (Herumblickend, nach einer Pause:) Das also ist die weltberühmte Schmiede, In der Octavian die Fesseln hämmert, Das unterjochte Volk damit zu knechten? Ich hätte mit dem großen Schmiedemeister Ein Wort zu reden, das ihn freuen soll. 4. Scene. Marro, Octavian, Mamercus, Jolas, Cnäus. Wctavian. Was suchst du? Marro. Nichts mehr, da ich dich gefunden! Gctavian. Wer bist du? 34 Marro. Ein Pannonier von Geburt, Und Unterfeldherr der Japyden war Ich durch Verdienst; jetzt bin ich wenig, nichts, Wenn du mich nicht zu Etwas machst. Vcliivian. Dies Etwas? Marro. Nun, wär's ein Spürhund, der euch sagt' von wo, Wie stark die Feinde euer Heer bedroh'n, Ein Philosoph, der Festungen studirt Und von den Mauern weiß die schwächsten Stelle», Wohl gar so ein Gelehrter, der euch zeigt, Wie man bei Seite einen Hohlweg läßt, Der euch die Straße nach Monötium sperrt. Weliwian. Beim Jupiter, das wäre mehr als Etwas. Du bietest viel und bist ein großer Schurke! Gclavian. Marro. dich wohl? Groß nennt man nur die Römer! Ha, sprichst du also mit Octavian? Vergesse nicht, daß ich erzwingen kann, Was du aus freiem Willen mir geboten! Marro. Wär' ich an Zwang gewohnt, was hätte mich Gejagt als Bettler aus Japydien? 35 Ich aber bin kein Knecht, ich will gebieten, Und darum griff ich tollkühn nach der Herrschaft. Wem dieser Griff mißlungen, heißt ein Schurke, Wem er gclungcu, der wird Imperator. Wctaman. Weil auch ein Bischen Hirn dazu gehört, Damit der Griff gelinge. Doch erkläre, Warum bei deinem Haffe gegen Knechtschaft Du als ein Knecht mir deine Dienste bietest? Marro. Geschah dir's nie, daß du an Sommcrtagen Kurz vor der Cöna mit dem Ball' gespielt, Gewandt den Wurfspieß nach dem Ziel geschleudert, Und dann erhitzt, am ganzen Leibe triefend, Dich in des Bades kalte Fluth gestürzt? Geschah' dir's nie, daß es den Leib durchzuckte, Als hab' ein Blitz da mit Gedankenschnelle Die Scheidewand von Nord und Süd gestürzt? So ist es oft, steht uns das Ziel so nah', Daß cs die Hände fast ergreifen können, Und plötzlich wir vom Platz gerissen werden, Zurückgeschleudert in das alte Nichts, Und keine Möglichkeit sich zeigt, es zu erreichen. Dann aber faßt die Rache uns gewaltig Und Herz und Hirn zerfleischen ihre Krallen. Ich stand am Ziel und bin zurückgeschleudert — Ist mein Beginnen dir noch rüthselhaft? 36 Ü-ctavian. Du sollst das Heer begleiten. Marrs. Doch zuvor Will ich ein Pröbchen meines Willens geben. Ihr ziehet aus, den Bären zu bekriegen, Mit aller Borsicht naht ihr seiner Höhle — O spart die Müh', er ist in eurer Mitte. Grtav-an. Was willst du mit den dunklen Worten sagen, Als hätte Wahnwitz deinen Sinn umflort? Marro. Den euren hielt gefesselt blinder Wahn, Daß ihr des Feindes Antlitz nicht erkannt. Habt ihr den Jüngling euch genau beschaut, Der eure Frauen nach Aurnpium brachte? Ihr habt den Todfeind eurer Macht geseh'n! Gctavin». Was sagst du, Mensch? Mamercus. Der Jüngling wäre Marro. , Canut! Vclavian. Das ist erlogen! Iolas. Ist Unmöglichkeit! 37 Marro. Ich aber sage euch: sucht ihn nicht länger, Mein Herzblut bürgt, daß ihr den Feind gefunden! Vctavum (rasch, auf Marro deutend). Nehmt diesen mir geheim ins Lager mit. (Zu Iotas) Mit deinem Kopfe stehst du für ihn ein! Marr». Du brauchst nicht diesen Bürgen, denn cs lebt Ein besserer, mächtig stachelnd, mir im Innern, So lange der lebendig, zählt auf mich! (Ab mit Iotas und Cuäus.) . 5. 8ceile. O c t a v i a n, Mamercus. Vliaoinii. Gedanken zucken jäh durch mein Gehirn, Wie Blitze die Gcwitternacht durchkreuzen. Der Augenblick ist günstig, Cauut hier, Friedeusantrag würde ihn wohl halten. 8rci liegt die Straße nach Monötium, Der Ucbcrläufer wird zu rathen wissen. rascher Uebcrfall gewinnt die Stadt, Denn wo kein Herr gebietet, siegt man leicht. — Befehle gibt's, die nicht besohlen werden, 38 Der Treuergeb'ne weiß sic zu errathen. Ich will cs, daß die Meinen mich vcrsteh'n. (Tritt in eine Fensternische.) Mamercus (für sich). Befehle gibt's, die nicht befohlen werden! Ob ich's versteh? — Du willst den Canut hatten, Jndeß ich dir Monötium gewinne; Doch darf kein Schein der Falschheit auf dich fallen, Ich soll die Folie deiner Ehre sein. Dein Römerstolz ertrüge keinen Vorwurf Von jenem rohen Sohne der Natur. Es sei! In aller.Stille zieh' ich fort, Verräther scheinbar, deinen Weg zu geh'n, Und das Gelingen knüpft dich fester noch An mich und bürgt mir für Aurelia! (Ab.) Octuvian (vom Fenster tretend). Er kommt, ich sah ihn eben an der Treppe. (Sich umskheud.) Mamercus fort? Er scheint mich zu begreifen. 6. 8ceiie. Octaviau, Canut. Canut. Galt mir dein Wink? Was willst du mir? Wclnm'un. Vergelten will ich, was du mir gethan! In seiner Pracht suchst du Octavian? 39 So such ich dich in deiner Armuth, C a n ut! Daß ich dich kenne, macht dich arm, die Freiheit Zeugt auch Verräther, wie mein Söldnerheer. (Nach einer Pause.) Zur Wahrheit ist Unmöglichkeit geworden, Todfeinde steh'n sich friedlich gegenüber! Lanin. Todfeinde! Ja, dies Wort hat's. ausgesprochen, Was in dem Herzen nie versiegend lodert. Was blickst du mich erstaunt und zweifelnd an? O staune nicht nnd zweifle nicht, ich bin Derselbe wirklich, den dn jetzt genannt, Den Namen Canut heiße ich den meinen! Mit meiner Muttermilch schon sog ich ein Den wilden Drang nach unbegrenzter Freiheit, Und dieser Drang wuchs mächtig mit den Jahren! T rum raffte ich mein ganzes Volk zusammen, Als ihr genaht, die Habe uns zu rauben, Als ihr vernichten wolltet unsre Freiheit, chi Eisenbande schmieden Herz und Sinne: Als meine Brüder klagend zu mir blickten, Ta trat ich mit Empörung unter sie Und schwang zu Häuptcu das Panier der Rache, Mit glüh'ndcr Rede rief ich sic zum Kampf, tausendstimmig „Führ' uns!" war die Antwort, Und todverachtend stürzten wir auf euch! 40 Ich war es, der die Kriegessackel schwang, Ich, der gemordet jauchzend deine Schaaren, Ich, der den Todhaß gegen euch, ihr Schergen, Zur Religion gemacht in diesen Bergen! GctlwUm. Und weißt du auch, daß die Verhaßten jetzt Dich in den Händen haben, daß ein Wort — ; Canut- Genügt, um fürstenlos dies Land zu machen? Versucht cs nur! Wer hindert euch daran? Ich weiche nicht. So kommt doch und ergreift mich, Dort ist dein Heer, hier steht ein Einzelner, Jedoch den Ersten, der mich fassen will, Den Presse ich an dieses wilde Herz, Daß er den Tod in der Umarmung findet. Du zauderst, wie? Es fehlt doch nicht an Muth? Zwar hast du schwer oft diese Hand gefühlt, Doch ohne Schwert ist diese starke Hand! Vctlwinn. Sei unbesorgt, nicht also war's gemeint. Can»!. Das ist der alte Doppelsinn der Römer. Vctamnn. Doch jetzt genug des leeren Wortgefechtes. Laß' ich dich greifen, ist der Krieg zu Ende; Doch ich verachte dieses feige Mittel. 41 Geh, du bist frei! Ich hab' die Schuld bezahlt, Die iu Aurelia's Namen du zu fordern, Denn Leben wird nur wett gemacht durch Leben. Jedoch, bevor du scheidest, höre noch Ein ernstes Wort zum Wohle deines Landes. — Die meisten Städte sind in unsrer Hand Und meine Schaaren füllen eure Thäler — Nur wenig bleibt euch noch. Liiiiut. Nnr wenig? Nein, Monötinm steht so stolz noch, wie Metullum, Die weißen Berge sind noch fest und treu, Und fest und treu noch mein gejammtes Volk. Nur wenig? Wie, dünkt dir die Liebe wenig, Die mit allmächtiger Zeugungskraft in uns Stets neuen Muth und neue Stärke schafft, Daß wir im Kampf der Freiheit nicht erlahmen? Hast du des Hasses gegen euch vergessen, Der unfern Arm zu Riesenwerken stählt, Gilt's die zu schlagen, die uns knechten wollen? D baue nicht so sicher ans den Sieg, ^ießbäche stürzen durch die Fclsenkluft Mit crz'ner Flnth, metallenem Gebransc, Daß ihr den Tod in ihren Wogen findet. Vctliman. Wir sind das Meer, worin der Bach verschwindet; Doch höre mich: Nnr die vereinte Kraft 2*-i- 42 Kennt keinen Widerstand, kein Hinderniß, Vereinter Kraft setzt keine Welt die Schranken! Wozu noch mehr, ich biete dir den Frieden. Canut. Octavian, du bietest Frieden mir? Den Frieden, der sich auf die Heerde lagert, Die im Momente von dem Wolf zerrissen, Den Frieden, der auf Trümmerhaufen liegt Und ewig dauert, wie der Schlaf im Grabe. Vclavian. Den Frieden, der uns unbesiegbar macht — Laß uns zusammeusteh'n für eine Sache. Canut. Für eine Sache wir? O, nimmermehr! Ein Werkzeug deines Willens sind die Deinen, In meinem Volke find' ich Brüder nur. Du nah'st den Ländern, ein Eroberer, Ich aber kämpfe für mein Vaterland; Wer seiner Freiheit droht, der ist mein Todfeind! Wctavinn. Werfragt darnach? Ich biete dir nicht Knechtschaft! O, denke dir, Octavian nud Canut — Kann der Gedanke dich nicht jäh begeistern? Octavian und Canut — und die Welt! Canut (rasch). Die Welt? (Bei Seite), Ach, eine Welt erschloß sich reich, Als mich der Blick Anrelia's getroffen. 43 Wer bringt dies Bild vor meine trunk'ne Seele, Daß es verführerisch die Sinne faßt, Mit Flamnienzcichen in mein Denken schreibt: Octavian und Canut und Aurelia! Vctavian. Faßt dich das Wort? Gedenke deines Volkes, Mit Liebe dankt es für den Frieden dir! Canut. Mein Volk mit Liebe? (Bei Seite.) Und Aurelia? Ich kann nicht scheiden, muß Gewißheit haben! Und liebt sie mich, dann —- Canut, und dein Land? Wie, flucht dein Land dir für Aurelias Liebe? Octavian. Du sinnest noch? Ich will nicht jetzt die Antwort, Du hast Bedenkzeit, es zu überlegen. (Ab.) . 7. 8cene. Canut (allein). Der stolze Römer bietet mir den Frieden Ut's «ne Falle, die er uns gelegt? Nein, Ehrlichkeit gebeut sein eig'ner Vortheil. Was hab' ich zu verlieren? — Nichts, doch zu Gewinnen — Alles, meines Volkes Zukunft! 44 Doch will Octavian mit diesem Streich' Zu eig'nem Heile nur den Krieg beenden? Ergreift er meine Hand, um sic zu fesseln? Aurelia, da steigst du wieder auf, Dein klares Auge knechtet meine Sinne, Daß die Gedanken durcheinander jagen Und das Gehirn sich mischt im Fieberwahn! (Nach einer Pause.) Aurelia, mit Rom den Frieden schließen Heißt dich gewinnen, dich verlieren heißt Der Römer Friedensantrag zu verwerfen. Lieb' spricht für Frieden, Vaterland für Krieg: Ich wähle zwischen Vaterland und Liebe! Du, Heimat, schufst die ersten meiner Träume, Sahst die Gedanken sich zu Thaten formen, Gewichtiger und älter ist dein Anspruch. Doch liebt nicht Jeder, was durch ihn besteht? Liebt nicht ihr Kind die Mutter bis zum Wahnsinn, Weil sie es war, die ihm das Leben gab? Auch mir dankt ja Aurelia das Leben, D'rum lieb' ich sie nach jenem starken Rechte, Das auch den Zeus läßt seine Schöpfung lieben, Und weil ich liebe, will ich sie erringen. Kann ich zur Harmonie nicht Beides bringen? Hier Kopf, dort Herz — den Sinn umfaßt cs trüber, Steh'n sich die Beiden feindlich gegenüber! 45 8. 8eene. C a nut, Aurelia (von links.) Aurelia. Dein Haupt ruht sinnend in der Hand, du träumst? Lamu. Wohl war'ö ein Traum—wer niemals doch erwachte! AlircUa. Was hat er dir so Herrliches gezeigt? Canut. Ein Angesicht, schön wie ein Maienmorgen, Schön wie die Göttin, so die Herzen lenkt, Ein Angesicht, das drang in mein Gemüth, Daß tief in mir der Liebe Lenz erblüht Und in mein Herz zwei Frühlingssonnen scheinen; Dies Angesicht, o Mädchen, glich dem deinen. Äurclia. Dies Angesicht? CnniU. Ist ja dein eigenes! Warum soll ich verschweigen, was ich fühle? Aurelia, dir bist das erste Weib, Das in mein Leben kurz, doch sturmbewegt, Wie eine Gottheit sounenklar getreten, Vor die ich jauchzend hiusank, um zu bcteu! Dein Blick zerstörte mciucr Seele Nacht. Wo sonst des Frostes Todteuhände walten, Sind mit dem gold'neu Tag cmporgewacht Äetzt lebenöfrische, blühende Gestalten! 46 Was suche ich nach Worten viel und Bildern, Um mein Gefühl, dir Götterkind, zu schildern - Ich liebe dich! Dir schlägt mein Herz beklommen! Aurelia. Das ich schon lang in meines ausgenommen. Denn ja, ich fühl's allmächtig in mir tagen, Und dein Bekenutniß rührt mit einem Mal In meinem Busen die verwandten Saiten. Jetzt wird es klar, das ist nicht Dankbarkeit, Was meine Sinne bringt in wilden Aufruhr, Mein Inneres durchjagt mit Ficbergluthcn; Auf meinen Wangen brennt, wenn ich dich sehe, Und bist du fort, mir öde zeigt die Welt, Leer wie die Schöpfung, der die Sonne fehlt! Dies Dankbarkeit? Was will dies Wort von Eis Für das Gefühl im Herzen, glühend heiß! Cnnut. Kannst du für mich empfinden? Kannst du es? Nicht deine Götter ruf' ich in der Noth! Aurelia. Sahst du die Flamme leuchten und erwärmen, Wenn durch denQnalm des Lichtkerns Blitze dringen? Solch eine Riescnflamme ist der Glaube, Nicht meiner — deiner, nein der Menschheit Glaube! Der Funke, der in's nasse Reisig fällt, Ist das im Menschen lebende Gefühl, Das Eigen einer Geisterwelt zu sein. 47 Ut jenes Ahnen der geheimen Kraft, Die auf sein Werden wirkt und auf das Sein, Und jener Funke zeugt die Religion. Noch Qualm und Rauch ist meine, wie die deine, Qualm, der die Wahrheit trügerisch verhüllt Mit Hunderten von todten Götterbildern; Doch ist der Funke bis in's Mark gedrungen, Dann schlägt der Wahrheit Flamme hoch empor, Daß in die Lüfte jeder Trug entweicht. Bald muß sie kommen, jene neue Aera, Wo in dem Staub' der todte Götze liegt Und Liebe mit allmächtiger Flamme siegt! Aus tausend Blitzen spricht alsbald der Geist, Erkenntniß pflanzend in des Menschen Seele, Daß er den neuen Gott sich jauchzend wühle; Denn durch den Geist weht jener Gott uns an, Die Religion der Liebe bricht sich Bahn! Mag unser Glaube jetzt verschiede» scheinen — Die Religion der Liebe wird uns einen! Laiiut. ^o liebst du mich, die Römerin den Feind? And wenn auch Feind, ist Liebe doch ein Quell, ^r langsam rieselt über feinen Sand; Doch stemmt sich ihm ein Hinderniß entgegen, Dann branSt er ans in tobender Empörung, Die wilden Flnthen schwellen an zum Strom Und wühlen, drängen, branden an der Wehre, 48 Bis sie zertrümmert in die Tiefe sinkt! Aurelia, doch ich bin mehr als Feind. Aurelia. Ja, du bist Canut, unsres Heeres Schrecken! Canut. Doch nicht der deine, wie? Aurelia, Weil du mich kennst, liebst du mich weniger? Aurelia. Nein, nimmermehr! Laß dir iu's Auge schau'», Jetzt kenn' ich dich und jetzt erst bin ich stolz! So hab' ich mir den Helden vorgestellt, Bei dessen Ruf die Schaaren Roms erbebten, Und, wie die Krieger mir erzählt von ihm, Stehst du vor mir mit der erhab'nen Stirne, Dem lichten Sitz' des Geistes in dem Mensche». Solch' Feuer hat nur dieses Äug' gesandt Und schuf den Blitzstrahl, dessen zürnend Wettern Vermochte unsre Schaaren zu zerschmettern, Daß sic wildhcnlend sich zur Flucht gewandt. Daß du es bist, der unser Schrecken war, Daß mich Octavians größter Gegner liebe, Erfüllt mich mit Bcgeist'rung wunderbar! An deiner Größe schwindle ich empor, Und komme mir dabei so winzig vor! Canut. Dn liebst mich, und was dunkel, wird nun klar Und meiner Hoffnung kühnster Ban ersteht. 49 Aurelia, du Fürstin meines Volkes Und der Japyde Bruder mit dem Römer; Dann soll die Freiheit durch die Liebe sprießen, Bis auch der Knechtschaft letzte Schranke fällt! Der Krieg ist aus und Frieden will ich schließen: Octavian und Canut, und die Welt! (Beide ab.) 9. 8eeilv. Octavian von rechts, bald daranf JolaS nnd Cnii us. Octavian. Er bleibt! Nun kann Mamercus Zeit gewinnen, Hat er gesiegt, soll rasch das Stück beginnen, Ich greife selbst als Fatum in die Speichen Und lös' die Handlung, das ich's nach Vergnügen Zum Lustspiel oder Trauerspiel kann fügen. Iotas (auftrctcnd). Mamercus zog vor wenig Augenblicken Mit drei Cohorten heimlich ans der Stadt. Octavian. Wer gab Befehl? Iotas. Ich komme, dich zu fragen. Octavian- Ich nicht, und wer darf außer mir gebieten? 3 50 Tnäus (kommt eilig). Soeben zieht Mamercus aus dein Lager, Verdächtig ist mir seine starke Schaar. Vcliwian Wie zahlreich ist sie? Limas. Drei Cohorten wohl, Und Heergeräth und Kriegsmaschinen folgten. Vclavian. Was soll das heißen? Ist er rasend worden? (Zg Cuätw.) Du eilst ihm nach, um Rechenschaft zu fordern, Er sehe zu, daß sie ihm ganz gelingt. Wer mit mir spielt, das Leben setzt er ein, Und nur ein Schein von Falschheit tödtct ihn! (Rasch ab.) (Der Vorhang fallt.) Dritter Irt. l. 8ceiie. (Säulenhalle im Palastc zu Aurupiuui. — Beim Auf¬ ziehen des Vorhanges ertönen aus dem Hofe Hörner, da¬ zwischen Volksjubcl.) llaninia (aus einer Seitenihüre). Er ist's, er ist's, er schickt mir seinen Gruß! (Ans Fenster eilend.) Mein Cnäns ist's mit zehn bestaubten Reitern! Er grüßt herauf, vom Pferde springt er rasch Rid cilf die Stufen zum Palast hinan. (Vortretcnd.) )ch danke euch, ihr Götter, für sein Leben! Cnäns mit Marro. Cnäns (zu Marro). ^"sch zu Octavian, entbiete meinen Gruß, Ä Ehrfurcht will ich seiner Ankunft harren. (Marro rechts ab.) Cnäns (auf Lavinia znflicgend). >^tzt wieder mein, incin durch der Götter Huld, mich geseh'n, wenn ich in mancher Nacht 3» 52 Die Hände nach der Ferne ausgestreckt, Wo meinen Schatz Aurupium geborgen! Liwiinn. So laß mich lesen in des Anges Grund, Ob es anch wahr, daß du an mich gedacht. Ciiäiis. O Mädchen, sich', mein ganzes Sinnen, Träumen Und meiner Seele tief vcrborg'nes Leben Hat sich vereint zum einzigen Gedanken, Der vor den Geist Laviuia mir gezaubert! Mein Leben war ein ewiges dich lieben, Des Lebens Zweck: von dir geliebt zu werden! Lnvini'a. Dann ist der Zweck erreicht, da ich dich liebe! Oft habe ich gebetet zu den Göttern, Dich zu beschirmen in empörter Schlacht Und mir den Liebsten gnädig zu erhalten. Mit glüh'nden Farben malt ich diese Stunde, Wo treu mein Herz an deinem Herzen ruht, In einem Strahl sich eint der Augen Gluth! Cnäus. Lavinia, hat es dich nie gereut, Mich Unbedeutenden so treu zu lieben, Wenn Roms geehrte Ritter um dich warben? Wohl kann ich Glanz und Reichthum dir nicht bieten, Auch spricht Geburt zu meinen Besten nicht. 63 Ich bin ja arm, ein Sohn der Freigelass'nen, Und nenne nichts mein eigen, als dies Schwert. Doch nein, im Busen schlägt ein warmes Herz, Das nur für dich empfindet, für dich athmet, In dir gefunden seine Seligkeit; Und in dem Kopfe schafft ein reger Geist Und hebt mich über all' die Creaturen. Doch ach, was fragt die Welt nach dem Gefühl, Das in dem Herzen eines Bettlers keimt, Was nach Gedanken ans dem Bettlerkopfe! Lnvinia- Nicht doch, mein Cnüns, das sind bitt're Worte; Hat denn die Perle ihren Werth verloren, Wird sie in Eisen statt in Gold gefaßt? Cmins. Bei meiner Liebe, nein! Einst kommt die Zeit, Wo diese Perle zauberklar ersteht And, cine Königin des Lichts, heruntersieht Auf den erborgten Schein der falschen Steine, Die in der schlichten Fassung sie belächelt. Ja, Mädchen, ja, ich fühle Kraft in mir, Dich zu erkämpfen mit Gefahr des Lebens, Db Menschen auch am liebsten trennen möchten, Was sie am Innigsten verbunden seh'n. Littünm. Ich hoffe Alles von der Gunst Octavians. 54 Cnäus. Sprachst du den Vater? Lavinia. Heute will ich's ihm. Cnäus. Und mit dir trete ich beherzt vor ihn. Wenn auch kein Ritter, will ich Allen zeigen, Daß ritterlich mein Denken und mein Thun. Bevor ich neuerdings zum Kampfe eile, Sei es entschieden, ob die Hoffnung zieht Beseligend vor mir und meinen Schaaren, Ob die Verzweiflung zur Standarte wird, Die in der Schlacht zu sichern! Tod mich fuhrt' Fauinia. So kämpfe kühn, Lavinia ist dein Lohn! (Ab.) Cnäus (ihr nachsehend). Ich danke dir, du seelenvolles Mädchen, Um diesen Preis ist mir das Höchste seil Und kein Bedenken hemmt mich im Beginn! 2. 8ceike. Vorige, Octavian, Iotas. Octavian (zn Cnäus). Mir meldete der Fremdling deine Ankunft, Sprich, welche Botschaft hast du zu verkünden? Cnäus. Mamercus schickt mich von Monötinm, Die Adler flattern siegreich von den Wüllen Gelavian. 55 Was sagst du ? Cnäus. Was dein Feldherr mir gebot. Oktavian. Wo ist er? Cnäus. In Monötium, von wo Er dir die frohe Siegeskunde sendet Statt jeder anderen Rechtfertigung. Ja jener Stadt erwartet er dich selbst, Die Schlüssel vor die Füße dir zu legen, Dich zu versichern ewigen Gehorsams. Oktavian. Wo trafst du ihn? Cnäus. Zwei Meilen vor dem Lager. Und als ich meiner Sendung mich entledigt, Drei Worte sprach er: Folge, schaue, künde! Vctauian. Und als du schautest? Cnäus. Sah ich unfern Sieg! Um Hohlweg stand der Feind —noch steht er dort Der Neberläufer zeigte bessern Weg, Die Stadt war unser, eh' der Morgen kam 56 3. 8cene. Vorige, Aurelia. Aurelia (rasch auftretend). Was tobt die Menge, jauchzet Sieg um Sieg Und ruft Mamereus und Monötium? Cnä'iis Im Staube liegt Monötium zur Stund — Mamercus hat es in den Staub gestürzt! Äurclia. So ist cs Wahrheit, was ich nicht geglaubt"? Durch Hinterlist fällt Canuts beste Stadt; Ist das der Friede, den ihr ihm geboten? Vctavian. 's ist Kriegsgebrauch, wir sind die Ersten nichts Die ihn benützen. Aurelia. Darin seid ihr groß! Ihr prahlt mit Ehre? Eure Ehre ist Schnellfüßigkeit, die euch zum Ziele bringt, Schnellzüngigkeit, die rein euch wäscht und prahlend Es Kümpfen heißt, wo ihr nur schnell gelaufen. (Zu Cnäiis höhnisch.) Auch du warst bei der Heldenthat zugegen? Da hast du wohl viel Schrecken ausgestanden! Cnäus. Es war mir Wohler in der Schlacht, wie bier Bei deinem Spotte, den ich nicht verdient. 57 Vclavian (zu Aurelia). Waß soll das heißen? Laß die tolle Rede, Die gar zu sehr nach Büchertugend riecht, Wie die Gelehrten sie zu Markte tragen. Der Schlaue ist im Kriege auch der Weise. Mamercus hat auf eigene Faust gehandelt, Doch was er that, erfordert Dank. Ist Mangel An treuer Liebe zu dein Feldherrn strafbar, Dann ist ihr Ucbermaß des Lohnes Werth. (Zn CniluS.) Du hast des Auftrags dich genau entledigt, Drum sollst du nicht umsonst des Dankes harren. Bon heute an hast dn das Recht, das Rohr Zu tragen der Centuri onen in den Erprobten Schaaren der Triarier. Cnäus. Ich danke dir, mein Feldherr, für den Lohn. (Bei Seite.) ^Vinia, jetzt bist du mein auf ewig. , Vctavian. Auch dem Mamercus dank' ich für die That. Aurelia, der Wunsch, den ich gehegt, ibn dessen Willen dn ans Rom beschiedcn, ^teht in Verbindung mit dem Lohn des Wackern. Aurclui. i>ud dieser Wunsch trifft mich, Octavian? Vnnviim. ^-U sollst Mamercus lieben als sein Weib. 58 Äurelia. Mamercus lieben? Nein, o nimmermehr! Vttavia». Mein Wort hat ihm der Tochter Hand verpfändet. AnreNa- Wer hieß es dich? Wie hast dn bauen können Auf eines Mädchens Herz und sein Emfinden? Mein Leben nimm, doch ihn kann ich nicht liebe». Gctavian- Doch Wenn ich bitte als dein Pflegevater? Änrclm. Nein, nein, umsonst! Das läßt sich nicht erbitte» So wenig läßt sich Mitleid dort erbitten, Wo keines ist, so wenig Thränen sich Erbitten, wenn das Herz ein kalter Stein! Vctliman. Dein Herz ist doch kein Stein? ÄurcUa. Nein, wahrlich nW Ich fühle alles, was die Seele faßt, Sei's Leid, sei'sLust, ich fühl' es lief und wB Doch für Mamercus kann ich nicht empfinden Und für Mamercus ist mein Herz ein Stein! Vclaman. Warum für diesen eben? Änretm. Weiß ich's denn? Weißt Du es denn, warum dir Dieser näher, . 59 Der Andre ferner steht? Warum du eben Den liebst, den Andern nicht? Vctavlnn. Das gibt sich bald, Gewohnheit macht's. Äurclia. Das Herz kennt kein Gewöhne»; Denn dann ist Lüge, was die Dichter schreiben Bon jener Gluth, die in des Lebens Nacht Gewaltig strahlt mit tausend Mvrgensonncn, Wenn nnS das Auge des Erwählten lacht, Aus seinem Blick der Liebe Tag begonnen! Gttaviau. Das ist Gefasel, der Vernunft entbehrend. Still, reize mich nicht wehr! ÄurcUa. Ich kann nicht anders! Wctavian (mit starker Betonung). Auch nicht, Anrclia, wenn ich befehle? Äurctia (glühend). ^stehlen? So befehle doch der Sonne, sie voll Geiz ihr Flammenaug' verhüllt, Anstatt damit die Monde zu verklären; befehle, wenn dn kannst, dem Mvrgenstraht, er die Blumen nicht mehr grüßt im Thal, Rose, daß Sic ihren Kelch verschließt dem Blick, der Leben in die Adern gießt! 60 Die Liebe kennt nicht Zwang und nicht Gewalt, Und über Raum nnd Zeit gebietet Liebe. VcUivinn. Ich habe nackt und hilflos dich gefunden In jener blutigen Zeit der Proskriptionen, Zehn Jahre sind es fast, seit ich dich pflege — Jetzt fordere ich den Dank, Aurelia. Äurclia. Wenn du mein Leben sorglich überwacht, Kannst du verfügen über dieses Leben; Die Liebe und das Herz gabst dn mir nicht, Das ist mein Eigen seit ich bin und athme. Gttaman. Jetzt ist's genug, ich aber bin der Herr! ÄurcU'a. Von jenen Schaaren, die sich dir verkauft Und die dein Äthern hält und niederschmettert, Doch nicht von mir; frei bin ich, frei wie du! Mein Vater fiel als Opfer jener Blntnacht, Doch mein Geschlecht ist edel wie das deine. Du nennst dich Herr? Das Weib hat keinen Herrn, Als sein Gefühl, sein Herz und seine Liebe! Ab.) 4. äv'eile. Vorige, Cannt. Vttaman. Ei sieh, mein Gast. Ein fröhliches Willkommen! 61 Canut (finster). Em fröhliches? O spotte nicht mit mir. Ein fröhliches? Wenn olle Sterne sinken, Wenn eine Sänke noch der andern fällt, Weil der Berrath den Grundstein unterwühlt. Lolas. Du bist erregt, was hast du? Laniit. Was ich habe? Wir haben feig Monötium verloren. (Zu Iotas.) Du bist ein alter Mann, so steh' mir Rede. Was wirst du dann beginnen, wenn die Völker Die Fesseln eurer Herrschaft kühn zerbrechen lind die verhaßten Legionen morden; Wenn Rom nur bleibt als eure letzte Zuflucht, Sprich, Römergreis, was wirst du dann beginnen? Iolas. Dann suche mich nur auf den Wällen Roms, lind fällt auch dieses, weiß ich mit zu sterben. Camil. So heißt das Wort, das ich von dir erwartet, Das Wort, das zündend meine Seele faßt. Eic du für Rom, steh' ich für dich, Metullum! Octavain. ^'as soll dein Toben? Lnnitt. Wie, das fragst du noch? eile her, den Frieden anzunehmen — 62 « Da seh' ich hier bestaubte Reiter hatten Und ein Gemurmel dringt an meine Ohren, Mich wie ein jäher Donnerschlag zerschmetternd: Daß mein Monötinm in der Römer Hand! Octaviaii. Du hörtest Wahrheit, doch nicht mein Befehl Hat cs vollbracht, nur übcrtricb'ner Eifer Mamercus' ohn' mein Wissen und Gebieten, Und all' die Meinen können dir's bezeugen. Camtt. Wann zeugt ein Sklave gegen seinen Herrn? O bleibt mir fern, ihr schnöden Doppclzungcn, In eure Schlinge wolltet ihr mich zieh'n; Noch hab' ich Euch zur rechten Zeit durchschaut, Der alte Haß ist wieder wach geworden. Oclavian. So banne ihn und wandle ihn in Liebe. Camit. Dein Antrag gleicht dem Antrag feiger Gnade, Ich brauch' ihn nicht, ich will das Recht der Heimat. Vctavian. Das Recht'? Meinst du ? Das Recht ist die Gewalt! Lnnul. Und nur Gewalt schützt gegen die Gewalt! Octavian, ich wollte Frieden schließen Mit einem großen, ehrenhaften Volke; Den Achselträger doch verachte ich! Japydicn ist wieder Feindesland, 63 Und tragt nach unserer Zwicsprach ihr Verlangen, So müßt ihr selbe ans dem Schlachtfeld suchen! Octauuui. Wohl, auf dem Schlachtfeld, dort regieren wir, Dort, Rom, geht niemals deine Sonne unter! Caiuit. Glaubst du? So sei dir Canut zum Propheten. Es kommt die Zeit, wo dieses Rom zerfallt, Wo Zwietracht seine Schlangenzähne gräbt In den selbstsüchtigen Busen seiner Fürsten. Es kommt die Zeit, wo dieses Rom zerfällt Äm Gottcsstnrm der freien Geistesregung, Weil cs entstanden durch der Freiheit Knechtung, Und fortgelebt durch Mord des freien Geistes! Es kommt die Zeit, wenn noch die Götter leben! Octaman. Die Götter, Thor, sind alt und schwach geworden Und sind ein Popanz für die Weiber nur. Du rufst sie an? Wähnst du, ich fürchte sic, Die zu der Priester Borthcil nur gereichen? Der Glückliche braucht ihre Hilfe nicht, Und dem Bedrängten können sie nicht helfen! 3hr Gottgeborncn, nein, ihr Schmachgezeugtcn, Zerbrecht, denn enre Herrschaft ist vorüber! Canul. Wie Ruh und Frieden zwischen mir und dir! Verrätherei war also die Belohnung, 64 Die du mir für Aurelia zugedacht? Was du nicht konntest, hat sic selbst gethan, Denn meine Thal bezahlt Aurelia's Liebe! Da staunen sie, entsetzen sich wohl gar, Wie der Barbare sich erkühnen kann, Für des Octavian Liebling zu empfinden! Und warum nicht? Frei bin ich, so wie er, Ein Fürst, wie er, mein Herz fühlt mehr als seines, Und darum liebe ich Aurelia! Doch init dem heutigen Tag, Octavian, Such' jeder sich von uns den eignen Weg, Du rechts, ich links, daß wir uns nicht begegnen, Und wenn's geschieht, gilt es den letzten Kampf, Und nur der Tod kann zwischen uns entscheiden. Mich zieht es jetzt in meine Berge fort, Metullum ist's, um das wir beide werben, Mein Abschied sei des JolaS männlich Wort: Und fällt auch dieses, weiß ich mit zu sterben. (Ab.> 3. 8ceiie. Vorige ohne Canut, gleich daraus Marro. Vclamnn. Holt mir den Ucbcrläufer! (Cnäus ab.) Auf, cs gilt! Wohl gehen unsre Wege auseinander, 65 Der letzte Kampf ist der Entscheidimgskampf. ?ln meinem Ruhm zerrt Canut als der Erste, Drum muß er fallen, daß der Cäsar lebt! Marro tritt ans mit CnänS. (!)ctavian (zu Marro). Glück zu, mein Spürhund, Arbeit gibt es bald! Wir müssen siegen, und versagt Gewalt, Dann führe List und Schlauheit mich ans Ziel. (Zu Iotas.) Wir brechen ans mit allen Legionen, Und vor Metnllnm ist der erste Stillstand. Uns ruft die That, Roms Adler fliegt voran, Ihm folge kühn dein Glück, Octavian! (Alle ab, bis auf Marro.) 6. 8cme. Marro (sieht ihnen höhnisch lachend nach.) Den Adler trifft ein Pfeil, das Glück'? — (Bläst liber die flache Hand.) Fort ist'ö. Warum verdingst du dich als niedrer Knecht? Octavian, so fragtest du mich höhnend, Jetzt, großer Römer, ist der Spott an mir. Ich war dir nur der Hund, den du gebraucht, Des Feindes Fährte für dich zu erspähen, Das blinde Werkzeug, wähnst du, deiner Zwecke! Hast dich verrechnet, schlauer Rechenmeister, 66 Zu meinen Zwecken hab' ich dich gebraucht. Zwei Sterne leuchten blutig durch mein Leben: Herrschsucht und Rache! Von vcrschied'nen Pfaden Nah'n sie jetzt sturmschnell auf derselben Bahn, Und fällt Metullum, eint sich beider Strahl; Dann fällt auch er, der Todfeind meines Lebens! Octavian Prahlt mit seiner Großmuth gern, Und bin ich erst Statthalter dieses Landes, Verschwindet Knecht und Diener, wird zum Herrn Und dankt für die Gelegenheit zur Rache. So reift der Plan, den ich da schlau ersonnen; Gewaltig spinnen meines Geistes Fäden, Und dennoch ekelt euch vor mir, ich weiß es, Und ihr verachtet den, der für euch denkt. So kenn ich euch, habt ihr nur Rang und Gold, Ist leer der Kopf auch, Anseh'n gibt der Adel; Verachtung aber trifft Denjenigen, Den Zeus nicht werth für einen Ritter hält, Weil er ihm Geist als Bürgcrgnt geschenkt, Und dessen Kopf arbeitet für die Herrn. Es gilt den Kampf, verächtlich ist nur Jener, Der nicht vollendet, was er gut begonnen, Und vor dem Ziele muthloö stehen bleibt! (Lauscht.) Horch, Canuts Stimme! Jetzt zur letzten Arbeit! (Ab.) 67 7. C a n nt, Ni, relia (Hand in Hand von links), Camit. Richt weiter mehr, es könnte dich gefährden, Octavian geizt mit seinem Pflcgekinde. Roch einmal: Lebe wohl! Jetzt laß mich scheiden, Gefesselt bleibt mein Leben an dem deinen; Doch bleibst du auch des Liebsten eingedenk, Da keine Hoffnung winkt, uns zu vereinen? Aurelia. Hälft du mich denn für ein gewöhnlich Weib, Das nur so lang liebt, als cs vortheilhaft? Mit der Gewißheit, nie dich zu besitzen Die Liebe auch von sich wirft, neue suchend? Caniit. «o heiliget sich unser Band zur Stunde, Wir stehen hier entschlossen Hand in Hand, Die Ewigkeit sei Grenze unser'm Bunde, Wird diese Liebe Wahnsinn auch genannt! Aurelia. Ist Liebe Wahnsinn? O ihr blinden Thoren, Dann ist Natur im Wahnsinn, die uns werden, Empfinden läßt. Dann ist der Gott im Wahnsinn, Der flammend das Gefühl ins Herz gegraben Und aus des Meers Unendlichkeit gezeugt Die Göttin Liebe, daß sic uns erfasse Mit ewiger, unendlicher Empfindung! 68 Was fragt die Liebe nach dem Rang und Reichthum, Was nach dem Volke und der Religion? Die Blutsverwandtschaft steckt ihr keine Grenzen Und selbst die Gotter fühlen sich zu Menschen Allmächtig hingezogen durch die Liebe! Cnniii. So bleibe mir in Trene zugcthan, Wenn mir Octavian alles Land auch raubt Und nur der Geist mir bleibt als letzte Waffe, Womit ich meine letzte Sadt beschütze. Äurelia. Sei unbesorgt, ich hänge nicht am Schein. D'rnm laß dem Imperator seine Länder, In denen Fluch und Wehgeheul sein Dank, Laß dem Senate willig seinen Purpur, Der Blut bedeutet und die Falschheit deckt, O lasse den Auguren ihren Stab, Den frech sie schwingen als Panier der Dummheit Und Künftiges sagen aus der Vögel Schrei Und ihrem Flug, und aus dem Blitz und Donner; Laß ihnen dieses Hirngespinnst von Größe Und faß' den Geist, der über sie dich hebt, Der dich gelehret dies Geschlecht erkennen, Sein Treiben einen Thorcnwahn zu nennen! (Hörner ans der Ferne.) 69 Can»!. Hörst du den Klung? Die Heinint ruft zum Streit, D'rum lebe wohl, ich eile nuch Metullum! lls gilt, die Freiheit meines Volks zu retten. Doch soll ich kämpfend für die Heimat fallen, To wird dein Name nur mein letztes Wort, Mein einzig Denkmal deiner Thränen Schimmer. M wohl, Aurelia, wir seh'n uns nimmer. (Ab.) 8. 8cene. ÄurcUa (allein). Wir seh'n uns nimmer? Mensch, wer sagt dir das? Wir seh'n uns nimmer? Ha, so wahr ich athme, Dies Wort hat aus dem Schlafe mich gerüttelt, Der meine Sinne lang gefangen hielt, lkd ein Gedanke zuckt durch meine Seele -iilmächtig groß und kühn, wie meine Liebe! Äst wollt mich zwingen zu Mamercus' Weib? Der Zwang hat eine tiefe Kluft gerissen, schleud're meine Dankbarkeit hinein, Und treu getilgt wird meine Rechnung sein. Dctavian, du pflegtest nur mein Leben, D"s Canut neu und doppelt mir gegeben, Und ich bezahle, was er mir gcthan! Durch Lich' mir verlor er eine Stadt, 70 Die Lieb' zu mir kann eine ihm gewinnen! Wir sch'n nns nimmer? Auf, ihr trägen Glieder, Noch einmal, Canut, kreuzt sich nns'rc Bahn, Bei meiner Liebe, ja, wir seh'n nns wieder! (D e r V o r h a n g fäll t.) Vierter M. 1. 8ce»i'. (Großer Saal im Rathhanü zu Metiillmn.) Versammlung der Primäres. Aii d o l e o n , O c r n s , G e n tius, Albins, unter ihnen Mamercus als Friedensbote. Äudolcon. Metullums Väter grüßen dich, Mamercus, Den Friedensboten des Octavian. Als euch Monötium in die Hände fiel, Zogt ihr hieher, Metullnm zu erobern. Dl> manche Woche kam nnd wieder schied, Seit vor den Mauern euer Heer sich lagert, And täglich Sturme unsre Stadt bedroh'n, Steht sie doch ungebeugt wie ehedem, 3ndcß in eurem Lager Krankheit herrscht, Wie uns Octavian durch dich bekannt, Den er mit Friedcnsplänen an uns sendet. D'rnm haben sich nach unsres Landes Brauch Die Aeltesten des Rathes hier versammelt, Des Feindes Anerbieten wohl zu prüfen, anzunehmen, oder zu verwerfen. Sprich, Bote, was dein Herr dich künden heißt. 72 Mamercus (bei Seite.) Jetzt, List und Schlauheit, laßt den Streich gelinge». (Laut.) Octavian grüßt die Väter dieser Stadt. Nicht mit dem Schwerte soll ich zu euch reden, Der Oelzweig ist das Sinnbild meiner Sendung, Denn einen Waffenstillstand biet' ich euch. In unsrem Heere wüthet eine Seuche, Von stetem Kams ist euer Volk ermattet, Ein Waffenstillstand nützet euch, wie uns. D'rum harre ich dem Spruche eurer Weisheit, Der Form und Dauer uns bestimmen möge. Äudoleon. So weit der Bote, jetzt bcrathct euch, Und Jeder gebe seine Meinung kund, Der Stimmen Mehrheit möge dann entscheiden. Vcrus. DerStimmcu Mehrheit ? Sprecht, wer fragt darnach, Wo die Entscheidung klar vor Allen liegt? Wer's ehrlich mit dem Vaterlande meint, Der stimmt mit mir, den Antrag zu verwerfen. Wenn diese Römer rings uns eingeschloffen, So ist das Loos auf immerdar geworfen: Entweder fallen, oder Bahn sich brechen! Gemius. Wenn wir an Frieden oder Stillstand denken, War's nöthig dann, so frag' ich die Versammlung, 73 lins bis zur letzten Stadt zurückzuzieh'n? Wär's nicht schon früher an der Zeit gewesen, Dm Frieden mit Octavian zu verhandeln? Vcrus. Und ihn mit unsrer Knechtschaft zu erhandeln? Was soll ein Stillstand, der mir muthlos macht; Viel besser ist das Schwert in starker Hand, Statt also still nnd träge hinzuleben, Im Nichtsthnn zn begraben Geist und Kraft! Äudoleon. Seid nicht zu rasch, von großem Bortheil ist Ur unsre eig'nen Schaareu dieser Antrag, Denn jeden Tag bewachen sie die Mauern, Und ruh'bedürftig ist die ganze Stadt. Älbius. U, gönnen wir dem Volke Zeit zur Rast, Doch werde sie auf's Kürzeste bemessen. Vcrus. Doch lang genug für den Octavian, Um noch Verstärkungen an sich zu zieh'», Mit Knechtschaft euren Glauben zu belohnen. Gcntiu«. Und meint ihr denn, die Römer werden feiern? 'Was haben wir dann für ein lloos zu hoffen? Mamercus. ^'ein schlechteres, wie jenes, das euch wartet, Wenn ihr, ein Häuflein doch nur gegen uns, 4 74 Durch ewigen Kampf allmälig aufgerieben, Nothdürftig nur den Wall besetzen könnt, Und wir denselben ohne Müh' ersteigen. Kein schlechteres, jedoch ein früheres! Gcrus. Und wähnst du, Römer, ein Iapydc fürchtet Sich vor dem Tode, wenn er früher kommt? Und hätte uns der große Schlag getroffen, Da gäb's kein Säumen, kein Bedenken mehr — Wo's enden heißt, wer frägt da nach der Zeit? Mamercus. O hört auf mich, ihr werdet cs bereuen, Wenn ihr zum Aeußersten den Feldherrn bringt. Äudoteau. Ihr reibt euch auf durch tolleu Widerstand, Schont unser Volk. Vcrus. Da gibt es keine Schonung, Wenn wir der Heimat Hilferuf vernehmen. Er muß dem Sterbenden Genesung bringen, Daß er ein Riese sich im Innern deucht. Gcnlius. Zurück den Boten au Octavian, Wir wollen Kampf und keine Unterhandlung. Vcrus. Wenn sic erschlagen auf den Wällen rulsn, Dann geben die Japyden Waffenstillstand! 75 Mamercus (bei Seite). Es gilt, sic noch so lange fcstzuhaltcn, Bis ich das Zeichen vor dein Saal vernehme, Daß uns re Schaar den leeren Wall erstiegen. (Laut.) Verkennet nicht im blinden Haß den Vortheil, Den euch Octavian entgegcnbringt, chn Waffenstillstand ruht der Keim des Friedens. Audoleoii. Laßt mich vermitteln. tgcrus. Weg mit der Vermitt'lnug! Wir führen nimmer mit der Zunge Krieg, Darin sind uns die Römer überlegen. (Zu Mamercus.) Was flehst du noch und wartest unentschlossen, Geh' denn hinunter zum Octavian — Ltu-alcon (eiufalleud.) llnd warum lcchz't ihr ungestüm nach Kampf? Meint ihr, wir sind nicht tapfer, wenn wir ruh n? Der ist nicht feig, der schlau das Ziel bedenkt, Nu kluger Rückzug gilt für einen Sieg. ÄN'ius. Wozu so rasch, wir warten lieber ab, Der ganze Tag ist uns zur Frist gegeben. 76 Mamercus. Ja überlegt, bevor ihr euch entscheidet, Die Sache ist der Ueberlcgung Werth. Und habt ihr reiflich jeden Punkt erwogen, Laßt mich den Boten guter Kunde sein. Im Frieden mit uns liegt das Heil des Landes. 2. 8ceiie. Vorige, Ca nut. Lanut (der die letzte Rede gehört, in die Versammlung stürzend von rechts). Das lügst du, Knecht, das lügst du Mäuneru vor! Und diese Männer lauschen feig der Rede, Mit der Octavian sic bcthörcn will. Was, Frieden? Habt ihr etwa d'rau gedacht, Als uns die Römer bis hiehcr verfolgt? Als sie den Wald gelichtet, der uns schützte, Die Riesenbäume in das Moos gesunken, Die hundert Jahre unsre Freiheit säh'n? Habt ihr gedacht an Frieden, als die Zelte Sich vor uns dehnten, wie der Möven Schaar, Die Sturm verkünden in empörter Stunde? Als sich des Lagers Thürme jäh erhoben Und von den Thürmen sich die Leitern senkten Auf unsre Wälle, über unsre Gräben Man Brücken schlug? Als sic darüber drangen, 77 Doch todeskühn ihr auf die Brücke stürztet Und sie durchjagt, daß krachend sie zerbrach Und Freund und Feind die kalte Flut verschlang? Ist dies ein Anfang, dessen Ende Frieden? Gcrus. Fort mit Berathung, Kamps erwählen wir, Nicht eine Stunde feiern unsre Schwerter! Äudolcon. Sei nicht zu rasch, o Fürst, der Waffenstillstand Bringt nnser'm Bolk' die nöthige Erholung. Camtt. Was, Waffenstillstand? Glaubt ihr wohl daran? Wollt ihr denn Sklaven sein, wie's Alle sind, Die je Gemeinschaft mit den Römern pflogen? Octavian bot euch den Frieden an — Ich heiße ihn zerrissen und zernichtet Kraft jenes Rechtes, das den Fürsten nur Ein gültig Bündniß für sein Bolk läßt schließen. Ihr habt noch Waffen, und ihr denkt an Frieden? Die Hand ist noch so stark, wie ehedem, Und ihr wollt diese Hand zur Frohne reichen, Den Karren zieh'», gefüllt mit jenen Steinen, Die unsrer Knechtschaft Monument erbau'»? Ihr wollt den Rücken Geißelhiebeu beugen, Die jeder Elende euch zugezählt, Und höhnisch lacht und schwelgt in eurer Qual? 78 Von eurer Brust wird man die Lieben reißen, Geschändet stirbt die Gattin eurer Wahl, Der Schande Frucht wird Sklaveubastard heißen! Vcrus. Kein Friede, nein, o führe uns zur Schlacht! Canut (zu Mamercus). Und vollends du wagst dieses Wort zu sprechen, Der du schon einmal treulos dich gezeigt! Gib, Elender, Monötium mir zurück, Das du gestohlen wie ein feiger Dieb, Zur nächtigen Zeit, als ich vom Frieden träumte. Gib meiner Krieger Leben mir zurück, Das du vcrrüthcrisch im Schlaf gemordet! Mamercus. Ha! mahnst du mich daran und wendest also Die eig'nen Waffen thöricht gegen dich? (Zu den Primäres.) Gebt mir das Wort, nur diesmal noch das Wort! Ihr lasset euch von Diesem überreden, Und Diesen klag' ich als Verräther an. Äudolean. Was spricht der Mann, der Fürst? Mamercus. Ist ein Verräther! Ocruo. Der Römer lästert! Hört ihr's? Schlagt ihn nieder! 79 Mamcrcus. Ich läst'rc nicht, und schwöre auf mein Wort. Der edle Fürst vergißt sein eigen Land, Und Canut liebt Sctavians Pflegetochter, Hört, der Japyde liebt des Römers Kind! (Allgemeiner Aufstand.) Mamercus. Wollt ihr noch mehr? Der Feindin zu gefallen, Ährt er sic selbst tollkühn in jene Stadt, Die mit dem Blute seines Volk's gezeichnet, Der Feindin zu gefallen, bleibt er dort, Und sein Monötium brennt zur Hochzeitsfackel! Verns. O theu'rcr Fürst, zermalme doch den Frevler Mit einem Wort. Ventius. O sag', cs sei nicht wahr! Äudotcaii. Sprich, kein Japyde liebt des Römers Kind. Lanut (groß, mitten unter sie tretend.) Ja, der Japyde liebt des Römers Kind, Aurelia ist mir theurer als mein Leben! (Alle wenden sich ab mit Zeichen des Abschcn's.) Entsetzt euch nicht, daß also ich gesinnt, Daß ich der Feindin liebend mich ergeben. Fragt erst die Fluth, warnm aus Nord und Süd Sich Bach und Flnß und Strom und Meer vereint, 80 Warum der Lenz allüberall erblüht, Die Sonne fragt, warum sie Allen scheint. Fragt Blitz und Donner, Regen oder Wind, Ob sie in jedem Land' nicht heimisch sind. O sagt, deckt nicht des Himmels duftig Blau Metullums Wall wie Roms gewaltigen Bau? Sind Tag und Nacht, die Monde und das Jahr Im Wechsel nicht allortcn, immerdar? So fragt, und wenn man euch die Antwort nennt, Dann erst fragt mich, wenn ihr noch fragen könnt! Ihr hört das Herz in jedem Menschen pochen, Die Liebe ist des Herzens heilige Freiheit, Und Freiheit läßt sich nimmer unterjochen! (Zu Mamercus.) Jedoch dein Fluch fällt schwer auf dich zurück, Denn du bist der Verräther, und nicht ich! Jetzt, wo das Ohr wir deinem Worte neigen, Führt schon Octavian gegen uns das Heer, Den leeren Wall Metullums zu ersteigen. Mamercus (bei Seite). Ha, was ist das? Wer hat mir das gethan? (Schnell gefaßt, laut.) Willst du dich also aus der Schlinge zieh'n? Das ist ein Märchen, das du schlau ersonnen, Doch dem man's ansieht, daß es nur erlogen! Cnnut. Erlogen wär's? Ich stelle dir den Zeugen. (Eilt zur Thüre und führt Aurelia rasch vor Mamercus.) 81 3. 8cene. Vorig?, Aurelia. Lanut. So blicke her! Ist er dir gut genug? Willst du ihn Lügen strafen, so wie mich? Mamercus (zurücktaumelnd). Aurelia! Du bist's, und hier im Rath? Äurctia. Begreifst du's nicht? So will ich dir's erklären: Ihr wähntet in Anrupium mich geborgen, Ich aber zog dem Heere heimlich nach, Und unbemerkt mit den gefang'nen Frauen, Die heut man ausgewechselt, kam ich her, Zur rechten Zeit dich, Heuchler, zu entlarven! (Zn den Primäres.) Schaart euch um mich und höret, was ich künde: (Auf Mamercus deutend.) Als Bote sandte ihn Octavian, Euch einen Waffenstillstand anzubietcn. Nicht ehrlich war's; indem er Frieden heuchelt, Und ihr den Wall verlassen ob des Rathes, Schleicht in der Dunkelheit sein Heer heran. Bald, dachte er, ist Wall und Thurm gewonnen, Dann sollte eine Schaar zum Rathhaus zieh'n Und ihm ein Hahneurnf die Kunde geben, 82 Daß es gelungen. Er erfaßt' das Schwert, Das er verborgen unter'm Kleide trägt, Das Thor den Seinen mit Gewalt zu öffnen, Und wehrlos Volk, wie hier, ist leicht besiegt. — Das ist sein Plan, den ich erlauscht im Lager. Mamercus. Hört nicht ans sie! Im Wahnsinn spricht das Weib! Und wäre es bei Sinnen, zählt es nicht! Wie, duldet ihr ein Weib im Rath der Männer? Zeugt sie als Römerin nicht gegen Rom, Und haben Achseltrügcr Sitz nnd Stimme? Lanut. Der Achsclträgcr größten schickt nns Rom. Du läugnest frech? So faßt ihn an, Primores, Das blanke Schwert, er trägt eS unter'm Mantel! (Primores wollen über ihn hcrfullen.) Mamercus (reißt selbst -das Schwert heraus). Zurück! Verloren bin ich, doch nicht feig! Hier ist das Schwert, nnd wollt ihr's, müßt ihr's holen! Äurcllcou (fällt ihm von rückwärts in den Arm). Verrätherei! Vcrus. Ha, Waffen in dem Saal! Eentius. Des Friedens Bote Waffen im Gewände! 83 ÄuLolkon. Ergreifet ihn, in Stücke den Verräther! CUrus. Erschlagt den Römer, Waffen trägt der Römer! CiMul (wirst sich zwischen Mamercus nnd die Primäres). Kein Blnt beflecke diesen Saal des Friedens. Fuhrt ihn hinaus, und wenn die Römer stürmen, Werft ihn vom Wall hinunter in die Speere, Als Gruß Metullums au Octavian! (Ocrns fuhrt mit mehreren Japydm Mamercns ab.) Lanut. Und ihr, Japydcn, sch't, das ist das Weib, Deni euer Fürst in Liebe sich ergeben; Doch wer verdammt mich noch, daß ich cs that? Sprecht, wer verdammt die Retterin Metullums? Geebnet ist die Kluft, die uns getrennt, Und meines Volkes Besten steht sie gleich. Euch aber biete ich die offne Brust, Wer mich verdammt, der möge mich durchbohren! Sprecht, wer verdammt mich? Äuroieon. Frage, wer dich liebt, Dann wollen wir dir gerne Antwort geben! Vcnlius. Wer's ehrlich meint, der rufe: Heil dem Fürsten! 84 ÄUc. Heil, Canut, Heil! Lanut. Und wollt ihr mit mir fechten? Gcnlius. . O führe uns zur Schlacht! Älbius. Zum Kampf! Ällc. Zum Kampfe! Canul. So seid ihr einig, Dank euch, Götter, Dank! Ja, dieser Geist umschweb' euch fürderhin, Daß zehnfach wächst die Kraft des Einzelnen! Denn jedes Bolk wird zum allmächtigen Riesen, So stark und unbesiegbar wie die Gottheit, Fügt sich das Glied in Einigkeit an's Glied Und alle Glieder stark an's starke Haupt. Zerstückt es sich in Tausend von Parteien, Wird jeder Einzelne zum Zwerg und fällt Als sich're Bente des Eroberers! Wrrus (rasch auftretcud.) Schon nah'n die Römer leise sich der Stadt, Doch läßt das Mondcnlicht sie klar erkennen. Lnnul. Erschreckt euch dies? Nein, Muth flammt auf dem Antlitz Und ist der Botschaft männlich stolze Antwort. 85 Dort nah'n die Feinde, ihre Adler fliegen, Der Räuber wählt den Räuber zur Standarte, Noch aber ist die Beute nicht gewiß! ! Ihr könnt cin Bolk durch Ucbcrmcicht besiegen, Könnt seine Sitten selbst in and'rc wandeln, Doch heilig bleibt dein freigebornen Bolke Die alte Sprache und die alte Freiheit, Und ewig unantastbar sind die beiden! Faßt ihr sie an, faßt ihr des Volkes Leben, Und tausend Herzen stehen zürnend auf Und tausend Leben weihen sich dafür! Geheiligt ist der Kampf durch heil'gcn Zweck, Und greift ihr frevelnd bis in's Heiligthnm, Dann habt ihr selbst die Rache wach gerufen Und gegen euch das eig'ne Schwert gekehrt! Doch jetzt, Japhdcn, schaaret euch um mich, Es gilt des Fürstcu heiliges Vermächtniß. Aurelia, im Angesicht des Todes Gibt es kein Vorurthcil und kein Bedenken, Im Angesicht des Todes grüß' ich dich Als treues Weib vor meinem ganzen Volke! Nun senkt die Häupter zu der letzten Weihe — Dort ans den Wolken bricht das Mondenlicht, Wir steh'n in seinem Silberstrahl gehüllt, So möge uns durchwogen edle Gluth, In diesem Streit das Aeußerstc zu wagen. Doch sammelt euch und kämpft mit ganzer Kraft; 86 Denn rauscht der Sturzbach mit vereinten Fluchen, Kennt er nicht Widerstand, nach Aufenthalt! Gießt euren Segen, Götter, über uns --- ttnd jetzt zur Schlacht, blutahnend glänzt die Wehre, llm's Vaterland gilt cs den Kampf der Ehre! Alle (begeistert). Um's Vaterland gilt es den Kampf der Ehre! (Glanzende, kriegerische Gruppe.) Verwandlung. 4. 8ee»e. (Freier Platz in Metnllnm, im Hintergründe das Rath¬ haus mit hohem Treppengangc. Auf der obersten Stufe steht Aurelia, hoch aufgerichtet, nach links in die Scene blickend. Um sic herum bis gegen den Vordergrund lagern j a p h d i s che Weiber in malerischen Gruppen. Alle schauen nach links in die Scene.) Äurctia. Der Fürst zieht fort, und hat mich Wcib genannt, Zu seiner Höhe zieht er mich hinan, Und plötzlich weicht auf diesem Punkt der Schwindel, Den jener Tiefe steter Nebel zeugte. Was steht ihr müssig hier und wartet ab? Gibt cs nicht Besseres für uns zu thun? Wir fassen Waffen, stürzen in die Schlacht Und kämpfen mit, gilt es auch mit zu sterben. 87 Wir sind mir wenig, sind nur schwache Weiber, Doch unsre Männer kämpfen in der Schlacht, Die theu'rcu Kinder gilt es zu beschützen, Und Mann und Kinder sind des Weibes Herz. Schwach ist das Weib, doch faßt man cs beim Herzen, Wird seine Schwäche zur Titanenkraft, Und eine Riesin, kämpft sic für ihr Herz, Als Leiche noch die treu.Geliebten deckend. Hier liegen Waffen, unsres Lebens Hälfte Kämpft in der Schlacht, die and're Hälfte folgt, lind beide einen sich zum starken Ganzen. Ihr zaudert? Wie, mißtraut ihr mir vielleicht, Weil eures Feindes Heimat auch die meine? O hört noch mehr, nicht Römerin allein, Ich bin die Pflegetochter des Octavian, Des Todfeinds eurer Macht und eurer Freiheit! Fhr staunt? Ihr nennt mich wohl Verbrecherin Am Vaterland und zeihet mich des Undanks? Ich bin es nicht, bin nur ein Weib, das liebt, Mein Vaterland ist dort, wo meine Liebe! Octavian ließ sorglich mich erziehen, Doch als ich jäh mein Herz verstehen lernte, Als ich den Retter in die Arme schloß Mit aller Gluth des jugendlichen Herzens, Zerriß Octavian mit einem Mal das Vaud, Und wollte mich an einen Andern schmieden, Erzwingen, was sich nicht erzwingen läßt, 88 D'rum that ich das, und Jede unter euch, Bei meinem Leben, hätte das gethan! (Dumpfer Lärm hinter der Scene.) Horch, was ist das? Hört ihr nicht den Triumpf? Beim Zeus, das ist der Römer Sicg'sgcschrci! (Zu den Weibern.) Auf, sputet euch, hier gilt kein Zaudern mehr! Am Rathhaus schichtet dürres Reisig auf, Vermengt mit Stroh, gießt Oel darauf und Harz, Und nah'n die Römer, schlag' empor die Glut — Es kämpft die Welt vergebens gegen Liebe! Denn nur den Leib trifft irdisches Geschick, Die Seele kehrt zum Urquell treu zurück, Die Form ist sklavisch, die mögt ihr zerbrechen, Der Sinn ist frei, der lebend sie durchkreist, Und aus des Körpers knechtischen Gebrechen Schwingt sich unsterblich aus der freie Geist! (Lärm hinter der Scene.) Z. 8oene. Vorige, C a u ut (von links). Lamu (schwer verwundet, stützt sich ans das Schwert). Das ist Metullums letzter Tag der Freiheit! Änrctia (auf ihn zufliegend). O wehe, Canut, mein Gemal, in Blnt! 89 Canut. Ein Pfeilschuß hat mich jäh zu Fall gebracht, Hier spielt Berrath, er traf mich in den Rücken. Äurctia. Erhole dich, du wirst, du mußt noch leben! Canm. Um meines Volkes Sklaverei zu seh'n? — An deiner Brust will ich den Kampf vollenden! (Sinkt ins Knie.) Äurelia. Er stirbt, v Götter, lasset ihn nicht sterben, Beschirmt ihn, Götter, stillt sein Blut, ihr Götter! (Lärm von Außen.) Marro (hinter der Scene). Mir nach, mir nach! Hier führt der Weg zum Rathhans! Canut (hebt aufhorchend das Haupt). Ha, bei dem tausendfachen Tod, ich kenne Die Stimme! Auf, mein Schwert, jetzt gilt es Blut! 6. 8ceile. Vorige, M a rro (von rechts). Marra. Hier ist der Platz. Mein Tagewerk ist aus. Quitt sind wir, Canut, denn mein Pfeil traf gut! Rasch fort zum Rathhaus! 4** Äurelia. 90 Halt, Verwegener! Karra. Wer sperrt den Weg, der mich zum Throne führt? Äurelia. Zur Schmach führt jeder dich, zum Throne feiner! Marro. Was rast das Weib, wo Muth und Mann regieren ? Canut (aufspringend und auf ihn losstürzend). Steh', bist du Mann, es gilt des MutheS Probe! Marro (prallt entsetzt zurück). Weh', gibt das Schlachtfeld seine Todtcn wieder? Canut. Es gibt sie Wieder, dich zu strafen, Schuft! Nur hinterrücks machst du dich an den Mann. Marro (tückisch). Auch angesichts, wenn es der Vortheil bringt. (Will Canut meuchlings uiederstoßen). Canut (Parirt den Stoß). Du rechnest falsch, der Vortheil ist für mich! Steh, sag' ich dir, du gehst nicht mehr vom Platz! (Sie fechten, Marro fällt). Canut. Du hast den Lohn, Metullnm ist gerächt! Marr» Gerbend). So sei verflucht mit deiner ganzen Brut, Stirb elend, und wie einmal du erstanden, So spei' der Boden dich voll Ekel aus, Daß Hunde deine Leichenwache halten! (Stirbt.) Caiiut (zu Aurelia). lind jetzt zu dir, schon schwindet meine Kraft, Ich scheide ruhig, ströme warmes Blut, Selbst sterbend will ich keinen Römer seh'n In dir, Metullum, heilige Stadt der Freiheit! (Sinkt iin Hintergründe nieder.) Leb' wohl, mein Weib, ich hab' die Schuld gesühnt! (Stirbt.) Aurelia (neigt sich über ihn). Metullum stirb', hier sank dein bester Sohn! (Lärm von außen dringt naher.) Gctaoian (hinter der Scene). Schlagt nieder, was sich widersetzt! Auf, Römer, Mir nach, euch führt Octavian und sein Glück! Aurelia (springt ans und stellt sich auf die oberste Stufe vor dem Rathhause, heroisch): Werft Feuer in das Hans, Metnllum fällt, Die Freiheit nicht! Vom Volk zum Volke erblich Lebt Freiheit fort und ist wie Gott unsterblich! (Eine grelle Röthc überflammt die Bühne.) 92 7. 8oene. Vorige, Octavian, römische Krieger. Getavia». Hier muß sie sein! (Erblickt Aurelia.) Ha, dort, ich sehe sie! Zu ihr! Äurelia. Wen suchst du? Vctavian. Dich, Aurelia! Und ihn, den Todfeind! Äurelia (gewaltig). Such' uns bei den Göttern! (Stürzt sich in die Flammen.) (Octavian taumelt mit einem Schrei zurück, das Gesicht mit beiden Händen verhüllend.) (Der Vorhang fällt rasch.)