MM sifiOKCCOOK!^^ Deutscher KlauöenBote herausgegeben von der Gesellschaft der „Söhne des hlst. Herzens Jesu" Erscheint monatlich -32 Seiten stark. — Preis ganzjährig 3 K = 3 Mk. = 4 Frcs. 10. October 1901. IV. Ilchrg. % Inhalt: Seite 289 294 298 303 305 Die IZarabra tit Zlubien. Von P. Lover Geyer cCeBcuslütbcv deutscher Wisilonärc. Joh. Dicht! Legende des Morgenlandes. Der hl. Lucas . Lebensweise der Zieger im Sudan .... Aus dem Laude der ZZedza. Von P. Lover Geyer Aus dem Mislionslebeu: Das traurige Ende einer ungläubigen Negcrfainilic. Bon P. Sinner. (Aus „Echo aus Afrika".) — Bekehrung einer muselmännischen Negerin. Von P. Laver Geyer. — Maria, Mutter der Neger..............................308 Vermischte ZI ach richten: Statistisches (Nordafrika). Langlebigkeit im Sudan. — Die Pflichten der Olcina. — Bewässerung und Eisenbahnen im Sudan. — Zähmung afrikanischer Elephanten. — Ein Thiermürchcn der Barincger- — Heiteres ans beut Missionsleben. — Kindererziehung am Kongo. — Aberglaube in Kamerun. — Die Baganda. - -Ein Taufexamen. — Eine Hochzcitsangclegenheit Seite Abbildungen: I Barabrafrauen bei einem ältagyptischen Tempel. — Gothisches Kreuz auf dem Hochaltäre des neuen Domes zu Linz et. D. — Der heilige Lucas, Evangelist. — Insel Phytac. — Hanptplatz von Alexandrien. — Bananenverkäufer in Kairo. iiTTixiii 1 -rTTTTTTTTTTY YYTYYTYYYTYYYTYTYYTTTYYYYYYYYYTYYY YYTYT ' ....... YYYTYTYYYTTYYYYYY7YYTYYYYV VyYYYVYYY YTVY Y T 7TYYYYYYT'YYYYTYY7 YTTYY YYY TYYYTYYYYYYVYTYV WiMonsHcrus WüHkctnö Bet ZZrtXSN—‘gnroL 1901. Um kotlttklm! erbittet das Gefertigte von seinen Jrenn-den und Gönnern entbehrliche Bücher, * wenn auch älteren Datums, besonders * ascetischen und theologischen Inhaltes. mi$$ion$baa$ Ifiiibland bei Brixen. ^ Aeltere Jahrgänge ^ bes „Stern 6er Neger" sind noch erhältlich und zwar: 6er erste Jahrgang ä 2 K, 5er Zweite (2. für sich abgeschlossenes Halbjahr) ä l K, 6er dritte ä 2 K. Alle Jahrgänge Zusammen bezogen Kosten nur 4 Kronen. SW" E" D^r Behufs Erleichterung in der Versendung ersuchen.wir die verehrlichen 21b-nehmer höflichst, bei allen Anfragen, Geldsendungen u. s. m. stets die gedruckte Echleifnummer und Adressenänderungen elc. stets bis zum 20. des Alonats angeben zu wollen. Goxxesponöenz der Expedition. Eingegangene Geldsendungen. 5-ür das Millionshaus: Kronen Vom Marienverein Innsbruck......................90 — Jungfrauen-Congregation Innsbruck...............32.— Von verschiedenen Wohlthätern in Innsbruck. . 221.80 Aus Bayern......................................316 99 Maurer, !. !. Oberpostkontroleur i. R., Hall, für Missionszöglinge . 20.— Ungenannt aus Weistrach.............................10.— Luise Krill. Wien....................................6,— Pfarramt St. Valentin ct. d. W.-B...............100.— A. Grab, k. Aufschläger, Viechtach.................11.70 (Vom 1. bis 28. September 1901.) Kronen Crescenz Ahger, Weiler.............................10.— P. I. N. Mayr, S. J. Innsbruck.....................80.— Anna Rühl, I. k. Forstwartsgattin, Winklern, für Zöglinge . 6,— Aloisia Mößmer Obermieming.........................10.— Für heilige Mellen: Aus Bayern........................................17.59 Aus Sarns......................................8.— Zaruba, Pfarrer, Komomik...........................7716 Rudolf Seiner. Kaplan, Göß........................65.29 Anna Rühl, Winklern.................................1.— Aücker landlen ein : Baronin Const. Pillersdorff, Wien. Domprediger Pesendorser, Linz-Urfahr. Ungenannt aus Brixen. Stadler, Direktor, Sarns bei Brixen. X. 9). Z. aus Graz, ein schönes Reisebrevier. Maria Sanier, Stenn-Häusern, Bilder und Briefmarken. — Sonstige Spenden: Frau Baronin Cons. Pillersdorff, Wien: Spitzen, 1 großes Stehcrucifir, 12 kleine Crucifixe, 100 Stück Medaillen und 2 Dutzend Rosenkränze. Josefa Mößmer, Obermieming: Rosenkränze. Frl Philomene Rodi: 8 Bilder mit Rahmen. Melanie Goger: Bilder. Allen diesen Wohlthätern, sowie jenen in Furth, Grabitz, Stoppendorf, Grasmannsdorf, Kemnath und Neustadt, welche unserm Missionär, Hochw. P. Münch, Messstipendien und Sllmosen gaben, sagen wir ein herzliches „Ver-gelt's Gott" und bitten um weitere milde Gaben für unser Missionshaus. Deutscher Glaubensbole. Air. 10. October 1901. IV. Iahrg. Die Barabra in Nubien. Bon P. datier ©eher. ernt wir auf unserer Nilfahrt die Stromenge von Dschebel Selsele passieren, beobachten wir eine fast plötzliche Veränderung in der Erscheinung der Einwohner; mir fühlen, dass wir an der Grenze Aegyptens und Nubiens stehen. Wie die Landschaft hier den Charakter der nnbischen Nacktheit annimmt, so stellen von da an die Eingebornen den nnbischen Typus dar. Jedermann kann hier den Unterschied zwischen dem helleren ägyptischen Fellach nördlich von Selsele und dem dunkleren Barabrasohue südlich davon wahrnehmen; je weiter wir nach Süden vorgehen, desto deutlicher wird der Unterschied. Versetzen wir uns nun mitten in die Barabra und betrachten wir den Menschenstamm in seiner Heimat selbst. Die Barabra sind von röthlich brauner Hautfarbe, in Choeoladenfarbe übergehend, mit verschiedenen Abstufungen zwischen hell- und dunkelbraun; manchmal trifft man auch ein entschiedenes schwarzbraun. Die südlichen Barabra haben infolge der größeren Sonnenhitze und der stärkeren Vermischung mit Bedja und Nigritiern eine dunklere, oft hochschwarze Farbe, während ihre nördlichen Stammesbrüder, besonders beim ersten Katarakt, durch frühere Heiraten mit ägyptischen Fellachen (jetzt sind solche Verbindungen, wenn nicht ganz ausgeschlossen, sehr selten), eine hellere Hautfarbe haben. Wie bei den Negern, beobachtet man auch bei den Barabra, obwohl in minderem Verhältnisse, dass die neugeborenen Kinder hellfarbig sind unterst im Verlaufe von mehreren Wochen dunkel werden. Ebenso wie bei den Negern sind Handflächen und Fußsohlen heller als der übrige Körper, sozusagen schmutzig fleischfarben; der Grund hievon mag im Reiben bei der Arbeit oder im Gehen liegen. Die Erscheinung der Barabra ist durchschnittlich mittelgroß, wiewohl es auch an hohenGestalten nicht fehlt. Ihre Statur ist schlanker wie jene der Fellachen, mit langen, schlanken, wohlgebildeten Extremitäten. Langköpfig wie die Aegyptier, haben sie eine zuweilen hohe Stirne, langgeschlitzte Augen, vorstehende stumpfe Nase mit breiten Flügeln, einen mäßig großen, fleischigen Mund, nicht selten aufgeworfene Lippen mit ausgeprägter Lippenlinie. Das Kinn ist regelmäßig, während die Backenknochen vortreten und die Ohren abstehen. Die Zähne sind, wie bei den Negern, blendend weiß und dnrchgehends gut erhalten. Sonderbare Erscheinungen sind an den Kindern bis zu sechs Jahren zu beobachten, nämlich vorgewölbte Stirne, sehr dünne Extremitäten und unförmlich große Bäuche. Mit dem fortschreitenden Alter schwindet diese Abnormität gänzlich von selbst. Die letztgenannte Erscheinung beobachten wir allgemein an den sudanesischen Negern. Das Haupthaar ist schwarz und wallend, nicht wollig wie jenes der Neger, hängt bei Frauen und Mädchen in vielen dünnen Flechten um Hals und Wangen, und ringelt, wenn geflochten, zu spiralförmigen Locken zusammen. Die Frauen altern frühzeitig und werden hässlich. Die Gcsammtcrscheinung des Berber macht den Eindruck großer Magerkeit und Grazilität. Ihr Typus gehört zum nigritischen, den sie, obwohl in gemäßigtem Maße, vertreten. Die Barabra sind von gutmüthigem Wesen und nicht geringer Intelligenz, was sie beim Dienste im Auslande zu Vertrauensposten besonders befähigt. Bescheiden und genügsam, geben sie sich mit wenig zufrieden. Obwohl zu langen und anstrengenden Arbeiten nicht geneigt, können sie im gegebenen Falle Tüchtiges leisten und große Strapazen und Entbehrungen ertragen. In ihrer Heimat meistens nur aus die Bedürfnisse des Tages bedacht, wissen sie nichts von Sorge für die Zukunft. Bietet sich Gelegenheit, so sind sie erwerbssüchtig und ertragen große Mühen für den kleinsten Gewinn. Wenn sie in der Fremde sind, sparen sie fleißig. Viele Barabra dienen in Kairo und Alexandrien als Thürsteher und Hauswächter und bilden eine eigene Kaste. Die berberinischen bauäb (Thürsteher) oder gakir (Wächter) sind charakteristische Typen im Leben Kairo's und Alexandriens. Sie sitzen den ganzen Tag vor den Thüren ihrer Herren, plaudern in ihrer Muttersprache, rauchen und kauen Tabak und unterhalten sich mit der Lectüre des Koran. Reiche und Vornehme halten mehrere bauäb in ihrem Dienste. Gruppen von Barabra und Eunuchen umstehen die Thoreingänge zu den Wohnungen der Paschas und Bey's. Manche Barabra werden als Köche und Zimmerburschen verwendet. Die Barabra sind im Dienste treu, verlässig und anhänglich. Dies bewiesen sie glänzend im Jahre 1882, zur Zeit der Rebellion Arabi Pascha's; sie vertheidigten ihre europäischen Dienstherren mit eigener Lebensgefahr gegen die fanatisierten Anhänger des Aufstandes und mancher Barabrawächter hat in Alexandrien seinem Herrn das Leben gerettet. Nachdem sie sich ein Sümmchen erobert haben, kehren sie in die Heimat zurück. Da die Barabra stets abgeschlossen und unbehelligt zwischen und hinter ihren Felsen leben, so haben sie wenig Gelegenheit, ihren Muth zu erproben und zu stärken; würden sie aus ihren Verstecken hervorgezogen und im Kriegshandwerke geübt, so würde ihr Muth sich zeigen, wie ja auch ihre Vorfahren sehr kriegerische und kampfgewandte Leute waren und die Männer noch heute viel Muth bei der Durchschiffung der Katarakten beweisen. Auf dem Nile sind die Barabra.in ihrem Elemente, in der Wüste sind sie unbrauchbar. Sie selbst sagen von sich: der Nil gehöre ihnen, die Wüste den Bcdscha (Bischarin, Abalde u. s. w.). Bis nach Koroško und Uady-Halfa werden die Reisenden von den Barabra befördert, dort aber von den Bcdscha für den Transport durch die Wüste übernommen. Diese Nomaden schauen auf die Barabra mit verächtlichen Blicke» herab. Die Barabra sind gute Muselmänner; sie verrichten gewissenhaft ihre religiösen Vorschriften. Wie die Mohammedaner überhaupt, sind sie fatalistisch und abergläubisch. Ihr religiöser Fanatismus ist nicht so groß, wie er von Manchen geschildert wird. Sie hängen zwar fest an ihrer Religion, kennen aber keineswegs den fanatischen Hass der Andersgläubigen, der die Bedscha, ihre Nachbarn, auszeichnet. Der Grund mag wohl in dem steten Verkehre der Barabra mit den christlichen Reisenden liegen, die ihre Gegenden besuchen und viel Geld in ihrem Lande zurücklassen. In der kühlen Jahreszeit kommen Hunderte von Europäern, besonders Engländer, Franzosen und Deutsche, nach Nubien. Ein besonderes Ansehen genießen die Engländer, die mit großem Comfort reisen und keine Ausgaben achten. Die Eingeborenen sind voll Lobes über dieselben und stellen sie beim Bakschischbettel häufig als Beispiel vor Augen. Der Gesundheitszustand ist im allgemeinen ein sehr guter. Das ausgezeichnete Trinkwasser des Nil, die Mäßigkeit der Eingeborenen, die Reinheit der Luft, die belebende Sonnenwärme und unbedingte Trockenheit erklären dies. Für den kranken Europäer ist hier im Winter ein vorzüglicher Aufenthaltsort. Er athmet die frische, lebenspendende Luft im Freien, ergeht sich in den belebenden Strahlen der erwärmenden Sonne. Die Wärme, Reinheit und Trockenheit der Luft veranlassen eine unmerkliche Transpiration der Haut und begünstigen die Ausscheidung überflüssiger und schlechter Stoffe aus dem Körper. Kalte Winde und besonders die schädlichen Niederschläge sind ausgeschlossen. Wir geben hier eine Uebersicht der Durchschnittstemperatur während der Wintermonate, wie wir dieselbe in Schellal bei Assuan beobachteten. 9 a. m. 2 p. m. 6 p. Jänner: 60° F. 69° 67° Februar: 62 74 70 März: 72 83 79 Die Barabra in Nnbien. 291 Es ist daraus ersichtlich, wie gering die Differenz zwischen der Temperatur um 2 p. m. und 6 p. m. ist. Der Grund ist, dass in dieser Jahreszeit die Temperatur im Schatten bei Sonnenuntergang nicht plötzlich fällt, wie cs in anderen Orten beobachtet wird. Die Durchschnittsfeuchtigkeit ist im Jänner und März 51. Z. B. in England ist sie zu dieser Zeit 91 und noch in der trockensten Jahreszeit, Juli und August, 76. Die Trockenheit der Luft macht besonders Schellal bei Assuan zu einem der gesundesten Punkte an den Ufern des Nil. Der Gedanke der Missionäre des Sudan, dort zur Genesung der im ungesunden Char-tum erkrankten Missions-mitgliedcr ein Luft-Sanatorium zu erbauen, war ein glücklicher. Der Regen fällt in Unternubien selten und dauert dann nur wenige Minuten, ausnahmsweise einige Tage. Luugenkrankhcitcn und Schwindsucht kommen unter den Eingeborenen selten vor; Fieber und Leber-krankheiten sind häufiger. Bei Krankheitsfällen spielt der Fatalismus und Aberglaube eine große Rolle. Thöricht großes Vertrauen wird in die Zauberkraft der Derwische gesetzt, ihren Zauberkünsten und geschriebenen Koransprüchen Wunderkraft zugemessen. Helfen die Sprüche nicht, so wird die Krankheit sowohl von dem Patienten, als von dessen Angehörigen mit Ergebung hingenommen als ein unabwendbares Unglück. In stummem Fatalismus umstehen die Verwandten daS Lager des Sterbenden. Das geringste Unwohlsein wird dem Schicksale oder dem Einflüsse des Teufels zugeschrieben. Fühlt ein Arbeiter Schmerz an den Gliedern oder Kopfweh, so eilt er fort in seine Wohnung und hüllt sich in seine Lumpen, in Geduld abwartend, bis der Teufel aus seinen Gliedern gefahren ist. Stehen sie mit jemand in Feindschaft, so sehen sie die Krankheit als eine Folge des Hasses und Neides seitens des Gegners an. Kleidung und Schmuck. Die gewöhnliche Kleidung der Barabra besteht in einer Art Schwimmhose, bei den Vornehmen auch Pluderhose aus dammctr, d. i. mit Baumwollstoff durchschossene Leine. Darüber tragen sie zuhause ein einfaches, weites Hemd aus gleichem Stoffe, das etwas über die Knie reicht. Als Kopfbedeckung dient die allgemein gebräuchliche takieh (Calotte). Tritt der Mann öffentlich auf, so trägt er eine Art weites Hemd (gialabia) von blauer, grauer, schwarzer oder weißer Farbe mit langen, breiten Aermeln. Blau oder weiß ist gewöhnlich die Kleidung der Flussfahrer und Ruderer, während sich der Rai (Haupt der Flussleute) schwarz kleidet; grau oder kaffeebraun trägt sich der gewöhnliche Feldbebauer, schwarz oder weiß mit Gold oder Seide gezierten Vorderärmeln und Kragen ist die Tracht des Schecks oder Vornehmen. Auf den Märkten, wie in Assuan, Derr, Koroško, Uady-Halfa, kann man das Farbeugemisch der Trachten am besten beobachten. In Assuan, wo verschiedene Volkstypen zusammenströmen, sind die Barabra im Gewühle sofort erkenntlich an ihrer langen faltigen Tracht in den obigen Farben. Ein weißer Turban, theils in Wülsten, theils in breiten Falten gewunden, bildet die Kopfbedeckung. Der in Aegypten übliche Fez (tarbusch genannt) wird von den Barabra nicht getragen; er ist das Zeichen der Türken und Regierungsbeamten. Die Fußbekleidung ist der rothe, geschnäbelte marküb (Lederschuh), den sie ohne Strümpfe tragen, oder auch dürftige Sandalen aus Leder und Strohgeflechte. Wenn sie im Nile mit Rudern oder Barkenziehen beschäftigt sind, werfen sie alle Kleidungsstücke bis auf die Hosen ab oder vertauschen auch diese mit einem Tuche (fardah), womit sie sich die Lenden umgürten ; im Nothfalle gebrauchen sie dasselbe auch als Turban. Die Schecks und Wohlhabenden zeichnen sich bei feierlichen Anlässen, Besuchen, Festen durch feinere Stoffe ihrer Kleidung, sowie einen mit Seidenschnörkeln und Goldzieraten besetzten Turban aus. Ost erscheint ein Scheik mit weißer, bis zur Kehle zugeknöpfter Weste, einem lange», losen, kaftan-förmigen Unterkleide aus schwarzer Sarsche, darüber einen fliegenden Mantel von seinem schwarzen Tuche i mit breiten hängenden Aermeln, an den Füßen weiße Strümpfe und scharlachrothe Marokkoschuhe. Die Kinder gehen bis zum fünften oder sechsten Jahre entblößt, dann bekommen sie ein dürftiges Hcmdchen oder eine kurze, weite, lumpige Hose, die sehr selten gewaschen werden. Die Weiber tragen sämmtlich weite Hosen auS weißem dammür, meist sehr schmutzig, da sie nicht gewaschen werden. Die Sitte, Hosen zu tragen, unterscheidet die Barabra-Frauen von ihren südlichen Nachbarn im Sudan. Darüber tragen sie ein schwarzes, faltiges Hemd ohne Aermel von einer Länge, dass der untere Theil der Hosen noch sichtbar bleibt. Das Haupt wird mit einem Tuche (fardah) von gleicher Farbe umhüllt, dessen Enden auf dem Rücken weit herabhangen. Obwohl sie das Antlitz nicht verhüllen, wie die Frauen in Aegypten, bedecken sie es doch mit der fardah bei Annäherung eines Fremden. In ihren Wohnungen sind sie nur dürftig bekleidet. Die Mädchen tragen als Schambedeckung den rahat, der bis zum achten oder zehnten Jahre meistens ihre einzige Bekleidung bildet. Derselbe besteht in einer Art Ledergürtel, von dem Eisenkcttlcin oder feingeschnittene Lederriemen herabhangen ; das Ganze bildet eine dichte Franze um die Lenden. Die Länge und Breite wechselt je nach dem Alter jder Trägerin; die größten sind an 12 Finger breit und 22 Finger laug; manche sind mit Glasperlen und kleinen Muscheln geziert; diese gelten als Luxus und Prunkkleidung. Außer dieser Kleidung ist bei den Frauen eine Anzahl verschiedener Zieraten im Gebrauch. Der gewöhnlichste Schmuck besteht in Glasperlen von verschiedener Größe, Form und Farbe, vom kugeligen, wallnussgroßen berred oder Taubenei bis zu den kleinsten Stickperlcn. Aus den Perlen werden Hals-, Arm- und Knöchelbänder verfertigt, mit ihnen wird der rahat geziert, aus denselben werden lange Schnüre geformt nach Art von Rosenkränzen zum Tragen am Halse; schließlich finden sie Verwendung zum Kopfputze und zur Verzierung der Aermel. Man wird in Nubien kaum eine Frau antreffen, die nicht wenigstens einige Glasperlen am Arme oder Halse trügt. Außer aus Glasperlen werden noch aus Korallen und Kaurisschnccken, sowie verschiedenen kleinen Muschelsorten und Pflanzensamen Zierden für Arm und Hals gefertigt. Ferner werden aus Leder Bänder und Halsschnüre geschnitten, sowie Ohrenringe aus Büffelhorn gemacht. Menschen und Thierzähne werden vereinzelt an Schnüren ober Riemen obc r in Combinationen als Zierde am Halse getragen. Aus dem Haare des Büffels werden zierliche Schnüre geflochten und aus dem Hornstoffe Arm- und Fuhfpangen gefertigt. Reiche tragen an Knöchel und Handgelenken Ringe aus Elfenbein. Manche Frauen tragen Schmuck aus edlem Metall, als Hand-, Finger-, Ohr-, Nasen-, Knöchelringe, sowie Halsbänder aus Silber; die Ringe jedoch sind nicht aus^massivem Metall, sondern hohl. Eine eigenthümliche Sitte der Frauen ist das Tragen eines Nascnringcs im rechten Nascnloche; die blantätowirtcn Lippen, die geschwärzten Augenlicder und die mit henna gclbgefürbten Fingernägel vollenden die Verunstaltung. Knaben und Jünglinge tragen Ohrenringe, theils in den Ohrenläppchen, theils am obern Rande des Ohres; die im vorgerückten Alter auSgerissenen Ringe lassen große Lücken im Ohre zurück, wie überhaupt viele durch Einschnitte und Stiche in die Haut, besonders an den Backcnschläfcu, verunstaltet sind. In der Haartracht unterscheiden sich die Barabra von ihren Nachbarn, den Bedscha (Bischarin und Abalde). Während diese ihre Haare auf der Platte hoch aufrichten und zur Hälfte am Hinterhaupte in gekräuselten Locken herabfallen lassen, scheeren sich jene das Haupthaar kurz oder, was noch häufiger, rasieren cs ganz ab, wobei sie nur auf dem Vorder-schcitcl einen vereinzelten Büschel oder Schopf stehen lassen, den sic manchmal pflegen, bis ein hübscher Zopf entsteht. Die Frauen verwenden eine besondere Pflege auf die Haarfrisur. Sie ordnen das Haar in Flechten, Raupen, Strähnen, dünnen Locke» und Wülsten; ihr Haar bekommt nicht die Länge jenes der europäischen Frauen. Um dasselbe weich und elastisch zu erhalten, tränken und salben sie cs mit Del, Butter, Hammeltalg, Palmöl; um den Geruch dieser Fette zu verbessern, wird häufig Krokodilmoschus beigemischt. Nicht nur das Haupthaar, sondern der ganze Körper wird von Zeit zu Zeit gesalbt, um die Haut weich und geschmeidig zu erhalten und sie vor Sprödigkeit infolge der Sonnenhitze zu bewahren. Bei den Negern im Sudan ist das Salben der Haut noch viel ausgedehnter, da deren schwarze und feinere Haut der Sprödigkeit leichter zugänglich ist, als die Haut der Barabra. Infolge der Salbungen und Einölungen verbreiten besonders die Frauen einen durchdringenden Geruch um sich, der die Annäherung schon von der Ferne verkündigt und nach ihrem Vorbeigehen lange auf ihrer Spur sich hinzieht. Obwohl dieser Geruch keineswegs ein angenehmer ist, so ist er doch weniger widrig, als die natürliche Ausdünstung ihres Körpers. Wir bemerken hier, dass alle Nigriticr, besonders die Neger, eine specifische Hautausdünstung haben, die bei den Frauen stärker ist, als bei den Männern. Die Barabra finden den Geruch ihrer Salben angenehm und rechnen Bibcröl und Moschus zu ihren Luxusgcgcnständen, von denen sie bei Festlichkeiten besonders ausgiebigen Gebrauch zu machen pflegen. Wie die Frau ihre Locken salbt, so ölt der Knabe seinen Körper; die Hütten, die Geräthe, alles, was mit ihnen in Berührung steht, hat diesen Geruch. Wer vom Lande Nubien als Andenken einen rahat, ein Messer oder sonst etwas mit in die Heimat nimmt, wird auch diesen eigenthümlichen Geruch mit heimnehmen und ihn bei sich haben, so lange sein nubisches Andenken bei ihm bleibt. Als Waffe ist bei den Barabra fast überall die Flinte verbreitet; neben alten Systemen findet man auch bereits neuere. Für den Besitz eines Gewehres geben sie alles, entziehen sich die nöthige Nahrung und Kleidung, sie ist der Stolz der Hütte. Die Lanze ist nur mehr selten im Gebrauch, ebenso der Schild. Dieser ist rund, stark genabelt, aus. Büffelhaut, ganz ähnlich dem Schilde der Bedscha, bei denen Lanze und Schild noch die Nationalwaffen sind. Die gewöhnliche Begleitung der Barabra außerhalb der Wohnung ist der Stock. Er ist von verschiedener Form und Größe, bald gerade, bald krumm, mit oder ohne Knopf, mit und ohne Endhaken. Nicht selten hat er die Dicke eines Knüttels, er dient als Waffe zum Schlagen und Werfen, wobei seine Wirkung allerdings beschränkt ist. Nie geht der Mann ohne Stock aus; während des Marsches dreht sich derselbe, spielend zwischen seinen Fingern und ruht zwischen beiden Händen über dem Nacken; der Mann stützt Beim Sitzen das Kinn auf seinen Stock, sogar in der fremden Wohnung legt er ihn nicht weg und bei den Versammlungen der Acltcsten wühlt er mit demselben im Sande. Das Schwert in der Leder-scheide, breit, gerade, mit Kreuzgriff, fehlt wenigen Männern; cs dient theils als malerische Zierde bei festlichen Gelegenheiten, nüc bei Hochzeitsfeier, theils als Waffe. Messer und Dolche der Barabra sind gewöhnlich breit und lanzettförmig in lederner Scheide; meistens tragen sie Messer und Dolch am linken Oberarm, an zierlich gedrehter Lederschnur befestigt, oder am Leibgurt. (Fortsetzung fo'gt.) Lebensbilder deutscher Missionäre. Johann Gv. Dichte, aposiokischer Missionär von KentrakafriKa. Ein Palmzweig auf dessen Grab von Dr. Joh. Chr. Witterrutzner. SVu seiner Wiederherstellung und Kräftigung be-"■r schloss sein Oberer den hoffnungsvollen Missionär nach Europa zu senden. Am 1. April fuhr Dicht! in Begleitung eines achtzehnjährigen Negerjungen (Anton), der ihm zur Hilfeleistung mitgegeben war, auf einem Schifflein von Chartum ab, kam nil-abwärts nach Berber und dann durch die Wüste nach Suakin. Die reine Luft hatte den Kranken gestärkt, die Reise gieng glücklich von Statten, aber die Gefühle in seiner Brust waren keine freudigen. Ich habe", so schrieb er später einmal, „über die mir befohlene Abreise bitterlich geweint, aber — Gehorsam ist besser als Opfer". Die blühenden Missionsanstalten in Djebel Nuba, Delen, Masbes und El-Obeid sind zerstört und was wird aus Chartum werden? Werde ich es nochmals wiedersehen mit unserem stattlichen Missionshaus und der schönen Kirche — und die theuren Personen all', die Brüder und die Schwestern und die „Lämmlein" unserer Herde, die lieben Kinder, denen ich das Brot des Lebens gebrochen? Das waren wohl die Fragen, die damals bang sein Herz bewegten. Dass das traurige Verhängnis so bald über Chartum hereinbrechen, werde, hatte Dicht! wohl nicht gedacht. Am 27. April war er in Alexandrien, am 4. Mai in 9?om; daselbst erstattete er dem Cardinal Simeoni Bericht über den Stand der Mission und erhielt von ihm Empfehlungsschreiben für seine Weiterreise; zuvor hatte er jedoch den schwarzen Anton, der auf die „große Kälte" in Rom nicht gefasst war und sich unter den neugierigen Weißen sehr unbehaglich fühlte, zurück nach Kairo ins Missionshaus geschickt. Mitte Mai 1883 traf er in Italien ein und verlebte nun zwei Jahre theils hier in seinem geliebten Institute, theils in seinem Heimatlande Steiermark, von wo aus er nach allen Richtungen der Windrose Ausflüge machte, um die alten Freunde der Mission in ihrem Interesse für dieselbe zu erhalten und ihr neue Gönner zu wecken. So kam er am 22. Juni nach Wien, wo er unter der umsichtigen Leitung des Prälaten Msgr. Kornheisl das Somite des „Marienvereines" neuorganisiert fand und beim (Schluss.) Cardinal-Fürsterzbischof der liebevollsten Aufnahme sich erfreute; von hier gieng er nach Köln, wo die ziveite Lebensader des apostol. Vicariates von Centralafrika pulsiert, der Verein zur Ilntcrstützuug der armen Negerkinder" unter dem Präsidium des verdienstvollen Pfarrers von St. Jakob Msgr. Gottfried Nöcker; auch nach Brixen kam er und war ein liebwerter Gast des hochwürdigsten Fürstbischofes; überall nahm man den jungen Missionär mit dem lichtgelben Kleide und bunten Turban freudig auf und lauschte mit Theilnahme seinen interessanten Erzählungen aus dem „dunklen Erdtheil". In den Ruhepausen arbeitete er am Schreibtische für seine geliebte Mission, schrieb unermüdlich Artikel, Abhandlungen, so u. a. den sehr instructiven Aufsatz „Chartum", und für das vortreffliche „Grazer Volksblatt" seine wertvollen Artikel: „Der Sudan oder ein allgemeiner Ueber-blick auf das Jnsurrectionsgebict, d. i. über den ägyptischen Sudan, besonders für die Freunde der Mission für Central-Afrika". Diese Artikel erschienen dann gesammelt als Buch (es zählt 452 Seiten) in Graz und trugen für die Mission reichliche Früchte. Als bei der Einnahme Chartums (26. Jänner 1885) außer dem edlen Gordon auch unser österreichischer Consul Hansal ermordet wurde, widmete Dicht! diesem im Wiener „Vaterland" einen ehrenden Nachruf. Besonders jedoch beschäftigte ihn ein Gedanke, nämlich die Errichtung des schon längst ersehnten und so nothwendigen Missionsinstitutes auf öfter« reichichem Boden. Darum schrieb er unzählige Briefe, begab sich dann nach Wien und hatte am 26. Juni 1884 eine Audienz bei Sr. Majestät dem Kaiser; er eilte im März 1885 nach Rom und besprach sich darüber mit dem Cardinal Simeoni, dem Präfecten der Propaganda. Er hoffte und hoffte mit Grund, doch die „Zeitverhältnisse" sprachen dagegen. Unter all diesen Arbeiten vergaß Dicht! nie der Wohlthäter der Mission. Am 12. April 1884 schrieb er: „Am 6. d. Mts. habe ich der Institution Comboni's gemäß für den hochseligen Fürstbischof Vinccnz (von Brixen) die heil. Messe gelesen." Auf die Anzeige, dass dessen Nachfolger Fürstbischof Johannes am 23. April 1884 aus dem Leben geschieden fei, meldet er am 30. April: „Ich habe sogleich den hochw. Herrn Rektor gebeten, für diesen Wohlthäter der Mission ein Requiem halten zu lassen, was auch geschah." Anfangs Mai 1885 erhielt Dichtl, der inzwischen iviedcr längere Zeit kränkelnd im gastlichen Pfarrhofe zu G l c i s d o r f verbracht hatte, ein Telegramm aus Cairo mit dem Aufträge sich sofort nach Uady-Halfa zu begeben, um, wenn anders möglich, die Befreiung der Gefangenen in El-Obcid zu bewirken. Am 8. Mai schiffte er sich in Triest ein, traf am 14. in Cairo und am 6. Juni in Uady-Halfa ein. Er hatte die Freude, im Juli mit dem entkommenen Missionär Bonomi nach Cairo zu ge-langen; am 12. August traf er infolge der überstandenen Strapazen mehr todt als lebendig wieder in Italien ein. Der Hungertyphus, eine Nachwirkung der auf der Reise durch die Wüste erlittenen Entbehrungen hatte ihn an den Rand des Grabes gebracht. Sobald er transportabel war, wurde er nach Graz überführt, von wo aus er unterm 21. Nov. 1885 schrieb: „Endlich gibt der verlorene Sohn wieder ein Lebenszeichen! Welch lange Zeit ist verstrichen, seit ich das letzte mal schrieb! Nun, Gott sei Dank bin ich wieder in Neconvalescenz, die aber eine geraume Zeit in Anspruch nehmen dürfte, da es sich um die Lunge handelt. Typhus, Lungentuberkulose und Dysenterie haben mich außerordentlich heruntergebracht. Jetzt weile ich bis zur Wiederherstellung meiner 'Kräfte durch des hochwürdigsten Fürstbischofes Johannes Vermittelung und des Diö-cesan-Priestervercines Gnade im hiesigen Pricsterspitale. Habe ein gut eingerichtetes Zimmer und von Seite der ehrw. „Kreuzschwestern" die beste Pflege. Besseres hätte ich mir nie wünschen können. Gott sei Dank! Punkto Afrika habe ich eine herzliche Freude, dass wieder zwei Schwestern (Klosterfrauen) loskamen. Meine armen Seelen lassen mich halt nie im Stiche. Als für die Unserigen alles verzweifelte, gieng ich meine Freunde (die armen Seelen) an und versprach hundert hl. Messen zu lesen, wenn nur ein Theil der Aermsten loskäme, und siehe da, cs dauerte nicht allzulange, dass ich telegraphisch abberufen und nach Uady-Halfah beordert wurde: Bonomi kam mit mir und jetzt die Schwestern. Ich habe die Hilfe der armen Seelen schon zu oft erfahren, um daran zweifeln zu können. Wie habe ich sie manchmal in Chartum geplagt — aber nie umsonst." Im August 1886 begab sich Dichtl nach Bruck a. d. M. und dann auf viele Monate zu seinem einstigen Lehrer und verehrten Gönner, dem liebenswürdigen Dechant und Hauptpfarrer Josef Resch nach Straß gang. Von hier aus schreibt er am 27. September 1886: „In Bruck habe ich mich doch einigermaßen gekräftigt, so dass ich bereits etwas arbeiten kann; ich habe schon mit Predigt, Beichtstuhl usw. begonnen und hoffe, dass es bei regelmäßiger und nicht allzu-schwcrer Beschäftigung am Ende doch noch vorwärts gehen dürfte. Daher möchte ich wieder ganz ins Laufende der Missionsverhältnisse kommen. Habe heute auch geschrieben, mit der Bitte um genauere Nachrichten; gleichfalls nehme ich die alten Correspondenzen mit den Afrikanern und anderen Freunden und Gönnern in Aegypten wieder auf. Auch mit Köln und Wien werde ich wieder anknüpfen." Als er sich in Straßgang ziemlich wohl befand und so recht heimisch fühlte, erwachte wieder die alte Arbeitslust. Er plante ein großes, mit Illustrationen versehenes Werk über den Sudan, sammelte Hilfsmittel, studierte einschlägige alte und neue Werke, die ihm aus den Bibliotheken des nahen Graz bereitwilligst zur Verfügung gestellt wurden, und machte sich rasch an das Unternehmen. Diese schon ziemlich weitgediehene Arbeit wurde auf einmal gegen die Mitte des Jahres 1887 durch die Ankunft des hochwürdigsten Vicars in Europa und durch andere ihm von diesem aufgetragene Arbeiten unterbrochen. Solange der Vicar in Europa weilte, wa>. Dichtl großentheils sein Begleiter, hielt sich mit ihm längere Zeit in Ro Hit sch und Karlsbad auf und erhielt in Köln den Auftrag, die Autobiographie des Ne-gerpriesters Daniel Sorur Pharim Den, der nach Europa gekommen war, für den „Verein zur Unterstützung armer Negerkinder" ins Deutsche zu übersetzen. Später lieferte Dichtl für denselben Verein Nachrichten aus dem apostolischen Vicariate und Beiträge zur Geschichte der Mahdi-Wirren im Sudan. Diese zwei letzten Arbeiten bilden als artiges Bändchen den Jahresbericht für 1888 des genannten Vereines,. Der Bischof hatte sich am 20. November in Brindisi nach Aegypten eingeschifft, während Dichtl zu seinem Leidwesen wegen seiner schwachen Gesundheit in Europa zurückbleiben musste. Während seines Aufenthaltes in Wie n hatte der Bischof mit Dichtl das bei Obcr-St. Veit gelegene Kloster der „Dienerinnen des heiligsten Herzens" („Himmelhof") zweimal besucht. Vom „Himmelhof" aus crgieng nun die Bitte an den Bischof, seinen Missionär als Messpriester dahin zu schicken. Der Bischof willfahrte dem Ansuchen. Dichtl schreibt: „Ich gehe ganz gerne dahin, da ich dort meiner Arbeit über den Sudan noch besser obliegen kann als hier, weil mir die Bibliotheken Wiens zngcbote stehen." Er trat nun als Caplan im „Himmelhof" ein, betete, arbeitete und — kränkelte. Gothisches Kreuz. (Bus dem Hochaltäre des neuen Demes zu Linz a, D.) Lebensbilder deutscher Missionäre. 297 Nur der überaus sorgsamen Pflege der ehrwürdigen Schwestern war cS, wie er oft selbst versicherte, zu danken, dass in den fünf Vierteljahren seines Aufenthaltes im „Himmelhofe", den letzten seines Lebens, seine Körperkräfte, obwohl der Krankhcitsprocess schon weit vorgeschritten war, sich soweit erhielt, dass er seinen Officien (heilige Messe und zuweilen Segen) bis kurze Zeit vor seinem Tode nachkommen konnte und oft noch (so zum Feste des heil. Josef, in der Charwoche, im Maimonat, zum Frohnleichnamsfeste usw.) aller Einsprache entgegen ein Mehreres leistete, um den guten Schwestern eine Freude zu machen. Dabei war er immer auch mit der Feder thätig, arbeitete für seinen hochwürdigsten Bischof, schickte ab und zu Berichte an das „Grazer Volksblatt" und in die „Kölnische Volkszeitung" und zeigte selbst an „schlimmen Tagen" eine unverwüstliche, allen wohlthuende Heiterkeit. Zu Pfingsten besuchte ihn zu seiner Freude sein Mütterlein. Er entließ sie, wie er glaubte, in tröstlicher Täuschung über die Bedenklichkeit seines Zustandes. Im Spätherbste gierig es rapit abwärts, am 15. Dezember schreibt er: „Nach langen, langen Wochen ist wieder ein Tag, wo ich tu Feder gebrauchen kann und diesen benütze ich, dem Ihnen recht frohe und angenehme Weihnachten und ein glückliches Neujahr zu wünschen. Freilich komme ich zu frühe, aber ich habe keine Gewähr, ob es später noch sein kann. Meine Gesundheitsverhältnisse sind derart, dass ich den Schwestern schon Anordnungen für mein Begräbnis niedergeschrieben habe. Nun scheint es wieder besser werden zu wollen, aber auf wie lange? Es ist mir so leid, dass ich mich jetzt nicht rühren konnte und kann gelegentlich der Anti - Sclaverei - Bewegung in Wien und Oesterreich überhaupt . . . Im Uebrigen seien Sie meinetwegen außer Kummer; die Pflege ist die denkbar beste und für eine etwa nöthige Aushilfe ist durch die Liebenswürdigkeit der PP. Dominicaner und anderer priester-licher Freunde gesorgt." Unter letzteren verdient besonders erwähnt zu werden der hochwürdige Mon-signor Eduard Friedrich, ein langjähriger Freund und Wohlthäter der Mission von Centralafrika. Auch sein Mitbruder, der Missionär P. Taver Geyer, der jenen Winter in Angelegenheiten der Mission in Wien und anderen Städten Oesterreichs weilte, besuchte den Kranken wiederholt auf dem Himmelhof. Am 22. December wurde dem Kranken auf sein Verlangen die hl. Oelung gespendet; doch las er noch bis zum 6. Jänner, wenn auch mit großer Anstrengung, täglich die heil..Messe; von da an blieb er ans Bett gefesselt; jeden Morgen cmpfieng er mit inniger Andacht die heil. Communion; in den Nachmittagsstunden des 31. Jänner legte er noch einmal seine Beichte ab, erhielt die Generalabsolution und entschlief gegen 11 Uhr nachts sanft und ruhig ohne jeden Kampf unter den Gebeten der heiligen Kirche und denen seiner treuen Pflegerinnen. Am 3. Februar wurde seine irdische Hülle auf dem Ortsfriedhofe von St. Veit zur Erde bestattet; daselbst, der Statue des heiligsten Herzens Jesu, welche die Grabstätte der chrw. Schwestern schmückt, zu Füßen gebettet, harrt das Sterbliche an ihm der Wiedervereinigung mit seiner edlen Seele am großen Ostermorgcn. Inzwischen wird er, so hoffen wir, beten für den Gegenstand seiner heiligen Liebe und seines verzehrenden Eifers, seine theuere Mission, der er sterbend noch im Wachen und Träumen gedachte, wird beten für seine armen Neger und deren Freunde. Bekanntlich unterscheidet man ein blutiges und unblutiges Martyrium. Letzteres hat der edle Priester dem diese Zeilen gewidmet sind, durch neun Jahre mit einem heroischen Mute erduldet. Das mörderische Klima von Afrika, wiederholt schwere Krankheiten der tiefe Schmerz über den plötzlichen Tod seines heißgeliebten Bischofs, der in seinen Armen verschied, der Gram über die Zerstörung der blühenden Mis-siousstationen in Chartum, El-Obeid und Delen durch die Horden Mahdis und über die Gefangenschaft theuerer Missionsmitglieder usw. untergruben seine Gesundheit so sehr, dass er krank nach Europa zurückkehren musste. Einem solchen Manne gebühret die Palme, das constante Zeichen des Martyriums; hat er ja auch im Lande der Palmen gewirkt; deshalb sei auch dieser bescheidene Nachruf an ihn einem Palmenzweige gleich, den wir pietätvoll auf sein Grab niederlegen. Ruhe in Gott, edles Herz! Dein Andenken ist und bleibt ein gesegnetes! Legende des Morgenlandes. Per H5. Lucas. (18. October.) ^>er heilige Lucas ist eine von jenen bewunderungs-würdigen Persönlichkeiten, denen das Christenthum die großartigste und gesegnetste Stiftung auf Erden, seine erste Verbreitung verdankt. Die Apostel und ihre Schüler waren auch bloß mit den Augen des Menschen und Geschichtsschreibers betrachtet Persönlichkeiten, die unsere Hochachtung und Bewunderung in hohem Maße verdienen. Sie stehen wie Riesen auf der Grenze zweier Welten, reißen die alte Welt nieder und bauen eine neue auf, sie thürmen wie die Tytanen die Berge zum Himmel empor und pflücken Sterne vom Firmamente herab. Der heilige Petrus war nach der Ankunft des heiligen Geistes kein armer galiläischer Fischer mehr. Er ist der Baumeister des herrlichsten Domes auf der Welt — der katholischen Kirche — geworden in welchem der heilige Johannes sein neues Evangelium der Liebe verkündigte und die übrigen Apostel und ihre Schüler der ewigen Wahrheit und der Gottheit und Menschheit Jesu Christi Zeugnis geben. Und der heilige Paulus, der Apostel der Heiden und der Herold des Christenthums, steht auf der Schwelle des Domes und ruft allen vorbeigehenden heidnischen Völkern zu: Venite adoremus! Ihm im Leben und im Tode treu zur Seite steht sein Schüler und Begleiter auf den apostolischen Reisen — der heilige Lucas. Der heilige Lucas ist eine ungemein sympathische Gestalt. Er ist eine von jenen Persönlichkeiten, die durch ihr erstes Auftreten gewinnen, deren Erscheinung einen unauslöschlichen Eindruck macht. Einfach, schlicht und großartig erhaben wie alles Göttliche und vom göttlichen Geiste beseelt, begeistert für seinen Glauben, rastlos thätig für dessen Verbreitung, dabei aber nüchtern in seinen Anschauungen, kühl in seiner Lebensweise, ist er eine jener markierten und kernigen Gestalten, an denen die ersten Zeiten des Christenthumes so reich sind. Der heilige Lucas war einer von den ersten Heiden, die in den Schoß der Kirche eingiengen und er ist der einzige heidenchristliche Evangelist und der erste Missionär aus dem Heiden-thume, der sich dem heiligen Paulus frühe angeschlossen und ihn auf seinen Missionsreisen begleitet und ihm bis zu Tode treu beigestanden, darum ver- dient er, dass ihm in diesem Missionsblatte einige Zeilen gewidmet werden. Die einzigen sicheren Nachrichten über den heiligen Lucas bietet uns die heilige Schrift, nämlich das dritte Evangelium, die Apostelgeschichte und die Briefe des heiligen Paulus. Der heilige Lucas ist einer von jenen glücklichen Menschen, die Gott selbst zu ihrem Biographen und zum Verkünder ihrer Thaten und Tugenden gefunden haben. Gottes Werke sind nicht wie die Menschenwerke. Der Mensch müht sich und plagt, arbeitet und schafft und bringt endlich mit großer Anstrengung des Geistes und des Leibes ein Werk hervor, auf das er stolz Hinweisen kann: „Seht, was ich kann!" Gott schafft mit einem fiat — es werde — Werke, die uns wegen ihrer erhabenen Einfachheit in das größte Staunen versetzen, Werke, vor denen die Menschheit, als sie den Schöpfer aus dem Gesichte verloren hatte, niedergesunken war und ihnen göttliche Ehren gezollt hatte, — als ob er sagen wollte: „das ist nichts im Vergleiche zu dem, was ich kann." Gott hat seine Worte mit Lapidarschrift in das Portal des Weltendomes und in das Heiligthum seiner Heilsgeschichte eingemeißelt. Es sind wenige Worte, aber von erhabenster Einfachheit, tief und inhaltsreich. Die kunstvollste menschliche Rede verhält sich zu ihnen wie ein menschliches Kunstwerk zu der Großartigkeit des Weltenbaues. Je einfacher und weniger die Worte, desto erhabener und mehr verrathen sie ihren göttlichen Charakter. Seine Selbstbeschreibung hat der Allmächtige und Unendliche mit drei Worten vollendet: ,,’ehje ’aser ’ehje — ich bin, der ich bin", und für das Lob seiner größten Diener hat er durch seine inspirierten Schreiber nicht viel mehr Ausdrücke verwendet. Darum müssen wir uns mit den wenigen Notizen, die uns die heilige Schrift über den heiligen Lucas gibt, begnügen. Suchen wir sie mit Hilfe einiger unsichern Angaben, die uns die Ueberlieferung bietet und unserer mehr oder weniger wahrscheinlichen Schlüsse zu einem Bilde unseres Heiligen zu ordnen. Das Wort Lucas kann aus Lucanus oder Luci-lius abgekürzt sein; solche Namensänderungen geschahen in der römischen Kaiserzeit namentlich bei Legende des Morgenlandes. 299 Freigelassenen nicht selten. Einige alte Kirchenschrift-stcller haben den heiligen LucaS mit jenem Lucius verwechselt, von dem in der Apostelgeschichte 13, 1 die Rede ist: „Es waren aber in der Kirche zu Antiochia Propheten und Lehrer; darunter Barnabas, Simon, genannt ©tiger und Lucius von Cyrene", und mit jenem Lucius, von dem der heilige Paulus an die Römer schreibt: „Es grüßt euch Thimoteus, mein Mitarbeiter, auch Lucius und Jason und So-sipater, meine Verwandten". Allein, wenn das erstere richtig wäre, könnte nicht in der Apostelgeschichte zivei Verse später in der dritten Person gesagt werden: „alsdann fasteten sie, und sie beteten und legten ihnen die Hände auf und sie ließen sie ziehen." Und aus der Apostelgeschichte wissen wir auch, dass der heilige Paulus, als er den Brief an die Römer schrieb, sicher nicht den heiligen Lucas bei sich hatte. Es sind also keine Anhaltspunkte da für die Behauptung, das Lucas ein Verwandter des heiligen Paulus gewesen. Der heilige Lucas war auch nicht einer der zweiundsiebzig Jünger, wie andere gemeint haben. Er sagt selbst in der Einleitung in seinem Evangelium, dass er nie den Herrn gesehen, sondern von Augeu-und Ohrenzeugen seinen Bericht geschöpft habe: „Weil viele unternommen haben, die Erzählung der Dinge, die unter uns erfüllt worden sind, so zu verfassen, wie jene überliefert haben, die vom Anfange an selbst sahen und Diener des Wortes waren; so habe auch ich für gut befunden, der ich über alles vom Anfange an genaue Kundschaft eingeholt, es dir der Ordnung nach aufzuschreiben, bester Theophilns." Auch dass Lucas einer der beiden Jünger Jesu war, welche am Osterfeste nach Emaus giengen, ist eine bloße Sage, so sehr auch die Erzählung bei Lucas Cap. 24 auf einen Augenzeugen deutet. Der heilige Lucas war kein Jude. Der heilige Paulus zählt im vierten Capitel des Colosserbriefes alle seine Mitarbeiter aus dem Judenthume auf und schließt: „. .. welche aus dem Judcnthume sind; diese sind meine einzigen Mitarbeiter am Reiche Gottes, welche mir zum Troste gewesen sind." Dann nennt er seine Gehilfen aus den Heiden, darunter auch: „Es grüßt euch Lucas der Arzt, der vielgeliebte, und Demas." Das der heilige Lucas Arzt gewesen, ist immer in wörtlichem, nie in figürlichem Sinne verstanden worden; dies würde bestätigt erscheinen, wenn man nach seinen Namensform ihn als Freigelassenen zu betrachten hätte; denn die ärztliche Kunst ward oft von Freigelassenen geübt. Im Mittelalter bildete sich die Legende aus, der heilige Lucas sei auch Maler gewesen und habe die allcrseligste Jungfrau porträtiert; die älteste sichere schriftliche Aufzeichnung ist bei Simon Mctaphrastes. Vermuthlich ist dies nur ein Ausdruck für die Thatsache, dass Lucas das Bild der Muttcrgottes in seinem Evangelium besonders sorgfältig und anschaulich gezeichuct hat; indes wird eine Anzahl alter Madonnenbilder, vor allem das zu Rom in St. Maria Maggiore befindliche, noch immer auf den heiligen Lucas zurückgeführt. Der heilige Lucas. Nach späteren Angaben war Lucas zu Antiochien geboren und trat als Heide, ohne erst Profelpt geworden zu sein, zum Christenthum über. Als in Jerusalem die blutige Verfolgung der Christen begann und der hochherzige Diakon sein glorreiches Zeugnis für den gekreuzigten Heiland durch den Martertod besiegelte, zerstreuten sich viele Jünger über Syrien hin. „Es waren aber unter ihnen einige Männer aus Cypern und Cyrenc, welche in Antiochia auch zu den Griechen (Heiden) redeten und den Herrn Jesum verkündeten. Und die Hand des Herrn mar mit ihnen, eine große Anzahl bekehrte sich zu dem Herrn. Die Nachricht hievon kam zu der Kirche in Jerusalem und sie sandte den Barnabas bis gen Antiochia. . ." Dieser reiste nach Tarsus, den Saulus zu suchen, und führte ihn nach Antiochia. Sie hielten sich daselbst in der Kirchengenwinde ein ganzes Jahr auf und lehrten eine große Menge, so dass zu Antiochia die Jünger zuerst Christen genannt wurden." (Apg. 11, 20 ff.). In diese Zeit — um 43 — füllt die Bekehrung des heiligen Lucas, der in der Folge dem Apostel Paulus mit inniger Hingebung und Verehrung anhieng. Gewiss ist, dass er sich auf der zweiten Missionsreise dem heiligen Paulus 300 Legende des Morgenlandes. in Troas anschloss und ihn bis nach Philippi begleitete, wie aus dem Wechsel der Person in der Erzählung der Apostelgeschichte zu ersehen ist. Denn während er früher stets in der dritten Person nnt „sie" erzählt, ändert er hier plötzlich die Redeweise und fängt nnt „wir" an. „Nachdem sie nun an Mysien vorübergezogen waren, kamen sie nach Troas. Da zeigte sich dem ° heiligen Paulus ein Gesicht: Ein mace dänischer Mann stand da, bat ihn und sprach: „Ziehe hinüber nach Macedonicn und hilf uns!" Als er diese Erscheinung gesehen hatte, suchten wir alsbald nach Macedonien zu reisen, überzeugt, dass uns Gott gerufen, ihnen das Evangelium zu verkünden. Da schifften wir ab von Troas, und kamen geraden Laufes nach Samothracien und am folgenden Tage nach Steapolis, und von dort nach Philippi, welches die angesehenste Stadt jenes Theiles von Macedonien ist, eine Pflanzstadt. Wir waren in dieser Stadt einige Tage und hielten Unterredungen." Bei der Abreise von Philippi ließ der heilige Paulus Timotheus und Lucas daselbst zurück um die junge Gemeinde zu pastorieren und unter den Heiden das Evangelium zu verbreiten. Philippi war die Lieblingsgemeinde des heiligen Paulus, an sie schrieb er einen seiner zärtlichsten Briefe und lobte sie in den schönsten Ausdrücken. Aber auch die Gemeinde hieng an ihrem ersten Apostel und Gründer mit innigster Liebe. Als der Apostel in Rom in seiner ersten Gefangenschaft weilte, schickte sie ihren Bischof Epaphro-ditus mit einer Geldunterstützung zu ihm nach Rom, um dem heiligen Paulus mit Rath und That beizustehen. Seine Lieblingsgemeinde hat der Heidenapostel seinen Lieblingsjüngern Timotheus und Lucas anvertraut. Timotheus folgte ihm bald nach Athen, Lucas aber blieb allein zurück, bis ihn der heilige Paulus, als er auf seiner dritten Missionsreise wiederum nach Troas kam, zu sich berufen hatte. „Wir schifften von Philippi ab," setzt der heilige Lucas seinen Bericht fort, „nach den Tagen der ungesäuerten Brote, und kamen in fünf Tagen zu ihnen nach Troas, wo wir sieben Tage blieben. Als wir aber am ersten Tage zum Brodbrechen zusammengekommen waren, redete Paulus zu ihnen, weil er am ^ folgenden Tage abreisen wollte und verlängerte die Rede bis gegen Mitternacht. Es waren viele Lampen im Obergemach, wo wir versammelt waren. Und ein Jüngling mit Namen Eutichus saß auf dem Fenster. Dieser sank in tiefen Schlaf, indem Paulus lange redete, und vom Schlafe überwältigt fiel er vom dritten Stockwerke hinab und ward todt aufgehoben. Da gieng Paulus hinab, legte sich auf ihn und sprach: „Seid nicht unruhig, denn seine Seele ist in ihm." Nun gieng er wieder hinauf, brach das Brod, aß, und nachdem er noch bis zum Anbruche des Tages gesprochen hatte, reiste er so ab. Den Jüngling aber führten sie lebendig herbei und wurden getröstet. Wir aber giengen zu Schiff und fuhren nach Assos, wo wir den Paulus aufnehmen wollten. Denn so hatte er eS angeordnet, indem er selbst zu Lande hinreisen wollte. Als er nun in Assos zu uns kam, nahmen wir ihn auf und kamen nach Mytilene, von da schifften wir ab und kamen am folgenden Tage Chios gegenüber. Des andern Tages landeten wir bei Samos und ain folgenden Tage kamen wir nach Myletus. Denn Paulus hatte beschlossen, Ephesus vorbeizufahren, damit er in Asia nicht aufgehalten würde; denn er eilte, um wofern es ihm möglich würde, das Pfingstfest in Jerusalem zu feiern. Von Miletus aber sandte er nach Ephesus und berief die Aeltesten der Gemeinde. Als sic nun zu ihm gekommen und beisammen waren, sprach er zu ihnen. Es weinten aber alle sehr, fielen Paulus um den Hals und küssten ihn, am meisten betrübt über das Wort, welches er gesagt hatte, dass sie sein Angesicht nicht mehr sehen würden. Und sie geleiteten ihn an das Schiff. Als cs aber geschehen war, dass wir abgefahren und von ihnen entfernt waren, kamen wir geraden Laufes nach Cos, am folgenden Tage nach Rhodus und von da nach Patura. Und als wir ein Schiff gefunden hatten, das nach Phönizicn fuhr, stiegen wir ein uud fuhren hin. Da wir aber Cchpern zu Gesichte bekommen und zur Linken liegen gelassen hatten, fuhren wir nach Syrien und kamen nach Tyrus, denn da sollte das Schiff die Fracht ausladen. Und weil wir daselbst Jünger fanden, blieben wir sieben Tage. Diese sagten zu Paulus durch den Geist, er sollte nicht hinaufgehen nach Jerusalem. Nachdem die Tage zu Ende waren, begaben wir uns auf die Reise; alle sammt Weibern und Kindern geleiteten uns zur Stadt hinaus, da knieten wir nieder am Ufer und beteten. Und da wir von einander Abschied genommen, stiegen wir ins Schiff, jene aber kehrten nach Hause. Die Fahrt war nun vollendet und wir begaben uns hinab nach Ptolemais, grüßten die Brüder und blieben einen Tag bei ihnen. Des anderen Tages reisten wir ab und kamen nach Cäsarea. Wir giengen in das Haus des Evangelisten Philippus, der einer von den Sieben war und blieben bei ihm. Dieser hatte vier Töchter welche Jungfrauen waren und weissagten. Als wir einige Tage verweilt hatten,. kam noch ein Prophet von Judäa herab, Agabus mit Namen. Da dieser zu uns gekommen, nahm er den Gürtel des Paulus, band sich Hände und Füße und sprach: „So spricht der heilige Geist: Den Mann, dessen dieser Gürtel ist, werden die Juden zu Jerusalem also binden und ihn überliefern Legende des Morgenlandes. 301 in die Hände der Heiden." Da wir dies hörten, baten wir und die von jenem Orte waren, dass er nicht möchte hinaufgehen nach Jerusalem. Paulus aber antwortete und sprach: „Was thut ihr, dass ihr weinet und mein Herz betrübet? Ich bin bereit, nicht nur mich binden zu lassen, sondern auch zu sterben in Jerusalem für den Namen des Herrn Jesu." Da wir ihn nun nicht bereden konnten, schwiegen wir und sprachen: „Des Herrn Wille geschehe!" Nach diesen Tagen aber machten wir uns reisefertig und zogen hinauf gen Jerusalem. Und es zogen mit uns einige von den Jüngern aus Cäsaren und führten einen gewissen Mnason aus Cypern, einen alten Jünger mit sich, bei dem wir einkehren sollten. Da wir nun nach Jerusalem gekommen waren, nahmen uns die Brüder mit Freuden auf. Am folgenden Tage aber gicng Paulus mit uns zu Jacobus und alle Aeltcstcn kamen da zusammen. Nachdem er sie gegrüßt hatte, erzählte er eines nach dem andern, was Gott unter den Heiden durch seinen Dienst gethan. Da sie nun dies gehört hatten, priesen sie Gott." — Dieser kurze Reisebericht beleuchtet in schönstem Lichte die Lebens- und Denkweise der ersten Christen. Sie waren keine stürmischen, Fanatiker, keine schwärmerischen Fanatiker. Ihre Begeisterung für Christus war ein hell loderndes aber ruhig brennendes Feuer. Sie betrachteten sich als Brüder in Christus, sic bildeten eine Familie: die göttliche Liebe knüpfte die Glieder derselben aneinander und alle miteinander an ihre himmlischen Ideale. Trotz Verfolgung und Bedrängnisse spiegelt sich in diesem Berichte eine übernatürliche Ruhe und Geduld, Sanftmuth und Ergebenheit, Zuversicht und Freude im Leben der ersten Christen ab. Es wirft aber auch ein schönes Licht auf den Charakter und die Gesinnungen des Schreibers, des heiligen Lucas. Seine Treue und Anhänglichkeit au Paulus, seine Demuth und Bescheidenheit, seine Begeisterung für den Glauben und sein Opfermuth spiegeln sich in demselben ab. Er verschwindet ganz hinter seinem großen Vorbild, er vergisst ganz auf sich selbst, nie nennt er seinen Namen nie spricht er von sich, seinen Arbeiten und Erfolgen. Er will nur ein getreuer Schüler seines großen Meisters sein, stets bemüht, ganz in ihm aufzugehen. In Jerusalem haben die Juden gegen den heiligen Paulus einen Tumult erregt, das Volk aufgehetzt: sie ergriffen ihn, schleppten ihn ans dein Tempel und wollten ihn tobten. Da ist er im letzten Augenblicke von einem römischen Obersten gerettet worden, der den Tumult gehört hatte und mit einigen Soldaten herbeigeeilt war. Er nahm den Apostel gefangen und führte ihn auf die Burg Antonia und später schickte er ihn unter einer Militärexcorte dem Landpfleger nach Cäsaren. Der Landpfleger wagte nicht, den Juden zu widerstehen, die ungestüm die Verurtheilung und den Tod des Apostels verlangten, aber auch nicht einen römischen Bürger unschuldig hinrichten zu lassen. Er behielt den heiligen Paulus zwei Jahre bei sich in Cüsarca in Gefangenschaft und schickte ihn dann, weil sich der Apostel auf den Kaiser berufen hatte, nach Rom. Der heilige Lucas blieb bei seinem Meister in der Gefangenschaft in Cäsaren, machte mit ihm die Reise nach Rom mit, wobei sie einen fürchterlichen Seesturm und einen Schiffbruch erlebt, den er in der Apostelgeschichte auf das anschaulichste beschreibt, und harrte mit ihm in der neuen zweijährigen römischen Gefangenschaft aus. In den Briefen die der heilige Paulus aus seiner ersten römischen Gefangenschaft geschrieben, erwähnt er öfters den heiligen Lucas mit den schönsten Ausdrücken. Im Briefe an die Colosser sagt er: „Es grüßt euch Lucas, der Arzt, der Vielgeliebte," und int Briefe an Philemon: „Es grüßt dich Lucas, mein Mit- arbeiter." Der Name Mitarbeiter bezeichnet ihn als Cleriker. Er hatte also zur Zeit, tue dieser Brief geschrieben wurde, die Priesterweihe empfangen: vielleicht war er sogar Bischof. Oft ist auf ihn die Stelle 2. Cor. 8, 18 bezogen worden: „Wir haben auch mit ihm den Bruder gesandt, den wir oft in vielen Dingen eifrig befunden haben, jetzt aber viel eifriger wegen dcS großen Vertrauens zu euch." Dies ist auch die Ansicht der katholischen Kirche, insofern diese Stellen in der Epistel am Feste unseres Heiligen gelesen werden. Nachdem der heilige Paulus seine Freiheit wieder erlangt, begleitete ihn Lucas höchstwahrscheinlich auf dessen weiteren Missionsreisen in Spanien, Griechenland und Kleinasien, wurde mit ihm in Corinth gefangen genommen und nach Nom gebracht. Sicher ist, dass er dem Hcidenapostel in dessen zweiter römischen Gefangenschaft,, wo ihn alle anderen Freunde und Schüler verlassen hatten, bis zum Tode treu au der Seite stand. Der heilige Paulus schreibt in seinem zweiten Briefe an Timotheus: „Damas hat mich verlassen aus der Liebe zu dieser Welt und ist nach Thcssalonica gezogen, Crescens nach Galaticn, Titus nach Dalmatien. Lucas ist allein bei mir." Das ist die letzte sichere Nachricht über den heiligen Lucas, die wir haben. Nach späteren Angaben blieb er unverheiratet, begab sich beim Tode des heiligen Paulus von Rom nach Achaia und waltete dort als Bischof, bis er im Alter von 74 Jahren starb. Er soll auch in Italien, Gallien, Dalmatien und Macedonicn, ja sogar in Aegypten das Evangelium verkündet haben. Die heiligen Bischöfe Gregor von 302 Legende des Morgenlandes. Nazianz und Paulinus erzählen, dass er zu Patras in Achaia gemärter^ worden sei und die katholische Kirche verehrt ihn als Märtyrer am 18. Oktober. Im Jahre 357 wurden seine Gebeine mit denen des heiligen Andreas nach Konstantinopel gebracht. Den innigsten Dank und unsterblichen Ruhm in der Kirche hat sich der heilige Lueas verdient durch seine Schriften: das dritte der Evangelien und die Apostelgeschichte. Beide Bücher, wahrscheinlich um das Jahr £2 und 63 in Rom geschrieben, hat er einem gewissen Deophilus gewidmet. Allem Anscheine nach wollte er noch ein drittes Werk, eine Fortsetzung der Apostelgeschichte schreiben, ober - hat es vielleicht geschrieben, ist aber daran gehindert worden, oder das Buch ist ftühe verlöret gegangen. Abgesehen von dem besonderen Beistände des hl. Geistes war Lueas dtirch seinen großeit Eifer, durch seine wissenschaftliche Bildung und durch seine langjährige Begleitung des heiligen Paulus vorzüglich befähigt, die treueste Geschichte Jesu und seiner Kirche zu schreiben. Auf seinen Reisen traf er mit den meisten Jüngern und Aposteln des Herrn zusammen. Die Jugendgeschichte Jesu, die er allein erzählt, vernahm er höchstwahrscheinlich aus dem Munde der göttlichen Mutter Maria selbst; die Thaten, Kämpfe und Siege des heiligen Paulus geschahen unter seinen Augen und theilweise unter seiner Mitwirkung. Dargestellt wird der heilige Lueas nebst Buch und J Feder mit dem Opferstier, weil sein Evangelium j mit dem gottbegnadigten Opfer des Zacharias beginnt; | im weiteren Perlaufe erzählt er vorzugsweise tue Wunder der göttlichen Gnade, z. B. die Heiligung und Geburt Johannes des Täufers, die Auferweckung deS Jünglings von Naim, das Gleichnis vom barmherzigen Samaritan, vom verlorene» Sohn, vom betenden Zöllner . . . Das Evangelium des heiligen Lueas ist eine Ausführung und Begründung des Ausspruches feines apostolischen Meisters. „Das Evangelium ist eine Gotteskraft zum Heile für jeden, der glaubt, den Juden zuerst, dann den Heiden; denn Gottes Gerechtigkeit offenbart sich darin aus dem Glauben für den Glauben." (9iöm. 1,16). Darum hob er aus den Reden und Thaten hauptsächlich diejenigen hervor, welche die Allgemeinheit des Christenthums und die Gleichberechtigung der Heiden mit den Juden zu illustrieren geeignet waren. Das Heil wird unter Juden geboren und ausgewirkt, von diesen verworfen und darum zu den Heiden getragen. Das dritte Evangelium mit der Apostelgeschichte zeigt das Christenthum auf dem Wege von Jerusalem nach Rom, das Judenthum wird verworfen, die Heiden in die Kirche Gottes aufgenommen. Der heilige Lueas schrieb sein Evangelium für die Heiden, aus der ganzen Anlage und aus dem Inhalte desselben lässt sich dieser leitende Gedanke bei der Abfassung des Evangeliums und die Rücksicht auf die Heiden erkennen, welche ihren geistigen Zustand selbst mit den Worten beschreiben: ov /živ yaQ tI nov eaiiv oi^vQc'neqov dvdqog1 ndvTcov, b'ffja ts yalav tm nveiei re xal eqnsi. Lebensweise der Neger im Sudan. Wic anderswo ist auch bei den Sudannegern die Lebensweise ihrer Beschäftigung und ihrem Lebensunterhalt angepasst. Die meisten Neger-Völker und Völklein des Sudan zwischen bcm 12. und 4. Breitegrade sind Viehzüchter, eine Ausnahme bilden nur die Schilluck und die Bari, welche vorzugsweise den Ackerbau betreiben. Die Viehzüchter müssen der Jahreszeit Rechnung tragen und so wandern sie in der trockenen Zeit, wenn im Innern Wassermangel eintritt, mit ihren Viehherden in die Nähe des Nil, wo sie provisorische Hütten aus Schilfrohr, mit Kuhmist überstrichen, errichten und dem Dolce far niente sich hingeben, während ihre Herden in dem wässerigen Grase den Hunger stillen. Während dieser Zeit bleiben im Innern nur einzelne Schmiede, welche kein Vieh besitzen, und Viehdiebe, welche nicht mitziehen dürfen. — Ist die Trockenzeit um, so bewegt sich alles wieder dem Innern zu ; hier ist ihre eigentliche Heimat, hier finden sie die besten Plätze zum Anbau der SDurrlja; hier bietet ihnen die Natur die mannigfaltigsten Waldfrüchte und für das Vieh Gras im Ueberfluss. Die Zeit, wo die Neger in die Wälder zurückziehen, ist für sie eine Freudcnzcit. Hier wollen wir sie aufsuchen und ihr Leben und Treiben uns näher ansehen. Wohnungen. Die festen Wohnungen der Sudan-Neger im Innern sind bei allen Stämmen fast gleich oder einander wenigstens sehr ähnlich. Es sind runde Hütten, etwa 5—6 Meter im Durchmesser. Man gräbt im Kreise eine Reihe von etwa drei Meter langen Pfählen ein, füllt die Zwischenräume mit Rohrstangen aus, verbindet Pfähle und Rohr zuoberst und in der Bütte mit starken Weidenruthen, dass alles das Aussehen eines umgestülpten runden Korbes erhält, setzt auf die Pfähle einen runden spitzen Dachstuhl, der mit dürrem Grase bedeckt wird, überstreicht die Wände innen und außen mit Kuhfladen, stampft den Boden fest, überstreicht ihn mit einer Mischung von Lehm und Kuhmist und das Haus ist bis auf die Thür fertig. Die Thüröffnung, die oval ist, ist sehr klein, beim der Neger geht nicht ins Haus, er kriecht hinein auf allen Vieren. Den Luxus eines Fensters kennt und braucht der Neger nicht. Die Bari verlängern das runde Dach, so dass um die ganze Hiitte herum ein niedriger Gang ent- steht, in welchem sie Holz und andere Sachen aufbewahren und wo zumeist auch die liebe Jugend ihre Schlafstube und bei Rcgenwetter ihren Spiel-salon hat. Deswegen hat das Haus der Bari zwei Thüren, die erste führt in den runden Gang, die zweite erst in die eigentliche Wohnung, wo natürlich stets die ägyptische Finsternis herrscht. Ganz etwas Sonderbares, was man bei andern Stämmen nicht findet, sind bei den Bari in der Nähe ihrer Hütten die Getreidekörbe (gugu). Es sind dies sehr große Körbe, aus Zweigen geflochten und mit festen Stangen versehen, welche auf starken in der Erde eingerammten Pfählen ruhen. Obenauf bekommt der Korb noch ein rundes Spitzdach, und so ist das Getreide vor Regen und selbst vor Feuchtigkeit geschützt und auch die Termiten können nicht so leicht zu demselben gelangen. Freilich hat ein solcher Getreideboden auch seine zweibeinigen Feinde und darum muss der Besitzer, so lange die Körbe voll sind, besonders in dunklen Nächten bei denselben schlafen, denn auch den sudanesischen Dieben sind dunkle Nächte angenehmer als helle. Hausgeriith. Solch ein Haus, in das die Leute wie vier-füßige Thiere hineinkriechen, hat natürlich auch keine Abtheilung; du kriechst über die Schwelle und Empfangsalon, Küche, Speisezimmer, Waschküche, Schlafzimmer, Kinderstube und Hühnerstall liegt gleichzeitig vor den Augen. Selbstverständlich muss auch die innere Einrichtung dementsprechend sein. An den Wänden findet man die einzigen plastischen Kunst-producte in halberhabenen Figuren, einen Ochsenkopf als Symbol, ihres höchsten Ideales auf Erden, des Rindes und eine Schlange als Gegenstand des Schreckens. Doch bedarf es mitunter einer tüchtigen Portion Einbildungskraft, um zu errathen, was die Figuren eigentlich bedeuten sollen. Gleich neben der Thür ist im Innern der Hütte der Feuerherd, wo die Hausfrau kocht und zur Nachtzeit ihr Hänschen erhellt und erwärmt. Dieses Feuer brennt in kühleren Nächten immer fort und, weil die Thür fest verschlossen ist, entsteht eine für den Europäer unerträgliche Hitze. Die Thür ist ans Stroh geflochten und wird von innen befestigt. Die Feuerung geschieht auf eine sehr primitive Art, denn unsere „Sikkerheds Taendstikker“ haben bis jetzt den Weg in die Negerhiitte nicht gefunden, Feuersteine und Schwefel haben sic auch nicht und so reiben sic zwei Holzstücke, ein hartes und ein weiches, solange aneinander, bis es Funken gibt, welche in dürres Gras eingefangen werden. Solches Holz wird im Vichzwinger immer am bestimmten Orte aufbewahrt, damit die Hirten, wenn sie mit dem Vieh heimkommen, gleich Feuer anmachen können. Eine Rindshaut oder Strohmatte ist das Bett, worauf die Herrschaft liegt, und damit ist auch schon das Hausgeräth aufgezählt. Nur die Bari haben auch noch ein Sesselchcn, das bei Tage zum Sitzen und bei Nacht als Kopfkissen dient. Ein paar Kürbisschalcn im Zickzack verziert, ein paar selbstgemachte irdene Töpfe von verschiedener Größe, deren jeder — wenigstens bei den Bari — seinen eigenen Namen hat, und eine mächtige Tabakspfeife bilden das ganze Geschirr. Doch Löffel haben sie noch und diese vertreten bei den Kyntsch Muschelschalen, bei den anderen Dinka auch die Hälfte eines länglichen kleinen Kürbis. — Vor dem Hause steht bei den Dinka allgemein der Mörser, meistens von sehr hartem Holze, in welchem das Getreide gestoßen wird; die Dinka haben nämlich in ihrem ganzen Lande keinen Stein, der als Mühlstein zu verwenden wäre. Dagegen haben die Bari Mühlsteine und benützen sie auch. Der untere längliche Stein liegt auf der Erde etwas abwärts gekehrt und mit einem kleinern reibt das Weib, indem es vor dem größern kniet. Die Dinka am Tefafan aber sind in dieser Hinsicht am ärmsten; sie haben weder Mühlstein noch Holz, das zu einem Mörser geeignet wäre, und so reiben sie ihr Getreide zwischen zwei Ziegelsteinen, welche sie von den benachbarten Arabern kaufen; diese malen schlecht, das Getreide wird bloß halb zerdrückt. So sieht es also in dem Hause eines Negers aus. Doch nur die Familienväter haben solche Häuser, das Gesinde und zumeist auch die Söhne des Hausherrn bleiben immer draußen bei den Kühen und Ochsen. Man darf ja nicht denken, dass das Gesinde und die Söhne beS Hauses das Leben im Kuhzwinger für eine Verbannung ansehen, im Gegentheil, sie ziehen den Aufenthalt im Freien jenem in der rauchigen, mit stinkender Luft gesättigten Hütte vor. Selbst der Hausvater wandert, wenn die ärgste Regenzeit vorüber ist, in den Kuhzwinger aus, der nichts anderes ist, als ein mit einer hohen Hecke aus Dornen cin-geschlosscucr Raum. Hier weidet der Neger seine Augen an seinen lieben Kühen. Der Kuhmist, der tagüber mit den Händen gesammelt^ und an der Sonne getrocknet worden war, wird bei Nacht verbrannt, was den ganzen Zwinger mit Rauch und einem etwas verdächtigem Geruch anfüllt. Die Aschcn-haufen aber, die aus dem verbrannten'Kuhmist cut-stchen, bilden das Ruhebett der Neger, sie sind für diese ein Schutzmittel sowohl gegen die lästigen Moskitos als gegen die Külte. Man macht aus Pfählen ein Gerüst, oft mit zwei, nicht selten mit drei Stockwerken, belegen dieselben mit Asche und verkriechen sich in derselben, während zur ebenen Erde ein Misthaufen brennt. Solch ein Gebäude haben die Neger gewöhnlich nebcnjfthrcm Hause und es dient abends als Conversationssaal und Empfangszimmer ; denn sie plaudern abendsj sehr gerne, da dies die Zeit ist, wo sie alle zusammenkommen, während bei Tage jeder seinen Geschäften nachgeht. Aus allem dem kann man darauf schließen, dass der Sudan-Neger nicht sonderlich auf Reinlichkeit halte. Dies ist aber noch nichts im Vergleich zu dem, dass die Kyntsch, die sonst ihre Hütten ziemlich sauber halten, die Jauche ihrer Kinder zum Auswaschen ihres Kochgeschirrs und der Milchgefäße verwenden: ist zufällig kein Wasser zur Hand, so wäscht sich der Kyntsch selber das Gesicht mit Jauche. Der Nubcr färbt sich damit seine Haare roth und als Pomade dient ihm Kuhmist. Der Kyntsch gebraucht diese zwei unsauberen Substanzen gleichfalls, um sich von den stechenden Sonnenstrahlen zu schützen, indem er sich dieselben in seine kurz abgeschnittenen Haare streicht, bis sie eine Kruste bilden, die mit weißer Asche belegt wird. Nus dem Lande der Vedja. Von P. it'slUcr Gehe r. Vegetation und Fruchtbarkeit des Bodens hängt ^ einzig von der Bewässerung ab. Eine künstliche Befruchtung des Erdreiches durch Dünger ist unbekannt. Während im Sudan die periodischen Regengüsse die Bewässerung des Landes regelmäßig besorgen, regnet es in Obernubien selten, in Unternubien noch weniger. Die Dauer der Regenzeit verlängert sich, je näher man dem Acgnator kommt. Regelmäßige periodische Regen beginnen erst unter dem 16. oder 17. Grade nördlicher Breite; je weiter man nach dem Norden geht, desto seltener und kürzer werden sie, bis sie unter dem Wendekreise des Krebses bei Assuan fast ganz aufhören. In Aegypten besorgt der 9ii[ durch sein Austreten und den Schlammabsatz die Befruchtung des Erdreiches; der Landmann hat nur für die Vertheilung des Wassers zu sorgen. Daher ist in Aegypten die Kanalisation von so hoher Wichtigkeit. Napoleon I. sagte mit Recht: „Unter einer guten Regierung erreicht der Nil die Wüste, unter einer schlechten die Wüste den Nil." Anders verhält es sich im östlichen Sudan, im Lande der Bedja; hier besorgt kein Nil die Bewässerung. Die Fruchtbarkeit hängt von der jährlichen Ncgenperiode ab. Hier beginnt der Regen Ende September oder Anfang Oktober zu fallen. Es regnet nicht ununterbrochen sondern periodisch; der Unterschied zwischen der heißen Jahreszeit und der Regenzeit besteht darin, dass es in ersterer niemals, in letzterer mit Unterbrechung regnet. Die ergiebigsten Regen fallen in den Bergen, von denen herab sich das Wasser in temporären Gießbächen in die Ebene ergießt. Der bedeutendste im östlichen Sudan ist der chor Baraka, dessen Gebiet mit den Orten Tokar und Kassala die Kornkammer von Ostsndan bildet. Die Stadt Suakin wird von den periodischen Regen seltener erreicht, nur im November und December gibt es fast regelmäßig feuchte Niederschlüge. Der Feldbau geschieht zumeist in Malniederungen, wo das Erdreich mit Wasser gesättigt ist, oder in der Nähe der Cisternen. Am häufigsten wird die Maisart Sirch (von den Eingcbornen Dnrrha genannt) angebaut, das die Hauptnahrung der Bcdja liefert. Es gibt verschiedene Arten dieses Kornes, das durchweg feuchten Boden liebt. Ans trockenem Boden gedeiht eine Hirsenart, von den Eingebornen Dochon genannt. In einzelnen Gegenden, als in der Schadda bei Suakin wird ergiebiger Feld- und Gartenbau getrieben. Da finden wir von den Hülsenfrüchten Bohne», Linsen, Erbsen. Es werden ferner gepflanzt: Salat, Lattich, Rcttig, Zwiebeln, Colocasien, Gurken-arten, Wassermelonen, Flaschenkürbisse, Tomaten, Paradisäpfel (in zwei Sorten), Melochi, Eibisch, von den Eingebornen Bamieh genannt, welche in getrocknetem Zustande ein vorzügliches Nahrungsmittel auf Reisen bilden. Ferner werden gebaut die Oclpflanzen Ricinus und Sesam, die einen bedeutenden Ausfuhrartikel bilden, endlich mehrere Arten Pfeffer, worunter besonders der rothe bei den Eingebornen beliebt ist. Als Futterpflanzen finden sich besonders Lubien und Luzernklee. Im innern Theil des östlichen Sudan gedeihen: Indigo und Henna, welche Färbestoffe liefern; Halfa und Geddim, welche als Gerbstoff Verwendung finden, endlich Senna, deren Blätter zu Medicamenten verwendet, einen bedeutenden Ausfuhrartikel .bilden. In der Gegend von Tokar wurde seiner Zeit die Baumwollpflanzung mit großem Erfolge betrieben; heute sind die Pflanzungen von den Derwischen verwüstet. Tabak wird nur für den eigenen Gebrauch gepflanzt und wird mir von den Eingeborenen geraucht oder präpariert gekaut. Die Wildvegctation entwickelt sich am besten an den Ufern der temporären Gießbäche; dort sowie in einzelnen höheren Regionen, so in Sinkat ist die Fauna reichlich vertreten. Der übrige Theil des Landes ist unfruchtbare, sandige und steinige Steppe, stellenweise mit Wüstcngras, Binsen und Mimosen bedeckt. Unter den Strauch- und Baumpflanzcn ist am häufigsten vertreten die Wildakazie; neben ihr erscheinen Sundsträncher. Dornfeigen habe ich in wenigen Exemplaren gesehen, häufiger ist im westlichen Gebiete der Nabak - Strauch. In den Oasen gedeihen Weiden. Während die Dattelpalme ebenso wie die Fächerpalme, die am Nil so häufig sind, hier nur als einsame Schmarotzer vorkommen, ebenso wie die Damarinde, findet sich die Sykomore in grossem Beständen. Die breitastigc Schattenkrone der Sykomore bildet in den Oasen ein willkommenes Schutzdach gegen die versengenden Sonnenstrahlen. Der Umfang dcs Stammes ist oft sehr bedeutend; ich maß einen Stamm von 91/2 Meter Umfang, mit Aestcn von l1/2 bis 2 Meter Umfang. Im Schatten dieser Patriarchen kann sich ein ganzes Dorf versammeln. Die Früchte, die sogenannten Esels- 306 Aus betn Lande der Bebja. sagen, obwohl ganz geschmacklos, werden von den Eingeborenen gegessen. Ans unserer Reise von Suakin nach Berber traf ich wiederholt den ©eifern bannt, dessen Früchte im östlichen Sndan alub heißen. Als eine tu den Rinnsalen häufig vorkommende Giftpflanze ist der oschr genannte Strauch zu erwähnen, dessen milchweißer dicker Saft zum Vergiften der Pfeile und Lanzen verwendet wird. Mit dem Ackerbau Hand in Hand geht die Viehzucht. Rinder, Schafe und Ziegen bilden die Viehherden der Eingebornen. Das Rind kommt in Heerden vor Besitze einzelner reicher Stammeshäupter. Ihre Stelle vertritt im Sudan das Kameel. Das beste Kamcel im Sudan ist jenes des Bischarinen. Das Kameel ist für die Wüste geschaffen; die Beschaffenheit des Hufes, die Fähigkeit, Anstrengungen, Hunger und Durst zu ertragen, rechtfertigen die Benennung „Schiff der Wüste." Ein gewöhnliches Lastkameel trägt bis an sechs Centner und marschiert dabei bis zehn Stunden und mehr täglich. Fünf Tage hindurch bleibt das Kameel ohne Wasser. Nach langem Tagesmarsch sucht es sich beim Moudenscheiuc hinter den felsigen Insel Pbylae. in der fruchtbaren Gegend bei Tokar. In der Gegend von Suakin, wo die Weideplätze spärlich sind, kann man nur mit Mühe Rindfleisch bekommen; auf dem Markte wird an Unerfahrene nicht selten Kameel-fleisch für Rindfleisch verkauft. Unter den Ziegen ist die häufigste Race die hochbeinige Ziege mit langen Schlappohren, durchwegs sehr mager, theils gehörnt, theils ungehörnt- Wenigstens eine Ziege besitzt auch die arme Familie. Sehr zahlreich sind die Schafe, fettschweifig zum Theil mit Schlappohren. Das Schwein findet sich nirgends. Ich erinnere mich einer Erzählung, dass die frommen Mnselmannen nicht gegen die Einführung eines Schweines in Suakin protestierten, welches Griechen zur Feier des Weihnachtsfestes bestellt hatten. Pferde befinden sich nur im Bergen seine karge Nahrung, bestehend in Wüstengras und Dornen, während die Reisenden im Schlafe liegen. Beim Sonnenaufgang nimmt es seine Last wieder auf. Eine durch Zucht geschaffene Abart des gemeinen Kameeles ist das Reitkameel, von den Arabern delul genannt. Das Kameel ist dem Nomaden und Beduinen der Inbegriff aller Nützlichkeit. Seine erste Sorge gilt seinem Kameele. Ich habe wiederholt beobachtet, dass unsere Kameeltreiber bei der Ankunft ant Brunnen zuerst das Kameel tränkten und aus dem, was dasselbe übrig ließ, ihren eigenen Durst stillten. Oftmals klagten sie am Abend nach langem Marsche und baten uns um Schonung für die Kameele, ihrer Nus bent Lande der Bedja. 307 selbst nicht erwähnend. Der Suir.snu schimpft sein Weib, nie aber sein Katneel. Das Wort djemel (Kamee» gilt sogar als Liebkosungswort. „Ja dje-meli“ (o mein Kamee» ist ein besonders zärtlicher Ausdruck unter Liebkosenden. Ist ein theueres Familienglied gestorben, so ertönen sofort die gellenden Klagerufe der Weiber, worunter am häufigsten zu hören sind Ausdrücke wie diese: „ja djemeli“ (o mein Kamee», „djemeli mat“ (mein Kamecl ist todt), „djemel beti mat“ (das Kameel meines Hauses ist nicht mehr)! Esel und Maulthiere kommen seltener vor. Vom Geflügel sind Hühner häufig, aber sehr mager. Katzen sind indessen selten, die Hunde, meistens Wolfshunde von hässlicher gelber Farbe und ebenso hässlichem magern Aeußern, laufen herrenlos umher, sind faul und feige und nähren sich von Aas und Unrath. Die Hundswuth ist meines Wissens gänzlich unbekannt. Jagdihiere sind Hasen und Gazellen. Die Hasen, weit weniger zahlreich als in Europa, sind sehr klein. Die Gazellen finden sich in größerer Anzahl in den Oasen und in der Nähe der Cisternen und sind sehr scheu und furchtsam. Ihre Jagd ist sehr schwer. Von den wilden Thieren kommen am häufigsten vor Schakale und Hyänen, welche in der Nacht durch ein höchst unmelodisches und unheimliches Geheul hinter den Felsen sich lästig machen und den Schlaf des müden Reisenden stören; das Geheul ist am ärgsten zur Zeit des Vollmondes. Manchmal machen sie bei Nacht die Umgebung der Ortschaften unsicher und wagen sich an Schafe, ja sogar Esel heran. Der gemeine Wolf kommt nur sehr selten vor. In der Gegend von Tokar und Kassalar existiert ein reicher Stand von wilden Thieren, Löwen, Leoparden, Antilopen, Elephanten, Nhinoeeros; ebendort finden sich zahlreiche Affengattnngen und Papageien. In den siebziger Jahren wurde der dortige Thierstand ausgebeutet, durch Thierjäger, welche ganze Schiffsladungen von Thieren und Vögeln von Suakin ans an die Menagerieen in Hamburg lieferten. Die Vogelwelt ist im östlichen Sudan zahlreich vertreten. Wildgänse, Wildenten, indische Hühner, Schnepfen, Wachteln, Ibisse, Kraniche, Adler, Aasgeier, Rebhühner, Sperlinge beleben die Gebüsche in den Oasen und die Gipfel der sonnverbrannten Felsen. Am Meeresufer lebt eine zahlreiche beflügelte Fauna. Neben dem mächtigen Pelikan schreitet der gewaltige Seereiher; Flamingos, Möven, Seeschwalben, Strandläufer, Regenpfeifer, Brachvögel und Fischräuber beleben die Ufer. Die Schadda Bei Suakin zeigt uns die Vogelwelt des östlichen Sudan in all ihren Formen. In der Jahreszeit, da durch den befruchtenden Regen die Saat zu keimen beginnt und die Blattknospen sich der Sonne öffnen, entfaltet sich dort ein Leben, das mich an europäische Felder und Wiesen erinnerte. Verschiedene Vogelarten singen und zirpen und zwitschern in den Baumkronen; an der gefüllten Cisterne nippt und nippt die immer glatte und reinliche Bachstelze, während der muthwillige Sperling sich im Saatfelde wiegt. Aus dem Akaziengebüsch tönt der monotone Gesang der Turteltaube und von der Ferne das Krächzen der Kraniche; über uns, noch sichtbar im lichten afrikanischen Aether, trillert lustig die Haubenlerche ihr melodisches Morgenliedchen; man möchte fast vergessen, dass man sich in Afrika befindet wenn nicht die schwarzbraunen Bedninengestalten mit buschigem Haare und in adamitischem Kostüme uns daran erinnerten! Auch Afrika hat seine Schönheiten und mehr als man in Europa denkt. Nus öem Misstonsleben. pcto traurige Gnöe einer nngsänß'tgen "glegerfamiCte. Bon P. Sinne r, Missionär in Ostafrika. amfi ist eine sehr schöne imb fruchtbare Gegend, welche sich etwa zwei Stunden südöstlich von der Mission T u n n n g n o längs des Rufu-Flussss in einer Länge von 7 bis 8 Wegstunden ausdehnt und mit unzähligen Negerdörfchen besäet ist. Cs gibt dort bereits eine bescheidene Kapelle, in welche die Neger sich zum Gebete und Religionsunterricht versammeln. In einem etwas abgelegenen Dörfchen lebte eine heidnische Negerfamilie, deren trauriges Ende als Beispiel dienen kann, wie der liebe Gott manchmal bereits in diesem Leben jene bestraft, welche seiner Gnade widerstreben. Der Vater dieser Familie hieß Ndora; er war ein großer und starker Mann von schmutzigbrauner Gesichtsfarbe. Er entstammte dem Volke der Makua, welche weit und breit als gewandte und kühne Jäger bekannt sind. Es ist ihm einmal gelungen, sein langes Messer einem angreifenden Löwen mit solcher Gewalt ins Auge zu stoßen, dass derselbe sofort todt war und er sein Leben rettete. Um diese Heldenthat stets in Erinnerung zu behalten, nannte er sich Simba d. h. Löwe. Die Mutter hieß Mama Lulu — Mama bedeutet Mutter, Lulu bedeutet Perle; Mama Lulu bedeutet also die Mutter, deren letztes Kind den Namen Lulii führt. Es herrscht nämlich bei den Negern die Sitte, dass die Mütter häufig den Namen ihres jüngsten Kindes annehmen und daher bei jeder neuen Geburt den Namen ändern. So zum Beispiel nennen sich die christlichen Mütter Mama Sefu, weil das letzte Kind in der hl. Taufe den Namen Josef erhalten, Mama Elisa, Mama Maria usw. Mama Lulu war eine schlanke Negerin von pechschwarzer Gesichtsfarbe. Sie war in der ganzen Umgebung bekannt und gefürchtet als erfahrene Giftmischerin und Herenmeisterin. Durch ihre kräftigen Gifte hatte sie schon manchem zu einem frühen Tode verholfen. Auch verfertigte sie Amulette, heilte verschiedene Krankheiten und sagte die Zukunft vorher aus dem Fluge der Vögel und aus den Eingeweiden der Thiere. Sie hatte ein thatenreiches Leben hinter sich. Wie sie mir erzählte, war Simba bereits ihr fünfter Mann. Geboren und verheiratet in Usagara, war sie von den räuberischen Wahehe eingefangen und als Sclavin ins Uhehe geführt, wo sie dreimal als Sclavin verkauft wurde. Daselbst lernte sie die Hexerei und Giftmischerei kennen. Da ihr letzter Herr-sie sehr grausam behandelte, ergriff sie die Flucht, wurde aber auf dem Wege von Mafiti aufgegriffen und ins Ukudu gebracht, wo sie endlich von Simba gegen 10 Ziegen, 2 Hühner, ein Stück Tuch und eine Hacke angekauft und ins Utämi nach Mamfi geführt wurde. Mama Lulu hatte vier Kinder, das älteste hieß Mzungu, d. h. Europäer, weil es geboren war int Jahre, in welchem die ersten weihen Menschen ins innere Afrika kamen. Mzungu war ein sehr schöner schlanker Jüngling, er mochte etiva 18—20 Jahre alt sein. Da die Neger die Jahre ihres Lebens nicht zählen, so geben sie häufig ihren Kindern den Namen eines hervorragenden Ereignisses, um einigermaßen einen Anhaltspunkt für deren Alter zu haben. Die anderen Kinder der Mama Lulu hießen: Mhehe, ein Jüngling von etwa fünfzehn Jahren, Nzige (b. h. die Heuschrecke, weil im Jahre der Heuschrecken geboren), ein Knabe von etwa zwölf Jahren, und Lulu, ein sehr holdes, glänzend schwarzes Mädchen von etwa zehn Jahren. Ich hatte diese Familie öfters besucht, und ihr vom lieben Gott gesprochen, um sie langsam, langsam zum Religionsunterricht zu gewinnen; aber ich erreichte nichts als abschlägige und ausweichende Antworten. Bei meinem letzten Besuche erklärte mir Simba: „Schau, Mopea (mon pere, mein Vater), wir glauben an Gott, aber wir können nicht beten und wollen auch nicht; wir wollen keine Religion." Dasselbe betheuerten Mama Lulu und ihre Kinder. Schon zwei Tage später kam ein Heide zu mir aus jener Gegend, um mich zu benachrichtigen, dass Simba und sein Kind Lulu von einem Löwen zerrissen worden seien. Die Sache verhielt sich folgendermaßen: Als Simba mit Lulu auf dem Maisfelde arbeitete, stürzte plötzlich ein Löwe auf sie los. Lulu lief schreiend zum Vater, aber sie wurden beide von den gewaltigen Tatzen des Thieres zu Boden geriffen: und in einem Nu war beiden das Genick gebrochen. Das gewaltige Thier packte dann den Simba mit den Zähnen an der Achsel und schleppte ihn ins nahe Dickicht. Dieser Unfall hatte auf Mama Lulu geringen Eindruck gemacht, denn bereits drei Tage hernach nahm sie in ihre Hütte einen anderen Mann auf, der noch zwei Frauen mit sich brachte, so dass nun noch weniger Hoffnung auf eine Bekehrung sein konnte als früher. Nzige hütete die Ziegenherde seines Vaters. Eines Tages wurde ich in Eile ins Dorf gerufen. Man führte mich abseits in den Wald und zeigte mir im Schatten eines großen Brotfruchtbaumes den armen Nzige, leblos auf dem Grase ausgestreckt. Viele Leute aus der Umgegend begleiteten mich und ein Christenknabe trug in einer Kürbisschale reines Wasser, denn man glaubte, ihn noch taufen zu können. Aber ich sah zu meinem Schmerze, dass sein Genick vollständig gebrochen war, und man konnte ans dem Baume die Spuren wahrnehmen, wo er heruntergestürzt war. Sein Lenden-tnch hatte er zusammengewickelt und unten am Baume gelassen. Die Negerknabcn der Umgegend, welche seine Kameraden gewesen, sagten untereinander: „Der Nzige hat sich selbst getödtet, denn er hat öfters erklärt, er wolle absolut nicht getauft werden, und heute noch, als er die Ziegen austrieb, hat er uns gesagt, er würde nicht mehr zurückkehren." Ist es möglich, dass der kleine Nzige zum Selbstmörder geworden ist? Dieses Jahr war gerade das Jahr der schrecklichen Pockenseuche, an welcher so viele Neger im östlichen und mittleren Afrika ums Leben gekommen sind. Die Neger haben vor dieser Krankheit einen panischen Schrecken. Wenn jemand unter ihnen von den Pocken befallen wird, wirft er seine Kleider von sich, nimmt sich einen Topf mit etwas Mais oder Hirse und läuft in den Wald bis znm nächsten Fluss, wo er sich aus Reisig und Gras eine kleine Schlupfhütte baut und so lange verweilt, bis er entweder gesund zu den Seinen zurückkehren kann, oder der Krankheit unterliegt. Wer nach 8 bis 12 Tagen nicht wiederkehrt, wird zu den Todten gezählt. Die Zurückgebliebenen verlassen häufig den Ort und ziehen anderswohin: daher kommt es, dass durch die Seuche oft ganze Dörfer und Landschaften entvölkert werden. Als ich gehört hatte, dass in Mamfi die Pocken herrschen, setzte ich mich auf meinen Esel und, bebegleitet von einem Knaben der Mission, begab ich mich dorthin, um die Kranken aufzusuchen und die hl. Sakramente zu spenden. Wir waren gerade der ersten Dörfchen ansichtig geworden, als der Knabe auf einmal den Esel anhielt und mich fragte: „Mopea, wo gehst du denn eigentlich hin?" — „Dorthin nach Mamfi", war meine Antwort. — „Ja, weißt du denn nicht, dass dort die Pocken herrschen?" — „Gewiss," antwortete ich. — „Und wenn du auch die Pocken bekommst?" fragte er mich weiter, „und daran stirbst, wer wird dann Tununguo verwalten?" — „O," erwiderte ich, „kümmere dich nicht darum: der liebe Gott wird dafür Sorge tragen! Doch wenn du dich vor den Pocken fürchtest, so warte hier mit dem Esel, bis ich zurückkehre." Ich gieng also allein ins erste Dorf, wo ich eine einzige Person, eine alte Christin, traf, welche mir den Ort gegen den Fluss hin zeigte, wohin die pockenkranken Christen sich zurückgezogen hatten. Ich traf sie daselbst alle beisammen, indem sie sich in ihrem Elende unterstützten. Ein jeder hatte sich daselbst eine kleine Hütte aus Schilf und Gras geflochten, einige wärmten sich an der Sonne, andere hockten am Feuer und kochten Wasser, um sich von Zeit zu Zeit den Körper mit warmem Wasser abzuwaschen, was gegen diese peinliche Krankheit sehr heilsam ist; wieder andere traf ich am Fluss, wo sie sich gegenseitig die Pocken -beulen mit einem Dorn aufstachen und die Wunden wuschen. Nachdem ich ihnen den Trost der heiligen Sakramente ertheilt hatte, kehrte ich wieder nach Hause zurück. Von den dortigen Christen starben nur fünf, während von den Heiden sehr viele umkamen, unter anderen Mzungu und Mhehe, sodass von der Familie des Simba nur noch die alte Zauberin Mama Lulu übrig blieb. Aber auch für sie sollte bald das letzte Stündlein schlagen. Seitdem sie nämlich den neuen Mann mit den zwei Frauen in ihre Hütte aufgenommen, hatte sie fast täglich Zank und Streit. Eines Tages kam es zu Thätlichkeiten, und Mama Lulu wurde mit Striemen und Wunden bedeckt ans ihrer Hütte gestoßen. Vorbeigehende Christen trafen sie halb todt auf dem Boden liegen und trugen sie in ihr Dorf. Sogleich ward ich gerufen. Ich traf sie dem Tode nahe aber noch bei Besinunng. Da alle meine Vorstellungen und Ermahnungen, ihre Sünden zu bereuen und sich taufen zu lassen nichts fruchteten, wollte ich sie im Gebete dem Herrn empfehlen und sie am nächsten Tage wieder besuchen. Ich hatte mich kaum eine Viertelstunde von der Hütte entfernt, als ein Christ mir nacheilte und rief: „Mopea, der Mzimu (Teufel) erwürgt die Lulu!" — eilig kehrte ich zu ihr zurück, aber sie hatte bereits ausgeröchelt! — „Arme Mama Lulu!" sagte ein Christ, „was nützen ihr jetzt ihre Ziegen und Hühner, welche sie für ihre Gifte und Hexereien erhalten hat? Niemand ist schwerer zu bekehren als eine Zauberin! Wie oft haben wir ihr von unserer heil. Religion gesprochen, aber sie antwortete immer: ich kann nicht, denn sie hatte einen Bund mit dem Mzimu (Teufel) gemacht und sich ihm verschrieben. Und diesen bösen Geist hatte sie auch dem Simba und ihren Kindern beigebracht, denn sie aßen von dem Fleisch der Ziegen und Hühner." 310 Aus dem Missionsleben. Das traurige Ende dieser blühenden Familie ver- ' fehlte nicht, einen heilsamen Eindruck ans die ganze schwarze Bevölkerung der Umgebung zu machen. Selbst die Heiden sagten in ihrer Verblendung und Stumpfsinnigkeit: „Es ist zwar nicht viel daran gelegen, ob wir schwarze Menschen in den Himmel kommen, dessenungeachtet ist es doch besser, sich unter- richten und taufen zu lassen, denn ewig leiden ist doch eine arge Geschichte. Nachdem die Mopeara zu uns gekommen sind, können wir nicht mehr, wie bisher, leben und sterben wie die Thiere, ohne etwas zu leisten für Gott und Ewigkeit." Viele begannen, dem Unterrichte beizuwohnen. WeKeyrnng einer muselmännischen Wegerin. Von P. L a vcr Geyer. nter den Negern, welche beim Beginn des Aufstandes des Mahdi aus dem Sudan nach Aegypten auswanderten, befand sich eine Familie, bestehend aus der alten Mutter und zwei Söhnen von etwa 40 Jahren. Die Mutter war, bereits erwachsen, vor mehr als 20 Jahren in unserer Mission in Char-tum getauft worden. Da jedoch um jene Zeit die Missionsstation Chartum aus Mangel an Missionären, welche meist dem Klima erlagen, beinahe ganz ein-gieng, so unterließ die Neugetauste bald jede Uebung der christlichen Religion, kehrte mit der Zeit zur muselmännischen Religion zurück, hielt deren Fastenmonat und verrichtete deren Gebete. Ihre beiden Söhne, obgleich ebenfalls getauft, kümmerten sich wenig oder gar nicht um die Religion, Einer derselben lebte seit mehr als 20 Jahren mit einer muselmännischen Frau und von seinen zwei Töchtern war nur die ältere getauft. Dies war der Zustand der Familie, als die Mutter hier in Kairo schwer erkrankte. Das Alter der Frau und die Gefahr der Krankheit flößten einer guten Christin Furcht ein, und bewogen sie, einen unserer Missionäre davon in Kenntnis zu setzen. Der seeleneifrige Priester empfahl die Sache dem hl. Herzen und der Fürbitte frommer Seelen und machte sich sofort daran, die verlorenen Schäflein aufzusuchen. Da er die Familie nicht kannte, war es etwas schwer, sich ihr vorzustellen. Im Vertrauen auf Gott folgte er dem Wegweiser zur Wohnung. Zum Glücke war der Miether des ersten Stockes ein Europäer und Freund jener Familie, und durch seine Vermittlung wurde der Priester eingeführt. Die ersten Besuche giengen in einfachen Höflichkeiten auf, wobei der Priester sich nach Kräften das Zutrauen der alten Mutter zu gewinnen suchte. Als er endlich eines Tages das Gespräch auf die Religion lenkte, hörte ihn die Kranke gerne an, sodass er bereits die besten Hoffnungen für ihr Seelenheil hegte. Aber der Herr wollte in seiner Erbarmung und Güte noch mit einem etwas außergewöhnlichem Ereignisse nachhelfen. Der älteste Sohn der Kranken war damals Regierungsbeamter in einer von hier etwas entfernten Stadt. Während nun dieser eines Abends schlafen gehen wollte, sah oder glaubte er vor sich einen ehrwürdigen Greis zu sehen, der mit ernster Miene ihm ungefähr diese Worte sagte: „Vergeblich suchst du Frieden und Gottes Segen in der Familie, so lange deine Mutter kein Ende macht und nicht das gegebene Aergernis beseitigt, und ihr alle werdet bis dahin nicht in der Furcht Gottes leben." Dann fügte der Greis bei: „Sage deiner Mutter, dass sie die Worte des Priesters höre uud Buße thue für ihre Sünden." Man kann sich denken, welchen Eindruck diese Erscheinung auf den Sohn machte; aber vor allem konnte er nicht verstehen, was jene Worte bedeuten sollten: „Sage deiner Mutter, dass sie die Worte des Priesters höre". Da er die Erinnerung an jene Erscheinung nicht von sich entfernen konnte, entschloss er sich nach einigen Tagen, seine Mutter in Kairo zu besuchen und ihr das Vorgefallene zn erzählen. Wie staunte er nun, als er aus dem Munde der Mutter selbst erfuhr, dass eben in jenen Tagen ihr der Priester wirklich über Religion gesprochen hatte! Als nun der Priester nach diesem Vorfalle zum ersten Male wieder erschien, erzählte ihm die Kranke tiefbewegt und unter vielen Thränen, was ihrem Sohne begegnet war. Der Priester benützte diese günstige Gelegenheit, und indem er das vom lieben Gott erhitzte Eisen schmiedete, bereitete er die verlorene Tochter vor, zum göttlichen Vater zurückzukehren. Aber die Arme hatte nach mehr als 20jähriger vollständiger Vernachlässigung alles dessen, was auf Religion Bezug hat, selbst die zum Heile nothwen- Aus betn Missionsleben. 311 digsten Dinge vergessen. Es wurde daher bestimmt, dass eine unserer erwachsenen und bestuntcrrichteteil Negerinnen die kranke Frau im Katechismus unterweisen und auf den würdigen Empfang der heil. Sacramente vorbereiten sollte. So geschah es. Die Sache gieng gut voran, und Gott gab seinen Segen dazu. Der Priester wurde nach und nach vollständig Herr in der Familie und benützte diesen Einfluss zum Seelenheile derselben. Er setzte durch, dass das kleine, noch ungetanste Mädchen getauft wurde und dass dessen Mutter, bis dahin eine fanatische Muselmännin, dem Religionsunterricht beiwohnte, welchen unsere Negerin fast täglich der kranken alten Mutter ertheilte. Die Gnade Gottes half derart nach, dass sich die Muselmännin bald entschloss, Christin zu werden und mit allem Eifer sich der Erlernung der Religionswahrheiten widmete, um möglichst bald die heil. Taufe zu erhalten. Aber der Herr wollte vorerst ihre Standhaftigkeit erproben und sie durch lange Zeit die Gnade der Taufe ersehnen lassen. ; Indes versöhnte sich die Kranke mit Gott, nachdem sie bestens unterrichtet worden war und empfing zu ihrem größten Troste und mit nicht gewöhnlicher Frömmigkeit und Zerknirschung die hl. Sacramente. Die ganze Zeit, welche ihr der Herr nach ihrer Bekehrung noch schenkte und welche gegen ein Jahr umfasste, verbrachte sie damit, dass sie ihr verflossenes Leben beweinte und dem Herrn die Schmerzen ihrer langen Krankheit als Buße für ihre Sünden aufopferte. „Es ist wenig," sagte sie oft zum Priester, was ich leide im Vergleich zu dem, was ich verdiene, denn mein Sünden waren so viele, so viele; ich hoffe aber, dass der Herr Barmherzigkeit mit mir übt, denn sonst hätte er dich nicht zu mir geschickt, um mich aus meinem schlechten Leben herauszuführen." Von Zeit zu Zeit bat sie, Fasten und Abtödtung üben zu dürfen, obwohl sie durch ihr Leiden fortgesetzt aus Bett gefesselt war. Aber sic that noch mehr: wenn sie früher der Familie zum Aergernisse war, wollte sie cs jetzt gut machen, weshalb sie von ihrem Schmerzenslager nicht aufhörte, die Söhne zu ermahnen, dass auch sie auf den rechten Weg einlenken und sich gut mit Gott stellen sollten. „Ihr wisst es", sagte sie ihnen, „dass Gott uns nicht Frieden und Segen geben wird, wenn nicht auch ihr euch mit ihm aussöhnet. Wozu wartet ihr also so lange?" In der That kam auch der ältere Sohn gehorsam den Wünschen der Mutter nach. Schwieriger gieng es mit dem Jüngern. Arme Mutter, sie musste in das Grab steigen ohne den Trost, diesen Sohn mit Gott versöhnt zu sehen, und mit dem Schmerze, die Schwiegertochter ungetanst und die Ehe ungesegnet zu hinterlassen. Nach wiederholtem Empfange der heil. Sacramente wurde die Kranke von ihren Leiden erlöst. Das Leichenbegängnis fand in höchst erbaulicher Weise statt, was bei vielen, welche das Vorleben und die früheren Verhältnisse dieser Familie kannten, nicht geringes Staunen hervorrief. Am Grabe der Mutter sah ich die beiden Söhne bitter weinend stehen. Mir, der ich die Verhältnisse kannte, machte besonders der Anblick des noch unbekehrten Sohnes tiefen Eindruck. Zitternd und heftig weinend stand er am offenen Grabe der Mutter, seinen Blick bald auf das Grab, bald auf den betenden Priester richtend. Was mochte in seinem Innern vor sich gehen? Konnte er sich von diesem Grabe, ehe sich dasselbe schloss, trennen ohne den Entschluss gefasst zu haben, den letzten und stehendsten Wunsch seiner Mutter zu erfüllen? Der Teufel setzte indes alles in Bewegung, um das Gute zu verhindern. Nachdem viele Male bereits alles abgemacht war, machte der Widersacher plötzlich wieder die Hoffnung zunichte. Viel wurde gebetet, um das Herz des Sohnes zu bezwingen und alle Hindernisse zu überwinden. Oft sah man die arme Schwiegertochter der Todten weinen, dass nicht auch sie endlich einmal ihrem Wunsche gemäß die Taufe empfangen konnte. Endlich erhörte Gott die Gebete und nach fast zweijährigem Kampfe siegte Gottes Gnade über jede teuflische List. Endlich em-pfieng die Muselmännin die so lange ersehnte heil. Taufe, und wurde ihre Ehe mit dem in sich gekehrten Sohne der verstorbenen Mutter, nachdem er sich eifrig vorbereitet hatte, kirchlich gesegnet. Es war ein schöner Tag für alle, welche mit That und Gebet an der Bekehrung dieser Familie mitwirkten. Gebe der Herr, dass die Bekehrten auf dieser Erde stets sich des wahren Friedens der Gerechten erfreuen, der ein Unterpfand der ewigen Freude ist. 312 Nus dem Missionsleben. Maria, Mutter öev Weger. ^cor einiger Zeit — schreibt ein Missionär aus sx-^ Ostafrika — kamen zwei kleine Kinder zu mir und erbaten sich von mir ein paar Kauri (Muscheln) die inncrafrikanische Münze, mit der man sich Speise kauft. Die Knäblein trugen jedes die Hälfte einer Ziegenhaut um die Hüfte, beide hatten seit zwei Tagen nichts mehr zu essen gehabt und sahen aus, als hätten sie sich seit zwei Tagen nimmermehr gewaschen. Die armen Burschen! Ich gab ihnen für das gemeinschaftliche Mahl fünf Muschelschalen, was genau hinreichte für zwei große Bataten (kartoffelähnliches Gewächs), die in der glühenden Asche geröstet werden. Außer sich vor Freude stürmten sie hinaus und eilten auf den Marftplatz. Ich war ftoh, dass ich den hungrigen Kerlchen hatte helfen können. Dies war etwa um 10 Uhr Morgens geschehen. Um 12 Uhr begebe ich mich zur Licbfrauenkapclle, um dort meine Andacht zu verrichten. Und was sehe ich? Beide sitzen dort vor dem Muttergottcs-bilde auf den Knieen und beten recht andächtig. Ich komme an dem Opferkörbchen vorbei und finde darin drei meiner Kauri. Sobald ich aus der Kapelle gehe, eilen die beiden mir nach: „Vater, wir haben eine Batate für uns zwei gekauft, die andere ist für die Mutter!" „Wer ist denn euere Mutter? Wo ist sie, hat sie denn auch gehungert wie ihr?" „Wir haben keine andere Mutter mehr, als Unsere Liebe Frau im Himmel" Nun war mir erst alles klar. Bauptplatz von Alexandrien. Vermischte Nachrichten. <^§|^eh Statistische Zusammenstellung der religiösen Verhältnisse in Nordäfrika: I Katholiken Mohameda ner Juden Gesainmt-bevölkerun i (runde Zahl) Algier u.^Tunis Marokko Tripolis Aegyplen 490 000 6600 6 200 125 000 4 748 000 90 000 7 800 OOOi 200 000 7 980 000 14 000 9 400 0"0 25 250 5 700 000 8 000 000 8 000 000 10 000 000 1 627 900 [29 828 000[ 329 250131 700 000 Im Jahre 1800 waren in diesen Ländern rund 17.000 Katholiken. Langlebigkeit tut Sudan. Im Stamme der Gadiyat, nahe an der Grenze von Kordofan, lebt ein Sudanese, der ein Alter von ungefähr 140 Jahren aufweist. Trotz dieses hohen Alters ist er noch sehr kräftig, seine Sehkraft noch gut und an Zähnen hat er nur wenige verloren. Maksur Jbn Aly, das ist sein Name, wurde im Dorfe el Mallis, etwa l'/3 Stunden von El-Obeid entfernt, geboren. Schon im Alter von 14 Jahren heiratete er auf einmal 4 Mädchen und fuhr fort zu heiraten, bis er 18 Frauen und noch 14 weibliche Sclaven hatte. Nicht weniger als 100 Kinder sprossten ans den zahlreichen Ehen. Von den Kindern sind noch 18 am Leben und das jüngste davon hat erst 4 Monate, während die übrigen in der Zeit der Mahdistcnherrschaft starben. Maksnr $6n Alp besuchte Aegypten unter Mohammed Aly und die Regierung gewährte dem reichen Familienvater schon damals eine Pension von 500 Piaster und 15 Ardeb Dnrrha per Monat und diese wurde ihm regelmäßig ausbezahlt, bis El-Obcid in die Hände der Derwische fiel. Zu seiner Ehre und Nüchternheit und anderweitigen Erbauung sei erwähnt, dass er nie geistige Getränke trank, noch jemals rauchte und dass seine tägliche Nahrung aus Fleisch und Butter, den er vermischt mit Natrun trinkt, besteht. Sein Handwerk war das des Schreiners abwechselnd mit dem des Viehhirten. Nun wird er wohl die für ihn angesetzte Pension sortbezahlt und den Ausfall derselben während der Mahdihcrrschaft ausbezahlt erhalten. Die Pflichten der Oleina und ihre Pflichten gegen den Islam. Als der Mufti von Aegypten in Konstantinopel gelandet war, was kurz nach der Abreise des Khcdivcn von dort geschah, besuchte er den Scheich el Islam und hatte eine interessante muselmännischen Würdenträger kam auch in die Zeitungen und wurde von der eingeborenen Presse viel besprochen, aus der wir nun folgendes Zwiegespräch entnehmen: Mufti: Die Muselmänner beklagen sich über die Eingriffe in ihren Glauben, die Schuld daran liegt allein auf ihrer Seite. Scheich e l Islam. Ganz richtig, auch ich habe diese Ansicht/ Die Nation, welche zu prosperieren wünscht, muss mit der Zeit marschieren. Ich hoffe, dass endlich die Moslims von ihrem Schlummer erwachen und sich auf den Weg des Fortschrittes begeben werden. Aber das hängt ganz von den Ole-mas ab. Mufti: O ja, ganz gewiss. Hätten die Olemas auch nur die geringste Sorge für die öffentliche Wohlfahrt bewiesen ! Aber diese haben ihre Beziehungen mit dem Volke, das nun von Gouverneuren und gewöhnlichen Menschen regiert wird, vollständig abgeschnitten. Es gibt ja sehr gute Prediger in den Moscheen, aber sie sind absolut unwissend in Bezug auf die Interessen des Volkes und selbst in Bezug auf Religion. Scheich e l Islam: Natürlich, die Meisten derer, die in der Religion bewandert sind, verstehen nichts von den Bedürfnissen des Volkes und sind eben deshalb unfähig, ihre Religion zu vertheidigen. Solche Leute darf man nicht Olemas nennen, denn ein Olcma ist ein Mensch, der nicht nur gelehrt ist, sondern seine Gelehrsamkeit auch für das Wohl des Volkes verwenden kann. Mufti: Das war in der That die Bedeutung des Wortes in der Zeit unserer Vorväter. Die gescheiten Leute, die in Unwissenheit sind, was die Bedürfnisse und Interessen des Volkes anbelangt, sind ganz unnütz und ihre Weisheit hat keinen Wert für das öffentliche Leben. Sie sind lediglich „Aus-wendiglerner", d. h. Leute, die den lieben langen Tag „ochsen", ohne zu verstehen, was sie lernen. Scheich e l Islam: Sie sind einfach des Namens Olema unwürdig und es ist ihre Schuld, dass die Weisheit des muselmännischen Gesetzes verborgen und im Dunkel geblieben ist." — Dieses Zwiegespräch hatte unter den Olcmas in Aegypten eine große Aufregung hervorgerufen und sie sind im höchsten Grade beleidigt über die Worte des Tadels, die der Scheich el Islam über sie als Unterhaltung mit ihm über die allgemeine Lage der .... -........„, ... ... muselmännischen Welt. Die Unterhaltung dieser beiden I Körperschaft, gesprochen hat. Die große Schwierigkeit der Benutzung des Tsana-Sees beruht auf der Thatsache, dass dieser sich ans abessynischem Gebiete befindet. Es ist fast unnöthig, zu bemerken, dass irgend ein Plan in Bezug auf diesen Gegenstand vollzogen und selbst keinerlei präliminare Untersuchung stattfinden könne ohne die Er-obrigung und Bestätigung des Kaisers Menelik. — Wie bedeutend auch der daraus erfolgende materielle Nutzen sei, wüsste er doch nicht, ob es je Frage über einen Plan sei, geeignet um die allzufreundschaftlichen gegenwärtig herrschenden Verhältnisse Großbritaniens mit Aegypten einerseits und mit Abessynien andererseits zu stören. Sir William Garstin sagt, man müsse nicht glauben, dass die von ihm mehr oder weniger im allgemeinen discutierten Fragen den Charakter der mindesten Eile tragen oder dass eine sofortige Auflösung nöthig sei, wegen der verschiedenen Probleme, an die sie sich knüpfen. Im Gegentheil gäbe es keine Eile. Der Sudan, ist kaum zur Vollführung wichtiger Bewässerungsarbeiten vorbereitet und wenn man gegenwärtig die Wasserlieferung vermehren würde, befände sich das Land dennoch nicht im Stande, diese Wohlthat auszunützen. Das, was ihm nöthig ist und was ihm noch mehrere Jahre fehlen wird, ist eine zahlreiche Bevölkerung. Die wirklich zu verfolgende Politik für das Interesse der zwei Länder ist ohne Zweifel, langsam zu handeln und die verschiedenen vorgeschlagenen Pläne einem verständigen und genauen Studium zu untenverfen, bevor man in Bezug auf sie einen Entschluss fasst. Es scheint, dass die am vorzüglichsten anzuwendende Verfahrungsweise die folgende sei. Ungefähr ein Jahr vor Beginn der Nil-Reservoirarbeiten, wenn das Personal zur Verfügung steht und zu anderen Arbeiten verwendet werden kann, müssen Erforschungsreisen organisiert werden, um die Quellen der beiden Flüsse zu ersteigen, mit der Absicht, an Platz und Stelle die verschiedenen Probleme zu studieren. Diese Expeditionen müssen sehr gut versehen sein, um ihre Mission erledigen zu können: weder Geld noch Mühe soll erspart werden, um sie in den Stand zu setzen, ihrem Ziele zu obliegen. Diese Erforschung könnte viel Zeit und große Ausgaben brauchen; aber diese Rücksicht ist von kleinster Bedeutung. Es ist eine dringende Sache, dass die Regierungen Aegyptens und des Sudans mit den nöthigen Unterrichtungen versehen sind, welche sie in den Stand setzen, zu einem guten Entschlüsse zu gelangen. Lord Cromer erklärt in Bezug auf dies, er denke, die ägyptische Regierung könne nichts besseres thun, als dem Rath von Sir William Garstin folgen. Chartum und die Eisenbahn;um rothen Meere. Am Ende seines Berichtes macht Sir William Garstin in Bezug auf die Eisenbahn zwischen Chartum und dem rothen Meere die folgende wichtige Erklärung: Eine Eisenbahn, welche Chartum mit dem rothen Meere verbinde, ist im gegenwärtigen Moment ein vielmehr dringenderes Bedürfnis als jedweder Plan großartiger Bewässerung. Ohne den Sudan mit all den vervollkommneten Einrichtungen für die Ausfuhr seiner jetzigen Produkte, wie für die Einfuhr in vorteilhaften Bedingungen versehen zu haben, ist es unreif, an Einführung von Mitteln zu denken, durch welche die Produktionsquellen reichlich vermehrt werden können. Durch die Verkehrserleichterung mit der nächsten Meeresstation wird der erste Schritt für die Handelsentwickelung des Landes gemacht sein. Lord Cromer erklärt, er sei mit dieser Bemerkung vollständig überein. Durchaus kein wichtiger materieller Fortschritt ist im Sudan möglich, solange nicht das Nilthal und das rothe Meer durch eine Eisenbahn mit einander verbunden sind. Bewässerung und Eisenbahnen im Sudan. »eben wird ein Bericht von Sir William Garstin bezüglich der Bewässerungspläne auf betn weißen Nil veröffentlicht. Lord Cromer bemerkt, dass dieser Bericht von großer Wichtigkeit und höchst interessant ist, da nun zum ersten Male die Gegend des obern Nil von einem sachverständigen idraulischen Ingenieur untersucht worden sei. Im ersten Theile seines Berichtes macht Sir William Garstin eine minutiöse Beschreibung des iveißen Nil, des Bergflusses, des No-Sees, des Gazellenfluffes, des Zeraf-Flusses imb endlich des Sobat. Der zweite Theil beginnt mit einer vollständigen Beschreibung der „Sudd" und den Borschreitungeit, die man genommen, um die Flussschiffahrt davon zu befreien. Sir W. G. behandelt sodann die Frage der Kontingente des Flusses. Das ist gemäß der Meinung von Lord Cromer ein Gegenstand von höchster Bedeutung, da die Natur der eventuell auf weitem Maßstabe zti vollziehenden Bewässerungsarbeiten von einer genauen Beschätzung der verfügbaren Wassermenge abhängen muss. Abkunft der tlil tu offer. Die Beschließungen von Sir William Garstin sind die folgenden: 1. Wenn auch der Bergfluss von den Sudd entledigt und frei ist, verliert sich dennoch 50 Procent seiner Wassermenge in den sumpfigen Niederungen zwischen Bor und dem No-See. 2. Der Gazellenffnss, man betrachte ihn auch unter einem anderen Gesichtspunkte außer dem, für Reservoir zu dienen, das eine beständige Wasserförderung sichert, spielt eine wahrhaft kleine Rolle im Wasserkontingente des weißen Nil während des Sommers, und sein Beitrag ist rücksichtsweise unbeträchtlich. 3. Der Sobatfluss im Gegentheil ist ein wichtiger Speiser; vom Juni bis zum November muss er fast die ganze den Seeen Victoria- und Albert - Nyanza entströmende Wassermenge abführen. Selbst bei Zeit des niedrigen Wasserstandes ist sein Beitrag bedeutend und kann wenigstens als das 50. vom totalen Wasserkontingente des weißen Nil während des Sommers geschätzt werden. 4. Bei Zeit des Hochwassers überschreitet das Contingent des weißen Nil bei Chartnm selten 4500 Kubikmeter in der Secunde und während des Sommers sinkt dieses Contingent sogar unter 300 Kubikmeter herab. Maßregeln. Atu Ende des laufenden Jahres kann man sagen ungefähr, dass seit dem Jahre 1885 eine Summe von mehr als 7,000,000 L. E. für die öffentlichen außerordentlichen Arbeiten (Bewässerung und Däm-ung) geweiht worden ist. Was hat Aegypten zum Tausche für diese enormen Ausgaben erhalten? fragt Lord Cromer. Erstens, sagt er, ist der Barraga von Sir Collin Scott Moncrieff in die Hände genommen und 1886 nützlich umgestaltet worden mittels einer Summe von 4.650,000 L. E. In einer darauffolgenden Zeitperiode wurden zwei kleine Barrage unterhalb des großen errichtet, um dem Wasser es zu ermöglichen, sich auf einem höheren Livell zu bewahren. Diese Arbeiten, die 486,000 L. E. kosteten, hatten als Resultat die Verdoppelung der Baumwollenernte in Unterägypten, was dem Lande einen jährlichen Gewinnminimum versicherte, der sich auf 5,000,000 L. E. erhebt. — Nachdem er noch auf andere daraus zu entziehenden Vortheile angedeutet hatte, erklärte Lord Cromer, die Zeit sei gekommen, wo die Frage der Behandlung der Nilterritorien außerhalb des eigenen Aegypten vortheilhaft berücksichtigt werden könne. Nach Behandlung der verschiedenen Punkte der Bewässerungsfrage schlägt Sir William Garstin folgende Maßregeln vor, welche der Mühe wert sind, studiert zu werden, 1. Die Errichtung eines Reservoir-Beckens am Tsana-See, in der Aussicht, eine hinlängliche Wassermenge dort einzuspeichern, um die Bedürfnisse Aegyptens und des Sudan, wie auch zu gleicher Zeit die Schiffahrt auf dem blauen Nil während der.Sommermonate zu verbessern. 2. Diesem Beitrage zu ergänzen durch Benützung der Wasser des Obern Nil, die gegenwärtig in den Morästen verloren gehen, • sei es durch Einuferung des Gazellenflusses, sei es durch Gebrauch des Zerif-flusses als Beifugs-Canal während des Sommers. 3. Die Errichtung eines Reservoir-Beckens am See Albert-Nyauza, von hinlänglicher Größe, um die Bedürfnisse Aegyptens und diejenigen der nördlich von Chartnm sich ausdehnenden Sudan - Gegenden zu versehen. Lord Cromer sagt, indem er diese Vorschläge eom-mentiert: 316 Vermischte Nachrichten, Ein Thiermärchcn im Bari-Lande. Ein Mädchen lebte mit seiner Mutter und seinem Vater in demselben Hause. Die Mutter verreiste und sprach zur Tochter; „Schaue recht auf deinen Vater!" Allein das Mädchen schaute nicht recht auf ihn; der Vater litt Hunger. Als die Mutter zurückkehrte, war der Vater abgemagert; da jagte die Mutter das Mädchen mit einem großen Korbe in den Wald, verspeisen." Damit also daS Mädchen nicht entwische, schliefen alle Thiere unter dem Baume. Des Nachts jedoch erwachte der Hase; er stieg nun auf den Baum und fragte das Mädchen, ob cS leben oder sterben wolle. DaS Mädchen wünschte zu leben. Da sprach der Hase: „Was gibst du mir, wenn ich dich befreie?" Das Mädchen sagte: „Ich gebe dir alles, was du begehrst." Der Hase erwiderte: „Ich vcr- Bananenverkätifcr in Kairo. damit es Sykomoren suche. Es kam zu einem großen 23amne; dieser Baum gehörte aber den Thieren; allein die Thiere waren abwesend. Das Mädchen füllte den Korb mit Früchten des Baumes. Abends kehrten dann die Thiere zurück und fanden das Mädchen noch auf dem Baume. Sie freuten sich sehr, weil sie hofften, Fleisch zu bekommen, wenn sie das Mädchen fressen würden. Einige Thiere sagten: „Nicht jetzt, sondern morgen^ früh wollen wir es lange von dir Hennen." „Wieviel Hennen willst du dann jhaben?" fragte ihn abermals das Mädchen. „Viele, viele," entgegncte der Hase. Das Mädchen sagte ihm: „Du bekommst die Hennen, sobald ich nachhause komme." Nun stiegen beide herab und giengen in das Haus des Mädchens. Dann gab es dem Hasen so viele Hennen, bis er zufrieden war. Der Hase nahm die Hennen und kehrte damit in den Wald zurück. Dort schlachtete er die Hennen Vermischte Nachrichten. 317 und goss ihr Blut iu eine kleine Schüssel. Nachdem er gefressen hatte, bis er satt war, kam er wieder zum Baume und nahm auch die Schüssel mit dem Blute mit. Hierauf nahm er das Blut und bestrich hiemit die Schnauze der Hyäne und ihre Klauen; dann gieng er schlafen. Des Morgens erwachten alle, nur der Hase schlief scheinbar; er hörte aber alles. Die Thiere sprachen zu einander: „Jetzt wollen wir das Fleisch fressen!" Allein das Fleisch war verschwunden! Alle fragten: „Wo ist das Fleisch hingegangen?" Dann weckten sie den Hasen und fragten ihn: „Wo ist das Fleisch?" Der Hase sagte: „Ich weiß es nicht; aber gewiss hat es die Hyäne gefressen, denn sie hat Blut an Schnauze und Klauen." Da ergrimmten einige Thiere über sie und schlugen sie; allein andere glaubten das nicht. Da sprach der Hase: „Wir wollen eine tiefe und breite Grube machen, darin ein Feuer; alle Thiere sollen über das Feuer springen; diejenigen, welche hinab fallen, sind schuldig." Alle sprangen jetzt nacheinander hinüber, aber — alle fielen hinein. Der Hase aber sprang nicht hinüber, sondern floh in den Wald, er-sreut über seine List. Im Walde begegnete er dem Fuchs. Beide suchten nun Baumfrüchte Der Baum aber gehörte einem andern Herrn. Als dieser kam, die Früchte des Baumes zu pflücken, fand er nur sehr wenige. Er glaubte, Diebe hätten sie gestohlen. Diese wollte er nun fangen, wenn sie wieder kämen. Er formte also eine Mädchenfigur aus Gummi und stellte sie auf den Baum hinauf. Des Nachts kamen Hase und Fuchs wieder, um Früchte zu fressen. Sie sahen das Mädchen auf dem Baume. Der Hase stieg hinauf; allein das Mädchen war ganz still. Der Hase schlug auf das Mädchen und — seine Pfoten blieben am Harze kleben. Dann schrie er aus Leibeskräften: „Lass' mich los!" Allein das Mädchen ließ ihn nicht los. Dann rief er den ^udjS1 zuhilfe. Nun stieg auch er hinauf; allein auch er blieb kleben. Nun sprach der Hase zum Fuchs: „Wenn der Eigenthümer des Baumes kommt und uns durchprügelt, was wirst du dann thun?" „Ich werde jammern," eutgegnete ihm der Fuchs. „Du musst aber nicht viel jammern," sagte der Hase zum Fuchs, dann stelle dich todt, damit er glaube, du seiest todt." Des Morgens kam der Eigenthümer des Baumes und fand beide auf dem Baume. Nun stieg er hinauf und prügelte beide; der Fuchs jammerte sehr, bis er krepierte; der Hase jedoch nur ein bisschen, dann stellte er sich scheinbar todt. Dann nahm sie der Eigenthümer, pflückte Früchte und legtesowohl die Früchte als beide Thiere in den Korb und trug den Korb auf dem Kopfe nach Hause. Beim Gehen erwachte der Hase und wollte auch den Fuchs wecken; allein der Fuchs war todt. Nun fraß der Hase viele Früchte im Korbe und stellte sich wieder todt. Der Eigenthümer kam heim und fand nur sehr wenige Früchte; er wusste nicht wie. Nun legte er beide Thiere mit Haut und Haare in den Topf, damit sie gekocht würden. Als das Wasser heiß wurde, zersprengte der Hase den Topf und sprang heraus und floh. Der Eigenthämer verfolgte ihn, aber — umsonst. Heiteres aus demMissionslebcn. Ein Missionsbischof befand sich an Bord eines Schiffes, welches an der westafrikanischen Küste in einem Negerkönigreich anhielt, um Rechenschaft wegen eines von den Schwarzen bestohlenen Franzosen zu fordern. Am Tage der Ankunft sandte der schwarze König in seinem Nachen seinen Stabträger mit einem Briefe an den Commandanten. Der Bote, den Missionär anders als die klebrigen gekleidet sehend, hielt denselben erst für den Commandanten; der Missionär wies den Neger an den Offieier und alsbald begannen die bei der Ueberbringung eines Briefes üblichen Ceremonien. Den Brief nahm der Schwarze zwischen die Zähne, ergriff eine Trommel und schlug wacker auf dieselbe los, während die Großen des Hofes, die mit ihm gekommen waren, ihn unter großem Geheul begleiteten und dabei auf dem Deck einen höchst komischen Tanz aufführten. Die ganze Schiffsmannschaft musste sich fast krank lachen. Nach einer Viertelstunde hörte die Musik auf und der, welcher den Brief zwischen den Zähnen trug, reichte ihn mit dem Munde dem Commandanten dar. Das ist die höchste Art, einen Brief zu bestellen. Nachdem die Geschäfte beendet waren, heizte man zur Abfahrt. Als die Abgeordneten des Königs ein Geräusch hörten, schauten sie durch die Oeffnung auf die Maschinen hinab. Im gleichen Augenblicke strömte unter einem grillen Pfiff der Dampf aus. Sofort ergriffen die Abgeordneten voll Schrecken die Flucht, fassten die Seile, welche in das Meer hinunter-hieugen und mit welchen die Fahrzeuge an das Schiff gebunden waren, und in einem Nu waren sie alle drunten in der Salzflut. Um sie zu beruhigen, gab man ihnen freundschaftliche Zeichen, bot ihnen kleine Geschenke; aber cs half nichts und einer von ihnen rief aus: „Ha! Teufel sind sie, diese Franzosen! — Die Schrift ist für die Neger am Lukullaflusse ein Räthsel und Gegenstand der Verwunderung. Sie können es sich nicht erklären, wie man mit Hilfe der Schrift in Europa Bestellungen machen, rote man mit Freunden und Bekannten reden, Neuigkeiten von dort erhalten könne mittelst einer so kleinen Mttkanda, wie sie die Briefe heißen. Der baierische Missionär A. Koller erzählt: Schon der allerunvollkommenste Versuch, ihnen diese Kunst 318 Vermischte Nachrichten. der Weißen verständlich zu machen, erregte ihre höchste Verwunderung. Ich stellte nämlich einen meiner Knaben in ziemlicher Entfernung von mir auf. Darauf sagte ich zum Häuptling: Das, was er mir sage, wisse sogleich auch jener Knabe, obwohl er es nicht tjöre; z. B. solle er mir seinen Namen sagen. Ich schrieb diesen auf ein Blatt Papier und schickte den Häuptling mit demselben zum Knaben; mit ihm liefen ein Dutzend Neger um sich von der Wahrheit des Gesagten zu überzeugen. Mit gespanntester Erwartung horchten sie, als der Knabe laut das Wort Moansoani (Name des Häuptlings) verkündete. Dieser schüttelte den Kopf und betrachtete das Blatt Papier von allen Seiten, von oben und unten; zuletzt fragte er, ob denn das Blatt ihm gleichsehe. Bald war es ein allgemeines Gelaufe, jeder der Schwarzen gab den Namen eines seiner Verwandten oder eines Baumes oder Thieres an; dabei flüsterten sie denselben ganz leise ins Ohr, damit es ja der entfernt stehende Knabe nicht hören möchte; und jedesmal, so oft dieser den Namen laut las, entstand ein großes Gelächter. Voll Verwunderung riefen sie sich ihr mamami, mamami! (Ausdruck der Verwunderung) einander zu. Sie erklärten, sie selber würden in die Mission kommen, wenn wir eine solche bei ihnen errichten wollten, um diese große Kunst zu erlernen. Kindererziehung am Kongo. Die Station St. Joseph von Luluaburg im Belgisch-Kongo ist eine der schönsten und am weitesten vorgeschobenen der Scheuvfelder Missionäre. „Habe ich Ihnen," so schreibt einer der dortigen Missionäre, P. van der Malen, „schon einmal erzählt, wie hier die kleinen Kinder auferzogen werden? Das geht echt kongolesisch zu. Hören sie nur. Gleich nach der Geburt eines Kindes kommt der Vater zu uns, um die gute Nachricht zu melden. Natürlich vergisst er nicht, gleich. ein Bitte schön! anzubringen. Buala bua kudischa muana, so lautet die stets widerkehrende Formel : „Wir müssten einige zarte Bananen haben, um das Kind zu ernähren." Um das Kind zu ernähren, sagt der Schlingel, wobei er grinsend seine weißen Zähne zeigt und den Mund von einem Ohr zum andern öffnet, so dass eine ganze Melone auf einmal hineingienge. Wer könnte dieser echt afrikanischen Diplomatie widerstehen. Man spendet also großmüthig einige der köstlichsten Bananen. Papa Neger wählt die schönste ans, reibt damit gewissenhaft die Lippen seines Sprösslings und macht mit dem Rest gemeinsam mit seiner Frau gemeinsamen Tisch. Die Mama ist schon am folgenden Tage wieder auf den Beinen und bringt das Kleine selbst zur Taufe. Die Windel- und Kleiderfrage macht ihr wenig Kopf- zerbrechen. Dem jungen Guck-iu-die-Welt wird eine Medaille au einer Schnur umgehangen; im übrigen habe ich die Ehre, Ihnen einen kleinen Johann Baptista, aber ohne Schafsfell, vorzustellen. Das nächste Jahr, wenn der Knirps gehen kann, vermehrt sich sein Costüm um eine Perlenschnur. Es gienge übrigens anders auch nicht gut; denn die Babys werden hier mehrmals im Tage mit kaltem Wasser gewaschen, ganz abgesehen davon, dass sie, sobald sie einmal sicher auf den Beinchen sind, wie die jungen Entchen zum Bache laufen. DaS Sonderbarste in der kongolesischen Kinderpflege kommt aber noch. Schon acht Tage nach der Geburt beginnt die Frau Mama, ihren Kleinen mit der Bidia, der schweren National-pastcte, nur für die Umstände ein bisschen verdünnt, vollzustopfen. Die Prozedur ist unbezahlbar drollig, wenn nur die bedauernswerten Folgen nicht wären, von denen ich gleich reden werde. Während also das Kind, den Magen zur warmen Sonne gekehrt, auf den Knien der Mutter sitzt, schiebt diese, mit Daumen und Zeigefinger arbeitend, von der köstlichen Pastete Stück um Stück so tief als möglich in den kleinen Schlund hinein. Der arme Schelm schneidet Grimassen, strampelt, weint, schreit aus Leibeskräften. Umsonst; die Mama fährt mit größter Gemüthsruhe und Beharrlichkeit in ihrer Wurstmacherarbeit fort. Die Folge dieser durchaus unentsprechenden Nahrung ist, dass die schon von Geburt schwächlichen Kinder nicht aufkommen, während bei den andern der Bauch in monströser Weise aufschwillt. Alle Vorstellungen gegen diese unvernünftige Sitte helfen nichts. Sagt man ihnen, dass in Europa viel weniger Kinder sterben, weil sic naturgemäßer erzogen werden, so lautet die ständige Antwort: ,Jhr seid Weiße, wir sind Schwarze? Dabei blcibt's. So stirbt der größere Theil der Kinder bereits während der ersten drei Monate. Familien mit zehn Kindern sind schon recht selten; eine einzige unserer Familien hat deren drei und die Leute sind nicht wenig stolz darauf. Dafür werden aber die überlebenden umso mehr gehätschelt; Eltern, Freunde, Bekannte, Männer, Frauen und Knaben wetteifern in der Stelle von Kindsmägden und der dickleibige kleine Balg wandert von Arm zu Arm. Aberglaube in Kamerun. P. König schreibt aus Edea: Auch nach der Sagengeschichte der Bakokos stammt das Menschengeschlecht nur von einem Manne ab. Es vermehrt sich aber sehr stark. Da wurde de» Herrn Göttern bange, die Menschen könnten übermächtig werden, und der neidische Halbgott Elelome machte im hohen Rathe der Götter den Vorschlag, ob es nicht besser sei, den Menschen dem Tode verfallen und für jeden Todesfall eine Geburt eintreten zu lassen, damit ihre Anzahl immer eine gleich große bliebe. Die Götter konnten nicht einig werden und beschlossen, die Sache von dem Urtheile der Frösche abhängig zu machen. Es wurde also den Fröschen die hochwichtige Frage vorgelegt: „Soll der Mensch ewig leben oder einmal sterben?" „Wo, wo, wo," (sprich wao—sterben) antwortete einstimmig der grün-befrackte Chor. Und so zog denn der Tod ein bei Groß und Klein, Arm und Reich. Der den Menschen abholde Gott Elelome heißt bei den Dualas Nyambe und gilt auch bei ihnen als der gefürchtete Widersacher, der durch Krankheit und Tod des Menschen Glück durchkreuzt. „Nje tusc?" (Was quält?) fragt der Duala bcim Gruße. „Nyambe" lautet die Antwort. Von den Orakeln und sonstigen abergläubischen Gebräuchen hier einiges: Noch heute versammeln sich die Acltesten der Dörfer an bestimmten Tagen, um in ihren Schmerzen und Anliegen den Spruch der Götter zu vernehmen, die eine Ziege oder ein Huhn als Mittelperson benutzen, um ihre Weisheit kund zu thun. King Kebe, der Vater unserer Anna, hat eine Ziege und einen verschnittene» Ziegenbock, welche stets in einem Häuschen vor den Augen der Frauen verborgen gehalten werden. Man macht die Leute glauben, dass die Gottheiten kein Futter be-nöthigen. Des Nachts aber wird ihnen heimlich Futter hingeworfen. „Minyime, der Zicgenhüter, will sagen der hochangcschcne Orakelpriester, frägt nun vor der Versammlung der andächtig lauschenden Menge, z. B. ob Tonganyaka an seiner augenblicklichen Krankheit sterbe» werde. Bei dieser Frage gibt Minyime der Orakelziege mit seinem Stabe einen gelinden Schlag auf den Rücken. „Mäh," antwortete das Orakel und alle anwesenden Orakelfrager schließen sich dem hochweisen Urtheile an. „Besä, es ist beschlossen, er stirbt," ertönt es wie aus einem Munde. An anderen Orten wird dem Hahn auf den Fuß geschlagen und sein Krähen gibt die Zukunft kund. Die Baganda. P. Joseph Laaner aus der Gesellschaft der Weißen Väter, Missionär in Uganda in Acquatorialafrika, schreibt: „Die guten Baganda unseres Landes haben nichts gemein mit den verdorbenen Bastardnegern von der Küste, die keinen Vater, keine Mutter kennen, Müßiggänger, die dem Trunke ergeben sind ; Opiumraucher, die vor keiner Sache mehr Scheu haben als vor allem, was Tugend oder Religion heißt; verkauftes Volk, das von den Sclavenhündlern gehetzt, eingefangen, vertauscht, verkauft und von dem verpestenden Athem des wollüstigen Arabers berührt worden ist, so dass die Hoffnung auf eine bessere Zukunft für solche sittenverdorbene Creaturen als ausgeschlossen betrachtet werden muss. Die Baganda hingegen sind die Ureinwohner des Landes! sie haben ihre Geschichte, ihre Gesetze, ihre Regierung, ihre Rathsversammlungen. Es ist ein kriegerisches offenherziges Volk und erlernt gern etwas Neues, wenigstens wenn es sich als etwas Gutes bewährt. Die Leute sind stolz auf ihr Land und auf ihren Namen, sie behaupten, es gebe nirgends auf Erden ein Land, das dem Ihrigen an Schönheit gleichkomme! nur den wollen sie zum Freunde haben, der ihr Land liebt, wie sie es lieben, und der beabsichtigt, es nie mehr zu verlassen. Je mehr man dieses treuherzige Volk kennen lernt, desto mehr schätzt man die Leute. Es besteht eben ein sehr großer Unterschied zwischen einem Küsten-ncger und dem edlen Bewohner Ugandas. Der Mu-ganda mag keinen von den Kerichthaufen aufgehobenen Hut, keine zerlumpten Kleider, keinen durchlöcherten Regenschirm, während manche andere Neger solchem Plunder keinen geringen Wert beilegen. Die Nationaltracht des Muganda ist ein möglichst weißes Tuch, das auf der rechten Schulter zusammengeknüpft, frei und locker herabhängt! eine arabische Pluderhose, eine Lanze in der Hand, eine rothe Mütze auf dem Kopfe, wenn er reich ist. In dieser Tracht bietet der Muganda mit seinem freien und stolzen Blick, mit seinem schnellen und leichten Gang eine stattliche Erscheinung. Wie in allen Heidenländern, so war es auch hier mit der Lage der Frau traurig bestellt! sie galt nahezu als die Sclavin ihres Mannes. Seitdem aber das Christenthum seinen Eintritt ins Land gehalten hat, ändert und bessert sich ihr Zustand allmählich! doch nur erst in den christlichen Familien ist die Frau dem Manne gleichgestellt. Die Frauen sind im Allgemeinen sanftmüthig und äußerst bescheiden. Grüßen sie jemand, so fallen sie auf die Knie und stehen erst auf, wenn der Begrüßte an ihnen vorbei ist. Von diesen treuen schlichten Leuten sitzen fortwährend ganze Reihen in meinem Zimmer, öfters sind 60 bis 70 Leute da, und wäre der Raum nicht so beschränkt, so zählte ich deren noch viel mehr. Diejenigen, welche keinen Platz mehr im Zimmer finden, bleiben draußen stehen und harren daselbst geduldig aus, bis sich die Gelegenheit bietet, auch hereinzukommen. Diese Leutchen verlassen mich nie, als wenn ich in die Kirche gehen muss, um Beichte zu hören, oder wenn ich draußen Unterricht in der Christenlehre ertheilen muss. Sodald ich aber wieder aus der Kirche komme, stürmt alles auf mich los und bleibt wieder stundenlang bei mir. Und so geht es schon fünf Jahre her, solange ich hier bin. Ob nun ein solcher Zuspruch ohne Unterlass immer und immer gleich angenehm ist? Das nun eben nicht: Handelt 320 Vermischte Nachrichten. es sich nicht um so Vieler Seelenheil, so ertrüge man es oft nicht so lange. Allein recht oft erfährt man in der Mission Tröstliches, das man sonst vergeblich suchen würde. Ein Taufexamen. Jeden Sonntag nach der Nachmittagsandacht besteige ich unsern Esel, den Gläubigen in den benachbarten Dörfern einen Besuch abzustatten. Dies geschieht, damit die Kranken und die Altersschwachen, die nicht in die Mission kommen können, nicht sich selbst überlassen seien, denn auch sie sehnen sich nach dem Empfange der Taufe. Falls sie noch nicht hinreichend unterrichtet sind, so lasse ich ihnen einen Katecheten zurück und komme am nächsten Sonntag wieder zu ihnen. So zog ich vorigen Sonntag nach Sango. Dort sollte ich drei alte Frauen vorfinden, die getauft werden wollten. Sie saßen bei meiner Ankunft alle drei auf den Knien unter einem großen Feigenbäume, hübsch gewaschen und aus Ehrerbietung vor dem heiligen Taufsacrament das Haupthaar schon glatt abrasiert. Sie trugen ganz neue Kleider aus Baumrinde, wie dies die geziemende Tracht des Landes erfordert. Die drei Alten zählten miteinander wenigstens 260 Jahre. Ich frage erst einiges aus dem Katechismus, wie ich glaube, das leichteste, was er enthält. „Wer ist für uns Mensch geworden? Wohin kommen die Guten nach ihrem Tode? Wohin kommen die Bösen? Wieviele Personen der Gottheit gibt es? u. s. w. Ihre Antworten sind ganz richtig. Ich fragte sodann die Aelteste von den Dreien: „Was ist der Himmel?" Diese arme Alte wurde verwirrt, sie hatte Furcht vor meinem Esel, denn ich in der Nähe an einen Baum gebunden hatte, und indem sie mir zitternd in mein blasses Antlitz sah, antwortete sie: „Der Himmel ist ein Freudenort, wo wir ewig ruhen werden mit. . . mit ..." Ich ermuthigte sie, den Satz doch Zu vollenden. Auf einmal fasste sie sich und. ihres Sieges gewiss, ergänzte sie: „Mit den Teufeln." Unglücklicherweise saß sie gerade in der Mitte. Ich wollte ihr ein bisschen helfen, aber die zwei Gefährtinnen, eifrig wie sie waren, kamen mir noch zuvor. Sie versetzten ihrer ungeschickten Freundin Rippenstöße und eine rief in ihrer Entrüstung; „Du altes Weib, du wagst es noch, so zu lügen. Die glaubt uoch, dass der liebe Herrgott Teufel in seinem Hanse duldet! Pfui über dich!" Ich tröstete die verdutzt Dreinsehende, fast Ohnmächtige, erklärte ihr das Nothwendige und taufte alle Drei unter den Namen: Maria, Anna, Elisa. Eine Heiratsangelegenheit. Ein kräftiger untersetzter Bauer kommt neulich zu mir herein und bringt drei schüchterne schwarze Bauernmädel mit sich. Sein Auge leuchtete vor Freude und im muntersten Frohsinn spricht er: „Vater, nun bin ich so reich wie ein König. Ich möchte mich verheirathen und nun bitte ich sie, uns dafür einzuschreiben." „Wer ist deine Auserwählte? Wo ist sie denn?" „Hier, Vater!" und zugleich deutete er auf die Drei mit der Hand. „Aber, lieber Mann, du weißt doch, dass du dir nur eine Frau nehmen darfst, ich kann dich nicht mit allen Drei trauen!" „Ah, so, gewiss weiß ich es, Vater, allein alle Drei lieben mich und ich mag sie auch alle Drei gleich gern. Ich weiß nicht, welche Wahl ich treffen soll, so habe ich alle Drei hergeführt. — Sie werden schon die Wahl für mich bestimmen." — Da konnte ich mich nicht mehr halten, der Spass war zu köstlich und ich lachte aus vollem Halse. Ich fasste mich aber bald wieder und nahm die Sache ernst. Eine kurze Prüfung ergab schon bald, dass die zweite Candidatin am besten ihren Katechismus kannte. Diese wurde also eingeschrieben als die Verlobte und die zwei andern schickte ich mit einer Handvoll Rauchtabak nachhause. Die Durchgefallenen waren zwar ein bisschen verlegen, dass sie aus diesem Grunde hatten abgewiesen werden müssen, allein sie schienen sich in ihr Schicksal zu ergeben, denn sie nahmen sich ernstlich vor, jetzt noch besser ihren Katechismus zu lernen, da sie nun den Wert dieser Kenntnis besser einsehen. Für Schriftleitung: P. Xaver Geyer F. S. C. — Druck von A. Weger's fb. Hofbuchdruckerei, Brixen.