o o CCCCCCCCCCCCCCCt€CCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCCC€CCCCCCCCCCCC€Ct^j; Deutscher KlauöenBote. herausgegeben von der Gesellschaft der „Söhne des hlst. Lzerzens Jesu". Erscheint monatlich 32 Seiten stars;. — Preis ganzjährig 3 K = 8 Mk. — 4 Frcs. mr. 9. September 1901. IV. Jayrg. Inhalt: Lekensbikder deutscher MifsioiiSre. Joh. Dichtl . Miende des Morgenlandes. Der hl. Hieronymus iifsionsfahrten auf dem uicičen 121 H' . . . . Ans dem Joubc der Medja. Von P. Xaver Geyer Ein etöivenakenteilcr. Von P. Sinner, Missionar in Nordsansibar............................... Koch,«u»reis« eines Argerpaare». Von Bruder Karl Mlobt S. b. h. H......................... Aniidfchan in den Missionen . . . . . . Aua dem Mifsionsleben : DerKatcchumenc AlySaicd Mcrmischle Aarkrichlen: Aus bau Missionshanse. Vertheiluug Afrikas in politischer Beziehung. Seite 257 Drci kasferische Fabeln. —Drahtleitung vom Kap bis .„.n Kairo. — Die Entstehung der Neger. — Afrika- 9ßK Nische Menschenfresser. — Afrikanische Majestäten 97'i int Exil. — Die Nilquelle. — Deutsch-Ostafrika Marien-Ierein für Afrika............................... Seite Abbild >ni gen: 277 P. Joh. Dichtl. — Der hl. Hicrouynins. — Christliche 271) ' Schillitl. — Bedja Familie. -- Mvhaiuiiicdauische Hoch-281 schule Azhar in Kairo. — Fellah-Fran auf der Fahrt zum Markte. Wijsronshcrus Wühl'anö ßet Mriieen—Hrvot. mm tim Gotteslohn; erbittet das Gefertigte von seinen freunden und Gönnern entbehrliche Bücher, « wenn auch älteren Datums, besonders * ascetischen und theologischen Inhaltes. lDissionsbaus bei Brixcn. §gZ Aeltere Jahrgänge 5 es „Sern der Neger" sinö noch erhältlich tmö zwar: 5er erste Jahrgang ä 2 K, 5er zweite (2. für sich abgeschlossenes Halbjahr) ä 1 K, 6er fünfte ä 2 K. Alle Jahrgänge zusammen bezogen Kosten nur 4 Kronen. Behufs Erleichterung in der Versendung ersuchen wir die verehelichen Ab-nehmer höflichst, bei allen Anfragen, Geldsendungen u. s. w. stets die gedruckte Echleifnummer mitangeben zu wollen. Üiorrefponöettß der Expedition. Eingegangene Geldsendungen. (Vom 1. bis 30. August 1901.) Dür das Missionshaus: Franz Scheuring Lehrer, Gädheim . . . . 11.70 S. Heinr. Stadler, Pfarrer, Altheim............5.28 fi. Creszenz Hilzenthaler, Landshut.............1.17 K. Friedrich Anton Krill, Bildhauer, Wien. . . 6,— K. Llnton Landerl, Hausbesitzer, Sierning . . . 6 — K. P. Obrist, Toblach . ...............................19.90 K Leuich, Pfarrer, Brohl......................3.52 K. P. Peter B. Zierler, Bregenz................11.15 K. Bründl, Regensburg......................... 23.40 K. N. N Brixen.................................10.— K. Canonicus Dr. Blasius Egger, Brixen . . . 17.— K. Jul. Krill, Modelleur, Blansko...............5.— S. Aus Bayern für das Missionshaus . . • 1121.28 K) Durch Dr. Joh. Chr. Mitterrutzner, Neustift . 23.40 K. Dr. Schacht, Arzt, Kulm, für ein Negerkind „Ludwig" ....................................... 29.35 K. Luise Krill, Wien............................6.— K. P. Obrist, Pfarrer Toblach................30.— K. Andreas Broz, Wien.........................2.— K. August Tröbinqer, Tischler, Brixen • . . . 2,— K. Aus Westfalen............................ 569.50 S. A. Rühl, Winklern, für arme Zöglinge. . . 9 — K. Math, Schmidmayr, Haag, N.-Oe. .... 10.— K. Durch Domvicar J. Godec von Ehrendomherrn Michael Tavčar Zuzembeck.....................30,— K. Josef Leitncr, Mühland......................... 3.64 K 2(u§ Bayern................................... 15.88 K. 2lus Bayern................................... 23.44 K. Iiür heilige Wellen: Jak König, Trier an der Mosel ". . . . Aus Bayern................................... Aus Westfalen................................ Anna Rühl, k. k. Forstwartsgattin, Winkler» Au§ Bayern................................... 17.64 K. 234,— K. 120.20 K. 3,- K. 77.88 K. Dielen und allen übrigen Wohlthätern sagen wir ein herzliches „Dergctt's Hott!" und Sitten um weitere milde Haben für unser Missionshaus. Mr. 9. September 1901. IY. Jahrg. Lebensbilder deutscher Missionäre. Johann Gv. Archil.', apostolischer Wisst onär von Kentrakafrika. Ein Palmzwcig ans dessen Grob von Dr. Joh. C h r. Witter r it tz n c r. MKohann Ev. Dichtl wurde zu Hartmcinnsdorf in Steiermark am 20. December 1857 als Kind braver, frommer Eltern geboren. Seine Studien machte er im fb. Knabenscminar zu Graz. Die Lecture der „Katholischen Missionen" und der Jahresberichte des Marienvereines für die centralafrikanische Mission begeisterten den braven Studenten und frommen Jüngling und bewogen ihn nach einer Wallfahrt zur Gnadcmnutter nach Maria-Zell um die Aufnahme in das von dem hochwürdigstcn apostol. Provicar von Centralafrika, Comboni, zur Heranbildung von Missionaren gegründete Institut in Verona anzusuchen. Die Aufnahme wurde ihm gewährt; er betrat dasselbe am 20. September 1876. Unter den damaligen Alumnen, welche sich der genannten Mission zu widmen gedachten, befand sich auch Josef Ohr-walder aus Lana bei Meran in Tirol, derselbe, welcher 10 Jahre zu Omderman bei Chartum als Mahdis Gefangener schmachtete. Wie Comboni zu sagen pflegte, galt Dichtl als eine Perle der Anstalt; später nannte ihn der Bischof gewöhnlich nur seinen Benjamin. Dichtl studierte am bischöflichen Seminar mit bestem Erfolge die Theologie. Da Erfahrung gelehrt hatte, dass ein plötzlicher Uebergang aus dem europäischen Klima in den sudanischen Glutofen gefährlich sei, beschloss der Bischof, dass Dichtl wenigstens auf ein Jahr nach Kairo gehe, theils um sich an das Klima zu gewöhnen, theils um sich in der arabischen Sprache zu vervollkommnen. Dichtl begab sich daher im Juli des Jahres 1879 in das Land der Pharaonen; mit ihm reisten ein Cleriker, ein Laienbruder und fünf Schwestern; zuvor hatte die kleine Gesellschaft sich in Rom dem Präfeeten der Propaganda, Cardinal Simeoni und dem heiligen Vater vorgestellt und dessen Segen empfangen. In den Jahren 1878 und 1879 herrschte im Sudan eine große Hungersnoth und Sterblichkeit. Comboni, welcher sich Ende 1877 in sein Vicariat begeben hatte, war Augenzeuge des Elends; er und die Seinen litten Noth, und zudem raffte ihm der Tod mehrere Missionsmitgliedcr fort. Der nie muth-lose Bischof eilte nach Europa, fand Hilfe und ein 258 Lebensbilder deutscher Missionäre. ansehnliches Personal zu seiner Verfügung. Anfangs 1880 traf er wieder in Kairo ein. Dicht! schreibt am 6. December: „Unser apostolischer Vicar ist am letzten Donnerstag (2. Dec.) nach einer sehr gefährlichen Seereise, wobei sich die Unserigen für fast verloren hielten, wohlbehalten angekommen und hatte alle Vollmachten, mich hier weihen zu können, was gestern um 9 Uhr vorm, erfolgte. Welch' feierlicher Augenblick! Ich kann es nicht aussprechen, was ich fühlte! Beim ersten heiligen Opfer, daS ich zugleich mit dem Bischof darbrachte, habe ich ein heißes Memento für Sie, Hochwürden, gemacht und werde es von nun an an keinem Tage unterlassen. Meine Primiz feiere ich übermorgen, 8. December, dem Feste der Schntzpatronin unserer lieben Mission. Wollen auch Sie meiner gedenken, damit ich alles das, was ich dem lieben Gott versprochen, zu halten vermöge. Wir sind alle herzlich froh, dass wir unsern apostolischen Vicar in unserer Mitte haben. Herr Ohrwalder wurde gestern Diacon und wird übermorgen Presbyter." — Die Abreise von Kairo erfolgte am 28. December. Die Karawane zählte 16 Personen: Bischof Com-boni, 4 Priester, darunter Dicht! und Ohrwalder, 1 Cleriker, 4 Laien-Missionäre und 6 Klosterfrauen. Man wählte diesmal den kürzeren Weg über Suez, das rothe Meer bis Suakin, von da durch die Wüste der Bischarinen nach Berber und von dort auf dem Nil nach Chartum. Die ägyptische Regierung hatte dem hochangesehenen Bischöfe und seinem Gefolge sowohl für die Fahrt Suez-Suakin, als auch Berber-Chartum einen Dampfer zur Verfügung gestellt. Am 28. Jänner 1881 erreichten sie Chartum, wo ein feierlicher Empfang stattfand. So war nun Dicht! am Orte seiner künftigen Wirksamkeit angelangt; denn während der apostolische Vicar einige Missionäre nach El-Obeid sandte, wollte er seinen Benjamin in der Mutterstation an seiner Seite haben. Arbeit gab es genug. Während der Bischof an der Verwaltung der ausgedehnten Mission rastlos arbeitete, oft bis Mitternacht, nicht selten bis 2, 3, ja 5 Uhr morgens Briefe schrieb, unterrichtete Dicht! die Missions-Zöglinge und wirkte als Seelsorger der christlichen Gemeinde Chartums. Als er unter seinen Schülern auch einige schon getaufte Dinka-Negerlein vorfand, welche der arabischen Sprache noch nicht mächtig waren, nahm er die vorhandene Grammatik der Dinka-Sprache zur Hand und lernte in kurzer Zeit soviel daraus, dass er schreiben konnte: „Bin nun imstande, die Beichte dieser Negerlein in ihrer Muttersprache abzunehmen und mich ihnen verständlich zu machen." Ein Mitbruder des sel. Missionärs berichtet über dessen segensreiche Wirksamkeit in Chartum: „Dicht! leuchtete allen durch seine ticfinnige Frömmigkeit vor; mit größtem Eifer widmete er sich dem Unterrichte der Negerkinder; seine Liebenswürdigkeit gewann ihm die Herzen aller. Die Neger der Mission, sowie die in der Stadt wohnenden Christen, liebten ihren Abuna Hanna (Vater Johann) herzlich und aufrichtig. Er besaß auch die Gabe, die Herzen zu gewinnen, in außerordentlichem Grade; Schismatiker und Muselmänner konnten seinem herzlichen, einnehmenden Wesen nicht Widerstand leisten. Durch seine Predigten in arabischer'Sprache wirkte er viel Gutes. Die Fertigkeit, zu welcher cs Dicht! in dieser Sprache gebracht hatte, bewunderten selbst geborene Araber. In der Erkenntnis, dass die völlige Beherrschung der arabischen Sprache für seine Missionsthätigkeit eine Hauptbedingung sei, unterbrach er das Studium derselben nie; er benützte jeden freien Augenblick dazu. Außerdem suchte er mit Hilfe Eingeborner und der von Dr. Mittcrrntzner in Brixen verfassten Grammatik die Dinka-Sprache zu erlernen und hatte darin schon hübsche Fortschritte gemacht." Ende März trat der Bischof die Reise nach El-Obeid und etwas später (24. Mai) nach Delen an, seine Abwesenheit dauerte nahezu fünf Monate. Der Bischof kam leidend zurück. Ende September hielten die Krankheiten ihren Einzug in Chartum; binnen kurzem lagen 27 Missionsmitglieder krank darnieder. In der Stadt nannte man die Mission ein Spital. Der Bischof und sein Benjamin waren vom männlichen Personale noch allein auf den Beinen und machten fortwährend Besuche bei den Kranken. Hiebei sprach der Bischof öfter: „Siehst Du nicht, wie süß das Kreuz ist?" Jedoch dieses Kreuz sollte gar bald für die Mission ein gar bitteres und drückendes werden. In der Nacht vom 4. auf 5. October befiel den Bischof ein heftiges Fieber, das sich aber gegen den Morgen milderte. Am 9. October war er auf den Beinen, am 10. Abends hatte er sein Tagewerk vollendet. Dicht! schreibt hierüber aus Chartum, 11. October: „Großer Gott! — Bereits hat der Draht gesprochen! Gestern gegen 10 Uhr abends (ich weiß nicht einmal mehr die genaue Stunde) ist der große Bischof Comboni, seine Mission segnend, ins Jenseits geschieden. In meinen Armen starb er; ich hauchte ihm die letzten Liebesseufzer ins Ohr; ich trocknete seine letzten Thränen! O, wie danke ich dem Herrn für diese große Gnade, die mir so unerfahrenen, nicht einmal 24 Jahre zählenden Missionär zutheil wurde! Von Sonntag 101/2 Uhr wich ich fast keinen Augenblick von seiner Seite, denn Lebensbilder deutscher Missionäre. 259 ohne mich konnte er nicht fein; er war mir, was Pflege betrifft, so unterthänig wie ein kleines Kind. O wie danke ich dem Herrn, wie fühle ich mich glücklich, meinem geliebtesten Vater, der mich ins Priesterthum eingeführt, diese letzten Liebesdienste erwiesen, sein letztes, unbegrenztes Vertrauen genossen zu haben. Gestern nachmittags noch musste ich meinem heißgeliebten Bischof Treue zur Mission versprechen — ich hab's gethan, geschworen: hier will ich sterben und nicht außer dem Vicariate! . . . Fürchten Sie für mich nichts; sollte ich bald meinem Bischöfe folgen — fiat! Ich fühle jedoch eine außerordentliche Kraft und Stärke, wie ich sie nie besessen; dafür sei dem Herrn Lob und Preis! Arme Mission! arme Neger! Hätten Sie selbe gesehen! Doch genug! Nehmen Sie heute den letzten Kuss, den letzten Gruß, den letzten Dank Ihres bischöflichen Freundes entgegen . . ." Für Dichtl gab cs nach dem Tode des Bischofs gar viel zu thun. Außer den schon erwähnten Arbeiten musste er nun auch die ausgebreitete Corre-spondenz mit den Behörden in arabischer Sprache führen und zahllose Briefe nach Europa schreiben. Bischof Comboni sagte oft: „Wenn man nicht schreibt, so kommt nichts", und Dichtl war ein gelehriger Schüler des Meisters. Jedoch die Ueberanstrcngung rächte sich. Am 21. Jänner 1882 befiel ihn ein heftiges Fieber, so dass die Umgebung um sein Lebe» besorgt war. Noch viel heftiger wiederholte sich dieses am 1. Februar und dauerte bis zum dritten des Monats. Am 10. Februar schrieb er: „Mit den Krankheiten geht cs hier gewöhnlich schnell: entweder — oder; meine Stunde war noch nicht gekommen." Ueber diesen zweiten Anfall erzählte er mir einmal mündlich: „Als ich am 4. Februar, auf einen Stock gestützt, in das Empfangszimmer wankte, erblickte ich in der Ecke einige Bretter und aus dem Tische mehrere kleine Packete. Auf die Frage, was diese Dinge hier zu bedeuten hätten, erhielt ich die Antwort: Ja — die Bretter haben wir zusammengesucht, um für Sic den Sarg zu machen, und — die Packct-chen enthalten aus Ihrer kleinen Habe Andenken für die Missionsmitglieder." Die Gesundheit kehrte bald wieder, aber nun kam eine schreckliche Zeit. Die ägyptische Misswirtschaft im Sudan hatte bei der ganzen Bevölkerung eine hochgradige Unzufriedenheit und Erbitterung erzeugt und so dem Mahdi die Wege bereitet. Aufstände ringsum, und selbst Chartum war schon im Juli 1882 bedroht. Dichtl schreibt am 28.: „Der Würfel ist gefallen! Wir sind gezwungen, Chartum zu verlassen und soeben ist der Beschluss entgiltig geworden, und wir suchen zu retten, was rettbar ist, durch Verkaufe», Verpacken usw. Heute ist Freitag; am Sonntag werde ich alle Katholiken auffordern, ihren Christenpflichten nachzukommen; am Dienstag ist die Abreise. Ich allein bleibe hier. Die von El-Obcid und Nuba (Delen) haben wir bereits aufgegeben . . . Komme ich mit dem Leben davon, so werde ich, soviel an mir liegt, alles aufwenden, die Mission wieder aufzunehmen. Bischof Daniel ist mir ein Unterpfand für die Missis, in deren Erde er ruht; vom Himmel 3ch. Ev. Dichtl. sicht er aus seine Herde herab. Soll in diesen Tagen mein Leben enden, dann nehmen Sie die Versicherung entgegen, dass ich gerne sterbe, die Mission mehr als Vater und Mutter geliebt habe, allen Wohlthätern von Herzen dankbar bin und für sie zu beten und zu celebrieren stets beflissen war, dass alle auch meiner armen Seele eingedenk sein möchten und dass ferner Jünglinge, welche Neigung für unsere Mission fühlen, ja derselben Ohr und Herz widmen möchten, der Herr wird ihnen Barmherzigkeit erweisen, wie Er sie mir erwiesen hat, denn ich bin auch heute noch ob meiner Berufswahl glücklich und guten Muthes." Die Abreise des Missions-Personals, nämlich des Vorstandes, der Klosterfrauen, des Gärtners, der 7 3 Ne- 260 Lebensbilder deutscher Missionäre. gerlein und anderer geschah am 4. August. Das Ziel der Reise war zunächst Berber. Am 15. August 1882 berichtet Dicht!, dass diesmal der liebe Gott selbst Chartum vor einem Ueberfalle von Austin geschützt habe und zwar durch eine gewaltige UeberschwSntmung der Stadt und Umgebung. „Diesem Umstande ist zu verdanken, dass ich das Allerheiligste stets noch an der Ihm gebärenden Stelle, d. h. im Tabernakel des Hochaltars bewahrte; mit) Consul Hansa! ließ zum Verdrösse der Muselmänner jeden Festtag die drei Glocken recht wacker läuten. Heute hielt ich ein feierliches Hochamt und sang das Gloria mit bewegter Brust .... In Chartum hat man alle möglichen, aber im Anfange zu wenig energische Vorkehrungen getroffen und so stehen wir in Gottes Hand. Solange ich das Allerheiligste im Tabernakel der Kirche zu Chartum weiß, habe ich keine Furcht . . ." Am 10. September 1882 meldet Dichtl: „Der neue General-Gouverneur Abd-el-Kader ist für den Sudan eirr wahres Glück." Es gab nun längere Zeit einige Ruhe; jedoch die ägyptische Regierung sandte auch ihm bald statt Truppen nur Versprechungen. „Im übrigen," schreibt Dichtl, „danke ich dem lieben Heilande, dass ich mich so gut auf den Beinen erhalte, um den Kranken, deren es hier augenblicklich eine Unzahl gibt, irgendwie nützlich sein zu können. Auch Hansal ist äugen- und brustleidend, und ich habe ihm ein gutes Stück Arbeit für diese günstige Gelegenheit fertig gestellt. Anliegend sende ich Ihnen den Brief deS Dr. Emin Bey, richtig Dr. Schnitzer, den ich am 11. d. M. aus Lado erhielt; er ist interessant inbczug seines Interesses für unsere Mission. Emin Bey ist großer Naturforscher, Geograph, ausgezeichneter Polyglott und dazu ein tüchtiger Gouverneur." In der Nachschrift sagt Dichtl: „Bis jetzt habe ich den Gottesdienst ganz regelrecht gehalten." Unter diesen kritischen Verhältnissen arbeitete Dichtl durch 7 Monate weiter bis zu der so ersehnten Ankunft des neuen apostolischen Vicars Sogaro, der ihn unterm 20. November zu seinem Generalvicar ernannt hatte. Die Ankunft Sogaro's war ein Hoff-nungsstern für die Mission. Uebcrgrostc Anstrengung hatte Dichtl, der bisher ihre Stütze gewesen, dem Tode nahe gebracht; bei der Ankunft des apostol. Vicars am 8. Februar 1883 lag er am Typhus schwer krank darnieder und hatte eben die heilige Oclung empfangen. Gott erhielt ihn damals, doch seine Gesundheit hatte einen argen Stoß erlitten. (Schluss felgt.) Legenöe des Morgenlandes. Z)ev Hl. jäieron^muö. (30. September.) vierte und fünfte Jahrhundert ist die Glanz--EE und Kraftpcriode der katholischen Kirche. Das Heidenthum lag in den letzten Zuckungen, die Stürme der Völkerwanderung ergossen sich über die classische Welt und selbst klar blickende und scharf denkende Männer glaubten mit dem Untergange des römischen Reiches den Untergang der Welt erleben zu können. Mit den Zuckungen und dem letzten Auflackern des sinkenden Heidenthums und den Wogen und Stürmen der Völkerwanderung erhoben sich zahlreiche Serien und Ketzereien gegen das siegreiche, jugcndfrische Christenthum und Schismen versuchten seine Einheit zu zerreißen. Jedoch die katholische Kirche bestand alle Kämpfe, warf alle ihre Gegner zu Boden und erzeugte aus ihrem Schoße eine große Reihe von Männern, die mit der Schärfe ihres GeisM und der Tiefe ihres Wissens alle geistigen Feinde des Christenthums niederrangen, der katholischen Theologie aller Zeiten eine sichere und breite Grundlage legten, der alten Welt die Krone aufsetzten und eine neue vorbereiteten. Das vierte und fünfte Jahrhundert, das Zeitalter der Kirchenlehrer und Kirchenväter, ist das Zeitalter der Kämpfe und Leiden, aber auch die Glanz- und Kraftperiode der katholischen Kirche. Damals bestand noch nicht die traurige Spaltung zwischen Orient und Occident. Zwischen beiden herrschte ein reger Verkehr, beide wetteiferten miteinander im Eifer für die Kirche Gottes und die Reinerhaltung der apostolischen Lehre. Orient und Occident tauschten sich ihre geistigen Schätze aus, in beiden Reichshälften tauchten durch Gelehrsamkeit Legende des Morgenlandes. 261 und Frömmigkeit ausgezeichnete Männer auf, die wir Kirchenlehrer und Kirchenväter nennen. Der Orient brachte hervor den Geschichtsschreiber Eusebius von Cäsarca, den hl. Athanasius, „die Säule der Kirche", den heiligen Cyrillus von Jerusalem und den heiligen Cyrillus von Alexandrien, das kappadikische Dreigestirn, den heiligen Basilius den Großen, seinen Jugendfreund Gregor von Nazianz und seinen Bruder Gregor von Nyssa, den heiligen Epiphanius, den heiligen Johannes Chrysostomus, Theodorct von Cyrus und eine Menge anderer; — unter den Lateinern erstanden der heilige Hilarius von Poitiers, der heilige Ambrosius, der heilige Augustinus, Papst Leo der Große und viele andere. An der Grenze zwischen Orient und Occident stehend sowohl seiner Heimat als seinem Charakter nach, und die lateinische und griechische Cultur in sich aufnehmend und Osten und Westen mit seinem Riesen-gcistc und seiner iveit ausgedehnten Thätigkeit verbindend, ist der feurige und leidenschaftliche, donnernde und niederschmetternde Dalmatiner, der große Kirchenlehrer S o p h r o n i us E u s eb i u s H ie r o -n y m u s. Hieronymus stammte aus Stridon einem Grenzstädtchen Dalmatiens und Panoniens und ward nach einigen im Jahre 331, nach anderen frühestens 340 geboren. Von der Wiege an, so lautet sein eigener Ausdruck, ist er mit katholischer Milch genährt worden, die Taufe hat er jedoch erst im angehenden Manncs-altcr empfangen. Es pflegten Nämlich damals auch ausgezeichnete und heilige Eltern, wie die heilige Monica, Mutter des heiligen Augustins, die heilige Nonna, Mutter des heiligen Gregor von Nazianz, die heilige Macrina, Großmutter des heiligen Basilius des Großen und des heiligen Gregor von | Nyssa, die fromme Anthusa, die Mutter des heiligen Johannes Chrysostomus und Olympia, Mutter des heiligen Ambrosius die Taufe ihrer Kinder über die gefahrvollen Jahre der aufsprießenden Jugend hinauszuschieben, damit sie die Tansnnschuld unbefleckt erhielten. Diese Unsitte ist später von den Kirchenvätern eifrig bekämpft und glücklich überwunden worden. Von der Jugend und den Eltern des heiligen Hieronymus wissen wir nur das Wenige, was er selber in seinen Briefen gelegentlich verräth. Doch können wir vermuthen, dass seine Eltern würdige Zeitgenossen jener großen christlichen Persönlichkeiten waren, die uns die übrigen Kirchenväter jener Zeit geschenkt haben, deren Geist und Gesinnung sich so herrlich in ihren Kindern offenbarte, — so dass sich selbst der gelehrte heidnische Redner und der größte Anwalt des erlöschenden Hcidenthums, Libanius, der Lehrer des heiligen Johannes Chrysostomus zum Ausruf genöthigt sah; „Was für Frauen sind doch diese christlichen Mütter!" Zu seiner wissenschaftlichen Ausbildung ward er als Jüngling von etwa 20 Jahren nach Rom geschickt. Mit glühender Begeisterung lauschte er hier den Vortrügen des Grammatikers Aelius Donatus über lateinische Classiker, insbesondere Terenz und Virgil; auch das Griechische lernte er und las manches Werk griechischer Philosophen; von nachhaltigem Einfluss ans sein ganzes späteres schriftstellerisches Auftreten war der Eifer, mit welchem er dem Studium der Rhetorik oblag. Der Gelehrte, im hervorragenden Sinne des Wortes gab sich schon jetzt darin kund, dass er sich mit größtem Fleiße und größter Mühe auf Ansammlung einer Bibliothek verlegte. Weil noch nicht getauft, durfte er nicht der Feier des Gottesdienstes beiwohnen; gleichwohl betete er alle Tage an den Gräbern der Apostel und in den Katakomben der heiligen Märtyrer. Allein unter dein Einflüsse heidnischer Lehrer und heidnischer Bücher vermochte er sich von dem Sittcn-vcrdcrbnissc der Weltstadt nicht frei zu halten. Es wucherten in ihm mächtig die Hauptlaster des Heidenthums, die stolze Großthuerei und die niedrige Sinnlichkeit; er wagte sich kühn auf den schlüpfrigen Pfad und fiel. Unter bitteren Reuethränen schrieb er später: „Ich erhebe die Jungfräulichkeit in den Himmel, nicht weil ich sic besitze, sondern weil ich mich wundere, dass ich sic nicht besitze. An anderen loben, was man selbst entbehrt, ist ein freimüthiges und schamhaftes Geständnis. Ich bin jener verschwenderische Sohn, der sein ganzes Erbgut verschwendet hat. Und ach, ich bin noch nicht hinge-knict vor den Vater, habe noch nicht angefangen, die schmeichlerischen Lockungen früherer Lust von mir wegzutreiben." Nach Vollendung seiner Studien besuchte er die Gerichtssäle, um die Reden der Advocatcn zu hören; aber bald ekelte cs ihn an, immer nur Bosheit und Elend vor den Schranken zu sehen, und er verließ Rom, um die berühmtesten Männer und Schulen Galliens zu besuchen. Längere Zeit verweilte er in Trier. Hier reifte sein Entschluss ganz Gott anzugehören; hier ficng er an, die begangenen Sünden an seinem Leibe streng zu büßen; hier nute es, wo er sich zum erstenmale mit theologischen Studien beschäftigte. Von Trier eilte er nach Rom, wo er aus den Händen des Papstes Libcrius die Taufe cmpfieng. Auf dein Umwege über Griechenland begab er sich nach Ag ui leja, wo er in einem Kreise jüngerer 262 Legende des Morgenlandes. Geistlicher für seine Neigung zur Frömmigkeit sowohl wie für sein wissenschaftliches Streben vielfache Anregung und Förderung fand und schloss mit diesem Engelchor die trauteste Freundschaft. Aber nur zu bald riss ihn ein plötzlicher Sturm — wahrscheinlich eine von ihm verfasste Schrift, in welcher er die Grausamkeit eines hohen Beamten wegen eines ungerechten Todesurtheiles scharf tadelte und deshalb in große Gefahr kam — aus ihrer Mitte fort. Zu Schiff reiste er mit seinen Büchern und drei Freunden nach Thrazien, durchwanderte Kleinasien bis nach Antiochien in Syrien, wo ihn der Tod einen besonders theuren Freund entriss; ihn selbst brachten die Krankheiten aller Art bis an den Rand des Grabes. Hier venveilte er zwei Jahre, genoss den Unterricht des berühmten Schriftauslegers Apollinaris, Bischofs von Laodicea, der aber später als Häretiker sehr berüchtigt wurde und verkehrte noch mit anderen berühmten Männern. Er vertiefte sich ganz in das wiffenschaftliche Studium und arbeitete Tag und Nacht mit der vollen Kraft seines unermüdlichen Geistes bis zur Erschöpfung und bis ihm Gott einen anderen Weg zeigte. Er hatte einen merkwürdigen Traum, der seine wieder aufflammende Vorliebe für die heidnischen Schriftsteller auf lange Zeit dämpfte. Er sah sich im Geiste vor den Richterstuhl Gottes gestellt. Auf die Frage: „Wer bist Du?" antwortete er: „Ein Christ." Der Herr sprach: „Du lügst, ein Ciceronianer bist Du, denn wo Dein Schatz ist, da ist auch Dein Herz." Dann bekam er heftige Streiche, so dass er bitter weinte und ohne Aufhören um Erbarmen schrie. Als er erwachte, waren seine Augen thrünennass und der ganze Leib bedeckt mit Schwielen. Weltmüde und ruhebedurftig begab sich Hieronymus gegen Ende des Jahres 374 anstatt nach Jerusalem, dem anfänglichen Endziele der Wallfahrt, von Antiochien ostwärts in die öde, aber an herrlichen Tugenden der vielen dort wohnenden Mönche sehr fruchtbaren Wüste von Chalcis, „die syrische Thebais", um dort ein fünfjähriges Einsiedlerleben zu führen. In den strengsten Bußübungen suchte und fand er den inneren Frieden, täglich vergoss er viele Thränen über seine vergangenen Sunden, eine kleine Zelle war seine Wohnung und harter Boden seine Ruhestätte; sein Angesicht, sein ganzer Leib war abgezehrt durch das viele Fasten. Gekochtes zu essen galt ihm als Luxus. Seinen Unterhalt gewann er mit Handarbeit durch Korbslechten und Gartenarbeit. Dennoch litt er schwere Versuchungen der Fleischeslust, indem ihm die Phantasie die Bilder begangener Sünden, das üppige Leben in den Gaffen und Straßen, in den Theatern und Bädern Roms hartnäckig vorgaukelte. Er klagte also: „Da ich nirgends Hilfe und Ruhe zu finden wusste, warf ich mich zu den Füßen Jesu, benetzte sie mit meinen Thränen, trocknete sie ab mit meinen Haaren und bändigte das rebellische Fleisch mit wochenlangem Fasten. Oft schrie ich Tag und Nacht unaufhörlich und ließ nicht nach, mit Schlägen meine Brust zu verwunden, bis auf das Gebot des Herrn die Ruhe wiederkehrte. Sogar meine Zelle, die Zeugin meiner Gedanken, mied ich; erzürnt über mich selbst floh ich tiefer in die Wüste hinein; wenn ich eine Thalschlucht oder eine Felsenhöhle antraf, so betete ich wieder und züchtigte meinen Leib, bis der Sturm ausgetobt hatte. Der Herr selbst ist mein Zeuge, dass ich oft, nachdem ich viele Thränen vergossen und lange die Augen zum Himmel erhoben hatte, mich unter die Chöre im Himmel versetzt glaubte und in heiliger Freude zu singen ansteng." — Nach und nach wandte er sich nun auch wieder gelehrten Studien und schriftstellerischen Arbeiten zu. Insbesondere ließ er, wohl der erste Abendländer, sich durch einen getauften Juden in die Anfangsgründe des Hebräischen einführen. — „Welche Mühe mir dies bereitete," schreibt er an einen Freund, „welche Anstrengung es mich gekostet, wie oft habe ich den Muth verloren und wie oft habe ich aufgehört und aus Wissbegier doch wieder angefangen; ich selbst, der ich es durchgemacht habe, weiß es, und auch diejenigen wissen cs, in deren Gesellschaft ich damals lebte. Und ich danke dem Herrn, dass ich von der bittern Studiensaat süße Früchte pflückte." Die antiochenische Kirchenspaltung, wo vier theils ketzerische, theils rechtgläubige Bischöfe die Patriarchcn-würde beanspruchten und die dogmatischen Streitigkeiten, welche damals die Kirche des Ostens mächtig bewegten und welche auch unter die Mönche der Wüste von Chalcis gedrungen waren, gaben dem Heiligen Anlass, sich an Papst Damasus zu wenden und um seine Entscheidung über den Gebrauch der Worte ovala und vnocj-uamg zu bitten. In seinem Briefe charakterisiert er ausgezeichnet die damaligen orientalischen Kirchenstreitigkeiten. Eine Antwort des Papstes war verinuthlich noch nicht eingetroffen, als Hieronymus, 'des unablässigen Streitens überdrüssig, aus der Wüste floh. Zu Antiochien empficng er von dem Bischof Paulinus die Priesterweihe, freilich nur mit Widerstreben und unter der Bedingung, dass er Mönch bleiben dürfe, das heißt, keine Seelsorge auszuüben brauche. In der Wüste, so scheint es, hat er die Schriftsteller-Thätigkeit zu seinem eigentlichen Berufe erwählt. Zu Antiochien zog ihn der Ruf des Patriarchen und großen Theologen Gregor von Nazianz nach Konstantinopel. Zu Gregors Füßen vervollkommnete er sich in der Schriftauslegungskunst; auch Gregor von Nyfsa und gewiss noch manche anderen berühmten Theologen der griechischen Kirche lernte er zu Konstantinopel kennen und mit begeisterter Energie warf er sich auf das Studium der älteren griechischen Kirchenschriftsteller, namentlich des Ori-gcneS und des Eusebius. Aus dieser Muße rief ihn die Noth der Kirche und der Ruf des Papstes nach Nom, der sein Wissen und seine Feder der Kirche nützlich machen wollte indem er sich seiner als eines Gehcim-schrcibers bediente. Darum wird er öfters als Cardinal abgebildet. Der Aufenthalt in Nom bildet im Lc-bensgange unseres Heiligen einen sehr bedeutenden Wendepunkt. An der Seite des heiligen Dama-fus, dessen unbeschränktes Vertrauen er besaß, nahm er eine ebenso einflussreiche wie glänzende Stellung ein. Dem Rathgeber des Papstes, dem Gelehrten, welcher über eine für damalige Verhältnisse unerhörte Fülle vonKenntnissen verfügte, dem As-ceten, welcher auch in den Schriften als begeisterter Apostel eines weltentsagenden, gottgewcihtenLebens auftrat, brachten alle Bessergesinntcn die wärmste Hochachtung entgegen. Edle Frauen von höchstem Stande scharten sich um ihn als Schülerinnen, unter ihnen Marzella und Paula, beide den vornehmsten Patriziergcschlechtcrn entsprossen und als Witwen ganz und gar dein Dienste Gottes und des Nächsten sich opfernd, beide selbst wieder die Mittelpunkte gleichgesinnter Kreise. An Spötteleien, Anfeindungen und Verdächtigungen aus dem entgegengesetzten Lager der Gesellschaft konnte es nicht fehlen. Allmählich trat auch ein gewisser Umschwung in der öffentlichen Meinung ein. Ein nicht unbeträchtlicher Theil des mehrfach stark verweltlichten römischen Clerus fühlte sich durch die schonungslose Sittenkritik, welche der Heilige auch in Schriften übte, aufs schwerste getroffen. Anderswo muss sein Ansehen beim Papste Eifersucht geweckt und auch seine Verehrung für Origencs Anstoß erregt haben, und wenn er zu Anfang seines römischen Aufcnthal-tcs fast einstimmig als der würdigste Nachfolger des heil. Damasus bezeichnet wurde, so hatte beim Tode des Letzteren vielfach ein anderes Urtheil Platz gegriffen. Siricins ward auf den Stuhl Petri erhoben. In Hieronymusreifte der Entschluss, „von Babylon heimzukehren nach Jerusalem". — Von mehreren Freunden und seinen gelehrigsten Schülerinnen Paula und ihrer Tochter Eusto-chium begleitet, gieng er nach Palästina, um an den Gedenkstätten des Lebens und Leidens des Herrn seine Andacht zu verrichten. Von da zogen sie gemeinschaftlich nach Ae-gypten, um Alcxan-drien und die Mönchsstadt im nitrischen Gebirge zu besuchen und kehrte sodann nach dem gelobten Lande zurück, um sich zu Bethlehem bleibend niederzulassen. In wenigen Jahren erstanden bei der Krippe des Herrn ein Mönchskloster, welches Hieronymus, und ein Nonnenkloster, welches Paula fettete; außerdem wurden an der durch Bethlehem führenden Straße mehrere Pilgcrhospize errichtet. Hieronymus begann von neuem, mit vieler Mühe und vielen Kosten seine Bibliothek zu vergrößern; noch mehr Fleiß und nicht geringere Kosten verwendete er auf abermaligen hc- Der bl. fiicronvmus. 264 Legende des Morgenlandes. bräischen und aramäischen Unterricht, welchen er sich durch gelehrte Rabbiner meist zur Nachtzeit ertheilen ließ. Er selbst hinwiederum unterwies andere, namentlich auch Paula und Eustochiutn, in den Anfangsgründen der heiligen Sprache, hielt den Mönchen seines Klosters theologische Vorträge, ja, verband mit dem Kloster eine Schule für die Söhne wohlhabender Eltern von Nah und Fern, in welcher er selbst auch Grammatik lehrte und die classischen Autoren, Virgil an der Spitze, erklärte. Zugleich entfaltete er eine reiche litterarische Thätigkeit mannigfacher Art. Sul- i picius Severus schildert seine Lebensweise auf Grund Augenzeugenschaft mit den Worten: Er ist beständig 'ganz und gar ins Studium vertieft, ganz und gar in die Bücher versunken; nicht bei Tag und nicht bei Nacht gönnt er sich Ruhe, er ist beständig entweder mit Lesen oder mit Schreiben beschäftigt." Hieronymus war in einen Hasen der Ruhe eingelaufen; er hatte gefunden, was er in Rom vermisst und seine Briefe aus dieser Zeit athmen die herzlichste Zufriedenheit. Sein Geist leuchtet in wunderbarer Größe und Fruchtbarkeit. Er übersetzte die hl. Schrift des Alten Testamentes aus der hebräischen in die lateinische Sprache und vollendete die Verbesserung und Uebersetzung des Textes des Neuen Testamentes. Die von ihm herausgegebene heilige Schrift erregte das lebhafteste Interesse der ganzen katholischen Christenheit; von allen Seiten stellten die Gelehrten brieflich Fragen an ihn, und sein Wissen hatte für alle Belehrung. Seine heilige Schrift erhielt den Namen Vulgata, d. h. die allverbreitetc, und nur sie darf laut Teeret des Concils von Trient in den öffentlichen Vorträgen und Erklärungen gebraucht werden. Außer dieser Riesenarbeit schrieb er fast zur ganzen heiligen Schrift sehr kostbare Erklärungen, deren mehrere ins Brevier aufgenommen wurden, viele Schriften gegen die Ketzer Jovinian und Pe-lagius, wider den vieljährigen besten Freund Rufinus. „Denn", sagte er, „die Feinde der Kirche sind auch meine Feinde; der Hund bellt für seinen Herrn und ich sollte nicht reden für meinen Gott? Sterben kann ich, aber schweigen kann ich nicht." Alle Ketzer fürchteten seine offene, derbe Sprache und seine unbesiegbare Geisteskraft, alle Rechtgläubigen verehrten ihn in dankbarer Liebe. Die Streitigkeiten mit den ketzerischen Pelagiancrn sollten dem nimmermüden Vorkämpfer des christlichen Glaubens auch die äußere Ruhe rauben. Sein litterarischer Angriff ward von pelagianischer Seite handgreiflich erwidert. Eine Schar von Pelagiancrn, unter ihnen Mönche und denser, brach in die Klostergebäude ein, steckte diese in Brand und misshandelte ihre Insassen. Hieronymus selbst rettete sich nur durch die Flucht. Nach dem Sturm kehrte er wieder in seine theueren Ruinen zurück, um seine gelehrten Arbeiten fortzusetzen, lieben Haupt waren die letzten Jahre des lebenssatten, aber immer noch geistesfrischen und kampfesmuthigen Greises durch sehr mannigfaltige Unruhen und Leiden getrübt. Bei der aufreibenden Thätigkeit unterließ er nicht seine Selbsthciligung durch fortgesetzte Bußwerke, Fasten und Nachtwachen, durch tägliche und stündliche Betrachtungen über die letzten Dinge und durch tiefe Verehrung der heiligsten Jungfrau Maria. „Immer", schreibt er, „ich mag wachen oder schlafen, tönt in meinen Ohren die schreckliche Stimme der Engelsposaune: „Auf, ihr Todten, kommet zum Gerichte!" — Eine kurze Krankheit führte den neunzigjährigen hochverdienten Streiter Christi in die Ruhe ein am 30. September 419. Gott fügte es, dass sein heiliger Leib nach Rom, dem Mittelpunkte des katholischen Glaubens gebracht und in der Kirche „Maria der Größcrn" zur Verehrung ausgesetzt wurde; denn kaum ein anderer hat so muthig und beharrlich für die Reinheit und Einheit des katholischen Glaubens gekämpft und für die unbefleckte Jungfräulichkeit Mariä so siegreich die Feder geführt, wie der heilige Hieronymus. MAonsfahrten auf öem weißen Kil. Anschluss cm den früheren Bericht des Hoch-würdigsten Apostolischen Vicars bringen wir noch folgende ausführlichere Einzelheiten aus derselben Feder über die wichtige Fahrt des Missionsdampfers „Redemptor". Der Hochwürdigste Bischof schreibt aus Lul bei Fasch od a am 14. Februar 1901: Ich verließ Omdcrman den 13. December des vorigen Jahres iu Begleitung zweier Missionspriester, zweier Laienbrüder als Maschinisten und der nothwendigen Mannschaft; außer dein „Redemptor" hatten wir eine große Barke für die Beförderung des nöthigen Heizungsmaterials für den Dampfer, die ersten Tage waren wenig interessant, wir dampften zwischen den eintönigen Ufern des weißen Niles; die wenigen Dörfer, welchen wir begegneten, sind von arabischen Muselmännern bewohnt. Erst gegen den zehnten Tag unserer Reise gewahrten wir hier und dort einige Negerdörfer, und am Vorabende des hohen Weih-nachtsfcstes beim Einbrechen der Nacht erreichten wir Kaka, eine große Stadt, wenn man einen Haufen von Hütten so nennen darf, ausschließlich bewohnt von heidnischen Schilluck. Wie groß unsere Freude war, endlich angelangt zu sein unter einem Negervolk, ausschließlich Heiden, können Sie sich leicht vorstellen und unsere Freude wäre noch größer gewesen, wenn wir damals schon gewusst hätten, dass die Schilluck das erste Volk sein würden, welches be-stimmt wäre, von uns evangelisiert zu werden. Am folgenden Tage, dem hl. Weihnachtsfeste, besuchten wir die Ortschaft, und da im allgemeinen alle Negerdörfer, welche wir auf dieser Reise besuchten, ungefähr gleicher Bauart sind, verweile ich ein wenig, dieselbe zu beschreiben. Die Hütten sind alle rund, haben eine Mauer in der Höhe von circa 11/2 m, aus Holz gebildet und mit Lehm bekleidet. Der obere Theil, das Dach in Form eines spitzen Kegels, ist aus Holz und mit Stroh gedeckt, welches schön vertheilt ist, um eine gleichmäßige Oberfläche herzustellen, fest, glatt und undurchdringlich für den Regen. Eine einzige halbrunde Oeffnung iu der Höhe von 1 in und >/2 m in der Breite dient als Thür und Fenster für den ganzen Raum, der natürlich stets iu einem Halbdunkel verbleibt; und die genannte Oeffnung schließt man mit einer einfachen Strohmatte. Rings um die Hütte ist ein kleiner Hof oder Tenne, und der Boden ist, wie auch in der Hütte, von Lehm (Thon) fest gestampft und so glatt wie ein Cemcntverputz. Ein Loch, mitunter iu der Hütte gegraben, oder auch im Hofe selbst, dient dazu, das Getreide zu zerstoßen, und zu diesem Zweck gebrauchen sie ein langes dickes Holz als Stampfer. Dies ist ausschließlich die Arbeit der Frau. Genannter Hof ist meistens von einem hohen Zaun aus Durarohr geschlossen, iu zwei Theilen, welche, wo sie zusammen stoßen, einer über den andern, einen kleinen Eingang freilassen, den man über Nacht mit einem Bündel Stroh schließt, und dies ist der einzige Eingang zur Wohnung. Hier und dort im Dorfe findet man größere Hütten, inwendig besät mit Stricken und Holzkeilen, welche als Viehställe dienen. Wenn jedoch ein Häuptling oder eine Gemeinde reich an Vieh ist, so treibt und bewacht man dasselbe in einem großen Hofe, umgeben von einer Rohrhecke und in der Mitte desselben verbrennt man den Mist der Thiere, um die Mücken fern zu halten, welche in den Gegenden sehr zahlreich sind, besonders in der Regenzeit. Außerdem befindet sich iu jedem Dorfe ein besonderer Ort, zuweilen ist es eine Hütte, mitunter ein einfach umzäuuter Platz, wo man die Asche des ganzen Dorfes aufbewahrt und wo cs einem jeden erlaubt ist, hinzugehen und sich in der Asche herumzuwälzen, um, wie mau sagt, die Angriffe und Stiche der Mücken weniger schädlich und fühlbar zu machen, oder um sich den Körper zu bemalen und zu zieren mit diesem Schmucke nach der neuesten Mode. Die Völker, die wir besuchten, Schwarze im vollen Sinne des Wortes, sind gewöhnlich hoch an Wuchs, gewandt, schnell, mit einem wohlgebildeten Kopf, mit einem Haarwuchse, der nach ihrem wilden Geschmacke zu einem Kamm, einem Horn oder Teller, Glorienschein gepflegt wird. Die Männer bekleiden sich, wenn sie etwas haben, mit einem Stück Tuch, welches unter den rechten Arm gezogen und auf der linken Schulter zusammengebunden wird. Sie verlassen ihre Hütte nie, ohne ihre Lanze und einen eigenthümlichen Stock, welcher an einem Ende spitz, und am andern Ende in einer großen Kugel endet, eine Art Schläger, mitzunehmen. Die Frauen haben stets den Kopf rassiert, gürten sich mit einem Fetzen Tuch oder umhüllen ihren Leib mit einem Kalb- oder Ziegenfelle, welches sic, wie die Männer ihr Tuch, auf der Schulter zusammenbinden. Alle, Männer wie Frauen, lieben es, sich mit den verschiedensten Zieraten zu schmücken, welche mehr oder weniger bestehen iu Perlenschnüren, Bändern von Eisen, Kupfer, Messing, Elfenbein usw. Diesen Schmuck tragen sie 266 Missionsfahrten auf dem weißen Nil. am Halse, um die Hüften wie ein Gurt, am Arme nahe der Hand oder über dem Ellenbogen, unter dem Knie und am Fuße. Besonders die Frauen lieben es auch, an den Ohren und den Oberlippen Ringe rc. zu tragen. Die Männer haben auch im Gebrauch, sich den Kopf zu zieren mit Vogelfedern, welche sie Essen und Trinken bedient man sich gewöhnlich der Kürbisschalen, als Löffel gebraucht man dazu eine kleine Muschel oder auch eine Art Löffel aus Ochsenhörner verfertigt, und in diesem Punkte scheinen sie in der Bildung mehr vorangcschritten zu sein, als die Araber, welche sich zum Essen ihrer fünf Finge in die Haare stecken. In betreff der Handwerke und Gewerbe sind die Völker wirklich noch in einem ursprünglichen Zustande. Außer ihren Hütten, welche sie mitunter mit einem ziemlich guten Geschmack bauen, wissen sie nichts anderes herzustellen als ihre Lanze, welcher sie bedürfen zum Krieg, zur Jagd und zum Fischen, eine Art Körbe flechten um ihr Getreide hineinzuthun, ein Erdgeschirr zu bilden, welches überall die gleiche Form hat, um Wasser zu holen. Zum bedienen. Die Bemalung des Körpers ist sehr wenig im Gebrauch bei den Stämmen, die wir besuchten; nur unter den Agouak am Sobat beobachteten wir, dass die Knaben bevor sie (sozusagen) mannbar werden, an der Stirne bemalt werden. Von ihrer Religion kann ich noch nichts sagen, da die Zeit, die wir unter ihnen zubrachten zu kurz ist und wir ihre Sprache noch nicht verstehen. Nur das jedoch kann ich sagen, dass sie die Beschneidung Misstonsfährten auf bcm weißen Nil. 267 nicht haben und auch keine Muselmänner sind, welche sie eher noch hassen. Wohl haben sie im einen oder andern Dorfe einen sogenannten heiligen Ort, welchen sie Niakama nennen, wo sie mitunter Opfer darbringen. — Wir beobachteten auch unter diesen Völkern zu unserem Staunen das Fehlen einer Sache, ich meine die Begräbnisstätten ; nur fanden wir in einigen Orten eine Hütte oder umzäunten Platz, welche, nach ihrer Aussage, das Grab eines großen Häuptlings beherberge. Im übrigen indessen fanden wir nichts, was an eine besondere Stelle für die Begräbnisse erinnerte. Man sagte nnS, dass die Todten in ihrer Hütte begraben werden, in welcher sie lebten, in der Art und Weise, wie sie zu sitzen pflegten; aber ich kann nicht versichern, ob es wahr ist. — Es ist unter ihnen die Vielweiberei; da aber, um eine Frau zu bekommen, vier Kühe bezahlt werden müssen an den Vater und die Verwandten der Braut, so gibt es wenige, welche sich mehr als eine verschaffen können, wegen Mangel an Rindern. Doch kehren wir zurück zu unserer Reisebeschreibung. Am 26. December verließen wir Kaka und am Abend des folgenden Tages langten wir in Fa-schoda an, die geschichtliche Stadt, von welcher noch das Fort steht, welches von Marchand errichtet wurde. Die gegenwärtige Regierung lässt einige kleine Hütten bauen, von der alten Stadt jedoch ist weiter nichts verblieben, als einige Ruinen. — Am 28. December erreichten wir die Residenz des Königs oder Sultans der Schilluk. Da wir lebhaft wünschten, seine Bekanntschaft zu machen, so schickte ich ihm eine Gesandtschaft, tun ihn einzuladen, uns auf dem „Re-demptor" zu besuchen. Er nahm die Abgesandte» sehr gut auf, und lies; uns melde», inbem er uns einen schönen Ochsen und zwei Hammel zum Geschenke sandte, dass er ant folgenden Tage kommen werde und er kam wirklich zur frühen Morgenstunde mit großem Gefolge, uns zu begrüßen. 3! et Cur, tvie der König sich nennt, ist ein Mann in den vierziger Jahren, von gewöhnlicher Größe, sein Ausdruck ist ganz gewöhnlich, sein Blick jedoch, besonders wenn er seinen Seilten etwas befiehlt, ist ernst und entschlossen und seine Macht ist wirklich unbeschränkt über alle seine Unterthanen, die nicht weniger als 3 Millionen zählen. Er ernennt die Häupter von allen Ortschaften, er übt die Gerichtsbarkeit und empfängt eine gewisse Abgabe von seinen Untergebenen; z. B. jeder Schilluk, der einen Elephanten erlegt, muss ihm die Zähne desselben bringen, ist es ein Nilpferd, die Haut; ist es ein Krokodil, den Moschus. Wenn dies irgend einer unterlassen würde, wird sein ganzes Vermögen, Frau, Kinder und Vieh miteingerechnet, beschlagnahmt und dem königlichen Schatze einverleibt. Ein Schwarzer, wie alle seine Unterthanen, hatte er sich, zum Unterschiede von ihnen, an jenem Tage, wo er uns mit seinem Besuche beehrte, wie ein Europäer gekleidet, in weißem Gewände, und die Knöpfe des Rockes zeigten uns, dass derselbe von den Soldaten des Marchand herrührte. Nach gegenseitigen Höflichkeiten, wie sie im Gebrauche sind und die wir ohne Dolmetscher austauschen konnten, weil der hohe Gast genügend das Arabische versteht, machten wir unsererseits ihm unsere Geschenke, bestehend in ca. 2 kg Perlen aus Venedig, drei kleinen Eisenstangen, einigen Metern Kupferdraht, einer Decke, einem Hemd, einer Unterjacke, einem Schultertuch und einigen Kleinig-feiten. Er zeigte sich vollständig zufrieden und vergnügt. Darnach begaben wir uns zusammen nach seinem Wohnsitz, etwa eine halbe Stunde vom Ufer entfernt. Voran schritten zwei Schilluk mit ihren Sanzen, als Vorläufer und Wegbereiter; dann kam ich zu Pferd des Sultans, geführt an der Hand von einem Baggern, vier von unseren Schiffsleuten in Uniform und mit Gewehr gaben das Ehrengeleite; darnach kam Ret Cur, einen kleinen Maulesel reitend, sodann folgten die zwei Väter mit den zwei Laien-brüdern und einige andere von unseren Schiffsleuten, und zuletzt eine lange Reihe von Negern mit in der Sonne blitzenden Lanzen. Man hätte das Ganze wohl einen triumphalen Einzug nennen können. Wir machten Halt in der Residenz, die eigentlich nichts anderes ist als ein Haufe von Hütten, ähnlich jenen der anderen Eingebornen, »lehr als eine Stunde sich ausdehnend. Dann führte man uns in eine seiner königlichen Hütten, etwa 3‘/2 in int Durchmesser, recht nett und sauber, wo wir, auf einem Felle auf der Erde niedergekauert, mit frischer Milch bewirtet wurden. Nachdem die Milch getrunken war, gab er uns das leere irdene Gefäß mit dem Trinkbecher mit den Worten: „Nehmt das mit Euch aufs Schiff, denn wenn meine Frauen wieder daraus trinken, sterben alle meine Kühe." Wir mussten uns Gewalt anthun, um nicht zu lachen über diese abergläubische Meinung. Indem mir die gute Stimmung des Sultans uns gegenüber sahen, und dann die große Macht betrachteten, die er über alle seines Stammes hat, was gewiss, wie ich glaube, nicht zu übersehen ist bei Eröffnung einer Mission unter wilden Völkern, setzte ich ihn in Kenntnis von dem Zwecke unserer Reise und fragte ihn, ob in seinem Lande vielleicht eine gute Lage zur Gründung einer Missionsniederlassung sei, und ob er nichts einzuwenden hätte, wenn wir uns irgendwo niederlassen würden. Er nahm unseren Vorschlag sehr freundlich an, und gab uns 268 Mijsiousfahrtcn auf dem weißen Nil. gleich einen seiner Neffen, welcher arabisch versteht, als Dolmetscher, und einen Führer, uns zu begleiten, wohin wir nur wünschten, zum Zwecke, die Lage der verschiedenen Orte zu besichtigen, und er selbst bezeichnete die Provinz Tongo als sehr geeignet und angcpasst für unser Vorhaben. Nachdem wir uns herzlichst verabschiedet hatten vom Sultan, mit dem Versprechen, auf der Rückreise wieder bei chm vorzusprechen, dampften wir weiter mit unseren zwei neuen Gästen an Bord. Den Ncu-jahrstag verbrachten wir in Taufikia, zur Zeit Sitz des Mudiers von Faschoda. Dann schifften wir weiter auf dem S o b a t, indem wir vordrangen bis N a s r i, . und viele Dörfer besuchten, nicht bloß der Schilluk, sondern auch der Dinka, der Aguoac und der Nuer, Stämme, die sich am Sobat befinden. Wollte ich in Einzelheiten eingehen, würde ich kaum fertig werden; nur kann ich berichten, dass die zwölf Tage, welche wir auf dem Flusse verbrachten, die schönsten der ganzen Reise waren, und überall, wo wir Anker warfen, die herzlichste Aufnahme fanden. In Tschcl z. B., im Stamme der Aguoac, kaum dass die Einwohner gewahrten, dass wir landen wollten, eilten sie haufenweise ans Ufer, zogen und befestigten die Seile des Dampfers, und, nachdem wir ausgestiegen, führten sie uns unter Gesängen und Sprüngen ins Dorf, nannten uns Gesandte des Herrn, und einige küssten uns sogar die Hände. Wir hatten die Gewohnheit, in jedem Dorfe, wo wir uns aushielten, vorerst dem Ortsvorsteher ein Geschenk zu machen und dann, wenn wir die Gegend besichtigten, Perlen zu vertheilen an alle, Alt und Jung. In Tschel gaben wir außerdem für jede» Mann ein Stück Eisen, etwa 20 cm lang, und ich überlasse es Ihnen, sich die Freude und den Jubel der Beschenkten vorzustellen. Ach! Hätte ich nur recht viele, viele Glaubensboten, wie nützlich und segensreich könnten sie wirken, inmitten dieser Stämme, so einfach und uns so sehr zugeneigt. Vom Sobat befuhren wir den Kiro (so nennt sich jener Theil des Nil, der sich zwischen dem Sobat und dem See No hinzieht), an dessen linken Ufer das Gebiet von Tun oder Tongo sich befindet, wo uns der Sultan hingerathen hatte. Tongo ist eine Kette von mehr als 20 Dörfern der Schilluk am Ufer des Flusses, und etwa eine Viertelstunde von demselben entfernt. Der Zugang zu denselben ist etwas schwierig, wegen des niedrigen und mit hohem Grase bewachsenen Landstriches, welcher die Orte vom Flusse trennt und der während der Regenzeit ganz unter Wasser steht. Die Bevölkerung ist zahlreich und wenn ich mich nicht täusche, kann sie 8 —10 Tausend Seelen zählen. Die innere Lage ist zur Genüge er- höht und gesund, und so gefällt sie uns. Etwa zwei Stunden zu Fuß entfernt, sind zwei andere große Dörfergruppen, eine gegen Norden, die andere gegen Süden, wo man mit der Zeit verschiedene Missionsniederlassungen gründen könnte. Wir setzten uns alsbald mit dem Großhäuptling aller dieser Dörfer in Verbindung, und nachdem wir einige Schwierigkeiten beseitigt, die einige Mitglieder seines Rathes machten, verstanden wir uns sehr gut miteinander, und er zeigte sich sehr zufrieden, dass wir uns in seinem Gebiet niederließen, besonders da er vernahm, dass dies auch der Wille seines Sultans sei. Wir machten ihm einige Geschenke, und er schickte uns einen Ochsen und zwei Hammel, und einen anderen Ochsen, sagte er, halte er zu unserer Verfügung bereit, wann wir dessen bedürften. Darnach besuchten wir die ganze Gegend und wählten den Platz für die künftige Niederlassung. Indem wir die einzelnen Häusergruppen besuchten, vertheilten wir unter Groß und Klein Perlen und Knöpfe, und Sie können sich denken, ivie auch hier alle glücklich waren. Sie begrüßten uns mit „Bon Jok“ (die Leute des Herrn); und unsern Dampfer nannten sie „Jai matsch Jok“ (die Feuerbarke des Herrn). Der Großhäuptling wollte sich beinahe unter unseren Schutz stellen, indem er um eine Fahne bat, um dieselbe au ihren hohen Festen auf dem großen Sammelplätze aufzupflanzen. Wir hatten nichts Passendes für solchen Zweck bereit, und so gab ich ihnen ein großes blau-seidenes Taschentuch. In einem Nu war die Fahne an der langen Stange einer Lanze befestigt und einem Bannerträger übergeben. Die Feder ist zu schwach, den Jubel aller Anwesenden zu beschreiben, welche saugen, sprangen, schrieen, indem sic ihre Lanzen schwangen, dass es eine wahre Freude war, cs anzusehen. Der Häuptling wollte uns zur Ehre auch, wie man bei uns sagt, einen Festabend geben. An einem Nachmittage begaben wir uns zu seinem Orte. Hier, in Mitte des Versammlungsplatzes aller Ortschaften, war die große Nuggara (eine Art Trommel, sehr lang und eng, welche an beiden Enden geschlagen wird), jene, welche für die höchsten Feste bestimmt ist, und das berühmte Taschentuch zur Seite, aufgepflanzt. Bei unserer Ankunft war schon ein Theil des Platzes besetzt von Reihen von Kriegern, welche in ihrer wilden Tracht, eingeschmicrt mit Oel oder Fett, dass sie glänzten wie gewichste Stiefel, andere gefärbt mit rother Erde oder Asche, alle bewaffnet mit Lanze und Schläger und einige auch mit dem Schild, eine Scheinschlacht zum besten gaben. Jetzt stürzten alle in vollem Lauf, dann warfen sich alle zur Erde, indem sie die feindlichen Lanzen zu zertrümmern suchten, dann machten sic gewaltige Sprünge, Missionsfahrten ans dem weißen Nil. 269 während alle gleichzeitig schrieen, heulten, die Erde mit den Füßen stampften, dass es wirklich ein Genuss war zuzuschauen, da wir wussten, dass sie unsere Freunde waren und sie dies zu ihrem Vergnügen thaten. Nachdem eine geraume Zeit in ähnlichen Uebungen zugebracht war, erhob sich der Häuptling, welcher zu meiner Linken, unter dem Schatten eines „Dordor" (Hütte), auf einer breiten, niedrigen Bank, gebildet aus den Stäben der „Ambasch" (einem Holze, leichter als Kork», welche aneinander gebunden waren, saß, presste in seiner Rechten eine Hand voll Staub und gieug im Hofe vorwärts. Fünf der Aeltesten seines Rathes thaten cin gleiches, ein jeder mit seiner Faust voll Erde. Beim Herannahen des Häuptlings hörte das Gefecht auf, und alle in Reih und Glied stellten sich vor ihn hin, dann knieten, oder besser gesagt, kauerten sie nieder. Nun hielt der Häuptling eine Ansprache an die Seinen, deren Sinn in Kürze folgender ist: „Brüder! Im Vergangenen haben wir trübe Zeiten verlebt, schlechte und gefährliche für uns; jetzt ist die Zeit des Schmerzes und der Trauer vorüber; jetzt beginnt für uns eine neue Zeit der Glückseligkeit und des Guten, da uns der Herr seine Boten gesandt hat, welche nichts anderes wünschen und suchen als unser Wohl! Auch unter euch waren Uneinigkeiten und Feindschaften, jetzt müsst ihr euch versöhnen und stets in guter Eintracht zusammenleben, spielen und euch miteinander vermischen, wie die Körnchen dieser Erde." Nachdem er dies gesagt hatte, warf er seine Hand voll Staub über die Krieger, und ein gleiches thaten die fünf Räthe; welche während der Ansprache aufrecht hinter dem Redner standen. Kaum war diese Ceremonie zu Ende, schnellten die Krieger in die Höhe, sprangen und schrieen vor Freude in einer Weise, die nicht zu beschreiben ist. Im nächsten Augenblicke stürzten aus allen Ecken die Mädchen, welche sich hinter den Hütten verborgen hielten, vielleicht 200 und mehr an der Zahl, alle in ihrer besten Tracht; inmitten der Krieger und nach einem kleinen Durcheinander ordneten sie sich in einem großen Kreise um die Nuggara und die Taschentuchfahne und begannen ihre Tänze und Spiele. Ich unterlasse cs, dies zu beschreiben, weil cs mich zu weit führen würde, ich sage nur, dass es wirklich ein erhabenes Schauspiel war, und was vor allem auf mich Eindruck machte, war, dass alle, Männer wie Frauen, während des ganzen Tanzes sich so schön aufführten, ich möchte sagen mit einer Sitt-samkeit inmitten ihrer wilden Freude, dass ich staunte und mich sehr erbaute. Darauf beschloss ich die Gründung einer Station in Tongo; jedoch bevor wir Hand ans Werk legten, sandten wir die zwei Botschafter des Königs zurück, wie wir übereingekommen waren bei unserem Besuche in Faschoda, um demselben unseren Entschluss anzuzeigen und dass er uns den Preis angebe für das Grundstück, welches wir zu kaufen gedachten. Jedoch da die Reise zu Fuß von Tongo nach Faschoda und zurück, in kleinen Tagereisen, wie unsere Führer es im Sinne hatten, etwa 20 Tage beanspruchte, gedachten wir indessen unseren Wunsch zu verwirklichen und bis Gondokoro vorzudringen. In der That, nach einem ungefähr dreitägigem Aufenthalt in Tongo reisten wir gegen Süden. Um nach Gondokoro zu kommen, ist die Hauptsache das Heizungsmittel für den Dampfer; denn in einer Strecke von beinahe 500 km trifft man keinen Wald, um Holz zu hauen. Zu dem Zweck hatten wir in Omdcrman die große Barke gekauft, um mittels derselben das nöthige Brennholz mitzuführen. Bis zum Eingang in den „Bar el Gebcl" gieng die Barke allein mittels des Segels, da wir günstigen Wind hatten. In dem Punkte hörte der Wind auf, und wir waren gezwungen, die Barke mit dem Dampfer zu schleppen, da machten wir nur zu sehr die traurige Entdeckung, dass wir mit der Barke nur die Hälfte des Weges machten, den wir mit betn Dampfer allein gemacht hätten, daher brachte uns der Vorrath von Holz auf der Barke keinen Nutzen. Aus diesem Grunde entschlossen wir uns, als wir nach drei Tagen in „Hellet eit Nucr" anlangten, die Barke zurückzulassen, welche uns beim Eintreffen günstigen Windes folgen konnte, indem wir das noch übrige Holz auf den Dampfer geladen hätten, und in der Weise hätten wir die nächste Holzstation Schambch ohne Schwierigkeit erreichen können. Aber der „Reis" (Steuermann) des Dampfers und jener der Barke tvollten sich nicht trennen und zusammen vorgehen oder gar nicht. Auf diese Weise tveiterzufahren mit dem Dampfer und dem Boote zugleich, wäre unklug gewesen, und da wir die beiden Reis nicht bewegen konnten, uns zu gehorchen, entschlossen wir uns, wenngleich mit schwerem Herzen, die Fahrt nach Gondokoro ans ein andercs-mal zu verschieben und kehrten zurück nach Tongo. In der Zwischenzeit von sechs Tagen konnte noch keine Antwort vom Sultan gekommen sein, dazu fehlte noch viel. Daher beschlossen wir, um Zeit zu ge-winnen, uns mit dem Schiffe nach Faschoda zu begeben. Der Vorsteher von- Tongo, in der Ahnung, was folgen würde, wollte uns nicht ziehen lassen, in der Furcht, dass wir einen besseren Platz finden und nicht mehr zu ihm zurückkehren würden. Um ihn von unserer Aufrichtigkeit zu überzeugen, ließen mir gleichsam als Pfand die Barke dort, und dampften ab nach Faschoda. Der Sultan, genau unterrichtet von 270 Missionsfahrtcn auf dem weißen Ml. den zwei Gesandten über unser Ziel (besonders von einem von ihnen, der sein Neffe ist, welcher zuerst Sclave, dann Soldat in Aegypten war und unsere Anstalt in Gesira gesehen hatte), und nachdem er hörte, welches Interesse wir für die Neger haben, dachte, dass es von Vortheil für ihn sei, wenn er uns in der Nähe seiner Residenz behalten könnte. Er sagte uns, dass sein Herz unsertwegen nicht ruhig sein könne, wenn wir nach Tongo giengen, das sei zu weit, und so könne er, wenn uns jemand Uebles zufügen wolle, uns nicht beschützen, wie er es wünsche und wie es seine Pflicht sei. „Andererseits", fügte er hinzu, „nachdem ihr mit mir unterhandelt habt und dann weit weg von mir euch festsetzet, das ist für mich eine Unehre. Suchet euch also in meiner Nähe einen Platz und bleibet da." Die Geschichte missfiel uns im Anfange; denn ich muss wirklich gestehen, unser Herz war schon an Tongo gebunden, andererseits hatten wir allen Grund, es mit dem Sultan nicht zu verderben, da wir seine Macht ins Auge fassten und bedachten, dass wir ohne seine Einwilligung uns an keinem Drie bei den Schilluk ruhig niederlassen könnten. Auch bedachten wir, dass eine Station in der Nähe des Sultans uns stets Eingang zu ihm verschaffen würde, und das würde für uns ein großer Vortheil sein zur Gründung anderer Stationen in seinem Stamme und so beschlossen wir, seinem Verlangen zu willfahren. Wir besuchten nun mit und ohne Begleitung des Sultans, verschiedene Punkte und der günstigste schien uns der, wo wir jetzt sind und welcher „Lul" heißt, etwa l1/2 Stunde zu Fuß von der Residenz und 2 Stunden mit dem Dampfer von Faschoda entfernt. Als kli-matffche Lage halte ich diesen Ort für besser als Tongo. In der That, die innere weit ausgedehnte Ebene ist genügend erhaben, ohne Sümpfe, auch in der Regenzeit und ist reich an Bäumen, was in Tongo nicht der Fall ist. Es ist wahr, die Bevölkerung ist hier nicht so zahlreich wie dort, immerhin sind ringsum kleine Dörfer und ein großes, etwa eine halbe Stunde entfernt; daraus folgt, dass alle Hoffnung vorhanden ist, dass die Mission hier (außer genannten Vortheilen) gut gedeihen und mit der Zeit reiche Frucht bringen wird. Der Grund, den wir inzwischen erworben haben, hat ungefähr 13000 qm, welche man vermehren kann je nach Wunsch, es ist Raum im Ucbcrfluss. Um Streitigkeiten zu vermeiden, haben wir den Boden bezahlt mit 100 Piastern in Münze, einige Geschenke in Eisen, Stoff, Perlen rc., welches zusammen einen Wert von 56 Mark hat. Der stärkste Beweggrund, als unser erstes Feld zur Bekehrungsarbcit den Stamm der Schilluk zu erwählen, war der, dass dieser Stamm ein gemeinsames Haupt hat, dem alle unterworfen sind, und wir können so, menschlicherweisc zu sprechen, sicher sein, dass uns nieinand ein Haar krümmen wird, wenn wir in guter Beziehung mit dem Sultan verbleiben. Andererseits ist noch mehr begründet die Hoffnung, dass wir ohne große Schwierigkeiten verschiedene andere Stationen unter diesem Stamme gründen können. — Im übrigen ist hier die Arbeit verhasst, wie im allgemeinen überall bei den Schwarzen, und wird das süße Nichtsthun vorgezogen. Jetzt arbeiten wir, die Wohnungen zu bauen. Um besonders der Gesundheit der Missionäre Rechnung zu tragen, wäre es nach meiner Ansicht unumgänglich nothwendig, ein Haus zn bauen mit oberem Stockwerk, um darin zu wohnen und die Feuchtigkeit unschädlich zu machen, die während der Regenzeit sich einstellt und sehr gcsundhcitsgcfährlich ist in den tropischen Gegenden. Da uns aber dazu das Nöthige fehlt, müssen wir uns mit Hütten nach der Art der Eingeborncn begnügen. Legen wir inzwischen den Plan eines solchen Hauses in die Hände unserer Wohlthäter, welche uns gewiss die nothwendigen Mittel versorgen werden. Möge Jesu „Redemptor" imS mit seiner allmächtigen Gnade bcistehen, damit in kurzem alle diese Völker in den Schoß unserer heiligen Kirche geführt werden mögen. Aus dem Lande der Veöja. Von P. Kotier Geyer, F. S. G. <|^ie Eingebornen von Suakin gehören zur großen Nomadenfamilie der Bedja, welche zwischen dem Nile und dem rothen Meere wohnt. Die Bedja, welche schon den ältesten arabischen Geographen bekannt waren, theilen sich in verschiedene Stämme, als Bischarin, Hadendoa, Amarar, Omerab, Aschraf, Beni-Amer, Habab uftu., welche sämmtlich durch gemeinsame Sitten und Sprache unter sich verbunden sind. Ihre Sprache ist das To - Bedawie (Beds a-Sprache; die einzelnen Stämme haben ihre Dialekt-eigenheiten. Ihrer äußern Erscheinung nach gehören die Bedja zu den Nigritiern oder Halbnegern. Sie unterscheiden sich von den Negern durch mehrere Kennzeichen. Ihre Hautfarbe ist weniger schwarz als jene der Neger, ihr Haupthaar lang, während jenes der Neger kurz, wollig und gekräuselt ist. Von schlankem Körperbau, dünnen Extremitäten, regelmäßiger Gesichtsbildung und meist intelligentem Ausdruck nähern sie sich im allgemeinen mehr der kaukasischen als der chamitischen Race. Besonders schön in der Kindheit, werden sie im Alter hässlich und plump und das Gesicht verliert an Ansdruck. Sie sind stolz und freiheitsliebend. Wie alle Nomaden und Beduinen unterwerfen sie sich keiner gesetzlichen Ordnung. So lange sie unter der ägyptischen Regierung standen bestand ihre ganze Abhängigkeit darin, dass sie den Tribut an dieselbe bezahlten. Im übrigen lebten sie frei und ihren alten Gewohnheiten gemäß hinter ihren sonnverbrannten Felsen. Ihre Gefühle sind sehr unbeständig; es braucht wenig, um Liebe in Hass zu verwandeln. Gegen Fremde sind sie sehr misstrauisch. Sie pflegen zwar die Sitte der Gastfreundschaft, sind sehr höflich beim Empfange des Gastes, man reicht ihm die Hand, bewirtet ihn mit Kaffee und Rauchtabak, man hat ihn aber bald satt; ihre ungeregelte Gastlichkeit, die misstrauischen Blicke zeigen, dass wenig Herz dabei ist. Es ist nicht Bosheit, die sie misstrauisch macht, sondern Verachtung alles Fremden. Die Dankbarkeit ist keineswegs ihre Tugend. Sie schmeicheln dem fremden Geber und loben ihn in schwärmerischen Phrasen, aber nur so lange, als sie sich im Genusse der Gaben befinden und Hoffnung vorhanden ist, eine neue zu erhalten; ist dies nicht mehr der Fall, so ist auch die Dankbarkeit zu Ende. Die Tapferkeit ist bei ihnen sehr geehrt. Die Geburt eiues Kindes, besonders eines Knaben, wird als freudiges Ereignis gefeiert. Die Kinder beiderlei Geschlechtes gehen nackt bis zum fünften oder sechsten Lebensjahre. Von da an tragen die Knaben einen Lumpen um die Lenden, die Mädchen den Bahat oder Belat, ein eigenthümliches weibliches Kleidungsstück. Dasselbe besteht in einem Ledergürtel worän unzählige kleine Lederriemen befestigt sind, welche eine dichte Franse um die Lenden bilden. Der Bahat, etwa zwei Hand breit, bei Reichen mit Glasperlen und Kaurismuscheln verziert, wird das ganze Leben hindurch getragen; die Weiber kleiden darüber den Tob (Ueßerrourf aus Dammur, mit Baumwolle durchschossene Seine). Die Männer tragen einen Ueberwurf, den sie nach Art der Toga über die Schultern ziehen und der ihnen ein malerisches Aussehen verleiht. Eine besondere Sorgfalt wird auf die Haarfrisur verwendet, die aber nur zeitweise und bei festlichen Gelegenheiten vorgenommen wird. Vermittels einer langen Haarnadel, bestehend aus dem Horne einer jungen Gazelle oder einer bestimmten Holzart, wird das von Fett zusammengepappte Haar auseinander gelöst. Durch eine Linie, welche um die Mitte des Kopfes von Ohr zu Ohr gebildet wird, wird das Haupthaar in zwei Hälften getheilt; während die obere Hälfte ans dem Scheitel senkrecht zu einem Toupet oder Busch aufgerichtet wird, wird die andere über den Rückscheitel herabgekämmt. Hierauf wird das Haar mit frischem Hammelfett stark durchgedrückt, über diesen Fettschnee werden grüne, blaue, gelbe Pulver gestreut. Der Frisierte und Gepuderte wandert nun stolzerhobenen Hauptes unter den glühenden Sonnenstrahlen hin; unter ihrem Einfluss beginnt der Fettschnee auf ihrem Haupte zu schmelzen und träufelt in glänzenden Perlen über die Schultern herab, bis allmählich unter dem Einflüsse der Sonne auch diese sich auflösen und über dem Körper des Nomaden einen Glanz verbreiten, der ihm das Aussehen einer in der Sonne glänzenden Bronzestatue verleiht. Die Frauen besorgen ihre Haareinfettnng zu Hause. Sie fügen der Haarfrisur noch eine Körper-räucherung hinzu, indem sie von Zeit zu Zeit ihren Körper mit Dampf von Sandelholz, Gewürznelken, Strombusmuschel, Weihrauch usw. beräuchern, was ihnen einen widerlichen, scharfen Geruch verleiht. Die Frauen sind sehr schmückliebend. Sie tragen viele Jahre hindurch denselben schmutzigen und zerrissenen Ueßernntrf ohne ihn je zu ivaschen oder zu wechseln, dagegen verwenden sie große Ausgaben auf Schmuck. Sie tragen Ketten aus Glasperlen und Kaurismuscheln Nus dem Lande der Bedja. 272 am Halse, Ringe aus Achat, Gold, Silber und Elfenbein au Arm- und Fußknöcheln, Ringe im obern Ohrläppchen ; der beliebteste weibliche Schmuckgegenstand ist der chisäm, ein Ring, welcher im rechten Nasenflügel getragen wird. Die Verlobung findet gewöhnlich sehr früh statt. Der Bräutigam muss an den Vater der Braut eine Anzahl Rinder und Schafe abgeben, manchmal auch Geld; seine Hauptausgabe besteht aber darin, dass er die junge Frau den weiblichen llcberwurf und den Brautschmuck. Unsittliche Dinge unter de» Eingeborenen sind selten. Die Mutter sieht stets darauf, dass die Tochter den äußern Schein der Jungfräulichkeit nicht verliere. Ein solcher Fall wäre das größte Unglück für die Familie; daS Mädchen würde sofort in einen fremden Stamm verheiratet, ein außereheliches Kind von der Großmutter getödtet. Die Nubier haben theil- Bedja-Jamilie. der Braut den Brautschmuck kauft. Vom Tage der Verlobung an bis zum Tage der Verehelichung müssen sich Braut und Bräutigam meiden, sie dürfen sich nicht besuchen; sieht der Bräutigam die Braut zufällig auf der Straße kommen, so muss er sofort eine andere Richtung einschlagen, die Braut muss sich das Gesicht verhüllen. Der Hochzeitstag wird festlich begangen. Um drei Uhr Nachmittags begibt sich der Bräutigam, umgeben von seinen Freunden zur Wohnung der Braut. In der Hütte des Bräutigams js findet durch einen Zauberer die Verehelichung statt. Von nun an trägt weise die Sitte, ein solches Mädchen in einen Sack zu nähen und im Nil zu ertränken. Das Weib steht bei diesen Völkern höher als bei den übrigen Muselmanen. Den Luxus der Vielweiberei gestatten sich nur die reichen Stammeshäupter. Die Vielweiberei ist überhaupt nur ein Auswuchs des Sittenverderbnisses der muselmanischen Großstädte, in die Hütten der Nomaden hat das Haremwesen nie Eingang gesunden. Dem Nomaden ist das Weib nie einfach eine Ware, es ist vielfach umworben. Dies zeigt sich am besten in der Sitte des achu el-benät. Die Bedja-Jünglinge fordern sich zeitweise zn eigen- Aus bcm Laube ber Bebja. 273 H Änlichen ZweM.npfen heraus. Zwei Jünglinge stellen sich ans freiem Platze inmitten einer großen Znschanermenge auf und bearbeiten sich mit Nilpferd-peitschen, die vorher in Oel recht geschmeidig gemacht wurden. Unter den Beisallrufen der jungen Mädchen fließt das Blut aus den Wunden der Kämpfenden, bis der eine blutüberströmt zusammensinkt. Der Sieger wird mit Triumphgeschrei umgeben und führt nun den Ehrentitel „achu el-benät“ (Bruder der Mädchen), er ist der Bevorzugte derselben. Die Nomaden-Jünglinge tragen die Narben dieser Kämpfe mit dem gleichen Stolze, wie irgend ein bemoostes Haupt seinen Schmiss aus den Universitätsjahren. Im Ueb-rigen ist die Stellung deS Weibes immerhin eine weit niedrigere als im Christenthum. Das Weib darf nie mit dem Mann zusammen essen, es isst nur das, was der Mann übrig lasst; dreimal jede Woche muss das Weib dem Manne die Füße waschen, zum Zeichen, dass sie eine Selavin des Mannes ist. Die Söhne haben mir vor dem Vater Furcht, die Mutter wird wenig geachtet. Grausam ist häufig die Lieblosigkeit der Söhne gegen die alte Mutter, die mir von den Töchtern ernährt werden muss. Der Tod eines Mannes wird von den Männern mit fatalistischer Resignation hingenommen, während die Weiber sich ungestümen Klagesäußerungen hingeben. Die Leiche gilt als unrein und muss möglichst bald beerdigt werden. Die Leiche wird in ein Leinentuch genäht und mit Erde überschüttet, das Grab mit Feldsteinen bedeckt. Nach dem Begräbnisse wird von den Frauen und Klageweibern eine mehrtägige Todten - Feier mit Tanz und Geschrei veranstaltet. — Sehr groß und weitverbreitet ist der Aberglanbe. Wie die Muselmanen im allgemeinen, bevölkern die Bedja die Erde außer mit Menschen noch mit zahllosen Geistern. Dämonen, Genien, Dschinn genannt; sie sind zum Theil gut, zum Theil bös, theils Moslims, theils nicht. Ein böser Geist heißt Schitan oder Afrit. Die Mächtigsten derselben heißen Marici, unter der Führung des Iblis, dessen Söhne folgende sind: Thir der Unheilstifter, Ä-awar der Verführer, Sölh der Lügner, Dasim der Eheteufel, Zelembar der Geschäftsteufel. In Wüsten und Einöden wohnt die Ghul (Alp), in Gebüschen die Sila, der Ghaddar Betrüger, Gharrar Irreführet: und der Nusnas Waldteufel; der Scik überfällt Reisende, auf einsamen Inseln wohnt der Dahlan, der Halis oder Rufer ist ein unsichtbarer Rathgeber und Warner. Besondere verderbliche Wirknngeit werden dem bösen Blicke zugeschrieben. Hat jemand Bauch-, oder Kopfschmerz, so muss sofort der feindselige Blick eines Nachbars schuld sein. Um die Wirkungen des bösen Blickes zu vermeiden, werden die absonderlichsten Vorkehrungen getroffen. Die Eingebornen essen nie auf offener Straße, um mit der Speise sich nicht zufällig einen bösen Blick in betn Magen hinab zu essen. Die Mütter waschen ihre Kinder nicht bis zu dem fünften Lebensjahre, um sie immer recht schmutzig zu erhalten, damit sie kein neidischer Blick treffe. Unsern Arzneien bringen sie Misstrauen entgegen; sie nehmen dieselben nur an, meint man sie gratis gibt; würde man nur einen Pfennig für eine Arznei verlangen, so gehen sie zum Zauberer und kaufen sich für das Geld einen Talisman oder ein Amulett. Die Industrie beschränkt sich auf das Nothwendigste. Besonders im Schwünge ist das Gerben und Zurichten von Thierhäuten. Zum Gerben werden die Stut-Akazie verwendet. Aus Leder werden verfertigt Riemen, Sattelzeug, Sandalen, Butterschläuche, Schnüre, Ueberzüge für die Bettgestelle, Messer- und Schwertscheiden, Peitschen, Gürtel und Tabakbeutel. Das Horn des Rhinozeros liefert Material zu Schwertgriffen und Kaffeetassen, aus dem Abschabsel des Hornes wird ein mächtiges Gegengift bereitet. Aus Büffel- und Rhinozeroshaut werden runde gebuckelte Schilde gefertigt; der Schild aus Büffelhaut ist besonders geschätzt. Der Durchmesser des runden Schildes beträgt 2 '/2 Spannen, hat in der Mitte außen eilte kleine kegelförmige Erhöhung und im Innern eine Handhabe. Ein gewöhnlicher Schild kostet 2 — 3 Thaler. Die Frauen flechten aus Binsen und Mimosen zierliche Körbe, Korbdeckel, Matten usw. Die Lebensweise der Eingebornen ist einfach. Sie nähren sich zumeist von Mais und Milch. Der Mais ersetzt dort unser Korn. Seltener kommt die Hirseart Dochon vor. Der Mais wird aus vielerlei Weise zubereitet. Milch wird in großer Menge getrunken. Fleisch wird ausnahmsweise, meist bei Festlichkeiten genossen, meist in Butter geröstet. Als Festschmaus gilt ein am Spieß gebratener Hammel. Butter itt flüssigem Zustande wird in großen Quantitäten getrunken. Kaffee, 91ciS, Datteln finden sich nur bei Reichen und bei Festen. Die Genügsamkeit der Leute zeigt sich besonders auf Reifen und in der Wüste. Ich habe gesehen, dass unsere Kameeltreiber auf der 9icifc von Suakin nach Berber am Nil an manchen Tagen nichts genossen, als eine Hand voll Mais, die sie gleich dem Widerkäner verzehrten. Trotzdem sind sie fähig, die größten Anstrengungen zu ertragen. Die Nosnaden machten die 14 Tage weite Reise vom rothen Meer zum Nil zu Fuß und, wenn uns auf dem Kameele bereis der Schlaf überfiel, liefen sie noch munter vor sich hinsingend neben dem Reit- I thicre her. Geistige Getränke werden von den Eingebornen selten oder nie genossen. Zwar bereiten sic ans Mais eine Art Bier, merissa (von mer Korn und essi Wasser, also eigentlich Kornwasser) genannt; ebenso wird ans Hirse eine Art Doppelbier, bilbil, gegolten; dieses letzte Getränk ist sehr berauschend und wird deshalb bilbil d. h. Mutter der Nachtigall genannt, weil eS den Trinkenden fingen macht wie eine Nachtigall. Leider wird durch Europäer, besonders Griechen, jetzt viel Spiritus nach Suakin eingeführt zum Verderben der dortigen Eingebornen. Mancher bisher nüchterne und mäßige Wüstensohn betritt zum ersten mal zögernd die Schnapsbude und schlürft ein Gläschen gemeinsten Fusel; zuerst verzieht er das Gesicht, dann zieht ein beifälliges Grinsen über dasselbe hin, ein Schnalzer mit der Zunge und ein ,,taieb“ (gut) gibt zu erkennen, dass der Trunk behagt! Bei dem Mangel an Selbstbeherrschung kommt cs dann vor, dass aus dem nüchteritcn Nomaden ein Trunkenbold wird. Das Leben und Treiben der Bedja kann man auf betn Markte int Stadttheile Gef in Suakin studieren. Da findet man eine wahre Musterkarte der Bedja, ein eigenthümliches Bild. Negersclaven aus den Stämmen am weißen Nil und aus dem Lande der Fellata im innersten Sudan und stämmige Hadendoa - Söhne mit buschigem Haar, langer Lanze und geöltem Schilde, bettelnde Derwische aus dem Lande der Takarir und zerlumpte Mekkapilger schlendern in der breiten Straße auf und ab; dazwischen laufen nackte Kinder und wandeln gravitätisch verhüllte Weibergestalten, deren Nasenringe über dem Gesichtsschleier hervorschimmern; fliegende und ambulante Küchen verbreiten den durchdringenden Geruch gebrannten Fettes, während die halbnackten Köche mit Stentorstimmn ihre gebackenen und gebratenen Fische und geölten Maisknödcl anpreisen; in den Seitengässchen wird geschmiedet und gehämmert, dort ! werden die Nomadenjünglinge frisiert und die Esel kunstgerecht geschoren; in den Kaffeebnden sitzen auf hohen Bänken die Familienväter und Stammeshäupter, schlürfen mit Wohlbehagen den bittern Mokka und rauchen die Wasserpfeife, während der Kellner ans den Aequatorialgcgcnden, der den obligaten Frack durch die Schwärze seiner höchsteigenen Haut ersetzt, mit tölpelhaften Bewegungen die Gäste bedient; hochnäsige Effendi und Divanschreiber promenieren int Gewühl, belastete Kamcclc und englische Reiter ziehen vorbei: wahrlich ein wechselvolles Bild. Um uns das menschliche Elend nicht vergessen zu lassen, ziehen zahlreiche langhaarige Bettelmönche herum und schreien mit heiserer Stimme: „O Leute des Almosens", „Ein Stück Brot um Gotteswillen, Herren", „Ich bin nackt und arm, o Herren", „Almosen um des Propheten willen" usw. In den Kaufläden und Buden ist alles zu haben: von Rock und Hose, in Bombay gefertigt, bis zum englischen Hute, von der Kaffeepfanne bis zum Theelöffel, Laternen und Messer, Töpfe und Gläser, Tabak und Zucker, staubige, bröckelige Maccaroni und Liebig-Extrakt, Weine mit französischer Bordeaux-Etiquette und Jahre altes Pale Ale, österreichisches Dreherbier und gewöhnlichster Mastix-Fusel aus Griechenland! Alle Bedja bekennen sich zum Islam; sie gehören zum Ritus der Malekiten. Im allgemeinen scheinen sie es mit der Uebung der Religion nicht sehr genau zu nehmen. In ihren Dörfern sieht man sie sehr wenig beten. Auf der Reise in die Wüste sah ich nur einigemale unsere Kamecltreiber beten. Im übrigen sind die Bedja sehr fanatisch. Dies zeigten sie bei Gelegenheit der Revolution des Mahdi. Sie rühmen sich gern, Moslims zu sein. Von den Arabern im heiligen Hedjaz werden sic als Gläubige zweiter Classe behandelt, da sie wenig Arabisch verstehen und manche heidnische Sitten und viel Aberglauben beibehalten haben. (Schluss folgt.) -A,---------- (Ein Löwen - Menkener. Von P. ©inner, Missionär in Nord-Sansibar. /gtS wird die verehrten Leser sicher interessieren, mein Abenteuer mit einem Löwen zu vernehmen, dessen bloße Eiunerung mich stets mit kaltem Schauer und Bangigkeit, sowie mit tiefen Dankgefühl gegen die väterliche Vorsehung Gottes erfüllt. Als ich nämlich im December vor. Jahres (1900) vom Kilima-Ndscharo ins Utaita zurückkehrte, hatte ich ein unerwartetes Zusammentreffen mit dem König der Wüste zu bestehen. Die langweilige, meuschen-ttnb wasserlose Steppe, die sich zwischen dem Kilima-Ndscharo und Utaitagebirge ausdehnt, sucht man möglichst schnell zu durchwandern, einerseits wegen Mangel an Wasser und Nahrung, andererseits wegen Furcht vor den wilden Ungeheuern, wie Löwen, Leoparden, Elephanten, Büffeln und Nashörnern, welche in dieser endlosen Wüste ihr Unwesen treiben und dem Reisenden immerhin gefährlich werden können. Ich war glücklich mit dem ersten Tagesmärsche in Taveta angekommen. Von dort brach ich mit dem ersten Tagesgrauen auf, versehen mit Nahrung und Wasser, um mit einem gewaltigen Marsche unsere Missionsstation Bura zu erreichen. Der kühle Wind der vom schneebedeckten Kibo herunterwehte, flößte mir und meinen schwarzen Trägern Kraft ein und ein gewisses Gefühl von Bangigkeit und Traurigkeit, die sich in dieser stillen Einöde der Seele bemächtigt, beflügelte unsere Schritte. Der Boden war durchwegs mit dichtem von der Sonne versengtem Grase bedeckt: die Bewaldung ist spärlich; sie besteht aus niedrigem Dornengestrüpp und verknöcherten Dornenbäumen- über welche nur hie und da ein grüner Laubbaum oder eine zierliche Euphorbie ihr Haupt in die Luft erhebt. Hin und wieder'gibt es baumlose Stellen, die weithin mit üppigem Grase bedeckt sind. Die ganze Gegend wimmelt von Wildbret aller Art, besonders von Antilopen, Zebras, Konkoni, Straußen usw. Im Grase nisten Millionen von bunten Kolibris und anderen Wüsten-Vögeln. Während wir so in lautloser Stille, einer hinter dem anderen dahinschritten, erscholl auf einmal hinter mir der Angstschrei einer meiner Träger: „Ein Löwe, ein Löwe!" Erschrocken stand ich still, und schaute hastig nach allen Seiten herum: „Wo, wo ist er?" Die Schwarzen aber waren verschmitzter als ich. In einem Nu hatten sie ihre Lasten von Schulter und Köpf abgeworfen und waren, so schnell sie konnten, in die Wildnis hineingerannt, indem sie sich angstvoll zuriefen: „Fliehe, fliehe!" In diesem Augenblicke war auch ich des schreckliche» Feindes ansichtig geworden. Derselbe war gerade aus einem Dickicht getreten und starrte mit seinen großen grollenden Augen kampfbereit und Schrecken gebietend auf uns. Man sagt oft, der Weiße könne einem Löwen gegenüber ohne Gefahr stehen bleiben, nur soll er ihm unverwandt ins Auge blicken und sich nicht rühren, oder langsam rückwärts gehen, und so sich von ihm entfernen, ohne die Flucht zu ergreifen. Man sagt, der Löwe greife den Weißen nicht an, außer wenn er von ihm aufgereizt oder angeschossen ist, oder wenn er von Hunger geplagt auf Beute ausgeht, oder wenn er bereits Menschenfleisch gefressen hat und weiß, wie köstlich dasselbe ist. Ein Jäger, der seines Schusses gewiss ist, kann stets stille stehen; denn er streckt ihn mit einer Kugel ins Auge oder ins Genick nieder. Fehlt er aber nur wenig sein Ziel, so kann er versichert sein, vom rasenden Löwen in Stücke zerrissen zn werden. Die Massai fürchten den Löwen wenig, ja sie lachen ihn aus und sagen, kein Thier sei so dumm wie der Löwe. Mit einer Lanze und einem Schild aus Thierfellen bewaffnet, schleichen sie in der Wüste herum, um Jagd auf das reichliche Wildbret zu machen. Wenn sie auf einen Löwen stoßen, so verstecken sie sich im hohen Grase oder hinter einer Dornhecke, und lassen ihn vorbeistürme»; in grasloser Steppe ducken sie sich hinter und unter ihren Schild: der Löwe, so behaupten sie, glaubt, es sei ein Ameisenhaufen, und geht knurrend seines Weges. Manche bleiben regungslos stehen, oder lehnen sich an einen Baum und schließen die Augen: der Löwe (so sagen sie) hält sie für dürre Baumstämme und setzt seinen Weg fort. Sollte dessen ungeachtet der Löwe auf sie losspringen, so ducken sie sich etwas, und im Augenblick, da derselbe seinen gewaltigen Sprung auf sie macht, springen sie unter ihn hinein und schlitzen ihm den Bauch auf, oder sie springen auf die Seite, so dass der Löwe auf den Boden fällt. Sie sagen, das edle Thier empfinde über einen solchen Hechtsprung solche Scham, dass es den Schwanz einziehe und davonlaufe. Sind die Massai im Laufen von einem Löwen verfolgt, so werfen sie ihm ihren Schild vor, und während der Löwe seine Wuth gegen den 276 Ein Löwen - Abenteuer. Schild auslässt, retten sie sich wie die Affen auf die Bäume. Solche und ähnliche Geschichten klingen sehr interessant, so lange man sie mit heiler Haut erzählen hört oder in Büchern liegt. Ganz anders verhält sich die Sache, wenn man selbst im Spiel ist. Was mich anbelangt, so hatte ich damals weder Lust noch Zeit, lang Erwägungen anzustellen. Da eben rechts und links vom Pfade Dornenbäume standen, folgte ich dem Beispiel meiner Träger und lief, so schnell ich konnte, auf einen Baum zu, der nicht zu hoch war und dessen Aeste ich fassen konnte. Da ich aber Schuhe trug, so konnte ich nur mit größter Anstrengung nnd langsam mich emporarbeiten, und ich glaube, es wäre um mich geschehen gewesen, wenn der Löwe sogleich auf mich gestürzt wäre. Der liebe Gott wollte nicht, dass ich auf so erbärmliche Weise ums Leben komme: Der Löwe gierig zuerst aus die Schwarzen los, welche sich ebenso auf die Bäume geflüchtet hatten. Von der sicheren Höhe aus konnte ich den schrecklichen Feind in seinem Grimm betrachten. Mit dem Schwänze die Luft peitschend, die stolze Mähne schüttelnd und vor Wuth knurrend, machte er die Runde unter den Bäumen. Mir war noch immer übel zu Muthe, beim es kommt häufig vor, dass der Löwe sich am Fuße des Baumes, auf welchen sich sein Opfer geflüchtet hat, niederlegt und nicht fortgeht bis er desselben habhaft ist. Mir erzählte ein Christ aus Mouha, bei Tununguo, er habe sich vor einem Löwen auf einen Baum geflüchtet, der Löwe legte sich gemüthlich unten am Baume nieder. Der arme Flüchtling schrie, warf Baumzweige herunter, aber der Löwe regte sich nicht. Endlich, nachdem er zwei Tage und zwei Nächte in Hunger und Durft auf dem Baume zugebracht hatte, kamen Leute in seine Nähe. Er machte sie natürlich aufmerksam aus die drohende Gefahr und bat sie um Hilfe. Die Leute eilten in ihr Dorf, kehicken bald in großer Anzahl mit Flinten, Lanzen und Trommeln zurück, gaben Schüsse ab, schlugen die Trommeln und machten eilten Heidetispectäkel: worauf der Löwe sich entfernte und den Gefangenen frei ließ. Tausendmal dankte ich der göttlichen Vorsehung, als ich den schrecklichen Feind den Weg in die Wüste nehmen sah. Nachdem wir der Sicherheit wegen noch eine Zeitlang auf den Bäumen zugebracht hatten, stiegen wir wieder herunter, die Träger luden sich ihre Lasten wieder auf, und dahin gieug es in aller Eile, denn die Furcht beflügelte unsere Schritte. Um meinen Lesern einen Begriff zu machen von der erstaunlichen Menge von Löwen, welche in dieser endlosen Wüste hausen, füge ich nur noch die Erzählung eines Unfalles bei, der jüngst einem österreichischen Jäger zugestoßen ist. Mit Waffen und Gefolge gut versehen, machte derselbe Jagd in der Steppe. Er hatte gerade eine Antilope niedergestreckt, als auf seinen Schuss hin ein gewaltiger Löwe aus dem nahen Dickicht hervortrat. Seines Schusses gewiss, feuerte er los und traf ihn gerade ins Genick: der Löwe stürzte brüllend zusammen. Auf diesen Knall hin erhob sich ein zweiter Löwe in einiger Entfernung und nahte sich grimmig dem Jäger. Auch diesen streckte er nieder durch eine Kugel ins Genick. Da erschien ein dritter Löwe auf der anderen Seite und kam auf ihn los. Er feuerte wieder los, hatte aber das Unglück, sein Ziel ganz wenig zu verfehlen. Bevor er noch den zweiten Schuss thun konnte, war er bereits von dem wüthenden Löwen zu Boden geschlagen. Mit einem Schlage seiner gewaltigen Tatze hatte dieser ihm das ganze Oberkleid heruntergerissen. Zu seinem Glücke hatte er einen unerschrockenen Mtaitancger hinter sich, der ihm ein zweites Gewehr nachtrug und in dem kritischen Moment sein Gewehr im Rachen des Löwen ansetzte und demselben den Todesstoß gab. Der Jäger wurde halbtodt in sein Lager zurückgetragen. Möge die göttliche Vorsehung uns niemals verlassen, sondern uns stets leiten und beschirmen auf allen unsern Pfaden! V' W-- /s ^ Hochzeitsreise eines Negerpaares. Von Bruder Karl Stobt, S. b. h. H. Eines Tages, cs war gerade um die heil. Weih-nachtszeit, standen ich und mein schwarzer Geselle Felix, der vor' kurzem geheiratet hatte, in unserer Werkstätte und sprachen von der bereits in Aussicht genommenen neuen Niederlassung in Assuan, als mir wider Erwarten, die Nachricht zukam, dass ich bestimmt sei, mit dem schivarzen Felix die Väter nach Assuan zur Gründung der neuen Station zu begleiten. Alle zur Reise nothwendigen Vorkehrungen wurden alsbald getroffen, und es war nur noch die Frage zu lösen, was mit Adila, so hieß die Gemahlin des Schwarzen, zu thun sei. Adila sollte vorläufig bei den Schwestern in Kairo bleiben, bis drüben in Assuan eine passende Wohnung für das junge Ehepaar eingerichtet wäre. Jedoch alle schönen Worte und Bemühungen von Seite des Oberen halfen nichts. Adila wollte mitreisen und war nicht zu bewegen, sich auf einige Monate von ihrem theuren Felix zu trennen. Und so musste man sich denn zuletzt entschließen, auch die Neuvermählte mitzunehmen. Ich erzählte nun meinem schwarzen Tischlergcsellen, dass in Europa die Brautleute vielfach eine sogenannte Hochzeitsreise machen und er sei wohl der erste Sudanese, der so nach europäischer' Sitte eine Reise mit seiner Braut machen würde. Der gute Felix war hocherfreut darüber, und seine Sehnsucht nach dieser Hochzeitsreise fand kein Ende. Desgleichen konnte Adila kaum mehr den Tag der Abreise erwarten. Bald waren unsere „Sieben Sachen" zusammengesucht und eingepackt. Kisten und Kasten wurden ans das Schiff gebracht und am 1. Jänner endlich des Abends um 9 Uhr fuhren wir, 2 Väter, 2 Brüder und Felix mit der treuen Adila, mit der Bahn von Kairo weg. Die ganze Nacht hindurch fuhren wir, nicht daran denkend, was für Ereignisse der kommende Tag mit sich bringen werde. Felix hatte es sich bequem gemacht. Seine Schuhe und seinen Tarbusch (so heißt die rothe Kopfbedeckung in Aegypten) hatte er beiseite gelegt, nichts ahnend von der schmerzlichen Katastrophe, die ihm in Bälde begegnen sollte. Als wir bei Tagesanbruch bei der Station Äffiut ankamen, meldete sich bei mchereren von uns der Herr Magen, besonders bei mir, denn ich hatte bei den vielen Sorgen und Fragen ganz die Magcnfrage vergessen und vor Freude und Eile mir den Abend vorher keine Zeit zum Essen gelassen. Und so mochte cs wohl auch bei Felix sein. Aber, — o Schrecken — wir hatten uns wohl mit allem versehen, an die Hauptsache aber nicht gedacht, an das Brot. Was jetzt thun? — Der Zug hält 10 Minuten. Kurz besonnen, Felix erhält einige Piaster, um schnell am Bahnhöfe einige Brote zu kaufen. Man ruft ihm noch nach: „Aber nur schnell, schnelll" — Eine Minute nach der andern verstreicht; der Zug- 278 Hochzeitsreise eines NegerpaarM führer macht schon Miene, daS Zeichen zur Abfahrt zu geben. Richtig! — Ein Pfiff, — der Zug fetzt sich langsam in Bewegung. Mir wird eS ganz heiß. Da endlich kommt Felix im Schweiße gebadet angerannt, das so sehr ersehnte Brot unter dem Arme haltend. Doch nicht faul, ein Sprung und schon hat Felix mit einem Fuß das Trittbrett des bereits fahrenden Zuges bestiegen, als plötzlich die Hand eines Bahnbeamten ihn mit einem kräftigen Ruck vom Wagen riss, dass das Brot auf dem Boden nach allen Seiten dahinrollte. Draußen lachte alles laut auf, nur Felix nicht, der seinem Brote nachlief. — Und wir — o Schrecken! — wir im Zuge ohne Brot und ohne Felix, jedoch mit der Negerin, und draußen Felix mit dem Brote, a er ohne seine Frau! O armer Felix! — Laut weinend und jammernd streckte Adila die Hände zum Fenster hinaus nach ihrem lieben Manne, und wir mussten alles aufbieten, um sie zu beruhigen. Sie mochte wohl denken: „Jetzt ist es aus mit meinem lieben Felix!" Felix hatte in der That den Kopf verloren, nein, ich wollte nicht sagen, verloren, sondern er war vielmehr kurz entschlossen und, anstatt auf den nächsten Zug zu warten, zog er cs vor, dem mit seiner lieben Frau davoneilenden Zuge auf Schusters Rappen nachzulaufen. So sehr sich auch der Arme im Laufe wohl mochte angestrengt haben, war es ihn» doch unmöglich, mit dem Zuge Schritt zu halten. An der nächsten Haltestelle wurde sofort zum Bahnvorstand zurück gedrahtet, dass das Billet des Schwarzen bei uns sei, und dass man den schwarzen Felix meitcrbefördcrn möge. Die Antwort kam auch bald: „Ein Schwarzer namens Felix nicht mehr hier!!" Doch ein Unglück kommt selten allein. In Kenneh, wo wir die Eisenbahn verließen und mit dem Dampfschiff weiterfuhren, hatten wir noch das Pech, dass' ein Araber eine unserer großen Kisten fallen ließ, so dass die darin befindlichen Messgewänder in den Staub zu liegen kamen. Zum Klagen war hier keine Zeit, denn in einer halben Stunde gieng das Dampfschiff ab. Mit Stricken wurde die Kiste rasch zusammengebunden und fortgeschleppt. An das Essen dachte niemand mehr, obschon cs 12 Uhr mittags war. Jetzt kam noch die Hauptsache. Was anfangen mit der Frau unseres Felix? Wir hatten noch 3 Tage mit dem Schiffe zu fahren bis nach Assuan. Sollen wir, Ordensleute und Missionäre, mit einer schwarzen Frau, die den Mann verloren hat, Weiterreisen und so in Assuan ankommen? — Unmöglich! Der Obere besprach sich daher eilends mit dem Bahnvorstand, und Adila erhielt ein Pfund (20 Mk.). Sie sollte hier warten, denn man hoffte, Felix würde mit dem Abendzuge nachkommen. Sie sollten beide dann mit dem nächsten Zuge nachkommen. Auf dem Schiffsamte wurde auch noch das Reisegeld für Beide zur Weiterreise zurückgelassen. Adila wartete unter Jammern und Weinen, bis der Abcndzug ankam, aber der arme Felix kam nicht mit. „Wo wird er sein?" — Gott, der Vater der Betrübten, fügte eS, dass ein koptisch-schismatischer Priester zum Bahnhof kam. Als dieser das Negcr-mädchen fragte, weshalb es weine, erzählte cS ihm den ganzen Vorfall. Darauf bot der gute Manu ihr seine Gastfreundschaft an. Adila verblieb in seinem Hause, und ein Mann wurde beauftragt, bei Ankunft eines jeden Zuges am Bahnhöfe mit lauter Stimme zu rufen: „Felix, Felix!" Zwei volle Tage waren verstrichen und noch hatte sich trotz alles Rufens kein Felix gemeldet. Am dritten Tage stand das Schiff bereit zur Abfahrt. Da rollte auch wieder der Zug heran. Der Mann hatte sich schon fast die Kehle heiser geschrieen nach dem Felix, aber bisher umsonst. Da endlich kommt einer, todmüde, ohne Schuhe und ohne Tarbusch, im Schweiße seines Angesichts. Er war fast zwei Tage und zwei Nächte marschiert. „Hier, ich bin ein Felix!" „So!" — Ein paar Worte hin und her, ja, es war der richtige Felix. Felix fragte sofort: „Wo ist denn meine Frau?" „Nur schnell!" hieß es wieder. Diesmal war der gute Felix schneller. Im Sturmschritt gicng cs nach dem Hause, wo seine Frau war. Kaum war cs Zeit, dem gastfreundlichen Manne zu danken. Ohne Zögern eilten beide auf das Schiff. Kaum dort angekommen wurde das Zeichen zur Abfahrt gegeben und das junge Ehepaar athmete wieder freier auf und freute sich, wohlbehalten die Reise fortsetzen zu können. Als nach drei Tagen durch einen Schuss angedeutet wurde, dass das Postschiff angekommcu sei, wurde ich zum Hafen geschickt, um unsern Felix und seine Frau abzuholen. Gott sei Dank! Von weitem schon erkannte ich meinen schwarzen Gesellen. Wir begrüßten uns und ich konnte es doch nicht unterlassen ihn um Aufschluss über sein langes Ausbleiben und über den Verlauf seiner Brautreise zu bitten und fragte ihn unter Lächeln: „Nun, mein guter Felix, wie hat dir denn die Brautrcisc gefallen?" Der arme Bursche sagte ganz trocken: „Wenn in Europa die Brautreiscn so ausfallen, dann mache ich keine mehr mit." „So geht es", dachte ich, „wenn jemand eine Reise thut, so kann er was erzählen." Und wir alle waren froh, dass wir wieder unseren guten Felix hatten, und Felix wieder seine Frau. Rundschau in (Europa. (Oesterreich. Die Trinitarier wieder in Afrika. Auf Wunsch des Heiligen Vaters wird der altehrwürdige Orden der allerheiligsten Dreifaltigkeit demnächst seine Thätigkeit in Afrika wieder auf-nehmen, und zwar geht er nunmehr an die Lösung des zweiten Theiles seiner Aufgabe: die Befreiung bezw. Bekehrung der armen Neger-Sclaven, während er sich bekanntlich in früher n Zeiten der Befreiung der von den Mohammedanern gefangenen Christen widmete. Der österreichische Provinzial, Hochw. P. Xaver von der unbefleckten Empfängnis erhielt von seinem Ordensobern den Auftrag, die Gründung einer Mission im Gebiet von Tripolis vorzubereiten. England. Das Vordringen der katholischen Kirche ist eine unleugbare Thatsache. Die lange Regierungszeit der verstorbenen Königin Victoria war dieser Entwickelung günstig. Als Beleg hiefür dienen folgende Thatsachen: Zu Anfang ihrer Regierung war die Zahl der Katholiken kaum 70,000 in ganz England, etwa 30,000 in Schottland. Es bestanden noch die alten Gesetze, welche auf Ausübung des katholischen Cultus gar Todesstrafe setzten, bald aber einer milderen Auffassung weichen mussten. 1850 kam die Wiedererrichtung der katholischen Hierarchie. 1900 hatte die Zahl der Katholiken in England 1,800,000 speciell in Lonkaschin 600,000, in Glasgow 180,000 überstiegen. Die Zahl der Priester ist über 8000, die der Kirchen über 1500, der katholischen Elementarschulen über 1400 mit 300,000 Kindern vorgeschritten. Asien. China. Dass die katholischen Missionsbischöfc nicht, wie sonst meist die Generale und Heerführer, im Kampfe hinter der Schlachtlinic und außer Schussweite stehen, das hat sich wieder bei der letzten furchtbaren Verfolgung in China gezeigt. In den am meisten betroffenen Nord- und Binncn-provinzcn sind nicht weniger als 7 Bischöfe, 5 durch blutigen Tod, 2 infolge der ausgestandenen Drangsale gefallen. Wie furchtbar der Sturm durch die blühende Mission der Mongolei gerast, darüber haben unsere Leser gewiss wiederholt in andern Blättern Bericht erhalten. Außer den 8000 Christen und den 8 Missionären, die ihm zum Opfer fielen, krönte auch den Missionen. der Apost. Vicar der Südwest-Mongolei Bischof Fer° dinand Hamer aus der belgischen Congregation vom Unbefleckten Herzen Mariä von Scheutvcld seine lange apostolische Laufbahn mit dem Tode des Bekenners. Er war der letzte der vier Pioniere, welche 1865 die mongolische Mission eröffnet hatten. Geboren zu Nymwegen in Holland an, 21. August 1840, schloss sich Hamcr bald nach seiner Priesterweihe (10. August 1864) der neugegründeten Genossenschaft an. Schon im folgenden Jahre 1865 reiste er mit einigen Genossen nach der Mongolei ab. Bis zu seinem glorreichen Ende widmete der unermüdliche Arbeiter im Weinberg des Herrn seine Kräfte der Mission. Endlich nach 35jährigem Mühen und Arbeiten rief ihn der Herr in das bessere Jenseits ab. Schrecklich sind die Martern, die der greise Bischof vor seinem Tode erlitt. Der Bischof befand sich eben in der Sacristei seiner befestigten Station, als die Boxer in dieselbe einbrachen. Alles, was den Mördern unter die Hände kam, wurde erbarmungslos niedergemetzelt. Dem Bischof rissen sie die Kleider vom Oberkörper, durchbohrten die Stelle zwischen Schlüsselbein und Schulterblatt und zogen durch die Wunde eine Kette. Dann wurde er auf der Landstraße vor das Dorf hinausgeführt, dort an einen Pfahl gebunden und dem Gespött des Heidenpöbels preisgegeben. Endlich wurde er nach dem 50 Meilen entfernten Tu-o-Tsang gebracht, wo er die Märtprerpalme erringen sollte. Vier Tage hindurch wurde der ehrwürdige Greis, seiner Kleider beraubt, durch die Straßen der Stadt geführt und auf dcu öffentlichen Plätzen an einen Pfahl gebunden ausgestellt. Jeder konnte mit dem Bischof nach Herzenslust seinen Muth-willen treiben. Man kann sich nicht vorstellen, welche Unbilden er von dem rohen Pöbel erfahren musste. Der eine raufte ihm Bart- und Haupthaare aus, ein anderer gab ihin Backenstrciche, ein dritter schnitt ihm mit seinem Schwerte oder Messer Stücke Fleisch von seinen, Leibe und dergleichen mehr. Der heiligmäßige Greis hatte auf all diese Roheiten nur die eine Antwort: „Ich verzeihe euch und werde für euch beten". Nach diesen tagclangen Quälereien gab der Mandarin den Bekenner den Soldaten und Boxern preis, die mit dem Sterbenden ein grässliches Spiel trieben. Sie hiengen ihn an einem eisernen Haken auf, den Kopf nach unten. In die Wunden stopfte man Watte und zündete sic an. Die Eingeweide wurden aus dem Leibe genommen. Dabei zwangen Aun ö sch au in (Europa. Oesterreich. Die Trinitarier wieder in Afrika. Auf Wunsch des Heiligen Vaters wird der allehrwürdige Orden der allerheiligsten Dreifaltigkeit demnächst seine Thätigkeit in Afrika wieder auf-nchincn, und zwar geht er nunmehr an die Lösung des zweiten Theiles seiner Aufgabe: die Befreiung bezw. Bekehrung der armen Neger-Sclaven, während er sich bekanntlich in früher n Zeiten der Befreiung der von den Mohammedanern gefangenen Christen widmete. Der österreichische Provinzial, Hochw. P. ckaver von der unbefleckten Empfängnis erhielt von seinem Ordcnsobern den Auftrag, die Gründung einer Mission im Gebiet von Tripolis vorzubereiten. England. Das Vordringen der katholischen Kirche ist eine unleugbare Thatsache. Die lange Regierungszeit der verstorbenen Königin Victoria war dieser Entwickelung günstig. Als Beleg hiefür dienen folgende Thatsachen: Zn Anfang ihrer Regierung war die Zahl der Katholiken kaum 70,000 in ganz England, etwa 30,000 in Schottland. Es bestanden noch die alten Gesetze, welche ans Ausübung des katholischen Cultus gar Todesstrafe setzten, bald aber einer milderen Auffassung weichen mussten. 1850 kam die Wiedererrichtung der katholischen Hierarchie. 1900 hatte die Zahl der Katholiken in England 1,800,000 speciell in Lonkaschin 600,000, in Glasgow 180,000 überstiegen. Die Zahl der Priester ist über 8000, die der Kirchen über 1500, der katholischen Elementarschulen über 1400 mit 300,000 Kindern vorgeschritten. Asien. China. Dass die katholischen Missionsbischöfe nicht, wie sonst meist die Generale und Heerführer, im Kampfe hinter der Schlachtlinie und außer Schussweite stehen, das hat sich wieder bei der letzten furchtbaren Verfolgung in China gezeigt. In den am meisten betroffenen Nord- und Binncn-provinzcn sind nicht weniger als 7 Bischöfe, 5 durch blutigen Tod, 2 infolge der ausgestandenen Drangsale gefallen. Wie furchtbar der Sturm durch die blühende Mission der Mongolei gerast, darüber haben unsere Leser gewiss wiederholt in andern Blättern Bericht erhalten. Außer den 8000 Christen und den 8 Missionären, die ihm zum Opfer fielen, krönte auch öen MWonen. der Apost. Vicar der Südwest-Mongolei Bischof Fer° dinand Hamer aus der belgischen Congregation vom Unbefleckten Herzen Mariä von Schcutveld seine lange apostolische Laufbahn mit dem Tode des Bekenners. Er war der letzte der vier Pioniere, welche 1865 die mongolische Mission eröffnet hatten. . Geboren zu Nymwcgcn in Holland am 21. August 1840, schloss sich Hamer bald nach seiner Priesterweihe (10. August 1864) der neugegründeten Genossenschaft an. Schon im folgenden Jahre 1865 reiste er mit einigen Genossen nach der Mongolei ab. Bis zu seinem glorreichen Ende widmete der unermüdliche Arbeiter im Weinberg des Herrn seine Kräfte der Mission. Endlich nach 35jährigem Mühen und Arbeiten rief ihn der Herr in das bessere Jenseits ab. Schrecklich sind die Martern, die der greise Bischof vor seinem Tode erlitt. Der Bischof befand sich eben in der Sacristei seiner befestigten Station, als die Boxer in dieselbe einbrachen. Alles, was den Mördern unter die Hände kam, wurde erbarmungslos niedergemetzelt. Dem Bischof rissen sie die Kleider vom Oberkörper, durchbohrten die Stelle zwischen Schlüsselbein und Schulterblatt und zogen durch die Wunde eine Kette. Dann wurde er auf der Landstraße vor das Dorf hinausgeführt, dort an einen Pfahl gebunden und dem Gespött des Heidenpöbels preisgegeben. Endlich wurde er nach dem 50 Meilen entfernten Tu-o-Tsaug gebracht, wo er die Märtyrerpalme erringen sollte. Vier Tage hindurch wurde der ehrwürdige Greis, seiner Kleider beraubt, durch die Straßen der Stadt geführt und auf den öffentlichen Plätzen an einen Pfahl gebunden ausgestellt. Jeder konnte mit dem Bischof nach Herzenslust seinen Muth-willen treiben. Man kann sich nicht vorstellen, welche Unbilden er von dem rohen Pöbel erfahren musste. Der eine raufte ihm Bart- und Haupthaare aus, ein anderer gab ihm Backenstreiche, ein dritter schnitt ihm mit seinem Schwerte oder Messer Stücke Fleisch von seinem Leibe und dergleichen mehr. Der heiligmäßige Greis hatte auf all diese Roheiten nur die eine Antwort: „Ich verzeihe euch und werde für euch beten". Nach diesen tagelangen Quälereien gab der Mandarin den Bekenner den Soldaten und Boxern preis, die mit dem Sterbenden ein grässliches Spiel trieben. Sie hiengen ihn an einem eisernen Haken auf, den Kopf nach unten. In die Wunden stopfte man Watte und zündete sie an. Die Eingeweide wurden aus dem Leibe genommen. Dabei zwangen 280 Rundschau in den Missionen. die Boxer, so erzählt man, einen Bettler, das Herz dcS Bischofs zu verzehren. So endete Bischof Hamer sein 35 jähriges Apostolat ans glorreiche Weise. Ebenso qualvoll endeten der Apostol. Vicar von Süd-Hanau, wie auch der Apostol. Vicar von Tai-günn-fu und sein Weihbischof. Diesen Söhnen des heil. Franeiscus war bereits der Apostol. Vicar der Südmandschurei im Tode vorausgegangen. Auch das schwer betroffene Vieariat Südostschali beklagt den Tod seines Oberhirten. Zu diesem kommt noch der am 12. October in der Heilanstalt zu Hongkong gestorbene Apostol. Präfect von Kwang-tung. Afrika. Im folgenden geben wir nach „Gott will es" eijxe kurze Zusammenstellung der Missionsthätigkeit in den deutschen Schutzgebieten Afrikas. A. Deutsch-Gstasrika. 1. Apostolisches Vica riatNordsansibar: Congregation der Väter vom hl. Geiste. 11 Stationen mit 7511 Christen. Außerdem sind im Vicariate Nordsansibar die Trappisten thätig seit 1897. Sie besitzen 6 Stationen. 2. Apostol. Präfect u r Südsau si bar: St. Benediktus-Missionsgenossenschaft 9 Stationen mit ca. 1700 Christen. 3. Apostol. Vicarial Tanganyika: Weiße ißtiter; 6 Stationen mit 1963 Christen. 4. Apostol. Vicari at Unyanyemba: Weiße Väter; 6 Stationen mit 1342 Christen. 5. Apostol. Vicarial Südnyanza: Weiße Väter; 8 Stationen mit 1700 Christen. B. Kamerun. Apostol. Präfectur Kamerun: Palotiner-Congregation; 6 Stationen mit ca. 3210 Christen. Die bei den Ja und a in Aussicht genommene Gründung einer neuen Misstonsuiederlassung ist nunmehr glücklich erfolgt. Ende Januar reiste der Apost. Präfect P. Meter mit einem Laienbruder und 40 Trägern dorthin; bald darauf folgte ihm eine zweite Karawane unter Leitung des hochw. Herrn P. Hange. Nach 14tägigem Marsche kam er glücklich in Jaunda an, wo der Apostol. Präfect bereits mit seiner Thätigkeit begonnen hatte. Die Station zählt gegenwärtig etwa 100 getaufte Eingeborne. C. Togo. Apostol. Präfectur Togo. Missionsgesellschaft des göttlichen Wortes (Steiler Mission). 5 Stationen und Nebenstationen mit über 1400 Christen. D. Deutsch-Slldwestafrika. l. Apostolische Präfectur Deutsch-Südwe ft afrika; Ge- nossenschaft der Heiligen und Unbefleckten Jungfrau Maria. 2 Stationen. 2. Apostol. Vica riat des Or an je flusses: Salesianer. 1 Station und Schwesterniederlassung. Nach einer Zusammenstellung der verschiedenen Missionsobern in den afrikanischen Missionen der Väter vom Heiligen Geiste betrug die Zahl der Bekehrten im letzten Berichtjahre 5005; nämlich in Se-negambien 245, Französisch-Guinea 89, Sierra Leone 87, Unter-Niger 276, Gabun 1018, Französisch-Kongo 341, Ubangi 426, Nieder-Kongo 537, Ci in bebasien 65, Cunene 568, Nord-Sansibar 1351, Nord-Madagaskar 34. Amerika. vereinigte Staaten. Nach einem englischen Blatte hat New-Iork City jetzt nicht weniger als 1,200,000 Katholiken auf eine Gcsammtbcvölkerung von rnnd 3>/3 Millionen Seelen. Im letzten Jahre (1900) wurden circa 3000 Convertiten in die katholische Kirche aufgenommen, darunter Leute aus den verschiedensten Secten: Lutheraner, Presbyterianer, Baptisten, Methodisten, Anglicaner, Episcopalen usw., sowie aus allen Classen und Rangstufen der Bevölkerung: Schriftsteller, Journalisten, Bankiers, Kaufleute, Künstler, eine Prinzessin und eine größere Zahl „Clergymen". Die meisten Conversionen erfolgten in der Jesuitenkirche St. Francis Xavier Church, West 16th. Mit seinen neuen Besitzungen Cuba, Portoricco, Hawai und den Philippinen zählen die Vereinigten Staaten nunmehr rund 85 Millionen Seelen, wovon rnnd 75 Millionen auf die 50 vereinigten Staaten und Territorien und 10 Millionen auf die abhängigen Gebiete kommen. Von dieser Zahl sind über 20 Millionen Katholiken, nämlich 11,744,989 in den Verein. Staaten, über 1,800,000 auf Portoricco, 1,600,900 auf Cuba, 6,566,998 auf den Philippinen und 33.000 auf Hawai. Australien und Gceanien. Keu-Mecklcnburg. Die Mission Neu - Pommern dehnte ihre Thätigkeit auch auf diese Nachbarinsel aus. Die Grundlegung hiefür geschah dadurch, dass die Bevölkerung dieser Insel, ein sehr geweckter und kräftiger Menschenschlag, schon seit Jahren vielfach ihre Kinder in die Missionsanstalt Vuna-Pope zur Ausbildung schickte. Dieselben kehren nach vollendetem Unterricht wieder in ihre Heimat zurück und bilden dort den Grundstock für einen kräftigen Ansatz zur Missionsarbeit, die ihnen nun zugewendet wird. Samoa. Auf Samoa kehren nach Beendigung des Krieges und Vertheilung der Inseln unter die Aus bcm Missionsleben. 281 betheiligten Mächte auch für die Mission bessere Zeiten zurück. Erfreulich ist, dass nach dem Gouverneur die höchste Stelle ein Katholik, der Häuptling Metaafa, erhalten hat. Satuele, ein anderer Katholik, ist zum Oberrichter ernannt; von sieben Nebengouverneuren sind vier katholisch und der größte Theil der Distriktrichter gehört ebenfalls unserer Religion an. Der Einfluss dieser katholischen, von den Samoanern selbst gewählten Beamten kann nur segensreich wirken. Der hochw. Bischof Broyer hat cs sich zur Aufgabe gemacht, besonders das Schulwesen auf Samoa zu fördern. Dank seiner steten Bemühungen ist die Knabenschule in Apia selbst eine blühende Anstalt geworden. Vier Schulbrüder geben dort 1 t 2 Schülern täglich 5 Stunden Unterricht; besonders viele Rücksicht wird außer auf Rekigionslehre auch auf das Deutsche ge- nonnnen. In Moamoa, eine Stunde von Apia entfernt, befindet sich ebenfalls bereits eine Knabenschule mit 80 Schülern; sie ist hauptsächlich für Häuptlingssöhne bestimmt. Der hochw. Herr Bischof gedenkt cbcndortselbst auch eine höhere Schule für Häuptlingstöchter zu errichten, sowie eine Katccheten-schüle und eine Heilanstalt für alte schwächliche Missionäre. Durch die Ernennung des apostolischen VicarS von Samoa zum apostolischen Präfecten der deutschen Salomons-Jnseln ist ihm eine neue, mit manchen Schwierigkeiten verbundene Aufgabe geworden. Zudem ist leider die vor zwei Jahren errichtete Station Pogorag, die schon ziemlich vorangeschritten war, englisch geworden und somit musste allsogleich mit einer neuen Gründung auf deutschem Boden begonnen werden. Aus dem Mssionsleben. Katechunrene Akr? Saieö. W^inem der letzten Berichte des inzwischen gestorbenen frommen und seclcncisrigen Missionärs P. H. Seiner entnehmen wir das Folgende. Der Heimgegangene brave Priester schreibt ans Dm be man, 5. Mai 1901: Es war in den letzten Tagen des September v. I.; die Sonne brannte zur Mittagszeit noch unerträglich heiß auf den Sandboden herab. Ich war soeben im Begriffe in die Schule zu gehen, um dort den Buben Katechismus-Unterricht zu ertheilen. Als ich am Hausthor ankam, da näherte sich mir ein Ncgerknabe von ungefähr 14 Jahren. Er war fast nackt, nur ein schmutziger Fetzen hieng ihm über die linke Schulter herunter, dessen Rand er an seiner rechten Hüfte mit den abgemagerten Händen krampfhaft zusammenhielt. Seine Brust war gänzlich mit vernarbten Brandwunden bedeckt. Sein wehmütiger, aber sonst aufrichtiger Blick gab mir zu erkennen, dass er viel gelitten haben mochte. „Was willst du hier, mein lieber Bub?" frug ich ihn. „Bei euch bleiben, mit den schwarzen Buben in die Schule gehen, mit ihnen essen und spielen," war die schlagfertige Antwort. „Woher kommst du jetzt!" „Ich laufe immer auf der Straße herum, ich habe kein Haus." „Wo ist dein Vater, lebt er noch?" „Nein, er ist im Kriege gestorben." „Und deine Mutter?" „Auch sie wurde von den Derwischen gefangen und ermordet." „Hast du noch Geschwister?" „Nein, sie sind alle todt." — Sein aufrichtiges Thun, die große Noth, die ans seiner Gestalt herausguckte, hatten in mir ein lebendiges Mitleid für dieses Waisenkind erweckt. Ja, dachte ich bei mir, hier ist gerade der rechte Platz für dich. „Gut," sagte ich zu ihm, „komm morgen früh in unsere Schule, wir wollen sehen, was mit dir anzufangen ist." Mit einem fröhlichen „Vergelts Gott" gicng er ab. Am folgenden Morgen war er in aller Frühe im Schulhof in seinem stattlichen Aufputz. Die Schulkinder, die ihn am vorigen Tage nicht gesehen hatten, und von der ganzen Geschichte nichts wussten, waren seiner kaum gewahr geworden, als sie voll Eifer und Furcht zu mir liefen und ganz bestürzt riefen: „Schau Vater, was für ein zerfetzter Lump im Schulhof drüben hockt." „Lasset ihn in Ruh," war meine 282 Aus brat Mssionsleben. Antwort. „Wartet nur ein wenig, Bis er anders gekleidet ist, dann werdet ihr ihn nicht mehr verlachen." Ich ließ ihn hierauf rufen und übergab ihn dem Laienbruder. Dieser zog ihm den letzten Fetzen herab und wusch ihm von dem Scheitel bis zu der Sohle allen Unrat und Ungeziefer herunter. Nach einem viertelstündigen Reiben und Fegen hatte diese Behandlung ein Ende. Er wurde nun frisch gekleidet. Die Hosen kamen ihm sonderlich vor und schienen ihm sehr unbequem im Gange; er hatte deren allerdings noch nie getragen. Er hatte sich jedoch sehr bald an dieselben gewöhnt und hüpft und springt jetzt herum wie alle anderen. Es wird dem Leser gewiss angenehm sein, etwas von seiner Lebensgeschichte zu vernehmen. Aly ist der erstgeborne Sohn unter drei Geschwistern. Sein Vater, NamenS Saied, stammt aus dem Stamme der Dschaalin. Seine Mutter, Aaascha Meresila, ist eine Bornauin. Die Familie verbrachte niehrere Jahre in Berber. AlyS Vater betrieb Schreinerei, das heißt, er verfertigte die sogenannten angareb (eine Art Bettstätten mit Schilf geflochten, die zugleich als Bettgestell und Strohsack dienen); er war überdies Fahnenträger derDerwische bei festlichen Gelegenheiten. ES war nämlich bei letzteren die Sitte, jeden Freitag eine Schau abzuhalten, bei welcher alles Volk in verschiedene Classen eingetheilt wurde, deren eine jede seine eigene Fahne hatte, welche von dazu bestimmten Leuten getragen wurde. Dieses letztere Geschäft . betrieb AlyS Vater mehrere Jahre hindurch in Berber. Da er aber dessen müde war, und von den Derwischen auch nicht am besten behandelt wurde, beschloss er endlich, mit seiner Familie zu fliehen und sich dem englisch-ägyptischen Heer einzureihen. ES gelang ihm aber nicht so leicht, wie er sichS dachte, trotz all feiner Schlauheit würde er auf seiner Flucht von den Derwischen entdeckt, nach Berber zurückgeführt und in den Kerker geworfen, wo er täglich von einem der Sclaven beS Emirs El Laki seine Portion Korbatschlägc bekam. ES verflossen so mehrere Monate; der Emir dachte, Saied habe nun seine Fluchtgedanken aufgegeben, und ließ ihn frei. Dem aber war nicht so. Saied schwur, sich an den Derwischen arg zu rächen. Er übersiedelte mit der Familie nach Metemma, und gesellte sich dort zu seinen Landsleuten, den Dschaalin, die int Aufstand waren gegen die Derwische. Es entbrannte damals ein heißer Kampf. Da cS den Dschaalin an Geschützen und Waffen mangelte, erlagen sie alle im Gefechte, unter ihnen auch Aly'S Vater, der von einer Lanze durchbohrt wurde. Die Mutter, die beim Ausbruch bcS Kampfes sich mit Aly, ihrem 10jährigen Söhnchen, in einen nahen Tcllah-Jrau auf der Tabrt zum markte. Wald gcflüchet hatte, wurde von den Derwischen eingeholt und ermordet. Aly, dem die Füße noch bessere Dienste leisteten, als er das Schicksal seiner armen Mutter von weitem sah, floh gegen den Nil, wo er am Ufer einen Tos (ein kleines, ans kork-artigem Holz verfertigtes Floss) angebunden fand. Er löste es los und setzte über den Fluss. Dort irrte der arme Knabe lange herum und führte ein elendes Leben. Immer gicng er stromabwärts, bis er endlich eines Tages der sudanesischen Truppen ansichtig wurde. Nun sollte seine Lage sich ändern. Er gesellte sich denselben zu und bot sich den Soldaten als Diener an. Sein lebhafter und offener Charakter gewann ihm bald das Wohlwollen aller. Einer der Soldaten Namens Abderahman hatte ihn besonders lieb, und nahm ihn an Kindcsstatt an. Nun musste er ihm folgen, wo immer er hinzog, und hatte somit die Gelegenheit, mehrere Schlachten zu sehen (wie bei Atbra, Berber usw.) immer jedoch im Hinterhalt, bis er endlich nach Omderman kam, wo er sich längere Zeit aufhielt. Nach dem Tode des Chalifcn Abdulahi zog sein Regiment nach Assuan; er musste mit, immer noch als Adoptivknabe des Soldaten Abderahman. Jetzt fiengen wieder schlechte Zeiten an für Aly, denn Abderahman wurde kurz nach seiner Ankunft in Assuan von den Blattern befallen und ins Spital gebracht. Aly wich nimmer von seiner Seite und leistete ihm alle möglichen Dienste. Trotz aller Sorgen erlag Abderahman in wenigen Tagen der fürchterlichen Krankheit. Aly war nun wieder aufs Gasscnleben angewiesen, und trieb es so fort ungefähr ein halbes Jahr, bis er endlich des Herumstreifens müde, zur Mission kam, wo er, wie wir gesehen, Aufnahme fand. Aly ist nun ein tüchtiger Bursche, arbeitsam, bescheiden und von seinen schwarzen Mitbrüdcrn sehr geliebt, besonders wegen seines heiteren Charakters, weshalb er sozusagen die Seele unserer kleinen Nc-gerfamilie bildet. Wo Aly ist, dort gibt es kein trauriges Gesicht. — Was aber besonders an ihm zu rühmen ist, ist die Offenheit seines Charakters und seine Liebe und sein Eifer für unsere hl. Religion. Sein Fleiß im Erlernen des Katechismus und der Gebete ist unbeschreiblich. Der Katechismus ist sein liebstes Buch, das hat er am öftesten in der Hand, darin liest er oft, während die anderen sich herumtreiben und spielen. Alle Tage kam er zu mir, um seine Section herzusagen und um Lösung seiner Zweifel und Schwierigkeiten zu bekommen. Wie oft hatte er mich um die hl. Taufe gebeten, wie oft ist er mit derselben Bitte zum Obern gekommen, cs schien, als könne er den Augenblick nicht erwarten, ein Kind der hl. Kirche zu werden. „Am nächsten Festtag," sagte er mir schon vor Weihnachten, „werde ich wahrscheinlich schon Christ sein wie Du." Indessen sind deren schon viele verflossen und Aly muss noch warten. Er muss nämlich auch seine Probezeit bestehen, bevor er zu einem so wichtigen Schritte zugelassen wird. Wir hoffen jedoch, dass die ersehnte Stunde für Aly bald kommen wird und wir seinen Namen in das Taufbuch eintragen können. Vermischte Nachrichten. Aus dem Missionshailse. Am Sonntag, den 28. Juli, ertheilte Se. Fürstbischöflich Gnaden Excellenz Dr. Simon Aichncr in der Kapelle des Missionshauses die Tonsur und die vier niederen Weihen an sechs Profess-Scholastiker unserer Gesellschaft. Die Feier wurde durch eine herzliche Ansprache des hochwürdigsten Fürstbischofes eingeleitet. Die Vertheilung Afrikas in politischer Hinsicht. Ueber die politische Vertheilung Afrikas veröffentlichte die „Times" folgende interessante Studie: Obwohl es den Staatsmännern und Grenzkommissionen noch viel Mühe und Arbeit kosten wird, bis die Machtsphären der einzelnen europäischen und einheimischen Staaten genau abgegrenzt sind, so darf doch die eigentliche Vertheilung Afrikas als abgeschlossen betrachtet werden, besonders da durch die 1898 und 1899 zustande gekommenen Verträge zwischen England und Frankreich, England und Deutschland und Frankreich und Spanien die letzten diesbezüglichen Schwierigkeiten geregelt worden sind. Die Geschichte der Bestrebungen, durch welche die einzelnen Mächte ihr Interessengebiet im dunklen Erdtheile zu erweitern suchten, bildet unstreitig eines der merkwürdigsten Blätter in der Geschichte des 19 Jahrhunderts. 284 Vermischte Nachrichten. Erfreulich ist auch die Thatsache, dass die Besitzergreifung und Lertheilung von Afrika im allgemeinen ohne Krieg unter de» einzelnen Staaten von Statten gieng. Es ist dies nicht nur ein Ruhm für die Staatsmänner, die in dieser Zeit die Geschicke Europas lenkten, sondern auch eine Bürgschaft für den friedlichen Charakter der noch bevorstehenden Vergleichungen. Afrikas Ausdehnung beträgt etwa 30 Millionen Quadratkilometer. Wir geben im folgenden eine gedrängte Uebersicht über die Vertheilung dieses weiten Ländergebietes unter die einzelnen Staaten. Nur die Zahlenangabeu für die bekannteren nord- und südafrikanischen Länder können auf Genauigkeit Anspruch erheben. Die übriger Zahlen geben nur annähernd die Größe des Landes an. 1. Französisches Gebiet. Algerien...................... 477,580 qkm Algerische Sahara............... 319,726 „ Tunesien........................ 132,032 „ Senegambieu..................... 471,176 „ Französisch Guinea.............. 259,176 „ Elfenbeinküste.................. 309,370 „ Dahoma.......................... 152,743 „ Sudan........................... 473,765 „ Französisches Kongogebiet nebst Gabun...................... 1,425,884 „ Baghirmi und Wadail Kamen . 326,199 „ Sahara........................ 5,098,162 „ Französisch Somaliland.... 36,244 „ Madagaskar '.................... 591,559 „ 3. Deutsches Gebiet. Deutsch-Ost-Afrika............ 1,006,719 qkm Deutsch-Südwest-Afrika .... 834,787 „ Kamerun........................ 494,812 „ Togo....................... , 91,093 „ 2,427,411 „ 4. Portugiesisches Gebie t. Guinea........................... 11,375 qkm Angola........................ 1,254,808 „ Portugiesisch-Ost-Afrika .... 779,253 „ 2,045,436 „ 5. Italienisches Gebiet. Erythrea....................... 229,116 qkm Somaliland...................... 258,888 „ 488,004 „ 6. Spanisches Gebiet. Rio de Oro..................... 433,378 qkm Munisluss......................... 4,530 „ 437,908 „ 7. Türkisches Gebiet. Tripolis und Benghazel . . . 1,032,704 qkm 8. Aegyptisches Gebiet. Aegypten...................... 1,035,552 qkm Englisch-ägyptischer Sudan. . . 1,579,217 „ 2,614,769 „ 10,073,616 „ 2. Englisches Gebiet. Kapkolonie................. 717,500 qkm Natal und Zululand .... 76,200 „ Basutoland.................. 26,640 „ Betschuanaland............. 999,520 „ Transvaal (?).............. 308,430 „ Oranjestaat (?).............125,110 „ Rhodesia . 1,553,328 „ Englisch Central-Afrika .... 109,294 „ Englisch Ost-Afrika....... 1,734,550 „ Somaliland................. 176,043 „ Nord-Nigerland............. 802,553 „ Süd-Nigerland............... 55,072 „ Laos und Jokaba............. 53,072 „ Goldküste und Hinterland . . . 192,870 „ Sierra Leone................ 85,690 „ Gambien ............................ 9,090 „ 7,024,951 „ 9. Unabhängige Staaten. Kongostaat......................... 2,329,200 qkm Liberia.............................. 130,000 „ Marokko.............................. 547,500 „ Abessinien....................... . 800,000 „ 3,806,700 „ Eine Zusammenstellung des gesamten Ländersitzes der einzelnen Mächte ergibt folgende Zahlen: Französisches Gebiet 10,073,616 qkm Englisches „ 7,025,551 „ Deutsches „ 2,427,411 „ Portugiesisches „ 2,045,436 „ Italienisches „ 488,004 „ Spanisches „ 437,098 „ Türkisches „ 1,032,704 „ Aegyptisches „ 2,614,769 „ Unabhängiges ,, 3,806,700 „ 29,951,28 9 „ Vermischte Nachrichten. 285 Drei kafferische Fabeln. Der schlaue Hase. Einmal fühlten sich alle Thiere des Waldes wie ausgetrocknet vor Durst, denn cs gab kein Wasser. Da versammelten sich alle, um zusammen einen Brunnen zu graben. Aber der Hase wollte nicht. Kein Thier vermochte Wasser zu finden; nur die Schildkröte konnte den Brunnen erschließen. Sie sprachen: „Jetzt müssen wir unser Wasser bewachen, sonst kommt der Hase und trinkt c8 uns." Der Hase bekam Durst, aber er erinnerte sich, dass er seinen Genossen nicht helfen molite, den Brunnen zu graben und dass jetzt wohl ein Wächter beim Brunnen sein müsse. Was that der Hase? Er suchte Honig, kam damit zum Brunnen und sah den Büffel auf Wache am Brunnen. Und er sagte zu ihm: „Du, Büffel, willst du daS auch einmal versuchen? Das ist gar süß." Der Büffel sagte: „Ja freilich, gib mir nur das Näpfchen her". Der Hase antwortete: „Ja, aber große Leute wie du müssen sich vorher binden lassen, wenn sie meinen Honig probieren wollen, sonst würden sie mir gar nichts übrig lassen". Der Büffel antwortete: „Binde mich und gib mir deinen Honig." Der Hase band ihn au einen Baum, trank dann vom Wasser, füllte seine» Napf mit Wasser und gieng nach Hause. Bald kamen alle Thiere den Brunnen besuchen und fanden den Herrn Büffel an den Baum gebunden. Sie fragten: Wer hat dich angebunden?" — „Der Hase." — „Wieso?" — Er hat mich betrogen". Da sagte der Löwe: „Du, du taugst nichts; jetzt bleibt ein anderer auf Wache". Und sic banden ihn los. Jetzt blieb die Schildkröte auf Wache. Diese bedeckte sich den Rücken mit Pech und gieng in den Brunnen unter Wasser. Der Hase kam abermals, sah, dass Niemand da war, und er sagte bei sich: „Ha, die habe ich draugekriegt, jetzt fürchten sie sich, beim Brunnen zu bleiben." Und er tränk Wasser, wusch sich und schließlich begann er herumzuschwimmen und zu tauchen. Aber da geriet!; er auf den Rücken der Schildkröte und blieb mit allen Füßen im Peche stecken. Die Schildkröte blieb ruhig auf dem Boden ohne ein Wort zu sagen, da kam der Löwe und seine Geführten zum Brunnen, fand den Hasen vor und sagte: „Du hast jetzt einen Nebenbuhler an Schlauheit gefunden" — ergriff ihn, band ihn und nahm ihn mit nach Hause um ihn zu todten. Da rief der Hase; „Ach Hoheit, Verzeihung! Tödtet mich nur auf dem Kehrichthaufen, vergrabt mich hinein mit dem Kopfe unten, haltet mich beim Schwänze fest, sonst könnt ihr mich nicht tobten." Der Löwe willfahrte, und die einen der Gefährten hielten ihn beim Schwänze, die andern schlugen mit Knitteln auf den Kehricht. Der Hase aber scharrte in dem Kehricht derart, dass er den andern die Augen mit Staub füllte, und so entwischte er, ihnen einen Theil des Schwanzes in den Händen lassend. — Als der Hase zu seinen Brüdern in den Wald kam, sagte I er: „Der Löwe befiehlt: Schneidet euren Schwanz ab. Darum stutzet den Schwanz, so wie ich, sonst wird euch der Löwe fressen, wenn er euch sieht." Es geschah, und so glich einer ban anderen. Der Löwe aber sagte zur Hyäne: „Geh' in bcn. Wald, und siehst du einen Hasen mit gestutztem Schwanz, fass ihn und bring ihn her." Die Hyäne gieng, fand aber alle Hasen mit gestutzten Schwänzen, und sie wusste nicht, welchen der Löwe meinte. So rettete sich der Hase, seine Geführten betrügend. Der Löwe und der Hase. Der Löwe wollte einmal den Hasen erwischen, um ihn umzubringen. Er ließ deshalb viel Bier brauen, und lud alle Thiere der Luft und des Waldes zum Feste. Der Hase wollte auch mittrinken, aber er wusste wohl, dass der Löwe ihm Feind war. Er suchte sich deshalb ein Geweih der kleinen Gazelle und befestigte es sich auf dem Kopfe mit Pech. So gieng er mit den anderen Gazellen zum Bier beim Löwen. Und es fragte der Löwe: „Herr Hase ist noch nicht angekommen?" Der als Gazelle verkleidete Hase antwortete: „Königliche Hoheit, der Hase will nicht kommen." Da sagte der Löwe: „Na, dann wollen wir unser Bier allein trinken." Sie begannen zu trinken und es wurden alle betrunken. Der Hase trank anfangs mit Vorsicht, aber das viele Bier machte ihn doch trunken. Er Begann zu springen und zu tanzen mit seinen Gefährten, bis er müde war und sich auf der Veranda bcS Gesindes schlafen legte. Da kam bald die Sonne auf den Platz, wo er schlief, erweichte das Pech, und cs fiel dem Hasen das Geiveih ab. Als der Sohn des Löwen zufällig vorüber gieng, sah er den Hasen schlafen und neben ihm das Geweih liegen. Er hob es auf und zeigte es seinem Vater und sagte: „Seht, der Hase, der hatte sich diese Hörner auf den Kopf geklebt." „Wo ist er?" fragte der Löwe. „Dort schläft er." Da ließ der Löwe ihn binden. Der Hase erivachte vom Rausche, sah sich gefangen und flehte: „Königliche Hoheit, wenn ihr mich tobten wollt, so tobtet mich auf dem Sandhaufen, sonst zwingt ihr mich nicht.", Der Löwe that also vor den Augen aller Gäste aber als er das Beil zum Streiche erhob, ließ er ihm den Schwanz in den Händen, streute ihm Sand in die Augen und entfloh. 2Š6 Vermischte Nachrichten. Der Löwe, der Hirsch a nb der Hase. Einmal geriet!) der Löwe in eine Schlinge. Da kam der Hirsch vorbei mit seinen beiden Söhnen. Da ihn der Löwe sah, rief er: „Freund Hirsch, komm her und binde mich los, zu Hanse will ich dich gut bezahlen." Der Hirsch that also. Da sagte der Löwe: „Du weißt wohl, welchen Hunger man bekommt in der Schlinge, darum gib mir einen deiner Söhne zum verspeisen. Der Hirsch gab ihm schweren Herzens einen. Der Löwe verspeiste ihn, dann hob er wieder an: „Freund Hirsch, schau, schon vorgestern war es, dass ich in die Schlinge gcrieth, ich bin noch nicht satt, gib mir auch diesen deinen andern Sohn". Der furchtsame Hirsch gab ihm auch den zweiten. Als der Löwe auch mit dem zweiten fertig war, sagte er: „Danke bestens, Freund, jetzt bin ich satt, fehlt nur noch ein bischen; d'rum gib mir noch eins von deinen Beinen zum guten Abschlüsse." — Da antwortete der Hirsch: „Wenn ich dir ein Bein gebe, wie soll ich nachher laufen? Da würdest bit mich immer im Laufe einfangen können." Der Hirsch entfloh, und der Löwe jagte hinter ihm drein. Da begegneten sie auf dem Wege dem Hasen, der sie aufhielt mit den Worten: „Holla, Hirsch, warum laufst du so?" — „Seine Majestät jagt mir nach." — Da sagte der Hase: „So bleibt doch beide stehen, um mir den Grund zu sagen". Löwe und Hirsch blieben beide stehen. Dann fragte der Hase den Hirsch: „Erkläre, worüber du Streit hast mit Sr. königl. Hoheit." — Der Hirsch erklärte alles und fügte hinzu: „Und nun sagt er: gib mir dein Bein zu essen, und jagt mir nach." — Da sagte der Hase: „Wir motten zur Schlinge gehen, um die Sache zu untersuchen." — Und sie giengen zusammen hin und stellten die Schlinge wieder auf. Dann sagte der Hase: „Nun, königl. Hoheit, tretet hinein um zu sehen, was ihr gethan habt." — Der Löwe steckte den Kopf hinein und er war wieder in der Schlinge gefangen. Da sagte der Hase zum Hirschen: „Du Hirsch, du warst schon ein rechter Dummkopf, dass du den Löwen aus der Schlinge befreit hast, jetzt geh' getrost, brauchst nicht zu laufen." Und Hirsch und Hase giengen ihrer Wege. Der Löwe aber blieb gefangen. Drahtlcitung vom Kap bis Kairo. Der Bau dieser ungeheueren Drahtlinie, die den äußersten Süden mit dem Norden Afrikas verbinden soll, schreitet rüstig voran. Die Drähte sind bereits bis 60 Meilen nördlich von Kassanga gelegt. Die Leitung geht nach Kituta, dem südlichsten Punkte von Tanganyika, 80 Meilen längs des Sees in nördlicher Richtung. Die Vorarbeiten find beendigt bis Karema, 159 Meilen nördlich von Kituta, und die örtlichen Aufnahmen zwischen Karema und Ujiji haben begonnen. Von Ujiji geht die Linie an der Ostecke des Victoria-Nyanza vorbei bis zum Krenzungspunkte der Eisenbahnlinie Mombassa Uganda, dann dttrch die Gegend westlich vom Rudolfsee und an der abcssinischen Grenze an den Nil. Englisch-Ostafrikanische Bahn. Die Eisenbahn, welche Mombassa und die afrikanische Ostküste mit dem Viktoria - Nyanza und Uganda verbinden soll, schreitet rasch voran. Eine beträchtliche Strecke ist bereits dem Betriebe übergeben, so dass man bereits jetzt eine Strecke, zu der man bisher 2 bis 3 Monate brauchte, in 18 Tagen zurücklegen kann. Afrikanische Menschenfresser. Ubangi ist bekannt als Gebiet der Menschenfresser. Die wilden Pawings sind überzeugt, das ein Stück Menschenfleisch in der Pfanne gebraten oder am Spieß schön braun geröstet, gar nicht zu verachten sei. Sie können nicht begreifen, dass wir Weiße nicht ihren Geschmack und ihre Meinung theilen. „Ihr Weißen, Ihr nicht wissen, was gut sein und schmecken — hier," grinsen sie und reiben sich den kugeligen Bauch. Uebrigens uehmen sie es mit der Beschaffenheit der Ware nicht sehr genau. Fleischbeschau gibt es nicht — und alles, was ihnen unter die Hände kommt, stempeln sie mit ihren knochenfesten Backenzähnen. Selbst vor Leichen graut ihnen nicht. Eines Tages sah ein reisender Missionär, wie einige Pawings den halb verfaulten Leib eines Ertrunkenen an das Ufer fischten. „Was wollt Ihr denn damit?" rief ihnen der Vater zu. Sie fletschten die Zähne und schmunzelten. Vergebens vertheidigte der Missionär den Todten, er konnte ihnen die Beute nicht abjagen; er wollte ihnen den Appetit verderben. „Aber das stinkt ja wie die Pest," ruft er und hält hastig die Hand vor Nase und Mund, während er die Augen mit Ekel abwendet. „Ha, ha, ha," kreischten die Menschenfresser, „Weiße essen Geruch . . . Schwarze nicht essen Geruch . . . Schwarze essen Fleisch!" Die Leiche wurde an das Ufer gezerrt und wanderte vom User in die Pfanne und aus der Pfanne in der Rachen der Menschenfresser. Die Entstehung der Neger. Auf der Insel Martinique erzählt man darüber folgendes Geschicht-lein: „Als Gott den Weißen geschaffen hatte, ist auch dem Teufel die Lust gekommen, aus dem Thon, den Gott übriggelassen hatte, einen Menschen zu bilden. Bei Ausübung seiner schöpferischen Thätigkeit ist ihm jedoch sein Mensch unter der Hand schwarz geworden. Hierüber ergrimmt und zudem darüber erbittert, dass er seiner Menschengestalt nicht den Geist cinblasen konnte, wie es Gott mit dem Weißen gethan hatte, Vermischte Nachrichten. 28? gab er seinem menschlichen Gebilde einen starken Puff auf die Nase und warf ihn mit beut Gesichte auf die Erde. Daher haben die Neger eine Stumpfnase und ein plattes Gesicht." Afrikanische Majestäten int Exil. Die Erlaubnis, die soeben der ehemaligen Königin von Madagaskar Banavalo ertheilt wurde, Paris besuchen zu dürfen, hat die Erinnerung wachgerufen an drei andere Unglückliche Potentaten, deren Namen einst gefeiert war, die aber heute von den Franzosen abge-gesetzt und in Gefangenschaft geschleppt worden sind. Der erste dieser exotischen Fürsten ist der sudanesische Häuptling Dinah Salifu, der mit seinen beiden Söhnen in St. Louis interniert ist, wo er seinen Aufsehern viel Kopfzerbrechen zu Bereiten scheint, da er beständig zu entweichen sucht. Bekannter ist der gefürchtete Samory, der in Senegal festgehalten wird. Er hat sich dem Fusel in die Arme geworfen und kommt ans der Trunkenheit schon kaum mehr heraus. Der Exkönig von Dahomey, Behanzin, ist wohl der bekannteste. Auf La Martinique ist er dem Opium zum Opfer gefallen und von dem schädlichen Gift umnachtet ist das Erlöschen seines Geistes nur noch eine Frage der Zeit. Das sind Schicksale, die einem greifbar die Vergänglichkeit des Irdischen und — anderes vor Augen zu führen geeignet sind. Ob es die letzten Negerhäuptlinge sind, die der „weiße Mann" zu Thieren hat herabsinken machen? Die NilstUtlle ist nach vielfachen Bemühungen anderer Reisender durch den deutschen Forscher Dr. Kandt endlich und endgiltig festgelegt worden. Dr. Kandt, der sich schon mehrere Jahre zur Erforschung von Ruanda und den angrenzenden Gebieten am Kivusee aufhält, berichtet darüber in den „Mittheilungen aus den deutschen Schutzgebieten": Als Quellfluss des Nil ist bekanntlich seit längerer Zeit der Kagera, der sich von Westen her ergießende stärkste Zufluss der Vietoria Nyanza betrachtet worden. Flussaufwärts tritt mehrmals eine Gabelung des Flusses ein, und es war Aufgabe des Forschers, durch Messungen der Breite, Tiefe unb Strömungsgeschwindigkeit den Hauptfluss festzustellen. Zunächst stellte er fest, wie dies schon die Beachtungen der Deutschen von Goetzen, Trotha und Ramsay ergeben hatten, dass von den beiden Flussarmen Kagera und Ruvuvu der erstere der größere war. Bald stand Dr. Kandt bei dem Zusammenfluss des Akaniaru und Niavaronga vor derselben Frage und löste sie zugunsten des Niavorongo Sich immer, an letzterem Fluss haltend, gelangte Dr. Kandt zur Theilung des Flusses in Mhogo und Rukarara. Er nahm letzeren als Quellgewüsser an, weil er, im übrigen dem Mhogo gleichend, denselben durch seinen reißenden Lauf und durch die Wassermenge, die er dem Niavorongo zuführt, weitaus übertrifft. Der Rukarara wurde als aus den Randbergen von Ruanda herstammend festgestellt. Es war bei dem schwierigen Terrain eine keineswegs leichte Aufgabe, den Fluss weiter aufwärts zu verfolgen, und nur durch die Unterstützung eines kundigen Führers war es dem Forscher möglich, sein Ziel zu erreichen. Endlich, Mitte Juli 1898, sah Dr. Kandt dasselbe vor Augen. Als 30 Centimeter breites Rinnsal kommt der Rukarara aus einer pfadlosen, mit Wald und üppigster Vegetation erfüllten Schlucht. Die Quelle entspringt nicht als sprudelnder Quell aus dem Boden, sondern verlässt einen kleinen feuchten Kessel am Ende einer Klamm, Tropfen nach Tropfen, sodass es Dr. Kandt Zeit kostete, einige Flaschen Wassers zur Erinnerung zu sammeln. Ueber Deiltsch-Ostafrtka urtheilt ein Engländer der vor kurzem in Daressalam thätige Vieekonsul Mr. HolliS: „Es unterliegt keinem Zweifel, dass Deutschland in der ernstesten Weise bemüht ist, der Entwickelung seiner einzigen Colonie an der Ostküste Afrikas die Wege zu bahnen. Sein Besitz wird sich aller Wahrscheinlichkeit nach als einer der produe-tivsten und am nutzbringendsten erweisen, und wenn auch zur Zeit noch durch die Verwaltung jenes Landes das Geld des deutschen Steuerzahlers in Anspruch genommen wird, muss mau aber zugeben, dass auch etwas geschaffen worden ist und geschaffen wird, und dass, trotzdem Pest und Hungersnoth vorübergehend auf Handel und Wandel von schädlichem Einfluss gewesen sind — wie dies auch seit 1898 der Fall war — mit jedem Jahr ein Fortschritt in der wirtschaftlichen Entwickelung zu verzeichnen gewesen ist. Die Hauptstadt der deutschen Colonie kennzeichnet am besten die Entwickelung, welche in Deutsch-Ostafrika vor sich gegangen ist. Noch vor 11 Jahren war Daressalam ein kleines Dörfchen mit nur etwa einem halben Dutzend Steinhäusern und etwa Hundert Lehm- und Makutihütten. Jetzt aber gehört jene Stadt zu den bedeutendsten Häfen der afrikanischen Ostküste und iveist eine Bevölkerung von über 300 Europäern und 21,000 Farbigen auf. Im Jahre 1898 bezifferte sich die Gesammt-bevölkerung der Stadt auf 15,000 Seelen. Herrlich gelegen, besitzt Daressalam einen ebenso geräumigen wie geschützten Hafen und die Schönheit seiner Häuser, Straße» und Gärten füllt dem Auge angenehm auf. Auch die Eingebornenviertel der Stadt, so schmutzig sie sonst in orientalischen Städten sind, zeigen hier ein Musterbild von Ordnung und Reinlichkeit." Marienverein für äfnßa. liefer unter betn Protectorate Sr. k. und k. apostolischen Majestät Kaiser Franz Josef I. 1851 gegründete Verein für Katholiken der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder unter der Obhut des österreichischen Episcopates hat die Förderung der katholischen Missionen und der.Sclavenbesreiung in Afrika zum Zwecke. Der Central-Aus-schuss des Vereines befindet sich in Wien. Präsident desselben ist Se. Eminenz Cardinal Fürsterzbi-schos Dr. Anton Gruscha. In jeder Bischossstadt bildet sich eine Diöcesanab-theilung mit einem D iö cesan -Aussch uss I in jeder Pfarre eine Psarr-Abtheilung mit Psarr-Ausschuss. Eine Psarr-Abtheilung kann constitu-iert werden, soball in einer Pfarre mindestens löMitglieder sich befinden. Ebenso können in den einzelnen Pfarren Frauengruppen sich bilden, wenn mindestens 20 Frauen dem Vereine beigetreten sind. Mitglied des Vereines kann jeder in Oesterreich wohnende Katholik werden, der sich verpflichtet, täglich ein Vaterunser und ein Ave mit dem Zusatze j. „Bitte, o Himmelskönigin Maria, für die unglücklichen Neger!" ft. „Auf dass sie mit uns würdig werden der Verheißungen Christi!" zu beten, und einen monatlichen Beitrag von mindestens 10 Hellern leistet. Theilnehmer werden solche, die sich zum Gebete nicht verpflichten, aber mindestens 2 Kronen im Jahre spenden. Bei Neugründungen von Pfarr-gruppen übernimmt die Einleitung aller jener Schritte, welche zur behördlichen Genehmigung solcher Pfarrgruppen, resp. des Statutes, nothwendig sind, der Vicepräses des Wiener Diöcesan-Ausschusses, der Hochw. Monsiguor Anton Schöpsleuthner, Domcapitular bei St. Stephan in Wien I., Stephansplatz 6. Wohlthäter sind solche, welche nach Belieben eine einmalige oder öftere größere Gabe dem Vereine zuwenden. Ablässe für Mitglieder, verliehen von Sr. H. Papst Pius IX., durch Breve vom 5. December 1852: Ein vollkommener Ablass, nach vorausgegangener würdiger Beicht und Communion, und unter den gewöhnlichen Bedingungen: 1. Am Feste der Auffindung des 1)1-Kreuzes. 2. Am Feste Mariä Geburt, dem Hauptfeste des Vereines. 3. Einmal in jedem Monate, wenn man an jedem Tage des Monats die vorgeschriebenen Gebete verrichtet. Ein Ablass von 100 Tagen, so oft man ein Vereinswerk (das tägliche Gebet oder das Almosen) verrichtet. Für die Schriftleitüng: P. Xaver Geyer F. 8. C. — Druck von A. Weger's sb. Hofbuchdruckerei, Stegen,