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tern Ser 'lieber.
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• « Yerausgegeven von ser @e$ei5$cMf <to „Sobne des bisi Yenrens Zesu". « * Erscheint monatlich. — Preis jährlich mit Postverseiikirmg 3 K = 3 Mk. — 4 Frcs.
Mr. L
Iärrner
1904.
Til. Zaßrg.
Inhalt:
Seite
An «ufere Jiefct!.....................
Änsere Wetiten-Lottcrrc . . . . .
Acujahrsgfüß..........................
(Stroäö über Geschichte unb Sitten bei
SchiLuli-Köntge ....................
Aus der Miffisnsstation Lnl . . .
AAS Kesiray .	....................
Limas uoiit affen Ägypten und von den
alten Ägyptern......................
Das Faveriannm in Wüktand . . . Aus dem Wissionskeöen: Wunder der Gnade Bei der Rettung der Seelen. — Rührendes Beispiel christlichen Glaubens. — Ein alter afrikanischer Patriarch. — Merkwürdige
Seite
Begebenheit mit einem Zauberer. — Afrikanische Anekdoten...................... 19
Verschiedenes: Ein großes Familienfest. — Abreise des hochwst. Monsignore X. Geher nach Afrika. — P. Heinrich Abel S. J. —
Eine große Bitte. ......................29
und Empfehlungen.	.	32
Abbildungen:
Das Missionshaus in Mühland. — Bischof und Insassen des Missionshauses. — Die Missions-stntion SuL — Die Sphinx. — Insel Phyla. — Die acht zuletzt abgereisten Missionäre. — P. Abel.

UMomsBus 111 ü I) IÄ n d hei Uräeti (Eirol).
^Sriefättffm der Wedaktion.
Jill mehrere. Herzlichen Dank für Glückwünsche pro 1904 und bitten als „Stern"-Leser uns treu zu bleiben.
Hath tUaiZCliriCCL Herzlichen Dank für den zugesandten Artikel.
Rach München. Sch. Nur net brumma, wird schon summa.
Jr. 3. E. in S. U. looo Dank für Skizze. Brief folgt später.
P. Z. in 6. In nächster Nummer folgt Ihr Artikel. Grüße von allen N.
Jill P. E. in Ch. Berichten Sie einmal etwas von Ihrer Station.
Jill P. U. Kommt vielleicht Artikel Citadella in Kairo aus Ihrer Feder?
WM" Zur BeachtMg. -WW
1.	Hlnsere geehrten ^efer und Wohltäter werden höflichst gebeten, ihre Adressen: Harne tsttd Wohnort, recht deutlich zu schreiben und bei Geldsendungen stets genau anzugeben, wozu es dienen soll.
2.	Wer unser Wissionswerll in vorzüglicher Weise unterstützen will, der suche 12 Abnehmer des „Stern der Weger" zu gewinnen; er erhält sodann das 13. Exemplar umsonst, für jedes weitere Dutzend wird ebenfalls ein Irei-mmpfrtr gegeben.
3.	Diejenigen unserer verehrten Leser, welche gedenken, unsere Zeitschrift nicht mehr zu abonnieren, bitten wir, dieselbe durch die Wost zurückzusenden.
Jur Westetl'uug
auf den beginnenden 7. Jahrgang legen wir unseren verehrten Lesern in Österreich Ungarn zu ihrer Bequemlichkeit einen Grnpfang- bezw. Grtagschein bei, durch dessen Benützung alle weiteren portofoften für die Geldsendung wegfallen. H)ir ersuchen um recht allgemeine Benützung dieser wirklich sehr praktischen und bequemen (Einrichtung. Line Anweisung für die Ausfüllung des Lheks ist auf der Rückseite desselben gegeben.
Die 24eba£tion des „Stern der Neger".
Gebrauchte Briefmarken,
besonders solche von 20, 30, 35, 40, 50 und 60 Heller, werden mit herzlichem Yergelt’s G-ott von der Verwaltung des Missionshauses in Miihland bei Brixen zur Verwertung entgegengenommen.
Denn frommen Gebete werden empfohlen:
+ Herr Josef Klotz. Der verstorbene Vater unseres hochw. Mitbruders Stephan Vockenhuber. f Emilie Rößler. — Besonders wichtige Anliegen unseres Missionshauses.
Katholische Itlissions-Zeitschrift.
H!r. 1.	Zänner 1904.	VH. Zahrg.
An unsere teser!
^iemit danken wir den geehrten Abnehmern unserer Zeitschrift und den treuen freunden und Wohltätern unserer ZHiffton für ihr Wohlwollen, das sie besonders im versiosienen Zahrs gelegentlich unserer Lsfskten-Lotterie bewiesen und bitten unserer Zeitschrift treu bleiben zu wollen, indem sie ihr Abonnement baldigst erneuern.
wir werden uns bemühen, die Zeitschrift auch im neuen Jahrgange zu vervollkommnen, besonders durch schöne Bilder, wie auch durch interessante Berichte, die wir nächstens von den Missionären — als besonders von unserm neuen hochwürdigsten Apost. Vikar — den freundlichen Lesern werden bieten können.
wir bitten auch alle, die es vermögen, unsere heilige Sache dadurch unterstützen zu wollen, daß man uns viele neue Abnehmer zuführe.
Der jährliche Betrag beträgt mit j)ostversendung 5 Kronen — 5 Mark. Allen unsern Wohltätern und Abonnenten wünschen wir
Lin gesegnetes neues Jahr!
Zu unserer Effekten Lotterie.
Die Ziehung hat am 15. Dezember im Beisein eines politischen Beamten und eines Vertreters der Finanzbehörde im Missionshause stattgefunden, d. h. hat ihren Anfang genommen und wurde am 18. Dezember beendigt, und daher konnte mit dem Verschicken der Ziehungsliste erst am 28. Dezember begonnen werden.
Die Liste hat der 25.000 Gewinste halber einen etwas größeren Umfang genommen, es erscheint also der Preis von 20 li per Stück als sehr mäßig.
Nun ersuchen wir unsere P. T. Losabnehmer inständigst, uns ehestens anzeigen zn wollen, welcher Gegenstand auf ihren Treffer entfällt; Treffer sind alls und nur jene Lose, deren Endziffer 7 ist •—- sollten in der Ziehungsliste Zahlen ohne diese Endziffer Vorkommen, so sind dies Druckfehler und gelten nach erfolgter Verbesserung.
Was das Verabfolgen der Gewinste anbelangt, so bestiinmen wir, daß sie vom 1. Februar 1904 an und nicht früher im Missionshause abgeholt werden können; für alle, denen dies unmöglich ist, sei bemerkt, daß die Lose nicht ohne weiteres, sondern womöglich mit genauer Angabe der Seite, Spalte und des Gegenstandes der Ziehungsliste rekommandiert eingesendet werden mögen.
Allen jenen, welche ihre Gewinste dem Missionshause überlassen haben, sei an dieser Stelle herzlich gedankt.
Neujahrsgruß.
In guten Familien ist es Brauch, daß man sich beim Jahreswechsel gegenseitig „Glückseliges neues Jahr" wünscht. Das ist auch ganz am Platze, denn ein Jahr ist laug und kann so manches Verschiedene bringen. Ihr teuern „Stern"-Leser und Wohltäter macht mit uns Missionären und unsern schwarzen Brüdern drüben im heißen Afrika eine große Familie aus. Die Freuden der Missionäre sind darum auch eure Freuden und deren Leiden die eitrigen. Darum kann es auch der Sternschreiber nicht unterlassen, euch, liebe Leser und Wohltäter, in welchen Gauen ihr auch immer wohnen möget, von ganzem Herzen „Glückseliges neues Jahr" zuzurufen.
Was wird nun wohl das neue Jahr für unsere Mission bringen? Wir haben alle begründete Hoffnung, daß eine schöne Zukunft sich vor unsern Augen auftut. Das Jahr 1902 beschlossen wir mit bangem Herzen, die Mission wurde durch den Verlust ihres Bischofs sehr geprüft. Mehr als ein Jahr verging in Trauer, als sich der Horizont von neuem aufheiterte. Und heute, wo wir bereits an der Spitze des neuen Jahres stehen, ist unser Herz mit Jubel und süßen Hoffnungen erfüllt. '
Zentral-Afrika hat den neuen Hirten erhalten, einen Bischof voll Eifer, Tatkraft und Leben; auch die Zahl der Arbeiter im Weinberge des Herrn ist bedeutend gestiegen und das begonnene Missionswerk macht große Fortschritte. Der Segen Gottes, der durch das großmütige Opfer sovieler Glaubenshelden, die auf dem heißen Sande Zentral-Afrikas gefallen sind, herabgerufen wurde, macht sich immer mehr fühlbar.
Der Apostolische Vikar Monsgr. Taver Geyer ist bereits in seinem Arbeitsfelde. Von Chartum aus ist er entschlossen, noch im Laufe dieses Winters zu den zahlreichen kriegerischen Volkstämmen, welche das Flußbecken des Bahr-el-Gazal bewohnen, vorzudringen, da bis dorthin die Stimme der Missionäre noch nicht gelaugt ist. Es ist ein neues und sehr ausgedehntes Arbeitsfeld! . . . Das Unternehmen ist groß und sehr gewagt und wir empfehlen dasselbe auf besondere Weise den Gebeten aller unserer teueren Wohltäter. Sobald als möglich werden wir hierüber nähere Nachrichten bringen können: indessen begleiten wir tut Geiste die mutige Expedition, von der das Glück und die Rettung vieler Seelen abhängt!
Möge das neue Jahr auch für viele unserer schwarzen Brüder ein gnadenreiches neues Jahr werden!
Etwas über HefrhLchte und Kitten öer Kchilluk-Wnige.
Vom hochw. P. Wilhelm Banholzer F. S. C.
Me Sie Schilluk an den weissen INI kamen i ihr erster König, erbkönigtum.
Schilluk oder Odschollo — rote sie sich in der Landessprache nennen — wohnen zwischen Kaka und dem See No, auf dem linken Nilufer. Ihre Dörfer folgen sich, eines in geringem Abstande vom andern, rote die Wagen eines Eisenbahnzuges, ununterbrochen den ganzen Lauf des Flusses entlang.
Die Schilluk bewohnten einst ein anderes Land und bildeten ein großes Reich am Bahr el Gazal. Aber ein Bruderstreit entstand und verursachte die
Auswanderung eines Teiles derselben nach dem weißen Nil.
Njkang, Dimo und Buorro, alle drei Söhne Urukua's, kamen in Streit miteinander in der Gegend des Flußes Dschur, der damit endete, daß Dimo seinent Bruder Njkang stuchte und ihm eine Dakagi-Stange mit löffelartigcm Ende, zur Lockerung des Bodens, nachwarf. Das Land seiner Ahnen verwünschend, trennte sich Njkang von seinem Bruder und zog von dannen. Dimo warf ihm noch ernste Flüche nach: „Im fremden Lande sollst Du vor Hunger sterben; die Erde soll Dir keine Früchte
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bringen; Dich und Deine Kinder sollen die Geier fressen", lauter Sachen, die dem wandernden Neger hierzulande leicht passieren können.
Mit Njkang zog natürlich sein ganzer Anhang, Verwandte und nicht Verwandte: ihr Weg war gegen Norden gerichtet. Dort mußten sie wohl etwas von einem gelobten Lande, das von Milch und Bier überfließe, gehört haben.
Man kann sich denken, daß sich ihnen unterwegs allerhand unzufriedenes Gesindel anschloß. Die arbeitsscheuen Neger lassen sich ja leicht für neue Reiche und volle Töpfe begeistern. Daß das der Fall war, erhellt daraus, daß der eine Schillukstamm am Nil aus ungefähr 20 verschiedenen Rassen besteht, die ihre eigenen Ahnen verehren und sich mit dem Stamm derselben titulieren lassen.
Das „gelobte" Land war schließlich, ob aus eigener Wahl oder aus Not, am linken Ufer des Nil gefunden. Es scheint nicht bewohnt gewesen zu sein, denn die Ansiedlung ging ohne Krieg und Streit vor sich.
Herr und Haupt der bunten Kolonie war Njkang, der Rädelsführer der ganzen Bewegung. Er steht in der Schillukchronik als der erste König da. Sein Name klingt im ganzen Lande. Auf ihn schwört man; zu seiner Ehre tanzen die Schilluk; er gilt als RegenbringerI er gilt als Schutz gegen das Eindringen der Fremden. Sitten und Gebräuche, die er mitgebracht und eingeführt hat, wurzeln sehr tief, und ein Abweichen von denselben wird als Verrat am Stammvater und der Nation betrachtet; sauber gehaltene Tempelchen zeigen durchs ganze Land hin von der Verehrung, welche er genießt.
Njkang hat es wohl verstanden, zu der Würde des Königs noch die eines Hohenpriesters und Halbgottes sich anzueignen. Auf diese Weise war sein Thron sicherer und sein Ansehen heiliger. Ihm haben es dann die folgenden Könige nachgemacht; in der Tat schauen die Schilluk noch heute zu ihrem König, als zu etwas Heiligem von Gott gesandtem empor. An den Verbrechen und Fehlern ihrer Könige nehmen die guten Schilluk kein Ärgernis.
Nach dem Tode Njkangs, oder, .wie die Schilluk sagen, nach seinem Verschwinden, wurde sein Sohn Dag zum Könige gewählt. Das war ganz nach dem einheimischen Erbrechte, demzufolge nach dem Tode eines Familienvaters, seine Frauen, Kinder, Vieh und sonstige Habe auf den ältesten Sohn übergehen. Die Würde eines Königs besteht ja praktisch im Besitze von möglichst vielen Frauen und Kindern, ohne die es hierzulande kein Ansehen gibt.
erb- und Uiablkönigtum. Ulabl der Könige.
Nach dem Tode des Königs Dag darf man im Schilluklande von einem Erb- und Wahlkönigtum zu gleicher Zeit sprechen. Erblich blieb die Königswürde insofern, als nur Abkömmlinge des Hauses Njkang und wirkliche Königssöhne ein Ähnrecht auf den Thron hatten. Für die Wahl des Königs kommen in erster Linie nicht die Sühnendes regierenden Königs, sondern die Söhne seiner Vorgänger in Betracht. So wurde zum Nachfolger Kur, den die Engländer absetzten, nicht einer seiner Söhne, wohl aber ein Prinz des Hauses Guikuhn, des vorletzten, vor Kur regierenden Hauses, gewählt.
Die Wühler des Königs sind alle Distriktsscheiche, etwa 60 an der Zahl; die Wahl kann nur im Dorfe Dekalo, in der Nähe von Faschoda, vorgenommen werden, sonst ist der Gewählte bloß ein großer Scheich, aber kein Prinz.
Der neue König Fadiet wurde zum Beispiel in Faschoda gewählt, wohin die Scheichs vom englischen Kommandanten des Platzes zur Wahl betroffen waren. Dafür wird er bis heute von seinen Untertanen noch nicht als gesetzmäßig anerkannt, weil die Wahl, wie sie. sagen, einen Formfehler hat. Die öffentliche Meinung hat sich aber jetzt dahin geeinigt, Fadiet als rechtmäßig anzuerkennen, wenn er sich wenigstens in Dekalo krönen lasse. Das wird nun in Bälde nach der Ernte geschehen.
Früher ging die Wahl eines Königs nicht ohne Blutvergießen ab. Es bildeten sich nun die verschiedenen Thronbewerber-Parteien, die bei der Wahl aufeinander losfuhren, wobei die stärkste Partei gewöhnlich siegte. Die geschlagenen Bewerber machten sich dann gewöhnlich schleunigst aus dem Staube und ließen sich womöglich zeitlebens vor dem Könige nicht mehr sehen. Für die siegreiche Partei gab es schöne Tage: Ochsenfleisch und Bier waren ihre lang-andauernde Belohnung. In Streitigkeiten mit Leuten der entgegengesetzten Partei dursten sie des Sieges gewiß sein.
Jetzt unter der neuen englischen Regierung' wird das Blutvergießen bei solchen Anlässen aufhören, und der einfache Schilluk kann, wenn mit dem Urteilsspruche seines Königs nicht zufrieden, sich an den englischen Kommandanten wenden.
Labi und Eebensdauer der Könige.
Ihre unbeschränkte fierrsebaft,
In der Chronik der Schillukkönige ist der jetzt regierende König Fadiet der 2B. Nachfolger Njkang's. Schenkt man nun der Aussage Glauben, daß die meisten Könige durch die Schilluk umgebracht worden
Nr. 1	Stern der Neger	Seite 5
feien, und schließt man von der Lebensdauer der letzten 8 Könige auf die Lebensdauer der Übrigen, so dürste die Auswanderung der Schilluk aus dem Bahr el Gazal etwa vor 300—350 Jahren statt-gefnnden haben.	Diese Zahlen sind eher zu hoch,
als zu niedrig.	Hat doch Kur, der als einer von
denen gilt, die lange regiert haben, nur 15 Jahre geherrscht.
Man mag sich fragen, wie das möglich sei, das; die Schillnk ihre Könige umbringen, da doch ihre Person als so heilig gilt, daß allen nach ihrem Tode Tempelcheu errichtet werden, in denen bisweilen Milch oder Bier ausgeschüttet wird. Das erklärt sich daraus, daß diese Schillukkönige größtenteils Schnrken waren, die ihre Untertanen mißhandelten und ihnen Kinder und Vieh nach Willkür wegschleppten, sowie daraus, daß der Neger, wenn es sich um Weib und Kind und Vieh handelt, allen Respekt abwirst und auf Rache bedacht ist.
Die Herrschaft der Könige war früher unumschränkt, an kein Gesetz als an ihre Laune und Willkür gebunden. Die Abkömmlinge der Könige, die Gwanjaret, waren durch das edle Blut, das in ihren Adern rollte, etwas geschützt gegen die bösen Launen Ihrer Majestät. Aber die einfachen Schilluk, daß heißt die Nachkommen aller jener Leute, die Bei der Auswanderung Njkang sich anschlossen, waren ganz schutzlos. Kur nannte sie nur das Gras seines Landes, das sich das Schneiden und Ausreißen und Verbrennen gefallen lassen muß und ohne jeden Wert ist. Wer konnte dem Könige etwas anhaben, wenn er einem armen Tropfe mit seinem Stocke den Kopf zerschlug? Er ist ja mit Hilfe der stärksten Partei König geworden und weiß wohl, daß seine Odschollo es nie zu einer geeinten Auflehnung bringen werden. Ein Distrikt scheint ja nur darauf auszugehen, den andern zu verderben.
God und Begräbnis der Könige.
Ist ein König „verschwunden", d. h. gestorben, so wird sein Leichnam in Tuch und Felle gewickelt und in ein Haus gebracht, das sich der König schon bei Lebzeiten reserviert hat. Der Leichnam wird auf ein Gestell gebracht, unter dem fortwährend ein Feuer unterhalten wird. Das Feuer müssen ein paar Mädchen unterhalten, die durch eine starke Bewachung von außen am Entfliehen verhindert werden. Ist der neue König gewählt, so soll sein erstes Amt die Begrabung seines Vorgängers sein. Mit dem Leichnam sollen auch seine Lieblingsfrauen lebendig begraben werden. Diese barbarischen Sitten haben natürlich unter der neuen Regierung aufgehört.
König Kur.
Soweit int allgemeinen über die Schillukkönige. Im besondern will ich nur einige Züge und Taten des Königs Kur schildern, mit dem ich verschiedene Male zusammengekommen bin und den ich ans Zufall in seine Verbannung begleitete.
Kur war jedenfalls nicht besser und nicht schlechter als seine Vorgänger. Man kann sich daher aus seiner Regierungsweise einen Begriff machen, wie es unter seinen Vorgängern zugegangen ist.
Kur ist der Sohn des Königs Nyadok, dessen „Schatten" sich schon längst zu dem seines Allvaters Njkang gestellt hat.
Kur's Vorleben ist nicht gerade glorreich: Nach Schilluksitte, fern von seinem Vater geboren und auferzogen, wuchs Kur frei wie ein Löwe heran. Es darf ja kein Mensch im Lande so einem Prinzen kommandieren, selbst die Königstochter, der er zur Pflege anheimgegeben worden ist, hat ihm nichts zu sagen.
Sobald der Arm eines jungen Schilluk stark geworden, schaut der Vater nicht mehr nach dem Sohne, und der Sohn nicht mehr nach dem Vater. Die Schillukprinzen sind sehr früh reif; sie bringen ja königliche Abstammung mit auf die Welt und werden respektiert, auch wenn ihr Arm noch nicht zur Selbstverteidigung stark genug ist.
Feldarbeit würde einen Königssohn entehren; dazu hat er seinen Leibdiener. Jagen, Fischen, Streiche spielen und im Lande herumziehen sind seine Beschäftigung.
Zum Ünglück fiel Kur's Jugendzeit in die Epoche der Sklavenjagden. Er lernte den Schnaps der Araber kennen und mit ihm alle Gemeinheiten, die seinen Genuß verlangten. Kur selbst gestand mir ein, daß man zu jenen Zeiten für ein paar Flaschen ein Mädchen verkauft hat.
Der Schnaps machte ihn zum Verräter an seinen Landsleuten; er kam immer mehr in Berührung mit den Arabern und Türken und nach ihrer Vertreibung mit den Derwischen. Diese hatten ihn und seine Neigungen bald erkannt, und auch er wußte, was für Vorteile in einer Verbindung mit ihnen für ihn waren. Er verriet ihnen den König Johr, der sein Land ehrlich und redlich gegen die neuen Eindringlinge zu verteidigen sich anschickte. Johr fiel auf dem Schlachtfelde und mit ihm viele seiner Anhänger. Als Lohn für seine Hilfe gegen die Schilluk erhielt nun Kur die Königswürde von den Derwischen. Die Schilluk erkannten ihn anfangs nicht an. Aber die Jahre und geschickt verteilte Geschenke brachten es schließlich doch dahin, daß er als rechtmäßiger König anerkannt wurde.
Kur stieg in Gnaden bei dem Kalif, der ihn nach Omderman einlud. Mit vielen Geschenken als Mädchen, Elefantenzähnen, Fellen und Ochsen erschien Kur vor seinem Herrn. Der Kalif war natürlich sehr begeistert über so einen König und versprach ihm seine Unterstützung in allen Unternehmungen, d. h. in seinen Raubzügen gegen die Schilluk.
Inzwischen hatten sich die Schilluk in Tungo verbunden und einen gewissen Akol zum König ausgerufen: Sie kamen bis in die Nähe Faschoda's. Kur wurde zurückgeschickt und griff mit seinem Anhange und mit Hilfe der Derwische das Heer seines Gegners an: ein furchtbares Fechten entstand. Das Wasser des Nil soll an jenem Tage vom Bruderblute gerötet gewesen sein. Akol wurde geschlagen und floh mit dem Überbleibsel der Seinen nach Süden und auf die Ostseite des Nil. Kur verfolgte ihn und schlug ihn ein zweites Mal. Akol starb auf dem Schlachtfelde und mit ihm die meisten Treugebliebenen.
Kur saß nun sicherer als je auf dem Throne; sein Anhang war stark. Alles bebte aus Furcht vor ihm und huldigte ihm, wenngleich im Innern alle den gemeinen Handlanger der Araber haßten.
Sein Ruf verbesserte sich etwas als Marchand aus dem Platze erschien und mit den Schilluk gemeinsame Sache gegen die Derwische machen wollte. Kur bekam wiederum viele Geschenke, besonders Gewehre, Revolver und Säbel; er neigte bereits zu den „Faransa" (Franzosen) und ließ ihnen Unterstützung in Lebensmitteln und Arbeitern angedeihen, als Kitchener mit seiner Nilflotte vor Faschoda erschien und Marchand und Kur zu gleicher Zeit zur Unterwerfung aufforderte.
Es wurde ein Bataillon schwarzer Soldaten nach Faschoda einquartiert, das den Schilluk ganz gehörigen Respekt einflößte. Der geschmeidige Kur war nun mit einem Schlage der Freund der Engländer, er sandte fette Ochsen für die Soldaten und kam bald in den Ruf eines der neuen Regierung sehr ergebenen Königs. In der Tat zeigte er sich sehr dicnstgefällig, innerlich war er jedoch der einen wie der andern Sorte von Eindringlingen Feind. Vor den Schilluk gab er sich als Freund der Engländer aus, damit sie ihn fürchteten und er ihnen Mensch und Vieh wegnehmen könnte, unter dem Vorwände, sie den Engländern zu geben.
Das ging so eine Zeitlang weiter, bis letztes Jahrein neuer Kommandant erschien, der die Verwaltung des Landes ernst in die Hand nahm und an die Verteilung der Steuern, und zwar ganz gerechter Steuern, ging. Er verschaffte sich auch einen Einblick in das Tun und Rauben Kur's und verlangte von ihm, daß er seine Leute gerecht behandeln und
der Regierung gehorchen solle. Das ging dem stolzen Könige) sehr nahe: er zeigte sich äußerlich wiederum gefügig, aber hinter dem Rücken des Kommandanten handelte er gegen die erhaltenen Befehle, was dann seine Verbannung zur Folge hatte. Die Schilluk sagen: „Wem Böses widerfährt, der hat Böses getan". Kur hat nun Zeit, sich dieses Sprichwort zu überlegen.
Äussere Grstlmniing Kurs. Regierung'und Politik,
Kur war ein Mann von mittlerer Größe und starkem Bau. Sein Gesicht ging weit über das Alltagsgesicht seiner Schilluk: es ^verriet Intelligenz, die Augen waren scharf und keck, die Nase breitgeschlagen, der Mund fein geschnitten, der Kopf war immer kahl geschoren. Seine Hand galt als sicher im Lanzenwerfen.ft'Sein feines Gehör und Gesichtssinn im Verein mit seinem nie ruhenden Argwohne und Mißtrauen gaben seinem Äußern etwas Lauerndes und Unruhiges, das^, nur unter seinen intimen Freunden wich.
Eine reiche Summe von guten und schlechten Eigenschaften offenbarte sich in seinem Verkehre mit Eingeborenen und Fremden, man konnte weder auf die guten noch auf die schlechten rechnen, sie waren alle ein Spiel seiner Willkür und seiner Launen.
Kur wußte seine Schilluk zu fassen; „die Schilluk haben harte Köpfe", sagte er immer, „sie ärgern mich viel, und wenn" der Abend kommt, habe ich einen Kopf so voll von Geschichten, daß mir übel wird". Er behandelte) sie daher mit derber Faust und entschied vorgelegte Fragen wie mit einem Säbelhieb. Nach seinem Urteil gab es keine Appellation. — Der König hörte Streitfragen entweder innerhalb seines Hauses, das mit einem Schilfgehege umgeben war, wobei dann die Sprecher außerhalb desselben in einer halb knieenden, halb sitzenden Stellung waren, oder er hörte sie draußen auf einem freien Platz. Der Sprecher hatte dann in einem Abstande von etwa 10 Metern seine Sache^vorzubringen. — Der Ankläger mußte mit dem Angeklagten erscheinen. Kur liebte kurze, klare Anklagen. Er war imstande, einen weitläufigen Schwätzer einfach fortzujagen. Neben der Anklage von andern ist bei den Schilluk auch die Selbstanklage des Täters Sitte. Mit dieser kommt man. am besten weg.Z) Bei dem Stolz :unb der Hartköpfigkeit dieser Schwarzen ist in der Tat diese Art „Beichte" als eine sehr große Demütigung und als ein Zeichen der Reue anzuschlagen.
Da kommt z. B. ein Bürschchen im Alter von etwa 18 Jahren und klagt sich an, einem Nachbarn ein Schaf gestohlen zu haben. Der König läßt den Sünder zuerst aussprcchen, dann fragt er ihn über
das Warum dieses Diebstahles, da gibt's kein Nachdenken und Zögern. Die Antwort muß sofort bereit sein. Das Bürschchen antwortet vielleicht kleinlaut: „ich habe es genommen, weil ich damit etwas kaufen wollte"; und der König antwortet ihm: „Knirps, weißt Du nicht, daß man nicht stehlen darf! Gehst gib Deinem Nachbarn zwei Schafe. Wenn Du sie ihm gegeben hast, komm' zu mir und benachrichtige mich. Mach' Dich fort und stehle nicht wieder." — Das ist ein ebenso gerechtes als mildes Gericht.
Voll Furcht naht sich ein stolzer Jüngling mit prachtvollem, in der Form eines Heiligenscheines gearbeiteten Haarputz. Seinen Anklägern zuvorkommend, klagt er sich selbst eines schweren Vergehens an. Er bringt ein Schäflein als Zeichen der Neue mit. Der König fragt ihn, ob er sein Vergehen gutzumachen imstande sei durch Bezahlung so und so vieler Ochsen an den durch die Sünde Geschädigten. Er antwortet: „Nein, ich bin arm, habe nur ein paar Schafe und meinen Arm, sonst nichts". Darauf fährt der König von der Erde auf und geht auf den armen. Sündenbock zu; — wehe diesem, wenn er nur einen Schritt ausweichen möchte! Der König faßt den schönen Haarputz an beiden Enden, zerfetzt ihn und reißt Stuck für Stück vom Kopfe los, daß das Blut in Strömen herabfließt; —der Arme darf sich dabei nicht rühren. Dann kommen die Ohrringe an die Reihe: sie werden einfach herausgerissen; die Perlen, welche die Brust des Jünglings schmückten, gleichfalls. Eben war der König daran, den Elfenbein-Armring gewaltsam zu zerschlagen, als einer seiner Minister erschien, seinen Arm faßte und um Einhalt bat.
Wären die Türken, d. h. die Engländer noch nicht im Lande gewesen, so würde die wütende Majestät wohl dem armen Tropfe den Schädel zerschmettert haben.
Was uns Europäer bei solchen Szenen überwältigen muß, ist, daß der so übel Behandelte nach jedem Worte oder Satze des Königs, noch demselben recht geben muß mit den Worten, wie: ja Herr, Du bist an Gottes Statt, Dein Urteil ist gerecht, Du bist der König, Du hast allein Macht, und andere ähnliche. So etwas über sich bringen, heißt sich demütigen.
Interessant ist es, zwei bejahrte Schilluk ihre Streitfrage vorbringen zu hören. Beide dürfen sich aussprechcn, aber keiner darf dem andern in die Rede fallen. Sie können nach dem Urteil ihres Richters noch Einwendungen machen.
Zwischen Tipo itttb Agiau ist es seit Guikuhn's Herrschaft noch nicht zum Frieden gekommen. Tipo hatte zur Zeit der Derwische eine Tochter Agiau's
geheiratet. Sie kostete 5 Kühe. Mit ihrer Bezahlung war der Vater einverstanden, eine Zeitlang zu warten. Inzwischen wurde das Mädchen von den Derwischen geraubt und war nicht wieder loszukaufen. Sofort brachte Agiau die Sache vor den König Guikuhn, der zu seinen Gunsten entschied und den Tipo zur Bezahlung der 5 vereinbarten Kühe verurteilte. Tipo versprach, die Kühe aufzutreiben. Als Guikuhn starb, war das Vieh noch nicht bezahlt und Agiau wandte sich nun an den Nachfolger, den König Johr; auch dieser verurteilte den Tipo zur Bezahlung, die versprochen wurde. Inzwischen war Johr gefallen und Kur kam an seine Stelle und der arme Agiau hatte immer noch nichts bekommen. Ich war eben bei Kur, als nun auch vor ihn zum so und sovieltenmale die Sache kam. Er nahm den Agiau in Schutz und schimpfte energisch über die Hartnäckigkeit des Tipo, der nun schon von 3 Königen verurteilt worden sei. Er schickte ihn weg und befahl ihm, so bald als möglich die Schuld zu bezahlen. Bis heute hat er aber noch nichts bezahlt, obgleich der neue König Fadict bereits wieder das Urteil seiner Vorgänger bestätigt hatte.
Das Rätsel dieser Geschichte werden die Leser gelöst sehen, wenn sie wissen, daß Tipo ein Freund und Agiau ein Feind Kur's war. Tipo wußte, daß er nichts zu fürchten habe; Agiau bekam von Kur den Rat nachzuforschen, wo Tipo sein Vieh untergebracht habe, er solle es ihm dann einfach wegführen. Agiau verstand jedoch das Gefährliche dieses Rates und wandte sich nun neuerdings an den englischen Kommandanten, der ihm sicherlich zum Rechte verhelfen wird.
Noch ein Rechtsurtcil aus alten Tagen. Zwei Schilluk saßen am Nil, als ein Fischadler — Ki genannt — mit einem Fische im Schnabel sich keck in ihre Nähe setzte. Er ließ den Fisch auf die Erde fallen und wollte eben seinen Schmaus beginnen, da erhob sich einer der Schilluk und warf seine Lanze nach dem Adler, worauf dieser aufstog, aber gleich in geringer Entfernung sich wieder unverfroren setzte. Nicht zufrieden, dem Vogel den Fisch abgejagt zu haben, wollte der Schilluk von neuem aushcben, um die Frechheit des Ki zu bestrafen. Aber sein Kamerad fiel ihm in die Arme und sagte ihm: „Der Vogel hat Dir doch seinen Fisch überlassen, was unterstehst Du Dich nun, ihn dafür zu töten?" Es entstand ein Streit, der damit endete, daß der erstere erst recht auf seinem Rechte bestand, den Vogel töten zu können. Und wirklich, er tötete ihn. Der Kamerad brachte nun die Sache vor den König, der über den Fall mit seinen Ministern zu Rate ging. Die Tat wurde als unerhört befunden; da man niemanden,
selbst nicht ein Tier, sür eine Wohltat strašen dürfe. Das Urteil lautete auf Bezahlung so vieler Ochsen, als der Übeltäter Finger an den Händen, Zehen an den Füßen, Augen im Gesichte und Ohren am Kopfe habe. Das ist em echtes Beispiel königlicher Willkür.
Die Leser sehen aus diesen paar Beispielen, wie die Könige einmal ganz gerecht, einmal ganz falsch, ein anderesmal unerhört urteilen, je nach ihrer Laune oder der ihrer Ratgeber, je nach der Person des Angeklagten und den Geschenken des Klägers. Alle Gebräuche und Rechtssätze lassen sie gelten, wenn es ihnen in den Kram paßt. Bisher Beispiele von Rechtsprechung im Kleinen. Ich will nun solche im großen Stile erzählen.
Im Juli letzten Jahres kam es zu einem Streit zwischen den ehereifen, streitbaren Jünglingen der Distrikte Boll und Phabor, eines Mädchens halber. Zuerst gab es Schlägereien unter Wenigen, dann griff alles zu den Lanzen, und man zählte hüben und drüben Verwundete. Ein Jüngling aus Phabor war schwer verletzt, konnte aber doch bald wieder sich erheben und seiner Arbeit nachgehen. Phabor soll den Streit angefangen haben.
Am Tage selbst nun, an dem die Keulerei stattfand, erschien auf einmal der König Kur mit starkem Gefolge vor Phabor. Das Dorf wurde umgeben und an einen Widerstand war nicht zu denken. Sofort fand das Verhör statt. Es dauerte vielleicht eine Stunde. Darauf wurde das Urteil gefällt, das auf den Verlust des ganzen vorhandenen Viehreichtums lautete. Auf ein Zeichen des Königs drangen nun dessen Soldaten in die Hütten und Ställe ein; es wurde nichts geschont; bis zum letzten mageren Ziegenböcklein wurde alles Vieh weggetrieben; das Großvieh gehörte dem König, das Kleinvieh den Schilluk, die ihm folgten. — Ein entsetzliches Klagegeschrei erhoben die Frauen und Kinder des Dorfes, als ihr Teuerstes weggetrieben wurde. Das erbarmte den Kur nicht. Er zog im Triumphe ab. Vor ihm wurden die geraubten Ochsen und Kühe einhergetrieben, hinter ihm folgten die Plünderer, von denen jeder ein paar Schäslein mit sich führte, beim das Dorf war sehr reich.
Das Dorf Boll hatte nichts zu zahlen, weil es zur Partei des Kur zählte. Phabor war in einem Tage vollständig arm geworden und Kinder und Kranke hatten keine Milch mehr.
Diese himmelschreiende Rechtspflege ist so alt als die Könige. Die Schilluk vergessen dabei alle Bande der Freundschaft, Verwandtschaft und Brüderlichkeit. Alle helfen mit, wenn es heißt, Beute zu machen. Das ist ja das alte Lied im Negerland, daß keine Einheit da ist, und einer den andern um einen
lumpigen Lohn zu verderben sucht. Um uns herum in Lul haben wir 4 Distrikte: Phabor, Toalon, John und Lul. Phabor und Toalon sind von altersher mit einander verfeindet; Toalon und John sind so Feinde, daß, wenn sie zusammen vom König einen Ochsen zum Schmaus bekommen, ein Teil darauf verzichtet, weil von altersher Toalon und John nicht zusammengegessen haben. John ist nicht gut Freund von Lul; sie essen zusammen, wenn es aber Lul an den Kragen geht, ist John schadenfroh und hebt keinen Finger zur Rettung oder Hilfe. Dagegen sind John und Phabor, Lul und Toalon Freunde, die sich in der Not helfen. Ginge aber der König heute nach Lul, um das Vieh wegzutreiben, so würde ihm auch Toalon behilflich sein.
Es ist grauenhaft zu hören, wie die Könige im Laufe der Zeiten ein Dorf nach dem andern geplündert haben, unter elenden Vorwänden, nur um sich zu bereichern und ihre Anhänger zu mästen.
Und was haben die Schilluk dabei gelernt? Nichts! Uneinig, wie zuvor, wären sie noch heute ein Spiel der Willkür der Könige, wenn nicht die englische Regierung einen starken Militärposten in Faschoda hätte, der König und Untertanen in gleicher Weise im Zaume hält und bewacht.
Nach dem Falle von Phabor, begab sich sein Scheich zum englischen Kommandaüten in Faschoda und klagte ihm, was vorgefallen; ein Schritt, der damals großen Mut verlangte, da die Schilluk, die zum „Fremden" gingen, beim Könige verklagt wurden.
Phabor hat darauf den größten Teil seines Viehes wieder zurückbekommen.
Beispiel einer Urteilsvollstreckung:
Ein Ehemann hatte seine Frau durchgeprügelt. Sie lief nun zum Könige Kur und verklagte ihn und zeigte als Beweis ihrer Aussage verschiedene Beulen, Striemen und Wunden. Kur heuchelte und zeigte sich empört über diese Grausamkeit, und sandte eine Art Gerichtsvollzieher nach dem Dorfe hin, der die Leute zusammentrommelte und feierlich verkündete, daß der König alle Schafe des Ortes wolle zur Strafe für die schlechte Behandlung der Frau und sür die Untreue der Nachbarn, die nicht gleich über den Fall dem Herrscher berichtet hatten.
Bevor der Herr Gerichtsvollzieher an die Feststellung des Schafbcstandes ging, mußte er sich erst stärken: er wurde mit Bierschüsselu umgeben und ein Schäslein mußte sogar sein Leben lassen zu des Gastes Ehren. Während nun der Gesandte sich recht gütlich tat bei Bier und Fleisch, trieb man die meisten und schönsten Tiere aus dem Dorfe. Nach der Mahlzeit ließ er sich herumführen vom Scheich, um die Schafe zu zählen, es waren ihrer gar wenige
und mager. Der Dorfälteste klagte, daß das Vieh heutzutage so schnell wegsterbe und daß die Leute so arm seien; ein Dutzend Schafe im Dorfe haben, sei schon viel. Der Gerichtsvollzieher gab sich mit den 12 oder 14 Stück, die da waren, zufrieden und verabschiedete sich.
Tags darauf kamen 2 Dutzend weggetriebene Schafe in ihren Stall zurück; wie das? Der Gerichtsvollzieher hatte sie auf dem Wege nach Faschoda in
Lul untergebracht und von dort waren sie entkommen. Es ist nämlich Sitte dieser Beamten, vom eingetriebenen Vieh, soviel als möglich auf dem Wege unterzubringen, um schließlich nur mit einer Handvoll vor dem Könige zu erscheinen, der bei ihrem Anblick über des Verwalters Klugheit lacht und ihm auch öfters noch diese überläßt. — Ich glaube, die Leser haben nun eine Vorstellung von Schilluk'schen Rechtsbegriffen.
(Fortsetzung folgt.)
Cl
Aus öer MffionsstatLon Lul.
Lul (Faschoda), 2. Oktober 1903.
Hochwürdigster Pater!
n meinem letzten Briefe schrieb ich, daß wir alle gesund seien, aber siehe da, Gott dem Herrn hat es gefallen, diese Station Lul heimzusuchen, indem er das erste Opfer verlangte. Die gute Schwester Josefa ist nicht mehr unter uns: seit einem Monat ruht sie sanft nahe bei unserer kleinen Kirche (siehe Bild Seite 11) an einem schönen Plätzchen. Der Ort ist wirklich schön, nämlich zu Füßen Jesu im Sakramente, und ich hoffe, daß auch ich früh oder spät dort ein Plätzchen finden werde. Ich lasse ganz gerne andern jene großartigen Grabdenkmäler Europas: o hier im Schatten des Gotteshauses ruht man viel sanfter in Erwartung des großen Tages der Auferstehung.
Gegenwärtig sind wir alle mit Ziegelbrennen beschäftigt, da wir deren zum Baue des neuen Hauses sehr bedürfen. Der gute Bruder Cyrillus, der Unternehmer, verzweifelte schon am Gelingen einer solchen Arbeit, da man gute Erde, um Ziegel zu machen, hier niemals gefunden hatte. Da ließ der hochw. P. Beduschi zu Ehren des hl. Josef eine öffentliche Novene halten. Nach drei Tagen bestimmte er einen Ort, wo gegraben werden sollte. Zum größten Erstaunen Aller kam fast unmittelbar darauf eine große Menge Sand und zwar gerade solcher, wie wir ihn suchten und für die Ziegel benötigten. Jetzt arbeiten sechs Männer den ganzen Tag, um aus jener Grube Sand zu schaffen, währenddem ungefähr zwanzig andere Schilluk die Brennöfen und das nötige Brennmaterial- herbeischaffen. Das Herz des Bruders Cyrillus hat sich sicher um zwei Spannen erweitert und er hat uns fünfzigtausend
Ziegel und noch mehr versprochen, wenn wir fort fahren, ihm das Material zu besorgen. Aber das größte Glück ist dies, daß wir außer dem Sande auch noch ein großes Lager von Erde fanden, die wirklich für Ziegel ausgezeichnet und kaum eine Viertelstunde von uns entfernt ist. Es ist ein großer Erdhügel, der dem Nicarigo geweiht ist. Aber dem Teufel zum Trotz werden wir diesen Ort doch zerstören und aus seinen Trümmern ein schönes Haus bauen, um darin die Diener des guten Gottes zu beherbergen. Wir werden selbstverständlich mit den Häuptlingen verhandeln müssen, aber der hl. Josef, der das Werk begonnen, wird es auch vollenden; ihm überlassen wir deshalb die ganze Sache. Der Bruder Jakob denkt bereits daran, einen Wagen zum Herbeischaffen des Materials herzustellen — so etwas ist natürlich noch nie dagewesen. Alle sind voll Mut Und Vertrauen, daß unser großartiger Bau gelingen wird.
Ende August haben wir die hl. Exerzitien gemacht. Es war gerade der vorletzte Tag; ich ging ruhig in meiner Hütte auf und ab und betete in der Morgenfrische mein Brevier, als ich plötzlich durch mehrere Schüsse, die im nahen Dorfe abgefeuert worden, aufgeschreckt wurde. Was kann das wohl sein?" dachte ich eine zeitlang; ich hatte aber bald die Erklärung davon. Ein ungeheures Nilpferd, das von den Schilluk der nahen Dörfer gejagt wurde, hatte sich in die Durrah-Getreidefelder unseres Dorfes verirrt. Kaum waren die Neger seiner ansichtig geworden, so waren sie auch schon mit ihren Lanzen um dasselbe her und liefen zu unseren Hütten, um den hochw. P. Obern zuhilfe zu rufen. Dieser kam sofort mit seinem Gewehr und pelzte ein Dutzend Kugeln auf die dicke Haut des Un-
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gehcuers, das sich erst dann besiegt ergab und zusammenbrach. Das Tier wurde abgehäutet und sein Fleisch unter die Kämpfenden verteilt. Auch unser Tisch wurde diesmal mit demselben beehrt und ich muß gestehen, daß es mir nicht mißfiel.
■ Bei solchen Anlässen ist immer Festtag in dem Dorfe, das so glücklich ist, die fetten Bissen von einem Nilpferd unter seine Bewohner teilen zu können. Diesmal wurde die Freude durch einen sehr traurigen Zwischenfall verbittert. Währenddem alle wie verrückt dem Tiere nachjagten, kam es vor, daß einer dieser Schilluk, der einige Schritte vor sich das hohe Gras sich bewegen sah und nicht gut unterscheiden konnte,
was es war und ohne weiters glaubte, es könne fmr das Tier sein, mit einer Wucht, wie man sich leicht denken kann, seine Lanze nach jenem Punkte warf. Unglücklicherweise hatte er anstatt des Nilpferdes einen seiner Kameraden vor sich, der unter der rechten Schulter in den Rücken getroffen wurde. Die Lanze durchbohrte ihn so, daß dieselbe bei der Brust herauskam. Der Arme wurde halbtot nachhause getragen; acht Tage darauf starb er. Dies geschah, bevor der hochw. P. Obere am Orte ankam.
Nun gehen wir zu etwas anderem über. Gestern abends, 2. Oktober, als ich kaum zu Bett gegangen I war, hörte ich plötzlich vom Flusse her starke Pfiffe.
Sie zeigten uns das Vorbeifahren eines Schiffes an: es ist sicher nicht das Postschiff, das regelmäßig alle vierzehn Tage vorbeifährt. Wir stehen auf und eilen zum Flusse: es handelte sich wirklich um ein außergewöhnliches Schiff, das uns Briefe zu überbringen hatte und deshalb am Ufer stehen blieb. Wie gewöhnlich mußte es, da keine Brücke da war, im Tiefen halten, und wir waren genötigt, bis zu den Knieen im Wasser zu waten, um unsere Briefe in Empfang zu nehmen. Dieses Ungemach wurde jedoch reichlich dadurch belohnt, daß sie uns die trostvolle Nachricht von der Ernennung des hochwst. P. Xaver Geyer zu unserem Apostolischen Vikar brachten.
Heute morgen haben wir sogleich, da es der Ritus erlaubte, eine Danksagungsmesse gelesen und heiße
Gebete zum Himmel geschickt, damit Gott der Herr den neuen Bischof segnen und lange zum Heile der Neger erhalten wolle uni) sangen zum Schluffe ein feierliches Te Deum — Großer Gott, wir loben dich. Jetzt, da uns Gott den Führer gegeben, der uns in neuen Unternehmungen vorangehen soll, hoffen wir, daß er uns auch seine Gnade umso reichlicher schenkeit werde, um an seiner Seite zu kämpfen und uns für die Rettung dieser armen Völker zu opfern.
Indem ich Sie, hochwst. Pater, bitte, meine herzlichen Grüße allen Mitbrüdern zu übermitteln und indem ich mit aller Ehrfurcht die Hand küsse, verbleibe ich in Corde Jesu
Ihr gehorsamster Sohn P. Bernard Kohnen F. S. C.

Aus Gestrah.
ir entnehmen einem Briefe des hochw. Paters Angelus Maggio, eines der zuletzt abgereisten Missionäre, Folgendes:
Obwohl von dem Erlernen der arabischen Sprache noch ganz in Anspruch genommen, kann ich nicht umhin, einen kleinen Bericht über das schöne Fest der unbefleckten Empfängnis zu übersenden. Seit langer Zeit verbreitete sich unter unseren kleinen Negerknaben das Gerücht, aber wann wird das Fest der Unbefleckten Empfängnis, dieses schöne Fest kommen! Denn dann wird es sich zeigen, welche die Fleißigsten in diesem Semester in der Schule waren, denn an diesem Tage ist die Preisverteilung. Unser Obere benützte wie gewöhnlich diese guten Stimmungen der Knaben, und weil wir hier mehr darauf bedacht sind, das Wohl der Seelen als das des Körpers zu befördern, bereitete er sie auf dieses schöne Fest mit einem Triduum von Exerzitien vor. Ich war wirklich erstaunt, zu sehen, wie diese lieben kleinen Schwarzen dabei so gesammelt und voller Andacht waren. Ich glaube nicht, daß gewisse Europäer, wenn sie diese schönen Beispiele sehen würden, den Mut hätten, zu behaupten, daß der Neger für Erziehung und erhabene Gedanken unfähig sei. Wie immer, so offenbarte sich auch diesmal wiederum bei dieser Gelegenheit die Gnade des Herrn.
Dieses Jahr nahten sich drei Negerknaben zum erstenmale dem Tische des Herrn. D, wie waren sie glücklich, als sie zum erstenmale den sakramentalen Gott in ihr Herz aufnehmen konnten! Es kam dieser glückliche Tag, so heiß ersehnt von vielen, aber besonders von diesen drei Bevorzugten. Die Alten empfingen am frühen Morgen die hl. Kommunion, ja allen Negern aus dem Dorfe hatte ich den großen Trost, das Brot der Engel zu reichen gerade in dem Lande, wo der Islam in vollster Blüte steht.
Um 8 Uhr sang der hochw. Pater Hugo Larisch das feierliche Hochamt. Nach der Kommunion des Priesters wandte er sich an diese drei kleinen Schwarzen und bevor er ihnen das Brot des Lebens reichte, richtete er einige Worte voll Geist Und Salbung an sie.
Noch eine große, ja die größte Gnade wurde zwei Negern zuteil, die durch Empfang der hl. Taufe in den Schoß der hl. Kirche aufgenommen wurden. Dies sind die wahren Freuden des Missionärs, die ihm alle Mühen reichlich vergelten, die er in seinem schweren Apostolate gehabt hat.
Den Schluß des Festes bildete die Preisverteilung. Im allgemeinen wurden, alle zufriedengestellt; aber die drei Eifrigsten im Katechismuslernen wurden in besonderer Weise vom hochw. Obern Pater Weiller belobt und mit einem herrlichen Bilde der unbefleckten Gottesmutter beschenkt. Selbstverständlich erregte dies ein wenig Neid bei den andern, aber es wird, wie wir hoffen, ein Ansporn sein, sich dem Studium des Katechismus in besonderer Weise zu widmen.
Vor einigen Tagen machten einige meiner Mitbrüder einen Spaziergang zu den Altertümern Ägyptens. Der liebe Gott belohnte mir das Opfer, das ich brachte» dadurch, daß ich zum erstenmale das heilige Taufwasser über das Haupt eines kleinen Negerkindes gießen konnte. Ein Bruder kam mich nämlich rufen und sagte mir: „Pater, gehen Sie schnell zu den Schwestern, denn dort ist ein krankes Kind zu taufen." Ich lief sofort in das Haus der Schwestern. Beim Eingänge stand eine schwarze Mohammedanerin mit einem Korbe am Arme, der allem Anscheine nach voller Fetzen war., Die Schwester kommt und hilft der armen Frau einen Lappen nach dem andern aus dem Korbe ziehen. Da nahte ich mich immer mehr und sah, daß unter diesen Lappen ein Kind lag. Ich ging einstweilen in das Empfangszimmer, wohin auch die Mutter Oberin kam. Der glückliche Augenblick für das Kind war gekommen. Die Mutter Oberin wollte die Taufpatin machen und ich nahm mit einem Herzen, das von Freude überquoll das Wasser und goß es auf die zarte Stirne des Kleinen, indem ich dabei sagte: „Angelus Josef, ich taufe dich" ic.zc. Das Kind war gerade in den letzten Zügen.
Wer kann die Freude beschreiben, die ich in jenem Augenblicke fühlte, eine Seele dem Teufel entrissen und einen Engel für den Himmel gewonnen zu haben, der für mich und unsere Wohltäter beten wird!
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Etwas vom alten Aegypten
Von Ingenieur
^Wgypten, das Wunderland des Altertums, war ehemals ein großes selbständiges Reich, jetzt ist es eine türkische Provinz mit eigener Regierung und eigenem König — Vizekönig. Der Name Ägypten ist griechischen Ursprungs, der einheimische Name bedeutet Kemi oder auch Keme.
Eigentümlich wie dieses Land von altersher war, war auch die Kultur des Volkes, welches dieses Land bewohnte. Wir kennen kein Kulturvolk, bei welchem die Landesart so ausgeprägt war wie bei den alten Ägyptern. Das ganze Dasein der Ägypter empfing Ziel und Regel vom Nilstrom. Hing ja von dem regelmäßigen Steigen und Fallen dieses Stromes das Sein oder Nichtsein der ganzen Bevölkerung ab. Es sind hieraus die Lobpreisungen und Gesänge an den Nil erklärlich.
Im höchsten Grade seltsam und unter allen Kulturvölkern des Altertums alleinstehend, war der ägyptische Tierkultus. So waren einige Tiere wie der Stier, der Hund, die Katze, der Ibis, der Storch, das Krokodil und einige Fischarten allgemein als heilig erklärt, dagegen andere Tiere, wie der Löwe, der Widder, der Wolf, das Ichneumon, der Adler, wurden nur in einzelnen Bezirken verehrt, in andern dagegen waren sie ein Gegenstand des Abscheues. Es sollen sogar blutige Fehden zwischen verschiedenen Bezirken ausgebrochen sein, wenn in dem einen Bezirk ein Tier getötet ward, welches in dem andern als heilig verehrt wurde. Diod or erzählt, daß ein Römer, welcher dort eine Katze umgebracht hatte, die Todesstrafe erleiden mußte und zwar zu einer Zeit, da des Landes Schicksal in Roms Händen war. Ja, Mütter sollen sogar stolz darauf gewesen sein, wenn ihnen ein Krokodil ein Kind raubte, weil sie darin ein Gott wohlgefälliges Opfer sahen. Der Charakter der Ägypter war im allgemeinen strenge und ernst. Die bürgerlichen Tugenden hielten sie hoch. Starb ein Mann, so wurde (nach Diodor) auf erhobene Anklage hin, daß er einen schlechten Lebenswandel geführt, vor einem besonderen Gericht darüber verhandelt, ob eine feierliche Bestattung der Leiche zuzulassen sei oder nicht. Selbst über Könige wurde in dieser Weise abgeurteilt. Da nun die Ägypter auf eine feierliche Bestattung große Stücke hielten, so waren diese Gerichte ein Ansporn zu einem gerechten Lebenswandel, um nicht einer der-
unö von den alien Aegyplern.
J o h. Schweiger.
artigen Beschimpfung nach dem Tode ausgesetzt zu sein.
Die Leichen wurden je nach dem Reichtum derselben vor der Bestattung durch Anwendung gerbstoffhaltiger und balsamischer Mittel oder bloß mittels Salzen mumifiziert und mit einer Mischung aromatischer Harze oder mit Asphalt angefüllt und mit Leinentüchern fest umwickelt. Diese Mumien wurden dann in einem Holzsarg, dieser wieder in einen Steinsarg gelegt und in der Grabkammer bestattet.
Durch die regelmäßigen Überschwemmungen des Landes durch den Nil und durch den Fleiß der Bevölkerung ward Ägypten ein wohlhabendes Land. War doch Ägypten schon den Alten als Kornkammer der Erde bekannt und hielten es die späteren Eroberer wegen des Getreide-Reichtums besonders wert. Es ist erklärlich, daß dies Volk auch in künstlerischer, eigenartiger Weise tätig war. An den llfern des Nils finden wir die Spuren frühester künstlerischer Tätigkeit der Ägypter, welche zugleich die ältesten uns bekannten Baudenkmäler der Erde sind. Es sind dies die Pyramiden von Memphis, welche zirka 4000 Jahre vor Christi Geburt errichtet wurden.
Dieselben, aus teilweise mehrere Kubikmeter großen Steinblöcken aufgebaut, sind eigentlich als künstliche Berge anzusehen, welche eine kleine Grabkammer für den jeweiligen Herrscher — Pharao — bestimmt, umschließen. Die Höhe der in fünf Gruppen eingeteilten Pyramiden wechselt, weil sie sich nach der jeweiligen Regierungsdauer des Königs richtete, ebenso das Material und die Ausstattung. Es wurde nämlich beim Regierungsantritt des Königs mit dem Bau der Pyramide begonnen und während der ganzen Regierungsdauer desselben am stufenförmigen Aufbaue gearbeitet. Starb der König, so wurde der weitere Aufbau (eingestellt. Die Seiten wurden mit Platten aus poliertem Granit verkleidet und mittels der Hieroglyphen — Bilderschrift — mit Darstellungen aus dem Leben des Königs verziert. Hier hatte also die Kunst die Aufgabe, den Leichnam vor der Zerstörung zu bewahren, um auf Liese Weise, da die Ägypter an die körperliche Fortdauer nach dem Tode glaubten, den. abgeschiedenen Körper im Totenreiche zu schützen.
Die drei größten Pyramiden sind bei dem Dorfe Gizeh in der Nähe von Kairo. Diese bargen die
Mumien der Könige Gufn (griechisch Cheops), Schefra (Gephren) und Menkeres (Mikerinos). Mit den Pyramiden sind ausgedehnte Privatgräber, Mastaba genannt, verbunden. Welche Unsumme von Arbeit auf diese Pyramiden verwendet wurde, können wir uns am besten vergegenwärtigen, wenn wir die größte derselben, die des Königs Cheops, näher betrachten. Dieselbe, 3700 Jahre vor Christi Geburt hergestellt, erreicht fast die Höhe des Straßburger Münsterturmes. Es sollen an ihr 100.000 Menschen 30 Jahre lang gearbeitet haben. Die zum Bau verbrauchte Steinmasse ist so groß, daß man von
ihr eine 2 Meter hohe Mauer um ganz Frankreich ziehen könnte (Katechisnms der Baustile).
Diese Pyramide hat außer dem natürlichen noch einen zweiten Eingang, welchen die Araber in der Meinung, große Schätze zu finden, anlegen ließen, aber es scheint, daß dieselben zum Schatzheben bereits zu spät kamen. Durch einen dieser nicht gerade bequem angelegten Gänge wurde nach längerem Kriechen und Klettern eine Halle erreicht, welche 4,70 m lang und 8,50 m hoch ist, von dieser Halle zweigt ein 1 m hoher und 40 Meter langer horizontaler Gang ab, an dessen Ende sich die 5,70 m
lange und 5,20 m breiten Königinnenkammern befinden.
Von hier aus gelangt man nach weiterer mühe-und gefahrvoller Wanderung, eigentlich Kletterei, in die Königskammer. Die zurückzulegende Strecke vom Eingang bis zur Königskammer mißt 113 m. Diese Kammer ist 10,40 m lang, 5,20 m breit und 5,80 m hoch. Die Decke wird von 9 Granitplatten gebildet.
Aus der Zeitperiode, aus welcher die Pyramiden stammen, sind uns nur zwei für den eigentlichen Götterdienst bestimmte Werke erhalten, es sind dies die große Sphinx, ein ungeheurer Löwenkörper mit einem Männerkopf und ein ziemlich schwerfälliger
Steinbau, wahrscheinlich ein Tempel, welchen die Sphinx zwischen den Vorderfüßen hält. Die Sphinx ist die Verkörperung der Gottheit, der aufsteigenden und das Dunkel besiegenden Sonne. Nach dem Bericht des hochw. P. Münch ist von der Sphinx nur mehr der Kopf und ein Teil des Rückens zu sehen (siehe auch die oben beigefügte Illustration), das übrige ist vom Wüstensande verdeckt. Die Länge des Körpers beträgt von der Spitze der Klauen bis zur Schweifwurzel 50 m, die Höhe vom Ansätze des ruhenden Leibes bis zum Scheitel 20 m. Die Breite des Gesichtes beträgt 4,15 m, das Ohr mißt 1,37 m, die Nase 1,70 m. Dabei ist zu bedenken, daß die ganze Figur aus dem lebendigen I^Felsen
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ausgehauen wurde. Südöstlich von der Sphinx wurde die Ruine eines größeren Gebäudes freigelegt, welche wahrscheinlich von einem Tempel aus späterer Zeit stammen. Doch um wieder auf das eigentliche Thema zurückzukommen. Um das Jahr 2100 vor Christi Geburt bemächtigten sich fremde Nomadenvölker, wahrscheinlich arabische Stämme, deren Könige Hyksos, das ist Hirtenkönige, hießen, der Herrschaft. Diese drängten die Ägypter mehr nach Oberägypten zurück; erst nach zirka 600 Jahren gelang es letzteren, die Eindringlinge wieder zu vertreiben. Jetzt begann für das ägyptische Reich die Zeit der höchsten Blüte. |
Die Hauptstadt wurde Theben. Ägypten wurde eine Weltmonarchie, welche nun selbst eine Reihe von siegreichen Kriegen nach Asien und dessen Reichen unternahm. Hiedurch erhielt das ägyptische Volk vielfache Anregungen, insbesondere inbezug auf seine Bauweise.
Wie sonst kein Volk verstand es fremde Gebräuche seinen eigenen Anschauungen und Gebräuchen unterzuordnen. In dieser Zeit entstanden auch die eigenartigen Tempelanlagen, von welchen uns noch jetzt zum Teil gut erhaltene Reste Kunde geben.
Das ganze Staatswesen wurde jetzt vervollkommt
und die Einteilung der Bevölkerung ergänzt. Die bürgerlichen Einrichtungen der alten Ägypter beruhten auf dem Kastenwesen. Nach den betr. Angaben der griechischen Schriftsteller galten die Priester-uud Kriegerklassen als die obersten, dann die Kasten der Hirten, Ackerbauer und Handwerker als die niederen Kasten.. Die Priesterkaste umfaßte die gesamte intelligente Seite des Volkslebens. Zu ihnen gehörten die Staatsdiener, die Richter, die Schriftkundigen, die Ärzte, die Baumeister usw. In dem Besitze der oberen Kasten und des Königs waren fast sämtliche Grundstücke. Die Frauen genossen größere Achtung und Freiheit als bei den andern Völkern im Orient.
An der Spitze des Reiches stand der König; starb das herrschende Geschlecht aus, so wurde der neue König aus der Priester- oder Kriegerkaste entnommen. Auf jeden Fall aber mußte der neue König Priester werden. So groß nun das Ansehen des Königs war, so war er doch durch genaue Vorschriften gebunden, welche sich nicht nur auf' seine Regierungshandlungen, sondern auch auf seine Erholungen, Vergnügungen ja sogar auf seine Speisen erstreckten. Überhaupt waren alle Einrichtungen des ägyptischen Volkes durch geschriebene Gesetze bestens geordnet. In schreiendem Widersprüche zu oben gesagtem steht aber, was uns Diodor von den ägyptischen Dieben erzählt, daß diese nämlich eine Art
von Zunft gebildet und unter einem Diebsobersten gestanden haben sollen, bei welchem die Bestohlenen das ihrige gegen Erlegung des vierten Teiles vom Werte zurückerhalten konnten.
Der große Reichtum Ägyptens hatte auch einen lebhaften Handel zur Folge. Der Nil mit seinen Kanälen bot eine ausgezeichnete Verkehrsstraße. Wie weit der Handelsverkehr reichte, zeigt uns eine Anzahl Flaschen von chinesischer Fabrikation und mit chinesischer Schrift, welche in ägyptischen Gräbern aus der Zeit von 2000 Jahren vor Christi Geburt gefunden wurden. Die Künste, besonders die Baukunst, wurden gepflegt und erreichten eine sehr hohe Stufe, wie uns die Bauwerke aus dieser Zeit zeigen. Wie die Griechen, so boten auch die Ägypter alles auf, um ihre Tempelbauten großartig zu gestalten.
Der ägyptische Tempel war kein festgeschlossener, hausartiger Bau, sondern derselbe umfaßte einen ganzen Bezirk von offenen und geschlossenen Räumen. Er läßt sich mit einer geschmückten Straße vergleichen, die durch eine Reihe von Höfen bis zur Gottheit führt. Den Zugang zum Tempelbezirke säumen zu beiden Seiten Sphinxe, mit männlichen oder Widder-Köpfen auf Löwenleibern ein. Mächtige Umfassungsmauern, pyramidal ansteigend und von kräftigem Hohlkehlengesimse bekrönt, geben dem Ganzen einen feierlichen, ernsten, geheimnisvollen Charakter. Keine Fensteröffnung unterbricht die eintönigen Flächen, die nur mit buntfarbiger Bilderschrift, Darstellungen der Götter oder Darstellungen aus dem Leben der Herrscher, wie mit einem riesigen Teppich bedeckt sind. Der Eingang (Pylon) ist von zwei turmartigen Aufbauten flankiert. Beim Eintritt findet man zuerst den Vorhof unter freiem Himmel, umschlossen von bedeckten Säulengängen. Darauf folgt ein ausgedehnter Saal, dessen mächtige Decke auf Säulen ruht. An diesen Saal schließt sich der innere Teil des Heiligtums mit verschiedenen kleineren und größeren Räumen, deren innerster Kern die enge und niedere Cella bildet. Hier thront in geheimnisvoller Dunkelheit der Götze, ein Lehmbild oder ein lebendes Tier. Der Anblick dieses Kleinods war aber nur den Eingeweihten der ersten Kaste gestattet. Die Wände sämtlicher Räume sind gleich den Decken, Säulen und Außenmaucrn mit bildlichen Darstellungen bedeckt, deren bunte Farbenpracht den mächtigen, geheimnisvollen Eindruck dieser Bauwerke auf das höchste steigerten. Besondere Sorgfalt wurde auf den Eingang — Pylon — verwendet. Vor ihm wurden Statuen und Obelisken, d. h. freistehende, sich verjüngende, mit Bildwerk bedeckte Pfeiler aus je einem Stück Stein angebracht (Monolithen). Die Mauern sind außerordentlich dick; sie enthalten
Stiegen und sind besonders reich mit Bildwerk geschmückt. Man vermutet, daß auf den Plattformen der Pylonen die Astronomen ihre Beobachtungen hatten. Außer den Tempeln sind noch von Bedeutung die aus der Westseite des Nils in engen Felsenschluchten liegende Gräber der Könige und Königinnen der thebanischen Dynastie. Ein Labyrinth gewundener Gänge führt von einem Vorhof aus in die Grabkammer, welche in den sogenannten „goldenen Saal" führt. Die Wände sind mit farbigen Bildern aus dem Leben des Herrschers bedeckt.
Es ist hier der Unterschied zwischen der Zeit-periode von 4000—1600 Jahre 'vor Christi Geburt und der Zeitperiode von 1600—525 v. Christi Geburt, um welche.Zeit Ägypten von den Persern erobert und eine persische Provinz wurde, klar ersichtlich. In der ersteren sind die Grabmäler der Herrscher (Pyramiden) hauptsächlich und die Tempel nebensächlich behandelt, in letzterer sind die Tempel hauptsächlich und die Grabmäler der Herrscher nebensächlich behandelt, obwohl auch jetzt die Grabmäler in künstlerischer Beziehung reicher ausgestattet sind. Leider ließ der persische Eroberer viele der ägyptischen Denkmäler zerstören. Im Jahre 405 vor Christi Geburt gewann das Land seine Unabhängigkeit wieder. Aber Ägypten war in Beziehung auf seine Kunst und als Macht alt geworden, es war dem Verlöschen nahe und trat in den Gesichtskreis der hellenischen Kunst. In Ägypten verlor sich der seit Jahrtausenden überlieferte Sinn für das Gewaltige, Mächtige, ohne daß sich eine andere gesunde und lebensfähige Anschauung einbürgern konnte. Es verlor sich das ganze Volk in das Kleine, Zierliche, Schwächliche, Üppige, verlor somit seinen Halt und mußte als Weltmacht aus dem Getriebe der Völker ausscheiden. Im Jahre 340 vor Christi Geburt wurde Ägypten zum zwcitenmale von den Persern und 8 Jahre später von den Mazedoniern erobert. Alexander der Große gründete die Stadt Alexandrien. Nach Alexanders Tod nahm Ptolomäus, des Lagus Sohn, den Titel eines Königs von Ägypten an; damit beginnt die griechische Herrschaft der Ptolomäer. Alexandrien ward die Hauptstadt der Gelehrten, besonders der Griechen. Bon den überlieferten Künsten blühte hauptsächlich nur mehr die Baukunst fort. So entstanden in dieser Zeit noch eine Reihe großartiger Bauten in Theben, Dendera, Phylae re. re.
Die jetzt gebauten Tempel, in dekorativer Hinsicht großartig, bestanden eigentlich nur mehr aus der von Säulen- oder Pfeilerstcllung umgebenen Cella. Man betrachtet sie als heilige Tiergehege oder auch Typhonicn. Zu diesen gehört in erster Linie der Tempel von Phylae, von welchem wir die noch jetzt
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vorhandenen Reste in obiger Abbildung wiedergegeben sehen. Es war dies der Hauptverehrungsort des Habichts, nach einigen auch der Begräbnisplatz der Isis und des Osiris (Hauptgottheiten der alten Ägypter). Durch die greuelhafte Sittenverderbnis, die in der Herrscherfamilie herrschte, wurde der Untergang und Verfall des Staates beschleunigt.
30 Jahre vor Christi Geburt eroberten die Römer Ägypten, welches nun römische Provinz ward. Zwar versuchten die Ägypter noch ein paarmal, ihre Unabhängigkeit wieder zu erobern, aber die Römer behaupteten diese Provinz — ihre Kornkammer — mit allen Mitteln. Schon bald nach Christi Tod, im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung, fand das Christentum durch die Predigten des hl. Evangelisten Markus in Ägypten Eingang und rasche Verbreitung.
Alexandrien ward der Bischofsitz des hl. Markus. Aber erst Mitte des 6. Jahrhunderts, unter Justinian, wurde der Götzendienst, von welchem sich der Jsiskult in Phylä am längsten hielt, ausgerottet.
Bei der Teilung des Römerreiches wurde Ägypten eine Provinz des byzantinischen Staatskörpers. 638 wurde Ägypten durch den Feldherrn des Kalifen Omar der christlichen Oberherrschaft ganz entrissen, wurde nun eine Provinz des Kalifenreiches. Jetzt zog mit der arabischen Bevölkerung der Islam in Ägypten ein. Schutzlos und jeder Gewalttat preisgegeben, sank die christliche Bevölkerung zur Ohnmacht herab, bis endlich der Islam bei dem Fanatismus seiner Anhänger die Oberhand vollständig sowohl in politischer wie auch in religiöser Beziehung einnahm.
Has Kaverianum in Aühlanö.
1. Dezember, dem 2. Adventsonntage, feierten wir in unserem Missionshause in Mühland das Fest des hl. Franz Xaver durch ein eigenes feierliches Hochamt. Sakristan und Sängerchor ließen nichts außeracht, um die Andacht der Anwesenden zu erhöhen: das Rührendste jedoch war, als beim Sanktus zehn Zöglinge des Xaverianums, zwei und zwei, mit brennenden Kerzen in den Händen, zum festlich geschmückten Altare schritten und dort, gleichsam die Ehrenwache bildend, knieend bis nach der hl. Wandlung verblieben. O, welcher Anblick war das für uns, welch' frohe und zugleich rührende Gedanken bewegten da das Herz! Jünglinge, Knaben im zartesten Alter, welche sich dem hohen Berufe eines Missionärs gewidmet, sie wollten heute, am Feste des großen Jndierapostels, ihres besonderen Patrons, dessen Namen sie als Xavcrianisten mit Stolz führen, heute also wollten sie wieder zeigen und öffentlich bekennen, daß sie fest entschlossen sind, ihrem erhabenen Berufe treu zu bleiben, Missionäre zu werden, ja Missionäre wie ein hl. Franz Xaver es gewesen, der keine Opfer und Mühen scheute, dem Herrn viele, viele Seelen zuzuführen. O edle Jünglinge, wohl euch in eurem hohen Stande, glücklich die Eltern, die Gott ein solches Opfer gebracht, euch dem Dienste des Allmächtigen geschenkt haben.
Da ich mich nicht zu täuschen glaube, wenn ich meine, du möchtest, lieber Leser, gerne etwas über unser Xavcrianum hören und mit den Zöglingen desselben in nähere Bekanntschaft treten, so wollen wir dem Xaverianum miteinander einen Besuch abstatten und uns seine Inwohner ein wenig anschauen. Auf dem Wege dahin sei es nicht unterlassen, dir einiges so nebenbei zu erzählen.
Es war im Jubiläumsjahre 1900, als der damalige P. Rektor, jetzt Msgr. Xaver Geyer, anfing, Zöglinge aufzunehmen. Ha, das war eine Freude zu sehen, wie sich das Haus mit kleinem Volke füllte, aus allen Ländern kamen die jungen Leute, alle wollten Missionäre werden. Wie manchem glühten die Wangen, wie manchem pochte erwartungsvoll das kleine Herz, als er die Schwelle be§ Missionshauses betrat. Was wird sich wohl damals die jugendliche Phantasie alles vorgcmalt haben? Doch schnell roar man eingebürgert und eingewohnt und auch bald jedes Heimweh verschwunden. Und so wurden dann die Vorbereitungen für die Gymnasialstudien begonnen.
Wie anfangs schon, so hieß es besonders im Schuljahre 1901/02 für die meisten das öffentliche Gymnasium besuchen, waS den Obern nicht wenig Besorgnis machte; allein die beinahe insgesamt sehr guten Erfolge in der Schule, welche auch in den
übrigen Jahren nicht ausblieben, behoben sie aller Furcht.
Und so verging, die Zeit bis jetzt unter Freuden und auch unter manchen Leiden. Besonders schmerzlich berührte es die Zöglinge, ihren geliebten Vater, den jetzigen Bischof Msgr. -sauer Geyer, den Gründer des Knabenseminars, zu dessen Ehren das Institut den Namen Taverianum führt, von ihnen scheiden sehen zu müssen. Doch — halt, da hätten wir ja vor lauter Plaudern das Taverianum selbst nicht gesehen und wären beinahe an der Haustüre vorbeigegangen. Nur hier hinein, mein lieber Leser! So — und jetzt die Stiegen hinauf. Hörst du, schon schallt uns fröhliches Lachen entgegen, da kommen wir gerade zur rechten Zeit, ohne zu stören, weil die Zöglinge eben eine Erholungsstunde haben.
Vorerst besehen wir uns die kleine Kapelle. Du darfst dir aber nicht wer weiß welch' große Herrlichkeiten daselbst vorstellen, denn alles, was du hier findest, ist Hausfabrikat, Altar, Knieschemel re. alles von den Zöglingen selbst aus eigenem Antrieb verfertigt. Vom Hauptaltare streckt dir ein liebes Jesukindlein die Händchen entgegen, weiter davon findest du ein Kästchen, worin die Zöglinge ihre Empfehlungen hineinlegen, für deren Erhörung sie auch täglich beten; natürlich besitzen auch die allerseligste Jungfrau und der hl. Josef jedes sein Al-tärchen, die oft von Knieenden umlagert sind.
Noch eine Stiege hinauf gehen wir an den Schlafsälen vorbei und treten in die Erholungs- und Studiensäle. Hier herrscht reges Leben. Wir wollen uns unter die Zöglinge mischen, wobei ich dir, lieber Leser, einige vorstellen werde.
Hier steht eine kleine Gruppe, paßt wohl zusammen, da ein kleiner Oberösterreicher, ein bausbäckiger Tiroler und ein fröhlicher Slovene, die alle drei gespannt den, wie es scheint, wichtigen Auseinandersetzungen eines tüchtigen Regensburgers lauschen, während ein Böhme, der aber nicht ein Wort böhmisch versteht, schmunzelnd durch Kopfnicken seinen Beifall kundgibt. In einer Ecke des Saales bemüht sich unser junger Kapellmeister einem ein wenig unmusikalischen Ohre eine Melodie einzupauken; hier sitzen zwei gebeugt über dem „gewohnten Schach", und in ihrer Nähe beginnen zwei Sekundaner sich neckend einen Heidenlärm zu schlagen, der jedoch gleich auf ein Wort des Präfekten hin gedämpft wird. Da ist wieder einer ganz in ein geistliches Buch versenkt, während nicht weit davon ein langer Passauer sich vor einem Auditorium, das aus Tischen und Stühlen besteht, im Predigen übt. Ganz ungestört brummt, bei seinem Tische stehend, ein gemütlicher Niederösterreicher, der wegen seiner tiefen Stimme die andern
Zöglinge in die Versuchung führte, ihm den Beinamen „Baßgeige" zu geben, ein auswendig zu lernendes Gedicht vor sich her. Und so siehst du, lieber Leser, alle beschäftigt, alle sich unterhaltend, jeder nach seiner Art.
Horch! da tönt die Glocke; augenblicklich, wie auf einen Schlag verstummt der Lärm, verschließt sich jeder Mund, alle Zöglinge gehen an ihre Studientische und beginnen nach knieend verrichtetem kurzem Gebete ihr Studium.
Jetzt wollen auch wir den Saal verlassen. Du drückst mir beim Weggehen deine Verwunderung aus über das bunte Gemisch von Nationen, die du hier vorfandest. Ja, der Allmächtige hat die Zöglinge aus allen Richtungen zusammenberufen; sie sind wohl aus verschiedenen Ländern, jedoch eins in dem Streben, Ordenspriester zu werden, Missionäre, um den armen Negern in Zentralafrika Erlösung zu bringen, dieselben zu erretten aus den schmählichen Banden, die Satan um sie geschlungen.
Mögen sich nur recht viele solche Jünglinge, die sich dem Dienste Gottes als Missionäre weihen wollen, melden. Bei uns werden auch heuer wieder brave und talentierte Knaben aufgenommen und zu Ordens- und Missionspriestern herangebildet.
Bedingungen der Aufnahme sind folgende:
1.	Selbständige Neigung und sonstige Zeichen des Berufes zum Ordens- und Missionspriesterstande.
2.	Gelehriger, lebhafter, offener Charakter, energischer, standhafter, opferfreudiger Wille; sittliche Unverdorbenheit.
3.	Gesundes Urteil und gutes Talent, das befähigt, leicht und ohne Anstand die ganzen Gymnasialstudien durchzumachen.
4.	Gute Gesundheit und kräftiger Bau, frei von körperlichen Fehlern.
5.	Alter von ungefähr 12 Jahren. Für die erste Klasse wird ein Alter nicht unter 10 und nicht über 12 Jahre erfordert.
6.	Pensionsbeitrag nach Übereinkommen mit den Eltern oder deren Stellvertretern.
Fühlst du also, o Jüngling, daß Gott den Funken des apostolischen Berufes dir in die Brust gelegt, auf also, melde dich, lasse den Funken nicht ersticken, bitte um Aufnahme, wobei du noch zu deren Erlangung folgendes einzusenden hast:
1.	Kurzes, selbstgeschriebenes Gesuch und Erklärung, Ordens- und Missionspriester werden zu wollen.
2.	Taufzeugnis, worin die eheliche Geburt erwähnt ist.
3.	Firmungszeugnis, wenn man schon gefirmt ist.
4.	Ärztliches Zeugnis über Gesundheit, kräftigen Körperbau und Impfung.
5.	Pfarramtliches (verschlossenes) Zeugnis über sittliche Unverdorbenheit, Frömmigkeit und Altes Talent.
6.	Schulzeugnis (von solchen, die bereits an andern Anstalten studiert haben, säintliche Studi-n-zeugnisse).
7.	Einwilligung des Vaters oder Vormundes, daß der Knabe Ordens- und Missionspriester lverde
und Erklärung, ihn wieder zurückzunehmen, wenn er für uns untauglich sein sollte.
Beim Eintritt muß der Zögling eine entsprechende Ausstattung an Kleidung und Weißwäsche, sowie das notige Geld für eine etwa uotivendig werdende Heimreise mitbringen.
Weitere Aufschlüsse werden bereitwilligst vom Obern des Missionshauses erteilt.
Nus öem Wssionslebm.
tUunder der Gnade bei der Rettung der Seelen.
Aus Assuan berichtet uns eine unserer Schwestern folgendes:
Die Barmherzigkeit Gottes hat in der Tat keine Grenzen: er wirkt unaufhörlich Wunder der Gnade zum Wohle dieser armen Geschöpfe, welche uns umgeben: jeden Tag sind wir glückliche Zeugen und bringen hier einen Beweis dafür:
Eines schönen Morgens, nachdem wir kaum unsere geistlichen Übungen vollendet hatten, hörten wir wiederholt an unsere Türe klopfen. Es war ein armseliges Geschöpf, welches auf zwei Neger, eilten Jüngling und eine bejahrte Frau gestützt zu uns kam, um für sein Übel ein Heilmittel zu erflehen. Die Mutter Oberin verwendete für die arme Kranke sogleich die größte Sorgfalt und schenkte ihr jene Medizin, welche sie gegen ihre Krankheit als die nützlichste erachtete. Haua, so hieß nämlich die Kranke, entschloß sich jedoch nicht, sich zu erheben, um zu gehen: die Arme erwartete vielleicht, daß man sie in das Institut aufnehme.
Da sie aber sah, daß wir zögerten, machte sie sich Mut und lud sich selbst ein, indem sie bat, wenigstens einige Tage bei uns verbleiben zu können, um zu sehen, ob sich ihr Zustand etwas verbessern würde. „Wird aber dein Mann damit zufrieden sein", fragte ich sie. Auf dies hin wußte sie nicht, was sie mir antworten sollte. „Wo ist er denn", fuhr ich fort. „Er ist hier draußen und erwartet mich", sagte die Kranke, „und ich bitte dich, tue alles, um ihn zu überzeugen, daß er mich hier lasse, denn ich gestehe dir offen, daß ich, krank wie ich bin,. bei ihm zu
viel leide, da es nicht selten vorkommt, daß ich nichts habe, womit ich meinen Hunger stillen kann."
Es wurde also ihr Mann gefragt, ob er gesinnt sei, dem Wunsche seines Weibes nachzukommen. „Ja, ja", antwortete dieser schneller als wie in der Eile, „ich will sie nicht so krank, behaltet sie nur bei Euch". Und ganz zufrieden und glücklich, wie einer, der sich einer großen Last entledigt hat, ging er davon. Wie weit sind jene, welche die Gnade, den guten Gott zu kennen und zu lieben, nicht besitzen, ich sag nicht, von der wahren Liebe entfernt, sondern sogar von den Gesinnnngen einer natürlichen Menschlichkeit. Jener ging also davon und Haua blieb ganz zufrieden bei uns.
Die Mutter der Kranken jedoch wußte sich von ihrer Tochter nicht zu trennen, nicht so sehr, um der mütterlichen Liebe willen, als vielmehr aus Furcht, wir möchten aus ihrer Tochter das machen, was wir sind, nämlich Christen, da sie nämlich, wie wir bald merkten, eine fanatische Mohammedanerin war. Unsere Alte kam also bald mit dieser bald mit jener Ausrede jeden Tag, um die Tochter zu besuchen und blieb lange Zeit an ihrer Seite.	Haua fühlte sich
in wenigen Tagen bedeutend besser, da aber ihre Krankheit keine leichte war, benutzte ich die Zeit, um ihre Bekehrung zu versuchen.
Wir empfahlen dies Anliegen dem hl. Josef, denn dieser große Heilige erhält, wie die hl. Teresia sagt und wir aus eigener Erfahrung wissen, alle Gnaden von Gott dem Herrn. Die Kranke wurde demnach in den vorzüglichsten Geheimnissen unserer heiligen Religion unterrichtet, machte große Fortschritte und wirkte mit der Gnade, welche ihr Gott schenkte, treu
mit, so daß es ein wahrer Trost für uns war, Zeuge davon zu sein.
Die kranke Haua konnte keine langen Gebete lernen, aber dennoch war sie dahin gelangt, daß sie außer den wichtigsten Sachen auch einige Bitten des „Vater unser" im Gedächtnisse behielt und dieselben mit Einfalt und großem Eifer wiederholte. Die Kranke näherte sich nun mit großen Schritten dem Grabe. Eines Tages befiel sie sogar eine Krisis, an der man glaubte, daß sie unterliegen müsse. Die Mutter war beständig an ihrer Seite und verhinderte so, daß wir uns der Kranken nähern konnten.
Da machte Haua ein Zeichen, daß sie mir etwas ins Ohr sagen wolle. Ich neige mich zu ihr hin, um sie anzuhören, und sie erhebt ihre mageren Arme, wirft sie um meinen Hals und sagt mir ins Ohr: „Schau, ich sterbe gleich und bitte dich, mich nicht als Mohammedanerin sterben zu lassen". Ohne weiteres erweckte sie einen Akt des Glaubens, der Hoffnung, der Liebe, der Ergebung und der Reue über ihre Sünden und fügte hinzu: „Zweifle nicht an meinem Glauben. Ich bin vollkommen entschlossen". Und um mich noch mehr von ihrer Aufrichtigkeit zu überzeugen, verwünschte sie die mohammedanische Religion., und dann sagte sie mir: „Sage du mir alles das, was ich sagen muß und ich werde es sagen; wenn ich jedoch vor Schwäche nicht mehr zu sprechen imstande bin, so wisse, daß ich von ganzem Herzen alles annehme, was du mich lehrst, denn ich bin das Fleisch und du das Messer, alles was du an mir tust, ist gut und mir angenehm".
Die arme Kranke hatte noch nicht aufgehört mit mir zu sprechen, als plötzlich einige Männer, die von der fanatischen Mutter Hauas, ich weiß nicht auf welche Weise, geholt wurden, mit einem Angareb (Bett) ankamen, um die Tochter nachhause zu tragen, damit sie nicht bei uns stürbe. Mit Gewalt nahmen sie die arme Dulderin wie ein Stück Vieh auf die Schultern und trugen sie fort. Welch ein Schmerz für uns, da wir wußten, welch herrliche Gesinnungen die Kranke hatte. Wir konnten es nicht verhindern; einige Stunden darauf ließ ich mich zur armen Hütte der Kranken begleiten, welche voll Leute war und unter anderen sah ich an ihrem Sterbelager die Zauberin des Ortes. Es war mir unmöglich mit Haua allein sprechen zu können. Ich bemerkte jedoch, daß die Arme geweint hatte und fragte sie um den Grund hievon: „Ich weinte um dich", sagte sie mit kläglicher Stimme, „ich weinte um dich". Ich verstand ganz gut die Bedeutung jener Worte und auf was die Kranke anspielte und mit einigen bildlichen Ausdrücken, die nur sie verstehen konnte, ermunterte ich sie, auf Gott zu vertrauen und nachdem ich sie
gefragt, was sie wünsche und ich ihr dann bringen wolle, ging ich mit einem zwar betrübten aber nicht entmutigten Herzen nach Hause.
Gegen Abend desselben Tages besuchte ich wiederum Haua und brachte ihr die Sachen, um die sie mich gebeten hat. Diesmal konnte ich ihr mit größerer Leichtigkeit einige Worte des Trostes ins Ohr flüstern und sie bat mich, in ihrer Nähe zu bleiben und ihr zu helfen, gut zu sterben, denn sie sei entschlossen, in den Himmel zu gehen. Was jedoch die Taufe anbelangt, so war diese Angelegenheit auch diesmal ebenso schwierig, wie das anderemal, denn die Zauberin stand immer an ihrer Seite.
Ich wandte mich dann mit dem Herzen zu Gott und bat ihn, mir jene Seele zu schenken, indem er mich erleuchte, was ich tun sollte, um sie taufen zu können. In diesem Augenblicke kam mir in den Sinn, mit der Hexe ein Gespräch anzuknüpfen, und diese fing sofort an, mir ihre Leiden zu schildern, von den Wunden, die sie auf den Füßen habe, zu erzählen usw. Ich gab ihr dann ein Wachspflaster, lehrte sie die Art und Weise, es zu gebrauchen und sagte ihr, daß es besser sei, wenn sie sofort ginge, um es sich auf die Wunde zu legen und ich schon auf sie warten würde; dann ging sie fort.
Da ich gehört hatte, daß das Petroleum ausgegangen sei, gab ich der Mutter Hauas ein wenig Geld, damit sie sofort hinginge, um solches zu kaufen, um es für die Nacht in Bereitschaft zu haben. Auf diese Weise hatte ich mich beider zu gleicher Zeit erledigt und konnte so eine Viertelstunde voller Freiheit genießen. In dieser glücklichen Viertelstunde erneuerte Haua die Akte des Glaubens, der Hoffnung, der Liebe, der Reue und der Entsagung alles dessen, waS muselmännisch ist, und in aller Ruhe und zufrieden empfing sie die hl. Taufe, in der sie Josefa, zu Ehren des lieben Heiligen, unter dessen Schutz wir sie gestellt hatten, genannt wurde.
Kaum hatte ich beendet, als die beiden Alten und mit ihnen eine Menge Leute zurückkehrten. Josefa fiel darauf sofort in einen bewußtlosen Zustand und bald nachher begann der Todeskampf, der nur sehr kurz war. Einige Augenblicke hernach hauchte sie ihre, mit der Taufunschuld geschmückte Seele sanft und ruhig in die Hände des Schöpfers aus. Zum Zeichen, daß ich ihr bis zum Tode beistehen würde, sagte ich ihr, ich werde meine Hand auf ihre Stirne halten, bis sie gestorben sein werde.
O wahrhaft glückliche Seele! Die Freude, welche ich in jenem Augenblicke empfand, kann man nicht beschreiben: Um den Trost, eine Seele Gott und dem Himmel gewonnen zu haben, zu schildern, ge-
nügen menschliche Worte nicht. O möchte der Herr solche Wunder noch recht oft wiederholen.
Schwester Oliva
von den „Frommen Muttern des Ncgerlandes".
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Rührendes Beispiel christlichen Glaubens.
(And dem Tagebuche eines Missionärs.)
i^achdem ich das Land erst besser kannte, konnte e*''? ich, indem ich die von meinem Vorgänger zurückgelassenen Anweisungen zunutzen zog, eine gewisse Zahl christlicher Familien, welche nach verschiedenen Seiten hin zerstreut und seit mehr oder weniger langer Zeit den religiösen Übungen ferngeblieben waren, wiederfinden. Unter der Zahl dieser fand ich auch einen armen Greis namens Piok el Gibua, dessen Geschichte ich hier erzählen will.
Nach dem Verzeichnisse, in dem ich seinen Namen fand, mußte er mindestens 75 Jahre alt sein. Sehr wenige hatten ihn ehemals gekannt, keiner wußte, was seit fünf Jahren und darüber aus ihm geworden war. Letzten Sommer jedoch, da ich meine Fragen über ihn erneuerte, sagte mir einer von meinen Christen, er habe von einem Greis namens Piok reden gehört, der mehrere Meilen jenseits der Grenze unseres Missionsgebietes wohne und von dem man sage, daß er Gebete nach Art der Christen verrichte.
„Aber," fragte ich, „ist auf jener ©eite1' irgendeine Christengemeinde?"
„Nein," antwortete man mir, „das ist ein verlorenes, von jeder Christengemeinde entferntes Land, und wenn der Greis noch lebt, so weiß er sicher von dem lieben Gott nicht mehr viel."
„Nun denn," sagte ich, „wir müssen unser möglichstes tun, um ihm zuhilfe zu kommen."
Und da sich mein Mann angetragen hatte, mir als Führer zu dienen, so bat ich ihn, seine Nachforschungen gleich am folgenden Morgen mit meinem Diener zu beginnen.	So sind nun meine Leute
auf dem Wege. Alles, was sie wußten und zwar nur vom Hörensagen, war, daß Piok el Gibua, wenn er es wirklich war, eine Meile von einem Marktflecken entfernt wohne. Man kann sich also denken, wieviele Märsche und Gegenmärsche sie aus Mangel an genauer Auskunft in diesen halböden Gegenden machen mußten. Da schon mehr als die Hälfte des Tages in vergeblichem Suchen verflossen war, so wollten sie bereits wieder den Weg nach der Station einschlagen, als sie an einer einsam stehenden Hütte vorüberkamen, aus welcher ein unerwarteter Ton zu ihren Ohren drang.
„Könnte man nicht meinen, daß man hier bete?" rief der Diener aus?"
„In der Tat," antwortete sein Gefährte, „es ist richtig das Ave Maria." Sie gehen um das Häuschen herum und stehen nun vor einem Greise, der auf der bloßen Erde knieend, die Augen gen Himmel erhoben, einen Rosenkranz zwischen den Fingern drehte und dabei das Ave Maria absang.
„Bist du Piok el Gibua?" fragten meine Leute, die in diesem Augenblicke etwas verblüfft waren.
„Ja," antwortete er, stand aber nicht auf; „ihr suchet mich, gehet gefälligst hinein und wartet einen Augenblick."
Und er setzte in der nämlichen Stellung sein Gebet fort. Als er sein letztes Amen gesagt, stand er endlich auf und ging auf seinen Stock gestützt zu seinen Gästen hin. Diese grüßten ihn nach Art der Christen: „Gelobt sei Jesus Christus!" Er antwortete: „In Ewigkeit. Amen."
„Ei, Piok el Gibua, was für einen frommen Mann du vorstellst. Du betest dein Abendgebet gar frühe!"
„Wie? ihr wäret Christen! Ich suche deren schon solange! Sagt mir, ob noch ein Pater da ist, damit ich hingehen und mich vorbereiten kann, um gut zu sterben."
„Der Pater ist im nächsten Dorfe, er schickt uns, um Nachrichten von dir einzuholen und morgen wird er dich besuchen."
Der Greis.-Meinte vor Freuden. „Aber," fuhren seine Begleiter fort, „was für Gebete betest du denn zu dieser Stunde?"
„O sehet," entgegnete der Greis, „ich kenne die Religion gar wenige seit meiner Taufe habe ich den Pater nur ein- oder zweimal gesehen und es sind seitdem soviele Jahre. Jetzt bin ich gebrechlich und nicht mehr imstande zu laufen. Ich habe nur einen Taugenichts von Neffen, einen hartnäckigen Heiden, der nicht einmal einen Tag im Monat hier zubringt und sich nichts um mich kümmert. In der Umgebung ist kein einziger Christ, der mit mir von Gott redete. Und ich fürchte, böse zu sterben. Dann mache ich es den ganzen Tag lang, wie ihr gesehen habt, ich bete die Gebete, welche ich weiß."
„Du solltest wenigstens in deinem Hause beten und dich nicht so der Sonne aussetzen."
„Mein Hausistdas Haus eines Sünders. Draußen ist Gott allein der Herr; ich bete draußen besser."
Am folgenden Tage nach der hl. Messe machte ich mich auf den Weg. Ich hatte indessen kaum die erste Meile zurückgelegt, als die scharfen Augen meines Führers in ziemlicher Entfernung einen Greis wahrnahmen, der sich auf dem steinigen Fuß-
wege mühsam dahinschleppte. „Das ist Piok el Gjbua," rief er etwas zögernd aus.
Wir warteten. Er hatte sich nicht getäuscht. Der arme Alte, dem die Freude die Kräfte verdoppelt hatte, hatte sich vor Tagesanbruch auf den Weg gemacht und es war ihm gelungen, drei Meilen zurückzulegen. Gott weiß, welche Anstrengungen es
ihn kostete. Einige Heilmittel, welche ich eben bei mir hatte, brachte ihm einige Erleichterung; er kam seitdem bis in die Stadt und brachte da das Weihnachtsfest zu. Es gelang ihm, das. kleine Stück Land, welches er besaß, zu verkaufen und siedelte hierauf bei uns hier an. Doch nicht lange sollte er mehr bei uns sein; denn eine heftige Krankheit,
der er bei seinem hohen Alter nicht zu widerstehen vermochte, warf ihn auf das Krankenlager. Als es mit ihm zu Ende ging, empfing er mit innigster Freude die hl. Wegzehrung und verschied hierauf eines erbaulichen Todes.
*
* *
Ein alter afrikanischer Patriarch.
or acht Tagen stattete ich meinem guten alten Johann einen Besuch ab: er ist der erste unter
den Eschiras, der die hl. Taufe empfing. Seit vier Jahren ist er bereits ein Christ. und dies kam auf folgende Weise:
Der gute Mann, der im Alter schon sehr vorgeschritten ist und sein Ende herannahen fühlte, ließ mich eines Tages rufen und bat mich, daß ich ihn heilen solle. „Du siehst," sagte er mir, „daß meine Beine mich vergessen haben und mich nicht mehr tragen wollen; mein linker Arm hilft noch ein wenig dem rechten, aber das ist alles: ich bin bereits innen und außen tot. Ich bin nicht mehr das Haupt der Familie, denn meine Kinder gehorchen mir nicht mehr, meine Weiber — und ich hatte deren zehn —
haben mich verlassen und es bleibt mir nur noch eine übrig; die andern haben mir gesagt, daß die Ehe sich von selbst auflöst, wenn man so alt wird, wie ich bin und find einfach gegangen."
Ich sprach zu ihm vom lieben Gott und sagte ihm, daß ich am nächsten Morgen wiederkehren werde. Fünf Tage nacheinander besuchte ich ihn und wir unterhielten uns dann über allerlei. Er fing jedesmal an, mich um ein wenig Tabak zu bitten. Der Alte rief dann sein Weib, das einzige, das ihm treu geblieben; diese mußte den Tabak schneiden, ihn befeuchten und sodann die lange Pfeife austopfen und anzünden.
Die Alte bediente sich hierauf selbst damit, um einige tüchtige Züge zu machen und überreichte dann mit aller Ehrfurcht das kostbare Instrument dem Gemahl. Dieser sammelte hierauf alle seine Kräfte, räusperte heftig, um in seinen Lungen eine große Leere zu erzeigen und näherte endlich die Pfeife seinem Munde und bei geschlossenen Augen zog er und zog lange, bis er nicht mehr konnte; die Pfeife entfiel ihm sodann: der Rauch kam aus Mund und Nase wie eine dichte Wolke, zwei Freudentränen leuchteten aus seinen Augen und liefen über die ausgetrockneten Wangen des Alten, während ein neuer, starker Husten, der aus dem nahen Zimmer zu kommen schien, ihn hin- und herriß. Nach fünf Minuten war die Ruhe wieder hergestellt.
„Pater, o wie gut ist doch dein Tabak!" sagte der ■ Großvater und wir nahmen die Lektion des Katechismus wieder auf.
Es war nicht nötig, ihn Wort für Wort wiederholen zu lassen von dem, was er verstand; denn selbst dies wäre ihm für seinen alten Kopf zuviel gewesen; selbst für das Zeichen des hl. Kreuzes allein brauchte es lange Zeit, um es ihm beizubringen. Was ihn aber am meisten verwirrte, war der heilige Geist. Der Vater und der Sohn ging noch, aber dann der heilige Geist.
Eines Tages fing er, um mir zu zeigen, daß er es endlich gelernt habe, ganz frisch an: „Im Namen des Vaters und des Sohnes . . ." aber bei diesem Punkte hielt er inne, indem er «msrief: „und dann auch jener andere!"
Nach einigen Tagen wuchsen seine Unpäßlichkeiten; ich glaubte, daß er bald ins Jenseits hinüberwandern werde und spendete ihm deshalb die hl. Taufe. Er hatte gerade nicht die Wissenschaft eines Professors; aber die gute Stimmung und der gute Wille fehlten nicht.
Dieses ist der gute Alte, den ich gestern auf seiner Bank sitzend wiedersah, mit der er ein Ding zu bilden scheint. Die Taufe hat ihn geheilt und
ich möchte beinahe sagen, sie erhält ihn auch am Leben. Nach vier Jahren ist seine Wissenschaft noch immer am gleichen Punkte; er liebt aber Gott und das ist ja doch die Hauptsache.
„Ich bin zu dumm," sagte er zu mir, „um alle Gebete zu lernen, die du deinen Kindern lehrst; mein Kopf ist halt ein Strohschädel. Wenn ich morgens aufstehe, sage ich zum lieben Gott, daß ich aufgestanden bin, ich sage ihm, daß ich sein Sohn bin und daß ich ihn liebe. Wenn ich abends schlafen gehe, bitte ich ihn um Verzeihung meiner Sünden und ich sage ihm wiederum, daß ich ihn liebe und dann schlafe ich ein."
Diese so einfachen Gebete, sind sie nicht der Ausdruck einer einfältigen Seele, die hie und da einem Verse aus den Psalmen Davids gleichen? Und wir dürfen annehmen, daß sie dem Herrn ebenso angenehm sind wie die Lobgesänge jenes heiligen Königs.
Sein Weib hat nie etwas vom Katechismus hören wollen. Während der ersten Tage des Unterrichts ihres Gemahls war sie sogar ganz wütend und verbarg keineswegs ihren Groll, den Weißen beständig im Hause und um den Alten zu sehen; es war ein beständiges Murren und Brummen.
Jetzt ist sie ganz zufrieden, da sie weiß, daß auch sie bei der Wiederkehr des Weißeu ihren Tabak und ein wenig Salz bekommt und auf diese Weise wächst auch in ihr die Liebe zum Alten. Sie wohnt auch unsern Unterhaltungen bei und wird nie müde, die Weisheit ihres Gemahls zu bewundern. „Ja wahrhaftig," sagt sie zu ihm, „du sprichst wirklich wie ein Weißer!"
Werde ich auch sie retten können? Ich weiß es nicht; ich rechne sehr auf die Barmherzigkeit Gottes, aber nicht zu sehr auf die Gebete des Alten.
Vor kurzem sprach ich mit ihm von seinem Weibe und vom Verlangen, das ich habe, sie zu bekehren. Er frug mich sodann, ob im Himmel oben der Mann bei seinem Weibe bleiben müsse wie auf dieser Welt.
„Nicht immer," antwortete ich ihm, „aber ich glaube, daß man dies ganz leicht mit Gott ausmachen kann."
„Ganz recht so," antwortete der Alte, „dann werde ich den lieben Gott bitten, daß ich etwas entfernt von ihr komme und zwar an einen Platz, wo ich sie nur sehen kann."
Möge Gott der Herr in dieser kleinen Familie das Werk seiner Gnade vollenden.
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ItierKwnrdige Begebenheit « « «- « « « « « « mit einem Zauberer.
cid;’ außerordentlicher Mittel sich der liebe Gott bedient, um seine abtrünnigen Schäflein zur Herde zurückzuführen, davon gibt folgendes Beispiel in sprechendster Weise Zeugnis.
Im Dorfe Eschesch lebte eine zahlreiche Familie Abdelbahi, welche seit sovielen Jahren in ihrer Abtrünnigkeit verharrte. Nach allen vergeblichen Versuchen der anderen Patres wußte ich nicht so recht, was ich tun sollte, um sie zu bekehren. Alle ehemaligen Christen, die in ihrer Kindheit getauft worden waren, waren verschwunden, mit Ausnahme einer 70 Jahre alten Frau, welche, wenngleich sie nicht getauft war, doch einen gewissen christlichen Anstrich erhalten hatte. Letztes Jahr sah sie, nachdem sie schon seit einiger Zeit gebrechlich war, wie ihr Zustand sich derart verschlimmerte, daß sie an allen Gliedern lahm wurde. Da sie sich nicht mehr helfen noch ohne den Beistand anderer selbst nicht mehr bewegen konnte, so ward ihr das Leben zur Last. So sehr man auch die kindliche Liebe der Eschesch-Neger gegen ihre Eltern rühmt, so ist es dach Tatsache, daß es keine ausdauernde Liebe gibt, wenn die Krankheit oder die Gebrechen lange andauern. Die Geduld ist bald zu Ende. Die arme Kranke hatte also Zeit genug, die Bitterkeit ihrer Lage zu verkosten.
Eines Tages, da sie vom Kummer ganz darniedergebeugt war, ließ sie zwei ihrer Enkel rufen und sagte ihnen, sie sollen hinziehen und die Zauberer und Wahrsager beraten, welche man hier überall trifft und zu denen die Neger, wenn sie auch kein großes Vertrauen haben, doch gern ihre Zuflucht nehmen. Sie ließ fragen, ob und wie sie geheilt' werden könnte und ob sie für den Fall, wenn sie keine Linderung zu erwarten hätte, noch lange leiden müsse.
Die Boten versahen sich mit einigen Geldstücken, um die Beratung zu bezahlen; dann reisten sie ab. Der Zufall wollte, daß sie am Eingang in das Dorf einen Mann trafen, welcher das Handwerk eines Zauberers übt. Er war ein Fremder, eine wertvolle Eigenschaft; denn er konnte nicht Kenntnisse verwenden, welche er im Lande erworben hatte und ihr Familienverhältnis und ihre Geschichte war ihm durchaus unbekannt. Er verlangte aber Bezahlung, bevor er antwortete. „Meine Antwort," sagte er zu ihnen, „könnte euch nicht gefallen, und ich würde große Gefahr laufen, meinen Lohn zu verlieren."
Da geschah ein Wunder, wie es bei Beschwörungen
oft vorkommt: Der Lügengeist war genötigt, die Wahrheit zu bekennen. „Eure Familie," sagte der Zauberer, „war ehemals christlich. Warum habt ihr eure Religion verlassen? Der wahre Herr des Himmels ist über euch erzürnt. Wenn eure Großmutter so heimgesucht ist und wenn euch anderes Unglück begegnet, so suchet die Ursache hievon nicht anderswo."
Die Boten waren betroffen, als sie einen solchen Ausdruck hörten. Da der Zauberer kein Wort mehr hinzufügen wollte, so kehrten sie tiefbeschämt heim und erzählten der alten Großmutter ihr Abenteuer. Diese schien, nachdem sie eine Weile zugehört hatte, einige Zeit zu überlegen; dann sagte sie, wie wenn sie von einem Traume erwachte: Es ist wahr, euer Großvater bekannte sich zur christlichen Religion und ich selbst hatte sie angenommen. Da er aber gestorben ist, bevor ich getauft werden konnte, so gab ich meine religiösen Übungen auf. Jetzt gibt es nicht weit von hier Christen. Holet mir die älteste der Töchter Jafna; sie ist eine ernste und in ihrer Religion gut unterrichtete Person, sie wird uns sagen, was wir zu tun haben."
Die Jungfrau Jafua, deren Familie eine halbe Stunde entfernt wohnte, läßt sich nicht lange bitten und eilt zu der Kranken. Diese letztere erzählt ihr ihre Geschichte und bittet sie inständigst, sie zu taufen. „Das ist recht," sagte Jafna, „daß ihr in eurem Alter an euer Heil denkt.	Ihr könnt euch
aber nicht ganz allein retten. Euer Abfall hat einstmals den der ganzen Familie herbeigeführt. Eure Rückkehr muß sie jetzt auf den rechten Weg zurückführen. Es ist dies übrigens ihr Interesse so gut wie das eitrige; sie haben kein anderes Mittel, den Mißgeschicken, von denen sie bedroht sind, zu entgehen."
Da halbwegs die Furcht und halbwegs der Wunsch, ihrer Großmutter eine Linderung zu verschaffen, half, so willigten sie alle ein. Nachdem dann die Tochter Jafna die kranke Alte im Katechismus unterrichtet und gehörig vorbereitet hatte, taufte sie dieselbe, Ihre gelähmten Glieder erlangten die Bewegung wieder; sie bekam Kräfte genug, um sich selbst zu bedienen und im Hause herumzugehen. Jedermann sah hierin ein wahres Wunder, was nicht wenig dazu beitrug, die Neubekehrten im Glauben zu bestärken.
Einige Zeit nachher kam ich zum Besuche nach Eschesch. Ich wollte die Rückkehr dieses Teiles meiner Herde in den Schafstall feierlich begehen. Die größte Zahl der Christen aus der nächsten Umgegend wurde eingeladen. Die Götzenbilder, die Werkzeuge des Aberglaubens, die heidnischen Abzeichen, alles wurde
Nr. 1	Stern der Neg!
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Nr. 1
Stern der Neger
hinausgeworfen und in unserer Gegenwart verbrannt. Die gute Alte insbesondere war glücklich; die letzten Nachzügler, diejenigen, welche noch zögerten, erklärten sich an diesem Tage für unsere heilige Religion und ich zahlte 29 neue Rekruten in der Streiterschar Christi.
Seit jener Zeit ist ein Jahr verflossen und alle beharren in ihren guten Gesinnungen. Obschon sie von unserer Station entfernt sind, so schicken sie ihre Kinder doch dorthin in die Schule.
Unsere Neger werden, so hoffen wir, durch dieses wunderbare Eingreifen Gottes in ihrem Glauben und ihrer Anhänglichkeit an die christliche Religion bestärkt und befestigt worden sein; zugleich sind solche Vorfälle angenehme Punkte im Leben des Missionärs, die ihn in der Ausübung seines schwierigen Berufes stärke» und ihn stets von neuem anspornen, sein ganzes Leben dem Wohle der armen Neger zu widmen.
Erlebnisse eines Missionärs.
ZMls ich mich vor 5 Jahren zum erstenmale bei den Negern in Unyanyembe niedergelassen, flohen sie alle oder nahezu alle wie eigentliche Wilde, die sie denn auch waren, in den Wald. Bei diesem ersten Besuche konnte ich sie trotz aller meiner Einladungen nicht dahin bringen, daß sie mich in dem bescheidenen Häuschen, welches ich mir mitten in ihrem eigenen Dorfe errichtet hatte, besucht hätten; so mußte ich denn umkehren, ohne etwas ausgerichtet zu haben. Darauf wandte ich ein anderes Mittel an. Nach der Rückkehr in die Station suchte ich unter meinen Christen einen, welcher den Versuch machen sollte, diese armen Neger wenn auch nur einigermaßen zahmer zu machen. Ich hatte gerade einen Christen, dessen Vater und Mutter zu diesem Stamme gehörten; meine Wahl war daher bald getroffen. Ich machte ihm den Vorschlag, daß er einen Monat lang unter seinen Landsleuten zubringen solle. Er machte nun freilich einige Schwierigkeiten, als ich ihm aber einen Taler versprach, nahm er ihn alsbald an. Er knüpfte mit seinen Stammesgenossen nach und nach Verbindungen an und nach Verlauf eines Monats kam er ganz triumphierend mit der Meldung zurück, daß seine Mitbürger die Religion kennen lernen möchten.
Da ich den schönen Worten meines Geschäftsträgers nicht ganz traute, sandte ich einen Katecheten hin, welcher auch seinerseits einen Monat und darüber im Negerdorfe blieb, worauf er ganz entzückt von der Schlichtheit dieser armen Leute zurückkehrte.
Darauf ging ich selbst hin, um sie neuerdings zu besuchen. Auf dem Wege empfahl ich sic inbrünstig ihren hl. Schutzengeln. Ich marschierte den ganzen Tag und gelangte gegen 5 Uhr abends, von Anstrengung erschöpft, zu meiner kleinen Hütte, welche als Versammlungsort für das gemeinsame Gebet diente. Das Innere entsprach dem Äußeren. Da gab es weder Stuhl noch Tisch, alles nur ein ganz leerer Raum.
Als die Hauptperson des Dorfes mich kommen sieht, legt sie zu meinem Empfange ihr schönstes Kleid an und wirft sich nieder, mich zu empfangen. Gleich darauf kommen zwei, drei, vier andere Besucher und bald zählte ich deren zwanzig, doch weder eine einzige Frau noch ein Kind. Ich suche sie durch einige freundliche Worte in heitere Stimmung zu versetzen, was mir aber nur so halb gelingt; sie sitzen da zusammengekauert und wagen mir kaum ins Gesicht zu sehen. Ich frage, ob sie einige Gebete wissen, worauf sie sich anschicken, so etwas wie: Im Namen des Vaters, Vaterunser und Ave Maria herzusagen. Inzwischen läßt mich der Scheich durch seinen Sohn zum Nachtessen einladen. Man bringt mir ein Gericht, ich weiß nicht was, in einem so unsauberen Geschirr, daß ich es nicht anrühren konnte, und doch bin ich, im Vorbeigehen gesagt, was die Küche betrifft, nicht gerade heikel. Ich begnügte mich mit zwei rohen Eiern, die dazu noch halb ausgebrütet waren! Das war mein erstes Nachtessen.
Als der Augenblick zum gemeinsamen Gebete gekommen war, gab ich das Zeichen durch einen Schlag auf ein Stück Eisen, welches als Glocke diente. Als Teilnehmer hatte ich etwa 20 Personen, darunter 4—5 Mädchen, aber in welch erbärmlichem und elendem Aufputze! Nie noch, seit ich in dieser Gegend bin, habe ich so Armseliges gesehen.
Ich fing nun selbst die wenigen Gebete an, die sie wußten. Mitten im schönsten Gebete streifte eine giftige Schlange um meine Fiiße. Alle sahen sie, nur ich gewahrte sie erst nach denselben. Nachdem ich sie getötet, dankte ich meinem guten Engel, daß er mich so bewahrt hatte und dachte dabei an die Worte des Propheten: „Aber Schlangen wirst du wandeln." Ja, wen Gott behütet, der steht in guter Hut. Da die meisten meiner Zuhörer die Sprache nicht verstanden, war der Unterricht im Katechismus sehr kurz, Ich selbst aber begriff wohl, daß hier der Katechismus-Unterricht besonders zu schaffen machen werde. Als sie sich zurückgezogen hatten, streckte ich mich auf meiner kleinen Matte, die als Matratze diente, aus; die in einen Stoff gehüllten Schuhe dienten als Kopfkissen. Wohl hatte man
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Stern der Neger
mir ein solches gebracht, das war aber so ölig, daß ich meinen Kopf demselben nicht anvertrauen konnte.
Da ich mein Moskitogarn vergessen hatte, konnte ich lange versuchen, einzuschlafen; es mar umsonst, die Moskitos wollten es nicht haben. Bis tief in die Nacht hinein lief ich hin und her. Gegen 1 Uhr morgens mache ich einen neuen Versuch zu schlafen, immer vergebens. Nun ersinne ich ein neues Mittel. Ich hülle mich in 3 Paar Hosen, 3 Röcke, ziehe Strümpfe an Hände und Füße, stecke den Kopf in einen gewaltigen Turban und lasse nur Nasenspitze und Mund frei. So eingewickelt konnte ich einschlafen; aber am Morgen beim Erwachen war die Nasenspitze blutrot, während die Lippen verschont geblieben waren.
Mit Tagesanbruch kamen meine neuen Kate-chumenen aus eigenem Antriebe zum Gebete und fanden mich in meinem seltsamen Aufputze. In Europa hätte man darüber gelacht, aber meine lieben Neger gaben nicht einmal acht darauf. Ich gab ihnen etwas Unterricht, dann brachte man ein Frühstück, welches eben nicht mehr wert war, als das Nachtessen tags vorher; 'aber kraft des Grundsatzes, bei Fasten und magerer Kost nur immer guten Mutes, suchte ich demselben immerhin Ehre anzutun. Sicher habe ich dabei keine Sünde der Gaumeulust begangen.
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£ etztes Jahr kam ein Zauberer, deren es hier noch einige	gibt, zu mir. Der	gute	Mann,	seines
Handwerks	ein Prediger, hatte	sein	Leben	bisher
zugebracht,	mit dem Hirtenstab,	dem	Zeichen	seines
Amtes in der Hand, über Berg und Tal zu laufen, um alle Leute, reiche und arme, zu ermahnen, daß sie gute Werke verrichten sollen. Da er auf seinen beständigen Reisen von unserer Religion reden hörte, kam er hieher und forderte einen Katechumenen mit einer Frage heraus. Der Wortstreit dauerte aber nicht lange; er wurde bald aus dem Sattel gehoben, zum Weichen gebracht und genötigt, seine Niederlage zu gestehen.
Da der Pater abwesend war, so versprach er in kurzer Frist wiederzukommen und mehrere seiner Jünger, welche gleich ihm Christen werden wollten, mitzubringen.
Man sagte mir die Sache bei seiner Rückkehr. Der Zauberer erschien in der Tat kurze Zeit nachher, von einigen Bauern des Nachbardorfes gefolgt, wieder. Er machte einen unangenehmen Eindruck
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auf mich. Sein langer, schlechtgekämmter Bart, seine zerzausten Haare, sein Aussehen gleicht dem einer Zauberin, seine meckernde Stimme, in die sich regelmäßiges Lachen mischte, seine Kniebeugungen, die bis ins Übermaß gingen, sprachen schlecht zu seinen Gunsten. Und dann glaubte ich zu bemerken, daß er ein Rädchen zuviel habe. Unter seinen Gefährten nahm ich einen ehrwürdigen Greis wahr, dessen offenes Gesicht, freimütiges Lachen und einfache Worte mich bald für ihn einnahmen.
Ich setzte den Pater Obern von der Sache in Kenntnis und betonte das geringe Vertrauen, welches der Anblick des Zauberers in mir erregte. Der Pater sagte mir, es sei ratsam, keinen Zauberer in die Zahl der Katechumenen aufzunehmen. Wenn es der Wille Gottes wäre, sie zum Glauben zu führen, so würde er ja wohl die Mittel haben, denselben zu offenbaren. Ich befolgte diese Weisung, ohne davon abzuweichen. Die Leute des Marktfleckens deü schwarzen Drachen, wie sie gewöhnlich genannt werden, mochten lange herbeiströmen; ich zeigte mich eisern gegen sie, weigerte mich beständig, sie zu sehen, ließ sie kalt empfangen und gab ihnen zu verstehen, daß sie ihre Mühe verlieren.
Eines Tages ging sogar der vortreffliche alte Papa, dessen offenes Gesicht mich beim ersten Anblick für ihn gewonnen hatte, wieder fort, ohne seine Mahlzeit zu nehmen; sein Herz war zerrissen, die Augen voller Tränen. Die Probe kostete mich soviel als ihn. Ich glaubte, die Sache sei nun gänzlich begraben; doch nein, sie sollte wieder aufleben.
Zu Ende Oktober kamen wirklich meine Leute wieder mit dem gleichen Gesuche und noch dringender bittend. Der gute Greis hielt besonders dringend an und seine Gründe hatten wirklich einiges Gewicht. Wenn ich," so sagte er, „nicht aufrichtig Christ zu werden wünschte, würde ich, ein Greis, dann so oft und so weit herkommen, um mir diese Gnade zu erbitten?"
Ich setzte dem Pater offen die ganze Geschichte auseinander. Er gab mir den Befehl, von meiner Strenge abzulassen und selbst au Ort und Stelle zu gehen,	um	die Sache .	zu	untersuchen.	Diese
Wendung kostete meiner Eigenliebe ein Opfer. Denn wie sollte	ich	in der Tat diesen Bauern	mein
früheres so hartes Benehmen begreiflich machen? Und dann hätte ich gewünscht, das Unkraut vom Weizen zu trennen, nämlich den Zauberer zu entfernen und	den	guten Greis	zu	behalten. Ich benützte hiezu	den	Anlaß, als	sich	eines Tages	meine
zwei Männer gleichzeitig einstellten. Der Zauberer hatte seinen Bart wachsen lassen, was ihm ein noch lächerlicheres Aussehen als sonst gab. Sie verlangten
mich zu sehen. Ich weigerte mich. „Sag dem Zauberer," befahl ich einem meiner Katechumenen, sein Äußeres sei wenig angetan, um mir seinen Wunsch, Christ zu werden, zu beweisen.
Der Auftrag wurde ausgerichtet und beide gingen wieder fort; der Greis aber mit schwerem Herzen. Einige Stunden später kam er wieder und diesmal allein. Das war alles, was ich wünschte. „Ich kann nicht fortgehen, ohne daß ich den Pater gesehen habe," sagte er; „ich wäre für immer untröstlich darüber. Bitte ihn, mir eine Audienz zu gewähren.
Man überbrachte mir das Gesuch. Obschon ich ganz entschlossen war, selbes zu gewähren, zeigte ich mich doch spröde. „Mein alter Kopf," sagte ich, „möchte an die Aufrichtigkeit deiner Bitte glauben, aber siehe, ob ich es kann, da dich ein Narr zu mir führt."
„Der arme Mann wußte nicht, was er antworten sollte. Er stammelte: „Pater, ich versichere dich, daß ich aufrichtigen Herzens Christ sein will."
„Wohlan," versetzte ich, „so will ich gerne noch einen Versuch machen. Bleibe hier, um die Gebete und die Glaubenslehre zu lernen. Ich werde deinen Eifer sehen, werde überlegen und hierauf werde ich entscheiden; willst du das?"
Unmöglich könnte ich die Freude schildern, welche bei dieser Nachricht auf seinem Gesichte strahlte. „Ob ich es will, Vater! Ja, gewiß, und solange als du selbst es willst, solange werde ich bleiben, eine Woche, einen Monat, mehr, nach deinem Belieben.
Der vortreffliche Mann machte sich freudig an die Arbeit. Ein kleiner Knabe erklärte ihm Tag und Nacht den Katechismus. Aber die Geisteskräfte kamen den Wünschen nicht gleich. Mit 60 Jahren ist es hart, Schüler zu werden und das Gedächtnis behält das, was man ihm anvertraut, schlecht. Eine andere Prüfung gesellt sich dazu. Der neue Kate-chumene ist zuhause wohlhabend und ißt nur die gute Kesra, während er sich hier mit der einfachen Durrah begnügen muß. Es widerstand seinem Magen. „An dem soll es nicht hängen," so sagte er stets; „ich will, ja, ich will Christ sein."
Der Zauberer kam bald wieder und immer noch mit seinem langen Barte. Wir waren im Winter. Dessenungeachtet nimmt sein alter Freund die Schcere zur Hand und schneidet ihn herunter. Ich weigerte mich nichtsdestoweniger, ihn zu sehen. „Ich habe die Bilder seiner Götzen noch nicht bekommen," schützte ich vor. „Er soll ste bringen, dann werden wir sehen."
Einige Tage nachher erschien der Grasesser, der sein ganzes Leben mit Hin- und Herlaufen zugebracht, wieder mit dem Bettclsack am Rücken und im Sacke
waren vier ganz vergoldete Bilder aus Holz, eines aus gebrannter Erde und eines aus Kupfer. Bei ihm befand sich ein junger, hervorragender Mann. Dieser bezeugte eine wahre Achtung vor dem alten Zauberer. Ich hege einige Hoffnung, daß er Christ wird.
Der Zauberer wurde diesmal bei mir vorgelassen. Ich forderte, daß er seinen jüngsten Sohn mitbringe. Er brachte ihn in der Tat und derselbe ist ein vortreffliches Kind.
Der Zauberer bekam Erlaubnis, bei uns zu bleiben, damit auch er die Gebete und die Glaubenslehre lernen könne. Er machte sich mit einem Eifer, der allen Löbens wert ist, an die Arbeit. Er läßt sich am Eingänge nieder und wiederholt mit unüberwindlicher Geduld die wenigen Sätze, welche ihm ein kleiner Knabe oder sein Sohn erklärt hat. Wenn ihn die Besucher belästigen, so flüchtet er sich in die Schule und setzt sich, ohne sich zu schämen, zu den Buben. Stört ihn das Schulvolk, so geht er in den Garten und lagert sich in einem Kohlbeete und sagt, auf dem Boden sitzend und den Kopf mit beiden Händen haltend, seine Lektion her. Wenn ihn dann wieder die zahlreichen Mücken nicht in Ruhe lassen, so läuft er durch die Felder und überdenkt dahintrollend unaufhörlich das, was sein altes Gedächtnis zu behalten sich weigert; der Tag genügt nicht, er arbeitet auch bei Nacht. Der Knabe, der ihn unterrichtet, sagt deshalb auch wiederholt zu mir: „Pater, der Zauberer ist ein braver Mann, er läßt sich die Arbeit angelegen sein und wird sicher Christ werden."
Wird er es wirklich werden? Ich habe nicht die gleiche Zuversicht wie mein kleiner Knabe. Ein Deutscher ist von Natur aus etwas mißtrauisch; ich habe also noch Proben notwendig, bevor ich mich ausspreche. Ich gestehe jedoch, daß ich zu glauben geneigt bin, er sei in der Tat ein redlicher Mann, der allerdings ein Rädchen zuviel hat, aber ein solches von gemütlicher Natur. Er hat sich das Ziel gesteckt, gute Werke zu verrichten. Wenn er Zauberer geworden, so tat er es, weil er sich Verdienste erwerben wollte.
Ich hoffe, in ihm einen ganz guten Christen zu erziehen. Doch die Zeit wird lehren, ob ich mich irre. Ich habe übrigens Erkundigungen eingezogen. Wir gingen, zuerst ein Katechet, dann ich selbst an Ort und Stelle, befragten die Nachbarn und Vornehmeren und alle sagten einstimmig, dieser Zauberer sei ein rechtschaffener Mann, in der Gegend geachtet, obschon er nicht ganz richtig im Kopfe sei.
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Stern der Neger
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Afrikanische Anekdoten.
er junge Missionär P. Naimbault erzählt in einem seiner Briefe einige Vorkommnisse aus seiner Mission.
Ich werde oft gerufen, um den Kranken beizustehen und dieses Apostolat ist sehr fruchtreich und interessant. Eine alte Negerin sagte mir vor einigen Tagen, nachdem sie die letzten Sakramente empfangen hatte, folgendes: Pater, der liebe Gott, den du mir gebracht hast, hat mein Herz ernährt und ich bin deshalb sehr zufrieden; aber schau, mein Magen ist noch leer und ich bitte dich um einige Pfennige, damit ich mir etwas zu essen kaufen kann."
„Aber du hast ja nicht nötig zu essen, denn noch diese Nacht wirst du hingehen, um den lieben Gott zu sehen."
„O Pater, du weißt wohl, daß der Weg weit ist und wenn ich unterwegs vor Hunger sterbe, werden mich die bösen Geister bald aufgefressen haben."
„Nein, meine Liebe, die bösen Geister vermögen nichts über die Seelen, welche im Stande der Gnade sind."
Da sah mich die Alte an und sagte: „Du hast recht, ich spreche noch wie eine Heidin." Und ich
steckte das Geld wieder in die Tasche,. welches ich bereits in der Hand hielt und es ihr hinreichte, um sie zufriedenzustellen.
Ein anderesmal wurde ich zu einem Eingeborenen gerufen, der an der Wassersucht litt. Ich hatte ihn schon mehreremale besucht.
„Warum hast du mich rufen lassen, guter Freund?" fragte ich, als ich in seine elende Hütte eintrat.
„O Pater," antwortete er, „nach meiner letzten Beicht habe ich eine große Sünde begangen und so will ich nicht sterben!"
„Gott ist ja gütig und barmherzig," erwiderte ich dann, „er wird dir es schon verzeihen, nur Mut und Vertrauen: nun, was war denn das für eine Sünde?"
„Pater, als ich heute mit dem Simbo sprach, der, wie du weißt, der Häuptling vom Dorfe ist, sagte ich ihm, Pater ... ich habe gesagt ..." und der arme Mann zitterte vor Furcht, „ich habe gesagt, daß dein Bart so ausschaue wie der einer Ziege."
Ich war natürlich nicht zu strenge in der Buße mit diesem armen Kranken. Als ich von diesem Besuche nach Hause zurückkehrte, ging ich zwar ein wenig mit geneigtem Haupte, aber mit dem Herzen voller Freude.
t


Verschiedenes.
Gin grosses Familienfest. Der ii., 12. und 13. Dezember waren für unser Missionshaus wahre Freudentage. — Welches Kind freut sich denn nicht, wenn der Vater wieder heimkehrt? — Auch unser Vater kam wieder, aber nicht mehr als unser hochw. Pater Rektor, sondern als unser Bischof. Und darum erfüllte in doppelter Weise Freude unser Herz, obwohl dieselbe durch den baldigen Abschied bedeutend gedämpft wurde.
Schon mehrere Tage vorher waren alle darauf bedacht, den Freudentag möglich schön zu gestalten. Schon am frühen Morgen des 11. Dezembers wagten sich Fahnen zu den Dachfenstern hinaus, um auch nach außen hin unsere Freude kund zu geben.
Bescheiden, aber sehr herzlich war der Empfang des hochwürdigsten Monsignor Taver Geyer. Das ganze Personal des Missionshauses und des Taveria-nums war an der Pforte versammelt, als endlich
gegen 6 Uhr abends der Bischof in Begleitung des hochwürdigen Pater V. Vogrinc vom Bahnhöfe im Missionshause anlangte. Nachdem Monsignor alle begrüßt und zum erstenmale ihm alle den Ring geküßt, wurde er in die Kapelle begleitet, wo die Zöglinge des ikaverianums ein vierstimmiges «Ecc6 sacerdos» in musterhafter Weise sangen. Hierauf erteilte er uns allen seinen apostolischen Segen.
Der 12. Dezember war wirklich einer der schönsten Tage, die das Missionshaus erlebte. Um 1/28 Uhr wurde der hochwürdigste Bischof von mehreren Klerikern aus seinem Zimmer abgeholt und in die Kapelle geführt, um zum erstenmale in diesem Hause ein herrliches Pontificalamt abzuhalten. Rührend war der Anblick, unseren gewesenen Pater Rektor im vollen bischöflichen Ornate zum Altare treten zu sehen. Drei Priester und sechs Kleriker assistierten. Die Kapelle stand im schönsten Schmucke und der Sänger-
chor tat sein möglichstes, die Feier durch eine , schöne vierstimmige Messe zu erhöhen. Zum Schluffe wurde feierlich das „Großer Gott, wir loben dich" angestimmt, um Gott für die Gnade, wieder einen Bischof zu haben, innigst zu danken.
Nach dem feierlichen Pontificalamte fand in einem schön geschmückten Saale die Festfeier statt. In vielen Sprachen wurde Monsignor X. Geyer begrüßt. Musik und Gesang wechselten ab. Zuni Schluffe ergriff der hochwst.
Bischof selbst das Wort, dankte allen seinen lieben Söhnen für die Liebe, die sie ihm bisher erwiesen und forderte sie auf, treu und fest zu halten an der Fahne, zu der sie geschworen.
Das Kreuz, das ich auf der Brust trage, haben bereits drei Missionsbischöfe getragen und ich bin stolz darauf, das Kreuz, welches mir der heilige Vater Pius X. überreichte, mutig durch die heißen Sandwüsten Zentralafrikas zu tragen und wirmüssen bereit sein, das Kreuz, das ihnen entfallen war, aufzuheben und über die Gebeine unserer Vorgänger hinwegzuschreiten und mit Todesverachtung das Werk, das sie begonnen, fortzusetzen. Besonders in diesen Tagen wurde ich öfters gefragt, ob es denn dafür stehe, so viele Opfer an Menschen und Mitteln für die Neger Afrikas zu bringen, und ich bin der Ansicht, daß, wenn das 19. Jahrhundert für Afrika das Jahrhundert der Entschleierung war, das 20. Jahrhundert aber Afrikas Erlösung . und Rettung sein wird. . . . Am darauf folgenden Sonntage hielt der hochw. Bischof in der Domkirche zu Brixen eine Predigt über die Mission.
Nur zu bald schlug die Abschiedsstunde. Am Abende desselben Tages versammelten sich alle um ihren geliebten Vater und Hirten, um ihm ein letztes „Lebewohl!" und „Aus baldiges Wiedersehen in Afrika!" zuzurufen. Nachdem er alle Patres, Professen und Novizen auf die herzlichste Weise.umarmt hatte, richtete er noch einige ermunternde Abschiedsworte an uns und erteilte allen seinen apostolischen Segen.
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Abreise des bocbwst. Msnsgr. Xaver ßeyer nach HfriRa. Nachdem Se. Exzellenz Msgr. Xaver Geyer am 14. Dez. früh morgens Brixen verlassen hatte, begab er sich über Verona nach Rom, wo er von Sr.
Heiligkeit Papst Pius X. in einer besonderen Audienz huldvollst empfangen und mit den herzlichsten Segenswünschen verabschiedet wurde. Von Rom reiste er mit dem hochw.Pater Bernard Zorn nach Brindisi, um sich dort auf dem österreichischen Lloyd in die Mission einzuschiffen, wo er sehnlichst erwartet wurde. Nach kurzem Aufenthalte in Kairo begab er sich nach Assuan. Von dort aus will er sich so bald als möglich mit einer großen Karawane zu den kriegerischen und früher als Menschenfresser gefürchteten Niam begeben, um daselbst mehrere Missionsstationen zu gründen.
Außerdem schifften sich in Venedig fünf Missionsschwestern ein; sie waren alle aus dem Veroneser Institute der „frommen Mütter des Negerlandes". Nach den letzten Nachrichten sind alle glücklich in Kairo angekommen.
Pater Abel, $. F.
P. RcinriCS) Me! S. 3. Am 15. Dezember feierte der Männerapostel Wiens, der hochw. P. Abel, seinen 60. Geburtstag. Ungemein schön, so wurde mir berichtet, war der Verlauf seiner Geburtstagsfeier: es regnete Telegramme, Briefe und Glückwunschadressen aus allen Weltgegenden.
Und in der Tat, in welchen Gauen Österreichs ist denn der Name dieses hochverdienten Mannes nicht bekannt und sehr verdient geworden! Hier hält er hinreißende Fastenpredigten, dort Abendkonferenzen: besonders bekannt wurde er durch die Zyklen der Predigten „Christus und sein Volk" und „Zurück zum praktischen Christentum", die er beide in Wien abhielt, An viele Orte wird er gerufen, um entweder dem Klerus oder dem Volke, besonders Männern, Exerzitien und Missionen zu halten und hier war es, wo so manches verirrte Schäflein zur Herde zurückgeführt, so manche Gemeinde auf bessere Bahnen geleitet und so mancher Entschluß gefaßt wurde, um sich Gott dem Herrn im geistlichen oder auch Ordensstande ganz zu weihen.
Nicht wenigen diente der hochw. P. Abel als Wegweiser, welche Lebensbahn zu betreten sei. Schreiber dieser Zeilen darf sich rühmen, in ihm diesen wahrhaft treuen Freund und Vater gefunden zu haben, der ihn zum erhabenen Berufe eines Ordensmissionärs geführt hat.
Wenn man ihm auch den Namen Männerapostel beilegt, so ist er nicht minder Apostel der Jugend, der Kleinen. Wer weiß nicht, wie sich der hochverdiente P. Abel besonders in letzter Zeit der Jugend und besonders der armen Jugend Wiens annahm. Zeugnis davon ist das sozialcharitative Werk der „Kinderschutzstatiouen", deren Gründung wohl ihm besonders zukommt.
Nicht zu vergessen ist sein Eifer für die Ausbreitung der echten und werktätigen Marienverehrung. Wer kann die Marianischen Kongregationen aufzählen, die ihm ihre Entstehung verdanken und jetzt soviel Gutes wirken! Besonders erbauend und erhebend ist die öffentliche Kundgebung der Marienverehrung vonseiten der Männerwelt Wiens der unbefleckten Himmelskönigin gegenüber bei Gelegenheit der.Männerwallfahrten nach Mariazell.
Bereits 11 Jahre hindurch führt der hochwürdige Jubilar mehrere hundert Wiener Männer an den berühmten steirischen Gnadenort Mariens und besonders rührend ist es zu sehen, wie diese vielen, echten Marienverehrer sich dortselbst dem hl. Tische nahen, um mit dem Brote der Starken ausgerüstet,
den Kampf gegen die verdorbene Welt wieder mit neuem Mute aufzunehmen.
Möge die unbefleckte Gottesmutter ihren treuen Kämpfer zum Nutzen und Heile vieler ihrer Kinder, der treuen sowie noch mehr der verirrten, beschützen und Gott ihn uns noch lange Jahre erhalten!
Eine große Bitte.
Bekannterweise lieben die Neger gar sehr Musik und Gesang. Dies macht es dem Missionär zur heiligen Pflicht, sich in dieser Kunst insoweit auszubilden, daß er ein oder das andere Instrument handhaben kann, wenn anders ihm Gott ein Talent dazu gegeben hat.
Wie für jedes gründliche Studium die Jugend die geeignetste Zeit ist, so ist sie es insbesondere zur Erlernung der Musik. Dieser beiden Wahrheiten sind sich die Söhne des hlst. Herzens Jesu in Mühland sehr wohl bewußt. Doch was nützt das lebhafteste Bewußtsein einer Pflicht, wenn man aber keine Mittel hat, ihr gerecht zu werden!
Da haben wir in unserer apostolischen Schule, dem Xaverianum, eine schöne Anzahl für die Musik ganz besonders veranlagter Zöglinge, lauter zukünftige Negermissionäre — doch was uns abgeht, das ist ein Instrument, ein Harmonium, woran sie sich üben könnten.
So wenden wir uns denn heute an die Liebhaber und Förderer dieser schönen Kunst mit der herzinnigsten Bitte, es möge uns eine edle Seele unentgeltlich ein Harmonium zukommen lassen!
Manch einer der hochwürdigen Herren Pfarrer, der hochwürdigen Herren Kooperatoren, der Herren Lehrer oder der P. T. Musikfreunde, deren es in jedem Stande gibt, hat vielleicht ein schon lange nicht mehr so ganz modernes Musikinstrument in seiner Wohnung stehen, das zur übrigen geschmackvollen und stilgerechten Einrichtung nicht recht passen will. Lange schon hat er das Bedürfnis, sich einen Packart oder etwas dergleichen anzuschaffen, aber wohin mit dem alten?
Hochwürdiger Herr, edler Musikfreund, geruhen Sie es gütigst unseren Zöglingen nach Mühland bei Brixen zukommen zu lassen, so haben Sie ein hochedles Werk von weittragender Bedeutung vollbracht, ein wahres Liebeswerk an den armen Negern in Zentralafrika und das hlst. Herz Jesu wird nicht versäumen, es Ihnen, edler Wohltäter, zu entlohnen.
Gebeksevhövungen unö Lmpfthlungen.
(NB. Gebetserhörungen und Empfehlungen, bei welchen nicht der volle Name und Wohnort der Redaktion angegeben wird, werden nicht veröffentlicht. — Die Abkürzung wird durch die Redaktion besorgt.)
N. N. aus M. sagt dem göttlichen Herzen Jesu innigsten Dank für Bekehrung und erbaulichen Tod eines gottentfremdeten Herrn. Bittet auch um Gebet in einem gleichen Anliegen und für eine kranke Abonnentin des „Stern." Jjf N. N. aus Z., Vorarlberg. Tausendfachen Dank dem göttlichen Herzen Jesu und der unbefleckten Mutter Maria, daß ich endlich ins Kloster aufgenommen bin. -J|£ Götzis N. N. Dem Herzen Jesu unendlichen Dank für Befreiung aus großen Leiden. Bitte auch um Gebet für eine Freundin, die sich, durch meine Erhörung aufgemuntert, Ihrem Gebete in Familienangelegenheiten empfiehlt. ^ Wörgl. N. N. Bin in zwei großen, folgenschweren Anliegen erhört worden. Tausend Dank dem liebevollen Herz Jesu, dessen Milde ich mich noch einmal empfehle. Bregenz. A. R. Bin in meinem Anliegen, glückliche Standeswahl, erhört. Dem Herzen Jesu, der lieben Mutter Gottes und dem hl. Antonius tausend Dank. Veröffentlichung versprochen. Bitte um ferneres Gebet für mich und meine leidende Mutter. A W. Matrei. F. W. Bitte meine schnelle und glückliche Heilung einer Blutvergiftung zu veröffentlichen. -Jjf Innsbruck, P. I. M. Aufgemuntert durch die vielen Erhörungen wandte ich mich in zwei großen Anliegen an das hlst. Herz Jesu und hatte die große Gnade, erhört zu werden. ABrixlegg. E. F. sendet uns seinen Dank für Erhörung in einem Anliegen. Bittet seiner im Gebete um Erhörung zweier großer Anliegen zu gedenken. St. Martin. M. P. Mit Freuden kann ich Ihnen mitteilen, daß auf Ihr Gebet an dem Gnadenaltare mein Bruder den Verstand vollkommen wiedererhalten, sodaß er seinen Berufspflichten nachkommen kann. Empfehle Ihrem Gebete auch noch meinen schwachen Kopf und mein schlechtes Gehör, sowie meine beiden Brüder und alle anderen schweren Anliegen. Aus Bayern. N. N. sendet die herzlichsten Danksagungen für Erlangung der Gesundheit.
N. N. Aus dem P u ft e r t a l. Empfehlen Sie mich gütigst dem Herzen Jesu und seiner lieben Mutter Maria in vierfachen großen Anliegen. Abonnent N. N. aus Natters bittet ums Gebet zum hlst. Herzen Jesu in einem schweren Anliegen.
Ste yr. A. E. Ein Abonnent des „Stern" bittet seiner in zwei schweren Anliegen beim heil. Herzen Jesu und Maria eingedenk zu sein. Ijfr Aus Tirol. A. K. bittet ums Gebet zum Herzen Jesu, der Mutter Gottes und dem hl. Josef um Erhörung in schweren zeitlichen Familienangelegenheiten und um glückliche Erledigung zweier Gesuche, sowie für einige andere Personen. Innsbruck. M. I. bittet um inständiges Gebet beim hl. Herzen Jesu für einen Abonnenten des „Stern". Ungenannt bittet um Gebet bei den Gnadenaltären um Gesundheit, Bekehrung eines abgefallenen Katholiken und seiner protestantischen Familie und mehrerer Sünder, um Befreiung von Skrupeln, eine gute hl. Beicht, Befreiung von quälenden Versuchungen, guten Geschäftsgang und Bekehrung einer protestantischen Familie. N. N. bittet ihn und seine Familie in verschiedenen Anliegen, besonders einem schweren, in unser und der Abonnenten Gebet beharrlich einzuschließen, Aus Vorarlberg. Ein Leser bittet ums Gebet beim hl. Herzen Jesu und Mariä und dem hl. Josef um Erhörung in einem besonderen Anliegen, wo nur der liebe Gott helfen kann. Bayern.	Ein Vater empfiehlt seinen
kranken Sohn, seine einzige Stütze bei der Arbeit, dem Gebete der Söhne des hlst. Herzens Jesu, sowie der unbefleckten Gottesmutter Maria, M. Eine Leserin des „Stern" bittet Sie, dem hl. Herzen Jesu 1. in Berufsangelegenheiten, 2. in einem besonderen Familienanliegen zu empfehlen, ifc E. M. aus Br. bittet, ihren Vater (gestorben), sowie einen Ehemann und Hauswesen in das Gebet einzuschließen.
Eine Familie bittet um Einschließung in Gebet und Messe, daß der Vater wieder gesund werde und noch andere Anliegen erhört werden. Ferner, daß der Bruder gesund bleibt und k. Jahr Primiz halten kaun.

Für die Schristleitung: Anton v. Work. — Druck von St. Weger's sb. Hosbuchdruckerei, Brixcn.