Gesetz- unh Verordnungsblatt für das ölterreichilch - iWi ilche .MfleiilaiuX bestehend ans der gefürsteten Grafschaft Görz und Gradisea, der Markgrafschaft Istrien und der reichsunmittelbaren Stadt Triest mit ihrem Gebiete. 1909. XX. Stiirf. AuSgegcben und versendet am 16. August 1909. 33. /; Gesetz vom 19. Juni 1909, betreffend Maßnahmen zur Bekämpfung der Pellagra. Mit Zustimmung des Landtages Meiner gefürsteten Grafschaft Görz und Gradišča finde Ich anzuordnen, wie folgt: § L In den von der Pellagra ergriffenen Gebieten der gefürsteten Grafschaft Görz und Gradisea sind Maßnahmen zu treffen, welche geeignet sind, die Lebensbedingungen der Bevölkerung zu verbessern. Solche Maßnahmen sind insbesondere: 1. Die Errichtung und der Betrieb von Speisehänsern (Locande sanitarie); 2. die Errichtung und der Betrieb von Maistrockenöfen und Maislagerhänscrn; 3. der Betrieb von Maisverkaufmagaziiien, in welchen gesunder Mais und Maisprodukte an die Bevölkerung abgegeben und gegen verdorbene oder minderwertige Ware eingetauscht werden; 4. die Förderung von Brotbäckereien, welche von den Gemeinden in eigener Regie betrieben werden; 5. die Errichtung und Erhaltung einer Pellagrahcilanstalt (Pellagrosarinm) und von Rot» spitälcrn für Pcllagrakranke; 6. die Belehrung der Bevölkerung über das Wesen der Pellagrakrankheit und über die Mittel zur Bekämpfung derselben; 7. die Organisation einer Pellagrastatistik; 8. die Förderung des landwirtschaftlichen Betriebes, industrieller Unternehmungen, öffentlicher gemeinnütziger Arbeiten und Bauten im Pellagragebietc, die Förderung von Unternehmungen zur Entsumpfung des Bodens und zur Abwehr der Gewässer namentlich in denjenigen Gebieten, wo Mais angebant wird, und wo wegen der häufigen Überschwemmungen der Mais nicht zur vollen Entwicklung und zur vollkommenen Reife kommt. Die Wohngebäude, welche aus hygienischen Gründen als unbewohnbar erklärt werden, sollen auf Grund freiwilligen Übereinkommens mit den betreffenden Besitzern eingelöst werden. Das Pellagragebiet umfaßt alle jene Gemeinden, welche von der Statthalterei als von der Pellagra ergriffen erklärt werden. Zur Bestreitung der Kosten der im § 1 bezeichnten Maßnahmen ist ein eigener Fonds (Pellagrafonds) zu errichten, welcher durch Beiträge des Staates und des Landes aus den hiezu verfassungsmäßig bewilligten Mitteln sowie durch sonstige Zuflüsse gebildet wird. § 3. Der Statthalter im Einvernehmen mit dem Landesausschnsse verwaltet den Pellagrafonds und trifft die im § 1 bezeichnten Maßnahmen. Der Voranschlag für das Iahreserfordernis des Pellagrafonds unterliegt der Zustimmung des LandesausschnsseS und der Genehmigung des Ministeriums des Innern. § 4. AlS beratendes und begutachtendes Organ in den im § 1 bezeichnten Angelegenheiten wird eine Kommission (Pellagrakonimission) mit dem Sitze bei der k. k. Bczirkshanptmannschaft Gradišča eingesetzt. Der k. k. Bezirkshauptmann in Gradišča oder der von ihm bestimmte Stellvertreter führt in dieser Kommission den Vorsitz und leitet die Verhandlungen. Stimmberechtigte Kommissionsmitglieder sind: 1. Der k. k. Landessanitäts-Referent oder in dessen Stellvertretung der k. k. Landessanitäts- Jnspektor; 2. ein vom Landesausschnsse entsendeter Vertreter; 3. rin von der k. k. landwirtschaftlichen Gesellschaft in Görz entsendeter Vertreter; 4. ein Delegierter der Handels- und Gewerbekammer in Görz; 5. der k. k. Bezirksarzt in Gradišča; 6. etn Mitglied der Ärztekammer für Görz-Gradisca; • 7. ein Ingenieur der staatlichen Banabteilnng in Görz. Der Vorsitzende dirimiert bei Gleichheit der Stimmen. Dem Vorsitzenden steht es frei, eventuell mich andere fachkundige Personen ständig oder fallweise den Sitzungen als außerordentliche Mitglieder der Kommission beizuziehen. Die außerordentlichen Mitglieder beteiligen sich an der Beratung, nicht aber an der Abstimmung. Ausgenommen sind nur jene, welchen vom Präsidenten ein Referat zugeteilt wird. § b. Der Statthalter wird vor allen wichtigen Maßnahmen, welche auf Grund des § 1 dieses Gesetzes getroffen werden sollen, daö Gutachten der Kommission einholen. Die Kommission kann auch aus eigener Initiative solche Maßnahmen anregen. Die Geschäftsführung der Kommission wird durch eine Instruktion geregelt, welche der Statthalter im Einvernehmen mit dem LandeSausschusse erläßt. § 6. Die Kommission tritt in Gradišča zusammen. Mitgliedern, welche nicht in Gradišča ihren Wohnsitz haben, wird eine Reisekosten* entschädigung aus dem Pellagrafouds gemährt, deren Höhe vom Statthalter im Einvernehmen mit dem Laudesausschnsse festgesetzt wird. Für Mitglieder, welche Staatsbeamte sind, zelten die bezüglichen Normen. § 7- Die politischen Behörden erster Instanz sind zur Mitwirkung bei der Durchführung dieses Gesetzes berufen. Die Gemeindevorsteher sind verpflichtet, die politischen Behörden bei der Ausführung dieses Gesetzes zu unterstützen. § 8. Die Gemeindeärzte sind verpflichtet, innerhalb ihres AmtSsprengels über Verlangen der Politischen Behörden, bei der Durchführung dieses Gesetzes, und zwar insbesondere bei der Überwachung der im § 1, Punkt 1 bis 5, bezeichneten Anstalten und Vorkehrungen mitzuwirken. 8 9. Gemeindeärzte, welche den ihnen ans Grund dieses Gesetzes erteilten Aufträgen der Behörden nicht Nachkommen, sind von der politischen Bezirksbehörde an Geld mit 5 bis 50 K zu bestrafen. § 10. Für die technische Untersuchung von Lebensmitteln, insoferne dieselbe zum Zwecke der Bekämpfung der Pellagra erforderlich ist, wird im Sinne des § 25 des Gesetzes vom 16. dünner 1896, R.-G.-Bl. Nr. 89 ex 1897 (Lebensmittelgesetz), anschließend an die landwirtschaftliche Versnchstation in Görz vom Lande eine eigene Untersnchnngsanstalt für Mais und Maisprodukte unter Beitragsleistnng des Pellagrafonds errichtet. § H. Das Gesetz tritt mit dem Tage der Kundmachung in Wirksamkeit. § 12. Mit dem Vollzüge diese? Gesetzes ist der Minister des Innern im Einvernehmen mit den beteiligten Ministern betraut. Wien, am 19. Juni 1909. Franz Joseph .»,,, Haerdtl m. p. /