Mttn au« Rr«tn. Beilage M Laibacher Zeitung. ^>. KK Erster 3ahrgang. R4 März R85^. In der Familie. «^ie Familie ist im Staate der Mikrokosmus im Makrokosmus. Sie hat dieselbe Gliederung wie der große Staatskörper, I mag dieser als Haupt einen Monarchen oder einen Präsidenten ! haben. Da der Staat ein Kompler von vielen Familien ist, so ist der Kulturzustand desselben leicht zu ersehen, wenn man die Familien betrachtet, und es ist sicher anzunehmen, daß der Bildungsgrad eines Volkes um so höher ist, je ausgeprägter und inniger das Familien-Leben sich gestaltet hat. In welchem > innigen Verhältniß Staat und Familie zu einander stehen, dafür zeugen die Geschichtsbücher aller Zeiten; denn überall stoßen wir auf den merkwürdigen Umstand, daß die Familie dem Staate parallel dieselben Phasen der Entwicklung durchläuft, und daß die sittliche Entfaltung und der feste, kernige Zusammenhang oder das larere Auseinanderfallen der Familie ihre Wirkungen auch auf das Staatsleben äußert. Darum legen unsere jetzigen Geschichtsschreiber so viel Gewicht auf das Erforschen der Kultur- und Sittengeschichte der Völker, um in derselben die Fäden zu finden, welche zu manchem, sonst unerklärlichen Ereigniß führen. Der Staat ist aus der Familie hervorgegangen und sein Urzustand ist daher, wie bei der Familie, ein patriarchalischer. Seine Fortentwicklung zur starren Alleinherrschaft findet eine AMttogie in der Weiterentwicklung der Familie, die auch bis zu Ende des 18. Jahrh, eine Despotie in ihrem Negim enthielt. Man nennt das noch jetzt „die gute, alte Zeit," wo im Hause nur ein Wille galt, der des Vaters, und wo an ein eigentliches Mündigwerden der Kinder vor dem Tode des Vaters nicht zu denken war. Das Streben der Völker nach einer freieren Regierungsform, wo auch sie durch Vertretung über ihr Wohl und Wehe mit entscheiden wollen, zeigt sich zu derselben Zelt auch in der Familie; und von dem Lockern der Familien-Bande und Auflösen des alten, innigen Zusammenhanges wollen Viele ein Spiegelbild in dem sozialistischen Unterminiren des Staatslebens erblicken. Wie dem auch sei, das Eine läßt sich nicht hinwegraisonniren, daß da, wo das Familien-Leben ein geregelteres, innigeres ist, auch die Zustände des Staates geregelter und gesicherter sind, z. V. in England; ferner, daß da, wo die Familie sich zur wahren Bildung erhebt, auch die Gesammtbildung eine vollkommenere ist. Daß dagegen da, wo das Familien-Leben im öffent- lichen Leben aufgeht, wie z. V. im Süden, eine larere Moral und eine Versiachung der Bildung stattfindet. Ein Beispiel, wie die Zerrüttung der Familien-Zustände auf die allgemeinen Zustände des Staates und des öffentlichen Lebens wirkt, liefert Frankreich. Welches ist nun das Agens, das heut zu Tage die Familien-Bande fester knüpfen, dem Leben eine tiefere Innigkeit und eine höhere Weihe geben kann? Nicht die Strenge und die Macht des Familien-Oberhauptes, nicht die herrschenden Sitten und Gebräuche, nicht die leeren Formen des Anstan-des, welche oft nur als glänzender Firniß rohe Elemente verbergen; sondern vielmehr die Bildung, die wahre echte Vil-» düng, die nicht einseitig den Geist betrifft und das Gemüth leer läßt, sondern Beides umfaßt, die den Menschen zum Menschen macht und die nüchterne Wirklichkeit mit einem poetischen Duft umgibt. Die Bildung hebt den Menschen, sie veredelt seine Leidenschaften, damit sie nicht zügellos werden; sie gibt seinen Gefühlen mehr Tiefe, sie ruft die Begeisterung hervor, sie ist der Vrunnquell alles dessen, was uns entzückt. Die Basis, auf welcher eine solche Bildung beruht, ist der Unterricht in den von der Zeit geforderten Wissenschaften und die Erziehung. Der Unterricht beschäftigt sich nur mit devBildung des Verstandes, die Erziehung mit der Bildung des Gemüthes und des Herzens. Beides zu trennen, ist nicht möglich, es wird das Eine stets in das Andere eingreifen) nur geschieht leider zu oft, daß dem Erstern ein Uebergewicht über das Letztere gestattet wird. Die Bildung beruht also, wie ich sagte, auf Unterricht und Erziehung. Beides wird mit einer gewissen Alterstufe als geschlossen betrachtet, die weitere Vervollkommnung, besonders des männlichen Geschlechtes, ihm selbst anheim gegeben und dem Schicksale die weitere Erziehung überlassen. Hierin liegt aber wesentlich ! der Grund, daß oft, trotz Unterricht und Erziehung, also trotz angebahnter Bildung, das Familien-Leben kein inniges ist. Es muß für eine Weiterbildung gesorgt werden, die das nun mehr auseinandergehende Leben zusammenhast, und die um so leichter ist, je besser Unterricht und Erziehung waren. Wodurch kann aber dieselbe erzielt werden? Bevor diese Frage beantwortet wird, sei eines Momentes gebacht, der für die Innigkeit des Familien-Lebens von großem Einfluß ist. Das ist die gesellige Unterhaltung inner- halb des Familien-Kreises. Mögen Unterricht und Erziehung noch so vortrefflich gewesen sein, mögen die einzelnen Glieder der Familie sich durch Fleiß, Studium, Sitte, Anstand noch so sehr auszeichnen, sobald sie ihr Vergnügen außerhalb dem Hause suchen, sobald sie mehr Genüge darin finden, sich unter fremden Leuten zu bewegen und deßhalb den häuslichen Kreis hintansetzen, wenn ihnen die inhaltslosen Höstichkeitsreden der Menge lieber sind, als eine verständige und belehrende Unterhaltung — so ist an eine Innigkeit des Lebens in der Familie nicht zu denken. Es muß also etwas gefunden werden, das nicht nur die Weiterbildung befördert und unterstützt, sondern auch dem Einzelnen einen Genuß gewährt, damit er an die Familie gefesselt wird. Es ist dabei nicht auf eine Absperrung abgesehen, behüte der Himmel! Charaktere werden ja nur im Strom der Welt gebildet, wie Göthe sagt. Der Mann besonders muß hinaus In's feindliche Leben, Muß wirken und streben Und pflanzen und schaffen, Erlisten, erraffen, Muß wetten und wagen, Das Glück zu erjage». Wenn er aber von dem öffentlichen Tummelplätze heimkehrt in seine Familie, da muß er etwas finden neben der ihn empfangenden Liebe und Treue, ein Vergnügen, so daß er dieses nicht auch auf dem Markte dcs Lebens suchen muß. Dieses Vergnügen muß zwei wichtigen Zwecken entsprechen: erstens muß es überhaupt ein Vergnügen edler Art sein; ^ zweitens muß es zu der obenerwähnten Weiterbildung der ! Familienglieder beitragen. Weit entfernt, diesen Zeilen großen Werth beimessen ^ zu wollen, daß durch sie eine gänzliche Umgestaltung und Reform der Familien-Zustände hervorgerufen werde, noch, daß sie den angeregten Gegenstand erschöpften, so meine ich ^ doch, daß ich ein Thema angeschlagen habe, das einer weitern ! Betrachtung würdig ist. Ich maße mir auch nicht an, der j Entdecker der Mittel zu sein, durch welche das Familien-Leben vertieft und inniger gemacht werde, und welche obigen beiden Zwecken entsprechen; denn diese Mittel sind zum Theil schon vorhanden und unbewußt in Anwendung. Ich will ihrer hier nur gedenken und auf eine richtige, zweckmäßige Anwendung aufmerksam machen: wie ich diese Zeilen überhaupt nur als eine kleine Anregung betrachtet wissen will. Um im hänslichen Kreise die Muse-Stunden angenehm, auszufüllen, um sich zu unterhalten und zu vergnügen, zugleich dem Geiste die nothwendige Beschäftigung zu geben, dazu dient gewöhnlich die Musik, die Lektüre und das dramatische Spiel, über deren Berechtigung und Zuläßlichkcit Niemand zu streiten wagen wird. Ich will kein Viertes hinzufügen, sondern mich auf die Betrachtung dieser drei beschränken. I. Die Hausmusik. Die verbreitetste, anmuthigste, am leichtesten zu erlernende nnd zu verstehende Kunst ist die Wusik. Ein Haus oder eine Familie, in welcher die Musik zu den verpönten Dingen gehörte, dürfte schwerlich zu finden sein, und ein Mensch, welcher der Musik ganz abhold wäre, könnte nur ! zu den Geistig-Kranken gezählt werden. Die Musik schafft Allen Vergnügen, auch solchen, die ihre Regeln und Gesetze j nicht kennen, und es durch Studium zu keinem höheren Ver- ! ständniß gebracht. Darum ist die Musik eine Kunst, die weniger den Verstand als das Allgemein-Gefühl angeht, die ihrem ganzen Wesen nach mystisch-sinnlich ist. Poesie, Plastik und Malerei stehen ihr deßhalb nach, weil diese zum richtigen Verständniß ein tieferes Eingehen auf die Gesetze des Schönen erfordern und die auch in ihrem Material eine scharfe Be-gränzung haben, die bei dem, der äußern Form entbehrenden Tone fehlt. Anderntheils ist nicht zu verkennen, daß die Musik eine niedrigere Stufe einnimmt als die letztgenannten Künste, weil diese als Resultat des Verständnisses bestimmte Anschauungen und bestimmte Gefühle bringen, jene aber, wie sie selbst unbestimmt uud unbegränzt in ihrer Wirkung ist, nur unbestimmte Stimmungen hervorruft, die je nach Beschaffenheit der Individualität mehr sich konzentriren oder mehr verschwimmen. Die Musik führt in das wunderbare Reich der Ahnungen und Dämmerungen, wo die Gefühle wirr und chaotisch durchein-anderspielcn, ohne zur bestimmten Firirung zu gelangen; sie versenkt die Seele in sich selbst und läßt sie — träumen. So ist die wunderbare Wirkung der Musik auf das menschliche Herz, mit dem sie gleichsam in einem übersinnlichen Rapport zu stehen scheint. Sie allein ist nicht befähigt, große Leidenschaften und Affekte zu erzeugen, und bedarf dazu der Poesie als Dollmetsch — aber sie glättet die erregten Wogen des Gemüthes und mildert die Gluth der Leidenschaft, wie das der liebliche Mythus von Arion so schön erzählt und versinnlicht. Sie gibt der Seele ein unendliches Wohlbehagen, weckt angenehme Empfindungen und ruft die Sehnsucht hervor, führt aber auch zu leicht zur Sentimentalität und Ueberschwenglichkeit. Weil nun die Musik es lediglich mit Empfindungen zu thun hat, weil sie mit ihren Tönen und Harmonien an jedes Herz tritt, jedes Herz aber leicht gestimmt ist und sich gern angenehmen Empfindungen hingibt, darum ist die Musik die leichteste und verständlichste Kunst. Es ist dieß aber auch der Grund, weßhalb die Musik die Kunst ist, in welcher die Dilettanten sich am meisten regen; denn außer der technischen Fertigkeit ist wenig mehr erforderlich; es ist kein widerstrebendes Material zu besiegen, wie bei der Plastik und Malerei; es ist kein umfassendes Wissen nöthig, wie bei der Poesie. Man kann dieß einen Vortheil der Musik nennen; sie bietet ohne ' große Anstrengung schon Genuß. Indeß hat das auch seine Nachtheile, und der größte derselben ist eben der Dilettantismus, welcher das Wesen der Kunst in den mechanischen Fertigkeiten der Finger und Kehlen, oder in dem Reiz des ! träumerischen Zustandes, in welchen die Nerven des Zuhörers durch leeren Klingklang versetzt werden, zu finden meint. Der Dilettantismus nennt die letztere Wirkung „das Insgehör-gehen." Auf keinem Instrumente macht sich nun der Dilettantismus so breit, als auf dem Pianoforte, dein eigentlichen Orchester des Hauses, der Familie. Es ist nicht übertrieben, wenn man sich erzählt, daß Hausbesitzer ihre Zimmer nur dann ablassen, wenn die Miethenden nicht Klavier spielen, oder daß Häuser verrufen sind, weil darin Klavier gespielt z wird. Wer jemals das Unglück gehabt hat, in der Nähe von ! „Mädchen-Instituten" oder sonstigen musikalischen Nachbarn zu wohnen und Tage lang das Dreschen und Klimpern hat anhören müssen, der wird es begreiflich finden, daß manche Menschen eine Aversion gegen dicß Instrument haben können. So unerträglich indeß das Klimpern oft ist, so gewährt uns ! doch gerade dieß Instrument Genüsse, die wir keinem andern verdanken. So ermöglicht es das Kennenlernen großer, nur für das Orchester berechneter Tonstücke, weil es einen so großen Umfang von Tonreihen hat, die also die Orchester-Instrumente, nicht in ihren Eigenthümlichkeiten, sondern nur in > der Harmonie vertreten. Unsere größten Tondichter schreiben für'ö Klavier ewig schöne Kunstwerke, geben sich wohl auch selbst die Mühe, ihre für's Orchester berechneten Werke für das Klavier im Auszug zu geben, um sie so einem Jeden zugänglich zu machen. Und doch war das Klavier zu jener Zeit gar nicht so vortrefflich konstruirt, wie heut zu Tage. Daß es übrigens das bequemste und vollkommenste Instrument zur Begleitung des Gesanges ist, das, so wie die sonstigen Vorzüge desselben, ist längst bekannt und brauchte hier gar nicht erwähnt zu werden. Das Pianoforte ist also das Orchester der Familie. Aber wie? Sagte ich nicht, es sei das Instrument, auf welchem die Dilettanten sich am meisten ergingen? Es können doch in einer Familie nicht lanter Künstler sein? Gemach! Wir kommen hier auf das, was ich „richtige Anwendung" nannte. Sehen wir für's Erste ein Mal zu, wie die Musik im Hause meistentheils betrieben wird. Ein Vater z. V. hat Söhne und Töchter. Die Söhne gehen ihren Bestimmungen entgegen, werden Kaufleute, Beamte, Künstler :c. Welcher von ihnen Lust und Talent hat, dem wird es nicht gewehrt, Musikstunden zu nehmen. Anders bei den Mädchen. Ob sie Lust und Talent haben, wird nicht gefragt; sie müssen Klavier-spielen lernen, denn es gehört zum guten Ton, wie das fran-zösiich Plappern. Ein Lehrer wird angenommen und nun geht es an ein Maltraitiren der Schülerin, des Instruments, der nachbarlichen Ohren. Der Lehrer erachtet es nicht für seine Aufgabe, der Schülerin einen guten Geschmack beizubringen, sie wirklich einzuführen in diese Kunst, welche das Schöne in Tönen darstellt; er glaubt sich nicht berufen, sie mit den Tondichtungen unserer großen Meister bekannt zu machen und die Liebe dazu zu wecken. Er versteht ja selbst blitzwenig davon, sein Ziel ist nur mechanische Fertigkeit und Abhaspeln moderner SalonNücke. Er weckt nicht das Verständniß, sondern er dressirt, die Schülerin wird denn auch so weit „geschult," daß sie ein Mal Parade geführt werden kann. Es wird eine Soiree veranstaltet, einige Parade-Stücke mit brillanten Trillern und Läufen kitzeln die Ohren der ästhetischen (?) Gesellschaft, man applaudirt, macht ein armes Mädchen betrunken mit Redensarten nnd preißt den Vater glücklich, eine so talentvolle Tochter zu besitzen. Der Vater fühlt sich geschmeichelt, er lächelt verbindlichst und überrechnet im Stillen die Stunden-Gelder, um sich klar zu werden, wie theuer er dieß Kompliment bezahlt habe. Man sieht leicht, daß auf diese Weise die Hausmusik weder einen wirklichen Genuß bietet, noch der geforderten Bildung Rechnung trägt. Wie aber kann sie diesen beiden Anforderungen entsprechen und durch das Vergnügen, das sie gewährt, beitragen, daß das Leben in der Familie ein innigeres, gehaltreicheres werde? Vor allen Dingen muß die Musik im Hause nicht als Mode-Sache, sondern als Kunst betrieben werden. Jeder Familien-Vater muß sorgen, daß nur dasjenige seiner Kinder Musik erlerne, welches Befähigung und Lust zeigt. Schon um seiner Kasse willen sollte er dieß beherzigen; denn in den meisten Fällen ist das Stunden-Geld als weggeworfen zu betrachten. Und welche Zeit wird verschwendet! Was könnte ein Kind während dem Alles in sich aufnehmen und lernen! Und wenn es die Zeit dazu benutzte, um durch Veweguug in freier Luft den Körper zu kräftigen! — alsdann sorge der Vater dafür, daß der Lehrer keiner von denen ist, der nur Noten dreschen lehrt nnd die Schüler abrichtet. Sobald die mechanischen Schwierigkeiten besiegt sind, muß ein tieferes ! Eingehen auf das Wesen der Kunst stattfinden. Die Schüler müssen, wenn auch. nur skizzenhaft, die Geschichte und Entwicklung der Musik kennen lernen, und müssen vertraut gemacht werden mit den Ton - Schöpfungen aller Meister, mit Hin-! deutung auf ihre Vorzüge und Eigenthümlichkeiten. Wie »nun > Literaturgeschichte in Musterstücken in die Lesebücher der Schulen einstreut, so muß man dem kindlichen Gemüthe die Musik bieten. Nicht, um mit inhaltlosem Klingklang das Ohr zu reizen, wie ! es jede Tanzmusik thut, sondern um das junge, empfängliche l Herz zu öffnen für das Schöne, Reine und Erhebende — ! darum treibe man Musik und darum lasse man bei den prak-! tischen Uebungen das Verständniß nicht aus. ! Mit trockenen Worten und Phrasen wird dicß Verständ- ! niß freilich nicht geweckt, es ist dazu nöthig, daß man viel gute Musik zu hören gibt, damit das Ohr zu unterscheiden lernt. Wird auf solche Weise der Musik eine solide Basis ! gegeben, wird so der Sinn für das wahrhaft Schöne geweckt, ! wird so das Gemüth bereit gemacht, was Andere in Tönen l dachten und dichteten, in sich aufzunehmen und zu verstehen; ! dann wird die Hausmusik das werden, was sie sein soll; dann ! wird sich die Familie gern in dem Kreis zusammenfinden, wo ^ sie einen wahren, bildenden und läuternden Genuß hat. - ^ (Schluß folgt.) Verschiedenes. Vincenz Rizzi, Weltpriester und Redakteur der „Kla- ! genfurter Zeitung," war eine der bedeutendsten Kapazitäten ! unseres Nachbarlandes KärnteN. Genanntes Blatt widmet ihm am ersten Jahrestage seines Todes einen herzlichen Nachruf, dem wir Folgendes entnehmen: Rizzi war 5816 im Markte Spittal in Oberkärnten geboren, wurde später Schüler des Gymnasiums und Lyceums zu Laiba ch, und dann Akzessist bei der Buchhaltung daselbst. Sein lebhafter Geist trieb ihn aber nach Wien, wo er sich als Journalist besonders an Großhofsinger's „Adler" betheiligte. Mannigfache Enttäuschungen eines Lebens voll Kampf brachten ihn zum Entschlüsse, sich dem Priestcrstandc zu widmen. Er trat zu Klagenfurt in die Theologie und wurde 1844 Priester. Als Schriftsteller betheiligte er sich an der »^»i'jnNiin,« schrieb lyrische Gedichte und Novellen und durch Schärfe ausgezeichnete polem. Artikel. Das Jahr 1848 brachte die „Klagenfurter Zeitung" in seine Hände, deren Redaktion er mit einiger Unterbrechung bis zu seinem Tode fortführte. In der Zwischenzeit rief er als Kaplan in Spittal durch eigene Kraft die treffliche „Deutsche Monatschrift aus Kärnten" in's Leben, und setzte sich dadurch ein bleibendes Denkmal. Er starb am 23. Febr. 4866, betrauert von allen Edlen seiner Heimat. — In ganz Kärnten war er eine populäre Persönlichkeit, ihm näher Stehende^ülMen seine Unterhaltungsgabe. Im Schreiben und Sprechen verstand er die große Kunst, allseitig geistig anzuregen: die Schärfe und Klarheit seines Verstandes und sein tiefgemüthlicher Humor vereinigten sich, um scine Persönlichkeit zu heben. Gymnasien und Nealschnlen in Oesterreich. Das Dezember-Heft der Zeitschrift für „österr. Gymnasien" ! bringt über den Stand der Mittel«Schulen folgende Daten: Am Schlüsse des Schuljahres 1886 gab es im Kaiserstaate 262 Gymnasien und 42 Realschulen) die erstern wurden von" 49.791, die letztern von 9009 Schülern besucht. Die Schüler-Zahl war in den letzten Jahren in allen Kronländern, mit Ausnahme der italienischen, in steter Zunahme begriffen; ebenso ist es auf das Bestimmteste dargethan, daß, seit der Einführung des neuen Studien-Planes, alljährlich eine größere Anzahl zu den Fakultät-Studien übergeht, als es früher der Fall war. Davon widmeten sich in den letzten 6 Jahren (1832—36) 46 "/<, der Theologie, 36 <^ der Jurisprudenz, 12 «/<, der Medicin und 7 "/<, dem höhern Lehramte. — Die beiden lrai-nischen Gymnasien wurden im I. 1836 von 344 Schülern besucht, wovon 440 auf das Gymnasium zu Laibach und 104 auf das zu Neustadt! entfallen. Darunter waren 434 Slovenen, 83 Deutsche, 3 Italiener, 2 Kroaten und 2 Polen. — Die Gymnasial-Studien vollendeten in diesem Jahre 33; davon bestanden 26 die Maturitäts-Prüfung und wählten theils die Theologie (9), theils die Jurisprudenz (12), theils die Medizin (3), theils die historischen oder Naturwissenschaften (2) zu ihrem Verufsstudium. — Die Unter-Realschule zu Laibach hatte 134 Schüler; darunter 111 Slovenen, 36 Deutsche, 12 Italiener, 3 Kroaten und 3 Czechen. Gin Denkmal der Tage, die nicht mehr sind. Einsam in der tatarischen Wüste liegt, gewaltig und majestätisch, eine große und weite, seit vielleicht einem halben Jahrtausend verlassene Stadt. Die vielgethürmten Mauern, die vier großen Thore nach Nord, Ost, Süd und West voll- kommen erhalten, nur um etwa drei Viertel ihrer Höhe unter dem Erdboden und überkleidet mit einem dicken Mantel üppigen Graswuchses. Es war ein Eindruck voll Wehmuth und Bangen, der die zwei von der chinesischen Mauer gen Thibet ziehenden Missionäre, die Patres Huc und Gäbet, ergriff, als sie, in das Südthor einziehend, diese grüne Wüste überschauten. Eigentliche Trümmer waren nicht zu sehen, nur die Richtung der Straßen, die Höhe der Gebäude wie im Schattenriß, mit Erde überschüttet, die sich nach und nach mit Gräsern bekleidet hatte. Einsam blies da, wo einst das rege Leben von Tausenden wogte, ein junger tatarischer Ziegcnhirt scine Schalmei, und die Heerde fraß Kraut und Blatt. Die Missionäre fragen ihn, wann die Stadt erbauet sei, und von wem? Wann sie verlassen sei und warum? Sie hätten ebenso gut eine seiner Ziegen fragen mögen; er wußte weiter nichts, als daß man diesen Platz „die alte Stadt" nenne, so wie daß derselbe eine reichere Weide böte, als die ganze Umgegend. Nicht selten findet man solche Ueberbleibsel uralter Städte in den weiten tatarischen Landerstrccken, aber es ist Alles über sie im tiefsten Dunkel begraben. Mit Trauer erfüllt ein solcher Anblick die Seele: Die Trümmer von Griechenland und Rom, die stolzen Ueberreste des alten Egyptens gehören freilich auch dem Vergangenen an und sprechen mit mächtigen Zungen vom Untergange alles Irdischen; aber wer sie sinnend anschauet, weiß, was sie einst gewesen, kann sich die Welt« und Naturerschütterung vorstellen, welche diese Trümmer-Haufen und die Verödung ringsum hervorgerufen. Steigt man in das Grab hinein, darin Herculanum, Pompeji und Stabiä lebendig begraben worden, man hat geschichtliche Beziehungen, den Leichnam neu zu beleben; aber von diesen uralten verwüsteten Städten der Tatarei ist auch nicht die kleinste Sage geblieben. Grabsteine sind es ohne Inschrift, seit Jahrhunderten in Einsamkeit und Schweigen gehüllt, belebt nur, wenn etwa wandernde Tataren innerhalb der Ringmauern einen Halt machen und ihre weißen Zelte aufschlagen, weil dort die Weide üppiger ist, als ringsum. Obwohl mithin nichts Gewisses von diesen Ueberbleibseln gesagt werden kann, so ist einige Wahrscheinlichkeit, daß sie aus dem dreizehnten Jahrhundert stammen, aus der Zeit, da die Mongol-Tataren Ehina erobert und über hundert Jahre im Besitz gehabt; chinesische Annalen erwähnen, daß sie während ihrer Herrlichkeit große und mächtige Städte in der nördlichen Tatarei errichtet hätten. Gegen die Mitte des vierzehnten Jahrhunderts ist der mongol-tatarische Herrscherstamm aus China vertrieben, und Kaiser Oung-Lo, welcher die Tataren ausrotten wollte, führte drei gewaltige Kriegszüge gegen sie in die Wüste, zweihundert Meilen weit nördlich von der großen Mauer. Da mag denn verheert worden sein mit Macht, und manch ein Klagelied könnten diese grünüberwachscnen Trümmer zu Nacht zum schweigenden Sternen-H immel empor schicken. Die Priester aber haben nur die weichen Moll-Töne aus des Tatar-Hirten Schalmei vernommen, und sind sinnend ihre Straße gezogen. Druck und Verlag von Igl». V. Meinmayr 35 F. Bamberg in Laibach. — Verantwortlicher Redacteur: F. Bamberg.