für Annst, Wissenschaft und geselliges Leben. Nedigirr von Franz Hermann von Hcrmannsthal. Freitag ain JH . Decemöer NU-N°„ dieser Zeitschrift erscheinen wöchentlich zwei Nuinmern. icdesWal ein halber Boaen. Der Preis des Vlailes ist ,„ ",ibnch ,^„,,^„^^ " d? "Ä«'/e 7"'^" ,l-'- '^°" "^^°"'"° NN' °°^re,er Zuienduna'aanz.äbria ». halbiädr.ä 4 !> t, w" .„'." ö.jadlt. Alle t.l. P°»a,„.er neome» Pranumerat.on an. In Laibaco .ränun.er.r. man be.n, Verieaer am Raan, Nr. «yu, »» er°»n e?°!ie. Der Maibaum. Mährisch-walachisches Weuiälde in zwei Idyllen. Aus Eugen Wcsely's Nachlaß. Erste Idylle. Dic Malliachc. ^iusanic Noch! verhüllte das Thal, und neblige Schleier Dehnte» sich hin auf der thauige» Saat weit reichender Aecker, l!„d i» stcherer Ruh' —so schl„u,,»ert im Ar,»e der Mutter Ein süßlächeludes Kind —schlief sa»ft die Gemeinde des Gau.s. Jetzt, wi> der Mo„d »oll Pracht den, Wall der Karpathcn erstiege» Leise hinauf den s,l>!ängel„de» Pfad, hochbuschig am Bache, Zog durch'«« Erlengehölz von der Wühl' ein trauliches Kleeblatt, Leupold, Müller im Dorf, mit Hanns und Max den Gefährten» Wackere Bursche zumal, fesimartlg, mährischer Abkunft. Wohl »erseh'n mit Geräth', niit Spaten und kräftigen Karsten, Rief sie ein stilles Geschäft zur niedliche» Hütte des Schulzen, D'rinn Christinchen schlief, des Schulzen sittigc Tochter, Lcupold s Mädchen; und heut, wo d,e letzte der kühleren Nächte Wehrte dem freundlichen Mai , die Bluiuengesilde zu sonne». Wollte des Müllers Sol,n, »ach alt herstammender Sitte, Pflanzen vor ihre»! Gehöft den hochaufstrebeudc» Müibnum. Leupol d trug den Slam,» und die zierliche Krone der Föhre, Ma x de» prangenden Schmuck, uud Hann s das blaute Gerälhe. Als sie dort angela»gt, eutwaud sich Jeder der Hacke, lind mit freierem Arn, ha»dhabte Jeder die Arbeit. Leupol d legte den Stamm auf der Hausflur schimmernde» Anstrich, Nahm de» Bündel, v°» Ma r gefüllt niit ländliche», Schmucke, Kramte die Aepfel hervor, gespart vom gesegneten Herbste, Und Korallen po» Glas, und der Bänder schimmernden Fütter, Und den zierliche» Krauz von Prunelle» und duftenden. Holler, Hold durchwebt von brennender Lieb' und geränderten, Windung, De» er mit glänzende», Band anknüpft am erhabensten Wipfel, Ih n zu erklimmen einst in, Kampf am fröhlichen Pstngstfest. Und mit Bändern und Schmuck und weiß dragantene» Herzchen Schmückt er die ganze Kro»'; zwei Elle» über den, Boden Knüpft er das Nriefchen an, gemalt von, erfahrenen Canlor, Und mit zierlicher Schrift der schönsten der Dirne» geeignet. Und de» Spaten ergriff nu» Hanns , ünstemmcnd die Sohle. «Wie ist die Erde doch hart! fest hat sie der Schulze gcstampfci, Daß sich vor allen im Dorf ausnehme die schimmernde Hausflur, Ni» doch ein Thor! da helf' ich den Schatz für Fremde nun hebe». Und es grüßet mich kau», die Dirne bei», festliche» Kirchgang." — «Hii» nschen, schmolle mir nicht!" so rief der bescheidene Leupold, Der in emsiger Hast u»,schlang mit Bändern den Baumstamm; «Sprecher sollst Du mir sei», wenn w,r an, fröhlichen Pfingstfest Kommen, zu fälle» de» Vau,», und führ' ich hei», nur die Dirne, Bist willkommener Gast, willkommen vor allen beim Schmause." — »Hoff's auch», crwiedertc Han»s . »Constabler war ich im Feldzug, Laudo n stand ich zur Seit', niit ,hm erstürmt' ich die Schanze, Und er »rank mir Bescheid aus türkische», Becher bei Belgrad. Stets wird's Ehre Dir sei», daß Hanns half pflanzen den Waibaum." Und Ma r holte nun aus, den Karst hochschwinaend zu». Hiebe. »Gerne helf' ich onitzt, nicht achtend nächtliche Störung, Doch wen» ein Iährchen vergeht, Ersatz dann sollst Du mir leiste». Vierzeh» Sommer »ur zählt,»ein Kl ä rch e n, »icht will esss,l> ziemen, Sie vor snmmtlichcm Gau zur Schau und Frage zu stelle». Aber, ein Jahr vorbei, d» schwillt ihr üppig das Mieder, Niedrig wird ihr die Thiir, d»„» hilf mir pflauzen de» Maibau»!. Dann »>ag muken wer will, nicht acht' ich eitles Gerede, Führ' ich die Maid nur heim, wie stch's geziemet zur Fastnacht." — «Stille doch, Bursche», still!» rief L e u pol d. »Plaudert so laut nicht. Unter de», Fenster schlummert die Maid, die Alte» am Nackherd, Auch hat Packan geknurrt und krabbelt an, Thore der Scheune. — Picke doch nimmer am Stahl, Hanns, schmauche das Pfeifchen im Heimzug!" — «Nimmer«, erwicderte Hanns , »nicht lieh' ich's, war' ich verliebt auch. Unbeschreibliches Glück! zu rauchen sein Pfeifchen im Mondlicht. Schlafend wähnst Du die Maid, Du Narr? und hätte sie Froschblut, Schlafen könnte sie nicht: schon gestern neckte» sie Alle, Als sie mit stinker Hart' im Sprung enteilte »ach Hause, Uud wie der Laubfrosch schrie, als ste am Teiche vorbei schritt. Lachten die Dirnen ihr nach, uud wispeUcu Vieles vom Maibau»,." — »Altes Feldstück, schweig!" rief Leupold , »spute dich lieber; Führen sollst Du die Hand, uud nicht dein lästiges Mundwerk!" Also stellt er sich bös, doch schielt er freundlich in's Fenster, Weggewendet vom Mond sein hocherröthendes Antlitz. »Poldche», werde »icht bös'", rief H o » ns, »schlecht möcht es gelingen. Willst ei» Freier D u sein, so gibt's so Manches zu dulde». Ma r hat heute noch Ruh', doch wo wir's glucklich eileben, Solls ihm besser nicht geh'n, und willig läsu er stch necken. Aber die Grub' ist tief, macht hurtig z„re,l>te den Wipfel, Hält der Apfel dort nicht? reich' her! fest will ich ihn nageln. Nagelte mauchc Canon', und versteh' mich wacker auf's Haudwert. So , jetzt hält er scho» fest; gib Gott, daß die Ehe so halte!" — »Bursche, wo hastDu's gelernt?" rief Max , de» Wipfel zu schmücken ? Seht das zitternde Gold, als hält'st Du die Kirche geplündert. Uud die Aepfel so roth, und die blauen Schleife» vo» Sa»,,»tba»d, Und die Herzche» , führwahr! was Seltenes selber den, Krämer. Bursche, wo Dich die Maid nicht liebt, so sterb'ich an, Galgen, Wärst Du derSchulze selbst's, gibt's tcinc» schönere» Maibau,» !" — »Nu» , verschrei' mir ihn nicht", entgeguetc freundlich der Müller, Habe gelhan wie ich tonnt', als Zugab' scheut' ich das Herz ihr.» — »Hätte ja keinen Platz", rief Hann s mit dampfcnder Pfeife, »Ueberzählig nur wär's im Herzregimeutc dort oben. — Bursche»! jetzt fasset mir a» — zu schief - da gab' es Gcspölte. M a,'! so bück' ihn zu mir. Du Leupold, rücke ihn liefer. So, jetzt steht er gcrad', ganz kerzenncrad', wie der Amtma,,», Mit hoch wehender Krön', als wuchs' er im eigene» Erdreich. H?« Reiche den Keil mir her, den tobenden Slllr,»e» zu,» Trotze!« Und so ffanipfl' er ihn fest, und häufte Nessle Erde Rings umbcr, und hüpfte darauf mit hortender Dohle. Aber der Müller enteilte zu,» Haus' auf schleichenden Zehen, Bückte ssch, hob sich hin»» und slopste mit zitternde» Fingern. Und wohl hat es gcfrommct, den» leise hob sich die Dirne, Unter dein Fenster empor, vom bleichenden Monde beschienen, Leicht im Linncngewaud, und dankie mit freundliche,» Klopfen, Und der Müller »erging im süßen Schmerze der Sehnsucht. Doch erspähte ihn Hanns , und vertrieb den lauschenden Burschen, Pflanztessch selber nun hin, wie früher zur Wachtparade, Räusperte sich, und rief mit mächtig gellender Stimme: »Kikrifi! es kräht der Hahn, Mädchen schau den Moibaum an, Und der Bursche, der ihn bracht'. Wünscht Dir eine gute Nacht," — Jetzt im flüchtigen Sprung enteilten die jüngeren Burschen Hurtig in's Erlcngebüsch, de» tückische» Krieger «erwünschend» Hann s marschirtc »ach, und schritt zur Mühle behaglich. Also stand der Baum, und als die Strahlen des Morgens Ihn culhüllien dem Gau, und manche lüsterne Dirne Bilder aus der Ferne. m. Conc raste. David Urquhar t widmet in seinem Werke „der Geist des Orients" (»Mit «k t!><- L.-^t) ein Capitel der Darstellung von Comrasten zwischen Europa, namentlich aber England, und der Türkei, woraus wir Nachstehendes mittheilen. Europäer bewahren dem Gedächtniß das Legen des Grundsteines; Türken feiern die Errichtung des Daches. Bei den Türken ist der Bart ein Zeichen der Würde, bei uns der Vernachläßigung. Den Kopf zu rasiren ist bei ihnen Gebrauch, bei uns Strafe. Wir ziehen vor unserm Souuerain die Handschuhe aus, sie bedecken ihre Hände mit den Aermeln. Wir^trcten in ein Zimmer mit entblößtem Haupte, sie mit entblößten Füßen. Bei ihnen tragen die Männer den Nacken und die Arme entblößt, bei uns die Frauen. Bei uns kleiden sich die Frauen in helle Farben, die Männer in dunkle; bei ihnen findet das Gegentheil Statt. Bei uns liebäugeln die Männer mit den Frauen, in der Türkei die Frauen mit den Männern. Bei uns blickt die Dame schüchtern und verschämt, in der Türkei thm's der gebildete Mann. I n Europa kann eine Dame einen Herrn nicht besu­chen, wohl aber in der Türkei. Dorr kann ein Herr eine Dame nichr besuchen, wohl aber in Europa. Dort tragen die Damen immer Beinkleider, und die Herren zuweilen Unterröcke. I n der Türkei gibt es Abstufungen des gesellschaftli­chen Ranges ohne Vorrechte; in England gibt es Vor­rechte ohne entsprechende gesellschaftliche Unterscheidungen. Bei uns überwiegen gesellschaftl-iche Formen und Eti­quette die häuslichen Bande, bei ihnen überwiegt die Eti­quette der Verwandschaft die der Gesellschaft. Bei uns wendet sich der Schullehrer an das Ansehen des Vates; bei ihnen muß der Vater sich an die höhere Autorität und Verantwortlichkeit des Schullehrers wenden. Ihn beguckt und beschaut, nach gleichen Freude» sich sehnend, Wehten vom Morgen her liebkosend freundliche Lüftchen. Weichend der sanften Gewalt, bogssch der ssimnierndc Wipfel Leise zu,« Hüttchen hin, und deckt' es mit kühlender Schattung. Wenn bei dämmernder iNacht heimkehrte vom Felde C hrisli »che». Weilte sie gerne bei»! Baum, nachhängend lieben Gefühlen, Träumtessch gerne schon als Braut, und weilte voll süßen Behagens» Bis durch's Erlenachüsch der Geliebte fröhlich einherschritt. Schnell dann wechselte» Gruß und Kuß und inniger Handdruck» Und der Müller erzählt, wie cr's bei den Burschen pcrmochte. Daßsse ihm gönnten die Ehre, zu pflanzen den einzige» Maibaum. Denn lang herrschte die SiU', daß unter den Dirne» der Vauschaft Einer nur werde der Bau», als Deutung baldiger Hochzeit. Und so sahen sie sich an, schlichten Nänkchen der Hütte Stets bei d!>mmcr»der Nacht im ganzen wonnigen Neumond, Bis das Glockchen im Dorf erklang zum morgige» Psingstfest. Und mit freudigem Blick, sein liebes Tinchc u umarmend, Schied der Müller von, Baum , denn morgen sollt' er schon fallen. Und sie trennten sich spät, das Mädchen enteilte zur Hütte, Und «oll Wonnegefühl entschlief sse zum festlichen Morgen. (Beschluß folgt.) Bei uns wird ein Schüler dadurch bestraft, daß man ihn in die Capelle bannt; bei ihnen wird ein Schüler durch Ausschließung aus der Moschee bestraft. Ihre Kinder betragen sich wie Männer, unsere Män­ner wie Kinder. Bei uns fragen die Herrschaften den Dienstboten nach, in der Türkei die Dienstboten der Herrschaft. Wir hallen das Tanzen für ein artiges Vergnügen, sie für ein unanständiges Geschäft. I n der Türkei beschränkt die Religion die Auferle­gung bürgerlicher Abgaben; in England legt die Regierung Steuern auf der Religion wegen. I n England fordert die Staatsreligion Abgaben von den Sectirern; in der Türkei schützt die Staatsreligion das Eigenthum der Sectirer gegen Regierungtaren. Ein Engländer wird erstaunen, daß es in der Türkei an dem fehlt, was er öffentlichen Credit nennt; der Türke erschrickt vor unserer Nationalschuld. Der Türke wird sich wundern, wie die Regierung bei getrennten Meinungen geführt werden kann; der Englän­der wird nicht glauben, daß ohne Opposition Unabhängig­keit bestehen könne. Ein Engländer wird in der Türlei das Eigenthum für ungesichert halten gegen die Gewalt, ein Türke das Eigenthum in England für ungesichert gegen das Gesetz. Der Engländer wird sich wundern, wie das Gesetz ohne Gesetzkundige gehandhabt werden könne; der Türke wird sich wundern, wie man mit Gesetzkundigen Gerech­tigkeit erhalten könne. Der Erstere wird erschreckt werden über den Mangel eines Zwanges gegen die Centralregierung; den Letztern wird das Fehlen einer Concrolle über die Orcsverwaltung bestürzen. Wir können Unabänderlichkeit in den Staatsgrund­sätzen nicht als mit dem Wohlsein verträglich begreifen; die Türken können nicht begreifen, daß das Gute und Rechte der Abänderung fähig sei. Der Engländer wird den Türken für unglücklich hal­ten, weil er keine öffentlichen Vergnügungen hat; der 2^1 Türke wird Den für einen unglücklichen Menschen halten, der Vergnügungen außerhalb des Hauses bedarf. Den Türken grauet vor Liederlichkeit und unehelichen Kindern, dem Engländer vor Vielweiberei. Den Türken wird unsere hochmüchige Behandlung Un­tergebener anwidern; den Engländer wird der Sklaven­handel empören. Sie werden sich gegenseitig religiös-fanatisch schelten — moralisch-ausschweifend — unsauber in Kleidern —un ­glücklich in der Entwickelung ihrer Sympathien und ihres Geschmackes — politischer Freiheit verschiedentlich entbeh­rend — Jeder wird den Andern für unpassend in guter Gesellschaft halten. Der Beobachter, der in neutraler Stellung diese ge­genseitigen Beschuldigungen hört, wird vielleicht daraus schließen, daß, wenn Menschen herb über ihre Mitmenschen aburtheilen, sie unter zehn Mal neun Mal Unrecht haben. Der letzte Flug. VrziihlunZ von Ur. Rudolf Puff . (Beschluß.) Wenige Augenblicke später trat er bei Günthe r ein; er schien heute freundlicher und weicher als sonst. „Du dauerst mich, Sklave" , sprach er; „die enge Luft mag Dir nichr gut lhun, wenn Du mir all den sonderbaren Quark da von Federn und Schrauben und Holzstreifen und Rädern erklären willst, den Du mit so regem Eifer zusammengefügt, so will ich Dich später, wenn der Burg­herr sein Mittagsschläfchen macht, ein wenig in den großen Hof lassen." — „Willst Du?" flehte Günther schmei­chelnd, „sieh, dann erlaubst Du mir wohl, daß ich das ganze Maschinenwerk in den Hof mitnehme, dort haben wir mehr Raum, Dir seine Wirkung zu zeigen." — „Auch recht", brummte der Schließer, ging, und kam in einer Stunde wieder, mir dem Bedeuten, „der Bär schnarche.« Nun begrüßte Günther seil einem Jahre das erste Mal die freie Gottesluft wieder, breitete im Hofe die sorg­fältig geordneten Theile der Maschine aus) fügte sie an einander, stellte sich mitten hinein, und während sich die dünnen Bretscheiben wie ein Mantel um seine Schultern legten, drängte er mit Ungestüm die Kolben in die Röh­ren, immer weiter dehnte sich der sonderbare Mantel aus, immer lauter brauste und knarrte es, immer rascher folg­ten Günther's Bewegungen, jetzt hob er sich vom Bo­den, jetzt schwebte er vor den Augen der Erstaunten auf, jetzt, von ihrem Geschrei, von den Pfeilen der Wachen verfolgt, schwang er sich über die Mauern und flog, von der hohen Lage der Veste begünstigt, in's Weite. IV. Immer höher, immer ferner ging der Flug, bis all­mählich die Kraft der Arme erlahmte, die rasche Bewegung der Schwingen nachließ, und Günther sanft auf eine kleine, waldumschloßene Wiese heruntersank. „Wo bin ich?" fragte er einen alten Landmann, der, scheu sich bekreuzi­gend, vor seiner Hütte saß, und beim ungewöhnlichen An­blick eines so seltsamen Gastes die Flucht ergreifen wollte. Mehr Furcht und Ueberraschung, als Neigung und Ge­ fälligkeit zwangen den Alten, stehen zu bleiben. „Wenn Ihr nicht eben so gut den Rückweg durch die Lüfte trefft, als Ihr Hieher gekommen seid, so möchte es Euch nicht leicht werden, den furchtbaren Händen des grausamen Gre­gor von Pcrrov grab zu entgehen, in dessen Gebiet Ihr Euch niedergelassen; der schwarze Meister aber, der Euch herführte, wird Euch wohl wieder wegbringen, außer er schickt Euch als Boten, um durch Euch den verhaßten Ge­bieter zur glühenden Mahlzeit zu laden." Bei diesen Wor­ten trat der Bauer in die Hütte, deren Thüre er sorg­fältig verrammelte. Erst nach vielen Bitten und Betheue, rungen gelang es Günthern , sich Einlaß zu verschaffen, und von Illo , so hieß der Landmann, einige Erfrischun. gen zu erhalten. Wohl mehre Tage bedurfte es, um den ungläubigen Alten von der Natürlichkeit des Flugwerles, vor Allem aber von der Redlichkeit des Jünglings zu über­zeugen. Nach und nach wurde der Bauer zutraulicher und geschwätziger, und fing denn endlich auch an, von einem alten Fremdlinge zu erzählen, der vor mehr als vier Iah­ren aus dem Lande der Wenden stolz und beritten hicher gekommen, von dem Raubritter aufPetrovgrad aber über­fallen und gefangen genommen worden sei. „Der Unglück­liche", seufzte der Landmann, „rheilt nun das Loos aller Fremdlinge, die in die Hände dieses Wüthrichs fallen; Alle, besonders aber solche, die sich zum frommen Werke der Kreuzfahrt anschicken, werden vom wilden Gregor aufgefangen, weil er selbst einst im byzantinischen Reiche alle Mißhandlungen eines Sklaven erdulden mußte, wäh­rend ein Kreuzfahrer seine Tochter entführte; sie werden von ihm und seinen Henkern durch unbeschreibliche Qualen gefoltert, wenn sie die übermäßigen Arbeiten, zu denen man sie verurcheilt, nicht leisten können. Da war ich jüngst auf Pecroograd, und sah Euren alten Landsmann halb sinnlos hinstürzen unter den Peitschenhieben der Peiniger, welche ihm zusetzten, mit an dem großen Rade zu treiben, das den Brunnen reinigen soll, den der böse Feind durch den Felsen gemeißelt hat. Der arme Alte dauert mich. Ich hatte bei seiner Gefangennehmung im Walde eine goldene Kette gefunden; da ich sah, daß sie dem Sklaven Nichts nützen könne, gab ich ein Stück davon dem Aufseher, daß er ihm von Zeit zu Zeit ein Zwetschkenmus oder einen Be­cher Weines zur Stärkung gebe." — „Laßt sehen die Kette", rief hastig der Jüngling. „Ich verweigere sie Euch ja nicht", brummte mißtrauisch der Alte, „obschon ich einsehe, daß ich doch Recht hatte, als ich meinte, ein ehrlicher Mensch käme nicht durch die Luft geflogen." Günther erkannte auf den ersten Blick Sigismund's Kette. „Armer Va­ter!" schrie er im wilden Schmerze, „also D u bist der miß­handelte Gefangene! Behalte Deine Kette, ehrlicher Illo ; nach welcher Seite liegt Petrovgrad?" Der Alte sah den Jüngling befremdet an, schob die Kette in den Busen und sagte: „Gleich hier den Bach entlang, auf dem sonnichten AbHange jenes Berggipfels, dessen waldichler Rücken hier vor uns emporsteigt." Rasch ordnete Günthe r seine Flugmaschine, schnallte die Fittiche an, pumpte die Luft bis zur Erhitzung, und hob sich vor dem sich bekreuzenden Ill o in die Luft, ge­wann glücklich die Höhe ober dem Schloße, und ließ sich in einer unbeachteten Ecke des Hofes nieder, dort, wo die Mauer und ein Thurm einen bergenden Winkel boren, in dessen Biegung er einen kahlen Greis zusammengekauert sitzen sah, während eine Schar gefesselter Sklaven am Brunnenrade trieben. Dort ließ sich der kühne Günthe r nieder, entledigte sich der Maschine, starrte dem Alten in das Gesicht, und sank ihm mit dem Ausrufe: »Mein armer Vater!« zu Füßen. Aber die unsäglichen Leiden furchtbarer Jahre harten den Verstand des alten Sigismun d zer­rüttet, hatten seine Erinnerung zerstört; mit blöden Au­gen glotzte er auf den Jüngling. «Bringst Du mir kein Zwetschkenmus, Illo , keinen Wein?" fragte er; „hier sieht uns Niemand, und ich theile mit keinem Gefangenen, verlaß Dich auf mich." — „Vacer, armer Vacer! kennt Ihr Euren Günther nicht!" klagte der Jüngling. „Gün­ther?" fragte der Alte, wie aus einem tiefen Traume erwachend, „den Namen kennt nur Einer auf Petrovgrad, aber der ist todc, der war einst Burgherr auf Liedeck, ein strenger und harter Mann; den hat der Himmel selbst verwundet, sieh, dahier am Kopf, da findest Du noch die Narben. Du sprichst so mild und sanft", fuhr er fort, in­dem er dem Jüngling die wirren Locken aus dem Gesichte strich und ihn bedeutungvoll ansah. „Herr Gott, was war Das!" rief er, bedeckte die Augen mit der Hand, dann plötzlich sich mit jubelndem Ungestüm an Günther'5 Hals werfend, jauchzte er in wilder Freude. „Ich habe geträumt, bös geträumt; Du bist Günther, mein lieber, mein einziger Sohn!" — Noch ruhte Herz an Herz, nochstoß Thräne in Thräne, da scholl der Ruf der Sklavenwärter: „Wo ist der Alte, der träge Alte? Warte, Hund, wir wollen Dich zur Ar­beit treiben!" — „Ha!" schrie Sigismund wild auf, „nun erst weiß ich's! Gefangener bist Du, gleich mir!" — „Mein Vater", orängte Günther, „kommt Hieher, mein Kunstwerk wird Euch retten, schnell, Vater, gebt Eure Hand, so erringen wir die Freiheit.« — „Ja, meine Hand gibt die Freiheit", lachte der Alte wieder im vorigen Wahn­sinne gräßlich auf, ergriff einen Stein, und zerschmetterte mit fast übermenschlicher Kraft das Haupt seines Sohnes, daß lautlos der arme Segler der Lüfte zu Boden stürzte, und den letzten Seufzer ausstieß, als Sigismun d unter den Hieben der Sklauenwächcer zu leben aufgehört hatte. Neues. (Anti-Hazard-Clubb.) Die „agramer Zeitung« enthält uncerm 8. December aus Ipoly-Sugh, einem Marktflecken am Einstuße der Krapina in die Eipel, wo die Versammlungen des honther Comitates gehalten wer­den, wörtlich Folgendes: „Va banque dem Hazaro! ist das Feldgeschrei unserer Cavaliere. Es droht nämlich den Hazardspielern, die jetzt schon beinahe alle sociellen Kreise verpesteten, und so den Ruin oder wenigstens eine gewal­tige Lücke den eben nicht allzu fetten Börsen verursachten, eine gänzliche Verbannung. Damit solch' eine wichtige ge­ sellige Reform auch kräftig durchgesetzt werde, traten ei­nige charaktervolle Männer zusammen, und erklärten sich dahin: daß in ihren Behausungen mit dem Beginne des Novembers kein Hazardspiel ferner geduldet und gespielt werden dürfe. Um nun das gethcme Gelübde für Einzelne noch bindender zumachen, und damit daran auch die übrige Noblesse Antheil nehmen solle, ließ der neu constituirte Anti-Hazard-Clubb einen Subscriptionbogen von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf wandern, und darin Jed­weden, der sich für die Zukunft ein für allemal des Pha­rao, Maccao, Schantala, Naschiwasche, und wie sonst derlei verdammliche Unterhaltungen heißen mögen, zu Hause wie in öffentlichen Casino's unverbrüchlich enthalten wolle, seinen Namen verzeichnen. Referent Dieses kann nach ge­nommener Einsicht des Aufforderung-Circulars nur freudig berichten: daß die Unterschriften sehr zahlreich sind, und Namen enthalten, die auf Fashion und Bildung Anspruch haben. Möchte dies Beispiel auch in andern Städten und Orten, wo die grünen Tische mit nie zu sättigender Gier belagert werden, bald lebhafte Nacheiferung finden." — (Die Katze und der Gymnastiter.) Der be­rühmte londoner Arzt Liston ist ein außerordentlicher Ka­henfreund, und besonders unterhält er sich damit, sie zu drcssiren, daß sie gleich Weccrenn- und Iagdpferden über Hindernisse springen. Eines Tages trifft er einen berühm­ten Sportman, der zugleich ein vortrefflicher Gymnastiter ist. „Kommen Sie zu mir", sagt er zu diesem, „ich zeige Ihnen einen schwarzen Kater, der trotz ihren besten eng­lischen Rennern Hindernisse überspringt." Sie gehen, und Liston führt dem Sportman seinen schwarzen Kater vor. Ein 4 '/ . Fuß hohes Hindernis; wird aufgestellt, der Ka­ter mißt es mit dem Auge, miauc, und seht darüber, jedoch nicht ohne eö mit den Pfoten etwas berührt zu haben. Liston erwartet, sein Gast werde vor Bewunderung auf­schreien, dieser aber sagt ganz trocken: „Das ireff'ich auch!" — „Mit geschlossenen Füßen, Das wohl, denn Sie sind als gewandter Springer bekannt.« — „Nein, wie die Katze, auf allen Vieren, die Hände voraus, den Körper und die Füße nach, und ohne das Hindernis; zu berühren.« — „2Z Pfund, daß nicht!" — „23 Pfunds daß ja!" — Die Weite ist geschlossen, der Sportman stellt sich auf alle Vier, miaut, seinen Concurrencen parodirend, bäumt sich wie ein Pferd auf, und springt mit einem gewalti­gen Satze hinüber. — Am andern Morgen erhielt der gewaltige Springer zwei Pakece, in dem einen die gewon­nenen 23 Pfund, in dem andern — den schwarzen Karcr todc und ausgestopft. Dieser Sendung lag ein Billet bei, in welchem llr. Liston schrieb: „er habe dem über­wundenen Kater seine Achtung entzogen, und sende ihn deßhalb als Trophäe dem Sieger." — Historisches Tagebuch. Busllmmcngestellt von eine,» Landpriester. 21. December l507 starb der um die Religion hochverdiente Iesui! Canisius zu Frei« bürg — geboren am 8. Mai !52l. 22. December I»ln starb Johann Peter Freiherr von Ncaulic u in seine,» Y4. Lebens« jähre. Er war zu Namur 1725 geboren, und dann l?yü östcrrcichi, scher Feldherr in Italien. 23. December l,5N starb Vineenz, der erste Abt vom Kloster Sittich in Krain, der diesem Convente «5 Ialire vorstand, lüöl starb zu Qlmütz der Canonicus Ludwig Freiherr uon Naubcr, gc« boren in Krain am 30. April l??6. 24. December «nn Anschlag auf Na p ole ° n Von o pa rte's Leben mittels der Höl­lenmaschine durch zwei Chouans, als jener Abends in das Opernhaus fuhr, Hau dn's Schöpfung zu hören. ' Laib ach. Druck und Verla., des Joseph Blasnik.