Hr. 47. Laibach den 26. November 1864. 8. Jahrgang. Matter an5 Urain. (Beilage zur „Laibacher Zeitung.") Die „Blätter aus Kram" erscheinen jeden Samstag, und ist der Pränumcrationsprcis ganzjährig 2 st. östcrr. Währung. Im Tannenwalds. Der Mond geht still durch die Tannen, Die zittern im Abcndwind — Da deut' ich Dciu, wchmnthöinnig, Du liebes Kind! Mein Herz ist anch so ciu dnst'rcr Und dnntclndcr Tannenhain, Und drinnen glänzt meiner Licbc Vcrborg'ncr Schein. Der Sehnsucht Qual macht es zittern, Ten Tannen gleich in der Nacht, Wenn ihnen bleich ans der Ferne Das Mondlicht lacht. Wer Weg zum Capital. (Schluß.) Achttausend Franks! Der Betrag war wahrlich fabelhast'. Ohne Zweifel hatte der Commis einen Irrthum in der Ziffer begangen. Meine Lage wurde innncr schwieriger. Glück-Wünsche sielen von allen Seiten über mich her, besonders als ich vom Kopf bis zum Fuß schwarz gekleidet erschien. Ein Journal fand die Gelegenheit geeignet, eine biographische Skizze des Lebens meines Vetters zn veröffentlichen, und der Herausgeber ersuchte mich in einem Schreiben, ihm einige weitläufige Umstäude mitzutheilen. Damen, die mit allen Arten von Gesellschaften in Verbindung standen, baten mich um mein Autograph. Das Geld, das ich dabei für Briefporto bezahlen mußte, war fchon bedeutend. Um dieser Lavine von Fragen zu entgehen, reiste ich eiligst nach Paris ab. Sobald ich dort ankam, machte ich meinen Banquiers einen Besuch uud wurde ! von ihuen empfangen, wie gewöhnlich die Erben eines großen ! Vermögens empfangen werden. „Es ist uus leid, daß Sie von den spanischen (Fonds) Capitalien eine fo schlechte Meinnng hegen" , sagte Herr Ver.- ^ geret, „sie sind sehr hoch gestiegen: jedoch haben wir nur die ! Hälfte Ihrer Loose verkauft." ! „Wollten Sie die Güte haben," antwortete ich, „mir zu ! sagen, wie viel wohl der wirtliche Werth des Ucberrestes be- l tragen mag?" ! „Ganz gewiß, mein Herr, taufend Piaster, das Capitcll zu sicbenzig fta dcr Piaster fünf Franks 35 Cts^ gilt), die Summe ist schon bezahlt. Wenn Sie heute verkaufen, so werden Sie mit dem Ertrag zwanzig Tausend Franken haben." „Sehr gut. Sie fagten etwas von einer deutschen Bank, glaube ich." „Jawohl,- die Regierung machte einige Schwierigkeit ein j Privilegium zu gewähren; nun aber ist alles in Nichtigkeit, ! und die versprochenen Aktien sind bedeutend gestiegen." „Kann ich also verkaufen?" „Ganz gewiß, Sie haben fünfzig zn vier Hundert, und ! fnnfzig Florin Profit: diese werden Ihnen etwa sechstanscnd ! Franken eintragen." „Ohne daß ich Einschüsse bezahle?" „Ganz ohne Einschüsse." „Das ist wunderbar; jedoch ohne Zweifel müssen Sie es wissen. Ich möchte diese Summe gerne sicher anlegen, wollten Sie nicht so gut sein, mir zu sagen, was da zu thun wäre?" „Sie können nichts besseres haben, als unsere eigenen Fünfprozentigcn. Ich kenne wahrlich nichts, was sicherer wäre. i Sie erhalten sechs Procent für Ihr Geld. Ich begreife, daß ^ ich Sie durch folche Kleinigkeiten gelangweilt habe, da Sie j sich bald um andere bedeutendere Summen werden bekümmern ! müsseu." ! „Wcnu ich nun den vereinten Ertrag des spanischen und i des deutsche» Eapitals zu fünf Proccnt anlege, wie viel würde ! ich jährlich dafür erhalten?" ! „Lassen Sie sehen. Dreitausend und hundert Franks, ! die Fonds zu achtzig, achtzehn bis zwanzigtauscnd — ja zwanzig-! tauseud Franks per Jahr." ! „Ach, zwanzigtausend Franks pcr Jahr! Und wann kann ! die Geldanlegung geschehen?" I „Morgen früh, das heißt, wenn Sie erlauben, daß ! unsere Firma die Transaktion ausführe." , „Ganz gewiß, auf wen könnte ich mich wohl besser ver- lassen?" Der Banquier machte eine höfliche Verbeugung. „Und nun," fuhr ich fort, „wäre ich Ihnen fehr verbunden, wenn Sie mir einige Louisd'or vorstrecken wollten; denn ich bin etwas in Verlegenheit." „Mein lieber Herr, alles Geld, das ich habe, steht zu Ihren Diensten. Wir viel wollen Sie? Zwei oder vierhundert?" „Vielen Dank, fünfzig wird vorläufig genügen." „Darf ich hoffen," sagte der Banquier, als ich mich anschickte, zu gehen, „daß unsere Firma mit der Fortdauer Ihrer Gunst wird beehrt werden?" „Ganz gewiß," antwortete ich. Es gibt einige Augenblicke in meinem Leben, auf die ich mit mehr Befriedigung zurück fchaue, als auf den dcr Zusammenkunst mit Herrn Vergeret. Ich zweifle, daß ich an die zwanzigtauscnd Franks per Jahr geglaubt hätte, wenn nicht 186 die fünfzig Napoleons gewesen wären. Indessen waren aber weine zwei Freunde entsetzt über den guten Erfolg ihrer Geschichte, und nicht wenig beunruhigt wegen meiner plötzlichen Abreise nach Paris. Georg und Albert fingen an zu befürchten, daß ich wirklich an die Wirklichkeit der durch sie gemachten Erfindung glaubte. Drei Tage nach meiner Zurückkunft besuchten sie mich mit langen Gesichtern. „Mein lieber Ludwig," sagte Georg, „Eie wissen ja, das; Ihr Vetter nicht gestorben ist." „Ich kann dessen nicht gewiß sein," antwortete ich, „denn ich bin keineswegs von seiner Existenz überzeugt." „Ganz richtig; aber Eie wissen, daß diese Erbschaft bloß ^ cinc Prahlerei ist." , „Um Ihnen die Wahrheit zu sagen, ich glaube wir sind die Einzigen, die dieser Meinung sind." ! „Wir hatten sehr unrecht, eine so dumme Erfindung zu ! machen, und es ist uns sehr leid." ! „Im Gegentheil, ick bin Ihnen dafür sehr verbunden." „Aber es ist unsere Pflicht, sie zu widerrufen und zu bekennen, wie närrisch wir gewesen sind." Tie Wahrheit konnte nicht lange verborgen bleiben: man fing an sich zu verwundern, daß keine Nachrichten von Martinique kamen. Die Klügeren schüttelten, Unglück weissagend, den Kopf, wenn sie meinen Namen hörten. „Der lächerlichste Zng in der Geschichte," sagte Einer, „ist, daß er endlich selbst an die Wahrheit seiner Erfindung glaubte; meinerseits muß ich gestehen, daß ich immer etwas ungläubig war, in Hinsicht jener Erbschaft." „Und ich auch," sagte Herr Felix, „obwohl es mich fünf-, zehntausend Franks gekostet hat." Als ich eines Morgens ein Dutzend Briefe auf meinem Tische fand, schloß ich, daß die Seifenblase geplatzt fei. Ihr Inhalt war ziemlich derselbe: zum Beispiel: „Herr Mayer empfiehlt sich Herrn Mcrau, da er bedeutende Zahlungen zu entrichten hat, wäre er Ihnen äußerst verbindlich für den Ertrag des Beigelegten." Meine Antworten hoben jeden Zweifel meiner Zahlungsfähigkeit. „Herr Mcrau dankt Herrn Mayer, daß er ihm endlich seine Rechnung hat zukommen kasscn: beiliegend meine Geld-anwcisuug für den Betrag." Mein kaltes und glcichgiltigcs Benehmen hielt die Neu-gicrde noch einige Tage wach. „Welch' ein Glückhans," sagte Einer. „Das Glück hat nichts mit ihm zu thun," sagte ein Anderer," er hat seine Karten gut zu handhaben gewußt, und hat gewonnen." Ein oder zweimal, ich gestehe, fühlte ich Gewissensbisse: jedoch eine kurze Ucberlegung überzeugte mich, daß meine Vc-wühungen keiuen Antheil an meinem Glücke hatten, und daß ich es der allgemeinen Verehrung des „goldenen Kalbes" und der Wahrheit des Spruches Albert's zu verdanken hatte: „Der nächste und beste Weg zum Kapital ist der Credit." Eine päpstliche Visitation zur Zeit der Kirchen-resormation in S'teiermark, Kärnten und Kram. z Nach einem Mcmmcripte dcr Vibliothct dclla Boua in Gör;. ^ (Schl n tz.) III. ^ Ich wollte den Grafen von Orteuburg vor Erstattung meines Berichtes an Ew. Heiligkeit, abwarten, da er auf der Rückkehr von Italien nach Deutschland hier passircn muß, nachdem er einige Wochen die Bäder von Padua gebraucht. Dieser ist dcr angesehenste Mann und Landeshauptmann ((ÄMuno) in Kärnten. Er ist nicht nur reich, sondern auch von großem ! Einfluß und der eifrigste Vertheidiger des heil. katholischen Glaubens, der immer gegen die Ketzer unter seiner Gerichtsbarkeit kämpft, es sind bei 30.000 Seelen im Gailthal, die er für die Kirche wieder zu gewinnen hofft. Ich habe mit ihm verabredet, im September d. I. zusammenzutreffen. Und da dieser Herr wir einige Hoffnung gegeben, und mir auch kräftigen Beistand in der Villacher Angelegenheit versprochen hat, so wollte ich hier einige Bemerkungen Ew. Heiligkeit nicht verschweigen, die mir der Graf von Ortcnburg zur Erleichterung meines Vorhabens gemacht, und welche ich Ew. Heiligkeit zur z Prüfung vorlege, um Ihre hohe Unterstützung für die AuZ- führung desselben zu erlangen. ! Der Graf glaubt nämlich, während sich der Bischof von , Vamberg am kaiserlichen Hofe befindet, Villach wieder gewinnen ! zu können, wenn Ew. Heiligkeit durch den Cardinal Mandruzzi ! oder einen andern Ihrer Diener mit dem Bischof von Vam-! berg unterhandeln wollten, daß er Vollmacht gebe zur Auö-! trcibuug der Prediger jeder Art Ketzerei von Villach, wo sie ! kein Recht haben, zu verweilen. Es müßten auch Strafbestim-! mungen (säitti iMaU) gegen Alle erlassen werden, die im ^ Allgemeinen oder in besonderen Fällen dle Katholiken in ihrem ! Vorgehen hindern. > Ferner sollten die weltlichen Eivil- und Criminalgerichts-ämter in die Hände der Katholischen gegeben werden, damit sie insbesondere die geistlichen Güter für die Kirche zurückgewinnen können. ! Die Mutter- und Filialkirchen sollten ihr Einkommen frei > verwalten, damit die Seelsorger leben können und der GottcZ-! dienst entsprechend besorgt werde. ! Der weltliche Arm soll diesen Reformen znr Seite stehen, um die Evangelischen einzuschüchtern und die Katholischen zu unterstützen. Der Bischof von Vamberg dürfte sich diesen Anordnungen nicht widersetzen, da sie den Befehlen des Erzher-! zogs Carl entsprechen. Die Ketzer hätten in Villach nicht so ^ festen Fuß fassen können, hätten nicht die Bischöfe von Vam-! bcrg ihre Ausbreitung eher zugelassen ^)6i'M688k) als gehin-! dert. Im September sollte cin Abgesandter von mir mit dem Vicedom in Villach zusammentreffen und dcr Graf selbst will unseren Eifer unterstützen. Er glaubt auch, daß es von größtem Vortheil wäre, in diesen Gegenden cin Iesuiten-Collegium zu gründen. So viel wollte ich (5'w. Heiligkeit von den besonderen Verhältnissen der durch mich besuchten Orte mittheilen, zum Schlußo will ich aber noch einige Gegenstände erwähnen, welche diese Provinzen, nämlich Stcicrmark, Kärntcn und Kram, betreffen. In Krain sind alle Adeligen Ketzer, von den Ständen sind wenige katholisch, aber die Landlcute sind alle fest im heiligen Glauben. In Steicrmark sind zwar viele Adelige ketzerisch, aber auch eine gute Anzahl katholisch, von den Städtern (oit> taäwi) sind noch die Hälfte katholisch, die Landleute sind alle katholisch. In Kärnten sind die Adeligen und die Städter mit dem größten Theile der Bauern ketzerisch, und obwohl sie verschiedenen Ketzereien anhängen, so scheint doch jene des Luthers die vcrbreitetstc zu sein. Am hartnäckigsten bestehen sie auf der Communion unter beiderlei Gestalt, und die anderen Irrthümer behalten sie nur bei, um desto zügelloser leben und die geistlichen Güter genießen zu können, sowie sie auch unter einander Verbrüderungen (sr^toii^iixo) geschlossen haben, sich nickt zu verlassen bei Strafe der Infamie. In Kärnten haben die Ketzereien tiefere Wurzel geschlagen, als in Etciermark und Krain, es breitet sich die Flavianische Eccte aus mit den verderblichsten Epnrcn des Arianismu?. Tie Herren haben versucht, ihre Unterthanen zur Annahme der Ketzerei zu zwingen, allcin sie sind davon abgestanden, da sich sonst leicht ein Feuer hätte entzünden können. Ich l)abe nicht unterlassen, viele Landslcutc von ihren Irr- ! thümern zurückzuführen, und cs sind viele in den Echooß der h. Kirche zurückgekehrt. ! Aber am schmerzlichsten ist es mir, daß wir zulassen müssen, ! daß die Ketzer mit Gewalt ihr Begräbnis; in jener Kirche er- ^ zwingen, die sie bei Lebzeiten zu betreten scheuen, und was ^ noch wunderbarer ist, während sie bei Lebzeilen an h. Bildern ! Anstoß nehmen, lassen sie die Bilder verstorbener Personen mit ! vor dem Crucifix gebeugten Knien anfertigen. Tiefe Bilder, und besonders jene des jüngsten Gerichts, welche als Selige ihre Prädikanten und als Verdammte die katholischen Priester darstellen, habe ich entfernen lassen. Ich habe nicht verfehlt, den Priestern unter schwerer Strafe die Aufnahme der Ketzer zum Begräbnisse zu verbieten und Jene zu strafen, welche es gegen Bezahlung zugelassen hatten. Tie Kirchengütcr sind in vielen Orten von den Ketzern ^ zum Unterhalt ihrer Prediger in Anspruch genommen, viele ! Patrone haben sich der Güter ihrer Kirchen bemächtigt und be- ^ soldcn kärglich einen Priester zur Verabreichung der Sacramente. Hätte ich Hand darauf legen wollen, fo wäre ohne Zweifel ! dieser Priester fortgejagt worden und das Volk hätte dieses Beistandes entbehrt. Viele Priester haben auch aus Nachlässigkeit oder Bosheit die Steuern nicht bezahlt, und die Kirchen- ! guter sind dann von den Ständen versteigert worden. Ich habe ! die Geldstrafen der schuldigen Priester zur Wiedergewinnung! dieser Güter bestimmt. > Der Patriarch übergeht nun zur Schilderung der Person- ^ lichen Lebensweise der katholischen Priester, welche er scharf ^ tadelt; unter Anderm sagt er: ! ! „Tie wenigsten beten die canonischen Hören, indem sie sie nicht kennen. Sie sind meistentheils unwissend in Bezug auf die nöthigen Dinge ihres Berufes, insbesondere die Kraft ! und Wirksamkeit der Sacramcnte, aber sie predigen mit einer ! Kraft, die uns zum Staunen nöthigt und ihre Predigten bewegen sich meist nur in der Auseinandersetzung des Evangeliums nach guten Autoren und des Lebens der Heiligen, woran das Volk große Freude hat. Nichts desto weniger fand ich ein« große Menge ketzerischer Bücher in den Häusern der Priester, — übrigens in Staub begraben, ein Beweis, daß sie sie nicht ^ studirt haben, sondern sie entschuldigten sich, daß sie dieselben > im Pfarrhause angetroffen, und daß sie von ihren Vorgängern ! herrührten. Diese Bücher wurden alle verbrannt und zwar in ^ erstaunlicher Menge. ^ In der Verwaltung der Sacramente finden sich viele Miß- ^ brauche. Tie Riten weichen sehr von einander ab. Sie taufen ! auswärts ohne Noth und Beobachtung der Ceremonien, die ! Consirmation (Firmung) ist schon viele Jahre nicht vorgcnom-! men worden, ich firmte tausend und aber tausend Personen. Bei der Vcicbt pflegen viele Priester 10 bis 12 Beichtende auf ! einmal zu hören und sprechen sie los, ohne eine Besprechung ! der Sünden und ohne die rechte Absolutionsformcl zu wissen. ! Das heil. Abendmahl wird zur selben Zeit den Katholischen und den Ketzern ausgetheilt, zuerst die Hostie beiden, dann den ! letzteren der Kelch. Das Sacramcnt der Ehe betreffend, so ^ ertheilten sie dasselbe nur gegen eine bestimmte Summe Geldes, ! auch zu den verbotenen Zeiten gegen Geld, es geschehen nicht ! die öffentlichen Verkündigungen in der Kirche, Heiraten im dritten ^ und vierten (canonischcn) Grade werden nicht gehindert. Die z letzte Oelung war durch die Nachlässigkeit der Priester fast ganz ^ in Vergessenheit gerathen, wurde nicht mehr für ein Sacrament ! gehalten, und man glaubte es nur für Kranke bestimmt. ! Die Ordination geschieht auf ungesetzliche Art (der Patriarch ! beschreibt die verschiedenen Mißbräuche). Aber es schmerzt mich, ^ es zu sagen, ich habe auch bei den Bischöfen dieser Gegenden meist sehr wenig Kenntniß von dem geistlichen Regiment gefunden. Man kennt weder, noch scheut man den päpstlichen Bann, ohne Prüfung oder Approbation der Ordinarien übernehmen die Priester das geistliche Amt. Es würde von Nutzen sein, den Erzbischof von Salzburg, dessen Iurisdiction an die ^ meinige grenzt, und die anderen benachbarten Bischöfe zur kräs-i tigeren Handhabung des geistlichen Regiments aufzufordern , inZ-! besondere, damit nicht die bestraften oder in Bann gelegten Priester von ihnen aufgenommen werden. Ich hatte in meinem Gefolge erfahrene Priester, Dalmatiner von Geburt, welche die Sprache des Volkes verstehen und diesen Völkern Hilfe bringen ! könnten. Auch der Hof würde diese lieber sehen, als die ! Venetianer. Ich habe im Sinne, zwei oder drei Iesuitcnzög-! linge, die in meiner Nähe in der geistlichen Verwaltung aus-! bildet sind, dahin abzuordnen. I So viel wollte ich Eur. Heiligkeit von meiner Visitation ^ in diesen Provinzen voll beweinenswerther Verirrungen berichten, ! und so lange noch eine Spur von Leben in mir ist, werdeich ! diese, obwohl für meine Kräfte zu schwere Last nicht scheuen. 188 Ich empfehle Eur. Heiligkeit diese Diärese und Kirche, einst so mächtig und glorreich, jetzt von so vielen Seiten angefallen und zerfleischt. Nie Fürsten haben sie ihrer Reichthümer beraubt, und die Stadt Aquileja geht nach so vielen Einbrüchen der Barbaren in der Fieberluft unter und jetzt haben die Ketzer den Glauben zerstört, der diese an Sitte, Sprache und Kleidung so verschiedenen Völker unler ihren Fürsten verband, zwischen deren Eifersüchteleien der Patriarch von Aquileja durchschiffen mußte, nicht ohne Gefahr, häufig Schiffbruch zu leiden. Ich bitte Eur. Heiligkeit, mich fowohl dem Hause Oesterreich, als der Siguorie Venedig zu empfehlen, damit ich deren Unterstützung in der Aufgabe finde, mit der mich Eur. Heiligkeit betraut hat, und ich empfehle mich demüthigst, Eur: Heiligkeit die Füße kühend." Ein verhä'ngnißvoller Nenn. Unter Eixtus V. hatte ein Florentiner Dichter und Zeitungsschreiber Namens Marere eine Satyre über eine Person von hohem Nange veröffentlicht, über welche sich der Gekränkte beim Papst beschwerte. Dieser lies; den Verfasser herbeirufen und setzte idn darüber zur Rede, das; er sich einen so starken Ausfall erlaubt habe. Nachdem der Dichter sich in einer Weise zu rechtfertigen versucht, die dem heiligen Vater ein Lächeln abnöthigte, fragte er ihn streng, warum er in seinem Machwerk auch den Namen einer Frau mißbraucht hade, die um ihrer Tugenden willen von Allen geschätzt werde. Marcre zögerte mit der Antwort. „Nun," nahm Sixtus das Wort, „hat sie Euch etwa Ursache zur Klage gcgebcu ?" „Nein, heiliger Vater," antwortete der Bedrängte. „Und weßhalb habt Ihr es dennoch wagen können, sie durch Verläumdungen zu beschimpfen?" „Weil ich ihres Namens für einen Reim bedürfte, der mir eben fehlte^" lautete Mareres Entschuldigung. „Ei, Herr Dichter," erwiederte der Papst, „so laßt doch sehen, ob ich nicht auch auf Euren Namen einen Reim zu Stande bringen kann. Hört also: Sie verdienen, Signor Marcrc, Zu rudern auf dcr Galeere." Und die Sentenz wurde vollzogen. Auf alle Bitten, welche für den Armen eingelegt wurden, antwortete Sixtus: „Es hat sich einmal gereimt, und so etwas geschieht zu selten, als dasi diese Begebenheit nicht Epoche machen sollte." Er hatte nicht unrecht; dieses Beispiel machte die Satyrcn-schreiber etwas zurückhaltender, höchstens daß sie sich in Pas-quinadcn ergingen, welche, wie anzüglich sie auch sonst sein mochten, doch nur selten Untersuchungen herbeiführten, weil sie nicht allein viele Wahrheiten enthielten, sondern auch ihre Verfasser sich wohl hüteten, genannt zu werden. Der Mensch entgeht feinem Schicksale nicht. Marquis Eauville war der einzige Sprosse einer erlauchten Adclsfamilie und es läßt sich begreifen, mit welcher Aengstlich-keit und Sorgfalt sein Leben gehütet und wie jeder seiner Athemzüge mit besorgter Spannung beobachtet wurde. Nun gerade mit den Athemzügen hatte die Familie Sauuille ihre schweren Bedrägnisse. Dcr junge Marquis hatte die verführe- z nschen Liebes- und Lebensfreuden in so ungestümer, rascher Weise eingesogen, daß seine angestrengte Brust zuletzt den Dienst versagte uud krank wurde. Man schickte sie und ihren reichen Besitzer ohne Erfolg von Bad zu Bad, von Arzt zu Arzt, bis ! zuletzt ein alter Praktikus den unglücklichen Eltern rieth, den jungen Herrn — Fleischhauer werdcu zu lassen. Das frische, thierische Leben, rings uM ihn rein uud voll ausgehaucht, würde z ihn auf's Neue kräftigen und beleben können. Dcr Zweck ! adelt das Mittel, und wenn es gilt, einen schwankenden Stamm-^ bäum zu erhalten, so ist auch dcr warme, heilkräftige Duft ! eines bürgerlichen Mctzgcrhauscs nicht zu verachten. Der juuge^ > Marquis fuhr also täglich in glänzender Equipage in das Abat-^ toir, band sich die Schürze um und bediente fleißig die Kunden ! aus der Stadt und den Vorstädten. Die elegantesten, vor-. uehmstcn Damen von Paris fprachen bei dem aristokratischen i Flcischergcsellcn vor, um ihn Hammelskeulcn und Ochscnrippcn ! abwiegen zu sehen, und nicht selten konnte ma^Dialoge, wie ^ folgt, hören: „Aber Herr Marquis, haben Sie nicht gestern bei Ihren Ahnen geschworen, mir keine Knochen zu dem Fleische ! mehr zu geben, und doch war bei der Kalbsbrust, welche Sie ! heute Morgens die Güte hatten..." „Beste Herzogin, das z muß so sein, wir nennen das in der Kunstsprache die.jouiä-! 8KN06, es ist die unvermeidliche Zugabe und es berührt mich ! schmerzlich. . ." Daß wir es kurz machen, dcr juuge Sau-^ ville kehrte frisch und gesund von seiner unfreiwilligen Beschäf-j tigung zurück und wurde wenige Tage darauf — in einem ^ Duell erschossen. Chinesische Familienliebe. ! Ein englischer Seemann, Edward Vrowu, als Kapitän ! einer chinesischen Lorcha von Hongkong in die Hände von Sec- j räubern gefallen, rettete sich durch Schwimmen an das nächste Ufer, das zufällig ein cochinchinesisches war, und wurde von ! Mandarin zu Mandarin, von Gefängnis; zu Gefängniß geschleppt, ^ bis man ihn endlich nach Eingapore entließ. In einem seiner ! Kerker traf er mit einem Cochinchinesen zusammen, dcr wegen ! Neisdiebstahls bis auf weiteren Befehl gcfaugen gehalten wurde. ^ Der Mann saß cm Jahr lang, als er in Folge guter Füh- ^ rung die Erlaubniß erhielt, seine Familie zu sich zu nehmen. ! Diese bestand aus seiner Frau und drei Kindern von 2 — 0 ! Jahren, zwei Mädchen und einem Knaben. Er war kaum ein halbes Jahr mit den Scinigen wieder vereinigt, als er das älteste Kind, ein Mädchen von sechs Jahren, für 50.000 Käsch oder etwa dreizehn Tollars verkaufte. Wieder ein halbes Jahr später verkaufte er sein zweites Kind, ein dreijähriges Mäd- ^ chen, für 20.000 Käsch oder fünf Dollars. Ein Jahr verfloß, ! uud nun kam die Reihe an den Knaben, der inzwischen fünf Jahre alt geworden war. Diesmal bestand der Kaufpreis in 17.000 Küsch, nicht viel mehr, als vier Dollars. Als Vrowü ! mit ihm zusammentraf, bot dcr Reisdieb eben seine Frau aus. ^ Sie weinte bitterlich, als sie den Kaufliebhabern, drei Männern j von wildem Aeußern, vorgeführt wurde, und als ihr Mann ! einige Worte an sie richtete, wandte sie sich voll Verachtung von ihm ab. Die Unglückliche wurde mit 80.000 Käsch oder zwanzig Dollars bezahlt. Der unnatürliche Gatte und Vater ^ verkaufte seine ganze Familie, um sein Gelüst nach Opium zu ! befriedigen. Literatur. Libanon. Ein poetisches Familienbuch. Von L. A. Fraull. Wien. Pichlers Witwe ä Sohn. 1864. Die dritte und vermehrte Auflage des unter obigem Titel vor Iahreu erschienenen interessanten Wertes liegt uns vor, und mit wirklicher Freude ergingen wir uns in dem Haine von treffliche« Poesien, den dcr Herausgeber mit kunstsinniger nnd verständiger Hand angelegt hat. Es sind meist fremde Vlnmen mit entschieden orientalischem Habitus, die in dem Haine blühen, und in den Zweigen ranscht und plätschert es, wie einst in den Gärten ^alomo's. Die Dichter aller Nationen und aller Zeiten sind darin vertreten, und wer nicht von vornherein gegen die einseitige Färbung eingenommen ist, wird das Bnch mit dem Urtheile aus dcr Hand legen, daß cö ein sehr interessantes ist. Verantwortlicher Redacteur I. v. ztleinmayr. — Druck und Verlag von Ign. v. Hllewmayr s5 F. Vamberg in Laibach.