. königl. Staats-Unter-Gymnasiums z u am Schlüsse des Schuljahres 1867. Heransgegeben von der Direktion. --------------------- 4^5= LAIBACH. Gedruckt bei J. Blasnik. — Verlag der Direktion. v ", *>' N> A * ' • ■M •' • • ■ A gJM % SS' Ueber die Tlieilnahme der englischen1) und französischen2) Könige an den Kämpfen zwischen den Welfen und Hohenstaufen.5) „Hie Welf! Hie Waiblingen!“ -A-uch heute noch finden wir im Leben der Völker und Staaten dieselben Gegensätze, an die uns das gewählte Motto früherer Zeiten erinnert; auch heute noch kämpfen Staat und Kirche, Fürsten und Völker, Gemeinwesen und Individuen, auch heute noch ringen sie alle in Religion und Politik, Kunst und Wissenschaft, Handel und Industrie, Kirche und Schule, ja auf jedem Gebiete socialen Lebens und menschlicher Thätigkeit nach möglichst freier, selbstständiger Bestimmung. Auch heute noch können wir die alten Parteinamen hervorholen und rufen: ,,IIie Welf! Hie Waiblingen!“4) Es wäre eine dankbare und lohnende Arbeit des Historikers, und ein getreues und lebenvolles Bild jener grossen, vielbewegten Zeit aufzurollen, in welcher uns die Gestalten eines Alexander III., In-noeenz HI. 5) und Gregor IX., welche die Idee eines sichtbaren, die ganze christliche Welt umfassenden Gottesstaates im Kampfe mit der weltlichen Macht und der auftauchenden Ketzerei zu verwirklichen trachteten ; eines Friedrich I. Barbarossa 6) und Friedrich II.,7) jener mächtigen Hohenstaufen, die sich vergeblich abmühten, um ihren Thron über den päpstlichen Stuhl zu stellen; wo uns die Gestalten eines Heinrich des Löwen, s) des bedeutendsten unter allen Welfen, eines Philipp August H. 9) von Frankreich und Richard Löwenherz lu) von England begegnen und uns so mächtig anziehen: es wäre eine dankbare und lohnende Aufgabe, uns mitten auf den Schauplatz jener grossen, von erhabenen Ideen erfüllten Kämpfe zu führen, um von der Höhe jener Zeiten einen Blick zu werfen auf das Ringen und Streben unserer Tage. Der Kampf der Welfen und Gibellinen, J1) der noch heute nicht ausgerungen, ist von so grösser, welthistorischer Bedeutung, greift so tief in alle Verhältnisse des menschlichen Lebens, dass eine getreue und würdige Darstellung desselben nicht ohne viel- fachen Nutzen für die Bestrebungen der Gegenwart wäre. Wenn ich mich für diesmal bescheiden zurückziehe von einer so grossen Aufgabe, da der Abgang der in neuerer Zeit so erfreulich an’s Licht tretenden Quellensammlungen, Hülfswerke und Monographien, der Abgang der nöthigen Müsse und der beschränkte Raum eines Programms mir unüberwindliche Hindernisse in den Weg legen; so will ich doch ein möglichst getreues Seitenbild jener grossen Kämpfe zu entwerfen streben, das nicht minder anziehend und lehrreich den Leser zu weiterem Studium jener grossen Zeiten anregen soll, und wenn mir dies nur theilweise gelingt, so finde ich mich reichlich entschädiget für die Mühe, die mir das Durchlesen und Studium der mir zugänglichen Werke gemacht hatte. Dieses Bild soll uns die Theilnahme der englischen und französischen Könige an den Kämpfen der Welfen und Hohenstaufen vergegenwärtigen. Ich übergehe die früheren Kämpfe der Welfen und Gibellinen unter Konrad II. und Welf H., unter Heinrich IV. und Welf IV., den Kampf der Welfen und Hohenstaufen unter Lothar in. und Konrad in., und beschränke mich auf die Zeit, wo unter Friedrich I. Barbarossa, Heinrich VI., Philipp von Schwaben und Friedrich II. der Kampf eine solche Ausdehnung erhielt, dass England und Frankreich eingreifender an demselben Theil nimmt. Die Geschichte Englands unter den vier ersten Plantagenets 12) ist reich an anziehenden, wenig verstandenen oder kaum bekannten Persönlichkeiten, sie ist bedeutender als die Epoche, in welcher Sachsen und Normänner zu dem Engländer verschmolzen sind; die Regierungen der vier ersten Plantagenets gehören zu den wichtigsten in der Geschichte Englands ; diejenige Heinrichs II., welche durch die Kämpfe des Königs mit Frankreich, noch mehr durch diejenigen mit dem Papstthum einen europäischen Charakter trägt, des Richard Löwenherz , welchem der Nimbus grossartiger Ritterlichkeit und eigentümlichen Missgeschickes eine besondere Anziehung verschafft, des Johann ohne Land, dessen Fehler England zur dauerhaftesten Begründung seines constitutioneilen Geistes zu nutzen wusste, und Heinrichs III., unter dessen langjähriger Herrschaft neben dem höheren Adel auch die Gemeinen, besonders der Bürgerstand emporzublühen begonnen haben. Alle diese Regierungen haben für uns noch das besondere Interesse, dass unter ihnen enge Verbindungen und vielfache Verhandlungen mit dem deutschen Reiche, dessen Fürsten und Bürgern stattfanden. Eine hervorragende Bedeutsamkeit hat in diesem Zeiträume die Geschichte Frankreichs, l3) weil dasselbe in die Angelegenheiten Englands und der jenseits der Pyrenäen benachbarten Reiche eingreift und einer ganz besonders glücklichen Entwickelung ge-niesst, durch welche es auf die allgemeinen Begebenheiten und Verhältnisse einen entscheidenden Einfluss zu üben die Fähigkeit erlangt. Die Wichtigkeit , die Frankreich unter den christlichen Staaten hat, wird noch erhöht durch die Grösse seines An-tlieils an Entwickelung der Lebensverhältnisse und an Förderung geistiger Bildung. Dadurch behauptet es auch Deutschland gegenüber seine Stellung als älteres Glied im christlichen Staatensystem, indem es die Mittheilung von Ergebnissen seines Lebens fortsetzt, wie schon das merovingische Frankreich sie begonnen hat. Dabei aber steht es dem deutschen Reiche gegenüber in strenger Absonderung da, indem die Thätigkeit der staatlichen Kräfte theils nach Innen, theils nach ändern Nachbarstaaten gerichtet ist, und das deutsche Reich hier nicht, wie im Osten, unbestimmte und eine fremde Einwirkung erheischende Verhältnisse vorfindet. Vorübergehende Verwicklung deutscher und französischer Verhältnisse tritt zwar ein, ist aber durch die Stellung Englands gegen Frankreich veranlasst, vermöge deren das letztere sich den Hohenstaufen gegen die mit England verbundenen Welfen anschliesst. Daher sind die westdeutschen Grenzgebiete nicht, wie die ostdeutschen , Schauplätze eines oft wiederholten Ringens um Oberhoheit und Unabhängigkeit. Die Berührung ist eine geräuschlose, wirkt jedoch zur Schmälerung deutscher Macht insoferne mit, als die unter deutscher Herrschaft stehenden romanisch redenden Länder, durch die Macht innerer Verwandtschaft gezogen, sich mehr und mehr zu Frankreich hinwenden und ohne Kampf sich von Deutschland lösen. Indem Frankreich so in der Stille Schritte zu seiner Erweiterung tliut, betritt es auch die Bühne der grossen Weltbegebenheiten, wenn auch meistens nicht als Staat, sondern in freiwilliger Theilnahme seiner Angehörigen, durch die Kreuzzüge und die Stif- tung französischer Reiche im Osten, sowie durch d.e fortdauernde Mitwirkung zur Bekämpfung der Ungläubigen jenseits der Pyrenäen. Die umfassende Thätigkeit, welche Frankreich in diesen Angelegenheiten entwickelt, fördert, indem sie die Fehdelustigen in grossen Scharen in die Fremde führt, die Erhebung der königlichen Gewalt aus ihrer bisherigen Erniedrigung und die von ihr ausgehende innere Einigung. Eine weitere günstige Fügung ist es, dass Frankreich im Ganzen nicht gleich dem deutschen Reiche in Kämpfe mit der Kirche verwickelt und dadurch in seinem Innern zerrissen wird. Nur einzelne Handlungen seiner Könige bereiten Verwickelungen, in welchen die Kirche meist die Befolgung ihrer Anordnungen durchsetzt, zuweilen auch dieselben, wenn sie nicht rein kirchlicher Natur sind, aufgibt, und das Land sich innere Zerrüttung erspart sieht. Dieser Umstand bringt der Kirche den Vortheil, dass den Päpsten im Kampfe mit den Kaisern Frankreich der sichere Boden wird, auf welchem sie der gegen sie gerichteten Gewalt entgehen. Während jedoch die Könige dem Kampfe zwischen Papst und Kaiser fern bleiben, ergreifen sie die Partei der Kirche in den Kämpfen, die sich auf französischem Boden durch häretische Bewegungen entspinnen, und ihre Theilnahme an denselben begründet ihre Macht in einem Theile des Reiches, wo sie bisher wenig oder gar nicht zur Anerkennung gelangt war. Unter der Regierung Heinrichs II. (1154—1189) von England aus dem Hause Anjou-Plantagenet und jener Ludwigs VII. (1137—1180) von Frankreich aus dem Hause der Capetingcr war der grosse nun fast hundertjährige Kampf zwischen der obersten geistlichen und weltlichen Macht mit neuer Wuth wieder ausgebrochen: die Schaubühne war in Deutschland und Italien, auf der sich die nun immer schärfer gesonderten Parteien des Kaisers und des Papstes, bald vereinzelt, bald in grösseren Massen um eine hervorragende Persönlichkeit geschart, umherstritten. Hier focht man für die Anerkennung auch der weltlichen Macht des Papstthums und für die Unabhängigkeit und Selbstständigkeit jeder kleinen staatlichen Gemeinschaft ; dort galt es, die Ansprüche Karls des Grossen und der Ottonen noch einmal in ganzer Kraft zu erheben. Eine Persönlichkeit, wie die Friedrich Barbarossa’s, der von der Idee der Macht und Grösse des Kaiserthums in ihrer weitesten Ausdehnung beseelt war, musste nothwendigerweise eine jener grossen Krisen herbeiführen, die Freund und Feind und die Nachbarn zu allen Zeiten in ihren Strudel mit hineinzuziehen pflegen. Die Bewegung war diesmal eine viel allgemeinere als die zur Zeit Gregor’s VII.; der ganze Westen Europa’s konnte sich ihrer Einflüsse nicht erwehren, und England ganz besonders so wie Frankreich waren bestimmt, einen Lochst merkwürdigen Antheil daran zu nehmen. I4) Bevor ich jedoch in eine nähere Darstellung dieses Antheils übergehe, will ich in Kürze die Hauptmomente des Kampfes zwischen den Welfen und Hohenstaufen unter Friedrich I. Barbarossa und Heinrich VI. hervorheben und dann die Theilnahme schildern, welche Heinrich H. von England, so wie Ludwig VII. von Frankreich an diesem Kampfe hatten. Die Theilnahme der späteren englischen und französischen Könige unter Heinrich VI., Philipp von Schwaben und Friedrich II. wird die Aufgabe des nächstfolgenden Programms sein. Nach dem Tode Konrads III. (Februar 1152) wählten die deutschen Fürsten dessen Bruderssohn, den jungen Herzog Friedrich von Schwaben, den Konrad selbst auf dem Todtenbette empfohlen hatte. Durch Tapferkeit und Strenge hatte er sich schon vielfach ausgezeichnet, und vor Allem schien in ihm ein Mann gewählt zu sein, der beiden sich seither in Deutschland befehdenden Familien gleich nahe stand, von dem also zu erwarten wrar, dass er allgemein anerkannt werden, dass er in Frieden das Reich regieren würde. Friedrich war mittlerer Grösse und wohlgebaut, sein Haar blond und sein Bart röthlich, wesshalb ihn die Italiener Barbarossa nannten. Er hatte einen heiteren, aber durchdringenden und der inneren Kraft sich gleichsam bewussten Blick. Sein Gang warfest, der Anstand männlich und würdevoll, die Kleidung weder gesucht noch nachlässig. Keinem stand er auf der Jagd oder in Leibesübungen nach, keinem an Heiterkeit bei Festen; nie aber durfte der Aufwand in übermässige Pracht, nie die gesellige Lust in Völlerei ausarten. Seine Kenntnisse konnten in jener Zeit und bei der mehr weltlichen Richtung seines Lebens nicht umfassend sein; doch verstand er lateinisch und las gern und fleissig die römischen Schriftsteller. Ungeachtet grossen Feldherrntalentes sah er im Kriege immer nur ein Mittel für den höheren Zweck, den Frieden. Furchtbar und streng zeigte er sich gegen Widerstrebende, versöhnlich gegen Reuige, herablassend gegen die Seinigen ; gern hörte er Rath; die Entscheidung aber kam stets von ihm selbst. Auf grosse Vorbilder früherer Zeiten blickte er mit Begeisterung hin, welche selbst ein Zeichen der Tüchtigkeit ist. Insbesondere hatte er Karl den Grossen zum Muster genommen und erklärte: ihm nachstrebend müsse man das Recht der Kirche, das Wohl der Staaten, die Unverletzlichkeit der Gesetze im ganzen Reiche zu gründen und herzustellen suchen. I' riedrich schien schon durch seine Abstammung, seine Mutter Judith war eine Tochter des Welfen Heinrichs des Schwarzen, Herzogs von Baiern, berufen, den I rieden zwischen Welfen und Hohenstaufen voll- kommen herzustellen. ,5) Und wirklich schien er dem Friedenswerk die Krone aufzusetzen, indem er 1154 Heinrich den Löwen, den Sachsenherzog, noch mit dem Herzogthum Baiern belehnte 1G) und 1158 Welf VI. die schon 1152 versprochenen mathildischen Güter zu Lehen gab. IT) Doch Friedrichs Aussöhnung mit den Welfen geschah nicht in der Absicht, zu den Grundsätzen Lothars III. von Sachsen zurückkehren zu wollen; im Gegentheil nahm er die altgibellinischen Maximen mit einer Energie wie keiner vor ihm auf, und der Bund mit den Welfen sollte ihm nur die Kraft geben, sein Streben siegreich durchzuführen. Darum war die Freigebigkeit mit den mathildischen Gütern eine wohlberechnete, Friedrich hoffte nemlich, dass die Welfen mit der Annahme dieses Geschenkes sich mit Rom gründlich verfeinden und unweigerlich fortan zu ihm halten werden. Doch Friedrich täuschte sich: die Welfen blieben ihren Grundsätzen getreu und standen nach dem Ausbruche des Kampfes zwischen Papst und Kaiser zu dem alten Banner, unter dem ihr Geschlecht gross geworden. Wenn sie auch anfangs nur friedlich die Bestrebungen Friedrichs durchkreuzten, so griffen sie gleichwohl sehr bedeutsam in die Ereignisse ein, bis es endlich zu offenem Bruch zwischen Heinrich dem Löwen und Friedrich kam, und dieser Kampf zwischen beiden hatte wiederum eine vorzugsweise principielle Färbung. Was vor Allem Welf VI. betrifft, so liess er sich durch die Belehnung mit den mathildischen Gütern nicht in die beabsichtigte Stellung drängen, denn wir finden ihn schon im Jahre 1159 mit dem Papste Hadrian in ganz freundlichen Beziehungen. Je weiter Barbarossa mit seinen kirchenfeindlichen Plänen herausrückte, um so entschiedener stellte sich Welf auf Seite der Kirche; Welf war es, der Friedrich von der Misshandlung päpstlicher Gesandten zurückhielt und durch Otto, Propst von Reitenbuchen mit Alexander III. in Verbindung trat, als Friedrich nach dem Tode Hadrians sogar ein Schisma für seine Entwürfe wagte und dem rechtmässig erwählten Papste Alexander III. den Gegenpapst Victor gegenüberstellte. ls) Wahrscheinlich verbürgte Papst Alexander dem Welfen dafür den Genuss der mathildischen Güter bis zu einer endgiltigen Regelung der Verhältnisse. Die Beziehungen zwischen dem Papst und Welf VI. blieben nun ununterbrochen und dem genannten Papste scheint das Verdienst zu gebühren, Welf an der kirchlichen Sache festgehalten zu haben. Wie sehr sich Welf des Papstes annahm, zeigt ein Brief aus dem Jahre 1163, wo er dem Könige von Frankreich für seine Alexander geleisteten Dienste dankt. Um nicht Zeuge sein zu müssen von dem gewaltsamen Verfahren Friedrichs gegen Alexander, begab er sich auf einen Kreuzzug ins gelobte Land. Nach seiner Rückkehr zeigte er von Neuem sein Missfallen an dem Auftreten des Kaisers im Widerspruch zu seinem Sohne Welf VII., der sich später für die Anschauung des Kaisers gewinnen liess. Welf VII. starb aber im Jahre 1167 und sein Vater setzte nunmehr Heinrich den Löwen zu seinem Erben ein. Dieser letztere hatte bis dahin eine ziemlich andere Haltung gezeigt als der Oheim, ^'enn er auch schon in früher Jugend in Verbindung mit dem apostolischen Stuhl stand und in den Jahren 1158 und 1859 als Vermittler zwischen Kaiser und Papst auftrat, so wagte er doch nicht, als die Verwicklung bis zum Schisma gediehen war, sich wirklich für die kirchliche Sache zu entscheiden, ja er trat bei der ersten Wendung der Dinge auf die Seite Barbarossa’s und des G-egenpapstes auf dem Quasiconcil von Pavia 1160 und wiederum auf der Fürsten Versammlung zu Würzburg 1165. Es ist unbestimmt, was Heinrich den Löwen bewog, diese seine Haltung zu ändern; ohne Zweifel war er mit eigentlich vollem Herzen nie bei den Massnahmen des Kaisers; die Unversöhnlichkeit aber, mit der dieser verfuhr, die Rücksichtslosigkeit, mit der er dem Ziele seiner Wünsche zustrebte, mochto die innere Entfremdung nähren und den Bund endlich lösen, gerade wie es wahrscheinlich ist, dass die Erwählung Heinrichs des Löwen zum Erben an des verstorbenen Welfs VH. Statt beide Häupter der Weifenfamilie einander in der Freundschaft und in der Politik etwas näher brachte. Indess die freundschaftliche Beziehung zwischen Welf VI. und Heinrich dauerte nicht lange ; der alte Welf brauchte zu seiner glänzenden Wohl-thätigkeit und zu seinen Vergnügungen viel Geld und das erwartete er von dem künftigen Erben aller seiner Güter. Aber Heinrich war zu sparsam, wogegen Friedrich Barbarossa das Bediirfniss des alten, wenn auch friedlichen Gegners zu benützen verstand, und durch reichliche Geldunterstützung ihn endlich dahin brachte, dass er ihn an Heinrichs Stelle zu seinem Erben einsetzte. An Welfs Politik änderte das im Allgemeinen nichts; wohl aber wurde Heinrich dem Kaiser nur noch mehr gram, und als dieser in dem entscheidendsten Augenblick seines ganzen Lebens, als es sich darum handelte, die Demüthigung der Lombarden und des Papstthums zu vollenden oder selbst zu unterliegen, als er damals Heinrich um seine Hilfe anrief, auf die Alles ankam, da weigerte sich der Löwe, dem Kaiser zu Hilfe zu ziehen 1175, vielleicht selbst nicht bewusst, ob ihn mehr der Bann, der auf dem kaiserlichen Haupte lastete, oder das welfische Erbe von ihm zurückstiess. So ging die Schlacht bei Legnano für Barbarossa verloren 1176 und in den Friedensverträgen von Venedig 1177 und Constanz 1183 musste er sich bequemen, die gesetzmässige Freiheit der lombardischen Städte und die im Wormser Concordat gesicherten Rechte der Kirche, und was an sich klar ist, die Rechtmässigkeit des grossen Alexander III. anzuerkennen. Er hatte die kaiserliche Gewalt noch über die Höhe, auf die die fränkischen Herrscher sie gebracht, hinausführen wollen; die nächste Folge des Friedens war, dass der Ordnung der Verhältnisse jenes Concordat als Grundlage unterbreitet wurde. Diese Ordnung aber im Einzelnen war kein leichtes Geschäft. Welf VI. correspondirte in dieser Zeit fleissig mit dem Papste und stand durch seinen Gesandten Otto von Reitenbuch, der sehr lange ununterbrochen in der Nähe des heiligen Vaters war, mit ihm in Verbindung. Heinrich der Löwe aber erfuhr schon im Jahre 1180, nachdem die wichtigsten Geschäfte geordnet waren, den ganzen Zorn des erbitterten Kaisers. Er wurde geächtet, seiner beiden Herzogthümer beraubt, ja sogar seiner Hausgüter verlustig erklärt und erst später gelang es ihm wieder, wenigstens diese letzteren zurückzuerhalten. Im Jahre 1191 starb Welf VI., der an diesen Begebnissen keinen näheren Antheil genommen zu haben scheint, nachdem er 1190 auf die Kunde von Barbarossa’s Tod im Morgenlande seine Güter an dessen Sohn, König Heinrich VI. testirt hatte. Heinrich der Löwe folgte ihm im Tod 1195, nach ihm wohl der bedeutendste unter allen Welfen. Heinrich hinter-liess drei Söhne, Heinrich, Wilhelm und Otto, unter die er seine Allode vertheilte, so dass der erstgeborene Heinrich Braunschweig erhielt. Unter Kaiser Heinrich VI., dem schlimmsten aller Hohenstaufen, wollten die Verhältnisse des gedemüthigten Weifenhauses keineswegs rasch sich bessern; ja als' Heinrich von Braunschweig, ein Verwandter des damaligen Papstes Cölestin III., ihn in Italien plötzlich verliess und so die Ausführung seiner kriegerischen Entwürfe hinderte, steigerte sich noch der Groll des Kaisers gegen die Sprösslinge Heinrichs des Löwen. Aber die berühmte Heirath zwischen Heinrich von Braunschweig und Agnes, der Tochter des rheinischen Pfalzgrafen Conrad, eines Oheims des Kaisers, brachte die Welfen schnell den Hohenstaufen wieder näher; und zu gleicher Zeit eroberten jene damit auch wieder eine neue und bedeutende Position in den öffentlichen Verhältnissen Deutschlands; Heinrich erhielt ja durch seine Heirath die Anwartschaft, seinem Schwiegervater einst in der Pfalzgrafschaft nachzufolgen. Der Kaiser Heinrich VI. starb' auf einer Pilgerfahrt begriffen. 19) Eine riesige Gestalt auf schwarzem Rosse sitzend, war König Theodorich von Bern an der Mosel erschienen und hatte den erschrockenen Menschen verkündet, dass Jammer und schweres Unglück dem römischen Reiche bevorstehe. Und nicht lange, so dringt die Kunde von Kaiser Heinrichs Tode aus Italien herauf. In den ersten Tagen des August 1197 hatte sich Heinrich in den Bergen südlich von Messina nach einem heissen Jagdtage eine starke Erkältung zugezogen. Sieben Wochen lag er nun in Messina krank und der 28. September 1197 wurde sein Sterbetag. Nicht der grosse Alexander kann mit schwererem Herzen von der Welt geschieden sein, als der 32jährige Kaiser, den das Schicksal in dem Augenblicke abrief, wo die volle Saat seiner Entwürfe zur Aernte gereift schien. Jetzt aber brach das stolze Gebäude seiner Macht und Entwürfe in jähem Sturze hinter ihm zusammen und mit ihm das Glück und die Grösse Deutschlands. Dem deutschen Volke ersparte der plötzliche Tod des Kaisers das glänzende Unglück einer Weltherrschaft. Aber dafür ward der Jammer des Bürgerkrieges sein Loos. Ausgeschlossen von den hohen Zielen, die ihr Heinrich gesteckt hatte, verzehrte sich die überströmende Kraft und Thatenlust der Nation fortan in inneren Kämpfen. Die Zeit, die jetzt für Deutschland anbricht, ist das Vorspiel des Interregnums. In einem schmächtigen, zartgebauten Körper von nur mittlerer Grösse wohnte bei Heinrich ein gewaltiger Geist. Sein klarer, durchdringender Verstand spiegelte sich auf der hochgewölbten Stirn. Das hagere, farblose, allezeit ernste Gesicht verrieth die von immer neuen Sorgen und Entwürfen bewegte Seele. In seinen jüngeren Tagen hatte er wohl mit eingestimmt in die Klänge des neu erwachten Minnegesanges : in zarten Liedern, die sich dem schönsten anreihen, was die deutsche mittelalterliche Lyrik geschaffen hat, preis’t er die Geliebte, die er weniger missen möchte, als seine Krone. Aber früh genug entwand er sein Herz den Banden der Minne, er sann hinfort auf ein Gedicht von höherem Schwung, auf die Schöpfung eines Weltreiches. Neben der Kunst war die Jagd mit Falken fast die einzige Erholung, die er sich gönnte. Sonst vergass er in seiner rastlosen Thätigkeit Speise und Trank. Gleichgültig gegen alle Vergnügungen der Sinne, beherrschte ihn nur eine einzige Lust und Leidenschaft, die zu herrschen. Sie bestimmte sein ganzes Thun, seine guten wie seine bösen Eigenschaften. Was ihm an Kriegserfahrungen und Heldenthum abging, das ersetzte er durch gewandte und umsichtige Führung der Geschäfte und durch den raschen und sicheren Blick seines Verstandes, dem die Gabe natürlicher Beredsamkeit und eine für seine Zeit ungewöhnlich feine und gelehrte Bildung zu Hilfe kam. Unverrückten Auges auf sein Ziel blickend, war er oft wenig bedenklich in der Wahl seiner Mittel. Un-nöthige Grossmuth verschmähte er, Milde und Erbarmen war seinem Sinne ferner, wenn es galt, den gefährlichen Gegner zu strafen und zu schrecken. Verrath und Empörung gegenüber wurde die Strafe zur Rache und vor keiner Grausamkeit bebte er dann zurück. Hart, ja gewaltig gegen die Fürsten und Lehnsherrn, war er beliebt bei Volk und Ritterschaft: es freute sich der Unterdrückte seiner strengen Gerechtigkeitspflege, der Niedrige seiner Leutseligkeit, der Arme seiner reichen Gaben, alle aber des steigenden Ansehens, das er dem Reiche im In- und Auslande zu verschaffen und zu sichern wusste. Das war der Mann, der kaum 25 Jahre alt, die Zügel ergriff, um die Völker und die Länder von der Ostsee bis zum Aetna zu lenken und in der Blüte seiner Jahre starb. 20) Doch kehren wir zurück zu Heinrich H. von England und Ludwig VII. von Frankreich. Wie die sächsischen Kaiser und einige seiner Vorgänger in den freundschaftlichsten Beziehungen zu England standen, so glaubte auch Friedrich I., der grosse Hohenstaufe, dieselben nicht vernachlässigen zu dürfen, um so mehr, da ihn gemeinschaftliche Verhältnisse zum römischen Stuhle dazu veran-lassten. Er schickte daher schon vor einigen Jahren eine Gesandschaft mit Geschenken an König Heinrich II. und versuchte durch dieselbe unter den freundschaftlichsten Versicherungen engere Verbindungen mit ihm anzuknüpfen. Der König erwiederte beides im Jahre 1157 und schickte seine Abgeordneten Mag. Herbert von Bosham und Wilhelm auf den Reichstag nach Würzburg mit einem besondern Schreiben, worin er die unbeschränkte Verehrung für die Kaiserkrone so deutlich ausspricht, dass er dadurch auf spätere Vorfälle manches Licht wirft und verhäng-nissvolle Anmassungen zu rechtfertigen scheint.21) Nach dem Tode des Papstes Hadrian IV. (-}• 30. Aug. 1159) suchte der Kaiser das staatskluge und weise Einvernehmen Englands und Frankreichs zu benutzen, um in der Angelegenheit der Papstwahl eine gemeinschaftliche Ansicht zwischen den drei Monarchen zu erzielen. Diese Politik gelang ihm jedoch nicht. Unter den Cardinälen herrschte eine getheilte Ansicht: die italienische Partei erwählte einen Sie-neser, den Roland Bandinelli, ihren entschieden wel-fisch gesinnten Genossen zum Papst als Alexander III.; die kaiserliche Partei den Cardinal Octavian als Victor IV. Zur Schlichtung dieser Angelegenheit berief der Kaiser die Geistlichen seines Reiches nach Pavia, „denn wie nur ein Gott sei, so dürfe auch nur ein Kaiser und ein Papst sein“, welche die oberste von Gott verliehene Gewalt in ihren beiden Zweigen, dem weltlichen und geistlichen, repräsentirten. Auf diesem Concil wurde Alexander mit seinem Anhang verdammt. Alexander flüchtete sich zum Könige von Sicilien, Friedrich aber wandte sich an die Könige von Frankreich und England, um diese zu bewegen, sich für seinen Papst zu erklären. as) Allein die Abgesandten Alexanders setzten es auf dem im Jahre 1161 zu Toulouse abgehaltenen Concile, dem die beiden Könige in Person beiwohnten durch, dass trotz der Bemühungen der ebenfalls anwesenden Boten Octaviens Alexander von Ludwig VII. und Heinrich II. anerkannt und ihm jeglicher Schutz zugesichert wurde. 23) Der Kaiser machte vergebliche Versuche, den schwachen König von Frankreich abspänstig zu machen, und so wurde dieser Beschluss der beiden mächtigsten Könige im westlichen Europa, zur Erhaltung des einen Oberhauptes der römischen Kirche ein-müthig zusammen wirken zu wollen, entscheidend für den Ausgang des Kampfes zwischen der kaiserlichen und päpstlichen Gewalt. Der Kaiser lud beide Könige zur Berathung wegen der päpstlichen Angelegenheiten auf St. Johannis 1162 nach Laons, doch Heinrich folgte dieser Einladung nicht, sondern vereinigte sich mit König Ludwig, den Papst Alexander, welcher in der Hoffnung auf den Schutz beider Monarchen nach Montpellier gekommen war, zu Chateauroux in Beroi mit aller dem Statthalter Christi gebührenden äusseren Ehrerbietung zu empfangen. Beide Monarchen giengen zu den Seiten des Rosses, auf welchem der Papst ritt, hielten die Zügel und geleiteten ihn zu dem zu seinem Empfange bereiteten Zelte. Später, als Heinrich II. sich mit der höchsten Kirchengewalt seines Reiches überwarf, gab es wohl bedenkliche Augenblicke, in denen es möglich schien, dass auch Heinrich II. sich der Partei des Gegenpapstes zuwenden und Bundesgenosse der Staufen werden könnte, doch bewirkten wesentliche Umstände, dass der König von England am Papste Roms festhielt. Die eben berührte Entwicklung der Dinge wurde durch den Streit Heinrichs mit Thomas Becket, Erzbischof von Canterbury herbeigeführt. In diesem Streite wollte der Papst sich auch Heinrich nicht verfeinden, sondern ihn vielmehr durch alle Mittel von den eigenen Gegnern in Deutschland und Italien entfernt halten, auch war es ihm in seiner Lage unmöglich, trotz der drohenden Anzeichen mit dem Könige von England zu brechen. Mit grösser Behutsamkeit und feiner Politik trachtete er darnach, sich durch den Streit hindurchzuwinden. Willenskräftig, gebildet und talentvoll war Alexander III. der Mann, dessen grosse Stärke in der Ausdauer lag, mit der er das Ende schwieriger Verwickelungen abzuwarten und die Schwächen der streitigen Parteien zu benutzen verstand, um ohne grosse Opfer einen vollständigen Sieg über den Gegner zu erringen. Im Jahre 1165 verliess Heinrich II. England und begab sich in den Fasten nach der Normandie, wo er bald nach Ostern mit dem französischen Könige eine Zusammenkunft zu Gisors hielt, über deren Verhandlungen wir jedoch nichts bestimmtes wissen. Gewiss wurde auch über die Angelegenheit des Erz- bischofs Thomas Becket verhandelt. Hier in der Normandie war es, wo ihn eine Gesandschaft des Kaisers traf, die für einen seiner Söhne und für den Sachsenherzog Heinrich den Löwen um zwei Töchter Heinrichs anhielt. Eine solche Sendung in diesem Augenblicke konnte nicht ohne Bedeutung sein.24) An der Spitze derselben befand sich Reinald von Dassel, Erzbischof von Köln, einer der eifrigsten Anhänger Barbarossas, und vom Papste längst gebannt. Die Gesandschaft begab sich auch nach England und wurde dort zu Westminster auf das feierlichste empfangen. Jedoch scheute man sich sowohl mit dem Erzbischöfe als auch mit den übrigen Schismatikern in zu nahe Berührung zu kommen, man reinigte sogar die Altäre, an denen sie Messe gehalten hatten. 2r>) Ungeachtet dessen trat Heinrich doch mit dem Erzbischöfe in Verbindung, um Alexander III. mit seinem Abfälle zu bedrohen, und schrieb ihm, dass er eine Gesandschaft nach Rom schicken wolle. Durch seine Abgeordneten Johann von Oxford und Richard von Ilchester liess er sowohl über die Hei-rath als über sein Verhältniss zum Papste unmittelbar mit ihm verhandeln. 2G) Weiter aber scheint er nicht gegangen zu sein. Auch Alexander betrachtete dies noch nicht als eine Herausforderung, da es ihm bei seiner beabsichtigten Reise nach Italien dringend um das englische Geld, das durch den Peterspfennig eingieng, zu tliun war. Der Papst schickte sich eben jetzt an, nach Italien zurückzukehren, weil dort die Welfen dem Hohenstaufen einen entschiedenen Widerstand zu bieten begannen. Im Frühjare 1164 starb nemlich der vom Kaiser anerkannte Papst Victor. Friedrich hoffte dadurch eine Gelegenheit erhalten zu haben, das Schisma zu beendigen; allein ehe noch seine Weisung, keine neue Wahl vorzunehmen, den Cardinälen zukam, hatten diese und Erzbischof Rainald von Köln schon Guido von Crema erwählt und der Letztere unter dem Namen Paschalis III. den päpstlichen Stuhl bestiegen. Die unregelmässige Wahl entschied vollends alle Lombarden, wenn auch nur insgeheim, Alexander den III. für den rechtmässigen Papst zu halten und sich immer mehr von Friedrich zu entfernen. Friedrich war im Jahre 1164 wieder nach Deutschland znrückgegangen, um ein Heer zu sammeln und in Deutschland Ordnung zu schaffen. Während Friedrichs Anwesenheit in Deutschland schiffte Papst Alexander von Montpellier zu König Wilhelm nach Messina und wurde von den Normannen nach Rom geleitet, wo er 1165 wieder einzog und von allem Volke anerkannt ward. Während Heinrichs II. Aufenthalte in der Bretagne 1167, wo er mit der Unterwerfung der Grafschaft Leon, deren Inhaber, Guihumar, ihm bisher noch widerstanden, beschäftigt war, erhielt er die Nachricht, dass seine Mutter, die Kaiserin Mathilde, die nach dem Tode Kaiser Heinrichs V. in zweiter Ehe mit Gottfried von Plantagenet, Grafen von Anjou vermählt war, am 10. September gestorben sei. Er säumte nicht, ihr, die einst neben dem letzten Salier auf dem kaiserlichen Throne gesessen, und der er zuerst die Krone von England verdankte, ein feierliches Begräbniss im Kloster Bec zu bereiten und aus der reichen Hinterlassenschaft das Andenken dieser Frau zu ehren-7). Das Weihnachtsfest desselben Jahres feierte er in grösser Hofhaltung zu Argentan und sandte von da seine Tochter Mathilde mit prachtvoller Aussteuer und zahlreichem Gefolge nach Deutschland, wo sie mit dem Herzoge Heinrich dem Löwen von Sachsen vermählt wurde. Nach vierjähriger Abwesenheit begab sich Heinrich in der Fasten 1170 nach England, wohin ihn der Streit mit dem Erzbischöfe Thomas Becket rief, der seinem Ansehen immer drohender wurde und in England, wo die meisten Anhänger der königlichen Partei sich bereits im Bann befanden, die Gemüther in beständiger Aufregung erhielt. Während dieser Zeit mehrten sich die Anzeichen eines drohenden Bündnisses Englands mit den Hohenstaufen gegen Rom. Der Papst war nemlich, wie wir bereits oben gesehen, im Herbst 1165 glücklich nach Italien zurückgekehrt und von seinen Anhängern freudig empfangen worden. Unterdessen war aber auch Kaiser Friedrich nicht müssig gewesen, ja er gieng selbst so weit, dass er auf einem Reichstage zu Würzburg28) 1165 die Fürsten schwören liess den von ihm eingesetzten Papst Paschalis III., niemals aber Alexander III. oder einen Papst der gegenkaiserlichen Partei anzuerkennen, und den Krieg gegen Alexander mit allen Kräften fortzusetzenü!l). Auf diesem Reichstage erschien auch Reinald von Köln, der eben in Begleitung der englischen Gesandten Johann’s von Oxford und Richard’s von Ilehester aus England zurückkehrte, und erstattete den übertriebensten Bericht von den Zusicherungen Heinrichs H., der mit mehr als 50 Bischöfen auf die Seite des Gegenpapstes überzutreten bereit sei30). Auch die Aeusserungen der Boten liessen mancherlei erwarten. Als der Papst Alexander III. im Lateran und der französische König zu Pon-tigny die Nachricht davon erhielten, waren sie nicht wenig bestürzt. Alexander liess durch seine französischen Erzbischöfe Heinrich vor so bedenklichen Schritten warnen und sich mit Becket zu versöhnen3'). Doch Heinrich wollte von einer Versöhnung nichts wissen, ihm war es allein darum zu thun, den Gegner gänzlich zu vernichten, aber auch eine Verbindung mit dem Kaiser und sein Uebertritt zum Gegenpapst schien ihm bedenklich32), da die englischen Bischöfe nicht Schismatiker werden wollten und ihm dadurch sein Plan nicht erleichtert wurde. Bald trat Becket viel heftiger in dem Streite gegen den König auf, als Papst Alexander III., der zu abwarten und seinen Sieg durch Ausdauer zu erringen gewohnt war. Zum päpstlichen Legaten ernannt, sprach er über die Bischöfe der Gegenpartei, selbst über den Bischof von London den Bannfluch aus und bedrohete auch den König mitlnterdict und Excommunication (1166). Die Unterhandlungen mit dem Papste wurden indess fortgesetzt, bis Heinrich’s II. Weigerung, sich vollständig mit Becket zu versöhnen, endlich auch Alexander III. bestimmte, jenem mit dem Interdicte zu drohen (zu Anfänge 1170). Der König verstand sich jetzt (Juli d. J.) dazu, Thomas Becket sein Erzbis-thum wieder antreten zu lassen, ohne dass dabei von den „clarendonschen Constitutionen“ die Rede war. Im December 1170 kehrte Becket nach England zurück. Da jedoch diejenigen, welche die Güter des Erzbisthums in Besitz genommen hatten, ihm diese nicht Zurückgaben, wiederholte er sogleich am Weihnachtsfeste den Bann gegen dieselben. Die drei von ihm gebannten Bischöfe von London, York und Salisbury begaben sich desshalb zu dem Könige nach der Normandie und reitzten diesen durch ihre Darstellung der Verhältnisse so zum Zorn, dass er, wie er es gewohnt war, bei den Augen Gottes schwur, und seine Ritter und Getreuen, die sein Brot gegessen und denen er Zeit Lebens so viel Gutes gethan, anklagte, dass sie nicht einmal im Stande wären, ihn von einem ränkesüchtigen Priester zu erlösen. Dieses leidenschaftliche Wort wurde von vier Höflingen aufgegriffen ; sie eilten heimlich über das Meer, so rasch, dass die Boten, die der König ihnen nachschickte, sie nicht mehr einzuholen vermochten. In Canterbury verlangten sie von dem Erzbischof mit heftigen Worten, er solle den Bann über die dem Könige getreuen Bischöfe aufheben. Becket blieb sanft, aber fest, und als seine Gegner zu den Waffen riefen, vermochte Niemand, ihn zur Flucht zu bewegen. Endlich schleppten und stiessen ihn die Mönche in die Kirche, wo sie ihn gesichert hielten. Ruhigerwartete er hier die Mörder; als dieselben von Neuem auf die Absolution seiner Gegner drangen, erwiederte er, „er fürchte sie und ihre Schwerter nicht!“ So empfing er den ersten Streich auf den Kopf und die Schultern, und empfahl seinen Geist in Gottes Hände; ein zweiter Hieb spaltete ihm den Schädel. Die Mörder plünderten noch den erzbischöflichen Palast und ritten mit den Urkunden fort, an denen dem König gelegen sein musste 33). Plünderung und Schrecken herrschten überall. Ein gewaltiger Sturm wüthete in der Nacht, erst späterhin wurde es mondhell; auch ein Nordlicht war sichtbar34). Da erst wagten es die Mönche den Leichnam aufzusuchen, der in seinem Blute schwimmend liegen geblieben. Am Morgen zeigten sich die Mörder noch einmal in der Stadt, und schienen sich auch des 2 Körpers bemächtigen zu wollen. Die Mönche eilten daher ihn sogleich zu bestatten. Rasch verbreitete sich die schreckliche Kunde und erregte überall die grösste Bestürzung, beim jungen Könige, bei Heinrich in der Normandie und beim Papste, dem sogleich Nachricht gesandt wurde. In Canterbury trauerte man fast ein ganzes Jahr hindurch, bis znm Tage des Apostels Thomas (Dec. 21) feierte man die Messe still und ohne Glocken und Gesang. Schon aber begannen Erzählungen umzugehen von den wunderbaren Heilungen, die am Grabe des Märtyrers geschehen, und fanden bald auch im Auslande Glauben. Heinrich II. aber erkannte, dass diese That seine Sache zu Grunde richte; drei Tage verschloss er sich, ohne Speise zu sich zu nehmen. Dann schickte er eine Gesandschaft nach Rom, um sich von dem auf ihm lastenden Verdachte zu reinigen. Alexander III. ordnete eine Untersuchung an; die Mörder wurden sogleich gebannt, erhielten aber später, als sie voll Reue in Rom erschienen, die Weisung zur Busse in das heilige Land zu ziehen, wo sie gestorben sein sollen. Heinrich II. reinigte sich nach seiner Rückkehr aus Irland (1172), welche Insel er sich unterwarf, durch einen Eid vor dem päpstlichen Legaten von aller Mitschuld an dem Morde Beckets und wallfahrtete, nachdem Thomas Becket im J. 1173 heilig gesprochen war, 1174 zu dessen Grabe und empfing nach feierlicher Busse die Absolution. Auch erwarb er sich durch diese öffentliche Demüthigung vor dem schon allgemein verehrten Märtyrer auch die Gunst des Volkes. So starb der allerkatholischeste Märtyrer. Pauli, der gründliche Forscher über die Geschichte Englands erzählt uns folgendes über sein Leben: Thomas Becket, für seine Zeit die bedeutendste Persönlichkeit gegenüber der des Königs, war der Sohn Gilberts, eines angesehenen Bürgers von London, und seiner Ehefrau Mathilde. Der schon von seinem Vater geführte Beiname Becket bekundet eher normannische als sächsische Abstammung. Er wurde zu London am 21. Dec., dem Tage des Apostels Thomas, vielleicht im Jahre 1118 geboren und die Stunde seiner Geburt soll von Wundern mancherlei Art verkündet und begleitet worden sein. Ja die dichterische Anlage seines Stammes verräth sich in dem Roman, der seinem Vater ist angefabelt worden. Gilbert sei ins gelobte Land gezogen und habe sich dort in der Gefangenschaft eines Emirs mit der schönen Tochter desselben heimlich vermält. Sie habe Christin werden und mit ihm in seine Heimath entfliehen wollen; er aber habe sich heimlich davon gemacht, und sie, von Herzensangst getrieben, sei ihm über Land und Meer nachgefolgt, allein im Stande London, London! und daselbst angekommen in den Strassen nur Gilbert, Gilbert! zu erfragen. In St. Paul endlich sei sie getauft und mit dem Geliebten getraut worden. In den Adern des allerkatholischesten Märtyrers soll dennoch heidnisches Blut geronnen sein. Die Gründe lassen sich leicht herausfühlen, wesshalb die meisten so erfinderischen Lebensbeschreiber von dieser wahrhaften Dichtung nichts wissen. Es ist aber sicher, dass Thomas seine früheste Erziehung in den Schulen seiner Vaterstadt und in dem Kloster Merton unter dem Prior Robert Bayle empfing. Frühzeitig zeigte er sich lernbegierig und für alle Unterweisung empfänglich; allein auch Ritt und Jagd wurden bei einem reichen und vornehmen Freunde seines Vaters Richerius de Aquila fleissig geübt. Eine wunderbare Lebensrettung soll den von den mühsamen Studien sich schon abwendenden Jüngling zu den früheren Planen zurückgeführt haben und ein Ver-hältniss zu einem angesehenen Verwandten Osbern, Sheriff von London, als Schreiber und Rechnungs-fülirer während der unruhigsten drei Jahre jener Stadt unter der Regierung des Königs Stephan führte den Jüngling ungeahndet auf die Bahn der Staatsgeschäfte. Späterhin trat er in den Haushalt des Erzbischofs Theobald von Canterbury ein, zu dem sein Vater Beziehungen hatte. Sein unfreundliches Verhältniss zu dem Archidiakonus Roger de Pont 1’ Evesque, der später als Erzbischof von York sich ihm als einen seiner entschiedenen Gegner erwies, soll ihn zweimal zur Flucht getrieben haben, doch kehrte er jedesmal in den Schutz seines milden Herrn zurück, der sich des gescheidten iungen Mannes trefflich bediente und ihn einige Mal sogar zu Sendungen nach Rom verwandte, zunächst um ihm die Legation über England vom Papste Cölestin II. (1143) zu erwirken, wo er aber auch später die päpstliche Bulle gegen die Krönung Eustaches, des Sohnes König Stephans beim Papst Eugenius III. durchgesetzt haben soll. Sein gefälliges Aeussere und zuverlässige Tüchtigkeit kamen ihm überall zu Statten. Obwohl er nur die ersten Weihen der Kirche empfangen, bedachte ihn der ihm gewogene Erzbischof dennoch reichlich mit Pfründen in Oxford, London und Lincoln, liess ilm eine Zeit lang zu Paris, Bologna und Auxerre das kanonische Recht studieren und machte ihn im Jahre 1154, als Roger die Provinz York erhielt, zu dessen Nachfolger im Archidiakonat von Canterbury und zum Propst von Beverley. So gewann er in der Gunst seines alt werdenden Herrn täglich an Einfluss, auch seine eigenen, keineswegs unbedeutenden Mittel mochte er, schon damals nicht mehr frei von Ehrgeiz, zu weltlichen Zwecken so gut wie geistlichen verwenden. Er war demnach, als Heinrich gekrönt wurde, schon ein Mann von grossem öffentlichen Ansehen, und es kann nicht lange gedauert haben, bis dieser auf ihn aufmerksam wurde und ihm auf die Empfeh- Jung des Primas und eingenommen von seinen glänzenden Eigenschaften die hohe Stelle des Kanzlers übertrug. Noch freilich präsidirte dieser hohe Würdenträger des Reiches weder dem grossen Rathe noch dem obersten Gerichtshöfe, er arbeitete aber als ausführender Rath des Königs, der das Siegel bewahrte und zu allen Verhandlungen Zutritt hatte, beides in geistlichen wie in weltlichen Angelegenheiten. Um seinem Range gemäss gleich den ersten Baronen des Landes in Glanz und Reichthum leben zu können, übertrug ihm der König die Sclilosshauptmannschaft des Thurm es von London und der Burgen von Eye und Berkhamstead mit dem Rechte eines Gefolges von 140 Gewaffneten. Die daher fliessenden reichlichen Einkünfte verwandte Thomas, der weltlichen Prunk keineswegs verachtete, nach Art eines fröhlichen Edelmanns: er verschmähete die Jagd nicht mit Falken und Hunden, sein Haus schwärmte beständig von Gästen, seine Tische beugten sich unter der Wucht der Gastmähler, die man in goldenen und silbernen Gefässen auftrug. Freigebig und wohlthätig gegen Arm und Reich, hörte man seine Tugenden und seine Grossmuth überall preisen. Bei aller dieser verschwenderischen Pracht aber lässt sich nirgends nachweisen, dass der Kanzler ihren schädlichen Einflüssen und Versuchungen nachgegeben und sich mit Makeln behaftet habe, die dem zukünftigen Kirchenfürsten zur Schande hätten gereichen müssen. Ein ascetischer Zug war ihm schon damals eigen, wie er auf der ändern Seite auch späterhin bei aller Religiosität der Beachtung weltlicher Dinge stets zuge-than blieb. Der junge König aber fühlte sich durch das geistreiche und glänzende Wesen Beckets mächtig angezogen; und indem er ihm die Aufsicht über die Erziehung seines jugendlichen Thronfolgers Heinrich — denn Wilhelm war im Jahre 1156 gestorben ____________ übertrug, zauderte er selber nicht bei seinem prunkliebenden Kanzler wohl unangemeldet als Gast zu erscheinen, mit ihm auf die Jagd zu reiten oder allerhand witzige Kurzweil zu treiben. Er fühlte sich selbst glücklich in dem Ansehen, das dieser genoss. Bald boten jedoch die Verhältnisse in den überseeischen Ländern dem Kanzler Gelegenheit, seine Geschicklichkeit zu entwickeln und im Dienste seines Königs thätig zu sein. Bei einem Streite, der zwischen Heinrich II. und Ludwig VII. wegen neuer Gebietserweiterungen von Seite Englands auf französischem Boden entstand, zögerte Heinrich, der immer den Weg friedlicher Verhandlungen der Entscheidung durch das Schwert vorzog, keinen Augenblick , Becket zu seinem Bevollmächtigten zu machen und ihn mit dem Aufträge zur Abschliessung eines Heirathsbundes zwischen seinem jungen Sohne und Margareta, der kurz zuvor geborenen Tochter Ludwigs, über’s Meer zu senden. Während er selbst Anstalten traf zu einem längeren Zuge nach der Normandie und Aquitanien, begab sich sein Kanzler nach Paris mit einem Gefolge und Reiseaufwand, die die Bewunderung der Zeitgenossen hervorriefen. Zweihundert und fünfzig Knaben in geordneter Schar ereffneten den Zug, lustige Volksweisen singend; ihnen folgten die Jagdmeute des Kanzlers und auf acht schwer beladenen, von je 5 Pferden gezogenen Wagen die Kapelle, Küche, Keller und Garderobe, von grossen Hunden gehütet. Zwölf Saumrosse trugen ähnliche Geräthschaften, Geld und Kostbarkeiten zum täglichen Gebrauche und zu Geschenken. Oben auf dem Ballen sass ein Affe und ergötzte das Volk mit seinen Fratzen. Hieran schlossen sich in langem Zuge die Knappen mit den Schilden und Streitrossen der Ritter, junge Edelknaben, Falkner und der Tross der Diener des Haushaltes. Endlich kamen die Ritter und Geistlichen, paarweise neben einander reitend, und zuletzt ihr Herr selbst in vertraulichem Gespräche mit einigen Begleitern. Es mochten 200 zu Pferde sein, deren glänzende Erscheinung die Anwohner der Strasse, die sie zogen, vor die Thüre lockte. Man traute kaum seinen Augen, dass dies nur der Kanzler sei, welche Macht und welchen Reichthum musste erst der König von England entfalten! Mit ächt französischer Höflichkeit empfing Ludwig diese üppige Gesandschaft und wies ihm das Haus der Templer in Paris zur Herberge an, mit dem Gebote, ihnen alle Bedürfnisse auf das freigebigste und nicht gegen Geld zu reichen. Allein Thomas, der dies vernommen, wollte sich nichts vergeben und hatte heimlich in der Umgegend seinen Unterhalt verschwenderisch einkaufen lassen. Jeder, mit dem er nur in Berührung kam, wurde mit reichen Geschenken bedacht, vor allen aber wurden die Lehrer und Schüler der hohen pariser Schule ausgezeichnet. Nachdem er endlich seinen Auftrag, den Zweck alles solchen Aufwandes, vollständig ausgeführt, nahm er Urlaub von Ludwig und zog davon seinem Herrn entgegen. Nach dem Tode Theobalds wurde Thomas Becket Erzbischof von Canterbury; er war nicht nur für den geistlichen Stand erzogen und glänzte in den Augen aller Welt durch Geist und hohes Ansehen; sondern der politisch umsichtige König schmeichelte sich ohne Frage mit dem geheimen Gedanken, dass der Günstling auch als Erzbischof sein vertrauter Freund bleiben und fernerhin zur Entwicklung der geistlichen und weltlichen Macht seines Königreiches mitwirken werde. Heinrich selbst gab den Anstoss zu seiner Wahl, deren Ausgang ihm so viel Aerger-niss und Gefahr bringen sollte. Soviel über Thomas Becket. Erst im Herbst 1166 trat Kaiser Friedrich I. einen neuen grossen Heerzug nach Italien an; es 2* gelang ihm, Paschal III. in Rom einzusetzen; als aber daselbst unter seinem Heere eine pestartige Krankheit ausgebrochen war, von der auch Reinald von Köln neben vielen anderen Fürsten hingerafft wurde, eilte der Kaiser nach Deutschland zurück. Noch unterwegs kam er durch einen Aufstand in Susa in Lebensgefahr, der er nur dadurch entging, dass ein Ritter, Hartmann von Siebeneich, sein Bette einnahm; die Bürger, die denselben hier statt des Kaisers fanden, schenkten dem Getreuen das Leben. Bald nachher starb Paschal III. (Sept. 1168), aber auch der neugewählte Gegenpapst Calixt HI. erhielt die Anerkennung des Kaisers. Mancherlei Händel in Deutschland, inbsesondere das Aufstreben Heinrich's des Löwen, nicht minder ein Krieg, durch welchen Friedrich Polen demüthigte, verzögerten den Rachezug nach Italien bis zum Jahre 1174, bei dem Heinrich der Löwe noch einmal, obwohl schon mit Widerstreben, Heerfolge geleistet haben soll. Schon war das von den Anhängern Alexander’s IH. (1167) hergestellte Mailand neu erstarkt, demselben Papste zu Ehren Alessandria (in Piemont) gegründet und der lombardische Städtebund erneuert. Nachdem Friedrich Alessandria vergeblich belagert hatte, schloss er einen Waffenstillstand mit den Städten und knüpfte selbst mit Alexander IH. Verhandlungen an (1175). Als diese nicht zum Ziele führten, rief der Kaiser die deutschen Fürsten, die er kurz zuvor entlassen hatte, von neuem zu sich. Heinrich der Löwe war damals in Baiern; auf Fried-rich’s Andringen stellte er sich zu einer Unterhandlung an der Alpengrenze35). Der Kaiser erinnerte vergebens, der Deutschen Ehre, sein eigener Ruhm, der Preis seines ganzen Lebens stehe auf dem Spiele; in der höchsten Spannung warf er sich dem Freunde zu Füssen. Heinrich erschrocken, wollte ihn aufhe-ben, gab aber seinen Bitten nicht nach36). Der Kaiser musste ohne die Hülfe des mächtigsten deutschen Fürsten den Entscheidungskampf in Italien unternehmen. Bald wurde er bei Legnano (unweit des Ticino) völlig geschlagen 29. Mai 117637). Diese Niederlage wie der Abfall Heinrich’s des Löwen führte Friedrich zu der eine Zeitlang vergessenen Mässigung zurück. Er täuschte sich nicht mehr über seine Lage und knüpfte von Neuem Unterhandlungen, und zwar zuerst mit dem Papste an. Der Papst, als er sah, dass es Friedrieh Ernst sei, ging diesmal aufrichtig auf die gemachten Anträge ein. Er wollte nicht, dass die Lombarden und König Wilhelm von Sicilien in Italien übermächtig werden sollten; er bedurfte im Nothfall des Kaisers gegen sie. Um die Verhandlungen zu erleichtern, kam er nach Ferrara. Bald vereinigte man sich über den Ort, wo die Unterhandlungen gepflogen werden sollten; Venedig ward dazu bestimmt. Am 24. Juni 1177 kam Friedrich in Ve- nedig an; der Doge und der Patriarch, alle Edlen Venedigs und unzähliges Volk waren ihm entgegen gefahren: als er aus dem Schiffe stieg und in die nahe Marcuskirche zog, empfing ihn der Papst vor der Vorhalle. Friedrich warf sich ihm zu Füssen, weinend erhob und küsste ihn Alexander. Unglück hatte den Kaiser, der in seiner Jugend ein wilder, trotziger Rittersmann gewesen war, gebildet, gemildert, vielfach zur Besinnung gebracht. Auch Alexander war persönlich milder geworden, ohne von dem Gedanken seiner Würde das Mindeste aufzugeben. Friedrich erkannte nicht nur Alexander HI. als rechtmässigen Papst, sondern auch die Oberhoheit des Papstes in kirchlichen Dingen, die das Zeitalter forderte, dadurch an, dass er demüthig um Aufhebung des Bannes bat. So war am 1. Aug. 1177 endlich der Friede, der das so lange zerrissene Italien wenigstens auf einige Zeit beruhigen sollte, hergestellt. Während Heinrich II. von England von seinen Söhnen, denen er früh neben Aussichten auf glänzende Erbschaften eine gewisse Selbsständigkeit gewährt hatte, nur schlechten Lohn für die zweideutige und jedenfalls unvorsichtig ertheilte Freiheit einerntete, gieng er mit seinen Töchtern die einflussreichsten Verbindungen ein. Die älteste, Mathilde, war, wie wir bereits wissen, mit Heinrich dem Löwen vermählt, auf den gerade in diesen Tagen die Augen von ganz Europa gerichtet waren; die zweite, Eleonore, mit Alfons VIH. von Castilien. dessen Zwistigkeiten mit Navarra durch den schiedsrichterlichen Spruch des englischen Königs entschieden wurden. Die dritte, die erst eilfjährige3S) Johanna war für Wilhelm II. von Sicilien bestimmt. Nach Ostern des Jahres 1176 kamen vornehme Boten des Königs Wilhelm II. von Sicilien, um die Hand derselben anzuhalten. Die Prinzessin, mit einer prachtvollen Aussteuer, wurde einer eigenen Gesandschaft übergeben, von ihren Brüdern Heinrich und Richard durch die Normandie und Languedoc geleitet und mit einem glänzenden Gefolge über die Alpen, mitten durch den Königslärm und die Verheerungen in Norditalien hindurchgeführt. Zu Anfang des nächsten Jahres zu Palermo unter Fackelschein und in königlicher Pro-cession empfangen, feierte sie die Vermählung. Und so wurde ein Freundschaftsbund zwischen zwei Reichen gestiftet, deren Herrscher sich der alten Stammverwandschaft wohl bewusst geblieben, die in der Kürze noch einmal zur Geltung kommen sollte. Als Schiedsrichter zwischen seinem Eidam Alfons VIII. von Castilien, und dessen Oheim, König Samso von Navarra, die bereits seit mehreren Jahren in heftiger Fehde gelegen hatten, hielt König Heinrich II. den 13. März 1177 seinen grössten Gerichtstag. An seinem Hofe befanden sich damals viele fremde Gesandten zusammen. Botschaften der Kaiser Manuel und Friedrich, des Erzbischofs von Rheims, des Herzogs von Sachsen, des Grafen von Flandern waren alle bei einem Hoftage am 4. Nov. 1176 gegenwärtig. Eine neue Spannung mit Ludwig VH. legte Heinrich II. vertragsmässig bei und beide Könige gelobten einen Kreuzzug in’s gelobte Land, den der alte Ludwig nicht im Stande war auszuführen und Heinrich im Herzen nie beabsichtigte. Der Theilnahme an den Untersuchungen gegen die Albigenser entzog sich Heinrich II. keineswegs, widersetzte sich jedoch der Bestrafung der Unglücklichen durch Feuer und Schwert in seinen Landen standhaft. Er züchtigte sie, wie es einst im Jahre 1163 in England geschehen war. Gegen die Secte der Albigenser ist einer der Beschlüsse des im Jahre 1179 vom 5. bis 19. März im Lateran gehaltenen allgemeinen Concils gerichtet, in welchem Alexander IH. überhaupt, nachdem er Herr des Kaisers geworden und den Gegenpapst Calixtus III. der Tiara beraubt hatte, über alle Fragen, welche damals die römische Christenheit bewegten, die Bestimmungen des Siegers traf. Zu diesem Concil ward auch der Klerus von England und Schottland eingeladen3